Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich: (Mit Ausnahme des Seerechts). Nebst dem Einführungsgesetze. Handausgabe mit Erläuterungen und Sachregister [2., vollst. umgearb. Aufl. Reprint 2020] 9783112351482, 9783112351475


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Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich: (Mit Ausnahme des Seerechts). Nebst dem Einführungsgesetze. Handausgabe mit Erläuterungen und Sachregister [2., vollst. umgearb. Aufl. Reprint 2020]
 9783112351482, 9783112351475

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Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich (mit Ausnahme des Seerechts)

nebst dem Einführungsgesetze Handausgabe mit Erläuterungen und Sachregister von

Dr. Heinrich Frankenburger Rechtsanwalt in München.

Aweite,

vollständig Ulngearbeitete

Auslage.

München 1902 3- Schweitzer Verlag (Arthur Sellier).

K. b. Hof- u. Univ.-Buchdruckerei von Fr. Junge (Junge & Sohn), Erlangen.

Dr. L)einr. Frankenburger,

Handelsgesetzbuch.

3- Schweitzer Verlag (Arthur Sellier) München. Als Ergänzung zu Frallkenburger's Handelsgesetzbuch erscheint:

Dr. Martin Leo, Rechtsanwalt in Hamburg.

Deutsches Seehandelsrecht (Handelsgesetzbuch: Buch IV, Seehandel, in der Fassullg des Gesetzes vom no. V. 1897 und des Abänderungsgesetzes vom 2. VI. 11902) nebst einem Anhang enthaltend die Nebengesetze. Handausgabe mit Erläuterungen und ausführlichem Sachregister. 8°.

ca. 22 Bogen.

Preis gebunden etwa Mk. 7.—.

Vorwort zur zweiten Auflage. Der Herausgeber war bestrebt, in der nothwendig

gewordenen zweiten, vollständig nmgearbeiteten Auflage ein praktisches Handbuch zu bieten. der Leser beurtheilen.

Ob dies erreicht ist, möge

Besonderes Gewicht wurde darauf

gelegt, den Zusammenhang des Bürgerlichen Gesetzbuchs

mit dem Handelsgesetzbuche darzulegen und einen Ueberblick

über die Rechtsprechung, besonders ans der jüngsten Zeit, zu geben.

Das sorgfältige Sachregister verdanke ich Herrn Rechts­ anwalt Dr. Ellinger. München, im Juni 1902. IranKenöurger.

Inhaltsübersicht. Seite

Einleitung................................................................

4

Kandeksgesehvuch. Erstes Buch. Kandets lkand. Erster Mchmtt. Zweiter Ahsch»M. »ritter Mchmtt. Vierter Ahschmtt. Fittzster Adschsitt.

Kaufleute (88 1 bis 7).............................. 7 Handelsregister (88 8 bis 16) ... . 3& Handelsfirma (88 bis 37).......................... 51 Handelsbücher (88 38 bis 47) ... . 75 Prokura und Handlungsvollmacht (88 48 bis 58).............................................. 83-echster Abschiitt. Handlnngsgehülfen und Handlungs­ lehrlinge (88 59 bis 83)................................................ 93 Siebenter Abschnitt. Handlungsagenten (88 84 bis 92) . . 117 Achter Abschnitt. Handelsmäkler (88 93 bis 104) .... 124

Zweites Buch. KandetsgeseLschLfteu und fttlke Heselkfchaft. Erster Abschmtt.

Offene Handelsgesellschaft. Erster Titel. Errichtung der Gesellschaft (88 105 bis 108) 133 Zweiter Titel. Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter­ einander (88 109 bis 122)............................................. 137 Dritter Titel. Rechtsverhältniß der Gesellschafter zu Dritten (88 123 bis l 30).................................................. 151 Vierter Titel. Auslösung der Gesellschaft und Ausscheiden von Gesellschaftern (88 131 bis 144).............................. 165 Fünfter Titel. Liquidation der Gesellschaft (88145bis 158) 182 Sechster Titel. Verjährung (88 159, 160) 195 Znrtter Abschnitt. Kommanditgesellschaft (88 161 bis 177) 198 Dritter Abschnitt. Aktiengesellschaft. Erster Titel. Allgemeine Vorschriften (88 178 bis 209) 212

Vorbemerkungen. 7)ie umfassende Neugestaltung und einhettliche Regelung des

Prioatrechtes durch das Bürgerliche Gesetzbuch machte vor dem 1. Januar 1900 auch eine Revision des Mgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs nothwendig. Letzteres hatte einen großen nationalgeschichtlichen Werth; denn es war das erste größere gemeinsame Gesetzeswerk, das Deutschland in der Zeit politischer und nationaler Ohnmacht kennen gelernt hatte. Bei der Um­ gestaltung des Handelsrechtes war man deshalb bemüht, in den Entwürfen den Charakter des alten Gesetzbuchs möglichst zu wahren, die alte Folgeordnung der Normen, die alte Fassung, die alte Sprache des Gesetzes möglichst zu konserviren. Andererseits mußten die Borschristen des Handelsrechtes in Uebereinstimmung mit dem Inhalte des Bürgerlichen Gesetzbuchs gebracht und diejenigen Aenderungen und Ergänzungen vorgenommen werden, welche in dem mehr als dreißigjährigen Zeitraum seit Einführung des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs als nothwendig und wünschenswerth sich erwiesen haben. Dabei haben die Recht­ sprechung, eine auf der vollen Höhe wissenschaftlicher Gründlichkeit stehende umfangreiche Litteratur und die neuere ausländische Gesetzgebung, die Anregungen aus den betheiligten Berufsständen ein reiches Material geboten. Wegen der Dielgestaltigkeit des bürgerlichen Rechtes in den deutschen Staaten zur Zeit der Herstellung des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs mußte letzteres eine Aufgabe er­ füllen, die zum Theil über den Rahmen einer Regelung der dem Handelsverkehr eigenthümlichen Verhältnisse hinausging. Be­ sonders das dritte Buch über die Handelsgeschäfte enthält eine erhebliche Zahl von Vorschriften, welche in gewissem Umfange eine gemeinsame Rechtsgrundlage auch bezüglich solcher VerhältFrankenburger, Handelsgesetzbuch.

2. Aufl.

1

2

Vorbemerkungen.

Nisse schuf, die an sich dem bürgerlichen Rechte angehören.

Diese

Aufgabe wird jetzt dmch das Bürgerliche Gesetzbuch erfüllt, das sich bei den in Betracht kommenden Fragen vielfach den Gmnd-

sätzen des Handelsgesetzbuchs angeschlossen hat. Biele Bestimmungen des Allgemeinen deutschen Handels­

gesetzbuchs gatten zum großen Theile nicht blotz für Kaufleute, sondern auch für Personen, die mit Kaufleuten dauemd oder

gelegentlich in Geschäftsverkehr getreten waren.

Diese subjektive Anwendungsart des Handelsrechtes ist durch das

neue

Handelsgesetzbuch

enger

begrenzt.

Seine

Normen

haben im. höheren Grade als bisher den Charakter eines Rechtes

der Kaufleute.

Damit geht eine den heutigen Bedürfnissen

entsprechende Feststellung des Kaufmannsbegriffes Hand in

Hand. Das neue Handelsgesetzbuch stellt sich äutzerlich als ein neues

Gesetz dar.

.Nur das letzte,

das Seehandelsrecht enthaltende

Buch behielt im Wesentlichen die frühere Gestatt mit Aendemngen, welche durch den neuen Inhalt der übrigen Bücher, sowie, durch

einzelne Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder sonstiger Reichsgesetze geboten waren.

Neue Rechtsstoffe sind im neuen

Handelsgesetzbuch in geringem Umfange geregelt,

In das erste

Buch ist ein Abschnitt über die Handlungsagenten (§ 84 bis

§ 92), in das dritte Buch ein solcher über das Lagergeschäft

(§ 416 bis § 424) eingefügt; auch sind im achten Abschnitt des ersten Buches (§ 93 bis § 104) die Verhältnisse der Privat-

handelsmäkler geregelt.

Dagegen sind andere Rechtsstoffe, die

schon in besonderen Reichsgesetzen geregelt sind, wie das Recht

der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften,

der

eingetragenen

der Binnenschifffahrt und der Flößerei, dem

Handelsgesetzbuch nicht einverleibt worden.

Der Entwurf des neuen Handelsgesetzbuchs wurde vor seiner abschließenden Feststellung einer Berathung mit Vertretem des Handels und der Industrie, mit Rechtsgelehrten und Vertretern

der Landwirthschast unterzogen.

Auch waren

zur Begutachtung

der Vorschriften über die Handlungsgehilfen und die Handlungs­ reisenden Angehörige dieser Berufszweige zugezogen.

Der Ent­

wurf wurde auch zur Kritik durch alle betheiligten Bemfskreise

3

Vorbemerkungen. veröffentlicht.

Die Regelung des Verhältnisses der Vorschriften

des Handelsgesetzbuchs zu anderen Reichsgefttzen, sowie die in einer Anzahl solcher Gesetze nothwendigen einzelnen Aendemngen und Ergänzungen sind im Einfiihmngsgesetze «folgt.

Die

mit

der

Dorb«achung

des

Gesetzbuchs

befaßte

XVIII. Kommission des Reichstags konstituirte sich am 11. Febr. 1897 unter dem Vorsitze des Abgeordneten Dr. Spahn.

Das neue Handelsgesetzbuch wurde mtt dem Einführungs­ gesetz in der 208. Sitzung des Reichstags vom Mittwoch, den

7. April 1897 einstimmig angenommen. Uebergangsoorschriften enthält das Einführungsgesetz nur in

beschränktem Umfang in den Art. 22—28; gemäß dem in Art. 2

des Eins.Ges. ausgesprochenen Grundsätze sind die Uebergangsvorschriften des Einf.Ges. zum B.G.B. auch für das Anwendungs­

gebiet

des

Handelsgesetzbuchs

maßgebend.

Eine rückwirkende

Kraft kommt auch den zwingenden Rechtsnormen nicht zu, sofern nicht ausdrücklich im H.G.B. oder B.G.B. und in den Einf.Ges. dies angeordnet ist.

R.G. 42 S. 97.

Einleitung. Das Verhältniß des Handelsgesetzbuchs zum bürger­ lichen Rechte ist im Art. 2'Abs. 1 des Eins. Ges. geregelt. Art. 2. In Handelssachen kommen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur insoweit zur Anwendung, als nicht im Handelsgesetzbuch oder in diesem Gesetz ein Anderes bestimmt ist. Im Uebrigen werden die Vorschriften der Reichsgesetze durch das Handelsgesetzbuch nicht berührt.

Handelssachen sind die nach dem Handelsrechte zu be­ urtheilenden Rechtsverhältnisse. Eine Bestimmung über die Wirksamkeit des Handels­ gewohnheitsrechtes ist unterblieben. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält keine Bestimmungen über bindende Kraft gewohnheitsrechtlicher Grundsätze, überläßt vielmehr die Ent­ scheidung der in Betracht kommenden Fragen der Wissen­ schaft und Rechtsprechung. Für ein bloßes partikulares oder örtliches Gewohnheitsrecht wird den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegenüber kein Raum sein. Dies gilt auch für Handelssachen. (Krückmann, Das Gewohnheitsrecht und das B.G.B. in Jherings Jahrb. für die Dogmatik des bürgerl. Rechts 38. Bd.) Es wird, ohne Unzuträblichkeiten gewärtigen zu müssen, den Handelsgebräuchen die Wirksamkeit gegenüber dem Bürger­ lichen Gesetzbuche zu versagen sein. Verwandt mit Gewohnheitsrecht ist die Verkehrssitte, die sich in der Uebung derselben äußert; der Gesetzgeber hat ihre Berücksichtigung in den §§ 157, 242 B.G.B. vor­ geschrieben. Die Berkehrssitte kann die Bedeutung eines Gewohnheitsrechtes erlangen; ein solches Recht ist, wenn nicht zwingende Vorschriften entgegenstehen, auch gegen das

Einleitung.

5

positive Recht zur Anwendung zu bringen. Man denke nur an die Börsenusancen! (Vgl. Stammler, Das Recht der Schuldverhältnisse in seinen allgemeinm Lehren S. 47.) Hinsichtlich der zwingenden Vorschriften des Bürger­ lichen Gesetzbuches darf dem partikularen Gewohnheitsrechte keine aufhebende Wirkung zuerkannt werden. Eine hievon verschiedene Behandlung der dispositivm Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist grundsätzlich nicht zu recht­ fertigen, auch mit praktischen Schwierigkeiten verbunden, da die Grenze zwischen den beiden Gattungen von Rechts­ vorschriften sich nicht immer einfach ziehen läßt. Soweit die Handelsgewohnheit gegenüber dem dispositiven Rechte Berücksichtigung erheischt, ist dem praktischen Bedürfniß im Wesentlichen durch den § 346 des H.G.B. genügt, wonach bei Handelsgeschäften in Bezug auf die Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die im Verkehre geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen ist. Unter Gewohnheiten und Gebräuchen sind in diesem Zusammenhänge allerdings nicht Sätze des objektiven Rechtes, sondern nur die thatsächliche Uebung und Verkehrssitte zu verstehen. Nach dem Vorgänge des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist die Frage der Wirksamkeit eines nur ergänzenden, auf ge­ setzlich nicht geregelte Verhältnisse bezüglichen Gewohnheits­ rechtes der Entscheidung durch Wissenschaft und Recht­ sprechung überlassen. Soweit neben der Reichsgesetzgebung das Landesrecht fortbesteht, behält partikulares Gewohnheitsrecht diejenige Bedeutung, welche ihm vom Landesrecht eingeräumt wird. Vgl. Art. 2, 3, 55 Einf.Ges. z. B.G.B. u. Art. 15 Einf.Gef. z. H.G.B. Das Verhältniß des Handelsgesetzbuchs zum Wechselrecht bestimmt sich nach Maßgabe des Art. 2 Abs. 2 des Einf.Ges.; dabei ist als Konsequenz der erfolgten Aende­ rungen in Art. 3 des Einf.Ges. bestimmt, daß an Stelle der Bestimmungen des Allgemeinen deutschen Handelsgesetz­ buchs, soweit in Reichs- oder Landesbesetzen auf sie ver­ wiesen ist, die entsprechenden Vorschnften des Handels­ gesetzbuchs treten.

6

Einleitung.

Art. 3. Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs verwiesen ist, treten die entsprechenden Vorschriften des Handels­ gesetzbuchs an deren Stelle.

Der Einfluß und die Einwirkung des Handelsgesetz­ buchs auf die privatrechtlichen Vorschriften der Landes­ gesetze, sowie die Beziehung desselben zu diesen LandesAesetzen sind geregelt im Einf.Ges. Art. 15—21; hienach sind die landesgesetzlichen Vorschriften handels-(privat-)rechtlichen In­ halts grundsätzlich aufgehoben mit Ausnahme der in den Art. 15—21 gegebenen Ausnahmen. Den Materialien zum H.G.B. dürfte eine ausschließend maßgebende Bedeutung bei Erforschung des gesetzgeberischen Willens nicht beizumessen sein; denn sie sind immerhin die geistige Arbeit nur eines Einzelnen, dessen Anschauung nicht den Willen des Gesetzgebers zum Ausdrucke bringen kann. B.O.L. 1 S. 347; immerhin aber sind sie ein ge­ eignetes Mittel, um im Zweifel den Sinn einer Bestimmung zu ermitteln. J.W. 1901 S. 182.

Handelsgesetzbuch. Vom 10. Mai 1897.

Ausgegeben zu Berlin, den 21. Mai 1897.

Sir Siljel«, UM Mts Siöti DM« Ms«, Mir

•im Preiß« it.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Erstes Buch.

Handrlsstand. Erster Abschnitt.

Ka«fle«te. 8 i. Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Als Handelsgewerbe gilt jeder Gewerbebetrieb, der eine der nachstehend bezeichneten Arten von Geschäften zum Gegenstände hat: 1. die Anschaffung und Weiterveräußerung von beweg­ lichen Sachen (Waaren) oder Werthpapieren, ohne Unterschied, ob die Waaren unverändert oder nach einer Bearbeitung oder Verarbeitung weiter veräußert werden; 2. die Uebernahme der Bearbeitung oder Verarbeitung von Waaren für Andere, sofern der Betrieb über den Umfang des Handwerks hinausgeht; 3. die Uebernahme von Versicherungen gegen Prämie; 4. die Bankier- und Geldwechslergeschäfte; 5. die Uebernahme der Beförderung von Gütern oder Reisenden zur See, die Geschäfte der Frachtführer

8

1. Buch

6.

7. 8.

9.

Handrlsstand.

oder der zur Beförderung von Personm zu Lande oder auf Binnengewässern bestimmten Anstalten sowie die Geschäfte der Schleppschiffahrtsunterne^mer; die Geschäfte der Kommissionäre, der Spediteure oder der Lagerhalter; die Geschäfte der Handlungsagenten oder der Handels­ mäkler; Die Verlagsgeschäste sowie die sonstigen Geschäfte des Buch- oder Kunsthandels; die Geschäfte der Druckereien, sofern ihr Betrieb über den Umfang des Handwerks hinausgeht.

(Schirrmeister, Der Kaufmannsbegriff nach deutschem Handels­ recht in Zeitschr. für das gesammte Handelsrecht. 48. Bd. 3. u. 4. Hest.> Abs. 1.

HarrdelSgewErbe.

Es ist Jemand nur solange Kaufmann, als er ein Handels­ gewerbe betreibt. Die Thatsache der Eintragung in das Handels­ register ist für das Anwendungsgebiet des § 1 nicht von Belang. Der Kaufmannsbegriff hat nicht nur für die Anwendung des Handelsrechts, sondern für das gesammte Rechtsgebiet Bedeutung, vgl. § 196 B.G.B. Der Kaufmannseigenschaft sind nicht nur Physische Personen, sondern, auch juristische Personen, Gesellschaften, Korporationen des öffentlichen Rechts fähig. Ein Gewerbebetrieb, der unerlaubte Geschäfte bezweckt, ist kein HaÄelsgewerbebetrieb. Sobald der Konkurs über das Vermögen eines Kaufmanns er­ öffnet wird, hört letzterer auf, Kaufmann zu sein, wenn er etwa nicht fortfährt, das Gewerbe fortzubeireiben. R.G. 13 S. 151, 29 S. 30. Die Kaufmannseigenschaft bedingt nicht, daß der Betreffende das Handelsgewerbe als seinen ausschließlichen oder seinen Haupt­ beruf betreibt. R.G.Str. 8 S. 148. Ein Gewerbebetrieb ist erfordert, also eine aus eine gewisse Dauer des Betriebs gerichtete Absicht, welche erkennen läßt, daß aus der einen Komplex von Geschästen umfassenden Thätigkeit eine dauernde Einnahmequelle gemacht werden will. E.A. 2 S. 21. J.W. 1899 S. 282. Die Vornahme einer Reihe von Handelsgeschäften derselben Art begründet für sich allein nicht die Eigenschaft des Kaufmanns. R.O. 17 S. 157. R.G. 38 S. 18. J.W. 1894 S. 19. Der Gewerbetreibende muß als Geschäftsmann nach Außen austreten. Wer Handelsgeschäfte nur durch Kommissionäre ausführen läßt, ist kein gewerbetreibender Kaufmann. R.O. 22 S. 303. J.W. 1894 S. 19. Es besteht eine faktische Vermuthung für die Fortdauer des einmal vorhandenen Zustandes; der Beklagte muß das Aufhören seiner Kaufmannsqualität darthun. R.O. 19 S. 38. Abs. 2.

GrrmdharrdelSgeschSfte.

Ein Unterschied zwischen den sogenannten objektiven und sub­ jektiven Handelsgeschäften besteht nicht mehr.

1. Abschnitt.

Kaufleute.

§ 1.

9

Nr. 1. Unter Anschaffen ist nicht die Selbstproduktion zu ver­ stehen R.G. 6 S. 8, vielmehr Geschäfte, die unmittelbar oder mittelbar auf Erwerb von Eigenthum an beweglichen Sachen gegen Entgelt ge­ richtet sind. R G.Stt. 11 S. 146; 31 S. 17. R.G. 42 S. 13; z. B. ist nicht Anschaffung das Depositum^ das reine Jnkassomandat R.G.Stt. 12 S. 42, wohl aber das uneigentliche Lombardgeschäst R.G. 21 S. 25, Annahme von Wechseln an Zahlrmgsstatt. §§ 364, 700 B.G.B. Es ist immer die Anschaffung beweglicher Sachen mit der Ab­ sicht, sie als bewealiche Sachen weiter zu veräußern, gemeint. Die Anschaffung von Baumaterial seitens des Bauunternehmers — natür­ lich abgesehen von § 2 — behufs Ausführung eines Baues ist nicht Handelsgeschäft. R.G.Str. 33 S. 421. Anschaffung zum Zwecke der Verwendung als Hilfsmittel bei Herstellung eines Erzeugnisses ist nicht Handelsgeschäft. R.O. 7 S. 240. R.G.Str. 28 S. 60. Z. B. die Anschaffung von Schlosser­ waaren zur Verarbeitung, um in Grundstücken verwendet zu werden, ist kein Handelsgeschäft. J.W. 1900 S. 755. Werden Werthpapiere durch Hingabe an Zahlungsstatt erworben, so liegt Anschaffungsgeschaft vor; maßgebend ist die Anschaffung in der Absicht der Weiterveräußerung. Der Erwerb z. B. von Aktien zum Zweck der Verpfändung ist kein Handelsgeschäft. B. 23 Nr. 311*. Die Uebernahme der Aktien durch die Simultangründer ist kein Anschaffungsgeschäst. R.G. 31 S. 17. Weiterveräußerung eines ganzen Handelsetablissements mit Aktiven und Passiven ist Handelsgeschäft. R.O. US. 150. Unter Waaren sind alle beweglichen Sachen-zu verstehen, welche Gegenstand des Handelsverkehrs sein können, und hiezu müssen an sich alle Arten beweglicher Sachen gerechnet werden. § 90 B.G.B. Ein Zeitungsunternehmen oder der zugehörige Zeitungslitel sind keine Waare. J.W. 1900 S. 75. (Jacobi, Die Werthpapiere im bürgerl. Recht des deutschen Reichs. Jena 1901.) Unter Werthpapieren sind solche Papiere zu verstehen, die ihrer Natur nach, insbesondere mit Rücksicht auf ihre erleichterte Uebertragbarkeit als Gegenstand des Handelsverkehrs in Betracht kommen, auch Wechsel, Checks und ähnliche Papiere, nicht aber Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefe. Die Kollekteure von Lotterien sind Kaufleute R.O. 23 S. 213, desgleichen Brennereibesitzer, die auch angeschaffte Rohstoffe im Be­ triebe verarbeiten. M. 1898 S. 153. Handelsgeschäfte sind z. B. An­ schaffung von Mehl seitens des Bäckers R.O. 4 S. 240, von Holz seitens des Tischlers R.G. 20 S. 125, Vertrag über Anfertigung und Lieferung von Schiffsdampsmaschinen R.O. 6 S. 31, Ankauf von Vieh zum Zwecke der Weiterveräußerung R.O. 7 S. 58, J.W. 1898 S. 265, Anschaffung von Milch seilens des Molkereibesitzers, um die durch Be­ arbeitung in der Molkerei daraus gewonnenen Produkte weiter zu ver­ äußern. J.Z. 1898 S. 436. Der Inhaber einer Hengsthalterei ist wegen des Weiterverkaufs der Hengste allein als Kaufmann nicht anzusehen. S.A. 54 Nr. 94. Kein Handelsgeschäft ist: der Ankauf von Baumaterial zum

10

1. Buch.

Handelsstand.

Zwecke der Berbauung in einem Geschästslokal R.O. 10 S- 242, die Anschaffung von Maschinen zum Betriebe des Bergwerks R.O. 11 S. 342, die Uebernahme der Pflasterung und Regulirung einer Straße R.O. 15 S. 258, J-W- 1901 S. 190, die Selbstgewinnung von Mineralien B. 23 Nr. 311, die Betheiligung als stiller Gesellschafter oder bei Gelegenheitsgeschästen, Anschaffung von EiK während des Winters B. 23 Nr. 311, ein Gesellschaftsvertrag zur Ausnützung von Steinbrüchen J.W. 1898 S. 510 — selbstverständlich unbeschadet der 88 2, 343. Nr. 2. Das Be- oder Verarbeiten bedingt nicht eine Veränderung an der Substanz des Gegenstands R.G.Str. 22 S. 271; der Stoff zu der Be- oder Verarbeitung muß vom Besteller.geliefert sein; ist er vom Meister geliefert, so ist Nr. 1 maßgebend. Wer für Rechnung anderer die Be- oder Verarbeitung vornimmt, ist, wenn der Fall des Ueberschreitens des handwerksmäßigen Betriebs vorliegt, Bollkausmann, andernfalls überhaupt kein Kaufmann. Solche Betriebe sind z. B. Färbereien R.O. 1 S. 132, Waschanstalten R.G.Str. 22 S. 271. Käufe von Gewerbetreibenden zum Zwecke der Weiterveräußerung nach er­ folgter Be- oder Verarbeitung sind auch dann Handelsgeschäfte, wenn der Gewerbebetrieb des Käufers nicht über den Umfang des Hand­ werks hinausgeht. R.O. US. 242. Der Betrieb einer Fabrik wird in der Regel als über den Umfang eines bloßen Handwerksbetriebs hinausgehend angesehen werden dürfen. R.O. 14 S. 114. Der mit Leihbibliothek geführte Betrieb ist kein Handels­ geschäft. R.O. 23 S. 401. Rr.3. Die öffentlich-rechtlichen Versicherungsverbände (Feuerassocietäten, Brandkassen) sind keine Kaufleute. R.G. 14 S. 238. Ihre Bediensteten sind keine Handlungsgehilfen. Vgl. hinsichtlich der behördlich konzessionirten Versicherungsvereine aus Gegenseitigkeit §§ 15 ff. des Reichsvers.-Ges. vom 12. Mai 1901. Bei Bersicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit kommen, auch wenn sie Rechtsfähigkeit erlangt haben, die 88 1—7 nicht zur An­ wendung, s. 88 15, 16 des Reichsvers.-Ges. vom 12. Mai 1901, wohl aber das erste und dritte Buch des H.G.B., s» 8 16 des vorcit. Ges. Nr. 4. Auch die öffentlichen Bankinstitute gellen als Kauf­ leute. Natur der Geschäfte einer Kreissparkasse, kommunalen Anstalt als Handels-(Bankier-)Geschäfte. R.O. 23 S. 10, J.W. 1900 S. 274. Die Vorschriften des Reichsbankgesetzes werden, wie überhaupt die Vorschriften der Reichsgesetze, gemäß Art. 2 Abs. 2 des Einf.Ges. durch das H.G.B. nicht berührt. — Es ist zu unterscheiden zwischen den Passivgeschästen des Bankiers, bestimmt, fremde Gelder bei­ zuziehen und den Aktivgeschäften, bestimmt, diese Gelder nutzbar zu machen. R.O. 24 S. 35. Geschäfte der Bankiers sind insbesondere Ausstellung von Anweisungen, Creditbriefen, Diskontogeschäften von Wechseln und Anweisungen, das Lombardgeschäft; auch Hingabe von Darlehen gegen Hypothek. J.W. 1899 S. 232. Das eigentliche Lombardgeschäst besteht im Leihen auf Credftpapiere, Edelmetall und Handelswaaren. R.O. 24 S. 37. Der Inhaber einer Privatleih.anstalt ist nicht Bankier. Das

1. Abschnitt.

Kaufleute.

§ 1.

H

Reportgeschäft ist ein Kaufverttag, verbunden mit der Abrede des Wiederverkaufs für einen späteren Zeitpunkt. R.O. 22 S. 191. Nicht bloß der Bankier,'sondern jeder Kaufmann hat, wenn er Bollkaufmann ist, hinsichtlich der ihm übergebenen Werthpapiere Depot Verwahrungspflicht. Dgl. Depotges. v. 5. Juli 1896 §§ 1, 8, 13. Die Mitwirkung bei Gründung einer Aktiengesellschast ist kein Bankiergeschäft, überhaupt kein Handelsgeschäft; s. betjttr. 1. Nr. 5. Die gewerbsmäßige Beförderung gewöhnlicher Briefe im Lokalverkehr seitens einer Privatperson; denn unter Gütern sind alle transportablen Sachen zu verstehen, auch solche, welche einen objekttven Bermögenswerth nicht besitzen. R.O. 20 S. 47. Auch die Uebernahme der Beförderung von Lokalsendungen ist Frachtgeschäft; Frachtführer ist also auch der Lokalrollfuhrmann. R.O. 12 S. 197; auf den Umfang des Gewerbebetriebs kommt nichts an. Der Eisenbahnfiskus ist Kaufmann R.O. 12 S. 311, des­ gleichen die Privateisenbahn R.O. 3 S. 407, nicht aber gilt der Be­ trieb der Post seitens des Reichs und der Bundesstaaten als kauf­ männischer. 8 452. Bgl. 88 26—77 des Binnenschifffahrts-Ges., 8 4 des Ges. betr. die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei, 88 425 ff. H.G.B. über den Frachtführer. Schleppvertrag über das Schleppen durch einen Dampfer ist Werkvertrag. S.A. 54 Nr. 20. Nr. 6. Bgl. 88 383—424. Nr 7. Ueber den Begriff „Handlungsagent" s. 88 84 ff., über „Handelsmäkler' s. 88 93 ff.; hinsichtlich der Kursmäkler s. bei § 93. Andere Arten der gewerbsmäßigen Geschästsvermittlung als diejenigen der Agenten und Mäkler gehören nicht zum Handels­ gewerbe. Nicht jede Vermittlung von Geschäften, die zum Gewerbebettiebe des Kaufmannes gehören, bildet für den Vermittler die Kauf­ mannseigenschast, also nicht die gewerbsmäßige Vermittlung von Miethsverttägen, wenn sie sich auf die Miethe von Läden und sonstigen Geschäftsräumen erstreckt, unbeschadet der Bestimmung in 8 2. Nichtkaufmann ist der Auktionator, wenn auch die von ihm zur Versteigerung gebrachten Waaren im Eigenthum von Kauf­ leuten stehen oder von solchen erstanden werden. Die Vermittlung von Nichthandelsgeschäften wird durch die kaufmännische Qualität des Vermittlers nicht zu einem Handels­ geschäft R.O. 16 S. 2; jedoch kann 8 2 anwendbar sein. Nr. 8. Z. B. der Zeitungsverlag. R.O. 14 S. 23. Auch der Selbstverlag kann Verlag sein; in Betracht kommt der Umfang, die Art des Betriebes, sowie ob der Verleger dauernde Veranstaltungen zur Ausführung der Geschäfte errichtet hat. R.G. 5 S. 68. Ueber den Kommissionsverlag s. R.O. 16 S. 251. Für die Geschäfte des Buch- und Kunsthandels sind die buchhändlerischen Usancen von ganz besonderer Bedeutung. 8 346. Das Verlagsrecht ist durch das Reichsgesetz über das Verlags­ recht vom 19. Juni 1901 für ganz Deutschland ein einheitliches ge­ worden. Nr.9. Es können auch photographische Anstalten hierunter subsumirt werden.

12

1. Buch. Handel-stand.

§ 2. Ein gewerbliches Unternehmen, das nach Art und Um­ fang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäfts­ betrieb erfordert, gilt, auch wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 nicht vorliegen, als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, sofern die Firma des Unternehmers in das Handelsregister eingetragen worden ist. Der Unter­ nehmer ist verpflichtet, die Eintragung nach den für die Eintragung kaufmännischer Firmen geltenden Vorschriften herbeizuführen. Zur Anmeldung der Firma ist der Unternehmer vom Registerrichter durch Ordnlmgsstrafe anzuhalten. § 14. Der § 2 betrifft jeden Gewerbebetrieb, also auch den des Hand­ werks, nicht aber einen Betrieb ohne Erwerbszweck, wie z. B. den eines dem Genossenschaftsgesetze nicht unterstellten Konsumvereins E.A. 2 S. 20 f. Bei Prüfung der Registerpflicht darf aber das „nach Art" nicht ignorirt werden. Nicht allein der quantitative Inhalt des Geschäfts ist maßgebend; die in den Materialien zum H.G.B. (H ah nMugdan Bd. 6 S. 195) angegebenen Anhaltspunkte, wie die Noth­ wendigkeit einer kaufmännischen Buchführung, Korresporldenz, Kassa­ führung und Zahlungsleistung, des Gebrauchs einer Firma, beziehen sich sowohl aus den Umfang wie die Art des Betriebs. Fehlt es an solchen Voraussetzungen, wie z. B. bei einem Maurermeister, der für fremde Rechnungen mit meistens nicht von ihm angeschafftem Material Arbeiten ausführt, wenn sein Geschäft auch einen nicht unbedeutenden Umfang hat, so besteht keine Registerpflicht. E.A. 1 S. 192. Die Vorschrift bezieht sich nur aus gewerbliche Unter­ nehmungen, aber auch auf solche, die nicht dem Bereiche des Handelsaewerbes angehören E.A. 2 S. 25,75; es ist also eine auf Erwerb gerichtete Absicht wesentlich. Beispiele: Ziegeleien, Thonröhrensabriken, Schneid­ sägen, Zellstoff-Fabriken, wenn es sich um Verwendung aus eigenem Grund und Boden gewonnenen Materials handelt; Zimmermeister J.W. 1896 S. 189; Sparkaffen E.A. 2 S. 23; Bauunternehmer E.A. 1 S. 191; Handel mit Immobilien und Vermittlung solcher Geschäfte; auch Betriebe fallen darunter, zu denen sich mehrere aus Grund eines Gesellschastsverhältnisses vereinigen. Sämmtliche Theilhaber find zur Eintragung der Firma verpflichtet. Mit der Eintragung in das Handelsregister wird eine solche Gesellschaft je nach der gewählten Form der Betheiligung der Einzelnen — offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft s. §§ 105, 161. Immer aber muffen die gesetzlichen Voraussetzungen in Ansehung der Art und des Umfanges des Betriebes gegeben sein. Auch die Gewerkschaften des neueren Rechtes, die juristische Personen find, fallen unter § 2, nicht aber diejenigen Bergwerksgesellschaften, welche nach Maßtzabe der Landesgesetze die Eigenschaften juristischer Personen nicht besitzen. Vgl. Art. 5 des Eins.Ges.

1. Abschnitt.

Kaufleute.

§§ 2, 3.

13

Unter den Gewerbebegriff fallen nicht der rein wiffenschastliche und künstlerische Beruf, der Beruf des Arztes E.A. 2 S. 27; ist der Betrieb einer ärztlichen Heilanstalt Selbstzweck, wobei die ärztliche Thätigkeit nur als ein, wenn auch wesentliches Glied in der Kette der auf Gewinn gerichteten Anstallseinrichtungen in Bettacht kommt, so liegt ein gewerbliches Unternehmen vor EA. 2 S. 28. Bor Einttag der Firma des Unternehmers ist letzterer, ohne Rücksicht darauf, ob die anderen Voraussetzungen des § 2 gegeben sind, kein Kaufmann.

8 3.

Auf den Betrieb der Land- und Forstwirthschaft finden die Vorschriften der §§ 1, 2 keine Anwendung. Ist mit dem Betriebe der Land- oder Forstwirthschaft ein Unternehmen verbunden, das nur ein Nebengewerbe des land- oder forstwirthschaftlichen Betriebs darstellt, so findet auf dieses der § 2 mit der Maßgabe Anwendung, daß der Unternehmer berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, die Ein­ tragung in das Handelsregister herbeizuführen; werden in dem Nebengewerbe Geschäfte der im § 1 bezeichneten Art geschlossen, so gilt der Betrieb dessenungeachtet nur dann als Handelsgewerbe, wenn der Unternehmer von der Befugniß, seine Firma gemäß § 2 in das Handelsregister eintragen zu lassen, Gebrauch gemacht hat. . Ist die Eintragung er­ folgt, so findet eine Löschung der Firma nur nach den allgemeinen Vorschriften statt, welche für die Löschung kauf­ männischer Firmen gelten. Abs. 1. Es handelt sich um Betriebe, wie z. B. Molkereien, Kunstgärtnereien, Torfbereitung, Schieserbrüche, Thongräbereien, Holz­ kohlen- und Holztheergewinnung,Oelmüllerei, Mühlenbetrieb, Brauereien, Branntweinbrennereien, Biehmästung, Sägewerksbettieb. Brennereibesitzer, die auch angeschaffte Rohstoffe im Betriebe ver­ arbeiten, sind schon nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Kaufleute. J.W. 1896 S. 660. M. 1898 S. 153. Abs 2. Bülow, Begriff des Nebengewerbes im Sinne des § 3 s. M. 1899 S. 182. Nur Neben betriebe unterliegen der Eintragungspflicht nicht; immer aber muß das Hauptgewerbe die Land- oder Forstwirthschaft bilden. Sobald der gewerbliche Betrieb den Charakter eines Haupt­ betriebes annimmt, tritt auch die Eintragungspflicht nach §§ 1 oder 2 ein. Fehlt es an dem Betriebe von Geschäften int Sinne der §§ 1 und 2, so findet Abs. 2 keine Anwendung.

14

1. Buch.

Handelsstand.

Ist die Eintragung der Firma erfolgt, so hat der Inhaber des Betriebs alle Rechte und Pflichten eines Bollkaufmanns. §§ 5, 17 bis 37, 38. Auf ihn ist das Bankdepotgesetz vom 5. Juli 1896 an­ wendbar, seine kaufmännischen Gehilfen sind Handlungsgehilfen, er kann einen Prokuristen bestellen. Mehrere können zum Betriebe eines so beschaffenen Nebengewerbes in jeder der Gesellschaftsformen des H.G.B. sich vereinigen. Die Rechtsfolgen machen sich besonders für diejenigen Fälle fühlbar, in denen daS H.G.B. von den Bestimmungen des B.G.B. abweichende Vorschriften enthält, so z. B. betr. Bürgschaft §§ 344, 349 ff., Vertragsstrafen § 348, Zinsfuß §§ 352 ff., Provision und Lagergeld § 354, Kontokorrentverkehr tz 355, Ausstellung von An­ weisungen § 363, bei Wirkung einer Verpfändung fremder Sachen § 366 u. s. w.

§ 4.

Die Vorschriften über die Firmen, die Handelsbncher und die Prokura finden auf Handwerker, sowie auf Per­ sonen, deren Gewerbebetrieb nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinausgeht, keine Anwendung. Durch eine Vereinigung zum Betrieb eines Gewerbes, auf welches die bezeichneten Vorschriften keine Anwendung finden, kann eine offene Handelsgesellschaft oder eine Kom­ manditgesellschaft nicht begründet werden. Die Landesregierungen sind befugt, Besfimmungen zu erlassen, durch welche die Grenze des Kleingewerbes auf der Grundlage der nach dem Geschäftsumfange bemessenen Steuerpflicht oder in Ermangelung einer solchen Besteuerung nach anderen Merkmalen näher festgesetzt wird. Abs. 1. Unter Handwerkern im Sinne des Abs. 1 sind nur diejenigen Be- und Verarbeitungsgewerbe zu verstehen, welche unter § 1 Nr. 1 fallen. Die Inhaber solcher Gewerbe sind Kaufleute und sollen, wenn sie Handwerker sind, Minderkausleute sein; die In­ haber anderer Be- oder Berarbeitungsgewerbe sind Vollkausleute oder Nichtkausleute, s. Staub in J.Z. 1898 S. 422 ff. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Gewerbebetrieb sich in der Grenze des Kleingewerbes bewegt, ist nicht bloß der Geschäftsumsatz, sondern auch die Art des Betriebes (§ 2) in Betracht zu ziehen. R.G.Str. 34 S. 103, J.W. 1901 S. 505. Auch der Minderkaufmann hat Kaufmannsqualität. Vgl. die wesentliche Einschränkung in § 351, wonach die Anwendung der 88 348 bis 350 ausgeschlossen ist; auf ihn sind das Bankdepotgesetz, 8 $ des Gesetzes über die Abzahlungsgeschäfte nicht anwendbar, 'wohl aber die Vermuthung des 8 344, die Regel des 8 346, die Bestimmungen

1. Abschnitt.

Kaufleute.

§ 4.

15

über den Umfang der anzuwendenden Sorgfalt § 347, über die Zinsen §§ 352 ff., über Ausstellung von Anweisungen § 363, über Schutz des guten Glaubens § 366, über Retenttonsrecht §§ 369 ff., über Unter­ suchungspflicht in Ansehung der empfangenen Waaren §§ 377 ff., über Selbsthilfeverkauf § 379. Ob Groß- oder Kleinbetrieb anzunehmen ist, hängt auch von der Methode der Herstellung der Arbeitsprodukte, der Art der be­ nützten Hilfsmittel (Maschinen oder Werkzeuge), Zahl des Personals, Arbeitstheilung, Beschaffenheit der eigenen Arbeitsleistung des Gewerbetteibenden ab. Brauereibesitzer S.Ä. 53 Nr. 166, Metzger R.G.Stt. 31 S. 179, Barbier,, der auch mit Bürsten u. s. w. handelt, R.G.Stt. 34 S. 102 als Minderkaufmann. Ein Handelstreibender, der die bezogenen Waaren theils im Wege des Hausirens vertreibt, theils im stehenden Betriebe verkauft, ist auch dann nicht immer als buchführungspflichtiger Vollkaustnann anzusehen, wenn sein Handelsumsatz im Ganzen kein unbedeutender ist R.G.Stt. 31 S. 108, 33 S. 186; es kommt hiefür auch darauf nichts an, wenn der Betreffende während eines Theils des Jahres (Fremdensaison) einen größeren Betrieb führt. R.G.Str. 33 S. 191. Forthaftung eines Minderkausmanns für die unter seinem Namen von einem Dritten, auf welchen das Geschäft übergegangen ist, eingegangenen Verbindlichkeiten, wenn die Fortführung des Ge­ schäftes unter dem bisherigen Namen mit Wissen und unter Zu­ stimmung des früheren Inhabers geschah. R.G. 15 S. 33. Hinsichtlich der Wirthe ist die Scheidung zwischen Groß- und Kleinbetrieb maßgebend. Deshalb hat auch der Wirth, wenn er als Bollkaufmann zu erachten ist, die Verpflichtung zur Führung eines besonderen Handelsbuchs, in welches die ihm übergebenen Werthpapiere gemäß § 1 Nr. 2 des Depotges. einzuttagen sind. B.G.B. § 702. Für Geld, Werthpapiere und Kostbar­ keiten haftet der Gastwirth nach g 701 nur bis zu dem Betrage von eintausend Mark, es sei denn, daß er diese Gegenstände in Kenntniß ihrer Eigenschaft als Wertsachen zur Aufbewahrung übernimmt oder die Aufbewahrung ab­ lehnt, oder daß der Schaden von ihm oder von seinen Leuten verschuldet wird. Verkauf des Wirthsgeschäfts ist Handelsgeschäft. J.W. 1899r S. 494.

Abs. 2, An der Rechtslage derjenigen Personenvereinigungen dagegen ist nichts geändert, welchen das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft von Kaufleuten bei­ legt. Vgl. § 6. Für Gesellschaften von Minderkausleuten sind, abgesehen von dem Vorerwähnten, §§ 705 ff. des B.G.B. maßgebend. Abs. 3. Dove, Die Abgrenzung zwischen Voll- und Minder­ kausmann in M. 1898 S. 297. Der Minderkaufmann kann durch den Gebrauch einer ein nach­ weisbar bestehendes Gesellschgftsverhältniß andeutenden Firma nach außen hin erkennbar machen, daß ein Theilnehmer hinter ihm stehe, für den er mitkontrahiren wolle. R.G. 47 S. 228.

16

1. Bvch.

Handelsstand.

§ 5.

Ist eine Firma im Handelsregister.eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, daß das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei oder daß es zu den im § 4 Ms. 1 bezeichneten Betrieben gehöre. Der Eintragung einer Firma in das Handelsregister wird hinsichtlich der privatrechtlichen Verhältnisse des Unternehmers eine den Prozeßrichter bindende Kraft beigelegt. Dem Dritten ist auch gegenüber dem Eingetragenen der Einwand versagt, daß es an den sachlichen Voraussetzungen der §§ 1 u. ff. fehle. Solange also die Firma im Handelsregister eingetragen ist, kann kein Betheiligter den Einwand gellend machen, daß das unter der Firma betriebene Gewerbe nicht die Eigenschaft eines Handelsgewerbes habe. J.W. 1900 S. 528. Die Vorschrift ist besonders von Belang durch die Bestimmung in § 351. Der § 5 hat nicht die Bedeutung, daß dem Eingetragenen z. B. der Nachweis versagt sei: er betreibe kein Gewerbe mehr, oder die handelsgesetzliche Gesellschaftsform sei nicht geschaffen, oder die Gesell­ schaft sei wieder ausgelöst worden. Für solche Fülle ist § 15 maß­ gebend. Für das Gebiet des öffentlichen Rechtes, insbesondere des Strafrechtes, s. §§ 9 ff. des Bankdepotges., §§ 239 ff. K.K.O., darf dem äußerlichen Umstand, daß die Eintragung erfolgt ist, maßgebende Bedeutung nicht beigelegt werden, da ja die Eintragung auch gegen den Willen des Betroffenen vom Registerrichter herbeigeführt werden kann. Der Prüfung, ob die Eintragung sachlich gerechtfertigt ist, kann sich der Strafrichter nicht entziehen. Die Eintragung hat auch nicht die Wirkung, daß die Löschung ausgeschlossen ist, wenn sich nachträglich heraus stellen sollte, daß die fachlichen Voraussetzungen der Eintragung nicht vorgelegen haben; s- bei § 10. Ist die Firma gelöscht, so kann für die Folgezeit die im 8 5 vorgesehene Wirkung der Eintragung nicht mehr geltend gemacht werden.

8 6.

Die in Betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften finden auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung. Die Rechte und Pflichten eines Vereins, dem das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmanns beilegt, werden durch die Vorschrift des § 4 Abs. 1 nicht berührt.

1. Abschnitt. Kaufleute. §§. 5—7.

17

Abs. 1. Unter solchen .Handelsgesellschaften sind nur inländische zu verstehen, § 13 Abs. 3 u. Art. 7 Einf.Ges. z. B.G.B., nämlich die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft, die Aktien­ gesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit be­ schränkter Haftung. Für die drei letztgenannten Gesellschaftsformen ist ihre Eigenschaft als Handelsgesellschaften von dem Betriebe eines Handelsgewerbes nicht abhängig §§ 211, 320 H.G.B., Ges. über die Ges. m. beschr. H. § 5. Die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschasten sind Kaufleute, aber keine Handelsgesellschaften. Die stille Gesellschaft ist nach §§ 705 ff. B.G.B. zu beurtheilen, jedoch unter Berücksichtigung der §§ 335 ff. H.G.B. HieHer gehören nicht Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit R.0.8 S. 181, auch nicht Bersicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, wenn sie Rechtsfähigkeit erlangt haben, §§15, 16 des Reichsvers.-Ges. vom 12. Mai 1901. Abs. 2. Z. B. Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung u. s. w. § 7.

Durch die Vorschriften des öffentlichen Rechtes, nach welchen die Befugniß zum Gewerbebetrieb ausgeschlossen oder von gewissen Voraussetzungen abhängig gemacht ist, wird die Anwendung der die Kaufleute betreffenden Vor­ schriften dieses Gesetzbuchs nicht berührt.

Laband, Die Bedeutung des Handelsgesetzbuchs für das öffent­ liche Recht in J.Z. 1898 S. 393. § 7 bezieht sich nicht bloß auf gewerbepolizeiliche und gewerbe­ steuerliche Normen, sondern auf alle Vorschriften des öffentlichen Rechtes, insbesondere aus die Gesetze über die Rechtsverhältnisse der Beamten. Neber die erforderliche staatliche Genehmigung s. g§ 195 Nr. 6, 320 Abs. 3 H.G.B., § 8 Ziff. 4 des Ges. über Ges. m. beschr. H., § 1 des Hyp.-Bankges. vom 13. Juli 1899, § 4 des Reichsvers.-Ges. vom 12. Mai 1901.

Ergänzungen. I. Die Ehefrau als Handelsfrau.

1. Allgemeines. Das H.G.B. und das B.G.B. kennen keine die Gleichheit der -rechtlichen Stellung zwischen Mann und Weib als solchem aufhebende Unterschiede. Die vor dem Inkrafttreten der Reichszivilprozeßordnung be­ standenen Beschränkungen der Prozeßfähigkeit der Ehefrau sind schon Frankenburger, Handelsgesetzbuch. 2. Aufl. 2

18

1. Buch.

Handelsstand.

durch dieses Reichsgesetz beseitigt worden. 'Das B.G.B. kennt keine Beschränkungen der persönlichen Handlungsfähigkeit der Ehefrauen. Motive zum B.G.B. Bd. 4 S. 110 und 111, Denkschr. zum Entrv. eines B.G.B. S. 182, vgl. § 11 der Gewerbeordnung. Zur Wahrung der Stellung des Ehemannes als des Hauptes der ehelichen Gemeinschaft, also auch bezüglich der Befugniß des Mannes, der Frau den Betrieb eines Handelsgewerbes zu untersagen, ist durch § 1354 B.G.B. Vorsorge getroffen. Nach §§ 1395—1399, 1405, 1412, 1442, 1443, 1452, 1459—1462,1530—1533,1549 B.G.B. ist, abgesehen vom Falle der Gütertrennung und des Borbehallsgutes, stets die Zustimmung des Mannes erforderlich, mag es sich um Einzelgeschäste der Frau oder um den Gewerbebetrieb im Allgemeinen handeln. In Ermangelung einer solchen Zustimmung haftet die Frau zwar persönlich aus ihren Geschäften; ihre Verfügungen über die zum Ehegute gehörenden Gegenstände sind aber dem Manne gegenüber unwirksam; es haben deshalb auch die Gläubiger der Frau keinerlei Rechte bezüglich dieses Vermögens. Die besonderen Verpflichtungen, welche einer Frau dadurch er­ wachsen, daß ihre Geschäfte nach Handelsrecht beurtheilt werden, kommen im Vergleiche zu der Art und dem Umfange der Verbindlich­ keiten, die sie in Folge ihrer allgemeinen Verpflichtungsfähigkeil einShen kann, nicht in Betracht. Das Börsengesetz kennt eine Beränkung der Frauen, indem es in 8 7 Nr. 1 die Frauen von dem Börsenbesuche ausschließt. Dagegen können sich die Handelsftauen in das Börsenregister eintragen lassen. § 58 Abs. 2 des Börsenges. mit Art. 14 Nr. III des Eins.Ges. z. H.G.B. Die Eheftau als solche ist nicht gehindert, ein Erwerbsgeschäst auch ohne Zustimmung oder gegen den Einspruch des Mannes zu betreiben; ihre Kaufmannseigenschast ist also durch eine Genehmigung, ihres Geschäftsbetriebs seitens des Ehemanns nicht bedingt. Bericht der Reichslagskommission zum Entw. eines B.G.B. in der Ausgabe von Carl Heymann Berlin S. 126. Die z. B. in §§ 1405, 1414 B.G.B. angeführte Einwilligung des Mannes zum Geschäftsbetriebe der Ehestau hat nicht die Be­ deutung, daß die Frau etwa für die ohne diese Genehmigung ab­ geschlossenen Geschäfte oder den ohne solche Genehmigung ausgeübten Geschäftsbetrieb nicht haftbar wäre, sondern nur die Bedeutung, daß. die Haftung des Ehemanns selbst oder bestimmter seiner Benvaltung. unterstehender Bermögensbestandtheile für die Verbindlichkeiten der Frau von deren Gläubigern während der Ehe nicht in Anspruch ge­ nommen werden kann. Vgl. § 11a der Gewerbeordnung.

.

2. Verhältniß zum Ehemann.

Allgemeine Rechte

desselben. Nach § 1354 Abs. 1 B.G.B. steht dem Manne die Entscheidung^ in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegen­ heiten zu. Er kann also seiner Ehestgu den Betrieb eines Handels­ geschäftes verbieten. Einem solchen Verbote braucht die Frau dannc

1. Abschnitt.

Kaufleute.

§ 7.

19

nicht zu entsprechen, wenn es sich als Mißbrauch des ehemännlichen Rechtes darstellt § 1354 Abs. 2 B.G.B. Kann bei Differenzen der Eheleute über Vorhandensein der Voraussetzungen des allegierten Abs. 2 a. a. O. die Entscheidung des Prozeßrichters angerufen werden? Die Frage dürste zu bejahen sein. Vgl. den Kommisswnsbericht zum Entw. des H.G.B. bei Hahn, Materialien Bd. 6 S. 540. Das B.G.B. har übrigens auch an anderen Stellen während des Bestehens der Ehe über vermögensrechtliche Fragen zwischen den Ehe­ leuten die Entscheidung des Prozeßrichters vorgesehen. Vgl. z. B. §§ 1394, 1407 Nr. 2, 1418, 1468, 1469, 1542, 1547 B.G.B. Bericht der R.T.K. über das B.G.B. S. 126 Spalte 2. Deshalb allein, weil der Ehemann der Frau den Handels­ gewerbebetrieb verbietet, hört diese nicht auf Handelsftau zu sein, sondern nur dann, wenn die Frau den Geschäftsbettieb aufgiot. § 1 Abs. 1 H.G.B.

3. Sonderrechte des Ehemanns.

Während nach § 1561 Abs. 2 B.G.B. zur Eintragung in das Güterrechtsregister ein Antrag beider Ehegatten erforderlich ist, wird auf einseitigen Antrag des Mannes dessen Einspruch gegen den Gewerbebetrieb der Frau oder dessen Widerruf der Genehmtgung zum Gewerbebettieb der Ehefrau eingetragen. §§ 1357 Abs. 2,1405 Abs. 3, 1561 Abs. 1. Der Ehemann hat nach Einholung der von ihm zu beantragenden Ermächtigung des Bormundschaftsgerichts, dessen Verfügung übrigens erst mit der Rechtskraft wirksam wird, § 53 des Ges. über die Freiw. Gerichtsb., das Recht zur Kündigung von Verträgen, durch welche die Frau zu Leistungen in Person sich verpflichtet hat. § 1358 Abs. 1 B.G.B. Kann also auch die Ehefrau Verträge der bezeichneten Art wirksam abschließen, so hat doch der Mann das selbstständige Kündigungsrecht, dessen Ausübung von der Zustimmung des Vormundschaftsgericbts bedingt ist. Letzteres hat die Ermächtigung zu ertheilen, wenn sich ergibt — d. h. erwiesen ist —, daß die Thätigkeit der Frau die ehe­ lichen Interessen beeinttächtigt.. § 1358 Abs. i Satz 2 B.G.B. Das Kündigungsrecht des Mannes ist jedoch ausgeschlossen: a) wenn der Mann der Uebernahme der Verpflichtung durch die Frau zugestimmt hat;

b) wenn seine Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Bor­ mundschaftsgericht ersetzt worden ist. § 1358 Abs. 2 Satz 1 B.G.B. Die Frau kann sich auch, ohne den Mann vorher zu befragen, im Voraus an das Vormundschaftsgericht zum Zwecke der Ertheilung der Zustimmung wenden, wenn sie Widerstand vom Manne oesürchtet; Bericht R.T.K. S- 126 Spalte 2. c) solange die häusliche Abs. 2 Satz 3.

Gemeinschaft aufgehoben ist.

§ 1358

20

-

1. Buch.

Handelsstand.

Das Recht zur Kündigung steht aber dem Manne auch während der Aushebung der häuslichen Gemeinschaft zu, wenn die Ehefrau sich böslich zum Zwecke der Erfüllung des Vertrags entfernt hat. Motive z. B.G.B. Bd. 4 S. 113. Dieses höchst persönliche Recht des Ehemanns — Zustimmung, Kündigung — kann, vgl. Denkschr. z. B.G.B. S. 183 — nicht durch den gesetzlichen Vertreter ausgeübt werden, wenn der Ehemann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. § 1358 Abs. 3 B.G.B. Hinsichtlich der in der Person zu bewirkenden Leistungen der Ehefrau bemerken die Motive z. B.G.B. Bd. 4 S. 111: ,-Es kann keinen Unterschied machen, ob die Verpflichtung der Frau auf einem Dienstvertrage (auch Uebernahme eines Engagements an einer Bühne) oder aus einem anderen Vertrage, z. B. auf einem Werkverträge, einem Auftrage oder einem Gesellschastsvertrage beruht. Nur darauf kommt es an, daß durch den Vertrag eine von der Frau in Person zu bewirkende Leistung übernommen wird. Es macht auch keinen Unterschied, ob die Bewirkung der Leistung eine längere Zeit In Anspruch nimmt oder nicht." Der Widerruf der Genehmigung zum Gewerbebetrieb kann vom Ehemann jeder Zeit erklärt werden. §§ 1354, 1405 B.G.B. Dritten gegenüber können aber Einwendungen auf Grund dieses Widerrufs nur dann erhoben werden, wenn zur Zeit der Vornahme des Rechts­ geschäftes der Widerruf in das Güterrechtsregister des zuständigen Ge­ richts eingetragen oder dem Dritten bekannt war. §§ 1405,1435 B.G.B. Die Selbstständigkeit des Geschäftsbetriebes der Frau wird durch Rücknahme der Genehmigung zum Gewerbebetrieb seitens des Mannes nicht beeinträchtigt. Daher sind auch nach einer solchen Willens­ erklärung des Ehemanns vorzunehmende einseitige Rechtsgeschäfte, z. B. Protesterhebungen, Kündigungen u. s. w. der Frau gegenüber vorzunehmen. Der Ungehorsam der Frau gegen die vom Manne angerufene Entscheidung des Vormundschastsgerichts oder Prozesigerichts hat nicht die Folge, datz gegen die Frau ein thatsächlicher Zwang ausgeübt werden darf; das Verhalten der Frau wird vielmehr nur bei einer etwaigen Scheidungsklage des Mannes in Betracht kommen können. Bericht der R.T.K. S. 126.

4. Die ausländische Ehefrau als Handelsfrau. Die Geschäftsfähigkeit einer Ehefrau wird an und für sich nach den Gesetzen ihrer Staatszugehörigkeit beurtheilt. Art. 7 Abs. 1 Eins.Ges. z. B.G.B. Eine wesentliche Ausnahme enthält schon Abs. 3 Satz 1; hienach gilt auch die ausländische Ehefrau für die im Jnlande vorgenommenen Rechtsgeschäfte als geschäftsfähig, wenn sie nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Für die Geschäftsfähigkeit der im Jnlande ein Gewerbe selbst­ ständig betreibenden Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhältnisse ausländische Gesetze maßgebend sind, ist es ohne Belang, daß sie Ehe­ frau ist. Für die aus dem Gewerbebetriebe sich ergebenden Ver­ pflichtungen hastet sie unbeschränkt mit ihrem Vermögen, außerdem aber auch im Falle einer ehelichen Gütergemeinschaft das gemeinsch Anzeige von der Ausführung des Geschäfts erklären; andernfalls gilt die Abweichung von der Preisbestimmung als genehmigt. Erbietet sich der Kommissionär zugleich mit der Anzeige von der Ausführung des Geschäft zur Deckung des Preisunters^ieds, so ist der Kommittent zur Zurückweisung nicht berechtigt. Der Anspruch des Kommittenten auf den Ersatz

3. Abschnitt.

Kommissionsgeschäft.

§§ 386, 387.

549

eines den Preisunterschied übersteigenden Schadens bleibt unberührt.

Abs. 1. Es ist eine AusLegnngsfrage, ob überhaupt ein Limito gesetzt ist. „Die „Waare auf einem bestimmten Markte nicht unter dem höchsten Preise verkaufen" ist kein Limito B. 7 Nr. 514; ebenso­ wenig liegt ein solches in der Mittheilung der Selbstkosten und dem Aus­ spruch der Erwartung seitens des Kommittenten, es werde unter den­ selben nicht verkauft werden. B. 1 Nr. 957, 11 Nr. 323. Der Kommittent darf nicht auf Kosten des Kommissionärs spekuliren; deshalb muß er sofort die Zurückweisung ihm bekannt­ geben. Inwieweit der Kommissionär befugt ist, unter dem gesetzten Preise zu verkaufen, bestimmt sich nach B-G.B. § 665; das Abweichen ist insbesondere dann gestattet, wenn hiedurch Schaden vom Kommittenten abgewendet wird. Abschluß zu vorteilhafteren Bedingungen § 387. Der Auftrag zum Verkauf ist regelmäßig als Auftrag zum Ver­ kaufe zum Marktpreis zu verstehen. Stillschweiaen aus Anzeige, daß zu geringerem Preise verkauft wurde. J.W. 1897 S. 454. In der Erklärung des Kommittenten, mit dem Geschäftsabschlusse nicht einverstanden zu sein, liegt die Zurückweisung desselben R.O. 16 S. 252; hat derselbe unverzüglich (§ 121 B.G.B.) die diesbezügliche Erklärung abgegeben, so kann er seine Schadensersatzansprüche gemäß § 385 erheben.

Abs. 2. Der weitere Schaden im Sinne des letzten Satzes des Abs. 2 ist zu ersetzen; ist z. B. durch den vom Kommissionär unter dem Preis bewirkten Berkaus eines Werthpapieres, wovon der Kommittent noch mehr Stücke besitzt, der Kurs gedrückt worden, so muß der Kommissionär dafür dem Kommittenten auskommen, es sei denn, daß ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt.

§ 387.

Schließt der Kommissionär zu vortheilhafteren Be­ dingungen ab, als sie ihm von dem Kommittenten gesetzt worden sind, so kommt dies dem Kommittenten zu statten. Dies gilt insbesondere, wenn der Preis, für welchen der Kommissionär verkauft, den von dem Kommittenten be­ stimmten niedrigsten Preis übersteigt, oder wenn der Preis für welchen er einkauft, den von dem Kommittenten be­ stimmten höchsten Preis nicht erreicht. Abs. 1 u. 2. Der Kommissionär, welcher gegenüber dem Kvmmiklenten als Selbstkonkrahent zu dem von diesem angegebenen Preise eintrilt und dann zu einem höheren Preise verkauft, muß den

550

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

Mehrerlös dem Kommittenten aushändigen. R.O. 12 S. 187, 264, R.G. 43 S. 112. Betriigliches Verhallen des Kommissionärs, dadurch begangen, daß er durch Verheimlichungen und falsche Angaben den Kommittenten bestimmte, ihm einen Auftrag zum Einkauf zu einem höheren Preise zu ertheilen, obwohl der Kommissionär bereits ein Angebot auf Er­ werbung zu einem niedrigeren Preise hatte, berechtigt den Kom­ mittenten zur Lösung des Vertrags. R.G. 43 S. 113.

§ 388.

Befindet sich das Gut, welches dem Kommissionär zu­ gesendet ist, bei der Ablieferung in einem beschädigten oder mangelhaften Zustande, der äußerlich erkennbar ist, so hat der Kommissionär die Rechte gegen den Frachtführer oder Schiffer zu wahren, für den Beweis des Zustandes zu sorgen und dem Kommittenten unverzüglich Nachricht zu geben; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersätze verpflichtet. Ist das Gut dem Verderb ausgesetzt oder treten später Veränderungen an dem Gute ein, die dessen Entwerthung befürchten lassen, und ist keine Zeit vorhanden, die Ver­ fügung des Kommittenten einzuholen, oder ist der Kommittent in der Erteilung der Verfügung säumig, so kann der Kom­ missionär den Verkauf des Gutes nach Maßgabe der Vor­ schriften des § 373 bewirken.

Abs. 1.

Vgl. § 438 Abs. 1. Die Bestimmungen des § 386 betreffen das Verhältniß des Kommissionärs zum Kommittenten: dabei ist es gleichgültig, ob das Gut von dem Kommittenten oder einem Dritten dem Kommissionär zugeschickt ist.. Die Befugniß des Kommissionärs, eine Untersuchung des Zustandes eines Gutes im Wege gerichtlicher Anordnung zu er­ wirken, ist durch § 488 C.P.O. geregelt. Ueber Wahrnehmung der Interessen des Kommittenten gegenüber dem Frachtführer s. §§ 429 ff. Unterläßt der Kommissionär die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungea, so ist er zwar zum Schadensersatz verpflichtet, kann sich aber aus den mangelhaften Zustand des Gutes gegenüber dem Kommittenten ebenso berufen, wie im Falle der Entdeckung der Mängel nach Ablieferung des Gutes an den Kommissionär oder nach Weiterveräußerung desselben durch ihn. R.O. 21 S. 147; vgl. § 391.

Abs. 2. Hat der Kommissionär den Berkaus bewirkt, ohne daß die Voraussetzungen des Abs. 2 vorgelegen waren oder unter Nichtbeobachtung der Bestimmungen des § 373, so ist er schadensersatz-

3. Abschnitt.

Kommissionsgeschäft.

§§ 388—390.

551

Pflichtig. §§ 384, 385. Bei Ausübung der Befugniffe gemäß Abs. 2 muß immer der leitende Gesichtspunkt sein, daß das Interesse des Kommittenten den Berkaus des Gutes erfordert. R.O. 5 S. 293.

§ 389.

Unterläßt der Kommittent über das Gut zu verfügen, obwohl er dazu nach Lage der Sache verpflichtet ist, so Hat der Kommissionär die nach § 373 dem Verkäufer zu­ stehenden Rechte. Der Kommissionär kann also entweder verkaufen oder das Gut hinterlegen. § 373,

§ 390. Der Kommissionär ist für den Verlust und die Be­ schädigung des in seiner Verwahrung befindlichen Gutes ver­ antwortlich, es sei denn, daß der Verlust oder die Be­ schädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht abgewendet werden konnten. Der Kommissionär ist wegen der Unterlassung der Ver­ sicherung des Gutes nur verantwortlich, wenn er von dem Kommittenten angewiesen war, die Versicherung zu bewirken. Abs. 1. Ist der Kommissionär in das Geschäft selbst eingetreten, -so fällt die Verwahrungspflicht mit ihren Folgen weg; hat er überhailpt das Kommissionsangebot abgelehnt, so ist § 362 maßgebend. Exkulpationsbeweis des Kommissionärs R.O. 10 S. 190; 8 S. 192, 19 S. 211; mißlingt derselbe, so ist er verantwortlich. Ob der Kommissionär nicht doch zur Versicherung des Guts ver­ pflichtet war, wenn auch der Kommittent keine diesbezügliche Weisung ertheilt hat, ist nach Lage des einzelnen Falles und unter Beobachtung des § 384 zu beurtheilen. Hat er versichert, so müssen ihm die Aus­ lagen hiefür vom Kommittenten gemäß § 396 Abs. 2 ersetzt werden; er hat aber auch dem Kommittenten die Rechte aus der Versicherung, so weit es sich um das versicherte Interesse des Kommittenten handelt, abzutreten. R.O. 2 S. 266; aber dadurch allein, daß er versichert hat, wird seine Verantwortlichkeit nicht aufgehoben. Haftung des Kommissionärs für seine Leute § 278 B.G.B.

Abs. 2. Dieser Absatz gilt auch für den Spediteur. Die Be­ stimmung in Abs. 2 bezieht sich nur auf Versicherung im eigentlichen Sinne; bezüglich der Verantwortlichkeit wegen Unterlassung der Deklaration von Frachtgut sind §§ 384, 407, 408 maßgebend. R.G. 28 S. 142.

552

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

Verpflichtung zur Versicherung, wenn die Umstände entnehmen lassen, daß eine solche gewollt ist §§ 133, 157 B G B-, B- 8 Nr. 436; Auswahl des Versicherers R.G. 6 S. 115. Ist eine Versicherung ohne Anweisung deö Kommittenten er­ folgt, so ist der Aufwand hiefür dem Kommissionär dennoch zu er­ setzen. § 397.

8 391.

Ist eine Einkaufskommission ertheilt, die für beide Theile ein Handelsgeschäft ist, so finden in Bezug auf die Verpflichtung des Kommittenten, das Gut zu untersuchen und dem Kommissionär von den entdeckten Mängeln Anzeige zu machen, sowie in Bezug auf die Sorge für die Auf­ bewahrung des beanstandeten Gutes und auf den Verkauf bei drohendem Verderbe die für den Verkäufer geltenden Vorschriften der §§ 377 bis 379 entsprechende Anwendung. Der Anspruch des Kommittenten auf Abtretung der Rechte, die dem Kommissionär gegen den Dritten zustehen, von welchem er das Gut für Rechnung des Kommittenten gekauft hat, wird durch eine verspätete Anzeige des Mangels nicht berührt. Die Anwendung des § 391 setzt voraus, daß nicht bloß der Kommissionär, sondern auch der Kommittent Kaufmann ist, der die Kommission im Betriebe seines Handelsgewerbes ertheilt hat. Im Falle der Verkaufskommission hat der Kommissionär das Interesse des Kommittenten gemäß § 384 und § 388 wahrzunehmen. Tritt der Kommissionär selbst als Käufer ein, so kommen die Vor­ schriften der §§ 377 bis 379 unmittelbar zur Anwendung. Feststellung, der Beschaffenheit des Guts §§ 488, 485 C.P.O. Kommt der Kommittent in Konkurs, so steht dem Einkaufs­ kommissionär das Versolgungsrecht gemäß § 44 K.K.O. zu. Der Kommissionär ist dem Kommittenten schadensersatzpflichtig, wenn er schuldhaft die Rechte nach Maßgabe der §§ 377 bis 379 seinem Kontrahenten gegenüber nicht gewahrt hat.

§ 392.

Forderungen aus einem Geschäfte, das der Kommissionär abgeschlossen hat, kann der Kommittent dem Schuldner gegen­ über erst nach der Abtretung geltend machen. Jedoch gelten solche Forderungen, auch wenn sie nicht abgetreten sind, im Verhältnisse zwischen dem Kommittenten

3. Abschnitt.

Kommissionsgeschäft.

§§ 391—393.

553

und dem Kommissionär oder dessen Gläubigern als For­ derungen des Kommittenten.

Abs. 1. Zur Abtretung der Forderungen ist der Kommissionär verpflichtet § 384, R.O. 9 S. 233; er kann sie aber im Falle des § 399 verweigern. Bis zur erfolgten Benachrichtigung der Uebertragung der Forderungen an den Kommittenten — B.G.B. § 409 — kann der Schuldner mit Rechtswirkung an den Kommissionär zahlen. Auch geschloffene Nebenverträge hinsichtlich des Kommissionsgutes unterliegen der Bestimmung des § 392, z. B. aus einer Versicherung der Waare seitens des Kommissionärs. Einzahlung des HavariegrosseEinschuffes seitens des Kommissionärs für Rechnung des Kommittenten; Anspruch des letzteren auf den noch verbliebenen Ueberschuß, wenn Konkurs über das Vermögen des Kommissionärs eröffnet wurde. S.A. 54 Nr. 42. Kompensation des Schuldners gegenüber der Klage des Kom­ mittenten mit einer Forderung gegen den Kommissionär § 407 B.G.B., R.G. 32 S. 39; dolose Kollusion des Dritten mit dem Kommissionär. R.G. 9 S. 149.

Abs. 2. Im Falle des Konkurses des Kommissionärs kann der Kommittent die Aussonderung, d. h. Uebertragung der noch vor­ handenen Forderungen verlangen R.G. 32 S. 39, J.W. 1898 S. 77; hat sie der Kommissionär schon eingezogen, so hat der Kommittent nur einen persönlichen Anspruch gegen denselben. §§ 43, 46 K.K.O. Der Kommissionär hatte der Klägerin erklärt, daß er die m Ernpfang genommenen Checks für die Klägerin in Verwahrung genommen habe. Klägerin ist im Konkurse des Kommissionärs befugt, die Forderung aus den Checks auch ohne Jndossirung an sie als. ihr gehörig geltend zu machen und den eingezogenen Erlös zu fordern. R.G. 41 S. 4. Pflicht des Konkursverwalters zur Auskunft darüber, welche Forderungen aus dem Verkauf von Kommissionswaaren ausstanden und welche er eingezogen hat. J.W. 1901 S. 458. Ein Gegenstand, der dem gemeinschuldnerischen Kommissionär zum Eigenthum übertragen worden war, jedoch mit der Abmachung, daß er von ihm nicht wie sein Eigenthum behandelt werden, sondern wirthschastlich ein Bermögensantheil des Kommittenten bleiben soll, gehört dem Gemeinschuldner nur formell, nicht materiell; seine Aus­ sonderung aus der Konkursmasse kann der Kommittent verlangen. R.G. 45 S. 83. Gegen Pfändung der Forderungen in der Richtung gegen den Kommissionär kann der Kommittent Widerspruch erheben. § 771 C.P.O.

§ 393. Wird von dem Kommissionär ohne Zustimmung des Kommittenten einem Dritten ein Vorschuß geleistet, oder

554

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

Kredit gewährt, so handelt der Kommissionär auf eigene Gefahr. Insoweit jedoch der Handelsgebrauch am Orte des Geschäfts die Stundung des Kaufpreises mit sich bringt, ist in Ermangelung einer andern Bestimmung des Kommittenten auch der Kommissionär dazu berechtigt. Verkauft der Kommissionär unbefugt auf Kredit, so ist er verpflichtet, dem Kommittenten sofort als Schuldner des Kaufpreises die Zahlung zu leisten. Wäre beim Ver­ kaufe gegen baar der Preis geringer gewesen, so hat der Kommissionär nur den geringeren Preis und, wenn dieser niedriger ist als der ihm gesetzte Preis, auch den Unterschied nach § 386 zu vergüten. Abs. 1 A. 2. Das „Kreditgeben" im ersten Absatz erhält seine Ergänzung durch den Abs. 2 „Handelsgebrauch am Orte des Geschäfts", d. h. an dem Orte, an dem die Kommission zur Ausführung gelangen soll. Aber auch beim erlaubten Kreditiren und Borschußgewähren hat der Kommissionär gemäß § 384 mit der Sorgfalt eines ordent­ lichen Kaufmanns die Verhältnisse seines dritten Kontrahenten zu prüfen. Im Falle unberechtigter Vorschußleistung oder Kreditirung haftet der Kommissionär ungeachtet der Genehmigung des Geschäfts seitens des Kommittenten für die durch sein unbefugtes Handeln eintretenden Verluste. Wenn ohne Genehmigung des Kommittenten Vorschuß gegeben oder ohne diese Genehmigung und ohne Bestehen eines Handels­ gebrauchs Kredit gewährt wird, so hat der Kommittent dennoch die Rechte nach § 392 Abs. 2. Abgesehen von der Bestimmung in Abs. 3 kann der Kommittent auch gemäß § 385 erklären, das Geschäft nicht für seine Rechnung gellen zu lassen.

Abs. 3. Genehmigt im Falle des ersten Satzes des Abs. 3 der Kommittent nachträglich das Kreditgeben, so besteht die Verpflichtung zur bezeichneten Zahlung nicht. Wenn der Kommittent die sofortige (d. h. nach Ablauf der von ihm gesetzten Zahlungszeit) Zahlung verlangt, so stehen dem Kommissionär die zulässigen Einreden aus dem Geschäfte (z. B. wegen verspäteter oder vertragswidriger Leistung) zu.

8 394.

Der Kommissionär hat für die Erfüllung der Verbind­ lichkeit des Dritten, mit dem er das Geschäft für Rechnung des Kommittenten abschließt, einzustehen, wenn dies von

3. Abschnitt.

Kommissionsgeschäft.

§ 394, 395.

555

ihm übernommen oder am Orte seiner Niederlassung Handels­ gebrauch ist. Der Kommissionär, der für bett Dritten einzustehen hat, ist dem Kommittenten für die Erfüllung im Zeitpunkte des Verfalls unmittelbar insoweit verhaftet, als die Erfüllung aus dem Vertragsverhältnisse gefordert werden kann. Er kann eine besondere Vergütung (Delkredereprovision) bean­ spruchen. Abs. 1. Die Erklärungen des Kommissionärs, woraus sein Delkrederestehen abgeleitet werden will, sind unter Berücksichtigung der §§ 133 und 157 B.G.B. auszulegen. Der Kommissionär haftet im Falle der Delkrederekommission als Selbstschuldner; der Kommittent braucht sich nicht auf die ihm abzutretende Forderung gegen den Dritten verweisen zu lassen. R.O. 19 S. 55. Durch das Delkrederestehen verliert der Kommissionär, nicht das Recht des Selbsteintritts R.O. 19 S. 52; ebensowenig verliert der Kom­ mittent die Rechte gemäß § 392 Abs. 2. Das Delkredere für eine betagte Forderung ist nach § 777 B.G.B. zu beurtheilen. Ueber die übernommene Garantie, daß der Kunde bei der Fort­ setzung der Spekulation nichts riskire, vgl. R.O. 5 S. 229, J.W. 1893 S. 237. Abs. 2. Gegen die Klage auf Zahlung kann der Kommissionär alle seinem Kontrahenten ihm gegenüber zustehenden, nicht durch ein Verschulden des Kommissionärs veranlaßten Einwendungen entgegen­ stellen. R.O. 21 S. 146. Der Kommittent kann, unbeschadet seiner Rechte gegen den Kommissionär (R.O. 20 S. 383), nach Abtretung der Forderung gegen den Dritten zunächst diesen belangen. R.O. 9 S. 232. Die Delkredereprovision kann auch für die bloße Uebernahme des Delkredere, gleichgültig ob hiemit ein Risiko verbunden ist, gefordert tverden. Verzicht auf die Delkredereprovision kann in der Festsetzung einer sehr hohen Abschlußprovision liegen.

§ 395. Ein Kommissionär, der bett Ankauf eines Wechsels über­ nimmt, ist verpflichtet, bett Wechsel, wenn er ihn indossirt, in üblicher Weise unb ohne Vorbehalt zu inbossiren. Dem Kommittenten gegenüber haftet der Kommissionär aus dem Indossament nicht wechselrechtlich, sondern nach allgemeinen Grundsätzen § 384; hat er die Hafrung für Eingang des Wechsels übernommen, so hat er Anspruch auf Delkredereprovision.

556

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

Der in Afrika etablirte Kommissionär, welcher den durch die Ausführung einer Berkaufskommission erzielten Betrag dem Kom­ mittenten nach Deutschland durch einen Wechsel schickt, hastet diesem ohne besondere Garantieübernahme (§ 394) nicht für das Ein­ gehen des Wechselbetrages. R-G. 20 S. 112.

§ 396.

Der Kommissionär kann die Provision fordern, wenn das Geschäft zur Ausführung gekommen ist. Ist das Ge­ schäft nicht zur Ausführung gekommen, so hat er gleichwohl den Anspruch auf die Auslieferungsprovision, sofern eine solche ortsgebräuchlich ist; auch kann er die Provision ver­ langen, wenn die Ausführung des von ihm abgeschlossenen Geschäfts nur aus einem in der Person des Kommittenten liegenden Grunde unterblieben ist. Zu dem von dem Konimittenten für Aufwendungen des Kommissionärs nach den §§ 670, 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu leistenden Ersätze gehört auch die Vergütung für die Benutzung der Lagerräume und der Beförderungs­ mittel des Kommissionärs.

Abs. 1. Der Kommissionär ist dem Kommittenten zur Rechnungs­ legung verpflichtet. § 666 B.G.B. B. 1 Nr. 465. Ueber die Auslieferungsprovision (der Kommittent verlangt die dem Kommissionär zum Verkaufe übergebene Waare zurück) entscheidet der Ort der Handelsniederlassung des Kommissionärs. R.G. 17 S. 31. Der bloße Abschluß des Geschäfts ist für die Entstehung des Provisionsanspruchs nicht ausreichend; jedoch ist er nicht in allen Fällen durch die vollständige Erfüllung des Geschäfts bedingt, nament­ lich dann nicht, wenn die Abwicklung des Geschäfts unmittelbar zwischen dem Kommittenten und Dritten erfolgt und längere Zeit in Anspruch nimmt. H.M. VI S. 388. Widerruft der Kommittent die Kommission vor Abschluß des Geschäfts, so steht dem Kommissionär ein Anspruch auf Provision nicht zu. R.O. 20 S. 325. Nach dem Gebrauche des Ortes der Handelsniederlassung des Komnlissionärs ist es zu beurtheilen, ob der Kommissionär eine Aus­ lieferungsprovision auch dann verlangen kann, wenn an einzelnen Orten, wohin er die Waare abzusetzen suchte, eine Auslieferungsprovision nicht üblich ist. R.G. 17 S. 32. Verjährung des Provisionsanspruchs § 196 B.G.B. Abs. 2. Ob der Kommissionär neben der Provision auch Ver­ gütung für die Arbeit, seiner Leute beanspruchen kann, ist nach den

3. Abschnitt.

Kommissionsgeschäft.

§§ 396, 397.

557

Umständen des einzelnen Falls, insbesondere nach der Natur der Dienste unter Berücksichtigung der Handelssitte zu beurtheilen. Ueber die Aufwendungen des Kommissionärs, welche zu ersetzen sind, s. B.G.B. §§ 670 und 675. Zu dem Ausgewendeten gehört z. B. der vom Kommissionär bezahlte oder noch geschuldete Kaufpreis R.O. 16 S- 335, oder was der Kommissionär in Folge kasueller Verhinderung des Kommittenten zur Ausführung des Geschäfts ausgegeben hat R.O. 23 S. 107, was der Kommissionär an seinen Konttahenten in Folge Nicht­ erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Kaufverttag seitens des Kom­ mittenten zahlen muß R.O. 21 S 311; § 326 B.G.B. und § 376 H.G.B. kommen nicht zur Anwendung. Der Kommissionär braucht gegenüber dem Kommittenten nicht in Vorschuß zu gehen; er kcknn vielmehr von diesem die Gewährung der Mittel verlangen, um die für dessen Rechnung abgeschlossenen Geschäfte zu erfüllen; der'Kommittent muß also dem Verkaufskommissionär die von diesem verkaufte Waare zllr Verfügung stellen, dem Einkaufs­ kommissionär das zum Bezüge der Waare ersorderliche Kaufgeld bereit stellen, beides am Erfüllungsorte des kommittirten Geschäfts. R.G. 23 S. 413. Der vom Kommissionär mit dem Dritten geführte Rechtsstreit geht zu Lasten des Kommittenten. R.O. 21 S. 310. Der Kommissionär kann auch Zinsen für Verauslegung von Geldern verlangen § 354.

§ 397. Der Kommissionär hat an dem Kommissionsgute, sofern er es im Besitze hat, insbesondere mittelst Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber verfügen kann, ein Pfandrecht wegen der auf das Gut verwendeten Kosten, der Provision, der auf das Gut gegebenen Vorschüsse und Dar­ lehen, der mit Rücksicht auf das Gut gezeichneten Wechsel oder in anderer Weise eingegangenen Verbindlichkeiten sowie wegen aller Forderungen aus laufender Rechnung in Kom­ missionsgeschäften. Bei dem Kommissionsgeschäfte ist nur die Besorgung des auf­ getragenen Geschäfts einerseits, die vertragsmäßige Provision anderer­ seits als Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 326 B.G.B. zu betrachten, während die dem Kommissionär obliegende Herausgabe des aus der Geschäftsbesorgnng Erlangten weder zum Rechte auf Pro­ vision noch zum Ersätze der Aufwendungen, den der Kommissionär zu beanspruchen hat, im Verhältniß von Leistung und Gegenleistung steht. H.M. VI S. 390; es kann deshalb der Kommissionär bei Verzug des Kommittenten vom Vertrage nicht zurücktreten; dagegen hat er das Recht der Zurückbehaltung gemäß § 369 sowie das der Aufrechnung und das Verfolgungsrecht gemäß § 44 K.K.O. im Kon-

558

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

kurse des Kommittenten. Wenn der Kommissionär das Selbsteintrittsrecht ausübt (§ 400), hat er bei Verzug des Kommittenten auch das Rücktrittsrecht gemäß § 326 B.G.B. Befindet sich der Pfandgegenstand nicht im Besitze des Kommis­ sionärs, Spediteurs, Lagerhalters oder Frachtführers, sondern vielmehr einer öffentlichen Behörde, so gehen die Ansprüche auf Deckung der öffentlichen Abgaben in Ansehung der zurückgehaltenen oder in Be­ schlag genommenen zoll- und steuerpflichtigen Sachen dem gesetzlichen Pfandrechte des Kommissionärs vor. § 49 Abs. 2 K.K.O. Der Kommittent kann dem Kommissionär die übergebenen Waaren nicht wegnehmen, ohne ihn für die Provision sicherzustellen oder sie ihm zu gewähren. J.W. 1901 S. 408. Steht das Kommissionsgut nicht im Eigenthum des Kommittenten, so gelangt dennoch das Pfandrecht des Kommissionärs zur Entstehung, insoferne er sich in gutem Glauben befindet. § 366 Abs. 3. Nach 8 8 des Depotges. ist ein Kaufmann, der im Betriebe seines Handelsgewerbes fremde Wertpapiere zum Zwecke der Auf­ bewahrung, der Veräußerung, des Umtausches oder des Bezuges von andern Werthpapieren einem Dritten ausantwortet, verpflichtet — bei Meidung der Straffolge des § 9 des bezeichneten Gesetzes — hiebei dem Dritten mitzutheilen, daß die Papiere fremde seien. Ebenso hat nach ß 8 a. a. O. der Kaufmann, der einen ihm ertheilten Auftrag zur Anschaffung von Werthpapieren an einen Dritten weitergiebt, diesem davon Kenntniß zu geben, daß die Anschaffung für fremde Rechnung geschehe. In Folge der Mittheilung erlangt der Dritte an den über­ gebenen oder an den neubeschafften Werthpapieren ein Pfandrecht nur wegen solcher Forderungen an seinen Auftraggeber, welche mit Bezug auf diese Papiere entstanden sind. Depotges. §§ 8, 9. Durch diese Bestimmungen wird der Kommittent in wirksamer Weise gegen die Gefahr geschützt, daß seine Werthpapiere für die sämmtlichen Schulden des Zwischenkommissionärs aus der Geschäfts­ verbindung desselben mit dem letzten Kommissionär haften. Unter „lausende Rechnung" ist nicht bloß ein eigentliches Kontokurrentverhältniß zu verstehen. R.O. 20 S. 87, R.G. 7 S. 430. An Legitimations- oder Beweisdokumenten, die keinen eigenen VermögenSwerth haben, bestehen die Rechte des Kommissionärs nicht. R.G. 3 S. 155. Rechte des Kommissionärs, wenn er Eigenthümer des Kommis­ sionsgutes ist, § 398. Verwirklichung der Pfandrechte seitens des Kommissionärs § 1257 B.G.B mit § 368 H.G.B.: Provisionsanspruch desselben hiebei B. 12 Nr. 474; Verpflichtung zur Sorgfalt dabei. R.O. 10 S. 194. Ueber Einwendungen des Kommittenten gegen VollstreckungsMaßnahmen des Kommissionärs, wenn dieser durch den Werth des Gegenstands, an dem er das Pfandrecht ausübt, für seine Forderung gesichert ist, s. §§ 777, 766 C.P.O. Rechte des Kommissionärs aus dem Pfande im Falle des Kon­ kurses des Kommittenten §§ 49 Abs. 2, 127 K.K.O.

3. Abschnitt.

Kommissionsgeschäft.

§§ 398—400.

559

§ 398.

Der Kommissionär kann sich, auch wenn er Eigenthümer des Kommissionsgnts ist, für die im § 397 bezeichneten An­ sprüche nach Maßgabe der für das Pfandrecht geltenden Vorschriften aus dem Gute befriedigen. Dem Kommissionär steht, abgesehen von § 400, das Recht des Rücktritts vom Vertrage gemäß § 326 B.G.B. nicht zu; s. bei § 397.

§ 399.

Aus den Forderungen, welche durch das für Rechnung des Kommittenten geschlossene Geschäft begründet sind, kann sich der Kommissionär für die im § 397 bezeichneten An­ sprüche vor dem Kommittenten und dessen Gläubigern be­ friedigen. Vgl. § 392.

§ 400. Die Kommission zum Einkauf oder zum Verkaufe von Waaren, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, sowie von Werthpapieren, bei denen ein Börsen- oder Marktpreis amtlich festgestellt wird, kann, wenn der Kommittent nicht ein Anderes bestimmt hat, von dem Kommissionär dadurch ausgeführt werden, daß er das Gut, welches er einkaufen soll, selbst als Verkäufer liefert oder das Gut, welches er verkaufen soll, selbst als Käufer übernimmt. Im Falle einer solchen Ausführung der Kommission beschränkt sich die Pflicht des Kommissionärs, Rechenschaft über die Abschließung des Kaufes oder Verkaufes abzulegen, auf den Nachweis, daß bei dem berechneten Preise der zur Zeit der Ausführung der Kommission bestehende Börsen­ oder Marktpreis eingehalten ist. Als Zeit der Ausführung gilt der Zeitpunkt, in welchem der Kommissionär die An­ zeige von der Ausführung zur Absendung an den Kommittenten abgegeben hat. Ist bei einer Kommission, die während der Börsen­ oder Marktzeit auszuführen war, die Ausführungsanzeige

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3. Buch.

Handelsgeschäfte.

erst nach dem Schlüsse der Börse oder des Marktes zur Wsendung abgegeben, so darf der berechnete Preis für den Kommittenten nicht ungünstiger sein als der Preis, der am Schlüsse der Börse oder des Marktes bestand. Bei einer Kommission, die zu einem bestimmten Kurse (erster Kurs, Mittelkurs, letzter Kurs) ausgeführt werden soll, ist der Kommissionär ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Absendung der Ausführungsanzeige berechtigt und ver­ pflichtet, diesen Kurs dem Kommittenten in Rechnung zu stellen. Bei Werthpapieren und Waaren, für welche der Börsen­ oder Marktpreis amtlich festgestellt wird, kann der Kommis­ sionär im Falle der Ausführung der Kommission durch Selbsteintritt dem Kommittenten keinen ungünstigeren Preis als den amtlich festgestellten in Rechnung stellen. Breil: Das Selbsteintrittsrechl des Kommissionärs int sächs. Archiv für biirgerl. Recht. 9. Bd. 9. Hefr.

Abs. 1. Das Selbsteintrittsrechl kann auch für die Fälle verein­ bart werden, in denen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht gegeben sind; arg. e. cont'r. aus § 402, der den Abs. 1 unberührt läßt. Auch der Delkrederekommissionär (§ 394) kann als Selbstkontrahent eintreten. R.O. 19 S. 55. Tritt der Kommissionär als Selbstkontrahent ein, so hat, je nach der Kommission, er alle Pflichten des Käufers bezw. Verkäufers. R.O. 1 S. 91. Ist der Inhaber des Kommissionsgeschäftes eine Aktiengesell­ schaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, so ist das Selbsteintrittsrecht nach Maßgabe des § 226 Abs. 2 beschränkt. Im Falle des Selbsteintrittes braucht der Kommissionär die Be­ stimmung in § 8 des Depotges. nicht zu beobachten. § 8. Ein Kaufmann, welcher im Betriebe feines Handels­ gewerbes fremde Werthpapiere der im 8 1 bezeichneten Art einem Dritten zum Zweck der Aufbewahrung, der Veräußerung, des Umtausches oder des Bezuges von andern Werthpapieren, Zins- oder Gefvinnantheilscheinen ausantwortet, hat hiebei dem Dritten mitzutheilen, daß die Papiere fremde seien. Ebenso hat er in dem Falle, daß er einen ihm ertheilten Auftrag zur An­ schaffung solcher Werthpapiere an einen Dritten weitergiebt, diesem hierbei mitzutheilen, daß die Anschaffung für fremde Rechnung geschehe. Der Dritte, welcher eine solche Mittheilung empfangen hat, kann an den übergebenen oder an den neu beschafften Papieren ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht nur wegen solcher Forderungen an seinen Auftraggeber geltend machen, welche mit Bezug auf diese Papiere entstanden sind. Wegen der Strasvorschriften s. § 79 Ziff. 2 des Börsenges.

3. Abschnitt.

Kommissionsgeschäft.

§ 400.

56s

Durch den Selbsteintritt wird der Kommissionär wirklicher Käufer oder Verkäufer. B. 21 Nr. 770. Das Recht des Kommissionärs zum Eintritt als Selbstkontrahent ist an eine bestimmte Frist, abgesehen von § 405, nicht gebunden über die betteffende Erklärung hat er gemäß §§ 384, 385 thunlichst rasch abzugeben; die Ausübung dieses Rechtes muß durch ausdrück­ liche Erklärung geschehen. § 405. Die Selbsteintrittsanzeige hat gegenüber dem Kommittenten, und wenn dieser in Konkurs gerathen ist, gegenüticr dem Konkursverwalter zu erfolgen. Als eine solche Anzeige gut nicht die Anmeldung einer dem Kommissionär zustehenden Geldförderung beim Konkursgericht, auch wenn bei jener eine Aufrechnung mit dem Werthe der Kommis­ sionswaaren vorgenommen worden ist. Eine solche Ausrechnung ist unzulässig, wenn der Kommissionär den Werth der Waare nicht der Masse schuldig geworden ist (§ 55 Ziff. 1 K.K.O.), aber auch wenn man die Selbsteintrittserklärung in der Anmeldung der dem Kommissionär zustehenden Forderung erblicken könnte. J.Z. 1901 S- 264. Der Selbsteintritt ist dann nicht zulässig, wenn er verttagsmäßig ausgeschlossen ist. B. 21 Nr. 416. Stillschweigendes Verbot des Selbsteintritts §§ 133,157 B.G.B., B. 3 Nr. 624; aber erkennbar muß das Verbot für den Kommissionär sein. B. 9 Nr. 329. Der Kommissionär, welcher vom Rechte des Selbsteintritts Gebrauch machen will, ist nicht verpflichtet, zugleich mit der Aussührunasanzeige die betreffende Erklärung bei Verlust des Eintritts­ rechtes abzugeben. R.G. 1 S. 286. 4 S. 92, 6 S. 46 ; der Kommittent kann aber gemäß § 384 Abs. 3 ihn in Anspruch nehmen. Theilt der Kommissionär dem Kommittenten mit, daß er selbst als Käufer oder Verkäufer ein'getreten sei (§ 384 Abs. 2), so ist er an diese Erklärung gebunden. Ob der Kommissionär zur Zeit seiner Eintrittserklärung die Waaren schon besitzt, ist gleichgültig für die Rechtsgültigkeit der bezeichneten Erklärung. R.O. 20 S. 327. Tritt der Kommissionär als Selbstkontrahent ein, so hat der Kommittent am Orte der Handelsniederlassung des Kommissionärs zu erfüllen. R G. 10 S. 91, B. 8 Nr. 355, 17 Nr. 289 (Gerichtsstand R G. 23 S. 412, B. 8 Nr. 720); zulässige Nachholung der Behauptung des klagenden Kommissionärs im Prozesse, daß er als Selbstkontrahent eingetreten sei. B. 21 Nr. 770. Hat der Kommissionär thatsächlich den Kommissionsauftrag durch ein mit einem Dritten abgeschlossenes Geschäft ausgesührt oder erklärt, das aufgetragene Geschäft nicht als Selbstkontrahent abgeschlossen zu haben, so kann er nicht mehr den Eintritt als Selbstkontrahent er­ klären. B. 2 Nr. 908, 1 Nr. 950. Abs. 2. Der bei Abschluß hes Geschäftes seitens des Kommis­ sionärs mit dem Dritten erzielte günstige Erfolg kommt auch im Falle des Selbsteintritts dem Kommittenten' zu statten § 401 Abs. 2; auch in diesem Falle muß der Kommissionär dem Kommittenten gegenüber bei Empfehlungen oder Rathsertheilung die erforderliche Sorgfalt beobachten. R.G. 19 S- 100, 27 S. 123; vgl. §§ 78, 79 des Börsenges. Frankenburger, Handelsgesetzbuch.

2. Ausl.

36

562

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

Art des Nachweises über die Richtigkeit des berechneten Kurses R.G. 1 S. 290; Genehmigung des letzteren seitens des Kommittenten durch Genehmigung des Schlußscheins, soferne er nicht beweist, daß er sich geirrt und der Kommissionär in seiner Preisausstellung den Börsenpreis nicht eingehalten habe. J.W. 1897 S. 138. Der in Satz 1 erwähnte Nachweis gilt nur insolange, als 6er Kommittent nicht den Nachweis erbringt, daß der Kommissionär günstiger abgeschloffen hat oder hätte günstiger abschließen können. § 401. Abgegeben ist die Anzeige von der Ausführung in dem Augen­ blicke, in welchem der Kommissionär seiner Hülfsperson die Anzeige zum Zwecke der Aufgabe zur Weiterbeförderung behändigt hat. Die Rechte des selbsteintretenden Kommissionärs gegenüber dem im Verzüge befindlichen Kommittenten bestimmen sich gemäß § 326 B.G.N, 376 H.G.B.; er hat also auch das Recht des Rücktritts; ferner hat er Pfandrechte §§ 404, 397, 398, nicht aber das Recht auf Befriedigung gemäß § 399. Die Verjährung der Ansprüche richtet sich nach § 196 Ziff. 1 u. 2 B.G.B., der Ansprüche wegen vertragswidriger Leistung nach § 477 B.G.B (nicht aus der Rathsertheilung R.G. 19 S. 100). Im Uebrigen kommen im Falle des Selbsteintrittes die §§ 371 bis 379 mit § 391 zur Anwendung.

Abs. 3 biS 5. Ueber Marktpreis s. B.G.B. § 453, S.A. 52 Nr. 35. Auch im Falle des § 400 kann der Kommissionär Provision und sonst vorkommende Unkosten verlangen § 403. Diese Provision und Unkosten sind zu den nach Maßgabe des Abs. 2 u. 3 zu be­ rechnenden Preisen bezw. Kursen hinzuzurechnen. Die amtliche Bestimmung des Börsengesetzes (s. § 29 des Börsenges.) steht im Gegensatz zu den in den Abs. 2 bis 4 er­ wähnten „bestehenden Preisen".

8 401.

Auch im Falle der Ausführung der Kommission durch Selbsteintritt hat der Kommissionär, wenn er bei An­ wendung pflichtmäßiger Sorgfalt die Kommission zu einem günstigeren als dem nach § 400 sich ergebenden Preise ausfiihren konnte, dem Kommittenten den günstigeren Preis zu berechnen. Hat der Kommissionär vor der Absendung der Aus­ führungsanzeige aus Anlaß der ertheilten Kommission an der Börse oder am Markte ein Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen, so darf er dem Kommittenten keinen ungünstigeren als den hiebei vereinbarten Preis be­ rechnen.

3. Abschnitt.

Kommissionsgeschäft.

§§ 401—403.

563

Abs. 1. § 401 enthält die Anwendung des Grundsatzes des § 384 (Wahrung der Interessen des Kommittenten) auf den Fall des Selbsteiniritis des Kommissionärs; der Nachdruck ist darauf zu legen, daß der Kommissionär die Kommission günstiger ausführen konnte. Durch Festsetzung eines Limits ist das Selbsteintrittsrecht des Kommissionärs nicht ausgeschloffen. Der günstigere nach Z 400 sich ergebende Preis hätte auch unter denselben Bedingungen, wie das kommittirte Geschäft, erzielt werden müssen, damit der Kommittent sich hierauf berufen kann; den Kom­ mittenten trifft in dieser Beziehung die Beweislast. Die Bestimmungen des § 401 können zum Nachtheile des Kommittenten durch Vertrag nicht abgeändert werden § 402; einen weiteren Schutz gewährt die Strafbestimmung des § 79 Ziff. 2 des Börsenges. Abs. 2. Ein Geschäft ist „aus Anlaß der ertheilten Kommis­ sion" dann abgeschloffen, wenn der Kommissionsaufttag schon ertheilt war und das Geschäft deshalb abgeschlossen wird, um das Selbst­ eintrittsrecht ausüben zu können. Unter „Börse oder Markt" ist die­ jenige Börse oder derjenige Markt zu verstehen, die bezw. der nach dem Willen des Kommittenten für die Ausführung des Kommissions­ auftrags benutzt werden sollte. M. 1897 S. 257.

8 402.

Die Vorschriften des § 400 Abs. 2 bis 5 und des § 401 können nicht durch Vertrag zum Nachtheile des Kommittenten abgeändert werden. Eine Abänderung zum Vortheile des Kommittenten ist zulässig; der Abs. 1 des § 400 untersteht überhaupt der freien Vereinbarung der Parteien.

8 403. Der Kommissionär, der das Gut selbst als Ver­ käufer liefert oder als Käufer übernimmt, ist zu der ge­ wöhnlichen Provision berechtigt und kann die bei Kommis­ sionsgeschäften sonst regelmäßig vorkommenden Kosten berechnen. Er kann also nicht die Delkredereprovision (§ 394) ver­ langen, da er ja für keinen Dritten einzustehen hat; er kann aber die bei den Äommissionsgeschästen sonst vorkommenden Unkosten berechnen, z. B. Courtage.

564

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

§ 404. Die Vorschriften der §§ 397, 398 finden auch im Falle der Ausführung der Kommission durch Selbsteintritt An­ wendung. Hiedurch sind dem Kommissionär die Sicherungen aus den §§397, 398 gewahrt; das Recht nach § 399 kommt ihm nicht zu.

§ 405. Zeigt der Kommissionär die Ausführung der Kommission an, ohne ausdrücklich zu bemerken, daß er selbst eintreten wolle, so gilt dies als Erklärung, daß die Ausführung durch Abschluß des Geschäfts mit einem Dritten für Rechnung des Kommittenten erfolgt sei. Eine Vereinbarung zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär, daß die Erklärung darüber, ob die Komlyission durch Selbsteintritt oder durch Abschluß mit einem Dritten ausgeführt sei, später als am Tage der Ausftthrungsanzeige abgegeben werden dürfe, ist nichtig. Widerruft der Kommittent die Kommission und geht der Widerruf dem Kommissionär zu, bevor die Ausführungs­ anzeige zur Absendung abgegeben ist, so steht dem Kommis­ sionär das Recht des Selbsteintritts, nicht mehr zu. Abs. 1. § 405 betrifft die in § 400 geregelten Fälle. Die Selbsteintrittsanzeige muß eine ausdrückliche sein. Unterläßt der Kommissionär überhaupt eine Ausführungsanzeige, so ist er ersatz­ pflichtig. £§ 384, 385. Im Uebrigen s. wegen der Folgen der unterbliebenen Benennung des Dritten § 384 Abs. 3.

Abs. 2. Eine Vereinbarung des Inhalts, daß nach der all­ gemeinen Ausführungsanzeiose der Selbsteintritt am selben Tag er­ klärt werden dürfe, ist zulässig. Abs. 3. Abs. 3 enthält eine Anwendung des §671 Abs. 1 B G.B., wonach der Auftrag jederzeit widerruflich ist; dieses Recht steht dem Kommittenten nur solange zu, als die Ausführung der Kommission noch nicht erfolgt und hierüber Anzeige zur Absendung nicht abgegeben ist. Für die Geltung des Widerrufs ist nur ein Konirahiren mit einem Dritten, nicht Selbstübernahme wesentlich. Behauptet der Kommissionär, daß der Auftrag von ihm bei Eintreffen der Widerrufsanzeige schon ausgeführt und Ausführungs-

4. Abschnitt.

Speditionsgeschäft.

§§ 404-407.

565

anzeige abgegeben war, so muß er dies beweisen. R.O. 16 S. 305, R.G. 7 S. 96. Abgegeben ist die Ausführungsanzeige, wenn die betreffende Depesche oder der Brief dem Bediensteten, dessen sich der Kommissionär bedient, zur Besorgung der Beförderung übergeben ist; wirksam wird sie aber nach Absatz 1 nur dadurch, daß sie dem Kommittenten auch zukommt; denn die Gefahr des Anlangens beim Kommittenten trägt der Kommissionär.

§ 406.

Die Vorschriften dieses Abschnittes kommen auch zur Anwendung, wenn ein Kommissionär im Betriebe seines Handelsgewerbes ein Geschäft anderer als der im § 383 bezeichneten Art für Rechnung eines Andern in eigenem Namen zu schließen übernimmt. Das Gleiche gilt, wenn ein Kaufmann, der nicht Kommissionär ist, im Betriebe seines Handelsgewerbes ein Geschäft in der bezeichneten Weise zu schließen übernimmt. Als Einkaufs- und Verkaufskommission im Sinne dieses Abschnitts gilt auch eine Kommission, welche die Lieferung einer nicht vertretbaren beweglichen Sache, die aus einem von dem Unternehmer zu beschaffenden Stoffe herzustellen ist, zum Gegenstände hat. Geschäfte anderer als der im § 383 bezeichneten Art sind solche, die weder Waaren noch Werthpapiere zum Gegenstände haben und überhaupt Kaufgeschäfte nicht sind.

Bierter Abschnitt.

Kpedrtr»««ge schäft. § 407.

Spediteur ist, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Güter­ versendungen durch Frachtführer oder durch Verftachter von Seeschiffen für Rechnung eines Andern (des Versenders) in eigenem Namen zu besorgen. Auf die Rechte und Pflichten des Spediteurs finden, soweit dieser Abschnitt keine Vorschriften enthält, die für den Kommissionär geltenden Vorschriften, insbesondere die Vorschriften der §§ 388 bis 390 über die Empfangnahme,

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3. Buch.

Handelsgeschäfte.

die Aufbewahrung und die Versicherung des Gutes, An­ wendung. Burchard: Das Speditionsgeschäft des deutschen Handelsgesetzbuchs in Eisenbahnrechtl. Entsch. 14. Bd. 3. Heft.

Abs. 1. Im Gegensatz zu dem ftanzösischen Handelsgesetzbuch, das den Spediteur als Frachtführer ansieht, behandeln die folgenden Bestimmungen das Speditionsgeschäft als eine selbstständige, ihrer rechtlichen Natur nach auf der gleichen Grundlage wie das Kommissions­ geschäft beruhende Geschäftsart. Sie ist aber nicht eine bloße Unter­ art der Kommission. Hienach hat der Spediteur regelmäßig nur die Versendung des Gutes durch Auswahl der Frachtführer, Bestimmung des Transport­ weges, Abschluß des Frachtvertrags und Uebergabe des Gutes an den Frachtführer zu besorgen, ist aber nicht selbst für die Ausführung des Transportes verantwortlich J.W. 1901 S. 396; er haftet daher auch nicht ohne Weiteres für Verlust oder Beschädigung des Gutes während der Beförderung oder für die verspätete Ankrmst des­ selben; er hat gegen seinen Auftraggeber (den Versender) Anspruch auf Provision und Ersatz seiner Auslagen für Fracht und sonstige Aufwendungen, aber keine selbstständige Frachtforderung. Er selbst, nicht sein Auftraggeber, gilt als der Absender des Gutes, welcher den Frachtbrief ausstellt und die hiedurch entstehenden Verpflichtungen übernimmt. Der Erfüllungsort des Spediteurs ist nicht dort, wohin das Gut zu befördern ist, sondern dort, wo er sein Domizil hat. I W. 1901 S. 396. Wenn auch die für den Kommissionär gellenden Vorschriften keine diesbezügliche Bestimmung enthalten, so kommen ergänzend den­ noch die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Auf­ trag zur Anwendung. § 675 B.G.B. Ueber Frachtführer vgl. § 425, über Schisser §§ 511 ff. Auf die Wahl eines gewerbsmäßigen Frachtführers oder Schiffers ist der Spediteur nicht beschränkt. R.O. 7 S. 307. Der Auftrag zur Spedition kann nach Maßgabe des § 433 widerrufen werden, also bis zu dem Zeitpunkt,, zu welchem der Be­ auftragte dem Dritten gegenüber sich zur Ausfolgung der Waare verpflichtet hat. R.G. 14 S. 152. Die Annoncenexpeditionen, Annoncenspediteure sind zwar Kauf­ leute (Buchhändler § 1 Ziff. 8), aber keine eigentlichen Spediteure; auf sie können, wenn sie im eigenen Namen handeln, die Grundsätze über Kommission zur Anwendung kommen § 406 Abs. 1; außerdem ist § 675 B.G.B. maßgebend. Vgl. § 196 B G B. über Verjährung ihrer Ansprüche. Rechtsungültig ist ein Vertrag, der aus Spedition von Gütern zum Zwecke des Schmuggels von Waaren geschlossen ist. § 138 B.G.B. R.G. 42 S. 295. Uebernimmt der Spediteur, unabhängig vom Speditionsverlrag, die Aufbewahrung oder Beförderung von Gütern, so kommen nicht die Grundsätze über das Speditionsgeschäft zur Anwendung. R.G. 11

4. Abschnitt.

Speditionsgeschäft.

§ 407.

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S. 136. Haftung wegen Lagerung der Waare in ungeeigneten Räumett. J.W. 1901 S. 655. Ein Kaufmann kann sich unwiderruflich binden, alle Waaren, die er in einer gewissen Zeit von einem Platze aus beziehen werde, einem Andern zur Spedition zu übertragen. J.W. 1898 S. 76.

Abs. 2. Aus dem vom Spediteur mit dem Frachtführer abgeschlossenen Vertrage werden nur Rechte zwischen diesen beiden be­ gründet; der Spediteur kann deshalb auch die Rechte des. Auftrag­ gebers gegen den Frachtführer klageweise gellend machen. R.O. 20 S- 193; Feststellung der Beschaffenheit des Guts. § 488 C.P.O. Der Vertrag zwischen Versender und Spediteur ist bis zur Aus­ führung des Geschäfts widerruflich §§ 627, 675, 649 B.G.B., R O. 16 S. 375. Das am Sitze des Spediteurs gellende Recht kommt auf das Bertragsverhältniß zur Anwendung R.G. 1 S- 125, 9 S. 225; dort ist auch zu erfüllen B. 1 Nr. 34, 37, 4 Nr. 26, J.W. 1901 S. 396. Was die entsprechende Anwendung der Vorschriften über Kommis­ sion betrifft, so ist folgendes zu bemerken: § 383 ist von der Anwendung ausgeschlossen. Der Grundsatz des § 384 ist in § 408 großentheils enthalten; im Uebrigen siehe hiewegen und wegen § 385 bei § 408. Die Anwendung des § 386 ist ausgeschlossen. § 387 ist anwendbar. Wegen §§ 388 bis 390 s. Abs. 2 des § 407. § 391 ist von der Anwendung ausgeschlossen; dagegen kommen zur Anwendung §§ 392, 393, 394. § 395 kann nicht angewendet werden. § 396 Abs. 1 ist in seinem ersten Theile in § 409 wiedergegeben, Abs. 2 kommt zur Anwendung. § 397 ist durch § 410 ersetzt. §§ 398, 399 können angewendet werden, nicht aber §§ 400 bis 404; s. § 412. § 405 ist nicht anwendbar. § 406 ist durch § 415 ersetzt. Geräth der Spediteur in Konkurs, so kommen §§ 17 ff. K.K.O. zur Anwendung; geräth der Versender in Konkurs, so wird das Bertragsverhältniß zwar aufgehoben (§ 23 K.K.O.), aber der Spediteur wird schadensersatzberechtigt § 26 K.K.O. Hat auch der Spediieur den Lagerhalter, bei dem er die Waaren des Versenders elngelagert hat, zu überwachen, so kann dennoch der Versender aus einer hiebei vom Spediteur begangenen Fahrlässigkeit Ansprüche gegen diesen nicht ableiten, wenn er selbst es an der erforderlichen Aufmerksamkeit hat fehlen lassen. J.W. 1899 S. 234, § 254 B G.B. Die einem Spediteur ertheilte Weisung, die Waare einem Dritten zugehen zu lassen, ist keine der Annahme fähige Anweisung. R.G. 43 S. 167. Zwischen Frachtführer und Versender entstehen aus dem zwischen ersterem und Spediteur geschlossenen Vertrage weder Rechte noch Pflichten B. 7 Nr. 518; der Versender kann erst nach der Abtretung der Rechte seitens des Spediteurs, worauf er Anspruch hat, dieselben gegen den Frachtführer geltend machen. Wenn nicht der Versender auf den Empfänger seine ihm gegen seinen Spediteur zustehenden Rechte überträgt, hat gegen

568

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

diesen der Empfänger keine Rechte. R.O. 13 S. 322, B. 7 Nr. 518. Ersatzpflicht des Spediteurs gegenüber dem Absender, wenn er ohne die aufgetragene Erhebung der Nachnahme dem Empfänger die Waare aushändigt. R.G. 13 S. 66. Der Spediteur gilt gemäß Handelsgebrauch für befugt, vom Empfänger die Nachnahme und Kosten einzuziehen. Der Spediteur oder der Kommissionär kann sein Guthaben nicht einklagen, bevor er Rechnung gelegt hat. S.A. 57 Nr. 43.

§ 408. Der Spediteur hat die Versendung, insbesondere die Wahl der Frachtführer, Verfrachter und Zwischenspediteure, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen; er hat hiebei das Interesse des Versenders wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen. Der Spediteur ist nicht berechtigt, dem Versender eine höhere als die mit dem Frachtführer oder dem Verfrachter bedungene Fracht zu berechnen. Abs. 1. Vgl. § 384. Hinsichtlich der Pflichten des Spediteurs bei der Empfangnahme und Aufbewahrung des Gutes s. § 407 Abs. 2, §§ 388 bis 390. Die Haftung des Spediteurs kann durch ein konkurrirendes Verschulden des Versenders aufgehoben werden. B.G.B. § 254. Der Spediteur haftet dem Versender, nicht dem Destinatär; s. bei § 407. Der Spediteur hastet nicht für Frachtführer u. s. w., sondern nur für die bei der Auswahl derselben anzuwendende Sorgfalt. B.G.B. § 831. Der Spediteur haftet, wenn nur § 408 in Frage steht, nicht wie ein Frachtführer; er steht auch nicht für die Zwischenspediteure ein; deren Auswahl ist ihm, mangels entgegenstehender Verein­ barungen, überlassen (R.O. 12 S, 379); er haftet für die von ihm zu vertretende Sorgfalt bei der vor dem Vertragsabschluß erfolgenden Rathsertheilung (R.G. 19 S. 97), sowie bei der Auswahl. Auch bei überseeischen Sendungen darf sich der Spediteur eines Zwischenspediteurs bedienen und diesem den Transportweg überlassen, wenn nicht be­ sondere Umstände etwas Anderes bedingen. J.W. 1897 S. 388. Wenn auch der Spediteur den ihm überkommenen und an­ genommenen Speditionsaustrag einem Dritten weitergeben kann, so erfordert es die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, für die ordnungsmäßige Ausführung und Erfüllung der dem Spediteur ob­ liegenden Verbindlichkeiten in wirksamer Weise beizutragen. J.W. 1899 S. 308. Der Spediteur, welcher die gesammte Spedition einem Andern (einem Unterspediteur) übertragen hat, hastet nicht bloß für Ber-

4. Abschnitt.

Speditionsgeschäft.

§ 408.

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schulden bei der Auswahl, sondern für die ordnungsmäßige Aus­ führung M. 1899 S. 208; denn der Unterspediteur ist seine Hülfsperson. R.G. 10 S. 166. § 438 Abs. 1 findet auf den Spediteur keine Anwendung. Ueber Sammelladeverkehr s. § 412. Der Spediteur erfüllt ben Speditionsvertrag dort, wo er den Frachtverttag abschließt, der zur Besorgung der ihm aufgetragenen Güterversendung gehört. Der Besttmmungsort des Guts ist nicht Erfüllungsort für den Speditionsverlrag und zwar auch dann nicht, wenn der Spediteur ant Bestimmungsort eine Zweigniederlassung unterhält, an welche er das Gut abreffirt. R.G. 38 S. 195. Für die Haftpflicht des Spediteurs sind die Gesetze des Ortes maßgebend, wo er die zur Versendung bestimmte Waare empfängt. R.O. 12 S. 415. Zwischenspediteur ist nicht derjenige, aus welchen der Spediteur die Ausführung des Auftrags überträgt, sondern derjenige, an welchen er das Gut zum Zwecke der Weitersendung oder Ablieferung adressirt. R.O. 12 S. 383. Haftung des Spediteurs aus dem Verschulden seines Hülfspersonals (R.G. 10 S. 167), von welchem die Kisten ans die un­ richtigen Dampfer verbracht worden waren. J.W. 1899 S. 262, 155. Aus der Verpflichtung des Spediteurs zur Sorgfalt bei der Aus­ führung folgt, daß er die erforderlichen Papiere auszustellen, die er­ forderliche Deklaration vorzunehmen (R.G. 13 S. 63, 28 S. 141), die zur Unterscheidung von anderer Waare erforderlichen Merkzeichen in das Konnossement aufzunehmen, Gerste zur Unterscheidung anderer mitverladener zu sacken und die Säcke zu kennzeichnen lJ.W. 1902 S. 29), den kürzesten Transportweg zu bestimmen hat R.O. 11 S. 88 B. 8 Nr. 437. Ohne besondere Weisung braucht er das Gut nicht zu versichern; s. bei § 390; ordnungsmäßige Erfüllung einer solchen Verpflichtung R.G. 6 S. 115. Der Spediteur darf von den Weisungen des Versenders nicht abweichen B. 1 Nr. 965, § 385 Abs. 2, § 407 Abs. 2. Ein Abaehen von den Weisungen ist nur gemäß § 385 Abs. 2, § 407 Abs. 2 ge­ stattet. Umfang der Schadensersatzpflicht gegenüber dem Absender, wenn der Spediteur dem Empfänger verbotswidrig die Waare, ohne die Nachnahme zu erheben, ausgeantwortet hat. R.G. 13 S. 63. Wenn aus einem Grunde, der auf ein Verschulden des Spedi­ teurs bei Ausführung der Versendung zurückzusühren ist, der Käufer des Guts dasselbe nicht abnimmt und vom Vertrag zurücktritt, so kann der Versender, der zugleich der Verkäufer ist, vom Spediteur als Schadensersatz den Fakturabetrag des nicht abgenommenen Guts gegen Ueberlassung desselben fordern. R.G. 38. S. 17, § 249 B.G.B. Der Versender kann auch die ordnungswidrige Aussühruna der Spedition zurückweisen § 407 Abs. 2, § 385 Abs. 1; in diesem Falle verliert aber der Spediteur nicht das Recht, den Vertrag neuerdings ordnungsmäßig auszusühren. Der Spediteur hat die Anwendung der gehörigen Sorgfalt zu beweisen. R.O. 19 S. 211, 12 S. 386, R.G. 11 S. 133. Dem Spediteur obliegen auch die in § 384 Abs. 2 erwähnten

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3, Buch.

Handelsgeschäfte.

Verpflichtungen, nicht aber die nach der Natur der Sache nicht ge­ botene unverzügliche Anzeige vom Abschlusse des Transporlvertrags, auch nicht die Benennung des Frachtführers gemäß § 384 Abs. 3; letzteres erscheint mit Rücksicht aus das Wesen des Speditionsyertrags (88 407 Abs. 1, 408 Abs. 1) ausgeschlossen.

Abs. 2. Man beachte 8 413 Abs. 2 über den Sammellade­ verkehr. Int Falle der Zahlung der Nachnahme, des Zolls, etwaiger Zollstrasen hat der Spediteur Anspruch auf Ersatz gegenüber dem Auf­ traggeber R.O. 20 S. 187, R.G. 26 S. 109. Der Spediteur ist nicht verpflichtet, Aufwendungen für den Ver­ sender zu machen, wofür er keine Deckung in Händen hat. Das Recht des Spediteurs auf Erstattung seiner Auslagen ergiebt sich aus B.G.B. 88 670, 675 und aus 8 396 H.G.B. Wenn der Spediteur die Versendung durch Frachtführer oder Schiffer, jedoch mittelst von ihm für eigene Rechnung gemietheter Transportmittel besorgt, so findet Abs. 2 des 8 408 dennoch Anwendung.

§ 409.

Der Spediteur hat die Provision zu fordern, wenn das Gut dem Frachtführer oder dem Verfrachter zur Be­ förderung übergeben ist. Wird die Uebergabe des Guts seitens des Versenders gegen Treu und Glauben verhindert, so ist der Versender dem Spediteur die Provision dennoch zu zahlen verpflichtet. 8 162 B.G.B. Auch im Falle des späteren Verlustes des Guts geht der Spediteur seines Anspruches auf die Provision nicht ohne Weiteres verlustig. Im Falle des 8 412 entsteht der Provisionsanspruch mit dem Augenblicke des Beginns der Beförderung des Guts. Gegen den Spediteur hat die Höhe der von ihm selbst festgesetzten Provision zu gelten R.O. 12 S. 214; der Versender, dem die Zahlungs­ pflicht obliegt (R.O. 19 S. 217), in Fraae kommt, verliert, soweit er in Frage kommt, da der 8 438 für den Speoitionsertrag nicht gilt, das Recht auf Bemängelung der Höhe der geforderten Provision durch An­ nahme des Gutes seitens des Destinatärs nicht. Für Bestimmung der Höhe der Provision ist 8 354 maßgebend. Wegen der Verjährung der Provisionsansprüche s. 8 196 B.G.B.

§ 410.

Der Spediteur hat wegen der Fracht, der Provision, der Auslagen und Verwendungen sowie wegen der auf das Gut gegebenen Vorschüsse ein Pfandrecht an dem Gute, so-

4. Abschnitt.

Speditionsgeschäft.

§§ 409—411.

571

fern er es noch im Besitze hat, insbesondere mittelst Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber ver­ fügen kann. Ueber das Verhältniß des.Z 410 zu § 369 Abs. 3 s. J.W. 1896 S. 702. Vgl. auch die Bemerk, zu §§ 397, 366 Abs. 3. Das gesetzliche Pfandrecht des Spediteurs besteht nur für die durch den einzelnen Speditionsaufttag begründeten Forderungen für Fracht, Provision und Vorschüsse, sonstige Auslagen und Verwendungen. J.W. 1896 S. 702. Dieses Pfandrecht kann der Spediteur auch gegenüber der Kon­ kursmasse geltend machen § 49 Nr. 2 K.K.O.; s. bei §§ 397, 366 Abs. 3. Auch gegenüber dem Verfolgungsrechte gemäß § 44 K.K.O. kann der Spediteur sein Pfandrecht gellend machen; er selbst hat das Verfolgungsrecht nicht. Der Spediteur hat auch ein Zurückbehaltungsrecht (§ 369), das aber gegenüber dem Verfolgungsrechle aus § 44 K.K.O. seine Be­ deutung verliert. Die Ausantwortung des Guts an den Destinatär kann der Spe­ diteur wegen seiner Ansprüche an den Versender nicht verweigern ,§ 369 Abs. 3. B. 23 Nr. 107. Kein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht des Spediteurs wegen alter Forderungen, nachdem er die Güter versandt und die Konnosse­ mente dem in der Zwischenzeit fallit gewordenen Auftraggeber eingesandt hat. B. 23 Nr. 107.

§ 411. Bedient sich der Spediteur eines Zwischenspediteurs, so hat dieser zugleich die seinem Vormanne zustehenden Rechte, insbesondere dessen Pfandrecht auszuüben. Soweit der Vormann wegen seiner Forderung von dem Nachmanne befriedigt wird, geht die Forderung und das Pfandrecht des Vormanns auf den Nachmann über. Dasselbe gilt von der Forderung und dem Pfandrechte des Frachtführers, soweit der Zwischenspediteur ihn befriedigt. Abs. 1 u. 2. Der Zwischenspediteur braucht dem Destinatär gegenüber nur zu beweisen, daß er den Bormann befriedigt hat; gleichgültig ist, ob die Befriedigung durch Baarzahlung, Kompensation oder Gutschrift im Kontokorrent erfolgt. Dagegen ist er nicht ver­ pflichtet, die Richtigkeit der Berechnung des Bormanns zu beweisen. N.O. 24 S. 288. Der Spediteur hat nicht das Verfolgungsrecht gemäß § 44 K.K-O., aber das Berkaussrecht gemäß §§ 389, 373, und wenn die Voraussetzungen vorliegen, auch das Recht aus § 369.

572

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

Berfolgungsrecht des Absenders gegen den Spediteur, der das Gut an den Destinatär noch nicht übergeben hatte. S.A. 53 Nr. 175.

8 412. Der Spediteur ist, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, befugt, die Beförderung des Gutes selbst auszuführen. Macht er von dieser Befugniß Gebrauch, so hat er zu­ gleich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Ver­ frachters; er kann die Provision, die bei Speditionsgeschäften sonst regelmäßig vorkommenden Kosten sowie die gewöhnliche Fracht verlangen.

Abs. 1. § 384 Abs. 3 kommt nicht zur Anwendung. Hat der Spediteur mit dem Versender über bestimmte Sätze der Beförderungskosten sich geeinigt (§ 413), so ist er Frachtführer; dann führt er die Beförderung des Guts nicht als Spediteur selbst aus, sondern hat nur die Stellung des Frachtführers. Hat er die Beförderung selbst übernommen, deren Ausführung aber einem Dritten übertragen, so ist dieser Dritte lediglich sein Ge-' hülfe. Zeitlich ist die Befugniß zur eigenen Ausführung der Be­ förderung nicht begrenzt; § 405 Abs. 3 ist nicht anwendbar. Besorgt ein Frachtführer mit den Transportmitteln des Spe­ diteurs für des Versenders Rechnung den Transport, so kann der Spediteur vom Versender nur Provision und Kosten, den mit dem Frachtführer vereinbarten Satz und eine Entschädigung für die Transportmittel verlangen. §§ 407 Abs. 2, 396 Abs. 2, 408 Abs. 2. Abs. 2. Die Stellung des Frachtführers ober Verfrachters schafft die Vortheile der §§ 438, 440; daneben hat er aber auch Rechte und Pflichten des Spediteurs. Die gewöhnliche Fracht kann er fordern, auch wenn er zu einem billigeren Satze hätte befördern können; höhere Beträge kann er nicht fordern. § 407 Abs. 2, § 400. Die sonst regelmäßig vorkommenden Kosten kann der Spediteur auch dann verlangen, wenn er solche gar nicht gehabt hat. § 403. 8 413. Hat sich der Spediteur mit dem Versender über einen bestimmten Satz der Beförderungskosten geeinigt, so hat er ausschließlich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers. Er kann in einem solchen Falle Provision nur verlangen, wenn es besonders vereinbart ist.

4. Abschnitt.

Speditionsgeschäft.

§§ 412, 413.

573

Bewirkt der Spediteur die Versendung des Gutes zu­ sammen mit den Gütern anderer Versender auf Grund eines für seine Rechnung über eine Sammelladung geschlossenen Frachtvertrags, so finden die Vorschriften des Ms. 1 An­ wendung, auch wenn eine Einigung über einen bestimmten Satz der Beförderungskosten nicht stattgefunden hat. Der Spediteur kann in diesem Falle eine den Umständen nach angemessene Fracht, höchstens aber die für die Beförderung des einzelnen Gutes gewöhnliche Fracht verlangen. Abs. 1. Der Spediteur hat hienach nur die Rechte und Pflichten des Frachtführers; ihn trifft also die unmittelbare Verpflichtung für die Ausführung des Transports; diese wird er mittelst Abschlusses von Unterfrachtverträgen bewirken; der Spediteur haftet im Falle des § 413 für die von ihm angenommenen Zwischenspediteure und Frachtführer, auch für den Schiffer, dem er die Besorgung der Versendung über See übergegeben hat. S.A. 54 Nr. 163, R.G. 48 S. 109. Wie jedem Frachtführer, der Unterftachtverträge mit geminderter Haftbarkeit eingehl, bleibt es auch in diesem Falle dem Spediteur überlassen, durch Vereinbarung mit dem Absender die eigene Haftung entsprechend zu beschränken. Denn es ist zulässig, daß die Be­ theiligten ihr Verhältniß zu einander in einer von der Bestimmung des § 413 abweichenden Weise regeln. B. 23 Nr. 440. Zu den Beförderungskosten gehört auch der für die Verbringung des Guts zum Frachtführer u. f. w. erwachsende Aufwand. Durch § 413 wird dem Spediteur nicht eine Haftung^M das Gelingen des Transports schlechtweg auferlegt, sondern diese'Haftung nur auf schuldhafte Handlungen und Unterlassungen erstreckt^ welche in den Zeitraum fallen, innerhalb dessen der Speditionsaufträg zum Voll­ züge gelangt; solche Handlungen und Unterlassungen, die in eine Zeit fallen, bei dessen Beginn der Speditionsauftrag bereits erledigt war, fallen nicht unter § 413„auch wenn sie Personen zur Last fallen, die früher als Zwischenspediteure oder Frachtführer an der Versendung betheiligt waren. R.G. 48 S. 110. Die Verpflichtung des aus­ ländischen Untersrachtführers ist nach seinem (ausländischen) Rechte zu beurtheilen. R.G. 48 S. 110.

Abs. 2 Bereinigt der Spediteur die ihm von mehreren Auf­ traggebern zuaegangenen Güter zu einer Sammelladung, so kann er äußersten Falls die gewöhnliche Fracht, d. h. die in den maß­ gebenden Eisenbahnlarisen festgesetzte Stückgulfracht beanspruchen. Im Streitfälle wird der Richler, soweit erforderlich mit Hülfe des Gutachtens Sachverständiger, über die Höhe der dem Spediteur zukommenden Fracht zu entscheiden haben. Die Bestimmungen über Sammelladungen beziehen sich auf alle Transporte, beschränken sich nicht auf die Frachten der Eisen­ bahnen. Würde der mittelst Sammelladung versendende Spediteur dem

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3. Buch.

Handelsgeschäfte.

Empfänger einen Frachtbrief vorlegen, der nach seiner Beschaffenheit und seinem Inhalte den Anschein erweckt, als ob er über eine Stück­ gulbeförderung durch die Eisenbahn ausgestellt sei, so ist eine solche, auf die Täuschung des Privatpublikums berechnete Manipulation als Betrug im Sinne des § 263 des Strafgesetzbuchs zu erachten. Außer der Fracht kann der Spediteur seine übrigen Auslagen fordern.

§ 414.

Die Ansprüche gegen den Spediteur wegen Verlustes, Minderung, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung des Gutes, verjähren in einem Jahr. Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden. Die Verjährung beginnt im Falle der Beschädigung oder Minderung mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Ablieferung stattgefunden hat, im Falle des Verlustes oder der verspäteten Ablieferung mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Ablieferung hätte bewirkt sein müssen. Die im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche können nach der Vollendung der Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn vorher der Verlust, die Mnderung, die Beschädigung oder die verspätete Ablieferung dem Spediteur angezeigt oder die Anzeige an ihn abgesendet worden ist. Der Anzeige an den Spediteur steht es gleich, wenn gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt oder in einem zwischen dem Versender und dem Empfänger oder einem späteren Erwerber des Gutes wegen des Verlustes, der Minderung, der Beschädigung oder der verspäteten Ablieferung anhängigen Rechtsstreite dem Spediteur der Streit verkündet wird. Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Spediteur den Verlust, die Minderung, die Beschädigung oder die verspätete Ablieferung des Gutes vorsätzlich herbei­ geführt hat. Abs. 1. Die Verjährung aus § 414, die sich auf jede Art von Spedition, auch die des 8 412, bezieht, findet keine Anwendung, wenn einem Spediteur Güter nicht zur Besorgung der Versendung, sondem nur zur Aufbewahrung übergeben sind R.G. 11 S. 132; vgl. 88 416, 423. Die Bestimmung in Abs. 1 Satz 2 über Verlängerung der Ver­ jährungsfrist ist mit Rücksicht auf B-G.B. 8 225 nothwendig, wonach die Verjährung durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden kann. Die gleiche Verjährung gilt auch gegen den Frachtführer 8 439.

4. Abschnitt.

Speditionsgeschäft.

§ 414.

575

Die Ansprüche, nicht die Einreden, verjähren gegen den Spe­ diteur in einem Jahre; s. Abs. 3. Ueber den Begriff „Verlust" s. R.O. 4 S. 14, 7 S. 55, 15 S. 30, J.W. 1901 S. 803; über Beschädigung, Minderung, Ver­ letzung einzelner Theile der ein Ganzes blldenden Sendung s. R.G. 15 S. 134, B. 5 Nr. 625. Der Beginn der Verjährungsfrist im Falle der verspäteten Ab­ lieferung schließt sich an die Bestimmungen der Art. 45 und 46 des Berner internationalen Berttags über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 an.

Abs. 2. § 438 findet auf den Spediteur keine Anwendung. Für den Begriff der Ablieferung ist die Aufgabe des Gewahr­ sams entscheidend. Wird die Annahme des Gutes vom Destinatär verweigert, so ist die Ablieferung im Verhältnisse des Absenders zum Frachtführer durch letzteren dann als erfolgt anzusehen, wenn er das Gut bei einem Dritten zur Verfügung des Adressaten niederlegt und davon seinen Auftraggeber benachrichtigt. Gleichgültig ist, ob diese Niederlegung bei einem Dritten erfolgt oder ob der Frachtführer, Spediteur das Gut bei sich auf Lager behält. Ist die Anzeige an den Auftraggeber länger als ein Jahr vor Anstellung der Klage erfolgt, so ist das Klagerecht verjährt. S.A. 53 Nr. 33. Die Verjährung beginnt erst nach der Ablieferung (letzter Tag der längere Zeit dauernden R.O. 12 S. 136) zu laufen. R.O. 17 S. 78. Wer sich auf die Verjährung beruft, muß deren Beginn beweisen; bloße Möglichkeiten des Beginns sind nicht ausschlaggebend. Ist ein bestimmter Tag der Ablieferung nicht vereinbart worden, so muß nach den Umständen bestimmt werden, wann die Ablieferung hätte geschehen müssen. J.W. 1901 S. 803.

Abs. 3. Ueber die Wirkungen der Verjährung s. Art. 46 des Berner Vertrags; hienach kann ein verjährter Anspruch auch im Wege der Einrede unter keinen Umständen geltend gemacht werden, wenn nicht die Anzeige im Sinne des Abs. 3 abaesandt worden ist. Vgl. B.G.B. § 390. Da die Verjährung des Anspruches des Spediteurs oder Fracht­ führers gegen den Versender gemäß B.G.B. § 196 in zwei Jahren einttitt, so ist wegen der kurzen einjährigen Berjährungszeit für die Einreden die Bestimmung in Abs. 3 nothwendig. Die Aufrechnung ist (vgl. B.G.B. § 390) trotz Verjährung der Einreden gegen den Spediteur oder Frachtführer, im Falle der Ab­ sendung der Anzeige innerhalb der Verjährungszeit noch zulässig. § 390 B.G.B. Eine Forderung, der eine Einrede entgegen­ steht, kann nicht ausgerechnet werden. Die Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung ausge­ rechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. Abs. 4. Grobe Fahrlässigkeit steht dem „vorsätzlich" hier nicht gleich. Ueber die Zeit der Verjährung der Ansprüche aus unerlaubten Handlungen s. B.G.B. § 852.

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3. Buch.

Handelsgeschäfte.

§ 852. Der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntniß erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren von der Be­ gehung der Handlung an. Hat der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung aus Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach der Vollendung der Verjährung zur Herausgabe nach den Vor­ schriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Be­ reicherung verpflichtet. Der Spediteur hat für das vorsätzliche Händeln seiner Hülfspersonen einzustehen (B.G.B. § 278) mit der Maßgabe des § 831 B.G.B. (Verschulden bei der Auswahl).

§ 415.

Die Vorschriften dieses Abschnittes kommen auch zur Anwendung, wenn ein Kaufmann, der nicht Spediteur ist, im Betriebe seines Handelsgewerbes eine Güterversendung durch Frachtführer oder Verfrachter für Rechnung eines Andern in eigenem Namen zu besorgen übernimmt. Die Vorschriften des Abschnittes über das Speditionsgeschäft finden gemäß § 93 keine Anwendung aus Personen, die nur die Ver­ mittlung von Frachtverträgen zwischen Absender und Frachtführer oder Verfrachter bewirken (Frachtmäkler, Güterbestälter, Schiffsprokureure); vielmehr untersteht diese Vermittlungsthätigkeit der Beurtheilung nach den Grundsätzen für den Handelsmäkler in §§ 93 ff.

Fünfter Abschnitt.

KagevgefchLft. Vgl. über den Verwahrungsvertrag nach bürgerlichern Recht B.G.B. 88 688 ff., die auch ergänzend für das Lagergeschäft nach Handelsrecht zur Anwendung kommem Die 88 683 ff. B.G.B. gelten auch für das verschlossene Depot im Bankgeschäftsbetriebe, insoferne nicht die allgemeinen Bestimmungen der 88 354 ff. H.G.B. in Betracht kommen. S. 8 1 des Depotges. J.Z. 1900 S. 294. Für das offene Depot gellen in erster Linie die Bestimmungen des Depotges. v. 5. Juli 1896, über Verwahrung bezw. Verfügung über hinterlegte Werthpapiere in den 88 2 u. 1, sowie in 8 700 B.G.B. 8 2. Eine Erklärung des Hinterlegers oder Verpfänders, durch welche der Verwahrer oder Pfandgläubiger ermächtigt

5. Abschnitt.

Lagergeschäft.

§ 415.

577

wird, an Stelle hinterlegter oder verpfändeter Werthpapiere der im § 1 bezeichneten Art gleichartige Werthpapiere zurück­ zugewähren oder Aber die Papiere zu seinem Nutzen zu ver­ fügen, ist, falls der Hinterleger oder Berpfänder nicht gewerbs­ mäßig Bank- oder Geldwechslergeschäste betreibt, nur gültig, soweit sie für das einzelne Geschäft ausdrücklich und schriftlich abgegeben wird. Wird der Verwahrer oder Pfandgläubiger ermächtigt, an Stelle hinterlegter oder verpfändeter Werthpapiere der im § 1 bezeichneten Art gleichartige Werthpapiere zurückzugewähren, so finden die Besttmmungen des § 1 keine Anwendung. § 1. Ein Kaufmann, welchem im Betriebe seines Händelsgewerbes Aktien, Kuxe, Jnterimsscheine, Erneuerungsscheine (Talons), auf den Inhaber lautende oder durch Indossament übertragbare Schuldverschreibungen, oder vertretbare andere Werthpapiere mit Ausnahme von Banknoten und Papiergeld unverschloffen zur Verwahrung oder als Pfand übergeben find, ist verpflichtet: 1. diese Werthpapiere unter äußerlich erkennbarer Bezeichnung jedes Hinterlegers oder Verpfänders gesondert von seinen eigenen Beständen und von denen Dritter aufzubewahren^ 2. ein Handelsbuch zu führen, in welches die Werthpapiere jedes Hinterlegers oder Verpfänders nach Gattung, Nennwerth, Nummern oder sonstigen Unterscheidungsmerkmalen der Stücke einzutragen sind; der Eintragung steht die Bezugnahme auf Berzeichnifie gleich, welche neben dem Handelsbuche geführt werden. Die Eintragung kann unterbleiben, insoweit die Werthpapiere zurückgegeben sind, bevor die Einttagung bei ordnungsmäßigem Geschäftsgänge erfolgen konnte. Etwaige Rechte und Pflichten des Verwahrers oder Pfandaläubigers, im Interesse des Hinterlegers oder Verpfänders Verfügungen oder Verwaltungshandlungen vorzunehmen, wer­ ben durch die Bestimmung unter Ziffer 1 nicht berührt. § 700. Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, daß das Eigenthum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden die Vorschriften über das Darlehen Anwendung. Gestattet der Hinterleger dem Verwahrer, hinter­ legte vertretbare Sachen zu verbrauchen, so finden die Vor­ schriften über das Darlehen von dem Zeitpunkt an Anwendung, in welchem der Verwahrer sich die Sachen aneignet. In beiden Fällen bestimmen stch jedoch Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel ngch den Vorschriften über den Berwahrungsvertrag. Bei der Hinterlegung von Werthpapieren ist eine Vereinbarung der im Absatz 1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrück­ lich getroffen wird. Hat der Depotverwahrer gleichartige Gattungen von Werthschieren in einem Raum gemeinsam aufbewahrt (Sammeldepot), so müssen sie, soweit sie nicht einem Eigenthümer gehören, in getrenntem dm Namen des betreffenden Eigenthümers tragenden Umschläge ausbavahrt werden. Frankenburger, Handelsgesetzbuch.

2. Ausl.

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578

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

Die einzelnen Eigenthümer bleiben Sondereigenthümer; sie habew ein Aussonderungsrecht im Konkurse des Benvahrers. Ist eine Ermächtigung gemäß §2 des Depotgesetzes gegeben, so liegt ein depoeitum irreguläre, Summendepot, vor; für dieses gelten die Grundsätze des Darlehens § 700 B.G.B. mit der Maßgabe, daß Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften Ü6er den Berwahrungsvertrag sich bestimmen. § 700 Abs. 1 Satz 3r §8 695 bis 697 B.G.B. Haftung des Verwahrers beim Summendepot § 279 B.G.B.; vgl. im Uebrigen §§ 690 B.G.B., § 347 H.G.B., §§ 276, 278 B.G.B. Zeit der Zurücknahme und Zurückgabe des Depots §§ 695, 696B.G.B. Der Verwahrer hat kein gesetzliches Pfandrecht; seine An­ sprüche bestimmen sich nach § 693 B.G.B., § 354 H.G.B. Das Lagergeschäft gehört zu den Grundgeschästen des Handels § 1 Abs. 2 Nr. 6. Der Gewerbebetrieb des Lagerhalters und des Spediteurs gehen, häufig in einander über. Lagerscheine, die von einer staatlich dazu ermächtigten Anstalt ausgegeben sind, können als Orderpapiere durch Indossament über­ tragen werden § 363 Abs? 2. Die Üebergabe eines solchen Lager­ scheines hat in Bezug auf den Erwerb von Rechten an dem Lagergute die gleichen Wirkungen wie die Üebergabe des Gutes selbst§ 424. Die Bestimmungen über das Lagergeschäft beschränken sich auf das Einscheinsystem; nach dem Zweischeinsystem könnte das Lager­ gut gleichzeitig mittelst des einen Scheins verpfändet und mittelst des andern Scheins veräußert werden. Durch Üebergabe eines neben dem Lagerscheine ausgestellten Lagerpfandscheines entsteht weder nach § 424 noch nach dem B.G.B. ein Pfandrecht an dem Lagerguts. Die auf dem Zweischeinsystem beruhenden landesgesetzlichen Vor­ schriften über Lagerscheine und Lagerpfandscheine (wie in Bremen und in Elsaß-Lothringen) sind ausdrücklich aufrechterhalten; Art. 16Einf.Ges. z. H.G.B

§ 416.

Lagerhalter ist, wer gewerbsmäßig die Lagerung unt> Aufbewahrung von Gütern übernimmt. Gewerbsmäßig muß die Lagerung und Aufbewahrung von Gütern betrieben werden; die Lagerung muß auch einige Zeit dauern. Für die vereinzelte Uebernahme einer Lagerung sind die Vorschriften dieses Abschnittes nicht geeignet; denn der für vereinzelte Kommissions- und Speditionsgeschäfte eines Kaufmanns in den §§ 406 und 415 anerkannte Grundsatz ist auf den Lagerhalter nicht ausgedehnt;, es kommen dann §§ 688 ff. B.G.B. zur Anwendung. Diejenigen Geschäfte, bei welchen eine Lagerung überhaupt nicht stattfindet, z. B. Hinterlegung von Geld und Werthpapieren, Ein-

5. Abschnitt.

Lagergeschäft.

§§ 416, 417.

579

stellung lebender Thiere und dergleichen, gehören nicht zum Lager­ hausbetriebe. Soweit die Lagerung und Aufbewahrung von Waaren nicht einen selbstständigen Gegenstand des Vertrags bildet, sondern nur in Ausführung eines andern Geschäfts, namentlich einer Kommission, einer Spedition oder eines Frachtgeschäftes stattfindet, kommen nicht die besonderen Vorschriften über das Lagergeschäft, sondern diejenigen Grundsätze zur Anwendung, welche für das betreffende Rechtsverhältniß als solches maßgebend sind. Wenn der Gewerbebetrieb des Lagerhalters nicht über den Um­ fang des kleinen Gewerbes hinausgeht, so genügen schon die Be­ stimmungen des § 4 über die Minderkaufleute, um den Lagerhalter gegen die Belastung mit kaufnrännischen Pflichten zu schützen, die nach dem Umfange seines Betriebes nicht gerechtfertigt wären. Uebrigens können die Vorschriften dieses fünften Abschnitts bei einem wirklich gewerbsmäßigen Lagergeschäfte auch für kleinere Ver­ hältnisse analog zur Anwendung kommen. Der Spediteur, welcher gewerbsmäßig zugleich Verträge über Lagerung von Gütem in seinen Aufbewahrungsräumen abschließt, hat insoferne die Rechte und Pflichten des Lagerhalters. Auf die Lagerung von Waaren in den Lagerräumen der Zoll­ verwaltungen finden §§ 416 ff. nicht Anwendung, weil hier ein ge­ werbsmäßiger Betrieb nicht in Frage kommt; die diesbezüglichen Rechtsverhältnisse sind durch die §§ 97 ff. des Vereinszollgesetzes vom 1. Juli 1869 näher geregelt; letztere Vorschriften bleiben auftecht. Einf.Ges. Art. 2 Abs. 2. Vgl. § 419 Abs. 3. Erfüllungsort des Einlagerers ist der Ort seiner Niederlassung bezw. seines Wohnsitzes zur Zeit des Gesckästsabschlllffes § 269 B.G.B. J.W. 1902 S. 79.

§ 417. Auf die Rechte und Pflichten des Lagerhalters in An­ sehung der Empfangnahme, Aufbewahrung und Versicherung des Gutes finden die für den Kommissionär geltenden Vor­ schriften der 88 388 bis 390 Anwendung. Treten Veränderungen an dem Gute ein, welche dessen Entwerthung befürchten lassen, so hat der Lagerhalter den Einlagerer hievon unverzüglich zu benachrichtigen. Ver­ säumt er dies, so hat er den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Abs. 1. Siehe die Bemerk, zu den §§ 388 bis 390. Der Lagerhalter ist für Verlust und Beschädigung des in seiner Verwahrung befindlichen Gutes verantwortlich, wenn er nicht den Nachweis gemäß Abs. 1 des § 390 erbringen kann. Die allgemeine Behauptung des Lagerhalters, die gehörige 37*

580

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

Sorgfalt angewendet zu haben, schützt den Lagerhalter nicht; er muß vielmehr darthun, daß der Schaden durch einen von ihm nicht zu vertretenden Umstand eingetreten sei; dabei ist nicht der Maßstab der kaufmännischen Sorgfalt im Allgemeinen, sondern derjenigen Sorgfalt anzulegen, welche von einem Unternehmer des betreffenden Geschäfts­ zweiges vorausgesetzt werden muß. Wenn ein Lagerhalter die ihm von einem Spediteur zur Auf­ bewahrung übergebenen Waaren ohne Auftrag des Hinterlegers an eine dritte Person (den ursprünglichen Adressaten) ausgehändigt hat, so ist die Klage des Spediteurs auf Ersatz des Werthes an sich be­ gründet; es ist Sache des Lagerhalters zu beweisen, daß dem Auf­ traggeber des Spediteurs (Versender) durch jene Aushändigung ein Schaden und somit ein Ersatzanspruch gegen den Spediteur nicht er­ wachsen sei. M. 1898 S. 112. Verpflichtung des Lagerhalters zur Ausstellung und Uebersendung eines Wiegescheins an den Einlagerer über die an einen Dritten aus­ gelieferte Waare. S.A. 56 Nr. 110. Ergänzend haben die Bestimmungen des B.G.B» zur Anwendung zu kommen; s. B.G.B. § 694. Der Hinterleger hat den durch die Beschaffenheit der hinterlegten Sache dem Verwahrer entstehenden Schaden zu er­ setzen, es sei denn, daß er die gefahrdrohende Beschaffenheit der Sache bei der Hinterlegung weder kennt noch kennen muß, oder daß er sie dem Verwahrer angezeigt oder dieser sie ohne An­ zeige gekannt hat. § 691. Der Verwahrer ist im Zweifel nicht berechtigt, die hinterlegte Sache bei einemDritten zu hinterlegen. Ist die Hinter­ legung bei einem Dritten gestattet, so hat der Verwahrer nur ein ihm bei dieser Hinterlegung zur Last fallendes Berschrttden zu vertreten. Für das Verschulden eines Gehülfen ist er nach § 278 verantwortlich. § 692. Der Verwahrer ist berechtigt, die vereinbarte Art der Aufbewahrung zu ändern, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß der Hinterleger bei Kenntniß der Sachlage die Aenderung billigen würde. Der Verwahrer hat vor der Aenderung dem Hinterleger Anzeige zu machen und dessen Ent­ schließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist. Wegen des Anspruchs aus Ersatz der durch Aenderung der Aufbewahrung entstehenden Kosten s. § 693 B G B., § 420 H.G.B.

Abs. 2.

Feststellung der Beschaffenheit des Guts § 488 C.P.O.

§ 418. Der Lagerhalter hat dem Einlagerer die Besichtigung des Gutes, die Entnahme von Proben und die zur Erhaltung des Gutes nothwendigen Handlungen während der Geschäftsstunden zu gestatten.

5. Abschnitt.

Lagergeschäft.

§§ 418, 419.

581

Nach dem bürgerlichen Rechte (B.G.B. § 695) wäre es zweifelhaft, ob der Lagerhalter verpflichtet ist, dem Einlagerer die jederzeitige Besichtigung des Lagergutes, Entnahme von * Proben u. s. w. zu gestatten. Der Lagerhalter hat nicht die Verpflichtung zur Vornahme der zur Erhaltung des Gutes nothwendigen Arbeiten; seine Verantwort­ lichkeit beschränkt sich darauf, daß er, wenn Veränderungen an dem Gute eintreten, welche dessen Verderb befürchten lasten, dem Einlagerer hievon ohne Verzug Kenntniß geben muß und diesem dann das Weitere zu überlassen hat.' § 417 Abs. 2. Inwieweit der Lagerhalter bei Gefahr aus Verzug verpflichtet ist, das unmittelbar Nothwendige einstweilen selbst zu veranlaffen, ist für den einzelnen Fall unter Berücksichtigung der nach den Um­ ständen an die Sorgfalt des Lagerhalters zu stellenden Anforderungen zu entscheiden. Vgl. §§ 390, 417. Dem Lagerhalter bleibt es jedoch überlasten, durch Vereinbarung mit dem Einlagerer weilergehende Verpflichtungen bezüglich der Obsorge zu übernehmen und demgemäß das Recht des Einlagerers zur eigenen Bearbeitung des lagernden Gutes zu beschränken.

§ 419. Im Falle der Lagerung vertretbarer Sachen ist der Lagerhalter zu ihrer Vermischung mit andern Sachen von gleicher Art und Güte nur befugt, wenn ihm dies ausdrück­ lich gestattet ist. Der Lagerhalter erwirbt auch in diesem Falle nicht das Eigenthum des Gutes; aus dem durch die Vermischung entstandenen Gesammtvorrathe kann er jedem Einlagerer den ihm gebührenden Antheil ausliefern, ohne daß er hiezu der Genehmigung der übrigen Betheiligten bedarf. Ist das Gut in der Art hinterlegt, daß das Eigenthum auf den Lagerhalter übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurück^ugewäh'ren, so finden die Vorschriften dieses Abschnitts keine Anwendung. Abs. 1 «. 2. Die im Abs. 1 erwähnte Vermischung kommt ins­ besondere bei Spiritus und Petroleum vor. Nimmt der Lagerhalter die Vermischung ohne ausdrückliche Ge­ nehmigung vor, so wird er schadensersatzpslichtia. Mit Rücksicht auf § 700 B.G.B. ist die Bestimmung in Abs. 2 Satz 1 getroffen. Durch die wirklich eingetretene Vermischung werden, die Rechte der einzelnen Betheiligten an den eingelagerten Waaren durch eine Gemeinschaft an der entstandenen Gesammtmasse ersetzt und bewahren so ihren dinglichen Charakter.

582

3. Buch.

Handelsgeschäfte.

8 94 7 B.G.B. Werden bewegliche Sachen miteinander der­ gestalt verbunden, daß sie wesentliche Bestandtheile einer ein­ heitlichen Sache werden, so werden die bisherigen Eigenthümer Miteigenthümer dieser Sache; die Antheile bestimmen sich nach dem Verhältnisse des Werthes, den die Sachen zur Zeit der Verbindung haben. Ist eine der Sachen als die Hauptsache anzusehen, so er­ wirbt ihr Eigenthümer das Alleineigenthum. § 948. Werden bewegliche Sachen miteinander untrennbar vermischt oder vermengt, so finden die Vorschriften des § 947 entsprechende Anwendung. Der Untrennbarkeit steht es gleich, wenn die Trennung der vermischten oder vermengten Sachen mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden sein würde. § 949. Erlischt nach den §§ 946 bis 948 das Eigenthum an einer Sache, so erlöschen auch die sonstigen an der Sache bestehenden Rechte. Erwirbt der Eigenthümer der belasteten Sache Miteigenthum, so bestehen die Rechte an dem Antheile fort, der an die Stelle der Sache tritt. Wird der Eigenthümer der belasteten Sache Alleineigenthümer, so erstrecken sich die Rechte auf die hinzutretende Sache. Nach den Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über -die Aufhebung von Gemeinschaften (§§ 749 ff.) würde dem Lagerhalter die im Satz 2 des Abs. 2 erwähnte Befugniß nicht zustehen. Vgl. 88 741 ff. B.G.B. Durch die Vermischung erlöschen Rechte Dritter am Gute nicht. 88 949, 1258 B.G.B. Erhält der eine oder andere der mehreren Einlagerer zuviel ausgeantwortet, so kann er von dem Verkürzten gemäß 8 850 B.G.B. belangt werden. Nach der Vermischung eintretende Verluste und Beschädigungen haben die Betheiligten gemeinsam zu tragen, so weit nicht der Lager­ halter gemäß 88 390, 417 dafür einstehen muß, weil er die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht beobachtet hat.

Abs. 3. Im Falle des Abs. 3 sind, da dann eine Hinterlegung im Sinne des B.G.B. 8 700 vorliegt, die für das Darlehen gelten­ den Grundsätze maßgebend. B.G.B. 88 607 ff. Die Gefahr trägt der Verwahrer als Eigenthümer. 8 700 Abs. 2 B.G.B Das Recht auf Herausgabe bestimmt sich nicht nach § 422 H.G.B. (f. auch 8 419 Abs. 3), sondern nach 88 695, 697 B.G.B.

§ 420. Der Lagerhalter ortsübliche Lagergeld, für Fracht und Zölle Aufwendungen, soweit lich halten durfte.

hat Anspruch aus das bedungene oder sowie aus Erstattung der Auslagen und der sonst für das Gut gemachten er sie den Umständen nach für erforder­

5. Abschnitt.

Lagergeschäft.

§§ 420, 421.

583

Bon den hienach dem Lagerhalter zukommendm Be­ trägen (Lagerkosten) sind die baaren Auslagen sofort zu erstatten. Die sonstigen Lagerkosten sind nach dem Ablaufe Don je drei Monaten seit der Einlieferung oder, wenn das