133 74 110MB
English Pages 509 [507] Year 2005
Handbuch diagnostische Radiologie Herausgeber: Jürgen Freyschmidt, Bremen
A. Stäbler (Hrsg.)
Handbuch diagnostische Radiologie
Muskuloskelettales System 3 Mit Beiträgen von: G. Adam, A. Baur-Melnyk, H. M. Bonél, R. Erlemann, J. Freyschmidt, J. Hodler, S. Höpfner, H. Imhof, F. Kainberger, M. Krötz, G. M. Lingg, T. Link, C. Nolte-Ernsting, K.-J. Pfeifer, T.Rand, A.Stäbler, M.Steinborn, U.Szeimies, K.Trieb
Mit 492 Abbildungen in 941 Einzeldarstellungen
123
PD Dr. med. Axel Stäbler Radiologie in München Harlaching Grünwalder Straße 72 81547 München
ISBN-10 3-540-24229-5 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN-13 978-3-540-24229-1 Springer Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2005 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden.
Titelbild: Osteopetrose, „curved“ MPR einer MDCT-Untersuchung (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Ulrike Szeimies, München)
Planung: Dr. U. Heilmann, Heidelberg Redaktion: D. Mennecke-Bühler, Heidelberg Herstellung: PRO EDIT GmbH, Heidelberg Umschlaggestaltung: Frido Steinen-Broo, EStudio, Calamar, Spanien Satz und Reproduktion: AM-productions GmbH, Wiesloch SPIN 21/3151 Di – 5 4 3 2 1 0 Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort
Eine fortlaufende Optimierung der bildlichen Darstellung krankhafter Organveränderungen erfordert ein sich ständig verbreiterndes medizinisches Wissen.
Ein Handbuch ist der Definition nach ein zusammenfassendes, in der Regel mehrbändiges Werk über eine Wissenschaft oder ein spezielles wissenschaftliches Gebiet. Kann ein solches Werk noch Bestand haben in einer Zeit, in der sich wissenschaftliche Erkenntnisse mit nahezu unvorstellbarer Geschwindigkeit entwickeln und wandeln? Die Herausgeber und Autoren dieses Handbuchs bejahen diese Frage; sie halten es geradezu für notwendig, eine fundierte Standortbestimmung über die diagnostische Radiologie in einem Rahmen abzugeben, der für die praktischen Belange dieses – neben der klinischen Pathologie – wichtigsten diagnostischen Schlüsselfachs prinzipiell einen Wertbestand von etwa 8–10 Jahren besitzen soll. Dabei wurde bedacht, dass sich in diesem Zeitraum zwar untersuchungstechnische Modalitäten, besonders bei der MRT und CT, durchaus ändern werden, dass aber das Prinzip der Darstellungsmöglichkeiten von krankhaften Veränderungen bestimmter Organe oder Organsysteme weitgehend unverändert bleibt; denn die den Krankheiten zugrunde liegenden pathologischanatomischen Veränderungen selbst ändern sich ja kaum! Die rasche Entwicklung und den Wandel von ätiologischen, pathogenetischen und therapeutischen Erkenntnissen kann und muss man in wissenschaftlichen Zeitschriften und ggf. aktuellen Monographien verfolgen; doch wird man das Neue nur dann verstehen und nutzen können, wenn man durch einen soliden Wissensfundus darauf vorbereitet ist. Dazu soll dieses Handbuch mit seinem besonderen Konzept der Wissensvermittlung beitragen. Es orien-
tiert sich an Organen oder Organsystemen mit ihren Erkrankungen, die jeweils bestimmte radiologische Untersuchungsstrategien erfordern (z. B. mit Hilfe der Projektionsradiographie, CT, MRT, Ultraschall, ggf. Szintigraphie). In den jeweiligen Hauptkapiteln findet sich zunächst eine Darstellung der Normalanatomie und ihrer wesentlichen Varianten – bezogen auf die einzelnen Darstellungsmodalitäten; dann folgt ein Kapitel über die systematische Bildanalyse. Die Kapitel über die einzelnen Krankheitsentitäten (Fehlbildungen, traumatische und entzündliche Veränderungen, Tumoren und sonstige Störungen) sind einheitlich nach folgenden Themen aufgebaut: – pathologisch-anatomische Grundlagen (zum Verständnis der radiologischen Befunde), – klinische Symptomatik, – charakteristische radiologische Symptome und ihre Differentialdiagnose. – Jedes Kapitel schließt mit Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie und zusammenfassenden Merksätzen. Der rote Faden, der sich durch das gesamte Werk zieht, ist die synoptische Betrachtungsweise von klinischen und mit Hilfe der Radiologie erkennbaren pathologisch-anatomischen und funktionellen Veränderungen. Eine dem Patienten nützliche Diagnostik kann im Übrigen nur aus der Fusion von technischer Entwicklung und einem angepassten medizinischen Wissen um das Wesen und die Vielfalt von Krankheiten gelingen. Im Frühjahr 2001 Für die Herausgeber und Autoren J. Freyschmidt, Bremen
Vorwort
Die Darstellungsmöglichkeiten des muskuloskelettalen Apparates sind durch die MRT enorm erweitert worden. Damit hat sich auch das Spektrum von Krankheitsentitäten, die der Radiologe kennen sollte, erheblich verbreitert. Deshalb gilt: „Seeing better must be paired with knowing more.“ Mit dieser Entwicklung, die zwangsläufig in eine zunehmende Subspezialisierung in der muskuloskelettalen Diagnostik führt, hat sich gleichzeitig eine Veränderung der radiologischen Untersuchungsstrategien bei den einzelnen Krankheitsentitäten vollzogen, der es Rechnung zu tragen gilt. Der Aufbau der Kapitel folgt der bewährten Grundstruktur der anderen Bände dieses Handbuches diagnostische Radiologie (pathologisch-anatomische Grundlagen, klinische Symptomatik, radiologische Symptome und ihre Differentialdiagnose). Band 3 des Muskuloskelettalen Systems hat als Hauptthemen die systemischen Knochenerkrankungen, die entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen und Erkrankungen der Weichteile. Unter Verwendung eines hervorragenden Bildmaterials werden die angeborenen und erworbenen sklerosierenden Knochenerkrankungen, die metabolischen und hämatologischen Systemerkran-
kungen, trophische Störungen inclusive Nekrose und schließlich in einer Synopsis Erkrankungen des Periosts dargestellt. Allein das Zusammentragen des kostbaren Bildmaterials dieser z.T. sehr seltenen Erkrankungen hat viele Jahre in Anspruch genommen. Das umfangreiche Kapitel über die rheumatischen Erkrankungen bewahrt die Tradition der subtilen projektionsradiographischen Diagnostik, verfeinert und vertieft durch aktuelle Ergebnisse einer magnetresonanztomographischen Weichteil- und Knochendiagnostik. Die Kapitel über die (Kristall-)Arthropathien leiten zu den degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen über, die einen wesentlichen und zunehmenden Stellenwert in der radiologischen Diagnostik einnehmen. Beschlossen wird der letzte Band Muskuloskelettales System durch ausführliche Kapitel zu Erkrankungen der Weichteile einschließlich ihrer Tumoren. Wir, die Autoren, wünschen uns, dass die vorliegenden muskuloskelettalen Bände über die Lösung konkreter diagnostischer Probleme hinaus Lesefreude bereiten und Motivation zur weiteren Vertiefung in diese Thematik der diagnostischen Radiologie hervorrufen. Im März 2005 Für die Autoren PD Dr. med. A. Stäbler, München
Inhalt
9 9.1
Systemische Skeletterkrankungen
Angeborene sklerosierende Knochenerkrankungen 1 T. Link, J. Freyschmidt 9.1.1 Osteopoikilie 1 9.1.2 Osteopathia striata 2 9.1.3 Melorheostose 2 J. Freyschmidt 9.1.4 Gemischtförmige sklerosierende Knochendysplasie 14 9.1.5 Pachydermoperiostose 14 Literatur 16 9.2 Erworbene sklerosierende Knochenerkrankungen 16 T. Link 9.2.1 Sekundäre hypertrophische Osteoarthropathie 16 9.2.2 Infantile kortikale Hyperostose 18 9.2.3 Hyperostosis frontalis interna 19 9.2.4 Chronisch venöse Insuffizienz 19 9.2.5 Diffuse idiopathische Skeletthyperostose 21 Literatur 25 9.3 Stoffwechselerkrankungen des Knochens 25 T. Link 9.3.1 Osteoporose 25 9.3.1.1 Formen der Osteoporose 41 9.3.2 Osteomalazie 45 9.3.3 Hyperparathyreoidismus 47 9.3.4 Renale Osteopathie 50 9.3.5 Hypoparathyreoidismus 52 9.3.6 Pseudohypoparathyreoidismus 52 9.3.7 Osteopathie bei Hypo-/Hypervitaminose 53 9.3.8 Hormonelle Osteopathien 54 9.3.9 Toxische Osteopathien 57 Literatur 59
9.4
9.4.1 9.4.2 9.4.3 9.4.3.1 9.4.3.2 9.4.3.3 9.4.3.4 9.4.3.5 9.4.3.6 9.5 9.5.1 9.5.2 9.5.2.1 9.5.2.2 9.5.2.3 9.5.2.4 9.5.3 9.5.3.1 9.5.3.2 9.5.3.3 9.5.3.4 9.5.4 9.5.5
Reaktive und stressbedingte Knochenerkrankungen, belastungsbedingte Erkrankungen der Sehnen und der Sehnenansätze 62 A. Stäbler, M. Steinborn Morbus Sudeck 62 M. Steinborn Transiente Osteoporose 65 M. Steinborn Erkrankungen der Sehnenansätze (Enthesiopathien) 68 A. Stäbler, M. Steinborn Schultergürtel 69 Ellenbogengelenk 74 Handgelenk 77 Becken 78 Kniegelenk 82 Sprunggelenk und Fuß 85 Literatur 91 Knochennekrosen 95 G. Adam, C. Nolte-Ernsting Pathogenese 95 Osteonekrosen beim Erwachsenen 96 Hüftkopfnekrose 96 Lunatumnekrose (Morbus Kienböck) 100 Femurkondylennekrose (Morbus Ahlbäck) 101 Andere Osteonekrosen 103 Osteonekrosen beim Kind 104 Femurkopfnekrose (Morbus Perthes) 104 Osteonekrose des Capitulum humeri (Morbus Panner) 107 Osteonekrose der Tibiaapophyse (Morbus Osgood-Schlatter) 108 Andere Osteonekrosen 109 Osteochondrosis dissecans 109 Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie bei Osteonekrosen 113 Literatur 113
X
Inhalt
9.6
9.6.1 9.6.1.1 9.6.1.2 9.6.2 9.6.3 9.6.4 9.6.5 9.6.5.1 9.6.5.2 9.6.5.3 9.6.5.4 9.7 9.7.1 9.7.1.1 9.7.1.2 9.7.1.3 9.7.1.4 9.7.2 9.7.3 9.7.4 9.8 9.8.1 9.8.2 9.8.3 9.8.4 9.8.5 9.8.6
10 10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.2.1 10.1.2.2 10.1.2.3 10.1.2.4 10.1.2.5
Knochenveränderungen durch hämatologische und retikuloendotheliale Systemerkrankungen 117 A. Baur-Melnyk Anämien 117 Hämoglobinopathien 117 Andere Anämien 122 Plasmozytom/Plasmazelldyskrasien 123 Leukämien 134 Osteomyelofibrose/Osteomyelosklerose 138 Knochenveränderungen bei Erkrankungen des retikuloendothelialen Systems 142 Lipidspeicherkrankheiten 142 Glykogenspeicherkrankheiten 146 Histiozytosen 146 Mastozytose 150 Literatur 152 Systemische Osteoarthropathien 154 T. Rand Phakomatosen 154 Neurofibromatose 155 Tuberöse Sklerose 161 Zerebelloretinale Hämangioblastomatose 164 Enzephalotrigeminales Syndrom 164 Sarkoidose 165 Amyloidose 168 Angiodysplasien des Knochens 170 Literatur 173 Erkrankungen des Periosts 175 R. Erlemann Periostreaktionen 175 Juxtakortikale Läsionen 177 Periostitis 177 Posttraumatische Periostitis 183 Tumoren 187 Tumorähnliche Läsionen 189 Literatur 190
Erkrankungen der Gelenke Rheumatoide Arthritis und juvenile Arthritiden 191 G.M. Lingg, H.M. Bonél Rheumatoide Arthritis 191 Juvenile Arthritiden 218 Systemische juvenile chronische Arthritis (Still-Syndrom) 218 Seronegative = kindliche Polyarthritis 222 Seropositive Polyarthritis = juvenile rheumatoide Arthritis 224 Oligoarthritis Typ I = frühkindliche Oligoarthritis 224 Oligoarthritis Typ II 225
10.1.2.6 Juvenile Spondarthritis (Sonderform, in der Ilar-Klassifikation nicht enthalten) 226 10.1.2.7 Juvenile Arthritis psoriatica (Sonderform, in der Ilar-Klassifikation nicht enthalten) 226 10.2 Seronegative Spondarthritiden und reaktive Arthritiden 229 H.M. Bonél, G.M. Lingg 10.2.1 Spondylitis ankylosans 229 10.2.2 Osteoarthropathia psoriatica 244 10.2.3 Enteropathische Arthritiden 253 10.2.4 Akquiriertes Hyperostosesyndrom (SAPHO) 255 10.2.5 Reaktive Arthritiden nach intestinalem oder urogenitalem Infekt 258 10.2.6 Rheumatisches Fieber 260 10.3 Kollagenosen 261 H.M. Bonél, G.M. Lingg 10.3.1 Systemischer Lupus erythematodes 261 10.3.2 Systemische Sklerose 265 10.3.3 Polymyositis und Dermatomyositis 270 10.3.4 Mischkollagenose 274 10.3.5 Vaskulitiden 277 Literatur Abschn. 10.1, 10.2 und 10.3 281 10.4 Kristallarthropathien und assoziierte Erkrankungen 287 J. Hodler 10.4.1 KalziumpyrophosphatdihydratKristallarthropathie 287 10.4.2 Hydroxyapatit-Kristallopathie 289 10.4.3 Gicht 291 10.4.4 Hämochromatose und Morbus Wilson 293 10.4.4.1 Hämochromatose 293 10.4.4.2 Morbus Wilson 294 10.4.5 Ochronose 295 Literatur 296 10.5 Andere Arthropathien 298 F. Kainberger, K. Trieb 10.5.1 Neurogene Osteoarthropathie (inklusive diabetische Osteoarthropathie) 298 10.5.2 Rezidivierende Polychondritis 304 10.5.3 Akromegalie und hypophysärer Gigantismus 305 10.5.4 Hämophiliearthropathie 308 10.5.5 Multizentrische Retikulohistiozytose 312 Literatur 313 10.6 Arthrose (degenerative Gelenkerkrankungen) 314 H. Imhof 10.6.1 Definition 314 10.6.2 Epidemiologie 318 10.6.3 Pathophysiologie 319 10.6.3.1 Hyaliner Knorpel 319 10.6.3.2 Subchondralregion 321
Inhalt
10.6.3.3 10.6.3.4 10.6.4 10.6.5
Meniskus/Diskus 321 Spezielle Pathophysiologie 323 Bildgebende Diagnostik 330 Hereditäre Arthrosen (hereditäre Chondroarthropathien) 333 10.6.5.1 Primär generalisierte Arthrose 333 10.6.5.2 Familiäre Kalziumpyrophosphaterkrankung 333 10.6.5.3 Familiäre Hydroxyapatiterkrankung 334 10.6.5.4 Chondrodysplasien 334 10.6.6 Spezielle Gelenke 335 10.6.6.1 Sternoklavikulargelenk 335 10.6.6.2 Schultergelenk 335 10.6.6.3 Ellbogengelenk 340 10.6.6.4 Handgrundgelenke und Interkarpalgelenke 341 10.6.6.5 Interphalangealgelenke und Metakarpophalangealgelenke 343 10.6.6.6 Hüftgelenk 344 10.6.6.7 Kniegelenk 348 10.6.6.8 Sprunggelenk 350 10.6.6.9 Intertarsalgelenke, Metatarsophalangealgelenke und Interphalangealgelenke 351 Literatur 352 10.7 Degenerative Wirbelsäulenerkrankungen 356 A. Stäbler 10.7.1 Formen der Wirbelsäulendegeneration 356 10.7.2 Sozioökonomische Aspekte 357 10.7.3 Übergangsstörungen 358 10.7.4 Bandscheibendegeneration – (Osteo-)Chondrose – Spondylose 360 10.7.5 Erosive intervertebrale Osteochondrose 368 10.7.6 Schmorl-Knoten (intraspongiöse Knorpelhernien) 378 10.7.7 Bandscheibenvorfall 387 10.7.8 Wirbelgelenkdegeneration 400 10.7.9 Spinalkanalstenose 405 10.7.10 Recessustenose 411 10.7.11 Neuroforamenstenose 412 Literatur 413
11 11.1 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.2.4 11.2.5
Bildgebende Diagnostik der Endoprothetik M. Krötz, S. Höpfner, K.-J. Pfeifer Prinzip der Endoprothesen 419 Grundlagen der bildgebenden Diagnostik 420 Projektionsradiographie 420 Computertomographie 420 Nuklearmedizinische Diagnostik 420 Sonographie 420 Magnetresonanztomographie 420
11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.3.4 11.3.5
12
Spezieller Teil 421 Schultergelenk 421 Hüftgelenk 422 Kniegelenk 423 Endoprothetik im Ellenbogenund Handbereich 424 Bildgebende Diagnostik der Komplikationen und Langzeitverlauf 424 Literatur 428
Erkrankungen der Weichgewebe
U. Szeimies 12.1 Neuromuskuläre Erkrankungen 429 12.1.1 Myopathien 431 12.1.1.1 Progressive Muskeldystrophien 431 12.1.1.2 Metabolische Myopathien 433 12.1.1.3 Myotonien (Ionenkanalerkrankungen) 435 12.1.1.4 Endokrine/toxische Myopathien 436 12.1.1.5 Myositiden 437 12.1.2 Störung der neuromuskulären Übertragung 437 12.1.3 Autoimmunerkrankungen mit neuromuskulärer Mitbeteiligung 437 12.1.4 Neuromuskuläre Syndrome 438 12.1.5 Neurogene Erkrankungen 438 12.1.5.1 Neuropathien, periphere Nervenläsionen 438 12.1.5.2 Radikulopathien 439 12.1.5.3 Plexuserkrankungen 439 12.1.5.4 Vorderhornzellerkrankungen 440 12.1.6 Muskelveränderungen nach Bestrahlung 442 Literatur 442 12.2 Weichteiltumoren 444 12.2.1 Allgemeiner Teil: Diagnostik, Staging, Strategien der Bildgebung 444 Literatur 450 12.2.2 Spezieller Teil 452 12.2.2.1 Weichteiltumoren des Fettgewebes 452 12.2.2.2 Weichteiltumoren des fibrösen Bindegewebes 454 12.2.2.3 Weichteiltumoren der Muskulatur 457 12.2.2.4 Weichteiltumoren der Lymphgefäße 459 12.2.2.5 Weichteiltumoren der Blutgefäße 461 12.2.2.6 Weichteiltumoren des peripheren Nervengewebes 464 12.2.2.7 Weichteiltumoren von unklarer zellulärer Abstammung 467 12.2.2.8 Weichteilmetastasen 468 12.2.2.9 Postoperative, posttherapeutische Bildgebung 469 Literatur 470
XI
XII
Inhalt
12.3 12.3.1 12.3.1.1 12.3.1.2 12.3.1.3 12.3.1.4 12.3.1.5 12.3.1.6
Weichteilentzündungen 472 Autoimmunologisch induzierte Muskelund Weichteilentzündungen 472 Polymyositis 473 Dermatomyositis 473 Einschlusskörperchenmyositis 474 Fokale Myositis 475 Muskelsarkoidose 475 Eosiniphile Fasziitis 476
12.3.2
Erregerbedingte Muskelund Weichteilentzündungen 477 12.3.2.1 Erregerbedingte Myositiden 477 12.3.2.2 Weichteilentzündungen 479 12.3.3 Fremdkörperreaktionen 482 Literatur 484
Sachverzeichnis 487
Autorenverzeichnis
Adam, Gerhard, Prof. Dr. med. Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Radiologisches Zentrum Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52 20246 Hamburg Baur-Melnyk, Andrea, Dr. med. Institut für Klinische Radiologie Abt. Röntgen B Klinikum der Universität München, Großhadern Marchioninistraße 15 81377 München Bonél, Harald M., Dr. med. Institut für Diagnostische Radiologie Universität Bern Freiburgstraße 3010 Bern Schweiz Erlemann, Rainer, Prof. Dr. med. Chefarzt, AR AD NR Institut für Radiologie St. Johannes-Hospital An der Abtei 7–11 47166 Duisburg Freyschmidt, Jürgen, Prof. Dr. med. Direktor der Radiologischen Klinik Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße 28205 Bremen Hodler, Jürg, Prof. Dr. med. Chefarzt, Radiologie Universitätsklinik Balgrist Forchstraße 340 8008 Zürich Schweiz
Höpfner, Stefan, Dr. med. Abteilung für Diagnostische Radiologie Universitätsklinikum Gießen Klinikstraße 36 35392 Gießen Imhof, Herwig, Prof. Dr. med. Universitätsklinik für Radiodiagnostik – Osteologie Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien Österreich Kainberger, Franz, Prof. Dr. med. Universitätsklinik für Radiodiagnostik – Osteologie Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien Österreich Krötz, Michael, Dr. med. Institut für Klinische Radiologie Klinikum der Universität München, Innenstadt Nußbaumstraße 20 80336 München Lingg, Gerwin M., Dr. med. Sana Rheumazentrum Rheinland-Pfalz AG Zentrales Röntgeninstitut Kaiser-Wilhelm-Straße 9–11 55543 Bad Kreuznach Link, Thomas M., Prof. Dr. med. Dept. of Radiology University of California 400 Parnassus Ave (A-367) Campus Box 0628 San Francisco, CA 94143 USA
XIV
Autorenverzeichnis
Nolte-Ernsting, C., Prof. Dr. med. Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Radiologisches Zentrum Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52 20246 Hamburg
Steinborn, Marc, Dr. med. Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie Abt. Kinderradiologie Städtisches Krankenhaus München-Schwabing Kölner Platz 1 80804 München
Pfeifer, K.-J., Prof. Dr. med. Institut für Klinische Radiologie Klinikum der Universität München, Innenstadt Nußbaumstraße 20 80336 München
Szeimies, Ulrike, Dr. med. Radiologie in München Harlaching Grünwalder Straße 72 81547 München
Rand, Thomas, Prof. Dr. med. Radiodiagnostik und MR-Institut Universitätskliniken Lazarettgasse 14 1090 Wien Österreich Stäbler, Axel, Priv.-Doz. Dr. med. Radiologie in München Harlaching Grünwalder Straße 72 81547 München
Trieb, Klemens, Prof. Dr. med. Abteilung Orthopädie Klinikum Frankfurt/Oder Müllroserchaussee 7 15236 Frankfurt/Oder
Systemische Skeletterkrankungen
9.1 Angeborene sklerosierende Knochenerkrankungen T. Link, J. Freyschmidt 9.1.1
Osteopoikilie 1
9.1.2
Osteopathia striata 2
9.1.3
Melorheostose 2 J. Freyschmidt Definition 2 Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen 3 Klinische Symptomatik 4 Radiologische Symptomatik 4 Differenzialdiagnose 12 Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie 13
9.1.4 9.1.5
Gemischtförmige sklerosierende Knochendysplasie 14 Pachydermoperiostose 14 Literatur 16
9.1.1 Osteopoikilie Definition
왔 Die Osteopoikilie ist gekennzeichnet
durch multiple rundliche osteosklerotische Herde im Bereich des gesamten Skeletts.
9
Klinisch ist die Osteopoikilie asymptomatisch und meist ein Zufallsbefund. Die Osteopoikilie findet sich bei Männern und Frauen. Benli et al. (1992) untersuchten 54 Patienten und fanden eine Geschlechtsverteilung männlich:weiblich von 33:20. Bei den meisten der untersuchten Patienten war die Erkrankung auch bei Familienangehörigen nachweisbar, was für eine genetische Ursache der Erkrankung spricht. Benli et al. (1992) postulierten eine autosomal-dominante Vererbung. In bis zu 25% der Fälle zeigen sich neben den ossären auch kutane Veränderungen. Histologisch zeigen die sklerotischen Läsionen das gleiche Bild wie Kompaktainseln oder Enostome. Radiologische Befunde Die röntgenologischen Zeichen sind typisch: Es zeigen sich multiple rundliche oder ovaläre Skleroseareale, bevorzugt periartikulär. Die Verteilung kann symmetrisch sein, besonders im Bereich der Epiphysen und Metaphysen der Röhrenknochen. Es werden sowohl die langen als auch die kurzen Röhrenknochen betroffen (Abb. 9.1 a, b). Seltener sind die Karpal- und Tarsalknochen, das Becken und die Skapula beteiligt (vgl.Abb. 9.1 a,b,Abb. 9.2). Die sklerotischen Veränderungen können im Zeit-verlauf eine Dynamik zeigen, d. h. an Zahl und Größe abnehmen oder zunehmen. Szintigraphisch zeigen die Läsionen in der Regel keine relevante Mehrbelegung.
Abb. 9.1 a, b. Osteopoikilie im Bereich der Hand. a Die konventionelle Röntgenaufnahme der rechten Hand zeigt rundliche, sklerotische Läsionen in den Epiphysen und Metaphysen der Metakarpalia und Phalangen sowie b in den Karpalknochen und im distalen Radius und der Ulna
a
b
2
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
Zwischen den Skleroselinien kann die Spongiosastruktur rarefiziert erscheinen. Im Os ilium zeigt sich gelegentlich eine fächerförmige Anordnung der Skleroselinien. Wie bei der Osteopoikilie besteht keine nennenswerte Aktivitätsmehrbelegung in den sklerotischen Arealen in der Knochenszintigraphie.
Abb. 9.2. In der konventionellen Röntgenaufnahme des Beckens fanden sich als Zufallsbefund multiple noduläre, sklerotische Veränderungen im Os ilium, pubis und ischii im Sinne einer Osteopoikilie. Die Aufnahme wurde zur Lagekontrolle einer Ureterschiene rechts angefertigt
Differenzialdiagnose Die Differenzialdiagnose umfasst osteoplastische Metastasen, die Mastozytose und die tuberöse Sklerose. Die symmetrische Verteilung, die epi- und metaphysäre Ausdehnung, die typische Morphologie sowie die fehlende klinische Symptomatik führen in der Regel nicht zu diagnostischen Problemen. Außer der konventionellen Röntgendiagnostik ist keine weiterführende Bildgebung erforderlich. Zusammenfassende Merksätze ∑ Die Osteopoikilie ist meist ein Zufallsbefund, der durch multiple rundliche sklerotische Läsionen im gesamten Skelett gekennzeichnet ist. ∑ Diese Läsionen liegen meist periartikulär, metaphysär und epiphysär im Bereich der Röhrenknochen.
9.1.2 Osteopathia striata Die Osteopathia striata ist eine sehr seltene Erkrankung, die auch Voorhoeve-Krankheit genannt wird. Wie bei der Osteopoikilie besteht keine klinische Symptomatik. Auch bei der Osteopathia striata liegt eine genetische Ursache vor. Männer und Frauen werden gleichermaßen betroffen und es wird von einer autosomal-dominanten Übertragung ausgegangen. Radiologische Befunde Röntgenologisch zeigen sich linien- und bandförmige Sklerosierungen die sich in den Diaphysen und Metaphysen der langen Röhrenknochen ausdehnen.
Differenzialdiagnose Osteopathia striata, Osteopoikilie und Melorheostose können gemeinsam auftreten. Die Differenzialdiagnose der Osteopathia striata umfasst vertikale Skleroselinien, die als normale Variante auftreten, die adulte Form der Osteopetrose und eher seltener einen Morbus Ollier, bei dem es neben Enchondromen auch zu sklerotischen linienförmigen, metaphysären Verdichtungen kommen kann. Auch hier ist außer der konventionellen Röntgendiagnostik in der Regel keine weitere Bildgebung erforderlich. Eine Variante ist die Osteopathia striata mit kranieller Sklerose. Diese sehr seltene Knochendysplasie geht einher mit Schädeldeformitäten, chronischer Otitis media, Hördefiziten und neurologischen Störungen wie Fazialisparese, Opthalmoplegie und geistiger Retardierung und zeigt die typischen Zeichen der Osteopathia striata an den langen Röhrenknochen (Gay et al. 1994). Zusammenfassende Merksätze ∑ Die Osteopathia striata ist eine seltene sklerosierende Skeletterkrankung, die meist asymptomatisch ist. ∑ Sie ist durch linien- und bandförmige Sklerosierungen, die sich in den Diaphysen und Metaphysen der langen Röhrenknochen ausdehnen, gekennzeichnet.
9.1.3 Melorheostose J. Freyschmidt Synonyme: Osteosis eburnisans monomelia Definition Bei der Melorheostose handelt es sich um eine erworbene mesodermale Störung mit typischen epi- und enossalen sowie in den Weichteilen lokalisierten Knochenneubildungen. An oder in der Kortikalis „fließen“ sie kerzenwachsartig herab. Es dominiert ein segmentaler Befall der Röhrenknochen der oberen oder unteren Extremität, Manifestationen an flachen Knochen sind selten. Bei der klinischen Symptomatik dominieren Schmerzen im befallenen Skelettabschnitt sowie fibrosierende, sklerosierende und auch verknöchernde Weichgewebsveränderungen, gelegentlich in Kombination mit einer lokalisierten Sklerodermie.
9.1 Angeborene sklerosierende Knochenerkrankungen
a
Abb. 9.3 a, b. Sklerotome an der oberen und unteren Extremität (aus Murray und McCredie)
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen Die Ätiologie der nicht vererblichen Melorheostose ist unbekannt. Wegen des auffallenden segmentalen radialen Verteilungsmusters der hyperostotischen Veränderungen (siehe unten) stellten Murray und McCredie (1979) eine Beziehung zu den sogenannten Sklerotomen her. Dabei handelt es sich um Zonen des Skeletts, die durch einzelne sensorische spinale Nerven versorgt werden (Abb. 9.3 a, b). Das Verteilungsmuster unterscheidet sich von den bekannteren segmentalen Dermatomen und Myotomen. Die Autoren spekulieren, ob eine frühe Infektion dieser sensiblen, für den Knochen zuständigen Nerven – in Analogie zum Herpes zoster – zu Narbenbildungen in ihnen führt, in deren Gefolge sich die segmentalen sklerotischen Knochenveränderungen entwickeln. Die häufig assoziierten subkutanen Fibrosen und Weichgewebsverknöcherungen mit Muskelkontrakturen sowie die zirkumskripte Sklerodermie könnten analog als Beteiligung der sensorischen Nervenwurzeln
b
betrachtet werden, die für die entsprechenden Dermatome und/oder Myotome zuständig sind. Heute nimmt man allerdings an, dass die Affektion entsprechender Sklerotome und/oder Dermatome-Myotome mit konsekutiver Differenzierungsstörung des Knochens resp. der Haut und Muskulatur Folge eines erworbenen genetischen Schadens ist, bei dem es durch postzygotische (somatische) Mutation zur Ausbildung eines Mosaiks kommt (Freyschmidt, 2001). Pathologisch-anatomische Studien, die über die Erkenntnisse der radiologischen Veränderungen hinausgehen oder diese besser erklären könnten, sind uns nicht bekannt. Der neu gebildete Knochen hat eine lamelläre Grundstruktur und vielfach Ähnlichkeit mit der Kompakta. Die Trabekel können sklerotisch verdickt sein, ähnlich wie beim Osteom. Auch sind fibrovaskuläre Strukturen im Markraum neben den hyperostotischen Veränderungen gefunden worden (Campbell et al. 1968). Die möglichen assoziierten Weichgewebsveränderungen sind u. a. aus
3
4
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
Knorpelinseln mit enchondraler Ossifikationen aufgebaut. Eine für die Melorheostose spezifische Histologie ist nicht bekannt. Klinische Symptomatik Wenn die Melorheostose ausschließlich auf den Knochen beschränkt ist und nur aus soliden Strängen neugebildeten Knochens besteht, sind Schmerzsymptome eher selten und auch nicht zu erklären. Solche Fälle werden durch Zufall entdeckt. Zusätzlich im Markraum angesiedelte fibrovaskuläre Formationen können aber offensichtlich zu einem erhöhten intraossären Druck führen und damit Schmerzen verursachen (vgl. Abb. 9.9 a–g). Daraus leitet sich übrigens die in solchen Fällen manchmal erfolgreiche umschriebene Dekortikation ab. Schmerzen werden überwiegend durch begleitende Weichgewebsveränderungen in der Region der Skelettmanifestation verursacht (vgl. Abb. 9.6 a–c, Abb. 9.7 a–c, Abb. 9.11 a–c). Solche begleitenden Weichgewebsveränderungen wurden von Morris et al. (1963) in ca. 25% der Fälle gefunden, im eigenen Krankengut hatten 15 von 23 Patienten Schmerzen, die im wesentlichen durch begleitende Weichteilveränderungen bedingt waren (Freyschmidt, 2001). Die Weichgewebsveränderungen bestehen aus subkutanen Fibrosen und Ödemen, aus mehr oder weniger soliden Knorpelformationen, klinisch mit einer Weichgewebsschwellung einhergehend, sowie aus Muskelveränderungen mit Myositis, Myosklerose und Muskelatrophie (vgl. Abb. 9.10 a–g). Die befallene Extremität kann insgesamt verlängert oder auch verkürzt sein. Bei Befall gelenknaher oder gelenkiger Strukturen kann es zu schwersten schmerzhaften Kontrakturen und Gelenkankylosierungen kommen (vgl. Abb. 9.10 a–g, Abb. 9.11 a–c). Bei fast einem Fünftel aller Fälle einer Melorheostose werden fleckige Hyperpigmentierungen, insbesondere über dem befallenen Skelettabschnitt, mit Blut- und Lymphgefäßfehlbildungen und mit einer zirkumskripten Sklerodermie (Sklerodermia cirkumscripta, lokalisierte Skerodermie, Morphaea), gefunden (Freyschmidt und Freyschmidt, 1996). Die Hautveränderungen können den Skelettveränderungen gelegentlich vorauseilen. Veränderungen der Haut beginnen mit einem eher entzündlichen Erscheinungsbild in Form eines fleckförmigen mäßig entzündlichen Erythems, aus dem sich dann schließlich eine gelblich-weißliche harte Platte entwickelt, die von einem fliederfarbenen Erythem (lilac ring) umgeben ist. Später kommt es dann zu einer Atrophie, die überwiegend linear oder bandförmig angeordnet ist.Aus dieser Deskription der klinischen Erscheinungen wird deutlich, dass das gesamte Geschehen – sowohl die Knochen als auch die Weichgewebsveränderungen – eine deutliche entzündliche Komponente hat.
Die Patienten werden zumeist schon sehr früh, spätestens in der 2. und 3. Lebensdekade, symptomatisch (chronischer ziehender und bohrender Knochenschmerz, Weichgewebsschwellungen, Bewegungseinschränkungen bei Gelenksbeteiligung, etc.). Während bei der Melorheostose keine Geschlechtsprädilektion bekannt ist, wird für die zirkumskripte Sklerodermie eine ausgesprochene Gynäkotropie angegeben. Wahrscheinlich liegt das daran, dass die dermatologischen Patienten nie radiologisch untersucht wurden. Ob es für die Kombination von Melorheostose mit zirkumskripter Sklerodermie und anderen Weichgewebsveränderungen eine besondere Geschlechtsprädilektion gibt, kann momentan noch nicht gesagt werden, da systematische Beobachtungen in nur geringer Zahl vorliegen. Klinisch-chemische Veränderungen sind nicht bekannt. In der Literatur werden Kombinationen mit spinalen Lipomen bei einem – seltenen – Befall der Wirbelsäule und mit kalzifiziertem fibrolipomatösen Gewebe im Retropertionealraum vor einem melorheostotisch veränderten Os sacrum berichtet (Raby und Vivian, 1988 bzw. Garver et al., 1982). Das Krankheitsbild ist also bei symptomatischen Patienten in keiner Weise als harmlos einzustufen. Maligne Entartungen der veränderten Gewebsstrukturen sind allerdings selten. Baer et al. (1994) berichten über die Entstehung eines malignen fibrösen Histiozytoms in einer Melorheostose im proximalen Femur, Bostman et al. (1987) über ein Osteosarkom, ebenfalls im Femur. Einen sich auf extraossären melorheostotischen Verknöcherungen entwickelten Nora-Tumor konnten wir im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Knochentumoren (Sitz DKFZ, Heidelberg) beobachten (vgl. Abb. 9.12). Radiologische Symptomatik Die wesentliche Röntgensymptomatik der Melorheostose spiegelt sich in der Namensgebung des Krankheitsbildes wider: Der neugebildete Knochen „fließt“ (rheos, im Griechischen Fluss bedeutend) an der Außen- oder Innenseite der betroffenen Gliedmaße (melos) herab (Abb. 9.4 a–e, Abb. 9.5 a–c, Abb. 9.6 a, Abb 9.7 b, c). Allgemein Der neugebildete Knochen ist sehr dicht und in sich homogen, zumeist viel „weißer“ als die Kortikalis, von der er nicht zu trennen ist.Die äußere Kontur der Knochenneubildungen kann wellig und gelappt (vgl. Abb. 9.6 a, Abb. 9.7 b, c), aber auch linear sein (Abb. 9.4 a–e). Zumeist sitzen die Knochenneubildungen der Kortikalis von außen auf, doch gibt es genausogut enossale, das heißt der Kortikalis von innen anliegende und den Markraum mehr oder weniger ausfüllende Hyperostosen (vgl. Abb. 9.4 d, Abb. 9.8 a, b,
9.1 Angeborene sklerosierende Knochenerkrankungen
b
a
c
Abb. 9.4 a–e. Osteomartige Präsentationen der Meldrheostose. a, b Zufallsbeobachtung bei einer jungen Frau mit enossalseitig lokalisierter Melorheostose im proximalen Fibuladiaphysendrittel. Im MR-Bild (b) keine pathologischen Weichgewebsveränderungen. c Melorheostotische Hyperostose an der fibularseitigen Tibia. Starke klinische Schmerzsymptomatik. Äußerlich fiel eine Verdickung der rechten Unterschenkelweichteile auf, bei Palpation starke Schmerzhaftigkeit. d Ebenfalls symptomatische Patientin mit ausgedehnten, überwiegend enossalseitigen Hyperostosen. Im distalen Tibiadiaphysendrittel sind sie weniger dicht, und es lässt sich vermu-
d
e
ten, dass hier der Prozess noch aktiv ist, was die Schmerzsymptomatik erklären könnte. e 34-jähriger Mann mit ausgedehnten melorheostotischen Veränderungen an der gesamten linken unteren Extremität. Die osteomartige solide Hyperostose an der Tibia stellt nur die Spitze des Eisberges dar, denn es finden sich auch stärkere paraartikuläre Verknöcherungen um das Kniegelenk und Manifestationen am proximalen linken Oberschenkel und am 1. und 2. Strahl sowie an Talus, os naviculare, ossa cuneiformia des linken Fußes. Klinisch rezidivierende Kniegelenksergüsse
5
6
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
a
b
Abb. 9.5 a–c. 43-jähriger Mann mit intermittierenden Schmerzen im linken Unterschenkel. Radiologisch fanden sich melorheostotische Veränderungen auch im proximalen und
b
a
c
mittleren Fibuladiaphysendrittel (a, b). Die Veränderungen im distalen Diaphysendrittel und im Talus sowie auch im Kalkaneus sind szintigraphisch hochaktiv (c)
c
Abb. 9.6 a–c. Klassischer Typ der Melorheostose mit kerzenwachsartiger, an der Fibula herabfließender Hyperostose (a). Zusätzlich ausgedehnte Verknöcherungen im distalen Femur lateralseitig und in den lateralen dorsalen Weichteilen (b), die wiederholt operativ angegangen wurden (unter der Diagnose einer Myositis ossificans). Deutliche Knieschmerzsymptomatik (45-jährige Frau)
9.1 Angeborene sklerosierende Knochenerkrankungen
a
c
b
Abb. 9.7 a–c. Ausgedehnte Melorheostose vom klassischen Typ an der rechten oberen Extremität. Der 36-jährige Patient hatte schon erste Symptome in der Pubertät. Bei unserer Untersuchung fand sich eine erhebliche Druckschmerzhaftigkeit bei ausgedehnter derber subkutaner Fibrose im rechen Unter-
arm vor allem ulnarseitig und im lateralen Handbereich. Es waren auch fokale sklerodermische Veränderungen erkennbar. Der Arm war gebrauchsunfähig. Beachte auch die Weichteilverkalkungen im Axillarbereich (a)
Abb. 9.8 a, b. Osteopathia striataähnliche Form der Melorheostose mit ausgedehnten strangförmigen, wie ein Pfropf im Oberarm steckenden Verknöcherungen. Weitere Manifestationen mit enossalen Hyperostosen am 1. Strahl, am Trapezium und im Os scaphoideum sowie – vom Verteilungsmuster (s. Abb. 9.3) etwas ungewöhnlich – im Os triquetrum. Klinisch beschwerdefrei, Zufallsbeobachtung anlässlich eines Unfalles. Das Szintigramm im Handbereich war positiv (31jähriger Mann)
a
b
7
8
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
a
b
c
e
d
f
Abb. 9.9 a–g. Osteopathia striata-ähnlicher Typ der Melorheostose am linken Oberarm (41-jährige Frau mit starken dumpfen, in der Tiefe lokalisierten Schmerzen im gesamten linken Oberarm). Äußerlich unauffällig. Die hyperostotischen Veränderungen liegen ausschließlich enossalseitig. Vom Verteilungsmuster her gehören sie zu den Sklerotomen C5 bis C7.
g
Die CT-Schnitte in f zeigen auch eine Mitbeteiligung der Skapula und des Proc. coracoideus. In der MRT (c–e) keine die Schmerzsymptomatik erklärenden Weichgewebsveränderungen. Offensichtlich muss der Prozess im Knochen noch aktiv sein, was zu einer intraossären Druckerhöhung mit entsprechender Schmerzsymptomatik geführt hat
9.1 Angeborene sklerosierende Knochenerkrankungen
a
b
c
d
f
e
g
Abb. 9.10 a–g. Osteopathia striata-ähnliche Melorheostose mit Manifestationen im linken Becken, sowie an der linken unteren Extremität einschließlich Fuß (8-jähriges Mädchen). Klinisch Abduktionskontraktur des linken Hüftgelenkes, Halux valgus links und fehlstehende 4. Zehe (g). Am linken Oberschenkel ist lateralseitig eine strangartige Verhärtung zu tasten. Dort sieht man im CT eine deutliche Muskelatrophie und eine Art von strangförmiger Narbe (c und d). Die Abduktionskontraktur des linken Hüftgelenkes wird auch an der Fehlstellung im Übersichtsbild deutlich (a). Hyperostotische Veränderungen im linken Os ilium, im CT exzentrisch links dorso-lateral gelegen (b). Die hyperostotischen Veränderungen in der Fibula, im Talus, Kalkaneus, Os naviculare, Os cuneiforme III und im 2. bis 4. Strahl haben eine mehr streifenförmige Anordnung. In dieser Region keine Schmerzsymptomatik. Es fanden sich bei der kleinen Patientin auch Hautveränderungen mit Cafè-au-lait-Hyperpigmentierung an der Oberschenkelstreckseite und atrophische Herde (Morphea) am Stamm
9
10
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
b
a
Abb. 9.11 a–c. Deutliche Verknöcherungen in den medialen Knieweichteilen, gemischt mit strangförmigen Verdichtungen im distalen Femur und in der Tibia (hier nicht dargestellt) bei einem 36jährigen Mann mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk. Klinisch deutliche subkutane Fibrose. Es waren mehrere Operationen im Kniegelenk vorausgegangen mit histologischen Diagnosen, die vom paraossalen Osteosarkom bis zur Myositis ossificans reichten. Beachte in den CT-Schnitten die sehr dichten klumpenartigen Verknöcherungen medial vom Femur. Sie liegen in strangförmigen Weichgewebsformationen, die im Gelenk bis zur Patella hinziehen
c
Abb. 9.9 a–g, Abb. 9.10 a–g). Die hyperostotischen Veränderungen sind überwiegend exzentrisch angeordnet,das heißt an einer Seite des Knochens gelegen. Der bildliche Vergleich mit Kerzenwachs, der außen oder innen an einer Kerze herabfließt, ist in den meisten Fällen berechtigt. Neben diesen klassischen Hyperostosen gibt es Osteopathia striata-ähnliche Hyperostosen, die strangförmig in den Röhrenknochen wachsen und wie Pfropfen in ihnen stecken (vgl. Abb. 9.8 a, Abb. 9.9 a–g). Schließlich sind Mischformen zu beobachten (vgl. Abb. 9.7 a–c). Speziell In der überwiegenden Zahl der Fälle sind die großen Röhrenknochen betroffen, vor allem die der unteren Extremität, dabei fast ausschließlich einseitig. Es können nur ein, aber auch mehrere große und kleine Röhrenknochen einer Extremität involviert sein. Manifestationen an den Rippen, am Becken und insbesondere an der Wirbelsäule sind selten (Garver et al. 1982; Raby und Vivian,1988; Goldman et al. 1993). Wir konnten einen Osteopathia striata-ähnlichen Fall mit fleck- und strangförmigen Hyperostosen im Becken beobachten. Noduläre und konglomeratartige Veränderungen, vor allem in Gelenknähe, können vorkommen (vgl. Abb. 9.6 a–c, Abb. 9.7 a–c). Selten präsentieren sich einmal Fälle, bei deren die tumorartigen Weichgewebsverknöcherungen dominieren und die juxta- und intraossären Verknöcherungen eher in den Hintergrund treten (vgl. Abb. 9.11 a–c). Über die CT- und MRT-Morphologie möglicher assoziierter
Weichgewebsveränderungen gibt es bisher wenig Literatur. Wir haben erst in jüngerer Zeit begonnen, diese näher zu untersuchen, insbesondere im Zusammenhang mit paraartikulären Verknöcherungen. Das MR-tomographische Bild dürfte je nach Akuität des Krankheitsgeschehens mit entsprechend unterschiedlichem Protonengehalt des fibrotischen und knorpeligen Gewebes variabel ausfallen. Yu et al. (1995) beschreiben bei einem Fall das Signalverhalten der extraossären, paraartikulären Veränderungen ähnlich wie bei den intraossären. Die noch floriden – entzündlich anmutenden – fibrovaskulären Anteile der Läsion zeigten einen Signalintensitätsanstieg in den T2-gewichteten Bildern und nach Gadolinium-Gabe (in T1gewichteten Bildern). Die myositischen Veränderungen dürften mit seiner Signalintensitätsverstärkung im T2-gewichteten Bild einhergehen, bei Signalreduktion im T1-gewichteten Bild. Im CT-Bild fanden wir bisher bei subkutanter Fibrose eine amorphe Dichteerhöhung des subkutanen Fettgewebes und diffuse strangförmig inhomogene Weichgewebsverdichtungen, häufig mit eingelagerten, relativ soliden Ossifikationen (vgl. Abb. 9.11 a–c). Auch erhebliche Muskelatrophien konnten wir beobachten (vgl.Abb. 9.10 a–g). Bei starker klinischer Schmerzsymptomatik gilt es, die Ursache der Schmerzsymptomatik zu lokalisieren, denn diese kann sowohl (selten) durch die rein intraossären Veränderungen, als auch durch die entzündlich-schrumpfenden Veränderungen im subkutanen Gewebe und in der Muskulatur, bedingt sein. Finden sich Involvierungen der sensiblen Nerven (z. B. N. sa-
9.1 Angeborene sklerosierende Knochenerkrankungen
b
a
e
c
d
Abb. 9.12 a–e. Ungewöhnlicher Fall einer Melorheostose im Kleinzehenbereich der linken Seite mit enossalen und paraossalen Verknöcherungen. Die 54-jährige Patientin war erst nach einer längeren Wanderung symptomatisch geworden mit Schmerzen im Bereiche der starken knolligen Weichteilformationen. Diese wurden operativ entfernt. Histologisch wurden in der Arbeitsgemeinschaft für Knochentumoren (Sitz Deutsches Krebsforschungszentrum in Heidelberg) sowohl ein paraossales Osteosarkom als auch ein Nora-Tumor (als reaktiver
Prozess über den prominenten Verknöcherungen) diskutiert. Letztere Diagnose wurde dann schließlich mehrheitlich angenommen. Grundsätzlich ist allerdings zu diskutieren, ob die knorpelige Komponente (siehe histologischer Schnitt in e, oben rechts im Bild) nicht als Teil der Melorheostose aufzufassen ist (siehe Text). Eindrucksvoll stellen sich die proliferativen Veränderungen im MR-Tomogramm nach Kontrastmittelgabe (b, c) dar. Deutliche Aktivitätsanreicherungen im Szintigramm (d)
phenus magnus), könnte eine Neurolyse unter Umständen hilfreich sein. Die Sinnhaftigkeit von CTund/oder MRT-Untersuchungen bei Gelenksbeteiligungen (mit verknöchernden tumorartigen paraartikulären Formationen, Kontrakturen, etc.) dürfte sich aus der durchaus bestehenden Möglichkeit einer operativen Intervention ableiten. Die Skelettszintigraphie ist bei einem floriden Krankheitsgeschehen, zumeist von starken Schmerzen begleitet, positiv, das heißt der radioaktive Tracer lagert sich in die hyperostotischen, myositischen und fibrotischen Veränderungen verstärkt ein (vgl. Abb. 9.5 a–c, Janousek et al. 1976; Whyte et al. 1978). Damit wird die Aktivität des Krankheitsbildes widergespiegelt. Ruhende und manchmal durch Zufall entdeckte melorheostotische Veränderungen lagern den radioaktiven Tracer jedoch kaum oder nur in geringem Ausmaße ein. Zur Differenzialdiagnose trägt die Szintigraphie nicht bei. Aus dem bisher Beschriebenen leiten sich – unter anderem auch auf der Basis
von 23 von uns selbst beobachteten Fällen – 5 radiologische Grundformen der Melorheostose ab (Freyschmidt, 2001):
∑ Die osteomartige Form, die mit länglichen, außen auf dem Knochen (paraossales Osteom) oder innen auf der Kompakta (Enostom) sitzenden Hyperostosen einhergeht (vgl Abb. 9.4 a–e, Abb. 9.5 a–c). ∑ Die kerzenwachsartige klassische Form mit mehr oder weniger langstreckigen, nach außen zu welligen, zumeist exzentrisch angeordneten soliden Hyperostosen (vgl. Abb. 9.6 a, Abb. 9.7 b, c). ∑ Die Myositis ossificans-ähnlichen konglomeratartigen und nodulären Verknöcherungen, vor allem in Gelenknähe (vgl. Abb. 9.6 b, c, Abb. 9.11 a–c, Abb. 9.12 a–e). ∑ Die Osteopathia striata-ähnliche Form (vgl. Abb. 9.8 a, Abb. 9.9 a, b, Abb. 9.10 b, f). ∑ Gemischte Formen.
11
12
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
Differenzialdiagnose Die Differenzialdiagnose leitet sich aus den oben beschriebenen radiologischen Grundformen ab:
쐍 Beim osteomartigen Typ stellt sich die Differenzialdiagnose zum Osteom und zum Osteoidosteom. Osteome (kortikale bzw. parossale und enossale) liegen ebenfalls direkt der Kortikalis an, das heißt sie sind von ihr nicht zu trennen, zumeist sind sie aber kleiner. Während man bei einem Längsdurchmesser (der Längsachse des Knochens folgend) von unter 3 cm eher ein paraossales oder enossales Osteom annehmen sollte, sind größere Dimensionen eher der Melorheostose zuzuordnen. Möglicherweise entsprechen manche schmerzhaften kortikalen Osteome sogar einer „forme fruste“ der Melorheostose. Die Differenzialdiagnose ist letzten Endes bedeutungslos. Geht der Befund mit Schmerzen einher, sollte er operativ entfernt werden. Das kortikale Osteoidosteom mit sehr dichter reaktiver Hyperostose und darin kaum erkennbarem Nidus kann durchaus ähnliche Bilder wie die monostotische Melorheostose verursachen, erfahrungsgemäß sind jedoch die Schmerzen bei kürzerer Anamnese wesentlich intensiver und durch Aspirin beeinflussbar. Für eine Melorheostose sprechen immer weitere Manifestationen in den benachbarten Knochen, daher sollte bei entsprechendem Verdacht – wie oben erwähnt – die gesamte Extremität röntgenologisch untersucht werden. Das Fehlen eines Double-density-Zeichens im Skelettszintigramm spricht ebenfalls für eine Melorheostose. Schließlich wird die Melorheostose durch den fehlenden Nachweis eines Nidus (mit CT und/oder MRT) diagnostisch gesichert.
쐍 Der klassische Typ mit dem Bild des am oder im Knochen herabfließenden Kerzenwachses zwingt die Differenzialdiagnose zum juxtakortikalen Osteosarkom auf. Die meisten juxtakortikalen Osteosarkome (sowohl die periostalen als auch die paraossalen) sind nicht so dicht wie die Melorheostose. Der Querdurchmesser der Tumoren ist zumeist größer als bei der Melorheostose, und es finden sich insbesondere beim periostalen Osteosarkom umschriebene Kortikalisdestruktionen. Das paraossale Osteosarkom wächst zumeist von seinem Ursprungsort über die benachbarte Kortikalis, das heißt es wird ein feiner Spalt zwischen der tumorösen Hyperostose und der Kortikalis erkennbar. Im Computer- und im Magnetresonanztomogramm verfügt das juxtakortikale Osteosarkom nahezu immer über einen aktiven, nichtossifizierten Weichgewebsanteil, der der Verknöcherung peripher direkt aufsitzt und im T2-gewichteten Bild signalintensiv ist und deutlich Kontrastmittel aufnimmt. Beim periostalen Typ des juxtakortikalen Osteosarkoms finden sich peripher zumeist Spikulabildungen. Den ungewöhnlichen Fall einer Melorheostose am Os
ilium, am und im Femur sowie in den angrenzenden Weichteilen, der komplett ein überwiegend juxtakortikal wachsendes Osteosarkom imitierte, beschrieben Khurana et al. (1988).
쐍 Der Myositis ossificans-ähnliche,mit nodulären und konglomeratartigen Verknöcherungen einhergehende Typ ist von der Myositis ossificans abzugrenzen. Die Myositis ossificans durchläuft typische Stadien, während sich die Melorheostose zumeist mit einem gleichbleibenden Bild präsentiert. Im noch nicht ossifizierten Stadium der Myositis ossificans (mit spindelzelliger Proliferation und primitivem fibroblastischen nichtverknöcherten Osteoid) stellt sich lediglich eine Weichgewebsmasse dar, die hochvaskularisiert ist. In der 2. Woche kommt es zur Bildung von primitivem Knorpel und Bindegewebsknochen, der mit CT sichtbar wird und spätestens nach 2 bis 5 Wochen trabekulär ausdifferenziert. Röntgenologisch lassen sich spätestens nach 3 Wochen undifferenzierte wolkige Weichgewebsverkalkungen und nach 6 Wochen erste solide trabekuläre Strukturen erkennen. Typischerweise ist die Myositis ossificans trizonal aufgebaut mit den solideren Strukturen peripher und nichtossifizierten Strukturen zentral. Die von uns bisher beobachteten Weichgewebsossifikationen bei Melorheostose sind – über ihre Befundkonstanz hinausgehend – nicht in sich strukturiert, das heißt sie weisen keine erkennbaren Spongiosastrukturen wie die Myositis ossificans auf. Sie liegen in unspezifischen umgebenden strangförmigen Weichgewebsformationen und zeigen keine Tendenz zu einem trizonalen Aufbau. Eine weitere Differenzialdiagnose der paraossären Verknöcherungen stellt das auf dem Boden einer Chondromatose entstandende synoviale Chondrosarkom dar. Bei diesem seltenen Tumor lässt sich aber mit Hilfe der Schnittbildverfahren nicht nur eine solide größere zusammenhängende Tumormasse erkennen, sondern auch der lobuläre chondromatöse Aufbau mit entsprechendem Kalzifikationsmuster.
쐍 Bei dem Osteopathia striata-ähnlichen Typ wird vorgegebenermaßen die Differenzialdiagnose zu einer Osteopathia striata gelegentlich schwierig, da es Osteopathia striata-Manifestationen gibt, die mit ausgesprochen breiten streifigen Hyperostosen im Knochen einhergehen. Bei solchen differenzialdiagnostischen Abgrenzungsschwierigkeiten können die zusätzlichen dermatologischen Veränderungen hilfreich sein. So kann die Osteopathia striata mit fokalen Hauthypoplasien einhergehen; dann spricht man von einem Goltz-Gorlin-Syndrom (Freyschmidt und Freyschmidt, 1996). Möglicherweise kommen Osteopathia striata und Melorheostose auch zusammen vor, dann kann man solche Veränderungen als „mixed sklerosing bone dystrophy oder dysplasia“ klassifizieren.
9.1 Angeborene sklerosierende Knochenerkrankungen Tabelle 9.1. Differenzialdiagnose der Melorheostose zu anderen dysplastischen, tumorösen und reaktiven Hyperostosen
a b
Größe
Anamnese
Schmerz Radiologie
MR/CT
Szintigrafie
Melorheostose
> 3 cm Längsdurchmesser
lang
ja
sehr dicht, kerzenwachsartig
Subkutane Fibrose Myositisbild Muskelatrophie
negativ bis mäßige Anreicherung oligo-polytop
Osteom (parossales)
< 3 cm Längsdurchmesser
Zufallsbefund
nein
sehr dicht, glatt begrenzt
kein Weichgewebsanteil
negativ
Osteoidosteom
reaktive Sklerose von 2–10 cm
kurz
ja
mäßig dicht
zentraler Nidus
double densityZeichen solitär
juxtakortikales Osteosarkom
ca. 2–10 cm
ca. 3 Mon. – 1 Jahr
ja
mäßig – sehr dicht
peripherer Weichgewebsanteil a
starke Anreicherung auch im nicht verknöcherten Bereich
Myositis ossificans
ca. 1–10 cm
14 Tage – 2 Mon.
ja
früh: amorph spät: strukturiert
zentraler Weichgewebsanteil b
früh: Alle 3 Phasen stark positiv spät: schwächer positiv
Melorheostose vom Myositisossificans-Typ
Einzelherde ca. 1–2 cm
lang
ja
irregulär, konglomeratartig
streifige fibrotische leicht bis mäßig Veränderungen positiv um Verknöcherungen
Osteopathia striata
ca. 2–5 mm breit Zufallsca. 1–5 cm lang befund
nein
strichförmig
kein Weichgewebsanteil
negativ
umgekehrt trizonaler Aufbau. trizonaler Aufbau.
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die radiologische Diagnose der typischen Melorheostose (siehe unten) wird ausschließlich mit Hilfe des Röntgenbildes auf der Basis der Projektionsradiographie gestellt. Finden sich melorheostotische Veränderungen in irgendeinem Knochen der oberen oder unteren Extremität, dann sollte diese komplett dargestellt werden (bei der oberen Extremität von der Skapula bis einschließlich Hand; bei der unteren Extremität vom Becken bis einschließlich Fuß). Wenn stärkere klinische Beschwerden bestehen, für die rein äußerlich kein Korrelat zu finden ist, empfiehlt sich eine zusätzliche Weichgewebsdiagnostik mit MRT, um nach KnorpelKnorpelformationen in den Weichteilen, nach myositischen, myosklerotischen, subkutan-fibrotischen Veränderungen zu suchen. Die Knochenveränderungen allein vermögen zumeist nicht eine stärkere Schmerzsymptomatik zu erklären. Bei klinisch erkennbaren Weichgewebsschwellungen oder tastbaren subkutanen Verhärtungen etc. ist selbstverständlich ebenfalls eine Weichgewebsdiagnostik mit MRT angezeigt, wobei es auch darauf ankommt, den Verlauf sensibler Nerven darzustellen, die in das entzündliche und narbige Geschehen involviert sein können. Daraus lassen sich eventuell Schlüsse auf die Notwendigkeit einer gezielten Schmerzausschaltungstherapie oder einer Neurolyse ziehen. Bei röntgenologischem Nachweis von paraossalen und vor allem paraartikulären Verknöche-
rungen sollte ebenfalls eine additive Untersuchung mit Schnittbildverfahren erfolgen,aus denen sich eventuelle Indikationen für chirurgische Interventionen (mit Resektion der mechanisch ein Gelenk behindernden Verknöcherungen) ableiten lassen. Die Skelettszintigraphie ist für die Ausbreitungsdiagnostik weniger geeignet,da inaktive hyperostotische Veränderungen den Tracer nicht verstärkt anreichern. Nur in aktiven oder „floriden“ Zonen ist dieses der Fall. Daraus folgt, dass man die Methode zur Aktivitätsbeurteilung der Melorheostose in speziellen Fällen einsetzen kann. Die Szintigraphie kann bei der Differenzialdiagnose gegenüber einem längerstreckigen kortikalen Osteoidosteom hilfreich sein, denn im Falle eines Osteoidosteoms findet sich fast ausschließlich das sogenannte Double-density-Zeichen (der Nidus lagert stärker den Tracer ein als die umgebende reaktive Sklerose). Zusammenfassende Merksätze ∑ Auf der Knochenober- oder -innenfläche herabfließende zusammenhängende extreme Verdichtungen mit segmentalem radialen Verteilungsmuster, Befall zumeist nur einer Extremität, eines oder mehrerer Knochen. ∑ Myositis ossificansähnliche Veränderungen in den Weichteilen, insbesondere paraartikulär. ∑ Assoziierte Weichgewebsveränderungen mit zirkumskripter Sklerodermie, subkutaner Fibrose, Myositis und Myosklerose kommen vor.
13
14
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
9.1.4 Gemischtförmige sklerosierende Knochendysplasie Definition
왔 Unter der gemischtförmigen sklero-
sierenden Knochendysplasie versteht man eine Erkrankung, bei der zwei oder alle drei der Krankheitsbilder Osteopoikilie, Osteopathia striata und die Melorheostose gemeinsam auftreten. Nach Resnick u. Niwayama (1989) werden vier Erscheinungsbilder der gemischtförmigen sklerosierenden Knochendysplasie unterschieden (Abb. 9.13, Tabelle 9.2): 1. Eine Kombination aus Osteopoikilie, Osteopathia striata, Melorheostose und fokaler Osteosklerose, 2. Osteopathia striata und kranielle Sklerose mit oder ohne Osteopoikilie,
3. Osteopathia striata, generalisierte kortikale Hyperostose und Verbreiterung der Knochen metadiaphysär mit oder ohne kranielle Sklerose und Osteopoikilie der Rippen, 4. Osteopoikilie mit periostalen Proliferationen diaphysär. Diese Erkrankungsbilder sind nicht selten assoziiert mit Lymphektasien, kapillären Hämangiomen, arteriovenösen Malformationen und einem Morbus Trevor (Dysplasia epiphysealis hemimelica). 9.1.5 Pachydermoperiostose Definition
왔 Die idiopathische Pachydermoperi-
ostose wird auch primäre hypertrophische Osteoarthropathie oder Touraine-SolenteGolé-Syndrom genannt und ist gekennzeichnet durch typische Haut- und Weichgewebeveränderungen sowie durch periostale Verdickungen, die häufig unscharf begrenzt sind und sich vorzugsweise entlang der Röhrenknochen ausdehnen. Die Pachydermoperiostose ist sehr selten. Bei nur 3–5% der Fälle mit hypertrophischer Osteoarthropathie handelt es sich um eine primäre, angeborene Form.
Abb. 9.13. T1-gewichtete MRT des proximalen Femurs und des Beckens in koronarer Schichtführung. Bild einer gemischtförmigen, sklerosierenden Knochendysplasie mit rundlichen (Trochanter major) und bandförmigen (Schenkelhals) Sklerosezonen sowie Aspekt einer Melorheostose im proximalen Femurschaft
Klinik Die Pachydermoperiostose ist ein klinisches Syndrom mit Periostreaktionen, Arthralgien, Synovialitis, Trommelschlegelfingern und -zehen, Uhrglasnägeln und lokalen vegetativ-nervösen Störungen (Hyperhidrose der Handflächen und Fußsohlen). Typisch sind jedoch die Haut- und Unterhautveränderungen mit tatzenartig verdickten Händen und Füßen, Verdickung der Unterarme und Beine sowie die Verdickung und Furchung der Gesichts und der behaarten Kopfhaut. Letzeres wird als Cutis verticis gyrata bezeichnet. Die Pachydermoperiostose ist eine hereditäre androtrope Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang, der jedoch eine variable Expression zeigt. Die Erkrankung beginnt in der Regel in der Adoleszenz und zeigt unterschiedliche Erscheinungsmuster mit dem Vollbild der Erkrankung (periostale Appositionen, Pachydermie und Cutis verticis gyrata), unvollständiger Expression (Kopfhaut wird ausgespart) oder einer „forme fruste“ (Pachydermie mit diskreter oder fehlender periostaler Reaktion). Die Erkrankung bildet sich über etwa 10 Jahre aus und kommt dann zum Stillstand. Durch Ausdehnung des Verknöcherungsprozesses auf die Bänder und Gelenkkapseln kann es selten zu körperlichen Behin-
9.1 Angeborene sklerosierende Knochenerkrankungen Tabelle 9.2. Differenzialdiagnose der Erkrankungen mit diffusen periostalen Appositionen. (Nach Resnick et al. 1989) Erkrankung
Lokalisation
Radiologische Kennzeichen
Pachydermoperiostose
Tibia, Fibula, Radius, Ulna, seltener Femur, Humerus, Karpus, Tarsus, Metakarpalia, Metatarsalia, Phalangen, Becken
Diaphysäre, metaphysäre und epiphysäre unregelmäßig begrenzte periostale Appositionen, Trommelschlegelfinger, Hautveränderungen, ligamentäre Verkalkungen
Sekundäre hypertrophe Osteoarthropathie
Tibia, Fibula, Radius, Ulna, seltener Femur, Humerus, Metakarpalia, Metatarsalia, Phalangen
Diaphysäre und metaphysäre relativ scharf begrenzte, lineare periostale Appositionen, Trommelschlegelfinger, periartikuläre Osteoporose, Weichteilschwellung
Venöse Stase
Tibia, Fibula, Femur, Metatarsalia, Phalangen
Diaphysäre und metaphysäre relativ scharf begrenzte, undulierende periostale Appositionen, Verdickung der Kortikalis, Weichteilschwellung und -ossifikation, Ulzeration, Plebolithen
Thyreoidale Akropachie
Metakarpalia, Metatarsalia, Phalangen
Diaphysäre, radialseitig betonte, z. T. spikulär begrenzte periostale Appositionen, die solide und sehr dicht erscheinen, Schilddrüsensymptome
Hypervitaminose A
Ulna, Metatarsalia, Klavikula, Tibia, Fibula
Diaphysäre, undulierende periostale Appositionen, epiphysäre Deformierungen, Weichteilverkalkungen
Infantile kortikale Hyperostose (Morbus Caffey)
Mandibula, Klavikula, Skapula, Rippen, Röhrenknochen
Periostappositionen und kortikale Hyperostose, kann sehr ausgedehnt sein, mit Deformierungen und Weichteilverkalkungen
derungen kommen mit Bewegungseinschränkung, vermehrter Kyphose und neurologischen Symptomen. Die Lebenserwartung ist normal. In der Literatur wird die Therapie mit Bisphosphonaten als hilfreich beschrieben (Guyot-Drouot et al. 2000). Radiologische Befunde Röntgenologisch ist das Hauptmerkmal der Pachydermioperiostose eine periostale Apposition an den Röhrenknochen der Extremitäten. Periostale Verdickungen werden auch an der Schädelkalotte sowie an der Schädelbasis beobachtet. Im Gegensatz zur sekundären hypertrophischen Osteoarthropathie werden nicht nur die Diaphysen und Metaphysen der Röhrenknochen betroffen sondern auch die Epiphysen. Bei der Pachydermioperiostose sind die periostalen Anbauten meist relativ unscharf begrenzt, während sie bei der sekundären hypertrophischen Osteoarthropathie glatt begrenzt und linear sind. Auch finden sich bei der Pachydermioperiostose selten periostale Veränderungen am Becken, insbesondere dem Os ischii, der Symphyse, dem Acetabulum und den Beckenkämmen. In fortgeschrittenen Stadien kann es zu Osteolysen an den distalen Phalangen und zu ligamentären Ossifikationen kommen. Auch Gelenkkapsel, Menisken und Disci können ossifizieren. Synostosen können bevorzugt interkarpal, intertarsal und im Bereich der Symphyse auftreten. An den Gelenken kann es zur Synovialitis kommen, gelenknahe periostale Anbauten führen in fortgeschrittenen Fällen zu Bewegungseinschränkungen.
Differenzialdiagnose Die wichtigste Differenzialdiagnose der Pachydermioperiostose ist die sekundäre hypertrophische Osteoarthropathie. Diese zeigt in der Regel jedoch nur eine meta- und diaphysäre Ausdehnung, tritt meist nicht am Achsenskelett auf, und die periostalen Appositionen sind schärfer begrenzt und linear. In der Regel haben die Patienten mit einer sekundären hypertrophischen Osteoarthropathie eine kürzere Anamnese, und die Erkrankung manifestiert sich im Erwachsenenalter (Ausnahme sind angeborene Herzfehler). Die Pachydermoperiostose tritt dagegen in der Adoleszenz auf, und häufig besteht bereits eine Familienanamnese, die auf eine hereditäre Erkrankung schließen lässt. Eine weitere Differenzialdiagnose ist die thyreoidale Akropachie, bei der die Periostreaktionen jedoch meist nur an den Händen und Füßen auftreten und spikulär konfiguriert sein können. Auch die Klinik ist mit Hyperthyreose und Zustand nach Therapie meist sehr typisch. Klinisch lässt sich in der Regel auch die Akromegalie gut von der Pachydermioperiostose abgrenzen. Zusammenfassende Merksätze ∑ Die Pachydermioperiostose ist eine angeborene Erkrankung, die in der Adoleszens manifest wird und mit symmetrischen, periostalen Anbauten an den Röhrenknochen dia-, metaund epiphysär einhergeht. ∑ Typisch ist eine Vergröberung des Hautreliefs an den Unterschenkeln und den Unterarmen sowie an Gesichts- und Kopfhaut.
15
16
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
Literatur Baer SC, Ayala AG, Ro JY et al. (1994) Malignant fibrous histiocytoma of the femur arising in melorheostosis. Case report 843, Skeletal Radiol 23:310 Benli I,Akalin S, Boysan E, Mumcu E, Kis M, Turkoglu D (1992) Epidemiological, clinical and radiological aspects of osteopoikilosis. J Bone Joint Surg Br 74:504–506 Bostman OM, Homstrom T, Riska E (1987) Osteosarcoma arising in a melorheostosic femur. J Bone Joint Surg (Am) 69:1232 Campbell CJ, Papademetriou T, Bonfiglio M (1968) Melorheostosis. A report of clinical roentgenographic and pathological findings in fourteen cases. J Bone Joint Surg (Am) 50:1281 Freyschmidt J (1997) Skeletterkrankungen – klinisch-radiologische Diagnose und Differenzialdiagnose. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo Freyschmidt J, Freyschmidt G (1996) Haut-, Schleimhaut- und Skeletterkrankungen. Skibo-Diseases. Springer, Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo Freyschmidt J (2001) Melorheostosis: a review of 23 cases. Eur Radiol 11:474 Garver P, Resnick D, Haghighi P et al. (1982) Melorheostosis of the axial skeleton with associated fibrolipomatous lesions. Skeletal Radiol 9:41 Gay BJ, Elsas L, Wyly J, Pasquali M (1994) Osteopathia striata with cranial sclerosis. Pediatr Radiol 24:56–60 Goldman AB, Schneider R, Huvos AS et al. (1993) Melorheostosis presenting as two soft-tissue masses with osseous changes limited to the axial skeleton. Case report 778. Skeletal Radiol 22:206 Guyot-Drouot M, Solau-Gervais E, Cortet B et al. (2000) Rheumatologic manifestations of pachydermoperiostosis and preliminary experience with bisphosphonates. J Rheumatol 27:2418–2423 Janousek J, Preston DF, Martin NL et al. (1976) Bone scan in melorheostosis. J Nucl Med 17:1106 Kessler HB, Recht MP, Dalinka MK (1983) Vascular anomalies in association with osteodystrophies – a spectrum. Skeletal Radiol 10: 95 Khurana JS, Ehara SH, Rosenberg AE (1988) Case report 510. Melorheostosis of ilium, femur and adjacent soft tissues. Skeletal Radiol 17:539 Maxwell JR,Yao L, Eckhardt JJ (1994) Densely calcifying synovial sarcoma of the hip metastatic to the lungs. Case report. Skeletal Radiol 23:673 Morris JM, Samilson RL, Corley CL (1963) Melorheostosis. Review of the literature and report of an interesting case with a nineteen-year follow-up. J Bone Joint Surg (Am) 45:1191 Murray RO, McCredie J (1979) Melorheostosis and the sclerotomes: a radiological correlation. Skeletal Radiol 4:57 Raby N,Vivian G (1988): Case report 478. Melorheostosis of the axial skeleton with associated intrathecal lipoma. Skeletal Radiol 17:216 Resnick D, Niwayama G (1989) Enostosis, hyperostosis and periostitis. In: Resnick D (eds) Bone and joint imaging. WB Saunders, Philadelphia London Toronto Montreal Sydney Tokyo, pp 1233–1251 Whyte MP, Murphy WA, Siegel BA (1978) 99m Tc-pyrophosphate bone imaging in osteopoikilosis, osteopathia striata and melorheostosis. Radiology 127:439 Yu JS, Resnick D,Vaughan LM et al. (1995) Melorheostosis with an ossified soft tissue mass: MR features. Skeletal Radiol 24:367
9.2 Erworbenene sklerosierende Knochenerkrankungen T. Link 9.2.1
Sekundäre hypertrophische Osteoarthropathie 16
9.2.2
Infantile kortikale Hyperostose 18
9.2.3
Hyperostosis frontalis interna 19
9.2.4
Chronisch venöse Insuffizienz 19
9.2.5
Diffuse idiopathische Skeletthyperostose 21 Literatur 25
9.2.1 Sekundäre hypertrophische Osteoarthropathie Die sekundäre hypertrophische Osteoarthropathie wird auch Pierre-Marie-Bamberger-Syndrom oder symptomatische Pachydermoperiostose genannt. Das radiologisch führende Merkmal sind lineare bilaterale periostale Knochenreaktionen an den Metaphysen und Diaphysen der langen und kurzen Röhrenknochen, Trommelschlegelfinger und Arthralgien. Von den hypertrophischen Osteoarthropathien ist die erworbene, sekundäre Form mit Abstand die häufigste (s. Abschn. 9.1.5,„Pachydermoperiostose“). Ätiologie Häufig liegt eine intrathorakale Erkrankung zugrunde, wie z. B. ein Bronchialkarzinom, Lungenmetastasen, ein Pleuramesotheliom und ein Morbus Hodgkin. 1–12% der Patienten mit einem Bronchialkarzinom entwickeln eine sekundäre hypertrophische Osteoarthropathie. Auch nichtneoplastische Erkrankungen wie ein chronisches Pleuraempyem, ein Lungenabszess, Bronchiektasen oder ein Lungenemphysem können zu einer sekundären hypertrophischen Osteoarthropathie führen. Bei Kindern kann die Erkrankung durch zyanotische Herzfehler, eine zystische Fibrose, einen Morbus Hodgkin oder intrapulmonale Tumoren hervorgerufen werden. In seltenen Fällen ist die Ursache eine Enteritis regionalis Crohn, eine Colitis ulcerosa, eine Leberzirrhose, ein hepatozelluläres Karzinom und ein Ösophaguskarzinom. Klinik Trommelschlegelfinger sind typischerweise mit der sekundären hypertrophischen Osteoarthropathie assoziiert. Knochenschmerzen und Arthralgien sind ein häufiger Befund. Die Erkrankung kann eine ähnliche Symptomatik zeigen wie die rheumatoide Arthritis mit Morgensteifigkeit, Bewegungseinschränkung und ergussbedingt geschwollenen, schmerzhaften Gelenken. Meist sind die Kniegelenke,
9.2 Erworbenene sklerosierende Knochenerkrankungen
die Sprunggelenke, die Handgelenke, die Ellbogengelenke und die Metakarpophalangealgelenke betroffen. Nach Tumorresektion, Radiatio oder Chemotherapie bilden sich die Knochenveränderungen und die Beschwerdesymptomatik bei neoplastischer Ursache in der Regel relativ rasch zurück. Sie treten bei einem Tumorrezidiv aber wieder auf. Auch operative Eingriffe wie eine Vagotomie können zu einer Remission führen. Radiologische Befunde Hauptkennzeichen der sekundären hypertrophischen Osteoarthropathie sind periostale Appositionen, die typischerweise an den proximalen Diaphysen der Tibia und Fibula (Abb. 9.14 a, b) sowie des Radius und der Ulna lokalisiert sind. Seltener finden sie sich auch im Bereich des Femurs, Humerus, der Metakarpalia, Metatarsalia und der Phalangen. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer metaphysären Ausdehnung der periostalen Veränderungen, in der Regel sind die Epiphysen jedoch nicht betroffen. Sehr selten kommt es zu einer Beteiligung der Skapula, Klavikula, der Rippen, Wirbelsäule und des Schädels. Die periostalen Appositionen stellen sich morphologisch unterschiedlich dar:
∑ als lineare Periostappositionen mit geringer Dichte, die sich gegen die Kortikalis abgrenzen lassen, ∑ zwiebelschalenartig, ∑ als unregelmäßig begrenzte Periostappositionen, ∑ als dichte Periostappositionen, die direkt an die Kortikalis grenzen und von dieser nicht abgrenzbar sind. Die Trommelschlegelfinger zeigen Weichteilschwellungen um die Endphalangen und können einhergehen mit periostalen Appositionen oder Resorptionszonen im Bereich der Processus unguiculares. Ähnlich wie bei der rheumatoiden Arthritis können sich Gelenkergüsse und eine gelenknahe Osteoporose finden. Im Gegensatz zur Arthritis finden sich aber keine Gelenkspaltverschmälerung und keine erosiven Knochenveränderungen. Für die Diagnose sehr typisch ist der knochenszintigraphische Befund: Es zeigt sich eine vermehrte Aktivitätsbelegung der Kortikalis meta- und diaphysär, in der Regel symmetrisch mit linienförmiger Konfiguration. Diese Veränderungen können den röntgenologischen Veränderungen bis Monate vorausgehen. Die assoziierten Synovialitiden können ebenfalls zu einer vermehrten Aktivitätsbelegung führen, die periartikulär lokalisiert ist. Selten ist eine Aktivitätsmehrbelegung im Bereich des Beckens, der Skapula, Klavikula und der Gesichtsschädelknochen.
a
b
Abb. 9.14 a, b. Linker distaler Unterschenkel in 2 Ebenen. 65-jähriger Patienten mit bekanntem Bronchialkarzinom und ausgeprägter Schmerzsymptomatik im Bereich der Unterschenkel. In den konventionellen Röntgenaufnahmen zeigen sich diffuse periostale Appositionen (*) an der Tibia und Fibula
Diese Veränderungen bilden sich nach Therapie der Erkrankung zurück und sind beim Rezidiv wieder nachweisbar. Differenzialdiagnose Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind die Pachydermoperiostose und die thyreoidale Akropachie (vgl. Tabelle 9.2). Die Pachydermoperiostose zeigt jedoch in der Regel unregelmäßiger begrenzte periostale Appositionen, die sich auch auf die Epiphysen ausdehnen. Die thyreoidale Akropachie ist typischerweise im Bereich der Hände und der Füße lokalisiert. Die chronisch venöse Stase kann ähnliche Periostreaktionen zeigen, ist aber meist im Bereich der unteren Extremitäten lokalisiert. Seltenere Differenzialdiagnosen sind die Hypervitaminose A, die infantile kortikale Hyperostose und die Fluorose. Die Abgrenzung von der diffusen idiopathischen Skeletthyperostose (DISH) stellt in der Regel kein Problem dar. Zusammenfassende Merksätze ∑ Die sekundäre hypertrophische Osteoarthropathie wird meist durch neoplastische intrathorakale Veränderungen ausgelöst und hat eine typische klinische Beschwerdesymptomatik mit Knochenschmerzen und Arthralgien. ∑ Trommelschlegelfinger finden sich häufig. ∑ Das radiologisch führende Merkmal sind lineare, bilaterale, periostale Knochenreaktionen an den Metaphysen und Diaphysen der langen und kurzen Röhrenknochen.
17
18
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
9.2.2 Infantile kortikale Hyperostose Die infantile kortikale Hyperostose, auch Morbus Caffey genannt (Caffey 1946), ist eine seltene Erkrankung, die in der Regel in den ersten Lebensmonaten beginnt und deren Ätiologie bisher nicht geklärt ist. Jungen und Mädchen sind gleich häufig betroffen. Neben einer charakteristischen klinischen Symptomatik finden sich periostale Appositionen und Kortikalisverdickungen im Bereich der Mandibula, der Rippen, Klavikula sowie der langen und kurzen Röhrenknochen. Klinik Die Erkrankung wird bei durchschnittlich 9–10 Wochen alten Säuglingen manifest. In seltenen Fällen kann sie auch schon pränatal nachweisbar sein. Klinisch treten Fieber und Weichteilschwellungen, insbesondere im Bereich der Mandibula, auf. Auch sind die Säuglinge vermehrt irritabel; Blässe und Pseudoparalysen können auftreten. Laborchemisch treten eine erhöhte BSG, eine erhöhte alkalische Phosphatase, eine geringe Leukozytose, Thrombozytose und eine Anämie auf. Der klinische Verlauf ist variabel, meist bilden sich die klinischen und radiologischen Veränderungen innerhalb von Monaten bis Jahren zurück. In seltenen Fällen persistiert die Erkrankung oder rezidiviert und ist noch im Erwachsenenalter nachweisbar. Die Erkrankung tritt familiär gehäuft auf, was für eine genetische Komponente spricht. Da der Morbus Caffey klinisch, histologisch und radiologisch aber auch Entzündungszeichen aufweist, wurde eine infektiöse (virale) Genese diskutiert, bisher aber nicht bewiesen. Radiologische Befunde Die radiologischen Veränderungen zeigen sich typischerweise am Skelett. Einer oder multiple Knochen können betroffen sein. Meist werden Mandibula, Klavikula oder die Rippen betroffen, seltener Humerus, Ulna, Femur, Skapula, Radius, Tibia, Fibula, Metatarsalia, Metacarpalia und Schädel. Prädilektionsareale an den Rippen sind die lateralen Abschnitte und an den langen Röhrenknochen die Diaphysen und Metaphysen. Veränderungen des knöchernen Thorax können mit Pleuraergüssen kombiniert sein. Das typische röntgenologische Zeichen ist die kortikale Hyperostose. Im Bereich der Weichteilschwellungen entwickeln sich periostale Knochenformationen die mit dem kortikalen Knochen verschmelzen und zu sklerotischen Knochenveränderungen führen. In sehr seltenen Fällen kommt es zu ossären De-
struktionen an den langen Röhrenknochen und am Schädel. Die Veränderungen können sich in einem Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr vollständig zurückbilden. Es können aber auch bis in das Erwachsenenalter Residuen wie verdickte Diaphysen der Röhrenknochen, Verbiegungen der Röhrenknochen, ossäre Brückenbildungen zwischen Rippen oder Röhrenknochen und Deformierungen des Gesichtsschädels nachweisbar sein. Zur Diagnosestellung ist die konventionelle Röntgendiagnostik in der Regel ausreichend und die Magnetresonanztomographie (MRT) nur in Ausnahmefällen erforderlich (Sanders u. Weijers 1994). Entsprechend der Untersuchung von Sanders u. Weijers kann die MRT assoziierte Weichteilveränderungen im Rahmen des Morbus Caffey zeigen und subperiostale Hämatome erkennen lassen. Auf das weitere Behandlungskonzept hatten die MRT-Befunde in dieser Studie jedoch keinen Einfluss. Differenzialdiagnose Periostale Knochenappositionen im Säuglings- und Kleinkindesalter werden auch bei der Rachitis und dem Skorbut nachgewiesen. Das Fehlen von Veränderungen in den Wachstumszonen der Epiphysen und Metaphysen beim Morbus Caffey sowie die spontane Rückbildung der klinischen und radiologischen Symptome nach einigen Monaten erlauben jedoch die Abgrenzung gegenüber beiden Erkrankungen. Beim „Battered-child-Syndrom“ kann es ebenfalls bedingt durch subperiostale Hämatome zu periostalen Knochenneubildungen kommen; Frakturen in anderen Bereichen und metaphysäre Konturunregelmäßigkeiten sowie klinische Zeichen wie Hämatome führen hier zur korrekten Diagnose. Bei der Hypervitaminose A kommt es zu periostalen Appositionen vorwiegend im Bereich der Metatarsalia am Ende des 1. Lebensjahres. Weichteilschwellungen, insbesondere im Bereich der Mandibula sind hingegen selten. Osteomyelitis, leukämische Knochenveränderungen und sonstige tumoröse Knochenveränderungen sind in der Regel unproblematisch in der Differenzialdiagnose. Zusammenfassende Merksätze ∑ Der Morbus Caffey ist eine ätiologisch unklare Erkrankung die sich in den ersten Lebensmonaten manifestiert und mit Weichteilschwellungen sowie periostalen Knochenanbauten, Sklerose und kortikaler Hyperostose einhergeht. ∑ Prädilektionsareale sind die Mandibula, die Rippen und die Klavikula, seltener sind die langen Röhrenknochen dia- und metaphysär betroffen. ∑ In der Regel bilden sich die klinischen und radiologischen Veränderungen nach 6–12 Monaten zurück.
9.2 Erworbenene sklerosierende Knochenerkrankungen
9.2.3 Hyperostosis frontalis interna Die Hyperostosis frontalis interna tritt in der Regel bei Patienten über 40 Jahren auf, insbesondere bei Frauen im und nach dem Klimakterium. Bei Frauen über 50 Jahren ist eine Hyperostosis frontalis interna in bis zu 40% nachweisbar. Diese Hyperostose führt zu einer Verdickung der Tabula interna des Os frontale. Ähnliche Hyperostosen können jedoch auch in seltenen Fällen in anderer Lokalisation an der Schädelkalotte auftreten und auch die Tabula interna und externa betreffen. Klinik In der Regel ist die Hyperostosis frontalis interna ein Zufallsbefund ohne klinische Relevanz. Ein gehäuftes Vorkommen der Hyperostosis frontalis interna wird bei Frauen mit Adipositas, Hirsutismus, Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Depressionen und sonstigen psychoaffektiven Störungen sowie einer Anamnese mit Menstruationsstörungen beschrieben. Radiologische Befunde Röntgenologisch kommt es zu einer geringen bis deutlichen Verdickung der Tabula interna des Os frontale der Schädelkalotte mit exostosenartigem oder nodulärem Charakter. Abbildung 9.15 zeigt die Computertomographie (CT) einer Patientin mit Hyperostosis frontalis. Die Tabula externa zeigt in der Regel eine normale Kontur.Vier verschiedene Formen werden beschrieben (Schmidt u. Freyschmidt 1989): 1. höckerige Hyperostose im Os frontale, 2. fleckige Hyperostose im oberen Abschnitt des Os frontale (Nebula frontalis), 3. frontoparietale Hyperostose mit Verdickung des betroffenen Schädelabschnitts, 4. Hyperostosis calcarea diffusa.
Abb. 9.15. CT des Schädels. 59-jährige Patientin mit wulstigen Hyperostosen im Bereich des Os frontale im Sinne einer Hyperostosis frontalis interna. Zusätzlich Nachweis einer Falxverkalkung
Differenzialdiagnose Die Röntgenbefunde sind in der Regel typisch, sodass differenzialdiagnostische Probleme selten bestehen. Die Differenzialdiagnose umfasst den Morbus Paget [unruhiges röntgenologisches Muster (osteolytisch oder osteoblastisch) abhängig vom Stadium, betrifft in der Regel nicht nur die Tabula interna], Meningeome mit Hyperostose, osteoblastische Metastasen und die Akromegalie (Vergrößerung der Nasennebenhöhlen). Zusammenfassende Merksätze ∑ Die Hyperostosis frontalis interna ist ein häufiger Zufallsbefund, der vorwiegend bei postmenopausalen Frauen zu finden ist. ∑ Die Verdickung der Tabula interna des Os frontale kann unterschiedliche Morphologie und Ausprägung haben; sie ist in der Regel aber asymptomatisch.
9.2.4 Chronisch venöse Insuffizienz Bei der chronisch venösen Insuffizienz kann es zu periostealen Anbauten kommen. Diese glatt begrenzten Appositionen sind typischerweise im Bereich der unteren Extremitäten lokalisiert und treten mit den typischen klinischen Zeichen der venösen Insuffizienz auf. Klinik Die Patienten geben eine typische Beschwerdesymptomatik mit Schweregefühl und Schmerzen in den Beinen an. Neben unterschiedlich ausgeprägten Knöchel- oder Unterschenkelödemen zeigen sich livide Hautverfärbungen und prominente, prall gefüllte Venen. Im fortgeschrittenen Stadium sind braune Pigmentierungen, depigmentierte Flecken, kapillarlose Areale und indurierte Hautfelder nachweisbar. Im Endstadium kommt es zu Ulzera die typischerweise in der medialen Knöchelgegend lokalisiert sind. Die Ursachen der chronisch venösen Insuffizienz sind eine mechanische Behinderung des venösen Rückflusses und eine Insuffizienz der Klappen. Durch die vaskuläre Stase kommt es zu einer Hypoxie im Bereich der Unterschenkel. Je länger diese klinische Symptomatik besteht, umso wahrscheinlicher ist das Auftreten der typischen periostalen Appositionen. Radiologische Befunde Übersichtsradiographisch kann bereits ein subkutanes Ödem nachweisbar sein, das ein typisches retikuläres Muster hat. Häufig finden sich Phlebolithen in unterschiedlicher Anzahl. Auch Weichteilossifikatio-
19
20
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
Abb. 9.16. Röntgenaufnahme des linken distalen Unterschenkels mit diskreten Periostappositionen (*) an Tibia und Fibula bei klinischer venöser Insuffizienz
Abb. 9.17. Röntgenaufnahme des linken Unterschenkels. 55jährige Patientin mit langjähriger chronisch venöser Insuffizienz. Die Fibula erscheint durch die ausgeprägten Periostreaktionen im mittleren Drittel aufgetrieben (*). Jedoch sind diese Appositionen weniger dicht als die Fibula selbst
nen und -verkalkungen mit mehr retikulärem Muster können nachweisbar sein. Die periostalen Appositionen zeigen sich in der Regel diaphysär und metaphysär, die periostalen Anbauten sind meist relativ glatt begrenzt (Abb. 9.16), haben aber eine undulierende Konfiguration, und z. T. können sehr ausgeprägte Knochenneubildungen entstehen (Abb. 9.17). Meist ist die Periostreaktion weniger dicht als der kortikale Knochen. Bei Entwicklung ausgedehnter Ulcera cruris kann es auch zu infektiösen Periostitiden kommen.
kann hier jedoch Hinweise auf eine Superinfektion geben. Rein röntgenmorphologisch umfasst die Differenzialdiagnose die sekundäre oder primäre hypertrophische Osteoarthropathie und die seltene thyreoidale Akropachie. Bei den beiden zuletzt genannten Entitäten sind die Periostreaktionen aber häufig nicht von der Kortikalis abgrenzbar. Die weitere Differenzialdiagnose umfasst die infektiöse Periostitis sowie eine tumorbedingte Periostreaktion. Diese Veränderungen sind in der Regel jedoch fokal und nicht generalisiert an Tibia und Fibula.
Differenzialdiagnose In der Regel ist die klinische Symptomatik eindeutig, und die periostalen Anbauten können ätiologisch problemlos zugeordnet werden. Auch die zusätzlich auftretenden Phlebolithen weisen auf eine chronisch venöse Insuffizienz hin. Bei ausgedehnten Ulcera cruris kann es problematisch sein, eine superponierte Infektion abzugrenzen. Die Änderung der periostalen Konfiguration im Verlauf über Wochen
Zusammenfassende Merksätze ∑ Die undulierenden, meist relativ glatt begrenzten Periostreaktionen bei der chronisch venösen Insuffizienz treten mit den typischen klinischen Zeichen wie Hautödem, Hautveränderungen und Ulcera cruris auf. ∑ Zusätzlich zeigen sich röntgenologisch nicht selten Phlebolithen in unterschiedlicher Zahl.
9.2 Erworbenene sklerosierende Knochenerkrankungen
bzw. dem Morbus Bechterew (3.) abzugrenzen. Resnick u. Niwayama (1989) unterstreichen, dass die Definition mit mindestens vier Wirbelkörpersegmenten willkürlich ist. Das Ziel aber war es, die DISH gegenüber der Spondylosis deformans abzugrenzen, obwohl diese Unterscheidung nicht unbedingt korrekt ist.Auch das zweite Definitionskriterium ist problematisch, da DISH vorwiegend bei älteren Individuen auftritt, die in der Regel degenerative Bandscheibenveränderungen aufweisen, sodass Patienten mit DISH und Osteochondrose durch diese Definition eliminiert werden. Bei der DISH treten Ossifikationen der sakroiliakalen Bänder auf, die eine Ankylose der Iliosakralgelenke vortäuschen können. Auch sind nicht selten degenerative Veränderungen der Iliosakralgelenke mit vermehrter Sklerosierung der Gelenkflächen, Gelenkspaltverschmälerung und degenerativen Veränderungen nachweisbar.
9.2.5 Diffuse idiopathische Skeletthyperostose Die diffuse idiopathische Skeletthyperostose (DISH) manifestiert sich sowohl im Bereich der Wirbelsäule (hyperostotische Spondylose, Morbus Forestier) als auch extraaxial mit Ossifikationen vorwiegend im Bereich der Sehnenansätze insbesondere am Becken, Kalkaneus, Fuß, Ellbogen, der Hand und am Kniegelenk. Die Ätiologie der Erkrankung ist bisher nicht geklärt. Die DISH ist eine Erkrankung des älteren Patienten, eine berufsbedingte oder traumatische Ursache ist unwahrscheinlich. Nach Resnick werden drei diagnostische Kriterien für den spinalen Befall der Wirbelsäule im Rahmen der DISH angegeben (Resnick u. Niwayama 1989): 1. Fließende, zuckergussähnliche Kalzifikationen und Ossifikationen entlang der anterolateralen Abschnitte der Wirbelsäule, insbesondere im Bereich der unteren Brust- und der Lendenwirbelsäule. Diese überbrückenden Spondylosen müssen sich kontinuierlich über mindestens vier Wirbelkörpersegmente erstrecken. 2. Die Höhe des Bandscheibenraums muss erhalten sein, und es dürfen sich keine typischen Zeichen der Osteochondrose bzw. degenerative Bandscheibenveränderungen mit Vakuumphänomen und vermehrter Sklerosierung der Wirbelkörperdeck- und -bodenplatten zeigen. 3. Die Wirbelbogengelenke und Iliosakralgelenke dürfen keine Ankylosierung oder erosive Veränderungen zeigen.
Klinik Die DISH wird vorwiegend bei älteren Patienten nachgewiesen und ist häufiger bei Männern als bei Frauen. Ein gehäuftes Auftreten der DISH mit einem Diabetes mellitus wurde beschrieben (Schoen et al. 1969), kausale Zusammenhänge sind aber nicht akzeptiert. Allgemein gilt, dass die klinischen Manifestationen im Vergleich zu den sehr ausgeprägten röntgenologischen Veränderungen eher gering sind. Häufig werden Patienten mit einem DISH jedoch mit Symptomen aus dem orthopädischen oder rheumatologischen Formenkreis auffällig, und es bleibt unklar, in welchem Ausmaß die Symptome durch die DISH oder assoziierte Erkrankungen zu erklären sind. Typische klinische Symptome von Patienten mit DISH sind Rückenschmerzen (thorakolumbal, lumbal) sowie Bewegungseinschränkungen der Brust-
Diese drei Kriterien wurden, gewählt um die DISH gegenüber der Spondylosis deformans (1.), der Osteochondrose (2.) und der Spondylitis ankylosans
a
b
Abb. 9.18 a–d. Ösophagusbreischluck bei einem 70-jährigen Patienten mit länger bestehender Dysphagie. Großer hyperostotischer Spondylophyt bei HWK 3/4, der den Ösophagus
c
d
von dorsal imprimiert und nach ventral verlagert. Weitere hyperostotische Spondylophyten in den weiter kaudal gelegenen Segmenten
21
22
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
und Lendenwirbelsäule, die im mittleren Lebensalter beginnen und über viele Jahre persistieren. Diese Kreuzschmerzen beginnen typischerweise thorakolumbal, dehnen sich im weiteren Verlauf der Erkrankung nach lumbal und seltener auch nach zervikal aus. Die Schmerzen haben typischerweise keine radiäre Ausstrahlung und sprechen gut auf Analgetika an. Durch ausgedehnte zervikale Spondylophyten kann es zu einer Dysphagie kommen (Abb. 9.18), die unter Umständen eine chirurgische Therapie erforderlich machen kann. Etwa 30% der Patienten mit einem DISH haben Symptome im Bereich des extraaxialen, peripheren Skeletts. Typische Beschwerdebilder sind z. B. ein rezidivierender Tennisellenbogen und eine rezidivierende Achillessehnentendinitis, z. T. mit tastbaren, ossifizierten Sehnenansatzspornen. Auch Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Schulter- und Kniegelenke treten gehäuft auf. Nach Implantation von Hüftgelenktotalendoprothesen sind Bewegungseinschränkungen bedingt durch Weichteilossifikationen relativ häufig nachweisbar. Radiologische Befunde
쐍 Achsenskelett. Hyperostotische Spondylophyten finden sich typischerweise im Bereich der mittleren und unteren Brustwirbelsäule. Dort sind sie lateral und ventral im Bereich der Wirbelkörper lokalisiert, nur selten kommt es zu Anbauten dorsal. Rechts sind die Spondylophyten in der Regel deutlicher als links ausgeprägt, was auf die Aortenpulsation links zurückgeführt wird, die zu einer geringeren Ausbildung der Spondylophyten führt. Die Spondylophyten überbrücken meist wulstig und zuckergussartig die Wirbelkörper. Transparenzerhöhungen der Kalzifikationen oder Ossifikationen treten in Höhe der Bandscheibenfächer auf und sind bedingt durch anterolaterale Bandscheibenprotrusionen. Die Bandscheibenfächer sind in der Regel jedoch in ihrer Höhe erhalten oder nur gering erniedrigt. In Bereichen mit den wulstigsten hyperostotischen Spondylophyten ist der Zwischenwirbelraum meist am geringsten erniedrigt. Zwischen den Wirbelkörpern und den spondylophytären Anbauten können sich lineare oder konkave Aufhellungslinien finden. Neben Bandscheibenverkalkungen sind nicht selten auch hyperostotische Veränderungen im Bereich der Dornfortsätze nachweisbar, diese können die Dornfortsätze auch überbrücken. Veränderungen an der Lendenwirbelsäule sind meist genauso häufig wie die an der mittleren und unteren Brustwirbelsäule beobachteten Veränderungen (Abb. 9.19). Typischerweise sind die hyperostotischen Spondylophyten im Bereich der oberen Len-
Abb. 9.19. Seitliche LWS-Aufnahme. 77-jähriger Patient mit lange bestehenden „Kreuzschmerzen“. Hyperostotische, kerzenwachsartige Spondylophyten im Bereich der abgebildeten 4 Segmente, besonders ausgeprägt bei LWK 3/4
denwirbelsäule lokalisiert (LWK 1–3). Die Veränderungen entsprechen morphologisch denen an der Brustwirbelsäule, allerdings sind die ventralen Anbauten nicht nur rechts sondern auch links lokalisiert. An der Halswirbelsäule sind die hyperostotischen Spondylosen bei der DISH meist im unteren Abschnitt lokalisiert (HWK 4–7; vgl.Abb. 9.18,Abb. 9.20). Die Spondylophyten können einen Durchmesser von bis zu 12 mm erreichen. Sie überbrücken meist die Bandscheibenräume und können eine zuckergussartige Konfiguration aufweisen. Häufig sind die fließenden, zuckergussartigen Konfigurationen in Höhe der Bandscheibenräume von umschriebenen Transparenzerhöhungen unterbrochen, die das Korrelat von Bandscheibenprotrusionen sind. Manchmal können diese Protrusionen zur Bildung eines kleinen, dreieckförmigen Ossikels ventral des Bandscheibenraums führen. Nicht selten kommt es bei der DISH nicht nur zur Ossifikation des vorderen, sondern auch zur Ossifikation des hinteren Längsbandes. Dieser Befund findet sich meist an der Halswirbelsäule und kann zu
9.2 Erworbenene sklerosierende Knochenerkrankungen
bender Spondylose am geringsten ausgeprägt ist. Als Komplikationen der Wirbelkörperfrakturen bei der DISH werden Pseudarthrosen und neurologische Schäden in einem höheren Prozentsatz als bei Wirbelkörperfrakturen ohne DISH beschrieben. Bedingt durch die ausgedehnten Spondylosen kann es übersichtsradiographisch schwierig sein, die Frakturen abzugrenzen. Bei klinischem Verdacht auf Fraktur empfiehlt sich daher eine computertomographische Abklärung.
Abb. 9.20. Seitliche HWS-Aufnahme mit sehr ausgedehntem Spondylophyten im Segment HWK 5/6, der das Segment HWK 6/7 miterfasst
einer spinalen Stenose mit neurologischen Symptomen führen. Aber auch eine Hypertrophie des Lig. flavum und knöcherne Anbauten im Bereich der Wirbelbogengelenke können zu einer spinalen Enge führen; diese letzteren Befunde sind an der Brustund Lendenwirbelsäule häufiger. Pathologisches Korrelat der DISH sind eine ausgeprägte Spondylosis deformans, eine Verkalkung und Ossifikation des vorderen Längsbandes und seiner ligamentären Ansätze. An der Brustwirbelsäule finden sich alle drei Veränderungen, während an der Lendenwirbelsäule die Spondylose im Vordergrund steht. Bei der Verkalkung und Ossifikation des vorderen Längsbandes ist eine vermehrt transparente, bandartige Zone in der Grenzregion zum Wirbelkörper typisch, diese entspricht einer weniger stark ausgeprägten Verkalkung und kann im Verlauf der DISH obliterieren. Durch die Ankylose der Wirbelsäule kommt es zu einem höheren Frakturrisiko insbesondere im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule. Die Frakturen treten als Querfrakturen typischerweise im mittleren Wirbelkörperabschnitt auf, wo der Mantel an umge-
쐍 Extraspinale Befunde. Typisch sind Manifestationen am Kalkaneus, am Becken, am Fuß, dem Ellbogen, der Hand und dem Kniegelenk. Diese Veränderungen sind röntgenmorphologisch meist charakteristisch. Am Becken kommt es zu ausgedehnten Fibroostosen insbesondere am Beckenkamm, den Trochanteren und dem Tuber ischiadicum. Verkalkungen und Ossifikationen sind im Lig. iliolumbale und sacrotuberale nachweisbar. Paraartikuläre Weichteilverkalkungen finden sich im Bereich der Hüftgelenke. Knöcherne Brücken zwischen Acetabulum und Femur können sich ausbilden und zu Bewegungseinschränkungen führen. Bei Zustand nach Implantation einer Totalendoprothese treten bei Patienten mit DISH häufiger Weichteilossifikationen auf. Am Kalkaneus finden sich plantare und dorsale Kalkaneussporne bzw. Fibroostosen. Diese haben eine variable Größe und sind unregelmäßig, aber glatt begrenzt, im Gegensatz zu den Fibroostitiden, die sich bei den seronegativen Spondarthritiden (Spondylitis ankylosans, Morbus Reiter und Arthritis psoriatica) finden und eine unscharfe Begrenzung aufweisen. Zusätzlich erscheint die Kortikalis des dorsalen und plantaren Kalkaneusabschnitts übersichtsradiograpisch häufig verdickt. Auch an weiteren Abschnitten des Fußes finden sich nicht selten knöcherne Anbauten. So kann es zu ausgedehnten Fibroostosen im Bereich des Os naviculare und Talus dorsal, am Kuboid lateral und plantar und an der Basis des Metatarsale V kommen. Am Talus können die Fibroostosen eine schnabelartige Form haben, die differenzialdiagnostisch an eine Coalitio tarsi oder einen Zustand nach Sportverletzung denken lassen. An den Phalangen und den Processus unguiculares treten knöcherne Anbauten auf, die sich wie eine Akromegalie darstellen können. An der Patella und am Kniegelenk kommt es zu ausgedehnten Fibroostosen im Bereich des Quadrizepssehnenansatzes und des Lig. patellae. Anbauten an der Tibia, am Fibulaköpfchen und am Femur sowie Ossifikationen der Membrana interossea und im Bereich der Sprunggelenke sind seltener nachweisbar. Am Ellbogen sind Olekranonsporne ein typischer Befund, diese können beachtliche Ausmaße
23
24
Kapitel 9 Systemische Skeletterkrankungen
erreichen. Am Schultergelenk treten knöcherne Anbauten und Fibroostosen am Glenoid, an der Tuberositas deltoidea, am Tuberculum majus sowie im Bereich des Akromioklavikulargelenks und des Lig. coracoclavikulare auf. Die Veränderungen an der Hand sind seltener und ähneln denen der Akromegalie, jedoch ohne Weichteil- und Knorpelhypertrophie: So kommt es zu Anbauten im Bereich der Processus unguiculares, zu einer Kortikalisverbreiterung der Phalangen, zu einer Vergrößerung der Sesambeine und zu periartikulären Verkalkungen oder Ossifikationen. Nicht selten ist eine DISH mit einer Hyperostosis frontalis interna des Schädels kombiniert. Heterotope Ossifikationen sind bei der DISH ein häufiger Befund und werden insbesondere nach Kniegelenk- und Hüftgelenkoperationen (Implantation von Totalendoprothesen) beschrieben. Differenzialdiagnose
쐍 Wirbelsäule. Bei Berücksichtigung der Definitionskriterien (s. oben) ist die Diagnose der DISH in der Regel unproblematisch. Die Abgrenzung gegenüber der Spondylosis deformans ist mehr eine quantitative als eine qualitative, der histopathologische Befund ist identisch. Bei fließenden, zuckergussartigen, hyperostotischen Spondylophyten über mehr als vier Wirbelkörpersegmente und zusätzlich hyperostotischen Veränderungen extraaxial liegt eine DISH vor und keine banale Spondylosis deformans. Typischerweise spricht das Vorhandensein einer ausgeprägten Osteochondrose gegen eine DISH. Auch der Morbus Bechterew bzw. die Spondylitis ankylosans lässt sich klinisch und radiologisch leicht gegen die DISH abgrenzen. Der Morbus Bechterew tritt bei jungen Patienten auf, hat eine typische Schmerzsymptomatik und charakteristische entzündliche Begleitsymptome. Die DISH ist eine Erkrankung des älteren Menschen und hat meist nur geringe Begleitsymptome, die auf eine degenerative und nicht auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung hinweisen. Bei der Spondylitis ankylosans finden sich Syndesmophyten (Ossifikation von Anteilen der Bandscheibe) und keine Spondylophyten, eine Spondylitis anterior (Romanus Läsion) und seltener destruktive Wirbelkörperveränderungen (Andersson-Läsion). Eine destruktive Arthritis im Bereich der Iliosakralgelenke mit dem charakteristischen bunten Bild (Destruktionen, Sklerose und Knochenproliferation) tritt nur bei der Spondylitis ankylosans auf. Im fortgeschrittenen Stadium der DISH können ausgedehnte Kapsel-Band-Ossifikationen eine Ankylose der Iliosakralgelenke vortäuschen. In der Regel geht die Ankylose bei der Spondylitis ankylosans mit einer deutlichen Demineralisation des Beckens einher,
während der Knochen bei der DISH eher verdichtet erscheint. Auch bei den anderen seronegativen Spondarthropathien kann es zu hyperostotischen Wirbelkörperveränderungen kommen. Parasyndesmophyten sind teils spangenförmige, teils stierhornförmige Intervertebralosteophyten, die bei Arthritis psoriatica auftreten. Diese erreichen meist jedoch nicht das Ausmaß der für die DISH typischen hyperostotischen Spondylophyten. Die klinische Symptomatik bei diesen seronegativen Spondarthropathien erlaubt in der Regel eine klare differenzialdiagnostische Abgrenzung. In seltenen Fällen können eine Akromegalie und ein Hypoparathyreoidismus ein ähnliches Bild wie eine DISH zeigen. Bei beiden kommt es zur Ausbildung von osteophytären oder periostalen Anbauten bei fehlender Erniedrigung der Bandscheibe. Die Akromegalie zeigt neben Veränderungen an der Wirbelsäule mit Zunahme der Höhe des Bandscheibenraums und einer konkaven Ausbuchtung der dorsalen Wirbelkörperabschnitte typische Röntgenzeichen am peripheren Extremitätenskelett. Sehr selten kann die sternokostoklavikuläre Hyperostose an der Wirbelsäule (insbesondere Hals- und Brustwirbelsäule) ähnliche hyperostotische Veränderungen wie die DISH ausbilden.
쐍 Extraaxiale Manifestationen. Da die DISH in sehr seltenen Fällen auch ohne ausgeprägte spinale Veränderungen auftreten kann, sollten auch die extraspinalen Veränderungen bekannt sein (Fibroostosen, ligamentäre Ossifikationen, Hyperostosen und periartikuläre Weichteilossifikationen) und differenzialdiagnostisch exakt abgegrenzt werden. Die Akromegalie kann ähnliche knöcherne Anbauten an den Processus unguiculares und den Phalangen produzieren, geht jedoch mit typischen Gelenkveränderungen (insbesondere verbreiterter Gelenkspalt) einher. Bei den seronegativen Spondarthropathien sind die Enthesiopathien in der Regel unschärfer begrenzt und gehen mit erosiven und destruktiven Veränderungen einher (Fibroostitiden). Die hypertrophische Osteoarthropathie und die Pachydermoperiostose zeigen charakteristische periostale Knochenappositionen entlang der langen Röhrenknochen, die in der Regel problemlos gegenüber den Veränderungen bei der DISH abgrenzbar sind. Nur sehr selten kommt es bei der DISH zu periostalen Anbauten an den Diaphysen der Röhrenknochen (Femur, Humerus, Metacarpalia). Auch die skelettalen Hyperostosen, die selten bei Patienten mit langfristiger Retinoidtherapie beobachtet werden, bereiten in der Regel keine differenzialdiagnostischen Probleme. Die Kalziumpyrophosphatdihydrat(CPPD)-Ablagerung führt z. T. zu sehr ausgedehnten Kalzifi-
9.3 Stoffwechselerkrankungen des Knochens
kationen in den Sehnen und Weichteilen, die sich morphologisch von den meist gering ausgebildeten Ossifikationen und Kalzifikationen bei der DISH unterscheiden lassen; auch zeigt die DISH keine Chondrokalzinose. Zusammenfassende Merksätze ∑ Die DISH ist eine ätiologisch ungeklärte Erkrankung des älteren Patienten, die mit Hyperostosen sowohl im Bereich des Achsenskeletts als auch des Extremitätenskeletts einhergeht. ∑ Die wichtigsten röntgendiagnostischen Merkkmale sind fließende, hyperostotische Spondylosen, die sich kontinuierlich über mindestens vier Wirbelkörpersegmente erstrecken bei fehlender Osteochondrose und Überbauung der Iliosakralgelenke (Resnick u. Niwayama 1989). ∑ Extraaxial sind ausgedehnte Fibroostosen, ligamentäre Ossifikationen, Hyperostosen und periartikuläre Weichteilossifikationen insbesondere im Bereich von Becken und Fuß ein typischer Befund.
Literatur Caffey J (1946) Infantile cortical hyperostoses. J Pediatr 29: 541–559 Freyschmidt J (1997) Skeletterkrankungen – klinisch-radiologische Diagnose und Differentialdiagnose, 2.Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo Resnick D, Niwayama G (1989) Diffuse Idiopathic Skeletal Hyperostosis (DISH). In. Resnick D (ed) Bone and joint imaging. WB Saunders, Philadelphia London Toronto Montreal Sydney Tokyo, pp 440–451 Sanders D, Weijers R (1994) MRI findings in Caffey’s disease. Pediatr Radiol 24:325–327 Schmidt H, Freyschmidt J (Hrsg) (1989) Grenzen des Normalen und Anfänge des Pathologischen im Röntgenbild des Skeletts. Thieme, Stuttgart New York Schoen D, Eggstein M, Vogt W (1969) Ist die hyperostotische Spondylosis deformans eine diabetische Osteopathie? Fortschr Röntgenstr 110:524–539
9.3 Stoffwechselerkrankungen des Knochens T. Link 9.3.1 Osteoporose 25 9.3.1.1 Formen der Osteoporose 41 Generalisierte Osteoporose 41 Sekundäre Osteoporosen 42 Lokalisierte Osteoporoseformen 43 9.3.2
Osteomalazie 45
9.3.3
Hyperparathyreoidismus 47
9.3.4
Renale Osteopathie 50
9.3.5
Hypoparathyreoidismus 52
9.3.6
Pseudohypoparathyreoidismus 52
9.3.7
Osteopathie bei Hypo-/Hypervitaminose 53 Hypervitaminose A 53 Hypovitaminose A 53 Hypovitaminose C (Skorbut) 53 Hypervitaminose D 54
9.3.8
Hormonelle Osteopathien 54 Überfunktion der Schildrüse 54 Thyreoidale Akropachie 54 Unterfunktion der Schilddrüse 55 Diabetes mellitus 55
9.3.9
Toxische Osteopathien 57 Schwermetallvergiftungen 57 Medikamentös induzierte Osteopathien 57 Literatur 59
9.3.1 Osteoporose Definition Bei der Osteoporose handelt es sich um eine Erkrankung, bei der es zu einem Knochenmassenverlust und zu einem Umbau der trabekulären Knochenstruktur mit erhöhter Frakturgefährdung kommt. Entsprechend den WHO-Richtlinien von 1994 wird die Osteoporose nach der Knochenmineraldichte („bone mineral density“/BMD) definiert. Definitionsgemäß liegt eine Osteoporose vor, wenn die BMD mehr als 2,5 Standardabweichungen unter der einer jungen, gesunden Referenzpopulation liegt (T-Score –1 –2,5