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German Pages 70 [80] Year 1962
SITZUNGSBERICHTE DER DEUTSCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN Klasse für Sprachen, Literatur und Kunst Jahrgang 1961 • Nr. 3
RICHARD
KIENAST
HAUSENS SCHELTLIET (MF 47,33) UND DER SUMER VON TRIERE
AKADEMIE-VERLAG 1961
• BERLIN
Vorgelegt von Hrn. Wissmann und für die Sitzungsberichte angenommen in der Sitzung der Klasse für Sprachen, Literatur und Kunst am 10.11.1960 Ausgegeben am 18. 4. 1961
Copyright 1961 by Akademie-Verlag GmbH, Berlin Alle Rechte vorbehalten Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Leipziger Straße 3-4 Lizenz-Nr. 202 • 100/216/61 Gesamtherstellung: IV/2/14 • VEB Werkdruck Gräfenhainichen • 1662 Bestellnummer: 2010/61/V/3 Preis: 4,60 DM Printed in Germany ES 7 E
WILHELM in dankbarer
WISSMANN Freundschaft
Hausens scheltliet (MF. 47,33) und der sumer von triere
Vorbemerkung Eine durchgreifende Neubearbeitung von L A C H M A N N - H A U P T S „Des Minnesangs Frühling" ist ein dringendes Bedürfnis der Forschung. Ich hatte diese Aufgabe übernommen und im wesentlichen abgeschlossen. Da der Verlag des Buches in einem andern Falle meiner wissenschaftlich begründeten Forderung nicht entsprechen zu können glaubte, habe ich die Beziehungen zu dem Verlag lösen müssen; meine Neubearbeitung von MF. wird nicht erscheinen. Aber einzelne Probleme der Textherstellung, die von grundsätzlichem oder allgemeinerem Interesse sind oder doch sein sollten, werden in einzelnen Aufsätzen, die in zwangloser Folge erscheinen, behandelt werden. Dabei wird die Besprechung der einzelnen Stellen weit umfänglicher ausfallen, als die behandelten Strophen oder Lieder selbst sind. Dies Mißverhältnis wird gerechtfertigt durch zwei Gründe. Einmal sind prinzipielle Erörterungen an Hand der jeweiligen Crux aufschlußreich und nützlich; zum andern erfordert es die heute übliche Vernachlässigung, ja Mißachtung strenger Textkritik, sich auf die Methoden und die Möglichkeiten philologischer Arbeit an den überlieferten Denkmälern neu zu besinnen und sie am gegebenen Einzelfall zu erproben und zu bewähren. Ich bin am Ende meines Lebens mehr denn je davon überzeugt, daß die Herausgabe eines kritischen Textes die Gipfelleistung philologischer Kunst sein müßte: sie schließt in ihrer wortkargen Knappheit und Akribie alle andern Arbeitsweisen exakt-sprachlicher und literarhistorisch-künstlerischer Art in sich ein und verlangt Weitblick, Umsicht und Einfühlungsvermögen. Die Sammelausgabe der deutschen Minnesänger vor Walther von der Vogelweide ist zuerst 1857 erschienen. Das Buch hat trotz
Hausens scheltliet (MF. 47,33) und der sumer von triere
Vorbemerkung Eine durchgreifende Neubearbeitung von L A C H M A N N - H A U P T S „Des Minnesangs Frühling" ist ein dringendes Bedürfnis der Forschung. Ich hatte diese Aufgabe übernommen und im wesentlichen abgeschlossen. Da der Verlag des Buches in einem andern Falle meiner wissenschaftlich begründeten Forderung nicht entsprechen zu können glaubte, habe ich die Beziehungen zu dem Verlag lösen müssen; meine Neubearbeitung von MF. wird nicht erscheinen. Aber einzelne Probleme der Textherstellung, die von grundsätzlichem oder allgemeinerem Interesse sind oder doch sein sollten, werden in einzelnen Aufsätzen, die in zwangloser Folge erscheinen, behandelt werden. Dabei wird die Besprechung der einzelnen Stellen weit umfänglicher ausfallen, als die behandelten Strophen oder Lieder selbst sind. Dies Mißverhältnis wird gerechtfertigt durch zwei Gründe. Einmal sind prinzipielle Erörterungen an Hand der jeweiligen Crux aufschlußreich und nützlich; zum andern erfordert es die heute übliche Vernachlässigung, ja Mißachtung strenger Textkritik, sich auf die Methoden und die Möglichkeiten philologischer Arbeit an den überlieferten Denkmälern neu zu besinnen und sie am gegebenen Einzelfall zu erproben und zu bewähren. Ich bin am Ende meines Lebens mehr denn je davon überzeugt, daß die Herausgabe eines kritischen Textes die Gipfelleistung philologischer Kunst sein müßte: sie schließt in ihrer wortkargen Knappheit und Akribie alle andern Arbeitsweisen exakt-sprachlicher und literarhistorisch-künstlerischer Art in sich ein und verlangt Weitblick, Umsicht und Einfühlungsvermögen. Die Sammelausgabe der deutschen Minnesänger vor Walther von der Vogelweide ist zuerst 1857 erschienen. Das Buch hat trotz
Hausens scheltliet (MF. 47,33) und der sumer von triere
Vorbemerkung Eine durchgreifende Neubearbeitung von L A C H M A N N - H A U P T S „Des Minnesangs Frühling" ist ein dringendes Bedürfnis der Forschung. Ich hatte diese Aufgabe übernommen und im wesentlichen abgeschlossen. Da der Verlag des Buches in einem andern Falle meiner wissenschaftlich begründeten Forderung nicht entsprechen zu können glaubte, habe ich die Beziehungen zu dem Verlag lösen müssen; meine Neubearbeitung von MF. wird nicht erscheinen. Aber einzelne Probleme der Textherstellung, die von grundsätzlichem oder allgemeinerem Interesse sind oder doch sein sollten, werden in einzelnen Aufsätzen, die in zwangloser Folge erscheinen, behandelt werden. Dabei wird die Besprechung der einzelnen Stellen weit umfänglicher ausfallen, als die behandelten Strophen oder Lieder selbst sind. Dies Mißverhältnis wird gerechtfertigt durch zwei Gründe. Einmal sind prinzipielle Erörterungen an Hand der jeweiligen Crux aufschlußreich und nützlich; zum andern erfordert es die heute übliche Vernachlässigung, ja Mißachtung strenger Textkritik, sich auf die Methoden und die Möglichkeiten philologischer Arbeit an den überlieferten Denkmälern neu zu besinnen und sie am gegebenen Einzelfall zu erproben und zu bewähren. Ich bin am Ende meines Lebens mehr denn je davon überzeugt, daß die Herausgabe eines kritischen Textes die Gipfelleistung philologischer Kunst sein müßte: sie schließt in ihrer wortkargen Knappheit und Akribie alle andern Arbeitsweisen exakt-sprachlicher und literarhistorisch-künstlerischer Art in sich ein und verlangt Weitblick, Umsicht und Einfühlungsvermögen. Die Sammelausgabe der deutschen Minnesänger vor Walther von der Vogelweide ist zuerst 1857 erschienen. Das Buch hat trotz
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immer wiederholten „Ausgaben" nur wenige durchgreifende Neubearbeitungen erfahren; durch FRIEDRICH VOGT 1 9 1 1 (und 1 9 1 3 ) und noch einmal revidiert 1922, sodann durch CARL VON KRAUS 1940, der seiner Ausgabe seine „Untersuchungen" (MFU.) von 1939 vorausgeschickt hat. Das Buch ist durch die Neubearbeitungen immer schwerer benutzbar gemacht worden. Man kann die erste Ausgabe von 1857 neben den neueren nicht entbehren. Die Lieder, ursprünglich nach Tönen geordnet, sind bei einzelnen Dichtern — und gerade den reicher überlieferten — durch die Sonderung des echten vom unechten Liedgut sowie durch die chronologische Reihung der echten Lieder in eine andere Ordnung gebracht worden. Trotzdem ist die Seiten- und Zeilenzählung der ersten Auflage beibehalten. So verlangt das Arbeiten mit dem Buche ein dauerndes Suchen, ein Hin- und Herblättern, das Zeit und Nerven kostet. Beim Zitieren irgendeiner Stelle, z. B. 4 7 , 1 7 , ist nicht zu erkennen, um welchen Dichter und um welches Lied es sich handelt; welche Strophe des Liedes gemeint ist; ob mit dem zitierten Vers eine Strophe beginnt oder welche Stelle der Vers in der Strophe einnimmt. In den „Anmerkungen" liegen die vier Schichten der Textherstellung schwer unterscheidbar über- und ineinander, wobei in übertriebenem Konservativismus zum Teil längst Überholtes oder zum Text nicht mehr Stimmendes pietätvoll erhalten geblieben ist. Das Ergebnis PH dieser Unzuträglichkeiten ist dies: ein ästhetisches Genießen der lyrischen Dichtungen jedes einzelnen Sängers ist unmöglich; schon das Druckbild und die Anordnung, Bezeichnung und Gliederung der Lieder schließen das Sichversenken in die dichterische Leistung und Eigenart jedes Einzelnen aus. Wer aber mit dem Buche wissenschaftlich arbeiten muß, wird auf die Dauer geradeswegs zur Verzweiflung getrieben. Der zukünftige Herausgeber wird von Grund auf neue und wohl vorbedachte Wege einzuschlagen haben. Das Buch enthält den Niederschlag eines ganzen Jahrhunderts textkritischer Leistungen bedeutender Philologen.
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Es spiegelt die Entwicklung unseres Faches in einem entscheidend wichtigen Bereich wider. Namentlich die Verdienste, die sich CARL VON K R A U S um den deutschen Minnesang erworben hat, müssen voll anerkannt werden. Wenn in diesen Untersuchungen, dieser und den folgenden, an seinen Methoden und Ergebnissen Kritik geübt werden muß, so sei ausdrücklich vorweg ein für alle Male betont, daß die Verehrung des verdienten Forschers und der Dank für seine Leistungen davon unberührt bleiben. Ihm selber ging es einzig um den Gegenstand, die möglichst saubere und wirksame Herausarbeitung des Dichterwortes aus der teilweise getrübten Überlieferung. Er würde der erste sein, der sich neu gewonnener, richtiger Erkenntnisse freute und erkannte Irrtümer preisgäbe. Den Hauptgrund seiner Irrungen hat schon HAUPT in seiner „Vorrede" p. V genannt: ,,. . . kritik wie sie hier zu üben war kann nicht gelingen wenn man in anhaltender beschäftigung ermüdet und nicht unbefangener Stimmung und günstigen augenblicken überläßt was langem nachsinnen sich entzieht." I. Hausens VI. Ton (nach der 1. Ausgabe gezählt) ist in den Handschriften B und C überliefert; er umfaßt vier Strophen. Sie stehen in B auf den Seiten 11 und 12, Zeile 1—4 sowie 14 ab Zeile 7; es sind die Strophen 10 und 11 sowie 24 und 25 des Bestandes von B. Die dazwischen geratenen Strophen 12 bis 23 sind sechs Lieder oder Liedteile anderer Dichter, nämlich: drei Strophen Ps.-Rugges MF. 1 0 9 , 9 ; 1 8 ; 2 7 ; zwei Strophen Reimars MF. 1 5 0 , 1 0 ; 1 9 ; drei Strophen Rudolfs von Rotenburg DLD. ( = C . VON K R A U S , Deutsche Liederdichter des 13. Jhs. I, Tübingen 1952) p. 386, Lied X ; vier Strophen des Markgrafen von Hohenburg DLD. p. 175, Lied I I ; Lied III, Strophe 1 und 2; Lied IV, Strophe 1. Dazu F R . NEUMANN, ZfdA. 8 6 , 1 2 0 . Die Störung durch dies Einschiebsel in B ist deutlich: seine Vorlage enthielt, an der unrechten Stelle eingelegt, ein volles Blatt mit den genannten zwölf
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Es spiegelt die Entwicklung unseres Faches in einem entscheidend wichtigen Bereich wider. Namentlich die Verdienste, die sich CARL VON K R A U S um den deutschen Minnesang erworben hat, müssen voll anerkannt werden. Wenn in diesen Untersuchungen, dieser und den folgenden, an seinen Methoden und Ergebnissen Kritik geübt werden muß, so sei ausdrücklich vorweg ein für alle Male betont, daß die Verehrung des verdienten Forschers und der Dank für seine Leistungen davon unberührt bleiben. Ihm selber ging es einzig um den Gegenstand, die möglichst saubere und wirksame Herausarbeitung des Dichterwortes aus der teilweise getrübten Überlieferung. Er würde der erste sein, der sich neu gewonnener, richtiger Erkenntnisse freute und erkannte Irrtümer preisgäbe. Den Hauptgrund seiner Irrungen hat schon HAUPT in seiner „Vorrede" p. V genannt: ,,. . . kritik wie sie hier zu üben war kann nicht gelingen wenn man in anhaltender beschäftigung ermüdet und nicht unbefangener Stimmung und günstigen augenblicken überläßt was langem nachsinnen sich entzieht." I. Hausens VI. Ton (nach der 1. Ausgabe gezählt) ist in den Handschriften B und C überliefert; er umfaßt vier Strophen. Sie stehen in B auf den Seiten 11 und 12, Zeile 1—4 sowie 14 ab Zeile 7; es sind die Strophen 10 und 11 sowie 24 und 25 des Bestandes von B. Die dazwischen geratenen Strophen 12 bis 23 sind sechs Lieder oder Liedteile anderer Dichter, nämlich: drei Strophen Ps.-Rugges MF. 1 0 9 , 9 ; 1 8 ; 2 7 ; zwei Strophen Reimars MF. 1 5 0 , 1 0 ; 1 9 ; drei Strophen Rudolfs von Rotenburg DLD. ( = C . VON K R A U S , Deutsche Liederdichter des 13. Jhs. I, Tübingen 1952) p. 386, Lied X ; vier Strophen des Markgrafen von Hohenburg DLD. p. 175, Lied I I ; Lied III, Strophe 1 und 2; Lied IV, Strophe 1. Dazu F R . NEUMANN, ZfdA. 8 6 , 1 2 0 . Die Störung durch dies Einschiebsel in B ist deutlich: seine Vorlage enthielt, an der unrechten Stelle eingelegt, ein volles Blatt mit den genannten zwölf
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Strophen Ps.-Rugges, Reimars und des Markgrafen. Der Schreiber von B hat dies Blatt an der Stelle abgeschrieben, an der es ihm vorlag, ohne es als falschen Einschub zu erkennen. Strophe I I von Hausens Lied (MF. 47,25) hat von Seite 12 noch die ersten drei und eine halbe Zeile beansprucht. Danach füllen die fremden Zusatzstrophen den Rest von Seite 12, Seite 13 und die ersten sechs Zeilen von Seite 14. Von Zeile 7 an ist B wieder in die Hausen-Lieder eingemündet. Dieser Befund ist für das zu behandelnde Lied textkritisch von Belang: beide Handschriften B und C bieten die vier Strophen in der gleichen Reihenfolge: B 10 = C 25; B 11 = C 26; B 24 = C 27; B 25 = C 28. In der 1. Ausgabe von M F . ist der VI. Ton Hausens von M O R I Z bearbeitet worden. Nur Strophe I = M F . 47,9 hat in den Anmerkungen ein Sternchen (bei V O G T und VON K R A U S steht es im Lesartenapparat), d. h. nach „Vorrede" p. V: nur diese Strophe ist „von LACHMANN gestaltet", alles übrige geht auf H A U P T zurück, „damit der tadel wisse gegen wen er sich kehrt". Die beiden Herausgeber H A U P T und V O G T haben die vier Strophen des Tons in zwei Lieder zerlegt: das erste besteht aus den Strophen B 10 24 11 = C 25 27 26. Diese Umstellung der handschriftlichen Folgeordnung geht auf H A U P T zurück, übrigens ohne jede Begründung, und hat unbegreiflicher Weise bis heute keinerlei Widerspruch erfahren; VON K R A U S verteidigt sie sogar MFU. 153 ff. noch ausdrücklich. In der 1. Ausgabe ist die Trennung der beiden Lieder kenntlich gemacht durch ein Spatium zwischen 47,32 und 33. So ist es bis 1911 geblieben. In der Neubearbeitung VOGTS aber beginnt mit 47,33 eine neue Seite (p. 57) und nun ist aus dem Druckbild nicht mehr zu ersehen, ob die Strophe 47,33 den Schluß des Liedes 47,9 bildet oder selbständig ist. Freilich nimmt V O G T in seiner Anmerkung dazu (p. 334) sehr klar Stellung: „Die merkwürdige Strophe unterscheidet sich metrisch von den vorangehenden durch das Fehlen des Auftaktes 47,33 und 38, inhaltlich ist sie mit ihm unvereinbar, und im Stil fällt sie nicht allein aus dem HAUPT
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dieses Kreuzliedes, sondern aus dem höfisch korrekten Ton der Hausenschen Lyrik überhaupt heraus." Das sind drei schwerwiegende Gründe gegen das einheitliche Lied von 47,9 bis 48,2: ein formaler, ein inhaltlicher und ein stilistischer. Gegenüber diesen Tatsachen sind die Einwände von VON K R A U S logisch wie geschmacklich allzu subjektiv, um verfangen zu können. Damit ist das Schicksal, das diesem Tone Hausens von den Zürcher Sammlern und Abschreibern des 13. und 14. Jahrhunderts bis zu den Herausgebern des 19. und 20. Jahrhunderts widerfahren ist, kurz umrissen. Zugleich ergibt sich daraus, wo die Untersuchung einzusetzen hat und welche Fragen geklärt werden müssen. Ein lyrisches Gedicht ist ein verletzlich Ding: ein stumpfes Ohr vernimmt den Dichter nicht und eine plumpe Hand zerstört dann noch besserwisserisch sein Gebilde. Ein lyrisches Gedicht hat aber auch eine sehr zähe und widerstandsfähige Konstitution, wenn man ihm seine Bildungsgesetze, sich „willig ergebend", ablauscht und ihm mit nur adäquaten Mitteln behutsam naht. Formenbau, Gehalt und Stil sind in einem höfischen Lied der guten Zeit so innig und organisch mit- und ineinander verwachsen, daß sich ein reinliches und überzeugendes Ergebnis einer vorsichtigen Analyse erwarten läßt. Gewiß bedarf die schriftliche Überlieferung beständig wacher Aufmerksamkeit und Kontrolle. Anderseits ist aber auch zu bedenken, daß die Sammler und Redaktoren unserer Liederhandschriften dieser Dichtart noch nahe genug standen, so daß sie nicht ausgesprochenen Unsinn auf das teure Pergament geschrieben haben, wie manche Philologen in überheblichem Selbstvertrauen ihnen dann und wann zuzutrauen belieben. Wie weit man in der Kritik der Überlieferung gehen darf, ist eine Frage des wissenschaftlichen Stils und des Taktes; beide wechseln mit den Zeiten. H A U P T , um von LACHMANN gar nicht erst zu reden, hat in 47,38 den sumer von triere als ein für ihn nicht lösbares Problem der I n t e r p r e t a t i o n bezeichnet, VON K R A U S hat dies Problem durch Totalexstirpation
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einfach beseitigt dadurch, daß er Hausen durch Reimar ersetzte. Würde jemand auf den Gedanken verfallen, Heine durch Mörike, Bierbaum durch George oder Kästner durch Rilke zu „verbessern"? F ü r die vorliegende Untersuchung genügt es, von der Bearbeitung von MF. durch V O N K R A U S u n d seinen „Untersuchungen" auszugehen. Als Echo darauf wird gelegentlich H E R M A N N S C H N E I D E R S Rezension im AfdA. 59,70 u n d 76 herangezogen. Was danach noch zu diesem Ton Hausens geäußert worden ist, geht so weit in die Irre, daß es ohne Schaden unbeachtet bleiben kann. Zunächst ist das 16. der 18 Lieder Hausens, die Strophen 47,9; 25; 17, in seinem Text zu sichern u n d scharf zu erfassen, was der Dichter gesagt u n d gemeint h a t . Denn mancherlei Anstöße sind selbst noch nach hundert J a h r e n kritischen Bemühens zu beseitigen. Selbstverständlich ist die Reihenfolge der Gesätze in den Hss. beizubehalten und von ihr auszugehen. Erst wenn sich herausstellen sollte, daß sie wirklich unhaltbar ist, darf eine andere Strophenreihung erwogen werden. Das Ergebnis dieses Abschnittes der Untersuchung wird dann die Frage zu beantworten gestatten, ob die vierte Strophe des Tons, 47,33, zu Lied 16 gehören kann oder nicht; ob diese Strophe Hausen oder einem andern, einem Nachahmer oder Parodisten, zuzuschreiben ist. II.
Strophe
I
(47,
9—16).
Hergestellt von
LACHMANN
Inhalt dieser Strophe ist die Ausgangssituation des Liedes: mein herze (nicht wie nhd. 'Herz', sondern wie griech. %%/nog: das Begehrungsvermögen als selbständiger Seelenteil) u n d mein Up (zugleich mit dem Dichter gleichgesetzt) sind im Begriff, sich zu trennen: der Up sehnt sich nach dem Heidenkampf, das herze dagegen hält über alles andere hinaus fest an der erwählten Geliebten. 'Das wird mir von jetzt ab immer Beschwernis verur-
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einfach beseitigt dadurch, daß er Hausen durch Reimar ersetzte. Würde jemand auf den Gedanken verfallen, Heine durch Mörike, Bierbaum durch George oder Kästner durch Rilke zu „verbessern"? F ü r die vorliegende Untersuchung genügt es, von der Bearbeitung von MF. durch V O N K R A U S u n d seinen „Untersuchungen" auszugehen. Als Echo darauf wird gelegentlich H E R M A N N S C H N E I D E R S Rezension im AfdA. 59,70 u n d 76 herangezogen. Was danach noch zu diesem Ton Hausens geäußert worden ist, geht so weit in die Irre, daß es ohne Schaden unbeachtet bleiben kann. Zunächst ist das 16. der 18 Lieder Hausens, die Strophen 47,9; 25; 17, in seinem Text zu sichern u n d scharf zu erfassen, was der Dichter gesagt u n d gemeint h a t . Denn mancherlei Anstöße sind selbst noch nach hundert J a h r e n kritischen Bemühens zu beseitigen. Selbstverständlich ist die Reihenfolge der Gesätze in den Hss. beizubehalten und von ihr auszugehen. Erst wenn sich herausstellen sollte, daß sie wirklich unhaltbar ist, darf eine andere Strophenreihung erwogen werden. Das Ergebnis dieses Abschnittes der Untersuchung wird dann die Frage zu beantworten gestatten, ob die vierte Strophe des Tons, 47,33, zu Lied 16 gehören kann oder nicht; ob diese Strophe Hausen oder einem andern, einem Nachahmer oder Parodisten, zuzuschreiben ist. II.
Strophe
I
(47,
9—16).
Hergestellt von
LACHMANN
Inhalt dieser Strophe ist die Ausgangssituation des Liedes: mein herze (nicht wie nhd. 'Herz', sondern wie griech. %%/nog: das Begehrungsvermögen als selbständiger Seelenteil) u n d mein Up (zugleich mit dem Dichter gleichgesetzt) sind im Begriff, sich zu trennen: der Up sehnt sich nach dem Heidenkampf, das herze dagegen hält über alles andere hinaus fest an der erwählten Geliebten. 'Das wird mir von jetzt ab immer Beschwernis verur-
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Ursachen, daß sie nun nicht mehr zusammen bleiben werden — meine Augen haben mir schon schweres Leid angetan —, aber nur Gott allein könnte diese Trennung noch verhindern.' Einzelnes: 47.9 herze' und Im Deutschen gibt es — darf man sagen: bekanntlich? — kein Hiatgesetz. Auslautendes unbetontes -e vor vokalischem Anlaut findet sich bei Hausen unbeanstandet z . B . in: 50,15 herze'ist; 53,2 C genieze'ir; 51,33 denke'under; 44,38 Ude'umbe; 45,3 inne'al; 46,36 herze'4f\ 47,3 sprceche'iht; unsicher sind die „daktylischen" Takte 43,36; 44,3; sie könnten auch zweisilbig sein. Der sogenannte Hiat ist später bei 47,36 zu beachten. 47,9/10 herze n. und Up m. verlangen rein grammatisch das auf beide Substantiva bezogene Pronomen im Neutrum pluralis. Daher hat LACHMANN mit B (das übrigens nicht Din schreibt, sondern dv\) das diu in den Text gesetzt. Das ist unnötig; herze wie Up sind in dem Lied als männliche Hypostasen im Gegensatz zur Dame aufgefaßt. Die constructio kata synesin ist Hausen ohnedies ganz geläufig im Falle wip\ am schärfsten hebt sich heraus 46,11—13 daz aller beste wipjder ie min lip/muoz dienen. . .; vgl. ferner noch 48,24ff.; 49,38ff.; 45,24ff. und öfter. 47.10 Die Hss. schreiben waren; LACHMANN konjizierte varnt, und das ist bisher unbeanstandet geblieben. Diese Konjektur ist nicht bloß, wie auch weniger genaue Textkritiker es tun, aus einer Parallelstelle genommen, die dem Wolfram-Herausgeber nahe lag: Lied 1 = 3,19/20, wo nach 18, nicht nach 19 zu interpungieren ist, gar ungescheiden unser triwe mit ein ander vert, sie entspricht vielmehr einzig und allein so dem mhd. Sprachgebrauch, auch dem der Minnesänger, wesen, sin und Flexionsformen werden ausschließlich mit bi (Adverb 20mal, Praeposition 6mal) verbunden; es gibt kein wesen usw. mit c. dat. oder mite Adverb, varn mite begegnet nur an zwei Stellen in MF., 36,7 und 76,24, beide Male noch dazu in übertragener Bedeutung. Es muß
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also heißen, wie LACHMANN ganz richtig beobachtet hat, mit ein ander varn. Eine andere Möglichkeit besteht nicht. Dazu kommt eine weitere Überlegung: varn ist das erste der Verben der Bewegung, das absolut gebraucht, ohne jede Ortsangabe des Woher oder Wohin, eine besondere Bedeutung angenommen hat, zum terminus technicus geworden ist: varn heißt „einen Kreuzzug unternehmen". Über diesen unterschiedlichen Gebrauch der Bewegungsverben wird aus Anlaß des Ps.-Eistschen Tageliedes MF. 39,18 eingehender zu sprechen sein. Hausen gebraucht varn und seine Ableitungen sonst nur in der Sonderbedeutung „Kreuzfahrer sein"; so 46,11-15; 51,29; 53,32; 47,19 (s. u. zu 47,19). Einzig hier in 47,10 ist der allgemeine Sinn des varn durch mit ein ander unmißverständlich bestimmt; hier kann nicht an den Kreuzzug gedacht sein. Insoweit besteht also LACHMANNS Besserung völlig zu Recht. Unmöglich aber ist das Präsens: es hätte nämlich futurischen Sinn, und das widerspricht der Situation. Die lange Gemeinschaft von herze und lip ist ja gerade zu Ende, nur ein Wunder könnte sie wieder herstellen (47,16). Ein Präsens wäre hier nur als „perfektivisches Präsens" statthaft, und solche Präsentia „sind eben ihrem Wesen nach unmöglich" (W. W I S S M A N N brieflich). Es muß also unter allen Umständen vuoren heißen; vermutlich liegt etwas höher im Stemma eine einfache Verlesung vor, etwa von vvoren zu waren. LACHMANN ist durch sein Gesetz der einsilbigen Senkung zum Halbrichtigen abgelenkt worden. Dies Gesetz gibt es aber für Hausen nicht. Die Herausgeber haben allerlei Mittel in Übung gebracht, die zu lange Takte verkürzen können; ihre kritischen Texte führen daher leider oft irre. Wo keine tieferen Eingriffe in das Überlieferte erforderlich werden, mag die konventionell gewordene Praxis noch hingehen. Aber oft wird die Grenze des Erlaubten doch weit überschritten. So z. B. 53,31 Si wcenent dem töde entrunnen sin, wo das wcenent nicht angetastet werden darf; vgl. 49,4 Si wcenent hüeten min. Auch sonst zeigen sich bei Hausen ganz deutlich
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selbst schwerere dreisilbige Takte, die rücksichtslos unterdrückt worden sind. In diesen verstechnischen Feinunterschieden wird ein künftiger Herausgeber von MF. noch viel die einzelnen Dichter Kennzeichnendes beobachten und nutzbar machen müssen. Für Hausen hier eine Auswahl schwererer Innentakte, die ihm wirklich zuzubilligen sind: 50,30 spräche des ich doch (vili) gerne enbcere-, 50,34 si minnet iedóch min herze tougen; 51,5 swie dicke só ich lóbe die hüote; 51,8 wurde hólt, die sò gär die sinne-, 51,12 ich ver- (B, gefr- C)eische doch géme al ir unire-, 52,12 nót diu mir nä'he gät; 52,30 erwérn, ich (B, ine C) gedenke ir nahe-, 52,34 des fróuwe ich mich iemer mere-, 44,16 gedenken wan àn si alterseine; 42,10 mit gedänken muoz ich die zit; 42,23 swie lihte si sich getrceste min; 43,20 só wurde ez umbe daz scheiden rät-, 46,3 ich quam sin dicke in só gró'ze nót ; 47,6 daz ich só lange gótes vergaz-, 48,21 gescehe si so ich beste mac. Das ist nur eine kleine Auswahl von Stellen, an denen die Herausgeber, zum Teil mit ganz verschiedenem Ergebnis, den gut überlieferten Text geglättet haben; ich meine: zu Unrecht. Auch mehr als einsilbigen Auftakt hat Hausen nicht gemieden. In 47,10 kann übrigens vuoren nu sogar zweisilbig gesprochen oder gesungen worden sein. Aber das war nicht einmal nötig. Wenn das Lied im 3 / 4 -Takt gesetzt war, macht die Dreisilbigkeit nichts aus ; statt der halben Note d für das falsche varnt konnten zwei Viertelnoten dd auf vuoren gesungen werden (MFU. 147 Notensatz). 47,12/13 Der Satz bedarf der Interpretation aus Hausens übrigen Liedern, da er wahrscheinlich meist mißverstanden wird. hat ist nämlich nicht Auxiliar und hat erweit nicht das Prädikat ! Bei dieser Auffassung müßte es heißen für elliu wip, genau so wie in 43,14 die ich erkós für elliu wip; vgl. noch 42,8/9 und 45,34. Hausen gebraucht vielmehr hän als Vollwerb in der Bedeutung „achten, schätzen" mit vor c. dat. öfter, z. B. 45,26/27 daz si dem ungelónet lät/der si vor al der Werlte hat-, 47,7 den (got) wil ich iemer vor in allen (nämlich den frouwen 4) haben. Es ist also zu verstehen: cor plurimi aestimat prae ceteris omnibus feminam sibi
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electam. 1 Das starke Enjabement von 12 nach 13 spricht doch wohl gegen die Übernahme der Melodie Conons de Bethune (MFU. 147f.), gegen die VON KRAUS bereits Bedenken erhoben hat, freilich ohne sie ganz abzulehnen. Die Auftaktbehandlung in der Scheltstrophe 47,33 wird diese Bedenken noch verstärken. Der tiefere Einschnitt liegt anscheinend nach dem deutschen Text zu urteilen nicht in der Mitte der Strophe hinter dem vierten Verse, sondern nach dem dritten Viertel hinter dem sechsten. Das lehrt die Textgestaltung des Dichters; die Erschließung der Melodie hat das zu beachten. 4 7 . 1 4 LACHMANNS niene statt niht B C ist zwar bei Hausen 4 4 , 1 5 und 4 6 , 3 7 belegt, wo es auch die Hss. haben; in 4 7 , 1 4 stimmen jedoch beide Hss. in niht überein. Ihr häufigster Fehler ist die Auslassung eines Wortes, vor allem in der zweiten Vershälfte oder doch wenigstens nicht gerade im Versanfang. Außerdem nimmt 47,14 ganz offensichtlich mit voller Absicht Formulierungen aus 47,10 wörtlich wieder auf. Das beides spricht gegen niene. Hinzu kommt ein stilistisches Kriterium: Strophe I betont den Zeitpunkt der Trennung von herze und lip; 47,10 „bisher"; jetzt erwartet man das antithetische „von nun an", und das heißt bei Hausen nü; so 4 2 , 2 4 ; 4 6 , 2 6 ; 3 8 ; 5 2 , 2 0 . Demnach ist zu lesen daz si ein ander nü niht volgent beide.
47.15 Nicht einzusehen ist, warum die hsl. Form hdbent seit 1857 im Text belassen worden ist. Der Sprachgebrauch des 1
Diese Voranstellung des attributiven part. praet. erweit ein wip ist eine erlesene und daher seltene Stilfigur. Sie begegnet in MF. noch an folgenden Stellen: Meinloh 14,5 verholne sinen dienest = 'seinen heimlichen dienest'; Gutenburg 78,12 so verdorben ein man-, Reimar 152,5/6 vil ledicliche . . . den minen Up = 'mich freien Mann'; p. 361,12 offenbär ein vient; p. 363,59 von zobel (= zobelin) ein hüt. Man könnte zur N o t an eine djrö-jiotvoD-Konstruktion denken: ich hän erweit ein wip + ich hän ein wip vor al der werlt. Aber dagegen scheint mir zu sprechen: die ungewöhnliche Stellung der Einzelglieder des xoivöv und das Fehlen der „Gegenstimme" (E. SIEVERS, P B B . 50,99—111).
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Dichters spricht klar dagegen. Über haben, hdn ergibt sich folgender Befund: hdn als Hilfsverb begegnet 22mal, davon 6mal im Reim (49,21; 52,13;44,24; 45,30;46,37; 47,l);hdn als Vollverbum steht 9mal im Reim (50,4; 51,14; 20; 27; 53,11; 44,18; 45,27; 46,17; 48,3). Im Versinnern steht also meist Mm; unkontrahierte Formen sind ganz selten. Für das Auxiliar 53,7 (hier ist es potentialer Optativ); 43,18 (wohl hänt\) und 47,15 (ebenso hänt\). Als Vollverb findet sich haben im Reim: 46,26 sich gehaben an: klagen und 47,7 haben Inf. „schätzen, achten": tragen Inf. Der Optativ liegt vor in 51,26 und 52,5 (:vertrage); hinzu kommt noch 47,32, wie sich unten zeigen wird. Im Versinnern divergieren die Hss. 42,20: habe C, han B ; die Herausgeber folgten C, setzten damit also den Potentialis; die Entscheidung ist subjektiv. Der Schluß der aus diesem Befund zu ziehen ist, erscheint sicher: Hausen sprach ausschließlich han \ In 43,18 und 47,15 gehört hänt in den Text. In dem Vers ist noch eine weitere Änderung wenigstens zu erwägen. Nach dem unten zu 47,35 vorzulegenden Material über den Gebrauch von vil bei Hausen ist anzunehmen, daß vil auch in 47,15 steigerndes Adverb und nicht Substantiv ist. Da schwere Innentakte nicht zu beanstanden wären, könnte man versucht sein zu lesen: mir hänt diu ougen vil dicke getan ze leide. 43,17 könnte darin noch bestärken, Aber ze leide tuon kommt in MF. nur noch ein einziges Mal vor. Ps.-Eist 39,12 daz mir ein edeliu frouwe so vil ze leide tuot. Also auch hier die Verbindung vil ze leide. Der Widerspruch löst sich dahin auf, daß ze leide dasselbe ist wie leide Adverb; in beiden Fällen kann vil steigernd hinzutreten, ist also hier nicht Substantiv. Eine Auslassung von dicke liegt demnach nicht vor. 4 7 , 1 6 mvsse BC darf nicht mit LACHMANN ZU müeze aufgelöst werden. Eine schwächliche Bitte, ein Stoßseufzer schließt die Strophe nicht ab. Vielmehr ist der Irrealis müese gemeint: Nur Gott allein könnte die Trennung noch verhindern; wir würden sagen: nur ein Wunder könnte es tun. Das heißt: die Trennung
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ist unwiderruflich. Erst damit erhält die Strophe I ihren abschließenden Gipfel. Strophe I ist nach dem Gesagten so herzustellen: 47,9 I Min herze und min Up die wellent scheiden, 10 2 die mit ein ander vuoren nu manige zit. der Up wil gerne vehten an die beiden, 4 so hat iedoch daz herze erweit ein wtp vor al der werlt. daz müet mich iemer sit, 6 daz si ein ander nü niht volgent beide 15 —mir hänt diu ougen vil getan ze leide—: got eine müese scheiden noch den strit. 8 * I 1 und fehlt C 2 dv B waren BC menige C 4 iedoch dem herzen ein wib so nahen lit C erwellet B 5 weit B , Werlte C mvt B 6 sv B nü fehlt BC 7 habent BC
Übersetzung. 1,1 „Mein herze und mein Up stehen im Begriff sich zu trennen, (2) obwohl sie doch nun schon so lange Zeit vereint gewesen sind. Der Up sehnt sich nach Kampf gegen die Ungläubigen, (4) während das herze mehr als alle andern Menschen eine Frau schätzt, die es erwählt hat. Das wird von nun an für mich eine schwere Last sein, (6) daß sie beide einander in Zukunft nicht mehr Folge leisten werden — meine Augen haben mir schon sehr Schmerzliches angetan —: nur Gott allein könnte noch diese Trennung verhindern." Es fällt auf, wie oft sich dieser Dichter in Gedanken, die freilich zum großen Teil überliefertes Gemeingut des Minnesangs sind, und in Sprachgebärden wiederholt. Zu jedem Motiv, zu jeder Wendung lassen sich aus der wenig umfänglichen Sammlung seiner 18 erhaltenen echten Lieder Parallelen beibringen. Das Motiv der Trennung von herze und Up begegnet noch in der Strophe 46,9-18; in 52, 13-16; in 51,29/30; in 50,11-16; 8; 18. Der Up ist fern, das herze hält an der Erwählten fest: 51,33—52,16. Die Parenthese von den Augen, die schon sehr
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Schmerzliches verschuldet haben, wird in der Einzelstrophe 48,23 weiter ausgeführt; vgl. auch 45,32—36; 43,15—18. Daß sein herze den Zwiespalt nicht, etwa durch Nachgeben, zu beenden gewillt ist, steht auch 46,9—13; nur ist hier der Widerpart nicht der Up, sondern das wip. Ebenso wie die Motive kehren auch die Formulierungen wieder: scheiden usw. 52,15; 43,24; 48,32; 43,13; 20; 50,8; 18. nu mange zit 46,10; vor al der werlt(e) hän 45,27; 47,7; mich müet daz . . . 43,1. Selbst die Reimklänge zeigen wenig Abwechslung. Die klingenden Ausgänge der Strophe I begegnen allerdings nur hier; aber zit, wip, strit sind bei Hausen viel verwendete Reimwörter, nur sit findet sich bei ihm sonst nicht.
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Hergestellt von HAUPT; von ihm und seitdem umgestellt zu Strophe III I I (47,25—32).
Es ist eine Anredestrophe: der Dichter, identisch mit dem libe (vgl. MFU. 154 und Anm. 3), verabschiedet, in die unvermeidliche Trennung sich fügend, das aufsässige herze und wünscht ihm nun wenigstens einen freundlichen Empfang bei der Dame. Doch sein Vertrauen darauf ist nicht groß: Wehe! Wie wird es dir ergehn? Wie konntest du dich nur kühn in solche Notlage begeben? Wer wird dir deine Drangsal zu gutem Ende führen helfen besorgt und liebevoll, wie ich es bisher getan habe? Die recensio dieser Strophe bietet eigentlich nur im letzten Vers eine größere Schwierigkeit (47,32). 47,26 Wie seine Übersetzung ,,in trauriger Weise" (MFU. 154) verrät, faßt VON KRAUS trureclichen als Adverb. Aber „traurig", besser ,,in ernster Stimmung, betroffen" bleibt der Up, der Dichter nach der Trennung zurück. Dasselbe Adjektiv verwenden in MF. sonst nur noch Johansdorf 90,24/25 Ich hän also her gerungen / daz vil trurecliche stuont min leben und Ps.-Reimar 181,3/4 ja enwirt ein dienest niemer guot / den man so rehte trü2
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recliche tuot. Auch an diesen beiden Stellen ist doch wohl eher Adjektiv als Adverb gemeint, und außerhalb des Minnesangs des 12. Jahrhunderts ist das Adjektiv trüreclich ja auch gut bezeugt. Rudolf von Rotenberg hat ein trureclichez leben MSH. I,90a, Strophe I I . 47,27 geruoche BC, das seit H A U P T ZU ruoche „verbessert" worden ist. Natürlich kann ruochen wie geruochen in der Bedeutung „genehmigen, belieben, gewähren" gebraucht werden. Aber man sollte doch erst den Usus der Dichter und die Sorgfalt der Schreiber prüfen, ehe man von der Überlieferung abweicht. In diesem Falle ist das Ergebnis nicht uninteressant, ruochen „sich kümmern u m " haben sämtliche Hss. (ABbCEG) und alle Herausgeber in 21,2; 65,10; 71,14; 158,26; 180,6; 185,12; 215,13i; „(nichts) dagegen haben" ebenso 175,1 vgl. MFU. 368/9; „geruhen" nur 94,4 C und alle Herausgeber; Veldeke 67,32 ist jetzt von F R I N G S überzeugend emendiert zu rächte statt mochte BC, mißverstanden aus *rochte der Vorlage (Anm. zur Stelle in MF.). Die Belege für geruochen sind ebenso eindeutig und klar, haben aber dennoch keinerlei Gnade vor den Augen der kritischen Herausgeber gefunden. Das Kompositum begegnet ausschließlich in der Bedeutung „belieben"; verhältnismäßig unbestritten ist es nur an zwei Stellen: Rute 117,15 geruochen welle BC H A U P T VOGT, ruoche VON K R A U S und Hartmann 207,25 so geruoche . . . got BC S A B AN, VON K R A U S , ruoche H A U P T . Bei Hausen steht geruoche 46,16 und 47,27 in beiden Hss., B und C; beide Male hat H A U P T dafür das Simplex eingesetzt: in 46,16 um doppelten Auftakt, in 47,27 um dreisilbigen Takt zu vermeiden. Zwei weitere Stellen finden sich in „daktylischen" Liedern, und beide hat K . BARTSCH geändert und Zustimmung gefunden: Fenis 80,19 si . . . geruoche liden BC H A U P T , ruoche geliden BARTSCH, VON K R A U S und Veldeke 63,15 si ne wolde ruochen BC H A U P T VOGT, . . . geruochen BARTSCH F R I N G S . Bei Fenis ist dadurch in den vorwaltherischen Minnesang ein Wort eingeführt das sonst nie vorkommt und selbst im 13. Jahrhundert noch selten ist.
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Der Veldeke-Stelle ließe sich wohl auch anders aufhelfen, etwa nach 64,36/65,1; 65,14; 27 und öfter durch si ne wolde nit ruhen. Die Hss. sind also sehr sorgfältig und haben die Unterscheidung von Simplex und Kompositum richtig bewahrt. Man sollte es ihnen gleich tun. 47.29 Das owe verlangt eine Interpunktion nach dem Ausruf, denn es bezieht sich auf alle drei Fragen, die den vergeblichen dienest des herzen im Folgenden mit wachsender Dringlichkeit umschreiben. Ich setze daher Ausrufungszeichen: owe\ 47.30 Wie mit ruochen / geruochen steht es mit turren / geturren. Das Kompositum begegnet in MF. 12mal in allen Hss. (ABbCE) ohne jede Variante, und die Herausgeber folgen der Überlieferung; LACHMANN hatte nur Reimar 154,33 tar gesetzt, wo V O G T zur handschriftlichen Lesung zurückgekehrt ist. Das Simplex turren steht unangefochten nur Spervogel 20,10 ( J Hrsgg.) und Reimar 187,20 (C Hrsgg.). Die drei restlichen Stellen sind Hausen 47,30 und der Ps.-Hausen 54,14, wo F ganz abweicht und C getorste bietet gegenüber dem torst der Herausgeber; sowie 54,27, wo C wiederum engetar hat, während die Herausgeber mit F entar lesen. Dieser Tatbestand rechtfertigt die handschriftliche Lesung getorstest in 47,30. 47,32 Hier erregt H A U P T S Herstellung schwereren Anstoß. Beide Hss. haben mit triuwen als ich hän getan. Der Vers ist also um einen Takt zu kurz, es liegt ein Auslassungsfehler vor. Die Lücke findet sich meist nicht im Versanfang, wo das Gedächtnis des Abschreibers noch nicht auszusetzen pflegte. Dennoch hat H A U P T mit solhen triuwen ergänzt. Bei richtiger Reihung der Strophen würde dann solh stehen in 47,30; 32; 17. Dazu kommt noch das sol in 47,29. In fünf auf einander folgenden Versen wäre demnach viermal die Lautgruppe [soZ] erklungen. Das ist unmöglich. Denn das attributlose mit triuwen ist eine feste und verbreitete Formel. Sie findet sich bei Hausen noch einmal 53,13, in MF. überhaupt 26mal. Dem stehen nur fünf Stellen mit adjektivischem Attribut gegenüber: 2»
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mit ganzen triuwen Meinloh 12,12 aus völlig anderer Stilsphäre; Spervogel 24,10, nicht Minnesang; mit rehten triuwen Ps.-Rugge 106,29, erst 13. Jahrhundert; Reimar 150,4 in seinem ersten Liede; mit guoten triuwen Ps.-Reimar 173,1, ebenfalls erst spät. Aus beiden Gründen, dem euphonischen und dem stilistischen, ist die Ergänzung solhen abzulehnen. Ferner ist einem feineren Ohr der unbeabsichtigte Schlagreim hân getan schwerlich zuzutrauen. An dieser Stelle ist also aller Wahrscheinlichkeit nach die Korruptel zu suchen. Der einfache Gedankengang verlangt die Betonung des Gegensatzes „wer wird dir in Z u k u n f t helfen, wie ich es b i s h e r getan habe". Das hat auch VON K R A U S empfunden, als er seiner Paraphrase der Stelle ein „bisher" hinzufügte (MFU. 155), obwohl es nicht dasteht. Dies „bisher" heißt bei den Minnesängern her, sô her, dâ her, lange her, allez her. Hausen hat außerdem das Part. prät. getan von seinem Hilfsverb stets durch mindestens ein dazwischen gesetztes Wort getrennt; hân getan gibt es bei ihm nicht. 51,16 sô hât got wol ze mir getan 51,26 swie si habe ze mir getan 53,7 Wâfen, waz habe ich getan sô zunêren 44,4 des hat1 gelücke getan an mir wunder 44,13 Diu süezen wort hânt mir getan 47,15 mir hânt diu ougen vil getân ze leide An dieser Stelle (47,32) ist ferner der Potentialis ebenso angebracht wie in 51,26 und 53,7. Damit dürfte die echte Fassung des Verses zurückgewonnen sein: mit triuwen als ich habe her geta,n. Genau der gleiche Abschreiberfehler ist bei Hausen noch einmal festzustellen und „bisher" unbemerkt geblieben: 1
Im daktyl. Vers 52,37 hat L A C H M A N N als Lesehilfe drucken lassen wie hat mich, in 4 4 , 4 H A U P T dés hât ge-. Solche kleinen Unebenheiten, die nun seit über hundert Jahren am Leben geblieben sind, sind wohl überhaupt unsterblich.
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50,35 Min Up was her ie unbetwungen. So wird der Vers von seinem einsilbigen Takt befreit, der Hausen nicht zuzutrauen ist (MFU. 148 Anm. 2) und der auch VON K R A U S trotz seiner richtigen Erkenntnis noch durchgeschlüpft ist. Strophe I I lautet nach diesen Beobachtungen also: 47,25 I I Sit ich dich, herze, niht wol mac erwenden, 2 dun wellest mich vil trureclichen län, so bite ich got daz er dich geruoche senden 4 an eine stat da man dich wol enpfä. owe! wie sol ez armen dir ergdn? 30 6 wie getorstest eine an solhe not ernenden? wer sol dir dine sorge helfen enden 8 mit triuwen als ich habe her getan ? I I 2 dvne C, d'u B 4 enpfan 7 wenden C her fehlt B C
B , welle enpfan
C
6 getorstest dv B
Übersetzung. 11,1 ,,,,Da ich dich, herze, ja doch von deinem Willen nicht abbringen kann, (2) mich der tief betroffen darüber ist zu verlassen, so bitte ich Gott, er wolle dich gnädig gelangen lassen (4) dahin, wo dich ein freundlicher Empfang erwarten möge. Wehe! Wie wird es dir armen ergehn? (6) Wie konntest du es nur wagen, dich kühn in solche Drangsal zu begeben? Wer wird dir deine Beschwernisse zu gutem Ende zu führen helfen (8) mit der Aufopferung, wie ich sie dir doch wohl bisher erwiesen habe?"" Diese Anredestrophe hat bezeichnender Weise in Hausens übriger Lyrik keinerlei motivliche, wohl aber zahlreiche sprachliche Entsprechungen. 25/26 Transitives erwenden mit nachfolgendem negativ-exzipierenden Nebensatz als Strophenanfang findet sich auch 51,23/24 Mich künde niemen des erwenden, / in welle ir wesen undertän; an beiden Stellen fehlt in B die Negationspartikel. 26 län prägnant als „zurück-, ver-lassen" auch 48,12 und 52,37; freilich ohne Prädikatsadjektiv. 28 Die Umschreibung des
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Sendungszieles statt „an sie" farbloser an eine stat da ist ein Topos der ritterlichen Lyrik: Eist 34,6/7; Fenis 8 1 , 2 - 4 ; Horheim 113,35/36; Morungen 128,1-3; 134,14-16; Reimar 157,25/26; 170,34; Ps.-Reimar 201,14-16; Hartmann 206,24-26. Kontrahiertes enpfän auch Hausen 52,33. Die gleichen Reimklänge auch in Hausens Strophe 51,23; die Reimwörter erwenden, ende / enden, senden sind in beiden Strophen dieselben; die Reimwörter län, enpfän, -tan hat Hausen auch in Strophe 52,27.
Strophe
I I I
(47, 1 7 - 2 4 ) .
Hergestellt von
HAUPT
Die Trennung vom herzen ist vollzogen. E s folgt nun nur noch die Rückwendung des Sprechers, des libes und zugleich des Dichters, zu sich selbst. E r hatte sich den Aufbruch zur Kreuzfahrt anders gedacht, frei von Minnesorgen, in Gemeinschaft mit dem herzen, als ein lebensvoller, ein ganzer Mann, wenn nur das herze sich hätte aus seiner engen Befangenheit befreien wollen. Aber ihm ist es gleichgültig, was schließlich aus dem Übe werden wird. Einzelnes. 17 swcere setzt Hausen in den Reim 52,1: wcere und gebosre; 45,34: wcere und järe; 45,13: wcere und mcere. Das sind im Ganzen 9 Reime von swcere; acht auf -cere, einer anscheinend auf -äre. Eigenartig ist das Verhalten der Herausgeber. H A U P T schreibt durchweg -cere und schließt sich 45,29 sogar dem jcere von C an gegen jare B . V O G T führt nur in der Strophe 45,28 wegen des järe die nicht umgelauteten Formen durch. E r äußert sich zu der Frage sehr eingehend in seiner Anmerkung p. 327 f. mit Darlegung des Formenbestandes, VON K R A U S druckt V O G T S Anmerkung als Zitat ab, fügt eine Ergänzung hinzu und ändert in seinem Text außer in Strophe 45,28 auch in der zweit folgenden 45,10 die Reime zu solchen auf -äre. Offenbar hat ihn dazu die recensio Veldekes durch F R I N G S veranlaßt. Folgerichtig verfahren ist eigentlich nur HAUPT. Aber ist sein jcere richtig? Die
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älteren Mittelhochdeutschen Grammatiken helfen nicht weiter (es ist beschämend, daß wir vor lauter Literatur,,Wissenschaft" — lucus a non lucendo — keine den neueren Erkenntnissen der Sprachforschung und der Sprachgeschichte genügende wissenschaftliche Grammatik unserer mittelalterlichen Literatursprache besitzen und — wie die Lage nun einmal ist — auch in näherer Zukunft nicht zu erwarten haben); in Wahrheit liegen die Dinge viel komplizierter. Es handelt sich in unserem Falle außerdem gar nicht um den Umlaut, sondern um die [e]-Aussprache des md. ä; s. J . FRANCK, Altfränk. Gramm. § 2 4 , p. 3 6 f . Die gleichen Reimwörter wie Hausen bindet Veldekes Strophe 56,1. Für Veldeke ist jetzt die [ä]-Aussprache von Th. FRINGS gesichert ( P B B . 6 8 , 4 6 § 2 ; 6 9 , 1 6 3 § 3 Nr. 3 ) . Danach ist der Reimklang [-äre] in märe, openbäre, järe, wäre, swäre schon von HAUPT in der 1. Auflage lautrichtig mit -ä- geschrieben. Für das Rheinische mit seiner [e]-Aussprache ist, falls man sie überhaupt in der Orthographie zum Ausdruck bringen will, HAUPTS Ausgleichung zu -cere angemessen, also auch seine Form jcere. 47,18 in gotes ere: das auffällige in ist natürlich Präposition mit dem Accusativ, nicht mit dem Dativ. Offensichtlich liegt Übernahme der lateinischen Formel in gloriam Dei vor. Diese Formel ist zuerst einmal biblisch, und zwar vor allem Paulinisch. Sie begegnet in den Briefen des Apostels in folgender Form: in honorem Dei nur Rom. 15,7 (ebenso Baruch 5,7); in gloriam {et laudem) Dei (ipsius) Rom. 3,7; I. Cor. 10,31; II. Cor. 4,15; Phil. 1,11. ad Domini gloriam nur I I . Cor. 8,19. Die „Ehre Gottes" ist ein theologischer Zentralgedanke; vgl. M. B U C H B E R G E R , Lex. f. Theol. u. Kirche, III, 19593, 714f. und RGG. II 2 , 41. In der Liturgie hat er seinen Niederschlag in den Doxologien gefunden. Für Hausen möchte man eher an Einfluß der Kreuzpredigt, etwa in Straß bürg 1187 Dez. 1 oder in Mainz (curia Christil) 1188 März 27, denken. G . W O L F R A M , ZfdA. 30,89—132 geht mit Recht auf Hausen nicht näher ein und
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Kreuzzugsdichtung des Mittelalters. Studien zu ihrer geschichtlichen und dichterischen Wirklichkeit, Berlin 1960, sagt p. 183: „Gedanken aus der Kreuzpredigt werden dabei nicht verwertet." nan B C beließ H A U P T im Text, VOGT in seiner Neubearbeitung führte nam ein. Reimar 160,4 steht bis heute nan. In beiden Strophen reimt das Wort ausschließlich auf -n. 47,19 Über diesen Vers ist eingehender zu handeln. BC haben gleichermaßen es wer(e) ouch reht das es also were. Die Herausgeber haben an zweierlei Anstoß genommen. 1. Der Vers hat einen Takt zu wenig; es ist also ein Wort ausgelassen worden, das — natürlich richtig — ergänzt werden muß. 2. Syntaktisch würden wir aus unserer Gewöhnung heraus das es auf das unmittelbar vorhergehende Jcriuze beziehen. Aber die ältere Sprache ist in der Rektion der Pronomina weit ungebundener; es wird ohne Mißverständnis auf den Hauptgegenstand des ganzen Liedes, das herze, bezogen; der Sinn des Verses kann nicht mißdeutet werden. Dieser zweite Anstoß ist demnach ohne Grund und bleibt deshalb unbeachtet. H A U P T (nicht LACHMANN !) hat nun jedoch die Auslassung von dem unbegründeten zweiten Anstoß her zu bessern versucht: statt das es schrieb er deiz herze (was unnötige Verdeutlichung ist) und änderte nun noch gezwungenermaßen an einer zweiten Stelle: statt also heißt es jetzt als ich da\ VOGT hat nichts Besseres gewußt. Dagegen ist methodisch einzuwenden: dem Vers fehlen zwei Silben; H A U P T fügte sie höchst ausgeklügelt an zwei verschiedenen Stellen des Verses ein und macht damit die Entstehung der Korruptel ebenso unerklärlich, wie seine Heilung falsch ist. VON K R A U S bespricht die Stelle MFU. 150; er bezieht 47,19 auf 17 zurück unter Beibehaltung der falschen Verdeutlichung H A U P T S deiz herze also wcere: „nämlich ledic von solher swcere wie ich". Aber in seinem Text liest man dann etwas ganz anderes: deiz herze als e da wcere! Die Lösung des Rätsels war demnach 1939 anders als 1940. Leider sind beide Lösungen falsch. Wie VON K R A U S ZU der zweiten
F . W . WENTZLAFF-EGGEBERT,
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von 1940 gekommen ist, läßt sich zeigen. Dabei enthüllt sich ein durchgehendes Prinzip seiner Textherstellung: die Nutzbarmachung von Parallelen ohne Rücksicht auf die Hss. und den Gedankengang sowie den inneren Bau der zu bessernden Strophe. Sicherlich ist die Auswertung von Parallelen für den Textkritiker ein unentbehrliches heuristisches Mittel und insofern durchaus erlaubt. Aber die Parallelen müssen auch wirklich solche sein! Es gibt in MF. zwei Versausgänge, die VON KBATTS sichtlich verführt haben: dö huop sich aber daz herze min an eine stat dd'z e da was man ist unfro da ich e da was
Ps.-Eist 34,6/7 und Ps.-Reimar 184,39
Aus diesen „Parallelen" ist der Text von 1940 kontaminiert worden. In wörtlicher Übersetzung hieße das: „anderseits hätte das herze wie früher da sein müssen", entweder „dort" oder überhaupt „vorhanden". Diese Aussage ist schon als Prosasatz ohne Sinn und Verstand, und ein Dichter spricht ganz gewiß nicht so. Die Frage erledigt sich höchst einfach dadurch, daß diese „Parallelen" gar keine sind. Denn zu den zitierten Stellen 34,6; 184,39 gibt es noch weitere, nämlich: an daz zil / da si da sol und Ionen wil daz wir niet sin da si da sint . . . und legez hin wider da ichz da nan
Gutenberg 70, 17/18 Rugge 97,36 Reimar 160,4
Diese fünf Stellen haben eines gemeinsam, das doppelte da; das zweite da, das in den Hausenvers hineinkonjiziert worden ist, stellt sich als Relativierungspartikel heraus, ist also nicht Demonstrativum. Daß diesem da zweimal auch das Wörtchen e vorangeht, ist Spiel des Zufalls. Demonstratives da gibt es in MF. auch: Reimar 158,31; 190,11; sogar bei Hausen selbst 51,30 Min herze belibet doch (fehlt B) da (aldä Herausgeber), nach Hausens Sprachgebrauch eher iedoch da. Dieses demonstrative da ist im Deutschen so emphatisch betont, daß die Dichter es in den Reim setzen, wie die zitierten Stellen zeigen.
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Gegen alle bisher versuchten Heilungen der Korruptel ist einzuwenden : 1. deiz herze ist überflüssig; es muß bei das es BC bleiben, 2. e da ist sprachwidrig und im Zusammenhang des Satzes ohne Sinn, 3. die Änderung an zwei Stellen des Verses erklärt nicht die Entstehung des Fehlers, der in einfacher Auslassung eines Wortes zu suchen sein wird. Man muß daher ohne Rücksicht auf die bisherigen Heilungsversuche von den Hss. und dem Satz- und Sinnzusammenhang ausgehen. Nach der Verabschiedung des herzen (Strophe II) sagt nun der Up zu sich selbst: „Durch die Kreuznahme (18) hatte ich irrtümlich angenommen, der Minnesorgen ledig zu sein (17) / anderseits (ouch) wäre es seine Pflicht gewesen, daß es ebenso x x wäre (19) / Nur leider daß meine stcetekeit mir dies versagt". So sei mit Absicht interpungiert, bis die Gliederung des gesamten Satzgefüges geklärt ist, die bis jetzt nicht erkannt worden ist. Der Vers 19 enthält einen einfachen Auslassungsfehler; bei x x fehlen zwei Silben, wiederum am Versende. Die beiden fehlenden Silben müssen aussagen, was denn nun die Pflicht des herzen gewesen wäre. Und das ist nicht schwer zu finden; nämlich die Wiederherstellung des Normalstandes, des mit ein ander (47,10 und 14). Das herze hätte sich also dahin begeben müssen, wohin der Up sich begibt: auf die Kreuzfahrt! Der technische Ausdruck dafür, der einzig treffende, auch dichterisch angemessene Ausdruck dafür ist, wie Hausens Lieder zeigen, einzig und allein vam. Da der Begriff in B und C ausgefallen ist, wird der Fehler schon in ihrer oder ihren Vorlage(n) gestanden haben; da beide Hss. nicht eigenmächtig die Lücke zu füllen versucht, sondern zuverlässig abgeschrieben haben unter Bewahrung der Auslassung, können wir die Lücke zutreffend schließen. Der Vers hat vollständig gelautet: ez wcere ouch reht deiz also varnde wcere.
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Weiter ist zuerst ein leichter Fehler in 47,20 zu emendieren. wan das min stetekeit mir sin verban schreiben beide Hss. Auszugehen ist dabei von dem Worte stcetekeit. Stcete ist in der Minnelyrik das herze; aber das bezeichnet Hausen sonst stets mit dem einfachen Substantiv diu stcete: 42,25 ob rehtiu stcete iht müge gefromen; 52,13—16 min stcete mir nu hat / daz herze also gebunden, / daz siz niht scheiden lät / von ir. Auch der Hausen-Nachahmer gebraucht dies Wort in seiner Frauenstrophe 54,4/5 'wan daz mich ein scelic man / rehter stcete hat ermant. . .'. Stcete ist demnach Hausens übliches Wort, und die stcete gegenüber der Dame ist dabei sicherlich auch hier gemeint. Dennoch ist der Gedanke hier mit voller Absicht modifiziert; stcetekeit ist eine besondere Erscheinungsform der stcete, die dieser Ausnahmesituation angepaßt ist. Stcetekeit wird in MF. selten als terminus der Minnebindung verwendet. Das Wort findet sich bei Regensburg 16,1 als Schluß des Anverses einer Langzeile in einer Frauenstrophe; bei Morungen 138,11 im Reim in einer Strophe, die vier Reime auf -eit erforderte; bei Reimar 171,31 im Reim und in einem die Strophe abschließenden vollen Sechstakter; bei Hartmann 206,17 im Reim als vorletzter von vier Reimen auf -eit; endlich 211,36 wo stcetiu wip und stcetekeit im gleichen Vers auf einander folgen. An all diesen Stellen ist die -Aeii-Bildung aus einer Zwangslage gewählt: Reim, Versbau oder Stil verlangten das erweiterte Wort, das demnach aus der gewohnten Ausdrucksweise zwar herausfiel, aber in einer technischen Zwangslage eben doch verfügbar war. Eine Abschattierung des Begriffs stcete ist in allen fünf Fällen nicht zu bemerken und auch nicht zu erwarten. Anders bei Hausen. Er hat gewiß den Begriff stcete genauer bestimmen wollen, als er stcetekeit sagte. Wie schon bei dem in gotes ere — in gloriam Dei eine lateinische Formel durchschien, so auch in diesem Wort. Im Ahd. drückt das Adjektivabstractum statigi, statiki das gleiche aus, was mhd. stcetekeit als terminus
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technicus bedeutet (also nicht bloße Variante für stcete ist wie sonst in MF.). Als terminus technicus findet sich statigi, stcetekeit besonders oft in den Ubersetzungen der Benediktiner-Regel. So ahd. in StD. 206,26; 264,20; 265,17; 269,19; 270,8; im Mhd. (Middle High German Translations of the Regula Sancti Benedicti edited . . . by C A R L S E L M E R = The Mediaeval Academy of America, Publication No. 17, Cambridge, Mass., 1933. Zitiert nach Seiten und mit Zähler ermittelten Zeilen von oben): Hohenfurth (Böhmen) 55,26; 80,30; 82,5; 14; Asbach (Bayern) 135,9; 159,5; 160,30; 39; München 173,35; Admont (Steiermark) 212,16; 236,16; 238,4; 13; Oxford (aus Eberbach/Neckar) 270,37; 271,15; 272,20; Altomünster (Bayern) 313,21; 36; 315; 15; 25. Diese Stellensammlung macht auf Vollständigkeit keinen Anspruch, zeigt aber bei der weiten Streuung nach Zeit und Ort, daß stcetekeit der gebräuchliche Ausdruck für die mönchische stabilitas (loci) war. Und gerade diese Bedeutung paßt zu unserer Hausenstelle vollkommen. Zugleich lehrt sie den kleinen Fehler der beiden Hss. bessern, denn die stabilitas kommt nur dem herzen zu im Gegensatz zum varn des libes. Es muß also sin (statt min) stcetekeit gelesen werden. Das hat H A U P T ganz richtig erkannt, auch ohne die Regula zu bemühen; leider hat er dann aber denselben Fehler begangen wie die Schreiber der Sammelhss. irgend einmal: wie diese zu min — mir, so hat H A U P T ZU sin — im ausgeglichen. Derjenige den das herze durch seine stcetekeit schädigt, kann nur der lip sein, verbunnen ist in MF. ein selten verwendetes Wort; es steht noch bei Gutenberg 78,29 unstcete, der ich guotes verban (: man) und bei Morungen 138,25 Swer mir des erban (C, verban A), ob ich si minne tougen. An allen drei Stellen in MF. sind Subjekt und Dativobjekt verschiedene Personen, ebenso an allen 14 Belegstellen der Wörterbücher, denen nur eine reflexive (Reinfr. B. 25378) gegenübersteht. Und die Personenverschiedenheit ist auch das Normale. Die vier Verse 47,17—20 lauten, noch ohne Interpunktion, demnach:
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17 Ich wände ledic sin von solher swcere dö ich daz Jcriuze in gotes ere nan ez wcere ouch reht deiz also varnde wcere 20 wan daz sin stoetekeit mir sin verban Nunmehr ist die Gedankenführung in diesen vier Versen oder die Gliederung des syntaktischen Gefüges zu untersuchen. Was gehört zusammen? Wie sind die überschießenden Satzteile einzuordnen? Das Gesamtverständnis des Liedes hängt von der richtigen Antwort auf diese beiden Fragen ab. Von der zeitlichen und logischen Begründung 18 dö ich daz kriuze . . . nan sei zunächst abgesehen. Entscheidend ist, was der exzipierende Satz 20 wan daz . . . verban einschränkt. Und das kann nichts anderes sein als der Hauptsatz 17 Ich wände ledic sin von solher swcere. „Ich hatte vergeblich gehofft, von allen Minnesorgen befreit zu sein — aber ach!, sein (des herzen) Beharren erlaubt mir das nicht". In diesen umgreifenden Satz und Gedanken ist ein Doppeltes eingeschoben: 1. die chronologischlogische Begründung für den wän; 2. ein Irrealis als nicht erfüllter Wunsch: es hätte mir folgen müssen!; auch dieser Gedanke ist genau betrachtet eine Begründung für das wcenen. In den umschließenden Satz sind also zwei Kausalsätze hineingeschoben ; es wird ein realer und ein irrealer Grund angegeben. Der zweite ist syntaktisch als selbständiger Satz, als Parenthese formuliert. Also: 47,17
Ich wände ledic sin von solher swcere, do ich daz kriuze in gotes ere nan —ez wcere ouch reht deiz also varnde wcere—, 20 wan daz sin stcetekeit mir sin verban.
Der Aufbau dieser Periode ist höchst bedacht, kunstvoll und gedrängt. Die Begründung von 18 spricht die erfüllte Pflicht des Sprechers, des libes, aus; die Begründung von 19 die wohl erwartete, jedoch nicht erfüllte Pflicht seines Widerparts, des herzen. Daher ist 18 als temporaler und kausaler Satz im Indi-
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kativ, 19 als Irrealis im Optativ gegenüber gestellt. Außerdem ist 19 mit 20 durch die hörbare Antithese varnde (der Up) und stcetekeit (das herze) riiiteinander verbunden. Diese Kunst der Gedankenführung, des Aufbaues und der Formulierung sichert sowohl die Richtigkeit der Ergänzung von varnde wie die Interpretation von stcetekeit. 47,24 Die Umstellung von süle wird geradezu erfordert von Hausens sonstigen Versschlüssen dieser Art. Völlig identisch ist 50,6 und al min wille süle ergän, wie B richtig, C zwar abweichend, aber mit Bewahrung der Wortfolge schreibt. Ähnlich 48,29 solle komen; 49,32 kan beschouwen; 51,17 wolte erlän; 53,1 mac verwäzen; 51,35 wolte sagen; 44,12 län beliben; 44,31 lät betagen (Konjektur!); 44,39 mac getragen; 42,25 müge gefromen; 43,11 möhte sin; 45,17 solde hän. Strophe I I I lautet im hergestellten Text: 47,17 I I I
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Ich wände ledic sin von solher swcere, d6 ich daz kriuze in gotes ere nan — ez wcere ouch reht deiz also varnde wcere —, 4 wan daz sin stcetekeit mir sin verban. ich solte sin ze rehte ein lebendic man, 6 ob ez den tumben willen sin verheere. nu sihe ich wol daz im ist gar unmeere 8 wie ez mir an dem ende süle ergän. 2
I I I 1 solicher B • 2 eren C 8 süle (sule C) nach mir BC
varnde fehlt BC
4 sinj
min BC
Übersetzung. „Ich hatte mich dem Irrglauben hingegeben, von dieser (Minne-)Last frei zu sein, (2) als ich das Kreuz zum Ruhme Gottes genommen hatte — es wäre ja auch wiederum seine Pflicht gewesen, mich auf dem Kreuzzuge zu begleiten —, (4) aber sein Festhalten (an der Heimat und an der Dame) bringt mich darum (um die Befreiung von Minnesorgen). Ich würde wirklich ein lebensvoller (ganzer) Mann sein, (6) wenn es nur seinen fehl
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gerichteten Willen aufgegeben hätte. Jetzt ist es mir ganz klar: ihm ist es völlig gleichgültig, (8) wie es mir schließlich einmal ergehen würde." Auch diese Strophe ist wieder eng mit den übrigen Liedern Hausens verbunden. 47,17 von solher swcere findet seine Entsprechung in 44,2 nach solher swcere rang ich alle zit; swcere auch 45,13; 34; 52,1. wcenen wird von Hausen oft gebraucht; mit bloßem Infinitiv wie hier 49,4; 52,23; 45,10; 46,34; mit daz-Satz 53,18; mit konjunktionslosem Objektsatz 43,12. 47,18 daz kriuze nemen ebenso 53,35; die Redewendung ist in MF. auffällig selten: Johansdorf 86,25; Rugge 98,21; 99,18; Reimar 181,13; also von sechs Belegen je zwei bei Hausen und in Rugges Kreuzleich. 47,19 zu varnde siehe oben zu 47,10. 47,21 Auffällig ist lebendic in der Bedeutung „ein voll lebendiger, ein ganzer Mann" (und nicht nur ein Bruchstück davon, der Up ohne das herze). Das Wort kehrt in MF. nur noch einmal in einem Frauenliede Ps.-Reimars wieder: 200,9/10 min gedinge derst geringe / die wil ich in lebendic hän. „Ich brauche nicht zu hoffen, solange ich mich seiner lebendigen Gegenwart erfreuen kann." 47,22 tump ist der Wille des herzen, weil es sich die Folgen seines Begehrens aus Mangel an Erfahrung und Voraussicht nicht rechtzeitig klar zu machen weiß, weil es befangen ist und sich aus dieser Befangenheit nicht zu lösen vermag. 47,23/24 Der Schluß der Strophe und des Liedes erfordert noch eine kurze Diskussion. Hausen gebraucht an dem ende „schließlich, endlich" in Hinsicht auf das Ende des Frauendienstes zwar kein zweites Mal, aber die Wendung ist doch formelhaft und meint immer, wie doch wohl auch hier, das Ende der Minnebindung an eine Dame. So Johansdorf 91,10; Horheim 114,9; Ps.-Morungen 124,12; Reimar 173,34; 187,39; Ps.-Reimar 169,17; 21. Mit dem Possessivum statt des Artikels ändert sich der Sinn der Phrase. Johansdorf 89,33 und wer sol im ze helfe komen an sinem endet heißt natürlich „bei seinem Lebensende, im Tode". Nur so gebraucht einmal Hausen die Wendung 51,25 (ich will ihr lebenslang undertän sein) den willen bring ich an min ende. Danach
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könnte man zu 47,24 fragen: meint an dem ende auch hier wie sonst ganz allgemein „schließlich, irgendwann einmal" in Beziehhung auf das Minneverhältnis oder ist hier an dem ende mit dem vorangehenden mir zusammen zu nehmen und als „mir im Tode" zu verstehen? Die zweite Auffassung ist doch wohl abzulehnen; denn das ganz zentrale Thema des Liedes ist das Festhalten des herzen an seiner Erwählten, das selbst der Entschluß zur Kreuzfahrt nicht wankend machen kann. Das varn ist nicht mehr als das erregende Motiv der Minnereflexion; die Antithese varn — stcetekeit hebt die Minnegebundenheit des herzen nur um so stärker heraus. Alles bleibt in der Minnesphäre, und nichts deutet auf das Lebensende hin. Wir müssen uns hüten, unser doch zufälliges biographisches Wissen um Hausens Sterben in das Lied hineinzudeuten, wo es gar nichts zu suchen hat. Es ist ein Minne-, kein Kreuzlied! (Die deutschen Geißlerlieder, Berlin 1931, 257f.) hat die Vermutung geäußert, die ritterlichen Kreuzlieder könnten zum wenigsten den Hinweis auf die Kürze des Lebens und das vielleicht nahe bevorstehende Lebensende (so etwa Hausen 46,27/28) der geistlichen Liederdichtung verdanken. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch 47,23/24. Dieser Beleg ist aber sicherlich zu streichen. ARTHUR
HÜBNER
III. Nachdem der Text des Liedes gesichert und seine Stellung in der übrigen Lyrik Hausens näher bestimmt ist, kann nun auch die Frage beantwortet werden: Sind die drei Strophen 47,9; 25; 17 ein in sich abgeschlossenes Lied und stehen die drei Gesätze in den Hss. in der richtigen Reihenfolge? Dazu ist es zweckmäßig, den Text des Liedes ohne Apparat zu wiederholen.
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könnte man zu 47,24 fragen: meint an dem ende auch hier wie sonst ganz allgemein „schließlich, irgendwann einmal" in Beziehhung auf das Minneverhältnis oder ist hier an dem ende mit dem vorangehenden mir zusammen zu nehmen und als „mir im Tode" zu verstehen? Die zweite Auffassung ist doch wohl abzulehnen; denn das ganz zentrale Thema des Liedes ist das Festhalten des herzen an seiner Erwählten, das selbst der Entschluß zur Kreuzfahrt nicht wankend machen kann. Das varn ist nicht mehr als das erregende Motiv der Minnereflexion; die Antithese varn — stcetekeit hebt die Minnegebundenheit des herzen nur um so stärker heraus. Alles bleibt in der Minnesphäre, und nichts deutet auf das Lebensende hin. Wir müssen uns hüten, unser doch zufälliges biographisches Wissen um Hausens Sterben in das Lied hineinzudeuten, wo es gar nichts zu suchen hat. Es ist ein Minne-, kein Kreuzlied! (Die deutschen Geißlerlieder, Berlin 1931, 257f.) hat die Vermutung geäußert, die ritterlichen Kreuzlieder könnten zum wenigsten den Hinweis auf die Kürze des Lebens und das vielleicht nahe bevorstehende Lebensende (so etwa Hausen 46,27/28) der geistlichen Liederdichtung verdanken. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch 47,23/24. Dieser Beleg ist aber sicherlich zu streichen. ARTHUR
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III. Nachdem der Text des Liedes gesichert und seine Stellung in der übrigen Lyrik Hausens näher bestimmt ist, kann nun auch die Frage beantwortet werden: Sind die drei Strophen 47,9; 25; 17 ein in sich abgeschlossenes Lied und stehen die drei Gesätze in den Hss. in der richtigen Reihenfolge? Dazu ist es zweckmäßig, den Text des Liedes ohne Apparat zu wiederholen.
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47,9 10
I
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Min herze und min Up die wellent scheiden, die mit ein ander vuoren nu manige zit: der Up wil gerne vehten an die beiden, so hat iedoch daz herze erweit ein wip 4 vor al der werlt. daz müet mich iemer sit, 6 daz si ein ander nu niht volgent beide — mir hdnt diu ougen vil getan ze leide —: 8 got eine müese scheiden noch den strit. 2
15 47,25
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I I „Sit ich dich, herze, niht wol mac erwenden, 2 dun wellest mich vil trtirecMchen län, so bite ich got daz er dich geruoche senden 4 an eine stat da man dich wol enpfä. owe! wie sol ez armen dir ergän? 6 wie getorstest eine an solhe not ernenden ? wer sol dir dine sorge helfen enden 8 mit triuwen als ich habe her getan?"
47,17 I I I
Ich wände ledic sin von solher swcere, dö ich daz leriuze in gotes ere nan — ez wcere ouch reht deiz also varnde wcere —, 4 wan daz sin stcetekeit mir sin verban. ich solte sin ze rehte ein lebendic man, 6 ob ez den tumben willen sin verheere. nu sihe ich wol daz im ist gar unmeere 8 wie ez mir an dem ende süle ergän. 2
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Zuerst sei die Reihenfolge der drei Strophen besprochen. Bekanntlich sind die Strophen der Minnelieder zwar in sich abgeschlossen, aber ihre Folgeordnung ist im allgemeinen recht locker. Ein durchgehendes Prinzip, das jeder Einzelstrophe gerade diesen und nur diesen Platz im ganzen Liede anwiese, ist nur in den besonderen Fällen strengerer Komposition zu erkennen. Das gilt vor allem für vielstrophige Gebilde. Das Hausenlied 47,9 hat nur drei Strophen. Schreitet in ihnen die Gedankenführung in drei als folgerichtig geordneten Stufen 3
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zum Ziel empor? Gibt es für diese etwaige gedankliche Ordnung auch formale Stützen? I . Der Zeitpunkt der Trennung ist für die seit langem bestehende Gemeinsamkeit von herze und Up gekommen. Der Up will fort, das herze will bleiben: Kreuzfahrt — Frauendienst. Für den ganzen Menschen hat das zwar schwere Folgen — die Augen haben ihm schon sehr Schmerzliches angetan —, aber nur Gott allein könnte das Auseinander noch verhüten (d. h. die Trennung ist unwiderruflich). Daher folgt die Verabschiedung des herzen-. I I . „Da ich dich, herze, von deinem Entschluß, mich betroffen darüber zurückzulassen, doch nicht abbringen kann, so bitte ich wenigstens Gott, dir einen freundlichen Empfang bei deiner Erwählten zu bescheren. Aber ach! Wie wird es dir ergehen? Wie konntest du dich nur erkühnen, dich freiwillig in eine so aussichtslose Lage zu begeben? Wer wird dir schließlich, wenn es zu dem bösen Ende kommt, in deiner Drangsal beistehen so hingebend, wie ich es bisher doch wohl getan habe?" I I I . Die Trennung ist vollzogen. Der Up reflektiert nun zu Ende: Eigentlich hätte mich das Kreuzzugsgelübde von allem Minneleid erlösen müssen, aber das herze — es wäre übrigens seine Pflicht gewesen, mich auf der Fahrt zu begleiten — bringt mich durch sein Beharren um diese Befreiung. Ich würde ein ganzer Mann sein, wenn es nur seinem unbedachten Starrsinn entsagt hätte. Ich muß nun erkennen, daß es ihm ganz gleichgültig ist, was schließlich aus mir werden wird. Bei dieser, der überlieferten!, Strophenfolge geht der Gedankenund Gefühlsablauf in der chronologisch wie psychisch natürlichen Folge ohne Bruch vor sich. Das Ganze ist aus einem Guß; nichts fehlt zwischen den einzelnen Gliedern; das Fortschreiten ist stetig, ohne Sprung; am Schluß steht der Ausblick auf das ende ( I I I 8). Nun ist das Lied kein Ereignislied, das äußeres Geschehen berichtet. Vielmehr ist es ein Rollenlied mit Gedanken, Reden und Reflexionen, die der Dichter aneinanderreiht. Das Entscheidende
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ist die Thematik der einzelnen Strophen und des ganzen Liedes. Ist auch die Thematik mit innerer Folgerichtigkeit abgestuft? I. Schon der Entschluß zum Kreuzzug führt zur Trennung der alten Einheit von Up und herze. Das herze hält an seiner Minne fest und ist nicht umzustimmen. So ist die Trennung unwiderruflich. I I . „So lebe denn wohl, herze. Mögest du genäde bei ihr finden! Aber du wirst dich in deiner Zuversicht täuschen. Du wirst allein sein und ohne trost, wenn du die Vergeblichkeit deines dienstes erst erkennst." I I I . Ich ziehe nun ohne das herze in den Kampf. Ich bin kein voller Mensch mehr, denn das herze bleibt bei ihr zurück. Es hätte mir folgen müssen, aber es ließ sich nicht umstimmen. Denn ihm ist es gleichgültig, was aus mir einmal werden wird. Auch von der Thematik her gesehen ist der Aufbau des Ganzen ohne den geringsten Tadel. Das Lied entbehrt der eigentlich religiösen Gedanken; der Kreuzzug ist nichts anderes als der Anlaß zu einer Minnereflexion. Der Entschluß, in den Glaubenskampf zu ziehen, führt die Spaltung der Person unausweichlich herbei (I). Der weitere dienest des herzen ist aussichtslos, er kann gar nicht zum Erfolg führen. Am Ende ist nichts anderes zu erwarten als Not, Sorge und Trostlosigkeit (II). Dennoch bleibt es dabei: das Minneleid ist nicht überwunden mit der Kreuznahme. Nur ein halber Mann fährt über See. Das herze hält an ihr fest; alles andere ist ohne Gewicht und Bedeutung (III). Das Kreuzgelübde setzt lediglich die Reflexion in Bewegung und schafft die ernste Grundstimmung des Liedes. Das Lied selbst ist ein Preislied auf die Macht der Minne, die selbst durch die Erfüllung der Kreuzfahrerpflicht nicht überwunden werden kann. H. SCHNEIDER (AfdA. 59,70) nennt die Sätze der II. Strophe „galant". Der Ausdruck ist zu leicht und zu verspielt, aber etwas Richtiges ist von ihm gesehen und nur unglücklich formuliert worden. Das Lied ist eine innige Huldigung an die Dame, die das herze des Ausziehenden festhält, ohne ihm je zu Ionen. 3»
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Die natürliche Folge des inneren Geschehens und die logische Anordnung der Thematik müßte in einem guten Liede auch in seinen formalen Aufbauelementen erkennbar werden. Wie sind die einzelnen Strophen miteinander verknüpft? Es bestehen unüberhörbare Verbindungen von I zu I I I hin. I 3 kehrt anders formuliert in I I I 2 wieder. I 2 vuoren entspricht I I I 3 varnde. I 5 daz müet mich iemer sU wird abgeschlossen in I I I 8 wie ez mir an dem ende süle ergän. I 6 sagt mit anderen Worten dasselbe wie I I I 4; I 1 wie I I I 5; I 4/5 ist der Inhalt des tumben willen sin I I I 6. Die beiden Reflexionsstrophen sind im Grunde gedanklich identisch, in der sprachlichen Darstellung aber künstlerisch variiert. Die Ubergänge von I zu I I sowie von I I zu I I I sind sorgfältig bedacht und durchgeführt. I 8 nur G o t t könnte die Trennung noch ungeschehen machen — I I 1 Da ich dich, herze, nicht umstimmen kann. Ebenso der nächste Strophenübergang: I I 5; 6; 7 dir armen, solhe not, dine sorge wird in I I I 1 zusammengefaßt zu solher swcere. Bei der Reihung I, III, I I würden beide Übergänge verschwinden und vor allem I I sich nicht glatt an I I I anschließen. Reimresponsionen finden sich in dem Liede nicht. Die -änReime von I I kehren wohl nur zufällig in den -em-Reimen von I I I wieder. Aus diesen Beobachtungen ergibt sich zweifelsfrei die Sonderstellung von Strophe II. Sie ist das eigentlich Neue und Einzigartige des gesamten Liedes. Sie ist daher auch ausnehmend sorgfältig gebaut. Es ist die einzige Anredestrophe in allen Gedichten Hausens (soweit wir sie kennen). Sie zerfällt in zwei gleiche Hälften: die erste (1—4) spricht den Segenswunsch und die Hoffnung auf Erfüllung aus in der üblichen verhüllenden Umschreibung (an eine stat da), die zweite (5—8) weiß die Aussichtslosigkeit des dienstes voraus und formuliert diese Vergeblichkeit in drei rhetorischen Fragen, die nach dem Gesetz der wachsenden Glieder gebaut sind: 8 Silben - 13 Silben - 21 ( = 8 plus 13) Silben. Dies ist schwerlich Zufall.
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Strophe II bildet demnach den Schwerpunkt und die innere Mitte des Liedes. Sie ist deshalb auch in die Mitte gestellt und von den beiden reflektierenden Rahmenstrophen umschlossen. I I enthält keinerlei Wendungen oder Gedanken, die im Liede sonst noch begegnen. I und I I I dagegen wiederholen die gleichen Gedanken und Gefühle, die aber in der sprachlichen Einverleibung absichtsvoll und künstlerisch variiert werden. Dieser planvoll-kunstverständige Bau des Liedes würde durch HAXJPTS Strophenumstellung zerstört werden. Es ist schwer begreiflich, daß dieser abwegige Einfall des ersten Herausgebers unbeanstandet geblieben ist. Diese Tatsache zeigt, wie unendlich viel noch immer an diesen feinen und subtilen Kunstwerken zu tun bleibt. Die Hss. sind im allgemeinen weit besser als das oft unverständliche Urteil der Herausgeber über sie; sie haben im Ganzen die Absicht der Dichter treu bewahrt. So ist es nicht nur bei Hausen. Sehr oft muß der Dichter gegen die Herausgeber wieder in sein Recht eingesetzt werden.
IV. Einen ganz anderen Eindruck macht die vierte Strophe desselben Tons ( 4 7 , 3 3 ) . Es ist völlig unverständlich, daß VON K R A U S die sichere Erkenntnis seiner beiden Vorgänger, diese Strophe könne keinesfalls zu dem Liede 47,9 gehören, hat preisgeben können. Wenn man den Unterschied zwischen einem minnelied (canticum amancium) und einem scheltlied (canticum vituperancium) nicht fühlt und logisch erkennbar macht, dann bleibt die Herstellung des echten Textes und seine richtige Interpretation aussichtslos. Die beiden deutschen und lateinischen Termini entstammen dem Codex 730 der U.-B. Graz, kurz nach dem Ende des 13. Jahrhunderts, also etwa gleichzeitig mit der Entstehung unserer Sammelhss. der Minnesänger. Wegen seines Zeugniswertes für die mhd. Lyrik hat A. E . SCHÖNBACH die einschlägigen
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Strophe II bildet demnach den Schwerpunkt und die innere Mitte des Liedes. Sie ist deshalb auch in die Mitte gestellt und von den beiden reflektierenden Rahmenstrophen umschlossen. I I enthält keinerlei Wendungen oder Gedanken, die im Liede sonst noch begegnen. I und I I I dagegen wiederholen die gleichen Gedanken und Gefühle, die aber in der sprachlichen Einverleibung absichtsvoll und künstlerisch variiert werden. Dieser planvoll-kunstverständige Bau des Liedes würde durch HAXJPTS Strophenumstellung zerstört werden. Es ist schwer begreiflich, daß dieser abwegige Einfall des ersten Herausgebers unbeanstandet geblieben ist. Diese Tatsache zeigt, wie unendlich viel noch immer an diesen feinen und subtilen Kunstwerken zu tun bleibt. Die Hss. sind im allgemeinen weit besser als das oft unverständliche Urteil der Herausgeber über sie; sie haben im Ganzen die Absicht der Dichter treu bewahrt. So ist es nicht nur bei Hausen. Sehr oft muß der Dichter gegen die Herausgeber wieder in sein Recht eingesetzt werden.
IV. Einen ganz anderen Eindruck macht die vierte Strophe desselben Tons ( 4 7 , 3 3 ) . Es ist völlig unverständlich, daß VON K R A U S die sichere Erkenntnis seiner beiden Vorgänger, diese Strophe könne keinesfalls zu dem Liede 47,9 gehören, hat preisgeben können. Wenn man den Unterschied zwischen einem minnelied (canticum amancium) und einem scheltlied (canticum vituperancium) nicht fühlt und logisch erkennbar macht, dann bleibt die Herstellung des echten Textes und seine richtige Interpretation aussichtslos. Die beiden deutschen und lateinischen Termini entstammen dem Codex 730 der U.-B. Graz, kurz nach dem Ende des 13. Jahrhunderts, also etwa gleichzeitig mit der Entstehung unserer Sammelhss. der Minnesänger. Wegen seines Zeugniswertes für die mhd. Lyrik hat A. E . SCHÖNBACH die einschlägigen
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Teile dieser Hs. bekannt gemacht (ZfdA. 3 4 , 2 1 3 - 2 1 8 ) . Die Gattung scheltlied hat natürlich ihre antiken Wurzeln. Der Artikel satura von W I L H E L M K R O L L in PATJLYS Realencyclopaedie der class. Altertumswissenschaft II. Reihe 3. Halbband, Stuttgart 1 9 2 1 , 1 9 2 — 2 0 0 ist für den Germanisten weniger aufschlußreich als die knappe, aber sehr gehaltvolle Darstellung des Satirikers C. Lucilius von EDUARD NORDEN in der Einleitung in die Altertumswissenschaft, I. Band, 4. Heft: Römische Literatur, Leipzig und Berlin 1 9 2 7 , 3 3 1 - 3 3 3 . Die Kenntnis der Entstehung der Gattung und ihrer Entwicklung über Horaz bis ins und durch das Mittelalter muß hier vorausgesetzt werden; siehe dazu jetzt U L R I C H K N O C H E , Die römische Satire, Göttingen 1 9 5 7 2 . Unabhängig von dieser Kenntnis ist zunächst die Sicherung des Wortlauts der Strophe 47,33. 47,33 Niemand, Niemen C; alle Herausgeber folgen der im Ganzen ja wirklich besseren Hs. B. Dennoch ist die Untersuchung des Gebrauchs von nieman, ieman bei Hausen nicht völlig ohne Gewinn. Hausen braucht nieman, ieman 49,32; 51,23; 31; 53,18; 52,29; 45,28; 46,28; 47,33. Die Hss. schreiben -an oder -en ohne erkennbaren Unterschied, -an selbst vor kan, anders-, wan. Des Dichters Sprachform ist aus den Hss. nicht zu ersehen. Die Silbe -man steht immer in der Verssenkung, die -a-Schreibung überwiegt bei weitem. In 47,2 heißt es dagegen so friesch nie man, es liegt also das Substantivum vor. Genau der gleiche Fall ist 43,32 mir erwendet ir hulde nie man wan si selbe = kein andrer Mann, kein Nebenbuhler, sondern die Dame selbst. Warum die Herausgeber gerade hier nieman schreiben (LACHMANN wenigstens niemän\), ist nicht zu begreifen, man steht in der Vershebung, die zugespitzte Antithese man — si selbe geht durch die Schreibung nieman verloren. Für das Indefinitpronomen müßte man bei Hausen überall die a-Formen durchführen. Ob C in der Scheltstrophe mit niemen Recht hat, bleibt offen. Es könnte sein, daß damit ein Stilunterschied ausgedrückt sein sollte. Dennoch, das parodistische Element steckt in der Scheltstrophe nicht in ungepflegterer Sprachform, sondern in der Um-
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kehrung der üblichen Motive. Es wird daher bei nieman bleiben müssen. 47.34 diech schreiben alle Herausgeber und müssen nun im Apparat angeben, daß die Hss. die ich überliefern. Gewiß, denn diech ist ja ein oft gebrauchtes und in höfischer Umwelt nicht eben edles Wort, das sogar unter Umständen unerwünschte Assoziationen hervorrufen konnte. Unsere wissenschaftlichen Ausgaben würden gewinnen, wenn man solche Zusammenziehungen im Druck nicht besonders kenntlich machte, vielmehr dem Verständnis des willigen Lesers anheim stellte. Der Versrhythmus wird die richtige Aussprache im Einzelfall mühelos herbeiführen. In Zweifelsfällen genügt es, unterdrückte Vokale zu unter pungieren, wie es T H . FRINGS bei Veldeke getan hat. Dann entfielen Wortungeheuer wie deswär est der geloube min 53,33; deiz herze 47,19; diech 47,33; deis reht 49,15; sogar Deich für Do ich BC 48,32. Sollte wirklich der Kontraktionsvokal -ei- etwa in deis 49,15 aus germ. *j>a- statt j>ata plus ist entstanden sein? Dann müßte doch wohl die kontrahierte Form sehr alt sein? In Wahrheit ist sie gewiß eine Germanisten-Marotte! Und der Ausfall des -t in deis reht käme gar noch auf Rechnung des Dreikonsonantengesetzes? da hceret ouch geloube zuo! 47.35 swie vil ich si C, swie ich si B. Von dem Wörtchen vil hängt es also ab, ob Auftakt steht oder nicht; und weiter: ob die Strophenform der Scheltstrophe sich dreimal oder nur zweimal durch fehlenden Auftakt von den Minnestrophen unterscheidet; und endlich: ob die ganze Strophe sich gliedert in zweimal vier oder viermal zwei Verse. Dieser letzte Unterschied hätte auch musikalisch hörbar werden müssen. Für die besondere Hervorhebung der beiden Schlußverse sprach schon das starke Enjambement 47,12/13. Käme 47,35 als auf taktlos hinzu, so wäre damit ein weiterer Einwand gegen die Übernahme der Melodie Conons (MFU 147-149) gegeben. B ist für Hausen die bei weitem bessere Hs. Aber in der Scheltstrophe hat C mehrfach die richtige Lesung, während B verderbt
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ist. Wie liegt es hier in Vers 33 ? Adverbiales vil ist ein beliebtes Füllwort, das den Versrhythmus nach Wunsch zu ändern oder rein zu erhalten erlaubt. Die Herausgeber nehmen sich daher oft die Freiheit, ihrem Text durch ein eingeschobenes vil die erforderliche Silbenzahl zu verschaffen (so LACHMANN in 5 0 , 4 ; V O G T in 4 3 , 3 6 ; beide durch VON K R A U S wieder beseitigt). Hausen nun braucht in Versen mit geraden Takten ausschließlich adverbiales vil: vil ungewent 42,14; vil ungedrungen 42,22; ebenso 44,6; 45,8; 10; 11; 19; 46,21; 47,26; 49,14; 19. I n ungeraden T a k t e n steht
auch dies adverbiale vil (53,14; 26; bei dem Hausen-Nachahmer 54,4; 10; 11; 15?). aber auch substantivisches vil; dies freilich auffällig selten und in nächster Nachbarschaft massiert: 53,17 21; 24. Ohne Zweifel gab hier allein der daktylische Rhythmus Veranlassung, das bequeme einsilbige Wörtchen zu verwenden: vil miner sinne (es kann ja nichts anderes meinen als mine sinne), vil herzesere (das sonst nie mit vil verbunden ist) und vil .. . der fröiden (vil der fröide, vil der fröiden findet sich in der Tat öfter). Der Zwang des Rhythmus ist an diesen drei Stellen klar ersichtlich; zudem spricht das Zahlenverhältnis 13:3 eine deutliche Sprache. Als Ausnahmen bleiben dann nur zwei substantivische vil in gradtaktigen Versen: 47,35, wo B das Wörtchen nicht hat, und 47,15, wo gegen den ersten Anschein vil doch adverbial zu fassen ist (s. o. zu Strophe I 7). Das Ergebnis dieser Musterung ist eindeutig: vil fehlt in B mit Recht und ist nicht etwa Auslassungsfehler. C hat vil hinzugefügt, vielleicht veranlaßt durch eine unzutreffende Reminiszenz an Morungen 128,1—4: 6we daz ich ie so vil gebat und geflehte an eine stat da ich gnaden nienen se. Das ist in MF. die einzige Stelle neben Hausen, die das Kompositum geflehen und zugleich die tautologische Zwillingsformel geflehen und gebiten aufweist. Die Morungen-Verse konnten daher dem Abschreiber bei Hausen aus unzeitiger Erinnerung fälsch-
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lieh in die Feder fließen. In der Hausen-Strophe aber kam es dem Dichter nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität an: nicht swie vil, sondern swie = „in welcher Form immer ich ihr meinen dienest geleistet habe". Der Vers ist also ebenso wie 47,33 und 38 auftaktlos. Und das allein hat auch eine gewisse ratio: die drei ersten klingenden Verse der Strophe stehen ohne, nur der letzte (48,1) mit Auftakt. 47,36 Von diesem Verse ab hat C die richtigen Lesarten bewahrt. B schreibt als ob und iht, C dagegen als und niht. iht ist sicher falsch; und als ob, das noch niemandem verdächtig vorgekommen zu sein scheint, ist eine jüngere Sprachform und klingt fast schon nhd.: seit dem 14. Jahrhundert, der Zeit der Entstehung unserer Sammelhandschriften, beginnt als ob auf Kosten von gut mhd. als, also, alse vorzudringen. In MF. finden sich diese drei mhd. Konjunktionen an folgenden Stellen: Hausen 52,3—5 mich sehent . . ./ die Hute in der gebcere / als ich niht sorgen habe, /. Ebenso Reimar 162,30; 163,19; 167,9; 197,2; Ps.-Reimar 191,34/35. Die einzige Stelle mit als ob in MF. ist Reimar 167,12 so st verhorn als obe siz nie geteete, wo alle Hss., AbCE, gleich lauten. Die Stelle steht unmittelbar nach den beiden rafo-Belegen 167,7 und 9. In 12 ist der Gedanke doch etwas anders als in 7 und 9: 7 dem als ez = „so wie es eigentlich . ." und 9 als ez von herzen st = „als ob sie es wirklich aufrichtig meinte"; dagegen 12 = „so sei es als nie geschehen betrachtet wie wenn sie es nie getan hätte." Die gleiche Abschattung des Gedankens in Reimars Frauenstrophe 151,25, wo es in einem Anakoluth heißt: 30 'ich sage im liebiu meere, daz ich in gelege also, mich diuhte es vil, ob ez der kaiser weere.' Man sollte die scherzhafte Wendung in beiden Fällen leichter kenntlich machen, vielleicht durch Doppelpunkt: daz ich in gelege also: / mich diuhte . . . . so st verhorn als: obe siz nie geteete.
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E s gibt danach bei den Liederdichtern der 12. Jahrhunderts noch kein mhd. als ob. Da nach dem oben zu 47,9 Gesagten der Hiat bei Hausen nicht zu beanstanden ist, gibt es keinen Grund, von der Überlieferung in C abzuweichen, zumal nach rehte Pausa vorliegt. 4 7 , 3 7 / 3 8 Hier hat VON KRAUS eine alte philologische Crux radikal exstirpiert nach einem Grundsatz seiner Textkritik, das Unverständliche durch eine vermeintliche Parallele zu ersetzen. Wer zu meiner Studentenzeit im Philologischen Seminar bei H. D I E L S , E . NORDEN oder U. VON WILAMOWITZ SO verfahren wäre, hätte sich ernsten Mißhelligkeiten ausgesetzt. Der Text ist — bis auf das aus 36 oder 38 irrig wiederholte reht (B, rehte C) — untadelig überliefert; er lautet: mich dunket wie ir wort geliche ge, rehte als ez der sumer von triere tcete. Daran ist nichts zu ändern. E s bleibt bei dem, was HAUPT und nach ihm VOGT gemeint haben: diese Verse enthalten ein Problem der Interpretation, nicht der recensio. 48,2 hat B zwei Fehler: verguot ist abgeschliffene Sprachform; Hausen sagt für guot auch 52,33, wo B ebenso schreibt. Und mere B wird durch den Reim widerlegt. Der echte Hausentext hat daher gelautet: 47,33
Nieman darf mir wenden daz zunstcete, ob ich die hazze die ich da minnet e. 35 swie ich si geflehet oder gebcete, 4 so tuot si rehte als sis niht verste. mich dunket wie ir wort geliche ge 6 rehte als es der sumer von triere tcete. 48,1 ich wcere ein gouch, ob ich ir tumpheit hcete 8 für guot: ez engeschiht mir niemer me. 2
1 Niemen C 3 swie B , swie vil C geflehte C 4 als C, als ob B iht B 5 wie] rehte (reht B ) wie BC 6 reht B t$te B , tete C 8 verguot B mere B
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Übersetzung. „Niemand braucht mir das als Unbeständigkeit auszulegen, (2) wenn ich der feind bin die ich einmal geliebt habe. Wie immer ich flehend oder bittend um sie geworben habe, (4) so t u t sie gerade so als verstehe sie das gar nicht. Mich dünkt, sie k a n n überhaupt immer nur einen Ton von sich geben, (6) ganz so wie es der sumer t u n würde von triere. Ich wäre ja ein Narr, wollte ich zu ihrer Dummheit (8) auch noch ja sagen: das wird mir nie passieren." Dies ist der erreichbar echte Text der Scheltstrophe, und der s t e h t so fest, daß daran nicht zu rütteln ist. Vermag die Interpretation in diesen Wortlaut Sinn zu bringen? Das wird im folgenden Abschnitt zu untersuchen sein.
V. Daß der scharfe Gegensatz, in dem diese Strophe zu den drei andern des gleichen Tons und allen übrigen Liedern nicht nur Hausens steht, noch niemals mit gleicher Schärfe bestimmt u n d dargelegt worden ist, nötigt zur Ausbreitung eines umfänglicheren Materials. Denn nur so läßt sich die bisherige Blindheit u n d H a r t hörigkeit überwinden. Das parodistische Element dieses Gesätzes arbeitet zunächst einmal mit dem wirkungsvollen Mittel, die üblichen höfischen Motive des Minnesangs ins Gegenteil zu verkehren. Daher wenden 47,33 in übertragenem Sinne? Der einfache Gedanke der Strophe ist: ich bin keineswegs wankelmütig in der Minne, aber ich will auch kein Weibernarr sein. Das wird im Einzelnen ausgeführt. Die erste Antithese enthält 47,34: ich bin ihr jetzt ebenso feind, wie ich sie einmal geliebt habe. hazzen, vehen. mit Ableitungen u n d Synonymen sind in der ritterlichen Lieddichtung Gemütsbewegungen die selbstverständlich einzig der D a m e gestattet und angemessen sind; sie allein
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Übersetzung. „Niemand braucht mir das als Unbeständigkeit auszulegen, (2) wenn ich der feind bin die ich einmal geliebt habe. Wie immer ich flehend oder bittend um sie geworben habe, (4) so t u t sie gerade so als verstehe sie das gar nicht. Mich dünkt, sie k a n n überhaupt immer nur einen Ton von sich geben, (6) ganz so wie es der sumer t u n würde von triere. Ich wäre ja ein Narr, wollte ich zu ihrer Dummheit (8) auch noch ja sagen: das wird mir nie passieren." Dies ist der erreichbar echte Text der Scheltstrophe, und der s t e h t so fest, daß daran nicht zu rütteln ist. Vermag die Interpretation in diesen Wortlaut Sinn zu bringen? Das wird im folgenden Abschnitt zu untersuchen sein.
V. Daß der scharfe Gegensatz, in dem diese Strophe zu den drei andern des gleichen Tons und allen übrigen Liedern nicht nur Hausens steht, noch niemals mit gleicher Schärfe bestimmt u n d dargelegt worden ist, nötigt zur Ausbreitung eines umfänglicheren Materials. Denn nur so läßt sich die bisherige Blindheit u n d H a r t hörigkeit überwinden. Das parodistische Element dieses Gesätzes arbeitet zunächst einmal mit dem wirkungsvollen Mittel, die üblichen höfischen Motive des Minnesangs ins Gegenteil zu verkehren. Daher wenden 47,33 in übertragenem Sinne? Der einfache Gedanke der Strophe ist: ich bin keineswegs wankelmütig in der Minne, aber ich will auch kein Weibernarr sein. Das wird im Einzelnen ausgeführt. Die erste Antithese enthält 47,34: ich bin ihr jetzt ebenso feind, wie ich sie einmal geliebt habe. hazzen, vehen. mit Ableitungen u n d Synonymen sind in der ritterlichen Lieddichtung Gemütsbewegungen die selbstverständlich einzig der D a m e gestattet und angemessen sind; sie allein
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darf sich eine solche Bekundung ihrer Ablehnung erlauben. Daß ein Sänger seine oder überhaupt eine Dame hazze, ist schlechterdings undenkbar; zum mindesten dürfte er das unter gar keinen Umständen aussprechen, ohne sich gesellschaftlich unmöglich zu machen. Die Stellen, an denen die Dame sich eine derartige Ablehnung gestattet, sind: ich minne si diu mich da hazzet sere. hazzen. Fenis 81,9 sit si mich hazzet diech von herzen Reimar 166,31 minne. gehazzen. Kürenberg 8,13 'Des gehazze iemer got den dinen Up'. frouwe, iur haz tuot mir den tot. haz. Johansdorf 93,28 der vil lieben haz / tuot mir baz / Morungen 139,33-35 danne . . . dest ein swacher fründes haz / daz Morungen 143,18/19 si mit den andern mir so leide tuot. mir tcete baz / des riches haz (als Hartman 209,19/20 der ihre). Kaiser Heinrich 4,30/31 daz ntdent ander frouwen unde habent des haz. und wil ir dienen üf ir haz. Gutenburg 75,25 (frouwe,) du Id gein mir dinen haz. Ps.-Johansdorf 92,25 owedes, wie rehte unsanfte ich dulde I Morungen 123,32/33 beide ir spot und ouch ir haz! so muoz ich dulden beide ir spot und Morungen 128,8 ouch ir haz. daz ich ir haz ze fröiden nim. Reimar 163,12 (Die Dame sagt: den Minner muß Reimar 186,27 ich abweisen) niht durch ungefüegen haz, (sondern der Ehre wegen) (Sie meidet mich) me dur ir ere Hartman 205,26 danne uf minen haz. ich hän gegert / ir minne und vinde Hartman 208,14/15 ir haz.
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gehaz. Morungen 124,20/21 Morungen 142,9/10
Morungen 143,3 vehen. Morungen 126,11 Reimar 160,2 Ps.-Hartman 213,19/20
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Ich sihe wol daz min frouwe / mir ist vil gehaz. wie wird ich gehaz ir vilrosevarn munde'1. (Ehetor. Frage; Sinn: niemals). 'so muoz ich im von schulden sin gehaz'. wil si aber mich dar umbe ven. und vehet mich dur mine missetät. 'Begunde ich vehen alle man, / daz tcete ich dur sin eines haz.
Bei Hausen lautet es nicht anders: 44,10 Mte ich von schulden verdienet den haz (sc. meiner Dame). 45,23 daz si hat alselhen nit. 52,19 diu was mir ie geve. Die übrigen Stellen* an denen vom haz, nit usw. der Hute, der Werlte, der ander frouwen, der merker usw. die Rede ist, seien zur Gegenprobe angeführt: 7,24; 12,17; 13,29; 16,19; 18,6 23,7; 28,35; 36,6; 37,15; 43,29; 44,3; 11; 49,6; 50,29/30; 60,4 33; 61,10; 16; 65,5; 9; 70,3; 75,19; 98,6; 101,25; 104,14; 105,27 107,1; 112;23; 113,18; 118,16; 119,24; 137,38; 138,2; 150,16; 19 151,8; 152,12; 29; 153,11; 154,7; 29; 159,16; 175,22; 180,6 187,37; 191,35; 192,16; 196,9; 197,37; 200,17; 202,34; 39; 203,31; 205,10; 207,35. I n der Bearbeitung VOGTS ist haz 26,9 Druckfehler statt hat; 61,13; 15 nit sind jetzt aufgegebene Konjekturen VOGTS.
Das sind im Ganzen nicht weniger als 80 Stellen. An keiner einzigen ist die Dame Gegenstand des hazzes, nides usw. von Seiten der Dichter usw. Diesen 80 Stellen widersprechen: Namenlos 4,3 Reimar 195,25
'mich vehet min geselle.' war umbe rede ich solhen nit?
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Veldeke 62,20 und Hausen 47,34
ich hate ane wiven cranken sin. ob ich die hazze diech da minnet e.
Dieser Befund läßt keinen Zweifel bestehen. Die namenlose Strophe 4,1 (Frühstufe, aber wohl jünger als der Kürnberger: MFU. 10/11) ist dem verlassenen Mädchen in den Mund gelegt; damit bleibt außerdem offen, ob das vehen wirklich zutrifft. Reimar nimmt den scherzhaft übertriebenen Vorwurf in den folgenden Versen sofort zurück. Und bei Veldeke wie bei Hausen steht das hazzen in ihren Scheltstrophen. Es gibt also im gesamten Minnesang vor Walther und im Minnesang überhaupt das Motiv, der Dichter usw. hazze die Dame, nur in den Scheltstrophen. Und da ist es die Umkehrung des gängigen Topos. Genau ebenso verhält es sich mit der tumpheit der Dame. Außer Hausen 48,1 finden sich in MF. noch 43 Belege für tump, tumplich, tumpheit. Diese negativ gewertete Eigenschaft wird ausschließlich dem Manne oder seinen psychischen Antrieben beigelegt. Niemals wird die Dame als tump bezeichnet, wohl aber redet sie selber den werbenden Mann mit ir tumber 93,20 an. Die Stellen sind: 21,31; 47,22; 49,15; 56,7; 14; 24; 57,3; 26; 27; 58,6; 62,10; 17; 67,30; 71,1; 82,23; 83,22; 89,24; 93,20; 96,1; 9; 18; 99,21; 102,16; 103,36; 114,4; 134,17; 135,29; 136,1; 141,26; 142,29; 160,20 (nur AbC); 171,25; 180,16; 183,10; 189,13; 23; 190,25; 201,19; 37; 206,7; 207,15; 209,30; 210,13. Diese 43 Stellen sind zahlreich genug, um jeden Zufall auszuschließen. tump mit seinen Ableitungen kann im Minnesang nur vom Manne, von seinem herzen, muot, antheiz usw. ausgesagt werden. Hausen 48,1 legt die tumpheit der Dame bei: das ist zunächst einmal also die Umdrehung des Topos; sie ist nur in der Scheltstrophe möglich, in der Sphäre der Parodie. Diese Art der Parodie ist insofern ausgesprochener Gegensang, als sie zwar höfische Motive und Sprachgebärden verwendet, sie aber durch die Umdrehung der Subjekt-Objekt-Beziehung ins Gegenteil verwandelt.
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Eine dritte Umkehrung der beispielhaften Minnehaltung ins Gegenteil der Konvention liegt in 48,2 vor: ez engeschiht mir niemer me. Am klarsten kommt das richtige Reagieren des Minners auf die Unzulänglichkeit seiner Dame bei Hausen selbst zum A u s d r u c k : 47,1—4
swaz schaden ich da von gewunnen hän, so friesch nie man daz ich ir sprceche iht wan guot, noch min munt von frouwen niemer tuot. So sprechen die Sänger ohne Ausnahme. Den Grund gibt R e i m a r an, 1 7 1 , 8 - 1 0 :
bezzer ist ein herzeser dann ich von wiben misserede. ich tuon sin niht: si sint von allem rehte her. Nach diesen unwiderleglichen Feststellungen kann nun der Versuch unternommen werden, die bisher unverstandenen Verse 47,37/38 zutreffend zu erklären. Sicher ist also, daß die ganze Strophe ein Beispiel des Gegensanges ist: sie stellt sich gegen die idealtypische Haltung der höfischen Lyrik dadurch, daß sie die Rollen vertauscht. Sie behält zwar den gängigen Formelapparat bei, dreht aber seine Aussagen ins Gegenteil um. Ein zweites Stilmittel dieser parodistischen Strophe besteht darin, daß ein höfisches Motiv des ritterlichen Sanges aufgegriffen und durch Hinzufügen eines unhöfischen Elementes lächerlich gemacht wird. Die beiden erklärungsbedürftigen Verse lauten: mich dunket wie ir wort geliche ge rehte als ez der sumer von friere tcete. D i e Ausführungen von VON KRAUS dazu ( M F U . 1 5 0 - 1 5 3 )
können nichts als Verwunderung und Befremden hervorrufen. H. SCHNEIDER (AfdA. 59,70 und 76) stimmt zwar erleichtert zu; trotzdem ist zu wünschen, daß er damit allein stehe, freilich aber
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auch^wohl zu befürchten, daß nur allzu viele Fachgenossen sich bei der VON KRAUSschen Neudichtung beruhigt haben. Was bedeutet zunächst wie ir wort geliche ge% Das einmal gesprochene Wort „geht" oder „fährt" oder „fliegt" dahin wie ein selbständiges Wesen; es ist nicht mehr zurückzunehmen. Doch dem ist kaum das Wort entfahren, Möcht' er's im Busen gern bewahren. Umsonst! Schiller, Kraniche 177—179. Die homerische Formel von den enea Ttregoevra hat ihre Gegenstücke in allen Sprachen der Welt. Scharf formuliert das altnordische Sprichwort: Ferr ord, er um munn lidr. „Das Wort läuft, sobald es zum Mund aus ist." Die altgermanische Dichtung, Potsdam 19412, 90). Das kann das einzelne Wort sein, aber auch das kollektiv verstandene Wort, die menschliche Rede. (ANDREAS H E T J S L E R ,
ir wort ge: dieser Passus hat also keinerlei bezeichnende Ausdrucksbedeutung, ist vielmehr nichts als eine Selbstverständlichkeit. Das gewichtige und unterscheidende Moment der Aussage liegt in dem geliche. Denn das Natürliche ist doch wohl, daß des Menschen Wort ungeliche geht, daß seine Rede vielgestaltig und wechselnd ist. Daher kann der Dichter, wenn er nicht in Allgemeinplätzen reden will, nur das Ungewöhnliche, die Ausnahmeerscheinung betonen. Goethe umschreibt z. B. als Wesenszug östlicher Lyrik (des Hafis) die Begrenztheit ihrer Motive und Gehalte durch die Verse: Dein Lied ist drehend wie das Sterngewölbe, Anfang und Ende immerfort dasselbe, Und was die Mitte bringt ist offenbar Das was zu Ende bleibt und Anfangs war. W. A. 16, 39,3—6.
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Für Dein Lied könnte ebenso gut stehen Dein Wort; dies gegen MFU. 152. Das Wort der Dame geht also geliche. Dazu bemüht VON K R A U S Parz. 490,6 mit der mittelalterlichen Lehre von den Gestirneinflüssen auf die Wunde des Gralkönigs sowie Tristan 19300 mit dem ungleichen senen Tristans und der weißhändigen Isolde: sein Wünschen zielt auf die andere Isolde, die blonde, ihr Wünschen auf keinen andern als Tristan. Die beiden Stellen sind aus L E X E R 2, 1842 genommen (im Mhd. Wb. 1, 973b fehlt die Tristanstelle), sie tragen klärlich zum Verständnis der Hausenverse nichts ein. Was die Minnesänger des 12. Jahrhunderts unter einer Rede, die geliche get, verstanden haben, zeigt Reimars Frauenlied 152,25; es beginnt: 'Ich lebte ie nach der Hute sage, / wan daz si niht geliche jehent'\ die einen schelten sie nämlich, weil sie ein hohez herze träge und wolgemuote sei, die andern loben sie, 'mir si diu fvöide ein ere'. Das wort der Leute geht niht geliche, si jehent niht geliche, sie widersprechen sich. Die Dame in Hausens Scheltstrophe t u t eben dies gerade nicht; ihr wort get geliche, sie giht geliche. Damit ist ein ganz gängiges Motiv, ein Topos höfischer Sangeskunst zunächst einmal aufgegriffen, um dann sofort parodistisch abgewandelt zu werden. Um welches Motiv es hier geht, ist nicht schwer zu erkennen, weil es eben so häufig wiederkehrt. Die Stellen in MF. sind: Frouwe, mine swcere sich, e ich Verliese minen Up. ein wort du sprceche wider mich: 20 verlcere daz, du selic wip! strichest iemer neind nein, neinä neind neind nein, daz brichet mir min herze enzwein.
Morungen 137,17—23
Das eine wart dieser Dame — und jeder höfischen frouwen — get demnach stets geliche, sie sagt niemals ein anderes wort, näm4
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lieh das ja, um das der Dichter am Schluß der Strophe bittet. Natürlich vergeblich, denn sonst wäre sie keine frouwe, kein selic, sondern ein boese wvp (142,28). Ebenso Reimar: mac si sprechen eht mit triuwen ja als si e sprach nein, so wirt min wille sd daz ich singe frö mit hohem muote. 189,18—20. nein und niht daz vinde ich da so suoche ab ich daz si da hat verborgen, daz vil süeze wort geheizen ja. 194,38—195,2. nieman weiz ob si mich wert od wiez ergdt. nein oder ja, ich enweiz enwederz da. 195,23/24. Was mit Vers 47,37 gemeint ist, dürfte nun klar sein. Nicht aus der mhd. Epik, sondern aus dem vorwaltherischen Minnesang selbst ist die zutreffende Deutung der Anspielung zu gewinnen. Die parodistische Zuspitzung bei Hausen besteht nun in der planen Veräußerlichung des Topos, die erst den Vergleich mit einem Musikinstrument in 47,38 möglich macht: das nein wird nämüch nicht nach seinem Gehalt als sermo, sondern ganz äußerlich nach seinem Klang als vox verstanden. Zu dieser Unterscheidung und der Lehre der mittelalterlichen Sprachlogik vgl. PANZER-Festschrift 1950, 102/103. Der Wortgehalt drückt eine gesellschaftlich notwendige Kulturerscheinung aus (Werben um die Frau als höfisches Spiel, dem Werben antwortet das nein der Umworbenen); der Wortklang reizt den Dichter der Scheltstrophe zu einem unhöfischen und unhöflichen Witz. 47,38 Das stets notwendigerweise eintönige nein der Dame wird verglichen mit der Eintönigkeit eines — natürlich unhöfischen! — Musikinstruments. Das ist der sumer, wie die Hss. schreiben, deutlicher wäre vielleicht die unterscheidende Schreibung sumber, summer. Über dies Wort und seine Lautgestalt ist alles Erforderliche gesagt im DWb. X I , 1059f. s. v. Simmer-, X 4 , 1061 s. v. 2Sumber und 1076 s. v. iSummer. Die Köpfe zu den Artikeln sumber und summer zeichnen sich aus durch Weitblick,
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Umsicht und Anschaulichkeit. Es handelt sich um ahd. *sumbar, „wohl heimischen Ursprungs", das in zwei Bildungen vorliegt: als sumbir Gll. 1 , 6 3 1 , 1 0 und davon abgeleitet mit Suffix — *ina (daneben wohl auch -*ja) als sumbri Gll. 3 , 3 6 4 , 2 3 ; sumpiri Gll. 2 , 4 4 4 , 6 9 . Mit Assimilierung von mb> m(m): sumri; mit auslautendem n bis ins Frühnhd. belegt: sumbrin Gll. 3 , 1 5 8 , 2 8 ; latinisiert sumberinus, sumbrinus, sumbrum, sombrum; assimiliert sumerinus usw. Das Genus ist m. oder n., die Flexion durchgehend stark, VON K R A U S MFU 1 5 3 hat darin vollkommen Recht, als in sumer in der Tat dasselbe Wort vorliegt, das auch das Getreidemaß bezeichnet. Dazu DWb. X 4 a . a . O . : das Wort dient auch zur Bezeichnung gewisser Musikinstrumente, „übertragen auf die ähnliche Form des Tympanums, als Handtrommel wie als große Heerpauke, von hier auf die zweiseitig bespannte Trommel zylindrischer Gestalt des späten Mittelalters . . . Doch spielt auch der lautmalende Charakter der Silbe sumb- entscheidend mit herein." Welches Instrument ist mit dem sumer gemeint? Nach dem ganzen Charakter der Scheltstrophe wird das schwerlich ein Instrument sein, das in der höfischen Dichtung eine Rolle spielt; eher wird man an ein Musikwerkzeug der unteren Stände denken müssen. Und weiter muß ja wohl auch der eintönige Klang des Instruments sich mit dem eintönigen nein der Dame wenigstens von ungefähr vergleichen lassen. Das trifft auf das Tympanum, weder als Handtrommel noch gar als große Heerpauke verstanden, gewiß nicht zu. Dennoch hat VON KRAUS gerade an die Heerpauke gedacht, was nun zu geradezu grotesken Vorstellungen führt. Er versteht die Stelle so: „daß mein flehendes Lied (aber die Hss. haben ir wort!) ihr an den Ohren vorbeigeht (er schreibt vor, obwohl Hausen stets vür sagt!), wie es die Pauke tun würde". Wo hat jemals ein Dichter sein werbendes Liebesflehen mit dem „Paukenkrach" (Liliencron, Die Musik kommt, Str. VIII) verglichen? Diese Dame muß zudem hochgradig taub gewesen sein; sie hätte die „Symphonie mit dem Paukenschlag" 4*
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also nicht aus ihrem leichten Konzertschlummer aufgeschreckt. An die Pauke kann Hausen schlechterdings nicht gedacht haben. An was dann? M. L E X E R belegt in seinem Kärtnischen Wörterbuch, Leipzig 1862, Sp. 246 unter sumper f. „etwas, das einen dumpfen Ton von sich gibt, ein Kreissei etc. sumpern, dumpf tönen, mit der Maultrommel sumpern . . . " Wenn das Spielen der Maultrommel demnach sumpern heißt, dann muß auch sumper die Bezeichnung für dies Instrument gewesen sein. Methodisch muß man dies zunächst einmal als Arbeitshypothese annehmen und prüfen, ob die Hausenstelle unter dieser Voraussetzung einen Sinn ergibt. Über die Maultrommel, die heute in Europa außerhalb der Fachkreise kaum noch bekannt sein dürfte, gibt es eine umfängliche Literatur. Sie ist verzeichnet vor allem in den verschiedenen Arbeiten von CURT SACHS, von denen genannt seien: Handbuch der Musikinstrumentenkunde. = Kleine Handbücher der Musikgeschichte nach Gattungen, hrsg. v. HERMANN KRETZSCHMAR, Bd. XII, Leipzig 1920 (hier p. 62ff.; die 2. Aufl. 1930 war mir nicht erreichbar); Geist und Werden der Musikinstrumente, Berlin 1929 (p. 230); The History of Musical Instruments, New York 1940 (s. Register s. v. The jaws' harp). Ferner TOBIAS NORLIND, Musikinstrumentens historia i ord och bild, Stockholm 1941, (p. 36ff. und Tafel 18—21). FERDINAND SCHEMINZKY, Die Welt des Schalles, Salzburg 19432 (p. 221 und Tafel 18 Mitte). FILIPPO BONANNI, Gabinetto armonico . . ., Roma 1722, p. 133 und Tafel 97 Spassa pensiero. Endlich habe ich auch an dieser Stelle zu danken Herrn Dr. LUDWIG Baron DÖRY-JOBAHÄZA vom Historischen Museum der Stadt Frankfurt a. M. und Herrn Konservator FRIEDRICH ERNST vom Institut für Musikforschung in Berlin-Charlottenburg; diesem verdanke ich auch den Hinweis a u f SCHEMINZKY.
Beschreibung der Maultrommel: Sie gehört zu den ZupfIdiophonen. „Eine leichte Stahlzunge, die am Ende haarfein wird und nach oben abbiegt, sitzt innerhalb eines epaulette-
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förmigen Eisenbügels und ist mit der Wurzel an dessen Scheitel gelötet." (SACHS, Hdb. p. 62). Die beiden geraden Arme des Rahmens werden locker zwischen die Zähne genommen; das aufwärts stehende Ende der Zunge wird in Richtung von ihrer Wurzel nach auswärts mit dem Finger gezupft. „Die Lamelle schwingt also im Mund, und die Mundhöhle selbst wird zum Resonator. Das Resonanzgefäß verstärkt aber hier nicht nur den Klang im ganzen, sondern auch, je nach der Größe, die man ihm durch Backen-, Zungen- und Lippenstellung gibt, den einen oder andern Oberton. Die drei tiefsten Teiltöne des der Zunge eigenen Klanges werden nicht gebildet, weil sie einen größeren Resonator brauchen, als der Mund geben kann. Der vierte bis neunte sprechen dagegen gut an, bei größeren Instrumenten noch weitere, sodaß — vom achten Teilton ab — kleine Melodien ausgeführt werden können." (SACHS). Das Spiel klingt melancholisch; „der Klangcharakter . . . wird durch die Bezeichnung ,Twangeln' für das Maultrommelspielen ganz gut nachgeahmt." (SCIIEMINZKY). Das Instrument ist sehr alt; es „läßt sich an der asiatischen Heimat unseres Brummeisens nicht zweifeln" (SACHS). Die ältesten europäischen Maultrommeln, die man gefunden hat, sind 1849 in der Ruine der 1399 zerstörten Burg Tannenberg, Kreis Bensheim an der hessischen Bergstraße, also in der heimatlichen Umwelt Hausens, gefunden worden, drei an der Zahl. Dazu J. VON H E F N E R und J. W . W O L F , Die Burg Tannenberg und ihre Ausgrabungen, Frankfurt a. M. 1850, p. 91 und Tafel 8 Gegenstand Q. Die hier beigegebenen Abbildungen sind: Von H E F N E R - W O L F , Tafel 8; BONANNI, Tafel 9 7 ; aus dem Holzschnitt Hans Burgmairs nach der Miniatur eines unbekannten Meisters im „Triumph Kaiser Maximilians I . " der Kopf eines Narren (The Triumphs of the Emperor Maximilian I., edited by ALFRED ASPLAND = The Holbein Society Fac-Simile Reprints, Manchester and London 1 8 7 3 , Part I PI. 3 0 ; dazu F R A N Z SCHESTAG im Jahrbuch des Allerhöchsten Kaiserhauses I, Wien 1883, p. 160).
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Bezeichnungen der Maultrommel. „Die Maultrommel gehörte in Europa der 'Musica irregularis' an, der Musik des Volkes, der Bettler und der Kinder. . . . Deutsche Bezeichnungen für das Instrument sind erst ziemlich spät belegt, zuerst 1511 Es scheint ein Versehen der Sprachbildung vorzuliegen; als sich der biforme Stamm trump, trumm mit der Doppelbedeutung 'Trompete, Trommel' in zwei Äste trennte, einen mit Erhaltung des Verschlußlautes und dem Sinn 'Trompete', einen mit Assimilation des Verschlußlautes und dem Sinn 'Trommel', geriet das Wort auf diesen, obgleich es auf jenen gehört h ä t t e " ( S A C H S ) . „ E S gibt kein zweites Tonwerkzeug, das in den Sprachen so mangelhafte Bezeichnungen gefunden hätte. Wenn die unsere es den Trommeln zuweist, . . . so zeigt sich deutlich die Verlegenheit der europäischen Völker bei der Einstellung des fremden Instruments. Nur ein einziger Name hat das Wesen der Maultrommel getroffen: das französ. rebute des 15. Jhs. mit seinem schottischen Abkömmling ributhe, eine Bildung offenbar aus rebuter 'zurückschnellen'." (SACHS). Weitere französische Namen der Maultrommel nennt F R I E D R I C H D I C K , Bezeichnungen für Saiten- und Schlaginstrumente in der altfranzös. Literatur. = Gießener Beiträge zur roman. Philologie Heft 25, Gießen 1932, p. 123f. Im Englischen sagt man jaws harp, im Schwedischen etwas höflicher mungiga. Der Mund als wesentlicher Resonator ist in den genannten germanischen Sprachen im Namen des Werkzeugs genannt. Der Artikel Maultrommel im DWb. 6, 1810 von M O R I Z H E Y N E kargt mit Belegstellen (Justinus Kerner z. B. ist nicht vertreten), trägt aber wenigstens durch Abraham a S. Clara, Judas 1,19 zur Erklärung der Hausenstelle bei: diesen rath gib ich fast allen bösen weibern, gedenket meine weiber, dasz gemeiniglich krieg im hausz entstehet, wann man solche maultrommel rührt. Auch hier wird also das Sprechen einer Frau mit dem Klang des Instruments verglichen. Nunmehr sind alle Voraussetzungen gegeben, die das Verständnis der beiden Hausenverse ermöglichen.
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47,37 mich dunlcet wie ir wort geliche ge rehte als ez der sumer von triere tcete. „Mich dünkt, daß sie immer nur einen Laut von sich gibt, gerade so, wie es die Maultrommel tun würde . . .". Der Vergleichssatz ist vom Dichter als Potentialis formuliert worden; davon ist der Nachsatz völlig ausgedrückt, der bedingende Satz muß demnach in den beiden Wörtern von triere enthalten sein. Um sie richtig zu erklären, ist zuvörderst erst einiger Schutt beiseite zu räumen. Daß der sumer dasselbe Wort ist, das auch das Getreidemaß bezeichnet, hat VON K R A U S richtig erfühlt: „ich halte es daher für sicher, daß ein Schreiber an dieses Maß gedacht hat". (MFU. 153). Vielmehr hat der Dichter das Wort sumer gebraucht und es durch den Zusatz von triere von dem Hohlmaß deutlich unterschieden, das er natürlich ebenfalls genau kannte. Die ganze Verwirrung ist dadurch entstanden, daß der Drang, Zitate nachzuschlagen, von vielen tüchtigen Gelehrten mit vollem Erfolg unterdrückt wird. HERMANN SCHNEIDER (AfdA. 59,70): „wenn es tatsächlich einen sumer von triere gegeben hat, wie die weistümer zweifellos bezeugen, . . .". Gerade dies tun die Weistümer nicht, und E. K Ü C K (AfdA. 28,294f.) hat nicht genau genug hingesehen und sich sogar einer unerlaubten Manipulation schuldig gemacht. Die erste Stelle, Weistümer 2,86; Coenen 1508, ist richtig zitiert; die zweite, Weistümer 6,483; Sabershausen 1537, ist zurechtgebogen, um soemern mit Trier zusammenzubringen. Die Stelle lautet vollständig: do sali er auch finden . . . item einen faschbruck (?) van zweien penningen in trierschem, item ein half Binger molder habern in trierschem, ein soemern, das sali das vferd haben vür . . . foeder. Das zweite in trierschem gehört demnach zum vorhergehenden ein half Binger molder habern und ein soemern steht isoliert. Wie in trierschem zu ergänzen ist, lehrt das Weistum von Wincheringen (6,511 § 9; ohne Datum) ... et unum maldrum frumenti (ad festum) b. Bemigii ad treverensem mensuram . . .
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Man braucht sich in die Weistümer nur oberflächlich einzulesen, um zu der nicht weiter überraschenden Feststellung zu gelangen, daß die rechtskundigen Schreiber der Weistümer ihre Muttersprache noch richtig zu gebrauchen wußten. Sie schreiben nämlich z . B . : patron des erzstiffts Trier (2,118); meinem, g.h. (= gnedigen hern) von Trier (2,58); zu Trier in des thumbcüsters hoff (2,87); a b e r : ein triersch Sümmern (2,86); ein triersch vyertzell (2,791; vgl. LEXER 3,344 vier-zal(n) stf.); vier Schill. Triersch (2,98) usw. Das heißt: es wird wohl sicherlich Sümmern von Triere
gegeben haben, nämlich solche Maßgefäße, die in Trier hergestellt und von dort nach auswärts verkauft worden waren; aber darauf kam es nicht an, ebenso wenig wie es heute auf den O r t der Münzprägung ankommt. Was allein Bedeutung hat, ist die Norm von Münze, Maß und Gewicht. Und diese Norm wird in allein sprachrichtiger Benennung durch das Adjektiv ausgedrückt. Mit anderen Worten, um es ganz deutlich zu sagen: es gibt in der gesamten schriftlichen Überlieferung nirgends — und es kann gar nicht geben — ein Sümmern von Triere, sondern nur und nichts anderes als ein triersch Sümmern. Daraus folgt: mit von triere kann schon rein sprachlich gar niemals die Stadt Trier gemeint sein. Trotzdem erschließt der Städtename hier einmal das volle Verständnis der Stelle, wenn auch auf einem Umweg. Der Name der Augusta Treverorum erscheint nämlich gelegentlich in der Form Triel: VIRGIL MOSER, Frühnhd. Gramm. I 3, Heidelberg 1951, p. 102, § 136 1 ); überaus deutlich in einer Original-Urkunde von 1288 März 1, gedruckt bei LUDWIG FRANZ HOEFER, Auswahl der ältesten Urkunden deutscher Sprache im Königl. Geheimen Staats- und KabinetsArchiv zu Berlin, Hamburg 1835, p. 38, Nr. 16; Niclas voigt von Hunoltstein verzichtet auf den Burgsitz zu Veldenz. Darin heißt es Zeile 9ff.: wie aber wir daz brechen, oder unser erben, als hie ) Auch diese beiden Belege werden der Belesenheit K A R L verdankt: Alem. Gr. p. 162 § 194; Bair. Gr. p. 165 §158. 1
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vorgeschriben stad, so vurgehen wir unde unser erben des, daz wir schuldic sin dem Greven von Veldenze unde sinen erben Fünfhundert phunt Trielscher phenninge, als si danne genge unde gebe sint, und da mite man weren mag ze Triere in der Stad . . . Diese Urkunde mit dem allein ausgehobenen Genetivus pluralis adjectivi Trielscher ist völlig sachgemäß zitiert von K A R L 2 W E I N H O L D , Mhd. Gramm. §212. Die einschlägige Abhandlung von E D U A R D H O F F M A N N - K R A Y E R , Ferndissimilation von r und l im Deutschen. = Festschrift zur 49. Versammlung dt. Philologen und Schulmänner in Basel i. J . 1907, Basel 1907, 491-506 zitiert W E I N H O L D auf p. 499 und fragt „Einer aus Trier (?)". Der Drang, Zitate nachzuschlagen . . .! Die beiden Liquida in dem Namen Trier sind also, wie sich gezeigt hat, unfest; sogar in schriftlichen Aufzeichnungen — aus Hausens Heimat — begegnet die Dissimilation Triel. Der Vorgang kann sich nun aber auch ebenso gut umgekehrt abspielen: ein r—l kann assimiliert werden. Dann erscheint ein mhd. triel als trier! Und diese Assimilation liegt in der Tat bei Hausen vor. Es ist daher zu schreiben: rehte als ez der sumer von triere tcete (nicht: Triere\) „Mich dünkt, daß sie immer nur einen Ton von sich gibt, gerade so wie es die Maultrommel tun würde", nämlich von triere. Darin steckt also der bedingende Satz des Potentialis: „wenn man sie ans Maul setzte"! Mit andern Worten: in den beiden Substantiven des Verses 47,38 stecken zwei Synonyma des nhd. Maul-Trommel, nämlich sumer für Trommel und trier = triel für Maul. Dies dürfte als Gegenprobe die Richtigkeit der Erklärung bestätigen. Stilistisch wird die dreimal zu beobachtende Umkehrung der höfischen Topoi: 'haz gegen die D a m e ; sie ist tump; ich denke gar nicht daran, sie wegen ihres ewigen nein auch noch zu p r e i s e n ' durch den bäurischen Vergleichsgegenstand, die Maultrommel, noch überboten. triel, trier ist ein unhöfisches Wort aus der Sphäre der dörper und der Narren. Sehr hübsch zeigt das
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eine Stelle aus der Narrenepisode des 'Tristan' Heinrichs von Freiberg (5280 B E R N T ) : als Narr (töre) verkleidet sitzt Tristan beim Mahle zwischen dem Königspaar; von den aufgetragenen Speisen nimmt er sich genuoc-, die Königin läßt ihm zuweilen Brotstücke zukommen, aber auch manch guot mursiel; die stiez er toerische in den triel. Dabei ist auch der Wortwitz, das gezierte Fremdwort des Hofes mursiel und der bäurisch-närrische Grobianismus triel durch den Reim verbunden, nicht zu überhören. I n der heutigen rheinfränk. Mundart ist nur die Verbalableitung trielen für das Sabbeln der Kinder noch lebendig. Zu dem unhöfischen Vergleich mit der Maultrommel tritt nun als letztes satirisches Element der Trumpf der Scheltstrophe hinzu. Das "ist ein unmittelbarer Ausfall auf die Dame selbst. Ihr nein ist dem Dichter jetzt nicht mehr nur die selbstverständliche, wenn vielleicht auch manchmal als schmerzlich empfundene höfische Attitüde, die der rechte Minner noch preisen muß, vielmehr wird dies nein hingestellt als ein Zeichen für den Mangel an Intelligenz bei der Herrin: sie ist, weil sie nichts Besseres und Anderes zu sagen weiß als dies eintönige nein, einfach „dumm" im heutigen Sinne des Wortes. Und diese Dummheit verdient nicht, auch noch lange gepriesen zu werden. Die Scheltstrophe ist demnach mit bewußter Steigerung bis zum Ende hin gebaut und schließt mit einer Pointe. Es hat sich gezeigt, daß H A U P T völlig zu Recht in den Versen 47, 37/38 ein Interpretationsproblem und nichts weiter vermutet hat. V O G T war derselben Ansicht. Jeder der etwas anderes hinter diesen Worten suchte, ist in die Irre gegangen. Verzeihlich ist die Verkennung der wahren Bedeutung von sumer, da dies Wort als Name der Maultrommel nur sehr mittelbar belegt ist und umständlich zu erschließen war. Verständlich ist auch noch zur Not die Verführung, die in der Assimilation von triel zu trier liegt; hier mußte man beinahe zwangsläufig an den Namen der Stadt denken; aber was dann darüber zusammenphantasiert worden ist, legt doch ein recht bedenkliches Zeugnis ab für den
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Betrieb einer Wissenschaft, die kritiklos ins Blaue schweift. Vor dem falschen Schluß auf die Stadt Trier hätte eine genauere Untersuchung der Sprache der Weistümer bewahren müssen; aber wer liest die schon im Zusammenhang! Unverständlich und unverzeihlich jedoch ist die Nichtbeachtung des krassen Stilunterschiedes zwischen den ersten drei und der letzten Strophe des Tones VI, noch verstärkt durch das formale Element der fehlenden Auftakte in 47,33; 35; 38. Die wertvolle Anmerkung VOGTS zu 47,38 hätte nicht obenhin mit einigen subjektiven Bemerkungen abgetan werden dürfen. Will man den Stil der Scheltstrophe auch in der Übersetzung vernehmbar machen, so zeigt sich sofort die alte Aporie: Niemand braucht mir das als Flatterhaftigkeit anzukreiden, wenn ich der nicht mehr grün bin, für die ich einmal geschwärmt habe. Wie ich auch mit Flehen und Bitten mich um sie bemüht habe, so stellt sie sich gerade so an, als begreife sie davon nichts. Es kommt mir so vor, daß sie überhaupt nur einen einzigen Ton hervorbringen kann, ganz wie es die Maultrommel tun würde, sobald man sie ansetzte. Ich wäre ja doch wohl ein Narr, wenn ich ihre Begriffsstutzigkeit auch noch schön finden wollte. Das wird mir bestimmt nicht passieren. Eine solche Übersetzung muß an einem grundsätzlichen Mangel leiden. Wir können im Nhd. die Satire nur hörbar machen durch die Wortwahl. Der mhd. Dichter konnte dagegen die echten höfischen Worte sämtlich beibehalten, er brauchte nur die Motive umzukehren: was vom Manne galt, auf die Dame zu übertragen. Das ergab eine echte Parodie und Ironie. Diese Ironie ist fein und geistvoll; und vor allem: sie wurde ohne weiteres verstanden. Aus diesem Stil fällt der grobianische Vergleich und die Invektive, die Maultrommel und die Dummheit der Dame, heraus; offenbar gehörte das aber zum Gattungsstil der Satire. Darauf müßte in Zukunft mehr als bisher geachtet werden.
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Es bleibt noch die Frage zu beantworten, ob die Scheltstrophe von Hausen verfaßt worden ist. Die Antwort kann diesmal ohne Einschränkung von VON K R A U S MFU. 153f. übernommen werden. Es gibt in der Tat keinerlei Grund, sie ihm abzusprechen. Zum Schluß dieser Untersuchung drängt es mich, einem lebhaft empfundenen Dank Ausdruck zu geben: ohne A Word-Index tb Des Minnesangs Frühling by R-M. S. H E F F N E R and K Ä T H E P E T E R S E N , University of Wisconsin 1942, wären Feststellungen diffizilerer Art nur möglich, wenn sich jeder Forscher seinen eigenen Index verborum anlegte. Das würde unendliche Doppelarbeit bedeuten. Um so lebhafter ist der Dank, der den amerikanischen Kollegen gebührt, die ihre wertvolle Arbeit hoffentlich fortsetzen werden.
Exkurs. Über die mit wan daz eingeleiteten Sätze in MF. Da die Grammatiken und die Wörterbücher hier in einem wichtigen Punkte in Stich lassen, sei das Material kurz ausgebreitet. wan daz leitet ein: A. Exzipierende Sätze. I. Der meist voranstehende Hauptsatz ist positiv; auf wan daz folgt der Indikativ. Morungen 133,5—8 Sist ... I so behuot vor . . . unfrouwelicher tat, / wan des einen daz si mir verseit / ir genäde . . . Ebenso: Ps.-Hausen 54,3-5; Fenis 82,36-83,2; Reimar 152,25/26; 189,25-28 (der. wan daz-Satz geht voran, der Hauptsatz 27 mit Begründung 28 folgt; daher Komma statt Semikolon nach sinne 26); Ps.-Reimar 192,35 (mit Komparativ im Hauptsatz). II. Der meist voranstehende Hauptsatz ist dem Sinne nach negativ. Morungen 140,5—10 do wand ich diu lant / hän verbrant I . . . I wan daz mich ir . . . minne . . . / . . . hat erblant. Ebenso: Ps.-Rugge 105,15/16 (der exzipierende Satz geht voran); Hausen 47,17-20. I I I . Der vorangehende Hauptsatz ist ein Irrealis, nach wan daz steht der Indikativ. Horheim 115,7—9 noch wcere mir ein kunst bereit, / wan daz mich ein . . . herzeleit / twinget daz ich swigen muoz.
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Ebenso: Ps.-Hausen 54,15/16; Gutenburg 70,11/12; Ps.-Rugge 109,15/16; Morungen 133,15/16; Reimar 181,23/24; Ps.-Reimar 199,25-29. IV. Der meist vorangehende Hauptsatz ist negiert; nach wan daz steht der Indikativ. Johansdorf 89,28/29 der grözen marter was im (Christus) ouch vil gar unnot, / wan daz in erbarmet unser val. Ebenso: Morungen 128,31-34; 132,25/26; 135,25-27; 32-36; Reimar 167,26/27; Hartmann 208,27-30. V. Der nachgestellte Hauptsatz ist negierter Irrealis; wan daz mit Indikativ. Reimar 164,32/33 wan daz ich leit mit zühten lean getragen, / ichn könde niemer sin genesen. (Meinloh 15,5—10 ist eine Schreiberkontamination!) VI. Der vorangehende Hauptsatz enthält einen negierten Komparativ (a) oder anders niht (b); wan daz mit Indikativ. a) Fenis 84,10/11 Nun ist niht mere min gedinge, / wan si ist gewaltic min. Ebenso: Adelnburg 148,21/22; Ps.-Reimar 199,34/35; b) Ps.-Reimar 172,28/29 anders so gestuont ez nie, / wan daz beidiu liep und leit zergie. Ebenso: Namenlos 6,22/23; Meinloh 13,30-32; Reimar 172,20/21; Ps.-Reimar 194,4/5; Hartman 207,30/31. Da es Fälle mit wan statt wan daz gibt, scheint daz expletiv zu sein. Diese Beispiele zeigen keine Besonderheiten, die nicht längst bekannt wären. Anders steht es mit den folgenden Belegen. wan daz leitet ein: B . Kausal-Sätze. Ps.-Reimar 192,8—10 (Ich trage das schwerste Leid und zeige mich doch leichter zu höfischer Hochgestimmheit fähig als jeder andere. Darum bin ich noch lange nicht unstcete:) desto unstceter bin ich niht, / wan daz ein sinnic herze sich /
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beklagen sol des im geschiht. = 'nur daß' oder 'weil eben'. Dies Beispiel zeigt gut den logischen Übergang von der Exzeption zur Kausalität. Rein begründend sind: Hartman 211,26—34 (Wer schon im Glück ernst gestimmt ist, der wird im Unglück nicht gerade ausschweifend lustig sein. Gegen das trüren befolge ich die Regel: widerfährt mir ein Leid, so denke ich immer: „nun wohl, dies sollte dir widerfahren; aber es kommt auch bald wieder etwas Ersprießliches." So soll ein Mann das Beste hoffen.) Swer anders giht, der misseseit, / wan daz man stcetiu wip mit stcetekeit erwerben muoz. = Wer diese Regel bestreitet, behauptet etwas Verkehrtes, weil man eben stcetiu wip nur mit stcetekeit zu erringen vermag. Hartman 216,35/36 bi frouwen triuwe ich niht vervän, / wan daz ich müede vor in stän. = Ich traue mir nicht zu, auf Damen einen tiefer gehenden guten Eindruck zu machen, weil ich ihnen gegenüber schüchtern und verlegen bin. Dieser drei letzten Beispiele wegen ist dieser Exkurs angefügt worden. Das exzipierende wan = niwan ist in den Wörterbüchern verzeichnet. Das kausale wan ist natürlich ahd. hwanta 'nam, enim' in Haupt-, 'quod, quia, quoniam' in Nebensätzen (Graff 4, 1206/1207). In den mhd. Belegen ist dies den Nebensatz einleitende wan durch expletives daz verdeutlicht. Dies kausale wan ist demnach ein anderes Wort als das exzipierende wan. Mehr aus Pflichtbewußtsein als in dem Vertrauen, dort eine Auskunft — und gar eine zutreffende — zu erhalten, schlägt man auch in dem ungeheuren gerner nach, genannt Deutsche Syntax von OTTO BEHAGHEL. Man findet im Register zu Bd. I I I , 822a: wan begründend 223; richtig ist: 332 (so auch im Register zu Bd. IV, 320b). Dort ist über wan = ahd. hwanta gehandelt, ohne daß expletives daz erwähnt würde. Aber im Register wird auch auf ein wan daz 111,149 verwiesen. An dieser Stelle wird expletives daz mit Beispielen belegt, darunter ein Beispiel für
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wan daz. Und dies Beispiel ist falsch! Der Drang, Zitate nachzuschlagen . . .! Die zitierte Stelle steht bei M. Opitz in seinen Trostgedichten in Widerwärtigkeit deß Kriegs (gedichtet 1621, zuerst veröffentlicht 1633; ich zitiere nach der Ausgabe von 1644, p. 357). Der Dichter tröstet sich damit, daß im Buche der Natur alles Geschehen als Gottes weiser Ratschluß erkennbar wird; so in der Ordnung der Gestirnbahnen, in den vier Elementen, im Pflanzen- und Tierreich: nirgendwo gibt es ein ohngefährl Die 22. der Vier-Alexandriner-Strophen lautet dann: Wann daß wir aber dann auch auff vns selber kommen / Da können wir nicht fort / da müssen wir verstummen: Deß Menschen schöner Leib / sein himmlischer Verstand Der zeigt auff Gottes Macht / wie gleichsam mit der Hand. Denn, um nun auch wieder auf uns selber (sc. die Menschen) zurückzukommen, da können wir nicht ausweichen, da müssen alle Einwendungen schweigen: des Menschen göttlich geschaffener Leib, sein himmelentstammter Geist, sie weisen auf Gottes Allmacht gleichsam wie mit deutender Hand. Es gibt also im Nhd. kein kausales wan daz mehr wie im Mhd., oder besser: es ist bis jetzt noch keines nachgewiesen.
Eine der drei Maultrommeln von der 1399 zerstörten Burg Tannenberg, K r . Bensheim, VON HEFNER-WOLF, Tafel 8, Gegenstand Q
Ein N a r r mit Maultrommel, aus dem Triumphzug Kaiser Maximilians I., ca. 1517. The Triumphs of t h e E m p e r o r Maximilian I , The Holbein Society Fac-Simile Reprints, P a r t I PI. 30
Maultrommel spielender Bauer. Filippo Bonanni, Gabinetto armonico . . ., R o m a 1722, Tafel 97
In der gleichen Schriftenreihe erscheint: KATHARINA
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Goethe und Diez (Quellenuntersuchungen zu Gedichten der Divan-Epoche Jahrgang 1961, Heft 4) In Vorbereitung. Etwa 336 Seiten - 4 Abbildungen — 8° Broschiert etwa DM 15,50; Ganzleinen etwa DM 18,50 Der Name des Berliner 'Orientalisten Friedrich von Diez ist mit Goethes Dichtung ehrenvoll verbunden. Seine Übersetzungen türkischer und persischer Literaturdenkmale gaben Anregung für viele Gedichte des West-östlichen Divan. Katharina Mommsen zeigt eine ganze Anzahl wichtiger, bisher nicht bekannter Diez-Anregungen auf. Ein Teil ihrer Nachweise betrifft den West-östlichen Divan, ein anderer die Gedichtsammlungen „Sprichwörtlich" und „Zahme Xenien". Dem in seiner Art singulären freundschaftlichen Verhältnis Goethes zu Diez und seinen Auswirkungen widmet die Verfasserin eingehende Betrachtungen. Der berühmte Konflikt zwischen Diez und den Wiener Orientalisten sowie die Spiegelung dieses Konflikts in Goethes Schriften erscheint in neuer Darstellung. Hieraus ergeben sich wesentliche Erkenntnisse für Goethes Spruchdichtung, aber auch für die besonders schwierige Endpartie der Noten und Abhandlungen zum West-östlichen Divan, die damit erstmalig zu interpretieren versucht wird. Bestellungen durch eine Buchhandlung erbeten
AKADEMIE-VERLAG
• BERLIN
ERNST ROHLOFF
Neidharts Sangweisen Teil I und i r (Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch-historische Klasse, Band 52, Heft 3 und 4) In Vorbereitung Etwa 470 Seiten - 470 Notenstiche - 4° - etwa DM 9 1 Diese Abhandlung, eine Ausgabe der 55 erhaltenen Melodien zu Texten Neidharts von Reuental und 'seiner Nachdichter, bietet zum ersten Mal zugleich den gesamten überlieferten Bestand an Textstrophen, da es dem Verfasser zweckmäßig erschien, die Texte in ihrer strukturgebenden Gesamtheit und die Ergebnisse der altdeutschen Philologie und Textkritik in die Betrachtungen einzubeziehen. Wo vorhanden, konnten — meist unverändert — die Textfassungen des Wiener Altmeisters Edmund Wießner (seit 1923, nach Moriz Haupt) zugrunde gelegt werden. Im übrigen gehen die Texte auf Friedrich Heinrich v. d. Hagens „Minnesinger" vom Jahre 1938 — in gewissem kritischen Abstand — zurück. Die Melodiennoten, nach Wolfgang Schmieders Faksimile (Denkmäler der Tonkunst in Österreich, 1930), wurden rhythmisch im Sinne eines Sprech- und Tanzgesanges gedeutet. Den Umschriften im c-Schlüssel (entsprechend den Originalhandschriften) folgt jedesmal eine Übertragung im allgemein bekannten g-Schlüssel, was jedermann, über den Kreis der engeren Fachwelt hinaus, den Zugang zum Erbgut erleichtern wird. Bestellungen durch eine Buchhandlung erbeten
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