Hegel-Studien Band 52 9783787336838


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Hegel-Studien Band 52
 9783787336838

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HEGEL-STUDIEN / BAND 52

HEGEL-STUDIEN In Verbindung mit Walter Jaeschke und Ludwig Siep

herausgegeben von M I C H A E L Q U A N T E und BIRGIT SANDKAULEN

BAND  Redaktion: Johannes-Georg Schülein

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

© Felix Meiner Verlag, Hamburg . ISSN - Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachd rucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§  und  URG ausdrücklich gestatten. Satz: Konrad Triltsch, Print und digitale Medien GmbH, OchsenfurtHohestadt. Druck und Bindung: Druckhaus Beltz, Bad Langensalza. Werkdruckpapier: alterungsbeständig nach ANSI-Norm resp. DIN-ISO , hergestellt aus  % chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de/hegel-studien

INHALT

BOCHUMER HEGEL-VORLESUNGEN CHRISTOPH MENKE Dialektik der Befreiung. Die Erfahrung des Exodus . . . . . . . . . . . . . . . .

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ABHANDLUNGEN CHRISTOPHE BOUTON Idealismus und Realismus bei Hegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

LAURI KALLIO How Late Hegelians Replied to F.A. Trendelenburg’s Logical Question . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

EMMANUEL NAKAMURA Die Idee der sozialen Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

ERMYLOS PLEVRAKIS Übergang von der Logik in die Natur aus ‚absoluter Freiheit‘? Eine argumentanalytische Rekonstruktion des letzten Satzes der enzyklopädischen Logik Hegels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 STEFAN SCHICK The Spirit of the Age and Reason in History. Herder, Hegel, and Jacobi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

6

Inhalt

LITERATURBERICHTE UND KRITIK A) Untersuchungen zur klassischen deutschen Philosophie Myriam Bienenstock. Cohen und Rosenzweig. Ihre Auseinandersetzung mit dem deutschen Idealismus. (Andreas Giesbert, Bochum) . . . . . . . . . . . . . . . 165 Lidia Gasperoni. Versinnlichung. Kants transzendentaler Schematismus und seine Revision in der Nachfolge. (Martin Beck, Berlin) . . . . . . . . . . . . . . . 167 Thomas Khurana. Das Leben der Freiheit: Form und Wirklichkeit der Autonomie. (Terry Pinkard, Georgetown) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Robert B. Pippin. Die Aktualität des deutschen Idealismus. (Anton Friedrich Koch, Heidelberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 B) Editionen Friedrich Ludewig Bouterwek. Idee einer Apodiktik. Ein Beitrag zur menschlichen Selbstverständigung und zur Entscheidung des Streits über Metaphysik, kritische Philosophie und Skeptizismus. Erster Band. Halle . (Daniel Elon, Bochum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über die Wissenschaft der Logik. Nachschriften zu den Kollegien der Jahre /, , , ,  und . Band , der Gesammelten Werke; Nachschriften zu den Kollegien der Jahre ,  und . Band , der Gesammelten Werke; Sekundäre Überlieferung. Anhang. Band , der Gesammelten Werke. (Friedrike Schick, Tübingen) . . . . . . . . . . 181 Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Die Bibliothek Georg Wilhelm Friedrich Hegels. Band , und , der Gesammelten Werke. (Norbert Waszek, Paris) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Karl Marx und Friedrich Engels. Deutsche Ideologie. Manuskripte und Drucke. Band I/ der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA). (Kurt Bayertz, Münster) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 C) Literatur zu Hegel Andreas Arndt und Günter Kruck, Hgg. Hegels Lehre vom Wesen. Allegra de Laurentiis, Hg. Hegel and Metaphysics. (Thomas Meyer, Berlin) . . . 192 Andreas Arndt und Jure Zovko, Hgg. Hegels Anthropologie. (Guillaume Lejeune, Liège) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Franco Biasutti. Figure della classicità in Hegel [Figures of Classicism in Hegel]. (Valentina Ricci, Irvine) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Inhalt

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Tobias Braune-Krickau, Thomas Erne und Katharina Scholl, Hgg. Vom Ende her gedacht: Hegels Ästhetik zwischen Kunst und Religion.Alain Patrick Olivier und Elisabeth Weisser-Lohmann, Hgg. Kunst – Religion – Politik. (Claudia Wirsing, Braunschweig) . . . . . . . . . . 202 Alan Brudner. The Owl and the Rooster. Hegel’s Transformative Political Science. (Michael A. Becker, The New School) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Rebecca Comay. Mourning Sickness. Hegel and the French Revolution. (Gunnar Hindrichs, Basel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Alfredo Ferrarin. Il pensare e l’Io. Hegel e la critica di Kant [Das Denken und das Ich. Hegel und Kants Kritik]. (Stefania Achella, Chieti-Pescara) . . . . . . 216 Alessia Giacone. La Possibilità Necessaria. Aristotele nella Dottrina dell’essenza di Hegel [The Necessary Possibility – Aristotle in Hegel’s Doctrine of Essence]. (Andrea Bellini, Warwick) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Florian Heusinger von Waldegge. Das Problem des moralischen Wissens: Ethischer Relationalismus im Anschluss an Hegel. (Giulia Battistoni, Verona/Jena) . 221 Daehun Jung. Subjektivität und Kunst: Konstitution der Moderne nach Hegel und Nietzsche. (Francesco Campana, Berlin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Michael Kubiciel, Michael Pawlik und Kurt Seelmann, Hgg. Hegels Erben? Strafrechtliche Hegelianer vom . bis zum . Jahrhundert. (Valentin Pluder, Siegen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Bernard Mabille. Hegel à l’épreuve du dialogue philosophique. (Victor Béguin, Poitiers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Nadine Mooren. Hegel und die Religion: Eine Untersuchung zum Verhältnis von Religion, Philosophie und Theologie in Hegels System. Ermylos Plevrakis. Das Absolute und der Begriff: Zur Frage philosophischer Theologie in Hegels Wissenschaft der Logik. Robert Williams. Hegel on the Proofs and the Personhood of God: Studies in Hegel’s Logic and Philosophy of Religion. (Francesca Menegoni, Padova) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Andreja Novakovic. Hegel on Second Nature in Ethical Life. (Tobias Wieland, Berlin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Terry Pinkard. Does History Make Sense? Hegel on the Historical Shapes of Justice. (Marcus Döller, Frankfurt a. M.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Jeffrey Reid. The Anti-Romantic: Hegel against Ironic Romanticism. Fred Rush. Irony and Idealism. Rereading Schlegel, Hegel, and Kierkegaard. (Philipp Weber, Bochum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Johannes-Georg Schülein. Metaphysik und ihre Kritik bei Hegel und Derrida. (Thomas Khurana, Yale) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

8

Inhalt

Alberto L. Siani. Morte dell’arte, libertà del soggetto. Attualità di Hegel [End of Art, Freedom of the Subject. Hegel’s Topicality]. (Gianluca Garelli, Firenze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Marc Nicolas Sommer. Das Konzept einer negativen Dialektik: Adorno und Hegel. (Christoph Hövel, Bochum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Michael Squire and Paul Kottman, Hgg. The Art of Hegel’s Aesthetics. Hegelian Philosophy and the Perspectives of Art History. (Bernadette Collenberg-Plotnikov, Bochum/Hagen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 D) Neuerscheinungen zu einzelnen Autoren der klassischen deutschen Philosophie Lara Ostaric, ed. Interpreting Schelling: Critical Essays. (Daniel Whistler, London) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Michael Quante. Der unversöhnte Marx: Die Welt in Aufruhr. (Andreas Arndt, Berlin) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Anna Wehofsits. Anthropologie und Moral. Affekte, Leidenschaften und Mitgefühl in Kants Ethik. (Annette Sell, Bochum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Allen W. Wood. Fichte’s Ethical Thought. Michelle Kosch. Fichte’s Ethics. (Oliver Koch, Bochum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

BIBLIOGRAPHIE Literatur zur Hegel-Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Abhandlungen im Berichtszeitraum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 Neue Bücher im Berichtszeitraum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Zusammenstellung und Redaktion: SWANTJE BORNHEIM

UND

JOHANNES-GEORG SCHÜLEIN (BOCHUM)

Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

BOCHUMER HEGEL-VORLESUNG

Christoph Menke DIALEKTIK DER BEFREIUNG Die Erfahrung des Exodus A B S T R A C T : In his early writings, Hegel critizises the Exodus, the liberation of the Israelites from Egypt, as a deficient form of liberation: According to Hegel, the jews did not achieve and accomplish their freedom by themselves. Rather, they were liberated, their freedom was given to them. – The paper shows why this alternative is wrong. It draws on Hegel’s own considerations. Hegel did not only show that liberation must be thought as self-liberation. He also showed why self-liberation cannot be thought as a proper self-conscious act. This is the dialectic of liberation. With this dialectic and through a reading of the Exodus the paper demonstrates why the act of liberation depends in its very constitution on an exteriority, on something it did not produce.

I. Einleitung: Die Freiwerdung der Israeliten Die moderne Grundbestimmung der normativen Ordnung ist die Freiheit ihrer Subjekte: Ihre Gesetze sind Gesetze der Freiheit. Es geht ihr um die Freiheit. Dieses Verhältnis von Gesetz und Freiheit, das die moderne Ordnung bestimmt, kann auf zwei verschiedene Weisen verstanden werden. In dem einen Verständnis drücken die Gesetze die Freiheit aus: Die Gesetze regeln die Verhältnisse zwischen den Subjekten so, dass diese zugleich und gleichermaßen ihre Freiheit verwirklichen können. In dem anderen Verständnis bringen die Gesetze die Freiheit hervor: Die Gesetze etablieren Praktiken und Institutionen, so dass die Subjekte durch Teilnahme an ihnen ihre Freiheit gewinnen können. Im ersten Verständnis geht die Konstitution der Ordnung von der Freiheit der Subjekte aus. Die Konstitution der Ordnung heißt hier die ‚Gründung der Freiheit‘, weil sie die Bedingung dafür ist, die Freiheit auf Dauer zu erhalten. Im zweiten Verständnis soll die Konstitution der Ordnung die Freiheit der Subjekte bedingen. Die Konstitution der Ordnung heißt hier die ‚Tat der Befreiung‘, weil sie das Medium ist, in dem sich die Freiheit

Hegel-Studien  · © Felix Meiner Verlag · ISSN -

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CHRISTOPH MENKE

allererst bildet. Dieser Gegensatz darin, wie die Verhältnisse zwischen Freiheit und Gesetz zu verstehen sind, prägt das moderne Denken der normativen Ordnung. Er unterliegt der Kontroverse um die Priorität im Verhältnis von Gesetz und Rechten, also von Recht im objektiven und im subjektiven Sinn, damit von Staat und Gesellschaft oder Individuum: Geht die Freiheit des Individuums (und ihre Entfaltung in den freiwilligen Interaktionen und Assoziationen der bürgerlichen Gesellschaft) der staatlichen Ordnung vorher, die daher funktional auf sie bezogen ist? Oder schafft die politische Ordnung erst diejenigen Weisen der Teilnahme, in der sich freie Formen der Subjektivität, als deren Glieder, bilden können? Diesem Gegensatz, der die Theorie normativer und politischer Ordnung betrifft, liegt ein Gegensatz in der Ontologie der Freiheit zugrunde. Er betrifft die Seinsweise der Freiheit. Durch einen Blick auf Hegels frühe Frankfurter Überlegungen zum Judentum lässt sich ein erstes Verständnis davon gewinnen, worum es in dieser entgegengesetzten Bestimmung der Freiheit geht und auf welche grundlegende Frage sie führt. An einer Stelle dieser Überlegungen – die Yirmiyahu Yovel „the fiercest antiJewish text ever written by Hegel“ nennt (Yovel , ) – stellt Hegel zwei Typen des Gesetzes einander gegenüber: das griechisch-republikanische und das mosaische Gesetz. Das Gesetz in den „griechischen Republiken“ (GW : ) hat den Charakter der Wahrheit, die, als geteilte, Freiheit impliziert; „denn die Wahrheit ist etwas freies, das wir weder beherrschen, noch von ihm beherrscht werden“ (GW : ). Das Gesetz dagegen, das Mose seinem Volk gibt, gründet in einem „Befehl“ Gottes: „[V]on Gott sind die Juden durch und durch abhängig, und das von dem man abhängig ist, kan nicht die Form einer Wahrheit haben“ (GW :  f.). Entspricht dem griechischen Gesetz als Wahrheit die Freiheit des Subjekts, so dem mosaischen Gesetz als Befehl deren „Knechtschaft“ (GW : ). Der Grundzug der jüdischen Form der Sittlichkeit ist die „durchgängige[] Passivität“ (GW : ) ihrer Subjekte (die deshalb hier auch keine sind). Aus dieser Passivität, die das Gesetz als Befehl ihnen auferlegt, erklärt sich nach Hegel auch, weshalb die Juden, wie das antisemitische Klischee meint, dem bloßen Interesse an der Selbsterhaltung eine derart zentrale Bedeutung beimessen. Denn bei „dieser durchgängigen Passivität blieb ihnen ausser der Bezeugung ihrer Dienstbarkeit, nichts übrig, als das blosse, leere Bedürfnis, die physische Existenz zu erhalten, und sie gegen diese Noth zu sichern“ (GW : ). Weil sie in ihrem Verhältnis zu Gott und den Gesetzen, also religiös und politisch, nur passiv, dienstbar und unterworfen sind, bleibt den Juden für ihre Betätigung allein der physische Bereich (den die mosaische Gesetzgebung überdies „mit einer orientalisch-schönen Drohung des Verlustes alles Genusses und alles Glüks“ (GW : ) versiegelt und also nicht griechisch-hedonistisch, sondern proto-modern oder protestantisch-ökonomis Zu diesen beiden Bezeichnungen siehe Arendt (, v. a. Kap.  u. ).

Dialektik der Befreiung

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tisch begreift). Der gänzliche Ausfall politischer und religiöser Aktivität, die Bestimmung von Politik und Religion als Felder ohne jede Selbstbetätigung und also Freiheit, ist nach Hegel der entscheidende Zug, der das Judentum im Gegensatz zu den griechischen Republiken definiert. Diese schlichte Entgegensetzung und Bewertung ist aber erkauft durch eine ungedeckte Voraussetzung in der Konzeption des griechisch-republikanischen Gesetzes und eine ebenso ungedeckte Ausklammerung in der des jüdisch-mosaischen Gesetzes. Beide, jene Voraussetzung und diese Ausklammerung, betreffen die Seinsweise der Freiheit. Sie treten hervor, wenn Hegel die beiden Gesetze nicht statisch, als Zustände, sondern dynamisch, in Aktion, betrachtet. Statisch betrachtet, stehen im griechischen Modell das Gesetz, als die allen gemeinsam eigene Wahrheit, und die Freiheit der Subjekte in einem Verhältnis einfacher Entsprechung (die Hegel „Schönheit“ nennt; GW : ). Als politischdynamisches Instrument muss das Gesetz jedoch ebenfalls (oder gelegentlich) in die Freiheit eingreifen. Das geschieht im Kampf gegen die Schuldknechtschaft. „Um die Gefahr, womit der Freiheit die Ungleichheit des Reichthums droht, von ihren Staaten abzuwenden hatte Solon und Lykurg die Rechte über Eigenthum auf mancherlei Art beschränkt und manche Willkühr ausgeschlossen, die zu ungleichem Reichthum hätte führen können.“ (GW : ) Anders als, auf den ersten Blick, gleichlautende Gesetze im „mosaischen Staate“ (GW : ) haben diese griechischen Eingriffe in die Freiheit der Verfügung über das Eigentum ihre „Quelle“ (GW : ) jedoch in nichts anderem als der Freiheit selbst: Die „Griechen sollten gleich seyn, weil alle frei, selbstständig […] waren“ (GW : ). Die „Freiheit der Bürger“ ist nicht nur der „grosse Zwek“ der republikanischen Gesetzgebung (GW : ), sie ist ihre unbefragt angenommene Voraussetzung: etwas Seiendes, eine Gegebenheit, die gesichert und geschützt, aber nicht – noch oder erst – gewonnen werden muss. Dass die Bürger in ihrem Sein schon frei sind, ist die Tatsache, die immer schon vorausgesetzt werden muss, wenn die republikanische Gesetzgebung wirksam wird. Damit wird auf der anderen Seite, in der Konzeption des jüdisch-mosaischen Modells, sichtbar, was Hegels griechische Abwertung seiner Passivität ausklammern muss. Denn der dynamisch-politische Sinn des jüdischen Gesetzes liegt nicht darin, das (Immer-schon‐)Freisein der Bürger abzusichern. Das jüdische Gesetz setzt grundlegender an: Es ist das entscheidende Instrument in „der Freiwerdung der Israeliten“ (GW : ). Das mosaische Gesetz will, ja kann gar nicht die Freiheit seiner Subjekte ausdrücken, weil es vielmehr mit der Erfahrung einsetzt, dass es sie noch nicht gibt, und daher darauf zielt, sie erst hervorzubringen: weil es Mose um  Nach Walter Jaeschke (, ) ist die „prekär[e] Logik der religionstheoretischen Applikation des Vereinigungsgedankens“ in Hegels Überlegungen der Grund für seine „so verständnislose und historisch verfehlte Abwertung der jüdischen Religion“.

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CHRISTOPH MENKE

„die Befreiung seines Volkes“ geht (GW : ). Damit gewinnen Hegels Charakterisierungen, die das jüdische gegenüber dem griechischen Gesetz herabsetzen sollen, einen ganz anderen Sinn. Sie gewinnen den Sinn der Befreiung: Dass – im Gegensatz zur griechischen Begründung der Gleichheit in der Tatsache der Freiheit – „die Juden gleich [sein sollten; C.M.], weil alle ohne Fähigkeit des Selbstbestehens waren“ (GW : ), heißt, dass das jüdische Gesetz sie nicht als Gegebenheit voraussetzt; dass für das jüdische Gesetz im Gegensatz zum griechischen das Subjekt und seine Freiheit „ein gemachtes kein Seyendes“ sind (GW : ), bedeutet, dass das jüdische Gesetz weiß, dass es die Freiheit nur so gibt, dass sie als sein Effekt oder Produkt hervorgebracht wird. Damit dreht sich das Verhältnis zwischen dem griechischen und dem jüdischen Gesetz herum. Die griechisch-schöne Entsprechung von Gesetz und Freiheit, in der das Gesetz die Freiheit ausdrückt und die Freiheit sich als Gesetz ausspricht, kann nur gelten, wenn die Freiheit ein Seiendes: eine Gegebenheit ist. Sobald die Notwendigkeit auftritt, die Freiheit erst herzustellen, weil man nicht nur in der Knechtschaft lebt, sondern ein Knecht oder knechtig ist (weil das unterdrückerische Regime zugleich „auch verlockend“ ist; Walzer , ); wenn man also die Erfahrung des jüdischen Modells teilt, dass die Freiheit als „Freiwerden“ (GW : ) zu begreifen ist, dann müssen daher auch Gesetz und Freiheit auseinandertreten. Das Gesetz muss sich der Freiheit gegenüber verselbständigen, um die Freiheit hervorbringen zu können. Das Gesetz muss eine Vorgängigkeit gewinnen, der gegenüber das Subjekt und seine Befreiung, daher auch seine Freiheit abhängig ist. Die Revision des Gegensatz- (und Abwertungs‐)Verhältnisses zwischen dem griechischen und dem jüdischen Modell, die mit Hegels dynamisch-politischer Betrachtung einsetzt, reicht also viel tiefer als die Frage, ob die Freiheit als seiende oder werdende, als Gegebenheit oder Gemachtes verstanden wird. Diese Revision betrifft vielmehr den Begriff der Freiheit selbst: Die Freiheit bleibt nicht dieselbe, wenn sie als seiende oder als gemachte verstanden wird. Denn die Freiheit als gemachte zu verstehen, heißt, sie als Effekt und damit als abhängig von etwas oder jemandem zu verstehen, der oder das ihr vorhergeht. Das Gegensatz- (und Abwertungs‐)Verhältnis zu revidieren, das Hegel zwischen dem griechischen und dem jüdischen Modell behauptet, heißt also nicht, Hegels Einsicht in die wesentliche Passivität, die dem jüdischen Verhältnis von Gesetz und Subjekt eingeschrieben ist, zurückzuweisen. Sondern es heißt vielmehr, die begriffliche Entgegensetzung der Passivität zur Freiheit, die Hegels Frankfurter Entgegensetzung von Judentum und Griechentum zugrunde liegt, infrage zu stellen. Die Entgegensetzung von Freiheit und Passivität blockiert das Denken der Befreiung: Weil er sie zugrundelegt, kann Hegel den Exodus der Juden aus  Siehe dagegen Hindrichs (,  f.).

Dialektik der Befreiung

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Ägypten nicht als Befreiung sehen. Zugleich aber ist die Entgegensetzung von Freiheit und Passivität nicht einfach aufzulösen. Sie bildet ein Paradox, in dem beide Seiten zwingend und zugleich falsch erscheinen. Denn einerseits kann einem die Freiheit nicht bloß von einem anderen übertragen oder eingeschrieben worden sein. Denn dann würde man die Freiheit auf unfreie Weise besitzen. Wenn die Juden ihr „Befreien von der ägyptischen Sklaverei“ tatsächlich bloß als ein „Geschenk“ empfangen hätten (GW : ), hätte Hegel recht, wenn er die Juden „dieses in seinem Freiwerden am sklavischsten sich betragende Volk“ (GW : ) nennt. Die Befreiung bedarf der eigenen Tat; nur so kann sie die Freiheit hervorbringen. Zugleich aber kann es vor der Befreiung noch keine eigene Tat geben. Denn eine eigene Tat tun zu können, heißt, frei zu sein, und frei zu werden ist erst das Resultat der Befreiung. Das Paradox der Befreiung ist: Die Tat der Befreiung, die die Freiheit erst hervorbringen soll, setzt die Freiheit schon voraus; die Freiheit muss daher gegeben, also passiv empfangen worden sein. Zugleich aber kann die Freiheit uns nicht von außen gegebenen worden sein; sie muss also durch unsere eigene Tat hervorgebracht worden sein. Einerseits muss die Freiheit etwas passiv Empfangenes, andererseits dagegen etwas selbsttätig Hervorgebrachtes sein. Es gibt keinen einfachen Weg heraus aus diesem Paradox. Das hat Hegel in seinen späteren Schriften klar bezeichnet. Ich werde daher im nächsten Schritt zuerst skizzieren, in welcher Gestalt – genauer: zu welcher Folge von Gestalten – Hegel in den Grundlinien der Philosophie des Rechts das Paradox der Befreiung entfaltet (II.). Im darauf folgenden Schritt werde ich durch eine Interpretation des Exodus die Bedingungen erkunden, unter denen sich dieses Paradox auflösen lässt (III.). In den beiden Schritten gehe ich in sehr verschiedenen Geschwindigkeiten vor: Der erste Schritt präsentiert einen raschen Durchlauf durch ein komplexes hegelsches Argument; der zweite Schritt besteht in der Lektüre weniger Zeilen des Exodus-Buches. Ich schließe mit dem Versuch eines Fazits für das begriffliche Grundproblem, das sich durch den Blick auf Hegels frühe Entgegensetzung von Judentum und Griechentum abgezeichnet hat: das Verhältnis von Freiheit und Passivität (IV.). II. Das Paradox der Befreiung Bevor man danach fragen kann, wie sich das Paradox der Befreiung auflösen lässt, muss man begreifen, worin es besteht – und damit, warum man sich in es verstrickt. Warum muss man überhaupt über die Befreiung, das Freiwerden nachdenken? Warum kann das philosophische Nachdenken nicht gleich mit der Freiheit beginnen und sie zu seinem Ausgangspunkt machen? Genau diesen Ausweg aus dem Paradox der Befreiung scheint Hegel selbst in seiner Rechtsphilosophie vorzu Zu der in diesem Abschnitt skizzierten Argumentation siehe ausführlicher Menke (, Teil I).

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CHRISTOPH MENKE

schlagen, wenn er schreibt, dass es „[d]er Standpunkt des freyen Willens [ist], womit das Recht und die Rechtwissenschaft anfängt“ (GW ,: §  Anm.). Über das Recht nachzudenken, heißt demnach, darüber nachzudenken, wie man dem freien Willen – von dem man ausgeht – Geltung, also normative Wirksamkeit verschaffen kann. Dass der Mensch frei ist, ist dabei als eine Tatsache vorausgesetzt; so der Standpunkt, mit dem „das Recht und die Rechtwissenschaft anfängt“ (GW ,: §  Anm.). Aber mit dieser Art von „Standpunktdenken“ (Adorno [/] , ) entsteht ein Problem, das Hegel sofort nachträgt. Denn auf der einen Seite geht es in der Begründung des Rechts in der Tatsache der Freiheit um die „Behauptung des absoluten Unrechts der Sclaverey“ (GW ,: §  Anm.). Der Ausgang von der Tatsache der Freiheit richtet sich gegen die „behauptete Berechtigung der Sclaverey […] sowie die Berechtigung einer Herrschaft, als bloßer Herrenschaft überhaupt“ (GW ,: §  Anm.). Diese Legitimation der Sklaverei geschieht durch die „historische Ansicht“, die geltend macht, wie der Mensch faktisch ist: Faktisch ist er nicht frei, sondern Herr oder Knecht. Deshalb, so Hegels Einwand, beruht „alle historische Ansicht über das Recht der Sclaverey und der Herrenschaft […] auf dem Standpunkt, den Menschen als Naturwesen überhaupt nach einer Existenz (wozu auch die Willkühr gehört) zu nehmen, die seinem Begriffe nicht angemessen ist“ (GW ,: §  Anm.). Die historische Ansicht naturalisiert: Sie nimmt den Menschen in seinen tatsächlichen, faktischen Bestimmungen. Das heißt, sie nimmt ihn als sei er ein Naturwesen; denn ein natürliches Wesen zu sein, heißt durch seine Bestimmungen bestimmt zu sein. So, „als Naturwesen und nur als an sich seyender Begriff“ ist der Mensch der „Sclaverey […] fähig“ (GW ,: §  Anm.). Der bloß als natürlich, in seinen gegebenen Bestimmungen genommene Mensch ist der Sklaverei fähig; er kann stark oder schwach, mächtig oder ohnmächtig, Herr oder Knecht sein. Dagegen richtet es sich, wenn das Recht und die Rechtswissenschaft mit der Freiheit anfangen. Denn so anzufangen, delegitimiert die geschichtlichen Herrschafts- und Knechtschaftsbegründungen. Mit der Freiheit anzufangen ist der Vollzug der Revolution im Denken. Zugleich aber und auf der anderen Seite beruft sich der „wahre Standpunkt“, der gegen die geschichtliche Betrachtung die Freiheit des Menschen als Tatsache voraussetzt, selbst wieder nur auf die Natur des Menschen. „Die Behauptung des absoluten Unrechts der Sclaverey […] ist einseitig darin, daß sie den Menschen als von Natur frey, oder, was dasselbe ist, den Begriff als solchen in seiner Unmittelbarkeit, nicht die Idee, als das Wahre nimmt.“ (GW ,: §  Anm.) Gegen die geschichtlichen Tatsachen die Freiheit zur natürlichen Eigenschaft des Menschen zu erklären (um der Bekämpfung der Sklaverei damit einen festen Grund zu geben), heißt, den Menschen in genau derselben Weise zu betrachten, in der er in den Regimen der Knechtschaft genommen wird: Es reproduziert „den unwahren Standpunkt, auf welchem der Mensch als Naturwesen und nur als an sich seyender

Dialektik der Befreiung

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Begriff, der Sclaverey daher fähig“ genommen wird (GW ,: §  Anm.); es macht die Natur des Menschen zu seinem Schicksal. Solange man den Menschen als Naturwesen betrachtet, betrachtet man ihn auch dann als unfreien, wenn man die Freiheit zu seiner natürlichen Eigenschaft erklärt. Denn man betrachtet ihn so, als sei er determiniert – und sei es durch die Freiheit. Wer gegen die Sklaverei im Namen der menschlichen Natur angeht, praktiziert eben die Naturalisierung des Menschen, die die Sklaverei selbst ist. Die Freiheit dagegen „ist eben dieses (§. .) nicht als der bloße Begriff oder an sich zu seyn, sondern diesen Formalismus seiner selbst und damit die unmittelbare natürliche Existenz aufzuheben und sich die Existenz nur als die seinige, als freye Existenz, zu geben“ (GW ,: §  Anm.). Der Mensch hat die Freiheit nicht unmittelbar, von Natur aus. Die Freiheit ist das Resultat seiner eigenen Tätigkeit. Das ist die Tätigkeit seiner Befreiung, die deshalb in ihrer Gestalt und Möglichkeit begriffen werden muss. Zugleich aber scheint dies nach Hegels eigenem Argument unmöglich. Denn wenn die Befreiung die Selbsthervorbringung der Freiheit ist und wenn dies nichts anderes als den Auszug aus dem natürlichen Zustand, den Bruch mit der Existenz als Naturwesen bedeutet; wenn ein Naturwesen und deshalb oder darin der Sklaverei fähig zu sein, aber in nichts anderem als darin besteht, unfähig zu sein, unfähig dazu, eine eigene, selbstbestimmte Tat zu vollziehen – wie kann dann der Ausgang aus der Knechtschaft des natürlichen Zustands als eigene Tat verstanden und vollzogen werden? Einerseits gilt, dass die Freiheit als Tat der Selbstbefreiung gedacht werden muss; denn sonst fällt man in die Auffassung des Menschen als Naturwesen zurück, die die Verhältnisse von Knechtschaft und Herrschaft begründet. Andererseits gilt, dass man die Befreiung aus der Existenz als Naturwesen nicht als dessen eigene Tat verstehen kann – denn ein Naturwesen und damit der Sklaverei fähig zu sein, heißt gerade, unfähig zu einer eigenen Tat zu sein. Das Paradox der Befreiung ist, dass die Fähigkeit zur freien Tat weder eine bloß gegebene, natürliche Tatsache noch selbst das Produkt einer freien Tat sein kann. Diese Reformulierung zeigt, dass das Paradox der Befreiung dann auftritt, wenn man erstens die Befreiung als die Hervorbringung der Freiheit und zweitens die Hervorbringung der Freiheit als eine freie Tat zu denken versucht. Eine schlechthin grundlegende Einsicht Hegels besagt, dass die zweite der beiden Prämissen, die das Paradox hervortreibt, aufgegeben werden muss. Die Hervorbringung der Freiheit muss anders denn als die freie Tat des Subjekts gedacht werden. Der Name dieses anderen Denkens ist ‚Geschichte‘; die Geschichte ist die Selbsthervorbringung der Freiheit in anderer Form. Das ist nicht die Geschichte der Freiheit, die durch die  Diese Tätigkeit der Befreiung bestimmt der zuvor genannte §  der Grundlinien als „Thätigkeit

des Denkens“ (GW ,: §  Anm.). Es widerspricht daher seinem eigenen Begriff, wenn das Denken mit dem Standpunkt der Freiheit beginnt. Das Denken fängt nicht mit der Freiheit an, sondern bringt sie durch sich selbst hervor.

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„realen Geister“ als „Gestalten einer Welt“ führt (GW : ), sondern die „Geschichte vor [der] Freyheit“ (GW ,: ): die vorgeschichtliche Aktivität, die aus der natürlichen Existenz heraus und zur Freiheit hin führt. Diese Aktivität hat nicht die Form einer freien Tat. Wie Alexandre Kojève gezeigt hat, vollzieht sie sich vielmehr durch die Arbeit. Die Arbeit ist die Weise, wie der Mensch sich aus seiner natürlichen Existenz befreit. Denn jede Arbeit ist doppelte Arbeit: die Arbeit an den Dingen und am Selbst. Kojève resümiert diese Doppelheit der Arbeit so: „In der Arbeit formiert er [sc. der Arbeitende, also der Knecht; s. u.] die Dinge und trans-formiert damit zugleich sich selbst: er formiert die Dinge und die Welt, indem er sich selbst transformiert und bildet; und er bildet und formiert sich, indem er die Dinge und die Welt trans-formiert.“ (Kojève [] , ) Die Arbeit, die die Dinge verändert, ist zugleich die „harte Arbeit gegen die bloße Subjectivität des Benehmens, gegen die Unmittelbarkeit der Begierde so wie gegen die subjective Eitelkeit der Empfindung und die Willkühr des Beliebens“ (GW ,: §  Anm.), in der der Mensch sich selbst verändert. Durch die Arbeit befähigt er sich. Die geschichtliche Bedeutung der Arbeit besteht in der Befähigung: in der Hervorbringung eines Subjekts, das etwas kann. Auch mit dieser Einsicht ist aber das Paradox der Befreiung noch nicht aufgelöst. Im Denken der Arbeit, der Arbeit der Geschichte oder der Geschichte als Arbeit, reproduziert sich vielmehr das Paradox der Befreiung in neuer Gestalt. Michel Foucault nennt diese neue Gestalt das „Paradox (der Verhältnisse) zwischen Fähigkeit und Macht“ (Foucault , ). Dieses Paradox definiert die Fähigkeiten, die das Subjekt durch seine Arbeit gewinnt. Das Paradox besteht darin, dass jede erarbeitete Fähigkeit zugleich den Gewinn von Freiheit und die Unterwerfung unter eine Macht bedeutet. Denn die „befreiende Arbeit ist […] notwendig zunächst die Zwangs-Arbeit eines Knechtes“ (Kojève [] , ). Keine Arbeit ohne Zwang (oder Macht). Dieser Zwang ist am Anfang ein äußerer: der Zwang des Herrn. Er wird, wie Hegel in der Theorie der bürgerlichen Gesellschaft zeigt, dann ein innerer: der Zwang, den sich der Bürger, als bourgeois, zu dem sich der Knecht durch seine Arbeit emanzipiert hat, selbst antut. Der Bürger hat den Zwang der Arbeit internalisiert. Ihm ist der Zwang zur Gewohnheit geworden – so sehr, dass er ihn für die Freiheit hält; er verwirklicht dadurch sein „eigenes Interesse“ (GW ,: § ). Indem die Arbeit den Menschen befähigt (oder indem der Mensch sich durch seine Arbeit befähigt) und dadurch mit seiner Existenz als Naturwesen bricht, also den Menschen aus dieser Existenz, in der er der ‚Sklaverei fähig‘ ist, befreit, unterwirft sie ihn zugleich unter den Zwang sozialer Autoritäten: dem Zwang personaler Autoritäten, die die Prozesse der Befähigung anleiten und überwachen, aber vor allem der impersonalen, anonymen Macht sozialer Normen und Formen, die der arbeitende Bürger sich nach Hegels Analyse zur Gewohnheit  Die These von der Dialektik der Aufklärung meint nichts anderes.

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macht. Daher gilt: Die Freiheit kann nicht erarbeitet werden; „für sich genommen befreit ihn [den Knecht oder Bürger] diese Arbeit noch nicht“ (Kojève [] , ). Die Arbeit befähigt, aber Befähigung und Befreiung fallen nicht in eins. Bisher habe ich zwei Schritte in Hegels Überlegungen zur Befreiung nachvollzogen, die jeweils eine Paradoxie aufgelöst haben, nur um wieder in eine neue hineinzuführen. Der erste Schritt führt von der Paradoxie der Freiheitsvoraussetzung, als einer natürlichen Tatsache, zum Prozess der Befreiung – der aber nicht als eigene Tat gedacht werden kann. Der zweite Schritt führt von der Paradoxie der Befreiungstat zur geschichtlichen Arbeit der Selbstbefähigung – die aber zugleich die Unterwerfung unter die Macht des Sozialen bedeutet. Auch der zweite Schritt löst also die Frage nach der Befreiung nicht; er führt in eine neue Paradoxie. Zugleich aber zeigt sich darin, wie die Frage nach der Befreiung richtig gestellt werden muss: nicht als die Frage nach der Befreiung aus der Existenz als Naturwesen – diese Befreiung ist durch die Arbeit, als Befähigung, erfolgt –, sondern aus der als soziales Wesen, als Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, in deren Zwang sich die Unfreiheit der natürlichen Existenz verdoppelt. Der zweite Schritt in die Geschichte und damit durch die Arbeit zur (bürgerlichen) Gesellschaft verhilft aber nicht nur dazu, die Frage nach der Befreiung richtig zu stellen. Dieser Schritt weist auch die Richtung für eine mögliche Antwort. Denn die Arbeit ist durch eine innere Gegenwendigkeit bestimmt. Sie ist zum einen die Befähigung des Subjekts, das damit dem Zwang sozialer Formen und Normen unterworfen ist; denn alle Fähigkeiten sind sozial formiert und normiert. Damit vollzieht sich durch die Arbeit der Bruch mit der Existenz als Naturwesen. Um sozial normierte Fähigkeiten ausbilden zu können, muss daher das Subjekt zugleich die Kraft gewinnen, die Macht bloß vorgegebener Bestimmtheiten brechen zu können. Hegel nennt sie die ‚polemische‘ Kraft des Subjekts: die Kraft der Negativität, das Vermögen, sich unbestimmt zu machen oder zu setzen. Diese Kraft ist in der Arbeit so wirksam, dass sie sich gegen die natürlichen Bestimmtheiten des Subjekts richtet. Die Kraft der Negativität ist in der Arbeit also gebunden und begrenzt; sie steht hier im Dienst der (Selbst‐)Produktion. Sie ist ihrem Begriff nach, als die Kraft der Unbestimmtheit, aber notwendig unbegrenzt. Sie ist daher überschüssig auch gegenüber jeder sozialen Form, die das Subjekt sich durch seine Arbeit einbildet. Die Kraft der Negativität ist das innere Andere der sozialen Formierung in der Arbeit. In dieser Kraft gründet daher die Möglichkeit der Befreiung. Hegels Einsicht besagt, dass die Befreiung von der Existenz des Menschen als Naturwesen durch die Arbeit geschieht und daher, weil die Arbeit Befähigung ist, den Menschen der Macht sozialer Autoritäten und Normen unterwirft. Die Be „[D]ie Natur ist unbefangen, nicht entgegengesetzt etwas anderem. Die Freiheit dagegen erscheint sogleich polemisch, hat Gegensätze und der nächste ist die Natur selbst.“ (GW ,: )

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freiung muss sich deshalb noch einmal wiederholen; sie muss zur Befreiung von der Macht des Sozialen werden. Die formale Bestimmung dieser zweiten Befreiung besteht darin, die in der Arbeit gewonnene Kraft der Negativität gegen die durch die Arbeit generierte Macht der sozialen Normen und Formen zu richten. Die Befreiung macht die Kraft der Negativität, die der Macht des Sozialen ebenso zugrunde liegt wie sie in ihr begrenzt und gefesselt ist, gegen die Macht des Sozialen geltend. III. Die Erfahrung des Exodus Die Freiheit kann keine Gegebenheit sein, die das Subjekt bestimmt; die Freiheit muss also durch das Subjekt, in einem Akt der Befreiung, selbst hervorgebracht werden. Mit diesem Satz beginnt die Überlegung, und mit diesem Satz gerät sie bereits in eine scheinbar ausweglose Lage. Denn so verstanden setzt die Befreiung die Freiheit, die sie hervorbringt, schon voraus. Dieser einfache Widerspruch hat im Nachvollzug von Hegels Argumentation noch keine Auflösung gefunden. Aber der Sinn des Eingangssatzes – dass das Subjekt seine Freiheit nur selbst hervorbringen kann, dass die Freiheit also nur durch oder als Befreiung besteht – hat sich darin grundlegend verschoben. Denn im Nachvollzug von Hegels Argumentation hat der Begriff der Befreiung eine neue Bestimmung gewonnen: Die Befreiung besteht darin, dass das Subjekt sich die Kraft der Negativität zueignet und sie ‚polemisch‘ gegen seine soziale Formierung richtet, der diese Kraft der Negativität zugleich zugrundeliegt. Damit hat auch die Eingangsfrage einen genaueren Sinn gewonnen. Aus der (allgemeinen und unbeantwortbaren) Frage: Wie kann das Subjekt durch seine eigene Tat seine Freiheit hervorbringen?, ist jetzt diese geworden: Wie kann das Subjekt sich seine Kraft der Negativität zueignen? Und wie kann dies, diese Zueignung und polemische Mobilisierung seiner Kraft der Negativität, die eigene, befreiende Tat des Subjekts sein? Diese Frage lässt sich mit Hilfe derjenigen Geschichte genauer bestimmen, von der Hegel in seinen Frankfurter Überlegungen zum Judentum behauptet hatte, dass sie nicht die Geschichte einer Befreiung, sondern nur die der Umwandlung der einen in eine andere Knechtschaft sei: die Geschichte vom Exodus, dem Auszug der Israeliten aus Ägypten. Hegels Argument, mit dem er die neuzeitliche Deutung des Exodus als „Paradigma revolutionärer Politik“ (Walzer [] , ) zurückweist, zielt darauf, wie sich der Bruch mit der ägyptischen Knechtschaft vollzogen hat. Demnach hat Israel sein „Befreien von der ägyptischen Sklaverei“ nur als ein „Geschenk“ empfangen (GW : ; s. o.). Deshalb, weil es passiv empfangen wurde, kann dieses ‚Befreien‘ keine Befreiung gewesen sein; denn die Befreiung muss die Tat der Selbstbefreiung sein, um zur Freiheit führen und sie hervorbringen zu können. Diese Alternative – ‚selbst getan‘ oder ‚passiv empfangen‘ – ist jedoch untauglich, um den Exodus zu verstehen. Ja, mehr noch, diese Alternative verstellt

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nicht nur die Einsicht darein, wie sich der Exodus vollzogen hat, also wie er gelungen ist, sondern damit zugleich auch die Einsicht in die einzig mögliche Weise, in der eine Antwort auf die Frage danach gegeben werden kann, wie die Befreiung als eigene Tat zu denken ist. Die Befreiung als eigene Tat zu denken, heißt, sie als polemische Zueignung der Kraft der Negativität zu verstehen. Das ist das mit Hegel gewonnene Programm. Es durchzuführen verlangt eine Deutung des Exodus, die Hegels Urteil über ihn entgegensetzt ist. Dabei steht die Frage nach der Modalität des Prozesses im Zentrum, in dem sich die Befreiung vollzieht. Hegel kritisiert den Exodus, weil die Israeliten in ihrem Freiwerden passiv sind. Den Exodus gegen Hegel als einen Prozeß gelingender Befreiung zu verstehen, kann nicht darin bestehen, diese Passivität zu leugnen. Sie muss vielmehr als konstitutive Bedingung seines Gelingens begriffen werden: Die Passivität bringt die Möglichkeit freier Aktivität hervor. Wie das in der Erfahrung des Exodus geschieht, zeigt sich in der Verknüpfung dreier Momente: Erleiden (A.), Erinnern (B.) und Entscheiden (C.). A. Erleiden Das zweite Buch Mose, das den Titel Exodus trägt, beginnt mit der Schilderung der Knechtschaft der Israeliten in Ägypten, die einer immer weiter verschärften Repression ausgesetzt sind. Weil er gegen sie aufbegehrt hat, muss Mose fliehen. Durch Heirat in die Familie des Jitro beginnt er eine neue Existenz. Es ist eine Existenz, die durch die Familie und die Arbeit (durch die Arbeit für die Familie) bestimmt ist: „Mose aber hütete die Schafe Jitros, seines Schwiegervaters, des Priesters in Midian, und trieb die Schafe über die Wüste hinaus“ ( Mose ,). Auf diese kurze, aber erschöpfende Schilderung von Moses gegenwärtigem Leben (was mehr ließe sich darüber sagen?) folgt die präzise komponierte Szene, die mit dem Auftrag Gottes an Mose endet, sein derzeitiges Leben aufzugeben und sein Volk aus der Knechtschaft zu befreien: „[S]o geh nun hin, ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst.“ ( Mose ,) Daran schließt sich eine längere Debatte an, in der Mose Gott davon zu überzeugen versucht, dass er dies nicht kann (und Gott ihm demonstriert, warum er es muss). Am Ende steht, dass Mose sich auf den Weg macht. Bevor er zum Befreier seines Volkes werden kann, muss er sich selbst aus seinem Leben der Arbeit und in der Familie losreißen. Es geht in dieser Szene darum, wie Mose zum Befreier befreit wird. Beide Befreiungen – die von Mose und die des Volkes durch Mose – unterscheiden sich grundlegend. Aber an der des Mose zeigt sich zugleich etwas Grundlegendes über alle Befreiung.  Vor allem: dass sich die erste allein zwischen Mose und Gott abspielt, während die des Volkes

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Das Entscheidende für Moses Befreiung findet sich nicht in der Debatte und damit in den Gründen, die Gott Mose gibt. Das Entscheidende liegt davor; es ist das, was diese Debatte und damit die Vernunft der Gründe und Gegengründe überhaupt erst möglich macht. Das Entscheidende ist, dass sich dort, wo Mose hingeraten ist („über die Wüste hinaus“), etwas ereignet. Bevor er hört und spricht, begegnet Mose in der Wüste eine „wundersame Erscheinung“ ( Mose ,). Indem er sie sieht, wird er bereit, den Auftrag zu hören, das Volk aus Ägypten zu führen. Dieser Blick befreit Mose zum Weggehen und damit zum Befreien. Denn es ist ein Blick, der nicht nur etwas anderes sieht, sondern das Sehen selbst verändert: Es ist der Blick eines anderen Sehens. „Und der Engel des HERRN erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde. Da sprach er: Ich will hingehen und diese wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt.“ ( Mose ,–) Der Busch, der brennt, ohne zu verbrennen, brennt ohne Ende. Sein Brennen ist unendlich. Er hat mithin ein Sein, das es in der Welt (der Welt der Schafe und Hirten, also der natürlichen und sozialen Welt) nicht gibt: Der brennende, aber nicht verbrennende Busch ist etwas Unendliches. Weil das sein Sein ist, ist dieses ‚Gesicht‘ oder diese ‚Erscheinung‘ kein Symbol. Der brennende Busch ist nicht ein Endliches, in dem das Unendliche erscheint, sondern er ist selbst unendlich. Er ist eine Erscheinung, in der nichts erscheint, als was sie selbst ist. ‚Wundersam‘, ‚groß‘ oder ‚gewaltig‘ ist sie nicht durch den Gehalt, der in ihr erscheint, sondern allein dadurch, dass oder wie er erscheint: In der Erscheinung erscheint nicht eine Botschaft, sondern ‚der Bote‘. Die Botschaft ist der Bote. Der brennende, aber nicht verbrennende Busch ist nichts als Erscheinung oder die Erscheinung der Erscheinung. ‚Zu erscheinen‘ heißt darin, ein Sein zu haben, das keine Bestimmung in der Welt hat, also nicht etwas Bestimmtes ist. Der brennende, aber nicht verbrennende Busch ist eine ‚große Erscheinung‘ durch seine Unbestimmbarkeit: In ihm erscheint das Unbestimmbare, indem er unbestimmbar ist. Der brennende, aber nicht verbrennende Busch reißt eine Lücke der Unbestimmbarkeit in Moses Welt. Dabei ist entscheidend, wie dies von Mose gesehen wird – welches Sehen es verlangt oder hervorbringt. In der praktischen und sozialen Welt heißt Sehen Wahrnehmen, und Wahrnehmen heißt, etwas als etwas zu erschließen. Sehen als Wahrnehmen ist ein (bedeutsamkeits‐)erschließender intentionaler Akt, der von einem Subjekt ausgeführt wird. Im Erscheinen dagegen geht das Sehen vom Gesehenen aus und dieses dem Sehen wie dem Sehenden vorher. Der Bote, also die durch einen Führer erfolgt, der im Namen Gottes handelt. Zugleich aber sind beide Befreiungen die zum Hören: zum Hören des Gebots (zu hören).  In anderen Übersetzungen: eine „gewaltige Erscheinung“ (Noth )) oder das „große Gesicht“ (Buber/Rosenzweig [] ).

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Erscheinung, erscheint ihm. In der Übersetzung von Buber und Rosenzweig: „SEIN Bote ließ von ihm sich sehen in der Lohe eines Feuers mitten aus dem Dornbusch.“ ( Mose ,) Danach erst sieht er. Moses Sehen ist nicht seine Aktivität, die ihr Prinzip in ihm hat. Die Bewegung geht vielmehr von der Erscheinung aus. Sie bringt das Sehen hervor. Das ist der Anfang: Dass sich ein Sehen vollzieht, das von einem Gegenstand bewirkt, von ihm angetrieben und angezogen wird, der keinen Ort in der Bedeutsamkeit der Welt hat, weil er, nach dem Maß dieser Welt, ein Paradox ist – das Erscheinen des Unbestimmten im Unbestimmten des Erscheinen. Dass das Sehen des Buschs kein Wahrnehmen ist, betrifft sein Was und sein Wie: Das Sehen erschließt keine Bedeutsamkeit, und es ist kein intentionaler Akt. Das Sehen ist vielmehr durch seinen Gegenstand bewirkt – und daher von dem Subjekt, das ihn sieht, erlitten. Moses Sehen, das ihn befreit, ist definiert durch ein Verhältnis von Wirken (dem Erscheinen des Unbestimmten) und Erleiden (dem Sehen und Hingehen). Dessen genauere Bestimmung lässt sich im Vergleich mit gewöhnlichen Wirkungszusammenhängen erschließen, in denen eines vom anderen eine Veränderung erleidet. Wenn ein Feuer bewirkt, dass ein Holz entzündet wird, oder das Holz seine Entzündung durch das Feuer erleidet, dann stehen das „Tätige [oder Wirkende: poiein] und Leidende [paschein] […] in Verhältnis zueinander durch das tätige und leidende Vermögen und nach der Wirksamkeit dieser Vermögen“ (Aristoteles, Met. a; vgl. auch Met. a). Das Bewirken einer Veränderung in dem einen durch das andere besteht also in einem Zusammenwirken der Vermögen von beiden: auf der einen Seite das aktive Vermögen zu wirken und auf der anderen Seite das passive Vermögen, genau dieses Wirken aufzunehmen; auch Erleidenkönnen ist ein Vermögen. Beide Vermögen, das aktive und das passive, bilden eine Einheit. „Dynamis tou poeien und dynamis tou paschein bilden in dem Maße eine Einheit, wie sie auf die Verwirklichung ein und derselben Veränderung bezogen sind; zugleich müssen sie aber in dem Maße eine Vielheit beschreiben, wie sie nicht ein und demselben Träger (und wenn doch, nicht in derselben Hinsicht) angehören.“ (Setton , ) Damit das aktive und das passive Vermögen eine Einheit bilden können, müssen sie zueinander passen. So kann das gänzliche Verschiedene nicht in einem Zusammenhang der Wirkung stehen. „Denn ‚WeißSein‘ dürfte wohl gar nichts erleiden von ‚Linie‘ oder ‚Linie‘ von ‚Weiß-Sein‘.“ (Aristoteles, WuV b) Das die Wirkung Erleidende muss das Vermögen zur  Das gilt auch dann noch, als Mose auf sein erstes Sehen reagiert und sagt: „Ich will hingehen und diese wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt.“ ( Mose ,) Das Warum des nicht verbrennenden Buschs ist hier keine Frage (mit der etwa eine Untersuchung und Erkundung beginnen würde), sondern die Antwort: Weil der Busch nicht verbrennt, darum will ich dahin und beschauen dies ‚große Gesicht‘. Das Nichtverbrennen des Buschs ist als unendlicher Prozeß grundlos und unergründbar. Es ist selbst der Grund dafür, hinzugehen und zu beschauen.

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Aufnahme dieser (Art von) Aktivität des Anderen haben. Das Leidende und das Wirkende, und ihre beiden Vermögen, sind „der Form nach ungleich“, müssen aber „der Gattung nach dasselbe und gleich“ sein (Aristoteles, WuV a). Ganz anders bewirkt das Erscheinen des Unbestimmten in dem brennenden Busch, der nicht verbrennt, dass Mose ihn ansehen und hingehen muss. Denn es kann gar kein Vermögen zum Erleiden seiner Wirkung geben. Mose erleidet eine Wirkung, die er nicht erleiden kann – für die er kein (passives) Vermögen haben kann. Denn jedes passive Vermögen ist ein qualitativ und quantitativ bestimmtes Vermögen. Es ist ein Vermögen, Wirkungen dieser Art – nicht unbestimmt welcher – zu erleiden, die Veränderungen in diesem Ausmaß – nicht unbestimmt großer – hervorbringen. Was aber Mose sieht, ist radikal unbestimmt. Also ist auch dessen Wirken nicht bestimmbar. Es ist das unbestimmbare Wirken des Unbestimmbaren. Es ist ein Wirken jenseits der Vermögen, in deren Zusammenspiel gewöhnliche Wirkungszusammenhänge bestehen. Es ist ein Wirken, das der, der es erleidet, nicht aufzunehmen vermag: ein Erleiden jenseits des Erleidenkönnens; ein Erleiden mithin, in dem der Erleidende seine Vermögen übersteigt. Er erleidet nicht, was er zu erleiden schon vermag. Er erleidet also nicht eine bestimmte Wirkung, sondern er erleidet die unbestimmte Wirkung der Bewirkbarkeit: nicht ein bestimmtes Leiden, sondern Erleidbarkeit, nicht Bestimmtwerden, sondern Bestimmbarwerden. Mose erleidet, überhaupt etwas – irgend etwas, etwas Beliebiges, unbestimmt welches – erleiden, also aufnehmen zu können. Was er erleidet, besteht in einer radikalen Veränderung seines Vermögens, zu erleiden. Es wird dadurch zu einem unbestimmten Vermögen (oder zu einen „Unvermögen“ (Dirk Setton), denn ein Vermögen zu etwas Unbestimmtem oder ein unbestimmtes Vermögen ist kein Vermögen). Die unbestimmte Erscheinung bewirkt in dem, auf den sie wirkt, den Zustand der Bestimmbarkeit. Bestimmbarkeit bedeutet zugleich die Abwesenheit und die Möglichkeit der Bestimmung: die Abwesenheit der Bestimmung als Möglichkeit zur Bestimmung. Der Zustand der Bestimmbarkeit, den Mose erleidet, macht daher seine Bestimmung, genauer: seine Neubestimmung möglich. Das Erscheinen des Unbestimmten im Unbestimmten des Erscheinens bewirkt die Möglichkeit des Neuen (oder Anderen). B. Erinnerung Durch das Erscheinen des Unendlichen erleidet das Selbst eine grundlegende Veränderung. Darin gewinnt das Subjekt nicht ein neues oder anderes Vermögen. Indem es eine Veränderung erleidet, die es nicht erleiden kann – der kein positiv bestimmtes passives Vermögen entspricht –, gewinnt es ein Unvermögen: das Unvermögen der Bestimmbarkeit. Das ist die negative Bestimmung dieser Veränderung. Darin aber bleibt unerklärt, wie eine solche Veränderung überhaupt

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möglich ist: Wie ist sie möglich, wenn sie keine Möglichkeit, kein Vermögen, des Subjekts ist? Als sich der Engel des Herrn von Mose beim Hüten der Schafe sehen lässt, befindet dieser sich weit ab von dem Haus, dem er durch seine Heirat angehört und dem seine Arbeit gilt. Er ist soweit in die Wüste hinein geraten, dass er „über sie hinaus“, „hinter die Wüste“ (Buber/Rosenzweig [] ) gelangt ist. Er ist damit an einen Ort gelangt, an dem, wie Ute Holl im Blick auf die Gestaltung der Situation in Schönbergs Oper schreibt, „Zentrum und Orientierung der Wahrnehmung kassiert“ sind (Holl , ). Hier ist Mose im eminenten Sinn, was er sich vorher bereits genannt hat: „ein Fremdling […] im fremden Lande.“ ( Mose ,) Auch wo er als Glied seiner neuen Familie für deren Erhalt und Vermögen arbeitet, ist er durch diese Mitgliedschaft nicht bestimmt. Es ist nicht seine Familie – Mose hat keine Familie, er hat eine Stiefmutter und einen Schwiegervater; sein Name ordnet ihn keiner besonderen Familie zu: Mose heißt ägyptisch ( jeder) ‚Sohn‘ –, und er ist nicht oder nicht ganz der ihre. Wenn er von der unbestimmten Erscheinung des Unbestimmbaren die Entleerung von jeder gegebenen Bestimmung und die Verwandlung in einen Zustand bloßer Bestimmbarkeit erleidet, so rührt dies daher zugleich auf, was er in seinem Wesen ist. In seinem Erleiden der Entbestimmung verwirklicht sich die Nicht-Identität, die seine Identität ausmacht. Sein Erleiden erinnert ihn daran, was er ist: nichts oder niemand Bestimmtes. Indem er die Wirkung der unbestimmbaren Erscheinung erleidet, verwandelt er sich in den Fremden zurück, der er immer schon war. Wenn Mose sich als einen „Fremdling […] im fremden Lande“ bezeichnet, dann reicht sein Erinnern aber noch viel weiter zurück als bis zum Anfang seiner individuellen Existenz. Mose zitiert hier, was über Abraham und Isaak gesagt wurde: dass sie Fremdlinge sind ( Mose ,), ja, dass sie es sein sollen: „Bleibe als Fremdling in diesem Lande, und ich will mit dir sein und dich segnen.“ ( Mose ,) Mose, also der Verfasser seiner Worte, schreibt sich ein in die Bestimmung seines Volkes, das erst durch das Gebot – und die Entscheidung zu seiner Befolgung – entsteht, sich auf den Weg zu machen, fremd zu sein, also keine Identität und Bestimmung zu haben. „Der jüdische Mensch ist der Hebräer, wenn er der Mensch der Anfänge ist; der Anfang ist eine Entscheidung; diese Entscheidung ist die Abrahams, der sich von dem trennt, was ist, und sich als Fremder erklärt, um einer fremden Wahrheit zu entsprechen. Der Hebräer geht von einer Welt – der bestehenden Welt von Sumer – in eine Welt, die ‚noch nicht Welt‘ ist.“ (Blanchot [] ,  f.) Der Zustand der Bestimmbarkeit, den Mose von der Er Mose ist also jedermann (zumindest: jeder Mann).  Damit dient diese spät eingefügte Episode am Anfang von Exodus auch dazu, die Geschichte der

politischen Befreiung mit der unabhängig von ihr entstandenen und tradierten Vätergeschichte der Genesis zu verbinden. Siehe Schmidt ,  f.

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scheinung erleidet, steht mithin in genauer Korrespondenz zu der Weltlosigkeit, deren Bejahung nach Blanchots ‚positiver‘ Bestimmung (die das antisemitische Verdikt vom Kopf auf die Füße stellt) den Anfang und damit das Sein des Juden ausmacht. Diese Korrespondenz gilt in beiden Richtungen: Das plötzliche Erleiden der Bestimmbarkeit erinnert das anfängliche, gründende Weggehen, durch den die Väter sich (und alle Nachkommen) zu Fremden gemacht haben. In Moses Erleiden tritt das Weggehen der Väter aus dem Vergessen als der Grund hervor, ja, es wird damit erst zum Grund. Und das anfängliche, gründende Weggehen, das noch die Nachkommen zu Fremden bestimmt, ermöglicht das plötzliche Erleiden des Zustands der Bestimmbarkeit; denn nur weil Mose als ‚Hebräer‘ noch nie – ganz – in einer oder seiner Welt war, kann er jetzt durch das Erscheinen des Unbestimmbaren aus ihr herausgerissen werden. Das heißt: Die von außen einbrechende Versetzung des Selbst in den Zustand der Bestimmbarkeit ist möglich nur als eine Rückversetzung in den Nullzustand seines Anfangs, der darin rückwirkend bestätigt und damit als eigener Anfang erst hervorgebracht wird. Das Neue ist das Alte – nicht, weil es, mythisch verstanden, das Immergleiche ist, sondern, im Gegenteil, weil schon das Alte nichts als die Möglichkeit des Neuen war. Im Erleiden der Bestimmbarkeit kreuzen sich mithin zwei Zeitperspektiven. In ihm öffnet sich zum einen die Möglichkeit neuer, in Inhalt und Form anderer Bestimmungen. Erleiden von Bestimmbarkeit heißt Erneuerung, Bestimmbarkeit bedeutet Zukünftigkeit. Aber zum anderen und notwendig zugleich ist das Erleiden der Bestimmbarkeit, das die Erneuerung ermöglicht, die Erinnerung einer Vergangenheit, die dadurch als der eigene Anfang und Grund hervortritt. C. Entscheidung Die Urszene der Befreiung in der Exodus-Erzählung ist die Erfahrung dessen, was diese Erzählung auch ‚Zeichen‘ oder ‚Wunder‘ nennt. Deren oberflächliche, aber deshalb nicht einfachhin falsche Bestimmung ist, dass das Zeichen oder Wunder die gewöhnliche Ordnung durchbricht. Das tut es, weil es das Zugleich von Unvereinbarem ist: Ein Zeichen ist die Verwandlung der Schlange in die Stange und wieder in die Schlange, ein anderes die der Gesundheit in Aussatz und wieder in Gesundheit, ein weiteres wiederum die Verwandlung von Wasser in Blut und zurück ( Mose ,–). Im Zeichen ist die Ordnung der Dinge ausgesetzt. Sie können nicht innerhalb der bestehenden Welt verortet und gedeutet werden. Wodurch aber ist das ordnungsdurchbrechende Zeichen für das Selbst, dem es gegeben wird, befreiend? Weshalb ist die Erfahrung des Unbegreiflichen nicht bloß überwältigend, furchterregend und daher niederdrückend (wie dies für die mythische Erfahrung gilt)? Allein aus der Bestimmung des Zeichens als Erscheinung

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des Unbestimmbaren lässt sich seine befreiende Kraft noch nicht begreifen. Allerdings ist die bisher gegebene Erläuterung der initialen Befreiungsszene im Exodus auch schon weiter gelangt als nur die negative Bestimmung des Zeichens oder der Erscheinung durch seine Unbestimmtbarkeit. Sie hat bereits zwei Schritte gemacht, die darüber hinausführen. Der erste Schritt besteht in der Einsicht, dass die Erfahrung der Unbestimmbarkeit, mit der das Selbst im Zeichen konfrontiert ist, transformativ ist. Die Erfahrung der Unbestimmbarkeit konfrontiert das Selbst nicht nur von außen mit einer Erscheinung, die es nicht zu erfassen vermag. Diese Erfahrung bewirkt vielmehr eine fundamentale Verwandlung des Selbst: Sie versetzt das Selbst in einen Zustand der Bestimmbarkeit, in dem es noch keine Bestimmungen (oder keine Bestimmungen mehr) hat und daher andere, neue annehmen kann. Der zweite Schritt um zu verstehen, weshalb diese erlittene Verwandlung des Selbst befreiend ist, besteht in der Einsicht in die spezifische Zeitlichkeit – genauer: die Geschichtlichkeit – des Zeichens oder der Erscheinung. Denn „die Wunderbarkeit des Wunders […] beruht […] nicht auf seiner Abweichung von dem gesetzlich vorher festgelegten Lauf der Natur, sondern auf seiner Vorausgesagtheit. Das Wunder ist wesentlich ‚Zeichen‘.“ Die „Ungewöhnlichkeit“ des Ereignisses ist mithin „nur, obwohl oft für die Wirkung höchst nötige, ‚Aufmachung‘, nicht Kern“ (Rosenzweig ,  f.). Dieser Kern des Wunders besteht darin, dass sich in ihm etwas ereignet, das prophetisch vorausgesagt war, und zwar nicht deshalb, weil es durch Zauberei bewirkt wird („Einen Zauberer, befiehlt die Thora, sollst du nicht leben lassen“; Rosenzweig , ), sondern weil sich in ihm die Vorhersehung erfüllt. Durch die Vorhersehung ist das Zeichen geschichtlich. Es ist zurückbezogen auf den Anfang (oder es ist Offenbarung der Schöpfung): „Und so ist nichts an dem Offenbarungswunder neu, nichts ein zauberhafter Eingriff in die erschaffene Schöpfung, sondern ganz ist es Zeichen, ganz Sichtbarmachung und Lautwerdung der ursprünglich in der stummen Nacht der Schöpfung verborgenen Vorsehung, ganz – Offenbarung. Die Offenbarung ist also allzeit neu, nur weil sie uralt ist.“ Das Zeichen erfüllt die Vorhersehung, weil sich in in ihm „das Werk des Anfangs erneuert.“ (Rosenzweig , ) Das ist die wesentliche Geschichtlichkeit des Zeichens: Das Zeichen ist die Erneuerung des Anfangs, die Erneuerung als Wiederkehr des Anfangs. Das ist der zweite Schritt in der Erläuterung der befreienden Wirkung der Erscheinung des Unbestimmbaren. Er besagt, dass das  So definiert Erich Auerbach den Sinn von ‚Geschichte‘, den die Schrift gegenüber den Homerischen Epen bestimmt: „Die Geschichten der Heiligen Schrift werben nicht, wie die Homers, um unsere Gunst, sie schmeicheln uns nicht, um uns zu gefallen und zu bezaubern – sie wollen uns unterwerfen, und wenn wir es verweigern, so sind wir Rebellen. Man möge nicht einwenden, dass dies zu weit gehe, dass nicht die Geschichte, sondern die religiöse Lehre den Herrschaftsanspruch erhebe; denn die Geschichten sind eben nicht, wie Homers, bloß erzählte ‚Wirklichkeit’. In ihnen inkarniert sich Lehre und Verheißung.“ (Auerbach [] , ; vgl. ,  ff.)

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Selbst in der Erfahrung der Erscheinung oder des Zeichens, in der es sich überschreitet, sich erneuert, indem es zum Neuen seines Anfangs zurückkehrt. Oder genauer: dass das Selbst in der Erfahrung des Zeichens, indem es sich erneuert, seinen Anfang erneuert und ihn dadurch zu seinem Anfang erst macht. Das ist der dritte Schritt im Verständnis von Moses Befreiung. Dieser Schritt führt zu dieser formalen Bestimmung der Befreiung: Die Befreiung ist Wiederholung und die Wiederholung ist Bejahung. Dass das Selbst in seinem Erleiden der Bestimmbarkeit seinen Anfang erinnert, ist keine Rückkehr zu einem vergangenen Ereignis, das unabhängig von dieser Rückkehr existierte und beglaubigt wäre. Dann ginge es allein um die Anerkennung einer Tatsachenwahrheit. Eine Tatsache kann aber nicht befreiend sein. Die erneuernde Erinnerung des Anfangs ist vielmehr die rückwirkende Hervorbringung des Zustands der Bestimmbarkeit als des eigenen Anfangs. Die Erinnerung ist daher zugleich eine Entscheidung. Sie ist die Entscheidung des Selbst, den Zustand der Bestimmbarkeit, den es erleidet, als seine (also existenzielle oder ontologische) Wahrheit anzuerkennen. Diese Anerkennung ist eine Bejahung. Die Erinnerung hat hier daher nicht den Sinn, den sie nach Kierkegaard „bei den Griechen“ hat, wenn sie lehren, „dass alles Erkennen ein sich Erinnern sei“. Die befreiende Erinnerung ist vielmehr die Bewegung, die Kierkegaard ‚Wiederholung‘ nennt (und an der Geschichte Hiobs erläutert). „[D] enn wessen man sich erinnert, das ist gewesen, wird rücklings wiederholt; wohingegen die eigentliche Wiederholung sich der Sache vorlings erinnert.“ (Kierkegaard [] , ) Die Erinnerung ist befreiend, weil (oder wenn) sie als retroaktive Setzung des eigenen Anfangs zugleich seine Reaktualisierung ist. Dann ist sie die Entscheidung, getreu des erinnerten Anfangs zu handeln (oder sie ist die Entscheidung, die rückwirkende Einsetzung des eigenen Grundes fortwirkend oder fortschreitend wahr zu machen). IV. Ausblick: Das doppelte Subjekt der Befreiung Ich habe mit Hegels Argument begonnen, dass die Freiheit nur als Vollzug und daher als Befreiung gedacht werden kann. Dieses Argument gegen die Freiheit als Eigenschaft oder Tatsache – so der Ausgangspunkt – ist unabweisbar. Zugleich aber führt es in die Paradoxie, dass die Befreiung als freie Tat gedacht werden und damit ihr Ergebnis, die Freiheit, bereits voraussetzen muss. Diese Paradoxie stellt sich anders dar, wenn man Hegels nächstem Schritt folgt, die Befreiung geschichtlich,  Dieses Moment der Entscheidung ist deutlich artikuliert in Moses „Ich will“: „Ich will hingehen

und diese wundersame Erscheinung besehen.“ ( Mose ,) Und dann noch einmal in seinem „Hier bin ich“ ( Mose ,), das nach Auerbach als „ich höre“, als die Entscheidung zu hören, zu übersetzen ist (Auerbach [] , ).

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das heißt: als Geschichte (der Arbeit), zu denken. Geschichtlich verstanden, vollzieht sich die Befreiung zweimal: zuerst als die Befreiung von der Existenz als Naturwesen durch die Arbeit, sodann als die Befreiung von dem darin hervorgebrachten Zwang sozialer Formen (die das Subjekt in der Gestalt der Gewohnheit beherrschen). In dieser zweiten Befreiung macht das Subjekt seine ‚polemische‘ Kraft der Negativität, die sich im erarbeiteten Bruch mit seiner natürlichen Determination ebenso verbirgt wie verwirklicht, in seiner eigenen sozialen Existenz geltend. Während also die erste Befreiung dem Subjekt geschieht – genauer: während das Subjekt seine Befreiung von seiner Existenz als Naturwesen ohne sein Wissen und Wollen in seiner Arbeit verwirklicht –, muss die zweite seine eigene Tat sein. Wiederholt sich damit aber nun nicht bloß ein weiteres oder letztes Mal die Paradoxie der Befreiung, mit der die Überlegung begonnen hat? Oder lässt sich der Exodus-Erzählung ein Modell dieser ‚zweiten Befreiung‘ entnehmen, das aus der Paradoxie herauszuführen vermag? Im Exodus geht es um die zweite Befreiung – die Befreiung der durch Arbeit reproduzierten sozialen Knechtschaft (von der sich nach dem Auszug aus Ägypten erweist, dass sie nicht nur von außen auferlegt, sondern den Unterdrückten zur Gewohnheit geworden ist; deshalb braucht es so lange, vierzig Jahre in der Wüste, um diese Knechtschaft zu brechen). In seinen frühen Entwürfen zum Judentum hatte Hegel verneint, dass diese Befreiung in der Form des Exodus gelingen kann: Die Exodusgeschichte – meint Hegel – ist gar keine Geschichte der Befreiung, denn die Israeliten empfangen ihre Freiheit bloß als ein ‚Geschenk‘. Die Prämisse dieses Arguments ist, dass die Passivität unvereinbar damit ist, dass darin die Freiheit gewonnen wird: Die Passivität ist die Blockade der Freiheit. Es ist diese Prämisse, die direkt in die Paradoxie der Befreiung führt (denn aus ihr folgt, dass die Freiheit nur durch eine Tat hervorgebracht werden kann, die bereits frei ist – die also die Freiheit schon voraussetzt). Damit verstellt diese Prämisse die Einsicht, wie die Befreiung allein zu gelingen vermag – und wie sie sich im Exodus tatsächlich vollzieht. Denn hier ist die Passivität nicht freiheitsverhindernd, sondern im Gegenteil ihre Möglichkeitsbedingung. Denn in der Exodus-Erzählung zeigt sich, dass „der Mensch aufhört, ein bloßes Resultat [so wie die anderen Lebewesen; C.M.] zu sein, und, nach einem Wort von Thomas von Aquin, ‚die Würde einer Ursache‘ erhält, in dem Maße, wie er die Wirkung der äußeren Ursache par excellence […] erfährt“– dass der Mensch also nur frei wird, indem er die „Wirkung“ einer „Kraft“ erleidet (Lévinas [] , ).  Diese „Kraft, welche die Kraft begründet, die zivilisatorische Kraft“ heißt nach Lévinas „Gott“.

Darin sieht er das gemeinsame Wissen der monotheistischen Religionen (Lévinas [] , ). Lévinas bestimmt die Abhängigkeit von dieser Kraft auch als die Einsicht, „dass die menschliche Autonomie auf größter Heteronomie beruht.“ (Lévinas [] , ) „Die Gegenwart des Anderen

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Die Exodus-Erzählung zeigt das darin, dass die Befreiung eines Stoßes von außen bedarf, um das Selbst, das sich in der Gewohnheit der Knechtschaft verloren und vergessen hat, auf sich zurück zu beziehen und es mit sich in Übereinstimmung zu bringen. Diese anstoßende Wirkung von außen, die das Selbst ebenso überwältigt wie anzieht, ist genau deshalb befreiend, weil das, was dem Selbst von außen entgegenkommt, nichts anderes als sein eigener Anfang und Grund ist; genauer: zum Anfang und Grund des Subjekts (gemacht) wird. Durch die Wirkung einer Kraft von außen erinnert es seinen Grund, den es vergessen hatte und von dem es abgefallen war. Das Erleiden der Kraft von außen ist die Erinnerung an sich selbst. Was ihm von außen, gewaltsam unterbrechend und herausreißend entgegenkommt, ist nichts anderes als es selbst. Das Selbst ist nicht schon es selbst oder bei sich, sondern wird dies nur, indem es sich von außen entgegenkommt. Daher erkennt auch das Selbst sich selbst nur durch das und in dem, das ihm von außen entgegenkommt. Es erkennt in der Wirkung von außen seinen Anfang und Grund. Das heißt, es anerkennt es als seinen Grund. Dass dies sein Grund ist, kann nur das Selbst selbst sagen. Es ist seine Anerkennung oder Bejahung der von außen wirkenden Kraft als seines Grundes, durch die aus seinem Erleiden seine Befreiung wird. Die Befreiung hat also eine doppelte, in sich gespaltene Autorschaft. Sie ist nur möglich, wenn sie nicht allein durch das Selbst oder durch das Selbst allein geschieht. Das hat Hegel in seiner Theorie der Religion festgehalten. „Religion“ ist darin die Weise, „wie [die] höchste Sphäre [des Geistes] im Allgemeinen bezeichnet werden kann“ (GW : § ); die Religion ist die Sphäre des absoluten Geistes. Die Religion ist damit nichts anderes als die höchste Stufe der Befreiung, die den – eine privilegierte Heteronomie – verletzt nicht die Freiheit, sondern setzt sie ein, ist ihre Investitur.“ (Lévinas [] , )  Diese Erläuterung reicht jedoch noch nicht, um die Äußerlichkeit im Prozeß der Befreiung einzuholen, die die Exodus-Erzählung pointiert. Sie legt den Irrtum nahe, dass die Anerkennung der von außen wirkenden und erlittenen Kraft als der Anfang und Grund des Selbst ihre Aneignung bedeuten könne – und daher auch ihre Äußerlichkeit gegenüber dem Selbst (da draußen: als Erscheinung) temporär, also eine Episode bleiben könne, die das Selbst in seiner Befreiung durchlaufen muss, aber hinter sich lassen kann: in einer völligen Wiederaneignung seiner selbst. Darin würde die von außen wirkende Kraft, welche seine Kraft der Freiheit begründet, seine eigene. Sie wäre nur vorübergehend nach außen projiziert und würde in der Befreiung, die sie als von außen wirkende bewirkt, wieder angeeignet werden. Aber das kann die Befreiung nicht. Denn die von außen auf das Selbst einwirkende und es befreiende Kraft ist die Kraft der Negativität als Bestimmbarkeit, die das Selbst als seine bejaht. Diese Bejahung besagt, dass die Kraft der Negativität das Selbst ausmacht. Sie besagt aber nicht (und deshalb ist die Bejahung kein Akt der Aneignung), dass das Selbst die Kraft der Negativität selbst ausübt: dass es diese Kraft als oder wie ein Vermögen besitzt und anzuwenden weiß. Das Selbst ist nicht das Subjekt als die Instanz der Negativität, sondern ihr Sitz und Schauplatz. Vielmehr als dass die Negativität seine ist, ist das Selbst ihres. Es bedarf einer unaufhebbaren Exteriorität zur Befreiung des Menschen, weil die Kraft, die ihn befreit, als sein eigener Grund und Anfang ihm zugleich grundsätzlich entzogen bleibt. In der Exteriorität der befreienden Erscheinung begegnet der Mensch seiner Selbstenzogenheit.

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„Weg“ des Geistes ausmacht (GW : § ): die Befreiung, die sich vollendet, indem sie von sich weiß, oder die von sich weiß, indem sie sich vollendet. Sie ist die Einheit von Theorie und Praxis der Befreiung. Diese Einheit von Wissen und Vollendung der Befreiung im absoluten Geist hat aber zugleich die Struktur des „Urtheils“ (GW : § ). Sie existiert nur so, dass sie sich in sich spaltet und verdoppelt. Die höchste oder absolute Gestalt auf dem Weg der Befreiung, die Hegel ‚Religion‘ nennt, „ist eben so sehr als vom Subjecte ausgehend und in demselben sich befindend als objectiv von dem absoluten Geiste ausgehend zu betrachten“ (GW : § ). In ihrer Vollendung hat die Befreiung also einen zweifachen Ausgangspunkt oder ein doppeltes Subjekt. In Michael Theunissens Formulierung: „Der Mensch muss sich nicht nur zu seiner Freiheit befreien, er muss zu dieser Befreiung auch noch befreit werden.“ (Theunissen , ) Die Befreiung ist die Einheit von Selbstbefreiung und Befreitwerden. Siglen GW Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Hamburg,  ff. GW  (Frühe Schriften. Teil II); GW  (Phänomenologie des Geistes); GW , (Grundlinien der Philosophie des Rechts); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW , (Vorlesungen über die Philosophie des Rechts III) Met. Aristoteles. Metaphysik. Übersetzt von Hermann Bonitz. Hamburg, . WuV Aristoteles. Über Werden und Vergehen. Übersetzt von Thomas Buchheim. Hamburg, .

Literatur Die Bibel. . Nach Martin Luthers Übersetzung. Deutsche Bibelgesellschaft. Adorno, Theodor W. [/] . Vorlesung über Negative Dialektik. Frankfurt a. M. Arendt, Hannah. . Über die Revolution. München. Auerbach, Erich [] . Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. Bern/München. Blanchot, Maurice [] . „Jude sein“. In: Das Unzerstörbare. Ein unendliches Gespräch über Sprache, Literatur und Existenz. Übersetzt von Hans-Joachim Metzger und Bernd Wilczek, –. München. Buber, Martin, und Franz Rosenzweig [] . Die Schrift. Band . Heidelberg. Foucault, Michel. [] . „Was ist Aufklärung?“ Übersetzt von Hans-Dieter Gondek. In: Schriften in vier Bänden. Dits et Écrits, Bd. IV,  – , herausgegeben von Daniel

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Defert und Francois Ewald unter Mitarbeit von Jacques Lagrange,  – . Frankfurt a. M. Hindrichs, Gunnar. . Philosophie der Revolution. Berlin. Holl, Ute. . Der Mose-Komplex. Politik der Töne, Politik der Bilder. Berlin. Jaeschke, Walter. . Hegel Handbuch. Leben – Werk – Schule. Stuttgart. Kierkegaard, Sören. [] . Die Wiederholung. Übersetzt von Emanuel Hirsch. Gütersloh. Kojève, Alexandre. [] . Hegel. Eine Vergegenwärtigung seines Denkens. Übersetzt von Iring Fetscher und Gerhard Lembruch. Frankfurt a. M. Lévinas, Emmanuel. [] . Totalität und Unendlichkeit. Versuch über die Exteriorität. Übersetzt von Wolfgang Nikolaus Krewani. Freiburg/München. – [] . Schwierige Freiheit. Versuch über das Judentum. Übersetzt von Eva Moldenhauer. Frankfurt a. M. Menke, Christoph. . Autonomie und Befreiung. Sechs Studien zu Hegel. Berlin. Noth, Martin. . Das zweite Buch Mose (Exodus). Übersetzt und erklärt von Martin Noth. Göttingen. Riedel, Manfred. . „Freiheitsgesetz und Herrschaft der Natur“. In: System und Geschichte. Studien zum historischen Standort von Hegels Philosophie, –. Frankfurt a. M. Rosenzweig, Franz [] . Der Stern der Erlösung. Frankfurt a. M. Schmidt, Werner H. . Exodus, Sinai und Mose. Darmstadt. Setton, Dirk. . Unvermögen. Die Potentialität der praktischen Vernunft, Zürich. Theunissen, Michael. . Hegels Theorie des absoluten Geistes als theologisch-politischer Traktat. Berlin. Walzer, Michael. [] . Exodus und Revolution. Übersetzt von Bernd Rullkötter. Frankfurt a. M. Yovel, Yirmiyahu. . Dark Riddle. Hegel, Nietzsche, and the Yews. Cambridge, UK.

ABHANDLUNGEN

Christophe Bouton IDEALISMUS UND REALISMUS BEI HEGEL* ABSTRACT:

The question of realism has been a recurring problem in th-century philosophy until today. In the wake of a rise of different forms of realism, many efforts have been made to interpret Hegel’s philosophy as taking a kind of realist stance as well. Yet, to read Hegel as a realist may seem surprising, for he boldly claims that any true philosophy must essentially commit to idealism. In this article, I discuss the question to what extent Hegel can be seen as a realist against the backdrop of the philosophical context of Classical German Philosophy around . I argue that, on the one hand, Hegel is critical of different forms of realism, especially of what I would like to call a ‚fetishism of the finite‘. However, on the other hand, his philosophy bears certain realist implications as well, which I am going to point out.

Einleitung Die Frage nach dem Realismus ist ein wiederkehrendes Problem in der Philosophie des . Jahrhunderts. Die Pioniere der analytischen Philosophie, Frege, Russell und Moore, bis hin zu Autoren wie Popper (), der ein Vertreter eines wissenschaftlichen Realismus genannt werden könnte, Putnam, der von einem externen zu einem internen Realismus gewechselt ist, oder Michael Devitt (), haben diese heikle Frage aufgeworfen. Neuerdings wohnten wir der Geburt eines neuen Realismus bei, zu dem, um nur einige zu erwähnen, der spekulative Realismus von Quentin Meillassoux (), der ‚neue Realismus‘ von Maurizio Ferraris (), die realistische Ontologie von Markus Gabriel () oder der *Ich bedanke mich herzlich bei René Dorn für die Übersetzung der ersten Fassung dieses Textes und bei Kollegen, mit denen ich die Ideen dieses Textes diskutiert habe und die mir hilfreiche Anmerkungen und Kritik mitgeteilt haben, insbesondere Emmanuel Renault, Birgit Sandkaulen, Annette Sell, Olivier Tinland, David Wittmann und das Publikum zweier Veranstaltungen: die Tagung „Logiques de Hegel: bicentenaire de l’Encyclopédie des sciences philosophiques et de La science de la logique“ (organisiert von Emmanuel Cattin, Jean-François Kervégan und Jean-Marie Lardic unter Mitwirkung von Raphaël Ehrsam, Sorbonne, . . ) und das Forschungskolloquium des Forschungszentrums für Klassische Deutsche Philosophie/Hegel-Archiv (geleitet von Birgit Sandkaulen, Bochum, . . ). Hegel-Studien  · © Felix Meiner Verlag · ISSN -

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‚réalisme contextualisé‘ von Jocelyn Benoist (, ) gehören. Simultan zu jenem wiederbelebten Interesse für den Realismus haben bestimmte Hegel-Interpreten wie Kenneth Westphal und Robert Stern Hegel einen epistemologischen oder einen Begriffsrealismus (conceptual realism) zugeschrieben. Stern kritisiert die Interpretation von Robert Pippin, die Hegels Philosophie als „full-blown antirealism“, als eine Vollendung des transzendentalen Idealismus von Kant interpretiert (Pippin , ). Dennoch gibt Pippin zu: „After all, it could be asserted, Hegel is known as a prototypical realist; whatever he means by the claim, he does assert that we know ‚reality‘ (Absolute Spirit) as it is in itself (what else could the denial of Kant’s ‚thing in itself’ remainder amount to?)“ (Pippin , ). Vielleicht sollte man angesichts dieser eindrucksvollen Vieldeutigkeit den Term schlichtweg vermeiden, wie es André Lalande vor bereits knapp einhundert Jahren in seinem kanonischen Lexikon angesprochen hatte, da er ihn für zu indeterminiert hielt (Lalande , ). Wer heute von Realismus spricht, ohne einen bestimmten Kontext und eine bestimmte Definition anzugeben, „tut nichts anderes, als sich zu räuspern“, um das Bild von Crispin Wright zu verwenden (Wright , ; zitiert nach Engel ())! Hegel eine Form des Realismus zu attribuieren, ist im Spiegel der hier umrissenen Debatte umso erstaunlicher, als er die Position eines objektiven oder absoluten Idealisten besetzen möchte. Er unterstreicht, dass eine wahre Philosophie nicht realistisch sein kann. In einem seiner letzten Texte aus der neuen Auflage des ersten Bandes der Wissenschaft der Logik, der nach seinem Tod  veröffentlicht wurde, stellt er diesen Punkt fest:  Westphal (, ): „Hegel holds that the world has a fundamentally conceptual structure, not because we constitute the world by thinking about it, but because concepts are structures in the world ; only upon that basis can’t hey become conceptions in our language and in our heads“.  Stern (, ): „Hegel’s idealism, in other words, amounts to a form of conceptual realism, understood as ‘the belief that concepts are part of the structure of reality’“. Stern zitiert Rosen (, ). Zur Interpretation von Hegels Philosophie als Realismus siehe auch Findlay (, ), der Hegels Philosophie als „idealistische[n] Realismus“ interpretiert; Halbig, Quante, und Siep (, ): „Hegel verbindet also ein monistisches und holistisches Begriffssystem mit einem Begriffsrealismus, nach dem die Realität der Dinge nicht in ihrer ‚ineffablen‘ Individualität, einer außergeistigen Materialität oder einer außerbegrifflichen Sinnlichkeit besteht“; Halbig (, ), dem zufolge Hegel „einen direkten, anti-repräsentationalistischen Realismus, also eine starke Form des epistemologischen Realismus“ vertritt; Jaeschke (, ), der Hegels Philosophie als die „Vereinigung vom absoluten Idealismus und absoluten Realismus“ deutet; Stovall (, ): „This is Hegel’s metaphysical realism; this is his story of how we know the in-itself, not abandoned after Kant, but striven for“; sowie Kreines (, ): „Hegel is arguing that the world has the structure of thought and, in particular, explanatory thinking. That ‚reason is in the world‘, Hegel says, ‚conveys exactly what is contained in the expression ‚objective thought‘“. And, similarly, reality is structured by concepts (Begriffe) of explanatory import – in the sense of explanatory kinds or universals. The logic of these thoughts is a consideration of forms of reason in the world.“  Siehe auch Pippin (), der Hegel einen ‚praktischen Realismus‘ zuschreibt.  Zur Entwicklung dieses Begriffs vom Mittelalter bis in unsere Tage siehe auch Hoffmann ().

Idealismus und Realismus bei Hegel

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Jede Philosophie ist wesentlich Idealismus, oder hat denselben wenigsten zu ihrem Princip, und die Frage ist dann nur, inwiefern dasselbe wirklich durchgeführt ist. […] Der Gegensatz von idealistischer und realistischer Philosophie ist daher ohne Bedeutung. Eine Philosophie, welche dem endlichen Daseyn als solchem wahrhaftes, letztes, absolutes Seyn zuschriebe, verdiente den Nahmen Philosophie nicht (GW : ). Sich auf diesen Text beziehend, spricht Olivier Tinland (, ; ) von einem „Zusammenbrechen der realistischen Alternative“ in der hegelschen Philosophie. Wenn Hegel eine Form des Realismus verteidigt, sei es einen Begriffsrealismus, warum bemüht er sich dann sorgfältig darum, das Wort ‚Realismus‘ (angesichts seiner Philosophie) nicht zu verwenden? Warum sagt er, dass der Realismus keine Option in Aussicht stellt? Und was bedeutet der Begriff des Realismus in Hegels Epoche? Während der Begriff des Idealismus in seinen berkeleyschen und kantischen Formen solide auftritt, scheint derjenige des Realismus doppeldeutig und fast schon obskur zu sein. Um jene Frage aufzuklären, schlage ich vor, zu den Quellen des modernen Begriffes vom Realismus im sog. ‚deutschen Idealismus‘ zurückzugehen. Es geht mir darum, jenen Realismusbegriff in seinem historischen Kontext zu situieren, und ihn in seinen Facetten mittels einer allgemeinen Charakterisierung der verschiedenen philosophischen Strömungen jener Epoche zu umreißen. Ich vertrete die These, dass es vollkommen richtig ist, wie Tinland von einem Zusammenbrechen der realistischen Alternative bei Hegel zu sprechen, wenn man den Terminus ‚Realismus‘ so abschätzig nimmt, wie Hegel es häufiger tut: Der Realismus ist dann eben eine Philosophie, die dem endlichen Dasein ein wahres, letztes und absolutes Sein zuweist. Diesen Realismus würde ich analog zum Fetischcharakter der Ware bei Marx einen von Hegel bekämpften ‚Fetischismus des Endlichen‘ nennen. Dennoch möchte ich zeigen, dass Hegels Philosophie jenseits seiner Kritik am Realismus als Fetischismus des Endlichen dennoch einen realistischen Gehalt birgt, den ich in diesem Artikel herausarbeiten werde. I. Begriffsgeschichtliche Anmerkungen zum Realismus vor Hegel Der Terminus ‚Realismus‘ ist bereits zur Zeit Hegels ein diffuser und kontextabhängiger Begriff gewesen. Er ist jünger als derjenige des Idealismus, der von Leibniz  in seinen Répliques aux réflexions de Bayle verwendet wurde, um die Differenz der Platoniker und der materialistischen Epikureer deutlich zu machen (Lalande , ). Sehen wir von zumeist noch mittelalterlich beeinflussten Debatten der

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frühen Aufklärung ab, ist es Kant gewesen, der den Terminus ‚Realismus‘ in der Erstausgabe der Kritik der reinen Vernunft  im Rahmen seiner transzendentalen Dialektik geprägt und exponiert hat. In dem „vierte[n] Paralogism, der Idealität (des äußeren Verhältnisses)“ schreibt Kant, dass seinem transzendentalen Idealismus ein transzendentaler Realism entgegengesetzt [ist], der Zeit und Raum als etwas an sich (unabhängig von unserer Sinnlichkeit) Gegebenes ansieht. Der transzendentale Realist stellt sich also äußere Erscheinungen (wenn man ihre Wirklichkeit einräumt) als Dinge an sich selbst vor, die unabhängig von uns und unserer Sinnlichkeit existieren, also auch nach reinen Verstandesbegriffen außer uns wären. (KrV A ) Der transzendentale Realismus ist die Lehre, welche die äußeren Objekte ebenso wie die Zeit und den Raum, in welchem sie gegeben sind, als unabhängige existierende Dinge an sich ansieht. Dennoch sind sie durch reine Verstandesbegriffe erkennbar, da sie mit ihnen korrespondieren. In seiner Typologie setzt Kant dem ‚transzendentalen Realismus‘ seinen ‚transzendentalen Idealismus‘ entgegen, der den Raum und die Zeit als Formen a priori der sinnlichen Anschauung auffasst, und die äußeren Gegenstände als bloße Vorstellungen (als ‚Erscheinungen‘, und nicht als ‚Dinge an sich‘) begreift. Im Gegensatz zu Berkeleys Idealismus, der die Existenz der Materie leugnet, ist der transzendentale Idealist ein ‚empirischer Realist‘, eine Art ‚Dualist‘, der die Existenz einer Materie in Form von Vorstellungen zugibt, und der denkt, dass die äußere Wahrnehmung die Existenz der Erscheinungen, aber nicht der Dinge an sich, genauso unmittelbar verbürgt wie diejenige des Subjekts. In dieser Typologie erkennt man Kants Versuch, (transzendentalen) Idealismus und (empirischen) Realismus zusammenzudenken, während er die beiden Positionen sorgfältig von ihren unzulässigen Formen scheidet. In der zweiten Ausgabe der Kritik der reinen Vernunft () hat Kant das Paralogismus-Kapitel weggekürzt, in welchem der transzendentale Realismus nur einmal lakonisch erwähnt ist (KrV B ). Er hat nach dem Abschnitt „Die Postulate des empirischen Denkens überhaupt“ eine „Widerlegung des Idealismus“ (KrV B  – ) hinzugefügt, um auf die Kritik der Feder-Garve-Rezension zu reagieren, die ihn beschuldigte, den Idealismus Berkeleys wiederzubeleben.  Der Begriff ‚Realist‘ wurde in den Büchern über die Geschichte der Philosophie des späten . Jahrhunderts verwendet, um das lateinische ‚reales‘ oder ‚realistae‘ in der Darstellung des Konflikts zwischen Realisten und Nominalisten im Mittelalter auf Deutsch zu übersetzen. Siehe hierzu Tiedemann (, ) (über Vincent von Beauvais): „[D]as Allgemeine ist kein leerer Name, ist kein Gedankending; sondern etwas reelles, wirklich Vorhandenes […]. Vincent war demnach ein Realist, und es erhellt, was ein Realist zu dieser Zeit bedeutete“. Siehe auch Tenneman (, ): „Herrschaft des Realismus“ (über Thomas von Aquin im . Jahrhundert). Laut Ecole (, ) verteidigte Christian Wolff einen ‚sinnlichen Realismus‘ (réalisme sensible) gegen Berkeleys Idealismus, allerdings fand ich in Wolffs deutschem Werk keine Verwendung des Begriffs ‚Realismus‘.  Siehe Heidemann () und Bouton ().

Idealismus und Realismus bei Hegel

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Parallel wurde der Term ‚Realismus‘ durch Jacobi in seiner  erschienenen Abhandlung: David Hume über den Glauben oder Idealismus und Realismus: Ein Gespräch wieder aufgegriffen und affirmativ gebraucht. Während Kant versucht hatte, den Idealismus neu zu formulieren, um ihn mit dem Realismus zu versöhnen, hält Jacobi dies für unmöglich. Seine Position ist nicht Idealismus und Realismus wie bei Kant, sondern: Realismus ohne Idealismus. Er erklärt in einem Brief an Jean Paul: „Ich bin Realist, wie es vor mir noch kein Mensch gewesen ist, und behaupte, es gibt kein vernünftiges Mittelsystem, zwischen totalem Idealism oder totalem Realism.“ Was bezeichnet sein totaler Realismus nun konkret? Jacobis Verwendungen der Termini ‚Realist‘ und ‚Realismus‘ – gerade im Gespräch über Hume – zeigen, dass der ‚entschiedene Realist‘ jener ist, der zu allererst die zweifelsfreie Existenz einer von der Erkenntnis unabhängigen Außenwelt affirmiert, die den Vorstellungen des Subjekts äußerlich ist. Diese ontologische These über die Existenz unabhängiger und äußerlicher Dinge ist verwoben mit dem epistemischen Grundsatz, der das Problem ihrer Erkenntnis erneut aufwirft. Jacobi vertritt die (epistemische) These, dass die Wahrnehmung einen direkten Zugang zu äußerlichen Dingen vermittelt durch einen sicheren und deshalb unerschütterlichen Glauben gestattet. Die Wahrnehmung stellt keine Dinge oder ‚Erscheinungen‘ vor, wobei dann nämlich die Relation zu den ‚Dingen an sich‘ problematisch wäre, sondern sie gewährt Zugang zu den Dingen selbst, wie sie an sich sind. Wie es Birgit Sandkaulen formuliert, verwirft Jacobi das dreiteilige „Vorstellungsmodell des Bewusstseins“, nach welchem das Subjekt nur durch seine Vorstellungen auf das Objekt zugreift : „in der Wahrnehmung stellt sich Wirkliches unmittelbar dar“ (Sandkaulen , ). Die Wahrnehmung ist Darstellung des Wirklichen und nicht einfach nur Vorstellung. Für Jacobi bedeutet es, „daß Wahrnehmung, im strengsten Wortverstande – sey, und daß ihre Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit, obgleich ein unbegreifliches Wunder, dennoch schlechthin angenommen werden müsse“ (JWA ,: ). Wahrnehmung ist für ihn tatsächlich mit dem Wert des Wahren behaftet : die Wahrnehmung ist wahr. Nehmen wir hierbei noch zur Kenntnis, dass Jacobi jenem Realismus der Wahrnehmung eine realistische Deduktion der kantischen Kategorien hinzufügt. Es werden bei ihm die Begriffe der Substanz, der Kausalität, der Wechselwirkung usw., sowie Zeit und Raum (Sukzession und Ausdehnung), nicht  Jacobis Brief an Jean Paul vom . .  (Jaeschke , ).  Der „entschiedene Realist“ ist derjenige, „der auf das Zeugniß seiner Sinne äussere Dinge

unbezweifelt annimmt“ (JWA ,: ).  Jacobi vertritt die Position eines „direkten Realismus, wie man mit einem heute gebräuchlichen Ausdruck sagen kann“ (Sandkaulen , ). Dieser Realismus ist einerseits ein „epistemischer Realismus der Anschauung“ (oder Wahrnehmung), deren Hauptthese die unmittelbare Darstellung des Ich und des Wirklichen ist, und andererseits ein „praktischer Realismus“ des Handelns, der auf Kausalität basiert (Sandkaulen ).

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nur Formen des subjektiven Geistes, sondern auch allgemeine Formen der Dinge an sich. Im Gegensatz zu Kant behauptet Jacobi: Wir hätten also die Begriffe von Realität, von Substanz oder Individualität, von cörperlicher Ausdehnung, von Succeßion, und von Ursache und Würkung als solche herausgebracht, die allen endlichen sich selbst offenbaren Wesen gemein seyn müssen, und auch in den Dingen an sich ihren vom Begriffe unabhängigen Gegenstand, folglich eine wahre objective Bedeutung haben. (JWA ,: ) Indem Jacobi die These einer der Realität innewohnenden, objektiven Kausalität verteidigt, setzt er Spinoza gegen Kant ein. Auf jeden Fall sieht man, dass sein Realismus nicht im profanen Sinne als ‚naiv‘ tituliert werden kann, weil er sich auf ausgeklügelte Überlegungen zur Wahrnehmung und zu dem ontologischen Status der Kategorien stützt. Während Jacobi behauptet, es gäbe keine Versöhnung zwischen Realismus und Idealismus, verteidigen Fichte und Schelling jeweils auf ihre eigene Weise einen ‚Ideal-Realismus‘, der nach einem dritten Weg strebend dem Idealismus dennoch das letzte Wort überlässt. In der Wissenschaftslehre von  stellt Fichte fest, dass die Wissenschaftslehre ‚realistisch‘ ist: Die Wissenschaftslehre ist demnach realistisch. Sie zeigt, daß das Bewußtseyn endlicher Naturen sich schlechterdings nicht erklären lasse, wenn man nicht eine unabhängig von denselben vorhandene, ihnen völlig entgegengesetzte Kraft an nimmt, von der dieselben ihrem empirischen Daseyn nach selbst abhängig sind. (GA I,: ) Diese vom ‚Ich‘ unabhängige Kraft, dieses ‚Nicht-Ich‘, ist nicht das Ding an sich von Kant, sie ist unabhängig von der ‚reellen‘ Tätigkeit des ‚Ich‘, aber abhängig von seiner ‚idealen‘ Tätigkeit, sie wird von der theoretischen und praktischen Kraft des ‚Ich‘ gesetzt. Deswegen ist die Wissenschaftslehre „ein kritischer Idealismus, den man auch einen Real-Idealismus, oder einen Ideal-Realismus nennen könnte“ (GA I,: ). Dieser kritische Idealismus muss sowohl behaupten, dass das endliche Subjekt etwas Absolutes außerhalb seiner selbst darstellt, als auch erkennen, dass dieses Wesen nur für das Subjekt ist. Der ‚realistische Dogmatismus‘ beschränkt sich auf die erste These, der ‚dogmatische Idealismus‘ auf die zweite (GA I,: ). In seinem System des Transzendentalen Idealismus () greift Schelling diese Idee einer (idealistischen) Synthese zwischen Idealismus und Realismus auf:

 Jacobi zielt hier auf Kants Kritik der reinen Vernunft (KrV A ) (siehe JWA ,: ). Zu Jacobis

realistischer Deduktion der Kategorien, siehe Jaeschke (,  – ).  Vgl. dazu Sandkaulen (,  – ). Zur Jacobis Auseinandersetzung mit Spinoza, siehe auch Sandkaulen (, insb.  – ).

Idealismus und Realismus bei Hegel

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So wie sich beyde Thätigkeiten [des Ich; C.B.] wechselseitig voraussetzen, so auch Idealismus und Realismus. Reflectire ich blos auf die ideelle Thätigkeit, so entsteht mir Idealismus, oder die Behauptung, daß die Schranke blos durch das Ich gesetzt ist. Reflectire ich blos auf die reelle Thätigkeit, so entsteht mir Realismus, oder die Behauptung, daß die Schranke unabhängig vom Ich ist. Reflectire ich auf beyde zugleich, so entsteht mir ein drittes aus beyden, was man Ideal-Realismus nennen kann, oder was wir bisher durch den Namen transscendentaler Idealismus bezeichnet haben. (AA I.,:  f.) Der Realismus verteidigt die Unabhängigkeit und die Objektivität der Welt gegenüber dem Ich. Letztendlich ist es die Existenz anderer Intelligenzen, die diesen Realismus beweist: „Nur dadurch, daß Intelligenzen außer mir sind, wird mir die Welt überhaupt objectiv“ (AA I.,: ). Schellings ‚Ideal-Realismus‘ bleibt jedoch grundsätzlich ein Idealismus, wie dieser Abschnitt aus dem Dialog Bruno () suggeriert: Und wollen wir Idealität im gemeinen Sinn nur als das Entgegengesetzte der sinnlichen Realität, Idealismus aber für nichts weiter als eine Lehre ansehen, die die Realität der Sinnenwelt läugnet, so ist den so bestimmten Dingen gegenüber alle Philosophie nothwendig Idealismus und dem Realismus, in gleich gemeinem Sinn, ebenso notwendig entgegengesetzt. (AA I.,: ) Ich kann auf die komplexe Geschichte jener Begriffe bei Fichte und Schelling nicht weiter eingehen. Sie ist in unserem Jahrzehnt von Valentin Pluder () untersucht worden. Er veranschaulicht uns dort ausführlich die Geschichte des Gegensatzes zwischen Idealismus und Realismus bei Kant, Jacobi, Fichte, Schelling und dem Hegel der Phänomenologie des Geistes. Was Hegel betrifft, möchte ich nur betonen, dass er zu Jenaer Zeiten den Idealismus und den Realismus als zwei Formen des einseitigen Denkens des Verstandes zurückweist. In der Differenzschrift () verwendet er teilweise die Typologie von Fichtes Wissenschaftslehre von . Der ‚dogmatische Realismus‘ verabsolutiert die Objektivität und macht sie zur realen Grundlage des Subjekts, das zum Produkt des Objekts wird. Sein Prinzip ist ‚Nicht-Ich = Nicht-Ich‘ (Hegel denkt an ‚Materialismus‘). Andererseits verabsolutiert der ‚dogmatische Idealismus‘ die Subjektivität und macht sie zur realen Grundlage des Objekts, das nach einer fehlerhaften Interpretation des Fichteschen Prinzips ‚Ich = Ich‘ zum Produkt des Subjekts wird (GW :  f.). Beides hält Hegel für unwahr. Die Frage des Realismus findet sich wieder in den sehr polemischen Passagen von Glauben und Wissen () über Jacobi. In einem Kommentar zu  In Ergänzung zu Pluder () möchte ich Ziche () erwähnen. In diesem Artikel ist Ziche

der Frage des Realismus bei Friedrich Schlegel und weniger bekannten Autoren dieser Zeit, wie Christoph Gottfried Bardili, Franz Joseph Molitor, Joseph Rückert und Erhard Georg Friedrich Wrede nachgegangen.

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Jacobis David Hume über den Glauben kritisiert Hegel die realistische Deduktion der Kategorien, die keine Verbesserung der kantischen Philosophie ist, wie Jacobi meint, sondern eine Verabsolutierung der Endlichkeit: Dasjenige, womit hingegen Jacobi die menschliche Erkenntniß bereichert, sind solche Dinge, wie das Absolutseyn der endlichen Dinge und ihrer Gemeinschaft, der Zeit und der Succession, und des Causalzusammenhangs, die auch (S.  Hume) in den Dingen an sich ihren vom Begriffe unabhängigen Gegenstand haben. (GW : ) Diese „absolute Gewißheit des Endlichen“ ist eine „Verabscheuung der Vernichtung des Endlichen“ (GW : ). Während Kant den Glauben dem Unendlichen, den Ideen der Vernunft, die als praktische Postulate gelten, vorbehalten hatte, wobei er zugleich die wissenschaftliche Erkenntnis des Endlichen, der Erscheinungen, verteidigte, wendet Jacobi den Glauben auf das Unendliche (Gott, Freiheit) und das Endliche (äußere Dinge) an. Hegels Ziel ist es dagegen vielmehr, die Erkenntnis des Endlichen und Unendlichen durch die spekulative Philosophie nachzuweisen, den Glauben im Wissen aufzuheben. Hegel scheint des Konflikts zwischen Idealismus und Realismus schließlich überdrüssig geworden zu sein. In seinen Vorlesungen über die Philosophie des Geistes von / schreibt er, dass „über einen solchen unvernünftigen Streit eigentlich nichts vernünftiges zu sagen“ sei (GW : ). Wie Pluder (,  f.) zu Recht erklärt, lässt sich Hegels Position in der Jenaer Zeit als ein Weder-Idealismus-noch-Realismus charakterisieren. II. Die Idealität des Endlichen bei Hegel Hinsichtlich all dieser Einwände ist leicht verständlich, weshalb Hegel in Folge seiner philosophischen Laufbahn nur zögerlich zur Anwendung des Terms ‚Idealismus‘ für eine Selbstbezeichnung seines Systems übergegangen sein muss. Im fünften Einleitungsparagraphen der Enzyklopädie von  verdeutlicht sich dieses Zögern. Er sagt an jener Stelle: [N]ur in der Philosophie ist die Vernunft durchaus bey sich selbst. – Aus demselben Grunde hat in dieser Wissenschaft die Vernunft auch nicht die Einseitigkeit einer subjectiven Vernünftigkeit, weder als ob sie Eigenthum eines eigenthümlichen Talents oder Geschenk eines besondern göttlichen Glücks – oder auch Unglücks – sey, […]. Noch ist sie der Idealismus, in welchem der Inhalt des Wissens nur die Bestimmung eines durch Ich gesetzten, eines subjectiven innerhalb des Selbstbewußtseyns eingeschlossenen Erzeugnisses hat (GW : ).

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Erst in der zweiten Ausgabe von  wird von ihm der Begriff des Idealismus endgültig auf sein Denken angewendet, und zwar im Spiegel seiner Auffassung der ‚wahrhaften Unendlichkeit‘: „Diese Idealität des Endlichen ist der Hauptsatz der Philosophie, und jede wahrhafte Philosophie ist deswegen Idealismus.“ (GW : ) Was bedeutet so etwas wie die Idealität des Endlichen hierbei? Im Verlauf der zweiten Ausgabe der großen Logik, auf welche ich am Anfang kurz eingegangen bin, erinnert Hegel uns daran, dass jede Philosophie wesentlich Idealismus ist, was, anders gesagt, bedeutet, dass Idealismus das Prinzip aller alten und modernen Philosophien ist. Um dies zu erklären, liefert er das Beispiel des Thales, der das Wasser als das Prinzip aller endlichen Dinge begriffen habe. Jenes Wasser ist kein empirisches Wasser, kein endliches Ding, sondern ein allgemeiner Gedanke, ein Prinzip, das das Wesen oder das Ansich der Dinge ausmacht. Dies bedeutet, dass die endlichen Dinge nicht selbständig, in sich gegründete sind – deswegen werden sie als ‚ideell‘ von Hegel charakterisiert. Sie zeigen sich eher durch etwas anderes vermittelt. Bei Thales ist dieses Andere das Wasser als allgemeines Prinzip. Bei Hegel ist das Prinzip „der Begriff, die Idee, der Geist“ (GW : ). Die Idealität des Endlichen – seine Nichtrealität – gründet sich auf die unendliche Realität der Idee, die allein absolut selbständig ist. Dieses Prinzip ist nicht selbständig, im Sinne der spinozistischen Substanz, die nichts anderes als sich selbst braucht, um zu existieren (Edef), sondern im Sinne der wahrhaften Unendlichkeit, nach welcher der Geist sich durch die Vermittlung seines Anderen auf sich selbst bezieht. Der Realismus, den Hegel bekämpft, begreift das Endliche als unabhängig von seiner Beziehung zu der Idee, die es dennoch begründet – er ist ein Fetischismus des Endlichen. Im Gegensatz zu dieser theoretischen Haltung weist der Idealismus auf die immanente Negativität des Endlichen hin. Der Idealismus ist bei Hegel vor allem eine ontologische Struktur der Wirklichkeit, welche ebenso die universale Idealität endlicher Wesen mit einschließt, als auch die Forderung, für jede Philosophie, jene Idealität anzuerkennen. Anders gesagt, die endlichen Dinge sind auf diese Weise ideell, nicht-real und negativ, genau in dem Maße, in welchem sie keine ontologische Selbständigkeit haben: Ihre Existenz hängt von etwas Anderem ab. Man kann dieser Abhängigkeit zwei komplementäre Bedeutungen geben. Laut Westphal entwickelt Hegel einen ‚ontologischen Holismus‘, der die wechselseitige – sozusagen horizontale – Abhängigkeit aller endlichen Dinge unterstreicht. Es ist  Vielleicht erinnerte sich Hegel hier an den Text von Schellings Bruno (siehe oben).  Vgl. GW : § : „[U]nd diese Beziehung im Uebergehen und im Anderen auf sich selbst ist die

wahrhafte Unendlichkeit.“  Wie es Tinland (, , ) eindeutig herausgestellt hat.  Westphal (, ): „Hegel’s brand of idealism is a kind of ontological holism according to which all parts of the world are fundamentally interrelated, where these interrelations are fundamentally conceptual relations.“

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die These, dass ein endliches Ding nur in Bezug auf andere endliche Dinge existiert, die sich Schritt für Schritt auf die Gesamtheit der endlichen Dinge beziehen. Nach Stern ist die Abhängigkeit des Endlichen eher eine vertikale Abhängigkeit, in dem Sinne, dass jedes endliche Wesen im Unendlichen begründet ist, in dem was Hegel die ‚Idee‘ nennt. Ich denke, dass diese beiden Lesarten gültig, jedoch keineswegs exklusiv sind, wie wir im folgenden Text sehen können. Gegen den ‚subjektiven Idealismus‘ der kritischen Philosophie entwirft Hegel seinen absoluten Idealismus, in welchem die endlichen Dinge den Grund ihres Seins nicht in sich selbst, sondern in der Idee haben: Dem gemeinen (d. h. dem sinnlich-verständigen Bewußtseyn gelten die Gegenstände, von denen er weiß, in ihrer Vereinzelung als selbstständig und auf sich beruhend und indem dieselben sich als aufeinander bezogen und durch einander bedingt erweisen, so wird diese gegenseitige Abhängigkeit derselben voneinander [horizontale Abhängigkeit; C.B.] als etwas den Gegenständen Aeußerliches und nicht zu ihrem Wesen Gehöriges betrachtet. Dagegen muß nun allerdings behauptet werden, daß die Gegenstände, von denen wir unmittelbar wissen, bloße Erscheinungen sind, d. h. daß dieselben den Grund ihres Seyns nicht in sich selbst, sondern in einem Andern haben. Dabei kömmt es dann aber weiter darauf an, wie dieses Andere bestimmt wird. Nach der kantischen Philosophie sind die Dinge, von denen wir wissen, nur Erscheinungen für uns, und das Ansich derselben bleibt für uns ein uns unzugängliches Jenseits. An diesem subjektiven Idealismus, wonach dasjenige, was den Inhalt unseres Bewußtseyns bildet, ein nur Unsriges, nur durch uns Gesetztes ist, hat das unbefangene Bewußtseyn mit Recht Anstoß genommen. Das wahre Verhältniß ist in der That dieses, daß die Dinge, von denen wir unmittelbar wissen, nicht nur für uns, sondern an sich bloße Erscheinungen sind, und daß dieses die eigne Bestimmung der hiermit endlichen Dinge ist, den Grund ihres Seyns nicht in sich selbst, sondern in der allgemeinen göttlichen Idee zu haben [vertikale Abhängigkeit; C.B.]. (Zus. zu §  der Enzyklopädie (); GW ,:  f.) Kant hat die endlichen Dinge auf den Rang von bloßen Erscheinungen reduziert, und ihnen den Status eines selbständigen Dinges an sich verweigert. Insoweit hat er die Nichtrealität des Endlichen sowie dessen ontologische Abhängigkeit begriffen. Dies könnte seine Philosophie als einen kritischen Idealismus gegen den Realismus des ‚unbefangenen Bewusstseins‘ kennzeichnen (dieser Text legt nahe, dass das gemeine Bewusstsein spontan realistisch wäre). Aber Kant hat laut Hegel den Fehler gemacht, den Grund für jene Abhängigkeit des Endlichen in den Vermögen  Siehe Stern (, ), der gegen Westphals Interpretation schreibt: „[W]hat Hegel means by claiming that the finite is ideal, is not that finite things depend on one another as parts of a whole (as on the holistic reading), but that these things stand in a complex dialectical relation to the infinite.“

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des Subjekts selbst zu verorten. Deswegen ist sein Idealismus nur ‚subjektiv‘. Dasjenige nun, wovon die endlichen Dinge abhängen, ist nicht das endliche Subjekt, sondern die unendliche, ‚allgemeine Idee‘. Worauf zielt Hegel in seinem Text von  ab, wenn er die ‚realistische Philosophie‘ erwähnt und verwirft (GW : )? Man könnte vermuten, er denkt hier an jegliche Form von Empirismus, der das Sinnliche verabsolutiert und als bloß Gegebenes hinnimmt. Diese Hypothese stimmt mit einem Auszug aus den Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie überein, wo er den Gegensatz des idealistischen Platon zu einem realistischen Aristoteles angreift: Es ist eine ganz allgemein verbreitete (die gewöhnliche) Meinung, daß Aristotelische und Platonische Philosophie sich geradezu entgegengesetzt seien: diese sei Idealismus, jene Realismus, und zwar Realismus im trivialsten Sinne. Platon habe die Idee, das Ideal zum Prinzip gemacht, so daß die innere Idee aus sich selber schöpfe; nach Aristoteles sei die Seele eine tabula rasa, empfange alle ihre Bestimmungen ganz passiv von der Außenwelt, seine Philosophie sei Empirismus, der schlechteste Lockeanismus usf. Aber wir werden sehen, wie wenig dies der Fall ist. In der Tat übertrifft an spekulativer Tiefe Aristoteles den Platon, indem er die gründlichste Spekulation, Idealismus gekannt hat und in dieser steht bei der weitesten empirischen Ausbreitung. (TWA : ) Wir sehen, dass der Empirismus der tabula rasa von Hegel für einen Realismus ‚im trivialsten Sinne‘ gehalten wird, zweifellos, weil ein solcher Empirismus den endlichen Dingen eine absolute Wirklichkeit in dem Sinne attribuiert, dass die sinnlichen und endlichen Dinge dort die Grundlage und die Quelle allen Wissens sein sollen. Eine andere Hypothese ist, dass sich Hegel auf eine Art radikalen Materialismus beruft, also auf das, was Ohlert in seinem Werk Der Idealrealismus, das Hegel  rezensiert hatte, den ‚reinen Realisten‘ genannt hatte. Der ‚reine Idealist‘ meint, dass es keine wahre Außenwelt gibt, weil das Sinnliche vermittelst des Bewusstseins auf das Geistige reduziert wird. Der Realist kann ebenso keinen Gegensatz von Geistigem und Sinnlichem annehmen. Er behauptet umgekehrt, dass „das Geistige nicht verschieden dem Wesen nach vom Sinnlichen ist“ (GW : ). Aber es ist wahrscheinlich vor allem Jacobi mit seiner Lehre des ‚unmittelbaren Wissens‘, des Glaubens, auf die Hegel abzielt, wenn er formuliert, dass eine Philosophie, welche dem endlichen Dasein als solchem wahrhaftes, letztes, absolutes Sein zuschriebe, den Namen Philosophie nicht verdienen würde – und das aus drei Gründen: () Zu jener Epoche ist Jacobi der Einzige gewesen, der klar und deutlich gegen den Idealismus von Kant und Fichte die Stellung eines totalen Realismus bezogen hat; () mehr noch, Jacobi hat selbst seine eigene Philosophie in  So denken zum Beispiel Stern (,  f.) und Tinland (, ).

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seinem Brief an Fichte aus dem Jahre  als ‚Unphilosophie‘ betitelt. () Ein drittes Indiz ist Hegels Aufsatz Glauben und Wissen, wo Hegel Jacobis Auffassung als „das Absolutseyn der endlichen Dinge“ kennzeichnet und kritisiert hat (GW : ). Es ist bekannt, dass Hegel seine Wertschätzung für Jacobi nach seiner Jenaer Periode nochmals überdacht und verbessert hat. Die Rezension des dritten Bandes der Werke von Jacobi (), und der ausführliche Zusatz der „Dritten Stellung des Gedankens zur Objektivität. Das unmittelbare Wissen“ in der Zweitauflage der Enzyklopädie () machen dies deutlich. Aber Hegel nimmt auch hier das Herzstück seiner Kritik an Jacobi wieder auf, wenn er meint, dass durch die Form des unmittelbaren Wissens „das Endliche als absolut gesetzt“ werde (GW : § ). III. Skizze eines Realismusbegriffs zu Zeiten Hegels Um den ersten Teil dieses Artikels kurz zusammenzufassen, halte ich mich an die drei folgenden Unterschiede: Bei Kant finden wir einen transzendentalen Idealismus sowie einen empirischen Realismus, bei Jacobi hingegen nur einen absoluten Realismus ohne Idealismus – und bei Hegel quasi letztlich das Umgekehrte: einen absoluten Idealismus ohne Realismus. Muss man nun sagen, dass die Philosophie Hegels überhaupt nicht realistisch ist? Ja, wenn man sich auf seine ziemlich ungewöhnliche Definition des Realismus bezieht, also auf die Verabsolutierung der Endlichkeit. Aber es existieren noch andere Aufnahmen des realistischen Programms in gewissen Aspekten seiner Philosophie. Um diese zu erläutern, gehe ich auf die Frage nach dem modernen Begriff des Realismus zurück. Ich sage hier modern, um ihn von seiner mittelalterlichen Version zu unterscheiden. Im Mittelalter bezieht der Realismus sich auf das Problem der Existenz von Universalien, das Hegel in seiner Geschichte der Philosophie lang und breit entfaltet: Diejenigen, welche behaupteten, daß die Universalien außer dem denkenden Subjekte unterschieden vom einzelnen Dinge ein existierendes Reales seien, das Wesen der Dinge allein die Idee sei, hießen Realisten, – hier in ganz entgegengesetztem Sinne gegen das, was heutigentags Realismus heißt. Dieser Ausdruck hat bei uns nämlich den Inhalt, daß die Dinge, wie sie unmittelbar sind, eine wirkliche Existenz haben. (TWA : ) Mittelalterlicher Realismus ist die scholastische Lehre, die den Universalien reale Existenzen außerhalb des Geistes zuerkennt (wie bei Thomas von Aquin). Der moderne Realismus, der bei Kant auftritt, ist etwas ganz anderes, er ist eine Reaktion auf Berkeleys Idealismus (Immaterialismus) und konzentriert sich auf das  Siehe dazu Sandkaulen () und Buée ().

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Problem der Existenz der Außenwelt. Dieses Problem macht im Mittelalter keinen Sinn, denn Realisten und Nominalisten stimmen darin überein, dass die Welt existiert, sie divergieren nur über den Inhalt der Welt: Für Nominalisten gibt es nur Einzelheiten, während die Realisten zur Ausstattung der Welt auch die Universalien zählen. Der moderne Realismus, wie er in den Debatten mit dem Idealismus auftaucht, beinhaltet zwei Thesen, die oft miteinander verflochten sind und das Problem des Realismus sowohl zu einem ontologischen als auch zu einem epistemischen Problem machen: () Der Realismus impliziert eine ontologische These über die Unabhängigkeit der Außenwelt vom Menschen. Diese These besagt, dass die Existenz der Welt unabhängig, äußerlich und objektiv sei. () Zudem impliziert er eine epistemische These, die sich auf die Möglichkeit der Welterkenntnis bezieht: Obwohl die Welt äußerlich und unabhängig vom Menschen besteht, finden wir das Wagnis des Realismus darin, zu behaupten, dass die Welt an und für sich verständlich ist, und zwar wie sie an sich, unabhängig von der Erkenntnistätigkeit des Menschen ist. Innerhalb dieser epistemischen These kann man dann mindestens drei Formen des Realismus unterscheiden: (i) Es gibt einen Realismus des gemeinen Menschenverstandes: Die Welt ist an sich so, wie sie dem Bewusstsein erscheint (was manchmal als ‚direkter Realismus‘ bezeichnet wird). (ii) Einen wissenschaftlichen Realismus: Die Welt ist an sich so, wie sie durch die Wissenschaften beschrieben wird. (iii) Einen philosophischen Realismus: Die Welt ist an sich so, wie sie von der Philosophie begriffen wird. Diese dritte Version der epistemischen These bedeutet, dass für einige Philosophen, einschließlich Hegel, die Wissenschaften notwendig sind, um die Realität zu verstehen, aber sie erschöpfen nicht die Rationalität der Welt. Die Philosophie muss die Grundbegriffe der Wissenschaften ergänzen und neue Kategorien hinzufügen, um eine vollständige Kenntnis der Realität zu erreichen.  Hier greife ich Devitts Charakterisierung von ‚Realismus‘ auf (,  f.).  Devitt vetritt die These i (‚common-sense realism‘) und die These ii (‚scientific realism‘):

„Tokens of most current common-sense and scientific physical types objectively exist independently of the mental“ (Devitt , ). Die These iii erwähnt er nicht.  „Das Verhältniß der speculativen Wissenschaft zu den anderen Wissenschaften ist in sofern nur dieses, daß jene den empirischen Inhalt der letztern nicht etwa auf der Seite läßt, sondern ihn anerkennt und gebraucht, daß sie ebenso das Allgemeine dieser Wissenschaften, die Gesetze, die Gattungen u.s.f. anerkennt und zu ihrem eigenen Inhalte verwendet, daß sie aber auch ferner in diese Kategorien andere einführt und geltend macht. Der Unterschied bezieht sich insofern allein auf diese Veränderung der Kategorien.“ (GW : §  Anm.)

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Lassen Sie uns drei Beispiele betrachten, um den operationellen Charakter dieser Auffassung des (modernen) Realismus zur Zeit von Kant und Hegel zu veranschaulichen. Nehmen wir zuerst das Beispiel von Spinoza. Kant beschreibt seine Philosophie als „Idealism der Zweckmäßigkeit“ in dem Sinne, dass Spinoza die Realität der causa finalis leugnet (Kant, AA V: ; siehe Ramond ). Nach Hegels Definition ist Spinozas Philosophie auch Idealismus, aber in einem anderen Sinne: Sie ist insofern ein ‚Akosmismus‘, als endliche Dinge (die Modi) in einer unendlichen Substanz aufgelöst werden. Aus der Perspektive der vorherigen Definition ist der Spinozismus eher ein Realismus, weil er die ontologische These der Unabhängigkeit der Natur (natura naturans, natura naturata) vom Menschen und die epistemische These des Wissens der Natur an sich verteidigt: Der Mensch kann zwei Attribute der Substanz (sicherlich nicht alle), Ausdehnung und Denken, kennen, und er kennt sie absolut, wie sie an sich selbst sind, durch die ‚dritte Erkenntnisart‘. In diesem Sinne kann Schelling Spinozas Philosophie als den „Realismus in seiner erhabensten und vollkommensten Gestalt“ (AA I.: ) bezeichnen. Der Realismus von Jacobi bekräftigt die ontologische These der Unabhängigkeit der Welt, sowie die epistemische These der Erkennbarkeit dieser Existenz durch den gesunden Menschenverstand (genauer den Glauben) und nicht durch Wissenschaft und Philosophie, die uns von der Realität vielmehr trennen. Das wäre die Bedeutung ihrer Kritik des Rationalismus: „So entsteht eine Vernunftwelt, worin Zeichen und Worte die Stelle der Substanzen und Kräfte vertreten. Wir eignen uns das Universum zu, indem wir es zerreissen, und eine unseren Fähigkeiten angemessene, der wirklichen ganz unähnliche Bilder-Ideen- und Wort-Welt erschaffen“ (JWA ,: ). Man könnte meinen, dass Kant die ontologische These der Unabhängigkeit der Realität vom Subjekt (mit dem ‚Ding an sich‘) bekräftigt, aber die epistemische These ablehnt (das ‚Ding an sich‘ kann nicht gekannt werden). Aber eine solche Auffassung impliziert eine ontologische Verwendung des Dings an sich, auf das man die Kategorie des Daseins anwendet, die nicht mit ihrem rein negativen epistemischen Status übereinstimmt. Bei Kant steht der ‚transzendentale Realismus‘ (zum Beispiel vertreten durch die Newtoner) für die Existenz der Dinge an sich, also für die Welt an sich (die sowohl äußerlich als auch unabhängig vom Menschen ist) und für ihre Erkennbarkeit durch die Wissenschaft. Der ‚empirische Realismus‘, den er verteidigt, bestätigt die Existenz der Außenwelt (als Erscheinung) und ihre Erkennbarkeit durch Wissenschaft und kritische Philosophie. Das Problem ist, dass  „Der Spinozismus ist also Akosmismus. Das Weltwesen, das endliche Wesen, das Universum, die Endlichkeit ist nicht das Substantielle, – vielmehr nur Gott.“ (TWA : )  Dazu siehe Pluder (, ), dem zufolge Schelling Spinoza „als Vertreter eines Realismus des Absoluten“ betrachtet.  Es ist Devitts (, ) Position, Kants Philosophie als „weak realism“ zu bezeichnen.

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die Erscheinungen der Welt zwar äußerlich (im Sinne von räumlich) und real (im Gegensatz zur Fiktion des Traumes oder der Einbildungskraft), aber nicht unabhängig in Bezug auf das Subjekt sind. Die Erscheinungen, aus denen sich die Außenwelt zusammensetzt, sind nämlich Vorstellungen des Subjekts. Das ist genau dieser irreduzible Idealismus, den Jacobi Kant vorwirft (JWA ,: ). IV. Realismus bei Hegel? Wie kann man Hegel gegenüber diesem derart revidierten Realismus positionieren? In Bezug auf die ontologische These wird man in seinen Schriften keinen Beweis für die Existenz der Außenwelt wie bei Kant finden. Hegel zögert, sich auf solche Spekulationen einzulassen, und denkt, dass man die Materie nur berühren muss, um ihren Widerstand zu erfahren, so dass die Verleugnung ihrer Realität eine Torheit wäre. Er weist wiederholt darauf hin, dass der wahre Idealismus nichts mit Berkeleys subjektivem Idealismus zu tun hat. Aus der Sicht der ontologischen These ist Hegel daher völlig realistisch: Die Welt im Sinne der Natur ist real, äußerlich, objektiv, unabhängig vom Menschen (dem endlichen Geist). Genauer gesagt hängt die Kenntnis der Grundbegriffe der Natur zwar vom Menschen (dem Wissenschaftler oder Philosophen) ab, aber die Existenz der Natur ist unabhängig von denen, die sie denken. Und an diesem Punkt (die ontologische These, die für ihn wahr, aber trivial ist) würde Hegel im Grunde dem Realismus von Jacobi zustimmen. Die Divergenz beruht auf der epistemischen These, die nicht die Existenz, sondern die Natur der Welt betrifft: Was kann ich über die Welt an sich wissen und wie? Für Jacobi, wie er von Hegel gelesen wurde, gibt uns die Wahrnehmung einen direkten Zugang zu den Dingen. Was Hegel diesem (direkten) Realismus vorwirft, ist der Glaube, dass die Welt an sich ist, wie sie in der Wahrnehmung gegeben wird, während es eine enorme Anstrengung der Kenntnis des Verstandes und der Vernunft erfordert, die Begrifflichkeit der Wirklichkeit zu enthüllen und zu entwirren. In seinen Gymnasialkursen über den „erscheinenden  Siehe auch: „Also was wir Realisten würkliche Gegenstände, von unseren Vorstellungen unabhängige Dinge nennen, das sind dem transcendentalen Idealisten nur innerliche Wesen, die gar nichts von dem Dinge, das etwa ausser uns seyn, oder worauf die Erscheinung sich beziehen mag, darstellen, sondern von allem würklich objectiven ganz leere blos subjective Bestimmungen des Gemüths. – ‚Vorstellungen‘ – nichts als Vorstellungen – ‚sind diese Gegenstände, die, so wie sie vorgestellt werden, als ausgedehnte Wesen, oder Reihen von Veränderungen, ausser unsern Gedanken keine an sich gegründete Existenz haben‘“ (JWA ,:  f.).  „[W]ir sehen, wir berühren etwas, das Widerstand leistet: es ist also eine Verrücktheit, es nicht für selbstständig halten zu wollen“ (GW ,: ).  Für Hegel ist die Welt ein breiterer Begriff als die Natur, sie ist „eine Collection des Geistigen und Natürlichen“ (Zus. zu §  der Enzyklopädie (); GW ,: ). Im Rahmen dieses Artikels nehme ich die Welt bei Hegel vornehmlich im Sinne der Natur.

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Geist“, die seine Phänomenologie des Geistes zusammenfassen, spricht er kritisch den Realismus wie den Idealismus in Bezug auf die Subjekt-Objekt-Relation an, wobei der Realismus die Vorstellung sei, das Dinge und ihre Bestimmungen „an und für sich außer dem Bewußtsein sind und diesem schlechthin als ein Fremdes und Fertiges gegeben werden“ (GW : ). Nun sind die äußeren Dinge dem Denken weder ‚fremd‘, da sie mit Begriffen, mit allgemeinen Bestimmungen beladen sind, noch ‚fertig‘, insofern als diese allgemeinen Bestimmungen, die die Wirklichkeit strukturieren (Kategorien, Gesetze, Gattungen usw.), nicht mit den Sinnen unmittelbar erfasst werden können: Sie klären sich nur nach einem langen Prozess der Reflexion auf, in welchem die Wissenschaften und auch die Philosophie das Subjekt manchmal in eine verkehrte Welt versetzen können. Unter dieser Perspektive ist es problematisch, von einem ‚direkten Realismus‘ bei Hegel oder von einer „Entwicklungskontinuität“ zwischen Common Sense und absolutem Idealismus zu sprechen (Halbig/Quante/Siep , ). Der Ausdruck im Untertitel des Artikels von Halbig, Quante und Siep, „Aufhebung des alltäglichen Realismus“, scheint mir insofern passender zu sein, als Hegel in der Phänomenologie des Geistes die epistemischen Grenzen der Gewissheit des ‚natürlichen‘ Bewusstseins ausführlich beschrieben hat. Halbig (,  – ) argumentiert überzeugend, dass Hegel „eine starke Form des epistemologischen Realismus“ vertritt (was ich ‚die epistemische These‘ nenne). Dennoch kennzeichnet er diesen epistemologischen Realismus als ‚direkten Realismus‘, den er nach Putnam und McDowell so definiert: „Nach Auffassung des direkten Realismus ist die Wirklichkeit selbst wesentlich von der Art dessen, was sich denken läßt, und steht damit unseren begrifflichen Leistungen direkt und ohne Vermittlung mentaler Repräsentationen offen“ (Halbig , ). Alles hängt hier davon ab, was mit ‚denken‘ gemeint ist. Halbig gibt ein Beispiel von Hegel (GW : §  Anm.), die Wahrnehmung von grünen Blättern: „Schließt man den Fall möglichen Irrtums hier aus, ist der Inhalt meiner Seherfahrung – daß die Blätter grün sind – nichts anderes als der Sachverhalt, der einen Teil der Welt bildet.“ (Halbig , ) Eine solche Wahrnehmung ergreift zwar einen Teil der Welt, aber sie ist unvollständig: Sie erfasst keinesfalls die Kategorien, die allgemeinen Gesetze, die Prinzipien, die Begriffe, die Gedanken usw., die diesem Gegenstand immanent sind: In unserem gewöhnlichen Bewußtseyn sind die Gedanken mit sinnlichem und geistigem geläufigen Stoffe angethan und vereinigt, und im Nachdenken, Reflectiren und Raisonniren vermischen wir die Gefühle, Anschauungen, Vorstellungen mit Gedanken, (in jedem Satze von ganz sinnlichem Inhalte: diß Blatt ist grün, sind schon Kategorien, Seyn, Einzelnheit, eingemischt). Ein anderes aber ist die Gedanken selbst unvermischt zum Gegenstande zu machen. (GW : §  Anm.)

Idealismus und Realismus bei Hegel

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Wenn man den Sinn des Begriffes ‚ist‘ in dem Satz ‚dieses Blatt ist grün‘ erkennen will, muss man nach Hegel vom Standpunkt des gemeinen Bewusstseins insofern zum Standpunkt der Philosophie, genauer der Wissenschaft der Logik übergehen, als „die Philosophie Gedanken, Kategorien, aber näher Begriffe an die Stelle der Vorstellungen setzt“ (GW : §  Anm.). Wenn man die Begriffe des Blattes und der Pflanze erkennen will, muss man die Naturwissenschaften berücksichtigen (wie Hegel es in seiner Naturphilosophie (§§  – ) mit Botanikern seiner Zeit wie Heinrich Friedrich Link oder Carl Ludwig Willdenow tatsächlich auch tut). In diesem Sinne gibt es keinen ‚direkten‘, unmittelbaren Zugang zu den rationalen Strukturen der Welt. Ohne auf die Frage nach der Beziehung zwischen Wissenschaft und Philosophie bei Hegel ausführlich einzugehen, würde ich hervorheben, dass Hegels epistemologischer Realismus meines Erachtens ein wissenschaftlicher/philosophischer Realismus ist. Er vertritt eine Art wissenschaftlichen Realismus, insofern er denkt, dass die Grundbegriffe der Naturwissenschaften – Kausalität, Raum, Zeit, Bewegung, Materie, Kraft, Wärme, Leben usw. – sich auf reale Entitäten beziehen, sie beschreiben Aspekte dessen, was die Realität an sich selbst ist. Aber dieser wissenschaftliche Realismus muss laut Hegel mit einem philosophischen Realismus verbunden werden, weil es nach seiner Ansicht zur Realphilosophie gehört, wissenschaftliche Begriffe im philosophischen System der Enzyklopädie weiter zu analysieren und dialektisch zu artikulieren, oder sogar neue Begriffe einzuführen, um die Erkenntnis der Welt zu ergänzen. Wir können die realistische Dimension der Grundbegriffe der Natur bei Hegel präzisieren, indem wir seine kritische Erörterung von Kants transzendentalem Idealismus untersuchen. An erster Stelle sind die Begriffe von Zeit und Raum für Hegel nicht wie bei Kant auf subjektive Formen der endlich-menschlichen Sinnlichkeit reduziert. Sie sind hier vielmehr objektive Naturstrukturen, die unabhängig von dem Menschen und vor dem Erscheinen des Menschengeschlechts auf der Erde existieren, wie wir es beispielsweise an den der Geologie gewidmeten Passagen in seiner Naturphilosophie sehen können. Diese idealistische und realistische Auffassung von Zeit und Raum findet man auch in der Philosophie des Geistes wieder:  Siehe Renault (,  f.).  „Die Naturphilosophie nimmt den Stoff, den die Physik ihr aus der Erfahrung bereitet, an dem

Punkte auf, bis wohin ihn die Physik gebracht hat, und bildet ihn wieder um, ohne die Erfahrung als die letzte Bewährung zu Grunde zu legen; die Physik muß so der Philosophie in die Hände arbeiten, damit diese das ihr überlieferte verständige Allgemeine in den Begriff übersetze, indem sie zeigt, wie es als ein in sich selbst nothwendiges Ganze aus dem Begriff hervorgeht“ (Zus. zu §  der Enzyklopädie (); GW ,: ; siehe auch GW : § , zit. in Fußnote ).  Siehe GW : §  samt Zusatz (GW ,:  – ). Zu diesem Punkt, den ich hier nicht entwickeln kann, verweise ich auf Bouton ().

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Wenn wir aber gesagt haben, daß das Empfundene vom anschauenden Geiste die Form des Räumlichen und Zeitlichen erhalte; so darf dieser Satz nicht so verstanden werden, als ob Raum und Zeit nur subjective Formen seyen. Zu solchen hat Kant den Raum und die Zeit machen wollen. Die Dinge sind jedoch in Wahrheit selber räumlich und zeitlich; jene doppelte Form des Außereinander wird ihnen nicht einseitigerweise von unserer Anschauung angethan, sondern ist ihnen von dem an-sich-seyenden unendlichen Geiste, von der schöpferischen ewigen Idee schon ursprünglich angeschaffen. (Zus. zu §  der Enzyklopädie (); GW ,: ). Dasselbe gilt für die Kategorien des Verstandes, die sowohl subjektiv als auch objektiv sind, in dem Sinne, daß sie sich auch, wie bei Aristoteles, auf die Eigenschaften der Dinge an sich selbst beziehen. Lassen Sie mich zwei Texte zu diesem Thema zitieren, in denen Hegel eine realistische Interpretation der kantischen Kategorien unterstützt: Ferner ist nun aber auch die kantische Objektivität des Denkens in sofern selbst nur wieder subjektiv, als nach Kant die Gedanken, obschon allgemeine und nothwendige Bestimmungen, doch nur unsere Gedanken und von dem, was das Ding an sich ist, durch eine unübersteigbare Kluft unterschieden sind. Dagegen ist die wahre Objektivität des Denkens diese, daß die Gedanken nicht blos unsere Gedanken, sondern zugleich das Ansich der Dinge und des Gegenständlichen überhaupt sind. (Zus.  zu §  der Enzyklopädie (); GW ,:  f.) Diese These ist in dem nächsten Zusatz bestätigt: Ob nun schon die Kategorien (wie z. B. Einheit, Ursache und Wirkung usw.) dem Denken als solchem zukommen, so folgt daraus doch keineswegs, daß dieselben deshalb bloß ein Unsriges und nicht auch Bestimmungen der Gegenstände selbst wären. Dieß soll nun aber nach Kant’s Auffassung der Fall seyn, und seine Philosophie ist subjektiver Idealismus, in sofern Ich (das erkennende Subjekt) sowohl die Form als auch den Stoff des Erkennens liefere – jenen als  Dieser entscheidende Text wird von Findlay (, ) und Stern (, ) zitiert.  Siehe Redding (, ): „All this in turn gives to Hegel’s approach the seemingly paradoxical

result that features of Aristotle’s ‚realism’ are reintroduced to counter Kantian subjectivism. For Hegel the categories do not simply reveal the form of thought that is able to be conceived apart from and opposed to the world, they must also reveal features of the world itself, and in this way the Hegelian ‚extension‘ of Kant’s critical approach is meant to restore substantive content to philosophy by undermining that residually dogmatically metaphysical assumption responsible for Kant’s apparent denial of it.“  Vgl. dazu Halbig (, ): „Hier setzt Hegel seine im Vorbegriff bereits eingeführte Theorie des objektiven Gedankens voraus, in der er die ontologische These vertritt, dass die Welt selbst begrifflich strukturiert ist“.

Idealismus und Realismus bei Hegel

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denkend und diesen als empfindend. (Zus.  zu §  der Enzyklopädie (); GW ,:  f.) Diese Passagen zeigen uns, dass Hegel implizit jene wichtige These von Jacobi akzeptiert – die realistische Interpretation der kantischen Kategorien –, die er zuvor in Glauben und Wissen abgelehnt hatte, wie wir oben in Abschnitt I gesehen haben. Was er vor allem bei Jacobi bestreitet, ist die übermäßige Bewertung der Wahrnehmung, die als solche keine allgemeinen Kategorien und Begriffe fassen kann: Daß die Kategorien nur als uns angehörig (als subjektiv) zu betrachten seyen, muß dem natürlichen Bewußtseyn als sehr bizarr vorkommen und es liegt darin allerdings etwas Schiefes. Soviel ist indeß richtig, daß die Kategorien in der unmittelbaren Empfindung nicht enthalten sind. (Zus.  zu §  der Enzyklopädie (); GW ,: ) Hegel gibt das Beispiel eines Stücks Zucker, das ein Gegenstand ist, solange es in sich die Kategorie der Einheit hat, die gedacht und nicht gefühlt wird. Sie ruft auch das Verhältnis von Ursache und Wirkung zwischen zwei Begebenheiten hervor, das nicht als solches wahrgenommen wird (nur die vereinzelten beiden Begebenheiten werden wahrgenommen). Aber obwohl diese Kategorien nur von unserem Denken erfasst werden, sind sie auch Bestimmungen des Gegenstands selbst. In seinen Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, betont Hegel, bezüglich der kantischen Lehre, die epistemische Grenze der Wahrnehmung: Man nimmt nicht die Gesetze des Himmels unmittelbar wahr, sondern nur die Veränderung des Orts der Gestirne; aber das so Wahrgenommene, festgehalten, gebracht unter das Allgemeine, ist Erfahrung. In der Erfahrung ist so die allgemeine Gedankenbestimmung; was Erfahrung ist, soll allgemein, zu allen Zeiten gelten. (TWA : ) Insofern als die Wahrnehmung als solche nicht in der Lage ist, das Allgemeine, die Gesetze der Natur zu befassen, ist sie nicht ‚wahr‘. Genau deshalb sind die Wissenschaften und die Philosophie notwendig, um die Natur zu erkennen. Der doppelte Status des Allgemeinen – ideale und reale, subjektive und objektive – gilt nicht nur für die Kategorien, sondern auch für die anderen Grundbegriffe und Gesetze der Physik: Ist jedoch das Allgemeine als Gesetz, Kraft, Materie bestimmt: so will man dieß doch nicht für eine äußere Form und subjective Zuthat gelten lassen, sondern den Gesetzen schreibt man objective Wirklichkeit zu, die Kräfte sind imma Stern zitiert diesen Text und andere Stellen in Hegels Werk mit der gleichen These: „[W]hat idealism in this sense requires, Hegel thinks, is that we move beyond ‚empirical cognition‘“ (Stern ,  f.).

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nent, die Materie die wahrhafte Natur der Sache selbst. (Zus. zu §  der Enzyklopdie (); GW ,: ) Und das gilt auch für Arten und Gattungen, bei denen Hegel eine offensichtlich anti-nominalistische Position vertritt: Aehnliches auch giebt man etwa zu bei den Gattungen, z. B. daß diese nicht so eine Zusammenstellung von Aehnlichem, eine von uns gemachte Abstraction seyen, daß sie nicht nur Gemeinschaftliches haben, sondern das eigene innere Wesen der Gegenstände selbst seyen: die Ordnungen auch nicht bloß zur Uebersicht für uns seyen, sondern eine Stufenleiter der Natur selbst bilden. Die Merkmale sollten ebenfalls das Allgemeine, das Substantielle der Gattung seyn. (Zus. zu §  der Enzyklopädie (); GW ,:  f.) Wenn Hegel erklärt, dass der Idealismus eine Philosophie bezeichnet, die die Idealität des Endlichen affirmiert, müssen wir daher zwei miteinander korrelierende Thesen verbinden: () Jedes endliche Wesen hat keine selbstständige Realität, es ist insofern unwirklich, in dem Sinne, dass es in der Unendlichkeit der Idee gegründet ist; aber auch: () jedes endliche Wesen ist ideell, in dem Sinne, dass es durch Ideen bestimmt wird, seine Existenz hängt von Begriffen ab, die ausmachen, was es ist. Es ist diese Begrifflichkeit der endlichen Wesen, die laut Hegel dem Realismus Jacobis fehlt, wenn er die Existenz der endlichen Wesen als ein ‚unbegreifliches Wunder‘ betrachtet. Alle diese Texte unterstützen das in der Einleitung erwähnte Argument, dass Hegel einen ‚Begriffsrealismus‘ verteidigt, d. h. eine antinominalistische Doktrin, nach der die Realität durch Begriffe strukturiert ist, die sie dem Denken zugänglich machen. Der Begriffsrealismus wäre eine weitere Möglichkeit, die hegelsche Identität des Seins und Denkens, oder das berühmte Diptychon „Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig“ (GW ,: ) zu formulieren. Realität, verstanden als Wirklichkeit, ist kein formloses Magma, sondern ein verständliches, erkennbares Ganzes. Aber wenn die Wirklichkeit denkbar, vernünftig ist, bedeutet das nicht, dass sie ontologisch von menschlichen Gedanken abhängig ist. Hegels absoluter Idealismus ist vielmehr ein ‚objektiver Idealismus‘, der besagt, dass Ideen, Begriffe objektiv innerhalb der Wirklichkeit existieren. Gleichwohl ist die These eines Begriffsrealismus bei Hegel (zumindest) zwei möglichen Einwänden ausgesetzt, auf die ich hier nur zu kurz eingehen kann:

 Siehe Stern (, ): „Hegel therefore arrives at an absolute or objective idealism, according to

which the world is indeed informed and constituted by concepts (and in this sense fully rational), but by concepts that structure the object in a way that frees both from any dependence on the constituting activity of the mind“.

Idealismus und Realismus bei Hegel

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() Lässt diese Hypothese Hegels Philosophie in die alte dogmatische Metaphysik, die im Vorbegriff der Enzyklopädie stark kritisiert wird, zurückfallen?Zunächst ist daran zu erinnern, daß Hegel diese Metaphysik nicht gänzlich ablehnt. Im Vorbegriff erklärt er: „Diese Wissenschaft betrachtete die Denkbestimmungen als die Grundbestimmungen der Dinge; sie stand durch diese Voraussetzung, daß das, was ist, damit daß es gedacht wird, an sich erkannt werde, höher als das spätere kritische Philosophiren“ (GW : § ). Seine Philosophie unterscheidet sich von dieser vorkritischen Metaphysik dadurch, dass der Standpunkt der Identität von Sein und Denken nicht als „unbefangene[r] Glaube“ vorausgesetzt wird, sondern im System auf verschiedene Weise erklärt und gerechtfertigt wird: einerseits durch die Phänomenologie des Geistes, die das Bewusstsein zum absoluten Wissen erhebt, andererseits durch die Analyse der drei Stellungen des Gedankens zur Objektivität, die die Enzyklopädie einführt. Darüber hinaus ist Hegels Philosophie kein Aggregat von Begriffen, die auf kontingente Weise versammelt sind, wie Wolffs Ontologie zum Beispiel, sondern stellt Begriffe in Form eines notwendigen Prozesses dar, der zeigt, wie jeder Begriff sich in seinem Gegenteil aufhebt und überhaupt ein Moment des Ganzen ausmacht. Wenn Hegels Idealismus eine Form des Begriffsrealismus ist, dann ist er ein Begriffsrealismus, der in sich reflektiert – im Unterschied zu der dogmatischen ‚unbefangenen‘ Ontologie der alten Metaphysik – dialektisch und systematisch ist. () Dennoch kann man sich fragen, ob ein solcher Begriffsrealismus nicht ein ‚category mistake‘ ist. Es mag heute seltsam klingen, von einer Realität zu sprechen, die aus Begriffen besteht. Jocelyn Benoist (, ) zum Beispiel unterscheidet in seinem Kontextrealismus scharf zwischen dem Begriff, der auf die Realität angewendet wird, und der Realität, die nur das ist, was sie ist. Die Schwierigkeit liegt darin, dass Hegel die Worte ‚Begriff‘ oder ‚Idee‘ in einem kontraintuitiven Sinne nimmt, der von der antiken Philosophie inspiriert ist. Nach den antiken Autoren, die er besonders schätzte, wie Platon oder besonders Aristoteles, sind Ideen und Kategorien zuallererst Bestimmungen des Seins und nicht subjektive Begriffe, wie sie in der kantischen Philosophie (und meistens in der modernen Philosophie) verstanden werden. Wie schon von Spezialisten der hegelschen Philosophie betont wurde, erkennt Hegel selbst diesen ungewöhnlichen Gebrauch des Vokabulars des ‚Denkens‘ an:

 Zu Hegels Kritik der Metaphysik als „dogmatische[m] Begriffsrealismus“, siehe Tinland (,  – ).  „Die Voraussetzung der alten Metaphysik war die des unbefangenen Glaubens überhaupt, daß das Denken das Ansich der Dinge erfasse, daß die Dinge, was sie wahrhaft sind, nur als gedachte sind.“ (Zus. zu §  der Enzyklopädie (); GW ,: )  Zum Beispiel Halbig, Quante und Siep (,  – ) sowie Halbig (,  – ).

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Daß Verstand, Vernunft in der Welt ist, sagt dasselbe was der Ausdruck: objectiver Gedanke, enthält. Dieser Ausdruck ist aber eben darum unbequem, weil Gedanke zu gewöhnlich nur als dem Geiste, dem Bewußtseyn angehörig, und das Objective ebenso zunächst nur von Ungeistigem gebraucht wird. (GW : §  Anm.) Der Zusatz zu diesem Abschnitt verdeutlicht die Bedeutung des Begriffs ‚objektive Gedanken‘: Wenn man sagt, der Gedanke, als objektiver Gedanke, sey, das Innere der Welt, so kann es so scheinen, als solle damit den natürlichen Dingen Bewußtseyn zugeschrieben werden. Wir fühlen ein Widerstreben dagegen, die innere Thätigkeit der Dinge als Denken aufzufassen, da wir sagen: der Mensch unterscheide sich durch das Denken vom Natürlichen. Wir müßten demnach von der Natur als dem Systeme des bewußtlosen Gedankens reden, als von einer Intelligenz, die, wie Schelling sagt, eine versteinerte sey. Statt den Ausdruck Gedanken zu gebrauchen, ist es daher, um Mißverständniß zu vermeiden, besser, Denkbestimmung zu sagen. (Zus.  zu §  der Enzyklopädie (); GW ,: ) Diese Bemerkung zeigt, dass die Realität für Hegel nicht aus subjektiven Begriffen besteht, sondern dass sie nach ‚Denkbestimmungen‘ strukturiert ist, d. h. nach allgemeinen und objektiven Strukturen, die vom Menschen erkannt werden können, ohne auf diese Erkenntnisakte reduziert zu werden. Der Begriffsrealismus behauptet daher, dass bestimmte wissenschaftliche und philosophische Begriffe die Realität an sich sachgemäß beschreiben können, um sie objektiv zu kennen, indem sie ihre rationellen Strukturen aus der Masse der sensiblen Daten befreien. Anstatt das gleiche Wort zu verwenden, um die subjektive und objektive Seite der Gedankens zu bezeichnen, könnte es besser sein, ‚Begriff‘ auf der einen Seite und ‚Struktur‘ auf der anderen zu unterscheiden.

 Westphal (siehe oben Fußnote ) und Stern verwenden den Terminus ‚Struktur‘. Siehe Stern (, ): „Unlike in Kant’s idealism, therefore, Mind for Hegel is not ontologically active, in structuring and determining Nature, although it is active in discerning the structure of the Idea in its otherness. In short, Mind brings out the presence of the Idea, even as it exists in its other, and in recognizing the structure of the Idea in this way, it establishes the implicit existence of the Idea in Nature“. Siehe auch Fußnote  in diesem Aufsatz und Halbig (, ), dem zufolge die Begriffe qua ‚objektive Gedanken‘ die „ontologische Grundstruktur der Wirklichkeit“ bilden, sowie Jaeschke (, ).

Idealismus und Realismus bei Hegel

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Schluss Schlussfolgernd möchte ich klarstellen, dass ich in dieser Studie nicht wie „ein Donnerschlag vom blauen Himmel herunter“ ankündigen wollte, dass Hegel insgeheim ein Realist war. Die hegelsche Philosophie war, ist und wird ein Idealismus bleiben. Mein Argument war lediglich, dass dieser Idealismus um so konsistenter ist, je mehr Aspekte, die als Teil einer realistischen Position angesehen werden können, er umfasst. Ich habe diese verschiedenen Aspekte im Lichte der Geschichte des Realismusbegriffs untersucht, um erstens zu zeigen, wie man sowohl bei Hegel von einem Zusammenbrechen des Realismus als auch von einer realistischen Position sprechen kann, und um zweitens zu erklären, warum Hegel diesen Begriff nicht für seine eigene Philosophie gebrauchen und ihn sogar gänzlich aus der Philosophie verbannen wollte. Abschließend möchte ich nochmals kurz zusammenfassen, was die Konturen des hegelschen Idealismus sind und welche realistischen Aspekte er aufweist: () Hegel steht zwei Varianten des Idealismus seiner Zeit gegenüber, die er als ‚subjektiven Idealismus‘ bezeichnet: (i) Zum einen bekämpft er Berkeleys Idealismus, der die Welt zu einem Spiel subjektiver Vorstellungen reduzieren möchte, (ii) und außerdem wendet er sich gegen den transzendentalen Idealismus der Kantianer, die Kategorien auf subjektive Formen reduzieren, die vorgestellte Objekte erfassen, ohne die Dinge an sich zu erreichen. () Der hegelsche Idealismus steht, wie ich erwähnte, auch zwei Formen des Realismus dieser Zeit gegenüber: (i) dem naiven Realismus des gemeinen Bewusstseins, das denkt, dass die endlichen Dinge so sind, wie sie den Sinnen und der Wahrnehmung erscheinen, in einer Art fertiger Welt (‚ready made world‘). Diesem naiven Realismus setzt Hegel manchmal den sozusagen naiven Idealismus der Tiere entgegen, die endliche Dinge ergreifen und verzehren. (ii) dem Realismus von Jacobi und seinem ‚unmittelbaren Wissen‘.

 „Daß Jacobi Lessing für einen Spinozisten ausgab und die Franzosen heraushob, – dieser Ernst kam den Herren wie ein Donnerschlag vom blauen Himmel herunter.“ (TWA :  f.)  Dieser Punkt wurde von Stern ausführlich dargelegt (,  – ).  Siehe zum Beispiel: „Schon das Tier hat nicht mehr diese realistische Philosophie, denn es zehrt die Dinge auf und beweist dadurch, daß sie nicht absolut selbstständig sind“ (Zus. zu §  der Grundlinien der Philosophie des Rechts; TWA , ).

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Aber der hegelsche Idealismus beinhaltet eine Form des Realismus, so dass wir von einer Aufhebung des Realismus, die negiert und bewahrt, sprechen sollten. Hegel räumt tatsächlich die ontologische These des Realismus ein: () Die Natur ist von dem Menschen, dem endlichen Geistes unabhängig, woraufhin Hegel hinzufügt: () Die Natur ist von der Idee abhängig, sie ist die Idee ‚in der Form des Andersseins‘. Die Natur ist nicht das Andere der Idee, in diesem Fall wäre sie wie das Ding an sich völlig unbekannt, sie ist die Idee, die im Element der raumzeitlichen Äußerlichkeit gesetzt wird. Das bedeutet sowohl, dass die Natur dem Verstand fremd ist, dass sie die ‚Spur‘ des Begriffs ist, als auch, dass die Natur immer noch mit der Idee verbunden ist, dass sie in gewissen Grenzen vom endlichen Geist erkannt werden kann. Hegel unterstützt die epistemische These in zwei Varianten: Obschon die (natürliche) Welt vom Menschen unabhängig ist, kann der endliche Geist sie durch die Wissenschaften (wissenschaftlicher Realismus) und die Philosophie (philosophischer Realismus) erkennen. Diese Kenntnis ist möglich, weil die Wirklichkeit durch ‚Denkbestimmungen‘ strukturiert wird (Begriffsrealismus). Aber wenn Hegels Philosophie eine realistische Dimension hat, warum hat er das nicht gesagt? Warum hat er den Realismus aus der Philosophie verbannen wollen? Man kann denken, dass der Begriff in seiner Zeit durch Jacobis Philosophie monopolisiert wurde, die die These vertritt, dass der Mensch einen unmittelbaren epistemischen Zugang zur Realität haben würde, was Hegel ‚unmittelbares Wissen‘ nennt, ein Wissen, das ohne wissenschaftliche und philosophische Vernunft auskommen könnte. Zumindest hat Hegel Jacobi so gelesen. Andererseits konnte die Kritik am kantischen ‚subjektiven‘ Idealismus und seinem Ding an sich nicht umhin, dem hegelschen System eine realistische Dimension zu geben. Es gibt einen Hinweis darauf, was meines Wissens die einzige positive Verwendung des Begriffs ‚Realismus‘ bei Hegel ist, was darauf hindeutet, dass seine endgültige Antwort auf diese Debatte tatsächlich Idealismus und Realismus ist: Dieser Idealismus, in der ganzen Natur die Idee zu erkennen, ist zugleich Realismus, indem der Begriff des Lebendigen die Idee als Realität ist, wenn auch sonst die Individuen nur Einem Momente des Begriffs entsprechen. Überhaupt erkennt die Philosophie den Begriff im Realen, Sinnlichen. Vom Begriff muß man ausgehen; und ist er auch vielleicht noch nicht mit der ‚reichen Mannigfaltigkeit‘ der Natur, wie man sagt, fertig, so muß man doch dem Begriff trauen, wenn auch vieles Besondere noch nicht erklärt ist. (Zus. zu §  der Enzyklopädie (); GW ,: )

Idealismus und Realismus bei Hegel

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Siglen AA V

Immanuel Kant. Kritik der praktischen Vernunft. Kritik der Urtheilskraft. Band V der Gesammelten Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Berlin, .

AA

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling. Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Schelling-Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Hans Michael Baumgartner, Wilhelm G. Jacobs, Hermann Krings und Hermann Zeltner. Stuttgart-Bad Cannstatt,  ff. AA I., (System des transscendentalen Idealismus (). Teilband ); AA I. (Schriften : „Darstellung meines Systems der Philosophie“ und andere Texte); AA I., (Schriften . Teilband : „Kritisches Journal der Philosophie“: Texte aus Band Eins; Schreiben über „Ion“; „Bruno oder über das göttliche und natürliche Princip der Dinge“)

E

Baruch de Spinoza. Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt. Neu übersetzt, herausgegeben, mit einer Einleitung versehen von Wolfgang Bartuschat. Lateinisch – Deutsch. Hamburg, .

GA I, Johann Gottlieb Fichte. Werke  – . Band I, der J.G. Fichte – Gesamtausgabe. Herausgegeben von Reinhard Lauth und Hans Jacob. Stuttgart-Bad Cannstatt, . GW

Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) herausgegeben von der RheinischWestfälischen Akademie der Wissenschaften. Hamburg,  ff. GW  (Frühe Schriften. Teil II); GW  (Jenaer kritische Schriften); GW  (Jenaer Systementwürfe I); GW  (Nürnberger Gymnasialkurse und Gymnasialreden ( – )); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW , (Grundlinien der Philosophie des Rechts); GW  (Schriften und Entwürfe II ( – )); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW  (Wissenschaft der Logik. Erster Band. Die Lehre vom Sein ()); GW , (Vorlesungen über die Wissenschaft der Logik III); GW , (Vorlesungen über die Philosophie der Natur III); GW , (Vorlesungen über die Philosophie des subjektiven Geistes II)

JWA

Friedrich Heinrich Jacobi. Werke. Gesamtausgabe. Herausgegeben von Klaus Hammacher und Walter Jaeschke. Hamburg/Stuttgart-Bad Cannstatt,  ff. JWA , (Schriften zum Spinozastreit. Textband); JWA ,/, (Schriften zum transzendentalen Idealismus)

KrV

Immanuel Kant. Kritik der reinen Vernunft. Nach der . und . Originalausgabe herausgegeben von Jens Timmermann. Hamburg, .

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TWA Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Werke in zwanzig Bänden. Auf der Grundlage der Werke von  –  neu edierte Ausgabe. Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel. Frankfurt a. M., ff. TWA  (Grundlinien der Philosophie des Rechts); TWA  (Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III)

Literatur Benoist, Jocelyn. . Eléments de philosophie réaliste. Paris. – . L’adresse au réel. Paris. Bouton, Christophe. . „Au-delà de la représentation. Kant et le problème de l’idéalisme“. Philosophie :  – . – . „Dealing with deep time: The issue of ancestrality from Kant to Hegel“. RES: Anthropology and Aesthetics  – : „Writing Prehistory“. Special Issue,  – . Herausgegeben von Maria Stavrinaki und Stefanos Geroulanos. Chicago. Buée, Jean-Michel. . Savoir immédiat et savoir absolu. La lecture de Jacobi par Hegel. Paris. Devitt, Michael. . Realism and Truth. Oxford/Cambridge, MA. Ecole, Jean. . La métaphysique de Christian Wolff. Hildesheim. Engel, Pascal. . „Le réalisme kitch“. http://zilsel.hypotheses.org/ [letzter Besuch auf dieser Seite: . . ]. Ferraris, Maurizio. . Manifesto del nuovo realismo. Roma-Bari. Findlay, John Niemeyer. . „Hegel der Realist“. In: Heidelberger Hegel-Tage . HegelStudien, Beiheft , herausgegeben von Hans Georg Gadamer,  – . Bonn. Gabriel, Markus. . Sinn und Existenz – Eine realistische Ontologie. Berlin. Halbig, Christoph, Michael Quante und Ludwig Siep. . „Direkter Realismus. Bemerkungen zur Aufhebung des alltäglichen Realismus bei Hegel“. In: Idealismus als Theorie der Repräsentation?, herausgegeben von Ralph Schumacher,  – . Paderborn. Halbig, Christoph. . Objektives Denken: Erkenntnistheorie und Philosophy of Mind in Hegels System. Stuttgart-Bad Cannstatt. Heidemann, Dietmar Hermann. . Kant und das Problem des metaphysischen Idealismus. Berlin/New York, NY. Hoffmann, Fritz, u. a. . „Realismus“. In: Band  des Historischen Wörterbuchs der Philosophie, herausgegeben von Joachim Ritter und Karlfried Gründer,  – . Basel. Jaeschke, Walter. Hg. . Transzendentalphilosophie und Spekulation. Der Streit um die Gestalt einer ersten Philosophie  – . Philosophisch-literarische Streitsachen Band .. Hamburg. – . „Zum Begriff des Idealismus“. In: Hegels Erbe, herausgegeben von Christoph Halbig, Michael Quante und Ludwig Siep,  – . Frankfurt a. M. Kreines, James. . Reason in the World. Hegel’s Metaphysics and Its Philosophical Appeal. New York, NY. Lalande, André. . Vocabulaire technique et critique de la philosophie.  Bände. Paris. Meillassoux, Quentin. . Après la finitude. Essai sur la nécessité de la contingence. Paris. Pippin, Robert. . Hegel’s Idealism: The Satisfactions of Self-Consciousness. Cambridge.

Idealismus und Realismus bei Hegel

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– . „Hegels praktischer Realismus. Rationales Handeln und Sittlichkeit“. In: Hegels Erbe, herausgegeben von Christoph Halbig, Michael Quante und Ludwig Siep,  – . Frankfurt a. M. Pluder, Valentin. . Die Vermittlung von Idealismus und Realismus in der Klassischen Deutschen Philosophie. Eine Studie zu Jacobi, Kant, Fichte, Schelling und Hegel. Stuttgart-Bad Cannstatt. Popper, Karl. . Realism and the Aim of Science: From the Postscript to The Logic of Scientific Discovery. Band . London. Ramond, Charles. . „Idéalisme et panthéisme. La lecture kantienne de Spinoza dans la Critique de la Faculté de Juger“. In: Dieu et la Nature – La question du panthéisme dans l’idéalisme allemand, herausgegeben von Christophe Bouton,  – . Hildesheim. Redding, Paul. . Analytic Philosophy and the Return of Hegelian Thought. Cambridge. Renault, Emmanuel. . Hegel, La naturalisation de la dialectique. Paris. Rosen, Michael. . „From Vorstellung to Thought: Is a ‚Non-Metaphysical‘ View of Hegel Possible?“. In: Metaphysik nach Kant?, herausgegeben von Dieter Henrich und Rolf-Peter Horstmann,  – . Stuttgart-Bad Cannstatt. Sandkaulen, Birgit. . Grund und Ursache. Die Vernunftkritik Jacobis. München. – . „Dritte Stellung des Gedankens zur Objektivität: Das unmittelbare Wissen“. In: G.W.F. Hegel, Der „Vorbegriff“ zur Wissenschaft der Logik in der Enzyklopädie von , herausgegeben von Alfred Denker, Annette Sell und Holger Zaborowski,  – . Freiburg. – . „‚Ich bin und es sind Dinge außer mir.‘ Jacobis Realismus und die Überwindung des Bewusstseinsparadigmas“. Internationales Jahrbuch des Deutschen Idealismus / International Yearbook of German Idealism :  – . – . ‚Ich bin Realist, wie es noch kein Mensch vor mir gewesen ist‘. Friedrich Heinrich Jacobi über Idealismus und Realismus. Vorträge der Klasse für Geisteswissenschaften der NordrheinWestfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Paderborn. Stern, Robert. . Hegel, Kant and the Structure of the Object, London/New York, NY. – . Hegelian Metaphysics. Oxford. Stovall, Preston. . „Hegel’s Realism: The Implicit Metaphysics of Self-Knowledge“. The Review of Metaphysics ,:  – . Tenneman, Wilhelm Gottlieb. . Geschichte der Philosophie. Band ,. Leipzig, Tiedemann, Dietrich. . Geist der spekulativen Philosophie. Band . Marburg. Tinland, Olivier. . „Hegel et l’épuisement du réalisme“. In: Hegel au présent. Une relève de la métaphysique?, herausgegeben von Jean-François Kervégan und Bernard Mabille,  – . Paris. – . L’idéalisme hégélien. Paris. – . „Hegel critique de Kant: éléments pour la généalogie d’un empirisme de la raison“. In: Kant et les empirismes, herausgegeben von Antoine Grandjean,  – . Paris. Westphal, Kenneth. . Hegel’s Epistemological Realism. Dordrecht et al. Wright, Crispin. . Truth and objectivity. Cambridge, MA. Ziche, Paul. . „Wirklichkeit als ‚Duft‘ und ‚Anklang‘. Romantik, Realismus und Idealismus um “. In: Europäische Romantik. Interdisziplinäre Perspektiven der Forschung, herausgegeben von Helmut Hühn und Joachim Schiedermair,  – , Berlin/Boston, MA.

Lauri Kallio HOW LATE HEGELIANS REPLIED TO F.A. TRENDELENBURG’S LOGICAL QUESTION* ABSTRACT:

F.A. Trendelenburg’s work Logical Investigations greatly influenced the decline of G.W.F. Hegel’s philosophy in the early s. In this work Trendelenburg challenged the very foundation of Hegel’s system: his speculative logic. Around twenty years later, two leading late Hegelians, C.L. Michelet from Berlin and K. Rosenkranz from Königsberg, replied to Trendelenburg. Their common strategy was to show that Trendelenburg owed more to Hegel than he admitted. At the same time, Trendelenburg had misunderstood Hegel’s dialectics and had in fact fallen into the standpoint of empiricism. Michelet and Rosenkranz agreed on many of the problems with Trendelenburg’s account, but their readings of Hegel differed in several respects. For example, they were apart on Kant’s significance for Hegel. Partly because of this, I will argue, Rosenkranz has more affinity with Trendelenburg than Michelet. Trendelenburg responded to his Hegelian critics only briefly; both Michelet and Rosenkranz returned to the dispute a couple of times later.

I. With his  work Logical Investigations F.A. Trendelenburg shook G.W.F. Hegel’s project of speculative philosophy. Over the course of the s Hegelians had had to defend Hegel against various allegations (for example, of pantheism). Yet Trendelenburg was the first to profoundly question the very foundation of Hegel’s system: his speculative logic. Trendelenburg famously stated: “The principal question in the system is the logical question” (LQ: ). It is fair to say that Hegelians were stunned by Trendelenburg’s attack. The appearance of the Logical Investigations was acknowledged in German journals, but Hegelians remained silent (Bratuscheck , ). In October  Trendelenburg’s fellow professor in Berlin, G.A. Gabler, entered into polemics with Trendelenburg. Gabler had had the honor of becoming Hegel’s successor, but he never came up to expectations. In addition, his defense of Hegel against Tren-

*I presented an earlier version of this paper at the philosophy research seminar of the University of Turku in April . I am grateful for all the feedback I received there.  For Trendelenburg’s use of the words ‘logic’ and ‘dialectics’, see chapter IV.  Only A. Ruge had briefly commented on Trendelenburg’s work. Rosenkranz made some general comments on Trendelenburg in his diary (Tageb:  – ), but it was not published until . In his biography of Hegel, probably the most popular of his works today, he mentioned Trendelenburg as well (Rosenkranz , XVII).  Gabler’s articles were republished in one volume (Die Hegelsche Philosophie. Beiträge zu ihrer richtigeren Beurtheilung und Würdigung (Berlin, )).

Hegel-Studien  · © Felix Meiner Verlag · ISSN -

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LAURI KALLIO

delenburg did not convince the audience (WI: VII). Trendelenburg convincingly replied to Gabler in his article series titled “The Logical Question in Hegel’s system” (LQ). Twenty years after the early reaction from the Hegelian side the key figure of the German Hegelians, C.L. Michelet, broke the silence and published two polemical articles (DM), in which he questioned Trendelenburg’s reading of Hegel in detail. To be precise, another leading late Hegelian, K. Rosenkranz, had already commented on Trendelenburg in his magnum opus on Hegel’s logic at the end of the s (The Science of the Logical Idea; WI). In this paper I address these late responses by Michelet and Rosenkranz to Trendelenburg’s logical question. Unfortunately Trendelenburg responded to his Hegelian critics only briefly (LU.; LU.); both Michelet and Rosenkranz returned to the dispute a couple of times later (HuW; TH). II. In his articles of  –  Michelet does not give a direct answer to the question of why he did not react to Trendelenburg’s challenge earlier (DM:  – , ). He later justified his silence with the shallowness of Trendelenburg’s attack (HuW: ). Rosenkranz declared that he admitted toward the end of the s (independently from Trendelenburg) that Hegel’s logic must be significantly re-

 Michelet was also not wholly satisfied with Gabler’s reading of Hegel. Michelet (b, ) even stated that in some points Trendelenburg had understood Hegel better than Gabler. See also HuW: .  Like Gabler, Trendelenburg later joined his contributions together. In what follows, I will refer to the English translation of Trendelenburg’s article series ( – ).  The question of Trendelenburg’s influence on studies of Hegel’s logic after  cannot be discussed within the limits of this paper. I will argue though that Trendelenburg, Michelet, and Rosenkranz all agree that Hegelians had kept silent on Trendelenburg’s critique of Hegel rather than replying to it.  The concept of ‘late Hegelians’ refers to the Hegelians after . It is worth noting that the relation of Rosenkranz and Michelet to Hegel and to the Hegelian School of the s differed. Both Michelet and Rosenkranz were early supporters of Hegel’s philosophy but Rosenkranz did not know Hegel personally. Michelet, on the other hand, was one of the first of Hegel’s pupils in Berlin. I consider both Michelet and Rosenkranz as the leading late Hegelians. Although they were both active in the Hegelian School of the s, it would be an overstatement to call them the leading Hegelians of that time. Michelet, though, was already a central figure in the Hegelians at the end of the s.  The term ‘logical question’ (or ‘logic question’) was also used later by others; it became one of the keywords in German philosophic discussion of the mid-nineteenth century (Vilkko ,  – ). Trendelenburg discussed the logical question only within the framework of Hegel’s philosophy; he does not consider e. g. Kant’s philosophy in this regard (Gerhard , ,  – ).  Cf. the reaction of Herbartians to the Logical Investigations (Vilkko ,  – ).

How late Hegelians replied to F.A. Trendelenburg’s logical question

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formed (Epil: ): in  he had already published an outline for his later work on logic (WI: V). The fact that Michelet’s articles were published in the very first issues of the journal Der Gedanke, run mainly by the Berlin Hegelians, was not without meaning. After the oppressive atmosphere of the s, which followed the revolutions of  (Beiser b, ; Köhnke , , , ), there was a boom in philosophical journals in Germany in the early s (Köhnke , ). Der Gedanke was also founded at that time. The aim of challenging Trendelenburg was mentioned in the first article of the first issue (Michelet , ). It seems plausible to me – this should be verified in a future study – that Hegelians tried (with very little success) ‘to silence’ Trendelenburg in the early s by taking little notice of him. Namely, although the circumstances had not been in favor of Hegelians since  (Moser , ), there would have been a possibility of opening up a dialog with Trendelenburg before . The members of the Berlin Society contributed inter alia to L. Noack’s Jahrbücher für speculative Philosophie (Michelet , ); a Berliner platform for discussion until  would have been Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik, founded by Hegel himself, which also published Gabler’s defense of Hegel. The discussion between Trendelenburg and the two Hegelians was characterized by various tensions. First of all, the debate was not simply a clash between Hegelians and non-Hegelians. At the very same time as Michelet entered into polemics with Trendelenburg, he also attacked Rosenkranz’ ideas for the reform of Hegel’s system (RH). Rosenkranz was obviously offended by Michelet’s attack, as in  he produced a book-length response (Epilegomena) to his Hegelian critics, F. Lassalle and Michelet, and reported how Hegelians had unjustifiably ignored his reform of Hegel’s logic (stretching from  to ) (Epil:  – ). On the other hand, as Beiser (, , ) has explicated, characterizing Trendelenburg simply as a critic of Hegel leads to misunderstandings. In many respects, Trendelenburg’s standpoint is quite close to that of Hegel: they are both, for example, objective idealists. Trendelenburg also respected Hegel’s work. For example: Trendelenburg stated that he examined in his Logical Investigations whether Hegel’s method was a scientific procedure (LQ: , ). Although the answer turned out to be negative, it does not mean that the method possesses no

 It is worth noting that at the time of publication of the Logical Investigations, Jahrbücher had been in crisis for some time for various reasons (e. g. the foundation of Hallische Jahrbücher and a falling number of subscribers) (Obenaus ,  – ). In addition, the journal was no longer particularly ‘Hegelian’ (Obenaus ,  – ; Hogemann , ).  The fundamental matter of dispute between the two, which falls outside the scope of this paper, concerns Hegel’s philosophy of religion (inter alia the question of whether Hegel was theist). Cf. Pop , .

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scientific value at all. According to Trendelenburg it does (LQ: ; cf. LU.: ), as we shall elucidate in the next chapter. Second, it is worth noting that besides Hegel there was another substantial authority in the debate, namely Aristotle (e. g. LU.:  – ; DM:  – , ; WI: VI; WI: ; Epil: ; RH: , ). This is not surprising in itself, since Hegel highly appreciated Aristotle. Yet Michelet also published and lectured solely on Aristotle (Michelet ,  – ). Trendelenburg also produced substantial work on Aristotelian scholarship, and he is commonly remembered as one of the most remarkable neo-Aristotelian philosophers of the nineteenth century (Köhnke , , ; Beiser , ). Both in the s and the s there had been confrontations between Michelet and Trendelenburg related to Aristotelian scholarship (Hogemann , ; Beiser , ). Third, the clash was ‘local’ in that both Michelet and Trendelenburg held office in the Prussian capital. Rosenkranz was – and also felt himself as – an outsider. Rosenkranz and Michelet corresponded with each other, but they were not close (cf. Rosenkranz [] , ; Michelet , ). In his Epilegomena Rosenkranz, a professor in Königsberg, complains about the attitude of Michelet – “the philosopher of the metropole of science” – toward “his friend in the province” (Epil: ; Michelet a, ). The fact that Rosenkranz had inherited the professorship in philosophy held previously by I. Kant and J.F. Herbart was associated by Michelet with the claim that Rosenkranz supported Kant’s philosophy (Epil: ; Michelet a, ; RH: ). This image cohered well with the fact that Rosenkranz had never been close to Hegel (Pop ,  – ) unlike Michelet, ‘the most loyal student of Hegel’. We shall thematize Rosenkranz’ alleged ‘neoKantianism’ in the fifth chapter. The fourth and final point: as the debate began, the fact was that both Trendelenburg’s career and his critique of Hegel had succeeded very well (cf. Köhnke , ; Beiser , ; Bratuscheck , ). Due to, inter alia, various confidential posts Trendelenburg was in a key position in one of the leading German universities of the time (Hartung and Köhnke ,  – ; Lachmann , ). Because of his critique of Hegel – as Rosenkranz (Modif: ) reported – the progressive discussion of speculative logic had stagnated. Rosenkranz’ view coheres here with Trendelenburg’s, who pointed out that the two works on Hegelian logic published right after the Logical Investigations (Erdmann and Werder, both ) skated over problems pointed out by him (LQ:  – ).  On Königsberg as a far outpost of Prussia, see Pinkard , .  Quite illustrative of the tension is that Rosenkranz included a chapter titled “Confession” in his

Epilegomena (Epil,  – ) in which he stressed his loyalty to Hegel!  Michelet argues though that Trendelenburg had exaggerated both his international success (Michelet b, ) and his influence on Hegelians (HuW:  – ). Trendelenburg’s star dwindled rapidly after his death in  (Beiser ,  – ).

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My point here is not to suggest that Trendelenburg’s success testifies that his critique of Hegel is valid. Modern commentators have highlighted several problems in Trendelenburg’s reading of Hegel (e. g. Henrich ,  – ; Houlgate ,  – ; Lachmann ,  – ). The reasons for Trendelenburg’s triumph were various (e. g. the Logical Investigations was published in the right place at the right time) and cannot be explicated here at length. My point here is to explain why both Rosenkranz and Michelet aim to demonstrate that Trendelenburg owes more to Hegel than he admits (e. g. DM: ; HuW: ; TH: ; Tageb:  – ). They argue that a part of Trendelenburg’s success is due to the mere fact that he continues the idealist tradition initiated by Hegel. Before proceeding to the subject matter, a quick overview of the structures of the replies of Michelet and Rosenkranz to Trendelenburg is necessary. Michelet’s commentary on Trendelenburg consists of three parts. After the foreword he begins with rejecting Trendelenburg’s main principle (DM:  – ). He then explicates Trendelenburg’s critique of certain categories of Hegel’s system (DM:  – ) and concludes with a discussion of some minor remarks by Trendelenburg (DM:  – ). Rosenkranz’ answer to Trendelenburg is to be found mainly in the second volume of his Science of the Logical Idea (Epil: ; WI: VII). There is though not a single chapter in which Rosenkranz focuses exclusively on Trendelenburg. This is why I give priority to Michelet’s objections to Trendelenburg. Besides, Trendelenburg responded to Michelet, while he almost totally ignored Rosenkranz’ magnum opus on logic (TH: ; LU.:  – ; LU.:  – ). It is worth noting that Rosenkranz’ project of a system of philosophy features a grand reform of Hegel’s logic, whereas the most important extensions to Hegel’s system by Michelet instead concern the philosophy of right and the philosophy of history (Moser , , ). Consequently, a discussion of Rosenkranz’ commentary on Trendelenburg necessarily touches upon his grander reform of speculative philosophy. III. With his ‘logical question’ Trendelenburg refers not to a single question, but to a battery of questions concerning both Hegel’s method and its application (cf. Gerhard ,  – ). According to Michelet, Trendelenburg’s chief thesis is as  To what extent Trendelenburg’s critique of Hegel was original is another question. See the end of the fifth chapter.  For a very concise summary of this reform, see, for example Epil:  – . Michelet (, ) mentions that Rosenkranz’ logic differs from Hegel’s more than any other of the Hegelian logics. Illustrative of Rosenkranz’ break with Hegel is that the introduction of WI includes a chapter titled “Critique of Hegel’s logic” (WI:  – ).

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follows (DM: ): () Hegel wanted to know reality in and through the thought (a priori). () This phalanx of thoughts is still a fallacy, as Hegel has unconsciously relied on experience (a posteriori) (cf. Tageb:  – ). For Trendelenburg – Michelet explicates (DM: ) – there are just two options. Either the productive concept is “perforated” (durchlöchert) by the experience, or the dialectic progression is completely distinct from experience. In this case the dialectic has to know everything. For Trendelenburg there is no third option (LU.:  – ), whereas Michelet claims that there is a third alternative: this is the identity of the two methods (DM: ). So, the primary question concerns the two scientific ways of knowing (DM: ). Michelet proceeds to contest Trendelenburg’s critique of Hegel on two grounds. His task is () to show that the identity of being and thinking is accessible to human beings. Michelet takes it for granted that Trendelenburg admits the identity of things in the absolute reason. This strategy of stressing the common ground of Trendelenburg’s and Hegel’s metaphysics, or the unity of being and thinking, is common to both Michelet and Rosenkranz (WI: ; DM: ). Arguing for such a common ground is legitimate (Lachmann , ). Trendelenburg considers solving the apparent correspondence between the external (being) and the internal reality (thinking) as the ultimate task of philosophy (Vilkko , ). As mentioned before, Trendelenburg supports the standpoint of objective idealism, and also adheres to the intelligibility of things. But he casts doubts on the very of idea of pure thinking (LU.:  – ). That kind of thinking would be, Trendelenburg claims, constituting (schaffend) and divine. But human thinking merely reproduces (nachschaffen). It is a sheer impossibility to think without any reference to the matter of experience: “The human thinking lives on intuition, and it starves to death, if it lives on its own entrails” (LU.: ; cf. LU.: ; LQ: ). Hegel’s dialectics is eventually nothing but “higher empiricism” (höhere Empirie) (LU.: ), or presenting the totality of experiences. Trendelenburg does not oppose logical reflection as such, and his Logical Investigations feature several of the categories of Hegel’s logic (LU.: ). Trendelenburg just maintains that logical reflection is in need of legitimation (Köhnke , ). The identity of being and thinking can only be demonstrated with reference to intuition, not solely in pure thought (LU.: ). It is exclusively through intuition that the common universal element in both being and thinking can be found (Lachmann , ). Rosenkranz declares that Trendelenburg sees pure thinking as sheer impossibility, but he calls for intuitive thinking (anschauendes Denken) (Tageb: ). Michelet states that pure thinking is difficult but not impossible (cf. Tageb: ), if human beings are regarded as having free will (DM: ; cf. DM: ). Michelet

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also points out that it would be peculiar if thought would manifest itself to the same extent both in nature and in human beings (DM: ). Actually, Michelet claims, Trendelenburg does not even try to grasp thinking as reality (DM: ). For him, human thinking is merely subjective ‘spinning and weaving’ in the brain. For Trendelenburg, grasping reason as real equals making the human divine. On the contrary, for Michelet there is only one reason. The separation between human and divine reason is untenable. There is though, a separation between human and divine thinking (Michelet b, ). Because of this separation, a presentation (Darstellung) of human thinking is not the same as the selfdetermination of God (Michelet b, ). Michelet argues too that the idea of philosophy as a systematization of experiences is absurd (DM: ; cf. Tageb: ). Through experience one can reach only universalities, which are as contingent as any individual experience. In philosophy one has to begin with the universal and proceed to the particular. This is the only way to reach the wholeness of experience. Here Michelet brings up the concept of the fact of experience (Tatsache der Erfahrung). Michelet argues that it is in no way clear what this fact could be: it would eventually be contingent (DM: ). Michelet brings up this concept possibly in order to demonstrate Trendelenburg’s affinity to British empiricism (see chapter V.) and its concept of the matter of fact. As Rosenkranz presented roughly the same argument as Michelet in  (Tageb:  – ), he did not refer to Trendelenburg, but to British empiricists. In this regard, Michelet also stresses the importance of empirical science (cf. WI:  – ). Namely, he states that in order to move from the universal to the particular there has to be a sufficient amount of empirical information. Now we arrive at Michelet’s own standpoint: the double way (doppelter Weg). Experience is the testing (Bewährung) of deduction, but experience is also regulated by the dialectics (DM: ). The double way expresses the necessary dependence of experience and concept on each other. Now Aristotle’s authority in the debate becomes visible. Michelet stresses that the master of the standpoint of the double way is Aristotle: for him “[…] the totality of the concept itself was an immediate experience” (DM: ). Rosenkranz, on his behalf, states that Aristotle adhered to the independency of pure thought, or the separation between the concept in and for itself and empirical mediation (Tageb: ). Having now argued for the possibility of pure thought, Michelet proceeds to show the priority of pure thought (). Trendelenburg specifically rejects that Hegel’s dialectic method would possess any absolute value: it possesses merely a relative value (LQ: ). By the latter Trendelenburg means that the dialectic has led to, inter alia, sharper definitions of concepts. It has also an introductory or preparative value. With the former statement Trendelenburg means – and this is the very core of his logical question – that

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Hegel’s dialectic cannot meet its own requirements. Hegel’s logic cannot be an absolute method, since it presupposes the intuition of spatial motion (LU.: , ; Vilkko , ). It is required to legitimate logical movement. It is “the presupposition of the presuppositionless logic” (LU.: ). Trendelenburg presents a number of cases of how spatial motion appears in the dialectics (LU.: , , ). E. g., Trendelenburg elucidates Hegel’s concept of negation. For Trendelenburg it has to be either logical (A and non-A) or real (e. g. black and white) (LU.: ,  – ). Trendelenburg claims that Hegel tries to overcome real opposition through logical negation. Yet one cannot acquire real opposition just on the logical way (LU.: ; Vilkko , ). In effect, along with the leap from logical to real opposition, sensory material ‘slips into’ logic. Since negation is the moving force of the logical development, the development cannot be regarded as pure. Further, Hegel uses examples to clarify the transitions in logic. Trendelenburg cuttingly remarks that in fact the logic depends on examples, because the transitions in logic cannot be explained without them. “Who honestly tries to think those alleged pure logical concepts without intuition of motion and space and time, shall soon understand the impossibility”, he concludes (LU.: ). One has to be careful here. Trendelenburg’s point is to demonstrate that Hegel’s logic does not meet its own requirements. The principle of motion is not the problem. In fact, Trendelenburg sets the principle of motion (Bewegung) as the basis of his own metaphysics (LU.: ). The principle of motion is wider than the mere spatial motion: it is the realization of potentiality (Beiser , ). The principle of motion constitutes the unity of being and thinking. It bridges Kantian dualism and provides the basis for mathematics (Beiser , ). Hegel’s abovementioned empiricism is eventually uncritical, since it takes the principle of motion as granted, Trendelenburg argues (LQ: ). Michelet reverses this thesis: the experience of spatial motion presupposes pure thought (DM:  – ). The fact is that one cannot think prior to seeing or hearing, but that does mean that perception (Empfindung) would be the source of thinking, since it is merely the impetus (Anstoß) that the spirit develops the ideas out of itself (aus sich selbst entwickeln). Rosenkranz adheres to the same kind of idea, namely the idea of stimulus (Anregung). He scrutinizes this idea with the example of mathematics (Tageb: ). Perceiving different shapes and patterns etc. has inspired the birth of the science called mathematics, but an animal can stand in front of a  Recognizing the importance of the idea of the presuppositionless philosophy unites the three most significant nineteenth-century critics of Hegel: S. Kierkegaard, F.W.J. Schelling and Trendelenburg (Houlgate ,  – ,  – ). Houlgate (,  – ,  – ,  – ) summarizes some presuppositions of Hegel’s ‘presuppositionless philosophy’.  Trendelenburg refers here to GW : § .

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circle for ‘a thousand years’ without understanding anything of the geometry of the circle. Mathematics is a product of thinking, Rosenkranz concludes. However – and this is an interesting remark by Michelet – pure thought can be characterized essentially as a movement of thought (Gedankenbewegung). On this occasion Michelet refers to Rosenkranz (WI: ). In his later reply to Trendelenburg, Michelet emphasizes Trendelenburg’s inability to grasp the movement of dialectics (Michelet b, ). This is why his attention is fastened on spatial motion. In short, Michelet claims that one can think of motion without linkage to the experience. The very first categories of logic, being-nothing-becoming (GW : §§  – ), already capture the motion of thought. The source of this motion is the contradiction between being-the-same and not-being-the-same. “The being moves [bewegt sich] through its own concept to indeterminateness, the negation of all determination, thus to nothing” (DM: ; cf. LU.: ). Trendelenburg underlines that motion, which he has determined as the basic principle of both being and thinking, is not to be conceived metaphorically: it is taken from sensory understanding (sinnlicher Verstande) (LU.: ). The question here is about the sphere of the a priori. According to Michelet, the Trendelenburgian sphere of a priori coheres with the mathematical categories but no more. His Berlin colleague, Michelet argues, begins with a fixed difference between a priori and a posteriori. But in Hegel’s dialectics one begins with the nullity of this separation (DM: ), for example, presupposing that thought can only deal with logical negation is ungrounded. Rosenkranz points out that there is an element of truth in Trendelenburg’s idea of spatial motion as the basis of dialectics (Tageb: ). Namely, spatial motion inspired the early dialectics of the Greek philosophy. Yet motion was already understood by the Greeks (e. g. Plato) as wholly ideal. Concerning the transitions in logic, Rosenkranz comments on Trendelenburg’s claim that Hegel’s dialectics of judgment is impossible (WI:  – ). Trendelenburg asserts that Hegel blurred the boundary between the content and the form of judgment (LU.:  – ). On this basis Hegel deduced different forms of judgment from each other (e. g. GW : §§ –; LU.: ). Yet this is impossible. Trendelenburg compares Hegel’s transitions from one form of judgment to another with the transition from swimming to flying. There is an affinity between the two (e. g. they are ways of movement), but it is a sheer impossibility to proceed just from the definition of swimming to the definition of flying. This can be explained only through the fantasy called dialectics. Swimming and flying, as  Michelet’s reading of the beginning of the logic is a traditional one. Nuzzo (,  – ) has presented an alternative reading of the beginning. According to this reading ‘nothing’ or, more precisely ‘the movement of nothing’, makes the actual beginning of the logic.

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well as any form of judgment, can only be defined through the purpose of the content. In the case of swimming and flying that is the body (Leib), whose purpose is to move. The form is thus not independent. Rosenkranz opposes Trendelenburg’s thesis, since according to his definition the form of judgment is the content in the logical science (WI: ). This content is “the difference in the relationship, in which the moments of the concept can relate to each other” (WI: ). These moments (universal, particular and individual) necessarily form a unity. The moments are thus not independent in the sense Trendelenburg claims: they are in and for itself related to each other. Actually, the unity of the moments is, Rosenkranz claims, a necessary condition for the truthful act of judgment (the sphere of psychology). Trendelenburg’s example of different ways of moving does not question the legitimation of Hegel’s logic. The above-mentioned unity is also visible in the organs of motion (e. g. fin and wing), since they have an inner relationship to each other (WI: ). Within the sphere of organic life one can find examples of how flying and swimming are very close to each other (e. g. fishes which ‘fly’ over the water). Strictly speaking it is still false to say that one form converts to another, since the forms are qualitatively different. A fin does not just turn into a wing; the change takes place at a higher stage, or at the stage of organism, just as a judgment is just a moment of the concept. The transitions between the forms of judgments are thus, unlike Trendelenburg claims, valid. IV. The nullity of the separation between a priori and a posteriori brings us to the third () point by Michelet: the tension between dialectics in logic and in realphilosophy. One peculiar characteristic of Trendelenburg’s commentary on Hegel is his use of the word ‘dialectics’. Trendelenburg does not sharply separate between dialectics in logic and dialectics in the realphilosophical sphere. A common strategy of Michelet and Rosenkranz is to widen the discussion beyond the limits of logic. (It is rather ironic that at the same time Michelet urges (DM: , ; b, ) Trendelenburg to examine Hegel’s Science of Logic instead of his Encyclopaedia). In the Logical Investigations Trendelenburg thematizes the difference between genetic and dialectical method. He claims that in Hegel the former, which examines the development in time (das zeitliche Werden), is subordinate to the latter, which examines the eternal essence of things (das ewige Werden) (LU.:  – ). This is problematic, since according to Trendelenburg these methods or approaches should not necessarily cohere with each other. Yet Hegel cannot explain  Trendelenburg does not accept this critique (LU.: ).

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this in detail. Trendelenburg calls this the dichotomy between the dialectical construction of the concept and the genetic development of things. E.g. some existing states have come into existence through violent oppression, but according to Hegel the necessity of the state is founded on the rational and ethical character of human being. Trendelenburg argues that this makes no sense. Either the dialectical is taken as the same as necessary and then dialectics is necessary only when it has temporal existence, or the dialectical is not necessary, in which case the dialectical must be found in all temporal development – that is: the dialectical has all the determinations of temporal development (LU.: ). As concerns the example of a state, the dialectical explanation is obviously dominant over the genetic, Trendelenburg claims (LU.: ). All in all, Hegel cannot explain the harmony between dialectical and temporal developments. Michelet does not see any problem here (HuW: ): sometimes conceptual development and development in time do coincide and sometimes they do not. “The real existence in time depends on accidental conditions, which have no immediate relation to the necessity of the concept” (DM: ). Hegel has only claimed that the entirety of both developments correspond to each other. Rosenkranz (WI: ) agrees here with Michelet: “The becoming of a determination [Bestimmung] in the genetic method is not to be taken as a temporal succession, but instead as an ideal [ein Ideelles], although it is possible that the moments of the idea also as appearance follow each other” (WI: ). Rosenkranz states that one of the main arguments against the possibility of the genetic method has been that the self-movement of the concept (Selbstbewegung des Begriffs) is a mere illusion (WI: ). That is, the genetic method is in its very essence fraud, since the concepts do not actually “flow” from each other. It is eventually the subject who sets the concepts into alleged rational order. Rosenkranz does not mention Trendelenburg by name here, but in my reading this argument includes Trendelenburg’s critique of Hegel. Namely, Trendelenburg claims that there are “gaps” in Hegel’s system. He mentions several points where there is no bridge between two circles of concepts (LU.:  – ). This contradicts Hegel’s thesis of the immanence of dialectics. According to Rosenkranz, who devotes a long passage to the determination of synthetic, analytic and genetic method, the above-mentioned subjectivism concerns the two former methods, in which the subject is external to the concepts (WI: ). In the genetic method, on the contrary, the subject is eliminated, or the  Trendelenburg takes (LU.:  – ), inter alia, the shape of animal organism (GW : § ) and the history of philosophy (GW :  – ) as examples.  Besides Trendelenburg, two other prominent critics of Hegel, Kierkegaard and Schelling, present similar kinds of arguments. As concerns being and nothing – the first categories of the logic – Houlgate (,  – ) has convincingly defended Hegel against the three.

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subject ‘delves’ into the matter so that the subject can express the concept in and for itself. This is rather trivial. A more interesting point by Rosenkranz is that the selfmovement of the concept concerns not only logic but also the specific content. That is to say that the form and the content have to merge with each other (WI:  – ). Rosenkranz also states that Hegelians have occasionally succumbed to formalism. They have contented themselves with presenting the moments of the concept according to the categories universal, particular and individual. This results in mere one-sidedness. The moments of the concept have to be taken as real (WI: ). One thus has to delve into the particular subject matter of real sciences. One cannot flinch from this by ascribing a specific method to the different sciences. This would lead to an infinite number of different methods, Rosenkranz argues. Michelet remarks sarcastically that Trendelenburg is not happy to confront dialectics at the realphilosophical sphere (DM: ). This is due to the abovementioned fact that Trendelenburg is not willing to grasp the reason as real: he sticks to the undissolved separation between empiricism and speculation and thus also turns against the legacy of Aristotle, who masterfully unified these two (DM: ). The categories of logic are – Michelet states (DM: ) – thought of as the being (Gedanken des Seienden), whereas nature and spirit are the truthful being of the thought (das wahrhafte Sein des Gedankens). For Michelet “the thought is the selfmoving being, the acting matter” (DM: ). With a reference to Hegel (GW : § ), Michelet stresses that the movement of thought as the true being appears, inter alia, in the physical motion of heavenly bodies and in the interplay between the political extremes, despotism and anarchism (DM: ). Furthermore, Hegel’s thesis of the reproduction of the absolute in human reason is already to be found in the earliest Greek philosophy. By challenging this thesis and sticking with the separation between empiricism and speculation, Trendelenburg turns not only against the Greek idealists (inter alia Plato and Aristotle), but also the later tradition featuring Descartes, Leibniz, Spinoza, Fichte, Schelling and Hegel. According to Michelet, the common denominator of these ‘heroes of science’ is the thesis that thinking incorporates thought and essence (das Aufnehmende des Gedachten und des Wesens) (DM: ). Rosenkranz stresses that the fundamental weakness of Trendelenburg’s account is the lack of systematics. Trendelenburg mixes up the psychological concept of subjective thinking with logical principles (TH: ). Trendelenburg has founded his philosophy on only one principle: spatial motion. It is peculiar, Rosenkranz argues, that a science like logic ‘borrows’ its main principle from another sphere of science. Seeing a linkage between logical categories and thinking in psychology is not a problem as such. The problem arises because Trendelenburg does not provide a psychological definition of thinking or intuition. Hegel, on the contrary (TH: ), explicated how the form of thinking separates from intuition, or how the

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logical form frees itself from all external material. Because of this independency, Hegel’s logic obtains validity over all intuition. Trendelenburg has repeatedly argued that thinking is not independent from intuition. However, Rosenkranz underlines, this is a mere subjective assurance. Now we arrive at Rosenkranz’ grand reform of Hegel’s philosophy. This reform lays stress both on the individual character of the spheres of science and on the difference between psychology and logic (e. g. Epil: , ; Modif:  – ). In Rosenkranz’ eyes, Trendelenburg’s logic lags behind Hegel’s precisely because it is more subjective. Rosenkranz stresses that the concept on the basis of its logical independency is to be separated () from psychological concept formation (Begriffsbildung), () from metaphysical categories, and () from the particular content which the concept receives, since it is a concrete form (Gestaltung) of nature or spirit (WI, ). On this point Rosenkranz also argues against Hegel, whose logic does not clearly separate between logical categories and subjective process, which features these categories. Rosenkranz also states that in the history of the Hegelian school one can find numerous examples of cases where subjective fancies (subjektive Einfälle) have been taken as objective determinations of concepts (WI:  – ). As concerns the second point (metaphysical categories), Rosenkranz argues that the logical concept is separate from the metaphysical categories since it sublates all the metaphysical categories (W: ). One can thus find all the metaphysical categories in the logical concept. As for the third point, for Rosenkranz, it is fine to talk, for example, about “aesthetic concepts” (WI: ). That kind of parlance just manifests the fact that the logical form is really actual in the concrete content. Apropos Trendelenburg, the first point is of importance. As we think – Rosenkranz puts forth – we differentiate between the universal, the particular and the individual (WI: ). We conceive these determinations as ours – yet they can only make sense if they objectively correspond to something existing. For example, reasoning (Schließen) does not take place merely in our heads but also in the things intertwined in their reality (WI: ). “What is reasonable, is reasonable in the form of inference [Schluss], although everything in the form of inference is by no means reasonable” (WI: ), Rosenkranz proclaims. Trendelenburg, Rosenkranz continues, has falsely claimed that for Hegel the necessity of reality is to be found in the inference of outside things (WI: ). That would mean that the inference is external to things, e. g. that inference is only a form of our cognition. This is further linked to the argument that Hegel deduces the real from the logical (LU.:  – ). Rosenkranz claims to correct this mistaken idea: inference is the logical form, in which the things have their reality. And in effect Trendelenburg admits this, since he has set the concept of motion as the basis of his metaphysics: the concept of motion is as such already real dialectics (reale Dialektik) (WI: ). This claim,

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which is also cited by Michelet (DM: ), spells out that the motion is the principle, which is common to both thinking and being. Trendelenburg adheres thus, like Hegel, to the presence of the logical in the real. They are both dialecticians (TH: )! Michelet also, however, (HuW:  – ) accuses Trendelenburg of being inconsistent, because Trendelenburg even implies that thinking possesses the motion to a much higher degree. Generally speaking, Rosenkranz’ focus on the lack of systematics and Michelet’s claim that Trendelenburg is eclectic (DM: ) miss one important feature of Trendelenburg’s philosophy, namely, his criticism of the tradition of systemphilosophy (Köhnke , ). Philosophy is currently in crisis, Trendelenburg argues, because new systems constantly emerge (LU.: ; Lachmann , ). Yet every system begins with nothing: they have no common ground. Thus the development of philosophy does not lead to such an increase of knowledge as the development of other sciences (in recent history especially). According to Trendelenburg’s definition, the task of philosophy is not to constitute a totality (Beiser ,  – ). Trendelenburg sees that such a task is impossible due to the continuous increase of scientific enquiry. On the other hand, human knowledge of the world is in any case fragmentary (Beiser , ). The unity of philosophy is essential, but the need for a unity can only be satisfied in disciplines like logic or epistemology (Köhnke ,  – ). Hegel and the Hegelians have aimed at grasping the grandest totality, or the absolute. But their tool for this task (dialectical method) has proven to be insufficient (LU.: ; LU.: ; LU.: ). An essential element of Trendelenburg’s own epistemology is the so-called ‘fact of science’ (Tatsache der Wissenschaft). It is “i. e., the fact that the sciences are autonomous, that they have proven their own success, and that there is no point in worrying about skepticism regarding them” (Beiser a, ). There is thus no need for the foundationalist project of philosophy (like, e. g., the one by Hegel). Philosophy does not (as Hegel claims) begin with the most universal and proceed to the particular and individual. On the contrary: philosophy proceeds from the particular toward the universal (LU.:  – ). Eventually, philosophy should become the theory of science (Theorie der Wissenschaft), or a discipline which reveals the logic of science. It appears to me that Michelet and Rosenkranz ignore Trendelenburg’s critique of system-philosophy. Thus they leave one of the main reasons for Trendelenburg’s above-mentioned success untouched: namely, that Trendelenburg’s success was largely due to his ability to reorient the discipline called ‘philosophy’ and thus to contribute to the so-called epistemological turn in Germany, which we address in the next chapter. Generally speaking, as Jaeschke (, ) has pointed out, there is a tendency, reinforced since , to approach Hegel from a historical point of view. One of

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the exceptions to this tendency was Michelet’s System of Philosophy as Exact Science. In this magnum opus Michelet attempted to reconcile Hegelian speculation with the empirical (or, as Michelet (, ) calls it, “exact”) science. But the first part of this work appeared as late as . In their replies to Trendelenburg fifteen years earlier, Rosenkranz and Michelet addressed both the recent and the ancient history of philosophy, but they have very little to say about recent empirical research. Trendelenburg, on the contrary, orients both to the new research and revitalizes the idealist legacy of Aristotle. As regards Hegel’s system, it is still worth mentioning that Trendelenburg discusses (in his reply to Gabler) the possibility that his critique of Hegel’s logic could be subverted on the basis of the Phenomenology of Spirit “as properly preceding the Logic of Hegel” (LQ: ). The question of the relationship between the Phenomenology and The Science of Logic belongs to the classic questions of Hegel scholarship. According to Trendelenburg, there are two possibilities (LQ:  – ). If the Phenomenology is read as a propaedeutic to the system, it has merely a subjective value. If it is considered as an integral part of the system, it is problematic that some sections (e. g. ‘life’) are discussed three times. Besides, Trendelenburg points out that if his critique of Hegel’s method is valid, it also applies to the Phenomenology. V. Since the turn of the s, as Michelet and Rosenkranz replied to Trendelenburg, Kant has again been in the spotlight of German philosophy. The s became “the crucial formative decade for neo-Kantianism” (Beiser b, ). O. Liebmann summed up this tendency in  with the motto ‘Back to Kant!’. Although it is fair to say that Trendelenburg’s argumentation against Hegel has a Kantian flavor (e. g. his focus on the tension between a priori and a posteriori; LU.: ; Trendelenburg [] , ), Trendelenburg’s relationship to Kant is in no way straightforward. In short, with his critique of system-philosophy Trendelenburg influenced the interest in epistemology in Germany, which further inspired the interest in Kant. On the other hand, Trendelenburg disagrees with Kant on multiple issues. Kant’s alleged ‘subjectivism’ is especially a problem for him. It is telling that the two remarkable modern accounts of Trendelenburg’s significance, namely those by Köhnke and by Beiser, differ in their assessment of  It would appear here that Trendelenburg defines phenomenology and logic as sharply opposed to each other. That is, the standpoint of phenomenology or understanding is defeated by the standpoint of reason or logic. This reading can be questioned. E. g. Nuzzo (, ) has argued that understanding still remains as a moment of reason: it is never fully absorbed into reason. Understanding – contrary to Trendelenburg’s belief – still contributes to the beginning of logic (Nuzzo , ).

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Trendelenburg’s ‘Kantianism’. The former stresses Trendelenburg’s role as a forerunner of the s neo-Kantianism (Köhnke , , ), whereas the latter emphasizes Trendelenburg’s opposition to Kant (Beiser , , ; Beiser a, ). This brings us to the topic of this paper, since, as mentioned above, Michelet and Rosenkranz differed on Kant. Rosenkranz aims at easing the tension between Kant and Hegel (e. g. WI: ; Tageb: ; Modif:  – ). Consequently, the alleged affinity between Trendelenburg and Kant is not, as such, a problem for him. Rosenkranz states that the unity of being and thinking, advocated by Trendelenburg and Hegel, can be integrated with Kant’s dissolution (Auflösung) of metaphysics into logic (Epil: ). Rosenkranz depicts on various occasions (e. g. the concept of purpose (Zweckbegriff); WI:  – ), how Hegel completed the project initiated by Kant (and in some cases also by Aristotle). He even states that he is Kantian, though under certain conditions (Epil: ). For Michelet, I would argue, a rehabilitation of Kant is a step backward (RH: ; HuW: ). Michelet’s list of ‘the heroes of science’ (see previous chapter) does not include Kant’s name. ‘Overcoming Kantianism’ features Michelet’s criticisms of both Trendelenburg and Rosenkranz. In Michelet’s eyes, the essence of Rosenkranz’ Kantianism lies in the dualism between thinking and being (RH: ,  – ; WI; X). This dualism was reconciled by Hegel in the Phenomenology of Spirit and not within the system of science itself. But Rosenkranz sees that the Phenomenology deals with this dualism only as psychological. Thus Kantian dualism is brought into the system itself. Rosenkranz’ logic leads eventually to the unity of thinking and being. But, Michelet argues (RH: , ), because Rosenkranz has set the two first as absolute opposites, the dualism cannot be dissolved. Hegel began his logic with the identity of the two, but Rosenkranz ascribes thinking priority over being. It is worth noting here that Michelet’s conclusion resembles his argument against Trendelenburg, according to which Trendelenburg implies that thinking possesses motion to a higher degree than being (see previous chapter). According to both Rosenkranz (Tageb: ) and Michelet (HuW: ), Trendelenburg advocates a ‘Kantian-Lockean standpoint’. Michelet claims in a striking passage that Trendelenburg is a Kantian of , that is to say that he adheres to a Kantianism less speculative than the Kantianism of  (DM: ; cf. HuW: )! The years refer of course to the publication of the first and the second versions of the Critique of Pure Reason. According to Michelet, the first version contained the germs of speculative philosophy. There Kant hypothetically stated that “if […] the I and the thing in itself is the one and same thinking substance, then the empirical  Michelet had already given preference to the first version over the second in  (Rosenkranz [] , ).

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intuitions are just as well our possession” (HuW: ). This thesis laid the foundation for the development, which eventually (through Fichte and Schelling (Kantians of  as well)) led to Hegel’s idealism. The second version of the Critique affiliates more to Lockean empiricism. And Trendelenburg has not only reinforced but also misinterpreted this empiricist tendency in Kant and argued against the core of speculative philosophy, the identity of the concept and reality (HuW: ). Trendelenburg also restricts the sphere of a priori more than Kant (DM: ). There is evidently a certain similarity between Trendelenburg’s critique and Rosenkranz’ reform of Hegel’s logic. It appears to me that the key word for both is ‘overstretching’. The two argue that Hegel overstretched the limits of logic. This conception of ‘overstretching’, I would argue, has a Kantian flavor. Both Rosenkranz and Trendelenburg put emphasis on the tension between a priori and a posteriori. Yet they disagree both on the question of whether, and on the question of how, Hegel’s dialectics overcome this tension. In general, Rosenkranz was keen rather to limit the sphere of logic than to extend it (e. g. Epil: , ,  – ,  – ). Rosenkranz explains that his task is to cleanse Hegel’s logic of alien elements (WI: ). For example, according to Rosenkranz, the conceptual abbreviations of other sciences cannot belong to the subject matter of logic, since that would make the discipline arbitrary (Epil: ). He also praises Trendelenburg’s critique of subjectivism, which features the rehabilitation of Kant’s concept of the unconditioned (das Unbedingte), which is further linked to the absolute purpose (WI: ; LU.: ). Rosenkranz famously omitted the categories mechanism, chemism and formal teleology from logic. For Rosenkranz, they lack the concrete unity which is characteristic of the logical concept (Epil:  – ). Neither chemism nor mechanism feature self-determination (Epil: ). Rosenkranz argues though that nature is reasonable as mechanical and as chemical (Epil:  – ). Trendelenburg mentions Hegel’s category of mechanism as well (LU.: ; GW : § ). For him, it is a shining example of the argument that Hegel cannot prove the transitions of logic without secretly relying on experience. Besides this argument, which we explicated earlier, Trendelenburg points out on another occasion (LU.: ) that the logical categories mechanism, chemism (GW : §§  – ), and life (GW : §§  – ) are to be found in the same order and in the same meaning in the philosophy of nature. E. g. the logical category of life coheres with the category of animal organism (GW : § ). Now this does not testify that Hegel’s philosophy of nature would be his applied logic (angewandte Logik) (LU.: ). On the contrary, it testifies that Hegelian logic is “sublimated  It is not clear to me why Trendelenburg refers (LU.: ) to GW : § . E. g. GW : §  discusses animal organisms in particular. Referring to GW : §  is most likely not a careless mistake, since it is repeated in further versions of LU.

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intuition, or anticipated abstraction of nature” (LU.: ). This is Trendelenburg’s above-mentioned thesis that Hegel’s dialectic is nothing but “higher empiricism”: When the determinations of science, in the dialectic and internal contemplation of the concept, had to make a step in advance, instead of doing this unassisted, they betrayed, when examined more closely, the foreign impulse of external experience. What ought to originate from itself is simply borrowed. Anticipations of concepts, and foreign matter, picked up at random, were shown to exist in the most important creations of the Dialectic (LQ: ; cf. LU.: ). It is telling that both Rosenkranz and Trendelenburg describe their standpoints as a combination of idealism and realism. This is the standpoint of ‘ideal-realism’ or ‘real-idealism’, which originated from early romanticism (Beiser , ; Pop ,  – ). In short, Trendelenburg argued for idealism against materialism and for objective idealism against subjective idealism (e. g. in the Kantian sense); Rosenkranz based his standpoint on his new definition of Hegel’s concept of the idea. Trendelenburg and Rosenkranz also have an antagonism toward abstraction. Rosenkranz’ critique of abstraction is linked to his critique of other Hegelians, whereas Trendelenburg questioned Hegel’s idea of abstraction in its entirety. Rosenkranz declared that he is an enemy of all abstraction, which cannot be legitimated by concretion (WI: VII). All the logical categories have their existence both in nature and in spirit (WI: XV). The truth of logical categories has to be proven by demonstrating their existence in nature and in spirit (WI: XX). This calls for examples – but those Hegelians who have worked with logic have not provided any examples or have merely repeated the examples presented by Hegel. An example of this is the failed attempts (by Michelet and Lassalle) to demonstrate the moment of chemism both in nature and in spirit (Epil:  – ). Rosenkranz identified “the realistic tic” as a distinctive characteristic of his Hegelianism (WI: VII). Michelet reads it as a Kantian character (RH: ). Taking into account the previous argumentation, it is not surprising that Trendelenburg does not embrace Hegel’s concept of abstraction. For Trendelenburg, the concreteness is associated with intuition. Abstraction means that thinking distances from intuition. That kind of thinking is yet hopelessly empty and abstract. As already mentioned, according to Trendelenburg, philosophy should proceed from the particular toward the universal. As Lachmann (,  – ) has convincingly argued, Trendelenburg’s critique of the alleged ‘abstract’ beginning of Hegel’s logic is based on a misinterpretation. Namely, Trendelenburg does not grasp what Hegel means by thinking in his logic. One can find a similar kind of argument in Rosenkranz’ obituary of Trendelenburg (TH: ). It can be concluded that Rosenkranz calls for a closer linkage between

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pure thought and intuition, but for Trendelenburg this linkage is actually the dependence of thinking on intuition. Another substantial affinity between the logic of Rosenkranz and Trendelenburg is the concept of purpose: as Michelet points out, it is the key concept for both (DM: ). Rosenkranz stresses the importance of Kant’s philosophy for this concept (WI: ). As previously mentioned, Rosenkranz omits Hegel’s category of formal teleology from his logic. But this is only because he ascribes another role to the category of purpose (Modif:  – ). In his logic the category of purpose, preceded by the categories being and essence, completes the first main division (“metaphysics”) (Epil: ). According to Rosenkranz, Hegel conducts a logical error (Epil: ). The category of purpose in his logic is incomplete, as it features only outer purposiveness, but not inner purposiveness, which is discussed under the category of idea. Rosenkranz also takes notice of Trendelenburg’s legitimation of teleology, but he points out that in this regard there is no conflict between Trendelenburg and Hegel (Tageb: ). He also subscribes to Trendelenburg’s critique of Hegel’s way of presenting the realization of purpose as the inference (Schluss) of concept (or the unity of universality, particularity and individuality) (LU.: ; WI: ). The problem with this is that this inference does not grasp, for example, the relation between the subjective thought of purpose and the instrument (Mittel). This relation is not the logical relation between universality and particularity, since there is in fact a variety of different types of instruments (WI:  – ). For Trendelenburg, the concept of purpose is the foundation of the so-called organic worldview, which is the very expression of his objective idealism, or that “the spirit is the formative soul of things and the things are the instrument of the spirit” (LU.: ). The purpose makes the basic principle of motion spiritual: motion is the actualization of purpose (Beiser , ). As previously mentioned, the principle of motion applies not only to being but also to thinking. The Kantian theory of construction influenced Trendelenburg’s concept of motion as the principle of the inner world (Beiser , ), although with his concept of motion Trendelenburg was reviving metaphysics in the sense that Kant held as impossible. Only the principle of motion, Trendelenburg argues, resolves the dualism between thinking and being. As indicated above, Michelet stresses that Trendelenburg supports empiricism. In Michelet’s eyes, Trendelenburg has eclectically collected the ideas of various philosophers of the past, but he binds them around his fundamentally empiricist  Michelet (RH:  – ) criticizes Rosenkranz’ category of purpose. He points out (RH: ) that none of Hegel’s works suggests that the place of this category could be the one which Rosenkranz proposes.

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view (DM: ). Michelet claims on the contrary that experience can merely be the “handmaid” (Handlangerin) of philosophy, but never its principle (DM: ). Rosenkranz agrees with Michelet on Trendelenburg’s empiricism (Rosenkranz , XVII–XVIII) and shares his tendency to see empiricism as a degradation of philosophy (Tageb: ). Yet I would argue that Rosenkranz has a deeper understanding of Trendelenburg’s appreciation of the legacy of German idealism than Michelet. When compared to Michelet, his condemnation of Trendelenburg is not that harsh. In my eyes Michelet is in error in stubbornly overemphasizing Trendelenburg’s opposition to Hegel. Trendelenburg’s critique of Hegel concerns certain basic theses, but it is not a total condemnation of Hegel’s work: “In the Logical Investigations not a single word was said of destroying the Hegelian philosophy […] but of testing the dialectic method” (LQ: ). It is far from evident that Trendelenburg adheres to empiricism in the way Michelet claims. If Rosenkranz is willing to identify himself as Kantian, Trendelenburg does not avow that he is a supporter of empiricism. Whereas dialectic philosophy “dwells on the royal heights of the pure idea, with an empire all to itself, perfectly secure against being confounded with, empiricism”, Trendelenburg claims on the contrary that he focuses on experience in order to make logic a metaphysic of the actual sciences (LQ: ). But this is not empiricism, since he “all occasions and even in the very midst of experience look[s] only for its spiritual origin, i. e. the very thing which has not experience in it” (LQ: ). Trendelenburg even asserts that the Logical Investigations wage a war with empiricism (LQ: ). As mentioned, both Rosenkranz and Trendelenburg were keen to limit the sphere of logic. But Trendelenburg also argues for limiting the sphere of philosophy. With this demand he fundamentally dissociates from Hegelianism. Trendelenburg argues that empirical science takes precedence over the science which emerges through the use of the dialectical method (LU.:  – , ). Whereas the former is open to new material and proceeds ‘slowly but surely’, the latter is selfcontained, which makes the true increase of knowledge impossible. Trendelenburg points out sharply that the dialectical method has been used arrogantly in the spheres of various sciences, but with very small success (LU.: ). A clear indication that Hegel’s method is not a scientific method is that the use of dialectical method has produced contradicting results (LU.: ). Eventually, Hegel could not carry out his promise (LU.:  – ). Hegel’s philosophy has its place in the sequence of ‘the grand philosophies of the past’ (following, inter alia, Plato, Spinoza, Kant and so on) and it has increased our knowledge in certain areas, but it is neither ‘absolute’ in the sense Hegel had proclaimed nor a trailblazer for future research. As concerns the sphere of philosophy, Rosenkranz is not Trendelenburg’s ally. Rosenkranz emphasizes that e. g. logic should not interfere in the specific questions

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of other sciences, but he made it very clear that for him philosophy should not be a mere servant of other sciences (Tageb:  – ). In the early s, as Trendelenburg’s triumph over Hegelians was a fait accompli, Rosenkranz hinted that many of Trendelenburg’s remarks on the problems in Hegel’s logic were not original (Epil: ). That is, Hegelians were already aware of these problems prior to the publication of the Logical Investigations. It seems to me that Rosenkranz had, above all, himself in mind. As indicated earlier, there is a certain affinity between Rosenkranz’ and Trendelenburg’s readings of Hegel’s logic. But the affinity is not due to Trendelenburg’s direct influence on Rosenkranz. It is due to their common understanding that Hegel’s logic does not meet its own standards. VI. At the end of his reply to Trendelenburg, Michelet made a wish that Trendelenburg would not follow the example of Hegelians and remain silent for twenty years (DM: ). Yet, although Trendelenburg paid attention to his Hegelian opponents, the fact is that the discussion between the three became a footnote in the history of the s transitional phase of late idealism. Michelet had to confess (b, ) that his arguments had had no impact on Trendelenburg. Rosenkranz admitted that Trendelenburg had almost entirely neglected his work on logic (TH: ). Unlike the Berlin-centered Trendelenburg-Michelet-Rosenkranz debate, the decade-long debate between Trendelenburg and K. Fischer initiated a fruitful discussion and became a crucial event in the development of neo-Kantianism (Beiser b,  – ). As mentioned, the s became the formative decade of neo-Kantianism. Yet Berlin was not at the forefront of this rising discipline. Generally speaking, the intellectual work of the triumvirate discussed in this paper was broader than what was typical for neo-Kantians. Unlike Kant himself, neo-Kantians focused (at least in the early phase of the movement) on theoretical philosophy (Beiser a, ). Like good Hegelians, Rosenkranz and Michelet aimed at discussing all fundamental philosophical questions. Although systembuilding was alien to Trendelenburg, he thematized the questions of practical philosophy as well. Many of the points discussed in this paper reflect the sphere of practical philosophy. E. g. Trendelenburg founds his ethics on the concept of purpose (Lach This debate could also be characterized as a confrontation between Trendelenburg and He-

gelians. For example, Michelet (, ) gives this impression. Yet Fischer’s Hegelianism was quite extraordinary (Beiser b,  – ; Beiser , ). Besides, the debate focused on Kant scholarship.

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mann , ). Michelet suggests that both Rosenkranz and Trendelenburg advocate the Kantian “primacy of practical reason” (DM: ; RH: ). On the other hand, Hegel and Trendelenburg have many similar views, e. g. on the questions of philosophy of right (cf. Beiser ,  – ), and Trendelenburg challenges Kant’s ethics in many ways (he questions, inter alia, Kant’s claim that ethics cannot be founded on metaphysics (Beiser ,  – )). For Rosenkranz, the idea of including practical categories into logic is yet another example of overstretching (Modif: ; WI: ). In , Der Gedanke verbalized the wish that Michelet could follow Gabler as permanent professor of philosophy and that he could shake Trendelenburg’s throne. In retrospect, this can be regarded as wishful thinking. The fact is that in the early s Trendelenburg’s neo-classical program faced another and more serious challenge than the Hegelian one. Recent empirical research had questioned some of the principles that were regarded as valid at the time Trendelenburg published the first version of his Logical Investigations (Beiser , ,  – , ). In particular, C. Darwin’s theories were quickly adopted in Germany (Pinkard , ). It is thus fair to say that eventually Trendelenburg’s claim that Hegel was an uncritical empiricist applied to Trendelenburg himself. Abbreviations DM

Carl Ludwig Michelet. “Die dialektische Methode und der Empirismus. In Sachen Trendelenburg gegen Hegel. Offenes Sendschreiben Michelet’s an den Ersteren”. Der Gedanke. Philosophische Zeitschrift , –  ():  – ,  – .

Epil

Karl Rosenkranz. Epilegomena zu meiner Wissenschaft der logischen Idee. Als Replik gegen die Kritik der Herren Michelet und Lassalle. Königsberg, .

GW

Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Gesammelte Werke. Edited by the RhenishWestphalian Academy of Sciences and the German Research Foundation (DFG). Hamburg,  passim. GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW  (Wissenschaft der Logik. Erster Band. Die Lehre vom Sein ())

HuW

Carl Ludwig Michelet. Hegel, der unwiderlegte Weltphilosoph. Eine Jubelschrift. Leipzig, .

 The authorship of this short text, published in Der Gedanke (Vol . Issue , p. ) is unknown. It is most likely, though, that Michelet himself wrote it. Cf. Michelet , .

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LQ –  Friedrich Adolf Trendelenburg. “The logical question in Hegel’s system” [two articles]. Translated by Thos. Davidson. The Journal of Speculative Philosophy , (); , –  u.  ():  – ,  – ,  – ,  – . LU

Friedrich Adolf Trendelenburg. Logische Untersuchungen I–II. Berlin,  ff. LU  (Erste Auflage ); LU  (Zweite ergänzte Auflage ); LU  (Dritte vermehrte Auflage )

Modif

Karl Rosenkranz. Die Modificationen der Logik, abgeleitet aus dem Begriff des Denkens. Leipzig, .

RH

Carl Ludwig Michelet. “Logik und Metaphysik. Rosenkranz und Hegel”. Der Gedanke. Philosophische Zeitschrift , – :  – ,  – .

Tageb

Karl Rosenkranz. Aus einem Tagebuch. Königsberg Herbst  bis Frühjahr . Leipzig, .

TH

Karl Rosenkranz. “Trendelenburg und Hegel”. Die Gegenwart. Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben  ():  – .

WI

Karl Rosenkranz. Wissenschaft der logischen Idee. Königsberg,  – . WI (Band : Metaphysik); WI (Band : Logik und Ideenlehre)

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LAURI KALLIO

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Emmanuel Nakamura DIE IDEE DER SOZIALEN RECHTE ABSTRACT:

In the North American reception, Hegel’s conception of sittliche Freiheit is understood as social freedom: Freedom is achieved only socially, i. e. through participation in social institutions. Hegel certainly would not have disagreed with this definition. There is, however, another concept of social freedom in Hegel that needs to be better analyzed. For Hegel, right is the existence (Dasein) of freedom; this allows us to conclude that social right is the existence of social freedom. For common sense, social right designates the liberties conquered in the face of risks of subsistence in a capitalist market society. In my paper, I argue first that Hegel’s Philosophy of Right is a criterion for a critical analysis of modern states. Second, I show that Marx can be only reasonably understood if we see how his arguments follow methodologically from Hegel’s Philosophy of Right, and in order to deal with social and constitutional questions before the events of March . It is through this key historical confrontation that Marx develops a principle of social rights; that in turn creates social freedom in the face of risks of subsistence in a capitalist market society.

I. Einleitung Gegen die individualistischen Freiheitskonzeptionen hat die nordamerikanische Rezeption der hegelschen Philosophie eine Definition von sozialer Freiheit vorgelegt, die sich weltweit unter den Hegelianern etabliert hat. Sie bezieht sich hauptsächlich auf die gesellschaftlichen Bedingungen für die Realisierung der Freiheit: „Social Freedom […] can be realized only by and within certain social institutions“ (Neuhouser ,  f.). Sicherlich würde Hegel dieser Interpretation nicht widersprechen, denn sie lässt sich gut mit den Paragraphen  –  der hegelschen Rechtsphilosophie vereinbaren. ‚Social freedom‘ ist nichts anderes als „das lebendige Gute“ (GW ,: § ). Die durch Besitznahme unmittelbar angeeignete Welt und die vermittelnde Reflexion des moralischen Subjektes haben ihre Selbständigkeit, Grundlage und ihren Inhalt als Momente der Totalität der sittlichen Freiheitsidee. Das Adjektiv ‚social‘ bezeichnet also das Sittliche – m.a.W. eine „einfache[] Identität“ zwischen den „an und für sich seyenden Gesetze[n] und Einrichtungen“ und den gewohnten Handlungen der sittlichen Bürger (GW ,: §§  u. ).  „Für Hegel gehört es zu den notwendigen Bedingungen funktionierender Gemeinwesen, dass sich die Individuen in der Grundhaltung des Vertrauens und der Loyalität mit ihrer Gemeinschaft (zum Beispiel der Familie oder dem Staat) identifizieren können.“ (Quante , ) Nach Quadflieg (, ) haben Neuhouser und Honneth diese Identifikationsbeziehung so stark betont, dass das Moment individueller Freiheit gegenüber der gesellschaftlichen Normierung geschwächt wird: „Neuhousers und Honneths umfassender Begriff sozialer Freiheit steht damit vor der Herausforderung, den liberalen Gegensatz zwischen individueller Freiheit und gesellschaftlicher Normierung so aufzulösen, dass beide Seiten als notwendige Momente von Freiheit sichtbar werden. Gleichwohl tendieren ihre jeweiligen Entwürfe dazu, das negative Moment der Freiheit, das die einseitige Grundlage des liberalen FreiHegel-Studien  · © Felix Meiner Verlag · ISSN -

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In seinem Buch Die Idee des Sozialismus hat Axel Honneth dem Begriff sozialer Freiheit eine andere Akzentuierung verliehen: Er wendet sich kritisch gegen die marxsche Idee der sozialen Freiheit, um zu zeigen, dass diese sich zu stark auf die ökonomische Sphäre fokussiert. Die marxsche Idee des Sozialismus sei defizitär, weil sie die Freiheiten „einseitig nur noch im ökonomischen Handlungsbereich plaziert“ habe; anders wäre es gewesen, wenn sie auf die hegelsche Freiheitstheorie zurückgegriffen hätte, „denn damit hätte im Prinzip die Möglichkeit bestanden, die liberalen Freiheitsrechte nicht als ein Hindernis, sondern als eine notwendige Voraussetzung [der] sozialen Freiheiten zu denken“; stattdessen habe der Marxismus aber ein „Modellbild einer zentral gelenkten Planwirtschaft“ entwickelt (Honneth , ,  u. ). Marx und die Marxisten haben nach Honneth den gesellschaftlichen Charakter der sozialen Freiheit auf die Wirtschaftssphäre beschränkt. Demgegenüber akzentuiert seine revidierte Idee einen pluralistischen Charakter der hegelschen Idee sittlicher Freiheit: „[E]s gibt jetzt ja nicht mehr einfach nur den Gegensatz von ‚Arbeitern‘ und ‚Kapitalisten‘, sondern daneben und mit ebensolcher Relevanz und Konfliktdynamik auch die Liebespartner, Familienmitglieder, politischen Bürgerinnen und Bürger.“ (Honneth , ) Honneths Auseinandersetzung mit der marxistischen Behandlung der sozialen Frage kann m. E. zu einem Missverständnis bezüglich der im englischen Sprachraum etablierten generischen Definition der sozialen Freiheit führen. Mit der These, dass Freiheiten nur in sozialen Verhältnissen zu erlangen sind, bin ich prinzipiell einverstanden. Ich gehe aber davon aus, dass Marx, indem er sich allein auf die Wirtschaftssphäre bezogen hat, einen bestimmten Begriff sozialer Freiheit entwickelt hat: Es handelt sich vor allem um die sozialen Rechte, die soziale Freiheiten gegenüber den Subsistenzrisiken in einer kapitalistischen Marktgesellschaft schaffen. Diese bestimmte Definition widerspricht nicht der generischen, sondern muss m. E. als eine Weiterentwicklung der hegelschen Idee sittlicher Freiheit begriffen werden. Wie Honneth selbst erwähnte, ist die marxsche Idee der sozialen Freiheit ein „geistiges Kind der kapitalistischen Industrialisierung“ (Honneth , ). Die Junghegelianer haben sich früh mit den negativen Auswirkungen der Wirtschaftsliberalisierungspolitik der preußischen Regierung auseinandergesetzt. Die Verfassungsfrage war daher von Anfang an mit der sozialen Frage verbunden: „Ich meine, daß kein Freiheits-Prinzip wahr, keins wert ist, sich mit dem Worte Freiheit zu brüsten, welches nicht daran denkt, sich über alle zu erstrecken und seine Segnungen bis auf den Geringsten im ‚Pöbel‘ auszudehnen.“ (Bauer [] , ) Der Zusammenhang zwischen einer demokratischen Verfassung und der

heitsbegriffs bildet, in eine ebenso einseitige Abhängigkeit von den positiven Bedingungen seiner Realisierung zu bringen.“

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Bedingung für die Behandlung der sozialen Frage wurde von Heine folgendermaßen zugespitzt formuliert: Wir befördern das Wohlseyn der Materie, das materielle Glück der Völker […]. Das große Wort der Revoluzion, das Saint-Just ausgesprochen: le pain est le droit du peuple, lautet bey uns: le pain est le droit divin de l’homme. Wir kämpfen nicht für die Menschenrechte des Volks, sondern für die Gottesrechte des Menschen. […] Wir wollen keine Sanskülotten seyn, keine frugale Bürger, keine wohlfeile Präsidenten; wir stiften eine Demokrazie gleichherrlicher, gleichheiliger, gleichbeseligter Götter. (DHA ,: ) In seiner Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie verknüpft Marx den Anspruch auf soziale Freiheit mit einem Revolutionsprozess, der sich bis zu dem Punkt entwickeln sollte, an dem die politisch-emanzipatorische Initiative bei derjenigen „Klasse anlangt“, die „alle Bedingungen der menschlichen Existenz unter der Voraussetzung der socialen Freiheit organisirt“ (MEGA I,: ). Dieses soziale Prinzip bezieht sich auf eine künstlich durch den Industrialisierungsprozess produzierte Armut. In meinem Aufsatz versuche ich, das an sich Vernünftige der marxschen Argumentation zu begreifen. Ich gehe von der Hypothese aus, dass die junghegelianischen Auseinandersetzungen mit der sozialen und Verfassungsfrage in Preußen fruchtbare Anregungen für eine Rekonstruktion der vernünftigen Genesis der sozialen Rechte der Sozialstaaten bieten können. Zwischen der preußischen Reformzeit und dem Vormärz liegen die Wirtschaftsliberalisierungspolitik der preußischen Regierung und die daraus hervorgehende Zuspitzung der sozialen Frage und des Kampfes sozialer Bewegungen für eine demokratische Verfassung. Einerseits wurde die hegelsche Rechtsphilosophie oft mit einer ideologischen Begründung des preußischen Staates verwechselt, als ob sich eine philosophische Idee unmittelbar mit einer besonderen Gestaltung der realen Welt zufriedengeben könnte. Die Junghegelianer gingen von dieser Fehlinterpretation aus und wendeten sich daher kritisch gegen den preußischen Beamtenstaat und dessen angeblich spekulatives Abbild. Andererseits folgt die junghegelianische Rechtskritik methodologisch aus der hegelschen Philosophie. Die hegelsche Rechtsphilosophie hat den Junghegelianern einen kritischen Maßstab für die konkrete Analyse der modernen Staaten geliefert. Eine vernünftige Verfassung muss nach Hegel vor allem objektive Garantien für die Verwirklichung der Rechte der subjektiven Besonderheit bieten. Die kritische Rechtsphilosophie von Marx lässt sich m. E. vernünftig begründen, wenn sie nicht gegen die logischen, sondern nur gegen die historischen Voraussetzungen der hegelschen Rechtsphilosophie gewendet wird, und zwar gegen die politische Situation zwischen der Reformzeit und dem Vormärz. Die marxsche Idee der sozialen Freiheit lässt sich als eine Weiterentwicklung der hegelschen Idee der subjektiven Freiheit begreifen, die sich aus Marx’ Aus-

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einandersetzung mit der sozialen und Verfassungsfrage in Preußen ergibt. Ich gehe nicht von der Hypothese aus, dass diese junghegelianischen Auseinandersetzungen so interpretiert werden sollten, als hätten sie antizipatorisch bereits eine präzise Definition des Sozialstaates entwickelt, wie sie in den Debatten des späten . und . Jahrhunderts vorgelegt worden sind. Sie können aber durchaus als begrifflicher Entstehungsbeginn eines Geistes angesehen werden, der die tatsächliche Entwicklung der Sozialstaaten belebt hat. Mein Aufsatz ist in drei Teile gegliedert. Im ersten beschäftige ich mich mit der hegelschen Darstellung der notwendigen Garantien der objektiven Verwirklichung der subjektiven Freiheit. Meine These ist, dass die hegelsche Rechtsphilosophie einen kritischen Maßstab zur Analyse der modernen Staaten aufstellt. Im zweiten Teil versuche ich, anhand der marxschen Auseinandersetzung mit der hegelschen Rechtsphilosophie sowie der sozialen und Verfassungsfrage in Preußen eine marxsche Idee der sozialen Freiheit vorzulegen. Hier lautet meine These: Marx’ kritische Rechtsphilosophie lässt sich nur vernünftig begründen, wenn sie kritisch gegen die historischen Voraussetzungen der hegelschen Rechtsphilosophie gewendet wird. Indem sich Marx mit dem kritischen Maßstab der hegelschen Rechtsphilosophie der sozialen und politischen Situation in Preußen zugewandt hat, hat er eine bestimmte Definition von sozialer Freiheit vorgelegt. Im dritten Teil ist es mein Ziel, die vorgelegte Idee der sozialen Freiheit in den hegelschen Begriff der Weltgeschichte zu integrieren. Damit will ich die These verteidigen, dass sich die Vernünftigkeit der marxschen Idee der sozialen Freiheit innerhalb der philosophischen Betrachtung der Weltgeschichte als eine Weiterentwicklung der hegelschen Idee der subjektiven Freiheit verstehen lässt. II. Das Recht der subjektiven Freiheit A. Die dialektische Methode Die Junghegelianer – u. a. Karl Marx – gingen von einer Fehlinterpretation der hegelschen Rechtsphilosophie aus: Die hegelsche Idee des vernünftigen Staates wurde unmittelbar mit dem preußischen Staat identifiziert. Gegen diese Interpretation ist es wichtig festzustellen, dass Hegel zwar von seiner Epoche ausgeht, sein Ziel aber darin besteht, das an sich Vernünftige dieser Epoche auf den Begriff zu bringen. Dazu muss man vorab wissen, wie Hegel Vernunft und Begriff definiert. Vernunft ist – nach ihm – die Tätigkeit des Freiheitsdenkens, sich selbst zu realisieren. Begriff bezeichnet die spezifische Vorgehensweise des philosophischen Denkens: Philosophieren bedeutet also – nach Hegel – Begreifen. Indem die Philosophie ihre eigene Vorgehensweise systematisch thematisiert, entwickelt sie gleichsam eine systematische Methode des philosophischen Den-

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kens. Das Denken operiert immer mit abstrakten Denkformen. Diese sind uns von Anfang an bekannt, indem wir von ihnen überall durch die Sprache Gebrauch machen: Instinktmäßig oder nicht bemühen wir Wörter – wie z. B. Sein, Identität, Unterschied, Widerspruch usw. –, um Sachverhalte erkennen zu können. Die Philosophie muss nach Hegel keine besondere Terminologie erfinden. Daher sind unsere gewöhnlichen Denkformen auch Begriffsformen. Die bereits bekannten Denkformen sind von uns philosophisch erkannt, wenn wir sie zum Gegenstand des philosophischen Denkens machen (GW :  f.). So konstituieren die Begriffsformen den Inhalt der Vernunft. Hierdurch stellt sich die Philosophie als das „Ergründen des Vernünftigen“ dar. Indem sie unseren gewöhnlichen Sprachgebrauch methodisch organisiert, um ihre vernünftige Sicht auf die Realität zu formieren, ist sie auch das „Erfassen des Gegenwärtigen und Wirklichen“ (GW ,: ). Die systematische Organisation der abstrakten Denkformen entfaltet sich zu einer Logik der Begriffsbestimmungen. Als eine vollständige Abstraktion von realen Sachverhalten muss zwar die Logik des Begriffsverfahrens auf eine äußere Realität bezogen bleiben; betrachten wir aber die abstrakten Begriffsbestimmungen an sich selbst, so muss ihre interne Logik in einer Idee der vollkommenen Selbstbestimmung des begrifflichen Verfahrens zusammenfließen. Die immanente Betrachtung der philosophischen Idee des Begreifens ist demnach eine Idee des Unbedingten. In dieser Hinsicht ist diese Idee voraussetzungslos und frei, denn sie ist von keiner äußerlichen Bestimmtheit bedingt. Die Idee der philosophischen Denkweise ist somit eine Idee der Freiheit. An sich selbst betrachtet ist diese Idee eine der vollkommenen Selbstreferentialität des philosophischen Denkens. Nach außen betrachtet steht sie der realen Welt gegenüber. Insofern ist sie eine subjektive Methode des begrifflichen Verfahrens: Die philosophische Freiheitsidee kann als ein logisch-kognitiver Freiheitsbegriff verstanden werden, der uns den normativen Maßstab liefert, um alles Bestehende zu beurteilen. Hierdurch kann sich die Philosophie nur kritisch zur Realität verhalten, denn sie bringt der „Trieb der Perfectibilität“ der reinen Selbstreferentialität ihres logischkognitiven Freiheitsbegriffs mit, um reale Sachverhalte begrifflich zu erfassen (GW  „Anders als Kant versucht er dabei, die Bedeutungen der Worte ‚Sein‘ und ‚Dasein‘, ‚Qualität‘ und ‚Ding‘ usf. ‚immanent‘ und ‚analytisch‘ zu entwickeln. Das heißt: Er unterstellt einen üblichen Sprachgebrauch und allerlei traditionelle Terminologien und Theorien als bekannt. Dann macht er auf interne Probleme (‚Widersprüche‘) aufmerksam, die er dann schrittweise aufhebt.“ (Stekeler-Weithofer , )  „[…] ‚Idee‘ – als das Vernünftige – sei ‚die Totalität des Begriffs und der Objectivität‘. Damit ist sie auch das Unbedingte, denn nur dasjenige hat Bedingungen, was auf eine nicht durch es selbst gesetzte Objektivität bezogen ist – und ‚das Unbedingte‘ ist ja nur ein deutsches Wort für ‚das Absolute‘.“ (Jaeschke und Arndt , )  „Das Absolute ist nichts anderes, als der Begriff der Freiheit –, und als Methode, die sich in allem, was ist, wiederfinden können soll, ist der Begriff der Freiheit die Norm zur Beurteilung alles Bestehenden.“ (Arndt , )

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: ). Nach Hegel bietet die Kategorie der Perfektibilität kein vernünftiges Kriterium für die Rekonstruktion der Weltgeschichte: Sie ist „ohne Zweck und Ziel“ und etwas „ganz unbestimmtes“ (GW : ). Deswegen bezieht er sich nicht auf ein Prinzip der Perfektibilität als solches, sondern auf den vollkommenen Freiheitsbegriff, der das leitende Prinzip der begrifflichen Rekonstruktion der Weltgeschichte ausmacht (GW :  f. u. ). Da die reine Selbstbezüglichkeit der logischen Freiheitsidee erst in der Sphäre des absoluten Geistes wiedergefunden werden kann, bleibt der Unterschied zwischen der vollkommenen Freiheitsidee und ihrer Verwirklichung in der Sphäre des objektiven Geistes bestehen: „[J]ene reine Selbstbezüglichkeit des Begriffs, welche den absoluten, vollendeten Begriff der Freiheit konstituiert, lässt sich in der Sphäre des objektiven Geistes, die gegenständlich gebunden bleibt, gar nicht realisieren.“ (Arndt , ) Die begriffliche Sicht auf die reale Welt ist nach Hegel in besondere philosophische Bereiche unterteilt, nämlich in die Philosophie der Natur und des Geistes. Indem die Philosophie – durch die Kategorien der Naturwissenschaft und der Geistesund Sozialwissenschaften – die Natur- und Sozialverhältnisse begrifflich erkennt, stellen sich Natur und Geist als unterschiedliche Daseinsweisen der philosophischen Freiheitsidee dar (GW : ). Jeder Mensch – sei er ein Fachmann oder nicht – muss von abstrakten Denkformen Gebrauch machen, um natürliche und soziale Verhältnisse zu erkennen. Wenn wir z. B. sagen, dass die Korruption den moralischen und republikanischen Werten widerspricht, gebrauchen wir die Kategorie des Widerspruchs zu dieser Beurteilung. Ein Politikwissenschaftler oder ein Laie muss nicht unbedingt über den Gebrauch dieser abstrakten Kategorie reflektieren, um eine politikwissenschaftliche Analyse zu liefern oder sich praktisch zu der politischen Welt zu verhalten. Die philosophische Erkenntnis verhält sich verschieden zu diesen Perspektiven, da sie eine logisch-systematische Reflexion dieser abstrakten Kategorien voraussetzt. Der Politikwissenschaftler und der Laie nehmen diese als gegebene Bestimmtheiten, die für beide unproblematisierte Voraussetzungen bleiben. Im Gegensatz dazu begründet die Philosophie ihre eigene Perspektive, indem sie die abstrakten Denkformen logisch-systematisch thematisiert: Hierdurch kann die Philosophie nichts voraussetzen, wenn sie ihre eigene Methode voraussetzt, um reale Verhältnisse begrifflich zu erkennen. B. Der Maßstab der Kritik der modernen Staaten Der Trieb der Perfektibilität der Selbstreferentialität des philosophischen Freiheitsbegriffs bestimmt die Art und Weise, wie die Philosophie die reale Welt begrifflich erkennt: „Um die Vernunft in der Geschichte zu erkennen, dazu muß man die Vernunft freilich mitbringen“ (GW ,: ). Das bedeutet nicht, dass ihr Verfahren an die systematische Reihenfolge ihrer Wissenschaft der Begriffsbe-

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stimmungen gefesselt ist, um reale Sachverhalte zu begreifen. Vermittels ihrer Methode verfügt sie über einen bestimmten Freiheitsbegriff, der das Kriterium ausmacht, um kollektive Werte einer Epoche und deren Objektivierungen kritisch darzustellen: Weil sich diese Perfektibilität auf die interne Selbstreferentialität des begrifflichen Verfahrens bezieht, kann die philosophische Freiheitsidee nicht in der realen Welt wiedergefunden werden. Die philosophische Rekonstruktion von kollektiven Werten und deren angemessenen Institutionen fasst sich in eine konkrete Idee der modernen Freiheiten zusammen. Wenn die Philosophie von den bereits existierenden Werten und Institutionen ausgehen muss, um die Vernünftigkeit der modernen Welt darstellen zu können, dann muss sie zumindest eine Voraussetzung haben: Sie muss ihre eigene Zeit voraussetzen. Als das Erfassen des Gegenwärtigen und Wirklichen ist sie ihre in begrifflichen Gedanken erfasste Zeit (GW ,: ). Die philosophische Freiheitsidee setzt also historisch voraus, dass der Wert der modernen Freiheiten bereits in die Welt gekommen ist. Die Moderne lässt sich nach Hegel durch das Recht der subjektiven Freiheit charakterisieren (GW ,: §  Anm.). Die Idee, nach welcher „das Individuum als solches einen unendlichen Werth hat“, ist – nach ihm – durch das Christentum zur Welt gekommen (GW : §  Anm.). Hegel sieht vor allem in der lutherischen Bibelauslegung die konsequenteste Vorstellung der modernen subjektiven Freiheiten. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass seine Freiheitsidee rein protestantisch wäre oder dass er einen protestantischen Staat legitimieren wollte. Das philosophische Denken unterscheidet sich nach Hegel dadurch von dem religiösen Glauben, dass „die religiöse Vorstellungsweise auf sich selbst nicht die Kritik des Gedankens anwendet und sich nicht begreift, in ihrer Unmittelbarkeit daher ausschließend ist“ (GW : §  Anm.). Die vernünftige Interpretation des protestantischen Prinzips der subjektiven Freiheit führt die Philosophie zu einer Idee des freien Willens. Die Philosophie muss die göttliche Idee der absoluten Selbstbestimmung „im Element des menschlichen Geistes, der menschlichen Freiheit“ betrachten (GW ,: ).  Honneth (, ) kritisiert die „Tendenz einer selbstreferentiellen Schließung“ der marxschen Theorie, die ihre eigenen Prognosen in die Realität der Kollektivbewegungen hineinprojiziere. Auch Brandom wendet sich kritisch gegen eine Idee der Selbstreferentialität des Begriffs: „I don’t believe there is any serious contemporary semantic thinker who is pursuing the thought that concepts might best be understood by modeling them on selves.“ (Brandom , ) Im Gegensatz zu diesen zwei Positionen bin ich der Meinung, dass die Selbstreferentialität der hegelschen und marxschen Theorie positiv erkannt werden muss: Indem die Philosophie sich nur mit sich selbst beschäftigt, kann sie sich mit keiner besonderen Gestaltung der realen Welt zufriedengeben. Daher kann sie sich nur kritisch zur Realität verhalten.  „Für den Hegel der späten er Jahre ist ein freier Staat ein protestantischer Staat, und zwar nicht, weil der Protestantismus geeignet wäre, den Staat zu fundieren, sondern umgekehrt: weil der protestantische Staat kein religiös fundierter Staat ist, sondern die Sittlichkeit des Staates als eine Gestalt eigenen Rechtes anerkennt – also weil er anerkennt, dass der Staat keiner Fundierung durch eine explizite Religion bedarf, sondern sein Fundament in sich selber hat.“ (Jaeschke ,  f.)

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Die religiöse Glaubensform muss von der Kritik des Gedankens unterschieden werden. Die Philosophie interessiert sich für die protestantische Lehre nur, weil diese ein neues Freiheitsprinzip zur Welt bringt. Der Gedanke der subjektiven Freiheiten macht Platz für die freie Entwicklung der subjektiven Besonderheit. Die Voraussetzung dafür ist das Bewusstsein der „Unterscheidung von der Form der Autorität und des Glaubens“ (GW ,: §  Anm.). Entscheidend ist nach Hegel, dass dieses Bewusstsein nicht von oben herab aufgezwungen wird, sondern sich frei von unten herauf entwickeln kann. Erst wenn das Bewusstsein dieser Unterscheidung „in populärer Form“ anerkannt wird (MEGA I,: ), lässt sich der moderne Staat als eine von den besonderen Sphären getrennte Rechtsallgemeinheit konstituieren: „[D]iese Unterscheidung tritt aber nur hervor, insofern die kirchliche Seite in sich selbst zur Trennung kommt; nur so, über den besondern Kirchen, hat der Staat die Allgemeinheit des Gedankens, das Prinzip seiner Form, gewonnen und bringt sie zur Existenz“ (GW ,: §  Anm.). Die Aufgabe der Rechtsphilosophie besteht nach Hegel darin, das Prinzip der subjektiven Freiheiten in seiner Notwendigkeit zu begreifen (GW ,: ). Der Gedanke der Notwendigkeit konkretisiert sich als eine Idee der vernünftigen Verfassung, in der die subjektiven Freiheiten objektiv verwirklicht und gesichert werden: Die Selbstreferentialität der Idee des freien Willens entwickelt sich zu einer konkreten Staatsidee, denn ein freies Volk behält seine Freiheit nicht nur innerlich für sich, sondern will sie objektivieren: „[D]er objektive Geist läßt es nicht bloß bei dem Gefühl bewenden, er objektivirt sich selbst, bringt den Inhalt, die Gefühle des Herzens zur Objektivität und dieß sind die Rechte, Pflichten, Gesetze, wesentlichen Verhältnisse überhaupt.“ (GW ,: ) Dem kritischen Maßstab der Rechtsphilosophie ist zu entnehmen, dass jedes Volk seinem eigenen Freiheitsbewusstsein gemäß zu verstehen ist. Hierdurch wendet sich Hegel gegen jeden Versuch, einen vormundschaftlichen Staat zu begründen: Ein Volk lasse sich nicht „über seine substantielle Grundlage, das Wesen und bestimmten Character seines Geistes“ täuschen, sondern werde „über die Weise, wie es diesen weiß und nach dieser Weise seine Handlungen, Ereignisse u.s.f. beurtheilt“, „von sich selbst getäuscht“ (GW ,: §  Anm.). Das Selbstbewusstsein eines Volkes von seinen eigenen Freiheiten ist dadurch bestimmt, welche Institutionen es selbst geschaffen hat und wie es vernünftig mit diesen Institutionen umgeht. Dieses kritische Identifikationskriterium macht einen vernünftigen Ausgangspunkt aus, um fehlerhafte Institutionen zu reformieren oder neue zu gründen. Ein Volk fängt an, seinem Freiheitsbewusstsein ein Dasein zu geben, indem die Personen in der Lage sind, Eigentum zu besitzen. Die Rechtsperson ist nach Hegel die erste Gestalt der Selbstreferentialität des Prinzips des freien Willens. Dass sie  „Die Verwirklichung der Eigentumsfreiheit ist daher auch ein Abbau der Subsumtion von Personen unter dieses Sachenrecht.“ (Bérges , )

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ihrem freien Willen ein äußerliches Dasein gibt, indem sie Eigentum besitzt, setzt voraus, dass sie von ihrem eigenen Körper und Geist Besitz ergreift. Das Besitzergreifen von ihrer eigenen Persönlichkeit ist das Ergebnis eines Erziehungs- und Sozialisierungsprozesses: Nun ist die Person nur durch die Vermittlung ihres eigenen freien Willens mit der Außenwelt verbunden. Die Privatrechtssphäre macht eine abstrakte Grundlage aus, in der jedes unmittelbare oder naturbegründete Herrschaftsverhältnis und jedes gemeinschaftliche Eigentum der Macht des persönlichen Willens ausgesetzt sind. Die innerliche Seite des Bewusstwerdungsprozesses von dem sozialen Zustand der persönlichen Freiheiten wird praktischphilosophisch durch die Moralphilosophie erkannt: Diese bezieht sich auf das moderne Recht der subjektiven Besonderheit, nichts anzuerkennen, was die Person nicht als vernünftig und gut einsieht (GW ,: §  Anm.). Eine Gesellschaft lässt sich jedoch nicht durch eine Summe von individuellen Willen rekonstruieren. Aus dem modernen Prinzip der subjektiven Freiheit entsteht die Trennung zwischen besonderen und gemeinschaftlichen Interessen. Die moderne bürgerliche Gesellschaft konstituiert nach Hegel einen Rechtsraum, in dem sich die subjektive Besonderheit frei entwickeln können muss. Die kapitalistische Marktgesellschaft ist ein System allseitiger Abhängigkeit, in dem die Bedürfnisse und Interessen aller Individuen miteinander verbunden sind. Jedes individuelle Bedürfnis kann nur vermittels eines Austauschprozesses äußerlicher Sachen befriedigt werden, die ihrerseits das Resultat der Arbeit der Individuen sind und als Privateigentum von jedem Individuum veräußert werden. Jedes Individuum veräußert sein Privateigentum mit dem Zweck, ein anderes zu erwerben und damit sein besonderes Bedürfnis zu befriedigen. Das gemeinschaftliche Interesse erscheint als Resultat der Allgemeinheit der selbstsüchtigen Interessen, ohne das Motiv dieser Interessen zu sein. Jedes Individuum entwickelt jedoch das Bewusstsein, dass sein selbstsüchtiges Interesse nur befriedigt werden kann, wenn es ein Mitglied dieses Systems ist. Die gemeinschaftlichen Interessen müssen hierdurch von den Individuen anerkannt werden und sind nicht mehr natürlich oder unmittelbar mit diesen verbunden. Mit seiner Teilnahme an der Marktdynamik entwickelt das Individuum die liberale Vorstellung, dass der Mensch als solcher unabhängig von jeder Nationalität oder religiöser Konfession als eine Rechtsperson gilt: „Der Mensch gilt so, weil er Mensch ist, nicht weil er Jude, Katholik, Protestant, Deutscher, Italiener u.s.f. ist“ (GW ,: §  Anm.). Die kapitalistische Marktdynamik kann als ein Lernprozess verstanden werden, durch den jedes Individuum insofern die Allgemeinheit der bürgerlichen Freiheiten anerkennt, als die Garantie des Privateigentums als ein  „La volonté s’objective en se voulant elle-même dans les choses, c’est-à-dire s’affirme comme un pouvoir en principe illimité d’appropriation de l’objectivité ou, ce qui revient au même, comme un pouvoir infini d’objectivation de soi.“ (Kervégan , )

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Mittel zur Verwirklichung seiner eigenen Interessen erscheint. In diesem Sinne stellt sich das Recht als ein gesetzliches Recht dar, m.a.W. konkret als ein Zivilgesetzbuch. Dennoch ist das moderne Bewusstsein der bürgerlichen Rechte keine Garantie dafür, dass die besonderen Bedürfnisse tatsächlich befriedigt werden. Einerseits führt das bürgerliche Freiheitsbewusstsein zur Forderung der formalen Gleichheit, nach welcher jede Person gleich vor dem Gesetz behandelt werden muss. Die Forderung macht jedoch lediglich die Basis eines Ausdifferenzierungsprozesses aus, in dem sich die Bedürfnisse vervielfachen und entwickeln. Die Befriedigung eines spezifischen Bedürfnisses setzt die Entwicklung eines spezifischen Mittels zu ihrer Verwirklichung voraus. Daher werden die Arbeitsteilung, der Arbeitsprozess und die Produktionsmittel so spezifiziert, dass die menschliche Arbeit durch Maschinen ersetzt werden kann (GW ,: § ). In diesem Moment stellt die Wechselbeziehung zwischen Bedürfnissen und Arbeit einen immanenten Widerspruch dar: Einerseits macht die Arbeit das Mittel aus, um an der gesellschaftlichen Arbeitsteilung teilzunehmen und somit einen Teil des gesellschaftlichen Reichtums zu erwerben; andererseits macht dieses durch die Arbeit bedingte System die menschliche Arbeit ersetzbar. Die antagonistische Dynamik der liberalisierten Marktwirtschaft vermehrt einerseits die Akkumulation des Reichtums und andererseits die Abhängigkeit und Not der an die Arbeit gebundenen Klasse, die in dieser Situation unfähig ist, die weiteren Freiheiten und die geistigen Vorteile der bürgerlichen Gesellschaft zu empfinden und zu genießen (GW ,: § ). Diese „große[] Masse“ bildet nach Hegel den „Pöbel“, der unter der Gefahr steht, „unter das Maaß einer gewissen Subsistenzweise“ herabzusinken und somit das Gefühl des Rechtes zu verlieren, durch eigene Arbeit bestehen zu können (GW ,: § ). Die soziale Frage könnte nach Hegel nicht durch eine moralische Hilfe gelöst werden. Die Behandlung der antagonistischen Marktdynamik muss innerhalb dieser sozialen Prozesse erkannt werden. Aus der gesellschaftlichen Arbeitsteilung entstehen besondere Systeme, die sich zu besonderen Lebensformen entwickeln (GW ,: § ). Als Mitglied einer sozialen Institution ist das Individuum durch seine Willensfreiheit mit einem besonderen Beruf verbunden, durch welchen es mit einer gleichfalls besonderen Kultur verflochten ist und sich an kollektiv gebildete besondere Interessen anschließen kann. Innerhalb dieser sozialen Institutionen wird das durch das System der Bedürfnisse frei entwickelte Konsumverhalten frei  „Armut bestimmt Hegel als den Zustand, in dem alle Vorteile der bürgerlichen Gesellschaft, inklusive der Sicherung der eigenen Existenz, verloren gehen, alle Bedürfnisse jedoch erhalten bleiben.“ (Ruda , ) Ruda unterscheidet die Armen von dem Pöbel dadurch, dass sich der Pöbel nicht durch eine Armutssituation, sondern durch eine Gesinnung gegen das Recht charakterisieren lässt.  „Die Lebensform eines Individuums bezeichnet die Hinsicht, in der es als einzelnes und in seinem individuellen Handeln Anteil an einer kollektiven Praxis hat.“ (Jaeggi ,  f.)

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durch eine kollektiv geteilte Praxis begrenzt (GW ,: §  Anm.). Die rechtliche Anerkennung des sozialen Status einer besonderen Lebensform bedeutet, dass die innerhalb der sozialen Institutionen kollektiv gebildeten besonderen Interessen als ein gesetzliches Recht anerkannt werden müssen. Durch diese Garantie des besonderen Wohls findet die sittliche Staatsidee in der bürgerlichen Gesellschaft ihre „sittliche Wurzel“ (GW ,: § ). Die sozialen Institutionen machen nach Hegel „die entwickelte und verwirklichte Vernünftigkeit“ der Verfassung aus (GW ,: § ). Ein Staat lässt sich also vernünftig begründen, sofern seine Verfassung auf der Basis der als gesetzliche Rechte verwirklichten besonderen Freiheiten steht. Die Verwirklichung der besonderen Freiheiten beruht auf einer doppelten Vermittlung der politischen Willensbildung: Einerseits muss die bürgerliche Gesellschaft in institutionalisierten Freiräumen organisiert werden, in denen die besonderen Sozialinteressen unabhängig von der politischen Sphäre kollektiv gebildet werden können; andererseits müssen die besonderen Sozialinteressen politisch repräsentiert werden. Hegel bezieht sich historisch auf die ständische Repräsentation, sein Ziel ist aber eine vernünftige Interpretation der damals existierenden Institutionen vorzulegen. Ausgehend von der historischen Ständeordnung hat Hegel auch ein anderes vernünftiges Kriterium hervorgehoben: Die politische Willensbildung kann sich durch die direkte Partizipation des Grundbesitzerstandes im Oberhaus auf eine politische Position für das sittlich Gemeinsame beziehen, die gegen die politische Verallgemeinerung der Wirtschaftsinteressen gebildet wird. Diese politische Position beruht auf dem Prinzip der natürlichen Sittlichkeit des Familienlebens, nach welchem die Logik des kapitalistischen Gewinns in den Erwerb für ein sittlich Gemeinsames verändert wird (GW ,: §§  f. u. ). Hegel bezieht sich auf die materielle Lebensform des Ackerbaustandes, die damals weder von Staatssubventionen noch von einem global agierenden Agrobusiness, wie wir es heute kennen, abhängig war. Dieser historische Bezugspunkt lässt sich zwar nicht mehr aktualisieren, sein normatives Kriterium der sittlichen Willensbildung bleibt aber m. E. noch aktuell: Die politische Willensbildung ist sittlich, wenn die legislative Gewalt in der Lage ist, aus der bürgerlichen Gesellschaft heraus eine politische Position für das sittlich Gemeinsame zu formen. Die doppelte Vermittlung der politischen Willensbildung zwischen Institutionen der besonderen Lebensformen und politischer Repräsentation bildet – nach Hegel – die vernünftige Struktur, von der aus die kollektiv gebildeten besonderen Sozialinteressen der besonderen Lebensformen politisch verteidigt werden kön „Indem Hegel den entscheidenden geschichtlich-politischen Vorgang der Moderne: die

Trennung der Gesellschaft vom Staat und das Wechselverhältnis von Tradition und Revolution in ihr begrifflich artikulierte, vermochte er die moderne Gestalt der bürgerlichen Gesellschaft zu denken und zugleich ihre substantielle Macht durch ältere Strukturen zu begrenzen“ (Riedel , ).

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nen. Die hegelsche Rechtsphilosophie lässt sich also als ein Plädoyer sehen für die institutionalisierten Räume der Zivilgesellschaft und deren politische Repräsentation. Das scheint mir durchaus wert zu verteidigen, in einem Moment, in dem der politische Wille entweder einseitig durch besondere Wirtschaftsinteressen gebildet oder unmittelbar mit der populistischen Meinung eines Regierungschefs identifiziert wird. – Populistisch ist also jede Regierungspolitik, die nicht auf der politischen Repräsentation der innerhalb der vermittelnden sozialen Institutionen kollektiv gebildeten Interessen der besonderen Lebensformen beruht. III. Das Recht der sozialen Freiheit A. Die vernünftige Legitimation des Kampfes sozialer Bewegungen für eine demokratische Verfassung Die hegelsche Rechtsphilosophie hat eine angeblich paradoxale Position zur öffentlichen Meinung: Einerseits soll sie insofern „geachtet“ werden, als sie „die wahrhaften Bedürfnisse und richtigen Tendenzen der Wirklichkeit“ ausdrückt; andererseits solle sie „verachtet“ werden, weil ihre Äußerungen mit individuellen Eigentümlichkeiten behaftet bleiben (GW ,: §§  f.). Der eigentümliche Charakter einer individuellen Meinung ist aber nach Hegel nicht zu beseitigen, sondern muss durch das Recht auf Meinungsfreiheit geschützt werden. Die öffentliche Meinung muss zwar in die politische Debatte des Gesetzgebungsprozesses integriert werden, sie kann aber nicht die unmittelbare Quelle der Gesetzgebung sein. Hegels Fehler besteht m. E. darin, dass er diese ‚richtigen Tendenzen‘ nicht auf den Begriff gebracht hat. Die konkrete Freiheitsidee ist der in soziale und politische Institutionen gegliederte Verfassungsstaat. Aus der preußischen Wirtschaftsliberalisierungspolitik der Reformzeit sind neue soziale Akteure entstanden, die nicht in die ständische Vertretung integriert werden konnten bzw. wollten. Eigentümer und Nicht-Eigentümer waren die neuen Kinder einer sich politisch emanzipierenden bürgerlichen Gesellschaft. Weil sie von der politischen Macht ausgeschlossen waren, war der Kampf für demokratische Wahlen der einzige Weg, um an der Debatte um die politische Gesetzgebung teilnehmen zu können. Gegen das demokratische Wahlrecht hat Hegel zwei Kritiken gerichtet: () Die demokratische Willensbil „On touche ici à un trait décisif et insuffisamment souligné de la pensée éthico-politique de Hegel: l’institutionnalisation de la vie sociale est à la fois ce qui (avec les actions judiciaire et administrative de l’instance politique) permet la qualification éthique de la strate d’abord non éthique de l’éthicité, et ce qui contribue, au sein de l’institution politique elle même, à un équilibre entre autorité et liberté, par le moyen de la représentation du corps social organiquement articulé, c’est-à-dire institutionnalisé.“ (Kervégan , )

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dung bleibt bei der abstrakten Bestimmung stehen, Mitglied des Staates zu sein; () sie ist einer „Wahlkapitulation“ ausgesetzt, durch welche die sittlichen Interessen nicht mehr von den Privat- und Wirtschaftsinteressen getrennt werden können (GW ,: §§  Anm. u.  Anm.). In der Situation des Vormärz lässt sich Marx’ kritische Rechtsphilosophie nur vernünftig begründen, wenn sie nicht gegen die methodologischen, sondern gegen die historischen Voraussetzungen der hegelschen Rechtsphilosophie gewendet wird: „Marx folgerte logisch aus Hegel, empirisch aus seiner Situation“ (Koselleck , ). Damit hat Marx das an sich Vernünftige der sozialen und politischen Forderungen der Vormärzbewegungen begriffen und dargestellt: „Ich bin daher nicht dafür, daß wir eine dogmatische Fahne aufpflanzen, im Gegentheil. Wir müssen den Dogmatikern nachzuhelfen suchen, daß sie ihre Sätze sich klar machen.“ (MEGA I,: ) Wenn Marx methodologisch auf der hegelschen Rechtsphilosophie aufbaut, dann muss er der hegelschen Argumentation folgen. Die hegelsche Konzeption der politischen Willensbildung lässt sich als eine Vergeistigung der sinnlichen Erscheinungsform der sittlichen Staatsidee verstehen. Hegel geht historisch von den bestehenden Institutionen aus und stellt daher eine Idee der konstitutionellen Monarchie dar. Das Charakteristische der modernen Staatsidee besteht darin, dass jeder Bürger im Staat das sinnliche Bild seiner eigenen Freiheiten anschauen können muss (GW ,: §  Anm.). Der konstitutionelle Monarch stellt sich nach Hegel als das sinnliche Sein der Idee des freien und souveränen Staates dar. Dieses Bild muss aber lediglich als der Anfang der begrifflichen Darstellung verstanden werden (GW ,: §  Anm.). Die Vergeistigung des sinnlichen Bildes eines Verfassungsstaates ist ein politischer Willensbildungsprozess, in dem eine Regierungspolitik auf der Basis des Wohls der besonderen Lebensformen gebildet wird (GW ,: §  Anm.). Die Voraussetzung dafür ist eine in vermittelnde soziale Institutionen gegliederte bürgerliche Gesellschaft (GW ,: § ). Im Vormärz stieß dieser Prozess auf Blockaden, denn die Gesellschaft war nach dem Zerfall der Ständeordnung atomistisch in Individuen aufgelöst. Daher hat Marx auf der sinnlichen Form des menschlichen Selbstgefühls beharrt, um erstens eine willkürliche Regierungspolitik zu kritisieren und zweitens eine Idee der Radikaldemokratie zu verteidigen: Nur das aus dem gesellschaftlichen Leben entstehende irreligiöse Selbstgefühl des Menschen könne „einen demokratischen Staat machen“ (MEGA I,:  f.). Die marxsche Kritik des preußischen Beamtenstaates operiert mit zwei normativen Kriterien der hegelschen Rechtsphilosophie, die m. E. noch hochaktuell bleiben: () Wenn die politische Willensbildung bei der Autorität eines Staatschefs stehen bleibt, dann ist die Staatsverfassung nicht in zivilgesellschaftlichen Freiräumen der besonderen Interessenbildung verankert; () eine Regierungspolitik ist umso willkürlicher, je weniger eine bürgerliche Gesellschaft in vermittelnde soziale

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Institutionen und besondere Rechte gegliedert ist. – Von oben herab bedeutet die Blockade des politischen Willensbildungsprozesses bei diesem sinnlichen Moment, dass ein Staats- oder Regierungschef in der Lage ist, Affekte aus der bürgerlichen Gesellschaft zu mobilisieren, um eine Politik ideologisch zu legitimieren. Von unten herauf kann die Blockade der sozialen Interessenbildung zu politischen Ressentiments der Bürger führen: „[D]ie Objektivität wovon ich affizirt bin ist nicht durch mich bestimmt“ (GW ,: ). Ich bin also von einer Politik affiziert, die ich nicht mitbestimmen kann bzw. darf. Die politische Willensbildung dieser Gesellschaft bleibt bei einer subjektiven Gefühlsform stehen und kann ihre Gefühle nicht vernünftig thematisieren. Fängt man aber an, die Gefühle zu thematisieren, so muss man unbedingt einen vernünftigen Gesichtspunkt zu dieser Analyse mitbringen: „[I]ch kann eine vernünftige Einsicht darüber haben und muß sie haben; sonst beruft sich jeder auf sein Gefühl und man kommt nicht zu Klarheit.“ (GW ,: ) B. Die Idee der sozialen Freiheit Marx’ Argumentation ist nicht bei einer subjektiven Gefühlsform stehen geblieben. Seine Behandlung der sozialen und Verfassungsfrage in Preußen kann systematisch in eine demokratische Staatsidee eingeordnet werden. Aus der Wirtschaftsliberalisierungspolitik der preußischen Regierung ergibt sich nicht nur die Inkompatibilität zwischen Ständeordnung und kapitalistischer Marktgesellschaft, sondern auch die Zuspitzung der sozialen Frage. Gegen den Privatisierungsprozess des Bodens und der Wälder hat Marx in seinen publizistischen Arbeiten für das besondere Recht der besitzlosen Klasse auf ihre gewöhnlichen Existenzmittel plädiert: Wir vindiciren der Armuth das Gewohnheitsrecht und zwar ein Gewohnheitsrecht, welches nicht lokal, ein Gewohnheitsrecht, welches das Gewohnheitsrecht der Armuth in allen Ländern ist. Wir gehen noch weiter und behaupten, daß das Gewohnheitsrecht seiner Natur nach nur das Recht dieser untersten besitzlosen und elementarischen Masse sein kann. (MEGA I,:  f.) Er bezieht sich auf eine „Mischung von Privatrecht und öffentlichem Recht“ (MEGA I,: ), die das soziale Recht der modernen Sozialstaaten charakterisiert und soziale Freiheit gegenüber den Subsistenzrisiken der widersprüchlichen Marktdynamik schafft. – Diese Diskussion bleibt m. E. hochaktuell, wenn wir vor  Diese Mischung von Privatrecht und öffentlichem Recht erscheint heute wieder in Castels Charakterisierung der Sozialversicherungssysteme der Sozialstaaten: „L’État social trouve là une fonction spécifique. Il est, pourrait-on dire, le garant de la propriété de transfert. L’État se taille ainsi un rôle nouveau et complètement original qui lui permet de surplomber l’antagonisme absolu entre la défense éperdue de la propriété ‚bourgeoise‘ et les programmes socialistes visant son appropriation. Il peut jouer

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Augen haben, dass die Interessen der kapitalistischen Konzerne ständig in Konflikt mit einer nachhaltigen Reproduktion der Lebensformen südamerikanischer oder afrikanischer Urvölker oder mit den Interessen kleiner Landwirte geraten. Außerdem stehen die urbanen Lebensbedingungen der besitzlosen Klasse im Mittelpunkt der sozialen und politischen Konflikte, wenn sich Bevölkerungen gegen hohe Lebensmittelpreise, Immobilienspekulation, Arbeitslosigkeit, dysfunktionale öffentliche Institutionen und Reformen der sozialen Sicherungssysteme empören. In der Forderung nach einem sozialen Recht sieht Marx nicht nur ein lokales Recht der besitzlosen Klasse, sondern auch ein sittliches Prinzip der Weltgeschichte, nach welchem alle Bedingungen der menschlichen Existenz unter der Voraussetzung der „socialen Freiheit“ organisiert werden müssen (MEGA I,: ). Hieran lässt sich die marxsche Position für das demokratische Wahlrecht anschließen: „Der politische Staat drückt also innerhalb seiner Form sub specie rei publicae alle socialen Kämpfe, Bedürfnisse, Wahrheiten aus.“ (MEGA I,: ) Sofern „die Wahl das hauptsächliche politische Interesse der wirklichen bürgerlichen Gesellschaft bildet“, war die Wahlreform auch der Schlüssel für die politische Behandlung der sozialen Frage (MEGA I,: ). Hierdurch kann die demokratische Willensbildung mit einer sittlichen Bestimmung erfolgen: Die politischen Angelegenheiten müssen so verbreitet werden, dass sie bei derjenigen sozialen Klasse anlangen, die das Prinzip der sozialen Freiheit verteidigt. – Solange sich die demokratische Willensbildung auf die modernen vermittelnden sozialen Institutionen der besitzlosen Klasse beziehen konnte, konnte sie ebenfalls gegen die Verallgemeinerung von Wirtschaftsinteressen eine politische Position für das sittlich Gemeinwohl einschließen. Die politische Willensbildung der demokratischen Staatsidee ist aber nicht widerspruchlos: Hegel hat die demokratische Ansicht kritisiert, dass sie bei der abstrakten Bestimmung stehen bleibt, Mitglied des Staates zu sein. Dazu hat Marx ergänzt, dass das individuelle Wahlrecht von den vermittelnden sozialen Institutionen abstrahiert, in denen das Prinzip der sozialen Freiheit konkret entwickelt werden kann: Das individuelle Wahlrecht und die politische Gesinnung für den

ce rôle sans attenter à la propriété privée. Mais, par la gestion de la propriété de transfert, il lui superpose un système de prestations publique qui assure la sécurité sociale.“ (Castel , )  Nach Fraser spitzt der Finanzkapitalismus den Widerspruch zwischen Kapitalakkumulation und sozialen Reproduktionsbedingungen auf das Schärfste zu, indem „‚non-economic‘ background conditions“ der sozialen Reproduktion kommodifiziert werden: „Public investment in health care, schooling, childcare and old-age pensions, supplemented by corporate provision, was perceived as a necessity in an era in which capitalist relations had penetrated social life to such an extent that the working classes no longer possessed the means to reproduce themselves on their own. In this situation, social reproduction had to be internalized, brought within the officially managed domain of the capitalist order.“ (Fraser , )

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Staat machen den Anfang und das Ende eines politischen Willensbildungsprozesses aus, der von seinen vermittelnden Instanzen abstrahiert. Die Existenz als Staatsbürger ist eine, „die ausser seinen gemeinschaftlichen Existenzen liegt, die also rein individuell ist“ (MEGA I,: ). Ohne die soziale Vermittlung der kollektiv gebildeten besonderen Interessen ist die politische Willensbildung unmittelbar mit Kriterien verbunden, die aus der abstrakten Sphäre des Privatrechtes kommen. Das moderne Prinzip der Freiheit des Eigentums verliert seine vernünftige Form, auf die unpolitische Sphäre beschränkt zu bleiben. IV. Die Geschichte sozialer Freiheit Die Idee der sozialen Freiheit war durch Marx’ politisches Engagement in der öffentlichen Debatte von Anfang an als ein praktisches Prinzip konzipiert. Um ihren vernünftigen Inhalt aufzuweisen, hätte er sie aber in die hegelsche Philosophie der Weltgeschichte einordnen müssen. So würde sich die vernünftige Idee der sozialen Freiheit aus einer geschichtsphilosophischen Ergänzung der hegelschen Interpretation des protestantischen Prinzips der subjektiven Freiheiten ergeben: „[W]enn der Protestantismus nicht die wahre Lösung [war], so war er die wahre Stellung der Aufgabe.“ (MEGA I,: ) Die hegelsche Philosophie der Weltgeschichte ist nichts anderes als die philosophische Thematisierung der historischen Voraussetzungen der Rechtsphilosophie. Die Philosophie muss keine Angst davor haben, einen theoretischen Endzweck zu haben, denn dieser ist nichts anderes als eine vernünftige Staatsidee, von der aus die Weltgeschichte rekonstruiert werden kann: „[D]iese Hervorbringung legt sich dar in einer Reihe sittlicher Gestalten deren Folge den Gang der Geschichte ausmacht. Wir haben hier also die Idee als Totalität

 „Ein neues System der bürgerlichen Freiheit trat also in das Feudalsystem, ein Prinzip, das seinem Inhalt nach vernünftige Freiheit enthielt, zwar Freiheit, die einen beschränkten Sinn hat, Freiheit des Eigenthums, der Geschicklichkeit und des durch sie Hervorgebrachten, aber in diser Sphäre ist diser Inhalt vernünftig. In dem andern System, dem Feudalsystem, ist Abhängigkeit überhaupt und zufällig, ob der Inhalt vernünftig und berechtigt sei. In disem System war alles zum Privateigenthum auch das, was seiner Natur nach es nicht sein soll, und das einmal, wird es dazu, gegen die Sittlichkeit streitet oder gegen das Recht des Staates ist.“ (GW ,: ) Daran lässt sich Neckels Zeitdiagnose einer Refeudalisierung des modernen Kapitalismus anschließen: „Die zivilen Oligarchien verändern damit die Balance zwischen demokratischen Institutionen und den privilegierten ökonomischen Interessen maßgeblich zu ihren Gunsten.“ (Neckel , ) Ich bin aber nicht der Meinung, dass das bürgerliche Prinzip der Konkurrenz durch diese politische Einmischung der Wirtschaftsinteressen unterminiert wird. Vielmehr werden sozialdemokratische Institutionen untergraben, indem die zur Sphäre des Privatrechtes gehörenden Kriterien auf die politische Sphäre übertragen werden. Vgl. Dardot und Laval ; Brown .

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der sittlichen Freiheit.“ (GW ,: ) Damit rekonstruiert die Philosophie der Weltgeschichte nur die äußere Historizität ihres Freiheitsbegriffs. Das Vernünftige der protestantischen Freiheitsvorstellung besteht nach Hegel darin, dass die Trennung zwischen Staatsautorität und Glauben auf der innerlichsubjektiven Seite anerkannt wird. Hierdurch können Freiräume für die Entwicklung der subjektiven Freiheit geschaffen werden. Die Rechtsphilosophie geht zwar historisch von diesem Prinzip aus, sie bringt aber den Trieb der Perfektibilität der reinen Selbstreferentialität des logisch-kognitiven Freiheitsbegriffs mit, um die vernünftigen Objektivierungen dieses Prinzips zu rekonstruieren: „[D]iesen Zweck haben wir von Anfang festgestellt, es ist der Geist und zwar nach seinem Wesen, dem Begriffe der Freyheit. Diß ist der Grundgegenstand und darum auch das leitende Princip der Entwicklung; das wodurch diese ihren Sinn und Bedeutung erhält“ (GW : ). Daher muss ein Unterschied zwischen der vernünftigen Auffassung des Prinzips der subjektiven Freiheit und den zeitlich und örtlich begrenzten Verwirklichungen dieses Prinzips bestehen bleiben: „In der Geschichte erscheint der Geist auseinandergelegt als Arten natürlicher Gestalten in Raum und Zeit“ (GW ,:  f.). Hegels Fehler besteht darin, dass er diesen Unterschied nicht kritisch-systematisch dargestellt hat. Erst Eduard Gans hat diesen Unterschied in eine Rechtsgeschichte eingeordnet. Die marxsche Rechtskritik geht von dieser rechtsgeschichtlichen Ergänzung aus: „Daß das Vernünftige wirklich ist, beweist sich eben im Widerspruch der unvernünftigen Wirklichkeit“ (MEGA I,: ). Gans macht aber das praktische Recht zum leitenden Prinzip der Rekonstruktion der Rechtsgeschichte und bezieht sich hauptsächlich auf das Prinzip der Freiheit des Eigentums, um seine Konzeption der Rechtsentwicklung zu begründen: „Das Prinzip der Freiheit und Konkurrenz in der bürgerlichen Gesellschaft ist also das Resultat, das sowohl aus der Philosophie als auch der Geschichte hervorgeht.“ (Gans [ ff.] , ) Die marxsche Rezeption des feuerbachschen Begriffs des menschlichen Selbstgefühls hat hier ihren Platz als eine adäquate subjektive Verankerung der Rechte  Denjenigen, die Hegel vorwerfen, die Geschichte mit Kriterien bzw. Zwecken zu interpretieren, würde er ironisch entgegenhalten: „Eine Geschichte ohne solchen Zweck und ohne solche Beurtheilung wäre nur ein schwachsinniges Ergehen des Vorstellens, nicht einmal ein Kindermährchen, denn selbst die Kinder fordern in den Erzählungen ein Interesse“ (GW : §  Anm.).  Nichtsdestotrotz war sich Hegel dieses Unterschiedes wohl bewusst: „[D]ie Völker in der Geschichte sind besondere Geister, und man muß aus der Natur des Geistes wissen, daß die Besonderheit die Allgemeinheit nicht trübt, sondern daß das Allgemeine sich besondern muß um wahr zu werden.“ (GW ,:  f.)  Nach Jaeschke füllt Gans’ Rechtsgeschichte diese Lakune des hegelschen Systems aus: „Die Aufgabe der Hegelschen Rechtsphilosophie kann geschichtlich so bestimmt werden: gegen die Usurpation des Geschichtsbegriffs durch die historische Rechtsschule einen reflektierten Begriff von Geschichte auch auf dem Gebiet des Rechts zur Geltung zu bringen. Welche Funktion die Geschichte für die Rechtswissenschaft zu gewinnen hätte, geht in ausführlicher Form allerdings erst aus Eduard Gansens Erbrecht in weltgeschichtlicher Betrachtung hervor.“ (Jaeschke ,  ; vgl. Gans [ ff.] )

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der sozialen Freiheiten in einer demokratischen Verfassungsidee und soll daher nicht überbetont werden: Sie bezieht sich also nur auf die innerlich-subjektive Seite einer Geschichte der sozialen Freiheiten. Die Bedürfnisse der durch die widersprüchliche Marktdynamik sozialisierten Menschen werden zum Prinzip der Entwicklung der sozialen Freiheiten erhoben. Diese Selbstgefühle und Bedürfnisse müssen aber zu kollektiv gebildeten sozialen Interessen entwickelt und politisch repräsentiert werden. Weil die Idee der sozialen Freiheiten von der aus der Marktdynamik entstehenden liberalen Vorstellung des Menschen als solchem ausgeht, lässt sich die vernünftige Form der sozialen Rechte nicht mit diskriminierenden lokalen Rechten identifizieren. Der marxsche Beitrag zu einer philosophischen Geschichte der sozialen Freiheit bleibt m. E. leider in der Fragestellung der positiven Möglichkeit der deutschen Emanzipation und der revolutionären Verwirklichung einer Philosophie stecken. Die kritische Rechtsphilosophie stellt vor allem einen konkreten Maßstab für die Kritik der modernen Staaten dar: Setzt sie die Selbstreferentialität des logischen Freiheitsbegriffs voraus, kann sie nur eine Idee der sozialen Freiheit vorlegen, die sich nicht mit einer besonderen Gestaltung dieses Prinzips zufriedengeben kann. Sie kann die defizitären Verwirklichungen der Rechte des besonderen Wohls auf den Begriff bringen, indem sie erkennt, in welchen unberücksichtigten Forderungen von sozialen Gruppen der Fortschritt im Bewusstsein der sozialen Freiheit erscheint. Sie kann nur normativ darstellen, wie diese Forderungen in eine vernünftige Staatsidee rechtlich und politisch integriert werden müssen. Siglen DHA , Heinrich Heine. Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland (); Die romantische Schule (). Text. Band , der Historisch-kritischen Gesamtausgabe der Werke von Heinrich Heine. Herausgegeben von Manfred Windfuhr im Auftrag der Landeshauptstadt Düsseldorf. Hamburg, . GW

Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Hamburg,  ff. GW  (Wissenschaft der Logik. Zweiter Band. Die Subjektive Logik ()); GW , (Grundlinien der Philosophie des Rechts); GW  (Vorlesungsmanuskript II (–

 „Die Einheit d. Menschen mit d. Menschen, die auf dem realen Unterschied der Menschen begründet ist, der Begriff der Menschengattung aus dem Himmel der Abstraktion auf die wirkliche Erde herabgezogen, was ist er anders als der Begriff der Gesellschaft?“ (MEGA III,: )  „[…] wir wollen dir die wahre Parole des Kampfes zuschrein. Wir zeigen ihr nur, warum sie eigentlich kämpft, und das Bewußtsein ist eine Sache, die sie sich aneignen muß, wenn sie auch nicht will.“ (MEGA I,: )

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)); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW  (Wissenschaft der Logik. Erster Teil. Die objektive Logik. Erster Band. Die Lehre vom Sein ()); GW , (Vorlesungen über die Philosophie des subjektiven Geistes I); GW , (Vorlesungen über die Philosophie des subjektiven Geistes II); GW , (Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte I) MEGA

Karl Marx und Friedrich Engels. Marx-Engels-Gesamtausgabe. Berlin/Boston,  ff. MEGA I, (Werke, Artikel, Literarische Versuche bis März . (Differenz der demokratischen und epikureischen Naturphilosophie, publizistische Arbeiten u. a.)); MEGA I, (Werke, Artikel, Literarische Versuche März  bis August . (Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, Zur Judenfrage, Ökonomisch-philosophische Manuskripte u. a.)); MEGA III, (Briefwechsel. Bis April )

Literatur Arndt, Andreas. . Geschichte und Freiheitsbewusstsein. Zur Dialektik der Freiheit bei Hegel und Marx. Berlin. Bauer, Edgar. [] . „Der Streit der Kritik mit Kirche und Staat“. In: Die Hegelsche Linke. Dokumente zu Philosophie und Politik im deutschen Vormärz, herausgegeben von Heinz Pepperle und Ingrid Pepperle,  – . Frankfurt a. M. Bérges, Alfredo. . Der freie Wille als Rechtsprinzip: Untersuchungen zur Grundlegung des Rechts bei Hobbes und Hegel. Hamburg. Brandom, Robert. . „Some Pragmatist Themes in Hegel’s Idealism: Negotiation and Administration in Hegel’s Account of the Structure and Content of Conceptual Norms“. European Journal of Philosophy ,:  – . Brown, Wendy. . Undoing the Demos: Neoliberalism’s Stealth Revolution. New York, NY. Castel, Robert. . Les métamorphoses de la question sociale: Une chronique du salariat. Paris. Dardot, Pierre und Christian Laval. . La nouvelle raison du monde: Essai sur la société néolibérale. Paris. Fraser, Nancy. . „Contradictions of Capital und Care“. New Left Review :  – . Gans, Eduard. [ ff.] . Naturrecht und Universalrechtsgeschichte. Vorlesung nach G. W. F. Hegel, herausgegeben von Johann Braun. Tübingen. Honneth, Axel. . Die Idee des Sozialismus. Versuch einer Aktualisierung. Berlin. Jaeggi, Rahel. . Kritik von Lebensformen. Berlin. Jaeschke, Walter und Andreas Arndt. . Die Klassische Deutsche Philosophie nach Kant. Systeme der reinen Vernunft und ihre Kritik  – . München. Jaeschke, Walter. . „Die Vernünftigkeit des Gesetzes. Hegel und die Restauration im Streit um Zivilrecht und Verfassungsrecht“. In: Hegels Rechtsphilosophie im Zusammenhang der europäischen Verfassungsgeschichte, herausgegeben von Hans-Christian Lucas und Otto Pöggeler,  – . Stuttgart-Bad Cannstatt. – . „Es ist ein Begriff der Freiheit in Religion und Staat“. In: Staat und Religion in Hegels Rechtsphilosophie, herausgegeben von Andreas Arndt, Christian Iber und Günter Kruck,  – . Berlin.

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Kervégan, Jean-François. . Hegel, Carl Schmitt: Le politique entre spéculation et positivité. Paris. – . L’Effectif et le Rationnel: Hegel et L’esprit objectif. Paris. Koselleck, Reinhart. . Preußen zwischen Reform und Revolution: Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von  bis . München. Neckel, Sighard. . „Die Refeudalisierung des modernen Kapitalismus“. In: Kapitalismus und Ungleichheit: Die neuen Verwerfungen, herausgegeben von Heinz Bude und Philipp Staab,  – . Frankfurt a. M.; New York, NY. Neuhouser, Frederick. . Foundations of Hegel’s Social Theory: Actualizing Freedom. Cambridge, MA/London. Quadflieg, Dirk. . „Die vergessene Negativität sozialer Freiheit. Anmerkungen zu F. Neuhouser und A. Honneth“. Allgemeine Zeitschrift für Philosophie ,:  – . Quante, Michael. . Die Wirklichkeit des Geistes. Berlin. Riedel, Manfred. . Zwischen Tradition und Revolution: Studien zu Hegels Rechtsphilosophie. Stuttgart. Ruda, Frank. . Hegels Pöbel. Eine Untersuchung der ‚Grundlinien der Philosophie des Rechts‘. Konstanz. Stekeler-Weithofer, Pirmin. . Hegels Analytische Philosophie: Die Wissenschaft der Logik als kritische Theorie der Bedeutung. Paderborn et al.

Ermylos Plevrakis ÜBERGANG VON DER LOGIK IN DIE NATUR AUS ‚ABSOLUTER FREIHEIT‘? Eine argumentanalytische Rekonstruktion des letzten Satzes der enzyklopädischen Logik Hegels* ABSTRACT:

Schelling criticises Hegel’s use of the expressions ‘absolute freedom’ and ‘to decide’ (entschließen) in the transition from the Science of Logic to the philosophy of nature, taking it as evidence that not only the Science of Logic, but speculative philosophy as a whole are inconsistent and make sense only under the philosophically unfounded assumption that there are empirical individuals or even a divine creator of the world. This article provides an immanent analysis of the argument of the Encyclopaedia Logic’s crucial last sentence, showing Schelling’s criticism to be unjustified. The argumentation is based on Hegel’s concept of conceptual comprehending (begreifen), which he presents at the beginning and the end of the Doctrine of the Concept and which defines what Hegel calls the “realm of freedom”. Another decisive part of my argumentation rests on Hegel’s concept of finite cognition, introduced in the penultimate chapter of the Doctrine of the Concept (“The Idea of Cognition”). What I ultimately propose is that the transition to the philosophy of nature must be understood as a further, logically coherent operation of conceptual comprehension, namely a re-examination of the Idea of Life in light of the Absolute Idea, but now also with regard to the concept of finite cognition (i. e. the idea of cognition).

I. Die Fragestellung A. Die Kritik Schellings Auf die Problematik eines systematischen Übergangs vom Bereich der Logik zur Natur im Rahmen der Philosophie Hegels hat Schelling in seinen Münchner Vorlesungen Zur Geschichte der neueren Philosophie am entschiedensten aufmerksam gemacht und die Diskussion darüber nachhaltig geprägt. Zentral für Schellings Hegel-Kritik ist die Annahme, dass die Wissenschaft der Logik „noch den Reichthum der concreten sowohl der sinnlichen als der geistigen Welt außer sich“ habe (SW I,: ). Die „Natur, also [die] Sphäre des Empirischen“, sei vom „Logischen“ nicht nur „ausgeschlossen“, sondern ihm ausdrück*Einige Kerngedanken dieses Textes wurden im VI. internationalen Kongress der spanischen Gesellschaft für das Studium Hegels „Wahrheit und Freiheit bei Hegel und Schelling“ (Malaga, .– . September ) präsentiert. Allen Teilnehmern – insbesondere Prof. Dr. Wilhelm Jacobs, JProf. Dr. Philipp Schwab und Dr. Zaida Olvera Granados – danke ich für wertvolle Hinweise und Anregungen.  Eine umfassende und ebenso hilfreiche Rekonstruktion von Schellings Hegel-Kritik bietet Brinkmann (). Für entscheidende Ergänzungen dazu s. Horstmann () und Schick ().

Hegel-Studien  · © Felix Meiner Verlag · ISSN -

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lich „entgegen[ge]setz[t]“ (SW I,: ; ), sodass Schelling ein deutlich dualistisch geprägtes Bild zweier Welten schildert, in welchem „die Natur überhaupt nur noch die Agonie des Begriffs“ sei (SW I,: ). Infolgedessen erklärt Schelling Hegels Logik nicht nur „in Bezug auf das zu Grund liegende System insofern [für] etwas ganz Zufälliges, als es nur auf sehr lose Weise mit ihr zusammenhängt“ (SW I,: ). Schelling geht sogar noch weiter und kritisiert überhaupt die Begriffe, die Hegel in der Logik exponiert, als „etwas Subjektives, künstlich objektiv Gemachtes“ (SW I,: ). Nicht nur in Bezug auf das enzyklopädische System sei die Logik inkonsistent; vielmehr liege die Logik als solche grundsätzlich falsch, indem sie „das bloß Negative der Existenz“ bilde (SW I,: ). Für Schelling verschärft sich die Entgegensetzung von Logischem und Natur noch mehr durch die Annahme, dass der durch die Identitätsphilosophie eingeführte Prozess in der Enzyklopädie Hegels „auf die entschiedenste Weise als objektiver und realer [Proceß] genommen ist“ (SW I,: ). Damit suggeriert und kritisiert Schelling zugleich nicht nur, Hegel habe die logischen „Abstrakta […] für Wirklichkeiten gehalten“; sondern Hegel meine auch, sie seien „natürlicherweise“ da, und zwar ausdrücklich nicht „nach der Natur“, sondern „vor derselben“ (SW I,:  f.). Schelling vertritt die starke – „monstrose[]“ (SW I,: ), wie er sie selbst bezeichnet – These, der hegelsche „Begriff“ sei „Gott“ und „der wahre Schöpfer“, der „stufenweise zur selbstbewußten Idee wird, als selbstbewußte Idee sich zur Natur entläßt, aus dieser in sich selbst zurückkehrend zum absoluten Geist wird“ (SW I,: ). Die drei Teile der Enzyklopädie liest Schelling dann explizit als eine „Darstellung der Dreieinigkeitslehre“ und setzt kurzerhand „Gott de[n] Vater, vor der Schöpfung“ mit dem „rein logische[n] Begriff“ gleich, ebenso wie „Gott de[n] Sohn“ mit der „Welt“ und den „heilige[n] Geist“ mit dem „Menschengeist“, insbesondere mit dem Menschengeist „in der Kunst, in der Religion und vollständig in der Philosophie“ (SW I,: ). Dass das alles der heimlichen Wahrheit der hegelschen Philosophie entspreche, wird Schelling zufolge spätestens am Ende der Logik, am Übergang zur Natur, offenkundig. Denn an dieser Stelle habe sich nach Hegel das Logische vollendet und die Idee „als Subjekt-Objekt, als Einheit des Denkens und Seyns, des Idealen und Realen u. s. w.“ ergeben (SW I,: ). Daher liege „in der Idee […] überhaupt keine Nothwendigkeit zu irgend einer Bewegung“; sie habe „kein Bedürfniß mehr […], weiter und auf andere Weise, als sie es schon ist, reell zu werden. Wird also doch angenommen“, so Schelling weiter, „daß etwas der Art geschehen, so wird es nicht angenommen wegen einer Nothwendigkeit in der Idee selbst, sondern lediglich, weil die Natur eben existirt“ (SW I,: ). Nach Schelling wird der sogenannte Übergang in die Natur äußerlich, durch das Faktum der Natur, animiert. Die Idee könne jedoch von diesem außerlogischen Faktum nichts wissen – wohl aber der Philosoph, der die Logik schreibt bzw. liest: „[D]er Philosoph muß wünschen, daß die Idee sich zu dieser Entäußerung hergebe, damit ihm Gele-

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genheit gegeben sey, die Natur und die geistige Welt, die Welt der Geschichte, zu erklären. Denn man würde einer Philosophie lachen, die bloß Logik im Hegelschen Sinne wäre, und von der wirklichen Welt gar nichts wüßte“ (SW I,: ). ‚Erklären‘ heißt für Schelling ferner ‚den Grund von etwas angeben‘, und so kommt er schnell zur „Erklärung der Natur“, die „die größte Ehre“ verdient, nämlich der „theosophisch[en]“ Erklärung (SW I,: ), die mit dem Theorem der „freien Weltschöpfung“ deckungsgleich ist (SW I,: ). Nach Schelling ist es also ein subjektives Desiderat, das dazu zwingt, Gott am Ende der Logik en passant einzuführen oder aber zuzugeben, dass Gott von Anfang an eine Rolle gespielt habe. Der hegelsche Abschlusssatz im §  der Enzyklopädie von , vor allen Dingen die Wendung ‚die Idee entschließt sich in ihrer absoluten Freiheit, sich als Natur frei aus sich zu entlassen‘ spreche für sich: „Wer übrigens noch hätte zweifeln können, daß die Idee am Ende der Logik als die wirklich existierende gemeint sey, müßte sich jetzt davon überzeugen; denn was sich frei entschließen soll, muß ein wirklich Existierendes seyn, ein bloßer Begriff kann sich nicht entschließen“ (SW I,:  f.). Genau genommen müsste das Schelling zufolge nicht nur irgendetwas Existierendes, sondern eine Person sein, und zwar in diesem Fall der Gott des Christentums. Doch Hegels Philosophie versage auch darin, Gott auf diese ungewollte, unsystematische Weise zu erreichen. Vielmehr entstehe auf diesem Weg ein stark verzerrtes Bild Gottes, nach welchem er „nicht frei von der Welt“, sondern wesentlich auf sie angewiesen sei. So zeige sich die als objektiver und realer Prozess angenommene dreiteilige Enzyklopädie als „Pantheismus“ (SW I,: ). Und die Freiheit, von welcher in §  die Rede ist, erweise sich als eine trügerische Chimäre: „Der Gott ferner ist allerdings frei, sich zur Natur zu entäußern, d. h. er ist frei, seine Freiheit zum Opfer zu bringen, denn dieser Akt der freien Entäußerung ist zugleich das Grab seiner Freiheit; von nun ist er im Proceß oder selbst Proceß“ (SW I,: ). Schelling nutzt die Formulierungen des letzten Satzes von § , um die Logik und das gesamte System spekulativer Philosophie massiv unter Druck zu setzen. Der ‚Entschluss‘ und die ‚Freiheit‘, die dort erwähnt werden, seien nicht bloß unglückliche Formulierungen, sondern sie förderten das prinzipielle Defizit der Logik und die Inkonsistenz der spekulativen Philosophie zutage, die schließlich zu einer abwegigen Theologie führten. So viel steht nach Schelling fest: Bei diesem Satz handele es sich um keine Kleinigkeit, sondern mit ihm stehe und falle die gesamte spekulative Philosophie, ja darin zeige sich, dass sie kein Fortschritt, sondern lediglich eine „Episode“ in der Philosophiegeschichte gewesen sei, die die  Allein stehende Paragraphenangaben im Text beziehen sich, sofern nicht anders angegeben, auf die Enzyklopädie von  (GW ).  So die treffende Zuspitzung der schellingschen These von Brinkmann (, ).

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Fortbewegung von der Identitätsphilosophie zur Philosophie der Offenbarung unnötig verzögert habe (SW I,: ). In diesem Sinne ist eine immanente und argumentanalytische Rekonstruktion des die Logik abschließenden Gedankengangs des letzten Satzes von §  keine rein philologische oder philosophiehistorische Angelegenheit, sondern ein systematisches Desiderat der spekulativen Philosophie selbst und ihrer heutigen Bilanzierung. B. Umgangsoptionen mit den Kritikpunkten Schellings Entschließt man sich dafür, Hegels Programm gegen Schellings Kritik zu verteidigen, so erscheint häufig die Strategie naheliegend, sich ausdrücklich vom hegelschen Grundtext zu distanzieren oder diesen durch eine eigene, im hegelschen Text fehlende Argumentation zu ergänzen. Letztere Argumentation verläuft meistens wie folgt: Am Ende der Logik habe das Logische (qua absolute Idee) die höchste Stufe von Absolutheit erreicht. Es sei in sich absolut vollständig, selbstgenügend und ideell. Aber eben deshalb müsse es sich negieren und ‚dialektisch‘ in sein Anderes umschlagen, außer sich treten und reell (statt ideell) werden. Zugegebenermaßen kann sich ein solcher Gedankengang auf manche Formulierungen der großen Logik stützen. Jedoch liefert er noch keine Antwort auf die  Jaeschke (,  f.) bemerkt beispielsweise: „Dennoch bleibt es zweifelhaft, ob dieser Übergang als ein ‚freies Entlassen‘ oder als ‚Entschluß‘ oder gar als ‚Abfall‘ angemessen gedacht sei – ganz abgesehen von dem unaufhebbar metaphorischen Charakter dieser Wendungen.“ Nach Jaeschke handelt es sich hier lediglich um „nebulöse[] Wendungen, die sich als Einsicht in den Übergangsprozeß von der Logik zur Naturphilosophie ausgeben, jedoch eher eine Verlegenheit als eine Lösung indizieren.“ Auch Hartmann (, ) spricht von „Verlegenheit“. Und Brinkmann (, ) räumt ein: „Die von Schelling als ‚theosophisch‘ gerügten Ausdrücke ‚sich entschließen‘ und ‚sich frei entlassen‘ sind sicher unglücklich.“ Horstmann (, ) hingegen skizziert – nicht zuletzt mit Anspielung auf die letzten Paragraphen der enzyklopädischen Geistphilosophie – eine Argumentationslinie an, nach welcher eine zweifache „Notwendigkeit der Bewährung der logischen Idee als Natur“ besteht, äußert aber zugleich grundsätzlichen Zweifel daran, ob das Umrissene „sachlich […] überzeugen kann“.  So etwa Wandschneider, der betont, dass man in Hegels „eher kryptische[n] Äußerungen schwerlich eine befriedigende Antwort“ auf die Frage des Übergangs in die Naturphilosophie fände, und sich vor die Aufgabe stellt, die bei Hegel „fehlenden Begründungen gewissermaßen nach[zu] liefer[n]“ (Wandschneider , ; vgl. ders. ; ders. ).  M. Bormann schreibt: „Indem somit die Logik im Begriff der ‚absoluten Idee‘ sich selbst als jenes perfekte, in sich geschlossene System bestimmt, konstituiert es zugleich sein komplementäres Gegenstück.“ (Bormann , ) Vgl. Büttner (, ): „Indem die absolute Idee für sich wird, wird sie sich äußerlich.“ Vgl. auch Wandschneider und Hösle (, ): „So ergibt sich das scheinbare Paradox, daß die Idee eben weil und insofern sie in sich vollendet ist, aus sich herausführen, in eine ‚andere Sphäre‘ eintreten muß, wie Hegel sagt. Das Sichschließen der Idee ist eo ipso Setzen eines Äußeren, Ent-schluß. Ihr ‚Entschluß‘, die Natur ‚aus sich zu entlassen‘ […], kann somit dahingehend gedeutet werden, daß die Idee die sich in sich schließende Geschlossenheit des Begriffs ihrer eigenen, dialektischen Natur zufolge aufheben, sich ent-schließen, entäußern, sich als Äußerlichkeit, als Natur setzen muß.“

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Kritik Schellings bezüglich der Punkte ‚Entgegensetzung von Logik und Natur‘, ‚realer Prozess der Enzyklopädie‘, ‚Pantheismus‘ und schließlich ‚Aufhebung der Freiheit Gottes‘ – und er macht die Verwendung des Begriffs ‚Freiheit‘ in der Logik nicht einsichtig. Sollte man ferner die Voraussetzung einer gewissen dialektischen Notwendigkeit nicht teilen, so scheint dieser Gedankengang sogar jeglicher Überzeugungskraft zu entbehren. Alternativ nimmt man – Hegels Versicherungen zum Trotz – gleich ein Defizit der absoluten Idee in Kauf, dass sie etwa des Moments der Besonderheit oder der Realität entbehre und sich deshalb erst noch realisieren müsse. Doch auch diese Argumentation ist nur unter der Bedingung einer dialektischen Notwendigkeit nachvollziehbar. Außerdem liegt sie sehr nahe an Schellings Kritik einer Schöpfung der Natur durch die Idee. Und jedenfalls wird sie Hegels Intention nicht gerecht, am Ende der Logik „übergreifende Subjectivität, Denken, Unendlichkeit“ erreicht zu haben, und zwar im ausdrücklichen Gegensatz zur „einseitigen Subjectivität, dem einseitigen Denken, der einseitigen Unendlichkeit“ (GW : §  Anm.). Entgegen diesen Optionen denke ich, dass der hegelsche Wortlaut von §  großen argumentativen Gehalt in sich birgt und ohne die Annahmen einerseits eines realen freien Subjekts und andererseits einer opaken ‚dialektischen‘ Notwendigkeit verständlich ist. Ich denke, dass der sogenannte Übergang in die Natur im Einklang mit der gesamten Logik steht und genau im logischen Sinne ein echter Freiheitsakt ist, der ausdrücklich weder außerlogisch durch das Faktum der Natur motiviert wird noch ‚theosophisch‘ qua Schöpfung der Natur zu interpretieren ist. Vielmehr sehe ich in diesem Übergang einen logisch konsequenten und philosophisch ertragreichen epistemologischen Schritt im Rahmen des hegelschen Monismus, der sich als Monismus begreifenden Denkens bezeichnen lässt, und  McTaggart nimmt einen pauschalen Defekt der absoluten Idee und aller logischen Bestimmungen in Kauf: „There are, [Hegel] asserts, no defects to be found in this conception, which compel us to proceed to a higher category to remove them. There is, indeed, one defect which reveals itself here, as in every other case where pure thought is taken in abstraction from the other elements of existence, and by means of which Hegel’s philosophy is driven on, beyond the Logic, to the conception of Nature, and from that to, the conception of Spirit – the final and supreme truth about all existence. But with the Absolute Idea we reach the highest and final form of pure thought.“ (McTaggart , ) Ähnlich, wenn auch terminologisch deutlich aufgeladener, Henrich: „Den reinen Gedankenbestimmungen fehlt noch die Verwirklichung […]. Hegels Versuch, den Übergang des Begriffes in die Natur zu konstruieren, beruht auf dem Gedanken, daß die am Ende der Entwicklung der reinen Gedankenbestimmungen erreichte Idee insofern selbst noch mit einer Einseitigkeit behaftet ist, als sie alle in ihr aufgehobenen Momente des Gedankens in der Form der Einheit, der Allgemeinheit enthält. Als absolute Idee mangelt ihr damit noch das Moment der Besonderheit, das begrifflich der Einheit entgegensteht. So ist ihre Absolutheit noch unvollkommen.“ (Henrich ,  f.; s. auch unten Fußnote ) In eine ähnliche Richtung geht auch Martin (, ): „Weil die Idee die ontologische Form eines Befreiungsprozesses markiert, als logische aber selbst prozesslos ist, kann die Vollgestalt des Seins kein statisches Ensemble intern verknüpfter Kategorien, sondern nur eine Sphäre sein, in der solche Prozessualität real und vernünftiges Leben möglich ist.“  Damit bin ich der Richtung verpflichtet, die Fulda (,  – ) einschlägt.

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bevorzuge aus diesem Grund im Folgenden die Formulierung ‚Fortgang in die Naturphilosophie‘. C. Die Fragestellung aus hegelscher Perspektive Laut dem letzten, durch einen Gedankenstrich hervorgehobenen Satz des vorletzten Paragraphen der enzyklopädischen Logik (GW : § ) gilt die „Wissenschaft“ – damit ist die gesamte spekulative Philosophie Hegels in ihrer enzyklopädischen Fassung gemeint, wie uns bereits §  lehrt – als geschlossen. Das erscheint aber bereits aus hegelscher Perspektive seltsam, weil unmittelbar nach diesem Schluss eine Menge neuer Materialien ins spekulativ-philosophische Spiel kommen, die offenbar genauso gut wie die rein logischen Denkbestimmungen zur Wissenschaft gehören sollen – vorausgesetzt natürlich, dass das Programm der Enzyklopädie konsequent ist und von Hegel auch konsequent ausgeführt wird. Raum und Zeit, Klang, Wärme, geologische und vegetabilische Natur sind beispielsweise genuin neue philosophische Gegenstände, die erst in der Naturphilosophie und nicht in der Logik abgehandelt werden können. Offenbar handelt es sich also am Ende der Logik um einen relativen Schluss der Wissenschaft – um, mit Hegels bekanntem Bild gesprochen, die Vervollständigung eines „Kreis[es] von Kreisen“ (GW : § ). Die Frage, die sich daher bereits aus hegelscher Perspektive stellt, lautet: Wie hängt der eine geschlossene mit dem nächsten Kreis zusammen? Schelling jedenfalls moniert: zufällig. Im selben Satz von §  relativiert Hegel den am Ende der Logik erzielten Schluss der Wissenschaft gleich zweifach: „Die Wissenschaft schließt auf diese Weise damit, […]“. „[D]iese Weise“, auf welche sich die „Wissenschaft schließt“, bestehe darin, dass sich die Idee überhaupt in ihrem Vollendungsmoment „als systematische Totalität dar[stellt], welche nur Eine Idee ist“ (GW : § ); dass sie sich nämlich, wie bereits §  statuiert, „als Einheit der subjectiven und der objectiven Idee“ (GW : § ) erkennt. Ferner ist das, womit die „Wissenschaft schließt“, dass sie hier „den Begriff ihrer selbst [fasst], als der reinen Idee, für welche die Idee ist“ (GW : § ); dass es sich nämlich hier, wie uns ebenfalls bereits §  mitteilt, um „die sich selbst denkende Idee“ handelt, „und zwar hier als denkende, als logische Idee“ (GW : § ). Die Frage angesichts der Fortsetzung der Wissenschaft nach dem Schluss der Logik lautet demnach: Ist eine weitere Weise denkbar, auf welche, und ein weiterer Begriff, mit welchem die Wissenschaft schließen kann? Kann die Wissenschaft etwa einerseits durch die Darstellung der Idee als unsystematische Totalität schließen, die mehr als nur eine Idee ist? Und kann sie andererseits auch mit dem Begriff ihrer selbst schließen, ihrer selbst aber nicht ‚als der reinen Idee, für welche die Idee ist‘, sondern etwa als der unreinen Idee? Im Hinblick auf §  gewendet: Kann die Wissenschaft auch anders ‚als Einheit der subjectiven und

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der objectiven Idee‘ schließen? Nicht mit der ‚sich selbst denkenden Idee, und zwar nicht als denkende, als logische Idee‘? Zuvor stellen sich jedoch zwei noch grundsätzlichere Fragen: Zunächst geht es nicht bloß darum, ob die Wissenschaft auch auf eine andere Weise und mit einem anderen Begriff tatsächlich schließen kann, sondern ob sie das auf dem Standpunkt der Logik und angesichts ihrer eigenen Logizität überhaupt versuchen darf. Dann aber noch grundsätzlicher: Ist die Wissenschaft, sofern sie noch in der Sphäre des rein Logischen eingeschlossen ist, in der Lage, überhaupt eine Ahnung davon zu haben, dass es auch andere Weisen und andere Begriffe geben könnte, wodurch und mit welchen sie eventuell schließen könnte? Auch diesbezüglich ist Schellings Urteil eindeutig: Nur empirische bzw. göttliche Subjekte können solche realitätsbezogenen Vermutungen anstellen. Fakt ist, dass die Logik nur methodologisch von aller empirischen Realität abstrahiert. Alle Anschauungen und Vorstellungen müssen zwar konsequent aus der Untersuchung rein logischer Begriffe ausgeklammert werden und können jeweils höchstens nachträglich, exoterisch, in der Regel im Rahmen von Anmerkungen und nicht im Korpus des Haupttextes der Logik auf das Logische zurückbezogen werden. Das heißt aber wohlgemerkt nicht, dass die Logik die Existenz der Realität leugnete oder dass jene für diese irrelevant wäre, wie etwa Schelling suggeriert, wenn er das Logische als „das bloß Negative der Existenz“ akzentuiert und als etwas „Subjektives“ kritisiert (SW I,: ). Vielmehr stellt eine solche Abstraktion von allem Empirischen die methodologische Bedingung dar für die ungestörte Untersuchung der Selbstständigkeit, Vollständigkeit und Autonomie des Logischen, was sich zunächst in Bezug auf das Logische selbst ergeben muss. Dass es faktische oder sonstige Wechselwirkungen zwischen dem Logischen und dem empirisch Realen gibt – dies wird nicht prinzipiell ausgeschlossen, sondern es müsste von weiteren philosophischen Disziplinen untersucht werden, etwa von einer Realphilosophie im Unterschied von der Logik, wohl aber im Anschluss daran. Fakt ist des Weiteren, dass die Logik trotz aller methodologischen Abstraktion von der empirischen Realität eine Menge logischer Begriffe von Realität liefert. ‚Dasein‘, ‚Endlichkeit‘, ‚Existenz‘, ‚Wirklichkeit‘, ‚Objektivität‘ und ‚Leben‘ sind nur einige von vielen begrifflichen Momenten des rein logischen Prozesses, die man in der wahrnehmbaren Realität trivialerweise wiederentdeckt. Die Logik ist nämlich offenbar in der Lage, mit rein logischen Mitteln Begriffe von Realität zu entwickeln, d. h. die Realität auf logische Weise zu präfigurieren, und somit doch eine gewisse  So macht etwa GW : §  Anm. deutlich: „Die Logik ist in sofern die schwerste Wissenschaft, als sie es nicht mit Anschauungen, nicht einmal wie die Geometrie mit abstracten sinnlichen Vorstellungen, sondern mit reinen Abstractionen zu thun hat und eine Kraft und Geübtheit erfordert sich in den reinen Gedanken zurückzuziehen, ihn festzuhalten und in solchem sich zu bewegen.“  In diesem Sinne liest man in GW : §  Anm. weiter: Die „Bekanntschaft“ der logischen Begriffe durch Alltagsanschauungen und -vorstellungen „erschwert […] eher das logische Studium“.

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Ahnung von Realität zu erzeugen. Schellings Einwand einer ‚Ausschließung‘ des Realen aus dem Logischen, gar einer ‚Entgegensetzung‘, scheint daher wenig überzeugend. Sicherlich sind Logisches und Reales voneinander unterschieden. Dennoch zeigt sich das Logische – und dies nicht erst am Ende der Logik – in der Lage, über das Reale überzugreifen. Dazu kommt drittens ein Sachverhalt, der unten noch eine entscheidende Rolle spielen wird: Im vorletzten Kapitel der Logik kommt Hegel dazu, über die ‚Idee des Erkennens‘ bzw. über die ‚Idee des Wahren und des Guten‘ zu sprechen (GW : §§  – ). Dabei geht es um eine Erkenntnisweise von „der objectiven“ bzw. „vorgefundene[n] Welt“ (GW : § ; § ), die etwa in der Bildung von Definitionen und Theoremen sowie in der praktischen Realisierung des Guten besteht. Diese Erkenntnisweise ist offensichtlich eine andere als die logische, die im letzten Kapitel der Logik mit der absoluten Idee exponiert wird und überall in jenem Werk praktiziert wird. Sie ist vielmehr die im Alltag und im Bereich der empirischen Wissenschaften geläufige Weise empirischen Erkennens. Die Logik ist daher in der Lage, mit rein logischen Mitteln nicht nur das Reale, sondern auch eine andere Art und Weise, das Reale zu erkennen, zu antizipieren, die sie als logische Wissenschaft freilich aber nicht selbst schon umzustetzen vermag. Die Logik ist nämlich in der Lage, die Existenz von empirischen Daten von der Realität zu antizipieren – Daten, die jedoch die Logik selbst ausdrücklich nicht liefern kann. Solche Daten gehören als solche nicht zur „systematische[n] Totalität“, die in §  erreicht wurde, und – wenn es sie tatsächlich gibt, und sofern die Logik tatsächlich eine systematische Totalität erreicht hat – dürften der Logik als unsystematisch bzw. als eine ‚unsystematische Totalität‘ vorkommen. Vor dem Hintergrund dieser drei Beobachtungen können wir die Schärfe der schellingschen Kritik ein gutes Stück abmildern: Nicht nur empirische und göttliche Subjekte können von der Möglichkeit der empirischen Realität und ihres Erkennens und somit von der Möglichkeit eines weiteren philosophischen Teils, d. h. einer alternativen Weise, wodurch, und eines alternativen Begriffs, mit welchem die spekulative Wissenschaft schließt, wissen. Auch die Logik als systematische Totalität logischer Bestimmungen, zu welcher etwa die gesamte objektive Logik, die begriffslogische Objektivität und die Idee des Erkennens gehören, verfügt über dieses Wissen. Unbeantwortet bleibt jedoch die oben aufgeworfene grundsätzliche Frage – und dies ist die eigentliche Fragestellung nach dem Fortgang in die Naturphilosophie aus hegelscher Perspektive, mit welcher ich mich anschließend befassen möchte: Ist es logisch konsequent, dass die spekulative Wissenschaft den rein logischen Raum verlässt und den Bereich des (noch lediglich logisch vermuteten) Empirischen betritt? Darf sie das im Hinblick auf ihre bisherige (logische) Beschaffenheit oder wird sie dazu doch durch die empirische Freiheit und Entscheidung eines end-

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lichen bzw. göttlichen Subjekts motiviert? Der umstrittene Abschlusssatz von § , der nun ins Visier genommen werden muss, lautet: Die absolute Freiheit der Idee aber ist, daß sie nicht blos ins Leben übergeht, noch als endliches Erkennen dasselbe in sich scheinen läßt, sondern in der absoluten Wahrheit ihrer selbst sich entschließt, das Moment ihrer Besonderheit oder des ersten Bestimmens und Andersseyns, die unmittelbare Idee als ihren Wiederschein, sich als Natur frei aus sich zu entlassen. (GW : § ) II. Bedingung und Bestimmung des Fortgangs in die Naturphilosophie A. Absolute Freiheit Bedingung und Ausgangspunkt für den Fortgang in die Naturphilosophie ist laut dem soeben zitierten Satz die ‚absolute Freiheit der Idee‘. ‚Freiheit‘ kommt jedoch weder zum einzigen noch zum ersten Mal in §  vor. Vielmehr gehört ‚Freiheit‘ zum Kanon der zentralen Begriffe der gesamten Philosophie Hegels und wird bereits an verschiedenen Stellen im Rahmen der Logik thematisiert, sodass man zwecks einer immanenten Interpretation des Fortgangs am Ende der Logik gut beraten ist, in diesem Werk zurückzublättern. Besonders wichtig im Hinblick auf die schellingsche Kritik ist die Betonung, die Hegel im vorletzten Absatz der Wesenslogik in Bezug auf Notwendigkeit und Zufälligkeit legt. Wie es Koch auf den Punkt bringt: Die Freiheit im hegelschen Sinne „ist die über sich aufgeklärte, wissentliche und willentliche Notwendigkeit, während die unaufgeklärte Notwendigkeit noch ebenso undurchsichtig und blind wie der Zufall ist (wenn auch aufklärbar, in Freiheit transformierbar)“ (Koch , ). Anders als bei Schelling bildet die Freiheit nach Hegel nicht den Gegenpol zur Notwendigkeit, Rationalität und Logik überhaupt – das wäre nach Hegel schiere Willkür, ja eine gewisse Rebellion gegen sich selbst. Vielmehr ist Freiheit mit Hegel als die Einsicht in die Notwendigkeit zu verstehen. Sofern es sich ferner in der Logik noch um die logische  Anders sieht es Büttner (, ): „Die logische Form ‚Freiheit‘ ist die letzte Bestimmtheit der Wissenschaft der Logik“. Unter dieser Annahme behauptet Büttner (, ): „Die Freiheit der absoluten Idee bedeutet zugleich ihr Freisein von sich, indem sie das, wozu sie frei ist, selbst als permanente Befreiung von sich verwirklicht.“ Von ‚Befreiung‘ aber ohne konkrete Bezugnahme auf den logischen Prozess und den eigenen Gedankengang Hegels spricht auch Volkmann-Schluck: „Die absolute Idee ist die Wesensweise des Begriffs, gemäß welcher er sich von jeder Bestimmtheit befreit hat, so daß es für ihn keine Bestimmtheit gibt, die er nicht selbst gesetzt hätte. Insofern ist die absolute Idee die absolute Befreiung des Begriffs zum Freiesten, zur reinen Persönlichkeit.“ (VolkmannSchluck , ) Zu begrüßen ist jedenfalls Volkmann-Schlucks Verweis auf den Begriff.  Für einen ausführlichen und ebenso genauen Überblick darüber vgl. Fulda .  GW : . Das ist die Stelle, wo von der ‚Enthüllung‘ der Notwendigkeit gesprochen wird.

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Notwendigkeit des spekulativ-logischen Prozesses handelt, d. h. um die rein logische Bewegungsart und Prozessualität, bedeutet ‚Freiheit‘ nicht nur Einsicht in diese Notwendigkeit, sondern auch logisches Operieren im Einklang mit ihr, aktiver gedanklicher Mitvollzug des spekulativ-logischen Prozesses. Was für ein Operieren die Freiheit ist und wie sie sich konkret realisiert, erfährt der Leser der Logik erst in der Begriffslogik. Hegel leitet dieses letzte Buch der Logik mit der markanten Bemerkung ein, „[d]er Begriff ist das Freie“ (GW : § ), und bezeichnet ihn pauschal als das „Reich der Freyheit“ (GW : ; ; vgl. GW : ). Wichtig angesichts des Fortgangs zur Naturphilosophie ist, dass diese Formulierungen eine Vielheit von Freiheitsvariationen andeuten. Mindestens ebenso wichtig angesichts derselben Fragestellung ist außerdem, dass die vielen Freiheitsvariationen qua ‚Reich‘ nicht lose und gleichgültig nebeneinander liegen, sondern einen gemeinsamen Bezugspunkt haben, nämlich den Begriff, und dadurch ein funktionierendes Ganzes konstituieren. Die Überlegungen bezüglich Hegels Erwähnung von ‚Freiheit‘ in §  leiten daher zu einer näheren Betrachtung des Begriffs über. Glücklicherweise ist der Begriff keine in der Logik versteckte Bestimmung, und bereits bei einem Blick auf das Inhaltsverzeichnis dieses Werkes stellt man schnell fest, dass sich die Begriffslogik – wie die Seinslogik auch, jedoch anders als die Wesenslogik – mit einem Kapitel eröffnet, das dem Begriff bzw. dem Begriff als solchem gewidmet ist. Eine Analyse dieses Kapitels würde den Rahmen des vorliegenden Beitrags sprengen. Was indes an dieser Stelle festgehalten werden kann, ist, dass Hegel mit dem Singularetantum ‚der Begriff‘ kein Ens oder Ding im Sinne der objektiven Logik meint, aber auch nicht das „Ich oder das reine Selbstbewußtseyn“, wie man die entsprechende Stelle aus dem begriffslogischen Vorspann (GW : ) leicht missverstehen und damit Schelling Recht geben könnte, der im hegelschen ‚Begriff‘ einen ‚hypostasierten Begriff‘ sieht. Erstere (Ens und Ding) haben ihren systematischen Platz in der objektiven Logik und letztere (Ich und reines Selbstbewusstsein) stellen denjenigen Begriff dar, der ausdrücklich „als Begriff zum Daseyn gekommen ist“, bzw. den Begriff, „insofern er zu einer solchen Existenz gediehen ist, welche selbst frey“ ist (GW : ). Ein solcher Begriff mag der real existierende, der in der Realphilosophie thematisierte oder auch die rein logische Präfiguration derselben sein – nicht jedoch der Begriff als solcher, d. h. der Begriff rein für sich und ohne den Bezug auf Anderes betrachtet. Gesucht wird nach einer rein logischen Struktur, die einerseits aus sich selbst heraus erklärlich ist und von welcher aus andererseits Dasein, Existenz, Ich, Selbstbewusstsein und vorzüglich die Freiheit verständlich sind – und nicht umgekehrt.  Anders sieht es beispielsweise Pippin, der entschieden das Selbstbewusstsein in den Mittelpunkt seiner Hegel-Interpretation setzt. Nicht zuletzt unter Berufung auf die soeben erwähnte Stelle aus dem Vorspann der Begriffslogik (GW : ) – ohne sich allerdings in eine Auseinandersetzung mit dem

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Diese logische Struktur, so legt sie das erste Kapitel der Begriffslogik dar, besteht in der Sequenz der drei Begriffsmomente (Allgemeines, Besonderes und Einzelnes). Dies ist wiederum keine bloße Katalogisierung der Grundelemente, aus welchen Urteil und Schluss bestehen, sondern die Exposition der Art und Weise, wie jene Grundelemente und überhaupt alle Begriffe (im terminologischen Sinne Hegels) rein logisch erzeugt werden können. Das erste Kapitel der Begriffslogik exponiert nämlich eine Denkstruktur im Unterschied zur spezifischen Struktur der Realität, und zwar die Struktur begreifenden Denkens im Unterschied etwa zum syllogistischen Denken. Es handelt sich um das begreifende Denken, das sich selbst begrifflich bestimmt bzw. begreift und autonom Bestimmungen seiner selbst erzeugt, ohne sich zu etwas anderem als sich selbst zu machen. Dieses Denken ist überall in der Logik am Werk, sofern darin Begriffe (keine Vorstellungen und Anschauungen) dargelegt werden, und es macht dasjenige aus, was als die ‚(spekulativ‐)logische Notwendigkeit‘ bezeichnet wird. Während aber das begreifende Denken als eine unerkannte Notwendigkeit in der objektiven Logik den logischen Prozess bestimmt und Bestimmungen hervorbringt, deren begrifflicher Charakter nicht im Vordergrund der logischen Beschäftigung steht, wird es zu Beginn der Begriffslogik als solches erkannt, sodass nun der darauffolgende begriffslogische Prozess mithilfe von und gleichzeitig im Einklang mit der logisch gewonnenen Einsicht in die spekulativ-logische Notwendigkeit vollzogen wird. Hegels terminus technicus für einen solchen Vollzug des logischen Prozesses (im Unterschied zum objektivlogischen) lautet Entwicklung (vgl. GW : § ). Hierin ist also der logische Kern des hegelschen Konzepts von Freiheit zu suchen. Wenn Hegel von Freiheit spricht, geht er von der logischen Struktur aus, die sich in der Exposition der Art und Weise, begreifend zu denken, herauskristallisiert. Freiheit bedeutet für ihn keinen Voluntarismus und keine Willkür, sondern autonome Selbstbestimmung mit Einsicht in die eigene Notwendigkeit – wie dies prototypisch im ersten Kapitel der Begriffslogik vollzogen wird. Bilden Subjektivität, Objektivität und Idee nach Hegel das ‚Reich der Freiheit‘ und lassen sie sich jeweils als frei charakterisieren, dann nur insofern sie begriffliche Strukturen aufweisen und dem begreifenden Denken ähneln bzw. Bestimmungen des begreifenden Denkens selbst sind. Die ‚absolute Freiheit‘ ferner (also die absolute Freiheit), die Hegel in §  erwähnt und von welcher aus der Fortgang in die Naturphilosophie vollzogen werden soll, muss ebenfalls in dieser Perspektive betrachtet werden, die durch den ersten Kapitel der Begriffslogik einzulassen – plädiert Pippin (, ) für eine Explanation des Begriffs „in terms of ,the unity of self-consciousness‘“, welche er für „the original source of Hegel’s hermetic claims about thought’s self-determination“ erklärt.  Für eine umfassende Interpretation des hegelschen Begriffs als solchen qua sich überall in der Logik vollziehendes begreifendes Denken s. Plevrakis (,  – ).

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Begriff als solchen eröffnet wird und die gesamte Begriffslogik qua in sich begrifflich strukturiertes ‚Reich der Freiheit‘ einschließt. Absolute Freiheit ist demnach als die letzte und höchste Freiheitsvariation innerhalb jenes ‚Reichs‘ zu verstehen, als der letzte begriffslogisch erdenkliche Akt autonomer Selbstbestimmung im Einklang mit sich, der selbst die Struktur begreifenden Denkens aufweist. Doch kann die Verwendung des Attributs ‚absolut‘ für Irritationen sorgen und bei manch einem den Eindruck erwecken, sie stütze den Vorwurf Schellings, der in diesem Kontext von ‚Gott‘ und ‚Weltschöpfung‘ spricht. Selbst wenn man nämlich die gesamte Begriffslogik vor Augen hat, erschließt sich nicht von selbst, was es mit diesem Attribut auf sich hat. Nichtsdestotrotz hat Hegel dem ‚Absoluten‘ in der Wesenslogik ein ganzes Kapitel und in der enzyklopädischen Logik eine Reihe von Definitionen gewidmet. So sind es genau diese Passagen, vorzüglich die systematische Abhandlung des Absoluten in der Wesenslogik, an welche man sich zu wenden hat, um Auskunft über Hegels eigenen systematischen Gebrauch des Attributs ‚absolut‘ zu erhalten. Kurz und bündig: ‚Das Absolute‘ steht in der Wesenslogik für keinen Gott, der etwas willentlich verursacht, sondern für die logische Versicherung einer einzigen, allumfassenden und einfachen Identität von Sein und Wesen, die, damit sie begriffen wird, noch ausgelegt werden muss. ‚Absolut‘ (im attributiven Gebrauch) drückt dann aus, dass etwas (das entsprechende Substantiv) all seine (Seins- und Wesens‐)Bestimmungen in sich vollständig enthält, aber zugleich undifferenziert, in gewisser Hinsicht noch abstrakt ist. Vor diesem Hintergrund entbehrt die Formulierung ‚absolute Freiheit‘ der mystifizierenden, außerlogischen Konnotationen, die manche Interpreten am Ende der Logik sehen bzw. fürchten. Absolute Freiheit bedeutet das logisch-immanente Moment vollständiger Konzentration aller Freiheitsbestimmungen und -variationen, die im (begriffs‐)logischen Verlauf exponiert wurden – ein Moment sogar, das gerade aufgrund solcher Konzentration das Potential in sich birgt, all jene Begriffe wieder auseinander treten zu lassen bzw. erneut zu explizieren. Zumindest die Intention der hegelschen Wortwahl erweist sich nämlich vor dem Hintergrund  Büttner lässt sich etwa von etymologischen Assoziationen leiten, substantiviert das Attribut ‚absolut‘, redet abwechselnd vom „Absoluten“, der „absoluten Idee“ und der „Idee“ (Büttner ,  – ) und sucht an der Schnittstelle zwischen Logik und Naturphilosophie nach der Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen Absolutem und „Endlichem“ (Büttner , ). Nach Hegel ist jedoch die Frage nach dem Absoluten eine wesens- (GW :  ff.) und die nach dem Endlichen eine objektivlogische (GW :  ff.). Das ‚Absolute‘ setzt im Übrigen auch Schelling kurzerhand mit der Idee gleich: „[D]ie Idee und das Absolute werden demnach als gleichbedeutend behandelt, so wie Denken, weil es das völlig zeitlose ist, als identisch mit Ewigkeit genommen wird.“ (SW I,: )  Zur Denkbestimmung ‚das Absolute‘, zum Absoluten im attributiven Sinne und zum systematischen Verhältnis zwischen logisch-begrifflicher Abhandlung und exoterischen Definitionen des Absoluten im Rahmen der Logik s. Plevrakis (,  – ;  – ;  – ).  In den Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes schreibt Hegel: „absolut heißt sehr häufig nichts weiter als abstrakt, und es gilt ebensooft dafür, daß mit dem Wort des Absoluten alles gesagt sei und dann keine Bestimmung angegeben werden könne noch solle.“ (TWA : )

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der Logik selbst gerade als das Gegenteil zu der von Schelling vermuteten Zufälligkeit und außerlogischen Motivation. Mit ‚absoluter Freiheit‘ am Ende der Logik ist der Überblick über die ganze (Begriffs‐)Logik und die daraus resultierende Operation im Einklang mit allen (begriffs‐)logischen Bestimmungen gemeint. Und erst diese Operation, die erst am Ende der Logik möglich ist, soll nach Hegel die weitere realphilosophische Differenzierung in Aussicht stellen. Schellings Polemik enthüllt also nicht etwa eine geflissentlich versteckte Implikation der spekulativ-philosophischen Systematik, sondern verfehlt simpliciter Hegels tatsächliche Intention. In diesen Bemerkungen ist bereits enthalten, es darf aber noch einmal betont werden, dass die absolute Freiheit am Ende der Begriffslogik nicht grundsätzlich verschieden von der Struktur der Freiheit überhaupt sein kann, die zu Beginn desselben Buchs der Logik erörtert wird. Und tatsächlich weist Hegel im letzten Kapitel der Begriffslogik mehrfach explizit darauf hin, dass die „Methode[, die] hier zu betrachten ist, […] die Bewegung des Begriffs selbst [ist], deren Natur schon erkannt worden“ ist (GW : , vgl. auch  sowie GW : § ); und dass das, „was die Methode hiemit ausmacht, […] die Bestimmungen des Begriffes selbst und deren Beziehungen“ sind (GW : ), also die Momente von Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem, die im Kapitel über den Begriff als solchen eigens thematisiert wurden. Die Methode logischen Erkennens fällt nämlich mit der Exposition der Art und Weise begreifenden Denkens im Grunde zusammen. Der Unterschied zwischen Anfang und Ende der Begriffslogik, zwischen Begriff als solchem und absoluter Idee, zwischen Freiheit überhaupt und absoluter Freiheit, besteht darin, dass bei den Letzteren das begreifende Denken die Bedeutung der adäquaten Erkenntnismethode auch für jeden begriffslogischen Inhalt erlangt hat (vgl. GW : ); und dass dies nun der logische Prozess selbst weiß bzw. er mit rein logischen Mitteln die Einsicht bestätigt hat, dass das begreifende Denken das in jeder Hinsicht logisch Höchste ist (vgl. GW :  – ). Entsprechend ist die ‚absolute Wahrheit‘ zu interpretieren, die ebenfalls im letzten Satz von §  vorkommt, von den Kommentatoren aber generell als unproblematisch aufgenommen wurde und hier nicht in extenso besprochen werden muss. Wahrheit überhaupt bedeutet die Übereinstimmung der Sache mit ihrem Begriff, die zum ersten Mal in der Logik mit dem Begriff als solchem erreicht wurde, der qua begreifendes Denken sich selbst begreift. Absolut ist die Wahrheit am Ende der Logik – „die absolute und alle Wahrheit“, wie Hegel pointiert schreibt (GW : § ) –, insofern sie alle (begriffs‐)logischen Bestimmungen in sich aufgehoben hat und somit das Potential ihrer weiteren begrifflichen Differenzie Treffend setzt Stekeler-Weithofer (, ) in seinen knappen Bemerkungen zu §  Freiheit und Wahrheit mit der Idee gleich: „Die absolute Freiheit und zugleich Wahrheit der Idee ist, daß sie handelnde Entwicklung des Wissens ist.“

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rung birgt. In §  steht sogar, dass die Idee „in der absoluten Wahrheit ihrer selbst sich entschließt […]“ (GW : § ). Die Übereinstimmung der Idee mit sich selbst, die sie qua begreifendes Denken erreicht hat, bildet nämlich nicht nur den Ausgangspunkt und die Bedingung des Fortgangs in die Naturphilosophie. Vielmehr macht sie eine logisch errungene Bestimmung der Idee aus, die nachdrücklich auch beim und nach dem Fortgang nicht preisgegeben werden darf. Wenn daher am Ende der Logik ein Fortgang in die Naturphilosophie möglich ist, dann soll sich das gemäß der Struktur und Dynamik des begreifenden Denkens vollziehen. ‚Absolute Freiheit‘ (ebenso wie ‚absolute Wahrheit‘) will nicht ‚Entgegensetzung zur logischen Notwendigkeit‘ heißen. Vielmehr gibt sie das Element an, worin die Kontinuität zwischen Logik und der eventuellen neuen Disziplin spekulativer Philosophie besteht. Es ist dasselbe begreifende Denken, das in beiden Disziplinen gleichermaßen und seiner eigenen Bestimmung nach am Werk ist. Alles andere wäre für Hegel nicht frei (und wahr) – und noch weniger absolut frei (und wahr). B. Sich-Entschließen und Sich-Entlassen Damit ist jedoch der Fortgang zur Naturphilosophie längst noch nicht geklärt. Allein in der Logik vollzieht sich das begreifende Denken den beiden Paragraphen  und  der Enzyklopädie von  zufolge auf drei spezifische Weisen – je nachdem, welchen Teil der Logik man in Betracht zieht. Seinslogische Bestimmungen werden begriffen, indem sie ineinander übergehen (vgl. GW : § ); wesenslogische, indem sie ineinander scheinen (vgl. GW : § ); und begriffslogische, indem sie sich entwickeln (vgl. GW : § ). Der letzte Satz von §  greift auf diese Sequenz der drei spezifischen Weisen begreifenden Denkens zurück, schließt sie angesichts des Fortgangs in den neuen Systemteil entweder explizit aus oder erwähnt sie nicht alle namentlich und führt stattdessen eine vierte ein – die auf viele Interpreten eine noch skandalösere Wirkung hatte als die Formulierung ‚absolute Freiheit‘. So lesen wir in §  weiter: „Die absolute Freiheit der Idee aber ist, daß sie nicht blos ins Leben übergeht […]“ (GW : § ). Eine solche für die Seinslogik charakteristische logische Bewegung würde bedeuten, dass die Logik bzw. die Idee am Ende unmittelbar zu ihrem Anderen würde, ihren eigenen begrifflichen Charakter verlöre und neben der Natur wie ein bloßes Seiendes stünde. Ginge es beim Fortgang zur Naturphilosophie um einen solchen Übergang, hätte Schelling Recht mit seiner Kritik, logische Begriffe seien ‚natürlicherweise‘ da, verhielten sich zur empirischen Realität wie ‚Wirklichkeiten‘ und die Idee sei so etwas wie Gott, erschaffe die Natur realiter und sei letzten Endes notwendigerweise auf diese angewiesen. Das ist jedoch genau das, was der letzte Satz des §  zumindest programmatisch ausschließt. Übrigens ist das der Grund dafür, dass die Formulierung

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‚Übergang in die Natur‘ strenggenommen vermieden und stattdessen der Ausdruck ‚Fortgang in die Naturphilosophie‘ bevorzugt werden sollte. Der Ausdruck ‚Naturphilosophie‘ anstelle von ‚Natur‘ soll ferner darauf hinweisen, dass es hier um das Verhältnis zwischen zwei philosophischen Disziplinen geht, nicht um zweierlei Seiende. Ebenso wenig lässt sich der Fortgang in die hegelsche Naturphilosophie dadurch vollziehen, dass, so §  weiter, die Idee bzw. die Logik „als endliches Erkennen dasselbe [d. h. das Leben] in sich scheinen läßt“ (GW : § ). Die spezifisch wesenslogische Bewegung des Scheinens in Anderes hängt eng mit dem Erkennen zusammen, das im vorletzten Kapitel der Logik als endliches akzentuiert und sich vom Unterschied zwischen reflektierendem Subjekt und zu erkennendem Objekt speist. Ginge es hier um ein solches Scheinen, so fiele Hegels Naturphilosophie mit dem endlichen Erkennen der Natur zusammen, wie das etwa bei den empirischen Naturwissenschaften der Fall ist. Es handelte sich dabei dann um eine weitere, mit der empirischen Forschung konkurrierende endliche Betrachtung der Natur und nicht um spekulative Philosophie. Aber auch das ist nicht Hegels Absicht und offenbar auch nicht das, was seine Naturphilosophie schließlich leisten soll. Nun wäre an dieser Stelle – den Sequenzen von §§  und  entsprechend – eine Stellungnahme zur spezifisch begriffslogischen Weise begreifenden Denkens zu erwarten. Denn möglicherweise ist der Fortgang in die Naturphilosophie als begriffslogische Entwicklung der Logik zu verstehen. Im Vergleich zu den zwei skizzierten objektivlogischen Optionen scheint sogar die begriffslogische Entwicklung der absoluten Freiheit am nächsten zu kommen. Hegel spricht jedoch in diesem Zusammenhang nicht von einer begriffslogischen Option einer weiteren Entwicklung der Logik im terminologischen Sinne. Und ich bin, wie bereits in I.B. registriert, skeptisch gegenüber dem Rekurs auf die Allgemeines-BesonderesDialektik, wenn es um ein überzeugendes Plausibilisieren des Fortgangs in die Naturphilosophie geht, möchte aber die Option einer rein logischen Entwicklung nicht kategorisch ausschließen – dazu unten mehr. Statt von ‚Entwicklung‘ spricht Hegel in §  von ‚Sich-Entschließen‘ und ‚Sich-Entlassen‘ – beides gesperrt gedruckt, was klarstellt, dass beide Wendungen bewusst gewählt sind: „Die absolute Freiheit der Idee aber ist, daß sie […] in der absoluten Wahrheit ihrer selbst sich entschließt, […] sich als Natur frei aus sich zu entlassen.“ (GW : § ) Was hat es also mit diesem Entschluss und dieser Entlassung auf sich und inwiefern lassen sie sich im Einklang mit der Struktur und Dynamik begreifenden Denkens verstehen?

 Volkmann-Schluck (, , ) etwa spricht hingegen dezidiert von ‚Natursein‘: „In dem Augenblick, da wir erkennen, daß das Sein der Natur in einem immer währenden Entschluß der Idee beruht, ist die Frage nach dem Grund dieses Entschlusses unausweichlich.“

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In der Nachschrift der Vorlesung über die Logik von  leitet Hegel das Wort ‚Entschließen‘ von ‚Schließen‘ ab und interpretiert es ausdrücklich paronym. Dieser Nachschrift zufolge bedeutet ‚Entschließen‘ im hegelschen Sprachgebrauch „aufmachen“, „Äußerung, Heraustreten des Inhalts, aber [er] tritt nur heraus in mir“. Der Aspekt von Wille und Entscheidung, den der Ausdruck ‚Sich-Entschließen‘ zweifelsohne evoziert, wird von Hegel an der zitierten Stelle eindeutig bejaht. Wichtig ist dennoch zunächst, dass solche Entscheidung dem Inhalt des Sich-Entschließenden verpflichtet ist und nicht über den Sich-Entschließenden hinausführt. Der Sich-Entschließende lässt nach Hegel die Bestimmung seiner Entscheidung sich selbst aufgehen; er gewährt ihr eine gewisse Eigenständigkeit und lässt sie sich entfalten – stets jedoch in einem gewissen Rahmen, den er setzt: ein ‚Heraustreten des Inhalts in mir‘, wie Hegel betont. Leicht anders verhält es sich nach Hegel beispielsweise mit dem ‚Beschließen‘, bei welchem der Wille aktiver an seinen Inhalt herangeht und denselben normativ bestimmt (vgl. V : ). So ist zunächst festzuhalten, dass es sich beim Entschluss, der in die Naturphilosophie überleiten soll, um eine Äußerung desjenigen Inhalts handelt, der am Ende der Logik in einer systematischen Totalität aufgehoben ist, und zwar so, dass er zwar geändert wird, aber im Einklang mit dieser Totalität bleibt. Was ferner die Formulierung ‚Sich-Entlassen‘ betrifft, so lässt sie sich ohne Einschränkung analog zum ‚Sich-Entschließen‘ paronym interpretieren, zumal sie der vermeintlich problematischen Bedeutung von ‚Entscheidung‘ entbehrt. Es handelt sich um ein gewisses ‚Ent-binden‘, um eine ‚Suspendierung‘ des in der Idee enthaltenen Inhalts, also wieder um ein ‚Aufmachen‘ und ‚Heraustreten des Inhalts‘. Näher zum geläufigen Gebrauch des Ausdrucks kann man bemerken, dass die Idee sich bzw. ihrem Inhalt erlaubt, sie zu verlassen. Was genau verlassen wird, ist in §  nachzulesen: die „systematische Totalität […], welche nur Eine Idee ist“ (GW : § ). Durch das ‚Sich-Entlassen‘ der Idee wird nämlich in gewisser Hinsicht die systematische Totalität, in welcher der gesamte rein logische Inhalt am Ende der Logik eingeschlossen war, verabschiedet, und dadurch gewinnt das zuvor ideell Enthaltene eine gewisse Selbstständigkeit. Allerdings wäre es voreilig, von  Die paronymische Deutung von ‚Entschließen‘ scheint die Regel unter all denjenigen oben erwähnten Interpreten zu sein, die diese Wendung nicht gleich als metaphorisch oder einfach stillschweigend ablehnen. Geprägt hat jedoch diese Interpretation Fulda (, ).  „– [E]ntschließen [bedeutet] zunächst ,aufmachen‘ und beschließen ‚etwas festmachen‘. Man sagt aber ganz richtig beides: Ich entschließe mich, ich schließe [den] einfachen Abgrund des Ich auf, das Entschließen [ist] Äußerung, Heraustreten des Inhalts, aber [er] tritt nur heraus in mir; ich beschließe etwas, d. h. das soll mein Inhalt sein, das will ich, ich setze es als identisch mit mir, das ist das Besondere, anderes Besondere ausschließend. Dieser Schluß [ist es], den wir Entschluß oder Beschluß heißen.“ (V : ; ähnlich auch in GW ,: §  Anm. sowie in TWA : §  Zus.)  Interessantes bemerkt diesbezüglich Braun, der §  mit anderen Stellen vergleicht, in welchen der Ausdruck ‚Sich-Entlassen‘ vorkommt (Braun ). Braun weist mit Recht, wenn auch zum Teil etwas überspitzt, auf den Aspekt der Eigenständigkeit des Entlassenen hin.

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einem gänzlichen Verlust des ideellen Inhalts, etwa von einer Verzerrung der systematischen Totalität bis ins Unkenntliche zu sprechen. ‚Entlassung‘ im geläufigen Sinne schließt das zwar nicht aus und lässt zunächst durchaus offen, wie es mit dem Entlassenen weitergeht. Die Idee entlässt sich jedoch nach Hegel nicht ohne Weiteres, d. h. sie tritt nicht einfach aus der Logik heraus und lässt sich nicht auf ein Abenteuer mit völlig offenem Ende ein. Vielmehr, so Hegels subtile Versicherung, entlässt sie sich „frei“ (GW : § ). Und ‚frei‘ bedeutet, wie gesehen, nicht ‚willkürlich‘, sondern ‚in der Weise des Begriffs‘ und somit ‚im Einklang mit aller logischen Notwendigkeit‘. Auch beim ‚Entlassen‘ der Idee geht also die Intention Hegels dahin, den Fortgang in die realphilosophische Disziplin logisch konsequent zu akzentuieren. Bis hierhin habe ich absolute Freiheit, absolute Wahrheit, Sich-Entschließen und Sich-Entlassen auf derselben Linie interpretiert. Es handelt sich stets um eine gewisse Veränderung eines enthaltenen Inhalts im Einklang mit dem, was den Inhalt enthält, genau genommen auf die Weise des begreifenden Denkens. Das begreifende Denken stellt nicht nur den Ausgangspunkt und die Weise des Fortgangs dar, der in §  umrissen wird, sondern es soll auch für das darauf Folgende verbindlich bleiben. Von daher lässt sich der letzte Satz von §  in etwa so umschreiben: Die Idee lässt ihren Inhalt ‚in sich heraustreten‘ (‚entschließen‘), indem sie ihm erlaubt, ihre systematische Totalität zu verlassen (‚entlassen‘) – und das alles, indem sie ihre absolute Freiheit und Wahrheit verwirklicht, also in der Weise begreifenden Denkens und in sich-begreifender Übereinstimmung mit sich selbst. Doch scheint diese überwiegend auf die Paronymie aufbauende Interpretation eine gewisse Gewalt am hegelschen Text zu üben. Den Objekt-Infinitivsatz des Primärtextes („[…] zu entlassen“; GW : § ) habe ich durch den Modalsatz (‚indem […]‘) ersetzt, denn in der paronymischen Deutung des Reflexivverbs ‚SichEntlassen‘ (‚Heraustreten des Inhalts‘) ist das Objekt bereits vorhanden. Der von Hegel verwendete Infinitivsatz ist in seiner tatsächlichen Form nur dann grammatikalisch korrekt, wenn ‚Sich-Entschließen‘ zumindest auch in der Bedeutung von ‚Entscheiden‘ eingesetzt wird. Dann bringt er das ‚Wozu‘ des Entschlusses zum Ausdruck. Das ist ferner der Punkt, der Schellings vehementesten Protest auslöst: Trotz aller Versuche stoße die Logik irgendwann an ihre Grenze und könne ohne eine aus logischer Sicht betrachtet willkürliche Entscheidung, die de facto vom Philosophen getroffen werde, nicht in die Naturphilosophie übergehen. In der Tat halte ich auch die hier vertretene, auf die Paronymie aufbauende Interpretation von §  für einseitig. ‚Einseitig‘ heißt aber noch lange nicht ‚falsch‘ oder ‚verwerflich‘. Den Aspekt der ‚Entscheidung‘ gilt es dabei nämlich noch an das hier Skizzierte anzuschließen – und nicht ihn zu verschweigen. Darauf komme ich unten in III.B und C zurück. Zunächst möchte ich mich jedoch dem Inhalt des ‚Entschlusses‘ bzw. der ‚Entlassung‘ zuwenden (III.A), welcher, wie ich denke, nicht nur den Anstoß zum Fortgang in die Naturphilo-

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sophie gibt, sondern auch den Charakter der ‚Äußerlichkeit‘, ‚Offenheit‘ und ‚Unsystematizität‘ der neuen philosophischen Disziplin erklärt. III. Der Vollzug des Fortgangs in die Naturphilosophie A. Sich entschließen, ‚die unmittelbare Idee als ihren Wiederschein, sich als Natur frei aus sich zu entlassen‘ Wenn die ‚absolute Freiheit‘, die mit der absoluten Idee erreicht wird, alle Bestimmungen begreifenden Denkens und zugleich das Potential ihrer weiteren Konkretisierung in sich enthält, so dürfte es einen nicht wundern, wenn die so vollständig gewordene Idee sich ‚ent-schließt‘, also ihren eigenen Inhalt öffnet und diesen auf die ihr eigentümliche Weise begreifenden Denkens weiter differenziert. Worin genau besteht aber dieser rein logisch errungene Inhalt, der sich offensichtlich von dem der Naturphilosophie unterscheidet? Es ist auffällig, dass Hegel in den abschließenden Paragraphen der Logik konsequent von der Idee, d. h. von der Idee überhaupt spricht, obwohl es etwa zu Beginn des Kapitels „die absolute Idee“ hieß (GW : § ). Dabei akzentuiert Hegel die Idee zwar verschieden. Es ist aber klar, dass es ihm nicht um nur ein Moment derselben geht, etwa nur um die absolute Idee, nur die Idee des Erkennens oder die des Lebens, sondern (GW : §  ff.) um die Idee, die nunmehr „die Eine Totalität ist“ (GW : § ) bzw. um die Idee „als systematische Totalität dar[gestellt], welche nur eine Idee ist, deren besondere Momente eben sowohl an sich dieselbe sind, als durch die Dialektik des Begriffs das einfache Fürsichseyn der Idee hervorbringen“ (GW : § ). Wenn nun die Idee sich entschließt, so ist dies ein Akt, der von der ganzen Idee samt ihrer drei Momente vollzogen wird. Zumindest auf den ersten Blick anders verhält es sich mit dem ‚Sich-Entlassen‘. Meistens weist man diesbezüglich ausschließlich auf die Kurzformel hin, die Idee entlässt „sich als Natur frei aus sich“ (GW : § ), was nahelegen mag, dass es wie im Fall des Entschlusses die gesamte ‚Eine Idee‘ ist, die aus sich selbst entlassen wird. Entscheidend ist aber Hegels unmittelbar davor vorausgeschickte Präzisierung: Die Idee entschließt sich, „das Moment ihrer Besonderheit oder des ersten Bestimmens und Andersseyns, die unmittelbare Idee“ (GW : § ) zu entlassen. Das ist aber nachdrücklich nicht die ganze Idee, sondern ihr erstes Moment: die Idee des Lebens. Die Idee entschließt sich nämlich als ganze, indem sie zunächst allein  In diesem Sinne betonnt Martin (, ) unter anderem mit Verweis auch auf §  die Reflexivität in den hegelschen Ausdrücken, dass nämlich die Idee allein „sich“ entlasse – im Übrigen nicht „als Natur“, wie es in §  steht, sondern „zur Natur“.  Beispielsweise hält der allererste Satz der enzyklopädischen Exposition der Idee des Lebens pointiert fest (GW : § ): „Die unmittelbare Idee ist das Leben.“

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die Idee des Lebens aus sich entlässt. Anders gewendet: Die Idee lässt ihre drei Momente so ‚in sich heraustreten‘, dass sie zunächst ihrem ersten erlaubt, die systematische Totalität der einen Idee zu verlassen. Der Fortgang in die Naturphilosophie scheint demnach durch die Verselbstständigung der Idee des Lebens vollzogen zu werden. Wie kommt aber eine solche Verselbstständigung eines ideellen Moments zustande, ausgerechnet am selben logischen Ort, an welchem sich die Idee als nur eine ergeben und ihre Momente in ihrem „einfache[n] Fürsichseyn“ (GW : § ) aufgehoben hat? Und wie kommt diese Verselbstständigung zustande aufgrund des Inhalts der Idee, der eben nur das einfache Fürsichsein der Idee ist? Offenbar meint Hegel nicht, dass der Fortgang in die Naturphilosophie so vollzogen wird, dass eine vermeintliche zunächst in der Idee eingeschlossene Natur verselbstständigt werde. Das scheint beispielsweise die Annahme Schellings hinter seiner schematischen Wiedergabe des hegelschen Gedankens zu sein: „die Idee entläßt die Natur“ (SW I,: ). Natur ist dem Abschlusssatz von §  zufolge kein fertiges Produkt, das innerhalb der Idee gleichsam ruht und bloß darauf wartet, aus derselben herausverlegt zu werden. Vielmehr geht Hegels Gedankengang dahin, dass die Natur bzw. die Verselbstständigung der Idee des Lebens durch eine zusätzliche Bestimmung zustande kommt. Hegel betont nämlich, dass die Idee die unmittelbare Idee „als ihren Wiederschein“ bzw. „als Natur“ (GW : § ) entlässt. Es ist also dieses ‚Als‘, was den Stein des Anstoßes für den ganzen Fortgang in die Naturphilosophie ausmacht: die zusätzliche Akzentuierung der rein logisch gewonnenen Idee des Lebens zur Natur. Angesichts der Naturphilosophie wird ferner deutlich, worin ein solcher Zusatz liegt: Es sind die ganzen empirischen Materialien, die in den spekulativ-philosophischen Prozess einfließen, nunmehr im Vordergrund stehen und das spekulativphilosophische Augenmerk von der rein logischen Idee des Lebens zu derselben als Natur lenken. Die zusätzliche Bestimmung der Idee des Lebens zur Natur, wodurch die systematische Totalität der einen Idee verlassen wird, kommt daher, dass Empirisches mitberücksichtigt wird. Hegel selbst verschweigt keineswegs den rezeptiven Aspekt der Natur- und der gesamten Realphilosophie angesichts empirischer Materialien. In diesem Sinne kann dem ‚Entlassen‘ auch die Bedeutung  Ähnlich auch Wandschneider und Hösle (, ), die bezugnehmend auf §  das ‚Als‘ eher überlesen: „Dieser ‚Entschluß‘ der Idee, die Natur aus sich zu ‚entlassen‘, wie Hegel sagt […].“  Gleich im zweiten Paragraphen der Einleitung der Naturphilosophie (GW  : §  Anm.) etwa erinnert Hegel seine Leser an das rezeptive Moment spekulativer Philosophie, das zwar für die gesamte spekulative Philosophie gilt, aber erst hier, nach dem Abschluss der Logik und vor dem Beginn der Naturphilosophie, systematisch zum Tragen kommt: „Nicht nur muß die Philosophie mit der NaturErfahrung übereinstimmend seyn, sondern die Entstehung und Bildung der philosophischen Wissenschaft hat die empirische Physik zur Voraussetzung und Bedingung.“ Die unmittelbar darauffolgende Einschränkung Hegels will die empirische „Voraussetzung und Bedingung“ ausschließlich als eine materielle und nicht formierende bzw. prinzipiierende klarstellen, welche nach wie vor allein das begreifende Denken bleibt: „Ein anderes aber ist der Gang des Entstehens und die Vorarbeiten einer

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einer gewissen ‚Öffnung‘ auf das Empirische zugeschrieben werden bzw. die Bereitschaft, Empirisches in die spekulative Philosophie aufzunehmen. So erreichen wir nun den entscheidenden Punkt der Argumentation hinsichtlich des Fortgangs in die Naturphilosophie: Die Berücksichtigung von empirischen Daten ist am Ende der Logik keine willkürliche Entscheidung, die, wie Schelling es sah, allein von der Existenz der Natur diktiert würde. Da empirische Materialien vielmehr keine einfachen Gegebenheiten darstellen, sondern wesentlich durch die Idee des Erkennens vermittelt sind, ist es eben die Idee des Erkennens, das zweite Moment der Idee überhaupt, also die Idee selbst, die verlangt, dass solche Daten berücksichtigt werden. Sicherlich ist die Idee des Erkennens nicht mit der schieren Empirie einfach gleichzusetzen. Sie stellt aber die logische Abhandlung der Bedingungen empirischer Wissenschaften dar, d. h. Hegels Epistemologie empirischer Kenntnisse und Erkenntnisweisen. Daher sind empirische Daten einerseits der Möglichkeit nach in der Idee des Erkennens eingeschlossen, andererseits machen sie das konkrete Produkt des endlichen Erkennens aus. Die Natur ist demnach in der Idee überhaupt nicht als solche, sondern der Möglichkeit nach enthalten, nämlich als die Idee des Lebens, die noch durch die Produkte der Idee des Erkennens epistemologisch angereichert werden kann. Indem dann die Idee, die Verselbstständigung der Idee des Lebens und ihre zusätzliche Bestimmung durch die Anreicherung mit empirischen Daten erfährt, trägt sie nicht einer äußerlichen Natur, sondern in erster Linie ihrem eigenen Inhalt Rechnung. Das Verlassen der rein logischen systematischen Totalität der Einen Idee wird in diesem Sinne weder von außen noch von einem ‚dialektischen Automatismus‘ motiviert, sondern durch den eigenen ideellen Inhalt, nämlich die Idee des Erkennens, und zwar in Übereinstimmung mit der ganzen Idee.

Wissenschaft, ein anderes die Wissenschaft selbst; in dieser können jene nicht mehr als Grundlage erscheinen, welche hier vielmehr die Nothwendigkeit des Begriffs seyn soll.“ Dazu unten (IV.A) mehr.  Dadurch erhalten die von Wandschneider favorisierten begrifflichen Instrumente für die Klärung des Fortgangs in die Naturphilosophie ‚Absolutheit des Ideellen‘, ‚Nicht-Ideelles‘ und ‚dialektisch‘ eine neue Färbung. Wandschneider fasst seine Argumentation wie folgt zusammen: „Am Ende der logischen Entwicklung wird die Logik sich selbst thematisch und bestimmt sich selbst als in sich differenziertes, autonomes System des Logischen, als un-bedingt, absolut, somit als absolute Idee. Absolutheit des Ideellen – das heißt näher: seine Unabhängigkeit von Nicht-Ideellem. Mit dem Ideellen ist so, qua Absolutheit, das Nicht-Ideelle dialektisch mitgesetzt.“ (Wandschneider , ; vgl. ders. , ; , ) Die ‚Absolutheit des Ideellen‘ habe ich als Vollständigkeit desselben interpretiert, die das vermeintliche ‚Nicht-Ideelle‘ bereits in sich enthält. (‚Enthalten‘ ist hier im terminologischen Sinne Hegels zu verstehen, nämlich weder als ‚gesetzt‘ noch als ‚aufgehoben‘, also als idealiter und der Möglichkeit nach enthalten, noch nicht jedoch realiter.) Unter dem ‚Nicht-Ideellen‘ verstehe ich ferner nicht die Natur selbst, sondern die empirischen Materialien überhaupt, deren Möglichkeit qua Idee des Erkennens in der Idee enthalten ist. Das Nicht-Ideelle ist dann tatsächlich in der Idee als ihr dialektisches (und nicht einziges oder wichtigstes) Moment enthalten. In diesem stark modifizierten Sinne halte ich schließlich Wandschneiders Formulierung „dialektisches Implikat“ (Wandschneider , ) für treffender als ‚dialektisch mitgesetzt‘: Mit der Idee ist nach meiner Auffassung die

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Dass sich die Idee entschließt, indem sie die unmittelbare Idee als Natur frei aus sich entlässt, heißt demnach: Die Idee überhaupt öffnet ihren ganzen Inhalt, d. h. alle drei in einer Totalität aufgehobenen Momente, auf eine Weise, die es erlaubt, zunächst ihr erstes Moment epistemologisch angereichert durch die Daten, die gemäß ihrem zweiten Moment geliefert werden können, weiter zu bestimmen, und zwar nicht irgendwie, sondern ‚frei‘, nämlich in der Weise begreifenden Denkens. Sofern Hegel an dieser Stelle den Fortgang in die Naturphilosophie thematisiert (und nicht so sehr in die Realphilosophie überhaupt und schon gar nicht in die Geistphilosophie), ist es angemessen, dass die Funktion des ersten Moments der Idee betont wird. Nichtsdestotrotz sind sowohl bei als auch nach dem Fortgang zur Naturphilosophie alle drei Momente der Idee gleichzeitig vorhanden und bilden die Eine Idee – wenn auch anders als am Ende der Logik: Die Idee des Lebens bildet den Gegenstand der Naturphilosophie; die Idee des Erkennens liefert den Stoff bzw. das Element, in welchem das Leben begreifend betrachtet wird; und die absolute Idee qua Methode des begreifenden Denkens stellt die begreifend betrachtende Instanz dar. Vor dem Hintergrund solcher Überlegungen erleidet die spekulative Philosophie beim Fortgang in die Naturphilosophie keinen Bruch, und damit kann auch Schellings weiterer Vorwurf nicht akzeptiert werden, das System hänge „nur auf sehr lose Weise“ (SW I,: ) mit der Logik zusammen. Vielmehr ist die Kontinuität der zwei Disziplinen spekulativer Philosophie hervorzuheben: Es handelt sich stets um das Selbsterkennen der einen Idee. In der Logik erkennt sie sich „im abstracten Elemente des Denkens“ (GW : § ), also der absoluten Idee, wie sich der Leser spätestens in §  bewusst wird. Und in der Realphilosophie, die sie rein logisch deduziert hat, erkennt sie sich erneut im weiteren und letzten Erkenntniselement, nämlich im Element nicht logischen, sondern endlichen Erkennens. Dem letzten Satz von §  zufolge handelt es sich im gesamten System spekulativer Philosophie um die Selbsterkenntnis der einen Idee, die auf je zweifache Weise epistemologisch bestimmt ist: einerseits rein logisch, andererseits die Empirie mitberücksichtigend. Dabei ist es zwar die Empirie, die entscheidend zur Suspendierung der Einen Idee beiträgt. Gleichzeitig ist es aber die Idee, die im Einklang mit ihrem Inhalt eine solche Suspendierung erlaubt und vor der Aufgabe steht, sich unter den neuen Umständen und mit ihrem ersten Moment beginnend wieder zu begreifen. Die erste, logische Bestimmung der Selbsterkenntnis der Idee ist die primäre und wegweisende für die zweite. Die zweite, empirisch affizierte weicht von der ersten ab und insofern erscheint sie als unsystematisch bzw. auf andere Weise systematisch. Überdies erscheint die zweite Bestimmung der

Möglichkeit einer spekulativen Naturphilosophie gegeben; diese Möglichkeit will aber nicht heißen, dass Naturphilosophie ipso facto entfaltet bzw. ‚gesetzt‘ ist.

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Selbsterkenntnis der Idee, sofern sie auf das Empirische und nicht allein auf die Idee selbst angewiesen ist, als begrenzt bzw. endlich. Charakteristisch ist außerdem, dass sie die eine Idee nicht mehr in ihrer Einheit zum Thema hat, sondern diese in einzelnen, klar voneinander distinkten Schritten betrachtet: zuerst die Idee des Lebens als Natur, dann die des Erkennens als Geist und schließlich die absolute Idee als Logik in der Bedeutung letzter Wissenschaft. Trotz dieser Endlichkeit ist die Selbsterkenntnis der Idee im empirischen Element (bereits aus rein logischer Sicht) jedoch weder redundant noch unwesentlich. Denn nicht nur liefert sie neue Erkenntnisse im Hinblick auf die Idee, sondern, was angesichts der Kritik Schellings gravierender ist, sie wird von der Idee selbst als komplementäre Erkenntnisweise ihrer selbst vorweggenommen und verlangt. Das Verhältnis zwischen den zwei Erkenntnisweisen der Idee ist zusammengefasst folgendes: Während sich die Idee im rein logischen Element als solche erkennt, handelt es sich bei der Natur- und gesamten Realphilosophie um ihr Wiedererkennen im von der Idee des Erkennens vermittelten empirischen Stoff. Eindrucksvoll bringt Hegel diesen Sachverhalt durch den Wortlaut „Wiederschein“ zum Ausdruck. In dieser Formulierung steckt zunächst eine Anspielung auf das endliche Erkennen. Auf den engen Zusammenhang zwischen Schein und endlichem Erkennen macht ja bereits der mittlere Teil des letzten Satzes von §  aufmerksam. Und es ist die Pointe des endlichen Erkennens, dass es als solches nicht die letzte Wahrheit von allem, die absolute Idee, einsehen und als in sich abgeschlossen auffassen kann, sodass es ein aus logisch-systematischer Sicht lediglich scheinbares Wissen bleiben muss. Hegel benutzt in §  ferner tatsächlich das Präfix ‚wieder‘ und nicht ‚wider‘: Die Pointe scheint nämlich nicht die zu sein, dass das, als welches sich die Idee entlässt, dieser widerspreche oder ihre immanente Negation darstelle; dass nämlich die Idee über die Sphäre des Logischen in die der Naturphilosophie via negationis hinausgehe. Wenn die Schreibweise ‚wieder‘ diejenige ist, die Hegel bewusst gewählt hat, dann handelt es sich dabei um einen entscheidenden Hinweis auf die Wiederholung des Prozesses begreifenden Selbsterkennens der Idee im Element des endlichen Erkennens. Der ‚Wiederschein‘, als welchen laut §  die Idee überhaupt die Idee des Lebens frei aus sich entlässt, das ferner von Hegel parallel zu ‚Natur‘ verwendet wird, ist daher als diejenige Menge

 Dabei handelt es sich um einen Vorgriff nicht zuletzt auf die drei Schlüsse am Ende des gesamten Systems spekulativer Philosophie (§§  – ), was an dieser Stelle nicht eigens erörtert werden kann.  Tatsächlich schreibt Hegel in §  der kritischen Ausgabe der Gesammelten Werke zufolge ‚Wiederschein‘, was alle anderen Ausgaben stillschweigend zu ‚Widerschein‘ korrigieren, obwohl Hegel beide Schreibweisen sehr wohl kennt und in verschiedenen Kontexten verschieden benutzt (vgl. z. B. GW : ,; GW : ,). Wenn man diese Stellen miteinander vergleicht, kommt man zum Ergebnis, dass die orthographische Irritation wahrscheinlich eher auf der Seite der Herausgeber zu suchen ist. Hegel hingegen scheint bewusst auf die Paronymie der zwei Ausdrücke aufzubauen.

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empirischer Materialien zu verstehen – das heißt wiederum: nicht alle empirischen Materialien überhaupt –, die die Idee des Lebens wiedererkennen lässt. Führt man sich das endliche Erkennen so vor Augen, wie ich es hier getan habe, so zeigt sich der Fortgang in die Naturphilosophie als ein logisch konsequenter Schritt, der erst an dieser Stelle der Logik möglich und notwendig wird; erst nämlich sobald sich Leben, endliches und logisches Erkennen als zusammengehörende Momente einer systematischen Totalität erwiesen haben. Dieser Schritt selbst lässt sich sogar ohne die Annahme eines empirischen oder göttlichen Subjekts vollziehen, obwohl empirische Daten selbstverständlich empirische Subjekte voraussetzen. Es handelt sich nämlich um die logische Möglichkeit der Naturphilosophie und um den logischen Entschluss, Naturphilosophie zu betreiben, zunächst unabhängig davon, ob und wie danach Naturphilosophie tatsächlich betrieben wird, eine Möglichkeit und einen Entschluss also, die mit gutem Grund noch im Rahmen der Logik und nicht der Naturphilosophie thematisiert werden. Empirie spielt eine Rolle erst nach dem Entschluss und der Entlassung, nämlich nicht beim Fortgang in die, sondern erst bei der Ausführung der Naturphilosophie. Und selbst in der Naturphilosophie lautet das Argument gegen die Empirie nicht einfach, dass diese nur eine untergeordnete Rolle spielt – was wohl wahr ist –, sondern dass die Logik es aus logisch-immanenten Gründen erlaubt, dass die Empirie überhaupt eine Rolle in der spekulativen Philosophie spielt. Auf diese weiterführende Thematik und die Bestimmung der Realphilosophie insgesamt komme ich unten, im Ausblick dieses Beitrags zurück. Zuvor möchte ich jedoch die letzte, in §  verschwiegene Option angesichts des spekulativ-philosophischen Fortgangs besprechen. B. Sich entschließen, sich als Logik zu entwickeln Die Billigung der Paronymie von ‚Sich-Entschließen‘ hat mich in II.B zur Interpretation des darauffolgenden Infinitivsatzes als eines Modalsatzes geführt, der die Art des ‚Heraustretens des Inhalts‘ präzisiert, nämlich so, wie ich weiter in III.A gezeigt habe, dass die Idee diesen Inhalt als Natur entlässt. Damit aber eine solche Interpretation überhaupt sinnvoll ist, müsste es mindestens eine mögliche alternative Interpretation jener ‚Entlassung‘ geben, also eine andere Weise, den ideellen Inhalt heraustreten zu lassen. Die Schlussfolgerung halte ich für gültig und schlage nun vor, die anzunehmende weitere Weise des ‚Entschlusses‘ am Ende der Logik in der begriffslogischen ‚Entwicklung‘ zu suchen, die ich bereits in II.B. im Anschluss an die Sequenz von ‚Übergehen‘ und ‚Scheinen‘ als eine weitere Option des Fortgangs der Wissenschaft registriert habe. Eine solche Alternative bietet sich sogar dreifach an: angesichts der paronymischen Bedeutung der hegelschen Wortwahl, der Systematik der Idee, aber auch des beliebten hegelschen Bildes eines Kreises von Kreisen.

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Was zunächst die Paronymie betrifft, so kann man gewiss ‚Ent-wicklung‘ parallel zum ‚Ent-schluss‘ und somit als Alternative zur ‚Ent-lassung‘ lesen. Die Idee kann ihren Inhalt nicht nur so ‚in sich heraustreten‘ lassen, dass sie ihm erlaubt, die ideelle systematische Totalität zu verlassen und sich selbst in Bezug auf den empirischen Stoff erneut zu begreifen. Sie kann denselben Inhalt auch so ‚in sich heraustreten‘ lassen, dass sie ihn als ‚ver-wickelt‘ akzentuiert und anschließend anfängt, ihn zu ‚entwirren‘, stets in der Weise begreifenden Denkens, versteht sich. Auf die Paronymie darf jedoch nur als auf ein Indiz rekurriert werden. Viel mehr wert ist natürlich die rein logische Systematik – und angesichts derselben ist es durchaus konsequent, dass die Idee gemäß ihrem Vollendungsmoment nicht nur das begreifende Denken überhaupt weiterführt, sondern eben ihr Vollendungs- statt ihres Anfangsmoments begreift. Wie jede weitere logische Bestimmung sollte nämlich auch die absolute Idee dazu in der Lage sein, sich selbst im Einklang mit sich weiter zu bestimmen, ohne ausdrücklich auf die in ihr aufgehobenen Momente rekurrieren zu müssen. Mit der Exposition der Methode logischen Erkennens vollendet sich zwar die Idee überhaupt und die ganze Logik. Dies heißt jedoch nicht, dass sie mit dem Manko behaftet ist, eine, ja die einzige ‚logische Sackgasse‘ darzustellen. Begreifendes Denken, und zwar in seiner begriffslogischen Bestimmung von ‚Entwicklung‘, sollte im Anschluss an die absolute Idee auch in der Sphäre der Logik möglich sein. In der Tat macht Hegel unmissverständlich deutlich, dass mit der Exposition der Methode begreifenden Denkens der rein logische Prozess nicht kurzerhand abgebrochen wird, sondern „zu dieser einfachen Einheit zurückgegangen [ist], welche ihr Anfang ist“ (GW : ). Gemeint ist ausdrücklich die (seinslogische) „reine Unmittelbarkeit des Seyns, in dem zuerst alle Bestimmung als ausgelöscht oder durch die Abstraction weggelassen erscheint“ (GW : ). Wenn die Logik aber mit der absoluten Idee zu ihrem Anfang zurückgegangen ist – eine Behauptung, die hier nicht eigens untersucht werden kann –, dann heißt dies, dass der absoluten Idee die Aufgabe zukommt, den gesamten rein logischen Prozess erneut zu durchlaufen. Das heißt, anders gewendet, dass die spekulative Wissenschaft nicht unmittelbar mit der Naturphilosophie fortgesetzt wird, sondern, dass sie die in der systematischen Totalität der einen Idee aufgehobenen logischen Bestimmungen aufs Neue rein logisch auszudifferenzieren hat. Hegel hebt diese Alternative zum Fortgang in die Naturphilosophie im vorletzten Absatz der Logik dadurch hervor, dass er sie als die erste von zwei Bestimmungen der logischen Wissenschaft bezeichnet. Sie besteht darin, dass „der reine Begriff, der sich zum Gegenstande  Darauf macht nicht zuletzt auch Wandschneider (, ) aufmerksam.  Bei der ersten Bestimmung geht es um die Rückkehr in den Anfang der Logik und somit die

Rekapitulation derselben. Erst die zweite signalisiert den „Anfang einer andern Sphäre und Wissenschaft“, nämlich der Naturphilosophie (GW : ). Es ist die Verschmelzung jener beiden Bestimmungen zu

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hat“, also die absolute Idee, „sich als Gegenstand die Totalität seiner Bestimmungen durchläuft, sich zum Ganzen seiner Realität, zum Systeme der Wissenschaft ausbildet, und damit schließt, diß Begreiffen seiner selbst zu erfassen“ (GW :  f.). Entscheidend in diesem Zitat ist das Reflexivpronomen ‚sich‘: Vor dem Hintergrund des abgeschlossenen logischen Prozesses zeigen sich die logischen Bestimmungen nicht mehr als solche, etwa als schieres Sein und Wesen, sondern als Bestimmungen des ‚reinen Begriffs, der sich zum Gegenstande hat‘, also der absoluten Idee. Es ist wichtig, diesen Punk näher zu erläutern. Am Ende der Logik steht die Option einer Wiederholung des logischen Ganges – alternativ zum Fortgang in die Naturphilosophie – durchaus offen. Der Unterschied zwischen erstem und zweitem Durchlauf der logischen Bestimmungen ist weder ein inhaltlicher noch ein formeller. Eine solche Wiederholung ist aber auch nicht redundant. Vielmehr besteht der Unterschied in der Einsicht in die Natur der logischen Bestimmungen, darin nämlich, dass alles Sein, Wesen und aller Begriff sowie alle logische Bewegung die absolute Freiheit und systematische Totalität der Idee explizieren und in derselben kulminieren – und zur systematischen Totalität der Idee gehört auch die Idee des Erkennens mit all ihren Konsequenzen für das Begreifen des Realen. Die Wiederholung des logischen Prozesses verläuft also nicht anders und fügt keine neuen Inhalte hinzu, sondern vergegenwärtigt den Sinn und die zunächst verborgene Tiefe des logischen Verlaufs. In diesem Sinne charakterisiert Hegel den Anfang der Seinslogik im Anschluss an das Ende der Logik nicht bloß als unbestimmte Unmittelbarkeit, sondern aus der Perspektive der Idee wie folgt: „Aber [das Seyn] ist nun auch erfülltes Seyn, der sich begreiffende Begriff, das Seyn als die concrete, eben so schlechthin intensive Totalität“ (GW : f.). Anders als am unbefangenen Anfang der Logik zeigt sich nun etwa der Übergang vom reinen Sein in reines Nichts nicht mehr als bloß unausweichlich, sondern als begrifflich: Logische Bestimmungen gehen nicht bloß ineinander über oder scheinen ineinander, sondern sie tun das, weil sie „Begriffe“ bzw. „bestimmte Begriffe“ sind (GW : §  Anm.).

einer, wodurch, wie es mir scheint, Halpers (, ) Interpretation des Fortgangs von der Logik in die Naturphilosophie zustande gebracht wird. „According to my interpretation, just as logic is the selfunfolding of the categories, so, too, nature is the beginning of a kind of second-go-round of the same concepts, now with absolute idea attached to them.“ Halper setzt nämlich ausdrücklich die Rückkehr der absoluten Idee in das reine Sein und den Vollzug des rein logischen Kreises mit dem Beginn des neuen, naturphilosophischen Kreises gleich. In diesem Sinne schreibt er auch: „The category of nature consists of two constituent logical categories, absolute idea and its determination, being.“ (Halper , ) In dieselbe Richtung geht auch Brinkmann sonst sehr beachtenswerter Versuch, Schellings Kritik zu widerlegen. Brinkmann zitiert den vorletzten Absatz der Logik und bemerkt: „Einfache Beziehung auf sich ist logisch das, was auch der Anfang ist: Sein. Aus diesem Grunde ist Hegel berechtigt zu sagen, das Resultat sei der ‚Anfang einer andern Sphäre und Wissenschaft‘.“ (Brinkmann ,  f., Kursivierung von mir)

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Der Vollzug des logischen Prozesses aber mit Einsicht in seine Notwendigkeit ist die Hauptbestimmung der begriffslogischen Entwicklung. Vor dem Hintergrund der absoluten Idee erhält die ganze Logik, ausdrücklich auch alles Übergehen und Scheinen, die Bedeutung von Entwicklung. In diesem Sinne besteht die Alternative zum Entschluss der Idee am Ende der Logik, ‚sich als Natur frei aus sich zu entlassen‘, in dem Entschluss der Idee, sich als Logik zu entwickeln. Alternativ zum Fortgang in die Naturphilosophie können nämlich die begriffliche Veränderung des Inhalts der Idee und die Suspendierung ihrer systematischen Totalität auch dadurch zustande kommen, dass sich nun die absolute Idee als das begreifende Denken exponiert, von welchem erkannt worden ist, dass es die logische Totalität von allem Leben, allem endlichen und allem logischen Erkennen darstellt; dass es nämlich diejenigen Gedankenbestimmungen hervorbringt, die bindend für alles Leben, empirisches und rein logisches Erkennen sind. Was ich hier nur in groben systematischen Zügen zu plausibilisieren versucht habe, ist Hegels bekanntes Bild von seiner Wissenschaft als „ein Kreis von Kreisen“ (GW : § ) – auf welches er auch im drittletzten Absatz der großen Logik zurückgreift. Auch äußerlich betrachtet stehen nämlich am Ende der Logik – sofern es Hegel tatsächlich gelingt, die Logik „als einen in sich geschlungenen Kreis“ zu gestalten (GW : ) – zwei Optionen offen: nach wie vor im selben Kreis zu bleiben oder in den nächsten fortzugehen. C. Entschluss qua logische Entscheidung Soeben habe ich dafür argumentiert, dass der Fortgang in die Naturphilosophie nicht die einzige Option am Ende der Logik für die konsequente Fortsetzung begreifenden Denkens ist. Und ich denke, nur so, wenn nämlich an dieser Stelle mindestens zwei Optionen konzediert werden, leistet man § , in welchem Hegel das ‚Sich-Entschließen‘ der Idee gesperrt drucken lässt, einen angemessenen  Eine weitere interessante Pointe, die für die Konsistenz des Entschlusses spricht, nicht in die Naturphilosophie fortzugehen, sondern die logischen Differenzierungen erneut nachzuvollziehen, ist, dass derselbe Entschluss auch dem unmittelbaren Anfang des logischen Prozesses bzw. der unbefangenen Lesart der Logik vorausgeht. Angesichts des Problems der Vermittlung der Logik durch die Phänomenologie merkt Hegel zu §  an: „Die Forderung […], daß der Wissenschaft […] die gänzliche Voraussetzungslosigkeit an Allem vorangehen solle […] ist eigentlich in dem Entschluß, rein denken zu wollen, durch die Freiheit vollbracht, welche von allem abstrahirt und ihre reine Abstraction, die Einfachheit des Denkens, erfaßt.“ Die Logik beginnt, sofern sie voraussetzungslos ist, und schließt, sofern sie nicht in die Naturphilosophie fortgeht, auf dieselbe Weise. Wird aber jener Entschluss am Ende der Logik getroffen, so weiß derjenige, der ihn trifft, genau, worin die „gänzliche Voraussetzungslosigkeit“, die „Freiheit“ und das reine „Denken“ bestehen (GW : § ), nämlich im begreifenden Denken, das sich autonom bestimmt; und er weiß auch, inwiefern dieses Denken alles Wissen – das der Phänomenologie gleichermaßen wie das empirische – in sich aufgehoben hat bzw. enthält und für es bindend ist.

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interpretatorischen Dienst. Wenn allein die paronymische Bedeutung dieses Ausdrucks von Belang wäre, so hätte Hegel gleich die präzisere Formulierung benutzt, etwa ‚Heraustreten des Inhalts in der Idee‘, und hätte seinen Interpreten die Arbeit erspart, den darauffolgenden Infinitivsatz in einen Indem-Satz zu korrigieren. Denn soweit ich sehe, verkompliziert Hegel seine Sprache – zumindest in seinem Spätwerk – nur in den seltensten Fällen unnötig, ohne dadurch auf eine – und sei es eine kleine – Pointe hinzuweisen. Und vom Ende der Logik, und zwar in der hoch komprimierten Sprache des Haupttextes der Enzyklopädie, in welcher wortwörtlich jeder Buchstabe zählt, erwartet man durchaus mit Recht nicht nur kleinere Pointen. Demnach läuft meine Argumentation nicht auf eine Revision der vertretenen paronymischen Interpretation von ‚Sich-Entschließen‘ hinaus, sondern auf die Erweiterung derselben durch den Aspekt der Entscheidung. Am Ende der Logik kann sich die Idee entschließen, sich als Natur frei aus sich zu entlassen oder sich erneut rein logisch zu entwickeln. Ein solcher Entschluss ist ferner aus rein logischer Sicht als der Akt der Idee bestimmt, ihren Inhalt ‚in sich heraustreten‘ zu lassen, den sie das eine Mal so vollzieht, dass sie die Idee des Lebens anhand der empirischen Materialien begreift, und das andere Mal so, dass sie die absolute Idee vor dem Hintergrund ihrer selbst und der in ihr aufgehobenen rein logischen Bestimmungen erneut begreift und somit anfängt, jene Bestimmungen erneut zu explizieren. Trotzdem liegt Schelling, wenn er eine solche Entscheidung allein auf das endliche philosophierende Subjekt zurückführt und als einen Willkürakt ablehnt, nicht richtig. Denn wie ich zu plausibilisieren versucht habe, wird jene Entscheidung von der Idee getroffen, d. h. sie ist eine rein logische und keine empirische Alltagsentscheidung. Der Unterschied zu herkömmlichen Alltagsentscheidungen liegt darin, dass die zwei Optionen der rein logischen Entscheidung keinem Entweder-oder-Verhältnis unterliegen und sich gegenseitig nicht ausschließen. Beide Optionen am Ende der Logik sind aus der Sicht der Logik selbst – aber auch des gesamten Systems – durchaus konsequent, und es ist möglich, ja notwendig, dass sie beide ausgeübt werden. Es handelt sich nämlich um ein Sowohl-als-auch-Verhältnis. Wenn man sich ferner am Ende der Logik für eine von beiden entscheiden muss, so ist das sicherlich eine individuelle Entscheidung und eine pragmatische Frage der Darstellung des Systems – aber keine Entscheidung der Logik des Systems selbst gegen eine der Optionen. Der Entschluss am Ende der Logik ähnelt somit eher einer mathematischen Gleichung, die mehr als eine korrekte Lösung haben kann.  Darin liegt mein Haupteinwand gegen den sonst außerordentlich erhellenden Beitrag Fuldas. Indem Fulda scharfsinnig die paronymische Bedeutung von ‚Entschließen‘ fokussiert, so scheint es mir, besteht die eigentümliche Gefahr, Hegels Text ungewollt teilweise dadurch zu umgehen, dass man ihn auf nur einen seiner Inhalte – wenn dieser auch bisher in der Literatur unterbelichtet geblieben ist – reduziert. So liefert Fulda keine konkrete Erklärung des grammatikalischen Zusammenhangs zwischen dem paronymisch gedeuteten ‚Entschluss‘ und dem darauffolgenden Infinitivsatz (vgl. Fulda , ).

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Wenn sich der Mathematiker für eine der Lösungen entscheidet, so heißt das nicht, dass die anderen falsch wären. Vielmehr genießen sie alle aus mathematischer Sicht, unabhängig von der faktischen Entscheidung des Mathematikers, denselben Status. Sicherlich ist der Entschluss, in die Naturphilosophie fortzugehen, ertragreicher als der, die rein logischen Bestimmungen aufs Neue zu durchlaufen. Wie in der Mathematik kann man eine bestimmte Lösung als ‚eleganter‘ bevorzugen. Das Kriterium der Effizienz oder der Eleganz einer bestimmten Lösung ist jedoch ein empirisches, also außerlogisches bzw. nicht mathematisches, und beeinflusst nicht die Wahrheit des jeweiligen Entschlusses bzw. die Richtigkeit der jeweiligen Lösung. IV. Ausblick A. Die Bestimmung der Realphilosophie aus der Perspektive der Logik Die unternommene argumentanalytische Rekonstruktion des Fortgangs in die Naturphilosophie anhand des letzten Satzes von §  möchte ich mit einem Ausblick auf die Realphilosophie abschließen, indem ich Unterschiedlichkeit und Kontinuität zwischen Logik und Realphilosophie aus der Sicht der Logik erneut anreiße (IV.A) sowie umgekehrt die Bedeutung der Realphilosophie für die Logik vergegenwärtige (IV.B). Wegweisend ist dabei die exponierte These, dass der Fortgang in die Naturphilosophie einen neuen Prozess des Begreifens anzeigt, in dessen Mittelpunkt die Idee des Lebens steht, insofern sie jedoch – anders als in der Logik – durch die Idee des Erkennens vermittelt ist. Was zunächst den Unterschied zwischen Logik und Realphilosophie betrifft, so wird vor dem Hintergrund des Abschlusssatzes der enzyklopädischen Logik ersichtlich, dass dieser Unterschied die Art und Weise betrifft, auf die das Reale zum Thema philosophischer Betrachtung wird. Wurde Reales in der Logik mehrfach rein logisch antizipiert, etwa als ‚Existenz‘, ‚Wirklichkeit‘, ‚Objektivität‘ und nicht zuletzt als ‚Leben‘ und ‚Erkennen‘, so kommen in der Realphilosophie empirische Kenntnisse davon zum Tragen. Nicht jedoch erlaubt sich die spekulative Philosophie schiere Empirie als solche aufzunehmen, sondern die gemäß der Idee des endlichen Erkennens systematisierten empirischen Kenntnisse, also die Resultate der empirischen Wissenschaften. Realphilosophie stellt daher denjenigen spekulativ Erhellend ist diesbezüglich der Zusatz zu §  (aus der Einleitung in die Naturphilosophie): „Die Naturphilosophie nimmt den Stoff, den die Physik ihr aus der Erfahrung bereitet, an dem Punkte auf, bis wohin ihn die Physik gebracht hat, und bildet ihn wieder um, ohne die Erfahrung als die letzte Bewährung zugrunde zu legen; die Physik muß so der Philosophie in die Hände arbeiten, damit diese das ihr überlieferte verständige Allgemeine in den Begriff übersetze, indem sie zeigt, wie es als ein in sich selbst notwendiges Ganzes aus dem Begriff hervorgeht.“ (GW ,:  ; vgl. auch GW : §§ ; ) Ähnlich auch Fulda (,  f.): „Außer logischen Bestimmungen müssen naturwissenschaft-

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philosophischen Systemteil dar, der dem aktuellen Stand der empirischen Forschung des Realen Rechnung trägt, welcher in der Logik lediglich der Möglichkeit nach, d. h. ohne deren Prozess zu beeinflussen, enthalten war, nämlich als rein logische Gedankenbestimmungen. Nicht zuletzt liefert also der Abschlusssatz von §  eine systemimmanente Erklärung dafür, dass die spekulative Realphilosophie  Jahre nach ihrer Erstfassung – anders als die Logik – umfangreicher Korrekturen bedarf: Realphilosophie muss ihrer Bestimmung nach auch den Stand der empirischen Forschung berücksichtigen, ja mit ihm übereinstimmen, während die Mängel der Logik nach hegelscher Auffassung eher äußeren Umständen geschuldet sind (GW : ; ). Trotzdem gehört Realphilosophie eindeutig zum Korpus spekulativer Philosophie. Die Kontinuität zwischen jener und der Logik besteht laut dem oben analysierten Satz in der Idee. Denn trotz der Mannigfaltigkeit des empirischen Stoffes ist es die systematische Totalität der Idee, was die denkende Betrachtung der neuen philosophischen Disziplin leitet. Zwar wird Empirisches in der Realphilosophie berücksichtigt, nicht jedoch um seiner selbst willen oder in der Weise des endlichen Erkennens. Vielmehr geht es um das Wiedererkennen der Idee an den Materialien, die das endliche Erkennen liefert, d. h. um die Fortsetzung des Aktes der Selbsterkenntnis der Idee, was bereits mit der Logik angefangen hat und nun unter expliziter Berücksichtigung des Empirischen stattfindet. Das Wiedererkennen der Idee an den empirischen Materialien vollzieht sich sogar in zweifachem Sinne gemäß der logisch erkannten Idee. Zum einen werden nicht alle empirischen Daten zugleich berücksichtigt, was ohnehin empirisch unmöglich wäre. Vielmehr werden sie grob in zwei Mengen unterteilt, von denen die eine der Idee des Lebens und die andere der Idee des Erkennens entspricht. Die erstere Menge empirischer Daten bildet die Natur, die letztere den Geist. Die tatsächliche Ausführung des Wiedererkennens der Idee anhand dieser Daten macht dann die Natur- bzw. Geistphilosophie aus. Zum anderen werden auch die einzelnen

liche Begriffe in den naturphilosophischen Diskurs eingeführt werden. Diese Begriffe bilden den eigentümlichen Stoff der Naturphilosophie. Sie sind aufzunehmen in derjenigen Ausbildung, bis zu welcher die jeweilige spezielle Naturwissenschaft sie gebracht hat.“  Vgl. Fulda (, ): „Freilich darf das Aufnehmen im Fortgang der Naturphilosophie weder willkürlich erfolgen noch nach Maßgabe von Erfahrungen. Es muß durch identifizierende Akte zustande kommen, die sich in Realisierung des Begriffs – beginnend mit der Ausgangsbestimmung – als unumgänglich erweisen. […] Die naturwissenschaftlichen Begriffe werden in Bestimmungen des sich realisierenden Begriffs übersetzt.“  Nicht selten wird der Versuch unternommen, Teile der Naturphilosophie ausdrücklich der Objektivität (nicht der Idee des Lebens) zuzuordnen (vgl. Martin , ). Das liegt darin begründet, dass die Idee des Lebens als die unmittelbare Subjekt-Objekt-Einheit die Objektivität in sich enthält. Entscheidend aber für das Verständnis der Naturphilosophie sind nicht die unumstrittenen Parallelen zur Objektivität, sondern dass die Objektivität in der Natur aus der Perspektive des Lebens und um des Lebens willen betrachtet und schließlich dem Leben begrifflich untergeordnet wird.

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Schritte der realphilosophischen Selbsterkenntnis der Idee von der logisch erkannten Idee, nämlich von der absoluten Idee qua Methode logischen Erkennens bzw. begreifenden Denkens, diktiert. Die Aufarbeitung der empirischen Daten geschieht nicht etwa auf die Weise der Reflexion oder des endlichen Erkennens, sondern es handelt sich wie bei der Logik um eine „begreifende Betrachtung“, die „nach der Selbstbestimmung des Begriffs“ vorgeht. Die Resultate der empirischen Wissenschaften werden aufgenommen und nach den Verhältnissen des begreifenden Denkens neu geordnet, wie etwa die Sequenz ‚Raum, Zeit, Ort und Bewegung‘ und weiter ‚träge Materie, Stoß und Fall‘. Ferner wird diese Neuordnung der Resultate der empirischen Wissenschaften um der Selbsterkenntnis der Idee willen vorgenommen. Ziel der spekulativen Realphilosophie ist nämlich nicht die Entdeckung einer empirischen Wahrheit, die von den empirischen Wissenschaften bloß noch nicht entdeckt wurde. Vielmehr erkennt sie die von jeglichem philosophischen System unabhängig bestehende Faktizität und die eigentümliche Gesetzmäßigkeit des Realen an, überlässt sie der empirischen Forschung als deren eigenen spezifischen Gegenstandsbereich und erst auf der Basis der Resultate empirischer Forschung beabsichtigt sie, die Idee zu erkennen, welche wiederum ausdrücklich nicht zu den empirischen Gegebenheiten dazuzählt. Absicht spekulativer Realphilosophie ist keineswegs, in Konkurrenz zu den empirischen Wissenschaften zu treten, diese etwa durch Behauptungen derart zu belehren, zunächst wäre der Raum entstanden, gefolgt von der Zeit, dem Ort, der trägen Materie, dem Stoß usw. Die Ordnung, die die Realphilosophie angesichts der empirischen Kenntnisse schafft, ist selbst keine empirisch nachweisbare, sondern eine begriffliche, die ‚lediglich‘ offenlegt, wie die Idee als durch empirische Materialien epistemisch angereichert ist. Hegels real „Indem die Naturphilosophie begreifende Betrachtung ist, hat sie dasselbe Allgemeine aber für sich zum Gegenstand und betrachtet es in seiner eigenen immanenten Nothwendigkeit nach der Selbstbestimmung des Begriffs.“ (GW : § )  Ähnlich weist auch Braun, nachdem er auf weitere Stellen aufmerksam gemacht hat, in welchen sich Hegel des Ausdrucks ‚sich entlassen‘ bedient, auf den Aspekt der Eigenständigkeit des Entlassenen hin: „Die spekulative Logik als ‚erste Wissenschaft‘ muss und kann die Kontingenz von Raum und Zeit zulassen.“ (Braun , ) Allerdings wird hier dieser These Brauns im Sinne der nicht geringfügigen Ergänzung Falkenburgs zugestimmt, dass nicht kurzerhand alle naturphilosophischen Bestimmungen kontingent sind: „Die Natur geht als das Element der Äußerlichkeit nicht vollständig in der Idee auf, sondern enthält Kontingentes. Zugleich ist sie als eines der Elemente, in dem die Idee ist, der Idee verwandt und enthält vernünftig Organisiertes.“ (Falkenburg , )  Vgl. in diesem Sinne Houlgate (,  f.).  Anderer Meinung ist Bormann, der, indem er auf Braun und Falkenburg reagierend „Naturbegriff“ und „Naturding“ für schlicht „identisch“ erklärt, stark dazu tendiert, den Unterschied zwischen Logik und Naturphilosophie zu eliminieren: „Das Resultat des Übergangs der Logik ist somit die Logik selbst; nur eben in einer anderen Form.“ (Bormann , ) Er verteidigt seine These unter anderem durch die weitere und ebenfalls nicht unproblematische Identifizierung von ‚Gott‘ und ‚Idee‘: „Unter dem Gesichtspunkt, daß Hegel ‚Gott‘ und ‚Idee‘ identifiziert, lassen sich diese metaphorischen Beschreibungen ebenfalls als sachbezogene Aussagen interpretieren.“ (Bormann , )

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philosophische Ordnung der Resultate empirischer Wissenschaften lässt sich ferner treffend als Evolution bezeichnen. Das ist aber keine Evolution der Sachen ‚träge Materie‘, ‚Stoß‘, ‚Fall‘ usw. im Sinne einer zeitlichen Sukzession, die durch empirische Wissenschaften bestätigt bzw. widerlegt werden könnte, sondern eine Evolution von Begriffen, die als solche nicht für die empirische Forschung, sondern für das begreifende Denken bzw. vom rein logischen Standpunkt der Idee her evident ist. Der realphilosophische Erkenntnisgewinn liefert in erster Linie keine Antwort auf die empirische Fragestellung endlichen Erkennens, sondern auf die Frage, wie die Idee unter der Bedingung endlichen Erkennens sich selbst begreift. Gelingt des Weiteren eine solche Unternehmung und gestaltet die spekulative Realphilosophie die empirischen Materialien tatsächlich auf eine Weise aus, die die Idee aufgehen lässt, so handelt es sich, verglichen mit § , tatsächlich um einen weiteren Schluss der spekulativen Wissenschaft. Hegel spricht sich in §  un Treffend schreibt Houlgate (, ): „The logic thus provides the categories and method by which the philosophy of reality proceeds, but these categories are not applied to a given reality; they are developed further to generate new and more complex determinations of what it means to be; that is, to generate the concepts of nature and consciousness freely and without presuppositions.“ Unbeantwortet lässt Houlgate an dieser Stelle indes die Frage nach dem Unterschied zwischen Logik und Realphilosophie und der Herkunft der offensichtlich neuen Materialien, die nicht innerhalb der Logik behandelt werden können.  Wandschneider (, ) hat hingegen entschieden für eine „Natur-Evolution“ bei Hegel argumentiert. Er schreibt: „Die Idee ist das verborgene, innere Wesen des Auseinanderseins, gleichsam eine die Natur durchwaltende ‚Logik‘, die sich in der Gesetzmäßigkeit der Natur zeigt […], als Naturgesetze, die als solche selbst nicht real in Erscheinung treten, aber das Natursein durchgängig bestimmen. Dieses ist, was es ist, nur vermöge der Naturgesetze.“ (Wandschneider ,  f.) „Zugleich ist im Naturprozess jedoch so etwas wie ein Drive wirksam, eine intrinsische Tendenz, die aus der erwähnten Diskrepanz von realer Erscheinung (materielles Auseinandersein) und ideellem Wesen (Naturgesetzlichkeit) resultiert. Ich habe dies eine Idealisierungstendenz der Natur genannt […], die dazu führt, dass das der Natur zugrundeliegende Ideelle im Naturprozess zunehmend deutlicher zutage tritt […].“ (Wandschneider , ) Ferner betont er: „Singulär in der Geschichte der Philosophie ist, dass eine philosophisch schlüssige Begründung für die Existenz der Natur gegeben wird.“ (Wandschneider , ). Faktisch mag solch eine Tendenz in der Natur der Fall sein. Nichtsdestotrotz lässt sich Wandschneider, wie es mir scheint, von der wesenslogischen Terminologie zu weit ins Feld empirischer Wissenschaften führen, sodass er schließlich die Aufgabe spekulativer Naturphilosophie nicht im Begreifen, sondern im Begründen des empirisch Erforschten sucht. In anderem Kontext und Schellings Hegel-Kritik kritisierend stellt ihrerseits Schick (,  f.) treffend fest: Die Logik „sucht nicht nach dem Kandidaten für die Rolle des letzten Grundes, sondern (unter anderem) nach dem Begriff des Grundes.“  Von einem weiteren Aspekt des realphilosophischen Erkenntnisgewinns spreche ich im nächsten Abschnitt (IV.B).  Auf dem Standpunkt dieses neuen Schlusses der Wissenschaft (GW : § ) muss erneut, und zwar aus denselben Gründen, die Frage nach einem Entschluss der Idee wie in §  gestellt werden – nun allerdings mit der Einsicht, dass ein solcher Entschluss auf einem neuen Weg zum Zusammenschluss der Idee mit sich führt. Die bekannten drei Schlüsse, die in §§  –  dargelegt werden, gehen in diesem Sinne der Frage nach, inwiefern nach einem relativen Schluss der spekulativen Philosophie eine angemessene weitere begriffliche Differenzierung zu erzielen ist. Die mit dem letzten Satz von §  und den dort erwähnten Optionen übereinstimmende Pointe dieser Erörterung ist: Ein solcher Fortgang ist weder in der „äusserliche[n] Form des Uebergehens“ (GW : § ) noch in der Art „der

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eingeschränkt für eine Rückkehr der Wissenschaft – wohlgemerkt nicht zum Anfang der Logik, sondern zu ihrem Ende – zur absoluten Idee aus. Die Wissenschaft schließt also – und damit beziehe ich mich auf die oben, in I.C einleitend aufgeworfene Frage – erneut mit demselben Begriff der Philosophie wie in § , jedoch auf eine andere Weise, nämlich durch die Darstellung der Idee als einer Totalität, deren Systematik von derjenigen der rein logischen Darstellung abweicht und erst durch die Verselbstständigung der Momente der Idee zustande kommt. Die Idee, die systematische Totalität, die einst den Fortgang in die Naturphilosophie vollzogen hat, ist an sich dieselbe geblieben und findet sich als Kulminationspunkt ebenfalls in der Realphilosophie wieder. Nun aber hat sie bzw. das „Logische“ insgesamt die zusätzliche „Bedeutung“ erlangt, „daß es die im concreten Inhalte als in seiner Wirklichkeit bewährte Allgemeinheit ist“ (GW : § ). Diese Versicherung Hegels kann hier nicht mehr überprüft werden. Trifft sie aber zu, so erweist sich der Fortgang in die Naturphilosophie in einer weiteren, außerlogischen Perspektive als konsequent: Nicht nur die Logik selbst drängt dazu, sondern die ganze Realphilosophie bekräftigt jenen ‚Entschluss‘. Ein weiteres Mal ist also gegen Schellings Kritik (SW I,: ) festzustellen: Hegels Logik ist ‚in Bezug auf das zu Grund liegende System‘ nicht ‚etwas ganz Zufälliges‘, und das System hängt mit ihr nicht ‚nur auf sehr lose Weise‘ zusammen. Der Zusammenhang erweist sich vielmehr als zweifach gesichert: von der Logik und der Realphilosophie her. B. Spekulative Philosophie, absolute Freiheit und empirische Realität In der soeben entworfenen Skizze der Bestimmung spekulativer Realphilosophie im Anschluss an die Logik habe ich deren Unterschied zum endlichen Erkennen empirischer Wissenschaften betont. Dass Hegels Realphilosophie aber eine Evolution von Begriffen darstellt, die in erster Linie der Selbsterkenntnis der Idee dient, soll keinesfalls den Eindruck erwecken, sie und die spekulative Philosophie im geistigen Reflexion“, die „ein subjektives Erkennen“ indiziert (GW : § ), konsequent vollziehbar. Vielmehr muss sie von der „sich wissende[n] Vernunft“ aus verstanden werden, die genau „die Natur der Sache, der Begriff“ (GW : § ), also die in diesem Beitrag als begreifendes Denken akzentuierte absolute Idee ist. Die nähere Gegenüberstellung von §  und §§  –  wäre aber ein Thema für sich.  Darin ist auch die Replik auf die durch Henrich prominent vertretene These, dass den reinen Gedankenbestimmungen „die Verwirklichung“ „fehlt“ und der absoluten Idee in der Logik das Moment der Besonderheit „mangelt“, sodass sie sich „ein besonderes Dasein gewähre[n]“ muss (Henrich ,  f.; s. oben Fußnote ). Durch die Realphilosophie wird vielmehr die Bedeutung der absoluten Idee für das Besondere und Dasein vergegenwärtigt. Das Fehlen solcher Bedeutung aber – abgesehen davon, dass sie kein Dasein ist – ist kein Mangel der Idee selbst, sondern eher des empirischen Daseins vor der Ausführung der Realphilosophie. Die Idee erfüllt diese Funktion, unabhängig davon, ob das dem Empirischen vergegenwärtigt ist oder nicht.

Übergang von der Logik in die Natur aus ‚absoluter Freiheit‘?

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Ganzen wären irrelevant für die empirische Realität, eine Art spinning in the void begreifenden Denkens ohne Konsequenzen und Nutzen außerhalb der formellen Grenzen dieser Philosophie. Denn auch das hat Schelling dem hegelschen System vorgeworfen: Die Logik – und somit alle auf sie aufbauenden realphilosophischen Bestimmungen – sei „etwas Subjektives, künstlich objektiv Gemachtes“ (SW I,: ), es handle sich um lediglich einseitige und subjektiv-willkürliche Bestimmungen ohne Geltung hinsichtlich der Realität selbst. Doch genau dies widerlegt der gesamte mit dem Fortgang in die Naturphilosophie beginnende realphilosophische Verlauf: Spekulative Philosophie im Ganzen und Realphilosophie im Besonderen sind keine einseitig subjektiven Annahmen, sondern, so zumindest der hegelsche Anspruch, tragen ausdrücklich allen Befunden empirischer Wissenschaften Rechnung und heben sie in sich auf. Die so erkannte Idee erweist sich auch durch den expliziten (realphilosophischen) Umgang mit der empirischen Objektivität als in sich voll- und selbstständig, d. h. sie bewahrheitet sich auch unter der Bedingung der empirischen Objektivität und zeigt sich schließlich als die Wahrheit, die auf solche Objektivität übergreift. Mehr noch: Der Erkenntnisgewinn durch die spekulative Realphilosophie angesichts der empirischen Realität ist beträchtlich, gerade weil sie auf kein einzelnes empirisches Objekt aufbaut und auf keine empirische Erkenntnis abzielt, also gerade weil sie kein ‚künstlich objektiv Gemachtes‘, d. h. eine Nachahmung der empirischen Wissenschaften ist. Denn indem sich die Idee im Element des Empirischen wiedererkennt, vergegenwärtigt die spekulative Realphilosophie die Bedeutung der Idee für alles Empirische. Solche Bedeutung ist aber kein ‚Objekt‘, das unmittelbar wie gemeine Realitäten vorhanden ist und Gegenstand der empirischen Wissenschaften sein müsste. Vielmehr ist ihre Bestimmung die, dass sie gilt, ohne auf empirische Weise zu sein. Die Bedeutung der Idee für das Empirische liegt nämlich in der Beantwortung der metaphysischen Fragestellung, ohne die Existenz von vorkritisch-metaphysischen Entitäten anzunehmen. Die spekulative Realphilosophie erklärt beispielsweise, worin die Würde der Natur und des Geistes liegt und gibt den begrifflichen Grund, warum die des Menschen ‚unantastbar‘ sein soll. Sie hierarchisiert die natürlichen und geistigen Phänomene und bietet jedem Wesen, das sie suchen oder nachvollziehen kann, Orientierung in praktischer und theoretischer Hinsicht. Würde, begrifflicher Grund, Orientierung – das sind keine ‚Dinge‘, die empirisch nachgewiesen bzw. angefochten werden können. Anders verhält es sich hingegen mit Wertungen, die sich aus empirischen Befunden speisen; dass beispielsweise komplexere oder der Zeit nach ältere Sachverhalte erstrebenswerter und höherwertiger als andere seien. Die spekulative Realphilosophie vergegenwärtigt jedoch die Normativität der Idee – eine Normativität, die rein logisch entwickelt wurde, den Resultaten empirischer Wissenschaften mit dem Anspruch absoluter Geltung begegnet und sich am Ende des gesamten Systems spekulativer Philosophie das Recht bestätigt, die Realität nach ihrem Gesetz zu gestalten.

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Und das ist eine Normativität, die die Freiheit nicht nur zum (rein logischen) Ausgangspunkt und zum (realphilosophischen) Ziel hat, sondern auch zum Prinzip und Element, das überhaupt alles begrifflich durchdringt und in sich fasst. Nicht also das ‚Grab‘ der absoluten Freiheit stellt der enzyklopädische Prozess dar, wie Schellings abschließende Kritik angesichts des Fortgangs in die Naturphilosophie lautet, sondern einen systematisch konsequenten und in sich differenzierten Monismus der Freiheit – ein Monismus, der nicht alles kurzerhand für frei erklärt, es hingegen erlaubt und sogar dazu zwingt, alles ‚sub specie der Freiheit‘ zu betrachten und zu behandeln. Siglen GW

Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Hamburg,  ff. GW  (Phänomenologie des Geistes); GW  (Wissenschaft der Logik. Erster Band. Die objektive Logik (/)); GW  (Wissenschaft der Logik. Zweiter Band. Die subjektive Logik ()); GW , (Grundlinien der Philosophie des Rechts); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW  (Wissenschaft der Logik. Erster Teil. Die objektive Logik. Erster Band. Die Lehre vom Sein ()); GW , (Vorlesungen über die Philosophie der Natur III)

TWA

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Auf der Grundlage der Werke von  –  neu edierte Ausgabe. Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel. Frankfurt a. M.,  ff. TWA  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse I); TWA  (Vorlesungen über die Philosophie der Religion II. Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes)

SW I, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling. Zur Geschichte der neueren Philosophie. Band  der Sämmtlichen Werke. Herausgegeben von K.F.A. Schelling,  – . Stuttgart/Augsburg, . V 

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Logik (). Bd.  der Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte. Herausgegeben von Udo Rameil. Hamburg, .

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Übergang von der Logik in die Natur aus ‚absoluter Freiheit‘?

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Stefan Schick THE SPIRIT OF THE AGE AND REASON IN HISTORY Herder, Hegel, and Jacobi* ABSTRACT:

Recent studies on Jacobi emphasize the importance of his conception of a personal I and of the absolute as a free and personal spirit for the evolution of classical German thought. However, according to many interpreters, Jacobi’s (un‐)philosophy was more puzzling than convincing for his contemporaries and successors. Therefore, Jacobi’s positive impact, especially on Hegel’s conception of the objective spirit, has still not received much attention. To fill this gap, this paper intends to show that Jacobi’s notion of a ‘spirit of the age’ is a missing link in the evolution of this idea from Herder to Hegel, insofar as Jacobi anticipates main aspects of Hegel’s concept of the objective spirit. In doing so, the paper further hopes to shine some light on the influence of Jacobi’s philosophy of spirit on Hegel in general. To this end, it first characterizes Hegel’s critique of Jacobi’s neglect of the sphere of the objective spirit. After that, the paper outlines Hegel’s and Herder’s conception of the spirit of the age. In a third step, it elucidates the connection between Hegel’s and Jacobi’s idea of the spirit of the age.

The year  gave German philosophy a great light. Dieter Henrich’s Der Grund im Bewusstsein has released it from the myth that Friedrich Heinrich Jacobi was a philosopher of unreflecting faith and irrational subjectivity, a belief that is still promulgated by authors such as Friedrich Schlegel, Heinrich Heine, and Isaiah Berlin. Since then, studies from Birgit Sandkaulen and other scholars have shown the hitherto underestimated importance of Jacobi’s philosophy and its impact on Fichte, Schelling, and especially Hegel. It is now widely acknowledged that Jacobi’s criticism of rationalism did not aim at irrationalism, but was “intended to rescue reason from rationalism” (Franks , ). No longer reducing Jacobi to his criticism of Kant and Fichte and his allegedly unintentional revival of Spinoza (see Cassirer , ), recent studies emphasize *This article is based on a paper presented at a workshop of the Chicago-Area Consortium in German Philosophy during my stay in Chicago as a Feodor-Lynen-Fellow. Thus, I would like to thank the Alexander-von-Humboldt-Foundation for supporting my stay, and both Sally Sedgwick and Rachel Zuckert for hosting me, organizing the workshop, and commenting on my paper. I would also like to thank the other participants of the workshop, Simona Vucu, and the anonymous referees of the Hegel-Studien for their critical remarks on my paper. Finally, I would like to thank Lou Chukman for correcting my English and turning my paper into a readable text. Note on translations: All translations are mine, unless otherwise indicated.  See e. g. KFSA VIII: ; KFSA II: ; KFSA XII:  f.; Heine ([] , ); Altmann (, ); Beiser (,  f.;  f.;  ff.); Houlgate (, ); Wood (, ); Feiner (, ).  See e. g. Sandkaulen (); Halbig (); Schick (); Koch (); di Giovanni (, ; ); Althof ().  See also Sandkaulen (, ; ); Jaeschke (, ;  f.); Hindrichs (, ; ). Hegel-Studien  · © Felix Meiner Verlag · ISSN -

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the importance of Jacobi’s conception of a personal I and of the absolute as a free and personal spirit rather than an abstract substance for the evolution of classical German thought. However, according to many interpreters, Jacobi’s (un‐)philosophy was more puzzling and provocative than convincing for his contemporaries and successors (see e. g. Horstmann , ). Therefore, Jacobi’s positive impact, especially on Hegel’s conception of the objective spirit, has still not received much attention (see especially di Giovanni ,  f.;  f.;  f.). To fill this gap, this paper intends to show that Jacobi’s notion of a ‘spirit of the age’, which he develops in the second epistle of his Zufällige Ergießungen (), is a missing link in the evolution of this idea from Herder to Hegel, insofar as Jacobi anticipates main aspects of Hegel’s concept of the objective spirit. In doing so, the paper further hopes to shine some light on the influence of Jacobi’s philosophy of spirit on Hegel in general. To this end, it first characterizes Hegel’s critique of Jacobi’s neglect of the sphere of the objective spirit (in section I). After that, the paper outlines Hegel’s and Herder’s conception of the spirit of the age (II). In a third step, it elucidates the connection between Hegel’s and Jacobi’s idea of the spirit of the age (III). I. Hegel’s Critique of Jacobi Hegel repeatedly criticizes Jacobi for both an exclusive emphasis on the immediate relation between the individual and the absolute and Jacobi’s abstraction from the sphere of objectivity: () Expressing and realizing itself in the collective sphere of institutionalized religion, laws, morals, language, etc., Hegel claims this objective sphere is necessary to mediate between the individual and the absolute. () Because Jacobi denies this sphere any value, the principle of Jacobi’s philosophy is the individual and its subjective feelings, which Jacobi strictly opposes to the objective sphere of concepts, laws, and morals (GW : ). () Therefore, Jacobi presents his idea of spirit only in its individual particularity, and so it lacks universality (GW : ). This critique was specified already in Hegel’s negative discussion of Jacobi in Belief and Knowledge (). There, Hegel accuses Jacobi of a “universal hate” against any kind of objective form of reason such as science, conceptual knowledge, and  See Sandkaulen (); Sandkaulen (); Koch (); Sandkaulen ().

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morals, a hate that makes him disregard the most vital expressions of the objective spirit – namely, nation, people, morals, and laws – by misunderstanding them as accidental empirical customs; while these expressions of the objective sphere contain the highest energy of ethical freedom, Jacobi despises them as dead things lacking any spirit or freedom. In Hegel’s view, only these realizations of freedom and spirit can bestow objectivity and universality upon subjective feelings, while Jacobi, being the paradigmatic philosopher of subjective sentiment (GW : ), reduces morality to the inner idolatry of one’s private affections and inclinations (GW : ; ). Moreover, Jacobi’s philosophy not only contaminates the absolute with subjective instinct (GW : ;  f.), it also degrades subjectivity to empirical individuality and therefore to some contingent matter of fact (GW : ). In contrast to this hostile critique, Hegel later acknowledges Jacobi’s “overwhelming significance” (Jonkers , ) to his own thinking. Looking back at his intellectual evolution in a letter to Niethammer from , Hegel refers to Jacobi as a “turning point in the intellectual formation of his time”. In all his later discussions of Jacobi, Hegel recognizes Jacobi’s emphasis on the spirituality and vitality of both human individuality and the absolute (see GW : ). Furthermore, he praises Jacobi for proceeding from Spinoza’s conception of the absolute as a substance to the idea of the absolute as a free and personal spirit. But he still criticizes Jacobi for being the philosopher of unmediated individuality. One can summarize Hegel’s later critique of Jacobi as follows: () Jacobi elucidates that rational metaphysics as the philosophical expression of understanding necessarily destroys the concept of a determinate and free absolute (de Vos , ) and that in doing so, traditional, non-speculative metaphysics has to end up with the concept of the absolute as an abstract and dead being, a pure negation (JWA ,: ). For both Hegel and Jacobi, this thought culminates in Spinoza’s concept of an absolute substance as “the final, true result of thought”.  “Der allgemeine Haß der Jacobischen Philosophie gegen den Begriff verschmäht nothwendig seine objective Form der Sittlichkeit, Gesetz, und vollends das reine Gesetz, als formales Sittenprincip” (GW : ; see also ).  “Aber Jacobi nennt, was das lebendigste ist, Vaterland, Volk und Gesetze, Dinge, an die sie gewöhnt seyen, wie man an Dinge gewöhnt ist; er begreifft sie nicht als heilige Dinge, sondern als gemeine, denn gegen heilige Dinge ist nicht ein Verhältniß des Gewohntseyns und der Abhängigkeit; – er begreifft als eine Zufälligkeit und Abhängigkeit, worinn die höchste Nothwendigkeit und die höchste Energie sittlicher Freyheit ist, den Gesetzen eines Volkes […] gemäß zu leben; – als etwas gemein empirisches, was das vernünftigste ist.” (GW : )  “Er war einer von denen, die einen Wendepunkt der geistigen Bildung der Zeit sowie der Individuen formierten” (B : ; see also Jonkers ,  f.).  “J. hatte […] durch den höhern Weg des Gedankens, mit Spinoza erkannt, daß sie das letzte wahrhafte Resultat des Denkens ist, daß jedes consequente Philosophiren auf den Spinozismus führen muß.” (GW : )

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() Against this concept of an abstract and dead absolute, Jacobi correctly emphasizes the notion of a free and personal absolute, which is a spirit (GW :  f.; cf. JWA ,: ; ). Furthermore, he rightly describes the “abstract being” of traditional metaphysics as a pure negation, which as a merely abstract unity excludes vitality and spirituality. () Yet, whereas Jacobi is justified in criticizing this abstract substance and defending the absolute as a personal spirit, he does not conceptualize the pure negation of the absolute substance as an “absolute negativity”, i. e. the “negation of negation”, which is absolute affirmation and therefore freedom as self-determination (GW :  f.). () However, this concept is necessary for the speculative mediation between the notion of an absolute substance and the idea of a free and vital absolute. Repudiating this mediation, Jacobi “ingeniously” (GW : ) grasps the absolute only in his inner and immediate feelings (GW : ; ; ; ; see also Jonkers , ) or in his “genuine intuition of the spiritual”, and so misconceives the relation of the individual to the absolute as immediate, i. e. as unmediated and not realized in objective forms such as the morals of a certain nation at a certain time (GW : ). Thus, although Hegel’s appreciation of Jacobi’s conceptions of the individual and the absolute did indeed change significantly during the years after Belief and Knowledge, he still thinks that Jacobi’s philosophy lacks any insight into the necessity and possibility of a mediation between the individual and the absolute. For Hegel, this alleged speculative flaw has immediate consequences for Jacobi’s conception of the social practices constituting the objective world, summarized thus: () In his Philosophy of Religion, Hegel criticizes the general failure to recognize thinking as the element, the essential form, and the content of the law, and that religious feelings can be conceived in concepts. In a marginal note to this critique of one of the “crudest delusions” of his time he writes: “reason – Jacobi – revelation immediate knowledge of God” (GW : ). () In his Philosophy of Right, Hegel notes that for Jacobi morality can be grasped only by an immediate cognition and not in the objectivity of laws and morals (GW  See also Bowman (,  f.; ;  f.); de Vos (, ) and Althof (, ), who gives a very detailed study of the influence which Jacobi’s Spinoza/Anti-Spinoza had on Hegel.  “J. begnügt sich hier, seine gediegene Anschauung des absolut Concreten, des Geistigen […] auszusprechen” (GW : ).  “Vernunft – Jacobi – Offenbarung unmittelbares Wissen von Gott” (GW : ).

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,: ). Apparently, Hegel thinks that although Jacobi correctly champions the necessity of a knowledge of the absolute in subjective self-cognition, he nevertheless negates the reality of absoluteness and freedom in their objective forms such as rights, duties, laws, etc. (GW :  f.). () Although Jacobi perceives the spirituality of the absolute, he does so only in his individual feelings and not in its objective realizations. As a result, the only authority recognized by Jacobi is the “authority of one’s own subjective revelation” (GW : ) of morality. This makes him disregard the authority of morals, laws, and traditions. Ignoring the importance of objective forms of morality, Jacobi posits the subjective heart as absolute (GW : ; GW : ). He appeals only to his individual moral feelings, since he denies that laws, nations, and morals, which are expressions of the objective spirit, have any truth, vitality, or spirituality. So he fails to notice that only in the forms of law, morals, and duty human feelings of what is just, good, and beautiful can actually be-come concrete, real, and objective (GW :  f.). () Opposing the absoluteness of individuality to the contingency of the objective world, Jacobi furthermore overlooks the fact that there is no unconditioned relation between the individual and the absolute. Quite the contrary, more than the objective sphere it is the individual relation to the absolute which is determined both by the empirical character of the individual and the morals that the individual has grown up with (GW : ). () Jacobi simply misses the important fact that it is only by means of the objective sphere that the individual transcends its particularity. II. Spirit of the Age in Herder and Hegel A. Herder’s Concept of the Spirit of Ages We have seen so far that the later Hegel appreciates Jacobi’s understanding of the individual as a vital and free spirit and also his notion of the necessary transition from the idea of an absolute substance to the idea of an absolute free and personal spirit. On the other hand, Hegel still believes that Jacobi misconceives the nature of this transition and therefore misunderstands the objective realizations of this absolute spirit in laws, morals, and nations as empirical things lacking both vitality and spirit. It is Jacobi’s contemporary Herder who seems to fulfill this alleged desideratum of Jacobi. Thus, in Faith and Knowledge, Hegel recognizes Herder’s philosophy as, at least, a somehow more objective form of Jacobi’s idolization of sentimental in-

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dividuality (GW :  f.). Furthermore, in his History of Philosophy, Hegel affirmatively quotes Herder’s “holy chain” of philosophical tradition, which is unifying and preserving all that is bygone and must pass (GW : ). Although Hegel otherwise barely mentions Herder in his extant writings, his influence on Hegel’s concept of history seems all too obvious. Especially, Hegel’s notions of a spirit of the age and of a national spirit clearly derive from Herder. The phrase ‘spirit of the age’ first appears in Herder’s Critical Forests, but the concept is already present in his earlier writing On Diligence in Several Learned Languages (). Analyzing reason’s dependency on language, Herder declares that every language (and, as a consequence, every form of reason) expresses the character and spirit of a certain nation at a certain time, which is determined by climate, surroundings, traditions, and beliefs (SSW :  f.). Yet, according to Frederick Barnard (, ), Herder’s concept of this spirit is ambiguous, confusing two alternate conceptions. On the one hand, Herder identifies this spirit “almost mystically” (Barnard , ) as some sort of metaphysical force; on the other hand, it is just “the sum of the thoughts, attitudes, strivings, drives, and life-forces” of a certain nation and thus is merely the spiritual essence of a given nation. Clearly, at least the younger Hegel understood Herder’s spirit of the age in the latter sense. In his fragment Every people… he criticizes Herder for his exclusive interest in the subjective truth of the holy scriptures as it is grasped by imagination instead of being interested in their rational truth (GW : ). Although I do not necessarily share Hegel’s critical attitude towards Herder, I think that his interpretation is correct. Herder is not interested in the spirit of the age as a mediation between the absolute and the individual, but as a concrete realization of the creative and imaginative powers of human beings associated with a nation, which brings about different phenomena such as language, law, religion, etc. This becomes clear if we take a look at Herder’s answer to the question “What is the spirit of ages?” in his Second Collection of the Letters for the Advancement of Humanity: If Averroes believed that the whole of humanity only has one soul, in which every individual partakes in its own manner, sometimes actively, sometimes

 Seemingly, Hegel has written a non-extant review of the second edition of Herder’s God () (GW : ).  According to Harris, there is little evidence to estimate Herder’s influence on the young Hegel adequately, but he suspects “that it was great” (Harris , ). Pöggeler states that Hegel unfairly passes over Herder in his History of Philosophy as well as in his other writings (Pöggeler ,  f.).  “Geist der Zeiten hieße also die Summe der Gedanken, Gesinnungen, Anstrebungen, Triebe und lebendigen Kräfte, die in einem bestimmten Fortlauf der Dinge mit gegebnen Ursachen und Wirkungen sich äußern.”( SSW : ; tr. Barnard , )  Similarly, Georg Forster calls fantasy the goddess of Herder (JB I,: ).

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passively, so would I apply this idea rather to the spirit of the age. Each one of us is subject to its command, sometimes actively, sometimes passively. This reference to Averroes’ infamous theory of the unity of the material intellect is remarkable for two reasons. First, Averroes was anything but an authority during Herder’s time; secondly, this approval of Averroes’ idea of a unitary intellect is strange, for it contradicts Herder’s only other reference to Averroes. In his earlier Ideas, he declares, in opposition to Kant’s Idea for a Universal History (): Our philosophy of history shall not walk this path of ‘Averroan’ philosophy, according to which the whole of humanity possesses just one soul, namely a very low one, which shares its being with the individual only in parts. Let us pause on this contradiction, for its solution will throw light not only on Herder’s view about the spirit of the age, but also on the accuracy of Hegel’s interpretation of Herder mentioned above. For those familiar with medieval philosophy, it should be obvious that in his Ideas, Herder refers to Averroes’ active intellect, whereas in his Letters he refers to the material intellect. Indeed, Averroes distinguishes between two kinds of intellect, an active and a material one. Now, the active intellect, which functions to actualize the material intellect, is the lowest sphere in the cosmological hierarchy, the causal hierarchy of the various intellects “in which every link is responsible for the existence of the next” (Davidson , ). As was generally accepted by medieval Islamic philosophers, the active intellect for Averroes is a separate substance, independent both of the human species and the individual human soul. In his Ideas,

 “Wenn Averroës glaubte, daß das ganze Menschengeschlecht nur Eine Seele habe, an welcher jedes Individuum auf seine Weise, bald thätig, bald leidend Theilnehme: so würde ich diese Dichtung eher auf den Geist der Zeit anwenden. Wir stehen alle unter seinem Gebiet bald thätig, bald leidend.” (SSW : )  “Auf diesem Wege der Averroischen Philosophie, nach der das ganze Menschengeschlecht nur Eine und zwar eine sehr niedrige Seele besitzet, die sich dem einzelnen Menschen nur Theilweise mittheilet, auf ihm soll unsre Philosophie der Geschichte nicht wandern.” (SSW : )  This distinction goes back to Aristotle, De anima III, , where Aristotle tries to answer the question of how human thinking can be actualized, i. e. how the intellect can evolve from a state in which it has the ability to think just in pure potency, but does not think actually, to a state in which it does. Since a pure potency cannot actualize itself, Aristotle distinguishes between two sorts of intellect, which later commentators will call the potential, passive, or material intellect and the active or agent intellect. This rather obscure passage and its rather obscure distinction between different intellects turned out to be the starting point for discussions in Greek, medieval Jewish, Arabic, and Latin philosophy both on the correct interpretation of Aristotle and the nature of human thought (Davidson ,  f.), especially how both the material and the active intellect are related to the individual human soul. Furthermore, Arabic thinkers such as al-Farabi, Avicenna, and Averroes integrated these intellects together with higher pure intellects into their cosmic schemes. The main cosmological function of the intellects is to keep the celestial spheres in motion (ibid., ).

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with this intellect in mind, Herder criticizes Kant’s idea of a spirit as an entity that is independent of the human individual. Averroes’ material intellect, although it transcends human individuals (as it is a separate substance – according to Averroes the lowest of all separate substances – and only one singular intellect shared by all humans) nevertheless somehow depends on the being of the human species. This intellect is not already thinking in actuality, but only has the potential to be thinking of universal concepts. Therefore, it presupposes both the abstractive powers of the active intellect and human imagination, to become actualized: that is, in order to think it needs the forms perceived by human imagination. Since it “has no nature except being apt for receiving perceived material forms” (Comm., ), its being presupposes the being of humanity. Averroes thus proves the eternity of the human species as a consequence of the eternity of the material intellect. It is this material intellect that Herder equates with the spirit of the age in his Letters. Thus, Herder obviously rejects the idea of the spirit of the age as a metaphysical entity which can exist without human individuals. What is even more striking, by translating Averroes’ material intellect into his spirit of the age Herder obliterates the active intellect, which according to Averroes is necessary to transform individual images into universal concepts and to actualize the material intellect. In the end, Herder ascribes the power to actualize the spirit of the age to the active participation of the human individuals as the constituents of this spirit. This indicates that Herder conceives the spirit of the age as a creation of human imagination, the actualization of which does not presuppose any idea of an absolute, but is constituted by the same human individuals that are also passively subject to its commands. If we consider Herder’s spirit of the age from Hegel’s point of view, then Herder recognizes the spirituality of its elements, namely, laws, language, traditions, etc. Herder also points out that each individual is limited by the spirit of his age, which neither an individual nor a philosophy is able to transgress (GW ,: ). But Herder does not conceive the spirit of the age as an objectification of the absolute and, therefore, also not as a sphere of mediation between the individual and the absolute. Instead, at least for Hegel, Herder absolutizes human imagination and does not see that it is not human imagination, but the “secret efficacy of reason” (GW : ) which organizes history. B. Hegel’s Concept of the Spirit of the Age To summarize Hegel’s perspective: Jacobi offers correct insights into the spirituality of the individual and the absolute, but rejects the objective spirit as a sphere of mediation between them both, whereas Herder realizes the spirituality of the

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objective sphere, but does not consider it as a sphere of mediation or does not transcend the objective spirit and ascend to the absolute, which for Hegel is the perfection of the self-consciousness of freedom. Against these alleged flaws of Herder and Jacobi, Hegel’s conception of the spirit of the age can claim to sublate both Jacobi’s and Herder’s conceptions of spirit. From Hegel’s point of view, Jacobi has shown that the substance of the individual is the absolute as a spirit, whereas Herder has illustrated that this spirit needs to reveal itself in the stages of world history as the spirit of the age. In Hegel’s philosophy, the absolute, which underlies the different actualizations of the spirit of the age, is no longer Jacobi’s indefinite and abstract absolute, of which one can say only that it is, but not what it is (see Pöggeler , ; GW : ). Rather, it is a spirit, which is revealed not only in the individual soul, but also reveals itself determinately in its products in space and time, such as morals, religion, right, and language (GW ,: ). As ‘world spirit’, the absolute renders itself objective in different nations and times, the essence of which are the different realizations of the spirit of the age. This spirit of the age (or a nation) is the systematic and organic unity manifested in the constitution, art, laws, manners, sciences, religion, and morals of a certain people at a certain time (Beiser , ; Fulda , ). It is the self-consciousness of a certain people at a certain time “of its truth, its essence, and of that, what is truth for itself, the spiritual powers” that govern this very people (VG: ; Fulda , ). Just as for Herder, each spirit of the age is for Hegel the result and last element in a development that is handed down to a people by its tradition (Beiser , ). But for Hegel, this tradition or development is regulated by the absolute, namely the world spirit, which somehow transcends this tradition as its guiding principle. And, according to Hegel, one must not conceptualize this absolute as a metaphysical entity above and independent of human history, but only as the human self-consciousness of freedom. Thus, the specific spirit of an age being the concrete realization of the world spirit is a certain stage in the evolution of humanity coming to the consciousness of itself as freedom. Conversely, the spirit of the world does not exist apart from its concrete realizations in the different spirits of the ages as actualizations of freedom (Fulda ,  f.). As a consequence, the specific spirit of an age sets certain limits for the possibility of the actualization of freedom in the laws, morals, religion, science, and arts of a people at a certain time. Therefore, there are no a priori rules of laws, morals, religion, etc., but only their actualizations within the limits of a certain spirit of the age. Furthermore, each specific spirit of the age is also the spirit of the individuals living at this time within a certain community. Thus, no individual can overleap the spirit of her time and community (GW ,: ). The spirit of each age sets the limits for each individual in one’s own attempts to comprehend the world and oneself objectively and also to criticize one’s time’s spirit of the age (see Magee , ). And if one wants to understand another

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person’s or nation’s moral, legal, or scientific system, one first has to understand this person’s or nation’s spirit of the age. To point out the decisive difference between Hegel’s and Herder’s conceptions of the spirit of the age once again: Hegel’s philosophy considers the different spirits of the ages not just as particular expressions of human creativity, but also as a concrete realization of the absolute or the idea of freedom, i. e. a concrete universal. Therefore, in opposition to Herder, the history of the different spirits of the ages is guided by some underlying principle, namely by the world spirit. This world spirit – as reason in history – is humanity’s consciousness of freedom, whose evolution overcomes the different spirits of the age when they stand in its way (GW ,: ; GW ,: , ). Since the spirits of the ages are nothing but the concrete actualizations of the consciousness of freedom within each certain community in each certain age, it is the inner contradiction (e. g. the actualization of community freedom excludes the freedoms of some of its members) within the consciousness of freedom of a certain nation which keeps the evolution of freedom evolving. What we finally recognize in the history of the spirits of the ages is reason or the consciousness of freedom as it is concealed in history (GW ,: ). III. The Spirit of the Age as Objective Reason in Jacobi After this brief outline of Herder’s and Hegel’s concepts of the spirit of the age, the next part of this paper intends to show two things: () Hegel offers only a partial reading of Jacobi’s conception of spirit. () The connection between Hegel’s notion of the spirit of the age and that of Jacobi consists in the conception of the spirit of the age as a necessary mediation between the individual spirit and the absolute as the consciousness of freedom. To this end, starting from Jacobi’s and Hegel’s critique of Kant as common ground, my following discussions will analyze different relations which are constituting the personal spirit according to Jacobi: its relations to the world (in Part A), to society, and to the absolute (in Part B).

 For a more detailed analysis of the connection between history and world spirit in Hegel see Fulda ().

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A. The Personal Spirit and the World Hegel correctly states that Jacobi tries to supersede Kant’s idea of a pure human reason by his own idea of a personal reason (AB : ). Just as Hegel, Jacobi does not believe that one can disclosure the pure conditions of the possibility of thought via critical abstraction (Sedgwick , ). According to Jacobi, neither pure reason nor understanding, but individuality and personality are the true alpha and omega of human thinking and acting. The proton pseudos that is misguiding Kant’s idea of the human spirit and leading him to the assumption of pure forms of thought is his opposition of the spontaneity of understanding to the receptivity of sensuality. Kant considers intuitions and concepts as “two completely heterogeneous elements”. Yet, it is common knowledge that their heterogeneity notwithstanding, the concepts of understanding need to be applied to perceptions so to grant them objective reality, and therefore, make experience possible (Sedgwick , ). According to Jacobi’s interpretation, this means that whereas understanding and intuition cannot operate isolated from each other they nevertheless are isolated elements. Since they are originally separated elements, which, for the sake of experience, are in need of being unified, they have to be tied together by a third element, namely the transcendental schema or the synthesis of imagination. But this synthesis is only an external one, according to Jacobi, for it is already in its formation that a concept depends on perception. Indeed, spontaneous thought and receptive perception have a unitary origin, or are reciprocal moments of one and the same “power”, namely the vital human spirit, which is separated into different powers or functions only in later reflection. So for Jacobi, receptivity and spontaneity determine each other reciprocally (JWA ,: ): the level of the receptivity of each spirit depends on its spontaneity and vice versa (JWA ,: ;  – ; JWA : ), since they are both manifestations of its vitality. Receptivity must therefore not be considered as the opposition to spontaneity, or just as its counterpart, but as the condition for the human spirit to bring about concepts (JWA ,:  f.;  f.;  f.). In order to point out that perception and thinking are not to be considered as isolated elements which are in need of further synthesis, but form an original, organic unity, he calls this unity an immediate one  See e. g. Jacobi’s letters to Kleuker (//; JB I,: ; ) and to Lavater (//; JWA ,: ).  For the time being, I restrict myself to the epistemological basis of Jacobi’s critique of Kant’s concept of pure reason and understanding and exclude the fact that Jacobi’s epistemology is again based in his concept of the individual person interacting with the world (see in this regard e. g. Sandkaulen ). But I will get back to this issue later.  AA V: ; KrV B/A; B f./A; B/A; AA IV: ; ; AA XX: .  Jacobi rather speaks of perception (“Wahr-Nehmung”) than of intuition (JWA ,: ).

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(JWA : ). Just as in every organic whole, the organic whole of perception and concept is not before, but after, its moments. To put it differently, every perception, at least in its origin, is a conceptual perception, and every concept is a perceptive concept (JWA ,: ). Being in unity with intuition is the characteristic feature of a true, vivid, and original concept. This unity is not mediated by any further operation of the mind. It rather precedes their separation, brought about by external reflection. And concepts lose their truth and vitality if they lack connection with perception (JWA ,:  f.). Therefore, Jacobi’s philosophical problem is not the unification of perception and concept, but its separation by later abstraction and reflection – which is necessary because of our finite, limited intellectual nature – and the possibility of their reunification. But Jacobi goes even further in criticizing Kant: Repudiating Kant’s thesis that our cognition is only related to representations and not to the world in itself, he claims to be a realist as there has never been one before (JNa : ; see Sandkaulen ). For this reason, Jacobi sometimes seems to overemphasize the passivity of our spirit, but this is only to point out the non-representational relation between the world and our perceptions. For Jacobi, we do not just perceive representations of the world, but it is the world itself that immediately reveals itself to us in our (conceptual) perceptions (JWA ,:  f.;  f.). The structure of the world in itself is therefore not just represented in or signified by the structures of our thoughts and language, which form our perceptions of the world, but reveals itself in the structures of our language and thinking (JWA : ). The structures of our concepts, words, and signs therefore reveal the structures of the world in itself. To summarize: The truth of a concept is to reveal some feature of the world. This truth somehow depends on the level of the perceptual receptivity of the one having or forming the concept. On the other hand, we can only perceive what we already conceive. The world as we perceive it depends on the way we conceptualize it. Thus, it is only thanks to the conceptual activity of our minds that the world in itself can reveal itself to us in our perceptions. But – and this marks a third difference between Kant and Jacobi – the concepts that inform our perceptions are not only spontaneously applied pure a priori forms, but articulations of the creative power of the individual’s spirit. Whereas the individual’s concept formation is to some degree determined by perceptions (not every concept suits each perception), according to Jacobi the perceptions do not necessitate the specific forms by which we order them. So the spontaneity of an individual’s spirit is not restricted to the application of predetermined forms, but is a power to bring about these forms creatively.  JWA ,: ; WW : ; JWA ,: ; JWA ,: .

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Different individuals will conceptualize the structures or features of the world in different systems of concepts and language. Jacobi points out this fact for the concept of causes: Whereas the moderns rather conceptualize the relation of cause and effect in a mechanical way according to Newton’s system of physics, earlier cultures used to conceptualize this relation according to a system of vivid, somehow personal spirits bringing about the changes in the world (JWA ,:  f.; JWA ,: ). And it is always according to this particular system of concepts and language, that the human spirit establishes thanks to its creative activity, according to which one perceives the world and its structures. Let us pause here for a moment to summarize the three points of critique that Jacobi formulates against Kant’s model of experience or knowledge, and let us see how Hegel relates to these points: () Jacobi criticizes Kant for treating understanding and intuition as isolated elements that have to be unified externally by a third element, namely imagination in combination with its schemata. We have further seen that, contrary to Hegel’s critique of Jacobi (GW : ), Jacobi does not deny the possibility of a synthesis or union of concept and intuition, but posits the unity of concept and perception as an immediate one preceding their separation by reflection and abstraction. Whereas Hegel apparently does not approve Jacobi’s concept of immediacy (TWA : ; ; GW :  f.; ; ; ), he clearly agrees with the critique of Kant that is implied in this conception; that is, he approves of Jacobi’s refutation of Kant’s synthesis as a union of extrinsic elements (GW : ). Therefore, Jacobi anticipates Hegel’s later critique of Kant’s schemes and imagination that they are not able to mediate thinking and intuition as an intuitive understanding or an understanding intuition, so that intuition and understanding remain isolated elements only connected in an external manner (TWA : ). But Hegel – as we have seen, mistakenly – accuses Jacobi of excluding any possibility of a unity of intuition and concept (GW : ). The only possibility Jacobi does exclude is the possibility of a mediated unity between intuition and concept. () Just as for Hegel and in contrast to Kant (JWA :  f.; Sedgwick , ), for Jacobi the forms of thought and perceptions reveal some truth of the things in itself, namely their structural determinations. For example, causality is not an a priori concept we impose on the world, but “a constituent feature of the world we inhabit” (Houlgate , ). () Both for Jacobi and Hegel, in order to grasp the constituent features of the world we inhabit, a creative activity is required of the human spirit.  See also GW :  f.; Sedgwick (,  ff.; ;  f.).

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But there is more to Jacobi’s critique of Kant’s philosophy of mind that Hegel finds congenial. To Jacobi, the individual spirit’s unity of activity (concept) and receptivity (perception) implies a third ‘moment’ of the individual spirit, namely the self-awareness of this very spirit. The level of this self-awareness is again directly related to the individual spirit’s level of spontaneity and its receptivity (JWA ,:  f.). At first hand, this assumption does not seem like a good starting point for criticizing Kant. For according to Kant, self-consciousness is closely interrelated with understanding, too. On the one hand, transcendental apperception, which is identified with understanding, is the basis of the synthesis of concepts. On the other hand, the analytic apperception presupposes the manifold given in intuition in order to be able to recognize itself. For synthetic apperception is prior to analytic apperception (KrV B ). But, nevertheless, there is a fundamental difference between Jacobi and Kant: According to Jacobi, Kant’s unity of understanding, selfconsciousness and intuition is again a unity of separate elements and not a concrete, immediate unit. This presents Kant’s theoretic philosophy with two unsolvable problems: () Kant’s pure I only presupposes the manifold of intuitions, but is not itself originally determined by the manifold given to it. This manifold cannot determine the I or understanding, since it is itself undetermined, and it is not clear how two undetermined elements could determine each other. Thus, the I or understanding would have to determine itself. But, according to Jacobi, there is no path leading from the pure and empty unity of apperception to the determination of understanding (JWA :  ff.; JWA ,:  f.; ). Therefore, Kant cannot explain the transition from the pure unity of transcendental apperception to the determinate unities of the categories. Instead, Kant ends up with an empty I lacking any determination or a pure, undetermined nothing: “I-hood as a pure action of the equating of – Nothing, as Nothing, in Nothing, through Nothing, is a bare nonthought; and the opposing, as a condition of this equating, [is a] true madness. Since all I can find for opposing is a pure nothing plus nothing, an infinite quantity of plus nothing.” In contrast, Jacobi thinks that the unity of self-awareness, intuition, and understanding is not a unity of originally isolated elements, but an immediate unity (JWA ,: ), in which self-awareness, understanding, and intuition always already determine each other (JWA ,: ).

 “Ichheit als eine bloße Handlung des Gleichsetzens von – Nichts, als Nichts, in Nichts, durch

Nichts, ist ein baarer Un-Gedanke; und das Entgegensetzen, als Bedingung dieses Gleichsetzens, eine wahre Tollheit, da ich zum Entgegensetzen nur ein Nichts plus Nichts, eine unendliche Größe von plus Nichts vorfinde.” (Epistle to Jean Paul (//; JNa : )) See also: JWA ,: ;  f.

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() Jacobi anticipates Fichte’s “original insight” (Henrich ), namely the circularity of the so-called “reflection-model” of self-consciousness still held by Kant: if self-consciousness (the I) is constituted by an act of reflection of the I upon itself, whereby the I identifies itself with itself, then this explanation is circular. For the reflection of the I upon itself already presupposes the I, which the act of reflection is supposed to explain. Therefore, for Jacobi the principle of philosophy cannot be an abstract I or subject, but only the individual person: “Personality is my α and ω; a living entity without personalty seems to me as the most absurd thought, one can claim to be thinking. Being, reality, I do not know at all, what it is supposed to be, if its not a person.” Personality means not an abstract structure of self-awareness, but the concrete and original unity of self-awareness, understanding, and perception. Hence, the unity of self-consciousness, spontaneous formation of a concept, and reception of a perception is not mediated by an additional operation of the mind, but unmediated. The awareness of this unity, which Jacobi also calls individuality, is an immediate one and not mediated by some later operation of the mind. To point out this immediacy, he refers to it as a “fundamental feeling” (Epistle to Jean Paul //  JNa : ) or prefers the French notion “le sentiment de l’être” over the German “[Selbst]Bewußtseyn”, since the latter seems to imply some reflection and presentation (JWA ,: ). In Hegel’s philosophy of law, one can clearly see the influence of this concept of personality on Hegel. In defining the free individual as the basis of law, Hegel is clearly referring to Jacobi’s conception of the individual spirit: The free individual is a person, the I regarded as personality is immediately determined by its different relations but also knows itself as somehow independent of these other things (GW ,:  f.). Hegel furthermore obviously accepts the critique which is implied in Jacobi’s concept of self-consciousness, that is, the critique of Kant’s concept of self-consciousness as an empty I (Sedgwick , ). On the other hand, Hegel criticizes Jacobi for mistakenly maintaining the general impossibility of a mediation of subjectivity. In his review of Jacobi’s Works, calling Jacobi’s treatment of Kant “truthful” and “dialectical” (GW : ), Hegel  JWA ,: ; JWA :  f.; Sandkaulen (, ); Sandkaulen (,  f.).  “Mir ist Personalität α und ω; und ein lebendiges Wesen ohne Personalität scheint mir das

Unsinnigste, was man zu denken vorgeben kann. Seyn, Realität, ich weiß gar nicht, was es ist, wenn es nicht Person ist.” (Epistle to Lavater // JB I,: ) See Sandkaulen (,  f.). Birgit Sandkaulen therefore calls Jacobi’s philosophy a “philosophy of personality” (ibid., ).

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analyzes Jacobi’s critique of Kant with much greater sympathy than in Belief and Knowledge, where he criticizes it as “galimatiasizing” (GW : ). Just as for Spinoza, Jacobi has also shown for Kant that his philosophy operates with an empty and abstract concept, namely the pure I, which is a pure nothing negating any determination (TWA :  f.). Jacobi legitimately leads Kant’s abstract identity of the I into the abyss of pure nothingness (GW : ). This is the true result of Jacobi’s dialectical treatment of Kant, according to Hegel. But with his own concept of absolute negation as absolute negativity, Hegel claims to possess a speculative tool to solve the problem of how an undetermined nothing can and must determine itself without introducing an exterior thought. Therefore, he appreciates Jacobi’s critique of Kant’s pure entities as truly dialectical (since Kant is not able to make clear the transition from a pure I to a determined I) but he can still criticize this critique as not being speculative, since it only has a negative solution and confines itself with the presupposition of an immediate unity, whereas Hegel can mediate this unity by speculation. B. The Objective Spirit and the Absolute So far, we have seen that the true point of deviation between Hegel and Jacobi is that Jacobi indeed excludes the possibility of a speculative mediation of the unity of self-awareness, understanding, and perception. My next argument will now try to show that for Jacobi this does not, as Hegel claims, exclude the sphere of objectivity as a necessary mediation between the individual and the absolute, but rather renders it necessary. For Jacobi’s previously characterized theory that concepts are the result of a creative formation of the individual’s mind makes it seemingly difficult to understand how different individuals can understand each other. How could we possibly share a common world, if the world as we perceive and conceive it were constituted by ‘private’ concepts? Jacobi’s answer runs as follows: In its self-awareness, the person is conscious of itself primarily not as an entity which is only judging and thinking, but of itself as an acting free and personal spirit. Human beings are not only and not even primarily related to the world by the acts of judging, imagining, representing, etc., but by interacting with the world (JWA ,: ). Thus, self-awareness is not a speculative consciousness, but an “actionconsciousness”. The original experience of the human self, constituting its  This problem is obvious in Fichte’s Groundwork: Fichte cannot deduce the determined I from the absolute I intrinsically, but has to introduce negation or determination in form of the Non-I extrinsically via a second principle, of which he says that it is at the same time conditioned and unconditioned.  See Sandkaulen (, ); Sandkaulen (, ); Koch (, ).

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judgments and perceptions, is that of a free cause interacting with the world, which is at the same time enabling and limiting its exercise of causal freedom. In this original experience, the human being is aware of itself as a free and personal agent, for freedom is the essence of human beings (JWA ,:  f.). But for Jacobi, one can be aware of one’s freedom and personality only through the recognition of and by other free agents. The self-awareness of a personal I thus presupposes that the I is aware of a You (WW : ). This means that intersubjectivity is not a secondary relation occurring to an already constituted I, but is constitutive of the human self-awareness as an I or as a person. This is one of the earliest () and most original insights of Jacobi (JB I,:  f.). The human spirit is that which enunciates itself as an I by distinguishing itself from a You (JWA ,: ). Put differently: The I experiences itself as a sphere of freedom, whose freedom is limited and enabled by the freedom of other Is. In Hegel’s words: Spirit is nothing other than knowing oneself only in another spirit and being in the other spirit for oneself (GW ,: ). Since the formation of concepts implies self-awareness, it can take place only in a community of spirits. Each individual is born into a collectively shared ‘web of beliefs’ – i. e. a system of fundamental concepts, categories, judgments, language, morals, religion, and laws constituting a social praxis – which determines even the individual’s allegedly most simple perceptions. These beliefs are both a product of socialization and in a way natural – as a ‘second nature’ – to the individual; they constitute not only what appears as nature to an individual, but also that individual’s objective reality and how the individual conceives itself. This is why for Jacobi – just as for Hegel – the individual keeps these beliefs holy (JWA ,: ; WW :  f.). Thus, in his argument with Mendelssohn, Jacobi states: “We all are born in belief and have to stay in belief, just as we are all born in society and have to stay there”. There is no Archimedean standpoint of pure reason, subjectivity, or objectivity, since our self-awareness as a free person, our rational concepts, ideas, beliefs, and practices are entangled in a framework of beliefs, which we always already presuppose in our use of each concept (JWA ,: ). Even what appear to us as the most basic principles of rationality are just “original, universal, unavoidable prejudices” (JWA ,: ), which we owe to the social praxis we are born into. Without these prejudices we would not be able to think or act at all. Each philosophical system is therefore an expression of its history and the social praxis it is bound into (JWA ,: ). Pure reason, if possible at all, could not  “Lieber Mendelssohn, wir alle werden im Glauben gebohren, und müssen im Glauben bleiben, wie wir alle in Gesellschaft gebohren werden, und in Gesellschaft bleiben müssen: Totum parte prius esse necesse est.” (JWA ,: )

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motivate us to act. Therefore, Jacobi rejects the idea of a government of pure reason championed by the French Revolution: Until now, reason never was alone for us; considered as a separate entity or as pure reason, it appeared to us neither legislative nor as executive […]. Reason is a superb bearer of light; by itself, however, it would neither give light nor move. Thus, Jacobi is obviously not the apologist of subjective individuality as Hegel presented him. Rather, he agrees with Kant that our actions have to be guided by principles, and not by individual feelings as the heroes of Sturm und Drang believe. But contrary to Kant he thinks that these principles already have to be made concrete in the specific moral praxis of a society one is born into. Thus, the anti-heroes of Jacobi’s novels, Woldemar and Allwill, who deny the legitimacy of society and its morals, and instead maintain their pure individuality, are both destined to fail. Their destiny shows us that without the objective world, which is constituted by society, personal individuality is impossible (JB I,: ). Each individual spirit is constituted as an immediate unity of spontaneity, perceptivity, and self-awareness: the possibility of this unity already presupposes being in unity with other individuals and being a part of an objective sphere of social praxis constituted by these other individuals. Following Herder, Jacobi calls this essence or sum of a specific web of beliefs “the spirit of the age” (JWA ,: ). On the one hand, just as for Hegel and Herder, the spirit of the age limits the way in which an individual can actualize her freedom and spontaneity (JWA ,: ), but the spirit of the age is also constituted by the spontaneity of a society of individuals, since it can only be alive in the praxis of a society (JWA ,:  f.). And as such, it is the expression of the free creativity of human spirits. Therefore, in this respect the spirit of the age already reveals the actualization of human freedom. Up to this point, there seems to be no difference between Herder’s and Jacobi’s conceptions of the spirit of the age. But, as we have seen, in Jacobi, free spontaneity is united with self-awareness. And in its self-awareness, the human spirit is aware of itself as a somehow unconditioned or free power (an acting cause) and at the same time as a conditioned being depending on the world it is born into. In other words, the human spirit is aware of itself as a being which, at the same time, is both absolute and dependent. So it is also aware that it is not absolute, per se, and therefore not the absolute itself – because the absolute can in no way be conditioned (JWA ,:  f.) – but  “Chez nous jusqu’ici la raison ne fut jamais seule; et considérée comme un être abstrait ou de pure raison, elle ne nous paraît ni législatrice, ni exécutrice […]. C’est un porte-lumiere superbe; mais par elle-même elle ne saurait ni éclairer ni mouvoir.” (JWA ,: ; tr. di Giovanni , )  Thus, as is stated by Pöggeler, Jacobi’s novels anticipate Hegels later criticism of the absolutized, Romantic subjectivity (Pöggeler , ).

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only partakes in the absolute (JWA ,:  f.). Indeed, in its exercise of freedom, it is aware of the absolute itself on which its own freedom depends. Whereas its exercise of freedom presupposes the natural world and the social praxis it is born into, both cannot establish its power of freedom. Therefore, in its own self-awareness and its productivity, the human spirit immediately presupposes the absolute. So, for Jacobi, the human spirit is not totally autonomous, but – as Hegel correctly points out – presupposes the absolute, in which the human spirit partakes in a limited manner (JWA ,: ). The original source of the power of the human spirit is the absolute. This absolute is nothing else than the freedom of substantive reason, which Jacobi says is not an accidental quality the human being possesses, but, contrariwise, a reason that possesses the human being in its entirety. The substantive reason is the spirit of the human, free being (JWA ,: ). This reason is the self-consciousness of the spirit (JWA ,: ): because all its perceptions, feelings, thoughts, drives, and actions are somehow informed by its own freedom or substantive reason. Given this, the spirit of the age is not only an expression and actualization of the freedom of the human spirit but at the same time a manifestation or revelation of substantive reason or freedom. In fact, it is substantive reason as freedom concealed in time (JWA ,: ). Hence, in the spirit of the age, human reason can recognize not only its own limited creative powers (as for Herder), but also the absolute or substantive reason as it reveals itself in limited expressions. In this sense, contrary to Kant, the spirit of the age is in fact a necessary mediation between the absolute and the individual spirit, since it is the framework determining the conditions under which the spirit of an individual is able to grasp truth, to act morally, and to realize and be aware of its freedom. This means that for Jacobi – in contrast to Herder and in accordance with Hegel – the philosophical relevance of the spirit of the age is not only that it reveals the freedom or creativity of the human spirit, but that at the same time it reveals the absolute or substantive reason in its different actualizations, which substantiates the individual’s personal freedom (JWA ,:  f.). And there is even more to Jacobi’s concept of the spirit of the age which we later find in Hegel: As a specific expression of the relation between a group of specific individuals, the world, and the absolute, no spirit of the age can completely lack truth, reason, and freedom (JWA ,: ). Every spirit of the age is a limited realization of reason, freedom, and truth. Neither can any spirit of the age be the absolute realization of freedom, truth, and reason (JWA ,: ). We would misconceive the nature of the spirit of the age if we understood this limitation as a

 JWA ,: ;  f.; JWA : ; ; ; ; JWA ,: ; .  JWA ,: ; JWA ,: ;  f.; ; JWA ,: .

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privation, since it is in the very nature of the absolute that it can reveal itself in human history only in finite realizations. Also like Hegel, Jacobi thinks that the history of the spirit of the age is guided by substantive reason, since the development of its historical actualizations is “underlaid” by the absolute or the spirit of truth (JWA ,: ). Like Hegel, Jacobi thinks that the principles of the spirits of the ages are judged and guided by the absolute spirit, since the absolute spirit acts not as blind fate, but governs a necessary and rational evolution of history in which the self-cognition of human freedom or substantive reason comes to realization (JWA ,: ; JWA ,: ). For objective reason – which Jacobi equates with substantive reason – governs the history of subjective human reason or the concrete coming into being of the self-cognition and actualization of reason as self-determined freedom (JWA ,: ). But just as for Hegel, the owl of Minerva does not fly until dusk: only at the end of an age, can we distinguish that which is necessary in our own age for the evolution of human self-consciousness of freedom from that which is accidental (JWA ,: ). Conclusions We have now seen that there are good reasons to assume that Hegel’s concepts of the spirit of the age and of spirit in general were fundamentally influenced by Jacobi: () Hegel accepts Jacobi’s critique of Kant’s concept of the ‘subjective spirit’. () Despite Hegel’s critique, Jacobi anticipates Hegel’s later idea that the subjective spirit and individual freedom need to be objectified by the supra-individual sphere of the spirit of the age. () This spirit of the age is the embodiment of the social praxis, beliefs, morals, concepts, etc. of a certain people at a certain time. Therefore – in contrast to Kant’s assumption of a pure faculty of reason and moral and cognitive laws, which are, as a priori, necessarily and universally valid – it manifests the finitude and historicity of human rationality (see Sedgwick ,  ff.; ; ). () It enables and at the same time limits all the individual’s realizations of freedom such as thinking, sentiment, and acting. () The spirit of the age mediates between the individual and the absolute (substantive reason itself).

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() The history of the spirits of the ages is the evolution of substantive reason as human self-cognition of freedom coming into being. Nevertheless, by outlining the continuities between Jacobi’s and Hegel’s conceptions of the spirit of the age I do not want to imply that Hegel’s idea of the spirit of the age is nothing but a plagiarization of Jacobi, since Jacobi does not give us a systematic elaboration of this conception, but more a draft of it. Jacobi was able to sketch out highly original and influential ideas in short philosophical forms, but the elaboration of these sketches into the great novels of German philosophy had to be carried out by others (JWA ,: ). Furthermore, there are philosophical reasons which characterize the actual difference between Jacobi and Hegel: Jacobi strictly denies the possibility of an intrinsic, speculative mediation or deduction of the individual acting-consciousness as a unity of the consciousness of the following moments: personal self-awareness, the objective social sphere, the You, the absolute, and nature (AA XI: ; JWA ,: ; JWA ,: ). With whatever moment of this unity speculation starts in order to deduce the other moments, it will just lead to a pure and abstract nothing. From this nothing, there is only one way back to the acting-consciousness: Jacobi’s leap out of demonstrative thinking, the so-called “Salto mortale” (JWA ,: ; ), meaning the “existential” and free opposition to the pure nothing and the position of freedom (Sandkaulen , ; ; Koch , ). In contrast, also starting from the abstract nothing and referring it to itself, Hegel tries to mediate this immediate unity in itself by means of his concept of determinate negation. Apparently, Jacobi clearly saw this as the main philosophical difference between himself and Hegel. In a letter to Neeb (//) he writes that both he and Hegel consider Spinoza’s substance as the final and true result of any consequent philosophical thinking and that this substance must be superseded by a system of freedom. But whereas, according to him, one has to perform the salto mortale to be able to get from Spinozism into a system of freedom, in Hegel’s thinking it is the consequent fulfillment of conceptual thinking in itself that yields a higher thought leading to a system of freedom: Hegel too regards Spinozism as the final and the truest result of thought to which any consequential philosophizing could possibly lead. But the difference between him an me is that […], beyond Spinozism, he comes to a system of freedom on a road which is only a higher, though still the same road of thought […] – without a leap. I, on the contrary, by means of a leap, by jumping on the springboard of a merely substantial knowledge – the kind which Hegel too indeed assumes and presupposes but treats differently than I do.  “Der Unterschied zwischen Hegel und mir besteht darin, daß er über den Spinozismus […]

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Which of these two alternatives is more promising is hard to determine, especially since Jacobi’s age – as he himself admits – did not allow him to deal with Hegel’s mature system anymore: I would dearly love to undertake with him, once more, a thorough research into what the power of thought can yield by itself, were not the head of the old man too weak for the job. Abbreviations AA

Immanuel Kant. Gesammelte Schriften. The Academy Edition of the Royal Prussian Academy of Sciences. Berlin,  passim. AA IV (Kritik der reinen Vernunft (. Aufl. ), Prolegomena, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft); AA V (Kritik der praktischen Vernunft, Kritik der Urteilskraft); AA XI (Briefwechsel – ); AA XX (Bemerkungen zu den Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen, Rostocker Kantnachlass, Preisschrift über die Fortschritte der Metaphysik)

AB /

Immanuel Kant. Auserlesener Briefwechsel.  Vols. Edited by Friedrich Roth. Leipzig,  (Vol. ) / (Vol. ).

B

Vol.  of Briefe von und an Hegel. Edited by Johannes Hoffmeister. Hamburg, .

Comm

Averroes. Commentarium magnum in Aristotelis de anima libros. Edited by F. St. Crawford. Cambridge, MA, .

GW

Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Gesammelte Werke. Edited by the RhenishWestphalian Academy of Sciences and the German Research Foundation (DFG). Hamburg,  passim. GW  (Frühe Schriften. Teil I); GW  (Jenaer Kritische Schriften); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW , (Grundlinen der Philosophie des Rechts); GW , (Grundlinien der Philosophie des Rechts. Beilagen); GW  (Schriften und Entwürfe I (–)); GW  (Vorlesungsmanuskipte I (–)); GW  (Vorlesungsmanuskripte II ( – )); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW  (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ()); GW 

welcher Spinozismus auch ihm das letzte, wahrhafte Resultat des Denkens ist, auf welches jedes konsequente Philosophieren führen muß, hinauskommt zu einem System der Freiheit, auf einem nur noch höheren, aber gleichwohl demselben […] Wege des Gedankens – ohne Sprung; ich aber nur mittelst eines Sprunges, eines voreiligen, von dem Schwungbrete aus des bloß substantiellen Wissens, welches zwar auch Hegel annimmt und voraussetzt, aber anders damit umgegangen haben will” (AB :  f.; tr. di Giovanni , ).  “[G]ern wollte ich mit ihm noch einmal alles durchversuchen, was die Denkkraft allein vermag, wäre nicht der Kopf des Greises zu schwach dazu.” (AB : ; tr. di Giovanni , )

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(Wissenschaft der Logik. Erster Teil. Die objektive Logik. Erster Band. Die Lehre vom Sein ()); GW , (Vorlesungen über die Philosophie des Rechts I); GW , (Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte I) JB

Friedrich Heinrich Jacobi. Briefwechsel. Gesamtausgabe. Edited by Walter Jaeschke and Birgit Sandkaulen. Stuttgart-Bad Cannstatt,  passim. JB I, (Briefwechsel –); JB I, (November  bis Juni ); JB I, (Briefwechsel Juli  bis Dezember ); JB I, (Briefwechsel Januar  bis Mai ).

JNa / Friedrich Heinrich Jacobi. Aus F. H. Jacobi’s Nachlaß. Ungedruckte Briefe von und an Jacobi und Andere. Nebst ungedruckten Gedichten von Goethe und Lenz.  vols. Edited by Rudolf Zoeppritz. Leipzig, . JWA

Friedrich Heinrich Jacobi. Werke. Gesamtausgabe. Edited by Klaus Hammacher and Walter Jaeschke. Hamburg/Stuttgart-Bad Cannstatt,  passim. JWA , (Schriften zum Spinozastreit. Textband); JWA , (Schriften zum transzendentalen Idealismus); JWA  (Schriften zum Streit um die göttlichen Dinge und ihre Offenbarung); JWA , (Kleine Schriften I (–)); JWA , (Kleine Schriften II (–)); JWA , (Romane II: Woldemar. Texte).

KFSA

Friedrich Schlegel. Kritische Ausgabe seiner Werke. Edited by Ernst Behler et al. Paderborn et al.,  passim. KFSA II (Charakteristiken und Kritiken I ( – )); KFSA VIII (Philosophie der Geschichte: in achtzehn Vorlesungen gehalten zu Wien im Jahre ); KFSA XII (Philosophische Vorlesungen I).

KrV

Immanuel Kant. Kritik der reinen Vernunft. Edited by Jens Timmermann. Hamburg, .

SSW

Johann Gottfried Herder. Sämmtliche Werke. Edited by Bernhard Suphan. Berlin, –. SSW  (Kleine Schriften. Fragmente. –); SSW  (Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit.  – . Buch); SSW  (Briefe zu Beförderung der Humanität. .–. Sammlung (Brief –)).

TWA  Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III. Vol.  of Werke in zwanzig Bänden. Edited by Eva Mollenhauer and Karl Markus Michel. Frankfurt a. M., . VG

Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Die Vernunft in der Geschichte. Einleitung in die Philosophie der Weltgeschichte. Edited by Georg Lasson. Leipzig, .

WW 

Vol.  of Friedrich Heinrich Jacobi’s Werke. Leipzig, .

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Jaeschke, Walter. . “Eine Vernunft, welche nicht die Vernunft ist. Jacobis Kritik der Aufklärung.” In: Friedrich Heinrich Jacobi. Ein Wendepunkt der geistigen Bildung der Zeit, edited by Walter Jaeschke and Birgit Sandkaulen,  – . Hamburg Jonkers, Peter. . “F. H. Jacobi, ein ‚Galimathias‘ der spekulativen Vernunft? Einige Bemerkungen zu Hegels Jacobi-Deutung in seinen Jenaer Schriften”. In: Hegel und die Geschichte der Philosophie, edited by Dietmar H. Heidemann and Chritian Krijnen,  – . Darmstadt. Koch, Oliver. . Individualität als Fundamentalgefühl. Zur Metaphysik der Person bei Jacobi und Jean Paul. Hamburg. Magee, Glenn Alexander. . The Hegel Dictionary. London/New York, NY. Pöggeler, Otto. . Hegels Kritik der Romantik. München. Sandkaulen, Birgit. . Grund und Ursache. Die Vernunftkritik Jacobis. München. – . “Daß, was oder wer? Jacobi im Diskurs über Personen”. In: Friedrich Heinrich Jacobi. Ein Wendepunkt der geistigen Bildung der Zeit, edited by Walter Jaeschke and Birgit Sandkaulen,  – . Hamburg. – . “Fürwahrhalten ohne Gründe. Eine Provokation philosophischen Denkens”. Deutsche Zeitschrift für Philosophie :  – . – . “Ich bin Realist, wie es noch kein Mensch vor mir gewesen ist”. Friedrich Heinrich Jacobi über Idealismus und Realismus. Paderborn. Schick, Stefan. . Vermittelte Unmittelbarkeit. Jacobis “Salto mortale” als Konzept zur Aufhebung des Gegensatzes von Glaube und Spekulation in der intellektuellen Anschauung der Vernunft. Würzburg. Sedgwick, Sally. . Hegel’s Critique of Kant. From Dichotomy to Identity. Oxford. Vos, Lu de. . “Unmittelbares Wissen und begriffenes Selbstbewußtsein des Geistes. Jacobi in Hegels Philosophie der Religion”. In: Friedrich Heinrich Jacobi. Ein Wendepunkt der geistigen Bildung der Zeit, edited by Walter Jaeschke and Birgit Sandkaulen,  – . Hamburg. – . “Hegel und Jacobi (ab). Jacobi-Kritik in Fortsetzung Jacobischer Motive?” In: Hegel und die Geschichte der Philosophie, edited by Dietmar H. Heidemann and Christian Krijnen,  – . Darmstadt. Wood, Allen. . “Rational theology, moral faith, and religion”. In: The Cambridge Companion to Kant, edited by Paul Guyer,  – . Cambridge.

LITERATURBERICHTE UND KRITIK A) Untersuchungen zur klassischen deutschen Philosophie Myriam Bienenstock. Cohen und Rosenzweig. Ihre Auseinandersetzung mit dem deutschen Idealismus. Freiburg/München: Alber, .  S. Bereits  ist Myriam Bienenstocks Buch Cohen face à Rosenzweig. Débat sur la pensée allemande erschienen. Fast neun Jahre später konnte die vorliegende, stark überarbeitete, deutschsprachige Ausgabe realisiert werden. Die damals anlässlich eines RosenzweigKongresses gestellte Aufgabe bleibt ebenso zeitlos wie aktuell: Eine differenzierte Darstellung der Auseinandersetzung Cohens und Rosenzweigs mit „der Geschichte des deutschen Denkens“ (). In der Einleitung wird auf aufschlussreiche Weise in die Diskussionslage um Cohen und seinen Schüler Rosenzweig eingeführt. Insbesondere werden dabei die oft übersehenen Differenzen zwischen beiden Denkern herausgestellt. Während beide von Antisemiten undifferenziert als Juden gleichgesetzt worden wären, neige auch die neuere jüdische Forschung – wenngleich natürlich mit gänzlich anderer Intention – dazu, beide Denker primär in Bezug auf ihre jüdischen Quellen zu betrachten. Dementsprechend bildet die Darstellung der intensiven und differenzierten Auseinandersetzung der beiden mit dem sogenannten ‚deutschen Idealismus‘ eine gewisse Leerstelle der Rosenzweig- und CohenForschung. Bienenstock stellt daher heraus, wie sich Rosenzweig erklärtermaßen weder eindeutig zum Juden noch eindeutig zum Deutschen machen lassen wollte (, Fußnote ), und weist die Position der beiden Denker als Teil eines primär innerjüdisch geführten Dialoges zwischen deutschem und jüdischem Denken aus (). Die nähere Behandlung dieses geistigen Dialogs ist das Grundanliegen der Studie, wobei die Verfasserin den Blick nachdrücklich auf die widerspruchsreiche Auseinandersetzung mit der klassischen deutschen Philosophie im weiten Sinn richtet (). Nach der Skizzierung der Grundproblematik geht die Autorin biographischen Anhaltspunkten zu dem komplexen Verhältnis der beiden zur deutschsprachigen Philosophie nach. Ein Kernaspekt ist hier das Verhältnis zum „Protestantismus in seiner lutherischen, also deutschen Version“ (). Über die Genese der deutschen Sprache im Zuge der LutherÜbersetzung stellt Cohen eine enge Verbindung zwischen der deutschen Sprache und dem protestantischen Christentum her, das er wiederum in die Nähe zum Judentum rückt und so auf eine deutsch-jüdische Symbiose hofft. Exemplarisch steht hier das von Buber und Rosenzweig durchgeführte Projekt der Überarbeitung der Luther-Bibel ( f.). Die Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von lutherischem Protestantismus und Judentum bewegt Rosenzweig so sehr, dass er auf der Suche nach „einem lebendigen Glauben“ () sogar zeitweise selber zum Christentum konvertieren wollte. Bienenstock begnügt sich dabei nicht mit dem Aufzählen der biographischen Fakten, sondern versucht, diese Überlegungen vor dem Gesamtwerk der beiden plausibel zu machen und dabei vereinfachenden Deutungen entgegenzuwirken. Das gelingt ihr besonders überzeugend durch die Einbeziehung des geistesgeschichtlichen Hintergrundes. Im Anschluss an den Ansatz von Michael A. Meyer ordnet sie Cohen und Rosenzweig in unterschiedliche Abschnitte der Geschichte jüdischen Denkens ein. So bilde sich Cohens Denken in einer Phase heraus, in der sich das Judentum in Deutschland noch als jüdisch und deutsch bestimmen konnte und

Hegel-Studien  · © Felix Meiner Verlag · ISSN -

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darin durch eine – wenn auch vorübergehende – „immer umfassendere Integration der Juden in alle wichtigen Bereiche des gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens in Deutschland“ () bestärkt wurde. Rosenzweigs Denken habe sich hingegen in einem Klima herausgebildet, in dem Juden zunehmend von außen bestimmt wurden, was auch eine intensivere Selbstbestimmung als Jude zur Folge gehabt habe. Zwischen „Cohen, de[m] ersten nicht konvertierten Juden, der zum ordentlichen Professor der Philosophie an einer deutschen Universität ernannt worden war“ (), und Rosenzweig liegen nicht nur zwei Generationen, sondern eine geistesgeschichtliche Zäsur im Verhältnis von Judentum und deutscher Kultur. Die Untersuchung der Verhältnisse der beiden zur modernen deutschen Philosophie wird im Hauptteil durch Einzeluntersuchungen geleistet. Zuerst wird das Verhältnis zur Ästhetik untersucht. Die unterschiedlichen Positionen zur Kunst werden in je einem eigenen Kapitel detailliert und mit präzisen Begriffsunterscheidungen untersucht. So wird unschwer deutlich, dass beide in der Herausbildung ihrer ästhetischen Theorie einen anderen Zugang zur klassischen deutschen Philosophie wählen. Ein direkter Vergleich der beiden Positionen findet in dem Buch jedoch nicht statt. Differenzen und Gemeinsamkeiten herauszustellen bleibt so der Leserin oder dem Leser selbst überlassen, wobei Bienenstocks Studie fraglos eine hilfreiche Orientierung bietet. Was einen Vergleich angeht, sind die beiden Kapitel über den Geistbegriff produktiv. Zwar werden Rosenzweigs und Cohens Geistbegriffe wiederum in separaten Kapiteln erörtert, nun jedoch in Form von Einwürfen in Bezug zueinander gesetzt. Aufschlussreich wird die Genese von Rosenzweigs Geistverständnis bei Hegel vor dem Hintergrund seines berühmten Buches Hegel und der Staat dargestellt, wobei der Einfluss von Meinecke ( ff.) und Rosenstock-Huessy ( ff.) herausgearbeitet wird. Cohen kommt schließlich in der Form einer Gegenposition zu Wort, wenn er sich gegen das von Rosenzweig und Rosenstock-Huessy auf Vermittlung fokussierte Konzept des ‚heiligen Geistes‘ für den ‚Geist der Heiligkeit ‘ als ethische Forderung ausspricht ( ff.). Hier wird zumindest an einem Problem ein direkter Kontrast aufgezeigt, wenngleich eine echte Debatte ausbleibt. Im anschließenden Kapitel zu Cohens Geistkonzeption werden die beiden Denker von Bienenstock schließlich dadurch in Dialog gesetzt, dass Rosenzweigs Darstellung von Cohen kritisch mit Cohens Werk verglichen wird. In dem ersten der beiden folgenden Kapitel zum Geschichtsverständnis zeichnet die Autorin anhand der Tradierung der Anekdote über Cohen, dieser sei ein „ehemaliger Theologe, jetziger Philosoph“ (), die Rezeption von Cohens Geschichtsverständnis nach. Sie verteidigt ihn dabei gegen die von Hans Ehrenberg motivierte Eschatologisierung der klassischen deutschen Philosophie durch Rosenzweig. Entgegen dessen Darstellung handele es sich bei Cohens Geschichtskonzeption nicht um einen jüdisch-heilsgeschichtlichen Ansatz, sondern um eine Geschichtsphilosophie, genauer „ein Geschichtsdenken, in welchem auch Juden eine Rolle spielten“ (). Während das Bild Cohens hier kritisch über Rosenzweigs Aneignung erschlossen wird, widmet sich das Folgekapitel wieder fast ausschließlich dem Denken Rosenzweigs. Hier wird dessen an Schelling erarbeitete Unterscheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sowie dem Verhältnis von Mythos und Geschichte nachgegangen. Diese Überlegungen führen in einem letzten Abschnitt zu Lévinas, dem auch das abschließende Kapitel gewidmet ist. Mit dem letzten Kapitel über Lévinas soll der Blick auf das Fortwirken von Cohen und Rosenzweig gerichtet werden. Das gelingt trotz mancher expliziten Rosenzweig-Bezüge bei Lévinas im Kern durch den Nachweis gemeinsamer Problemstellungen. So wird – wie auch

Besprechungen

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in früheren Kapiteln – das Verhältnis zur Verbannung Spinozas und dessen Theologischpolitischem Traktat thematisiert. Die Darstellung des Bezugs von Lévinas und den beiden Denkern des vorliegenden Bandes ist weniger durch das Auffinden von Zitationen und Verweisen geprägt, als durch von der Verfasserin rekonstruierte gemeinsame Problemzusammenhänge. Dieses problemorientierte, durch den Verweis auf die jeweilige Zugänglichkeit von Quellen, Briefwechsel und biographische Aspekte gestützte Vorgehen zeichnet die gesamte Untersuchung aus. Die beeindruckende Expertise der Autorin sowohl in Fragen der klassischen deutschen Philosophie als auch der modernen jüdischen Philosophie erweist sich als äußerst produktiv und weist auf Verbindungen hin, die schnell übersehen werden können, würde man sich nur einer der beiden Denkrichtungen widmen. Bienenstocks Werk über Cohens und Rosenzweigs Auseinandersetzung mit dem sogenannten ‚deutschen Idealismus‘ erfüllt die selbstgestellte Aufgabe. Es gelingt der Autorin, die Forschungsdebatte um ein differenziertes Bild zu ergänzen. Dabei haben die Kapitel jedoch eher den Charakter separater Beiträge. Die Studie beleuchtet so jeweils Cohens und Rosenzweigs eigene Auseinandersetzung mit der deutschen Philosophie und Kultur. Statt eines systematischen Vergleichs oder einer durchgehenden engeren Fragestellung wird Cohens und Rosenzweigs Denken in Einzelstudien über Ästhetik, Geistkonzeption und Geschichtsphilosophie auf die klassische Epoche deutscher Philosophie bezogen. So verwundert es auch nicht, dass ein Nachwort oder Fazit ausbleibt. Bienenstocks Studie macht diesen Mangel durch genaue Aufweise von Rezeptionsbeziehungen und den Nachweis übersehener Differenzen und Differenzierungen wett. So ist die Arbeit für die Beschäftigung mit Cohen und Rosenzweig aus Perspektive der klassischen deutschen Philosophie ein kaum verzichtbares Hilfsmittel und hoffentlich Anstoß für weitere Untersuchungen zu diesem vernachlässigten Thema. Andreas Giesbert Ruhr-Universität Bochum

Lidia Gasperoni. Versinnlichung. Kants transzendentaler Schematismus und seine Revision in der Nachfolge. Actus et Imago Band . Berlin: de Gruyter, .  S. Der Studie von Gasperoni geht es um eine „Revision“ der kantischen „Schematismuslehre im Sinne einer Theorie der Versinnlichung“ (), die „als systematischer Kern der aktuellen Sprach- und Erkenntnistheorie zu gelten“ habe (Klappentext). In diesem Versuch, gleichsam mit Kant über Kant hinauszugehen, werden zwei Perspektiven auf den Schematismus zusammengeführt: Zunächst wird die Auslegung des Schematismus auf die transzendentalphilosophische Frage nach den Bedingungen von Bedeutung fokussiert (vgl. Kant, Refl. X E  – A , AA XXIII: „Das Allgemeine muß im Einzelnen gegeben werden. Dadurch hat’s Bedeutung.“). Im Hintergrund stehen hier zeichen- und sprachphilosophisch inspirierte Kantinterpretationen, insbesondere Wolfram Hogrebes Perspektive einer transzendentalen Semantik ( ff). Gasperoni will dabei zum einen die von Kants Nachfolgern in den Fokus gerückte Rolle von Sprache für das Denken in die Schematismustheorie integrieren. Sofern es aber zugleich darum geht, die „Gestaltungsfunktion“ einer transzendentalen „Sinnlichkeit“ zu betonen, wird der engere Fokus auf

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Sprache und Erkennen auch überschritten: In Gasperonis Deutung erklärt der Schematismus, wie unterschiedliche Vorstrukturierungen unserer sinnlichen Einrichtung („Bild, Figur und Wortlaut“) in der Realisierung durch verschiedene Modalitäten des Gebrauchs („zeichenhaft, symbolisch und expressiv“) zusammen ein plurales Feld menschlicher Bedeutungserfahrungen bedingen und strukturieren (). Dieses reicht über die Bereiche von Wissenschaft und philosophischem Denken bis zur Kunst. Mit dieser diversifizierten Sichtweise auf Bedeutung kommt die zweite zentrale Fragestellung, die einer „Kritik der Medialität“ ins Spiel (). Diese ist in der Einsicht motiviert, dass die der Bedeutungserfahrung zugrunde liegenden sinnlichen Formen und Gebrauchsmodalitäten keinesfalls neutrale Behälter oder Repräsentationen sind, sondern die Inhalte des Erkennens, Denkens oder Fühlens in gewisser Weise erst mithervorbringen. Die Ausgangsfrage nach einer transzendentalen Semantik führt so zu einer „performativen Theorie der Medialität“, was, – wie die Autorin an einer Stelle verrät – „letztlich ein anderer Ausdruck für die Schematismuslehre“ sei, wie sie sie rekonstruieren will (). Hierbei ist es bereits ein wesentliches Verdienst des Buches, diesen Zusammenhang ideengeschichtlich und systematisch mit Inhalt zu füllen. Dies geschieht in einem übergreifenden argumentativen Spannungsbogen, in dem die ursprüngliche Schematismuslehre Kants schrittweise inhaltliche Ausweitungen und systematische Revisionen erfährt: von der Kritik der reinen Vernunft über die Kritik der Urteilskraft und Anthropologie (Teil ), über die Kritiken und Revisionen Kants durch Maimon, Hamann, Herder, W.v. Humboldt und Hegel (Teil ) bis zur Ästhetisiologie Plessners und einer eigenen Positionierung, die Gasperoni vor dem Hintergrund der Kritik an zeitgenössischen Ansätzen der Verkörperungstheorie entwickelt (Teil ). In der Einleitung nimmt die Autorin zwei zentrale Weichenstellungen vor. Erstens wird das Interesse der Arbeit von antiken und modernen Schemabegriffen abgegrenzt, die das Schema als verkürzte Repräsentation eines bestimmten Inhalts begreifen, wie z. B. einer Tanzfigur, deren verkürzte Kodifizierung zugleich Kontinuität und individuelle Variabilität erlaubt. Demgegenüber habe allein Kant in einzigartiger Weise die transzendentale und prozessuale Dimension des Schematismus gesehen, die jeder inhaltlichen Fixierung vorausginge. Diese Dimension spielt auch dort eine Rolle, wo sie zweitens die Perspektive der Arbeit von jenen Ansätzen abgrenzt, die – wie zu großen Teilen Wittgenstein – Bedeutung auf Gebrauch reduzieren wollen. Demgegenüber geht es einer transzendentalen Semantik gerade um die Problematisierung und Klärung dieses Verhältnisses, wobei Gasperoni diese allerdings – im Gegensatz zur Fokussierung auf das Problem der Konstitution bei Hogrebe – als eine „transzendentale Theorie der semantischen Gestaltung“ () begreifen will. Der erste und längste Teil des Buches zu Kant lässt sich auf die Formel bringen ‚Mit Kant gegen Kant bzw. über Kant hinaus‘: Ausgangspunkt ist die relativ beschränkte Stellung, die der Schematismus in der Kritik der reinen Vernunft innehat, nämlich innerhalb einer transzendentalen Doktrin der bestimmenden Urteilskraft: Dort ist das Schema ein vermittelndes Element oder Drittes, das zum Zwecke einer „Überbrückung des Dualismus zwischen Sinnlichkeit und Verstand“ () in den Erkenntnisprozess eingeführt wird. Ziel ist es nun „die Transzendentalphilosophie so um[zu]strukturieren […], dass der Schematismus als Theorie der gesamten Bedeutungserfahrung gelesen werden kann.“ () Hierbei geht es, einem bekannten Schema der Kant-Auslegung und Kant-Revision folgend – Stichwort ‚Wurzelthese‘ – darum, die scheinbar fix gegenüberliegenden Pole Sinnlichkeit und Verstand als bloß nachträglich isolierte Bestandteile eines vorgängigen, dynamischen Prozesses zu deuten. Durchaus neu und eigenständig ist allerdings der dabei beschrittene Weg, die Ressourcen für die Transformation des Schematismustheorems zunächst bei Kant selbst zu

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suchen: Erstens soll die Theorie des Schematismus neben dem bestimmenden, begriffsanwendenden Moment mit einem erzeugenden und begriffsschöpferischen ausgestattet werden. Das Instrumentarium hierzu findet Gasperoni in dem Begriff der ‚Versinnlichung‘ aus §  der Kritik der Urteilskraft, den Kant hier weitgehend synonym mit den Begriffen ‚Hypotypose‘ und ‚Darstellung‘ verwendet. Diese wird mit Stephan Otto nicht als bloß rhetorische ‚Veranschaulichung‘, sondern im Rahmen einer griechischen Etymologie als ‚Entwurfskonzept‘ begriffen, anders gesagt: als „bildende[r] Ausdrucksprozess[]“, der das Auszudrückende erst (mit) hervorbringt (). Gemäß der von Kant vorgenommenen Unterscheidung zwischen schematisch-bestimmender und symbolisch-analogischer Darstellung geht die Autorin in der Folge von einer stets ‚zweifachen Versinnlichung‘ aus, d. h.: das Symbolisch-Analogische soll nun gegen Kants Wortlaut auch Teil des insgesamt als ‚Versinnlichung‘ ausgelegten Schematismus sein. In dieser Gestalt will es Gasperoni in der Folge zu einer Theorie der metaphorischen Begriffsschöpfung durch Sprache ausbauen, die dem weitergefassten Schematismuskonzept erst das eigentlich „dynamisch[e]“, da Variabilität und Neues erklärende Element hinzufügt (). Dies steht im Horizont einer grundlegend veränderten Interpretation des Schematismus, der sich (auch im Geiste der Nachfolger Kants) „als grundlegender Prozess der Gestaltung einer begrifflichen Metaebene erweist, der nicht auf die Deduktion der Kategorien reduziert werden kann“ (). Zweitens soll Kant radikalisiert werden durch den Versuch, die „Funktion der Sinnlichkeit als weitaus umfassender zu deuten, als üblicherweise angenommen wird“ (), und zwar auf Basis der Anthropologie, deren Überlegungen zu den Sinnen Gasperoni in die Transzendentalphilosophie integrieren will. Über die Theorie der transzendentalen Ästhetik hinaus, aber in Kontinuität zu dieser, werden so die Komplexe ‚Raum-Sehen-Gestalt‘ und ‚ZeitHören-Lautsprache‘ als komplementäre Pole einer formalen, nicht-empirischen Sinnlichkeit entfaltet, was zugleich systematisch plausibel macht, warum die „Gestaltungsfunktion der Sinnlichkeit“ (), um die es hier geht, stets „zwischen Bild und Wortlaut“ () zu denken ist. Dennoch fällt die Versinnlichung nicht mit den Sinnen oder ihrem Material zusammen: Die von Kant in der Anthropologie ebenfalls zur Sinnlichkeit gezählte Einbildungskraft steht für die performative und prozessuale Komponente. Auf diese Weise wird die synthetisierende Kraft des Schematismus von einem vermittelnden Dritten zwischen Sinnlichkeit und Verstand in die prozessuale Aktivität einer medial verstandenen Sinnlichkeit selbst verlegt. Der zweite Teil der Studie steht unter umgekehrten und komplementären Vorzeichen: Bisher ging es darum zu zeigen, mit welchen immanenten Ressourcen der kantischen Philosophie eine Radikalisierung und Ausweitung ihres Schematismuskonzepts möglich wäre. Nun geht es darum, an Kants Nachfolgern zu zeigen, wie deren Metakritik an Kant diese Transformationen herbeiführt, einfordert oder zumindest nahelegt. Am Anfang steht also die Feststellung, dass der Schematismus bei Kant „selbst nicht zum prozessualen Verbindungsfaden der Gestaltungsformen“ werde, „der er potentiell hätte sein können.“ () Insbesondere die „von Kant offen gelassene Problematik“ () des „dichterischen Charakters des Denkens“ () greifen nun die Revisionen der Transzendentalphilosophie durch Kants Nachfolger auf, die Gasperoni zufolge die Funktion einer „Erweiterung und Prozessualisierung der Transzendentalphilosophie“ () haben. Bei diesen Autoren kommen nun jene an Kant nur als Potentiale angedeutete Fluchtlinien expressis verbis ins Spiel, während allerdings der Schematismusbegriff selbst eher vernachlässigt oder sogar abgelehnt wird, und daher von der Autorin vor allem als systematisches Problem im Spiel gehalten wird. Zum einen geht es diesen Denkern darum, „einen Ort für die Sprache im weitesten

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Sinne zu schaffen“ (), zum anderen lässt sich „[d]er Weg von Kant zu Hegel […] hinsichtlich des Schematismus als eine Radikalisierung der Gestaltungsfunktion verstehen“ (). Dabei rücken, über die Frage nach dem Spracherwerb, auch die Historizität und Relativität des von der Sprache bedingten Denkens in den Blick. Die folgenden Einzeldarstellungen entfalten jeweils knapp die Auffassung des jeweiligen Denkers zu der bei Kant von Einbildungskraft und Schematismus besetzten Systemstelle zwischen Sinnlichkeit und Intellekt, und bewerten diese mit Blick auf Potentiale und immanente Probleme, was sie auch für sich genommen lesenswert macht. An Maimon produktiv ist die Erweiterung der Rolle der Einbildungskraft, insbesondere mit Blick auf die Rolle der symbolischen Erkenntnis bei der Begriffsbildung. Hamanns Metakritik am kantischen Purismus der Vernunft reklamiert neben Tradition und Erfahrung insbesondere das Feld der Sprache gegen Kant, wobei als ästhetisch-logische Doppelentitäten nun die Wörter an die „transzendentale Stelle der kantischen Schematisierung“ () treten. Problematisch an Herders semiotischem Naturalismus ebenso wie an Maimons skeptischem Rationalismus ist die jeweilige Rückbindung an theologische Begründungsinstanzen. Einen ersten Schritt zur Versinnlichungslehre im Sinne von Gasperoni macht Herder, dessen Kritik am statischen Vermögensdualismus Kants allerdings auch eine Kritik am Schema als „dritte Fiktion zwischen zwei verschwundenen Fiktionen“ () miteinbegreift. Herders Alternativkonzept eines „Metaschematismus tönender Gedankenbilder“ () fängt zwar die sprachliche Genesis des Denkens ein, verfehlt damit aber die von Kant intendierte Problematik. Hervorzuheben an Herder ist vor allem eine „sensualistische Erweiterung des Schematismus“ (), die die Raum-Zeit-Lehre mit einer Sinnenlehre verknüpft (ebenso wie die Autorin dies kantimmanent tat), allerdings letztlich befangen bleibt in einer nicht erkenntnis-, sondern bloß kunsttheoretischen Perspektive, sowie in einer bloß subjektiven Theorie der Sinnlichkeit. In Humboldts Sprachphilosophie wird die „Gestaltungsfunktion der Sinnlichkeit […] auf den Laut bezogen, der die Artikulation trägt“ (). Erst seiner Bestimmung der Sprache als energeia gelingt es, das genetische und prozessuale Moment der Sprache nicht mehr nur historisch, sondern auch transzendentalphilosophisch einzuholen. Er bleibt aber in der kantischen „Systematik der Gemütskräfte“ befangen (). Dieser entzieht sich nun Hegel, bei dem ebenfalls die Sprache die vermittelnde Stelle des Schematismus zwischen Besonderem und Allgemeinem einnimmt. Dies zeigt sich einerseits schon in der Kritik der sinnlichen Gewissheit der Phänomenologie, wird dann in der Theorie des Subjektiven Geistes der Enzyklopädie und dort insbesondere im Rahmen einer Theorie der Vorstellung entfaltet. Weil Hegel aber gegenüber Humboldt die prozessuale energeia der Sprache ausblendet und das Denken in Zeichen fundiert, die von allen überschüssigen sinnlichen Gehalten gereinigt sein sollen, können am ehesten Humboldt und Herder als Gewährsleute der Autorin gelten. Das dritte Kapitel springt nun ins . Jahrhundert und die Gegenwart, um der Versinnlichungstheorie der Autorin noch einmal systematische Kontur zu geben. Kronzeuge für die Auffassung der Autorin wird hier zunächst Plessner, dessen objektive Ästhesiologie versucht, unsere stets synästhetische Welterfahrung auf transzendentale Modalitäten der Sinne zurückzuführen. Kritisch abgrenzen will sie sich von den Diskursen um Embodiment – exemplarisch Lakoff/Johnson –, die es transzendental zu hinterfragen gelte: Mit diesen teilt die Autorin zwar die Auffassung, dass eine „verkörperte[] und nicht-propositionale[] Struktur“ der sinnlichen Umweltbeziehung eine „antizipatorische Funktion“ in Bezug auf die „propositionale Struktur des Denkens“ () ausübe. Dennoch fielen diese Theorien „hinter das historisch erreichte, transzendentale Niveau zurück“, weil sie diese Antizipa-

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tionsfunktion allein in „kultur-relative Praktiken“ und „sensomotorische Struktur[en]“ () beschränkten. Sie blieben auf der Ebene einer empiristischen Betrachtung von ‚Verkörperung‘, ohne die Ebene der ‚Versinnlichung‘ zu erreichen, die als transzendentale Bedingung von Verkörperung zu gelten habe. Es geht Gasperoni also, könnte man sagen, um eine prozessuale Ebene der ‚Medialität‘, die den konkreten Körpern, Medien und Praktiken vorgeschaltet ist, und sich nicht auf diese reduzieren lässt. Hiermit verweist sie zurück auf ihre ursprüngliche, bedeutungstheoretische Fragestellung der transzendentalen Semantik. Auf diese Frage gibt die Autorin nun die bereits eingangs zitierte Antwort, die zugleich als das systematische Ergebnis der Studie gelten kann: „Bedeutung ist […] eine Synthesis zwischen Gestalten und Gebrauchsweisen“ (), d. h. einem Spektrum formaler sinnlicher Potentiale (visuell, haptisch, akustisch) einerseits; und einer spontanen Dimension des erkennenden, denkenden oder ästhetisch-fühlenden Umgangs mit diesen andererseits. Dieses Zusammenspiel und die entsprechenden analytischen Differenzierungen werden nun noch an einzelnen Werken der Malerei von Leonardo und Magritte aufgezeigt. Eine zentrale Leistung ist der argumentative Spannungsbogen, der über das ganze Buch hinwegführt. Dieser beschreibt eine doppelte Bewegung: In chronologischer Richtung wird die Schematismuskonzeption der Kritik der reinen Vernunft mit Blick auf Kritik der Urteilskraft und Anthropologie, aber auch Kants unmittelbare Nachfolger bis ins . Jahrhundert kritisch erweitert und systematisch ausgearbeitet. Im ideengeschichtlichen Rückblick wird die systematische Kontinuität von einer gegenwärtigen performativen Medialitätstheorie zum kantischen Schematismuskapitel (die häufig in der Literatur nur abstrakt behauptet wird) aufgezeigt und mit Inhalt und mannigfachem Diskussionsstoff gefüllt. Dies geschieht kenntnisreich, in einer klaren Sprache und nimmt auf die wichtigsten Debatten und Forschungspositionen Bezug. Dabei ist es überaus überzeugend, den Schematismusbegriff insofern auszuweiten, dass dieser auf ein ganzes Spektrum von Artikulationsprozessen zwischen Bild, Diagramm und Sprache bezogen werden kann. Diese plurale Sicht vermeidet gerade überzogene Frontstellungen, wie sie in der Konfrontation von iconic turn und linguistic turn vorkommen konnten. Die Idee, im Sinne einer ‚zweifachen Versinnlichung‘, auch das generative, gleichsam kategorienschöpfende metaphorische Potenzial der Sprache in den Schematismus einzubauen, ist im Sinne der angestrebten Verallgemeinerung auf Bedeutungsprozesse überhaupt ebenso sinnvoll. Das Risiko dieser Operation besteht allerdings darin, dass die für Kant ursprünglich mit Schematisierung und Anschauungsbezug verbundene Frage nach Gegenstandsbezug und Welthaltigkeit der Begriffe zuweilen aus dem Blick geraten kann. Zwar weist die Autorin darauf hin, dass die Fähigkeit zur performativen Erzeugung ‚leerer‘ Begriffe noch nicht ein Reich subjektiver Fiktionen zum Ergebnis hat. Mit ihrer Betonung einer generativen Kraft von Schemata und ihrem Ziel, die strengen Grenzen, die Kant zwischen (welthaltigem) Erkennen und bloßem Denken gezogen hat, zu dynamisieren, ergeben sich aber Folgeprobleme, die durchaus Stoff für weitere Diskussionen geben. Fraglich ist auch, ob – unabhängig von der Sache – den terminologischen Vorschlägen der Autorin uneingeschränkt zu folgen ist. Dies betrifft insbesondere den zentralen und an vielen Stellen verwendeten Begriff der ‚Versinnlichung‘. Trotz etymologischer Hinweise auf den im griechischen hypotypein mitschwingenden Entwurfscharakter ist das deutsche Wort vom reinen Sprachverständnis näher am rhetorischen Konzept einer nachträglichen Veranschaulichung, für das es von Kants Zeitgenossen auch verwendet wird. ‚Ver-Sinnlichung‘ bleibt im intendierten Sinn eines medialen und performativen Erzeugungsprozesses, wenn nicht kontraintuitiv, so doch mindestens sperrig und wenig eingängig, was an

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mancher Stelle das Verständnis erschweren kann. Dies mag auch die von Gasperoni festgestellte Abwesenheit dieses Begriffs bei Kants Nachfolgern erklären. Fraglich ist auch, wie tragend und notwendig die Unterscheidung von Versinnlichung und Verkörperung (embodiment) ist. Gasperoni dient sie vor allem dazu, ihre transzendentalphilosophische Perspektive gegenüber einer in ihren Augen zu empiristisch agierenden Verkörperungstheorie abzugrenzen. Leicht arbiträr wirkt es dann allerdings, wenn sie die in ihrem Sinne avanciertere Verwendung des Verkörperungsbegriffs bei Humboldt, Cassirer, Scheler, Plessner und Krois quasi mit dem Hinweis korrigiert, hier müsste eigentlich nicht von ‚Verkörperung‘, sondern von ‚Versinnlichung‘ die Rede sein ( f., ). Stören könnte manche Leserin schließlich auch das dezidierte Beharren auf der hier eingenommenen transzendentalen Ebene im Unterschied zur empirischen Ebene des ‚bloß‘ Historischen und Kultur-Relativen. Zu fragen wäre hier, ob die eingeforderte genetische und prozessuale Perspektive auf die sinnlichen Grundlagen von Bedeutung nicht auch eine historische Archäologie der Medien und des Körpers etwa im Sinne von Foucault mit einbegreifen müsste. Auch könnte die eine oder andere die Rede von ‚Versinnlichung‘ als transzendentaler Bedingung empirischer ‚Verkörperung‘ als die Schaffung überflüssiger begrifflicher Doppelstrukturen beargwöhnen. Solchen Einwänden ist allerdings entgegenzuhalten, dass all dies Ausdruck einer dezidierten und reflektierten Positionierung der Autorin ist, für die das transzendentalphilosophische Erbe Kants eine Leitidee bildet. Neben der wichtigen Funktion als Brücke oder Bindeglied zwischen der historischen Konstellation des deutschen Idealismus und anthropologischen, zeichentheoretischen und medienphilosophischen Debatten des . und . Jahrhunderts ist es gerade diese Eigenständigkeit der Positionierung und das dezidierte Bekenntnis zu einer Modernisierung und Aktualisierung der Transzendentalphilosophie, die das Buch, auch über die engere historische Diskussion um Kant und seine Nachfolger, zu einem wichtigen systematischen Debattenbeitrag machen. Martin Beck Universität der Künste Berlin / Freie Universität Berlin

Thomas Khurana. Das Leben der Freiheit: Form und Wirklichkeit der Autonomie. Berlin: Suhrkamp, .  pp. Making sense of the relation between Kant and Hegel has been a vexed project since Hegel’s own time. In his detailed and incisive new study, Thomas Khurana argues, as the title of his book indicates, that the key terms in the move from Kant to Hegel are ‘freedom’, ‘life’ and what it takes to ‘actualize’ such freedom as ‘autonomy’. Along the way, he adds ‘self-consciousness’, and he threads them together with the concept of self-constitution. He ends his book with an outline for a program for critical theory based on the results of his investigation. One of the great appeals of Kantian thought, at its beginning as well as today, is the emphasis on freedom and its link with human dignity. Dignity is the name of the value belonging to each agent by virtue of his or her own autonomy, the capacity to be a law unto

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oneself. As Khurana explicates it, being a ‘law unto oneself’ can be taken in very different ways. At first, Kant took it to be self-legislation, that is, an agent’s being bound only by those rules of which he can regard himself as the author. However, that formulation is paradoxical. If free actions are ‘lawful’ and not arbitrary, and if only self-legislated rules are binding, then it seems that prior to all legislation, there must be some non-rule-bound activity that legislates. If so, then the origin of the rules is arbitrary and the rules themselves are not binding. However, if there is a prior rule, then it is itself not self-legislated, and the rules it thereby legislates are therefore not binding at all. Khurana argues that Kant had a way out of this disturbing implication in what current Anglophone philosophers call ‘constitutivism’, or, in his terms, “autonomy does not mean […] self-legislation but lawfulness-of-one’s own (Eigengesetzlichkeit)” (). Although this might sound as if it is part of the project taking Kant back to Aristotle, Khurana argues that it does not. Instead, Khurana goes to the third Critique for the resources to argue that it is the concept of life itself that gives Kant the opening to go forward rather than backward (to Aristotle). In the terms of the third Critique, life itself is conceived as an exemplar of such Eigengesetzlichkeit. The organism acts in terms of what it is as a member of a genus, and it develops along the lines that are thereby normative for its genus. In a manner familiar to readers of Christine Korsgaard’s recent work, this leads the Kantian to say that animals are autonomous in that important sense. They ‘self-develop’ according to a law of their own. However, self-conscious organisms are distinguished by the way they set their own laws through a law of reason so that “the law of freedom is thus at first not the fundamental law of an existing world but rather the law of a world to be realized” (), which means that we should think of the “intelligible world [… as] a form that we ought to give to the sensible world” (), not as a separate realm of entities away and beyond the sensible world. This shows how Kant thinks freedom (or in the full case, autonomy) is to be actualized in the sensible world, but it remains the case that for Kant freedom and nature also remain conceived as opposites, such that when all is said and done, the Kantian agent must strive to achieve a purpose that she cannot achieve in this life, and the hoped for unity of freedom and nature must remain something that can only be produced externally to the agent, not by the agent herself. Khurana concludes that therefore, despite its advantages over older readings of Kant couched in terms merely of universal law, the constitutivist interpretation cannot deliver a fully satisfactory account of Kantian morality within Kant’s own terms. To make good on Kant’s promises, what is required is an alteration of the very concept of life itself, and we find that in Hegel. (In this way, Khurana says we can go beyond the current impasse in Hegel scholarship between, roughly, those who insist that Hegel moved Kant’s transcendental idealism into an absolute idealism and those who insist on something like the sociality of reason as the key to Hegel’s philosophy. See ) Khurana takes Hegel’s often cited definition of freedom as bei sich in einem Anderen sein (being at one with oneself in an other) as the key element to be explicated in understanding how Hegel sought to reorient the relation between life and freedom in a way that would build on Kant while not remaining strictly Kantian. As he does in his exposition of Kant’s position, Khurana works his way through Hegel’s theory in a thoroughly detailed manner, taking into account, so it seems, all of the texts and, so it also seems, all of the contemporary secondary literature. He moves from a careful consideration of Hegel’s Naturphilosophie (which he takes as “not so much a reflection on the foundations of natural science but rather as a prolegomenon or propaedeutic to the philosophy of spirit”; ) into the role that self-

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conscious life plays in Hegel’s thought. He says that “where consciousness grasps its object as life, it thereby grasps itself as self-consciousness” (). On Khurana’s interpretation, spirit, Geist, does not leave nature behind, as some Hegel commentators have suggested, but rather leaves behind a dualistic conception of spirit and nature and puts in its place a more complex relationship of Geist to nature ( f.). Spirit and nature are not two different things, nor are they two different ‘powers’ (as Schelling might put it), but rather spirit is life as it has become conscious of itself as life, and thus spirit stands in a more complex self-relation than does non-self-conscious life. Khurana thus does not provide an emergentist (Schellingian) view of Hegel, where one adds levels and levels of ontological difference onto nature in order to get to self-conscious life. He seems rather to be defending the view that Hegel is best understood as taking Kant’s view of reason as ‘spontaneity’ in which subjects do not get grafted onto nature as a different level of existence but are viewed instead as natural creatures having a very specific tensionfilled self-relation to themselves as mediated by their relations to others so that the complexity of self-relation makes such self-conscious lives especially problematic for all attempts at describing them only third-personally, objectively. Thus, what Hegel takes as the problem of self-determination is not the Kantian idea of giving the proper universal form to one’s maxims but that of actualizing the comprehensive conception of a self-determining living creature. Hegel too is a ‘constitutivist’ on Khurana’s interpretation, and the determining image that emerges in Hegel’s thought is thus not that of self-legislation but of “bringing oneself forth [Selbsthervorbringung]” (), or, as Khurana also says, in a word, self-constitution. He differentiates this from more recent attempts to bring Hegel back to a kind of Aristotelianism, tempting as that might be (). Instead, he focuses on Hegel’s conception of ‘second nature’ as the way in which Geist realizes itself in nature, that is, in its life itself. For self-conscious life to exist in general, it has to ‘double’ itself into a plurality of self-conscious lives. Geist creates a world of natural habits, drawing on its bodily and species-specific background, which it then develops into a world of practices that embody an ongoing distance from itself as it develops itself socially and historically, and to do so, Geist differentiates itself into a series of plural practical self-identities. Thus, even for something seemingly as metaphysically fraught as Hegel’s concept of ‘absolute spirit’, Khurana offers the idea that “absolute spirit is not to be conceived as independent of finite spirit but rather as finite spirit insofar as it conceptually grasps itself” (). The plural practical identities that come on the scene in ‘objective spirit’ – the moralizing property owners who are also members of families, participants in civil society and citizens of a constitutional state – are thus the ways in which self-constitution is broken up into a series of different practical identities. These practical identities thus form Hegel’s ‘second nature’ which is just the “internalization of the tension” between nature and freedom itself (). In fact, one possible implication of his view is that one could substitute “self-conscious life” for “Geist” in virtually every sentence in Hegel’s thought without loss of meaning (although this is not a claim Khurana himself makes). This book is a subtle and thoroughgoing investigation of the themes announced in its title. Khurana keeps his focus on the theme of freedom, the actualization of freedom and self-consciousness thoroughly in mind as he moves slowly through the texts, the alternative

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readings of the texts and the ways in which Kant and Hegel complicate their own cases. This is the best book on this topic to have yet been done. Terry Pinkard Georgetown University

Robert B. Pippin. Die Aktualität des Deutschen Idealismus. Analytischer Deutscher Idealismus Band . Berlin: Suhrkamp, .  S. In der von James Conant und Andrea Kern edierten Reihe „Analytischer Deutscher Idealismus“ ist als dritter Band eine Sammlung von  Aufsätzen erschienen, deren Großteil Robert Pippin zwischen  (Nr. : „Selbstüberwindung, Versöhnung und Modernität bei Nietzsche und Hegel“) und  (Nr. : „Die Logik der Negation bei Hegel“) teils auf Deutsch, teils auf Englisch, teils in beiden Sprachen publiziert hat. Originalbeiträge sind die Texte  und  („Hegel über die politische Bedeutung kollektiver Selbsttäuschung“ und „Logik und Metaphysik. Hegels ‚Reich der Schatten‘“) sowie die Einleitung (–). Alle wiederabgedruckten Beiträge wurden für die Neuveröffentlichung überarbeitet. Das Buch ist dreigeteilt. Teil I („Vernunft und Subjektivität“, Aufsätze –) dient der Klärung des Verhältnisses von Hegel zu Kant und zu Kants Generalthese, dass die Vernunft als theoretische wie als praktische selbst ihr einziger Gegenstand sei. In Teil II („Logik und Subjektivität“, Aufsätze –) setzt Vf. sich unter anderem mit Robert Brandoms und John McDowells Hegel-Interpretationen auseinander. Teil III („Moderne und Subjektivität“, Aufsätze –) behandelt Hegels Philosophie der Kunst und Charakteristika der Moderne. All das ist lesenswert in hohem Maße und kann hier doch nur ganz summarisch gerühmt werden. Aus der Materialfülle seien einige Punkte ausgewählt, die Hegels Verbindung zu Kant und zur Gegenwartsphilosophie betreffen, und als Leitfaden Hegels Diktum aus der Einleitung zur Phänomenologie: „Was auf ein natürliches Leben beschränkt ist, vermag durch sich selbst nicht über sein unmittelbares Daseyn hinauszugehen […]. Das Bewußtseyn aber ist für sich selbst sein Begriff, dadurch unmittelbar das hinausgehen über das Beschränkte, und, da ihm diß Beschränkte angehört, über sich selbst“ (GW : ). Was nicht sein eigener Begriff ist, so gibt Hegel zu bedenken, wird durch Anderes – also fremdbestimmt – über sich hinausgetrieben und weiß nicht, wie ihm geschieht. Das Bewusstsein oder das Denken hingegen ist sein Begriff, sein eigenes Selbstbewusstsein, an dem es sich misst und von dem es sich über sich hinaustreiben lässt. Diesem Grundthema geht Vf. in instruktiven Variationen nach. So legt er anlässlich der zitierten Stelle dar, dass wir nach Kant und Hegel den Regeln des Denkens nicht als psychologischen Naturgesetzen unterworfen sind, sondern uns ihnen als bewusstseinskonstitutiven und bewussten Normen in spontaner Aktivität selbst unterwerfen, d. h. ihnen folgen, und sie, über sie hinausgehend, bei Bedarf verändern. Ferner geht das Bewusstsein auch darin über sich hinaus, dass es als die Kehrseite der von ihm beanspruchten Objektivität des Der-Fall-Seienden seine eigene Fehlbarkeit anerkennt: Es ist nicht nur einfach bei den Dingen, löst sich nicht in deren wahrgenommener Objektivität und entsprechendem Wohlgefallen auf, sondern verhält sich zu ihnen und ist in der Auseinandersetzung mit den Gegenständen (stets ebenso) für sich.

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Doch andernorts finden wir Kant und Hegel uneins. Im skizzierten Zusammenhang referiert Vf. die von Hegel leichtfertig geteilte Kritik an der vermeintlichen Willkür der kantischen Kategorientafel (), die mit der Leere des ‚Ich‘ im ‚Ich denke‘ korreliere. Aber Willkür ist der unpassendste Vorwurf, den man Kant hier machen kann; eher müsste man ihn einen Bedenkenträger schelten, weil er sich mit einer quasi-juristischen Deduktion der Kategorien zufriedengibt, statt wagemutig die unwägbaren Beweislasten zu schultern, die mit einer logisch-kategorialen Artikulation des Selbstbewusstseins verbunden wären. Hegel ist ungestüm und neugieriger als Kant; aber Willkür war es gerade nicht, als dieser die Kategorien systematisch aus der Syllogistik ableitete, die seit Aristoteles eine reife Wissenschaft war und bis heute, eingebettet in die Prädikatenlogik, geblieben ist. Hegel, auch darin Antipode Kants, trägt seine Philosophie im Modus permanenter Krisenbewältigung vor. Kaum ist in der Phänomenologie eine Bewusstseinsgestalt, in der Logik eine Denkbestimmung, in der Realphilosophie eine Entwicklungsstufe erreicht, zeigt sie sich als inkohärent, somit unwahr, und muss einer Nachfolgerin weichen. Vf. möchte diesen atemlosen Actionfilm zu einem Homerischen Epos entschleunigen, in dem der Held nach bestandenen Abenteuern Zeit zum Feiern erhält. So werden die Szenarien, die Hegel kurz umreißt, um sie sogleich als unwahr abzulegen, angehalten und gegenwartstauglich koloriert und Hegels Errungenschaften so gegen Hegel auf erwünschte Dauer gestellt. Nicht das System in seinen Verfugungen, nicht die hegelsche Logik-und-Metaphysik-plusRealphilosophie als solche, sondern der freie, kantisch-nachkantische Geist, der dies alles durchweht, erscheint als das Festhaltenswerte und Zukunftsfähige. Hier vor allem verortet Vf. die Aktualität des Deutschen Idealismus. In der Tat ist unsere Zeit vornehmlich an jenes Für-sich-selbst-sein-Begriff-Sein-und-übersich-Hinausgehen zu erinnern, das nicht naturwüchsig nach undurchschauten Gesetzen eines fetischisierten Marktes, sondern in bewusstem Regelfolgen und Regelverändern vonstatten zu gehen hätte, bevor von realisierter Freiheit die Rede sein dürfte. Von Freiheit, wie Kant und Hegel sie antizipierten, sind die avanciertesten Weltgegenden heute in substantiellen Hinsichten weiter entfernt denn vor wenigen Jahrzehnten, als der westliche Imperialismus in seinen nordamerikanischen und westeuropäischen Heimländern – wenigstens dort, wenn auch nicht anderswo – an sich halten und den einheimischen Bevölkerungen versichern musste, dass er sogar in puncto Verteilungsgerechtigkeit dem Sowjetsystem nicht unterlegen sei. Inzwischen fallen für die arbeitenden Klassen die Innenstädte als Wohngebiete aus, die Bezahlschulen als Bildungsstätten ohnehin, und ist dem reichen Pöbel, Hegel nennt ihn so, die Meinungsführerschaft in den sogenannten sozialen und teils schon in seriöseren Medien zugewachsen. Zwar müssen wir, wie Hegel am Ende der Vorrede zum System in der Phänomenologie ruhig ausführt, „überzeugt seyn, dass das Wahre die Natur hat durchzudringen“, dies aber nicht auf Zuruf, sondern erst, „wenn seine Zeit gekommen, und daß es nur erscheint, wenn diese gekommen, und deßwegen nie zu früh erscheint noch ein unreifes Publicum findet“

 Als Obersatz eines Syllogismus kommen kategorische, hypothetische und disjunktive Urteile in Betracht; das Subjekt eines kategorischen Urteils ist quantifiziert als allgemein, besonders oder einzeln; das Prädikat-cum-Kopula ist qualifiziert als bejahend, verneinend oder unendlich; die Prämissen eines Syllogismus gelten assertorisch, die Teilsätze eines hypothetischen Urteils problematisch und die Konklusion relativ zu den Prämissen apodiktisch: Voilà, die kantische Urteilstafel, skepsisresistent als Ausgangsbasis für eine metaphysische Deduktion transzendentaler oder ontologischer Prädikate, d. h. rein logischer Begriffe hingezaubert. Dass es so geht: Hume hätte es wissen können; alle hätte es wissen können; Kant hat es gesagt. Who could ask for more?

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(GW : ). Auch um den grassierenden Reifeverlust des Weltpublikums zu retardieren, könnten, wie Vf. zwischen den Zeilen anklingen lässt, begriffliche Ressourcen des deutschen Idealismus aktuell werden, obschon andererseits nur in begrenztem Umfang, da die philosophische Theoriebildung ein allgemeines Publikum kaum erreicht, und heute weniger denn je. Vf. zeigt, dass dieser Sachverhalt schon bei Hegel, auf ganz andere Weise auch bei Nietzsche, reflektiert wurde und dass Hegel sich der Zweischneidigkeit der Aufklärung, ihrer Dialektik wohlbewusst war (während Nietzsche lieber einseitig zuspitzt: „Der ganze Westen hat jene Instinkte nicht mehr, aus denen Institutionen wachsen, aus denen Zukunft wächst“). Die diagnostische Kraft philosophischer Theoriebildung ist, wie man hier sehen kann, eindrucksvoll; aber ihre therapeutische Kraft umso geringer. Was den inneren Bezirk der Theoriebildung selbst angeht, so rückt Vf. zwei Themen ins Zentrum, die Kant, Hegel und die besten Tendenzen der Gegenwartsphilosophie verbinden: Alles Erkennen, sei es Wahrnehmen oder Urteilen, ist ein apperzeptives Selbstverhältnis, und alles wahre An-sich ist die Freiheit. Darin liegt eine doppelte Absage an den szientistischen Naturalismus, der in der analytischen Weltphilosophie dominiert, doch etwas versteckter auch eine Absage an metaphysische oder neuplatonische Deutungen der hegelschen Philosophie: „Hegel bedient sich der Metaphorik solcher Positionen, um eine radikal andere Sicht auf die Beziehung zwischen frei Handelnden und der Welt einzuführen, der zufolge Handeln weder göttlich souverän noch von natürlichen Kräften […] gezogen oder gestoßen, sondern leibhaftig und expressiv ist.“ () Auch hier finden wir eine De-facto-Aktualität des deutschen Idealismus, obgleich Rez. nicht protestieren würde, wenn Vf. auch die hegelsche Nichtstandard-Metaphysik und Evolutionstheorie des logischen Raumes sowie verrufenere Lehrstücke Kants wie die transzendentale Ästhetik und die metakompatibilistische Freiheitstheorie in die Klasse des Aktuellen aufnähme. Doch auch so besteht kein Grund zur Klage – Robert Pippins deutscher Idealismus lädt zum Mitmachen ein. Anton Friedrich Koch Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

 Friedrich Nietzsche, Götzen-Dämmerung. Kritische Studienausgabe Band  (Berlin et al., ), .

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B) Editionen Friedrich Ludewig Bouterwek. Idee einer Apodiktik. Ein Beitrag zur menschlichen Selbstverständigung und zur Entscheidung des Streits über Metaphysik, kritische Philosophie und Skeptizismus. Erster Band. Halle . Herausgegeben von Ansgar Lyssy. Stuttgart-Bad Cannstatt: frommann-holzboog, . XXVIII,  S. Mit Ansgar Lyssys Studienausgabe der Idee einer Apodiktik (im Folgenden Apodiktik) Friedrich Ludewig Bouterweks ( – ), seinerzeit Philosophieprofessor an der Universität Göttingen, ist nun ein bisher wenig beachtetes, jedoch durchaus interessantes Schriftstück aus der mittleren Phase der klassischen deutschen Philosophie verfügbar gemacht worden. Die Apodiktik erschien  in zwei Bänden und steht im systematischen Zentrum von Bouterweks Gesamtwerk, das in seiner teils populärphilosophischen Ausrichtung oft auch auf Ästhetik und Naturwissenschaften ausgriff. Die beiden Bände, von denen nun zunächst der erste erschienen ist, bestehen jeweils aus zwei Büchern, „der zweite Band soll folgen“ (XVII). In dieser Rezension sollen zunächst die programmatischen und systematischen Grundrisse der Apodiktik in ihrem historischen Kontext skizziert sowie anschließend kritisch eingeordnet, problematisiert und evaluiert werden. Darauf folgt eine Besprechung der gelungenen editorischen Arbeit Ansgar Lyssys. Bouterweks Apodiktik stellt ein, durchaus im gewollt kantischen Sinne, transzendentalphilosophisches Programm dar, das sich primär mit den Möglichkeitsbedingungen, Geltungsansprüchen und Grenzen von Wissen auseinandersetzt. Wie eine Vielzahl weiterer Denker seiner Epoche bemängelt Bouterwek an Kants Vernunftkritik jedoch, dass diese keine hinreichende Fundierung aufweise. Soweit reiht sich Bouterwek zunächst relativ unscheinbar in einen Diskurs ein, der schon wesentlich vor Erscheinen der Apodiktik vehement geführt wurde. Das, was die Apodiktik spezifisch charakterisiert, ist Bouterweks eigenwillige Explikation desjenigen, was Transzendentalphilosophie als solche in letzter Instanz und notwendigerweise – apodiktisch – begründen soll. Dieses Fundament habe er, so Bouterwek im zweiten Buch des ersten Bandes, durchaus finden und bestimmen können. Hierzu später Weiteres. Zunächst zur internen Systematik der Apodiktik: Entscheidend für die gesamte Untersuchung ist die immer wieder hervorgehobene Differenz von ‚Denken‘ und ‚Wissen‘ (v. a. , ). Aus dieser grundlegenden Unterscheidung ergibt sich die Einteilung des ersten Bandes in eine „Logische Apodiktik“ ( – ) und eine „Transzendentale Apodiktik“ ( – ). Im zweiten Band folgen die „Praktische Apodiktik“ sowie die „Philosophische Syntaktik“ (nicht etwa ‚Semantik‘; vgl. XXIV) als Auseinandersetzung mit den Resultaten der vorherigen Untersuchungen () – dies soll hier außen vorgelassen werden, da lediglich der erste Band Thema dieser Rezension ist. Inwieweit sich Bouterwek mit seinem System vom Denken Kants abgrenzen will, bringt er in der Einleitung ( – ) auf den Punkt: „Beweisen und Wissen beziehen sich notwendig in der Vernunft auf ein Sein. Die Apodiktik beschäftigt sich vorzüglich mit dem Begriff des Seins oder der Realität, diesem Grundbegriff aller Wissenschaft, den die leibnizsche Philosophie zu weit verfolgte, die kantische aber nicht weit genug.“ () Damit ist bereits prägnant angegeben, worauf die Apodiktik in ihrem Fundierungsunternehmen letztlich abzielt: Denken als solches ist leer und liefert keinen gegenständlichen Gehalt. Ein solcher Gehalt liegt erst vor, wenn Denken zu Wissen wird. Grund und Voraussetzung allen Wissens, das dadurch allererst zum Wissen einer positiven Gegenständlichkeit werden kann, muss dabei jedoch etwas sein, das sich selbst nicht innerhalb der Tätigkeitssphäre des den-

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kenden und erkennenden Subjekts lokalisieren lässt, sondern diesem, ebenso wie dem Objekt als dem Gegenüber des Subjekts, als schlechthin Reales zugrunde liegt. In diesem Kontext grenzt sich Bouterwek auch wiederholt von Fichtes Wissenschaftslehre ab: „Auf keinen Fall dürfen wir wenigstens, wenn wir Philosophen heißen wollen, eine notwendige Tätigkeit des Ich voraussetzen.“ () Es geht Bouterwek somit, ganz zentral, immer auch um eine Positionierung gegen den Idealismus, d. h. hier gegen jede Philosophie, die den Grund des Wissens ins Subjekt verlagert. Auch eine Philosophie des Objekts als des letztlich Maßgeblichen lehnt Bouterwek ab. Durchaus geht es ihm allerdings darum, die „absolute Realität, die immer als ein und dieselbe einzig und allein auf sich selbst beruht“ (; Hervorhebung D.E.), zu explizieren. Abermals wird hier deutlich, inwieweit die Auseinandersetzung mit der Kritik der reinen Vernunft Kants im Allgemeinen oft gerade nicht weiter in das idealistische Denken, sondern zu einer entschiedenen Ablehnung des Idealismus und zur versuchten Widerlegung desselben führte. Das Absolute im Sinne der absoluten Realität, die allem möglichen gegenständlichen Wissen ebenso wie dem wissenden Subjekt selbst als notwendige Voraussetzung zugrunde liegt, ist thematischer Kernpunkt der Apodiktik, die somit als eine explizite Philosophie des Absoluten und als Versuch eines dezidierten Realismus verstanden werden kann. Das Absolute ist dem rationalen Denken äußerlich und diesem prinzipiell nicht zugänglich: „Aber so gewiss der Polarstern nicht im Kompass zu suchen ist, so gewiss sucht der Philosoph das Absolute vergebens im Verstand.“ () Aus diesem Grund besitzt das erste Buch, die logische Apodiktik, auch rein negativen, destruktiven Charakter und versucht lediglich zu demonstrieren, dass dasjenige, was der Logik Geltung und Gehalt gibt – das Absolute als absolute Realität –, selbst außerhalb der Logik liegt und von dieser immer schon als „= x“ () vorausgesetzt werden muss. Die Logik verweist also auf ein Außerhalb-ihrer-selbst, da sie sich nicht selbst (be‐)gründen kann. Wohl gibt es aber ein Gefühl vom Absoluten, nämlich die Überzeugung, die immerhin eine „Idee des Absoluten“ () an die Hand gibt. Um die beanspruchte transzendentalphilosophische Grundlegungsfunktion ausführen zu können, wird das allem Sein gleichermaßen zugrundeliegende Absolute im zweiten Buch als „absolute[s] Realprinzip“ () fixiert, durch das die Realität als „Gegebene[s]“ () von der „absoluten Urteilskraft“ (v. a.  – ) ergriffen () – nicht begriffen – werden kann. Dann doch in Begriffe gefasst, also uneigentlich, ist dieses absolute Realprinzip, das letztlich bloß Sein ausdrücken soll, das schlichte: „Es ist etwas.“ () Als Prinzip ist ebendies kein Grundsatz; Bouterwek will sein System explizit nicht als Grundsatzphilosophie verstanden wissen (). Seine Position bezeichnet Bouterwek zu Ende des zweiten Buches als „negative[n] Spinozismus“ (): Spinozismus, weil das Absolute als absolute Realität Eins ist und keinerlei Vielheit kennt (v. a.  – ); negativ wegen der „Anerkennung des absoluten Unvermögens der Vernunft, den letzten Grund aller Urteile [das Absolute; D.E.] den Bedingungen eines Urteils zu unterwerfen“ (). Dieser negative Spinozismus Bouterweks sei zugleich das einzige „theoretische[] Rettungsmittel gegen den Skeptizismus“ (): Was die Apodiktik letztlich als Absolutes – „Dasein überhaupt“ als ihr „Fundament“ () – postuliert, könne vom Skeptizismus nicht bezweifelt werden, ohne dass sich dieser selbst widersprechen und damit aufheben würde. So sieht Bouterwek ein wesentliches Hauptziel seines Programms, nämlich die Verteidigung der Transzendentalphilosophie gegen skeptizistische Angriffe, als erreicht an. Auch wenn Bouterwek ein sprachlich relativ gut zugängliches, systematisch durchaus interessantes und in seiner Lektüre gewinnbringendes Werk vorlegt, überzeugt die Gedankenführung der Apodiktik aus diversen Gründen oft nicht. So befasst sich Bouterwek

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zwar beispielsweise kritisch mit dem kantischen Dualismus von Sinnlichkeit und Verstand (z. B. ,  f.); global gesehen bleiben die dualistischen Strukturen Kants in Bouterweks Systematik, in Diskrepanz zu seiner anderenorts vorgelegten Dualismuskritik, jedoch präsent: so v. a. die Trennung von reiner Logik als bloßer Form des Denkens und transzendentaler Logik als Fundierungsversuchs möglichen Wissens, sowie, noch allgemeiner, von theoretischer und praktischer Philosophie. Auch bleibt überaus fraglich, ob das absolute Realprinzip, das begrifflich ja letztlich nicht fixierbar ist, überhaupt ein adäquates philosophisches Theorem darstellen kann, oder ob es, gerade in seiner uneigentlichen Form des bloßen ‚Es ist etwas‘, am Ende nicht doch lediglich eine im Kern gehaltlose These darstellt, durch die hinsichtlich der Frage nach der Begründbarkeit von Wissen nichts gewonnen ist. Vor allem aber ist die Originalität der zentralen Gedanken Bouterweks kritisch zu diskutieren. Hiermit hängt auch Ansgar Lyssys offenkundige, systematisch signifikante Fehleinschätzung zusammen, die Apodiktik sei „eine der ersten Reaktionen auf Kants Kritik der reinen Vernunft“ (III): Der philosophische Disput zwischen  und  ist schließlich so umfangreich und intensiv gewesen, dass vielmehr von einer relativ späten Reaktion die Rede sein müsste. So zeigen sich in Bouterweks Realismus, d. h. in seiner These eines nichtrationalen Fürwirklichhaltens von Dasein qua Überzeugung, deutliche Bezüge zu Friedrich Heinrich Jacobis Philosophie, die spätestens Mitte der er zentral wichtig wurde: „Ich erfahre, dass ich bin, und dass etwas ausser mir ist, in demselben untheilbaren Augenblick“ (JWA ,: ) – nur dass Bouterwek diese offensichtlichen Referenzen auf das Denken seines späteren Briefpartners nicht als solche ausweist und er letztlich im weiteren Systemhorizont der kantischen Vernunftkritik verbleibt, weshalb sein Realismus höchstens hypothetisch zu überzeugen vermag. Auch wurde der Disput um die Möglichkeit der Verteidigung der kritischen Philosophie gegen den Skeptizismus, an dem Bouterwek sich hier spät beteiligt, schon um , vor allem zwischen Karl Leonhard Reinhold und Gottlob Ernst Schulze, geführt. – Die von Bouterwek bloß peripher vollzogene Kritik am Dualismus von Sinnlichkeit und Verstand war bereits  zentrales Thema in Johann Georg Hamanns Metakritik. – Der Versuch eines Kompromisses von transzendentalphilosophischer Perspektivik und spinzosistischer Metaphysik, den Bouterwek durch seinen negativen Spinozismus geleistet zu haben denkt, war ebenfalls schon um  ein Anliegen des hierin erfolglosen Salomon Maimon. All diese Themenkomplexe behandelt Bouterwek zwar aus seinem eigenen Blickfeld, im Rahmen neuer Kontexte und oft durchaus kreativ und terminologisch eingängig; bisweilen erscheint sein Denken jedoch auch epigonal und eklektizistisch. So ist Lyssys Einschätzung zwar zuzustimmen, Bouterwek sei „kein Universalgenie, aber auch kein Universaldilettant“ (XIII). Vor allem aber erscheint Bouterwek als Zuspätgekommener, zumal sich der ihn umgebende philosophische Diskurs zur Zeit der Veröffentlichung der Apodiktik bereits primär um Fichtes Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre und Schellings frühe Schriften drehte. Dies mag als Grund für Bouterweks nur mäßigen philosophischen Erfolg gelten können. Dass durch Lyssys Edition nun dieses relativ unbekannte Schriftstück in einer gut zugänglichen Studienausgabe vorliegt, ist natürlich dennoch sehr erfreulich. Immerhin kann der Horizont der philosophischen Forschung durch solche Editionen abseits der bekannten Großprojekte auf maßgebliche Weise erweitert werden. Hierfür ist diese Ausgabe ein kleiner, aber wichtiger Schritt. Dabei leistet die Edition den Ansprüchen an eine Studienausgabe Genüge: Einleitung, Erläuterungen, Bibliographie und Sachregister sind relativ schmal, erlauben dabei aber durchaus eine adäquate, effektive Arbeit am Text. Die in den editorischen Bemerkungen erläuterten Eingriffe in Orthographie und Interpunktion er-

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scheinen in diesem Ausmaß akzeptabel, auch wenn eine genauere Orientierung am Originaltext oft wünschenswert gewesen wäre. Problematisch ist auf jeden Fall die gewählte Kleinschreibung von Begriffen wie bspw. original ‚Etwas‘, ‚Eins‘, ‚Alles‘, ‚Nichts‘. Diese Eingriffe werden zwar z. T. in den Endnoten vermerkt (u. a. Endnoten , , , , ), erscheinen aber zu offensiv und verändern die vom Autor beabsichtigte Akzentuierung und Textfärbung zu deutlich – zu erinnern sei hier an die editorische Problemstellung um das letzte Wort von Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung, ‚Nichts‘. Als Arbeitsgrundlage für die künftige Auseinandersetzung mit Bouterweks Denken ist die Edition aber geeignet und, dies nebenbei, auch für die Schopenhauer-Forschung von Interesse, da sich viele der späteren Grundgedanken des seinerzeit Göttinger Studenten Schopenhauer in der Apodiktik angelegt finden, so u. a. der Versuch einer einheitsstiftenden Fundierung der strikten Subjekt-Objekt-Antithese oder die Signifikanz des Willensbegriffs. Es ist zu hoffen, dass Lyssys Editionsprojekt Schule macht, da zu vielen der weniger bekannten, aber dennoch wichtigen Philosophen der Zeit um  noch keine zufriedenstellenden Neueditionen vorliegen. Die Reihe „Bibliothek . Körper – Geist – Bewusstsein“, die hier ihren zweiten Band gefunden hat und schon optisch und taktil überzeugt, bietet für entsprechende Studienausgaben das passende Medium. Daniel Elon Ruhr-Universität Bochum

Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über die Wissenschaft der Logik. Nachschriften zu den Kollegien der Jahre /, , , ,  und . Band , der Gesammelten Werke. Herausgegeben von Annette Sell. Hamburg: Meiner, . X,  S.; Nachschriften zu den Kollegien der Jahre ,  und . Band , der Gesammelten Werke. Herausgegeben von Annette Sell. Hamburg: Meiner, . VI,  S.; Sekundäre Überlieferung. Anhang. Band , der Gesammelten Werke. Herausgegeben von Annette Sell. Anmerkungen und Verzeichnisse von Walter Jaeschke. Hamburg: Meiner, . IX,  S. Während seiner gesamten akademischen Lehrtätigkeit an den Universitäten Jena, Heidelberg und Berlin hat Hegel immer wieder Vorlesungen über den Gegenstand der Logik gehalten. Zu diesen Kollegien sind zehn Nachschriften von Studierenden erhalten, die – mit einer begründeten Ausnahme (GW ,: , Fußnote ) – in den Teilbänden , und , des nun komplett vorliegenden Bandes  der Gesammelten Werke in chronologischer Anordnung veröffentlicht sind. Es handelt sich um die Nachschriften Troxler (Jena / ), Good (Heidelberg ), aus den Berliner Jahren: Hotho (), Correvon (), von Kehler (), Anonymus (), Libelt (), Rolin () und Karl Hegel (). Teilband , bringt ergänzend als sekundäre Überlieferung die „Zusätze“, die der Herausgeber Leopold von Henning der Ausgabe der enzyklopädischen Logik von  hinzugefügt hat, als eine von deren maßgeblichen Quellen die Nachschrift Hotho () nachgewiesen werden konnte (GW ,: , Fußnote ). Über die Editionsprinzipien für das Korpus der Nachschriften zu Hegels Vorlesungen informiert das Vorwort von Walter Jaeschke, über die Entwicklung von Hegels Logik-Vorlesungen, über sämtliche bekannte Quellen zu ihnen und hier besonders eingehend über die der vorliegenden Publikation

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zugrunde liegenden Manuskripte und deren studentische Verfasser sowie über die bisherigen Editionen der Nachschriften Troxler (/), Good (), Hegel () und der Zusätze () informiert der luzide editorische Bericht von Annette Sell, der Herausgeberin des Bandes. Ein Anmerkungsapparat, der teils Zitate, teils Hinweise auf zitierte Quellen und andere Referenztexte sowie Querverweise innerhalb des Textes bietet, sowie ein Personen- und ein Literaturverzeichnis leisten weitere wertvolle Hilfestellung für die Erschließung der Texte. Dass die zusammenhängende Publikation der Nachschriften eine unschätzbare Materialquelle für alle ist, die sich für Hegels Logik interessieren – sei es für einzelne Thesen und Argumente, sei es für ihren Gesamtzusammenhang, ihre Entwicklungs- oder auch ihre Rezeptionsgeschichte –, steht außer Frage. Das gilt umso mehr, als alle Nachschriften – natürlich mit Ausnahme der frühesten aus der Jenaer Zeit – an der Logik als erstem Teil der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ausgerichtet sind, einem Werk, das im Ganzen als Kompendium zu Vorlesungen verfasst wurde, also auf die Ergänzung durch mündlichen Vortrag geradezu angelegt ist –, wobei die Nachschriften durchaus nicht nur als Zusätze zu einem vorausgesetzten Haupttext zu lesen sind. Sie bieten nicht nur illustrierende Beispiele, Querverweise auf andere Teile des philosophischen Systems oder philosophiehistorische Verbindungen – so aufschlussreich solche Ergänzungen auch schon für sich allein sind –, sondern präsentieren zum großen Teil auch die direkte Durchführung des eigentlichen Argumentationsgangs selbst. Freilich ist der Gang der Logik nicht in allen neun Nachschriften vollständig dokumentiert. In dieser Hinsicht besonders hervorzuheben ist die Nachschrift Hegel (), die vom Vorbegriff über alle drei Teile der Logik eine zusammenhängende Gesamtwiedergabe bietet. Eine besonders detailliert ausgeführte Fassung der Argumentation des „Vorbegriffs“ hingegen liegt etwa in der Nachschrift Hotho () vor. Die vereinte Veröffentlichung der Vorlesungsnachschriften ermöglicht vergleichende Studien in mannigfaltigen Aspekten. Auf eine gedankliche Linie, hinsichtlich derer ein vergleichendes Studium ertragreich zu werden verspricht, sei im Folgenden noch kurz eingegangen: Betrachtet man alle neun Nachschriften im Überblick, so schließen sich verständlicherweise die späteren ‚enzyklopädischen‘ Nachschriften eng zu einer Gruppe zusammen, lassen sich eher als Varianten der Durchführung einer im Kern identischen Ableitung lesen und stellen sich damit der frühen Nachschrift Troxler kontrastierend gegenüber. Das liegt sicher nicht nur daran, dass sich diese erste Nachschrift knapp und zusammenfassend auf die „Hauptideen von Hegels Vorlesung über Logik und Metaphysik“ (GW ,: ) beschränkt. Vielmehr zeigen sich schon in der Grundanlage Unterschiede: Während die frühe Fassung eine Arbeitsteilung zwischen Logik und Metaphysik vorsieht, in der die Logik als die „Wissenschaft von den Formen der Endlichkeit (des Verstandes)“ der Metaphysik als der Wissenschaft „von der Zerstörung jener Formen, oder des Unendlichen“ (GW ,: ) vorangeht, ist diese Teilung in allen enzyklopädischen Fassungen ersetzt durch die – im Vorbegriff mittels der Konzeption des ‚objektiven Denkens‘ begründete – Identifizierung von Logik und Metaphysik (GW ,: ). Ebenfalls im Unterschied zur ersten Fassung konzentrieren sich die späteren Fassungen in den Hauptteilen der Logik auf die Kategorien selbst, explizit unterschieden von ihren der Realphilosophie aufbehaltenen Implementierungen in den Sphären von Natur und Geist, während die erste Fassung – in Anlehnung an Schelling, der darin auch immer wieder genannt wird – eine zweigleisige, nämlich subjektive und objektive Durchführung vorsieht.

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Allerdings ist auch angesichts der grundlegenden Unterschiede ein gemeinsamer Ausgangspunkt nicht zu verkennen, der sich in allen Fassungen der Logik-Vorlesungen durchhält: Alle Fassungen einschließlich der ersten arbeiten mit einer immanenten Kritik des ‚Verstandes‘ und damit an dessen Überführung in ‚Vernunft‘. Mit ‚Verstand‘ benennt Hegel dabei konstant eine Weise des Nachdenkens, die er sowohl in der Philosophie als auch in außerphilosophischen Wissenschaften am Werk sieht und die grob so charakterisiert ist: Das verständige Denken sieht sich in verschiedensten Themenbereichen in Bezug auf jeweils ein und denselben Gegenstand vor einander entgegengesetzte Bestimmungen gestellt, an denen es allein die Ausschließlichkeit festhält, insofern also jedes der beiden Glieder des Gegensatzes in seinem eigenen Wesen als gegenüber dem anderen selbständig annimmt. Den Gegensatz vorausgesetzt, stellen sich konsequenterweise lauter Alternativfragen der Art: Ist die Materie geschaffen oder nur geformt? Ist die Welt räumlich und zeitlich endlich oder unendlich? Ist Gott nun allmächtig oder allweise, vollkommen gütig oder vollkommen gerecht? – Fragen, die für jede ihrer beiden Optionen Antworten zeitigen, die unmöglich wahr sein können. Darüber hinaus führt die Erinnerung daran, dass beide Glieder des Gegensatzes zugleich als konstitutiv zur Bestimmung ein und desselben Gegenstandes angenommen sind, zu Versuchen, die Einheit dieses Gegenstandes zu bestimmen. Da aber für die besonderen Bestimmungen der Sache der Gegensatz gelten soll, wird die Einheit der Sache ganz konsequent jenseits des Gegensatzes – was angesichts der Voraussetzung aber heißt: jenseits ihrer besonderen Bestimmungen – verlagert. So erhält der in Rede stehende Gegenstand seinen zusammenfassenden Begriff unter Absehung von dem, was ihn ausmacht – eine Fassung in abstrakter oder formeller Identität oder, anders gesagt, ein Wesen getrennt von seiner Wirklichkeit. Solche Schwundbegriffe stellen sich zunächst auf der objektstufig operierenden Metaphysik ein (die Nachschrift Troxler führt als prominentes Beispiel die Bestimmung der Materie als des rein Unbestimmt-Bestimmbaren an (GW ,: ; siehe auch Nachschrift Good, GW ,: ); einen analogen Fall sieht Hegel in der verständigen Bestimmung Gottes vorliegen, innerhalb deren der Ausschluss des Widerspruchs auf Basis als einander widersprechend vorausgesetzter Eigenschaften ebenfalls in die Unbestimmtheit des zugrundeliegenden Subjekts führt (vgl. dazu etwa die Nachschrift Good, GW ,: )). Das Bemerken solcher Widersprüche motiviert dann den Ebenenwechsel des Denkens von der objektstufigen zur erkenntnistheoretischen und erkenntniskritischen Frage danach, ob das Denken überhaupt fähig sei, Gegenstände und darunter namentlich die der Metaphysik zu erfassen. Hegels – in den späteren Vorbegriffen der enzyklopädischen Fassungen als zweite Stellung des Gedankens zur Objektivität ausführlich entwickelte, in nuce aber schon in der Jenaer Fassung erkennbare und in den früheren, auf Basis der Erstauflage der Enzyklopädie gehaltenen Fassungen bereits explizierten – Diagnose lautet: Die Erkenntniskritik bleibt hinter ihrem Ziel zurück, weil sie in ihrer Frage die verständige Fassung des Denkens als die einzig und abschließend gültige voraussetzt. In der Konsequenz sieht Hegel denn auch sowohl den Widerspruch als auch die Unbestimmtheit auf der erkenntnistheoretischen Reflexionsebene wiederkehren. (Besonders lesenswert ist in diesem Zusammenhang die Rekonstruktion der Identität des kantischen Dinges an sich mit dem reinen Ich des ‚Ich denke‘ und beider mit dem Anfang der hegelschen Logik in der Nachschrift Good (GW ,:  f.).) Auf diesem gemeinsamen Boden aller hier publizierten Vorlesungsnachschriften bekommen die späteren, enzyklopädischen Fassungen dann dadurch ihr besonderes Profil, dass sie die These ausarbeiten und sozusagen in die Tat umsetzen, der Kern all der zuvor bemerkten Probleme liege nicht erst in bestimmten Anwendungen der Denkbestim-

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mungen oder Kategorien, sondern direkt in ihnen selbst – womit die Wissenschaft der Logik ihr endgültiges Profil als reine Wissenschaft und zugleich immanente Kritik der Kategorien erhält. Vor demselben Hintergrund lässt sich dann sehr wahrscheinlich auch heller beleuchten, welche Bedeutung innerhalb der Logik der Übergang von ihrem ‚objektiven‘ in ihren ‚subjektiven‘ Teil hat – fällt er doch zusammen mit dem Überschreiten der Grenze, die dem Erkennen noch auf der Kategorientafel der Kritik der reinen Vernunft gezogen war, die mit Qualität, Quantität, Relation und Modalität von der Gliederung der reifen hegelschen Logik aus gesehen insgesamt im Feld von Seins- und Wesenslogik verbleibt, einem Rahmen, den auf kategorialer Ebene auch noch die Jenaer Vorlesungsnachschrift nicht verlässt. Ebenfalls erhellend dürfte es sein, in den verschiedenen späteren Fassungen denselben Schritt in den dritten Teil der Logik im Licht der Kritik jener abstrakten oder formellen Identität zu lesen, die zur Signatur des verständigen Denkens gehörte, fällt jener Schritt doch zusammen mit der Entwicklung eines Begriffs von Allgemeinheit, die nicht mehr als abstraktes Jenseits einander verdrängender Bestimmtheiten, sondern als in ihren Besonderungen allgemein zu verstehen ist. Friedrike Schick Eberhard Karls Universität Tübingen

Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Die Bibliothek Georg Wilhelm Friedrich Hegels. Abteilungen I– III. Band , der Gesammelten Werke. Herausgegeben von Manuela Köppe. Hamburg: Meiner, . VI,  S.; Abteilungen IV–IX. Anhang. Band , der gesammelten Werke. Herausgegeben von Manuela Köppe. Hamburg: Meiner, .  S. Die Bibliothek eines anderen Menschen ansehen zu dürfen, ist immer ein privilegierter Blick in seine Intimität, denn wer uns zeigt, was er liest bzw. gelesen hat, verrät uns viel von dem, wer er ist. Dies gilt sicher in besonderem Maße für einen Philosophen, denn bei ihm ist die Bibliothek auch der eigentliche Arbeitsplatz, die Werkstatt seines Denkens. Für den Spezialisten, der sich für die Quellen interessiert, aus denen Hegel schöpfte, versteht es sich von selbst, dass der Katalog von Hegels Bibliothek ein nützliches, ja sogar unverzichtbares Hilfsmittel darstellt. Die zahlreichen Hinweise auf Hegels eigenen Bücherbestand in den Anmerkungen zur kritischen Ausgabe (besonders in den von W. Jaeschke, K. Grotsch und Ch.J. Bauer betreuten Bänden der GW) belegen die Bedeutung dieses Instruments hinreichend. Doch auch diejenigen Leser, die, um Hegels bekannten Aphorismus aufzugreifen, nicht „dazu verdammt“ sind, „ihn zu explizieren“, indem sie Anmerkungen schreiben, können sich aus dem Katalog seiner Bibliothek einen Überblick über die Weite seiner Bildung und seine auch nicht fachspezifischen Lektüren verschaffen. Über Hegels Person und sein philosophisches Schaffen hinaus, mag der Katalog der Bücher, die ihm gehörten, ein Beispiel für eine Professorenbibliothek seiner Zeit darstellen. Der hier vorliegende, von Manuela Köppe erarbeitete Katalog ermöglicht jetzt endlich einen solchen Einblick in Hegels Werkstatt. Dies ist umso wichtiger, als sich Hegels Bi-

 „Ein großer Mann verdammt die Menschen dazu, ihn zu explizieren.“ (Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s Leben beschrieben durch Karl Rosenkranz. Supplement zu Hegel’s Werken (Berlin, ), ).

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bliothek als Ganzes bekanntlich nicht erhalten hat. Nur wenige Monate nach Hegels plötzlichem Tod (. November ) hat seine Witwe, Marie (–), Hegels Bücher am . und . Mai  in Berlin versteigern lassen. Der editorische Bericht von Manuela Köppe informiert über die entsprechenden Vorgänge (GW ,:  ff.). Der Versteigerungskatalog, der trotz der immensen Arbeit, welche die Herausgeberin der hier vorliegenden stattlichen Ausgabe geleistet hat, letztlich die Grundlage ihrer Bemühungen bildet, wurde von Rauch, einem „Königlich gerichtliche[n] Bücher-Auktions-Commissarius für Berlin“ ziemlich schnell erstellt, denn er lag spätestens am . März  gedruckt vor, wie aus einem Brief dieses Datums, den Hegels Witwe an ihre Mutter schrieb, hervorgeht (im editorischen Bericht, GW ,: , zitiert). Ein ca. zweimonatiger Abstand zwischen dem Druck des Katalogs und der Versteigerung selbst war auch deshalb notwendig, weil potentielle Kunden, die nicht in Berlin lebten oder gerade weilten, ebenfalls die Gelegenheit erhalten sollten, Angebote einzureichen. Die „Versteigerungsordnung“ (abgedruckt in GW ,:  f.) enthält zu diesem Zweck eine ganze Liste von Buchhändlern u. a. „Commissionären“, darunter solche aus Wien, London und [St.] Petersburg! Dies mag schon ein Beleg dafür sein, wie weit die eigentliche Bibliothek Hegels damals zerstreut wurde. Der Katalog ist ein kleines Buch (, x , cm) von  Seiten. Auf Hegels Bibliothek kommen davon die ersten  Seiten, denn die Seiten – beziehen sich auf die am gleichen Tag versteigerte Bibliothek des Physikers Thomas Johann Seebeck. Dieser Versteigerungskatalog ist seit langem bekannt. Der vor gut zehn Jahren verstorbene Hegel-Forscher Friedhelm Nicolin wollte den Katalog schon im Jahre  (!) im Rahmen eines Beihefts zu den Hegel-Studien publizieren, doch dürfte ihm bald klar geworden sein, wie viel Arbeit es bedeutet, die dürftigen buchhändlerischen Angaben des Auktionators zu verifizieren und zu entscheiden, um welche Ausgabe eines Textes es sich dabei wirklich handelt. Dies galt besonders zu einer Zeit, als es noch nicht möglich war, die Kataloge der führenden Bibliotheken der ganzen Welt vom Schreibtisch aus per Internet zu befragen. Jedenfalls hat Nicolin seinen Plan, den Katalog zu publizieren, nicht realisiert. Immerhin ist er Einzelfragen aus diesem Forschungsfeld nachgegangen, z. B. der Frage, welche Shakespeare-Ausgabe Hegel besaß. In den Kreisen der engeren Hegel-Forschung kursierten auch schon lange Fotokopien der sich auf Hegels Bibliothek beziehenden Seiten des Versteigerungskatalogs.  hat Helmut Schneider diesen dann als Faksimile in seinem Jahrbuch für Hegelforschung abgedruckt. Dies war sicher nützlich und ersparte den interessierten Kollegen, weiter mit fliegenden Blättern umzugehen. Warum ein bloßer Nachdruck nicht genügen konnte, warum die aufwendige jetzt vorliegende Ausgabe trotzdem erstellt werden musste, ist vielleicht schon deutlich geworden, soll aber doch noch einmal klar gesagt werden: Der Versteigerungskatalog ist schnell angefertigt worden und beschränkt sich zumeist auf rudimentäre Angaben. Das mochte seinerzeit genügen, denn der damalige Kaufinteressent konnte die Bücher ja noch ansehen, bevor er sie erwarb. Auf der Grundlage der knappen, ungenauen und manchmal fehlerhaften Angaben ist es indessen nicht möglich, eindeutig zu entscheiden, um welche Ausgabe eines Textes es sich jeweils handelt. Dies gilt besonders für klassische und weit verbreitete Autoren, von denen nahezu jedes Jahr mehrere Ausgaben erschienen sind (Shakespeare, mit welchem sich schon Nicolin in diesem Zusammenhang beschäftigt hat,

 Friedhelm Nicolin, „Welche Shakespeare-Ausgabe besaß Hegel?“, Hegel-Studien  (): –.  „Hegels Bibliothek: der Versteigerungskatalog von “, hg. von H. Schneider. Jahrbuch fü r He-

gelforschung – (): –.

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ist dafür tatsächlich ein Paradebeispiel, doch könnte an viele andere auch deutsche Autoren gedacht werden). Zudem, wenn es z. B. heißt ‚ausgewählte Werke‘, kann ohne Autopsie nicht gewusst werden, welche Texte darin enthalten sind. Auf solche Fragen gibt die vorliegende Ausgabe nahezu erschöpfend Auskunft. Fehlende Angaben wurden ergänzt, unrichtige Angaben korrigiert. Für jedes Buch – deshalb ist diese Ausgabe so umfangreich geworden – wird die Inhaltsangabe, manchmal über mehrere Seiten, abgedruckt. Ein über hundert Druckseiten umfassendes Autorenverzeichnis erschließt die Ausgabe und ermöglicht gezielte Suchen. Somit verfügt die Hegel-Forschung nun endlich über einen mustergültigen Katalog von Hegels Bibliothek, der vielen Kollegen Wege (und Umwege) ersparen wird. Dürfte die wohl notwendig spröde Form des Katalogs nur wenige private Käufer anlocken, gehört er in jede ordentliche Bibliothek, und Herausgeberin und Verlag ist für dieses wichtige Instrument zu danken! Ein paar weiterführende Bemerkungen seien indessen noch erlaubt. Erstens, was hat die Familie – da die Söhne noch jung waren, dürfte es in erster Linie um Marie Hegel gehen – eigentlich dazu bewegt, sich so rasch von der Bibliothek zu trennen? Fehlende Verehrung für den Philosophen war es sicher nicht: Der ältere Sohn Karl, später ein im . Jahrhundert berühmter Stadthistoriker, hatte noch Vorlesungen seines Vaters gehört, sich sobald er konnte an der ersten Gesamtausgabe von dessen Werken beteiligt und noch an seinem Lebensabend (genauer ) eine zweibändige Briefausgabe besorgt. Waren es materielle Sorgen, die Hegels Frau zu diesem Schritt veranlassten? Schließlich war die Witwe bei Hegels Tod erst vierzig Jahre alt und musste nun allein für die beiden noch jungen Söhne, Karl (*) und Immanuel (*), sorgen, die keineswegs selbständig waren, sondern erst am Anfang ihrer Studien standen. Der editorische Bericht (GW ,:  ff.) zitiert in diesem Zusammenhang aus einem Brief der Witwe (vom . November ) an Hegels Schwester Christiane (–), welcher betont, dass Hegel durchaus für seine Familie vorgesorgt hatte, z. B. durch Einzahlungen in gleich zwei ‚Witwenkassen‘. Freilich sollte dabei berücksichtigt werden, dass Christiane von Hegels finanzieller Unterstützung abhängig war und es der Witwe in ihrem Brief auch darum gehen musste, ihre Schwägerin in dieser Hinsicht zu beruhigen. Obwohl die Familie durch den Verlust des Vaters also nicht gerade in Not geraten war, dürften für die Entscheidung zum Verkauf doch finanzielle Gründe gesprochen haben, denn bei aller Vorsorge Hegels waren die Einkünfte der zurückgebliebenen Familie natürlich geringer als zu seinen Lebzeiten. Angesichts der  Taler, mit denen Marie Hegel jährlich aus den Witwenkassen rechnete (wie wiederum aus ihrem Brief an Christiane hervorgeht), war der Verkaufspreis der Bibliothek, den Marie in einem Brief an ihre Mutter (vom . März ; im editorischen Bericht, GW ,: , zitiert) auf  bis  Taler schätzte, keineswegs unerheblich, sondern entsprach dem Ertrag von ca. – Monaten Witwenrente. Die Herausgeber von Hegels Werken im Rahmen der sogenannten ‚Freundesvereinsausgabe‘ (–) verzichteten bekanntlich zugunsten von Hegels Familie auf Honorare, was dafür sprechen dürfte, dass diese im Kreis der Freunde als bedürftig angesehen wurde. Zweitens, was ist aus Hegels Büchern geworden? Aus heutiger Perspektive ist es natürlich erstaunlich, ja geradezu schockierend, dass keine Bibliothek oder sonstige Institution versucht zu haben scheint, den Bestand geschlossen zu übernehmen (editorischer Bericht, GW ,: ), besonders wenn man bedenkt, dass Hegels treuer Freund im Ministerium, Johannes Schulze (–), damals auch für die Bibliotheken und öffentlichen Sammlungen zuständig war. Doch gilt es dabei, anachronistische Erwartungen zu vermeiden. Die archivarische Pflege von Nachlässen wurde erst im letzten Drittel des

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. Jahrhunderts, u. a. durch den Einfluss von Wilhelm Dilthey, zu einem Leitbild. Haben sich über die Versteigerung selbst bislang auch keine Berichte von Augenzeugen finden lassen (GW ,: ), muss davon ausgegangen werden, dass Hegels Bücher tatsächlich in alle Winde zerstreut wurden. Drittens gilt es noch eine Mahnung anzusprechen: Zwar darf davon ausgegangen werden, dass die Bücher, die im Katalog stehen, auch wirklich Hegel gehört haben, doch darf nicht der Schluss gezogen werden, dass der Katalog Hegels Bibliothek erschöpft. Nachdrücklich weist die Herausgeberin darauf hin, dass „briefliche Nachrichten bezeugen, dass Hegel weit mehr Bücher besessen hat, als diejenigen, die im Katalog genannt“ werden (GW ,: , vgl. auch ). Können über den Verbleib weiterer Bestände auch nur Vermutungen angestellt werden, darf z. B. angenommen werden, dass die Familie Bücher als Erinnerungsstücke oder auch solche zurückbehalten hat, die für das Studium der Söhne als notwendig oder zumindest nützlich betrachtet wurden. Vielleicht kann dieser Katalog auch neue Forschungen anregen. In den vielen Briefwechseln und Tagebüchern, die sich aus der Zeit um  erhalten haben, sollten sich doch irgendwo Zeugnisse über die Versteigerung finden lassen. Trägt die Herausgeberin schon diverse Belege über Hegels Umgang mit Büchern zusammen (GW ,: –), könnte dieses Thema noch weiter entfaltet werden. Aus der Durchsicht des Briefwechsels, der Berichte von Dritten usw. könnte nicht nur eine Liste von Büchern erstellt, die Hegel mit großer Wahrscheinlichkeit besessen hat, die aber nicht im Auktionskatalog enthalten sind, sondern auch Angaben über die Zeitpunkte der Anschaffung gefunden werden. Dass alle Untersuchungen, die sich Hegels Verhältnis zu einem anderen Gelehrten widmen, aus diesem Katalog Erkenntnisse gewinnen können, dürfte ohnehin offensichtlich sein. Norbert Waszek Université Paris VIII – Vincennes-Saint Denis

Karl Marx und Friedrich Engels. Deutsche Ideologie. Manuskripte und Drucke. Band I/ der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA). Bearbeitet von Ulrich Pagel, Gerald Hubmann und Christine Weckwerth. Berlin/Boston: de Gruyter, . XII,  S. () Der nunmehr vorliegende fünfte Band der ersten Abteilung der Marx-Engels-Gesamtausgabe ist lange und voller Ungeduld erwartet worden, denn er enthält Texte, die eine Wegscheide im Denken der Autoren dokumentieren; für nicht wenige Interpreten sogar die Wegscheide. Diese Texte markieren nämlich den Übergang vom ‚jungen‘ zum späteren Marx; ein Übergang, der von den einen gern als Verrat an den philosophisch-humanistischen Anfängen des marxschen Denkens verstanden wird, von anderen hingegen als Durchbruch von der Spekulation zur Wissenschaft. So gegensätzlich diese beiden Deutungen auch sein mögen: Sie stimmen darin überein, dass die in dem hier besprochenen Band enthaltenen Texte die entscheidende Phase (–) dokumentieren, in der sich jene gesellschafts- und geschichtstheoretischen Ansichten von Marx und Engels herausbildeten, die später (von Friedrich Engels, Franz Mehring und Antonio Labriola) als ‚Historischer Materialismus‘ charakterisiert wurden, und die die Grundlage für die späteren ökonomischen Arbeiten von Marx bilden.

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Die hier neuedierten Texte waren bisher unter dem Titel „Die Deutsche Ideologie“ bekannt und galten als ein „große[s] Werk“ bzw. als eine „umfangreiche Schrift“, in der Marx und Engels „[a]usgehend von den Grundthesen der von ihnen ausgearbeiteten neuen Weltanschauung“ die Ansichten von Bruno Bauer und anderen einer Kritik unterzogen. Damit wurde der Eindruck erweckt, als handele es sich (a) um ein unvollendet gebliebenes Gemeinschaftswerk von Marx und Engels, um eine Monographie also, in der die Autoren (b) die bereits konzipierten Grundlagen ihrer Theorie systematisch darlegen und (c) auf dieser Grundlage rivalisierende philosophische und politische Theorien kritisieren wollten. Schon der  veröffentlichte Band I/ der ersten (während des Zweiten Weltkrieges eingestellten) Marx-Engels-Gesamtausgabe hatte durch eine geeignete Umgruppierung der überlieferten Texte diesen Eindruck gefördert. In den vergangenen Jahrzehnten war allerdings aufgrund neuer Forschungsergebnisse und aufgrund der Publikation zusätzlicher Originaltexte deutlich geworden, dass dieses Bild nicht korrekt war. Es ist heute klar, dass die unter dem Titel „Die Deutsche Ideologie“ zusammengefassten Manuskripte ursprünglich als Beiträge zu einer Vierteljahresschrift verfasst wurden, die von Marx, Engels und Moses Heß gemeinsam herausgegeben werden sollte. Das Projekt dieser Vierteljahresschrift scheiterte aus zum Teil finanziellen, zum Teil politischen Gründen (Zensur), und auch die im Gefolge dieses Scheiterns entwickelten alternativen Publikationspläne zerschlugen sich. Hinzu kam, dass die politischen und theoretischen Differenzen zwischen Marx und Engels auf der einen, Heß auf der anderen Seite zu einer Trennung führten. Im Winter  gaben die Autoren die weitere Arbeit an den vorliegenden Manuskripten auf und überließen sie (nach einer berühmten Formulierung von Marx) „der nagenden Kritik der Mäuse“. Zu Lebzeiten von Marx und Engels wurden nur einige Stücke des Konvoluts veröffentlicht, um die Jahrhundertwende einige weitere, bis  dann das gesamte überlieferte Textmaterial an die Öffentlichkeit gelangte. Die verschlungene Entstehungs- und Editionsgeschichte ist in der umfangreichen Einleitung zum Apparatband der hier besprochenen Neuedition detailliert dargestellt. Aus ihr geht hervor, dass ein geschlossenes Werk mit dem Titel „Die Deutsche Ideologie“ zu keinem Zeitpunkt existiert hat; stattdessen handelt es sich um eine Reihe separater Beiträge zu einem geplanten Periodikum, die einen sehr unterschiedlichen Grad der Ausarbeitung aufweisen, mehrfach umgeschrieben und den veränderten Publikationsplänen angepasst wurden. Klar ist darüber hinaus, dass neben Marx und Engels auch andere Autoren beteiligt waren, wenn auch in weit geringerem Umfang. Die komplizierte Textüberlieferung hat die Bearbeiter der vorliegenden Neuedition vor schwierige Entscheidungen hinsichtlich der Anordnung der Texte gestellt. Sie haben sich aus nachvollziehbaren Gründen (siehe Apparatband, ) gegen eine rein chronologische Anordnung entschieden. Stattdessen folgen sie weitgehend den Plänen für die Vierteljahresschrift aus dem Sommer . Die Manuskriptstücke, die von späteren Editoren zu einem einleitenden Kapitel zusammengestellt wurden, das die neu gewonnenen systematischen Einsichten von Marx und Engels darlegt, werden jetzt separat als eigenständige Textzeugen präsentiert. Es liegt auf der Hand, dass diese Anordnung Kompromisscharakter hat: „Wie sich im Laufe der Editionsarbeit zeigte, bietet jedoch jede Form der Anordnung Vor- und Nachteile. Die im vorliegenden Band umgesetzte ist das Ergebnis eines Abwägungsprozesses, in dem die verschiedenen Möglichkeiten der Anordnung im Hinblick auf

 So im Vorwort des Bandes  der Marx-Engels-Werke (Berlin, ), VI, VII und XI.  Karl Marx, Zur Kritik der politischen Ökonomie. Marx-Engels-Gesamtausgabe II/. (Berlin, ),  f.

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die jeweiligen Vor- und Nachteile gewichtet wurden.“ () In jedem Fall sind die getroffenen Entscheidungen dokumentiert und daher für den Leser nachvollziehbar. Die Entstehungszeit, der Anlass, die Überlieferung und die Verfasserschaft jedes Textteils werden im Apparatband ausführlich dargelegt, gefolgt von einem Variantenverzeichnis und Erläuterungen. Mit der hier vorliegenden Edition verfügt die Forschung erstmals über eine zuverlässige Textgrundlage für die weitere Untersuchung der kritischen Phase zwischen  und  im Denken von Marx und Engels. () Wendet man sich dem Inhalt der insgesamt  Texte zu, so sieht sich der heutige Leser mit einer sich über hunderte von Seiten hinziehenden Polemik gegen zeitgenössische Rivalen konfrontiert, deren Lektüre nicht immer ein Vergnügen ist. Vielfach erschließt sich die Relevanz dieser Texte erst auf den zweiten Blick. Dazu muss man sich den historischen und biographischen Kontext klarmachen, in dem sie entstanden. In den Jahren / hatte Marx eine rapide Entwicklung auf zwei Ebenen durchlaufen: Zum einen hatte er sich von seinen ( jung)hegelianischen Ansichten schrittweise entfernt und sich unter dem Einfluss Ludwig Feuerbachs materialistischen Positionen angenähert; zum anderen hatten sich seine politischen Ansichten radikalisiert, indem er von einem linksbürgerlichen Befürworter demokratischer Reformen zum Protagonisten einer sozialistisch-kommunistischen, d. h. revolutionären Programmatik geworden war. Nachdem er  in Paris Friedrich Engels kennengelernt hatte, verfassten beide gemeinsam Die Heilige Familie, eine rüde Abrechnung mit dem Junghegelianismus, insbesondere mit Bruno Bauer, der bis kurz zuvor noch eine Art Mentor für Marx gewesen war. In der  geplanten Vierteljahresschrift sollte diese Abrechnung weitergeführt werden, zumal Bauer publizistisch (wenn auch nur indirekt) auf die Kritik in der Heiligen Familie reagiert hatte. Allerdings war im Oktober  Max Stirners Buch Der Einzige und sein Eigenthum erschienen, das eine scharfe Kritik an so gut wie allen Fraktionen der damaligen kritischen Intelligenz enthielt; auch an jenen sozialistisch-kommunistischen Positionen, zu denen sich Marx eben durchgerungen hatte. Auf diese Provokation reagierten Marx und Engels mit einer sehr eingehenden Auseinandersetzung mit Stirners Buch, die in der hier vorliegenden Edition mehr als  Druckseiten und damit den Hauptteil des Gesamttextes ausmacht. – Da Stirner auch Ludwig Feuerbach angegriffen hatte, der kurz zuvor sowohl für Marx als auch für Engels eine wichtige Identifikationsfigur gewesen war, sahen beide sich genötigt, nun auch ihr Verhältnis zu Feuerbach zu klären. Obwohl dieses Verhältnis inzwischen distanzierter geworden war, unterscheiden sich die mit Feuerbach befassten Passagen in Ton und Tenor deutlich von den übrigen: Sie sind zurückhaltender und weniger auf Konfrontation angelegt als die Texte zu Bauer oder Stirner. Sicher wären diese Auseinandersetzungen zumindest passagenweise heute nur noch für einen kleinen Kreis von Spezialisten von Interesse, wenn Marx und Engels in ihnen nicht immer wieder auf grundsätzliche Fragen gestoßen wären, auf die sie bislang keine oder nur unzureichende Antworten zu geben vermochten. In ihrem kritischen Geschäft sahen sie sich daher gezwungen, ihre eigenen Ansichten weiterzuentwickeln und zu schärfen. Man kann daher sagen, dass die Gesellschafts- und Geschichtstheorie von Marx und Engels nicht die Frucht einer selbständigen Theoriebildung war, sondern in und aus der Kritik an rivalisierenden Auffassungen entstand. Diese Arbeitsweise zeigt sich besonders deutlich dort, wo einzelne Passagen, die zunächst etwa in der Polemik gegen Stirner ausgearbeitet worden waren, im Zuge der weiteren Arbeit dann aus dem Kontext dieser Polemik herausgelöst wurden und zu selbständigen Darstellungen der eigenen Ansichten anschwollen.

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Marx und Engels entschlossen sich, diese Manuskriptteile in einem eigenen Kapitel zusammenzufassen, das den ersten Band der geplanten Vierteljahresschrift einleiten sollte. Dieses Einleitungskapitel, das in der vorliegenden Edition immerhin über  Seiten umfasst, sollte zugleich auch die Auseinandersetzung mit Feuerbach enthalten; es stellt den Nukleus der später unter der Überschrift „Feuerbach“ zusammengestellten Manuskripte dar, die in der ersten MEGA, vor allem in der weit verbreiteten MEW-Ausgabe, als ein auf die systematische Darstellung des ‚Historischen Materialismus‘ abzielendes Werk präsentiert wurden. Diese Werk-Hypothese ist aber nur schwer mit der tatsächlichen Genese der Manuskripte aus einem projektierten Periodikum vereinbar. Die nunmehr vorliegende Neuedition lässt erkennen, dass für Marx und Engels (sowie zunächst auch Heß) die ‚ideologiekritische‘ Auseinandersetzung mit den ehemaligen junghegelianischen Freunden und anderen rivalisierenden Positionen im Vordergrund des Interesses stand. Die eigenen positiven Ansichten gingen dieser Kritik nicht voraus, sondern kristallisierten sich in ihr in immer neuen Anläufen erst Schritt um Schritt heraus. Damit erlaubt die Neuedition einen Blick in die Werkstatt der Autoren und gibt dem heutigen Leser die Gelegenheit, ihnen bei der Formierung ihrer Ansichten über die Schulter zu schauen. Dies betrifft auch die Art der Kooperation zwischen den beiden Autoren. Die Mehrzahl der Manuskripte sind von Marx und Engels gemeinsam verfasst worden. Es gibt zwar Hinweise darauf (Apparatband,  f.), dass Marx größere Anteile an der Entwicklung der gemeinsamen Position hat; die Rolle von Engels kann aber nicht auf die eines Sekretärs reduziert werden. () Neben die drei genannten Hauptadressaten der Kritik (Bauer, Stirner und Feuerbach) trat im Verlauf der Arbeit an den Texten ein vierter Gegner: die unter der Bezeichnung ‚wahrer Sozialismusʻ firmierende politisch-publizistische Strömung. Das Auftreten dieser vierten Front kann als ein Indiz dafür betrachtet werden, dass innerhalb der sozialistischkommunistischen Bestrebungen dieser Jahre ein Differenzierungsprozess einsetzte, den Marx und Engels vor allem im zweiten Band der geplanten Vierteljahresschrift forcieren wollten. Diese Bemühungen stehen auch im Zusammenhang mit dem praktischen Engagement, das Marx und Engels Anfang  eingingen, als sie dem damaligen Bund der Gerechten beitraten. Vertreter des ‚wahren Sozialismusʻ verfügten über beträchtlichen Einfluss in dieser Organisation, den Marx und Engels zu brechen suchten. Neben die philosophisch-theoretisch motivierte Auseinandersetzung mit konkurrierenden Positionen tritt damit die politisch-praktisch motivierte Auseinandersetzung, wie sie auch für die späteren Phasen der Theoriebildung bei Marx und Engels charakteristisch blieb. Die hier neu edierten Texte dokumentieren also nicht nur die mühsame Erarbeitung der Grundlinien der marxschen Gesellschafts- und Geschichtstheorie in der Polemik gegen Bauer, Stirner und Feuerbach; sie dokumentieren auch die Herausbildung des theoretischpraktischen Doppelcharakters dieser Theorie, die eben mehr sein wollte als bloße Theorie und sich stets als integraler Bestandteil einer sozialen Bewegung verstand. Es war daher nur konsequent, dass Marx und Engels schon wenige Monate nach dem endgültigen Scheitern aller Publikationsprojekte das Manifest der kommunistischen Partei verfassten, und dass sie sich dabei auf die Ergebnisse stützten, zu denen sie in den knapp zwei Jahren der Arbeit an den Texten zur „Deutschen Ideologie“ gekommen waren. () Was hat sich mit der Neuedition dieser Texte in der zweiten MEGA für die MarxForschung geändert? Es wäre übertrieben, von radikal neuen Einsichten zu sprechen, die sie

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ermöglicht; denn immerhin ist die große Mehrheit der Texte ja seit Jahrzehnten bekannt. Gleichwohl ist nicht zu übersehen, dass mit dieser Edition eine Zäsur in der Publikationsgeschichte der Texte gesetzt ist. Zum einen liegt nun endlich ein gesicherter, den Ansprüchen einer historisch-kritischen Ausgabe genügender Text vor. Auf seiner Basis, sowie auf der Basis des umfangreichen textkritischen Apparats ist zweitens ein viel tieferer Einblick in die Genese der Texte möglich, als dies vorher der Fall war; damit sind die Voraussetzungen für eine detailliertere Rekonstruktion der Entstehung der marxschen Gesellschafts- und Geschichtstheorie gegeben. Drittens schließlich: Indem die Neuedition den fragmentarischen Charakter der unter dem Namen „Deutsche Ideologie“ firmierenden Texte deutlich erkennen lässt, bekräftigt sie eine in der Sekundärliteratur nicht immer hinreichend berücksichtigte Tatsache: Dass es sich bei dem Werk von Marx (und Engels) weniger um ein geschlossenes theoretisches System als um ‚work in progress‘ handelt. Dies gilt für die Manuskripte zur „Deutschen Ideologie“ und selbst noch für das Kapital, von dem ja nur der erste Band von Marx persönlich zum Abschluss gebracht werden konnte; auch dies allerdings nur, um in der zweiten Auflage beträchtliche Änderungen vorzunehmen. Kurt Bayertz Westfälische Wilhelms-Universität Münster

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C) Literatur zu Hegel Andreas Arndt und Günter Kruck, Hgg. Hegels „Lehre vom Wesen“. Hegel-Jahrbuch Sonderband . Berlin: de Gruyter, .  S. Allegra de Laurentiis, Hg. Hegel and Metaphysics. On Logic and Ontology in the System. HegelJahrbuch Sonderband . Berlin: de Gruyter, . VII,  S. Seit ihrem Erscheinen hat die Wissenschaft der Logik eine ununterbrochene Auseinandersetzung erfahren, die nicht zuletzt der Schwierigkeit des Textes geschuldet ist. Dabei nimmt das zweite Buch, die  erschienene Lehre vom Wesen, eine Sonderstellung ein, handelt es sich dabei doch bereits nach Hegels eigener Angabe um den schwersten Teil seiner Logik. Der von Andreas Arndt und Günter Kruck herausgegebene Sammelband vereint insgesamt  Beiträge, die sich in textchronologischer Reihenfolge mit der Wesenslogik auseinandersetzen, wobei der letzte Beitrag von Arndt die Bedeutung der Lehre vom Wesen für die nachhegelsche Rezeption betrachtet. Anton Friedrich Koch eröffnet den Band mit einem Beitrag zur Mittelstellung der Wesenslogik zwischen Sein und Begriff. Die Metapher, die Koch durchgängig zur Veranschaulichung dieser Mittelstellung dient, ist die einer „mechanischen Kaffeemühle“ (). Diese dient bereits bei der Darstellung der Seinslogik zur Veranschaulichung. Ganz zu Beginn der Logik wird die Mühle bestückt mit reinem Sein. Die Mahlvorgänge ergeben jeweils die nächsten Entwicklungsschritte der Logik. So wird aus Sein Werden gemahlen. Da aber ja das Werden erst aus Sein und Nichts entsteht, wird die Mühle als die Verneinung verstanden. Das Mahlergebnis wird nun jedes Mal wieder oben hineingegeben. Es entstehen das ‚Dasein‘, ‚Etwas‘, ‚Anderes‘ und ‚Anderes seiner selbst‘. Der Übergang in die Wesenslogik gehe dann so vonstatten, dass die Selbstwidersprüchlichkeit des Seins nicht mehr durch ein weiteres Werden gelöst werden kann und das Sein damit in bloßen Schein kollabiert. Dadurch werde es zum Zeichen für das „unbekannte Negativ des Seins oder Scheins, das wir vorweg schon einmal das Wesen nennen können“ (). „Die Mittelstellung des Wesens zwischen Sein und Begriff besteht also eben darin, dass im Wesen auch noch die Unmittelbarkeit der Vermittlungsoperation als solcher abgebaut und in reine Selbstvermittlung umgeformt wird.“ () Christian Iber untersucht Hegels Reflexionsbegriff als „Kritik am traditionellen Wesens- und Reflexionsbegriff“. Dabei versteht er unter der Wesenslogik eine Untersuchung derjenigen „Bestimmungen, die sich wechselseitig auseinander erklären“ (). Aus diesem Grund handle es sich bei den wesenslogischen Kategorien um „zweistellige Relationsbegriffe“ (). In Abgrenzung zu der traditionellen Bestimmung des Reflexionsbegriffs als einer Tätigkeit des Verstandes zeichnet Iber Hegels Entwicklung des Begriffs der Reflexion nach. Diese wird nicht mehr epistemisch verstanden als Leistung eines Erkenntnissubjektes, sondern absolut, als eine interne Entwicklungsstruktur. „Die Entwicklung der Denkbestimmungen durch ihre eigene Reflexion erfolgt ohne Rückbezug auf ein denkendes Subjekt“ (). Was wiederum die Darstellung in der Wissenschaft der Logik anbelangt, so beruhe diese „auf der logischen Bewegung der ‚absoluten Reflexion‘, welche sich als systematische Einheit von setzender, äußerer und bestimmender Reflexion darstellt“ (). Als ganz allgemeine Bestimmung des hegelschen Reflexionsbegriffs identifiziert Iber ein „Verhältnis von Selbstbeziehung und Negation“ (). Gerade durch Hegels nicht-subjektivistisches Verständnis des Reflexionsbegriffs sollen die „Aporien der klassischen Reflexionstheorie des Selbstbewusstseins“ () überwunden werden, die insbesondere Fichte

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umgetrieben haben. Diese Überwindung nimmt Hegel dadurch vor, dass er die Präsupposition der klassischen Theorie, dass dem Reflexionsakt ein Subjekt zugrunde liege, ablehnt und stattdessen die Konstitution von Subjektivität erst durch den Reflexionsakt selbst entstehen lässt (). Dieses prozessuale Verständnis vermeidet, die Relata der Reflexion zu verselbständigen. Damit sei neben Fichtes Konzeption auch diejenige Schellings zurückgewiesen (). Günter Kruck untersucht die gesamte „Wesenslogik als Logik der Reflexion“. Klaus Vieweg betrachtet Hegels Wesenslogik in ihrem Verhältnis zu Metaphysik, Skeptizismus und Transzendentalphilosophie. Friedrike Schick untersucht die Reflexionsbestimmungen von Identität und Unterschied. Mit Verweis auf Kants Unterscheidung zwischen Reflexionsbestimmungen und Kategorien charakterisiert sie Reflexionsbestimmungen als „universale, transkategoriale Formen von Beziehungen“ (). Zunächst wird das Wesen als Resultat eines Abstraktionsprozesses verstanden. Diese subjektivistische Lesart erweist sich jedoch als falsch und wird durch die zweite Ansicht ersetzt, dass das Wesen gerade in den Bestimmungen bestehe, von denen die erste abstrahiert hatte. Identität ist nun, so weist Schick nach, nicht prädikativ, sondern explikativ zu verstehen, da Hegel das Wesen dadurch ausdrückt, dass es „einfache Identität mit sich“ (GW : ) ist. Die wesentliche Identität zeichne sich dadurch aus, dass sie nicht bloße Mit-sich-selbst-Gleichheit einer Sache bezeichnet, sondern intern differenziert ist. Die beiden Relata der wesentlichen Identität sind „einfache Identität und Unterschied“ (). Ebenso wie Identität sowohl Teil als auch Ganzes ist, so sei auch der ‚absolute Unterschied‘ Teil und Ganzes. „Er ist das Ganze von Identität und Unterschied, enthält also sich selbst als sein Moment oder ist Moment seiner selbst.“ () Mit dem Begriff der Verschiedenheit führt Schick dann die Bestimmung ein, die einen Zusammenhang zwischen Wesenslogik und Seinslogik herstellen lässt, um über den Gegensatz das eigentlich wesenslogische Thema wiederzugewinnen. Die Logik des Grundes wird im Anschluss von Claudia Wirsing untersucht. Das Grundkapitel wird dabei nicht nur verstanden als Erklärung, „wie das Wesen als Grund zu denken ist, sondern auch [als der Versuch; T.M.] zu zeigen, was es kategorial überhaupt heißt, ein Grund für etwas zu sein“ (). Das Wesen als Grund erweist sich als die Logik des Begründetseins, wobei etwas, das Begründete, in etwas anderem, dem Grund, besteht. Allerdings muss auch für diese Struktur gelten, dass der Grund dasjenige ist, was sich von Grund und Begründetem unterscheidet und sich dadurch auf sich bezieht. Damit ist jedoch die Kategorie des Grundes noch nicht in allen Einzelheiten bestimmt. Dafür müssen die Durchgangsstufen von ‚formellem‘ zu ‚realem‘ hin zum ‚vollständigen‘ Grund betrachtet werden. Für den formellen Grund gilt: „Der Grund unterscheidet sich vom Unterschied, wodurch er den Unterschied wieder an sich hat, den er ausschließt.“ () Daher besteht die Form des Grundes darin, „ein Element von dem zu sein, was er zugleich als Ganzes begründet und umfasst“ (). Im realen Grund werden die zwei Relata unabhängig voneinander, der Grund ist dann etwas anderes als das Begründete. Erst im vollständigen Grund werden beide Bestimmungen in eine Einheit gebracht. In Abgrenzung zum Kausalitätsverhältnis argumentiert Wirsing dafür, dass Hegels Grundtheorie Einsichten bereithält, die auch für die heutige Redeweise des Gebens und Nehmens von Gründen gewinnbringend ist: „Etwas kann nicht auf solche Weise so vollständig und eindeutig durch etwas Anderes begründet werden, wie es faktisch vollständig und eindeutig von etwas Anderem verursacht werden kann.“ ()

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„Das Wesen muss erscheinen“ (GW : ), dieser zentralen Aussage des Erscheinungskapitels widmet sich Dietmar Heidemann in seinem Beitrag, Jens Halfwassen hingegen betrachtet Hegels Verhältnis zur negativen Theologie. Holger Hagen unternimmt einen Gesamtüberblick zur Logik der Wirklichkeit. Thomas Hanke schließlich betrachtet den Übergang der Wesenslogik in die Begriffslogik und Andreas Arndt die Rezeption der Wesenslogik bei Karl Marx. Hatte der Sammelband von Arndt und Kruck den Teil der Wissenschaft der Logik zum Gegenstand, der „vornehmlich die Kategorien der Metaphysik und der Wissenschaften“ (GW : §  Anm.) thematisiert, so wird in dem Sammelband von de Laurentiis Hegels Verhältnis zur Metaphysik überhaupt Gegenstand. Wie Laurentiis in der Einleitung schreibt, zeige der Titel bereits an, dass alle dort versammelten Beiträge das Betreiben von Metaphysik für einen wesentlichen Bestandteil der hegelschen Philosophie erachten. Ursprünglich auf einer Tagung mit dem Titel „Hegel Without Metaphysics?“ vorgetragen, sind sich alle Beitragenden –  Männer,  Frauen – einig darüber, dass die Frage verneint werden muss. Wie Laurentiis selbst schreibt, behandeln sechs Beiträge das Verhältnis Hegels zur Metaphysik als solches, wohingegen die restlichen sieben Beiträge dieses Verhältnis anhand konkreterer Sachfragen und Systemteile des hegelschen Systemteils diskutieren. Alper Türken eröffnet den Band mit einem Beitrag zum Begriff des wahren Unendlichen. Die Grundthese lautet, dass sich die gesamte hegelsche Philosophie, sowohl des späten Systems als auch der Phänomenologie des Geistes, adäquat nur verstehen lässt, wenn man den Kern des gesamten hegelschen Denkens, und zwar das wahre Unendliche, verstanden hat (). Neben dieser interpretatorischen These verteidigt Türken noch eine philosophische These − die eigentlich auch interpretatorischer Natur ist −, dass Hegel weder Metaphysik im vorkantischen Sinne betreibe, noch eine nicht-, geschweige denn anti-metaphysische Position entwickle. Stattdessen handle es sich bei der Wissenschaft der Logik um ein post-kantianisches Projekt, das Kants Kritik der reinen Vernunft vervollständige. Türkens Argumentation beginnt mit einer Analyse des Begriffs wahrer Unendlichkeit im Sinne der im Endlichen verwirklichten Unendlichkeit. Dieser Begriff wahrer Unendlichkeit schließe sowohl eine Lesart der hegelschen Logik im Sinne einer transzendentalen Logik als auch eine nicht-metaphysische Lesart aus (). Die Unhaltbarkeit nicht-metaphysischer Lesarten – insbesondere diejenige Pippins und Brandoms – beansprucht Türken dadurch nachzuweisen, dass diese Ansätze den Begriff der wahren Unendlichkeit nicht adäquat zu fassen vermögen (–). Türken folgert zum Schluss seines Aufsatzes, dass die Logik einen Vorrang vor dem Sozialen hat und weist damit Brandoms Versuch zurück, die Logik selbst über soziale Anerkennungspraxen zu explizieren. Ob es möglich sein könnte, einen Pragmatismus zu verfolgen, der dennoch in der Lage ist, wahre Unendlichkeit und damit die Neuerung gegenüber der kantischen kritischen Philosophie einzufangen, bleibt eine offene Frage. Chong-Fuk Lau interpretiert Hegels spekulative Philosophie als eine Metaphysik zweiter Ordnung, „that explores the philosophical concepts necessary for traditional firstorder metaphysics“ (). Alternativ formuliert er dann auch, dass Hegels Logik „does not describe the objective world directly, but rather determines the fundamental concepts that are necessary for our understanding of the world as well as our orientation in it“ (). Auch Lau argumentiert, dass Hegels Kritik an Kant in der Überwindung des Postulierens eines Dinges an sich und der Subjekt-Objekt-Differenz besteht. Daher fallen Logik und Metaphysik für ihn auch zusammen. Die Wissenschaft der Logik versteht Lau dann als eine ho-

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listische Analyse der Kategorien, wobei „the content of each category depends on every other, but more fundamentally the meaning of a concept is first determined by its concrete use“ (). Diese gebrauchstheoretische Lesart setzt Lau auch in Bezug auf die Rechtsphilosophie Hegels fort, wenn er diese nicht als eine normative Theorie liest, sondern als eine Metatheorie (). Allerdings bestehe auf dieser Metaebene, und zwar für das gesamte hegelsche System, eine andere Art von Normativität, „because the analysis of categories is tied to normative commitments, implying rules for the correct understanding and application of concepts“ (). Damit rückt Laus Lesart gefährlich nah an die Interpetation Brandoms heran, die Türken gerade als nicht-metaphysische Lesart Hegels zurückgewiesen hatte. Daher bleibt die Frage, ob Laus Anspruch einer metaphysischen Lesart Hegels in der faktischen Umsetzung erfolgreich ist. Glenn Alexander Magee baut seine Argumentation für eine metaphysische Lesart Hegels darüber auf, dass er nicht-metaphysischen Lesarten ein unplausibles Verständnis von Metaphysik nachweist. Richard Dien Winfield setzt sich in seinem Beitrag mit Hegels Überwindung der Überwindung der Metaphysik auseinander. Andrew Buchwalter nimmt eine metaphysische Lesart, diesmal nicht des gesamten Systems bzw. der Wissenschaft der Logik, sondern eines Teils desselben, nämlich der praktischen Philosophie Hegels vor. Auch Giacomo Rinaldi untersucht metaphysische Implikationen, allerdings der hegelschen Selbstbewusstseinstheorie. Elena Ficara untersucht das Verhältnis von Logik und Metaphysik in Hegels System ab dem ersten Buch zur Wissenschaft der Logik von . Sie verteidigt Hegel gegen den Vorwurf, dass er Metaphysik durch Logik substituiert habe. Stattdessen bestehe Hegels besondere Logik gerade in einer Metaphysik, die an der antiken aristotelischen Metaphysik orientiert sei (). Die Wissenschaft der Logik untersucht nicht einfach Gedankenbestimmungen, sondern zugleich auch die Bestimmungen des Wesens der jeweiligen Phänomene (). Ficara macht fünf Punkte aus, die Hegels Verhältnisbestimmung zwischen Logik und Metaphysik ausmachen. Zunächst (a) folge er ganz Kant, wenn er die vorkritische Metaphysik als Bestimmung der Dinge rückführt auf eine Logik, die das Denken der Dinge bestimmt. Allerdings geht Hegel dann (b) nicht den kritischen, transzendentalphilosophischen Weg, sondern beansprucht, dass die Gedankenbestimmungen zugleich auch Bestimmungen der Dinge selbst sind. (c) „Logic is the theory of logical-metaphysical forms and their validity, and it is also natural logic and metaphysics, that is, the web of implicit theories about the nature of what there is, a web which can be subject to enquiry and thus lead to logic as theory.“ () Daraus folgt, dass es (d) unmöglich ist, Metaphysik loszuwerden, da bereits unser vortheoretischer Weltzugang von metaphysischen Präsuppositionen durchsetzt ist. Deshalb gehe es (e) nicht darum, Metaphysik loszuwerden, sondern zu klären, welche Metaphysik die adäquate ist. Angelica Nuzzo schließt mit ihrem Beitrag daran an, wenn sie auch davon ausgeht, dass es nicht um das Ob einer Metaphysik, sondern nur darum, was für eine Metaphysik wir benötigen, gehe. Sie argumentiert dafür, Hegels Metaphysik als eine Theorie zu verstehen, die ohne ein Subjekt auskommt. „Logical thinking, I contend, is the immanent development of an activity without a (metaphysical or transcendental or phenomenological) subject, an activity that does not depend on a (presupposed, given) subject but is such as to produce the subject (or rather the fundamental structures of subjectivity) as its conclusive result.“ () Diese These entwickelt Nuzzo über Hegels Auseinandersetzung mit Kants Metaphysikkritik, die nicht radikal genug vorgegangen sei, da sie letztlich doch noch Gegebenes angenommen hatte. Dies wiederum habe dazu geführt, dass der kantische

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Ansatz – auf dem richtigen Weg – den Kategorien weiterhin nur subjektive Signifikanz zugestanden hat (subjektiv im Sinne, dass sie nicht per se das Wesen der Dinge an sich erfassen) (). Stattdessen soll Hegels Logik selbst gerade auch das Wesen der Dinge an sich erfassen, und zwar durch das Denken. Dies soll durch das Verfahren immanenter Selbstentwicklung geschehen (). Im Durchgang durch die Logik entwickelt sich das Wesen der Kategorien als Prozess einer Selbstentfaltung des Denkens. Dabei hat diese Entwicklung zugleich auch kritisches Potential, da sie die Grenzen der Reichweite einzelner Denkbestimmungen zugleich mitaufweist. Diese Form von Denken darf jedoch nicht im bewusstseinstheoretischen Sinne verstanden werden, da dann eine Subjekt-Objekt-Unterscheidung weiterhin greifen würde. Und diese wiederum würde den Anspruch unterminieren, dass Denken und Sein in eins fallen. Dieser Bedeutung der Objektivität des Denkens fügt Nuzzo noch zwei weitere hinzu. Zweitens ist das Denken in dem Sinne objektiv, als es den transzendentalphilosophischen Standpunkt überwunden hat, da die Kategorien nicht einfach als Erkenntnismittel als Eigenschaften eines Subjekts verstanden werden, sondern als durch das Denken selbst konstituiert. Und drittens wird auch das Denken selbst nicht mehr verstanden als Tätigkeit einer zugrunde liegenden Substanz. Darin besteht dann auch die Besonderheit der subjektlosen Metaphysik Hegels: „Logical thinking is nothing before the performing of this activity; and it is nothing besides the activity it successively performs.“ () Robert Bernasconi argumentiert anhand der ersten Publikation Hegels – der Schrift Glauben und Wissen – dafür, dass Hegel bereits zu dieser Zeit sein Verständnis von Metaphysik entwickelt habe. Paul Giladis These besagt, dass Hegels Metaphysik als eine Variante des Naturalismus zu verstehen sei. Susanne Herrmann-Sinai setzt sich mit Hegels Metaphysik der Handlung auseinander. Mit dem Verhältnis von Sprache und Metaphysik befasst sich Andrew Davis. Dabei weist er nach, dass Sprache und Metaphysik nicht zusammenfallen, weshalb die Sprache selbst an der Metaphysik ihre Grenze findet, auch wenn sie notwendige Bedingung für das Betreiben von Metaphysik ist. Nachdem Davis Hegels Sprachtheorie aus dem subjektiven Geist der Enzyklopädie entwickelt, weist er nach, dass die Sprache nur notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für das Betreiben von Metaphysik ist. Das bedeutet, dass Metaphysik nicht verstanden werden kann als semantische Analyse der von uns immer schon verwendeten allgemeinsten Ausdrücke. Das Betreiben von Metaphysik verleiht den grundlegendsten Ausdrücken allererst ihre Bedeutung. Nicht ein bestehender Diskurs legt die Bedeutungen fest, auch nicht der Gebrauch oder die Gebrauchsregeln, sondern das die Sprache aktiv und vernünftig gebrauchende Subjekt. Insofern argumentiert Davis mit Bezug auf die Sprache ähnlich wie Nuzzo für die These, dass das Wesentliche erst in actu verwirklicht wird und nicht bereits in einer bestehenden Sprache vorliegt. Der letzte Beitrag von Michael Morris ordnet einer metaphysischen Lesart Hegels dadurch Bedeutung zu, dass er die Bedeutung Hegels für die nachhegelsche Philosophie, insbesondere für Marx und Engels, herausarbeitet. Beide Bände versammeln sehr gute Beiträge zu den jeweiligen Themen. Der Band von Arndt und Kruck kann als weiterer Kommentarband zur Wesenslogik betrachtet werden. Der Band von de Laurentiis ist insbesondere vor dem Hintergrund weit verbreiteter nichtmetaphysischer Lesarten Hegels von großem Interesse. Die Motivation nicht-metaphysischer Lesarten zum Zweck leichter Aktualisierungen der hegelschen Philosophie ist nachvollziehbar, jedoch muss gefragt werden, ob man dann Hegels eigentliches Projekt

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selbst verfehlt. Andererseits müssen sich metaphysische Lesarten die Kritik gefallen lassen, dass sie teilweise schwer zugänglich sind. Hier wäre ein nächster Schritt, vor dem Hintergrund gegenwärtiger metaphysischer Theorien die hegelsche Metaphysik zu rekonstruieren. Einige Beiträge des Bandes von de Laurentiis verweisen zwar auch auf jüngere, insbesondere analytische Ansätze in der Metaphysik, allerdings bleibt es bei diesen Verweisen. Schön wäre es, einmal umgekehrt im Rahmen gegenwärtiger Ansätze den hegelschen zu entfalten. Fallen neuere analytische Metaphysikkonzeptionen hinter den hegelschen Ansatz zurück? Oder sind es doch ganz neue Optionen, die als Alternativen zum hegelschen Ansatz verstanden werden können? Die Antwort aus hegelscher Perspektive ist klar, nur müsste dies dann en detail gezeigt werden. Es bleibt also weiterhin viel zu denken. Thomas Meyer Humboldt-Universität zu Berlin

Andreas Arndt und Jure Zovko, Hgg. Hegels Anthropologie. Hegel-Jahrbuch Sonderband . Berlin: de Gruyter, .  S. Lange Zeit ist die Anthropologie Hegels in der Forschung vernachlässigt worden. Das ist heute nicht mehr den Fall. Einerseits bildet die historisch-kritische Edition der Vorlesungen über die Philosophie des Geistes von Christoph Bauer inzwischen einen Ausgangspunkt für neue Perspektiven u. a. auf die Anthropologie. Andererseits ist die philosophische Anthropologie heute überhaupt ein Thema, dessen Aktualität durch die Beschleunigung der „Homineszenz“ (Michel Serres) und durch die gegenwärtig vieldiskutierten anthropotechnischen Fragen unbestreitbar geworden ist. In diesem Zusammenhang lässt sich auch ein Wiederaufleben der Anthropologie Hegels feststellen. Der vorliegende Sammelband nimmt teil an dieser Renaissance. Er ist va. bemerkenswert wegen der historisch-systematischen Kontextualisierungen, die er leistet. Im Zeitalter des Transhumanismus spielt die Frage nach dem Menschen in den philosophischen Debatten mehr denn je eine wichtige Rolle. Kann aber Hegels Anthropologie in Rahmen dieser Debatten noch einen systematischen Beitrag leisten? Um diese Frage zu beantworten, ist es notwendig, sich zunächst die Herausforderungen und den Kontext vor Augen zu führen, in dem Hegel seine Anthropologie verfasst hat. Die Beiträge nehmen in diesem Sinne eine Kontextualisierung der hegelschen Anthropologie anhand einer ausführlichen Verortung in dem System der Enzyklopädie, durch Vergleiche mit einschlägigen Zeitgenossen sowie durch eine Verortung in der Geschichte der Lehre vom Menschen vor. Die meisten Artikel gehen indessen noch weiter. Es geht ihnen nicht nur um eine Rekonstruktion der Herausforderungen, denen Hegel selbst sich gegenüber sah, sondern um eine allgemeine Untersuchung dessen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Diese allgemeine Fragestellung untergliedert sich in mehreren Teilfragen (die Frage nach der Sprache, der Rolle des Gefühls, des Problems der Gleichheit usf.), die punktuell mit einigen Aspekten zeitgenössischer Theorien (Danto, Nagel usf.) verglichen werden. Der erste Beitrag von Walter Jaeschke nimmt einige wichtige Präzisierungen vor. Jaeschke bemerkt, dass, was Hegel in seiner Enzyklopädie ‚Anthropologie‘ nennt, lediglich eine Seelenlehre sei. In Hegels Zeit war ‚Anthropologie‘ noch ein ortloser Begriff. Hegel nimmt

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die Seele als Hauptbegriff, aber nicht im Sinne Eschenmayers oder Schellings, sondern im Sinne von Aristoteles. Wie Jaeschke herausarbeitet, beschreibt die Seele einen Bereich, wo „die Geistigkeit noch unmittelbar mit dem Natürlichen verknüpft ist“ (). Die der Seele eigene Subjektivität realisiert noch nicht die Vollkommenheit des Geistes insgesamt. Kann aber der Begriff ‚Bewusstsein‘ als Schlüsselbegriff der Lehre vom Menschen gelten? Lu de Vos sieht Hegel im Kielwasser Kants und verweist auf die Notwendigkeit des ‚Ich‘, um den Mensch als Menschen denken zu können. Er zeigt aber auch die Grenzen dieses Ansatzes auf. Lu de Vos zufolge gibt es eine Notwendigkeit der Organisation des Geistes, die über das isolierte ‚Ich‘ hinausgeht. Die kantische Anthropologie wird in dieser Perspektive bei Hegel überwunden. Wie Christoph Bauer schreibt, ist Hegel der Auffassung, dass „was der Mensch sein soll, schon in dessen Sein angelegt sein muss“ (). Tatsächlich integriert das Selbstverhältnis des Menschen auch die Objektivität der Welt. Hegel findet, dass der Bereich des Möglichen, in dem Kant und die Romantiker verbleiben, nicht befriedigend ist. Wie Jure Zovko klar macht, versucht Hegel gegen diese Tendenzen den Menschen in dessen eigentümlicher Wirklichkeit zu denken. Hegel stellt sich also nicht nur gegen einen reduktionistischen Materialismus (gegen die Physiognomik Lavaters und die Phrenologie Galls), sondern gegen den abstrakten Standpunkt der kantischen Anthropologie. Der Zusammenhang des Menschen mit der Wirklichkeit zeigt sich schon in der Seelenlehre Hegels in Gefühl und Sprache. Lucia Ziglioli zeigt, dass der Sprache eine anthropologische Bedeutung in dem Idealisierungsprozess zukommt, der in einem „Sieg der Seele über ihre Leiblichkeit“ () besteht. Die Objektivierung des Geistes wird wegen des Kampfes zwischen Seele und Leib niemals vollendet. „Der Geist ist vielmehr die Tätigkeit, sich immer wieder zur Manifestation zu bringen, sich immer in seiner Welt zu offenbaren“ (). Tatsächlich ist jede Manifestation zweideutig. Diese Zweideutigkeit gehört aber dem Geist selbst an. Sprache als Manifestation des Geistes ist immer Versachlichung des Denkens und Idealisierung des Seins. Die Idealität der Selbstoffenbarung des Geistes erreicht mit der Sprache ihren Höhepunkt. Nur im Zeichen hat die Seele ihre ganze Wirklichkeit. Wie Andreas Arndt zeigt, ist Hegel nicht eine Hauptreferenz, wenn es um Fragen des Gefühls geht. Gleichwohl legt Hegel im subjektiven Geist eine interessante Behandlung des Themas vor. Er betrachtet die formelle Spezifizität des Gefühls: Unmittelbarkeit und isolierte Subjektivität. Diese Analyse etabliert das Gefühl als Ausgangspunkt des theoretischen und des praktischen Geistes. Als vernünftiges Wesen ist der Mensch aber auch durch die Logik geprägt. Es gibt eine logische Verortung der Anthropologie. Diese ist das Thema des Artikels von Marc Rölli. Er zeigt, dass in der Wissenschaft der Logik (in der Idee des Lebens) die Anthropologie bereits klare Konturen erhält. Es wäre interessant, die umgekehrte Frage zu stellen: Inwiefern wird die Anthropologie ihrerseits durch logische Elemente strukturiert? Meines Erachtens wird die ‚wirkliche Seele‘, die das abschließende Moment der Anthropologie ist, durch das logische Moment der ‚Wirklichkeit‘ (vom Ende der Wesenslogik) organisiert. Eine modale (im Sinne der logischen Entwicklung von der Möglichkeit zu der Wirklichkeit) Interpretation der hegelschen Anthropologie wäre daher aufschlussreich. Mehrere Beiträge (de Vos, Zovko, Bauer) zeigen die Notwendigkeit, die bloße Möglichkeit in Verbindung mit Wirklichkeit zu denken. Ganz anders als eine Theorie, die auf den Menschen als bloße Möglichkeit gegründet wird, ist die Anthropologie Hegels ein Versuch, die wirkliche Bedeutung des Menschseins zu fassen. Diese neue Perspektive kann den falschen Eindruck erwecken, dass der Mensch sich zugunsten des Geistes auslöscht. Odo Marquard spricht in

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diesem Sinn von einer ‚Degradierung der Anthropologie‘ bei Hegel. Es ist aber weniger eine Degradierung als eine Ergänzung der physiologischen Natur des Menschen durch die konstitutiven Beziehungen des Menschen mit der objektiven Welt des Geistes. Ziel des Sammelbandes ist nicht nur die systematische Kontextualisierung der Anthropologie Hegels; es geht auch um eine geschichtliche Kontextualisierung Hegels in Bezug auf seine Zeitgenossen. Der Beitrag von Tomislav Zelic stellt Hegels Kritik an Kleist dar, Jure Zovko behandelt die Kritik an der Romantik und Christoph Bauer stellt einen Vergleich zwischen Hegel und Marx an. Wie Bauer klar macht, gibt es eine Dialektik der Natur im Geist (zwischen der Ungleichheit der Natur und dem abstrakten Recht). Es gibt aber auch eine Dialektik des Geistes in der Natur. Diese Frage liegt im Zentrum des Beitrags von Leo Seserko. Leider spricht er wenig vom Darwinismus-Streit. Eine Vermischung des Hegelianismus und Darwinismus spielt jedoch eine wichtige Rolle in der angelsächsischen Rezeption Hegels (Ritchie, Bosanquet und Dewey) und weist meines Erachtens auf wichtige Probleme hin. Zum Schluss ist ein Leitmotiv der Beiträge, dass Hegel den Menschen aus der Perspektive der Wirklichkeit und nicht nur aus der Perspektive der Möglichkeit betrachtet. Bezüglich dieses Aspekts ist es ein bisschen schade, dass der logische Zusammenhang zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit nicht ausführlich behandelt wird. Die logische Theorie strukturiert die hegelsche Aufhebung des kantischen Standpunkts in der Anthropologie. Bedauerlich ist auch die etwas lakonische Einleitung. Es wäre interessant gewesen, den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Beiträgen herauszustellen, um eine Gesamtübersicht wenigstens zu skizzieren. Trotz dieser Vorbehalte ist dieser Sammelband sehr zu empfehlen. Die Beiträge sind nicht nur klar und ausführlich; sie stellen zentrale Fragen zur Verortung des Menschen in Hegels System. Als solcher ist dieser Sammelband ein Nachschlagewerk sowohl für die Hegel-Forschung als auch für die Forschung im Bereich der philosophischen Anthropologie. Guillaume Lejeune Université de Liège

Franco Biasutti. Figure della classicità in Hegel [Figures of Classicism in Hegel]. Pisa: Edizioni ETS, .  pp. The new volume by Franco Biasutti is a collection of essays individually published between  and . The essays, which have been revised for this edition, are part of a long-term research project devoted to Hegel’s engagement with classical antiquity and its history, political life, art, and philosophy. The figures discussed in the volume range from Alexander the Great to Cicero, the Sophists, and Greek art. The term ‘figures’ (Gestalten) is essential to the nature of Biasutti’s project. While the essays presented in this volume offer a careful historical reconstruction of Hegel’s discussion of these figures throughout his works, the analysis is ultimately aimed at unearthing the conceptual and systematic role of these figures in the larger context of Hegel’s philosophy. The focus on the ‘somatic’ traits of these historical figures, in this sense, reveals what one may call a phenomenological approach, one

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that looks at the concrete and the particular in order to disclose the conceptual and the universal. The first three chapters of the volume focus on the figure of Alexander the Great. In “Philosophy and History: Alexander the Great”, Biasutti carefully reconstructs Hegel’s engagement with this particular figure from the early years at the Gymnasium to the Lectures on the History of Philosophy. Specifically, the chapter considers Hegel’s access to a variety of historical sources and connects them to the development of Hegel’s assessment of Alexander and his relevance in the context of world history. The reading of Plutarch’s Parallel Lives played a crucial role in this development, especially as the historian emphasized the relationship between Aristotle and Alexander. This aspect was pivotal for the purposes of establishing the connection between the historical and the conceptual dimensions that found expression in the concept of the world-historical individual. The relationship between Aristotle and Alexander the Great is fully explored in the second chapter, “Aristotle and Alexander the Great”, which focuses on Hegel’s discussion of Aristotle’s Politics in the Lectures on the History of Philosophy. Biasutti’s detailed examination of Hegel’s lectures on the Politics illustrates the specific role that this work played in the formation of the concept of world-historical individual. In so doing, this chapter models the phenomenological approach mentioned above in a particularly effective way, as it shows that the origin of this key concept for Hegel’s philosophy of history is not to be found in abstract logical categories; rather, the concept organically developed from Hegel’s reflections on a particular historical figure. This is one of the places in the volume where the larger theoretical significance of Biasutti’s project seems to emerge most clearly: the speculative concepts in Hegel’s philosophy are not developed independently and subsequently imposed on reality, but emerge inductively from a careful analysis of historical reality, and develop into universal concepts that can subsequently structure our understanding of human experience and history. The chapter “Alexander the Great: Spirit’s Youth” places Alexander in the larger context of Hegel’s understanding of ancient Greece. The metaphor of youth, for Hegel, best expresses the idea of this civilization and the harmonious, effortless unity of the finite and the infinite that characterizes it. The figures of Achilles and Alexander the Great, respectively representing the ‘poetic’ and the ‘real’ youth, exemplify this idea in the history and culture of this civilization. As Biasutti observes, the parallel between the two figures enables a further parallel between Alexander and the characters of epic poetry, which Hegel described in the Aesthetics as expressing a ‘totality’ of human traits, and thus concentrating the richness of human nature in one individual figure. Furthermore, both Achilles and Alexander are placed in the context of the conflict with the ‘Orient’. However, the significance of Alexander transcends the military and political domains and extends to the history of spirit as a whole: through the foundation of the city of Alexandria, the Macedonian king created the conditions for the cultural and intellectual encounter between East and West, which would later become crucial for the articulation of the cultural identity of Christianity and, thus, of modernity. The connection between the historical aftermath of the figure of Alexander and the subsequent development of spirit enables Biasutti to illustrate, once again, the importance of historical analysis for Hegel’s understanding of his own time and the development of the conceptual apparatus structuring his system. A similar conclusion can be anticipated for the fourth chapter, “The Role of Cicero in the Interpretation of the Romanitas”. While Hegel deeply admired ancient Greece and its beautiful spiritual life, Rome represents a painful

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fracture of its harmony, and is characterized by the contrast between the individual and the universal. Nevertheless, as Biasutti’s discussion of Hegel’s critique of Cicero shows, the negativity of the Romanitas was necessary for the development of spirit and for the achievement of its freedom, the defining feature of Christianity and modernity. The chapter offers a careful discussion of Hegel’s mistaken attribution of the etymology of ‘religion’ to Cicero, who would have traced the origin of the term to the verb ‘ligare’ (to tie). While unfortunate, Hegel’s mistake offers an interesting conceptual insight: as Biasutti suggests, the identification of Roman religion with the notion of constraint enabled Hegel to isolate it from the religions preceding and following it, and thus enabled him to identify a close relationship between the freedom of fantasy characterizing Greek religion and the spiritual freedom characterizing Christianity. In turn, this move provided the foundation for Hegel’s conceptualization of the spirit of Christianity as preserving the serene unity with the divine, while at the same time achieving a higher spiritual content. The relationship between history and philosophy becomes once again central in the fifth chapter, “Ancient Sophistic and Modern Sophistic”, which focuses on the relationship between philosophy and its own history. Here, Biasutti contrasts Hegel’s discussion of the ancient Sophistic in the Lectures on the History of Philosophy and his critique of the modern Sophistic, which becomes a figure of objective spirit in the Encyclopedia. From a methodological point of view, this chapter proposes a ‘reversal’ of the ‘reading direction’ of the relationship between philosophy and its history. While some scholars have highlighted that Hegel imposes a pre-established conceptual structure on the history of philosophy, thereby applying an external criterion to historical analysis, Biasutti’s reading focuses on Hegel’s discussion of two particular figures in order to reveal their larger conceptual significance. Such significance is to be found, for example, in the relevance of Hegel’s discussion of modern irony (as opposed to Socratic irony) to the larger moral and political questions of his time – and perhaps, as Biasutti observes, of our own: the disregard for any form of epistemic or moral objectivity and the exclusive reliance on subjective norms, which emerge from the modern Sophistic’s identification of subjectivity with the absolute, may engender a nostalgia for objectivity. When such nostalgia expresses itself as a desire for something, or perhaps someone, that can be served and obeyed, freedom and democracy are at risk. The last chapter, “Classical Art and its Ideal Form”, returns to ancient Greece, this time in the context of the absolute spirit. The overarching theme of the volume – the relationship between the Gestalt and the concept – receives here an extensive treatment through a discussion of Hegel’s Aesthetics. As Biasutti reminds us, Hegel defines the concept of the beautiful as the unity of the concept and its objectivity, of content and form: through art, the otherness of material existence is removed, and the material becomes an expression of the spiritual. The different modes of the relationship between form and content determine the distinction of different forms of art, of which ancient Greek art constitutes the culmination. Biasutti explores the details of this relationship, in particular those concerning the ‘content’ of this form of art: Greek art could be the culmination of this form of absolute spirit precisely because the concrete reality of Greek civilization – its culture, its political life, its religion – was itself characterized by the unity of the finite and the infinite. Hegel’s articulation of the concept of classical art as a form of absolute spirit, in this sense, importantly relies on his understanding of the historical context that produced it. The main conclusion of the last chapter, thus, seems consistent with the theoretical approach of the volume as a whole: Hegel’s reflection on, and conceptualization of, historical reality plays a key role in the development and articulation of specific conceptual

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moments in his philosophy. This time, it is the temporal and historical dimension of the development and articulation of absolute spirit itself, which Hegel defines in the Aesthetics as the recollection of the essence of all things. Ultimately, the volume by Biasutti seems to engage precisely in a process of recollection, as it presents the reader with careful and informed discussions of specific ‘figures’ of Hegel’s engagement with history and at the same time transcends them by articulating an argument about their conceptual significance. Valentina Ricci University of California, Irvine

Tobias Braune-Krickau, Thomas Erne und Katharina Scholl, Hgg. Vom Ende her gedacht. Hegels Ästhetik zwischen Religion und Kunst. Freiburg/München: Karl Alber, .  S. Alain Patrick Olivier und Elisabeth Weisser-Lohmann, Hgg. Kunst – Religion – Politik. HegelForum, Studien. München: Wilhelm Fink, .  S. In den „Paralipomena“ zur Ästhetischen Theorie reflektiert Adorno über den Wahrheitsgehalt der Kunst: „Kunst geht auf Wahrheit, ist sie nicht unmittelbar; insofern ist Wahrheit ihr Gehalt. Erkenntnis ist sie durch ihr Verhältnis zur Wahrheit; Kunst selbst erkennt sie, indem sie an ihr hervortritt. Weder jedoch ist sie als Erkenntnis diskursiv noch ihre Wahrheit die Widerspiegelung eines Objekts.“ Was hier von Adorno für die Kunst eruiert wird – dass sie als eine Form des Geistes die Wahrheit im Modus der Anschauung durch ihre Form, und nicht begrifflich, zum Ausdruck bringt, dass aber diese Darstellung keineswegs in der bloßen Nachahmung der Wirklichkeit besteht –, macht eben gerade den ‚Rätselcharakter‘ der Kunst und ihre notwendige Beziehung zur Philosophie, deren Interpretation sie bedarf, aus. Dieser Zusammenhang reicht bis in die idealistischen Theoriekonzepte des . Jahrhunderts, insb. der Ästhetik Hegels, zurück. Der Stand des Materials drückt sich in der Kunst aus und bezieht Stellung zu seiner gesellschaftlichen, politischen und religiösen Verwendung nur im Rahmen seiner spezifisch ästhetischen Durchformung. Wie die Kunst, so stellen auch Religion und Politik „lebendige Sphären menschlicher Selbstdeutungssvollzüge“ (Braune-Krickau et al., ) dar, welche gerade vor dem Hintergrund des „ältesten Systemprogramms des deutschen Idealismus“ für die philosophische Debatte der Gegenwart von zentraler Bedeutung sind, wo es dieser nicht um den Autonomie-Anspruch dieser Sphären als Einzelwissenschaften zu tun ist, sondern vor allem um die „Bewältigung des gesellschaftlichen Wandels im Rückgriff auf die diese Sphären etablierenden Orientierungen“ (Olivier und Weisser-Lohmann, ) geht, und damit um eine kritische Prüfung dieser Sphären als kulturelle Praxen für unsere Lebenswirklichkeit. Zwei Sammelbände dürfen in diesem Zusammenhang erwähnt werden, welche den sehr gelungenen Versuch darstellen, eine solche Prüfung vorzunehmen und die dialektische Rettung der Kategorien idealistischer Ästhetik neu zu begründen. () Der von Tobias Braune-Krickau, Thomas Erne und Katharina Scholl herausgegebene Sammelband Vom Ende her gedacht. Hegels Ästhetik zwischen Religion und Kunst hat es sich zum

 Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie. Gesammelte Schriften Band  (Frankfurt a. M., ), .

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Anliegen gemacht, Hegels Ästhetik „neu vom Ende her zu denken“ (). Und man kann sagen: Es ist ihm gelungen. Der Band ist dort nicht zu Ende gedacht, wo er Hegels berühmte These vom Ende der Kunst zum Ausgangspunkt einer neuen Verständigung über Kunst und künstlerische Möglichkeiten der Zukunft macht. Die Beiträge des Bandes, die aus einer zweijährigen Studientagsreihe am „Marburger Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart“ hervorgegangen sind, geben einen veritablen Einblick in Hegels Ästhetik. Der Band versammelt, neben dem Vorwort der Herausgeber und einer konzisen Einleitung von Katharina Scholl, die Texte folgender AutorInnen in chronologischer Reihenfolge: Walter Jaeschke, Guido Kreis, Joachim Ringleben, Gunnar Hindrichs, Niklas Hebing, Daniel M. Feige, Michael Murrmann-Kahl, René Thun, Tobias Braune- Krickau und Thomas Erne. Im Zentrum fast aller Beiträge steht dabei (mit Ausnahme von Michael MurrmannKahl, der das Ende als ein Ende der Ästhetik im Sinne einer „philosophischen Interpretation eines Kunst-Religiösen“ liest () und René Thun, der Hegels Ästhetik gar nicht erst zu rehabilitieren versucht und solchen Bestrebungen sogar vehement widerspricht (, )) die Aktualität der hegelschen Ästhetik und eine Revision seiner These vom Ende der Kunst, die nicht nur zu großer Entrüstung, sondern auch zu erheblichen Missverständnissen geführt hat. Dass die Kunst bekanntlich kein angemessenes Medium der Beschreibung von Wirklichkeit mehr sein kann, wo die Subjektivität zum zentralen Prinzip der Philosophie geworden ist, hat u. a. dazu geführt, Hegels Ästhetik als schwer zu vertretende Position für die Kunstphilosophie der Gegenwart einzustufen. Doch wo der Vergangenheitscharakter der Kunst als Untergang gewertet wird, da verkennt er den „gegenwartszugewandten Charakter von Hegels Philosophie der Kunst und präsentiert stattdessen einen blinden Klassizisten, der antike Kunst als unüberbietbare Vollendung des Kunstbegriffs begreift und sich allem, was als düstere Nachgeschichte dieses untergegangen Goldenen Zeitalters betrachtet werden kann, konsequent verschlossen hat“ ( f.). Fast allen Beiträgen gemeinsam ist das Bestreben, Hegels Theorie weder rein affirmativ zu begründen noch einseitig zu verurteilen, sondern im besten Sinne immanent kritisch mit Hegel über Hegel hinaus die Aktualität seiner Theorie unter den eigenen Voraussetzungen zu befragen. So ergeben sich Aktualisierungen und Fruchtbarmachungen Hegels für die moderne Kunst etwa über die Objektivation des Geistes in der Geschichte und seine besondere Darstellungsfunktion (Jaeschke) bzw. über den Geheimnischarakter als einer bestimmten Darstellungsform der Kunst (Hindrichs), über eine Neubewertung des absoluten Geistes und der besonderen Reflexionsfähigkeit der Kunst (Kreis, Hebing), den Wahrheitsgehalt bzw. Freiheitscharakter der Kunst im sinnlichen Scheinen der Idee (Ringleben, Hebing), den Modus der ästhetischen Erfahrung (Erne) oder den Begriff des Selbstverständigungsgeschehen (Kunst als eine „Praktik der Sebstverständigung“, ) (Feige). Niklas Hebing zeigt, dass in dem Ende der Kunst als schöner Kunst nicht nur ein Neubeginn zur modernen Kunst angelegt, sondern die wesentliche Befreiung und eigentliche Bedingung der Möglichkeit der Kunst als freier Kunst eingeschrieben ist. Wo die Kunst ihrer höchsten Bestimmung einer Wahrheitsvermittlung durch sinnliche Anschauung nicht mehr hinreichend nachkommen kann, vermag sich die Kunst gerade im Rückzug auf ihre eingeschränkte Funktion „zu einem neuen Zweck geistigen Selbstverhältnisses“ () zu befreien – mit dem Ende beginnt zugleich ihre Selbsterkenntnis: Kunst wird reflexiv. Sie reflektiert auf sich, thematisiert und kommentiert sich selbst, erhebt sich damit zum Gegenstand ihrer selbst, und macht sich in ihrem historischen Gewordensein und ihrer Geistigkeit durchsichtig (). Wie Gunnar Hindrichs, so betont auch Hebing, dass Kunst

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keinesfalls Darstellungsform des Absoluten sein kann, zieht aber daraus andere Konsequenzen. Wo bei Hindrichs die Kunst in einer „Schwebe des Scheins“ () verharrt und als partiale Kunst keine Einsicht in das Wesen hat, und damit vor der Konstruktion des Gesamtzusammenhangs von Geist und Dasein zurücksteht, rückt Hebing den Begriff des „Menschlichen“ () in den Mittelpunkt moderner freiheitlicher Kunst. Aus dem Mangel einer umfassenden Darstellungsform der Kunst thematisiert sie sich selbst und erhebt sich so zu einer kulturellen „Praxis der Freiheit in der nachästhetischen Moderne“ (). Einig sind sich aber beide darin, dass die dem Ende der Kunst eingeschriebene Möglichkeit einer neuen Kunst als entweder Partialkunst (Hindrichs, ) oder „Selbstbewusstsein des Geistes“ (Hebing, ) „neue Erfahrungen und Reflexionen“ (Hindrichs, ) bzw. „eine neue ästhetische Praxis“ (Hebing, ) bereitstellt. In ihrem Selbstverhältnis reflektiert die Kunst immanent auch auf ihre eigene Krise und damit einhergehende Chancen. Auf diesen Aspekt der Selbstreflexion hebt auch Guido Kreis ab und entwirft dabei eine brillante begriffliche Miniatur des absoluten Geistes, an der sich gewisse Unstimmigkeiten von Hegels Rede vom Ende der Kunst innerhalb des Gesamtsystems abzeichnen, welche jedoch zugleich die Schlagkraft der hegelschen Theorie für die moderne Kunst umso mehr hervortreten lässt. Nur wo die Kunst von ihrer Unmittelbarkeit losgelöst sich im Sinne des absoluten Geistes „als reflexionsfähiges Gestaltungsmedium bestimmt“ ( f.) – etwas, das Kreis Hegels „ästhetische Antinomie“ (, ) nennt –, kann die Kunst der Philosophie ebenbürtig entgegentreten. Schließlich besteht das Eigentümliche des absoluten Geistes ja gerade in seiner absoluten und damit „grundsätzlichen Freiheit“ (), die wesentlich an dessen Selbstreflexion („entpartikularisierende Grundlagenreflexion“, ) gebunden ist und demnach eine kategoriale Struktur von Freiheit bildet, in der sich die höchsten Ausdrucksformen des Geistes (wie auch die Kunst) verwirklichen; folglich haben diese Ausdrucksformen auch ein Wissen ihrer eigenen Freiheit. () Der von Alain Patrick Olivier und Elisabeth Weisser-Lohmann herausgegebene Sammelband geht einen Schritt weiter und versucht das Zweigespann von Religion und Kunst um eine politische Dimension zu erweitern. Der Band ist aus dem Kolloquium „Kunst, Religion, Politik“ (im Rahmen des Forschungsprojekt „Hegels Vorlesungen zur Philosophie der Kunst“) hervorgegangen, das  an der FernUniversität Hagen anlässlich der Emeritierung von Annemarie Gethmann-Siefert durchgeführt wurde, und nachträglich um einige Beiträge erweitert worden. Daraus entstanden ist eine umfang- und äußerst facettenreiche Darstellung dieser drei Kultursphären, welche die Auseinandersetzung auf einer internationalen und interdisziplinären Ebene führt. Der Band ist in deutscher und französischer Sprache verfasst und versammelt entsprechend eine Reihe internationaler Autorinnen und Autoren, die einen bemerkenswerten Überblick auch über aktuelle Forschungsdebatten in Frankreich, Italien und Deutschland liefern. Das „älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus“ () zum Ausgangspunkt nehmend, versuchen sich die Beiträge in der Auseinandersetzung mit Hegel und dem deutschen Idealismus an „einer Bestimmung der Moderne am Leitfaden ästhetischer, religiöser und politischer Reflexion“ () und deren Nutzen für die Gegenwart. Folglich orientiert sich auch die dreiteilige Gliederung des Bandes an den verschiedenen Kultursphären Kunst – Religion – Politik, die nur in ihrer wechselseitigen Verschränktheit zu verstehen sind: . Kunst/Religion/Politik (Paolo d’Angelo, Erzsébet Rózsa, Elio Matassi, Lu De Vos, Francesca Iannelli, Alberto L. Siani, Bernard Mabille, Bruno Haas, Karsten Berr, Julien Labia); . Religion/Politik/Kunst (Jean-François Kervegan, Ernst-Otto Onnasch,

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Riccardo Dottori, Claudia Melica, Gilles Marmasse, Myriam Bienenstock, Bruno Pinchard, Aurélien Merle, Alain Patrick Olivier); . Politik/Religion/Kunst (Michael Quante, Leonardo Amoroso, Michael Städtler, Jean-Marie Lardic, Jean-Louis Vieillard-Baron, Norbert Waszek, Douglas Moggach, Christophe Bouton, Elisabeth Weisser-Lohmann). Ihnen vorangestellt ist, neben der Einleitung der Herausgeber, der einleitende Beitrag von Bernard Bourgeois, der einen konzentrierten Einsteig in den Band liefert und darin nach dem ontologischen Status des Weltgeistes fragt. Der Band wirft eine Reihe interessanter und vielschichtiger Fragen auf, etwa zur modernen Kunst (d’Angelo, Iannelli) oder zur Gartenkunst (Berr), zu den freiheits- bzw. subjektivitätsverwirklichenden Potentialen der bestimmten Religion (Marmasse), zur jüdischen Emanzipation im Sinne der bürgerlichen und politischen Partizipation (Quante), zur jüdischen Aufklärung (oder Haskala) in der Rezeptionsgeschichte des . Jahrhunderts (Waszek) oder zur politischen Pflicht zur Erinnerung (Bienenstock). Er liefert nicht nur aufschlussreiche Einzelstudien etwa zu Hegels Ästhetik, seiner Phänomenologie, der Rechtsund Religionsphilosophie, sondern richtet den Blick auch auf zeitgenössische philosophische Fragen über die Rolle von Religion, Kunst und Politik in der Gesellschaft. Auch die Beiträge in diesem Band versuchen sich im ersten Teil an Aktualisierungen der hegelschen Ästhetik (Iannelli, Berr, Siani). Paolo d’Angelo diskutiert die widersprüchliche Stellung des Körpers in der hegelschen Ästhetik als notwendiges sinnliches Moment der Kunst einerseits und dem Geist entgegengesetztes Naturgegebenes andererseits. Es ist die Aufgabe der Kunst, diese sinnliche Vermittlung zu leisten. Und eben darin besteht auch ihr Widerspruch: in dem Versuch, „zwei Seiten zu homogenisieren, die es nicht sind und die nicht ganz homogen sein können“ (). Gleichwohl wissen wir mit Hegel: Wenn die Kunst im Medium der Sinnlichkeit stattfindet, so ist sie doch wesentlich Artikulationsform des Geistes. Dem Kunstwerk zunächst als bloßer Stoff unterliegt – als ein intentional gestaltetes Produkt bzw. Ergebnis planvollen Handelns des Künstlers – eine Idee, die ihm inhärent ist und gerade über seinen Stoff dem Subjekt begreifbar gemacht wird, indem sie am Kunstwerk dem Subjekt sinnlich erscheint. D’Angelo hebt hervor, dass die „Verherrlichung der menschlichen Gestalt und [die] Befreiung von ihren Schwächen“ () zu keiner Zeit stärker zelebriert worden ist als in der zweiten Hälfte des . bis zur Mitte des . Jahrhunderts und in diametralem Gegensatz zur Darstellung des menschlichen Körpers in der gegenwärtigen Kunst steht. Die vom Autor selbst aufgeworfene spannende Frage nach den aus dieser Erörterung gewinnbringenden Implikationen der hegelschen Ästhetik für die zeitgenössische entmaterialisierte und deformierte Kunst, bleibt bei d’Angelo leider unbeantwortet. Dem schafft jedoch nur wenige Seiten später sogleich Francesca Iannelli in beindruckender Weise Abhilfe. In ihrem Beitrag „Würde die zeitgenössische Kunst Schlegel und Hegel gefallen?“, einer der Glanzstücke des gesamtes Bandes, zeigt Iannelli in erstaunlicher Kürze wie Weitsichtigkeit, dass und warum von Hegels Diagnose vom Ende der Kunst weit mehr als nur ein „Leichnam, von dem nur wenige Knochen übrig sind“ (), zu erwarten ist. Nicht nur an den Mitschriften der Berliner Vorlesungen / bis zum WS / zeige sich, dass Hegel weit weniger pessimistisch und systematisch in Bezug auf den verhängnisvollen Zukunftscharakter der Kunst sei. Insbesondere ist es der Funktionswandel der Kunst selbst, so könnte man sagen, den Hegel sehr gut erkannt hat und den Iannelli an Hegel mehrfach exemplifiziert. An vielen zeitgenössischen Beispielen von Joseph Beuys und Sol Lewitt bis hin zu den Land-Art Künstlern Denis Oppenheim, Richard Long oder Andy Goldsworthy zeigt sie, wie tief gerade die konzeptuelle, minimalistische und am geographischen Raum ausgerichtete Kunst von hegelschem Gedankengut

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durchdrungen ist, und wie sehr, wenn auch implizit, Hegel das Disharmonische in seiner Ästhetik zu legitimieren versuchte. Wenn für Hegel Kunst die „Umwandlung und Vergeistigung des Natürlichen“ () vollzieht, so gilt dies z. B. auch für bewusst inszenierte Veränderungen des menschlichen Körpers (wie der primitiven Geste des Tätowierens), für die Umgestaltung eines geographischen Raums, die sich in Schritten des Künstlers im Gras (Richard Long) oder in nach wenigen Stunden wieder schmelzenden Eisfiguren (Andy Goldsworthy) abzeichnet. „Das Werk“, so Iannelli, „wird als Prozess, als Interaktion mit der Natur gesehen“ (); sie gesteht ein, dass Hegel „dieser Sieg des Natürlichen über das Geistige“ () vielleicht auch nicht hätte gefallen können. Begreift aber Hegel nicht gerade den Geist als eine ständige sich im Prozess befindende Bewegung, die sich selbst im Anderen (Natur/Sinnlichkeit) wiederfindet und so die Totalität des absoluten Geistes bildet? Einen sehr interessanten und gewinnbringenden philosophischen Einblick in die Kulturerscheinung des Islams liefert der Herausgeber des Bandes Alain Patrick Olivier mit seinem Beitrag „Hegel und der Geist des Islamismus“. Olivier, der jüngst zusammen mit Annemarie Gethmann-Siefert die Mitschrift Adolf Heimanns von Hegels letzter Berliner Ästhetik-Vorlesung aus dem Winter / herausgegeben hat, untersucht den hegelschen Begriff des Islamismus „als ein geschichtliches Phänomen, […] welches Kunst, Religion und Politik umschließt“ (), und zeigt, dass die „Aktualität der öffentlichen Diskussion über den ,Islam‘“ () als Religion nur im Rahmen einer Philosophie des Geistes über dessen Selbstverständnis, d. h. als Selbstbewusstsein zu verstehen ist. Dabei gilt es, den Islamismus in dreierlei Hinsichten zu klären: als Religion der Erhabenheit, als revolutionären Prozess im politischen Geschehen und als Ästhetik des Pantheismus. In ihrer Erhabenheit als Über-Sinnlichem erhebt sich der Mensch in der muslimischen Religion über seine Natürlichkeit (‚orientalisches Prinzip‘) hin zum wahren Selbstbewusstsein, bleibt dieser Negation des Natürlichen und Partikularen aber allein verhaftet. Eben darin besteht, so Hegel in seiner Philosophie der Religion und der Philosophie der Geschichte, der ‚Fanatismus‘ als ein wesentlicher Zug des Islamismus: in der Verehrung und Begeisterung zu einem abstrakten Objekt, das keine Phänomenalität duldet, und der Verpflichtung, andere Völker zu diesem absolut Einem belehren und bekehren zu wollen. Gleichwohl besteht aber in diesem Enthusiasmus auch ein vernünftiges, sittliches Moment, dass zum einen in der mythischen Poesie der Perser und zum anderen im politischen und sozialen Umsturz, der Revolution, zur Darstellung kommt. So ist es denn auch der „Mohammedanismus“ selbst, der aus der „Revolution aus dem Orient“ () hervorgegangen ist. Mit Hegel, so lässt sich am Ende zeigen, kann der „Islamismus als die ,höchste Freiheit des Geistes‘ erscheinen – nicht nur als Negation, sondern auch als Affirmation“ (). Claudia Wirsing Technische Universität Braunschweig

Alan Brudner. The Owl and the Rooster: Hegel’s Transformative Political Science. Cambridge et al.: Cambridge University Press, .  pp. Alan Brudner’s intriguing reinterpretation of Hegel’s political thought confounds traditional classifications, provocatively melding left- and right-Hegelian preoccupations.

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Brudner claims both that Hegel conceived his philosophy to catalyze a profound sociopolitical transformation that would heal the fragmentation of the modern world, and that he defended a ‘rational theism’ meeting Enlightenment standards of argumentation. Crucially, on Brudner’s account, these two aims were for Hegel indissociable: the imminent emergence of a frankly utopian, ‘divine’ political state, out of the diremptions of modern civil society, is predicated on the successful promulgation of a rational theism. In what follows I will outline the stages of Brudner’s argument, then end with a question. The Introduction situates Brudner’s position against the dominant readings of Hegel’s political thought, and anticipates the book’s organization. It also rehearses Hegel’s intellectual path from Tübingen to Jena, inasmuch as it bears on the question of his evolving political vision. From an uncritical reverence for the ancient Greek polis, Hegel is made aware of the need for a political ideal that does justice to the separate individual’s infinite value. Chapter  contains a compressed history of philosophy’s central problem: how is unconditioned knowledge possible? Brudner reviews successive attempts to overcome the rift between subject and object, cognition, and reality, in (a) pre-critical and, to a degree, critical thought (arrested at the standpoint of ‘understanding’); in (b) Fichtean and Schellingian thought (which, inspired by Kant, achieves limited conceptions of ‘self-consciousness’ and ‘reason’); and (c) the philosophy of Hegel, whose – ultimately political – doctrine of ‘Spirit’ promises to transcend the offending dichotomies. At this point, the image of a passive consciousness contemplating a mind-independent reality is displaced by an emphatically practical, social, and historical issue: our nominally ‘natural’ apprehension of “law (the universal will) and nature (the particular will) as mutually antagonistic” (). For Hegel, the answer to this practical antagonism is the “bi-personal (or intersubjective) connection” () designated Spirit. “As a Whole now encompassing the full difference between subject and object, Spirit is finally the ground or possibility condition of knowledge” (). Unconditioned knowledge is attainable, then – provided such a spiritual ‘ground’ or ‘Whole’ actually exists. More contentiously: “Absolute knowledge presupposes the existence of the political community conformable to Spirit” (). Roughly, the tenability of Hegel’s system – eventually codified in his Encyclopedia – and of its claim to grasp a fully rational reality, rests on an obvious presupposition: namely, the existence of a reality that truly is rational, or that evinces the ‘unity-in-difference’ that is Spirit. Yet if reality is not rational, at least in the form of the institutional ensemble confronting Hegel in , then the system lacks its necessary validation. Brudner credits Hegel with an acute awareness of this circumstance. The philosopher ostensibly knew that, in , Spirit did not yet explicitly inform reality. Demonstrating this awareness is in part the burden of Chapter , which offers a new interpretation of the second Jena Philosophy of Spirit that emphasizes the negative aspects of Hegel’s diagnosis. “European political realities were such that the critical side of the dialectical method had still to be stressed” (), which accounts for Hegel’s trenchant portraits of “civil society” as a “condition of unleashed egoism and the hostility between law and nature it engenders” (). Yet here Brudner claims that Hegel detected the needed ‘presupposition’ of philosophy – a comprehensively reconciled political state – as an incipient possibility in the modern era: “For Hegel, the opposition between a welfare state of equal citizens and a market given over to welfare-blind, inequality-producing freedom of acquisition is the limit of what an individual-centered political morality of autonomy can contribute to human independence. Put otherwise, it is the limit of what a Kantian political morality can contribute. It is not,

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however, the limit of what political life can rationally hope for and attain.” () Indeed, a fundamentally post-Kantian social order surpassing this anarchical, atomistic condition has already germinated in the ethical dispositions of the “businessman” and “public service” estates (–) – emerging social spheres governed by values of cooperation and the general welfare. Nonetheless, Hegel still believed that philosophy was necessary to fully convert this incipient social ‘potential’ into the observable ‘reality’ of a reconciled state. But now a ‘circularity problem’ arises. For on this reckoning, philosophy is both (a) untenable short of its validation in a rational world, and simultaneously (b) required to make that world rational in the first place. Chapters  and  argue that the  Phenomenology of Spirit was conceived to square this circle. Hegel intended this text to generate the expected transformation from a bifurcated form of life to a fully rational, ‘divine’ state, and therewith to establish the lasting validation – a reason-governed reality – his system requires. Yet reality’s stubbornly bifurcated condition means that the Phenomenology can offer its reader no more than the vision of a potential Spirit, which to some degree vitiates its properly ‘scientific’ credentials. Brudner’s Phenomenology commentary is primarily a rehearsal of its “Spirit” chapter, through the book’s favored optic: the gradual transcendence of the rift between state and civil society (later, church and state), via the dawning recognition of their mutual encompassment in the structure of Spirit. Just here is where the inextricably ‘theological’ dimensions of Hegel’s program appear most starkly: “Hegel divinizes a certain kind of state […], a bi-personal structure of mutual recognition where the two persons are the self of a collective body […] and the self of an individual separate from that body […]. [N]o human self-consciousness can overreach and contain the difference between two separate selfconsciousnesses.” () Much still remains in Brudner’s demanding book, including a heterodox treatment of the Philosophy of Right (Chapter ), as well as inspired, ‘Hegelian’ analyses of political authority (Chapter ) and international norms of justice (Chapter ). I will conclude, though, with a question about the book’s central contention: what precisely is at stake in Hegel’s divinization of the political state, or his ‘rational theism’? It may surprise the reader that a book sympathetically underscoring Hegel’s theism contains almost no discussion of Hegel’s writings on religion, let alone more ‘traditional’ theological sources and debates. But this omission arguably obscures a discrepancy between (a) Brudner’s most extravagant claim, i. e. that Hegel viewed the state as a divinity – even ‘the’ divinity – in a rather strong sense, and (b) the manifestly ‘deflated’ language in which Brudner expresses this divinity, for instance in the following representative passage: “As a bi-personal nexus between a universal ego and a separate individual ego, Spirit unites what no human ego […] can. Spirit is thus

 Hence Brudner calls the Phenomenology “a preliminary way of presenting science that […] does not require a perfect State as its existential presupposition and that could therefore be a bridge both to the perfect state and to systematic knowledge” ().  Just this ambivalence, Brudner claims in Chapter , explains the text’s historically perplexing status as both an introduction to, and first part of, ‘science’ itself.  Brudner’s interest in these writings evidently extends no further than their importance for Hegel’s ‘transformative political science’. Early on, in fact, he exempts himself from contemplating materials in Hegel’s system he considers extraneous to this aim (). And yet, as Brudner himself indicates, the ‘world confirmation’ of Hegel’s political science will in principle bear on every other part of Hegel’s system. Conversely, its failure will affect the tenability of non-political branches of the system – say, the philosophies of Logic and Nature.

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distinct from the human ego and in that sense transcendent thereof – a divinity. Yet [… as] the latent unity of humanity’s two sides (collective and individual) that for humanity are disjoint, Spirit is the intermediate whole between the extremes toward which both are by nature moved.” () How such a comprehensive structure of mutual recognition connects with customary understandings of God is not really addressed in earnest until the brief Conclusion, which contains perfunctory dismissals of non-Hegelian candidates. I was not personally perturbed by this relative neglect. While I applaud Brudner’s identification of the Phenomenology’s ‘critically transformative’ social implications – I have recently defended a similar position –, I am admittedly less exercised by the question of Spirit’s supposed ‘divinity’. And yet I imagine readers approaching Brudner’s text from within a more religious framework will have many questions regarding the status of a Spirit whose ‘divinity’ occasionally appears to consist solely in formally ‘transcending’ human activity, individually or collectively conceived. Michael A. Becker The New School for Social Research

Rebecca Comay. Mourning Sickness. Hegel and the French Revolution. Stanford: Stanford University Press, .  S. In den letzten fünfundzwanzig Jahren hat sich ein Cluster von Lesarten durchgesetzt, der Hegels Phänomenologie des Geistes als Einübung in einen modernisierten, kritischen Pragmatismus darbietet. Dem Cluster zufolge geht es in der Phänomenologie darum, dass das Bewusstsein, das in einer abstrakten Beziehung zur objektiven Welt steht, sich in jenen gesellschaftlichen Zusammenhang hinein entwickelt, in dem alle Gegenständlichkeit nur innerhalb der Beziehungen von Menschen zu Menschen einen Sinn ergibt und darum diese Beziehungen, das Miteinanderhandeln und Miteinandersprechen, die Bestimmungsgründe des Denkens bilden. Hegel nennt diesen Zusammenhang ‚Geist‘ und kennzeichnet ihn als „Ich, das Wir, und Wir, das Ich ist“ (GW : ). Obgleich die Kennzeichnung unverkennbar roussseauistisch ist („moi commun“; Contrat Social I,), gelangt in jener Lesart nicht so sehr Rousseaus dreifacher Angriff auf das Eigentum, auf die Bildung und auf die staatliche Herrschaft zur Sprache, als eben die Transformation der objektivierenden Subjekte in ihr Miteinanderhandeln und Miteinandersprechen. Innerhalb seines Horizontes werden Ansprüche ausgehandelt sowie Kämpfe um Anerkennung geführt, und um die Aneignung dieses Horizontes geht es der Phänomenologie.

 See my articles “On Immanent Critique in Hegel’s Phenomenology”, Hegel Bulletin (June ), and “Second Nature, Critical Theory, and Hegel’s Phenomenology”, International Journal of Philosophical Studies (forthcoming ).  Wichtig waren Robert Pippin, Hegel’s Idealism. The Satisfactions of Self-Consciousness (Cambridge, ),  ff., und Terry Pinkard, Hegel’s Phenomenology. The Sociality of Reason (Cambridge, ). Eine jüngere Version bietet Georg W. Bertram, Hegels ‚Phänomenologie des Geistes‘. Ein systematischer Kommentar (Stuttgart, ).

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Aus solcher Sicht ist der Geist, dessen Erscheinungen in der Phänomenologie durchdacht werden, einerseits das ‚Reich der Gründe‘, wie die zum Mantra erhobene Formel von Wilfrid Sellars lautet: das Reich, das die erkenntnistheoretische Blickverengung auf die Subjekt-Objekt-Beziehung in die soziale Praxis des Gründegebens überführt hat und dadurch Richard Rortys Forderung nach ‚Solidarität statt Objektivität‘ verwirklicht. Anderseits ist ‚Geist‘ auch das Reich misslingender Sozialbeziehungen, in die sich die in jener Praxis befindlichen Menschen verstricken. Solche Beziehungen sind dadurch bestimmt, dass sie die Voraussetzung verletzen, die von der Solidarität eines Austausches von Gründen gemacht wird, nämlich die Struktur, sich als sich Anerkennende anzuerkennen. Das Reich der Gründe wird dann zum Kampfplatz von Anerkennung. Beides führt nach dem Lesartencluster die Phänomenologie des Geistes durch. Indem sie vom ‚Bewusstsein‘ über das ‚Selbstbewusstsein‘ über die ‚Vernunft‘ zum ‚Geist‘ schreitet und diesen unter dem Gesichtspunkt der Entfremdung auslegt, geht sie von der Objektivität zur Solidarität über und entfaltet diese in Gestalten ihres Misslingens. So kann die Phänomenologie des Geistes zum Modell einer bestimmten Moderne werden: der Moderne von Lernprozessen des Miteinanderhandelns. An dem umrissenen Cluster irritiert nicht zuletzt, dass er die im Kapitel über den Geist so intensiv verhandelten Erscheinungen des menschlichen und göttlichen Gesetzes, der Bildung, der Moral, der schönen Seele oder des revolutionären Schreckens als verfehlte Derivate des Reiches der Gründe und der Anerkennung behandelt. Erscheinungen des Geistes sind sie ihm zufolge als irregehende Zerrbilder, nicht aber als konstitutive Faktoren. Und tatsächlich benötigen ja auch weder das Gründegeben noch das Anerkennungsverhältnis Rameaus Neffen oder Antigone zu ihrer Eigenbestimmtheit. Allerdings spricht das nicht für, sondern gegen die Interpretation. Ihr werden die Phänomene des Geistes zu farbigen, manchmal verstörenden Gewändern, die im Prinzip von anderen Phänomenen ersetzt oder ergänzt werden könnten, was dem Gedankengang der Phänomenologie offen zuwiderläuft. Methodisch gesprochen verfügt der Lesartencluster über keine belastbare Theorie der Negativität. Negativität ist ihm letztlich ein Mangel, ein Misslingen, eine Verfehlung, eine vorläufige Stufe der Positivität, die das Reich des Geistes darstellt, und Schuld und Schicksal, Entfremdung, Verstellung, schöne Seele, die Guillotine werden zu Privationen des Anerkennungsverhältnisses und Gründegebens: zu sozialen Pathologien. In der Phänomenologie des Geistes aber sind sie Konstituentien. Einer von Hegels Kerngedanken lautet auf die Deutung des Scheins als Erscheinung des Geistes. Hierzu muss das Negative des Scheins, der die Wahrheit verfehlt, sich als eine Eigenfunktion bei der Darstellung von Wahrheit verstehen lassen. Das kann es bekanntlich nur als „bestimmte Negation“ (GW :

 Wilfrid Sellars, Empiricism and the Philosophy of Mind. With an Introduction by Richard Rorty and a Study Guide by Robert Brandom (Cambridge, MA, ), .  Richard Rorty, „Solidarity and Objectivity“, in: Objectivity, Relativism, and Truth. Philosophical Papers I (Cambridge, ), –.  Axel Honneth, „Von der Begierde zur Anerkennung. Hegels Begründung von Selbstbewußtsein“, in: Hegels Phänomenologie des Geistes. Ein kooperativer Kommentar zu einem Schlüsselwerk der Moderne, hg. v. Klaus Vieweg und Wolfgang Welsch. (Frankfurt a. M., ), –.  Frederick Neuhouser, „Life, Freedom, and Social Pathologies“, in: Freiheit. Stuttgarter Hegel-Kongreß . Geist und Geschichte Band , hg. v. Gunnar Hindrichs und Axel Honneth (Frankfurt a. M., ), – .  Dazu Rüdiger Bubner, „Problemgeschichte und systematischer Sinn einer Phänomenologie“, HegelStudien  (): –.

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 ff.), also als Negation, die keine Verfehlung oder Pathologie eines Positiven oder Gesunden bildet, sondern das Positive überhaupt erst verwirklicht. Wenn das jedoch der methodische Sinn der Phänomenologie des Geistes ist, dann lassen sich jene Erscheinungen nicht als stolpernde Schritte auf dem Lernprozess in die Solidarität derer verstehen, die einander im Reich der Gründe anerkennen. Vielmehr sind sie als unabdingbar negative Artikulationen des Geistes zu erfassen. An erster Stelle des unabdingbar Negativen aber steht die zu ihrem Extrem gebrachte Verneinung: die terreur. Ihrer Deutung widmet sich Rebecca Comays Buch über Hegel und die Französische Revolution. Die schlanke, beachtliche Schrift kann als ein Gegenmittel zur Einübung in den Pragmatismus gelesen werden. An die Stelle von Lernprozessen auf dem Weg von der Objektivität des Bewusstseins zu der Solidarität des Gründegebens und Anerkennens lässt sie die Trauerarbeit daran treten, dass die geschichtliche Erfahrung stets zu spät kommt. Wie die pragmatistische Lesart versteht sie darum die Phänomenologie des Geistes als Modell der Moderne. Aber die Moderne ist hier die von einer traumatischen Zeiterfahrung bestimmte Moderne. Hegels Konzeption verwindet das durch Trauerarbeit: „mourning sickness“ – wobei die Krankheit statt einer Privation von Anerkennungsverhältnissen die Grundstruktur des Geschichtsdenkens darstellt. Das Trauma ist nichts Pathologisches, sondern die Eigenbestimmtheit des Geistes. Ausgang für diese Interpretation ist das Theorem von der deutschen Misere. Nach der Französischen Revolution diente es zur Erklärung der Zustände diesseits des Rheins. Weil es hier zu keiner Revolution kam, blieben die Verhältnisse in den Augen vieler Denkender anachronistisch; im Bezug darauf ließ sich rückblickend bekanntlich eine Linie bis zum Faschismus ziehen. Hegels Verhältnis zur Französischen Revolution wird im Lichte dieses Leidens an der deutschen Ungleichzeitigkeit zu den französischen Zuständen gedeutet. Aber Comay geht es nicht um eine Erschließung geschichtlicher Lagen. Ihr Anliegen ist philosophisch. Die These lautet: Die deutsche Misere stellt keine deutsche Misere dar, sondern die Misere der historischen Erfahrung überhaupt. Entsprechend will das Buch das Paradox entfalten und begreifen, dass jede historische Erfahrung sich unzeitgemäß gestaltet: “We are all miserable – temporal misfits, marooned from our own present, burdened with a legacy that is not ours to inherit, mourning the loss of what was never ours to relinquish, driven by the pressure of secondhand desires, handed-down fantasies, and borrowed hopes. The German encounter with the French revolution is an extreme case of the structural anachronism that afflicts all historical experience. The clocks are never synchronized, the schedules never coordinated.“ () Hegels Kapitel über den Geist dient zur Erläuterung dieses Ansatzes, und sein Abschnitt über die absolute Freiheit und den Schrecken bildet den Kulminationspunkt. Die absolute Freiheit bringt den Bewegungsfaktor des philosophischen Denkens, die Negation, zum reinsten Ausdruck. Zugleich zerstört sie alle Erfahrung des Denkens durch den belanglosen Schnitt des Fallbeils, den „kälteste[n], platteste[n] Tod, ohne mehr Bedeutung, als das Durchhauen eines Kohlhaupts oder ein Schluck Wassers“ (GW : ). Die revolutionäre

 Trotz ihrer Einseitigkeit immer noch bedenkenswert ist die Formulierung dieser Linie durch Georg Lukács, Die Zerstörung der Vernunft (Berlin, ), zumal  ff. Lukács kommt bei Comay nicht vor, obwohl seine Interpretation der Phänomenologie als Überführung des Geistes in eine revolutionslose Innerlichkeit – ‚absolutes Wissen‘ bei gleichzeitiger Akzeptanz der entfremdeten Welt – für ihre Auseinandersetzung mit der deutschen Misere einschlägig gewesen wäre. Siehe Georg Lukács, Der junge Hegel und die Probleme der kapitalistischen Gesellschaft (Berlin, ),  ff.

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Verneinung ist deshalb sowohl der Kern der Logik der Erfahrung des Bewusstseins, als deren Wissenschaft die Phänomenologie auftritt, als auch deren Grenze. Sie ist die Ausnahme, die die Norm des Denkens bildet (). Entsprechend lässt sie sich nicht in jene Erfahrung integrieren. Sie bleibt ihre Synkope, was unter dem Gesichtspunkt der Geschichte eine epochale Dissonanz bedeutet. Eben das ist das erwähnte Paradox der historischen Erfahrung: ihre Verspätung und Ungleichzeitigkeit. In diesem Zuge wird das absolute Wissen, in das diese Erfahrung mündet, statt als deren Integral als Bewältigung jener traumatischen Synkope verstanden. Es bildet die Form des Denkens, das die vom revolutionären Schrecken verkörperte strukturelle Unstimmigkeit der Erfahrung freilegt, indem es die Notwendigkeit ihrer Verspätung ausbuchstabiert. Auf diese Weise trennt sich Comays Lesart von den gängigen Darstellungen über Hegel und die Französische Revolution. Weder versteht sie Hegels Philosophie als protestantische Verinnerlichung des . Juli, die diesen vom folgenden revolutionären Schrecken reinigt und zum philosophischen Weltgeist einer „Revolution ohne Revolutionäre“ erhebt, wie es von den Junghegelianern bis Jürgen Habermas behauptet wurde. Noch versteht sie sie als Einsicht in die kapitalistische Moderne, die Hegel als den vernünftigen Kern aus der gewalttätigen Hülle der Revolution herausgeschält habe, um sie mit einer liberal-konservativen Kompensation in Bildung, Recht und Staat zu versehen, wie es Joachim Ritters Deutung geltend zu machen suchte. Und ebenfalls teilt sie nicht die Ansicht, dass die Phänomenologie das napoleonische Ende der Geschichte nach der Revolution und die Posthistoire bürgerlicher Anerkennungsverhältnisse darlege, wie Alexandre Kojève mit enormen Einfluss auf den Existentialismus und seine Folgen suggerierte. Diese drei – neben der heute randständigen marxistischen Lesart – wichtigsten Deutungen des Komplexes laufen auf die Feststellung einer Affirmation der in Gedanken erfassten Zeit heraus. Sie behaupten, Hegel bejahe die verinnerlichte, kompensierte oder nachgeschichtliche Gegenwart. Comay hingegen zeigt, dass das Konzept ‚Gegenwart‘ gerade Hegels Problem bildet. Zum Problem wird ‚Gegenwart‘ durch die historische Synkope, die der revolutionäre Schrecken der Erfahrung des Bewusstseins zufügt. Es gibt hier keine Erfahrung der Gegenwart, nur die Erfahrung einer Verspätung und epochalen Dissonanz. Deshalb zerschneidet die Revolution, die sowohl die Logik als auch die Grenze dieser Erfahrung darstellt, die geschichtliche Synchronie. Ihre Verarbeitung kann daher nicht in einer Bejahung ihrer Zeit bestehen. Vielmehr muss sie in der Trauerarbeit an der Verneinung erfolgen. Comays Buch entfaltet diesen Gedanken in fünf Kapiteln. Das erste Kapitel „Missed Revolutions“ ist das ideengeschichtlichste Kapitel. Es fächert die Erfahrung einer Ungleichzeitigkeit von Französischer Revolution und deutschem Denken von Campe über

 Dass die Bezeichnung der Phänomenologie als „Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins“ auf dem Titelblatt nicht nur ein buchhändlerisches Missgeschick, sondern inhaltlich berechtigt ist, hat Otto Pöggeler, „Zur Deutung der Phänomenologie des Geistes“, Hegel-Studien  (): –, hier: , gezeigt.  Jürgen Habermas, „Hegels Kritik der französischen Revolution“, in: Theorie und Praxis. Sozialphilosophische Studien. Politica Band  (Neuwied, ), –. Die Formel „Revolution ohne Revolutionäre“ auf .  Joachim Ritter, Hegel und die französische Revolution (Frankfurt am M., [] ).  Alexandre Kojève, Introduction à la lecture de Hegel. Leçons sur la phénoménologie de l’esprit, professées de  à  à l’Ecole des Hautes-Etudes (Paris, ).  Man beachte aber Domenico Losurdo, Hegel e la libertà dei moderni (Rom, ), zumal Kap. XIII.

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Fichte bis Schlegel auf. Das zweite Kapitel „The Kantian Theater“ untersucht sodann Kants Bewältigung dieser Ungleichzeitigkeit, die auf die Sublimierung der Revolution zum Erhabenen hinausläuft und deren Aufspaltung in eine moralische Revolution einerseits und ein Theater der Distanz anderseits vollzieht. Es betont, dass das banale Nichtspektakel der Guillotine diese Distanz einzieht und die kantische Erhabenheit zerstört, die ja auf der ungefährdeten Selbsterhaltung im ästhetischen Abstand beruht. Das dritte Kapitel „The Corpse of Faith“ legt dar, dass Hegel die Alternative von Tradition und Revolution dadurch unterläuft, dass er die Tradition bereits in sich als Leichnam darstellt. Es erweist die revolutionäre Synkope als Markierung des in aller Geschichte vorhandenen Risses. Dieses dritte Kapitel enthält einige der anregendsten Erwägungen des Buches. Es zeigt, dass die in der Revolution auf ihre Spitze getriebene Modernität nichts anderes verwirklicht als das „unvollendete Projekt der Antike“ (). Sie trägt den Bruch der alten Sittlichkeit, der als Bruch von menschlichem und göttlichen Gesetz (Kreon – Antigone) alle Träume vom schön-versöhnten Griechentum Lügen straft, bewusst aus. Es zeigt weiter, dass die moderne Aufklärung die in solchem Bruch enthaltende Negation in zwei Varianten zu ihrer Selbstbestimmung gewinnt: in einer deutschen Variante, die die Religion in die Philosophie aufzunehmen vermag, weil jene sich in der Reformation bereits von innen zum vernünftigen Gehalt gereinigt hat, und in einer französischen Variante, die als Kampf der Religion gegen den Aberglauben besteht. Comay deutet die erste Variante als Trauerarbeit, in der die negierende Philosophie die Religion internalisiert, und die zweite Variante als Melancholie, in der die negierende Philosophie ihre unbetrauerte Gegenspielerin nur zu verneinen vermag ( ff.). Die aus der Arbeit der lumières entspringende terreur ist entsprechend als Melancholie zu verstehen. Sie ergibt sich notwendig aus der Erhebung des Dritten Standes. Nach den Worten des Abbé Sieyès ist er ‚nichts‘ und soll ‚alles‘ werden. Die ihm entspringende Nation bildet daher eine Totalität, die das, was sich von ihr unterscheidet, auslöschen muss. Der Gründungsakt der revolutionären Nation ist ihre Reinigung vom Anderen. Anders gesagt: Der Schrecken ergibt sich nicht daraus, abstrakte Ideen ins Handeln zu übersetzen. Er ergibt sich aus der internen Negativität der Affirmation des Dritten Standes. Zuletzt zeigt das Kapitel, drittens, dass die Enthauptung Ludwigs XVI. nur den bereits leeren Ort der absolutistischen Souveränität sichtbar macht ( ff.). So vollzieht sich die Geschichte weder als Fortschritt noch als Verlust substantieller Fülle. Stattdessen erweist sie sich als die unbewusste Übermittlung einer Leere. Der revolutionäre Schrecken lässt die unbewältigte Negativität hervortreten, die den Geist seit Antigone und Kreon angetrieben hat und in der Hohlheit des ancien régime bereits zutage liegt. Der melancholische Terror expliziert sie. Das folgende vierte Kapitel „Revolution at a Distance“ beschäftigt sich mit der Bewältigung, die Hegel dieser unbewältigten Negativität angedeihen lässt. Es untersucht den „seiner selbst gewissen Geist“ (GW :  ff.) und widmet sich der Überführung des Schreckens in die Moralität. In dieser Überführung greift Hegel die kantische und fichtesche Sublimierung der terreur auf, um sie von innen explodieren zu lassen. Die Interpretationskette lautet: Moralität ist eine Perversion der Revolution, nämlich die Verinnerlichung der absoluten Freiheit; ihre Perversion ist eine Ästhetisierung, nämlich die Wendung ins Erhabene; und ihre Ästhetisierung ist eine Ideologie, nämlich die protestantische Innerlichkeit in ihrer Bigotterie und Selbstzerstörung. Mit diesem Dreischritt der Entlarvung erledigt Hegel die Übersetzung der Revolution in eine erneuerte schöne Sittlichkeit. Das letzte Kapitel „Terrors of the Tabula Rasa“ schließlich weist auf Hegels eigene Trauerarbeit hin. Hegel – so die Behauptung – löst alle Vergeistigung des traumatischen Bruchs auf, den

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die Revolution bedeutet. Indem die Gestalten der protestantischen Innerlichkeit in ihrer Selbstzerstörung vorgeführt werden, wird statt einer „Noumenologie des reinen Willens“ an einer „Phänomenologie der verkörperten Freiheit“ festgehalten (). Entscheidend ist hier die Deutung des Abschnittes über „Die schöne Seele, das Böse und seine Verzeyhung“ (GW :  ff.). Kojève hatte hierzu die These vertreten, dass die Verzeihung eine Versöhnung von Theorie und Praxis, von Philosophie und Politik, von Deutschland und Frankreich, von Hegel und Napoleon bezeichne. Die Wunde, die der schönen Seele zugefügt wurde, sei die Niederlage, die Napoleon den Deutschen zugefügt habe, und die Verzeihung gelte dem Bösen, das in Napoleons politischen Vergehen ausgeübt worden sei. Comay nennt die These „crazy“, aber „gripping“ (). Sie ermöglicht es ihr, Hegels Philosophie als Erbin der Revolution zu entziffern, die das Böse (die terreur) und die Wunden, die die Revolution ihr zugefügt haben, dieser zu verzeihen vermag. Nach dem Gesagten bestehen die Wunden in der Negativität des philosophischen Geistes, die die Revolution manifestiert hat. Entsprechend bedeutet die Selbstaufhebung der schönen Seele in der Verzeihung des Bösen: die Unreinheit des revolutionären Handelns zu verzeihen und umgekehrt die Unwirklichkeit der reinen Vernunft zu verzeihen. So gerät das Verhältnis der deutschen Philosophie zur Französischen Revolution zum Verhältnis eines beschädigten Lebens zu seinem Trauma, dem es verzeiht und dessen Erbe es dadurch anzutreten vermag (). Ersichtlich beruht dieser Schluss auf einer Fehllektüre des Abschnittes über die schöne Seele. Dessen Wurzeln in Jacobis Woldemar sind offenbar unbekannt. Aber auch unabhängig davon bleibt er systematisch unbefriedigend. Das Kaleidoskop verschiedener Kontexte, das in den anderen Kapiteln fruchtbar werden konnte, lässt im letzten Kapitel den Gedankengang verpuffen. Comays Buch verfolgt ja insgesamt den Gedanken, dass die in der Revolution manifeste Negativität die Logik der historischen Erfahrung ausmache und dass diese Erfahrung vom absoluten Wissen bewältigt werde. Ihr Schluss aber schreckt vor der Aufgabe zurück, diese Bewältigung zu explizieren. Stattdessen zerfranst er und mündet in Zweifel darüber, ob Hegel das ihm von Comay zugeschriebene Vorhaben auch erfüllt habe: „It would be a great exaggeration to say that Hegel’s overcoming of Kant and company makes good on the promise of the Revolution, or that he finally escapes the asceticism he so severely challenges. But with this last gesture, he reins back, if only for a moment, the chronic temptation to slide from a phenomenology of embodied freedom to a noumenology of the pure will. In this way Hegel returns thought to the order of experience, even if it is a question of a missed experience, a lapsed experience, or even, in the end, another’s experience – an experience that came knocking, only to find that ‚we, the masters, were not home‘.“ () Mit diesem Satz schließt das Buch. Das Benjamin-Zitat am Ende ist erhebend, aber erhellt nichts. Es gilt daher zu fragen, inwiefern Comays Untersuchungen in eine Interpretation der Phänomenologie eingebracht werden könnten, die vor dem Problem des absoluten Wissens nicht ausweicht.

 Alexandre Kojève, „Hegel, Marx et le christianisme“, in: Critique  (): –.  Dazu Gustav Falke, „Jacobi und Hegel. Ein methodisches Beispiel zur Interpretation der Phänome-

nologie des Geistes“, in: Hegel-Studien  (): –.  So würde ich nach der Lektüre von Comays Buch meine Überlegungen zur revolutionären Kunstreligion gerne noch einmal genauer formulieren. Vgl. Gunnar Hindrichs, Philosophie der Revolution (Berlin, ),  ff.  Walter Benjamin, „Zum Bilde Prousts“, in: Gesammelte Schriften II/ (Frankfurt a. M., ), –, hier: .

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Hierzu wären zwei Bedingungen zu beachten. Erstens ist der Begriff der Wahrheit einzuführen. Bei Comay besitzt er keine argumentative Bedeutung. Der Schein der Bewusstseinsgestalten lässt sich indessen nur dann als Erscheinung (Phänomen) des Geistes umdeuten, wenn seine Unwahrheit als Konstituens geistiger Wahrheit verstanden wird. Das gilt auch für die historische Erfahrung, die in die Erfahrung des Bewusstseins eingegangen ist. Sie bildet eine Erfahrung des Scheins, die sich als Erscheinung der Wahrheit entziffern lassen muss. Absolutes Wissen ist das Resultat solcher Entzifferung. Nur deshalb tritt die Phänomenologie des Geistes als „Erster Theil“ eines „System[s] der Wissenschaft“ auf. Sie ist die Einleitung in das Wissen vom Wahren. Zweitens ist zu bedenken, dass die Phänomenologie des Geistes eine Reflexion des Geistes auf sich darstellt. Er erfasst auf ihrem Weg sich selbst. Entsprechend sind alle ihre Darlegungen niemals Schritte einer intentio recta auf das Dargelegte, sondern Modelle einer intentio obliqua des Denkens. Das unterscheidet sie von der Phänomenologie des . Jahrhunderts, die ‚zu den Sachen selbst‘ gelangen wollte. Dieser Unterschied ist von zwei Seiten der Interpretation verwischt worden. Die eine Seite interessiert sich für die behandelten Sachen (objektives Bewusstsein, Anerkennung, Entfremdung, Revolution usw.) und glaubt, in der Phänomenologie des Geistes eine Phänomenologie dieser Sachen vor sich zu haben. Die andere Seite trennt zwischen der betrachtenden Bewusstseinsgestalt und dem betrachtenden Bewusstsein, um das absolute Wissen als den Wissensbegriff begründen zu können, der dem natürlichen Bewusstsein vermittelt werden müsse. Die betrachtete Bewusstseinsgestalt sei das Phänomen, das betrachtende Bewusstsein der Phänomenologe. Aber die Phänomenologie des Geistes ist so sehr vom doppelten Genetiv bestimmt wie die Kritik der reinen Vernunft. Geist ist ihr Subjekt und Objekt zugleich. Weil er sich daher auf sich selber richtet, gibt es keine intentio recta eines Bewusstseins auf die Sachen, auch keine intentio recta eines phänomenologischen Bewusstseins auf das natürliche Bewusstsein. Stattdessen bilden alle Phänomene die Faktoren einer geistigen intentio obliqua. Sie sind Momente der Reflexion, die sich im Durchgang durch ihre Erscheinungen selber erfasst. Unter diesen beiden Bedingungen wären Comays Einsichten in die Revolution zu verstehen. Dann würde sich der revolutionäre Schrecken unter dem Gesichtspunkt der Wahrheit als die unwahre Manifestation ihres Eigenfaktors ‚Negation‘ erweisen: als Manifestation, weil er die Verneinung, die das unvollendete Projekt der Antike bestimmte, zum modernen Ausdruck bringt; als unwahr, weil er über den banalen Tod nicht hinausgelangt. Die ihm folgende Moralität wäre entsprechend die Kippfigur seiner Unwahrheit aus dem Politischen ins Innere, das im Gewissen schließlich sein Ziel fände. Konstituentien der Wahrheit würden beide dadurch, dass sie sich als Kippfigur zusammenschließen und zur Forderung einer dem Gewissen entsprechenden politischen Welt gelangten. Diese Welt wäre eine religiöse Welt: die Welt, die auf die schöne Seele, das Böse und das Verzeihen folgt (GW :  ff.) und von der Comays Buch schweigt. (Dass auch die religiöse Welt nicht das letzte Wort hat, sondern ihrerseits nur ein letztes unwahres Konstituens der Wahrheit bildet, ist den Leserinnen der Phänomenologie bekannt.) Die so bestimmte unwahre Manifestation

 Dazu Hans-Friedrich Fulda, Das Problem einer Einleitung in Hegels Wissenschaft der Logik. Philosophische Abhandlungen Band  (. Aufl., Frankfurt a. M., ) sowie Franck Fischbach, Du commencement en philosophie. Étude sur Hegel et Schelling (Paris, ),  ff. Unbefriedigend bleibt Michael N. Forster, Hegel’s Idea of a Phenomenology of Spirit (Chicago, ),  ff.  Paradigmatisch bei Werner Marx, Hegels Phänomenologie des Geistes. Die Bestimmung ihrer Idee in ‚Vorrede‘ und ‚Einleitung‘ (. Aufl., Frankfurt a. M., ), zumal  ff. u.  ff.

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der Negation im revolutionären Schrecken bildete sodann ein Reflexionsmodell des Geistes auf sich selbst. Sie gehört also nicht in eine übergreifende Bewältigung der Revolution und ihre Wunde hinein. Stattdessen dient sie als Selbstbild des Geistes, der seine Wahrheit als „Schädelstätte“ (GW : ) begreift. Sie ist ein Wahrheitsexplikat statt eines Traumas. Das bedeutet: Die Phänomenologie des Geistes vollzieht keine Trauerarbeit an der revolutionären Wunde. Vielmehr weiß sie sich als Golgatha. Sie nimmt das Kreuz auf sich, an das geschlagen allein Gott – und das heißt: die Wahrheit selbst – in der Welt sich zu zeigen vermag. Ist das die Verinnerlichung der Revolution, gegen die Comay zu Recht ihre Stimme erhebt? Nein. Denn das Kreuz bleibt das Kreuz, auch wenn es den Erscheinungsort des Geistes bildet. Der Karfreitag wird zu Ostern nicht sublimiert. Er wird begriffen: als die an der Wurzel gefasste, also radikale Gestalt aller Erscheinungen des Geistes, der als absolutes Wissen nicht mehr erscheint, sondern wahr ist. Deshalb kann Hegel, im Anschluss an Schiller, die Phänomenologie mit der Anspielung auf die Eucharistie abschließen, in der das Blut des erschienenen und eben darum gekreuzigten Gottes dargeboten wird: „[A]us dem Kelche dieses Geisterreiches / schäumt ihm seine Unendlichkeit“ (GW : ). Comays Buch verdeutlicht, dass den Boden des Kelches der revolutionäre Schrecken bildet. Gunnar Hindrichs Universität Basel

Alfredo Ferrarin. Il pensare e l’Io. Hegel e la critica di Kant [Das Denken und das Ich, Hegel und Kants Kritik]. Roma: Carocci, .  S. Il pensare e l’Io. Hegel e la critica di Kant (Das Denken und das Ich. Hegel und Kants Kritik) ist das neue Buch von Alfredo Ferrarin, das  im Carocci-Verlag erschienen ist. Es handelt sich hier um einen wichtigen Beitrag zur Hegel-Forschung, die sich erneut mit der KantHegel-Beziehung befasst. Gerade in den letzten Jahren ist dieses Thema bei vielen bekannten Hegel-Forschern auf Interesse gestoßen, was dazu geführt hat, dass Hegels Denken, insbesondere innerhalb der angelsächsischen Tradition, wieder wissenschaftliche Aufmerksamkeit erlangt. Hinter diesem wiedergefundenen Interesse lauern aber auch Missverständnisse. Ferrarin präsentiert in seinem letzten Buch einen ‚verjüngten‘ Hegel, ohne dabei sein Denken zu verzerren. Den Ausgangspunkt seiner Untersuchung bildet eine Gegenüberstellung der hegelschen und kantischen Vernunftidee. Aus diesem Vergleich geht eine Vernunftidee hervor, die Ferrarin zufolge zu einer ‚Metaphysik der Negativität‘ führt: Ein radikal kritisches, unruhiges, kontraintuitives Denken, das im Gegensatz zum gesunden Menschenverstand und zur intellektualistischen Versteifung steht, die in Zeiten der Angst und Unsicherheit die kulturelle Stimmung beherrschen. „Hegel zu lesen“, schreibt Ferrarin, „bedeutet ständig aus dem Konzept gebracht, desorientiert und verwirrt zu werden. Ohne die subjektive Bereitschaft, eine Kehrtwendung zu vollziehen, entgeht man der Notwendigkeit, einem verbreiteten Ethos zu widersprechen, d. h. Kritik am herrschenden Denken und am Ich der Moderne zu üben“ (). Allgemeines Ziel des Buches ist offensichtlich eine Kritik am Modell einer allzu engen Rationalität.

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Auf diesem Weg werden Kant und Hegel zueinander in eine Beziehung gesetzt, deren Zweideutigkeit im Untertitel des Buches Hegel und Kants Kritik angedeutet ist. Hegels Kritik an Kant, aber auch indirekt Kants Kritik an Hegel: Ferrarin durchbricht sowohl das herkömmliche Schema, wonach Hegel über Kant hinausgeht, als auch die Idee, wonach Hegels Denken auf das kantische zurückgeführt wird. Der theoretische Aufbau dieser Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Die ersten vier Kapitel befassen sich mit den zentralen Themen des hegelschen Denkens, während im fünften Kapitel der direkte Vergleich zwischen Kants und Hegels Vernunftbegriff im Mittelpunkt steht. Es ist hier nicht der Ort, um Ferrarins präzise Analyse im Einzelnen zu verfolgen; was jedoch auffällt, ist seine tiefgehende Auseinandersetzung mit den wichtigsten Themen des hegelschen Denkens (Anerkennung, Objektivität des Denkens, dialektische Beziehung zwischen Begriffen und Vorstellungen), die das Ziel verfolgt, einige der in den letzten Jahren dominierenden Theorien zu widerlegen. Dabei verfolgt er weder eine polemischaggressive noch eine dekonstruierende Absicht, sondern verleiht vielmehr seiner Überdrüssigkeit gegenüber einigen Missdeutungen Ausdruck. Ferrarin beginnt seine Untersuchung mit dem Thema ‚Anerkennung‘, womit er die Einseitigkeit derjenigen Deutungen aufzeigen will, die infolge der Anthropologisierung des hegelschen Systems durch Kojève dazu geführt haben, dass Hegels Denken vorwiegend durch die Linse der sozialen Ontologie betrachtet wird. Es ist daher kein Zufall, dass die Bedeutung der Anerkennung im hegelschen System der Jenenser Zeit deutlich abnimmt. „In der Phänomenologie der Enzyklopädie“, bemerkt Ferrarin, „finden wir zwar eine Theorie des Bewusstseins, aber keine Kritik am Bewusstsein“ (). Die Anerkennung ist ein Moment in der Bewusstseinskonstitution, aber nicht mehr der Ort der Kritik an ihrer Konstitution. Damit nimmt Ferrarin Abstand von den Interpretationen Brandoms und Pippins, die die Anerkennung zum Dreh- und Angelpunkt einer immanentisierenden, anti-metaphysischen Lektüre der hegelschen Philosophie gemacht haben (für eine synthetische, aber sehr treffende Kritik dieser Positionen siehe –). Diese Interpretationen verwechseln Ferrarin zufolge die Rolle der für soziale Objekte geltenden Anerkennung mit derjenigen, die für soziale Subjekte gilt: Während die Ontologie der sozialen Objekte die Anerkennung und die gemeinsame Nutzung impliziert (seien es Objekte der Gesetze, ökonomischen Werte, Messstandards usw.), gilt dies nicht für die Subjektivität, die der Anerkennung vorausgeht und nicht etwa auf sie folgt. „Die Anerkennung“, schließt Ferrarin, „beeindruckt durch ihr Scheitern; gelinde gesagt, glänzt sie durch ihre Abwesenheit“ (). Die HerrschaftKnechtschaft-Dialektik bekräftigt die Beziehung zur Welt und zum menschlichen Körper eher dadurch, dass sie dem Selbstbewusstsein eine Dynamik des Bewusstseins zugrunde legt, die sich vor allem durch materielle Bedingungen strukturiert – gleichgültig, ob es sich um einen Körper, den Wunsch zu leben, die Angst zu sterben oder um die Notwendigkeit, durch Arbeit die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, handelt. Im Kapitel „Un pensare non umano?“ stellt Ferrarin seinen Hegel vor. Dieses Kapitel, das sich mit der in den letzten Jahren zentral gewordenen Frage nach der Objektivität des Denkens auseinandersetzt, will auf einige Kritikpunkte antworten, die in der jüngsten Debatte offen geblieben sind. Führt die Befreiung des Gedankens vom Subjektivismus nicht zu einer ‚realistischen‘ Lesart, die das subjektive Denken einem angeblichen transhumanen Denken unterzuordnen droht? (). Ferrarin schreibt: „Ausschlaggebend ist in diesem Fall nicht das Gefundene, sondern der Gedanke, der sich selbst denkt“ (). Im ersten Teil dieses Kapitels hebt Ferrarin die ‚unpersönliche‘ Dimension des Denkens hervor, wodurch auch die Unterscheidung und zugleich Koimplikation zwischen dem Logischen

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(als unbewusster Dimension des Denkens) und der Logik (als bewusstes Denken) deutlich wird. Am Ende dieses Kapitels steht das Ich, das seine abstrakten Bestimmungen verloren hat, konkret geworden ist. Im engen Zusammenhang damit steht im dritten Kapitel die Dialektik zwischen Spontaneität und Produktivität, die zeigt, dass Hegels Position nicht das äußere Objekt in den Mittelpunkt stellt, sondern eine immanente Kausalität. Daraus ergibt sich die entscheidende Frage für eine unmissverständliche Interpretation des hegelschen Idealismus: „Wenn die Bestimmungen zu den Erkenntnisobjekten gehören und nicht von mir zugewiesen sind […], wie können sie dann ‚ein reines Produkt meines Geistes sein? Sind wir nicht von einem objektiven Denken ausgegangen, um zu zeigen, dass der Begriff sich selbst erschafft und dass das Logische ein Eigenleben hat? Wenn wir selbst den Logos hervorbringen, wie kann dann die Realität vernünftig sein, und warum sprechen wir von einer Selbsterzeugung der Wahrheit oder Idee?“ (). Bei der Beantwortung dieser Frage bezieht der Autor dieses Mal sowohl zum metaphysischen Realismus als auch zum Transzendentalismus Stellung. Beim metaphysischen Realismus würde die Anerkennung einer Priorität der Idee dem subjektiven Gedanken (Denken) letztendlich jegliche Bedeutung absprechen, was für Hegel, wie Ferrarin bewiesen hat, eine einseitige Perspektive wäre. Ebenso wäre es ein Fehler, wenn wir unsere Aufmerksamkeit nur auf die subjektive Seite des Denkens lenken würden. Diese Perspektive würde die Objektivität des Denkens verleugnen, ein ebenso für Hegel unverzichtbares Element. Das führt uns nun zur Grundfrage: „Wenn die Produktion bedeutet, etwas zum Dasein zu bringen, was vorher nicht da war, was kann dann produziert werden, was bereits in irgendeiner Form schon da war?“ (). Diese Aussage ist nach Ferrarin durch die Unterscheidung von Wissen und Denken gerechtfertigt. Das Wissen lässt das Denken nicht unberührt, in diesem Fall wären wir wieder beim schellingschen Augenblick. „Wissen“, schließt der Autor, „kann kein zeitlicher Zufall sein, im Gegenteil, es muss einen Unterschied zwischen Denken und Gedanken darstellen“ () – eine unbestreitbare Aussage, wenn man die Dialektik „in die Immanenz des Denkens“ () zurückführen will, ohne sie auf ein Sollen zu reduzieren. Im vierten Kapitel bezieht Ferrarin schließlich Stellung zu den Interpretationen, die die Dialektik als Diskursivität deuten, wobei er diesen den Sinn des spekulativen Satzes () und die Beziehung zwischen ihm und der Sprache gegenüberstellt. Auf dieser Grundlage kann der Autor nun zur Hegel-Kant-Beziehung zurückkehren. Dabei geht es jedoch nicht darum, dem Bild, das sich Hegel von Kant macht, ein anderes entgegenzustellen. Ziel des Kapitels ist das Bemühen, die Verzerrungen und Annahmen dieses hegelschen Bildes zu verstehen. Es handelt sich hier um ein höchst aufschlussreiches Kapitel, in dem Ferrarin seine bisherige Argumentation zusammenfasst und zugleich begründet. Die wahre Distanz zwischen Hegel und Kant liegt, so Ferrarin, nicht in der Idee der Vernunft, sondern im Anderen der Vernunft, in jener Sphäre, die das Bewusstsein übersteigt, dem Kant die Türe offen hält und die für Hegel irrelevant ist. Nicht der Raum der Vernunft, sondern der Raum der Kontingenz trennt die beiden Philosophen letztlich voneinander: Diese Überlegungen münden in einer kurzen Schlussbetrachtung, die es dem Leser überlässt, weitergehende Schlüsse zu ziehen. Endlich bietet dieses Buch für Hegelund Kant-Forscher wegen seiner Klarheit, der zahlreichen Hinweise auf die Texte und der

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fundierten Kenntnis der Philosophie Kants und Hegels ein wichtiges Hilfsmittel: Ein Buch das uns dabei helfen kann, mit Kant und Hegel weiterzudenken. Stefania Achella Università degli Studi „G. d’Annunzio“ Chieti-Pescara

Alessia Giacone. La Possibilità Necessaria: Aristotele nella Dottrina dell’essenza di Hegel [The Necessary Possibility – Aristotle in Hegel’s Doctrine of Essence]. Nocera Inferiore: Orthotes, .  pp. In La Possibilità Necessaria: Aristotele nella Dottrina dell’essenza di Hegel by Alessia Giacone, the author’s guiding hypothesis is that Hegel’s conception of the Wesen (Essence) and its place in his Science of Logic are a reworking of the Aristotelian ti ên einai. Two of the main issues Giacone contends with are: (a) the idea of the Logic as past, its being-outside-of-time as the universal of everything that is (); and (b) the question of freedom and necessity in the relationship between the Hegelian Idea and its determinations in the course of its rational development. The first chapter provides the reader with a helpful analysis of some of the core concepts in Aristotelian thought, together with a critical account of Hegel’s appropriation and reworking of them. The second and the third chapter are strictly interrelated and devoted to an in-depth study of the relationship between Essence and Being. In particular, the second chapter deals with the concept of Erinnerung, whereas the third focuses on the Hegelian Reflexion. Those two moments of the Essence will represent it in a state of potentiality, which will become actuality in chapter four, where Giacone addresses the study of Wirklichkeit and its connection with the Absolute. In the first chapter, the Wesen is characterised by Giacone in two ways: (a) as the medius terminus between Being and Concept, and (b) by virtue of its potentiality with regard to the Concept itself. First of all, Giacone analyses the grounds for Aristotle’s account of the Essence (to ti ên einai) as actuality (energeia) and she draws the conclusion that, for the Greek philosopher, the Essence is always something that has already passed from the potentiality (dynamis) to the actuality (). Hegel’s genius innovation is to consider the Wesen not as actuality, but rather as potentiality (): in Hegelian terms, it means that the Essence would belong to the sphere of the An sich, not to the one of the Für sich. The cornerstone of Giacone’s understanding of the Hegelian review of Aristotle’s idea of Essence lies here: the Wesen, as the real descendant of Aristotle’s energeia, would be that middle-term capable of saving ‘what is left’ () of the Being, labouring it as the negative and deliver it to the Subject (). In the second chapter, the author intends to analyse the Erinnerung (Recollection) as one of the main modes of the Wesen. Given the emergence of the Essence from the self-recollecting (sich erinnern) of the being in the Science of Logic, the Erinnerung is a favoured concept in explaining the Hegelian account of Essence as “what is left of what is” (). Giacone, after tracing this concept back to the Realphilosophie and the Phenomenology of Spirit, describes the Erinnerung as “a sinking into and of the thing”, “it is the act of finding it – by recollecting italready forever in itself” (). According to Giacone, here lies the meaning of the Wesen as recollection in the Logic: in its collapse Being is not lost, but rather it finds what was already in

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it, i. e. the Essence. It is not a transition, it is a recollection outside time, in which Being finds itself as Essence: “the Wesen has to do with a past without time; it is the memory of Sein” (). At the close of this chapter, Giacone gives an account of the Erinnerung as influenced by Plato’s theory of anamnesis and Aristotle’s conception of ti en einai: the recollection is not to be regarded as focusing on a mythical/metaphysical before, but rather on that past without time that pertains to the Wesen. The third chapter is focused on the role of Reflexion in Hegel’s thought and Logic. Giacone wishes to stress the meaning of reflection as mediation, upon which philosophy as a system is built (). The Reflexion is not regarded as a mere critical analysis of itself (as in Kant) or an extrinsic Nachdenken with regard to its object (as in modern rationalism). Reflexion is real only if it sinks itself in the thing (), when it describes the internal movement of the thing which, nonetheless, can properly come to life only in the Concept (). The author underlines the negative character of the Reflexion that, as Wesen, faces the immediacy of the Sein and sublates it: Being, in fact, faces Essence that has been revealed to be nothing but its ground (). The Reflexion as a movement that involves an inherent relation is made possible, states Giacone, by the Erinnerung, which has proved Wesen to be nothing else than the recollection of “what is left of what is” (). In the light of this account of Reflexion, the author concludes this third chapter with a study of the sections on Shine and Appearance, before moving to Actuality in chapter four. The last chapter is devoted to the study of the last section of the Wesen, i. e. Wirklichkeit (Actuality). The whole process of Essence (and Being) find here its natural outcome: what Hegel is here reinterpreting is the Aristotelian entelechia (), the inherent determination of energeia. Nevertheless, Giacone wishes to underline that Wirklichkeit is not the end of the Logic, otherwise nothing would remain for the Concept (). It is here that Hegel’s account of Wesen as potentiality finds its raison d’être: it is the explication of all the possibilities of Being (). According to Giacone, it can be regarded as actuality (energeia) only as a subject that develops itself (): in fact, Giacone states that Hegel finds the first philosophical expression of subjectivity () in the Aristotelian energeia. From this point of view, Giacone succeeds in giving a satisfying account of the Auslegung (Exposition) of the Absolute, thanks to an indepth analysis of the formal, relative and absolute necessity (–) that leads the author from necessity (Actuality) to freedom (Concept), after the explanation of why the Wesen is to be regarded as a necessary possibility. In conclusion, what the author seeks to underline is how Hegel attains the concept of necessity through the exposition (Auslegung) of the Absolute, connecting it strictly to the Wirklichkeit: in so doing, she connects the two concepts by showing the inextricable link between thinking and being in Hegel’s thought. This book by Giacone represents a very interesting addition to the field of Hegel studies in the light of the influence that ancient Greek philosophy had on the German philosopher. Its intellectual rigour, combined with a clear writing style, makes it a valuable addition to the Aristotele and Hegel studies. The author manages to provide both the expert and inexperienced scholar with a precious philosophical tool which can be easily and productively used. Andrea Bellini University of Warwick

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Florian Heusinger von Waldegge. Das Problem moralischen Wissens: Ethischer Relationalismus in Anschluss an Hegel. Bielefeld: transcript, .  S. Das Buch von Heusinger von Waldegge hat den Vorzug, eine Bereicherung sowohl für die zeitgenössiche metaethische Debatte als auch für die Hegel-Forschung zu sein. Der Autor setzt sich mit verschiedenen Interpretationen über eine bedeutungsvolle und aktuelle Frage der Metaethik auseinander, kritisiert sie, ergänzt und korrigiert sie durch Gedanken Hegels: Es geht um das Problem moralischen Wissens. Durch einen reichhaltigen Gedankengang entwickelt Heusinger von Waldegge seine eigene Position, die er ‚Ethischer Relationalismus‘ nennt. Indem Heusinger von Waldegge Hegels Gedanken in eine moderne Sprache übersetzt, versucht er ihn in dieser Debatte anschlussfähig zu machen: Insofern liefert das Buch auch eine originelle und aktuelle Lektüre einiger Schritte Hegels, die manchmal unverständlich erscheinen konnten. Die Frage des moralischen Wissens stellt eine der größten Schwierigkeiten dar, auf die die gegenwärtige Debatte stößt: Ist ein objektives und wissenschaftliches Wissen von moralischen Werten möglich, bzw. gibt es ein objektives Kriterium für moralisches Wissen? Und wenn es dies gibt, wie wird es erworben? Daraus resultiert eine Spannung zwischen theoretischen und praktischen Aspekten des Wissensbegriffs, welche von einigen Autoren als zwei verschiedene Arten von Wissen verstanden werden: Es entwickelt sich eine Dichotomie, die es laut Heusinger von Waldegge der aktuellen Debatte nicht ermöglicht, eine angemessene Theorie moralischen Wissens zu begründen. Das Buch richtet sich also gegen die ‚Dogmen‘ der Moralphilosophie, die im ersten einleitenden Kapitel eingeführt werden: (a) Ein Verständnis des Wissens als propositionales Wissens, also als ‚wahrer und gerechtfertigter Überzeugung‘: „Demnach weiß jemand dann (und nur dann), dass p, wenn er oder sie i.) ü berzeugt ist, dass p, ii.) p wahr ist und iii.) die Überzeugung von p angemessen begrü ndet oder gerechtfertigt ist“ (); (b) Die Dichotomie von Fakten/Tatsachen und Werten. Diese Dogmen werden im Buch dekonstruiert, und das Problem wird durch Hegels Begriffs- und Bildungstheorie gelöst. Das Buch untergliedert sich in fünf Kapitel, wobei das erste einleitende Kapitel die begrifflichen Grundlagen der Argumentation legt und das letzte den ganzen Gedankengang zusammenfasst. In der Einleitung wird das Problem moralischen Wissens in den Bereich der Metaethik eingeordnet, welche die Dichotomie von Fakten und Werten von vornherein reproduziert, wenn die Metaethik selbst durch die Paradigmen des Nonkognitivismus interpretiert wird: Der Nonkognitivismus setzt voraus, dass die Ethik keine wissenschaftliche Behandlung liefert und dass evaluative und normative Aussagen nicht wahrheitsfähig sind, weil moralische Urteile nicht deskriptiv sind, sondern von Gefühlen und Werteinstellungen abhängen. Das erweist sich aber als unplausibel, wenn man konkrete moralische Urteile beobachtet: „[D]ie Zustimmung oder Ablehnung zu den […] Beispielen der Sklaverei, Witwenverbrennung, Kinderarbeit oder Genitalverstü mmelung“ scheinen keine reine „Gefü hlssache“ zu sein (). Die Debatte wird also zurzeit eher vom Kognitivismus beherrscht: Auch Werturteile sind wahrheitsfähig, werden aber zugleich von den Tatsachenaussagen unterschieden. Heusinger von Waldegge will diese Entgegensetzung überwinden und zeigen, „dass und warum es objektive Normen und Wertü berzeugungen in einer spezifischen Hinsicht gibt und was es bedeutet, von ihnen zu wissen“ (). Im zweiten Kapitel „Wissen, Wahrheit und Rechtfertigung“ stellt Heusinger von Waldegge moderne ethische Theorien dar, die den Wahrheits- und Rechtfertigungsbegriff

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versuchen zu erklären: Es geht um den ethischen Realismus und den ethischen Objektivismus. Einerseits nimmt der ethische Realismus an, dass es moralische Tatsachen und Eigenschaften gibt, die unabhängig von unserem Vokabular, unserer Rechtfertigungspraxis und unseren subjektiven Einstellungen und Leistungen sind: Der ethische Realismus erklärt aber nicht, was moralische Tatsachen sind und wie man sie unabhängig von soziokulturellen Einflüssen verstehen sollte (). Andererseits unterstreicht der ethische Objektivismus, dass es objektive Normen und Wertüberzeugungen gibt, die durch die praktische Rationalität der moralischen Akteure gerechtfertigt sind (vgl. Kant und die moderne Diskursethik). Beide Theorien sind aber laut Heusinger von Waldegge irreführend, weil sie zu den oben genannten Dogmen führen. Der interne Realismus Putnams erweist sich dabei als fruchtbar und zeigt, dass eine angemessene metaethische Theorie in den Bereich des Kognitivismus einzuordnen ist. Er richtet sich zudem gegen die Entgegensetzung von Fakten und Werten und sieht eine Kontinuität zwischen theoretischem und praktischem Wissen, zwischen deskriptiven und evaluativen Aussagen (). Auch Putnams Vorschlag erweist sich jedoch als ungenügend, weil er die Begriffe von ‚Wert‘ und ‚Praxis‘ nicht ausreichend konzeptualisiert. Tatsachenfeststellungen hängen vom Begriffsgebrauch ab, was im dritten Kapitel „Sprechen, Wahrnehmen und Handeln“ thematisiert wird. Dabei spielen die Positionen von Wittgenstein und Hegel eine entscheidende Rolle. In den Philosophischen Untersuchungen thematisiert Wittgenstein das Erlernen einer Sprache als Einführung in eine gemeinsame Praxis. Es gebe „keine eindeutige Relation zwischen Begriffen und Gegenständen, Dingen oder Sachverhalten in der Welt“ (). Die Kriterien eines richtigen Begriffsgebrauchs liegen also weder nur außerhalb der Sprache noch nur innerhalb der Sprache (sonst hätten wir inkommensurable Sprachen). Das bedeutet aber nicht, dass es keinen Unterschied zwischen richtigem und falschem Sprachgebrauch gibt. Dieser hängt vielmehr vom Verhältnis zwischen Sprache und Praxis, Sprache und Lebensform ab, so Cavell. Das wird durch Hegels Begriffstheorie aufgeklärt, die zeigt, inwiefern die Praktiken des Sprechens, des Wahrnehmens und des Handelns miteinander verbunden sind. Die Begriffe seien laut Heusinger von Waldegge im Anschluss an Hegel reale Möglichkeiten des Bestimmens: Sie strukturieren unser Wahrnehmen und geben Handlungsgründe. Der Sprachgebrauch wird aber nicht einfach imitierend erworben, sondern immer wieder revidiert. Der Unterschied zwischen ethischen und nicht-ethischen Begriffen sowie der Unterschied zwischen dichten (die sowohl beschreiben als auch bewerten) und dünnen Begriffen (die nur bewerten) erweist sich zudem als problematisch. Auf diesen Grundlagen bestimmt Waldegge die Lebensformen als reale Möglichkeiten des Sprechens, des Wahrnehmens und des Handelns und die Werte als implizite sowie relationale begriffliche Handlungsregel. ‚Implizit‘ sind sie, weil sie ex post aus der Verwirklichung der Praxis des Sprechens, Wahrnehmens und Handelns rekonstruiert werden; ‚relational‘ sind sie, weil sie keine realen Gegenstände sind, sondern mit der Relationalität als dem Verhältnis zwischen Sprechen, Wahrnehmen und Handeln, sowie zwischen Lebensformen, verknüpft sind. Im vierten Kapitel „Mit Begriffen leben und in Lebensformen lernen“ geht es schließlich darum, wie das Wissen im Kontext bestimmter Lebensformen erlernt wird: Dabei spielen die Begriffe ‚Selbständigkeit‘ und ‚Lernen‘ eine wichtige Rolle. Gegenüber der Unzulänglichkeit von McDowells Position, die das Verhältnis zwischen erster und zweiter Natur, das Verhältnis von Selbständigkeit und Unselbständigkeit sowie das Problem des Erlernens von Selbständigkeit nicht ausreichend konzeptualisiert, bietet Hegels Bildungstheorie anschlussfähige Ergänzungen. Das Selbstbewusstseinskapitel der Phänomeno-

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logie des Geistes wird als Reformulierung der aristotelischen Seelenlehre interpretiert () und das Bewusstsein als Tätigkeit gefasst. Damit werden Spontaneität und Rezeptivität, theoretisches und praktisches Wissen nicht als verschiedene Fähigkeiten verstanden, sondern aspektbezogen voneinander unterschieden (als Modi des tätigen Bewusstseins bzw. des Wissens, ). Der Akt des Wissens bestimmt sich also als selbständiger und selbstbewusster Akt des Sprechens, Wahrnehmens und Handelns. Um das Verhältnis von Individuum und Lebensform sowie die Lernprozesse zu erklären, thematisiert Heusinger von Waldegge den Begriff des Habitus als Verwirklichung der Lebensformen. Die begrifflichen Widersprüche innerhalb einer Lebensform oder zwischen verschiedenen Lebensformen (z. B. Antigone) zeigen, dass die individuellen Lernprozesse (ermöglicht durch die historisch-kollektiven Lernprozesse) immer eine aktive Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensformen implizieren: In der Geschichte entwickelt sich das Selbstverständnis des Menschen als freies Wesen, so dass sich auch das Verständnis derjenigen Begriffe, mit denen wir die Welt bewerten und beschreiben, verändert. Damit hat Heusinger von Waldegge Hegel erfolgreich mit der modernen metaethischen Debatte ins Gespräch gebracht und das Wissen wie folgt bestimmt: als „ein Akt im Bewusstsein der realen Möglichkeiten des Sprechens, Wahrnehmens und Handelns, die sich aus der historisch-kollektiven (und damit auch je individuellen) Reflexion der Relationalität und Widersprü chlichkeit von Lebensformen und d. h. in der Reflexion von Konflikterfahrungen, gebildet haben“ (). Giulia Battistoni Università degli Studi di Verona / Friedrich-Schiller-Universität Jena

Daehun Jung. Subjektivität und Kunst. Konstitution der Moderne nach Hegel und Nietzsche. Bielefeld: transcript, .  S. Wie Jürgen Habermas in seinem Buch Der philosophische Diskurs der Moderne hervorgehoben hat, sind Hegel und Nietzsche zwei Schlüsselfiguren in der Verfassung, dem Verständnis und der Kritik an unserem Modernitätsbegriff. Ihm gilt Hegel als „der erste, für den die Moderne zum Problem geworden ist“, er steht am Ursprung der philosophischen Reflexion zu diesem Thema; dagegen verändert sich „[m]it Nietzsches Eintritt in den Diskurs der Moderne […] die Argumentation von Grund auf“ und es werden weitere, neue und oft kritische Wege eröffnet. Dieselben beiden Philosophen und ihre Rolle im Diskurs der Moderne stehen im Mittelpunkt des Buches von Daehun Jung Subjektivität und Kunst. Konstitution der Moderne nach Hegel und Nietzsche. Die Moderne ist – so Foucault in seinem Werk Die Ordnung der Dinge, wie auch im Buch erwähnt – eine Zeit des ‚Rückzugs des Ursprungs‘ und wird im Wesentlichen durch die Bezugnahme auf eine Zeit definiert, die nicht modern, sondern vormodern und vergangen ist. In einer üblichen Darstellung dieser Beziehung entspricht

 Jürgen Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen (Frankfurt a. M., ), .  Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne, .

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die Vormoderne dem substanziellen Inhalt, der unmittelbar, natürlich, sinnlich, mythisch und nunmehr verschwunden ist, und die Moderne der subjektiven Form, die autonom, rationell, spirituell ist, aber den festen Grund verloren hat. Die Moderne ist das Ergebnis der Entstehung und Selbstsetzung des Subjekts und wirft die paradoxe Frage auf, wer nach dem Verlust einer festen Substanz den Grund eines Subjekts setzt, das sich selbst setzt. Die Frage nach der Subjektivität und ihrer Setzung ist sowohl für Hegels als auch für Nietzsches Auffassung der Konstitution der Moderne zentral (und ist in beiden Fällen mit dem Problem nach dem Tod Gottes verbunden). Die Absicht des Buches ist, die Konstitution der Moderne in ihrer Entgegensetzung mit der Vormoderne infrage zu stellen und das Problem der Setzung durch die Gedanken der zwei Philosophen in einer geschichts- und kulturphilosophischen Perspektive neu zu denken. Jungs Analyse konzentriert sich vor allem auf zwei spezifische Orte in den Werken der beiden Denker, nämlich einerseits Passagen aus dem Geist-Kapitel und dem ReligionsKapitel von Hegels Phänomenologie des Geistes und andererseits einige Seiten aus Nietzsches Die Geburt der Tragödie. Wo Hegels Diagnose die genetische Entwicklung der Moderne aus dem Bruch mit der Vormoderne erklärt, wird dieses Verhältnis bei Nietzsche als eines der Nachahmung und Wiederholung aufgefasst. In beiden Analysen spielt die Kunst (und die Tragödie) eine wesentliche Rolle, denn diese Selbstsetzung des Subjekts ist ein Prozess, der als ein Kunstwerden der Kunst und der Kultur aufzufassen ist, „in dem der ‚Geist‘ als eine naturhaftschöne Gestalt im Substanziellen zu einem absoluten Selbstverhältnis gelangt“ (). Sowohl bei Hegel als auch bei Nietzsche ist die Kunst der Kulturträger: sowohl früher, in der Vormoderne, als sie den Schein der Natur erzeugte und sich als Natur darstellte, als auch später in der Moderne, als Kunst nach der Kunst, als nicht mehr schöne und entkunstete Kunst. Nach einer Einleitung, in der der Autor die allgemeinen Probleme des Werkes umreißt, gliedert sich der Band in zwei Teile. Der erste Teil „Hegel und die Genealogie der Moderne“ ist dem Stuttgarter Denker gewidmet und versucht, den Übergang von der vormodernen zur modernen Welt als das Werden der Substanz zum Subjekt zu interpretieren, aus einem Gesichtspunkt, nach dem Hegels Weltgeschichte eine allgemeine Entwicklungsgeschichte der menschlichen Kulturwelt ist (und nicht nur eine Geschichte der Völker). Dem ersten kurzen Kapitel, das die Funktion hat, in die Sektion allgemein einzuführen („. Höhenflug des Geistes. Einführung in Teil I“), folgt ein zweites, in dem der Autor die Gründe und Wege untersucht, wie die vormoderne Welt, die Hegel als ‚sittliche Welt‘ bezeichnet, ihren eigenen Verlust an Vollkommenheit erfährt („. Welt, Handlung und Tragik“). Zunächst untersucht er die Entstehung und das Fortbestehen dieser sittlichen Welt und verweilt besonders bei dem ersten Abschnitt „Die sittliche Welt“ von „a. Der wahre Geist. Die Sittlichkeit“, Kapitel VI „Der Geist“ der Phänomenologie. Die sittliche Welt ist ein wesentlich schöner und unmittelbar harmonischer Schein, ihre Tätigkeit vollendet sich in dem Vergessen von deren Tätigkeit; die Hierarchie zwischen Geist und Natur wurde in dieser Welt überschattet, Freiheit und Selbständigkeit prägen sie und es scheint, dass sie seit Ewigkeit vollkommen ist und keine Bildung und Entwicklung stattgefunden haben („. Konstitution einer sittlichen Welt“). In der Tat wird der Schein der sittlichen Welt durch zwei sittliche Pole (und ihre Normativität) gestaltet, nämlich durch Gemeinwesen und Familie, die mit Kriegführungen und Bestattungen das Werden dieser Welt nicht nur sozio-historisch, sondern auch ontologisch erhalten. Gegen die gewöhnliche Auffassung der Kritiker zur Tragödie bei Hegel, derzufolge der Konflikt zwischen den zwei Gesetzen

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des Gemeinwesens und der Familie der Schlüssel der Tragik sei, führt die konfliktträchtige Polarisierung als solche nach Jung in keiner Weise zur Tragödie. Dieser Gegensatz ist konstitutiv für die sittliche Welt, trägt zur Reproduktion dieser Welt bei, aber ist nur (obwohl notwendig) der Hintergrund für die Tragik; Konflikt und Tod sind das „Konstitutionprinzip“ () der sittlichen Welt, aber kein Prinzip ihrer Auflösung oder ihres Untergangs. Die Vorstellung der Tragik als Gegensatz zwischen zwei Pflichten beruht auf einer außenperspektivischen Auffassung des Konflikts als Versöhnung, die der Autor in Hegels Vorlesungen über die Ästhetik findet und als eine Rückkehr zur ruhigen Totalität der Epik liest. In dieser Lesart des Tragischen geht jedoch die immanente und dialektische Methode von Hegel verloren. Vielmehr richtet der Autor im zweiten Abschnitt „Die sittliche Handlung“ von „Der wahre Geist“ der Phänomenologie die Aufmerksamkeit auf die Beschreibung des Tragischen. Die Tragödie betrifft tatsächlich die Handlung und wird als die Folge einer Verdoppelung von zwei Perspektiven verstanden, einer der Welt und einer der Handlung, die zwei unvereinbare Haltungen der Subjektivität mit sich bringen: Das Tragische ist das Resultat einer „unlösbare[n] Verwicklung“ () von einer Subjektivität, die stark, aber ihrer selbst nicht bewusst und völlig in die Unmittelbarkeit der sittlichen Welt eingetaucht ist, und von einer anderen, die sich selbst reflexartig und sich dadurch (und nur dadurch) ihre Grundlage gänzlich bewusst gesetzt hat. Die Tragik als Entzweiung und Perspektivwechsel der subjektiven Handlung und ihres (Un‐)Wissens wird eine Übergangsform zwischen zwei Welten, der sittlichen Welt und einer nachsittlichen Welt noch in der sittlichen; sie ist „an der Grenze dieser Welt“ () und beschreibt so die Erfahrung der Subjektivität in diesem Wandel („. Die Tragik im Sittlichen“). Die zweite Hälfte des ersten Teils befasst sich mit den Formen, in denen der Übergang der Vormoderne zur Moderne stattfindet („. Genealogien der modernen Subjektivität“). Der Autor identifiziert zwei Formen, die die Entgegensetzung von Geist und Natur, bzw. Subjekt und Substanz, betreffen. Die erste wird mit der Formel ‚Subjekt statt Substanz’ zusammengefasst. Diese Perspektive wird in dem Geist-Kapitel der Phänomenologie des Geistes (nochmals insbesondere in „a. Der wahre Geist“) verhandelt und beschreibt den Bruch zwischen Vormoderne und Moderne und das Ersetzungsverhältnis zwischen Substanz und Subjekt. Der Zustand, in dem sich die moderne Subjektivität nach diesem Bruch befindet, ist der eines Herrschaftsverhältnisses, das Hegel als ‚Rechtszustand‘ bezeichnet („. Vom Naturzustand zum Rechtszustand“). Der zweiten Form des Übergangs entspricht dagegen der Formel ,Substanz als Subjekt’ und findet sich in der Darstellung des Religions-Kapitels (insbesondere im dritten Abschnitt „c. Das geistige Kunstwek“ von „B. Die Kunstreligion“). Sie stellt eine immanente und genetische Perspektive von der Vormoderne bis zur Moderne dar und nimmt eine Analyse einerseits der Verwandlung der Sprache als Handlung durch die Stufen des Epos, der Tragödie und der Komödie sowie andererseits des Übergangs des ‚Volkes‘ als vormoderne Gestalt der Subjektivität zum ‚Demos‘ als deren erste moderne Figur („. Sprache, Kunst und Subjektivität: Vom Volk zum Demos“). Nietzsche und Die Geburt der Tragödie stehen im Fokus des zweiten Teils „Nietzsche und die Nachahmung der Moderne“. Kapitel  „Künstlerische Technik der Kulturgründung. Einführung in Teil II“ konzentriert sich hauptsächlich auf den Begriff der Diskontinuität. Sowohl für Hegel als auch für Nietzsche ist Diskontinuität in der Konstitution der Moderne wesentlich: Ist bei jenem die Diskontinuität im Übergang von der Vormoderne zur Moderne genealogisch gefasst, wird sie bei diesem nachahmungstheoretisch verstanden. Die Moderne ist im Vergleich zur Antike defizitär und das Problem von Nietzsche ist, ob und

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wie Kultur in der Moderne noch möglich ist. Daher werden zwei Fragen gestellt, auf die sich der Autor konzentriert: die Frage nach der Möglichkeit der Wiederholung bzw. Nachahmung der Kultur trotz der Diskontinuität zwischen Vormoderne und Moderne und die Frage nach der Konstitution einer klassischen Kultur als Kultur. In Kapitel  „Figuren des Dionysischen und Kritik des Ursprungsbegriffs“ stellt Jung eine eingehende Analyse von Nietzsches Begriffspaar des Apollinischen und des Dionysischen vor. Diese Begriffe erfordern eine komplexe Behandlung auf verschiedenen Ebenen: einer poetischen, einer kulturhistorischen und einer philosophischen. Das Apollinische stellt nicht nur das Selbst und den Ursprung der griechischen Kultur dar, sondern auch die Kultur überhaupt. Gleichzeitig ist das Dionysische das Fremde und das Andere, das in einem Prozess der Hellenisierung eine dialektische Beziehung zum Apollinischen eingeht (. „Poetologie, Kulturhistorie und Philosophie des Griechischen: Diskursebenen in der Geburt der Tragödie“). Der Autor geht dann auf die Frage nach dem Ursprung ein und vertieft vor allem den Begriff des Dionysischen, indem er fünf mögliche Varianten (poetologischästhetische, freudianisch-zivilisatorische, romantisch-symbolische, metaphysisch-geschichtsphilosophische, pessimistisch-buddhistische) hervorhebt. Da in diesen Varianten das Dionysische hypostasiert wird (als ein Prinzip, als das Andere, als der Ursprung, als das Sein oder als das Nichts der Kultur) und räumlich-chronologisch als ein Pol in Bezug auf das Apollinische lokalisiert wird, kritisiert der ältere Nietzsche sein Jugendwerk und dieses Schema als kantianisch, schopenhauerisch und auch hegelianisch (siehe Nietzsches „Versuch einer Selbstkritik“ in der Geburt der Tragödie sowie Ecce Homo) (. „Ursprung der Kultur, Grund des Selbst: Von der Romantik zum Modernen“). Das Kapitel  „Kunst, Schein, Klassik. Geschichtsphilosophie, Ästhetik und Ontologie der Nachahmung“ beginnt mit einer Reflexion darüber, dass die Kultur bei Nietzsche ihren „Ursprung im Voraus“ () bestimmen muss: In ihrer Nachahmung der Natur beginnt sie als schon vollendete Kultur; sie beginnt in dem Moment, wo die Bewegung des dionysisch-apollinischen Kunstvollzugs beendet ist und stellt ihren Grund als Natur dar. Die Moderne entsteht in der Erkenntnis dieser Voraussetzung und das Problem wird, wie man die Kultur, die in der Vergangenheit schon vollendet ist, in der Moderne wiederholen kann. Die Diskussion des vorherigen Kapitels wird fortgesetzt und das Dionysische wird als ein nie zu hypostasierendes und substantivierendes Prinzip der Kulturgestaltung, als Figur des Übermaßes im Vergleich zum Maß des Apollinischen analysiert, aber ebenso, paradoxerweise sowie jenseits des Gegensatzes zwischen Maß und Übermaß, als eine dem Apollinischen analoge und ähnliche Kraft. Daher wird der Begriff der homerischen Klassik berücksichtigt, der durch die Momente der Unvordenklichkeit der Vergangenheit, die Erschließung des Ursprungs, das Zugleich der Er- und Ausschließung und das Schließen des Schließens als naiver Anfang und Schein in seiner Ganzheit konzipiert wird („. Konstitution der Kultur“). Danach wird wegen ihrer Naturhaftigkeit das Thema der Nachahmung der klassischen Kultur durch Kunst beleuchtet: Die griechische Kultur wird als Modell der Kultur und der schönen Kunst thematisiert und die Möglichkeit der Kunst in der Moderne als die Wiederholung dieser Kultur, nach dem Bruch mit der Vormoderne und durch das Kunstwissen des Grundes der (klassischen) Kunst befragt. Das Kapitel schließt mit einer direkten Auseinandersetzung zwischen Nietzsche und Hegel über das Verhältnis von Kunst und Wissen und über die Frage der ,Kunst nach der Kunst’ („. Nachahmung der Kultur“). Das letzte Kapitel widmet sich der Tragödie bei Nietzsche als Ort der Wiederholung der Kultur und der neuen Konstitution der Kulturwelt und als die Kunst nach der Kunst, die die

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Kunst und die Kultur noch gültig und möglich machen kann („. Kunst nach der Kunst und die moderne Welt“). Zu der nachkünstlerischen Geschichte der tragischen Kunst gehört, konstitutiv und apriorisch, Fremdheit und Äußerlichkeit. Um diesen Aspekt zu betonen, schlägt der Autor einen Vergleich mit Aristoteles’ Poetik vor und identifiziert darin zwei Dimensionen des Außenbezugs der Tragödie – die kathartische Dimension der Handlung und die zeigende –, die die Tragödie durch Sprache und Dialog zu einer Kunst der Exteriorität, Fremdheit, Hybridisierung und Öffnung machen. Die Charaktere der tragischen Kunst als zweite Kunst nach der Kunst in Nietzsches Überlegungen werden sodann vertieft: Durch eine weitere Analyse des Ursprungs und des Zieles der Tragödie wird die besondere Art der Geschichtlichkeit, auf der die Tragödie beruht, hervorgehoben und ihr doppelter Charakter zwischen Chor und (Dia‐)logos, Eigenem und Fremdem, Geburt und Tod bekräftigt („. Eine selbstveräußernde Geschichte der Tragödie“). Dann wird die Handlung als eine Dimension thematisiert, an der das Tragische durch die Begriffe von Leiden, Schuld und Schicksal offenbart und sichtbar gemacht wird. Das Kapitel schließt mit einer Reflexion über den politischen Raum, den das Tragische eröffnet, da es einen Moment des Selbstvergleichs und der Selbstkritik für die Gemeinschaft bietet („. Politische Kunst der Tragödie“). Insgesamt schlägt das Buch eine eingehende Untersuchung der Texte der beiden Autoren mit oft originellen und interessanten Interpretationen vor. Neben dem Studium der beiden Philosophen gibt es noch die anerkennenswerte Absicht, Begriffe wie ‚Moderne’ oder ,das Tragische’ auch über die beiden untersuchten spezifischen Perspektiven hinaus zu vertiefen. In der Diskussion der zentralen Konzepte des Bandes werden dann zahlreiche Sekundärthemen eröffnet und analysiert, die ein komplexes, aber gut zusammengehaltenes Bild abgeben. Obwohl es keinen direkten Mangel gibt, wären weitere Momente über die direkte Konfrontation zwischen Hegel und Nietzsche hinaus vielleicht nützlich gewesen. In dieser Hinsicht wäre ein abschließender Syntheseteil nach den beiden einander recht starr gegenüberstehenden Teilen wahrscheinlich hilfreich gewesen. Die Untersuchungen des Buches können jedoch leicht als Ausgangspunkt gebraucht werden und lassen dem Leser die Möglichkeit, den Diskurs und die Analyse der Moderne fortzusetzen. Mein Dank gilt Karine Winkelvoss für die sprachliche Korrektur. Francesco Campana Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin

Michael Kubiciel, Michael Pawlik und Kurt Seelmann, Hgg. Hegels Erben? Strafrechtliche Hegelianer vom . bis zum . Jahrhundert. Tübingen: Mohr Siebeck, .  S. Gut zehn Jahre nach dem  von Ulrich Klug ausgerufenen ‚Abschied von Kant und Hegel‘ setzte ein Abschied auch von diesem Abschied ein, der schon  in einer von Diethelm Klesczewski ausgemachten Renaissance der Rechtsphilosophie Hegels innerhalb der deutschen Strafrechtswissenschaft mündete (). Dieses anhaltende Interesse insbesondere an Hegels Strafrecht scheint auf dessen Aufnahme vor allem im . Jahrhundert auszustrahlen. Michael Ramb veröffentlicht  eine Studie zur Strafbegründung in den

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Systemen der Hegelianer des . Jahrhunderts und meint damit Julius Abegg, Christian Reinhold Köstlin, Albert Friedrich Berner und Hugo Hälschner. Der vorliegende Band dehnt diese Forschung vom . bis auf das . Jahrhundert aus, wobei sich von den  Texten  mit dem . Jahrhundert beschäftigen, und zwar etwa zu gleichen Teilen schwerpunktmäßig mit den ‚strafrechtlichen Hegelianern‘ grob von  bis  und mit Hegel selbst. Dabei halten es die Herausgeber recht offen damit, was einen ‚strafrechtlichen Hegelianer‘ ausmacht. Herausgestellt wird einleitend lediglich, dass Abegg, Köstlin, Berner und Hälschner sowie Heinrich Luden in drei Punkten übereinstimmen: ein von Hegel inspiriertes Verständnis von Begriff und Zweck der Strafe, eine Zurechnungstheorie unter Annahme eines ‚freien Willens, der den freien Willen will‘ als Ziel der Allgemeinen Verbrechenslehre und eine eigenständige Weiterentwicklung hegelschen Gedankenguts (). Diese lediglich auf die eben Genannten bezogenen Punkte taugen freilich nur bedingt als umfassende Kriterien für ‚strafrechtliche Hegelianer‘. Dementsprechend finden sich in den einzelnen Beiträgen – neben der Auffassung von Strafe als Wiederherstellung des Rechts nach dessen Bruch und dem wesentlichen Bezug auf einen freien Willen sowie einem hegelschen Begriff der Zurechnung – eine Vielzahl weiterer Kriterien, allen voran die etwas diffuse Bezugnahme auf Hegels Methode, aber auch auf Systematizität (, ), Geschichtlichkeit (), Ausgang von der Totalität (), Anti-Konstruktivismus () etc. bis hin zu einer Kategorisierung anhand der Anzahl hegelscher Positionen (). Diese Vielfalt ist für die einzelnen Beiträge unproblematisch, hätte allerdings einleitend umrissen werden müssen, um die titelgebende Frage tatsächlich zu beantworten. Hilfreich gewesen wären zudem ein paar Hinweise zu Gegenstand, Terminologie und Aufbau des Strafrechts. So gehen alle, die nicht mit Hegel vertraute Strafrechtler oder mit dem Strafrecht vertraute Hegelkenner sind, recht uninformiert und mit schwammiger Begrifflichkeit in den Sammelband. Dessen erster von vier chronologisch geordneten Teilen beschäftigt sich mit Hegel und dessen unmittelbarem Umfeld. Zur Verdeutlichung, was es zu erben gegeben hätte, ist dies sicherlich angeraten. Angesichts der Komplexität und Verwobenheit sowie der Erstreckung weit über die drei Teile der Rechtsphilosophie hinaus wird dem auch viel Raum eingeräumt. Im Sinne des Titels wäre es jedoch vermutlich zielführender gewesen, nicht von dem Beerbten, sondern von den vermeintlichen Erben aus auf das zu Erbende zu blicken. Zumindest hätten die im Grunde ja überschaubaren Kernaspekte des hegelschen Denkens zum Strafrecht in der Einleitung angerissen werden können, bevor sie im Einzelnen und mit unvermeidbaren Überschneidungen verhandelt werden. Ludwig Siep erfasst am Beginn Hegels Strafrechtslehre insgesamt, indem er anhand der Thematisierung von ‚Schuld, Entzweiung und Versöhnung‘ mit besonderer Berücksichtigung der Anerkennung () den Bogen von den Frankfurter Fragmenten bis zu den späten Berliner Schriften spannt und vertieft die über die Grundlinien verteilten Ausführungen unter dem Primat eines freien Willens betrachtet. Der zweite Beitrag von Emil Angehrn konzentriert sich auf das, was nach Hegels Konzept der Strafe vorausliegt – d.i. die schlechte Unendlichkeit der Rache samt ihrer Überwindung –, und auf das, was jenseits der Strafe liegt, d.i. Gnade, Amnestie und Verzeihen, wie sie sich innerhalb und nach der Sittlichkeit auffassen lassen. Auf die Moralität, aber insbesondere auf die Sittlichkeit, konzentriert sich auch der dritte Beitrag von Kurt Seelmann, der von Hegels Zurechnungslehre in handlungs- und institutionentheoretischer Hinsicht handelt. Zwanglos hätte sich hier der letzte Beitrag des Sammelbandes einordnen lassen. Bettina Noltenius behandelt die Verschränkung von Strafverfahren und materiellem Strafrecht vorzüglich mit Blick auf Hegels Ausführung zur

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Rechtspflege in der Sittlichkeit. Sie zeigt, wie das „Verfahren des Rechts, der Rechtsgang“ notwendiges Mittel zur Rechtsverwirklichung ist (). Von Hegels Früh- bis zur Berliner Rechtsphilosophie verfolgt Thomas Sören Hoffmann den Begriff der Strafe, die als widersprüchliche „Erscheinung der Selbstvermittlung der Totalität“ () die Vollzugsform des Rechtswillens in einem den Verbrecher wieder einschließenden interpersonalen Raum der Freiheit ist. Anschließend wird Hegels Strafbegriff zwischen Kant, (Paul Johann Anselm) Feuerbach und Fichte verortet. Die Ausführungen zu den frühen ‚Hegelianern‘ beschränken sich leider auf den Artikel von Alexander Aichele, der unter dem etwas spezifischen Blickwinkel einer Bewertung der menschlichen Natur zunächst auf Hegel, dann auf Eduard Gans und kurz auf Karl Ludwig Michelet eingeht. Der zweite Teil des Sammelbandes widmet sich den oben genannten ‚strafrechtlichen Hegelianern‘ des . Jahrhunderts. Vermisst wird ein Text zu Abegg, weniger einer zu Karl Ernst Jarcke, der hinsichtlich seines Hegelianertums zweifelhaft ist, wie der aufgenommene Luden. Bedauerlicherweise wird nirgendwo die Textgrundlage der einzelnen Hegel-Rezipienten reflektiert (), wie es überhaupt bedauerlich ist, dass nicht durchgehend mit Hegels Gesammelten Werken gearbeitet wird. Zugleich überrascht erneut die Textanordnung. Erst am Ende dieses zweiten Teils steht Stephan Stübingers Aufsatz, der, um sich mit dem Einfluss der ‚strafrechtlichen Hegelianer‘ im . Jahrhundert zu beschäftigen, zunächst aufzählt, was diese als Hegelianer auszeichnet: eine Strafzwecklehre, die nicht den Präventions-, sondern den Vergeltungsgedanken in den Vordergrund stellt, eine Handlungsund Zurechnungslehre unter der Annahme eines freien Willens, die eine spezifische Bestimmung der Schuld ermöglicht, ferner eine Systematisierung des Zusammenhanges von Recht, Unrecht und Strafe sowie schließlich die Vermittlung philosophischer und historischer Aspekte einer Strafrechtstheorie. Den eigentlichen Anfang des zweiten Teils macht Benno Zabel, der kenntnisreich die Einbettung von Berners langem Leben und Wirken als Strafrechtler in das durch Wandel gekennzeichnete . Jahrhundert schildert, bevor auf die vielen thematischen Übereinstimmungen mit Hegel eingegangen wird, die Berner dennoch, u. a. wegen ihrer fehlenden Rückbindung an die hegelsche Logik (), nur bedingt als dessen Erbe ausweisen. Ähnlich verfährt Michael Kubiciel mit dem bereits  verstorbenen Köstlin. Auch hier wird über eine Differenzierung der Aneignung Hegels in Früh- und Spätwerk der Übergangscharakter des . Jahrhundert herausgestellt. Zudem wird Köstlin für die zwischenzeitliche Dominanz hegelschen Denkens im deutschen Strafrecht verantwortlich gemacht, und zwar nicht zuletzt gerade weil er deutlicher als Hegel Präventionszwecke von Strafe thematisiert (). Carl-Friedrich Stuckenberg stellt im folgenden Text zur Strafrechtstheorie Heinrich Ludens fest, dass dieser allenfalls vom hegelschen Geist angehaucht worden sei (). Anschließend spricht auch Günther Jakobs Hugo Hälschner, dessen Konzepte anhand von Unrecht, Zurechnung, Notstand und Straftheorie erschlossen werden, letztlich wenig Hegel-Nähe zu, wieder insbesondere im Hinblick auf die Begründungsfiguren Hegels. Als Abschluss dieses zweiten Teiles des Sammelbandes hätte sich der erste Text des dritten Teils angeboten. Diethelm Klesczewski beschäftigt sich dort mit der Kritik und deren Berechtigung an den im zweiten Teil thematisierten Hegelianern, deren Positionen zuvor noch einmal dargestellt und in ihren historischen Kontext eingeordnet werden. Das Resümee die Erbschaft betreffend fällt auch hier verhalten aus (). Ohne Klesczewski bleibt dem dritten Teil und damit dem . Jahrhundert nur Thomas Meyers Text. Vorgestellt werden dankenswert genau, wenngleich unter Absehung von deren Verstrickung in den Nationalsozialismus, Larenz, Dulckeit und Welzel. Das letzte Drittel des Beitrages

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widmet sich eher kursorisch dem Abschied von Hegel und dessen Renaissance zum Ende des . Jahrhundert hin. Der Gegenwart ist der vierte Teil des Sammelbandes gewidmet. Hier beantwortet Michael Pawlik die Frage nach einem strafrechtlichen Hegelianismus heute wegen mangelndem Verständnis der hegelschen Hintergrundkonzeptionen weitgehend abschlägig, nachdem er zuvor noch einmal anhand der Themen Staatsvergottung, Verbrechen, Wohl und Strafbegründung Hegels Position und ihren historischen Kontext vorgestellt hat. Am Ende des Bandes erfolgt ein Perspektivwechsel, insofern Daniela Demko auf erhellende Weise aus der Sicht gegenwärtiger normorientierter expressiver Straftheorien einen Blick auf Hegel wirft. Die einzelnen Beiträge des Sammelbandes sind – je nach Interessenslage – größtenteils lesenswert. Sie vermitteln zusammen eine Idee davon, wie hegelsche Ideen in verschiedenen Kontexten ihre Farben wechseln, verblassen und wieder auftauchen. Insgesamt macht die zu knappe Einleitung und die eigenwillige Aufteilung den Band allerdings unnötig unzugänglich. Valentin Pluder Universität Siegen

Bernard Mabille. Rencontres. Hegel à l’épreuve du dialogue philosophique. Bibliothèque Philosophique de Louvain, vol. . Ouvrage édité par Gilbert Gérard et Gilles Marmasse. Louvain: Peeters, . vii,  p. L’ouvrage publié grâce au travail éditorial de Gilbert Gérard et Gilles Marmasse est le dernier qu’a pu concevoir de son vivant le regretté Bernard Mabille : il en a en effet établi le plan et choisi le titre juste avant son décès le er septembre , sans pouvoir en finaliser lui-même la mise au point. Son œuvre trouve donc sa conclusion avec cet ouvrage, qui, comme le font remarquer les éditeurs (V), vient former une trilogie avec Hegel. L’épreuve de la contingence () et Hegel, Heidegger et la métaphysique () ; l’épine dorsale en est une proposition de refondation de la métaphysique (rebaptisée, comme chez Aristote, philosophie première) sur la base d’une lecture approfondie de Hegel, à partir de laquelle sont également progressivement convoqués Heidegger et les néoplatoniciens grecs. Si l’ouvrage de  était un commentaire interne de l’œuvre hégélienne, et celui de  une minutieuse étude comparée de Hegel et Heidegger qui débouchait sur une relecture du néoplatonisme, le présent ouvrage a pour principe même d’orchestrer une multiplicité de confrontations dont Hegel (et précisons d’emblée : le Hegel de l’Encyclopédie, du système de la maturité) est le dénominateur commun, afin de faire apparaître divers problèmes gravitant autour du projet d’une philosophie première. Il y a donc, dans ce volume, une véritable unité, très bien résumée par le sous-titre qu’ont choisi les éditeurs, bien que douze des quatorze textes qui le composent soient repris de publications antérieures. Sa valeur ne tient donc pas seulement à ce qu’il réunit des textes jusqu’à présent dispersés, ni même aux deux inédits qu’il comprend : il s’agit bien d’un ouvrage de plein droit, duquel émergent des positions fortes et originales. La rançon de cette forte cohérence est que de nombreux articles de Bernard Mabille n’avaient pas leur place

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dans cette construction ; il serait donc éminemment souhaitable qu’un deuxième volume paraisse au plus vite, qui rassemble les articles non recueillis dans le présent volume afin que le travail de Mabille puisse achever de se constituer en œuvre et exercer comme telle son influence. Il serait notamment du plus grand intérêt, pour le chercheur hégélien, de voir réunis en un volume des articles aussi importants que « Hegel et le langage de la philosophie », « En quel sens Hegel est-il philosophe de l’identité ? », « Hegel, le dépassement de quelle métaphysique ? » ou encore « Philosopher sans fondement ». Cela ne diminue cependant en rien l’intérêt du présent ouvrage. Tout d’abord, on y retrouve avec bonheur l’art mabillien de l’article : grande liberté d’approche, extrême densité conceptuelle, impérieuse clarté d’une écriture qui ne s’embarrasse d’aucune circonlocution et culture philosophique qui étonne à la fois par son ampleur et son intime familiarité avec les œuvres de la tradition. Cet art de la navigation dans les textes originaux, particulièrement manifeste dans ce volume mobilisant dans son principe même une grande quantité de références, donne au propos de Mabille une ampleur de vue et une précision conceptuelle absolument remarquables (entre mille exemples, on prendra celui des références éclairantes à l’union intellective chez Dietrich de Freiberg que l’on trouvera – ). La réunion des articles, ensuite, fait apparaître plusieurs lignes de force méthodologiques et thématiques. Sur le premier plan, la décision la plus notable est sans conteste le refus des lectures purement historiques au profit d’une lecture dite « thématique » ou « philosophique » (comme l’annoncent d’emblée plusieurs articles, ainsi  ou ) : dans les confrontations qu’il orchestre, Mabille ne s’occupe pas de reconstituer des sources ou des influences dans une optique érudite (ou « antiquaire », comme il le dit parfois), mais de poser des problèmes philosophiques afin de constituer un répertoire de gestes métaphysiques à disposition d’une philosophie première actuelle et vivante. Fidèle en cela à la leçon de son maître Jean-François Marquet, dont il cite avec éloge le maître-ouvrage Singularité et événement, Mabille projette sur une surface plane les œuvres de la tradition pour les faire dialoguer en contemporaines. Cela ne l’empêche aucunement, contrairement à ce que l’on pourrait croire, ni de satisfaire aux critères philologiques de la recherche actuelle (comme le montrent les références systématiques aux Gesammelte Werke, ou encore les discussions philologiques qui émaillent l’article « Puretés », témoignant d’une attention aux problèmes relatifs à l’édition des cours de Hegel), ni de se livrer avec concision à des discussions précises de tel ou tel commentateur reconnu, ni enfin de demeurer en permanence au plus près des textes originaux dans le détail de leur écriture. Est également à remarquer l’amplitude des œuvres qui sont mises en dialogue avec celle de Hegel : si l’on retrouve en bonne place les interlocuteurs « naturels » que sont Kant, Fichte, Schelling et Jacobi, on notera également la grande importance accordée aux Grecs (Platon, Aristote, Plotin et Proclus), la présence d’autres modernes comme Leibniz ou Hume, de philosophes contemporains lecteurs de Hegel (Heidegger, Gadamer), et enfin de deux auteurs très rarement rapprochés de Hegel mais dont la lecture produit des résultats d’autant plus étonnants et profonds : Bergson et Joyce. Un des gestes constants de Bernard Mabille, qui apparaît avec force dans cet ouvrage, a toujours été de lire Hegel non pas, comme il est souvent d’usage dans la littérature secondaire, dans le seul dialogue avec Kant et les postkantiens, mais autant et même davantage en le rapportant à la pensée grecque, et notamment à Platon, Aristote et les néoplatoniciens, pour reconstituer une filiation spéculative au moins aussi importante pour Hegel que ce qu’en bon moderne il hérite des problématiques kantienne et postkantienne. On a presque

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le sentiment, à lire Mabille, qu’il voit le retour aux Grecs comme ce qui permet à Hegel de se réapproprier une ambition spéculative forte par-delà le contexte immédiat de la philosophie moderne ; c’est aussi une source à laquelle Mabille lui-même puise abondamment pour sa propre entreprise de philosophie première, comme le prouvent ici encore les quatre premiers articles du recueil ainsi que le dernier, et comme l’avaient déjà manifesté la fin du livre sur Hegel et Heidegger ainsi que le grand article « Philosophie première et pensée principielle : le révélateur néoplatonicien ». Une autre grande leçon méthodologique de l’œuvre de Mabille se retrouve dans ce recueil : l’intérêt qu’il y a à prendre au sérieux les objections les plus lointaines et les plus apparemment extérieures formulées à l’encontre de l’hégélianisme, plutôt que de les balayer d’un revers de main, dans la mesure où elles permettent souvent de mettre le doigt sur des aspects authentiquement problématiques du système et incitent donc le commentateur, par l’effort de réponse qu’elles exigent de lui, à approfondir sensiblement sa compréhension de la pensée hégélienne. Ce sont ici, comme dans les autres ouvrages de Mabille, les objections de Schelling et Heidegger qui sont principalement mises à contribution ; mais on sera également sensible au rôle de révélateur (au sens photographique) que Mabille fait jouer à un anti-hégélien notoire, Bergson. Enfin, l’apport essentiel de ce recueil, d’un point de vue méthodologique, est sans doute à chercher dans les deux textes inédits qui l’encadrent : l’introduction, en quelques pages d’une densité et d’une lucidité remarquables, offre une présentation magistrale de la méthode et de la perspective propres au travail de Bernard Mabille ; et le dernier texte, « Éléments », va droit au cœur de son entreprise en éclaircissant au passage les conditions historiques dans lesquelles elle s’inscrit. Ce texte nous paraît résonner a posteriori comme un véritable testament philosophique. Il ne se contente pas, en effet, de faire acte de réflexivité méthodologique, mais présente en même temps ce que l’on peut supposer être le dernier état de la pensée proprement métaphysique de Bernard Mabille. La question du principe, dont plusieurs figures sont décrites et critiquées, en apparaît comme le fil conducteur authentique, ce qui était déjà patent dans Hegel, Heidegger et la métaphysique ; cependant, ce qui se manifeste ici avec une clarté à notre connaissance inédite, c’est le rôle majeur que Mabille entendait faire jouer aux notions de peras et d’apeiron dans son entreprise. Ce développement est solidaire d’un retour sur le Philèbe de Platon, et d’un intérêt profond doublé d’une sincère admiration de métaphysicien, très marqués dans les dernières années, pour l’œuvre et la pensée de Proclus. Toute l’entreprise, depuis L’Épreuve de la contingence jusqu’aux derniers textes, en est éclairée d’un jour nouveau. Cet article final de l’ouvrage apporte également des éclaircissements précieux sur la manière dont Bernard Mabille concevait la situation de son entreprise de philosophie première à l’époque de la « pensée post-métaphysique ». Celle-ci, d’après lui, a tout à perdre si elle confond l’érosion des anciennes figures de la métaphysique et l’oubli des questions métaphysiques, et c’est pourquoi il se propose, avec sa tentative de ressaisir une tradition longue de philosophie première appuyée sur le peras et l’apeiron, de se donner les moyens de reprendre ces questions au sein même de cette époque mais sans s’y abandonner : s’il est impossible de « philosopher hors contexte », il n’y a pas non plus à s’interdire de chercher dans l’histoire de la philosophie des pensées vivantes à même de nous éclairer quant aux tâches actuelles de la pensée (). Mabille fait cependant preuve d’une lucidité exemplaire lorsqu’il assume la contingence relative de ses décisions et des gestes philosophiques qu’il opère ; cette « conscience de la contingence de nos solutions », comme le dit si bien l’article « Philosopher sans fondement » (non repris dans Rencontres), nous paraît être un trait caractéristique de la dernière période de son œuvre, que ce soit dans les dernières inflexions de sa

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lecture de Hegel (un Hegel plus fragile que dans L’Épreuve de la contingence) ou dans la réflexion sur son propre travail. Avant de conclure, indiquons brièvement le contenu de chacun des articles composant ce recueil, à l’exception du dernier, dont il vient d’être question. Le premier (« La vie logique ») propose une analyse de la notion de vie dans le système et en particulier dans la Logique, notion dont la spécificité est isolée grâce à une lecture croisée des influences platoniciennes et chrétiennes (en particulier johanniques) de Hegel ; ce texte anticipe, de manière remarquable, certains des résultats de la monographie récemment consacrée par Annette Sell à cette question (Der lebendige Begriff, Fribourg, ), dont Bernard Mabille avait d’ailleurs fait la recension dans les Hegel-Studien  (: –). Le second est consacré à un dialogue entre Hegel et Aristote sur la question de la détermination, qui aboutit, contrairement à certaines recherches des « sources » qui tendent à rabattre Hegel sur l’un ou l’autre de ses prédécesseurs en oblitérant la singularité de son entreprise, à approfondir (notamment via une lecture fine de la Doctrine de l’être de ) le rôle de la détermination dans la Logique hégélienne. Le troisième (« Puretés ») et le quatrième (« Négations ») abordent deux aspects de cette lecture conjointe de Hegel et des néoplatoniciens grecs qui était, comme on le sait, particulièrement chère à Bernard Mabille. Les parallèles tracés à partir de Plotin entre les puretés respectives de l’être et de l’un, et les conceptions contrastées de la négation décrites grâce à Proclus, qui la font apparaître comme un mode déterminé de relation, sont du plus grand intérêt. Le cinquième chapitre aborde de front la question de savoir ce que Hegel entend par idéalisme ; là encore, ce questionnement anticipe sur des travaux publiés depuis, en l’occurrence sur la monographie d’Olivier Tinland, L’Idéalisme hégélien, qu’il complète d’ailleurs en s’intéressant à la lecture hégélienne de l’idéalisme leibnizien, là où Tinland s’en tient pour l’essentiel au dialogue avec Kant, Fichte et Schelling (donc aussi avec Spinoza). Le sixième article nous a paru particulièrement remarquable : bien qu’il revienne en-deçà de Hegel pour poser la question de ce que fait exactement le criticisme kantien à la métaphysique et à l’idée d’une histoire de la philosophie, en égratignant au passage certains clichés sur la « mise à mort » kantienne de la métaphysique, il en profite pour jeter, par différence, un éclairage remarquable de finesse et de concision sur la conception hégélienne de l’histoire de la philosophie (qui a pour tâche de surmonter la scission, irréductible dans le kantisme, entre une histoire philosophique entièrement a priori et une narration des philosophies historiques comme faits empirique), et même éclaircir in fine notre propre situation d’historiens de la philosophie à partir des questions ouvertes par Kant et Hegel (voir notamment ). Avec ce texte sur Kant s’inaugure une séquence consacrée aux postkantiens, qui s’ouvre par un article sur la place de la rationalité dans la théologie telle que la conçoivent Kant, Jacobi (auteur malheureusement trop peu étudié en France) et Hegel. Le huitième texte, quant à lui, traite du rapport entre contingence, nature et liberté chez Schelling et Hegel ; si l’on peut se permettre une telle remarque, il nous semble que ce texte, qui précède immédiatement la publication de L’Épreuve de la contingence, souffre quelque peu la comparaison avec les développements que ce dernier ouvrage consacre à cette question. Le neuvième texte, en revanche, est une démonstration originale dans la littérature francophone sur la proximité des gestes fichtéen et hégélien de « relativisation de la conscience représentative » ; il est essentiellement tourné contre un jugement trop hâtif de Heidegger considérant ces deux auteurs comme sommets de la « métaphysique de la subjectivité », c’est-à-dire comme irrémédiablement enfermés dans l’opposition du sujet et de l’objet : Mabille montre au contraire qu’ils travaillent essentiellement à la reconstruire et à la relativiser (en ce qui concerne Hegel, ce point est no-

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tamment établi grâce à une lecture de la « Phénoménologie » de l’Encyclopédie qui la replace habilement dans le dispositif d’ensemble de l’esprit subjectif et même du système tout entier). Le dixième texte, quant à lui, tire profit d’une confrontation de Hegel et Heidegger pour penser la question du néant. Le onzième est consacré à un parallèle extrêmement original entre les pensées du langage de Hegel et Bergson, qui rapproche notamment leurs concepts respectifs d’entendement et d’intelligence. Le douzième texte non seulement propose une étude sobre et mesurée des réussites et des limites de la lecture gadamerienne de Hegel, mais est encore une occasion pour Bernard Mabille de réfléchir sa propre insistance sur le rapport de Hegel aux Grecs dans la lecture de Gadamer, qui insiste notoirement sur ce point. Enfin, le treizième texte de l’ouvrage est peut-être le plus original de tous, d’abord parce qu’il met Hegel en dialogue non plus avec un philosophe mais avec un écrivain, James Joyce, ensuite, parce qu’il se donne tous les moyens d’une telle rencontre en faisant preuve d’une grande sensibilité aux aspects proprement littéraires de l’écriture joycienne, et enfin, parce qu’il offre à Bernard Mabille une rare occasion de traiter de la philosophie hégélienne de l’art, sur laquelle ses commentaires sont, une fois de plus, d’un grand intérêt ; ce texte offre par ailleurs un complètement à l’article sur l’idéalisme en ce qu’il s’attache à définir la notion, si importante pour la compréhension de l’hégélianisme, d’« idéalisation ». Soulignons pour finir la qualité du travail éditorial, du papier et de l’impression, qui est celle à laquelle nous ont habitués les éditions Peeters, bien qu’elle se paie d’un prix élevé qui risque de réduire la diffusion de l’ouvrage. Quelques coquilles semblent cependant avoir échappé à la vigilance des relecteurs, que l’on signale en vue d’une future réimpression : p. , l.  (« antre » pour « autre »), p. , l.  (« Potin » pour « Plotin »), p. , l.  (manque « de » dans l’expression « plus de distance »), p. , l.  (un point en trop), p. , l.  («  » pour « O »), p. , l.  (« enveloppent » pour « enveloppe »). On regrettera également l’absence d’un index nominum, qui aurait été justifié par la manière si particulière et si juste qu’avait Bernard Mabille de multiplier les références à d’autres auteurs pour éclairer ceux qu’il était en train d’expliquer, et aurait permis de faire apparaître mieux encore l’étendue et la variété de ses références. Il est enfin à remarquer que la publication de cet ouvrage précède de quelques mois celle d’un ouvrage collectif d’hommage à Bernard Mabille dirigé par Gilles Marmasse et Alexandra Roux et publié aux Presses universitaires de Rennes sous le titre Du principe à la liberté ; ce volume comporte un texte inédit de Mabille, qui propose une analyse incisive de nombreux problèmes associés à la notion de subjectivité, ainsi qu’une précieuse bibliographie détaillant l’ensemble de ses publications (quatre ouvrages, six ouvrages collectifs dirigés, quarante-huit articles et chapitres d’ouvrages), à laquelle on se reportera pour retrouver les articles non repris dans Rencontres. Ces deux publications marquent à la fois l’achèvement de l’œuvre de Bernard Mabille et les premiers pas de sa réception posthume : il est à espérer que celle-ci aille crescendo, car non seulement les commentateurs de Hegel, mais aussi tous ceux que la philosophie, dans son affaire propre, préoccupe, ont beaucoup à apprendre de sa lecture. Victor Béguin Université de Poitiers

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Nadine Mooren. Hegel und die Religion. Eine Untersuchung zum Verhältnis von Religion, Philosophie und Theologie in Hegels System. Hegel-Studien Beiheft . Hamburg: Meiner, .  S. Ermylos Plevrakis. Das Absolute und der Begriff. Zur Frage philosophischer Theologie in Hegels Wissenschaft der Logik. Tübingen: Mohr Siebeck, . XVII,  S. Robert R. Williams. Hegel on the Proofs and the Personhood of God. Studies in Hegel’s Logic and Philosophy of Religion. Oxford: Oxford University Press, . XIV,  S. In den letzten Jahren ist ein erneutes Interesse an den Themen des absoluten Geistes entstanden. Von diesem wieder erwachten Interesse profitieren nicht nur die Reflexionen über Kunst und Philosophie, sondern auch die recht komplexen Debatten über das Verhältnis von Religion, Philosophie und Theologie. Diese Elemente erlangen so wieder Aufmerksamkeit, nachdem sie unmittelbar nach Hegels Tod lange im Mittelpunkt gestanden hatten. Der Anlass, auf diese Themen zurückzukommen, wird uns von drei kürzlich erschienenen Veröffentlichungen geboten. Es handelt sich um Beiträge, die demselben Themenbereich gewidmet sind und zwar den Beziehungen zwischen Religion und Theologie, Glaube und Wissen, Gott und dem Absoluten, Subjekt und Gemeinschaft. Wie wir in dieser zwangsweise knappen Rezension zeigen wollen, handelt es sich um Bücher, die sich durch eine radikal verschiedene Methode und Gliederung auszeichnen, obwohl sie sich innerhalb derselben Texte Hegels bewegen, und die letzten Endes unterschiedliche, wenn nicht gar gegensätzliche Interpretationen präsentieren. Aus diesen Gründen sind alle drei in ihrer Unterschiedlichkeit von großem Interesse. Sie zeigen, dass es möglich ist, auf bekannte und ausgiebig diskutierte Themen zurückzukommen. Vor allem aber gestatten sie, Hegels Reflexionen mit den aktuellen Fragen über Glauben und wissenschaftliches Wissen wie auch über den religiösen Pluralismus in Verbindung zu bringen. In dem ersten Buch, das wir vorstellen, geht Nadine Mooren von der Interpretationslinie aus, die die Tradition des linksgerichteten Hegelianismus mit der kritischen Theorie verbindet und die bekanntlich Hegels Philosophie als Säkularisierung von theologischen Tendenzen betrachtet hat. Die Autorin untersucht die Konstellation Religion-TheologiePhilosophie und konzentriert sich dabei auf die Verbindung von Christentum und spekulativer Philosophie ausgehend vom abschließenden Kapitel der Enzyklopädie, das deren inhaltliche Identität und formale Differenz thematisiert. Indem sich das Buch auf die drei Ausgaben der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, auf die Lehre vom Wesen der Wissenschaft der Logik und auf das Manuskript von  der Vorlesungen über die Philosophie der Religion stützt, will es beweisen, dass die systematische Verbindung zwischen Religion und Philosophie die Erklärung des Verhältnisses zwischen Theologie und Philosophie beabsichtigt. Deshalb wird die Religion nur als christliche Religion in Betracht gezogen. Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert, die (a) die Inhaltsgleichheit und den formalen Unterschied von Religion und Philosophie, (b) deren epistemische Formen sowie das Verhältnis von objektivem und absolutem Geist und (c) die Grammatik des Verhältnisses von Form und Inhalt in der Abhandlung der Logik des Wesens sowie Hegels Theorie vom absoluten Geist als metaphilosophische Reflexion untersuchen. Über die verschiedenen Etappen dieses Weges will die Autorin die einleitende Rolle hervorheben, die der geoffenbarten Religion im Vergleich zur spekulativen Philosophie zugeschrieben wird, und

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beweisen, dass Kunst und Religion Vorgängerformen des von der absoluten Idee ausgedrückten philosophischen Wissens sind. Mooren behauptet zu Recht, dass Kunst, Religion und Philosophie Wissensformen sind, so wie im Verhältnis von Glauben und Wissen auch das Glauben eine Wissensform ist, eine epistemische Einstellung (–). Die Forderung nach dem epistemischen Wert des Glaubens entgegen seiner Herabsetzungen auf Gefühl und Irrationalität entfernt Hegel demnach von der Tradition der Aufklärung, die einerseits Glaube und Religion und andererseits Wissen und Philosophie miteinander identifiziert. Deshalb – so behauptet die Autorin, indem sie den Glauben vielleicht ein bisschen zu sehr auf die Religion einschränkt – ist auch die Religion im weiteren Sinne eine Wissensform. Besonders klärend und überzeugend erscheint in dieser Interpretation die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten des Glaubens: Glauben qua Zutrauen und Glauben qua Reflexion. Die erste bezeichnet ein spontanes und unbefangenes Fürwahrhalten; die zweite drückt ein Fürwahrhalten aus, das das Ergebnis einer Reflexion ist und sich als Bekenntnis zeigt. Wer also beteuert, ‚ich glaube an Gott‘, drückt eine Überzeugung aus, die eine Reflexion einschließt. Der zweite Teil der Arbeit (–) stützt sich auf diese Voraussetzungen und untersucht anhand der Fachausdruckspaare Form/Inhalt und Vorstellung/Begriff die Beziehung der verschiedenen, der Religion und der Philosophie eigenen epistemischen Formen. Die Analyse wird innerhalb der vorletzten Abteilung der Enzyklopädie (GW : §§ –) durchgeführt, in der nicht das Verhältnis von Religion und Philosophie im Allgemeinen, sondern einer besonderen Religion, dem Christentum, und einer besonderen Form der Philosophie thematisiert wird. Das ist Mooren zufolge in den §§ – offensichtlich, die die bezeichnenden Momente der christlichen Dogmatik mithilfe der begrifflichen Momente des Allgemeinen, des Besonderen und des Einzelnen interpretieren. Der vielleicht interessanteste und innovativste Aspekt in diesem Teil der Arbeit besteht in der Analyse der in den §§  und  dargestellten doppelten Definition von ‚geoffenbarter Religion‘. Daraus ergeben sich die Identifizierung des Geistes mit Gott und das Dasein Gottes für den menschlichen Geist auf der Grundlage der hegelschen Annahme, dass der Geist nur insofern Geist ist, als er es für den Geist ist. Diese Voraussetzungen führen Mooren dazu, die Anmerkungen zum § , der Gott, das Absolute, als Geist definiert, und zum § , der das Absolute als die Idee bezeichnet, die die Wahrheit ist, als eng miteinander verbunden zu interpretieren. Diese Verbindung gestattet uns zu verstehen, was Hegel damit meint, wenn er behauptet, dass die Aufgabe der Philosophie darin liegt, das, was in der Vorstellung gegeben ist, in ihrem eigenen Element, das heißt im Begriff, zu verstehen ( ff.). Die Verwirklichung dieser Aufgabe ist die absolute Idee, die das Ergebnis des philosophischen Verständnisses des Geistes ausdrückt. Dieser Argumentation zufolge behauptet die Autorin, dass zwar eine inhaltliche Kontinuität, aber keine Identität zwischen Religion und Philosophie besteht. Wenn der Fokus in der Theorie des absoluten Geistes bei den kognitiven Inhalten liegt, die aus dem Christentum eine Weltdeutungs- und Selbstverständigungspraxis machen, dann steht im objektiven Geist die soziale Praxis der Gemeinde im Mittelpunkt der Reflexion, eine Praxis, die sich in den Sakramenten, Liturgien und Riten ausdrückt. Diese doppelte Perspektive, die die beiden Bereiche des Geistes voneinander trennt, gestattet Mooren, die komplexe Verbindung von Religion und Sittlichkeit als Kompatibilität zu interpretieren: Die religiöse Gesinnung erzeugt Loyalität gegenüber dem Staat und spielt eine wichtige gesellschaftliche Rolle, ohne dass diese Kompatibilität die Einheit von Re-

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ligion und Staat mit sich bringt oder dazu führt, die dem hegelschen Begriff der Toleranz innewohnende Problematik zu verschweigen. Zu diesem Zweck werden zwei für diese Problematik beispielhafte Texte angemessen in Erinnerung gerufen und analysiert: die lange Anmerkung zum §  der Enzyklopädie und der ebenso komplexe §  der Grundlinien der Philosophie des Rechts. Da wir nicht eingehend bei diesen interessanten und aktuellen Analysen verweilen können, kommen wir zur Hauptthese des Buches, die im dritten Teil der Arbeit (–) dargelegt wird. Wenn Religion, Philosophie und Theologie dieselbe Ausdehnung und denselben Inhalt haben, ist es unmöglich, nicht nach der Trennung von Kompetenzen und Rollen zu fragen, die sie auszeichnen. Die Voraussetzungen für die Antwort auf diese Frage sind der Autorin zufolge in der Wesenslogik enthalten, insbesondere im Kapitel „Der absolute Grund“, in dem Hegel die Grammatik von Form und Inhalt ausdrückt: In der Gegenüberstellung von Form und Inhalt ist letzterer nicht formlos, sondern hat die Form in sich, insofern diese jedoch außerhalb von ihm liegt, nach einem Erklärungsmodell, das das Implizite und das Explizite miteinander in Verbindung bringt. Der Inhalt verlangt, deutlich gemacht zu werden, und diese Verdeutlichung verlangt unterschiedliche Kompetenzen, Kenntnisse und Ausdrucksmittel. Um dieses Erklärungsmodell ‚implizit/explizit‘ zu verdeutlichen, führt Mooren einige interessante Vergleiche zu zeitgenössischen Interpretationen an, insbesondere zum Buch von Hilary Putnam Die Bedeutung von ‚Bedeutung‘ () über die Arbeitsteilung im Verhältnis zwischen Laien und Experten, wenn eine Zusammenarbeit von mehreren Personen zur Ausführung einer gemeinsamen Aufgabe verlangt wird. Wenn das Modell ‚implizit/ explizit‘ auf das Verhältnis zwischen Religion und Philosophie bezogen würde, würde es in dieser Perspektive ein Verhältnis zwischen verschiedenen Bewusstseinsarten der Wahrheit gestalten: Die Philosophie würde anhand ihres begrifflichen Repertoires die Einheit von allgemeinem und einzelnem Geist verdeutlichen, die das Christentum implizit ausdrückt. In diesem Sinne würden die Inhalte der christlichen Dogmatik eine Vorwegnahme des von der Philosophie erarbeiteten syllogistischen Systems bilden. Dieser Schluss leitet das Thema ein, das auf den letzten Seiten des dritten Teils (–) angepackt wird, wo Hegels Metaphilosophie zum Ausdruck kommt, das heißt das hegelsche Philosophieverständnis der Religion: Die Philosophie – so lautet letztendlich Hegels noch heute gültige Warnung – darf keine Erbauung erzeugen, sondern sie hat die Aufgabe, wissenschaftlich über die Religion als Glaubenspraxis oder als institutionalisierte gesellschaftliche Praxis nachzudenken. Das Thema von Hegels Metaphilosophie in Bezug auf die Religion erscheint auch in dem zweiten Buch, das wir nun vorstellen werden. Darin schlägt Ermylos Plevrakis eine alles andere als voraussehbare Interpretation der philosophischen Theologie vor. Plevrakis weiß nämlich genau, dass die postmoderne Philosophie diese Grenzdisziplin zwischen Philosophie und Theologie als eine contradictio in adjecto betrachtet. Um die nicht einfache Lektüre dieses Buches anzugehen, muss der Leser also bereit sein, die von Wilhelm Weischedel () dargelegte Idee der philosophischen Theologie beiseitezuschieben und sich auf einen ganz neuen Weg führen zu lassen, auf dem er vielleicht zu seiner eigenen Überraschung mehr als einen nützlichen Beitrag zur heutigen philosophisch-theologischen und interreligiösen Debatte finden wird. Der Autor geht von der folgenden unwiderlegbaren Feststellung aus: Trotz der zentralen Position Gottes im hegelschen System der Philosophie, ist kein Teil ausdrücklich der

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Theologie oder noch viel weniger der philosophischen Theologie gewidmet. Hinzu kommt, dass das System eine Vielfalt an Definitionen von Gott und dem Absoluten bietet. Diese Vielfalt erzeugt eine unvermeidliche Verwirrung, die durch Hegels ungezwungenen Sprachgebrauch von religiös oder theologisch geprägten Ausdrücken noch verstärkt wird: Ein Beispiel dafür ist die „Offenbarung“ des Geistes (GW : § ). Um aus dieser Verwirrung herauszufinden, muss man Plevrakis zufolge zuerst die in der Logik erscheinende Auffassung des Absoluten oder besser noch der Absolutheit betrachten. Die Logik ist nämlich laut Plevrakis nicht nur ein begriffliches Instrumentarium für die Theologie, sondern sie erzeugt eine im eigentlichen Sinne philosophische Theologie. Kernpunkt für den Beweis dieser These ist die Lehre vom Wesen und deren Darlegung des Absoluten als eine rein logische absolute Einheit von Sein und Wesen. Darin sieht Plevrakis die Grundlage einer Metaphysik als Epistemologie des begrifflichen Denkens, eine Metaphysik, die gestatten würde, die Ontologie hinter sich zu lassen und so das in den Interpretationen der hegelschen Philosophie immer wieder aufgeworfene Dilemma von Theismus und Atheismus zu umgehen. Nur wenn man zugibt, dass Gott ein Seiendes ist, kann man von ihm sagen, dass er sowohl sein als auch nicht sein kann. Diese Voraussetzung verbindet dem Autor zufolge alle theistischen oder atheistischen Interpretationen der hegelschen Philosophie. Wenn die philosophische Theologie deshalb die Ontologie überwindet, vermeidet sie ipso facto das Dilemma ‚Theismus-Atheismus‘ (). Das Buch ist in drei reichhaltige Kapitel unterteilt. Das erste beginnt mit einer Analyse der verschiedenen Bedeutungen von ‚absolut‘ in Hegels Philosophie (I.A, –), und dabei bietet es ein weitreichendes, sehr ausgeglichenes und informatives Gesamtbild, das nicht nur für die Untersuchung der philosophisch-theologischen Frage, sondern auch für jeden, der sich mit den Themen der Religion, der Philosophie und der Theologie im hegelschen System auseinandersetzen will, eine gute Voraussetzung bildet. Plevrakis ruft die Geschichte der Teilung der hegelschen Schule und die Positionen bezüglich der Fragen über Gott, das Absolute und den absoluten Geist in Erinnerung, die als christlicher Theismus, Pantheismus, Atheismus und Vergöttlichung des Menschen Ausdruck gefunden haben; danach rekonstruiert er die Hegel-Renaissance bis zu den Sechziger Jahren, wobei er Heideggers und Löwiths Kritiken an der Ontologie Platz einräumt, um abschließend die neuesten Interpretationen der Vorlesungen über die Philosophie der Religion und über die Logik zu berühren. Das erste Kapitel fährt mit einem zweiten Teil (I.B, –) fort, der ausgehend von der bekannten Anmerkung zum §  der Enzyklopädie die Definition des Absoluten als Geist und seine Verbindung zum Begriff einführt. Der dritte Teil (I.C, – ) legt schließlich die methodologischen Voraussetzungen dar, die die Erforschung des logischen Kerns jeder Theologie und jeder Rede über Gott innerhalb der objektiven Logik rational rechtfertigen. Das zweite Kapitel (–) packt die Frage der Darlegung des Absoluten als Begriff an und vertritt die These, dass Gott in der Wissenschaft der Logik nur als Begriff ist, das heißt dass der Begriff Gottes mit dem Begriff als solchem übereinstimmt, und dass die Wirklichkeit Gottes die logisch begriffliche Wirklichkeit ist. Unter diesem Gesichtspunkt kann Plevrakis konsequent behaupten, dass das Ergebnis des ontologischen Gottesbeweises den Ausgangspunkt der Logik stiftet und deren ganzen Weg kennzeichnet. Dieses umfangreiche Kapitel untersucht eingehend die Bestimmungen der Logik des Seins und der Logik des Wesens, und aus dieser Analyse wird ersichtlich, dass das Absolute die absolute Einheit von Sein und Wesen ist, eine Totalität, in der alle Bestimmungen des Seins und des Denkens zusammengenommen und miteinander in Verbindung gebracht werden. Absolute Totalität

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von Sein und Wesen, absolute Form und absoluter Inhalt sind alle Synonyme, mit denen das Absolute bezeichnet wird, das heißt die vollendete unterschiedslose Einheit von allen logischen Bestimmungen des Seins und des Wesens. Der Beitrag der objektiven Logik zur philosophisch-theologischen Forschung tritt aber vor allem in der Darlegung des Absoluten hervor, die in der der Wirklichkeit gewidmeten Abteilung enthalten ist, in der das Absolute zu seiner vollendeten Offenbarung und zu seinem Verständnis als absolute Notwendigkeit gelangt. Das dritte Kapitel (–) ist der philosophischen Theologie und dem absoluten Begriff, der logischen Totalität als Einheit von Sein und Denken, gewidmet. In diesem sehr detaillierten Teil untersucht Plevrakis die Gedankenschritte, die die Epistemologie des Begriffs nach den Momenten des Allgemeinen (–), des Besonderen (–) und des Einzelnen (–) auszeichnen. Der Autor behauptet letzten Endes, dass sich die in der Logik dargelegte philosophische Theologie nicht auf Entitäten stützt, sondern auf rein begriffliche Art ausschließlich nach Begriffen sucht. Deshalb gipfelt der begriffliche Grund jeder Theologie und Metaphysik in der Darlegung der eigenen Methode, also in der Darlegung, wie man begrifflich die rein logischen Begriffe der Absolutheit und die begriffliche Grundlage jeder Lehre von Gott erforscht. Diese Darlegung gestaltet sich demnach nicht wie eine Ontologie, sondern wie eine Epistemologie. Die epistemologische Metaphysik des Begriffs ist somit die primäre Angelegenheit einer philosophisch-theologischen Forschung. Der Schluss (–) bekräftigt diese These: Der absolute Begriff drückt das Ergebnis von Hegels rein logischer Erforschung der begrifflichen Grundlage jeder rational gegliederten Lehre von Gott aus. Demzufolge muss der Sinn einer philosophischen Theologie in der Logik gesucht werden, um darin eine nicht-systematische, sondern ausschließlich logisch-immanente Rechtfertigung zu finden. Anders ausgedrückt: Die Logik versucht nicht, das Dasein Gottes auf rein logische Art zu beweisen, sondern sie bietet eine im rein philosophischen Sinne philosophische Theologie, wobei sie Bestimmungen ans Tageslicht führt, die den Charakter der Absolutheit haben und die deshalb den logischen Kern jeder Theologie bilden. Aus diesem Grund entdeckt Plevrakis, unter Wiederaufnahme und Weiterführung einer Interpretation von Klaus Düsing, in der Logik drei Interpretationsebenen: Die erste ist eine unbefangene, rein logische Lesart, die alle logisch-philosophischen Bestimmungen zusammenhält, vom reinen Sein bis hin zum absoluten Geist; die zweite, die mit dem (unserer Meinung nach nicht besonders passenden Wort) ‚esoterisch‘ bezeichnet wird, legt die logischen Auffassungen der Absolutheit als Kern von Hegels philosophischer Theologie dar; und die dritte Ebene, die im Gegensatz zur vorigen als ‚exoterisch‘ bezeichnet wird, liefert den Stoff für die zahlreichen episodischen Abschnitte, die auch tabellarisch im Anhang (–) zusammengefasst sind und die metaphysischen Auffassungen des Absoluten und Gottes in Erinnerung rufen, welche in der Geschichte des Denkens aufeinandergefolgt sind und den von der unbefangenen Lesart ermittelten logischen Bestimmungen entsprechen. Plevrakis kann mit der Behauptung schließen, dass Hegels philosophische Theologie dank der Epistemologie jeden Pantheismus, Panentheismus und jede Ontologie überwindet (). Die rein logische Auffassung, die jeder Auffassung von Gott zugrunde liegt,

 Klaus Düsing, Aufhebung der Tradition im dialektischen Denken. Untersuchungen zu Hegels Logik, Ethik und Ästhetik (Paderborn, ).

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macht aus ihm kein fixes Seiendes, sondern bildet die Weise des begrifflichen Denkens. Deshalb liegt für Hegel einerseits die rein logische Auffassung der Absolutheit jeder Theologie zugrunde, während andererseits die Auffassung der Absolutheit mit dem absoluten Begriff endet. Der Begriff als solcher stellt also den metametaphysischen und überreligiösen Bezugspunkt für alle metaphysischen Systeme und für alle Religionen dar (). Als letztes stellen wir das Buch von Robert R. Williams vor, der eine unkonventionelle Interpretation des Verhältnisses Religion-Philosophie bietet. Korrekterweise müssen wir vorwegnehmen, dass sich dieser Beitrag vornehmlich an ein englischsprachiges Publikum wendet. In der Tat werden die hegelschen Werke, auf die der Autor seine Interpretation stützt (Wissenschaft der Logik, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, Vorlesungen über die Philosophie der Religion, Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes) fast ausschließlich nach englischen Übersetzungen zitiert, unter Ausnahme von einigen speziellen Verweisen auf die Wissenschaft der Logik in der Theorie-Werke-Ausgabe (TWA). Um zu verstehen, auf welche Quellen die nicht immer leicht verständlichen Abkürzungen verweisen, ist der Leser gezwungen, die Lektüre des Textes zu unterbrechen, um das Abkürzungsverzeichnis am Anfang des Buches einzusehen (XIII–XIV). Das Verständnis der komplexen Themen wird allerdings durch eine klare Darlegung erleichtert, die von den häufigen Wiederholungen der wichtigsten Thesen unterstützt wird. Die in diesem Buch vertretene Hauptthese will über die einfache Interpretation von Hegels Philosophie der Religion, die – und das muss sofort vorweggenommen werden – als ein Ausdruck des Theismus betrachtet wird, hinausgehen, um das gesamte spätere System miteinzubeziehen. In Anlehnung an einige Werke von Stanley Rosen behauptet Williams diesbezüglich, dass Hegel sowohl den Monismus eines Parmenides oder eines Spinoza als auch den platonisch-aristotelischen und kantischen Dualismus überwunden habe, dank einer besonderen Perspektive, die er mit der Bezeichnung ‚theologischer Trinitarismus‘ (Theological Trinitarianism) definiert. Um diese These zu beweisen, ist das Buch in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil (– ) ist den Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes gewidmet, die als Wiederaufnahme der Ontotheologie in Form eines philosophischen Trinitarismus aufgefasst werden, welcher die Einheit und den Unterschied von Begriff und Objektivität in der absoluten Idee auszudrücken vermag. Dieser erste Teil enthält drei Kapitel. Das erste Kapitel stellt Kants Kritik der Beweise vom Dasein Gottes ihrer Rehabilitation in der hegelschen Philosophie gegenüber, die sic et simpliciter als Ontotheologie interpretiert wird. Laut Williams sehe Hegel in Kant den Verantwortlichen für die kulturelle Situation, für die der Gipfel der Philosophie in der Negation der Kenntnis Gottes liege (). Seine Interpretation Kants wird jedoch nicht so sehr von einer analytischen Auseinandersetzung mit der jahrzehntelangen Reflexion Kants über das Verhältnis von Glaube, Religion und Theologie als vielmehr von der Wiederaufnahme von Norman Kemp Smiths Kommentar zur Transzendentalen Dialektik der Kritik der reinen Vernunft geführt. Das zweite Kapitel legt die Beweise vom Dasein Gottes als Weg der Erhebung des menschlichen Geistes zu Gott dar. Der Autor fährt mit seinem Vergleich zwischen der

 Stanley Rosen, Nihilism: A Philosophical Essay (New Haven, ); The Idea of Hegel’s ‘Science of Logic’ (Chicago, ).  Norman Kemp Smith, A Commentary to Kant’s Critique of pure Reason (London, ).

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kantischen und der hegelschen Philosophie fort und interpretiert diese Erhebung als Ersatz für Kants ‚Faktum der Vernunft‘ durch Hegels ‚Faktum der Religion‘. Dieses als Vermittlung zwischen göttlichem Geist und menschlichem Geist verstandene ‚Faktum‘ stützt sich auf die Beziehung Göttliches-Menschliches als Beziehung von Geist zu Geist. Auf diese Weise verwandelt Hegel das ‚Faktum der Religion‘ in ein ‚Faktum des Geistes‘ (). Im Kommentar zum §  der Enzyklopädie, in dem steht „Die Religion […] ist eben so sehr als vom Subjecte ausgehend und in demselben sich befindend als objectiv von dem absoluten Geiste ausgehend zu betrachten, der als Geist in seiner Gemeinde ist“ (GW : § ), meint Williams behaupten zu können, dass Hegel die Beweise vom Dasein Gottes in Form einer gemeinschaftlichen religiösen Praxis rehabilitiert, welche als Erhebung des subjektiven Geistes zum absoluten Geist oder zu Gott aufgefasst wird. Der gesamte erste Teil des Buches räumt den Vorlesungen über die Beweise vom Daseyn Gottes von , deren spekulativer Kern zu Recht auf den Begriff der absoluten Notwendigkeit zurückgeführt wird, viel Platz ein. Bezüglich dieses Begriffs schlägt der Autor jedoch eine Interpretation vor, die wir nicht teilen können und die das Ziel verfolgt, eine theistische Interpretation des hegelschen Systems zu stärken. Die absolute Notwendigkeit, die den spekulativen Kern der Vorlesungen bildet, ist nämlich für Williams nur ein dem wahren Unendlichen untergeordneter Ausdruck, der seiner Meinung nach ein solcher ist, weil er das Endliche nicht aufhebe, sondern bewahre. Hegel beweise nämlich, dass die Selbstaufhebung des Endlichen von der absoluten Notwendigkeit vermittelt wird. Im Wesentlichen behauptet der Autor, dass Hegel Gott mit der absoluten Notwendigkeit und mit dem wahren Unendlichen, das das Endliche bewahrt, identifiziere. Williams argumentiert, dass das Faktum der Religion, das als Faktum des Geistes verstanden wird, auf diese Weise den Übergang vom Endlichen zum Unendlichen rechtfertige (). Diese Interpretation werde von der These der Idealität des Endlichen bestätigt, die Williams erneut als Inhärenz des Endlichen im Unendlichen auffasst. Das wiederum führt den Autor zu dem Schluss, dass, da nur Gott wahre Aktualität ist, ich nur in Gott Wirklichkeit habe (). So kommen wir zum dritten Kapitel, in dem Williams beweisen will, dass der Begriff in seinen Bestimmungen des Allgemeinen, des Besonderen und des Einzelnen den Grund der Lehre vom philosophischen Trinitarismus bilde, und er glaubt, ausgehend von dieser Bestimmung der Einzelheit eine personalistische Auffassung der Göttlichkeit entdecken zu können. Diesem Thema ist der zweite Teil des Buches gewidmet, der ebenfalls in drei Kapitel gegliedert ist, die in dieser Reihenfolge die Begriffe der Persönlichkeit (personhood), der Gemeinschaft und der Persönlichkeit Gottes untersuchen. In scheinbarer Diskontinuität zum vorangehenden Teil definiert der Autor im vierten Kapitel die Begriffe von Person und Persönlichkeit nach der Darlegung des objektiven Geistes in den Grundlinien der Philosophie des Rechts. In Wirklichkeit lehnt sich der gesamte zweite Teil des Buches aber an den zuvor gezeichneten Weg an. Williams behauptet nämlich, dass Hegel den Begriff der Persönlichkeit, der Karl Ludwig Michelet zufolge die Kontinuität und die Beziehung zwischen Personen ausdrückt, mit dem dritten Moment der Logik des Begriffs identifiziere: der Einzelheit. Der Begriff, der der Auffassung von Person und Persönlichkeit, einschließlich der Persönlichkeit Gottes, zugrunde liege, als Aufhebung der Gegenüberstellung von dem in der Einzelheit abstrahierten Allgemeinen und Besonderen. Der Begriff der Persönlich-

 Karl Ludwig Michelet, Die Persönlichkeit Gottes und die Unsterblichkeit der Seele, oder die ewige Persönlichkeit des Geistes (Berlin, ).

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keit sei somit in der Lage, Endliches und Unendliches, menschliche und göttliche Persönlichkeit zusammenzuhalten. Dieser Aspekt wird im fünften Kapitel ausgearbeitet, das mit der These der Persönlichkeit der absoluten Idee schließt, die nicht Subjekt oder Person sei, sondern deren logisch-kategoriale Grundlage bilde. Auf diesen Seiten greift der Autor Argumentationen auf, die zum Teil schon in den vorigen Kapiteln dargelegt wurden, um das spezifische Thema der Persönlichkeit des Absoluten in der umfassenderen Kritik Hegels am Formalismus des abstrakt Allgemeinen einzuführen, ein Formalismus, der in seiner Interpretation die klassische platonisch-aristotelische Metaphysik mit der Philosophie Kants verbinde. Das ermöglicht ihm, die Hauptthese seiner Arbeit zu behaupten: Hegel sei kein Monist, sondern ein Trinitarist (trinitarian), er sei kein Philosoph des Subjektes, sondern ein Philosoph des Geistes (). Um diesen Punkt zu verdeutlichen, ruft Williams ausschlaggebende Aspekte von Hegels Philosophie des Geistes in Erinnerung, wie das Thema der Anerkennung, wobei er ohne eine angemessene Rechtfertigung Begriffe verbindet, die an unterschiedlichen Stellen in Hegels Werk erscheinen; so geht er von der Definition der Freiheit als bei sich im Anderen sein () über zum Ich, das Wir, und Wir, das Ich ist (ein mehrfach wiederholter Begriff, der als das konkret Allgemeine definiert wird; ) bis hin zu dem im Bereich des Rechts definierten Begriff der Person (GW : § ). Mit dem Bezug auf diese Begriffe will der Autor seine Interpretation der einschließenden und selbstverwirklichenden Natur der absoluten Idee bekräftigen, die dem philosophischen Trinitarismus zugrunde liege. Hegels philosophischer Trinitarismus stelle die Bedingung für die Verwirklichung eines sittlichen Lebens dar, das die gesellschaftliche mit der individuellen Ebene verbinden könne. ‚Hegels Mystizismus‘ drücke somit nicht das Unaussprechliche, sondern das konkret Spekulative aus, eine Art übersinnliches Reich, das Leben, Liebe, gegenseitige Anerkennung, sittliches Leben und Gott einschließe (), weil es für Hegel keinen unüberwindlichen Abgrund zwischen Endlichem und Unendlichem gebe, sondern eine freie Kommunikation zwischen Göttlichem und Menschlichem (). Das sei die Art, auf die Hegel dem Autor zufolge die Ontotheologie als Lehre des absoluten Geistes erneuern wolle. In Anbetracht des engen Rahmens einer Rezension ist es uns nicht möglich, die von Nadine Mooren, Ermylos Plevrakis und Robert R. Williams vorgetragenen Thesen eingehend zu diskutieren. Ihre Unterschiede in Methode und Perspektive sind offensichtlich, und noch offensichtlicher ist ihr Beitrag zur Debatte über die hegelsche Reflexion über Religion und Theologie und zur Diskussion über die Rolle und die Aufgabe, die die Philosophie heute noch mehr als in der Vergangenheit zu diesen Themen übernehmen kann. Aus dem Italienischen von Nina Meyer Francesca Menegoni Università degli Studi di Padova

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Andreja Novakovic. Hegel on Second Nature in Ethical Life. Cambridge: Cambridge University Press, .  S. In ihrer klaren und konzisen Monographie geht die Autorin der systematischen Frage nach dem Verhältnis des ethischen Lebens zwischen Habitus und Reflexion nach. Um dieses Verhältnis zu erläutern, greift sie auf das Konzept der zweiten Natur zurück und deutet diese als Prozess der Bildung reflektierter Gewohnheiten. Die systematische Frage nach dem Ort des Ethischen zwischen Gewohnheit und Reflexion hat dabei eine subjektive, das ist moralpsychologische Seite, die anhand der hegelschen Anthropologie in den Blick genommen wird. Daneben hat sie eine objektive, das ist im novakovicschen Rahmen eine bildungs- und kulturtheoretische Dimension, die mit der Phänomenologie des Geistes und der Rechtsphilosophie untersucht wird. Die zentrale systematische Frage ist also eine Verhältnisbestimmung, die in exegetischer Hinsicht auch so gefasst werden kann, dass sie nach dem Ort von Hegels praktischer Philosophie zwischen Aristoteles und Kant fragt. Die Monographie rezipiert dazu aktuelle postanalytische Interpretationen in der Intersektion zur Kritischen Theorie. Wichtige Stichwortgeber_innen sind Jaeggi, Neuhouser, Pinkard und Pippin. Die Monographie ist im besten Sinne selbstbezüglich, als sie neben der Sachfrage nach dem Verhältnis von Reflexion und Gewohnheit auch die konzeptuellen Potentiale der hegelschen praktischen Philosophie für Methode und Wissenschaftlichkeit Kritischer Theorie untersucht. Hegels Methode wird dabei aber weniger als immanente Kritik verstanden, sondern deren Nähe zu Quietismus und Kommunitarismus betont. Rekonstruktion des Arguments: Im ersten Kapitel wird der Grundbegriff der Gewohnheit in der moralpsychologischen Dimension der zweiten Natur entwickelt. Der exegetische Ort sind die anthropologischen Passagen der Enzyklopädie. Vier Momente scheinen dabei zentral. Gewohnheit und Reflexion werden erstens theoriegeschichtlich als die Gegensätze von Aristoteles und Kant eingeführt. Novakovic legt Hegels Lösung dieses Gegensatzes nun so aus, dass beide Momente wesentlich sind. Erziehung und Eingewöhnung schaffen im Subjekt Wünsche und das Interesse, das Richtige zu tun. Erst durch wiederholte, gewohnheitsmäßige Negation an der eigenen unmittelbaren Natur gelangen wir zu einem reflektierten Selbstverhältnis und u. U. zu einem freien Selbst. Habitualisierung ist damit eine notwendige Bedingung der Emanzipation. Eine tugendhafte Person kennt die eigenen Bedürfnisse und kann sie im Lichte des allgemein Richtigen reflektieren. Gegen Kant wird dabei zweitens betont, dass die ethische Motivation tugendhafter Menschen sich nicht aus der Reflexion auf Pflichten und Rechte ergibt, sondern aus der Sache selbst. Tugend ist eine Form praktischen Wissens einerseits von dem ethisch Richtigen als dem, das Motivation ist, zu tun, was zu tun ist, und andererseits dem Wissen von der Richtigkeit dieser Handlung selbst. Die Tugendhafte will das Richtige, die Realisierung der „Sache selbst“ (). Drittens betont Novakovic, dass Tugend als zweite Natur bedeutet, das Richtige im Sinne eines „whole-hearted commitments“ () zu tun. Der Tugendhaften ist die Motiviertheit durch die Sache selbst gewissermaßen in Fleisch und Blut übergangen. (Wer sich aus ethischen Gründen vegetarisch ernähren will, aber jedes Mal mit sich ringen muss, ist nicht tugendhaft, so Novakovics Beispiel). Viertens und abschließend weist die Autorin darauf hin, dass Gewohnheit die Gefahr der Mechanisierung enthält. Das ist sozusagen die Einsicht Kants, dass Reflexion Teil des Prozesses der Bildung subjektiver Gewohnheiten sein muss. Die Relevanz der Reflexion sollte aber nicht so verstanden werden, in jeder Gewohnheit nur bloßen Mechanismus zu sehen.

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Im zweiten Kapitel baut die Autorin diesen Aspekt aus, indem sie die objektive Seite ethischen Lebens untersucht. Sie will zeigen, dass es reflektierte Formen der Habitualisierung gibt, die die Gefahr der Mechanisierung bannen. Sie spricht von alltäglichen Formen der Reflexion. Grundbegriff hier ist die Idee der sozialen Teilnahme, die sich in zwei Teilthesen rekonstruieren lässt: Novakovic argumentiert für (a) die Interdependenz von Selbstkultivierung und sozialer Teilhabe im Sinne der Teilnahme am Prozess der gesellschaftlichen Entwicklung (). Die genaue und überzeugende Ausgestaltung dieser Wechselseitigkeit gelingt mit Blick auf den Abschnitt zur Bildung der Phänomenologie: Weil der subjektive Geist die Vermögen der Distanzierung von der eigenen Triebnatur hat und weil es alltägliche Praktiken der kollektiven Distanzierung gibt, ist Kultur eine gestaltbare und gestaltete Praxis und kein blinder Mechanismus. Wer in sozialer Bildung nur Abhärtung und Mechanisierung sieht, unterschätzt die Plastizität des Sozialen. Bildung ist wesentlich der Prozess habitualisierter Reflexion. „Being a participant in a living culture requires that one is actively contributing to it“ (). Reflexion ist Moment dieser Kontribution, denn selbst Kochen, Spielen und höhere normative Praktiken sind so gebildet, dass sie auf „reaffirmation“ und „recommitment“ gründen (). An Kultur teilzunehmen, heißt also, sich reflexiv zu ihrer Normativität zu verhalten. Diese These wird dann genutzt, um (b) Hegels Bildungstheorem in die Nähe des politischen Kommunitarismus zu bringen, der als Pluralismus weitergedacht wird. Kultur als durch Teilhabe gebildete soziale Praxis bietet den Teilhabenden die Möglichkeit zur Identifikation, ohne dass diese Identifikation als Homogenisierung verstanden werden muss. Das ist die Interpretationsfolie für die hegelsche Rechtsphilosophie. Dort erläutert die Ständelehre die Bedingung, dass Teilhabe an der Zivilgesellschaft als „transcultural practices“ () nicht mit der strikten Identifikation mit einer partikularen Praxis gleichgesetzt werden kann. Kultur ist im hegelschen Bild, so Novakovic, als eine Praxis zu deuten, in der Pluralismus (zu einem gewissen Grad) und Kommunikation nötig sind, um sie lebendig zu halten. Kultur als zweite Natur zu verstehen, bedeutet also, die partikulare soziale Rolle – die eigene Lebensform – zwar als wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Ganzen kontextualisieren zu können, aber als einen, der im gesellschaftlichen Ganzen konstitutiv auf andere Lebensformen verwiesen ist. Im dritten Kapitel wird die Sachfrage nach dem Verhältnis von Reflexion und Habitualisierung im Begriff der zweiten Natur dahingehend weitergeführt, dass nun gefragt wird, was kulturelle Reflexion von kritischer Reflexion unterscheidet: Während kulturelle Reflexion mit der Re-Affirmation der Normativität kompatibel ist, ist kritische Reflexion auf deren Revision orientiert. In der Monographie wird diese Sachfrage auf aufschlussreiche Weise mit der Frage nach dem Standpunkt der kritischen Reflexion selbst verbunden, indem gefragt wird, ob die Deutung hegelscher Methode als immanenter Kritik hermeneutisch überzeugen kann. Sie kann es aus Sicht der Autorin nicht, denn für Hegel stellen Kritik und Revision keine Werte an sich dar. Vielmehr sei es für Hegels praktische Philosophie entscheidend, Sozialkritik und Sozialphilosophie zu trennen. Sozialkritik ist auf die prospektive Revision normativer Praktiken bezogen, während Sozialphilosophie auf die retrospektive Interpretation des Sozialen in seiner Normativität abzielt (). Hegel warnt, so Novakovic, eindringlich davor, der Praxis der Kultur mit einem fundamentalen Skeptizismus zu begegnen. Da Kultur reflexiv ist, gibt es Richtiges im Sozialen. Diese hegelsche Hybris-Warnung vor einer Sozialkritik, die die Bedingungen der eigenen Praxis nicht mitreflektiert, sondern etwa das ‚Ganz-Andere‘ hypostasiert, ist für Novakovic keineswegs mit einer Apologie des Bestehenden gleichzusetzen. Nur weil es kulturelle Praktiken der Reflexion gibt, heißt das nicht, dass es nicht zu massiven „practical contra-

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dictions“ () der kulturellen Praxis kommen kann. Die Autorin untersucht Armut als einen solchen praktischen Widerspruch der modernen, kapitalistischen Reproduktion, die Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum durch arbeitende Teilnahme verspricht, aber aus strukturellen Gründen millionenfach dieses Versprechen bricht. Solche Widersprüche aufzuzeigen, sei die zentrale Aufgabe der Sozialphilosophie. Widersprüche zur Darstellung zu bringen, heißt, verborgene Strukturen aufzudecken. Sozialphilosophie ist aber deshalb noch nicht selbst Sozialkritik, sondern nur eine ihrer Ermöglichungsbedingungen. Philosophie nach Novakovics Hegel ist selbst keine Akteurin sozialen Wandels. Im vierten Kapitel schließlich wird die Frage nach Standpunkt und Methode praktischer Philosophie noch weiter von der Sachfrage gelöst und damit selbst Gegenstand der Reflexion. Hegels Philosophie wird als „form of quietism“ () gedeutet, weil Hegel nicht in revisionärer Absicht dem kulturell geformten objektiven Geist eine Abstraktion dazu entgegensetze, was ethisch richtig wäre, sondern die soziale Welt als Ausdruck der Reflexivität des Geistes anerkennt. Es sei Aufgabe der Philosophie, das Implizite explizit zu machen und damit eine Form von Versöhnung des Geistes mit sich zu erreichen, die das tatsächliche Versöhntsein mit der Praxis aufklärt (). Versöhnung meint hier also nicht, sich unkritisch auf die soziale Wirklichkeit zu beziehen, sondern in dem kritischen Bezug auch die wahren Momente der Kultur zu erkennen. Die Praxis der kulturellen Reflexion ist aber keineswegs frei von Widersprüchen. Wir erkennen uns als Freie in der gemeinsamen Kultur, wenn wir unsere Kultur als stete Aufgabe ihrer Weiterentwicklung anerkennen können und so ihre manifesten praktischen Widersprüche überwinden. In diesem Sinne wird der Doppelsatz von der Wirklichkeit des Vernünftigen, der Vernünftigkeit des Wirklichen interpretiert. In Hegels methodischer Trennung von begreifender Darstellung und Kritik (die Differenz von „critique […] and comprehension“; ) liegt selbst kritisches Potential, weil sie es erlaubt, den Kardinalfehler aller Kritik zu vermeiden, im Bestehenden nicht mehr das Wahre und Richtige erkennen zu können. Hegels praktische Philosophie ist also nicht kritisch in dem Sinne, selbst Sozialkritik zu sein, sondern sie ist kritisch, weil sie falsche Selbstkonzeptionen der Sozialkritik entlarvt. Nachfragen und Kritik: Das Buch von Novakovic entwickelt ein klares Argument, geht souverän und kenntnisreich mit aktueller Sekundärliteratur um und offeriert durch die Nähe zu Kant und Aristoteles einen überzeugenden, klassisch gelesenen Hegel. Die für die nach-hegelsche Diskussion so wichtigen Begriffe wie ‚Negativität‘, ‚Differenz‘ und der ‚Kampf um Anerkennung‘ finden zwar wenig bis keinen Raum, Hegels Klassizität wird dennoch sehr modern und offen interpretiert. Hegel auf diese Weise von seinen Vorläufern her zu deuten, wirft aus Sicht des Rezensenten viele Fragen auf, wovon zwei hier genannt werden. Das betrifft zum einen den Komplex von praktischen Widersprüchen, Reflexion und der Pluralität geistiger Kultur. Der hier präsentierte Philosophiebegriff Hegels wird ohne Diskussion im Sinne eines Überwindungsmodells sozialer Widersprüche verstanden, als sei es ausgemacht, dass für Hegel Wahrheit und Widersprüchlichkeit einander ausschlössen. Hier wäre eine detailliertere Diskussion der Passagen zur Reflexionsbestimmung des Widerspruchs in der Wissenschaft der Logik konstruktiv gewesen. Wer Hegel post-kantisch liest, läuft Gefahr, die Komplexität dieser Kategorie zu simplifizieren und hegelsche Dialektik zur Synthesisbildung zu verkürzen. Das hat Konsequenzen für die Idee, Hegel als einen Pluralisten zu lesen. Der Verweis auf eine offen interpretierte Ständelehre liefert aus Sicht des Rezensenten keine hinreichende textuelle Evidenz für diesen Gedanken. Wenn Pluralismus in einer Bejahung der Vielfalt der kulturellen Praktiken bestehen soll, sollten

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dann nicht Streit, Dissens und Kritik Momente geistiger Kultur sein? In Novakovics Bild erscheinen diese Momente eher als Probleme, als Hindernisse für eine letztlich doch harmonische Sittlichkeit, denn als Moment geistiger Lebendigkeit. Zugespitzt gefragt, wie viel Disharmonie verträgt der pluralistische Kommunitarismus im Sinne Hegels? Die zweite kritische Nachfrage betrifft die Gegenüberstellung von Kritik und Darstellung und die darauf gründende These, Hegels Methode sei keine immanente Kritik, weil Hegels Philosophie keine Sozialkritik sei. Hegel warnt zweifelsohne vor dem Problem theoretischer Hybris, daraus aber einen Quietismus zu machen, stellt einen weiteren Schritt dar. Die angeführten textuellen Belege scheinen dem Rezensenten dafür nicht hinreichend. Zumal der ‚Sitz im Leben‘ der Rechtsphilosophie keine Erwähnung findet. Die überaus komplexe Fragen nach der Politizität und der Rolle der Sozialkritik in Hegels Sozialphilosophie scheinen ohne diese Form der Quellenkritik nicht hinreichend beantwortbar. Es entstünde m. E. ein anderes Bild, wenn die methodischen und materialen Aussagen Hegels in den Kontext der Bedingungen des wissenschaftlichen Diskurses seinerzeit gesetzt würden. Mit Blick auf die methodischen Grundlagen, wie sie die Wissenschaft der Logik zeichnet, wäre zudem die Trennung von Kritik und Darstellung selbst zu befragen. Es muss Gegenstand weiterer Diskussion sein, ob Hegel Philosophie wirklich so versteht, dass sie keine Akteurin sozialen Wandels ist. Explikation des Impliziten ist klarerweise Teil philosophischen Geschäfts. Aber wäre es nicht auch zu überlegen, ob Philosophie im Sinne Hegels sozialkritisch ist, indem sie Begriffe und Kategorien neu deutet und so einen produktiven Beitrag zur kritischen Selbstverständigung des Geistes liefert? Die Monographie von Andreja Novakovic liefert insgesamt viele anregende Anstöße für eine Auseinandersetzung mit der praktischen Philosophie Hegels im Lichte aktueller Debatten. Tobias Wieland Freie Universität Berlin

Terry Pinkard. Does History Make Sense? Hegel on the Historical Shapes of Justice. Cambridge, MA/London: Harvard University Press, .  S. In dem Buch Does History Make Sense? unternimmt Terry Pinkard den Versuch, die Geschichtsphilosophie von Hegel noch einmal auf seine philosophischen Anschlussmöglichkeiten für gegenwärtige systematische Konzeptionen von Selbstbewusstsein und Sozialität zu untersuchen. Im Zentrum seiner Untersuchung steht dabei der Begriff sozialer Freiheit als konstitutive Bestimmung von Subjektivität. Die grundlegende These besteht darin, dass die Formbestimmung von Subjektivität selbst historisch bestimmt und sozial konstituiert ist. Für Pinkard heißt das, auch die rationalen Vermögen von Subjektivität müssen transformativ verstanden werden, nämlich so, dass sie sich nur aus der grundlegenden Einbettung in historisch entstandene Institutionen und soziale Praktiken be-

 Vgl. hierzu Karl-Heinz Ilting, Aufsätze über Hegel (Frankfurt a. M., ).  Vgl. hierzu die Diskussion von Fulda und Horstmann mit Theunissen über dessen Deutung der Logik:

Hans Friedrich Fulda, Rolf-Peter Horstmann und Michael Theunissen, Kritische Darstellung der Metaphysik: Eine Diskussion über Hegels Logik (Frankfurt a. M., ).

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schreiben lassen, in denen sich ihre Form bestimmt, die aber zugleich immer in Spannung zu den Grundbestimmungen von Subjektivität stehen. Subjektivität wird durch die Form des Selbstbewusstseins bestimmt. Ein selbstbewusstes Wesen zu sein, heißt, das Vermögen zu haben, Begriffe gebrauchen und Urteile vollziehen zu können. Im Vermögen, Begriffe zu gebrauchen und Urteile zu vollziehen, aktualisiert sich die Weise selbstbewusster Wesen, ihr Leben zu reproduzieren. Selbstbewusste Wesen sind in dieser Beschreibung diejenigen vernünftigen Tiere, die sich endliche Zwecke setzen können und instrumentelle Realisierungsformen dieser Zwecke zu etablieren vermögen. Als selbstbewusste Wesen können sie sich aber auch auf Zwecke hin ausrichten, die nicht in der Realisierung endlicher Zweckbestimmungen aufgehen. Solche Zwecke sind Zwecke anderer Art: unendliche Zwecke, in denen selbstbewusste Tiere sich auf das Gute zu richten vermögen. Als unendliche Zwecke verwirklichen sich diese Zwecke nicht in ihrer instrumentellen Realisierung, vielmehr eröffnen sie Handlungszusammenhänge und Praxisformen, die als Verwirklichung von Freiheit verstanden werden können. Auf das Gute richten sich selbstbewusste Wesen, wenn sie das, was es für selbstbewusste Wesen heißt, gut zu sein, verwirklichen. Was es heißt, gut zu sein, ist abhängig von sozialen Praktiken, in denen sich die Idee der Freiheit realisiert. Pinkard argumentiert, dass wir selbstbewusste Tiere nur dann verstehen können, wenn wir sie von der Formbestimmung unendlicher Zwecke her denken. Unendliche Zwecke sind Zwecke, die einerseits konstitutiv für rationale Handlungen von vernünftigen, selbstbewussten Tieren sind und andererseits die Grundstruktur von historischen Verlaufsformen institutioneller Praktiken bezeichnen. Beide Dimensionen, die subjektive, handlungstheoretische und die objektive, sozialtheoretische werden in der Argumentation von Pinkard miteinander in Verbindung gebracht. Um zu verstehen, wie sich endliche Zwecke in instrumentellen Handlungen und in historischen Institutionen sozialer Praxisformen verwirklichen, müssen wir verstehen, wie unendliche Zwecke diejenige Form sind, in der sich endliche Zwecke zu realisieren vermögen. Die Pointe des Buches besteht in einem Gedanken, der durch eine spannungsreiche Gegenbewegung gekennzeichnet ist. Zum einen stellt Pinkard einen systematischen Bezug zwischen Hegels Geschichtsphilosophie und seiner Logik her. Zum anderen detranszendentalisiert Pinkard aber die grundlegenden rationalen Vermögen von selbstbewussten Tieren, um sie radikal in ihrer historischen Einbettung und sozialen Formierung zu verorten. Wollen wir die interne Einheit von Selbstbewusstsein und Sozialität vor dem Hintergrund von Hegels Geschichtsphilosophie denken, müssen wir verstehen, wie sich die Logik des Begriffes und die Sozialphilosophie Hegels zueinander verhalten. Verklammert werden diese beiden Bewegungen durch einen Rückgriff auf den Neoaristotelismus, wie er von Michael Thompson in die gegenwärtige Diskussion eingebracht worden ist. Die Einheit von Selbstbewusstsein und Sozialität verwirklicht sich im Subjekt. Die interne Abhängigkeit von Selbstbewusstsein und Sozialität ist hierbei selbst das Ergebnis eines historischen Prozesses, den wir retroaktiv als einen Prozess der Befreiung des Subjektes und der Etablierung liberaler sozialer Institutionen verstehen können. Logik und Geschichtsphilosophie sind zwei unterschiedliche Unterfangen. Pinkard argumentiert aber, dass wir Hegels Geschichtsphilosophie erst richtig verstehen, wenn wir sie von den begrifflichen Grundbestimmungen der Logik her zu denken vermögen. Das kann aber nicht heißen, die historische Einbettung von sozialen Praktiken als die Anwendung von logischen Prinzipien nach einem Modell von allgemeiner Regel und seinen kontextsensitiven Anwendungen zu verstehen, sondern vielmehr schlägt Pinkard vor, Vernunft so zu denken, dass sie von innen

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her in ihrer historischen Realisationsform verstanden werden muss. Pinkards Grundformel in diesem Buch lautet ‚making sense of making sense‘. Mit dieser Formulierung soll ein Unterschied zwischen historisch bestimmten sozialen Praktiken und logischen Bestimmungen des Denkens gemacht werden. Es geht darum, dass einzelne Dinge für vernünftige Tiere Sinn machen, weil sie begrifflich angeeignet werden. Um aber darüber hinaus zu verstehen, wie die begriffliche Bezugnahme auf die begrifflich angeeignete Welt funktioniert, müssen wir die logischen Bestimmungen des Denkens artikulieren. Wir müssen verstehen, wie es Sinn macht, dass etwas für uns Sinn macht. Um das zu verstehen, müssen wir als vernünftige Tiere die logischen Bestimmungen des Begriffs explizit machen, indem wir die Form des Urteils und inferentielle Bezüge von Urteilen in den verschiedenen Formen des Schließens in ihrer logischen Grundform freilegen, um von hier aus den historisch bestimmten Sinn unserer Begriffe korrigieren oder transformieren zu können. Anders als andere Tiere sind vernünftige Tiere dazu in der Lage, Gründe als Gründe anzuführen, um ihre Handlungen zu rechtfertigen. Indem sie Gründe als Gründe anführen, führen sie Gründe einer bestimmten Art an, die sie in einer bestimmten Weise verwenden. Die Gründe, die vernünftige Tiere anführen, um ihre Handlungen zu rechtfertigen, erhalten ihre Bedeutung vor dem Hintergrund von sozialen Institutionen, von denen die Art von Gründen normativ vorstrukturiert wird, die vernünftige Tiere sinnvoll für die Rechtfertigung von bestimmten Handlungen angeben können. Gründe angeben zu können, ist dabei keine Fähigkeit, die vernünftige Tiere haben, sondern es ist die Weise, in denen sie sich auf sich als Gattung zu beziehen vermögen: Hierin sind sie die Idee in ihrer Verwirklichung (). Gründe als Gründe angeben zu können, ist ein Vermögen, das sich in der Form selbstbewusster Wesen verkörpert und in Abhängigkeit von sozialen Institutionen aktualisiert wird. Was für vernünftige Tiere als guter Grund zählt, ist abhängig von den sozial präformierten Möglichkeiten normativer Praktiken. Subjekt zu sein, heißt dann, objektive Zwecke sozialer Institutionen verwirklichen zu können. Was es heißt, einen guten Grund zu haben, ist konstitutiv abhängig von den sozialen Institutionen, durch die objektive Bestimmungen von normativen Gründen präformiert werden. Wenn Gründe als Gründe angeben zu können eine konstitutive Bedingung der Aktualisierung der Vernunft von vernünftigen Tieren ist und Gründe nur dann rechtfertigende Handlungsgründe sind, wenn sie auf Gründe verweisen, die von sozialen Institutionen normativ vorstrukturiert sind, dann heißt Gründe als Gründe zu geben, die historische Bedingtheit von Gründen anzuerkennen, die sich im intentionalen Horizont vernünftig handelnder Wesen verwirklichen und auf den objektiven Stand der erkämpften und errungenen Möglichkeiten von sozialen Institutionen verweisen. Die subjektive Aneignung von objektiven sozial vorstrukturierten Gründen im intentionalen Horizont von einzelnen Handlungen können dann als Verwirklichung von Freiheit verstanden werden, wenn sie die sozial erkämpften und errungenen Möglichkeiten der historischen Verwirklichung von Freiheit in sozialen Institutionen in der Formbestimmung von Subjektivität realisieren. In dieser Beschreibung wird klar, wie eng die handlungstheoretische und sozialtheoretische Dimension miteinander zusammenhängen, um die Einheit von Selbstbewusstsein und Sozialität als konstitutive Bestimmung von Subjektivität erklären zu können. Unklar bleibt aber, wie der Zusammenhang von handlungstheoretischer und institutioneller Dimension zu denken ist, wenn die Form des Sozialen selbst eine Form von Freiheit verwirklicht, die in ihrer Gestalt widersprüchlich ist, weil die Form von Freiheit materielle Unfreiheit produziert. Hier bleiben Pinkards Beschreibungen der Sittlichkeit im objektiven Geist zu vage, werden doch gerade die problematischen Übergänge von der Familie zur

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bürgerlichen Gesellschaft, von der bürgerlichen Gesellschaft zum politischen Staat und vom Staat zur Weltgeschichte nicht in ihren Widersprüchen beschrieben. Im Übergang von der Familie zur bürgerlichen Gesellschaft kommt es zu einem „Verlust der Sittlichkeit“ (GW ,: § ), wie es in den Grundlinien der Philosophie des Rechts heißt. Der Verlust der Sittlichkeit bezeichnet die Form, in der sich die Sittlichkeit moderner Gesellschaften verwirklicht. Die moderne Sittlichkeit verwirklicht sich nicht gegen ihren Verlust, sondern sie verwirklicht sich in ihrem Verlust: Sie ist ihr Verlust in ihrer Verwirklichung. Wenn sich die moderne Sittlichkeit nur in ihrem Verlust verwirklichen kann, dann ist auch die Form der Verwirklichung von Freiheit in modernen Gesellschaften problematisch, weil die Verwirklichung von Freiheit in der Form von Subjektivität Teilnahme an sozialen Praktiken voraussetzt und in der Teilnahme an sozialen Praktiken neue Formen von materialer Unfreiheit erarbeitet werden, die in der Entgegensetzung von bürgerlicher Gesellschaft und politischem Staat eine objektive Gestalt in der Form sozialer Praktiken gewinnen. In der Verwirklichung des Vermögens von Subjekten wird etwas hervorgebracht, was nicht die Form des Vermögens hat, ein Unvermögen im Vermögen. Das ist die Form, die der Widerspruch im Sozialen in der modernen Form von Subjektivität annimmt. Von hier aus ließe sich dann weiter fragen, inwiefern die Gestalten des absoluten Geistes eine interne Transformation der sozialen Praktiken des objektiven Geistes in seiner geschichtlichen Bestimmung leisten können. Terry Pinkards Entwurf weißt in die Richtung einer systematischen Aneignung Hegels, die aus einer genauen Lektüre seiner heute philosophisch weniger beachteten Texte erwächst und ihnen nicht entgegensteht. Das Buch zeigt auf, dass eine Reduktion auf die historischen Beschreibungen in Hegels Geschichtsphilosophie einerseits und ein Verständnis der Geschichtsphilosophie als bloßer Anwendung logischer Bestimmungen des Begriffes andererseits gleichermaßen verengte Lektüren darstellen, die es aufzuheben gilt, ohne einseitig über Momente des eurozentrischen Triumphalismus hinwegzugehen. Marcus Döller Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

Jeffrey Reid. The Anti-Romantic. Hegel against Ironic Romanticism. London: Bloomsbury, .  S. Fred Rush. Irony and Idealism. Rereading Schlegel, Hegel and Kierkegaard. Oxford: Oxford University Press, .  S. Hegels Auseinandersetzung mit der Romantik ist bekanntlich geprägt von großer Idiosynkrasie. Obgleich der frühe Hegel sich durchaus von romantischen Themen begeistert zeigt und er in seinen Studienjahren einen intensiven Austausch mit Schelling und Hölderlin pflegt, ist seine Haltung gegenüber dem romantischen Denken seit den Jenaer Systementwürfen zunehmend kritisch und schließlich gar feindlich gestimmt. Uneinig ist sich die Forschung dahingehend, ob die feindliche Haltung Hegels im Hinblick auf das vermeintlich gefühlslastige, erkenntnisarme Schwärmen und die übersteigerte Sehnsucht

 Zu dieser Deutung auch Christoph Menke, Kritik der Rechte (Berlin, ), –.

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der Romantiker durchaus berechtigt sei oder ob vielmehr die persönliche und inhaltliche Nähe Hegels zu den romantischen Positionen in seinen Jugendjahren entscheidenden Anteil an der erheblichen Ausschlagkraft der späteren Haltung besitze. Hegels Kritik der Romantik wäre dementsprechend eher zu verstehen, so hat es Otto Pöggeler formuliert, als „eine Abrechnung mit seiner eigenen Jugend“. Die in der Forschung schon seit Längerem registrierte zeitweilige Nähe Hegels zum Denken der Romantik hat nun aber nicht etwa, wie man erwarten könnte, zu einer versöhnenden Haltung auch der Forschungszweige untereinander geführt. Im Gegenteil gilt die Annahme einer gedanklichen Nähe oder gar einer Gleichursprünglichkeit von hegelscher ‚Systemstrenge‘ und romantischem ‚Pathos‘ weiterhin als Affront. Daher ist es durchaus erfreulich, wenn die Fäden dieser Forschungsdiskussionen wieder einmal aufgenommen und neu diskutiert werden. Es verwundert dabei nicht, dass dies weniger in deutschen Breitengraden geschieht (wo die beiden Lager noch immer streng voneinander geschieden sind und auf ihre strengen Grenzen beharren), sondern vor allem im angelsächsischen Sprachraum mutige Ansätze innerhalb dieser Diskussion hervortreten. Zwei Publikationen haben in diesem Zusammenhang in jüngerer Zeit auf sich aufmerksam gemacht: Zum einen Jeffrey Reids The Anti-Romantic. Hegel against Ironic Romanticism und zum anderen Fred Rushs Studie Irony and Idealism. Rereading Schlegel, Hegel and Kierkegaard. Beide Arbeiten stellen von vorneherein klar, dass erstens Friedrich Schlegel als der romantische Philosoph verstanden und zweitens dieser nicht etwa als ein gegenüber Hegel gleichwertiger Denker in Anschlag gebracht werden soll (und es lässt sich vorwegnehmen, dass Reid in weiten Teilen die Argumente Hegels erneut gegen Schlegel vorbringt). Dennoch, so behaupten beide Autoren, muss das romantische Denken in seiner Eigenständigkeit ernst genommen werden und überdies ist in dieser Eigenständigkeit noch ein Potenzial auszumachen, dem gegenwärtig eine besondere Relevanz zukommt (welche wiederum von Reid und Rush in unterschiedlicher Weise beurteilt wird). Die methodische Vorgehensweise Jeffrey Reids erinnert derweil stark an Otto Pöggelers einschlägiges Werk aus dem Jahr  und nennt eine ähnlich lautende und klassische anmutende Fragestellung: „[H]ow does Hegel understand the Early Romantic movement and its main protagonists?“ (). In Abgrenzung zu Pöggeler wird jedoch vorgebracht, dass dessen Studie „several theoretical drawbacks“ () erfahren habe und theoretisch recht einseitig auf das Thema der Subjektivität setze (womit die bekannte Formel ‚Subjektivität ist Substanz‘ adressiert ist). Weiterhin sieht Reid eine Schwäche in Pöggelers Studie darin, dass Hegel und die Romantiker unter dem gemeinsamen Epochenbegriff der Goethezeit verhandelt, wodurch die radikale Opposition beider Denkrichtungen unterschlagen werde. Dieser Einwand verwundert durchaus, denn das weite Spektrum, das Pöggeler für die Goethezeit tatsächlich eröffnet, ermöglicht es ihm ja gerade, die Vielfältigkeit und Divergenz der romantischen Positionen (zu denen bei ihm u. a. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Karl Wilhelm Ferdinand Solger, aber auch Franz von Baader und Joseph von Gö rres zählen) aufzuzeigen, auf die sich wiederum auch die hegelsche Kritik bezieht. Der ‚romantische Geist‘ ist bei Hegel eben weniger nur auf die beiden Köpfe Novalis und Schlegel reduzibel, wie es in heutigen Diskussionen mitunter den Anschein hat, sondern seine Kritik macht sich an durchaus unterschiedlichen Positionen fest, die dann erst später als einheitliche, romantische rubriziert wurden. Reids Anliegen ist denn auch weniger eine

 Otto Pöggeler, Hegels Kritik der Romantik (München, ), .

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Revision der bisherigen Standpunkte der Forschung bezüglich Hegels Romantikkritik, als dass er mit seiner Arbeit versucht, meist implizit gegenwärtige Positionen zu adressieren, die nolens volens die romantischen (Denk‐)Fehler erneut begehen. Reid verhandelt in seiner Arbeit nacheinander die hegelsche Kritik an den Positionen Schlegels, Novalis’ und Schleiermachers, wobei die Auseinandersetzung mit dem Denken des Erstgenannten am ausführlichsten ausfällt. Schleiermacher wird gar nur als eine (religiös übersteigerte) Vermengung („a kind of monstrous hybrid“, ) der beiden Positionen Schlegels und Novalis’ verstanden. Das vorherrschende Thema, bei dem sich Reids ReLektüre von Hegels Schlegel-Lektüre aufhält, ist, wenig überraschend, das der Ironie. Romantische Ironie ist bei Reid als eine Erscheinungsform substanzloser Subjektivität verstanden, die sich in ihrem bloßen Selbstgenuss gefällt und damit droht, blinder Eitelkeit zu verfallen. Neuartig an dem Ansatz Reids ist die Adressierung des wissenschaftlichen Diskurses. Ironie unterläuft nämlich, so Reids Argument, die Objektivität des hegelschen Wissenschaftsverständnisses und ihrer Sprache: „However, fixed at the level of ironical discourse, judgement constitutes a divisive force that works as a fixation or blockage within the organic whole, fragmenting true objectivity into an infinite number of individual things (Dinge), simple signs presenting themselves for subjective determination. The language of irony engenders a world radically opposed to the one embodied by the real words of Hegelian Science” (). Es fehlt hierbei derweil der Nachweis im Denken Schlegels, um in überzeugender Weise die Romantik für eine solche wissenschaftsfeindliche Haltung verantwortlich machen zu können. Gleichwohl scheint Reid weniger an den tatsächlichen romantischen Positionen gelegen, als dass er im Wortlaut Hegels gegenwärtige Tendenzen im wissenschaftlichen Diskurs anzufechten versucht (unklar bleibt jedoch, warum dieser Umweg dann überhaupt eingeschlagen wird). Die beiden folgenden Kapitel, in denen Novalis und Schleiermacher Gegenstand sind, besitzen eine mit dem Schlegel-Kapitel formal ähnliche Struktur. Dabei folgt die Kritik an Novalis am textgetreuesten den Ausführungen Hegels. Die im Moralitätskapitel der Phänomenologie des Geistes (GW :  ff.) ausformulierte Kritik an der schönen Seele und ihrer Neigung zum Bösen (Reid spricht gar von „barbarities“, ) wird ausführlich rekonstruiert. Auf die enzyklopädischen Arbeiten von Novalis geht Reid indes nicht ein, dabei wäre hieran die oben genannte Kritik am wissenschaftlichen Diskurs zu überprüfen gewesen. Reid beabsichtigt hingegen vielmehr, in den rekonstruierten ‚antiromantischen‘ Standpunkten Hegels gültige Hinweise für eine Kritik gegenwärtiger, postmoderner Tendenzen auszumachen: „When Hegel comprehends Schlegel’s declarations as representing individual selfhood in its vain claim to a universal criticism, when Novalis’s yearning unto death is understood as the expression of a profound nihilism, and when Schleiermacher’s religion of feeling is seen as the result of the first two ‚presuppositions of our time‘, Hegel’s critique displays a degree of justice. In other words, if we want to find, in these thinkers, three aspects of postmodernity, Hegel’s interpretation seems justified” (). Es stellt sich die Frage, welche Positionen der Postmoderne hiermit denn genau adressiert sind. Reid scheint diesbezüglich weniger eindeutige Positionen des ‚postmodernen Denkens‘ (namentlich tauchen einzig an einer Stelle in den Endnoten Jean Baudrillard, Gilles Lepovetsky und Jean-François Lyotard auf; ), sondern vielmehr allgemeine Verfallstendenzen des Zeitgeistes zu adressieren. Hierbei wiederum sind der Unheilsbringer nicht gerade wenige, so werden u. a. genannt die „consumer society and the culture of personal satisfaction“, „culture of information technology“ bis hin zu „drugs, crime and violence“ (). Für all das will Reid (im Text unmittelbar anschließend) den Jenenser Kreis der Frühromantik

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verantwortlich machen: „These social traits of our own world presuppose the aspects of empiricism, skepticism, and sentimentalism that Hegel discovers in the individual expressions of Schlegel, Novalis and, ultimately, Schleiermacher“(). Weitaus differenzierter (und dabei in nicht geringerer Weise kontrovers) zeigt sich das Buch von Fred Rush, das zugleich auf einen breiteren historischen Kontext hin angelegt ist. So ist Rushs Anliegen nicht nur eine Darstellung der Ironiekonzeption der Romantik und der daran von Hegel formulierten Kritik, sondern es wird in einem weiteren Schritt gar noch die Auffassung Kierkegaards zu diesen Positionen in Stellung gebracht. Rushs Arbeit zeigt sich damit, sowohl im Hinblick auf die darin unternommenen historischen Schritte als auch auf die argumentativen Anstrengungen, als überaus ambitioniertes Projekt. Rush leistet aber nicht nur, wie man erwarten könnte, eine begriffliche und historische Rekonstruktion, sondern schafft es auch, jenseits der ausgetretenen Pfade der Forschung die aktuelle Relevanz des romantischen Ironie-Verständnisses aufzuzeigen. Rushs Argumentation lässt sich in drei Schritte zusammenfassen: Erstens unternimmt es der Autor, beim Romantiker Schlegel ein, wenn auch nur implizit angelegtes, so doch grundlegendes, regulatives Prinzip auszumachen, dass er als „regulative romanticism“ () bezeichnet. Zweitens versucht Rush darzulegen, dass die (mit dem regulativen Prinzip in engem Zusammenhang stehende) schlegelsche Dialektik gegenüber der hegelschen als die letztlich konsequentere zu verstehen sei. Denn anders als Hegel verzichte Schlegel in seinem dialektischen Denken auf eine ‚Schließung‘ des eigenen Systems. Schließlich und drittens wird in Kierkegaard eine Art versöhnlichere und ‚reife‘ Ironie registriert („controlled irony“) (), die auch für die Gegenwart noch von Belang sein soll. Rush führt seine Argumentation mit großer Sachkenntnis und in aller Ausführlichkeit aus, weshalb seine Studie sich auch abseits seiner spannungsreichen Thesen als eine informative Begriffsgeschichte der Ironie lesen lässt. Wobei ihn das Phänomen der Ironie (in all seinen literarischen und künstlerischen Anwendungsfällen) weniger interessiert, als deren erkenntniskonstitutive Kraft, was zunächst einmal nicht selbstverständlich ist. Diesbezüglich präferiert Rush im Übrigen das Denken Schlegels gegenüber dem des Novalis. Letzterer tritt in der Studie allein vor dem Hintergrund seiner Selbstbewusstseinstheorie in Erscheinung, und ihm wird erneut das Klischee des Dichterphilosophen angelastet („The rest, Novalis holds, is left to art, and to the art of poetry in particular“; ). Ähnlich der Arbeit Reids wird das naturwissenschaftliche und naturphilosophische Werk von Novalis nicht eigens betrachtet und die innovative Kraft Rushs beschränkt sich in Bezug auf die Jenaer Romantik allein auf Schlegel. Es werden zunächst die bekannten Konzepte des Wechselerweises und der Ironie in den Schriften Schlegels erläutert, anschließend unternimmt Rush eine Auslegung der schlegelschen Theorie im Hinblick auf eine dieser inhärenten „global regulative reason and its relation to imagination“ (). ‚Ironischer‘ Weise trifft sich diese Interpretation erneut mit dem, von Reid so scharf kritisierten, ‚postmodernen‘ Denken. Denn die Schlegel unterstellte Form des Pragmatismus () erinnert mitunter an die Theorie Richard Rortys, bei dem Ironie ja ebenfalls als legitimer Kommunikationsmodus begrüßt wird, so lange sie die Grenzen des privaten Diskurses nicht überschreitet. Bemerkenswert an dem Ansatz Rushs ist fürderhin, dass er Schlegels philosophischen Ausgangs- oder Emergenzpunkt weniger in der fichteschen Bewusstseinsphilosophie verortet, sondern stattdessen in den, für Schlegel unüberwundenen, Aporien Kants: „Schlegel’s claim gains in philosophical punch when one tightens the domain of discourse.

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Kant, neo-Kantians, and idealists following Kant hold that there are constitutive principles that govern what can count as possible experience, although they differ greatly on what such principles are, how they are to be derived, and whether they commit one to absolutely transcendent orders of being. Schlegel may be taken to deny that there are any such acrossthe-board constitutive principles governing experience” (). Daraus resultiert, Rushs Lesart zufolge, ein eigenständiger, romantischer Pragmatismus, der jedoch kaum an konkreten Passagen Schlegels festgemacht wird, sondern sich stets in einiger Distanz zum Text bewegt. Rush gelingt es dabei, nicht nur die ästhetische Dimension des Denkens Schlegels überhaupt zu registrieren, sondern sie auch im Zusammenhang mit dem theoretischen Werk zu bestimmen. Aus der negativen Konzeption des Absoluten bei Schlegel, so Rushs Argument, folgt die Relevanz eines poetischen, ironischen und intersubjektiven Diskurses: „[P]oetry makes the abscence of presence a presence of absence“ (). Mittels (romantischironischer) Dichtung also lässt sich über das fehlende Absolute überhaupt erst in angemessener Weise kommunizieren. Auch wenn sich dieses Argument sicherlich noch stärker und grundsätzlicher formulieren ließe, ist insbesondere die Akzentuierung des Ästhetischen innerhalb der Philosophie Schlegels (und zwar nicht nur als begriffsfauler Ausweg oder überschüssige Spielerei, sondern als erkenntniskonstitutives Prinzip) für ein adäquates Verständnis der Ironie ein wichtiger Hinweis. Vor diesem Hintergrund fällt die Bewertung der hegelschen Kritik an Schlegel bei Rush auch durchaus ungünstiger aus als bei Reid. Es gehört zu den mutigen Schritten in Rushs Studie, dass sie sich so engagiert auf die sonst meist als hoffnungslos angesehene Seite der Romantik schlägt. Und dieser Mut zahlt sich aus, denn Rush kann überzeugend darlegen, inwiefern das romantische Denken durchaus den Anspruch erheben darf, als die ‚modernere‘ Variante gegenüber Hegel zu gelten. So kommt die Irreduzibilität individueller Subjektivität allein im Diskurs der Romantik zu ihrem vollen Recht, während sie sich bei Hegel mitunter dem objektiven Geist zu fügen hat: „Idealism is not in the business of the elimination of subjectivity of course, but it does tend toward something like reduction of it in favor of a third-person perspective on thought and oneself“ (). Rush gibt des Weiteren einen ausführlichen Kommentar zur Romantikkritik in der Phänomenologie des Geistes. Hegels Kritik der romantischen Ironie erscheint bei Rush derweil in neuem Licht: „Hegel’s critique of irony presents itself superficially as diffuse and ad hoc, a mixture of personal animus and an overly simplistic form of the charge that irony cannot constitute a form of critique because it is self-stultifying” (). Als dialektische Methode hat die Romantik gegenüber Hegel gar noch den Vorzug, dass sie zu keiner Positivität durchdringt und stattdessen darauf angelegt ist, die internen Spannungen auszuhalten: „[I]t has to do with achieving multiple points of balance between thinking of something as actual and thinking of it as qualified by what is possible“ (). Der letzte Denker, den Rush in seinen Reflexionen über die Ironie verhandelt, ist Søren Kierkegaard, der wiederum für einen ‚versöhnlicheren‘ und ‚gereiften‘ Ironie-Ansatz einsteht: „Irony is ‚controlled‘ or ‚mastered‘ to the extent that it is pressed into service and guided by ethical dictates“ (). Kierkegaard erreicht eine Überschreitung der bloß ästhetischen Dimension der Ironie, die bei Schlegel vorherrschend ist, er insistiert zugleich aber auch auf der Ironie als lebenspraktischer Haltung, die nicht hinter die von Hegel erreichten Schritte einer Philosophie des Absoluten zurückfällt: „Irony (and other such routines) are thus supposed to produce a kind of balance in life, but not one that eliminates the tension of the relation of the absolute to conditioned subjectivity“ (). Rush registriert in dieser Ironie-Auffassung auch für gegenwärtige Debatten ein Potenzial, und zwar

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eben aufgrund der ihr inhärenten ‚Verweigerungshaltung‘. Eine solche, ethisch gewendete Ironie besitzt demnach den Vorzug, dass sie sich nicht ins Positive ‚verkehren‘ lässt, sondern hierin gar eine Differenz zu den üblichen Erscheinungsformen der Ironie verzeichnet. Ironie besitzt qua ihrer vermeintlich ‚nutzlosen‘ Natur eine ideologieresistente Kraft. Und sie ist daneben nicht etwa nur als negativ oder gar nihilistisch zu verstehen, sondern vermag, richtig angewendet, neue Denkräume zu erschließen (). Rushs wertvolle Analyse erreicht damit eine Neujustierung der romantischen Ironiekonzeption, der hier eine ungeahnt kritische Funktion zukommt. Auch wenn konkrete Textbelege und der Nachvollzug der behaupteten Aspekte des Ironischen auch in den poetischen Schriften bei Schlegel und im Jenaer Kreis der Studie eine wichtige Stütze gewesen wären, sind die Denkanstöße wertvolle Hinweise für eine Aktualisierung der Philosophie der Romantik. Philipp Weber Ruhr-Universität Bochum

Johannes-Georg Schülein. Metaphysik und ihre Kritik bei Hegel und Derrida. Hegel-Studien Beiheft . Hamburg: Meiner, .  S. Es ist bekannt, dass Jacques Derrida Hegel als einen der radikalsten Vertreter jener Metaphysik der Präsenz beschrieben hat, die es zu dekonstruieren gilt, und zugleich zugestanden hat, dass Hegel wie kein anderer eben jene Irreduzibilität der Differenz gedacht hat, die Derrida durch die Dekonstruktion der metaphysischen Tradition zur Geltung bringen will. Derridas Verhältnis zu Hegel kann also gar nicht anders als kompliziert sein. Es ist voller innerer Spannungen, die dringend nach näherer Klärung verlangen, die die Literatur zu Derrida bisher aber meist nur punktuell geliefert hat. Auf eine grundlegende und umfassende Klärung zielt nun Johannes-Georg Schüleins Studie zu Metaphysik und ihrer Kritik bei Hegel und Derrida. Anders als der Titel vielleicht vermuten lässt, verfährt die Studie dabei nicht so, dass sie Hegels und Derridas Metaphysikverständnis und -kritik gleichberechtigt nebeneinanderlegt, um dann das Verhältnis beider zu klären. Die Studie folgt vielmehr zunächst Derridas Verständnis von Metaphysik und ihrer Kritik, zeigt, inwiefern Hegel zur Zielscheibe dieser Kritik wird, um dann zu prüfen, wie berechtigt dies angesichts von Hegels eigener Metaphysikkritik eigentlich ist. Es ist lange her, dass sich ein Autor mit ähnlicher Geduld und Genauigkeit darauf eingelassen hat, im Einzelnen nachzuvollziehen, was Metaphysik und ihre Kritik beim frühen Derrida bedeuten mag, worin die doppelte Schließung (clôture) der Metaphysik eigentlich besteht und was aus Derridas metaphysikkritischem Programm für sein Verhältnis zu Hegel folgt. Nachdem Schülein im zweiten Kapitel seiner Studie anhand von Derridas Die Stimme und das Phänomen exemplarisch vorgeführt hat, worauf die Dekonstruktion einer Metaphysik der Präsenz zielt und wie sie verfährt, kommt er im dritten und vierten Kapitel zu seinem eigentlichen Gegenstand: Anhand von „Der Schacht und die Pyramide“ (Kapitel ), von verschiedenen differenztheoretischen Schriften Derridas (Kapitel .) sowie schließlich von Glas (Kapitel .) untersucht Schülein in drei vertiefenden Schritten, inwieweit es Derrida gelungen ist, Hegel als einen Fall von Präsenzmetaphysik auszuweisen und zu dekonstruieren. Schüleins bereits in der Einleitung freimütig einbe-

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kannte These ist, dass es Derrida entgegen dem eigenem Anspruch in keinem der drei Fälle gelungen ist, Hegel immanent zu dekonstruieren: Im Fall von „Der Schacht und die Pyramide“ (Kapitel ) führe Derrida bestenfalls einen selektiven Ausschnitt aus Hegels Philosophie als Metaphysik der Präsenz vor, dekonstruiere diese aber nicht im eigentlichen Sinne, da Hegels Metaphysik nicht als sich selbst unterlaufend ausgewiesen werde. Schlimmer noch, selbst der begrenzte Versuch, Hegel anhand seiner Theorie des Zeichens als Präsenzmetaphysiker auszuweisen, schlage fehl, da er an Hegels eigentlich maßgeblichem Sprachverständnis vorbeigehe, das in der von Schülein äußerst instruktiv rekonstruierten Urteils- und Schlusstheorie Hegels (Kapitel .., .) zum Ausdruck kommen soll. Schülein sieht sich in seinem Urteil dadurch bestätigt, dass Derrida in verschiedenen differenztheoretischen Schriften (Kapitel .) selbst bereits ein komplexeres Bild Hegels zeichnet und diesen nicht einfach als einen prototypischen Metaphysiker der Präsenz bestimmt, sondern zugleich als einen Denker der Irreduzibilität der Differenz. Während Hegel im Denken des absoluten Unterschieds dem Denken der différance, wie Derrida betont, so nahe wie kein anderer gekommen ist, hat er diesen Gedanken dann allerdings in der Fortbestimmung des Unterschieds zum Widerspruch zugleich wieder preisgegeben. Obwohl Schülein dieser Analyse mehr Tragweite zutraut als der Kritik von Hegels Semiologie, kommt er auch hier zum Schluss, dass Hegels Philosophie letztlich undekonstruiert aus dem Streit hervorgeht, da die Fortentwicklung von Unterschied zu Widerspruch bei Hegel in sich logisch völlig schlüssig () sei. In Glas (Kapitel .) schließlich kommt Derrida dann der Form nach einer dekonstruktiven Analyse am nächsten, da er mit dem singulären Anerkennungsverhältnis von Bruder und Schwester ein Element in Hegels System zu identifizieren versucht, das das System im Ganzen infrage stellen soll. Derrida scheitert aber nach Schülein erneut daran, die systemzersetzende Kraft der von ihm identifizierten Figur nachzuweisen; statt Hegel zu dekonstruieren, hat er nur ein untypisches Element im hegelschen System aufgewiesen. Anstelle einer immanenten Dekonstruktion bleibe Derrida dann nur noch, Hegel durch ein konfrontatives Verfahren äußerlich infrage zu stellen. Für Derridas eigene Theorieentwicklung soll das Scheitern an Hegel zwar in gewissem Sinne einen Fortschritt bedeutet haben, da er im Zuge dieser Auseinandersetzung das vereinfachende Schema von der einen Metaphysik der Präsenz aufgegeben und sich in der weiteren eigenen Theorieentwicklung der wirklichen Welt zugewendet habe (). Um ein Scheitern handelt es sich aber zweifellos: Derrida gelingt es nicht, jenem Denker, der dem dekonstruktiven Denken der Differenz am nächsten kommt, es dann aber nach Derridas Einschätzung wieder aufhebt, mit den eigenen Mitteln der Dekonstruktion beizukommen. So vorurteilsfrei sich Schüleins Darstellung auf Derridas Programm einlässt, so ernüchternd fällt also die Bilanz für die Dekonstruktion letztlich aus: Hegel geht aus der Auseinandersetzung undekonstruiert hervor, Schülein meint sogar: Er erweise sich als ‚undekonstruierbar‘ (, ). Dass das Scheitern der Dekonstruktion zugleich als ihre Hinwendung zur Welt dargestellt wird, ist gewiss freundlich gemeint, lässt das ursprünglich verfolgte Programm aber nicht gerade in gutem Licht erscheinen. Lässt sich Derridas Auseinandersetzung mit Hegel auch produktiver deuten? Ich denke, dass Schülein trotz seiner ernüchternden eigenen Schlussfolgerungen die Quellen für eine andere Deutung bereits enthält.

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() An der Rekonstruktion von Derridas Verständnis der Metaphysik der Präsenz ist zunächst ein Moment hervorzuheben, dass Schülein deutlich macht, ohne es eigens zu betonen. Wenn Derrida von ‚Metaphysik der Präsenz‘ spricht, dann bezieht er sich auf eine bestimmte Ökonomie des Sinns, die sowohl objektivistisch wie subjektivistisch ausgeführt werden, sowohl in intuitionistischen als auch in rationalistischen Varianten vorkommen kann. Metaphysik der Präsenz bezieht sich in Derridas Gebrauch auf einen absoluten Wert der Gegenwart, der sich sowohl in der Orientierung an der Gegenwärtigkeit der Gegenstände als auch an der Selbstgegenwart des Subjekts zeigen soll: Metaphysik der Präsenz bezieht sich auf die Bestimmung des Seins als „Nähe des Seienden vor dem Blick“ (), als „Gegenwärtigkeit des Gegenstandes“ (), als „Präsenz in Gestalt des Objekts“ () einerseits, wie auf die Vorstellung von Präsenz als „Selbstbewusstsein“ (), als „Selbstgegenwart“ (), als „Selbstpräsenz“ () andererseits. Diese Voreinstellung macht allererst verständlich, wie Derrida glauben kann, dass die Formation der Metaphysik der Präsenz eine derartige Spannweite besitzt, dass sie antike wie moderne Metaphysiken von Platon bis Husserl betrifft. Zugleich wird durch diese Fassung von Metaphysik die Aufmerksamkeit auf eine andere Frage verlagert als jene, die die moderne Debatte um die Metaphysik und ihre -kritik bis heute entscheidend bestimmt: Derridas Frage ist nicht vorrangig die nach der Einheit oder der Kluft von Denken und Sein, sondern die eigentümliche Frage nach der inneren Ökonomie des Sinns, die sich auf beiden Seiten dieses Verhältnisses niederschlagen kann. Derridas Beiträge liegen daher quer zu sehr vielen zeitgenössischen Debatten in der Epistemologie und Metaphysik, was zu häufigen Fehlverbuchungen führt – etwa derjenigen, Derrida sei Anti-Realist oder Konstruktivist. Dass es nichts außerhalb des Textes gibt, heißt nicht, dass die sogenannte Realität ein Konstrukt des Diskurses ist, sondern dass nichts – weder im Sein noch im Denken – der Ökonomie der différance – dem, was Derrida auch ‚Text‘ nennt – enthoben ist. Wenn Derrida einen Vorbehalt gegen Hegels metaphysisches Selbstverständnis hat, dann bezieht sich dieser nicht so sehr auf die in Hegels Logik unmissverständlich unterstrichene Einheit von Sein und Denken. Der Dissens betrifft vielmehr die Ökonomie des Sinns in Sein wie Denken. Derrida teilt mit Hegel die Vorstellung, dass Metaphysik wenn überhaupt, dann nur sinnvoll als Logik ausgeführt werden kann. Er will aber der beschränkten Ökonomie der Metaphysik, die in Hegels Logik aus Derridas Perspektive ihre machtvollste, weil am wenigsten beschränkte, dynamischste und in sich differenteste Form gefunden hat, eine Graphik () gegenüberstellen, die es erlauben soll, dem Verhältnis von Philosophie und ihrem Anderen, von System der Intelligibilität und unassimilierbaren Rest auf noch weitreichendere Weise Rechnung zu tragen. () Schüleins kritische Analyse von „Der Schacht und die Pyramide“ kommt zu dem negativen Befund, dass Derrida Hegel nicht immanent dekonstruiert, da er seine Semiologie allein als Beispiel von Präsenzmetaphysik vorführt, ohne zu zeigen, wie Hegels Semiologie diese Metaphysik selbst unterläuft. Mehr noch: Derrida gehe dabei an Hegels eigentlichem Sprachverständnis vorbei. In dessen Urteils- und Schlusstheorie zeige sich

 Mir scheint, mit anderen Worten, dass Derridas Bataille-Lektüre der entscheidende Referenztext für die Klärung von Derridas Verhältnis zu Hegel darstellt: Jacques Derrida, „Von der beschränkten zur allgemeinen Ökonomie. Ein rückhaltloser Hegelianismus“, in: Die Schrift und die Differenz (Frankfurt a. M., ), –.  Schülein geht dabei allerdings nicht auf Derridas spätere Arbeit Mémoires. Für Paul de Man ein (. Aufl., Wien, ), in der Derrida genau darauf zu zielen scheint: aufzuweisen, inwiefern die wesentliche Rolle des mechanischen Gedächtnisses bei Hegel seine Konzeption von Er-Innerung selbst infrage stellt.

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nämlich, dass Hegel die Sprache gar nicht phonozentrisch als durchsichtiges Medium der Selbstpräsenz verstanden habe, sondern vielmehr als intransparent analysiert hat. So interessant Schüleins Rekonstruktion von Hegels Urteils- und Schlusstheorie für sich betrachtet ist und so bemerkenswert der von ihm herausgestellte Konnex von Urteils- und Metaphysikkritik bei Hegel ist, so scheint mir dennoch fraglich, ob Schülein ihre Bedeutung im Verhältnis zu Derridas Kritik richtig einordnet. Wenn Derridas Vorwurf allein wäre, dass Hegel die Sprache als transparentes Medium verstanden habe, dann würde Schüleins Rekonstruktion einen schlagenden Einwand gegen Derrida enthalten. Mit dem Vorwurf des Phonozentrismus zielt Derrida aber darauf, an symptomatischen Stellen – etwa in Hegels Abwertung von bestimmten Typen von Schrift und im Lob der lebendigen Stimme – eine Verpflichtung auf eine bestimmte präsenzfixierte Ökonomie des Sinns aufzuweisen. Dass Hegel in seiner Urteils- und Schlusstheorie gar nicht nahelegt, dass die Sprache selbst diesem Ideal der Präsenz gerecht wird, sagt noch nichts darüber, inwiefern dieses Ideal die Ökonomie seines Diskurses an dieser Stelle weiter beherrscht. In dieser Hinsicht ist nach Schüleins Darstellung eigentlich noch offen, wie man Hegels Sprachkritik einordnen muss: Schülein zieht in seiner Darstellung den Begriff und seine sprachliche Darstellung explizit so auseinander (, ), dass dies geradezu dazu einlädt, dem Begriff eine Selbstpräsenz und -transparenz zuzutrauen, vor deren Hintergrund gerade erst die Intransparenz der sprachlichen Darstellung kritisiert wird. Und während Hegel dem prädikativen Modell des Urteils nach Schüleins Rekonstruktion eine Differenzvergessenheit vorhält, die derridaschen Vorbehalten tatsächlich nahesteht, besteht die Unzulänglichkeit des Schlusses vielmehr gerade darin, dass die lebendige Einheit des Begriffs hier in der auseinandergelegten dreigliedrigen Form des Schlusses nicht ausreichend zur Geltung kommt. Vor diesem Hintergrund könnte eine dekonstruktive Kritik die Frage aufwerfen, ob nicht an der Kritik der sprachlichen Form nur um so deutlicher das Ideal lebendiger Einheit hervortritt, zu dem der Begriff nur in Aufhebung seines diakritischen sprachlichen Daseins gelangen kann. Die entscheidende Frage ist also nicht, ob Hegel Sprache als transparentes oder als intransparentes Medium verstanden hat, sondern welche Ökonomie des Sinns der Bewertung des als transparent oder intransparent charakterisierten Mediums zugrunde liegt. () Genau um diese Ökonomie geht es dann in Derridas Auseinandersetzung mit Hegel in seinen differenztheoretischen Schriften, die Schülein im Kapitel . behandelt. Schülein arbeitet hier die Sonderstellung von Hegel richtig heraus, wenn er verdeutlicht, dass Derrida zugesteht, dass Hegel sich mit seinem Denken von Differenz in „fast absoluter Nähe“ zum Denken der différance bewegt (), ihm aber dann vorhält, die Differenz im weiteren Fortgang seiner Untersuchung aufzuheben und wiederanzueignen. Betrachtet man diese Sonderstellung genauer, dann kann diese aber zugleich erklären, warum eine dekonstruktive Auseinandersetzung mit der Metaphysik Hegels in der Tat eine andere Gestalt als die Dekonstruktion der Metaphysik Husserls annehmen muss, an der sich Schülein paradigmatisch orientiert. Die Analyse kann hier nicht in erster Linie in dem Aufweis bestehen, dass ein präsenzfixierter Diskurs gegen seine Absicht auf eine Form differentieller Vermittlung verwiesen ist, die die im Zentrum stehende Präsenz allererst ermöglicht und in ihrer Reinheit zugleich verunmöglicht. Denn aus Derridas Perspektive leistet Hegel diesen Aufweis bereits selbst. Die dekonstruktive Auseinandersetzung ergibt sich vielmehr im

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Blick darauf, wie dieses selbst aufgewiesene und eingestandene Moment differentieller Vermittlung wiederangeeignet, eingehegt und reteleologisiert wird. Schülein versucht, in seiner Auseinandersetzung mit Derridas differenztheoretischen Texten Hegel vor allem gegen den vermeintlichen dekonstruktiven Angriff zu verteidigen, dass darin ein einfacher Rückfall in die Metaphysik liege, und versucht zurückzuweisen, dass man Hegels Analyse überhaupt im Sinne der rein immanenten dekonstruktiven Kritik in Schwierigkeiten bringen kann. Mit Blick auf den ersten Punkt könnte Derrida sich Schüleins Diagnose allerdings zu eigen machen: völlig richtig, Hegel wiederholt nicht einfach die metaphysische Figur, sondern radikalisiert sie und vermag, einen in sich durch und durch negativen, dynamischen, differenten Grund auszumachen, der nicht – wie für den ontotheologischen Diskurs der Metaphysik typisch – als Substrat, Ursprung oder oberstes Seiendes erscheint (), der aber dennoch wieder für die Ökonomie des Sinns die Rolle des Grundes spielt. Derrida könnte zustimmen, dass Hegel nicht einfach zurückfällt, und dennoch daran festhalten, dass es zu einer Wiederaneignung des eigentlich disruptiven Elements der Differenz und der Negativität kommt. Mit Blick auf den zweiten Punkt ist die Frage, ob der Umstand, dass Hegels reflexionslogische Differenzkonzeption „in sich schlüssig ist“ tatsächlich schon bedeutet, sie sei deshalb „logisch unangreifbar“ (). Das scheint mir mindestens voreilig und würde wohl auf den Versuch einer dekonstruktiven Lektüre der Wissenschaft der Logik ankommen, die Derrida zugegebenermaßen nicht geleistet hat. Der wirklich interessante Punkt, der sich hier im Hintergrund abzeichnet, ohne von Schülein direkt in Anspruch genommen zu werden, liegt in dem Verdacht, dass Derrida sich in Hegel nicht bloß der Wiederaneignung der Differenz, sondern der Wiederaneignung der Dekonstruktion selbst in der Gestalt eines Systems gegenübergesehen hat. Derridas Verständnis der von ihm nachgezeichneten Bewegung der Dekonstruktion besagt aber, dass man sie nur um den Preis ihres Verlustes in der Gestalt des Systems oder der Methode wiederaneignen kann. Man darf sie andererseits aber auch nicht sich selbst oder den Zufällen empirischer Anlässe überlassen, da die Metaphysik der Präsenz gerade die Bewegung der Verdeckung und Verstellung der Dekonstruktion und der von ihr ermöglichten Einblicke in die abgründigen Bedingungen der (Un)Möglichkeit unserer Praktiken darstellt. Derrida steht daher vor dem Dilemma, zugleich eine unablässige, ja systematische Arbeit fordern zu müssen, durch die der Dekonstruktion allein Rechnung getragen und Geltung verschafft werden kann, ohne Dekonstruktion zu einem System, einer Doktrin oder Methode gerinnen zu lassen, durch die sie sich selbst wieder in eine beschränkte Ökonomie des Sinns einschreiben würde. Angesichts dieses Problems liegt im Hegelianismus die tiefste Herausforderung der Dekonstruktion: eine philosophische Position, die die Auffassung vertritt, dass sich den von der Dekonstruktion aufgewiesenen Momenten allein durch ein System Rechnung tragen lässt und die mithin droht, die Dekonstruktion einzubegreifen – die Dekonstruktion als ein lokales Phänomen in einer allgemeineren Ökonomie auszuweisen (entgegen der derridaschen These, dass es sich beim hegelschen System um eine beschränkte logische Ökonomie handelt, die umgekehrt in einen allgemeinere dekonstruktive Ökonomie der Schrift eingelassen ist). Die bloße Insistenz auf der Unabschließ-

 Der nahe liegendste Parallelfall wäre daher Heidegger, der für Derrida selbst das Programm einer Destruktion der Metaphysik der Präsenz begründet, diese dann aber fundamentalontologisch wiederangeeignet hat (vgl. hierzu Schülein,  ff.)

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barkeit der Serie dekonstruktiver Infrastrukturen bleibt unzulänglich, um diesen Gegner nachhaltig in seine Schranken zu verweisen. () Damit kommen wir zu der Auseinandersetzung mit Hegel in Glas, die in der Tat eine nochmalige Vertiefung darstellt, wie Schülein vermutet. Dies scheint mir aber weniger deshalb der Fall, weil Derrida hier ein letztes Mal beim Versuch einer immanenten Dekonstruktion scheitert und darum von dekonstruktiven auf konfrontative Verfahren umstellt. Es gilt vielmehr in dem Sinne, dass Derrida hier der Bewegung der systematischen Wiederaneignung selbst nachzuweisen versucht, dass sie von etwas Unassimilierbarem abhängt, das ihre beschränkte Ökonomie sprengt. Es ist gewiss eine offene Frage, ob Derrida dies auf eine überzeugende Weise gelungen ist. Mir scheint aber wesentlich, dass Derrida hier nicht sein Verfahren wechselt, sondern auf eine geradezu klassische dekonstruktive Figur zielt: die Abhängigkeit eines Systems von einer Bedingung seiner Möglichkeit, die zugleich Bedingung der Unmöglichkeit seiner Reinheit ist. Dass Derrida dieses Argument hier nicht streng und völlig zwingend durchführt, ist vermutlich kein Zufall, da dies streng zu zeigen in Gefahr stünde, eine andere Form systematischer Schließung zu vollziehen, die in diesem Werk schon durch die äußerlich gespaltene und fragmentarische Form, die Schülein so eindrücklich nachzeichnet, infrage gestellt werden soll. Es ist zugleich offensichtlich, wie unbefriedigend diese Selbstfragmentierung angesichts eines Gegners ist, der die flüssigste und zugleich innerlich differenteste Form von System vorgelegt hat. Womöglich kann man den überraschenden Versuch der Bezugnahme auf ein Undekonstruierbares und die Neubestimmung des Unbedingten beim späten Derrida, die die Dekonstruierbarkeit und Unabschließbarkeit jedes Systems verbürgen sollen, als späte Versuche einer anders verfahrenden Antwort verstehen. Wenn dies zutreffend wäre, dann würde das für die Vermutung sprechen, dass Derrida deutlich geworden ist, dass er sich gegen die mögliche hegelianische Wiederaneignung des dekonstruktiven Moments in der Form des Systems nicht allein durch eine Kritik des hegelschen Systems – sei sie dekonstruktiver oder konfrontativer Natur – verteidigen kann, sondern nur dadurch, dass die Dekonstruktion sich positiv über ihre eigenen Bedingungen der Möglichkeit Rechenschaft ablegt; dass ihm deutlich geworden ist, dass sich die Dekonstruktion nicht allein in einer negativen Erfahrung (der doppelten Schließung der Metaphysik) begründen kann, sondern sich auf die eigentümliche Erfahrung einer nicht-präsentischen Evidenz (der Gerechtigkeit, der Wahrheit, des unbedingten Ereignisses etc.) beziehen muss. () Nach all diesen Bemerkungen im Einzelnen eine letzte grundsätzliche Frage zur Anlage der Arbeit: Warum hat diese Studie sich dazu entschlossen, ihre interessanten Befunde und

 Schülein selbst zitiert die entscheidende Stelle: „Und wenn das Unassimilierbare […] eine fundamentale Rolle im System spielen würde, eine eher abgründige, wobei der Abgrund eine quasi-transzen-[…] dentale Rolle spielt […]? Sichert nicht immer ein aus dem System ausgeschlossenes Element den Möglichkeitsraums des Systems?“ (Jacques Derrida, Glas (München, ), a u. a; vgl. Schülein , ).  Zum allgemeineren Profil dieser quasi-transzendentalen Figur vgl. Thomas Khurana, „‚The Common Root of Meaning and Nonmeaning‘: Derrida, Foucault and the Transformation of the Transcendental Question“, in: Foucault/Derrida Fifty Years Later, herausgegeben von Olivia Custer, Penelope Deutscher und Samir Haddad (New York, ), –.  Vgl. zu dieser Hypothese: Peter Dews, „The Idea of Hope. Interview by Talita Cavaignac & Thomas Amorim“, New Left Review  (): –, hier  ff.

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Analysen als Kritik und Zurückweisung der derridaschen Dekonstruktion durchzuführen? Die entscheidende These zum Verhältnis von Derrida und Hegel, von der die Studie ausgeht, besagt, dass Hegels Metaphysik das, was die Dekonstruktion einer solchen Metaphysik bedeuten könnte, bereits vorweggenommen hat (). Für sich genommen könnte man dies auch als eine Bestätigung der Dekonstruktion werten: Schon Hegel zeigt in der Vorwegnahme der Dekonstruktion ihre Triftigkeit. Derrida hätte dann bloß verkannt, dass ein von ihm angegriffener Vorgänger seine Einsichten bereits vorwegnimmt (Derrida wäre wohl nicht der erste und nicht der letzte, dem das passiert). Dieser Befund könnte Anlass dazu geben, Hegel als Dekonstruktivisten avant la lettre zu rekonstruieren und im Detail danach zu fragen, wie sich Derridas und Hegels Dekonstruktionen der philosophischen Tradition eigentlich näher im Verfahren und Resultat unterscheiden, an welchen Stellen sie unterschiedlich disponieren und inwiefern im Vergleich Stärken und Schwächen ihrer jeweiligen dekonstruktiven Programme hervortreten. Die Analyse von Hegels eigener Metaphysikkritik in Kapitel . zeigt durchaus Züge, die in diese Richtung weisen. Angesichts dieser interessanten Aussicht stellt sich die Frage, warum die Arbeit ihren Befund aber dennoch allein negativ wendet und als ein Scheitern der Dekonstruktion an Hegels Philosophie vorführt. Das scheint nur dann naheliegend, wenn man meint, dass Hegel die Dekonstruktion der Metaphysik nicht nur vorweggenommen, sondern darüber hinaus oder mit ihr etwas ganz anderes geleistet hat, wozu die Dekonstruktion nicht in der Lage war. Es wäre eine eigene Untersuchung wert, genauer zu bestimmen, was dies ist. Thomas Khurana Yale University

Alberto L. Siani. Morte dell’arte, libertà del soggetto. Attualità di Hegel [End of Art, Freedom of the Subject. Hegel’s Topicality]. Pisa: ETS, .  pp. As one can read in its Introduction, Morte dell’arte, libertà del soggetto collects seven essays drafted by Alberto Siani between  and , revolving around the topic of the end of art, the topic of freedom, and the topic of subjectivity, as identifying features of modern European culture. Hence the topicality of Hegel mentioned in the subtitle. The first and – at least in part – the third chapter of the book, devoted respectively to Kant’s Urteilskraft and to the triad ‘Kant-Schiller-Hegel’, are based upon a reading of the third Critique as springboard for an intersubjective understanding of the individual (). The author makes here reference to long-established readings of Kant’s faculty of judgement, such as for instance Hannah Arendt’s, along the lines, within the Italian philosophical context, of Emilio Garroni’s and Leonardo Amoroso’s work. Schiller’s notion of beauty – which aimed to turn what Kant would present exclusively as a disposition of the human soul into something objective – is caught confessing its limits inasmuch as it requires “a premodern foundation both formally – as it is retrieved transcendentally and not immanently to modernity – and in terms of content – as it is inspired to a model from the past, which might well have never existed outside of idealisation, the Greek polis” (). In short, Schiller’s views on beauty would expose the ‘outgrowth of a modernity not yet capable of self-

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understanding’, as made clear by the aristocratic and resigned utopianism of Schiller’s late positions. Also Hegel, already in the Jena period, had caught in Kant’s reflective judgement the glimpse of an attempt to get past self-reflection and subjectivism in philosophy. He soon realized, however, that “the contradictions of modernity should be addressed in their own terms, not by means of a conceptual arsenal made in part of Kantian ideas and in part of Greek sculptures and tragedies” (). From this standpoint the need is inferred to go beyond the retrogressive mistrust of ‘civil society’, that ‘realm of utility’ which according to Schiller would still be nothing but ‘the great idol of the time’, the origin of his time’s evil, but which according to Hegel is instead ‘the vital ingredient of modernity’. As a result, based on Hegel’s late viewpoint, Siani sums up that “different human forms, both individual and collective, structure themselves and find their identity through the acknowledgment of different normative principles (roughly speaking, what Hegel calls ‘objective spirit’), which in turn are made explicit and legitimate within different spiritual and cultural constructs and self-reflecting practices (roughly speaking, what Hegel calls ‘absolute spirit’)” (). The point is then to undertake an inquiry on the defining traits of a genuinely modern culture. In the second essay of the collection, laying out some comments on the “Preface” to the Phenomenology of Spirit, Siani has no hesitation to define as ‘cognitivist’ the philosophical approach which is able to sublate dualisms for the sake of a ‘science’ fitting the present. Thus far understood as “love of knowing”, philosophy is called upon by Hegel so that it can turn into “actual knowing” (, , ). Within this general framework a reassessment of the role of art is also possible, by reviewing notably its actual ability to fulfil a Bildung function, despite – or precisely in virtue of – its past-dependent and partial features. Main topic of the fourth essay is “Hegel’s genealogy of modernity”. As remarked by Ludwig Siep, it is clear that the term ‘modernity’ has a polysemantic value in Hegel’s somehow more ‘representative’ than strictly ‘conceptual’ usage of it. All the more so as the functions and chronologies attached to it are sometimes left undetermined. And yet, according to Siani, one should never lose sight of the fact that the notion of modernity consistently entails at least one mandatory principle, that of subjective freedom (). While hinting to Odo Marquard’s terminology, the author then explicitly lays forward his claim: Hegel clearly supports “a close correlation between the enunciation of the principle of subjective freedom as principle of modernity and the need for a progressive anaesthetisation of the forms of the absolute spirit and of self-consciousness” (). Nevertheless, such phenomena as the end of ‘absolute art’ or the birth of philosophical aesthetics do not by any means entail art’s total loss of meaning: “rationalization and pluralization go hand in hand; after all precisely the vigilant presence of the concept will be designed to prevent pluralism from turning into absolute relativism” (). It is then the task of the fifth chapter, under the title “L’impossibile mosaico dell’umano”, to consistently develop this underlying claim in the light, mainly, of Hegel’s lessons on aesthetics. Based on Hegel’s philosophy of history, subjectivity becomes merely ‘formal’ as soon as it claims to retrieve the very essence of subjective freedom in its own particularity – along the same ideological lines defining atomistic liberalism. Besides, it is unconceivable in late modernity that the humanus – understood as the distinctive feature of individual subjectivity – could be simply neutralized ‘by the powers of the objective’. The individual must be on the contrary in the position to make his/her own choices in full awareness. Here Siani retrieves the topic of the formelle Bildung, which has received a good deal of scholarly attention in recent years (e. g. by Kwon and Gethmann-Siefert): “Art offers

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material for the individual’s self-reflection and Bildung, without however having the power and strength to directly and without mediation impose these contents on reality. The imposition of contents must always go through the appropriation and mediation of the subject”; the single individual is thereby “prompted to self-reflection and the widening of his/her horizons; a function one could call ‘cultural’”, without compromising his/her freedom and self-determination power (–). This perspective excludes four-square any appeal to the revival of classicism – the romantic or post-romantic aspiration to a ‘new mythology’ included –, thus confining art to the symbolic dimension, hence to the recognition “of the insufficiency of each work of art face to the multiformity of the human” (). It moreover provides a key to the interpretation of epoch-making phenomena from a cultural point of view. Mention could be made in this respect of the theorists of the so-called ‘artworld’ as ‘institutional’ phenomenon. Prompted by authors such as Georg Dickie and Arthur C. Danto, for instance, a peculiar return – maybe the only possible, as Siani aptly claims – to objective aesthetics has recently come to fore; however, the work of art turns as a result into “merchandise, commodity, money. Thus art is entirely assimilated in the mechanism of civil society” (). In the last two chapters of the volume, the author submits respectively a criticism and a proposal. The critical remark targets the attempt by a Hölderlin-reading Heidegger to bring back up some sort of ‘new artistic religion’. In such an undertaking Siani clearly spots dangers and limits: “As soon as one wishes for the return of a compact Sittlichkeit, poetically and mythologically grounded, that fracture is simply repressed or deferred, but it comes back in other forms […] on which it is difficult or even impossible to have rational control” (). The proposal amounts instead to retrieve Hegel’s interpretation of Antigone as the ground for a new philosophical discussion of many basic values of European culture, notably “the human rights with a Hegelian and dialectical imprint, in order to contrast or at least integrate the way more prominent Kantian and cosmopolitan imprint” in today’s debates (). While attempting to raise the issue of a modernity understood in universal terms and not, once more, in particularistic ones, Siani here includes in his claims theoretical foundations of authors such as Habermas and Rawls. A thorough assessment of this step goes beyond the framework of strictly Hegelian interpretative questions, as well as beyond the limits of this review. It will suffice then to remark that the author is adamant about one point: any cultural mediation process today “must take place on a rigorously philosophical basis, since all pre- or post-conceptual procedures are simply not enough for the achievement of the subject’s right to freedom” (). A statement, this latter, that could effectively relaunch the debate on properly dialectical terms. Gianluca Garelli Università degli Studi di Firenze

Marc Nicolas Sommer. Das Konzept einer negativen Dialektik: Adorno und Hegel. Tübingen: Mohr Siebeck, . XII,  S. Genau zum . Jubiläum der Negativen Dialektik erschien  mit Marc Nicolas Sommers Dissertation eine über  Seiten umfassende Studie, die die konzeptionelle Gestalt einer

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negativen Dialektik in Kontrast und Verbundenheit zu ihrem hegelschen Vorbild herausarbeitet. Mit Das Konzept einer negativen Dialektik: Adorno und Hegel schließt Sommer eine Lücke in der Rezeption von Adornos Hauptwerk. So ist es rezeptionsgeschichtlich zunächst erstaunlich, dass trotz der frühen Hinweise durch Dieter Henrich und Ilse MüllerStrömsdörfer „bis heute weder eine umfassende Rekonstruktion des Konzepts einer negativen Dialektik vorliegt, noch die Hegelkritik Adornos systematisch aufgearbeitet ist“ (). Stattdessen haben sich Interpretationen des Konzepts einer negativen Dialektik durchgesetzt, die wirkmächtig bereits von beinahe allen Beiträgen der Adorno-Konferenz von  vorbereitet wurden. Ein Verdienst der Arbeit Sommers liegt in der akribischen Zurückweisung einiger der so entstandenen Lesarten Adornos. Verteilt auf drei Hauptkapitel widmet sich Sommer den beiden Desideraten der Interpretation von Adornos Hauptwerk: Sowohl das Konzept einer negativen Dialektik als auch Adornos Hegel-Kritik werden umfang- und kenntnisreich entwickelt. Die Gliederung orientiert sich dabei strukturell an Adornos Hauptwerk. So folgt nach einer das Programm der Arbeit vorstellenden Einleitung ein Kapitel, das sich ähnlich wie der zweite Teil der Negativen Dialektik mit ihrer Logik befasst. Hier werden die basalen Konzepte im Anschluss und in Abgrenzung zu Hegel thematisiert, die dann im letzten Kapitel, vergleichbar Adornos Modellen in der Negativen Dialektik, materiell angereichert werden durch die gemeinsam abgehandelten Gegenstandsbereiche von Metaphysik und Geschichte. Bei dieser Zweiteilung kann es sich selbstverständlich nicht um die abstrakte Abgrenzung einer formalen Betrachtung von einer inhaltlichen handeln, so dass die zuerst entwickelte Methode einer negativen Dialektik anschließend auf einen beliebigen Inhalt angewendet wird. Sommer verfolgt in der gleichzeitigen Behandlung von Geschichte und Metaphysik das Ziel, „die notwendigen inhaltlichen Momente“ nachzuliefern, deren Fehlen sich in der logischen Rekonstruktion negativer Dialektik „als Verzerrungen oder Lücken“ zeigen (). Negative Dialektik ist Sommers Ansatz zufolge nur geschichtsphilosophisch und in Bezug aufs Absolute verstehbar. Abweichend von Adornos Vorgehen stellt Sommer zwischen die logische Rekonstruktion und den notwendigen materialen Teil ein vermittelndes Kapitel, das „die erkenntnistheoretische Dimension negativer Dialektik rekonstruiert“ (). Thema ist hier die Theorie geistiger Erfahrung, die zeitweilig auch den Titel der Einleitung der Negativen Dialektik bilden sollte. Gegen die klassische Erkenntnistheorie rekonstruiert Sommer hier eine sich selbst hin zu „einer umfassenderen Theorie“ überschreitende Erkenntnistheorie, „die […] nicht nur selbst eine wesentlich dialektische Theorie ist, sondern deren Hauptbegriff, der der geistigen Erfahrung, ein integrales Moment des Konzepts negativer Dialektik ist“ (). Die Selbstüberschreitung der Erkenntnistheorie erfolgt dabei durch einen Aufweis der transzendentalen Bedingungen von Erfahrung überhaupt, die schließlich in einer materialistischen Konzeption des Subjekts resultiert, ein Subjekt, das „zugleich ein gesellschaftliches und ein leibliches […] ist“ (). Mit dieser Subjektkonzeption, so Sommer, überwindet Adorno den Schein konstitutiver Subjektivität der klassischen Erkenntnistheorie. Dem materialistisch verstandenen Subjekt ist in Gestalt der Gesellschaft und seiner eigenen Leiblichkeit immer schon Materielles als es Bedingendes vorgegeben, welches es nicht wiederum als ein bloßes Produkt seiner eigenen Subjektivität begreifen kann. Besteht Sommer zufolge Freiheit für Adorno in dieser Selbstreflexion des Erkenntnissubjekts als leiblich-gesellschaftliches, erklärt dies auch, weshalb das Freiheitsmodell der Negativen Dialektik im Konzept einer negativen Dialektik, entgegen den in einem

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gemeinsamen Kapitel abgehandelten Modellen von Geschichte und Metaphysik, nicht gesondert abgehandelt wird. Im selbstreflexiven Verständnis von Subjektivität vollzieht sich dann die für das Kapitel über geistige Erfahrung geforderte Vermittlung zwischen einer logischen Rekonstruktion negativer Dialektik und ihren notwendigen materialen Gehalten. Als leiblich-gesellschaftliches Subjekt ist das Erkenntnissubjekt zugleich abhängig von Geschichte. Aber auch das Absolute als Gegenstand der Metaphysik vermittelt sich mit der Logik negativer Dialektik durch dieses Subjektverständnis. Verfolgt Adorno nämlich die Fragen der metaphysica specialis unter der philosophiehistorischen Bedingung ihrer Überwindung, wandelt sich auch der Zugriff aufs Absolute, das nicht mehr jenseits der Geschichte zu verorten ist. Sommer zufolge ist „[a]uch im Metaphysikmodell […] Adornos Denken durch und durch geschichtlich: Es beginnt mit einer Reflexion auf den geschichtlichen Stand der Metaphysik und sowohl die Rettung als auch die Solidarität mit der Metaphysik, die Adorno in diesem Modell gleichermaßen vollziehen will, gelingen nur in einer geschichtsphilosophischen Perspektive“ (). Neben einer deutlichen Kritik an Adornos verkürzter Abfertigung der hegelschen Rechtsphilosophie im Geschichtsmodell, wo die Abgrenzung von Hegels substantiellem Freiheitsbegriff gegen einen bloß abstrakten missachtet wird, arbeitet Sommer die kritische Dimension dieses Modells heraus. Dass im Modell vorrangig von der Gegenwart die Rede ist, wie von Herbert Schnädelbach moniert wurde, ist Sommer zufolge kein Argument gegen dieses Modell, sondern rührt daher, dass es in ihm „um die Erscheinung von Geschichte in der Gegenwart und die adäquate philosophische Interpretation dieser Geschichte geht“ (). Die Thematisierung der Geschichte verfolgt dabei einen Einspruch gegen die sich über das Wollen und Handeln der Menschen hinwegsetzende Geschichte, die Adorno deswegen auch kritisch „zur Vorgeschichte degradiert“ (). Überzeugend legt Sommer in der Folge dar, dass Adornos Blick auf Geschichte als dialektische Spannung zwischen einer emphatischen, den Menschen nicht mehr einfach ungeplant gegenüberstehenden Geschichte auf der einen und der Naturgeschichte als nach scheinbar fremder Gesetzmäßigkeit ablaufende Geschichte auf der anderen Seite ausgeprägt ist. Diese Spannung im Geschichtsbegriff versteht Sommer als eine Instanziierung „der Spannung, die sich durch Adornos gesamte Philosophie zieht: der zwischen Negativität und Utopie“ (). Der von Habermas betriebenen Depotenzierung dieser dialektischen Spannung durch die Annäherung der Extreme weist Sommer die, mit der kommunikativen Wende einhergehende, Abstumpfung der Kritik nach. Reduziert Habermas nämlich die „Negativität […] auf den Teilbereich der instrumentellen Rationalität“ und „die Utopie“ auf die Gegenwart, indem er „sie im kommunikativen Handeln als immer schon vorweggenommen“ denkt (), wird der Einspruch gegen die Gesellschaft und die praktische Notwendigkeit ihrer Veränderung auf das bereits Bestehende eingeengt. Sommer zufolge beschneidet die „allzu engstirnige Ausrichtung auf das hier und jetzt Mögliche […] die Hoffnung auf das, was nicht heute und morgen realisierbar, aber dennoch möglich sein könnte“ (). Gleichwohl setzt Adorno, wie Sommer herausstellt, nicht nur auf Utopie im eigentlichen Sinne, die Sommer auch die „maßlose Utopie“ () nennt, wozu die Abschaffung des Todes zählt. Adorno gibt auch „pragmatische[] Handlungsziele“ (), die Sommer in Abgrenzung zur ‚maßlosen Utopie‘ als „konkrete[] Utopie“ () bezeichnet. Dazu gehört die „Abschaffung von Leiden und Mangel“ (). Konkrete und maßlose Utopie stehen sich, wie Sommer zeigt, nicht einfach abstrakt gegenüber. Die mit der konkreten Utopie bezeichnete Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse soll zugleich das Bewusstsein für die Gehalte der maß-

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losen Utopie befreien: „An der konkreten Möglichkeit der gesellschaftlichen Utopie, die Adorno sich zunächst als Stillung der materiellen Bedürfnisse denkt, hat die Hoffnung, die sich in der maßlosen Utopie ausdrückt, ihren Halt.“ () Dieses Motiv, eines veränderten Zugangs zum Maßlos-Utopischen durch die Veränderung des gesellschaftlichen Zustands, vor allem der Produktionsverhältnisse, ist auch das Grundmotiv des Metaphysikmodells. In einer gänzlich anderen Gesellschaft, so Sommer, wäre unleugbar „ein anderes Verhältnis zu den metaphysischen Fragen möglich“ (). Adornos Verständnis von Metaphysik ist, wie Sommer ausführt, Resultat der in der Vorrede der Negativen Dialektik angekündigten Veränderung der kopernikanischen Wende. Für Adorno tritt, wie Sommer unter Verweis auf eine Stelle der Negativen Dialektik schreibt, „[d]ie geschichtsphilosophische Frage, ob metaphysische Erfahrung noch möglich sei, […] an die Stelle der erkenntnistheoretischen Frage Kants nach der Möglichkeit von Metaphysik als Wissenschaft“ (). Von metaphysischer Erfahrung hängt dabei die Veränderung der falschen Gesellschaft ab. Sie ist der Garant für kritisches Denken, das nicht ans Bestehende gebunden ist, sondern „ins Offene“ () führt. Demnach ist also die Verwirklichung der Metaphysik nur durch die Veränderung der Gesellschaft zu haben, und diese hängt an der über die Immanenz hinausweisenden Offenheit einer metaphysischen Erfahrung. Nun beinhaltet aber, wie Sommer ausführt, die für die Kritik und Veränderung der Gesellschaft grundlegende metaphysische Erfahrung die Aporie, wie vom Absoluten etwas gewusst werden kann, ohne ein absolutes Wissen wie Hegel zu behaupten (). Sommer übersetzt diese Aporie in die „Verbindung von Endlichem und Unendlichem“ (). Die Lösung dieser Aporie stellt für Adorno die Konstellation dar, die Sommer als Deutung versteht, die, anders als Hegel, das Unendliche mit dem Endlichen nicht vermittelt, „sondern im vermeintlich Ewigen das Vergängliche sieht und durch das Vergängliche hindurch das Ewige in gebrochener Gestalt erkennt“ (). Überhaupt ist die Ablehnung einer übergeordneten Vermittlung, einer Synthese der sich positivierenden Negation das von Sommer herausgestellte wesentliche Element der Kritik Adornos an Hegel. Zwar halte Adorno an der bestimmten Negation Hegels fest, das Positive des Negativen sei aber selbst nicht unabhängig vom Negativen schon existent: „Die Kraft der Negativität kann bei Adorno das Negative zwar nicht ins Sein umkehren, aber sie kann auf das Positive verweisen; dieses Positive ist bei Adorno nur ein normativ Positives, ontologisch dagegen ein Negatives. Es ist nur negativ, als abwesendes gegeben.“ () Die bestimmte Negation verweist demnach auf ein erst herzustellendes Anderes des Negativen. Das hiermit einhergehende Problem, wie die Negativität unabhängig von einem positiven Maßstab überhaupt zu erfassen sei, löst Sommer unter Verweis auf den Widerspruch. Etwas zeigt sich an ihm selbst als das Negative, insofern es mit sich selbst nicht übereinstimmt ( f.). Allerdings setzt dieser Widerspruch die Einheit von Negativität und Positivität voraus, wie sie Hegel entwickelt hat. Laut Hegel sind „[d]as Positive und das Negative […] der gesetzte Widerspruch, weil sie als negative Einheiten, selbst das Setzen ihrer, und darin jedes das Aufheben seiner und das Setzen seines Gegentheils ist“ (GW : ). Ohne die negative Einheit des Positiven und des Negativen ist kein Widerspruch. Er existiert nur als diese negative Einheit. Zwar geht bei Hegel dieser unter dem Leitbegriff der Negativität stehende Widerspruch auch in einem positiven Resultat zu Grunde (GW : ). Allerdings ist der Widerspruch hiermit nicht einfach verschwunden, sondern „im Grunde so sehr aufgehoben, als erhalten“ (GW : ). Gleichwohl wirft Sommer im Gefolge Adornos Hegel vor, dieser positiviere letztlich die Negativität der Dialektik, indem er „zwar in jedem Schritt nach dialektischer Logik“ verfahre, die ganze Bewegung aber „undialektischer

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Logik“ folge (). So zeichne sich negative Dialektik dadurch aus, „dass ihre Relation zum Undialektischen nicht eine der Identität ist, sondern selbst eine dialektische Beziehung“ (). Insofern nämlich Hegels Dialektik das ihr gegenüberstehende Andere in sich aufnimmt, indem sie sich totalisiert – so der Einwand –, gebe es keine Vermittlung mehr zwischen der Dialektik selbst und ihrem Anderen (). Das Kalkül hinter dieser Feststellung ist zweifellos der Ausweis der negativen Dialektik Adornos als legitime immanente Kritik – ohne einen Rückgriff auf gesellschaftstheoretische Gehalte – an Hegels Dialektikkonzeption. Ist Vermittlung der Dialektik wesentlich, bedeutet die Vermittlungslosigkeit der totalen Dialektik, dass sie sich selbst in ihrer Selbstreflexion suspendieren muss (). Nur negative Dialektik kann demnach auch sich selbst nach Maßgabe der Dialektik betrachten. Allerdings bleibt fragwürdig, ob Hegel diesen Begriff der Vermittlung als konstitutives Moment der Dialektik teilen würde. Denn Sommer moniert gegen Hegels berühmte Formel von der Identität der Identität und der Nichtidentität, dass Hegel hier „keine Vermittlung, sondern Identität behauptet“ (). Als solcher Gegensatz gegenüber der Identität gerät die Vermittlung aber wieder zu einer bloß äußerlichen Reflexion. Das bedeutet aber, dass die verleugnete Identität unreflektiert in dasjenige Bewusstsein fällt, welches sie von den Gegenständen fernhalten will. Dass Sommer die eingehende Konfrontation mit Hegels Widerspruchskonzept und dem Methodenkapitel der Wissenschaft der Logik unterlässt, mag der Anlage des Dissertationsprojekts geschuldet sein. Weil Adorno, wie Marx, die Differenz von Logik und Realphilosophie verschleift und nicht erkennt, dass die Logik gerade darum absolut ist, weil in ihr nur der Begriff sich selbst zum Gegenstand hat, nicht weil alles Existierende aus ihr deduziert werden soll, hält sich Sommer im Gefolge Adornos vorrangig an Hegels Phänomenologie, in deren Gang erst der abzulehnende Standpunkt des absoluten Wissens entwickelt wird und nicht, wie in der Logik, bereits vorausgesetzt ist. Zudem hält Sommer eingangs fest: „Der Rekurs auf Hegel dient als hermeneutisches Hilfsmittel.“ () Der Fokus liegt auf der Erhellung der Philosophie Adornos und in der Akribie und dem Umfang der Darstellung von Adornos Philosophie ist Sommers Studie aktuell das Beste, was hierzu zu lesen ist. Christoph Hövel Ruhr-Universität Bochum

Michael Squire und Paul A. Kottman, Hgg. The Art of Hegel’s Aesthetics. Hegelian Philosophy and the Perspectives of Art History. Morphomata Band . Paderborn: Fink, .  S.  hat Ernst H. Gombrich das Diktum von Hegel als ‚Vater der Kunstgeschichte‘ geprägt. Zur gleichen Zeit entsteht allerdings im Zeichen der ‚Krise des Werkbegriffs‘ eine neue Kunstforschung, die ihre hegelschen Wurzeln bewusst durchtrennen will. Auf dieser Linie ist selbst der Begriff der Kunst, den Hegel in der Tat programmatisch in das Zentrum seiner Ästhetik gestellt hatte, als wissenschaftlicher Leitbegriff infrage gestellt worden: Die Transformation des Fachs Kunstgeschichte zu übergreifenden ‚visual‘ bzw. ‚cultural studies‘ ist vielerorts längst institutionelle Realität.

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Insofern bei dieser Transformation die anglo-amerikanische Kunstwissenschaft eine klare Vorreiterrolle innehat, ist es bemerkenswert, dass aus diesem kulturellen Kontext nun ein interdisziplinärer Sammelband stammt, der Hegelian Philosophy and the Perspectives of Art History zum Thema hat. Bemerkenswert ist der Vorstoß auch insofern, als er nicht etwa auf Philosophen zurückgeht. Vielmehr stehen mit den Herausgebern Paul A. Kottman von der New School for Social Research in New York und Michael Squire vom King’s College in London zwei junge Einzelwissenschaftler – ein Komparatist und ein Vertreter des Fachs ‚Antike Kulturen‘ – hinter diesem Projekt. Diesem einzelwissenschaftlichen Hintergrund der Organisatoren mag es zu verdanken sein, dass die Konkurrenz zwischen der systematischen und der ‚kontinentalen‘ Tradition der Philosophie hier nun einmal keine Rolle spielt. Aber auch die unter dem Eindruck Hegels entwickelte Kunstforschung des . Jahrhunderts, die bei vergleichbaren Projekten in Deutschland seit den er Jahren im Vordergrund gestanden hatte, bleibt außen vor. Stattdessen geht es dezidiert um die gegenwärtige Forschungssituation und die doppelte Frage, in welchem Verhältnis Hegels Deutung bestimmter Kunstepochen und -werke zu heutigen kunsthistorischen Deutungen steht und in welcher Hinsicht diese aktuellen Positionen umgekehrt dazu beitragen können, Hegels Ästhetik für uns neu zu erschließen (). Insbesondere verspricht man sich, dank Hegels Leitidee einer universalen Geschichte der Kunst die Herausforderungen und Chancen der neuen „‚global‘ art history“ besser erfassen zu können (, ). Aber auch weitere kapitale Fragen wie etwa die, was Kunst eigentlich ist, wie Kunst Bedeutung generiert und was eine historische Reflexion der Kunst leisten kann, sollen im Rekurs auf Hegel diskutiert und für die Kunstgeschichte fruchtbar gemacht werden (). Das Themenfeld ist also denkbar weit gefasst und umfasst selbst die Kritik an Hegels Ästhetik – etwa in Gestalt der postmodernen Einwände gegen die ‚großen Erzählungen‘ ( f.) und den ‚Eurozentrismus‘ () oder des Klassizismusvorwurfs (). Dabei wird ‚Kunstgeschichte‘ überdies nicht bloß im Sinne der Einzelwissenschaft von den bildenden Künsten, sondern im Sinne aller Einzelwissenschaften von den Künsten verstanden. Anders gesagt: Es ist hier nicht das Ziel, sich an Einzelfragen abzuarbeiten, sondern ein möglichst breites Panorama an Perspektiven zum totgeglaubten Paradigma ‚Kunst‘ vorzuführen. Der Band geht auf eine Tagung zurück, die Kottman und Squire im Juni  als Kooperation zwischen ihren Heimatinstitutionen und dem an der Universität zu Köln angesiedelten ‚Internationalen Kolleg Morphomata‘ in London durchgeführt haben. Erklärtes Ziel der Organisatoren war es dabei nicht allein, internationale Philosophen und Kunstwissenschaftler aus verschiedenen Forschungskulturen, sondern ebenso etablierte Forscher – wie den Kunsthistoriker Timothy J. Clark (London/Berkeley) oder den Philosophen Robert Pippin (Chicago) – und Nachwuchswissenschaftler zu einem ‚informellen und experimentellen‘ Austausch () zusammenzubringen. Den gemeinsamen Nenner bildete, dem generalistischen Impuls des Projekts gemäß, allein die „expertise spanning the entire width and breadth of Hegel’s art historical account“ (). Die ersten drei Beiträge des Bandes befassen sich mit Hegels Bestimmung der antiken Kunst. Whitney Davis (Berkeley), Spezialist für Geschichte und Theorie antiker und moderner Kunst, problematisiert dabei unter dem Titel „The Absolute in the mirror: Symbolic art and cosmological perspectivism“ Hegels These vom Rätselcharakter der ägyptischen Kunst, der sich namentlich in deren Theriomorphismus manifestiert. Aus der Perspektive eines postkolonial geschulten Relativismus handelt es sich hierbei nicht bloß, wie Hegel annimmt, um eine unvollkommene, da noch natürliche, sondern um eine

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andere, aber voll gültige Repräsentation menschlichen Selbstbewusstseins. Die Philosophin Julia Peters (Tübingen) vertritt demgegenüber in „Hegel on Spirit, nature and the function of classical art“ die Auffassung, dass Hegel die Leistung des klassischen Götterbildes gerade nicht in der Überwindung der Natur sieht. Insofern es mit seinem Anthropomorphismus deutlich macht, dass der Geist an die Natur in Gestalt der menschlichen Physis gebunden ist, bezeugt es vielmehr Hegels Naturalismus. Squire hebt in „Unser Knie beugen wir doch nicht mehr? Hegel, classical art and the Reformation of the art history“ die Betonung der Verwandtschaft von Religion und Kunst als Weisen der menschlichen Selbstverständigung in Hegels Ästhetik hervor. Hier sieht er – trotz der Probleme, die die damit verbundene Geschichtsteleologie aufwirft – erhebliches Erklärungspotential, das, wie Squire als Althistoriker notiert, insbesondere geeignet ist, neuere Deutungen der Ontologie klassischer Bildwerke zu stützen. Der Philosoph Fred Rush (Notre Dame) und die Kunsthistorikerin Hanneke Grootenboer (Oxford) nehmen mit Hegel die Malerei unter dem Aspekt in den Blick, wie sich in ihr das moderne Bewusstsein von der Autonomie der künstlerischen Mittel manifestiert. Dabei geht Rush in „Still life and the end of painting“ auf Hegels Deutung der niederländischen Stillleben des . und . Jahrhunderts ein, wo das Interesse am Gemachtsein der Kunst das Interesse am dargestellten Inhalt überwiegt. Grootenboer macht in „The selfconscious image: Painting and Hegel’s idea of reflection“ diese Selbstreflexivität der Darstellungsmittel für ein fotorealistisches Werk der er Jahre geltend. Pippin, Clark und Kottman thematisieren im Anschluss an Hegel einen anderen Aspekt der künstlerischen Selbstreflexion: die Indienstnahme der Kunst zur Bestimmung der Situation des Menschen in der modernen Welt. In „Hegel on painting“ geht Pippin der Frage nach, was Hegel eigentlich dazu motiviert, die Malerei als Gattung der romantischen Kunstform, also als spezifische Manifestation der Moderne, zu deuten. Es ist dies die Fähigkeit der Malerei, etwas physisch nicht Greifbares ‚erscheinen‘ zu lassen und so moderne Subjektivität sinnlich zu erfassen. Das Thema von Clark in „Beauty lacks strenghts: Hegel and the art of his century“ ist das ambivalente Verhältnis der Kunst des . und frühen . Jahrhunderts zu Hegels Ästhetik: Einerseits zehrt sie von Hegels Diagnosen und schärft an diesen ihr Selbstverständnis; andererseits ist sie mit ihrer Negativität die Widerlegung von Hegels Geschichtsteleologie im Vollzug. In „Hegel and Shakespeare on the pastness of art“ fragt Kottman, was es bedeuten würde, wenn nicht Hegel, sondern Shakespeare der Urheber der These vom ‚Ende der Kunst‘ wäre. Die These wird dabei als das Schlüsselmotiv der Moderne schlechthin rekonstruiert. Die Philosophen Ingvild Torsen (Oslo) und Sebastian Gardner (London) widmen sich Hegels Charakteristik der Kunstformen. So unternimmt Torsen in „The future of Hegelian art history: On the body in late modern sculpture“ den Versuch einer Vermittlung von hegelscher und phänomenologischer Ästhetik. Während für Hegel der menschliche Leib seinen eigentlichen Ort im griechischen Götterbild innerhalb der klassischen Kunstform hat, analysiert Torsen, ob und wie die Skulptur des . und . Jahrhunderts diese Epochenzuordnung konterkariert. Gardner fragt schließlich in „Art’s loss of vocation: Hegel and Philosophical Romanticism“, wie Hegel eigentlich zu der Annahme kommt, dass der Aufstieg der Philosophie mit dem ‚Ende der Kunst‘ einhergehen muss. Hier handelt es sich, so Gardner, weniger um eine logische Konsequenz als um eine kritische Reaktion auf die Kunstemphase der ‚philosophischen Romantik‘. Für die an der ‚kontinentalen‘ Debatte um Hegels Ästhetik geschulte Leserschaft bleibt anzumerken, dass diese lange und zumindest phasenweise inhaltlich ergiebige For-

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schungstradition in den hier versammelten Studien – aller Offenheit zum Trotz – keinerlei Rolle spielt. Aus dieser erheblich stärker spezialisierten Perspektive mutet die extreme thematische Breite der Beiträge, aber auch der lässige Tonfall, der diese über weite Strecken charakterisiert, eher irritierend an. Wer eine Ansammlung substantiellen historischen Wissens oder subtiler philosophischer Analysen sucht, dürfte in diesem Band kaum fündig werden. Wer allerdings bereit ist, etwa die Charakteristik Hegels als „the ultimate ‚Marmite‘ philosopher“ () – will sagen: als Philosoph, an dem sich die Geister ebenso scheiden wie an dem Geschmack des besagten Brotaufstrichs – zu tolerieren, der wird hier viel Anregendes finden. Schließlich beweist sich ein Klassiker auch darin, dass er von den jeweiligen Gegenwarten her immer wieder neu entdeckt werden kann. Der Band zeigt gerade mit seinem informellen und experimentellen Charakter, dass Hegels Ästhetik selbst nach  Jahren jederzeit das Potential hat, sich dieser Bewährungsprobe zu stellen. Bernadette Collenberg-Plotnikov Ruhr-Universität Bochum / FernUniversität in Hagen

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D) Neuerscheinungen zu einzelnen Autoren der klassischen deutschen Philosophie Lara Ostaric, ed. Interpreting Schelling: Critical Essays. Cambridge: Cambridge University Press,  (hardback);  (paperback). VI,  pp. With the eleven essays collected in this volume, Anglophone Schelling scholarship finally grew up. At least, this is the implicit – and, indeed, largely substantiated – claim to be found between the lines of this landmark edited collection, now being published in paperback for the first time. Ostaric assembled a group of highly-respected German Idealism scholars, who for the most part are not celebrated for their work on Schelling in particular (the obvious exceptions being Manfred Frank and Andrew Bowie), and, as a result of the ‘serious’ rigour they imported from ‘more serious’ research on Kant, Fichte, and Hegel, Schelling scholarship took a giant step forward. In sum, with a nod to other Englishlanguage monographs first published almost contemporaneously – such as Sean McGrath’s The Dark Ground of Spirit (Routledge, ), Dalia Nassar’s The Romantic Absolute (University of Chicago Press, ), Tyler Tritten’s Beyond Presence (de Gruyter, ) and Jason Wirth’s Schelling’s Practice of the Wild (SUNY, ) – it seems fair to estimate the years when Interpreting Schelling was first published as marking a major advance in English-language appreciations of Schelling. Of course, this kind of narrative of progress has its casualties. Ostaric’s introductory claim that her volume is “the first collection of essays in English that systematically traces the historical development of [Schelling’s] thought” () does still acknowledge the work done in such previous volumes as The New Schelling (Continuum, ) and Schelling Now (Indiana University Press, ), but limits such work “exclusively to issues in contemporary Continental philosophy” (), rather than recognising much in them pertinent to rational reconstructions of Schelling’s writings themselves. Similarly, the relegation of Xavier Tilliette to merely a Catholic “theologian” influenced by Schelling (), in addition to the omission of Horst Fuhrmans’ Schellings letzte Philosophie from “influential studies of Schelling […] in Germany” (), tends to privilege secular reconstructions. Indeed, for better or worse, Interpreting Schelling reads in places as an apotheosis of the Frankian approach to Schelling, filtering the philosopher’s texts through a thick gauze of analytic common sense. Often, this approach has huge advantages. Daniel Breazeale’s “Philosophical Construction and Intuition in Schelling’s Philosophy of Identity (–)”, for instance, provides by far the best English-language account of Schelling’s methodology of construction through a close reading of the Fernere Darstellungen and Über Construction in der Philosophie, informed by his expertise in Kantian and Fichtean epistemologies. Breazeale persuasively shows how Schelling’s writings of the period consist of “ostensive rather than discursive proofs” of the absolute (). Too much Anglophone Schelling scholarship has been narratival in focus, failing to tarry rigorously with synchronic slices of Schelling’s trajectory. Breazeale’s focus on the concept of construction around  shows the benefits of Ostaric’s vision for the volume: contributors’ making use of specialisms gained from other areas in German Idealism to contextualise and assess Schelling’s claims, free from some of the more problematic baggage of traditional Schelling scholarship. Similar compliments could be paid to Kosch’s analysis of the Freiheitsschrift in its Kantian and Fichtean contexts as a “transitional” position between freedom as “responsible for the introduction of chaos”

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and “the compatibilism of his own early works” ( f.), as well as Ostaric’s own “The Concept of Life in Early Schelling” which reframes Schelling’s philosophy of nature in terms of the Kantian “question of the unity of theoretical and practical reason” (). However, there are some dangers to this thorough contextualisation of Schelling in terms of the other German Idealists, which Michael Forster’s “Schelling and Skepticism” in part exhibits. Forster has never been known for his sympathy towards Schelling: Hegel and Skepticism (Harvard University Press, ) laments his “epistemological carelessness”, “cavalier” metaphysics and “crudely dogmatic” philosophy ( f.). In the same vein, Forster’s contribution to Interpreting Schelling, while acutely aware of changes in Schelling’s explicit attitude towards the problem of scepticism (providing a helpful taxonomy of them), is remarkably incurious as to why Schelling’s views might change or even why Schelling might sometimes consider explicit engagement with sceptical critique to be an unhelpful way of doing philosophy. What emerges is an old-fashioned “Schelling manqué”, a dogmatist who falls short of Hegelian norms (), owing to the bare fact that he does not spend the same amount of time explicitly responding to sceptical challenges. Forster’s example shows that there is good reason why some scholars may have previously been uninterested in turning their full attention to Schelling. Manfred Frank’s essay, “‘Identity of Identity and Non-Identity’: Schelling’s Path to the ‘Absolute System of Identity’”, is successful in a way that is quite different from Breazeale’s, Kosch’s or Ostaric’s: drawing on his unparalleled knowledge of the details of Schelling’s life and works, he is able to make a plausible case for the precise sources of Schelling’s theory of identity. Frank’s descriptions of Schelling’s appropriation of the logic of reduplication from the Wolffian tradition (–) as well as of Ploucquet’s “identity conception of predication” (–) are unique resources for the English-language scholar. He may sometimes play a little fast and loose with the evidence – ignoring Schelling’s more disdainful references to Ploucquet (complaints of ‘Tübingen-Ploucquetish philosophy’ in the Fichtecorrespondence, for instance) and citing Schelling’s very early and later work to corroborate his – position (in section V, for example (–)). Nevertheless, the virtues of this essay are more traditional than those found elsewhere in Interpreting Schelling: a lifetime’s immersion in Schelling scholarship articulated through a nuanced understanding of one central concept, identity. It remains a shame that Interpreting Schelling only had room for a couple of essays on Schelling’s philosophy after . While this may in some ways helpfully reverse overemphasis on the ‘transgressive’ value of the late Schelling in much scholarship, it also reflects one limitation of Ostaric’s tactic of mostly deploying expertise from early German Idealism to make sense of Schelling. Nevertheless, Fred Rush’s contribution, “Schelling’s Critique of Hegel”, particularly its second half, is a highlight of the volume: Rush carefully refuses to sacrifice the details of Schelling’s arguments against Hegel in his Berlin lectures for generalising labels like negative philosophy “that may be taken to operate high-handedly and at a great theoretical remove from close philosophical argumentation” () and, instead, reconstructs Schelling’s later project as “an interpretation of how the weight of discursive success in the world is to be felt” (). Rush’s strategy results in a conceptually-rich and argumentatively-complex late philosophy. The foregoing comments hold Ostaric’s Interpreting Schelling up to scrutiny in a way that presupposes that the volume has already come to be recognised as a vital resource, a significant landmark in the development of Anglophone Schelling scholarship. This is to imply that it has already achieved far more than most collections of essays in the history of

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philosophy ever do. One of the most telling compliments one can pay is that, through the ‘grown-up’ rigour employed in this volume, the English-language literature is now, in part, converging with what has been going on in Germany for the last decade or so. The publication of a more accessible paperback version is therefore to be enthusiastically welcomed. Daniel Whistler Royal Holloway, University of London

Michael Quante. Der unversöhnte Marx. Die Welt in Aufruhr. Münster: Mentis, .  S. Das Buch will „den mit dem Kapitalismus und damit auch mit unserer Gegenwart unversöhnten Marx“ präsentieren, denn in dieser Hinsicht sei sein Denken „aktueller denn je“ (). Die Aktualität beruhe darauf, dass er „Tiefendimensionen“ des modernen Kapitalismus aufgedeckt und dabei „philosophische[] Konzeptionen“ eingesetzt und entwickelt habe, die „weiterhin problemerschließendes Potential und kritische Kraft haben“ (). Marx’ Denken stehe „auch unserer Wirklichkeit unversöhnt und kritisch gegenüber“ (). Entsprechend stellt Quante, wie auch in seinen anderen Arbeiten zu Marx, Marx als Philosophen in den Mittelpunkt seiner Darstellung. Der erste, als „Einführung“ (in Marx, nicht in das vorliegende Buch) bezeichnete Teil, der etwa die Hälfte des Buches einnimmt, behandelt „Die Philosophie von Karl Marx“ ( – ); ein zweiter Teil („Kritische Interventionen“;  – ) versammelt vier bereits andernorts publizierte Texte, die „als essayistische Punktbohrungen und Spurensuchen“ () verstanden werden sollen. Dass Marx von der Philosophie herkommt und dies, besonders seinen Bezug zu Hegel, auch später nicht verleugnet, ist unstrittig. Strittig ist, was das bedeutet. Kann von einer marxschen Philosophie gesprochen werden? Oder nur von einem marxschen Umgang mit der Philosophie? Das heißt: Will Marx noch einen Beitrag zur Philosophie leisten? Oder ist sein Theorieprogramm – ungeachtet des Bezugs auf philosophische Theorieelemente – darauf gerichtet, eine wissenschaftliche „Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft“ zu unternehmen, wie es  heißt? Quantes Antwort fällt eindeutig aus: Auch das Unternehmen der „Kritik der politischen Ökonomie“ habe „genuin philosophischen Charakter“ und sei „keine ökonomische Theorie (im Sinne einer empirischen Einzelwissenschaft)“ (, ebenso ). Marx’ Selbstaussagen, wonach er sich von der Philosophie abgewendet habe, beziehen sich „ausschließlich“ auf die „rein idealistische“ bzw. „eine abstrakt moralische Philosophie, welche die empirischen Erfahrungen […] nicht in sich aufnimmt“ (). Die Trennlinie, die Quante zieht, verläuft somit zwischen einer die Empirie nicht vernachlässigenden Philosophie einerseits, die er für Marx in Anspruch nimmt, und den empirischen Einzelwissenschaften andererseits. Diese Grenzziehung ist keineswegs eindeutig, denn das Verhältnis der Philosophie zur Empirie (oder die ‚Stellung des Gedankens zur Wirklichkeit‘, wie es bei Hegel heißt) kann ganz verschieden gestaltet sein, wie auch die empirischen Einzelwissenschaften in der theoretischen Durchdringung der erscheinenden Wirklichkeit ganz unterschiedlich verfahren können. Hierauf wird noch einzugehen sein. Der Darstellung im ersten Teil liegen zwei Annahmen zugrunde: erstens, dass sich der „Kern“ des marxschen Denkens „als Philosophie rekonstruieren“ lasse, und zweitens, dass

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es in der Entwicklung des marxschen Denkens „auf der fundamentalen begrifflichen Ebene“ eine „Kontinuität zentraler philosophischer Thesen und Denkmotive“ gebe (). Beides sind starke Thesen, die sich sowohl gegen rein ökonomische und sozialtheoretische Interpretationen der marxschen Theorie richten als auch gegen die Annahme eines „epistemologischen Bruchs“ (Althusser) im Denken von Marx. Beide Thesen sollen sich durch die folgende Darstellung bewähren, die mit einer biographischen Skizze beginnt, um dann in fünf Schritten das darzulegen, was nach Quante den Kern der marxschen Philosophie ausmacht. Er beginnt mit den „Hegelianische[n] Hintergründe[n]“ ( ff.), womit hier die junghegelianische Bewegung gemeint ist, die „bedeutende und bleibende Spuren“ in Marx’ Denken hinterlassen habe (). Besonders hervorgehoben werden Bruno Bauers „Transformation der Hegelschen Dialektik in eine Theorie der Verschärfung von Gegensätzen und der Vernichtung vorhergehender Gesellschafts- und Gedankensysteme“ sowie der Bezug auf „eine Art Gattungswesen“ (). Letzteres rekonstruiert Quante in einem zweiten Schritt als „Philosophische Anthropologie“ ( ff.). Er beginnt mit dem „Vergegenständlichungsmodell des Handelns“ (das Resultat der Handlung tritt dem Handelnden als objektiv gegenüber), das „im Zentrum jeder Marxdeutung“ stehen müsse () und auch plausibel sei (). Diese Handlungstheorie sei Grundlage der Entfremdungstheorie, die vier Dimensionen aufweise: Die Entfremdung des Arbeiters vom Produkt, von seiner Tätigkeit und von seinem Gattungswesen sowie schließlich die Verkehrung von Zweck und Mittel in den interpersonalen Beziehungen. Die letzten beiden Dimensionen ließen sich nicht allein aus dem Handlungsmodell erklären, sondern setzten normative Annahmen über das Wesen des Menschen voraus, an denen „Entfremdung“ sich bemisst (Quante spricht sogar von „metaphysischen Implikationen der […] Theorie des Gattungswesens“; ). Die anthropologische Annahme, die „Realisierung des Wesens des Menschen“ sei „ein ethisch bedeutsames Gut“, mache es möglich, Marx’ Philosophie auf der Linie einer aristotelischen Ethik zu verorten (). Diese Deutung sei zwar nicht alternativlos, aber plausibel zu machen, und zudem sei eine „ethikfreie“ Interpretation (wie z. B. ein „geschichtsphilosophischer Essentialismus“) selbst nicht ohne metaphysische Annahmen denkbar (). In einem dritten Schritt wird sodann die These entfaltet, Marx’ „Gattungsmetaphysik“ enthalte „eine Konzeption der [menschlichen] Anerkennung“ (), was anhand der marxschen Exzerpte zu John Stuart Mill () gezeigt werden soll. Ob sich dieser Text wirklich so lesen lässt, darüber lässt sich streiten. Was Marx hier an der Funktion des Geldes als ‚Mittler‘ zeigt, ist ja in erster Linie das Phänomen der Verdinglichung, der Herrschaft von Sachen über die Menschen; die Anspielung auf Hegels Herr-KnechtVerhältnis in der Phänomenologie ruft nicht den Kampf um Anerkennung auf, sondern unterlegt diesem Verhältnis eine ganz andere Struktur, nämlich die „wechselseitige Knechtschaft des Gegenstandes über uns“. Dagegen setzt Marx hier die Utopie einer freien Wechselseitigkeit, in der sich eine Einheit von Arbeit und Leben realisiere. Tatsächlich aber ist die Aufhebung der „Selbstentfremdung in der unmittelbaren Tätigkeit […] sowie in der direkten Interaktion“ () nicht zwingend die Alternative zur sachlichen Abhängigkeit; so hat der spätere Marx an der Verdinglichungskritik festgehalten, jedoch das eigentliche Reich der Freiheit jenseits der Arbeit als dem bleibenden Reich der Notwendigkeit verortet. Zuzustimmen ist Quante darin, dass die Kritik der sachlichen Abhängigkeit der Individuen eine ethische Dimension einschließt (); die Frage ist nur, wie dies zu verstehen ist.

 Karl Marx und Friedrich Engels, Werke, Ergänzungsband  (Berlin, ), .

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Mir scheint, dass Marx, hierin Hegel folgend, diese Dimension als Sittlichkeit denkt, d. h. als Institutionalisierung gesellschaftlicher Verhältnisse auf der Basis des Anerkanntseins der Individuen als freier. In einem vierten Schritt behandelt Quante die „materialistische Geschichtsphilosophie“ von Marx, deren Grundlage er anhand der unter dem Titel „Deutsche Ideologie“ edierten Manuskripte skizziert. Auch hier hebt er die ethische Perspektive hervor, die auf eine „Konzeption der unmittelbaren Anerkennung“ () hinauslaufe, die – mit Recht – als problematisch angesehen wird. Umso dringlicher scheint mir die Frage zu sein, ob Marx im Zuge der Ausarbeitung der Kritik der politischen Ökonomie Geschichte nicht eher als die der Ausbildung und Institutionalisierung von Freiheit jenseits der „Utopie der Ausschließlichkeit unmittelbarer, altruistisch motivierter Interaktion“ () verstehen will. Hierher gehört auch die Frage, ob Marx tatsächlich das Recht insgesamt verabschieden will, wie Quante unter Berufung auf Marx’ Kritik des Gothaer Programms nahelegt ( f.). Marx spricht hier im Kontext der Überwindung des Äquivalenzprinzips von der Überwindung des bürgerlichen Rechts, womit m. E. das Vertragsrecht des bürgerlichen Rechts gemeint ist und nicht das Recht schlechthin. Es gibt jedenfalls gute Gründe dafür, dass Marx am Recht als Institutionalisierung individueller Freiheit jenseits der Geltung eines bürgerlichen Gesetzbuches festhalten will. In dem fünften und letzten Schritt, der philosophischen Lektüre der Kritik der politischen Ökonomie, fehlt ein Hinweis auf die für die Institutionalisierung der individuellen Freiheit zentrale Problematik der ‚Ökonomie der Zeit‘. Insgesamt ist die als ‚Verein freier Menschen‘ gedachte Alternative im Kapital ja weniger utopisch grundiert, als oft angenommen wird, da sie sich – wie in den Manuskripten zum dritten Band explizit gesagt wird – an den Produktivgenossenschaften in Arbeiterselbstverwaltung orientiert. Marx ließe sich – wiederum mit Hegel – auch so lesen, dass er der Kritik der politischen Ökonomie nicht zumutet, die Welt darüber belehren zu wollen, wie sie sein soll, sondern es der realen Bewegung überlässt, eine Lösung zu finden (so heißt es in der „Deutschen Ideologie“, der Kommunismus sei kein Ideal, sondern die wirkliche Bewegung). Wenn Quante später feststellt, das Verhältnis der Selbstbestimmung der Gattung zur Individualität bleibe bei Marx unausgetragen ( f.), dann könnte das auch mit diesem ‚Bilderverbot‘ zu tun haben. Die „Kritischen Interventionen“ umfassen einen „Reiseführer durchs Kapital“, der anhand zentraler, klug ausgewählter Zitate die philosophische Dimension des Textes erschließen soll ( – ), eine gründliche Widerlegung der Interpretation Marx’ als Gerechtigkeitstheoretiker ( – ) sowie unter dem Titel „Zur Kenntlichkeit verzerrt! Reflexionen zur Alptraumstruktur der Kapitalismuskritik von Karl Marx“ ( – ) eine lesenswerte Studie zum Metaphernfeld der Kritik der politischen Ökonomie. Den Abschluss bildet ein Interview zur gesellschaftlichen Aktualität von Marx ( – ). Nach diesem Durchgang durch Quantes Buch ist auf die Frage ‚Philosophie und Wissenschaft‘ bei Marx noch einmal zurückzukommen. Quante ist darin uneingeschränkt zuzustimmen, dass die marxsche Theorie sich einem positivistischen Wissenschaftsverständnis nicht erschließt. Dies hat meines Erachtens auch damit zu tun, dass Marx „den Anspruch Hegels, philosophisch aufs Ganze zu gehen und in Zusammenhängen zu denken,

 Vgl. Andreas Arndt, „‚…eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für

die freie Entwicklung aller ist‘. Individualität und Freiheit bei Marx“, in: „Ein Gespenst geht um in Europa …“. Der Kommunismus im . Jahrhundert. Fachtagung der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die StasiUnterlagen. Schwerin, . November  (Schwerin, ),  – .

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nicht aufgegeben“ hat ( f.). Von Hegel übernimmt er, worauf Quante leider nicht weiter eingeht, die seiner dialektischen Methode eingeschriebene Totalitätsperspektive. Dies ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass er in seiner Kritik der politischen Ökonomie enge einzelwissenschaftliche Grenzen überschreitet und im Grunde interdisziplinär arbeitet. Es ist daher zweifellos richtig, dass Marx keine bornierte einzelwissenschaftliche Perspektive verfolgt. Seinem Selbstverständnis nach arbeitet er jedoch an einem empirisch-wissenschaftlichen Programm, der Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft. Das schließt philosophische Elemente ein, die Marx im Rückgriff auf Hegel mobilisiert, ohne sich über die Bedingungen der Möglichkeit eines solchen Rückgriffs auf eine angeblich ja mystifizierte Dialektik noch Rechenschaft zu geben. Kurz gesagt: An einer ‚genuin philosophischen‘ Reflexion ist Marx schlicht nicht mehr interessiert. Dieser blinde Fleck bei Marx ist aber m. E. nicht dadurch zu beseitigen, dass umgekehrt das marxsche Projekt als ein in erster Linie philosophisches rekonstruiert wird. Zwischen den Extremen einer von der Empirie losgelösten Philosophie und einer bornierten empiristischen Einzelwissenschaft gibt es viele Mittelglieder. Für Hegel etwa haben die empirischen Wissenschaften in der Regel einen rationellen Grund und Anfang, welcher der Philosophie angehört, während die ‚positive‘ Seite in die Wissenschaft fällt. Marx, so scheint mir, verfährt genauso, indem er die philosophische Seite von Hegel (wenn auch gebrochen durch junghegelianische Theoreme) übernimmt. Dann allerdings müsste das Verhältnis Marx’ zu Hegel in Bezug auf die empirischen Wissenschaften anders beschrieben werden, als Quante dies tut: „Während Hegel alles rezipiert hat, um es in die Philosophie einzugliedern, hat Marx versucht, mit philosophischen Mitteln das, was andere Disziplinen ermittelt haben, nach bestimmten Prinzipien zu ordnen“ (). Quantes Buch wirft mehr und grundlegendere Fragen auf, als auf den gut  Seiten beantwortet werden können. Gerade darum aber lohnt die Lektüre – und die weitere Diskussion. Andreas Arndt Humboldt-Universität zu Berlin / Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

Anna Wehofsits. Anthropologie und Moral. Affekte, Leidenschaften und Mitgefühl in Kants Ethik. Quellen und Studien zur Philosophie Band . Berlin: de Gruyter, . XII,  S. Um die Beurteilung gleich vorwegzunehmen: Diese Studie zum Zusammenhang von Anthropologie und Moral in der Philosophie Immanuel Kants ist hervorragend und stellt sich einem lang gehegten Forschungstrend entgegen, die kantische Ethik als empiriefern zu interpretieren. Diese Interpretationen vernachlässigen häufig, aktuelle und auf das konkrete Handeln bezogene Anknüpfungsmöglichkeiten an Kants praktische Philosophie aufzuzeigen. „Die inhaltliche Bestimmung moralischer Pflichten und ihre erfolgreiche Überführung in konkretes Handeln sind nach Kant nicht denkbar ohne die Berücksichtigung empirischer Faktoren und ohne eine gezielte moralisch motivierte Entwicklung empirischer Fähigkeiten.“ () Natürlich nimmt die Verfasserin auch auf Kants Moralbegründung a priori Bezug, doch geht es ihr um die anwendungsorientierte Seite einer moralischen An-

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thropologie. Dass die Geltung moralischer Prinzipien nicht von empirischen Gegebenheiten abhängt, ist für Kant eindeutig, aber wenn es um die Frage geht, wie moralisches Handeln realisiert werden könne, dann spielt auch für ihn die Empirie eine unerlässliche Rolle. Genau an diesem Punkt setzt die Autorin an und wendet sich den Hindernissen und den Hilfsmitteln für moralisches Handeln zu. Dabei kann sie zwar nicht auf eine von Kant systematisch ausgearbeitete moralische Anthropologie zurückgreifen. Eine solche hat Kant nämlich nie geschrieben. Ihre Bezugstexte sind die Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, die „Tugendlehre“ der Metaphysik der Sitten und zum Teil auch Vorlesungsmitschriften. Wohingegen die Autorin den Titel ihrer Studie Anthropologie und Moral nennt, verbindet sie diese Substantive im Verlaufe der Untersuchung zu einer „moralischen Anthropologie“ und spricht sogar vom kantischen „Projekt einer moralischen Anthropologie“ (, ). Dieses Projekt verfolgt das Ziel, dem Menschen ein Wissen für sein Handeln zu vermitteln. „Anthropologisches Wissen ist also Wissen über den Menschen als ein Lebewesen, das über sein Handeln definiert ist und zugleich Wissen für den Menschen, das ihm im Hinblick auf sein Handeln nützlich sein soll.“ () Vor dem Hintergrund dieser methodischen und textlichen Vorgaben verfolgt Anna Wehofsits ihr Ziel aus den zwei oben bereits genannten unterschiedlichen Perspektiven. Der Teil  handelt von „Hindernissen“ für ein moralisches Handeln. Diese sind vor allem mit Affekten und Leidenschaften gegeben, die den Menschen vom moralischen Handeln abhalten und die von ihm durch den Gebrauch der Vernunft gezügelt werden sollen. Wohingegen die Affekte ein vernünftiges Handeln zwar erschweren, aber auch positive Auswirkungen haben können, werden die Leidenschaften von Kant strikt verurteilt. Hier ist auch die Krankheit, die die Autorin ausschließlich als Metapher behandelt, von Bedeutung. Im Kontext der kantischen Anthropologie wird die Krankheit zwar auch metaphorisch behandelt, etwa wenn Kant Leidenschaften als ‚Krebsschäden‘ bezeichnet. Die Autorin argumentiert, dass Kant hierdurch „eine methodische Vorentscheidung“ () vornehme, indem die Leidenschaften so von vornherein im negativen Kontext stehen. Sicherlich sieht Kant Affekte und Leidenschaften als psychische Krankheiten und somit als ‚Fehler des Erkenntnisvermögens‘, aber es geht hierbei nicht nur um eine Krankheitsmetaphorik, sondern auch um die Krankheit als reales Phänomen. Dass sich Kant vor allem kritisch gegen die empirische Psychologie und bereits in der „Vorrede“ gegen die physiologische Anthropologie wendet, heißt nicht, dass er auf die empirischen Grundlagen der Psychologie verzichtet. Kant bezieht sich auf die psychologische und medizinische Literatur seiner Zeit und stellt psychopathologische Krankheitsphänomene dar. So ist die Krankheit mehr als eine Metapher, sie ist eine Beschreibung psychologischer Vorgänge des Menschen innerhalb des Konzepts einer Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. Eine ausschließlich metaphorische Interpretation trifft nicht die systematische Funktion, die diese Analysen zum Krankheitsbegriff haben. Es soll ein pragmatischer Umgang mit konkreten Menschen eingeübt und gezeigt werden, was der Mensch als freihandelndes Wesen aus sich selber macht oder machen kann und soll. Die Krankheit ist dabei ein konkretes, nicht ein metaphorisches Phänomen des Menschen. Sehr differenziert stellt die Verfasserin die Ambivalenz in Kants Darstellung der Affekte dar. Diese verhindern eher den Vernunftgebrauch und sind somit negativ besetzt. Aber es gibt auch Affekte, die sich durchaus positiv auf den Menschen auswirken können. Hierzu gehören das Lachen und das Weinen ( f.). Insgesamt geht es Kant in seiner Darstellung der Affekte schließlich darum, „einen vernünftigen Umgang mit emotionalen Hindernissen zu fördern“ (). Die Leidenschaften tragen zu diesem Ziel schlichtweg nichts bei. Sie werden

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von Kant ausschließlich negativ und als unvernünftig bestimmt. In kritischen Einzelanalysen nimmt sich die Verfasserin der Leidenschaften an und zeigt deren Natur- und Kulturbedingtheit auf. Neben den „Hindernissen“ für moralisches Handeln sind es die „Hilfsmittel“, die den Menschen dazu bringen, moralisch zu handeln, und in Teil  aufgezeigt werden. Die Verfasserin arbeitet hier in drei Schritten, indem sie sich dem moralischen Schein, der Charakterbildung und dem Mitgefühl zuwendet. Letztgenanntes hat eine exponierte Bedeutung und wird eigens im Untertitel des Buches genannt. Präzise werden die verschiedenen Charakterbegriffe dargestellt und vor allem zwischen einem moralischen bzw. moralisch guten, einem physischen und schließlich einem bösen Charakter unterschieden. Die Ausführungen über den Charakter stehen hier im Kontext der Hilfsmittel für moralisches Handeln und ebnen auch den Weg zu einer moralischen Erziehung. Vielleicht hätte an dieser Stelle auch die Unterscheidung von intelligiblem und empirischen Charakter, wie Kant sie im Rahmen der Antinomien der reinen Vernunft bzw. der Auflösung der dritten Antinomie in der Kritik der reinen Vernunft vornimmt, problematisiert werden können. Schließlich geht es hierbei auch um die Frage, inwieweit es der Charakter dem Menschen ermöglicht, frei zu handeln und sich selbst zu bestimmen, oder inwiefern er durch den Charakter einem Naturmechanismus unterstellt ist, der ihn in seiner Handlungsfreiheit und das heißt auch in seinem moralischen Handeln einschränkt. Allein der Mensch hat einen intelligiblen Charakter, da er sich nicht nur durch die Sinne, sondern auch durch bloße Apperzeption erkennt. Durch ihn stellt er sich in Freiheit unter das Sittengesetz und kann somit frei handeln, ohne der Naturkausalität zu unterstehen. An exponierter Stelle für moralisches Handeln steht das durch natürliche Anlage gegebene Mitgefühl und die (indirekte) Pflicht des Menschen, dieses zu kultivieren. Durch die moralische Unvollkommenheit des Menschen erhält das Mitgefühl eine besondere Rolle, die die Autorin in ihrer Ambivalenz und Problematik differenziert diskutiert. Das Mitgefühl bezieht sich vor allem „auf den moralischen Zweck der Glückseligkeit anderer“ (). Über die bloße Analyse der kantischen Konzeption geht die Autorin hier hinaus und spricht von einem Prozess der Kultivierung von Mitgefühl. „Im Zuge der Kultivierung wird eine empirische Disposition durch Reflexion und gezieltes Handeln so umgewandelt, dass sie es ermöglicht, den spezifischen Gehalt der Pflicht zur aktiven Teilnahme (bzw. ihre Implikation in konkreten Situationen) überhaupt erst zu erkennen und sie mit der richtigen Haltung zu erfüllen.“ () Dieses komprimierte Buch richtet sich auf eine klar umrissene Problematik innerhalb der kantischen Philosophie. Um einen solchen Ansatz durchzuführen, bedarf es der Begrenzung. So wird die Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte, in der Moral und Anthropologie bei Kant stehen, in der Studie auch nicht aufgearbeitet. Bewusst diskutiert die Verfasserin auch nicht die Probleme, die mit Kants dritter Antinomie verbunden sind. Ob eine solche Vorgehensweise legitim ist, stellt sich gewissermaßen als Gretchenfrage. Wehofsits entscheidet sich schließlich dafür, dass uns diese Diskussion im Praktischen nichts angeht (). Pointiert und in einem verständlichen und zugleich anspruchsvollen Sprachduktus verfolgt die Autorin ihre „Detektivarbeit“ (), die Hilfsmittel und Hindernisse in Kants moralischer Anthropologie aufzuspüren, um zu einem prägnant vorgetragenen Fazit zu kommen. Die Autorin nimmt Kants Anthropologie in pragmatischer Absicht ernst, indem sie in ihr eine Möglichkeit für die Leserinnen und Leser zur Identifikation sieht. So ist dieses Werk auch im Sinne „individueller moralischer Selbsterkenntnis“ () zu lesen. Es geht Kant in seiner Ethik um konkrete Personen, die einen moralischen Charakter herausbilden

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sollen. Dabei stehen dem Menschen mehr Hindernisse im Wege als Hilfsmittel zur Verfügung. Von Kant abweichend versteht Wehofsits die Selbsterkenntnis als dialektischen Prozess und nicht im Sinne eines Stufenmodells. Die moralische Charakterbildung ist ein vielschichtiger, verzweigter Prozess auf den verschiedenen Ebenen menschlichen Seins. Dass auch Kants Theorie des moralischen Handelns nicht allein das Denken, sondern vor allem auch die Kultivierung konkreter Gefühle des empirischen Menschen umfasst, ist ein wesentliches Ergebnis des Buches. Vor dem Hintergrund dieser scharfsinnigen Studie zu einer moralischen Anthropologie lässt sich Kant für aktuelle Positionen der Moralphilosophie fruchtbar machen und im Hinblick auf eine Theorie der Gefühle vielleicht sogar ein produktiver Dialog mit der Kognitions- und Hirnforschung führen. Annette Sell Ruhr-Universität Bochum

Allen W. Wood. Fichte’s Ethical Thought. Oxford: Oxford University Press, .  S. Michelle Kosch. Fichte’s Ethics. Oxford: Oxford University Press, .  S. Bis heute wird Fichtes System der Sittenlehre () wenig rezipiert. Dafür gibt es plausible Gründe: Historisch stand einer breiteren Aufmerksamkeit der Atheismusstreit im Weg. Systematisch ist der Zugang wegen der engen Verbindung mit den Grundlegungsschriften der Wissenschaftslehre schwierig. Hinzu kommen, wie Peter Rohs konstatiert, Defizite im „diskursiven Element“ und in der „analytischen Sauberkeit in den Details der Argumentation“. Gleichwohl bleibt die relativ geringe Rezeption erstaunlich und bedauerlich. Erstaunlich, insofern Fichte selbst wiederholt den Primat der praktischen Philosophie behauptet. Bedauerlich, wenn man Rohs’ Urteil folgt, das „[a]n intuitivem Gehalt, an allgemeiner Einsicht […] die Sittenlehre ohne Zweifel zu dem bedeutendsten [gehört], was die Geschichte der Philosophie kennt“. Trotz zuletzt steigenden Interesses an Fichtes Sittenlehre blieb es zumeist bei Aufsätzen zu einzelnen Aspekten. Mit den Studien von Allen Wood und Michelle Kosch liegen nun gleich zwei aktuelle Monografien vor, die Fichtes System der Sittenlehre mehr oder weniger im Ganzen in den Blick nehmen. Dabei eint Wood und Kosch die Überzeugung, dass das Desinteresse historisch und sachlich ungerechtfertigt sei und Fichtes Ethik auch für die heutige Diskussion große Bedeutung zukomme. Im interpretatorischen Grundansatz unterscheiden sich beide Autoren aber erheblich. Wood interpretiert Fichtes Ethik im engen Bezug auf die Grundlegungsschriften der Wissenschaftslehre, liest sie als deontologischformalen Ethikentwurf und betont die Rolle der Sozialität in Fichtes Pflichtenlehre. Kosch hingegen entwickelt eine das System der Sittenlehre allein aus sich selbst verstehende Interpretation, die auf die Diskussion der Wissenschaftslehre bewusst verzichtet. Zudem plädiert

 Peter Rohs, Johann Gottlieb Fichte. Beck’sche Reihe Denker Band  (München, ), .  Rohs, Johann Gottlieb Fichte, .  Eine in diesem Zusammenhang bemerkenswerte Publikation ist der Sammelband Fichtes System der

Sittenlehre: Ein kooperativer Kommentar, hg. v. Jean-Christophe Merle u. Andreas Schmidt (Frankfurt a. M., ). Siehe auch die Rezension dieses Bandes von Christian Klotz in den Hegel-Studien  (), –.

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sie dafür, Fichtes Sittenlehre als Konsequentialismus und materiale Ethik zu begreifen, und richtet dabei den Fokus auf das Naturverhältnis des sittlichen Subjekts. Für Wood ist Fichte „the most original figure in the development of post-Kantian German idealism“ und „the most influential single figurer on the entire tradition of continental European philosophy in the last two centuries“ (ix), der wesentliche Züge u. a. der Romantik, Kierkegaards, Marx’, der Existenzphilosophie und der Diskursethik vorweggenommen habe. Zudem erreichten die besten und radikalsten sozialen und politischen Ideen der Moderne in seiner Philosophie „a particularly pure, sharp, and vibrant articulation that still has the power to inspire“ (xii). – Gleichwohl gilt Woods Untersuchung nicht dem Beweis dieser interessanten Thesen. Die vorliegende Studie versteht sich vielmehr vor allem als „a systematic exposition of Fichte’s ethical theory“ (ix). Daher skizziert Wood zunächst den historischen und systematischen Hintergrund: Im Anschluss an Fichtes Biographie (Kap. ) entwickelt Kap.  die methodischen und inhaltlichen Grundzüge der Jenaer Wissenschaftslehre. Dabei arbeitet Wood vier entscheidende Momente heraus: (a) Fichte gehe es um die transzendentalphilosophische Rechtfertigung des „standpoint of everyday life“ () und dessen realistischer Überzeugungen. (b) Fichte wende sich epistemologisch und moralphilosophisch gleichermaßen gegen einen metaphysisch-dogmatischen Realismus wie gegen einen antirealistisch-internalistischen Idealismus. (c) Die Rechtfertigung unserer Begriffe und lebensweltlichen Überzeugungen bestehe darin, sie aufzuweisen als Momente „of the way we must think of ourselves from a transcendental perspective in order to form a coherent conception of our action and the world in which we act” (). (d) Die Grundbestimmung des Selbstbewusstseins und damit das Prinzip des Deduktionsgangs sei ein „act of self-positing” (), der dem endlichen Subjekt als „norm-laden awareness of freedom“ (), als freier Wille (auf‐)gegeben sei. Willensfreiheit und Intersubjektivität sind als die beiden fundamentalen Bedingungen des Handlungsbegriffs Gegenstand von Kap. . – Wood zeigt, dass Freiheit bzw. Wille für Fichte nicht ein Vermögen des Ich ist, sondern dieses selbst: „[T]he I is free at all only if, and to the extent that, it makes itself free, by actually determining itself in accordance with the norm that constitutes its selfhood.“ () Daher sei Freiheit der Grund des praktischen und des theoretischen Bewusstseins. Real existiere sie aber nur als empirisch bestimmte und verleiblichte, als „a power of our body to act causally on the external world“ (). Zudem müsse zwischen formaler und materialer Freiheit unterschieden werden: Formale Freiheit, die unbedingte Spontaneität des (Sich‐)Bestimmens, sei zwar der Grund der Freiheit, darunter auch der Fähigkeit, sich gegen die leiblichen Naturtriebe zu entscheiden. Aber erst als materiale, als „the act of conforming to the norm or law of freedom“ (), sei sie absolut, d. h. zugleich Subjekt und Objekt, reine Selbstbeziehung. – Als Freiheit eines endlichen Subjektes setze sie schließlich die Interaktion mit anderen Vernunftwesen voraus, „a free, rational communication“ (). Unsere Bestimmung als Individuen sei die „society, which is its own end“ (). Daher ziele Fichtes Ethik letztlich darauf, „to liberate us as individuals by inspiring us to devote our lives to the good of others and to the future of the whole community of rational beings […] in which everyone is free and reaches self-fulfillment“ (). Kap.  bis  folgen nun dem Gang des Systems der Sittenlehre. In Kap.  analysiert Wood daher zunächst Fichtes Deduktion des Prinzips der Sittlichkeit aus der Freiheit des Ich als ‚self-determing act‘ bzw. ‚Wille‘. Aus der der Selbstbestimmung intrinsischen, im Endlichen aber nicht aktualisierbaren Identität von Subjekt und Objekt, Bestimmend- und

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Bestimmtsein, leite Fichte die Freiheit des Ich als normativ, als aufgegebene absolute Selbstbestimmung ab – und damit als moralisches Gesetz. Frei sei eine Handlung nicht als gänzlich unbestimmte, sondern dann, wenn sie allein um der Freiheit willen, d. h. nur aus der Forderung des moralischen Gesetzes geschehe. Das Prinzip der Sittlichkeit habe also keinen bestimmten Inhalt, sondern gebe nur die Form jeder (sittlichen) Handlung vor. Kap.  ist der Deduktion der Realität und Anwendbarkeit des ‚Princips der Sittlichkeit‘ gewidmet und analysiert Fichtes Lehre vom Trieb und vom Gewissen. Fichte entwickelt, so zeigt Wood, das Konzept einer Vereinigung von Naturtrieb, der die alleinige Quelle empirischer Wirksamkeit sei, und der moralischen Forderung absoluter Selbständigkeit. Diese geschehe, wenn eine empirisch-situativ bestimmte Handlungsoption durch einen Akt formaler Freiheit als Pflicht genommen werde. Das bedeute – so die Woods Studie im Ganzen bestimmende These –, dass Fichte „any technical-practical consequentialist procedure for deciding what is morally right“ zurückweise (). Fichte unterscheide vielmehr zwischen „moral judgment“ und „conviction“ bzw. „certainty“ (). Das „moral judgement“ habe den konkreten materialen Gehalt der Handlung zum Gegenstand und sei eine Leistung des theoretischen Erkennens, das allein an theoretischen Wahrheitsbedingungen orientiert und als Urteil über eine empirische Situation prinzipiell unsicher, vorläufig und fallibel sei. Die im ‚Gewissen‘ gegebene ‚conviction‘ füge dem theoretischen Urteil eine praktische Dimension hinzu, „namely the immediate feeling of certainty that, here and now, we ought to do it“ (). Erst im Harmoniegefühl des Gewissens werde die situative theoretische Lagebeurteilung zur handlungsleitenden Überzeugung. Das Gewissen bewahrheite also nicht die inhaltliche Richtigkeit und situative Angemessenheit der konkreten Handlung im Blick auf einen (materialen) Endzweck, sondern allein, dass sie „practically certain for us“, dass sie Pflicht sei (). Daraus folgt nach Wood unmittelbar zweierlei: (a) Auch Fichtes Behauptung, dass es in jeder Situation genau eine bestimmte moralisch geforderte Handlung gebe, verweise nicht auf ein material bestimmtes Sittengesetz, sondern sage, dass eine Handlung die einzig moralisch richtige genau deshalb ist, weil ich sie mir zur Pflicht setze. Aus dem Moralgesetz als solchem folge also keine materiale Bestimmung unserer Pflicht, sehr wohl aber die kategorische Forderung, stets nach der theoretischen Erkenntnis, was situativ Pflicht sei, zu suchen. (b) Fichtes These, dass es keine moralisch neutralen Handlungen gebe, sei allein auf die Serie von formal freien Akten der Entscheidung für einen situativen Handlungszweck zu beziehen, nicht auf die Wahl des situativ dafür geeigneten Mittels, d. h. des bestimmten technisch-praktischen Wirkens: „Far from making choices based on instrumental reasoning the basis of ethics, Fichte thinks that merely instrumental choices are without ethical significance.“ () Kap.  und  untersuchen „Fichte’s ‚scientific‘ or philosophical account of the law’s objective content“ (). Kap.  ist dabei vor allem den Pflichten gegen den Leib und den Intellekt gewidmet, Kap.  den sozialen Pflichten und Fichtes Konzept einer moralischen Gemeinschaft der Vernunftwesen. Seine Grundthese, dass auch das System der Pflichten rein deontologisch begründet sei, belegt Wood einerseits im Blick auf einzelne Pflichten, wie der Pflicht, die theoretische Vernunft ausschließlich „by theoretical grounds“ zu bestimmen (), dem Suizidverbot () oder der Pflicht, einen (Berufs‐)Stand zu wählen (). Andererseits verteidigt Wood die deontologische Lesart auch für Fichtes These, dass die moralische Bestimmung eines Vernunftwesens nichts anderes sei als die Abfolge seiner einzelnen, situativ je bestimmten moralischen Handlungen. Die Handlungsserie habe zwar absolute Selbstständigkeit zu ihrem Endzweck (und werde von unserer Hoffnung auf eine bessere Zukunft begleitet), doch blieben diese bei Fichte inhaltlich zu leer, um eine Abfolge

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von Handlungen auf sich hin material zu bestimmen. Nicht weil sie sich einem letzten materialen Handlungsziel – „the general happiness, for instance, or complete control over nature“ () – annähere, erfülle eine Handlungsserie die moralische Forderung, den Endzweck absoluter Selbstbestimmung anzustreben. Dies tue sie vielmehr deshalb, weil sie eine Reihe von nur aus der situativen Überzeugung unserer jeweiligen Pflicht erfolgenden Handlungen darstellt (), bei der jede Handlung die folgende Handlungssituation mitbestimmt und durch die vorherige Handlung mitbestimmt wurde: „This series is not fixed in advance (as by consequentialist calculations). Instead, it is being constantly made and remade by the limit set by each new action.“ () Ebensowenig gebe die Fassung der höchsten Pflicht als „to participate in free and all-inclusiv rational communication whose aim is complete agreement on ends and practical principles“ () ein materiales Ziel an, durch das bestimmte Inhalte von Handlungen als diesem Ziel zuträglich kategorisch gefordert würden. Vielmehr gehe es beim „complete agreement on ends and practical principles“ um die Beistimmung zu „general terms of human interaction“ (), die Bedingung für den prinzipiell offenen und unabschließbaren Prozess seien, Einigungen über materiale Gehalte der Pflichten zu suchen. Das letzte Kapitel stellt schließlich eine Skizze von Fichtes Jenaer Rechtsphilosophie vor. Wie schon die sozialen Pflichten im System der Sittenlehre prüft Wood auch Fichtes materiale Bestimmungen der Rechtslehre auf ihre Aktualität, markiert vehement Bedenkenswertes (u. a. Eigentum als Recht auf subsistenzsichernde Arbeit, „very strong rights of individual privacy“; ), aber auch Irrwege (fehlende Gewaltenteilung, Ephorat) und Überholtes (Geschlechterverhältnis, ökonomischer Nationalismus und Planwirtschaft). Gegen Wood verteidigt Kosch indes die These, dass Fichtes Ethik konsequentialistisch argumentiere und ein vom Sittengesetz aufgegebenes materielles Ziel erweise: „[T]he independence of all rational agents with respect to non-rational nature“ (). Koschs Studie wendet sich dabei an die Fichte-Forschung genauso wie an den aktuellen moralphilosophischen Diskurs. Mit Fichte als Kronzeugen plädiert sie dafür zu reflektieren, dass außer anderen handelnden Subjekten auch die Natur die menschliche Selbstbestimmung einschränke, der Mensch aber durch Wissenserwerb und neue Technologien die von der Natur gesetzten Grenzen seiner Autonomie erweitern könne. Gegen eine faktisch und moralisch falsche Technologiefeindlichkeit in der Moralphilosophie gelte es, Fichtes Idee wiederzuentdecken, „that technological progress aimed at increased mastery of nature is a necessary end of rational agency“ (). Gerade Fichtes Ethik könne „stronger arguments for environmental conservation“ entwickeln „than other Kantians or indeed most consequentialists“ (). Auch Kosch analysiert zunächst (Kap. ) das von Fichte vertretene Konzept von Willensfreiheit bzw. ‚rational agency‘, verweist auf seinen Bedeutungskern als spontane Selbstbestimmung und vollzieht Fichtes Herleitung der Bedingungen nach, Handeln eines (endlichen) Ich zu sein, zu denen u. a. die Leiblichkeit des Handlungssubjekts und die Intersubjektivität gehören. Ebenso arbeitet Kosch die Unterscheidung zwischen formalen (subjektiven) und materialen (objektiven) Bedingungen heraus. Die formale Bedingung bestimmt sie als das Bewusstsein, allein um der Freiheit willen bzw. ‚aus Pflicht‘ zu handeln. Materiale Bedingung sei hingegen, „that the action be part of a series at whose (infinitely distant) end one would arrive at the moral end qua state of affairs“ (), „the state of absolute independence“ ().

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Aufgrund ihres Anliegens, die in der Fichte-Rezeption vorherrschende einseitige Fokussierung auf die formalen Bedingungen zu korrigieren, dreht Koschs Darstellung im Folgenden den Deduktionsgang im System der Sittenlehre bewusst um. Kap.  ist daher den materialen Freiheitsbedingungen gewidmet, der Selbstbestimmung als „a substantive moral end“ (). Kosch will beweisen, dass nach Fichte materiell korrekte Handlungen „promote the material conditions of the perfection of the exercise of practical reason; and they maximize the scope for possible rational plans of action“ (). Dabei eingeschlossen sei die Überwindung externer Beschränkungen – solcher der Natur, wie Krankheiten, Naturkräfte oder Naturkatastrophen, ebenso wie solcher durch andere Menschen – durch „natural scientific research and the development and application of technology“ bzw. durch „the development of social technologies“ (). Zur Verteidigung dieser These präsentiert Kosch zunächst Belegstellen dafür, dass der Endzweck absoluter Selbständigkeit für Fichte „determinate enough“ sei, „to guide action“ (). Kosch verweist dabei darauf, dass in der empirischen sittlichen Handlung moralischer und natürlicher Handlungszweck, die Handlungsbestimmung aus Freiheit und durch den Naturtrieb zusammenfallen müsse. In den von Kosch aus den §§ ,  und  der Sittenlehre angeführten Stellen behauptet Fichte genauer, dass (a) der empirisch-aktual unmögliche Zusammenfall als Aufgabe, sich immer freier zu machen, der Endzweck sei, dem sich das sittliche Individuum immer mehr annähern soll; dass es (b) dabei für jedes Individuum eine notwendig durch seine Natur bestimmte Reihe von sittlich geforderten Handlungen gebe; dass (c) die Erfüllbarkeit der situativ je geforderten Handlung durch und in der (äußeren) Natur selbst gegeben sei; dass daher (d) der sittliche Trieb ein gemischter Trieb sei, der seine Materie dem Naturtrieb, seine Form aber dem reinen Trieb nach absoluter Selbständigkeit verdanke – und zwar derart, dass dieser von jenem die Materie nur als solche, und das heißt für Kosch in entscheidender Differenz zu Wood als „substantive moral correctness of actions, looked at abstraction from the motives behind them“ (; Hervorhebung v. O.K.), nicht aber schon als Zweck erhalte. Insofern aber eben nur Naturtriebe empirische Kausalität haben bzw. die Serie der von mir geforderten konkreten Handlungen durch die Ordnung der Natur bestimmt sei, fordere daher (e) das Sittengesetz die absolute Unabhängigkeit nicht nur des Willens, sondern ‚unseres ganzen Seyns‘. Diese Selbständigkeit bedeute (f) aber, dass in meiner Sinnenwelt nur geschehen soll, was ich will, sie sich also wie mein Leib verhalte, bzw. dass alle physische Kraft der Vernunft untergeordnet sei, woraus (g) die Forderung folgt, in der Sinnenwelt alles auf eine solche Weise zu bearbeiten, dass es diesem Zweck genügt. Fichte erkläre mithin ausdrücklich, so Kosch, dass „moral progress“ vom „technical progress“ abhänge, „because moral progress depends ultimately on the subordination of nature“ ( f.). In einem ausführlichen zweiten Schritt interpretiert Kosch dann Fichtes System der Pflichten mit Blick darauf, welche Rolle die Forderung nach Maximierung der materialen Unabhängigkeit spielt. So resultiert nach Kosch die Pflicht, die theoretische Erkenntnis(kraft) durch Bildung fortzuentwickeln, aus dem Ziel, die praktische Reflexion und damit die Handlungsfreiheit zu befördern. In diesem Sinne folgen nach Kosch auch die sozialen Pflichten aus dem Ziel, Widerstände und Störungen der Annäherung an den Endzweck der Handlungsfreiheit zu elimieren, wobei Kosch diesen wiederum als material bestimmt versteht, als Unabhängigkeit von der Natur und als Kooperation von moralischen Subjekten. Kap.  klärt dann Fichtes Begriff der formalen Bedingungen freier Handlungen genauer. Wie auch Wood zeigt Kosch, (a) dass die materialen und formalen Bedingungen vonein-

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ander unabhängig sind und dass (b) die dem Gewissen zugeschriebene unmittelbare Gewissheit der situativ geforderten Handlung nicht deren objektive Angemessenheit garantiert, sondern nur „the state of our own consciousness, occurring when, and only when, doubt is replaced by settled conviction“ (). Daher sei das praktische Urteil (c) wesentlich auf die theoretische Situationsbeurteilung angewiesen. Während Wood jedoch die prinzipielle Unterschiedlichkeit von theoretischem und praktischem Urteil betont und daher diesen Befund als Beleg für Fichtes rein formales Verständnis des Sittengesetzes wertet, folgert Kosch daraus, dass die materielle bzw. theoretische Komponente selbst konstititutives Moment des sittlichen Gesetzes ist. Der Handelnde müsse m.a.W. in gleicher Weise wie an der formalen auch ein sittliches Interesse an der materialen Freiheit seines Handelns nehmen und damit auch an „[the] control agents have over their natural environment“ (). Das abschließende Kap.  ergänzt Koschs Überlegungen durch den Nachweis, dass auch Kantianer „the moral importance of substantive independence of nature in Fichte’s sense“ eigentlich konsequenterweise nicht bestreiten dürften (), eine knappe nochmalige Rekonstruktion des fichteschen Arguments und schließlich die Diskussion naheliegender Einwände gegen die konsequentialistische Lesart von Fichtes Ethik. Trotz ihres entgegengesetzten interpretatorischen Ansatzes bieten sowohl Kosch als auch Wood eine wohlinformierte Darstellung. Dabei entwickelt Wood eine Lesart, die nicht nur den Geist von Fichtes Philosophie trifft, sondern auch den Buchstaben des kategorischen Imperativs und die sich letztlich auch in der weitgehenden Unabhängigkeit von Moral und Recht spiegelt. Koschs frische und mutig vermeintliche Gewissheiten infrage stellende Interpretation ist zwar mit Blick auf Fichtes Text als Ganzem nur schwer zu verteidigen. Wesentliche Intuitionen Fichtes, die sich aus der Absicht speisen, die Dualismen bei Kant und auch die Vorwürfe einer bloß formal bleibenden Ethik zu überwinden, nimmt sie hingegen sehr wohl und konsequent auf. Selbst dies eingeräumt, erscheint die Fokussierung auf die technologische Kontrolle über die Natur jedoch zumindest einseitig. Zu fragen wäre zudem, ob nicht ein Harmoniekonzept näherliegen würde. Und schließlich erscheint auch das Konzept der Naturkontrolle zu unbestimmt, um von ihm aus die Richtigkeit eines je situativen Handelns als kategorisch-unbedingtes zu sichern. Gleichwohl bietet die in ihrer Gegensätzlichkeit gerade anregende Zusammenschau beider Interpretationen nicht nur ein Indiz für ohne Frage vorhandene Spannungen in Fichtes Entwurf selbst, sondern auch einen guten Grund, Fichtes Sittenlehre vermehrt kritische Aufmerksamkeit zu schenken. Zumal es Kosch wie Wood gelingt, für so manchen materialen Vorschlag Fichtes engagiert zu werben. Oliver Koch Ruhr-Universität Bochum

BIBLIOGRAPHIE LITERATUR ZUR HEGEL-FORSCHUNG

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Zusammenstellung und Redaktion: Swantje Bornheim und Johannes-Georg Schülein (Bochum)

Diese fortlaufende Berichterstattung sucht sowohl das nicht selbständig erschienene Schrifttum, also Abhandlungen aus Zeitschriften, Sammelbänden usw., als auch Bücher über Hegel möglichst breit zu erfassen. Sammelbände sowie Periodika-Sondernummern, die ausschließlich der Philosophie Hegels gewidmet sind, werden in der Abteilung Literaturberichte und Kritik als ganze rezensiert. In der Bibliographie werden die einzelnen Abhandlungen solcher Bände in der Regel nicht mehr angezeigt. Die Beiträge werden alphabetisch nach dem Namen der Autoren angeordnet. An der Bibliographie dieses Bandes haben Lauri Kallio (Helsinki) und María del Carmen Paredes Martín (Salamanca) mitgearbeitet. Die über Hegel arbeitenden Autoren sind freundlich eingeladen, durch Einsendung von Sonderdrucken die Berichterstattung zu erleichtern. Allen, die solche Hilfe bisher schon geleistet haben, sei besonders gedankt.

Hegel-Studien  · © Felix Meiner Verlag · ISSN -

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ABHANDLUNGEN

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Abhandlungen im Berichtszeitraum 

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Zwart, Hub. „From the Nadir of Negativity towards the Cusp of Reconciliation A Dialectical (Hegelian-Teilhardian) Assessment of the Anthropocenic Challenge“. Techne´: Research in Philosophy and Technology , ():  – .

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BIBLIOGRAPHIE

NEUE BÜCHER

IM

BERICHTSZEITRAUM 

Achella, Stefania, und Roberto Garaventa, Hgg. Hegel e la filosofia italiana. Pisa, . Adler, Alfred. Hegel et l’Afrique: histoire et conscience historique africaines. Paris, . Alberghina, Cristina Isabella. Das Herz beim jungen Hegel im kontextuellen Verständnis. Saarbrücken, . Althof, Daniel. System und Systemkritik: Hegels Metaphysik absoluter Negativität und Jacobis Sprung. Berlin, . Araújo, Patrício Câmara. Romance de Formação, Consciência e Cultura entre Hegel e Goethe. Saarbrücken, . Arce, Gonzalo Tinajeros. Lógica y Política en Hegel Silogismos y Poderes Ciencia de la Lógica – Ciencia del Estado. Saarbrücken, . Ardabī lī , Muh ̣ammad Mahdī . Mā va Higil. Teheran, . Arndt, Andreas, Brady Bowman und Myriam Gerhard, Hgg. Hegels Antwort auf Kant. Hegel-Jahrbuch. Berlin, . Arndt, Andreas, und Jure Zovko, Hgg. Hegels Anthropologie. Berlin, . Asmuth, Christoph, und Jesper Lundsfryd Rasmussen, Hgg. Beginning and Origin. Hegel and Husserl on Foundationalism and Life-World. Würzburg, . Badiou, Alain, Slavoj Žižek und Alfredo Riponi. Hegel o l’immanenza delle verità: le due finitudini, la scissione soggettiva e la felicità. Mailand, . Bar, Roi. Metascience as Self-Knowledge: Hegel’s Philosophy of Science in light of the question of Naturalism. Dissertation an der Universität Leipzig, . Baricco, Alessandro. El alma de Hegel y las vacas de Wisconsin: una reflexión sobre música culta y modernidad. Madrid, . Barua, Ankur. The Absolute of Advaita and the Spirit of Hegel: Situating Vedānta on the Horizons of British Idealisms. Cham, . Bataille, Georges, und Rita Bischof. Hegel. Der Mensch und die Geschichte. Berlin, . Bellers, Jürgen, und Markus Porsche-Ludwig. Große Philosophen zu Fragen der Politik und Gesellschaft des . Jahrhunderts: Aristoteles, Thomas, Machiavelli, Herder, Hegel, Simmel, Scheler. Nordhausen, . Bertram, Georg W. Hegels „Phänomenologie des Geistes“: Ein systematischer Kommentar. Stuttgart, . Biasutti, Franco. Figure della classicità in Hegel. Pisa, . Bogenschneider, B. The Missing Hegelian Revival in Tax Jurisprudence. UK, . Borges, Thiago. Elementos para uma reconstrução da história universal Pensamento e memória na filosofia negativa de Hegel. Saarbrücken, .

Neue Bücher im Berichtszeitraum 

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Boubia, Fawzi. Integration und Ausgrenzung im deutschen Denken – Goethe und Hegel. Berlin, . Bourgeois, Bernard. Penser l’histoire du pre´sent avec Hegel. Paris, . Bozoglu, Tülin. Hegel’in Zeitgeist’ı ve Otoriter Popülist Siyasal Söylem: Trump Üzerine Bir Okuma. Türkei, . Brooks, Thom, und Sebastian Stein, Hgg. Hegel’s political philosophy: on the normative significance of method and system. Oxford, . Brooks, Thom, und Sebastian Stein, Hgg. Individuals: the revisionary logic of Hegel’s politics. Oxford, . Brudner, Alan. The owl and the rooster: Hegel’s transformative political science. Cambridge, . Bubbio, Paolo Diego. God and the self in Hegel: beyond subjectivism. New York, . – The I and World history in Hegel. London, . Buro, Robyn L. The Formation of the Autonomous Woman Through a Hegelian Lens: A Comparative Study of the British Fin de Siecle „New Woman“ and the Post-Mao „Amazing“ Woman. Dissertation an der Universität von Texas, . Butler, Judith, Catherine Malabou und Giovanbattista Tusa. Che tu sia il mio corpo: una lettura contemporanea della signoria e della servitù in Hegel. Mailand, . Calton, Patricia Marie. Hegel’s Metaphysics of God: the Ontological Proof as the Development of a Trinitarian Divine Ontology. London, . Cardani, Michele. Forma y contenido. Una interpretación del idealismo británico. Dissertation an der Universität Barcelona, . Carlos, J. McCadden, M. Razón y contradicción El principio más firme de Aristóteles y la contradicción en Hegel. Saarbrücken, . Cavallini, Simone. Genealogia della teoria critica: Adorno tra Hegel e Kant. Firenze, . Cioquetta, Rafael Ramos. A Filosofia da História e o Sistema de Hegel. Curitiba, . Coccoli, Guido. Il dio di Hegel: figure della religione nella Fenomenologia dello spirito: analisi e comment. Bologna, . Dale, Eric Michael. Hegel, the end of history, and the future. Cambridge, . Dallari, Edoardo. Il problema del politico: saggio su Hegel e Schmitt. Saonara, . Demjaha, Dritero. Philosophical afterthought and Hegel’s account of the Fall in the Encyclopaedia logic. Dissertation an der Universität Nottingham, . Di Mascio, Carlo. Lenin e i Quaderni sulla scienza della logica di Hegel. Firenze, . Ebetơrk, Emre, und Richard Winfield. Hegel’s Idea of Life in Logic and Nature. Georgia, .

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Neue Bücher im Berichtszeitraum 

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Ganglbauer, Klaus. Logik des Signifikanten: Poststrukturalismus, Psychoanalyse und Dialektik: Saussure, Lacan, Kant und Hegel. Wien, . Gentile, Andrea. Bewusstsein, Anschauung und das Unendliche bei Fichte, Schelling und Hegel über den unbedingten Grundsatz der Erkenntnis. Freiburg im Breisgau, . Gentile, Giovanni, und Michael Walter Hebeisen. Die Reformierung der Hegelianischen Dialektik. Biel, . Gerard, Gilbert, und Bernard Mabille, Hgg. La „Science de la logique“ au miroir de l’identité: actes du colloque international organisé à l’occasion du bicentenaire de la „Science de la logique“ de Hegel en mai  à Louvain-la-Neuve et à Poitiers. Louvain-la-Neuve, . Giacone, Alessia. La possibilità necessaria: Aristotele nella Dottrina dell’essenza di Hegel. Napoli, . Gioscia, Laura, Fabricio Carneiro und Cecilia Rocha. Kant y Hegel para no filo´sofos. Montevideo, . Gómez,j Jesús Ezquerra. El espejo de Dioniso: la ateología hegeliana. Madrid, . Gordon, Paul. Art as the absolute: art’s relation to metaphysics in Kant, Fichte, Schelling, Hegel and Schopenhauer. New York, . Greipl, Benedikt, Rolf Schö nberger und Stephan Grotz. Dialektik des Anfangs – Parakonsistenz bei Platon und Hegel. Dissertation an der Universität Regensburg, . Gungor, Tolga. Nothing: Kant’s analysis and the Hegelian critique. Essex, . Habib, M. A. R. Hegel and Empire: From Postcolonialism to Globalism. Cham, . – Hegel and Islam. University of Hawaii, . Haecker, Ryan. Analogy and dialectics: a genealogical comparison of Hegel and Przywara. Dissertation der Universität Nottingham, . Hammacher, Emil. Die Bedeutung der Philosophie Hegels für die Gegenwart. Berlin, . Hanovská, Lenka. Hegelovský proud v ˇceskoslovenské filosofii . let aneb sonda do ˇceskoslovenské marxistické filosofie na motivu práce. Dissertation an der Universität Karlova in Prag, . Hearfield, Colin. Adorno and the Modern Ethos of Freedom. Milton, . Heusinger von Waldegge, Florian. Das Problem moralischen Wissens: ethischer Relationalismus in Anschluss an Hegel. Bielefeld, . Holz, Hans Heinz, und Sadik Usta. Felsefenin aşılması ve gerçekleştirilmesi/ Devrimin cebiri. Hegel’den Marx’a, Devrimin cebiri: Hegel’den Marx’a. Istanbul, . Hristov, Gorge. Politics and Immanence: State and History in Hegel and Deleuze. Dissertation an der Universität Regensburg, . Inwood, M.J. Hegel. London, . Jackson, Ian. An analysis of G.W.F. Hegel’s Phenomenology of spirit. London, .

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Neue Bücher im Berichtszeitraum 

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Lee, Haeng-Nam. Dialektik der sittlichen Freiheit Hegels Auseinandersetzung mit seinen Vorgängern. Dissertation an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, . Lee, Wing-Tim. Unity of particular and universal ends: rousseau and hegel in comparison. Dissertation an der Universität von Hong Kong, . Lerro, Eduardo. Beyond the Bildungsroman illusion: representations of intellectual development in the works of George Eliot and G.W.F. Hegel. Dissertation an der Universität Princeton, . Leszczyna, Dorota. Hegel w Hiszpanii: od szkoły sewilskiej do szkoły madryckiej. Kęty, . Levytskyi, Victor. Subject as a substance. Hegel as a prophet of Modernity. Three ways to understand Subject’s substantivity in Hegel’s philosophy and the imanentization of reality in modern philosophy. Kiew, . Lim, Timothy T.N. Ecclesial Recognition with Hegelian Philosophy, Social Psychology and Continental Political Theory An Interdisciplinary Proposal. Leiden, . Lovato, Brian C. Democracy Dialectics and Difference: hegel, marx, and st century social movements. Milton Park, . Luc, Laurent-Paul. L’itinéraire du jeune Hegel. Chicoutimi, . Ludwig, Ralf. Fenomenologia do espi´rito uma chave de leitura. Vozes, . Mabille, Bernard, Gilbert Ge´rard und Gilles Marmasse, Hgg. Rencontres: Hegel a` l’épreuve du dialogue philosophique. Louvain, . Maraguat, Edgar, Hg. La lógica de Hegel. Valencia, . Marasco, Robyn. Highway of despair: critical theory after hegel. Columbia, . Marcuse, Herbert, Julieta Fombona und Francisco Rubio, Hgg. Llorente Razón y revolución: Hegel y el surgimiento de la teoría social. Madrid, . Marques, Marcelo P. Filosofia dos Sofistas. Hegel, Capizzi, Versényi, Sidgick. Sao Paulo, . Marshall, Rowland Collinge. The Notion of historicity in the philosophy of Hegel. Dissertation an der Universität von Ottawa, . Martin, Jean-Clet. Logique de la science-fiction: de Hegel à Philip K. Dick. Bruxelles, . Mayer-Moreau, Karl. Hegels Sozialphilosophie. South Yarra, . Mishan, Miranda Ruth. From Hegel to the headscarf: recognition in response to liberal humanism. Portland, . Moder, Gregor. Hegel and Spinoza: substance and negativity. Chicago, . Moganty, Varalakshmi. The concept of justice: a philosophical analysis: reference to Plato, Aristotle, Hegel, Marx and Engels. New Delhi, . Monahan, Michael J. Creolizing Hegel. London, .

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Neue Bücher im Berichtszeitraum 

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Rosenkranz, Karl. Kritische Erläuterungen des Hegel’schen Systems. Berlin, . Salur, Bilge. Hegel’in Kant Eleştirisi: Hukuk Felsefesi. Bornova, . Schindler, David Christopher. The perfection of freedom: Schiller, Schelling, and Hegel between the ancients and the moderns. Cambridge, . Schmidt am Busch, Hans-Christoph. Was wollen wir, wenn wir arbeiten? Honneth, Hegel und die Grundlagen der Kritik des Neoliberalismus. Berlin, . Schoof Alvarez, Carlos Guillermo. Algunos aspectos de la dialéctica del Paménides desde la óptica Hegeliana. Lima, . Seba, Jean-Renaud. Hegel: une pensée de l’objectivité. Paris, . Sembou, Evangelia. The Notion of Contradiction in Hegel’s Early Writings. Bruxelles, . – The Young Hegel and Religion. Oxford, . Sheplyakova, Tatjana. Ö ffentliche Freiheit und Individualität. Hegels Kritik des moralisch-juridischen Modells politischer Kultur. Berlin, . Siani, Alberto L. Morte dell’arte, libertà del soggetto. Attualità di Hegel. Pisa, . Signoracci, Gino. Hegel on Indian Philosophy: Spinozism, Romanticism, Eurocentrism. Dissertation an der Universität von New Mexico, . Simont, Juliette. Sur l’aliénation. Hegel, Feuerbach, Marx, Nietzsche, Sartre: Séminaire de philosophie morale. Brüssel, . Slavens, Jesse David. Tracking Kant’s Bête Noire: The Significance of Hegel’s Emptiness Critique for Contemporary Kantianism. Huston, . Soto, Carlos Pérez. Proposición de un marxismo hegeliano. Santiago de Chile, . Squire, Michael, und Pauk Kottman, Hgg. The Art of Hegel’s Aesthetics: Hegelian Philosophy and the Perspectives of Art History. Paderborn, . Stekeler-Weithofer, Pirmin, und Wolfgang Neuser, Hgg. Idee, Geist, Freiheit: Hegel und die zweite Natur. Würzburg, . Tabak, Mehmet. The Doctrine of Being in Hegel’s Science of Logic A Critical Commentary. Heidelberg, . Tegos, Michai. Infinite of Force: hegel and the philosophy of history. New York, . Testa, Italo. Dewey, Second Nature, Social Criticism, and the Hegelian Heritage. Parma, . Theron, Stephen. Hegel’s apotheosis of logic. Newcastle, . Thiele, Ulrich. Verfassung, Volksgeist und Religion: Hegels Ü berlegungen zur Weltgeschichte des Staatsrechts. Berlin, . Villa, Dana Richard. Teachers of the people: political education in Rousseau, Hegel, Tocqueville, and Mill. Chicago, .

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BIBLIOGRAPHIE

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AUTOREN

C H R I S T O P H M E N K E Professor für Praktische Philosophie mit Schwerpunkt Politische Philosophie und Rechtsphilosophie, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Institut für Philosophie, ExNO (HPF EXC ),  Frankfurt am Main, Deutschland [email protected] C H R I S T O P H E B O U T O N Professeur de Philosophie, Université Bordeaux Montaigne, UFR Humanités,  Pessac Cedex, France [email protected] L A U R I K A L L I O Postdoctoral Researcher, University of Helsinki, Department of History, Philosophy, Culture and Art Studies, Tapulikaupungintie  A ,  Helsinki, Suomi (Finnland) [email protected] E M M A N U E L N A K A M U R A Postdoctoral Researcher in Classical German Philosophy and Social Philosophy, Universidade Estadual de Campinas, Departamento de Filosofia, Rua Cora Coralina , Cidade Universitária Zeferino Vaz, Barão Geraldo, Campinas-SP, CEP  – , Brasil [email protected] E R M Y L O S P L E V R A K I S Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Evangelisch-Theologische Fakultät, Systematische Theologie III, Liebermeisterstr. ,  Tübingen, Deutschland [email protected] S T E F A N S C H I C K Akademischer Oberrat a. Z., Universität Regensburg, Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Geschichte der Philosophie, Universitätsstraße ,  Regensburg, Deutschland [email protected]