Grundzüge der Physischen Erdkunde [6., umgearb. u. verb. Aufl. unveränd. Neudr. Reprint 2021] 9783112407004, 9783112406991


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German Pages 990 [1032] Year 1921

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Grundzüge der Physischen Erdkunde [6., umgearb. u. verb. Aufl. unveränd. Neudr. Reprint 2021]
 9783112407004, 9783112406991

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GRÜNDZÜGE DER

PHYSISCHEN ERDKUNDE VON

DR. ALEXANDER SÜPAN PKOFESSOU DER GEOGRAPHIE AN DER UNIVERSITÄT BRESLAU

SECHSTE, UMGEARBEITETE UND VERBESSERTE AUFLAGE

MIT 277 ABBILDUNGEN IM TEXT UND NEUNZEHN KARTEN IN FARBENDRUCK

UNVERÄNDERTER NEUDRUCK

BERLIN UND LEIPZIG 1921 VEREINIGUNG WISSENSCHAFTLICHER VERLEGER WALTER DE GRUYTER & GO. VORMALS O. J. GOSCHENSCHE VERLMjSKANDLUNG :: J.GUTTENTAG VERLAGSBUCHHANDLUNG :: GEORG REIMER :: KARL J TRÜBNER ;: 'VEIT * COMP.

Alle Rechte vorbehalten.

Vorwort. Bei der Umarbeitung des vorliegenden Werkes betrachtete ich es als meine Hauptaufgabe, die morphologischen und dynamischen Abschnitte dem modernen Stande unserer Wissenschaft völlig anzupassen. Die große Verbreitung, die die grundstürzenden Anschauungen der amerikanischen Schule durch die unermüdliche Propaganda von Prof. D A V I S auch in europäischen Kreisen gewonnen haben, nötigt jeden Geographielehrer zu klarer Stellungnahme. Einfache Ablehnung ist nicht mehr möglich, da die amerikanische Theorie nicht bloß durch frappierende Neuheit Anhänger gewonnen hat, sondern auch nach meiner Überzeugung einen richtigen und fruchtbaren Kern enthält. Auch genügt es nicht mehr, da und dort die kritische Sonde anzulegen und sich auf negative Kritik zu beschränken, sondern es gilt, dem System D A V I S ein anderes System entgegenzustellen, wie es PASSAGB schon versucht hat. Ich hatte ursprünglich die Absicht, vorerst einmal in einer größeren Abhandlung mich mit D A V I S gründlich und systematisch auseinanderzusetzen, aber die Zeit und der Verleger drängten, und schließlich hoffte ich, meine Ansichten auch in dem engen Rahmen dieses Lehrbuches mit genügender Klarheit zum Ausdruck bringen zu können. Es sind besonders die Kapitel über die exogenen Wirkungen und die erste, größere Hälfte des morphologischen Abschnitts, die diesem Gegenstande gewidmet sind. Eine monatelange Erkrankung und die Störungen, die der Kriegsausbruch mit sich brachte, verzögerten die Ausgabe der C>. Auflage, und das hatte einige bedauerliche Übelstände zur Folge. Die erste Hälfte war schon vor Jahresfrist fertig gedruckt, und

IV

Vorwort

mehrere wertvolle Beiträge, die mir erst seitdem bekannt geworden sind, konnten nicht mehr berücksichtigt werden. Ich darf es mir zum Verdienst anrechnen, daß sich der Text trotz vielfacher Umgestaltung und trotz Aufnahme neuer Figuren nur um 10 Seiten vermehrt hat. Das war nur dadurch möglich, daß manches nicht nur stilistisch, sondern auch sachlich gekürzt wurde. Ich nehme an, daß das Buch dadurch geographischer geworden ist. Für freundliche Unterstützung beim Korrekturlesen, bei der Ausarbeitung des Index u. a. bin ich den Herren Privatdozent Dr. ERICH OBST in Marburg a. L., Professor Dr. CLEMENB SCHAEFER und Privatdozent Dr. BRUNO DIETRICH in Breslau zu lebhaftem Danke verpflichtet. B r e s l a u , den 24. Juli 1915.

A. Supan.

Inhalt. Erster Abschnitt. Der Erdkörper und die GrundzUgc seiner Obcrflächengestaltimg. Die Gestalt und Größe der Erde. S. 1. Entwicklung der Erde. S. 2. — Gestalt der Erde. S. 4. — Dimensionen der Erde, S. 6. — Fläehenberecluiung. S. 6. — Literaturnachweise S. 7. Di» Teile des Erdkörpers. S. 8. Der Erdkern. S. 8. — Die Erdkruste. S. IS. — Literaturnachweise S. 17. Die Energiequellen. S. 17. Die Wirkungen der unterirdischen Kräfte. S. 18. — Die solaren Wirkungen. S. 19. — Die Anziehung von Sonne und Mond. S. 21. — Die Rotation der Erde. S. 21. — Literaturnachweise S. 23. Geschichte der Erde. S. 24. Literaturnachweise S. 28. Die Grundzüge der Gestaltung der Erdoberfläche. S. 28. Verhältnis von Wasser und Land. S. 28. — Einteilung des Ozeans. S. 32. — Einteilung des Li ndes. S. 34. — Oberflächengestaltung des Festlandes. S. 37. — Das* Gestaltungsgesetz. S. 43. —• Vertikaler Aufbau der Erdkruste. S. 46. — Mittlere Höhen • und Tiefen. S. 48. — Literaturnachweise 8. 53.

Zweiter Abschnitt.

Die Lufthülle.

Allgemeine Vorbemerkungen. S. 55." Die Schwankungen. S. 55. — Höhe der Lufthülle. S. 56. — Zusammensetzung der Luft. S. 56. — Literaturnachweise S. 59. Die Erleuchtung und Erwärmung der Erdoberfläche. S. 59. Wärmequellen. S. 59. — Die Bestrahlungsgesetze. S. 60. — D a s Grundgesetz des solaren Klimas. S. 6 3 . — Einfluß der Lufthülle. S, 65. — Verteilung der Wärmemengen. 8. 66. — Dauer des Sonnenscheins. S. 67. — Das Polarlicht. S. 69. — Literaturnachweise S. 72. Die Änderung der Temperatur mit der Höhe. S. 73. Wärmequellen der oberen Luftschichten. S. 73. — Freie Atmosphäre. S. 74. — Gebirge. 8. 78. — Thermische Verschiedenheiten des Höhenklimas. S. 81. — Plateaus. S. 83. — Reduktion der Temperatur auf das Meeresniveau. S. 85. — Literaturnachweise S. 86. Die horizontale Verteilung der Temperatur. S. 86. Normale Tettfpera.turverteilung. S. 88. — Abweichungen. S. 89. —• Temperatnrverteilimg in den extremen Monaten. S. 92. — Durchschnittstemperatur der Parallelkreise, Meridiane, Erdteile und Meere. S. 97. — Isanomalen. S. 100. — Temperaturzonen. S. 100. — Literaturnachweise S. 105. Die periodischen und unperiodischen Veränderungen der Temperatur.' S. 105. Die tägliche Temperaturscliwanknng. S.105. :— Die jährliche Temperaturschwankung. S. 109. — Temperaturveränderlichkeit. >S. 112. — Mittlere Abweichung. g. 115. — Literaturnachweise S. 117. Windsysteme und Windgebiete. S. 117. Windgesetze. S. 117. — Antizyklonen. S. 119. — Zyklonen. S. 121. — Passate. S. 126. — Allgemeine Luft Zirkulation. S. 128.-— Literaturnachweise S. 131.

VI

Inhalt

Luftdruck und WindvirieUung in den extremen Jahreszeiten. S. 132. Die Isobarenkarten. S. 133. — Die südliche subtropische Hochdruckzone und das subantarktische Windsystem. 8.132. — Das Passatgebset und die nördliche Halbkugel im nördlichen Winter. S. 133. — Das Passatgebiet und die nördliche Halbkugel im nördlichen Sommer. S. 137. — Mittlere monatliche ßarometersehwankungen. S. 138. — Die periodischen Luitmassenverschiebungen und die Breitenschwankungen. S, 140. — Literaturnachweise S. 141. Lokale Winde. S. 141. Lokale Windsysteme. S. 142. — Einfluß lokaler Verhältnisse auf die Winde. S. 143. — Literaturnachweise S. 147. De; Was3eräampf in der Atmosphäre und die Ursachen seiner Kondensation. S. 148, — Verschiedene Maße der Luitfeuchtigkeit. S. 148. — Die Winde als Verbreiter des Wasserdampfes. S. 151. — Kondensation des Wasserdampfes S. 151. •— Literaturnachweise S, 154. Die Verteilung der jährlichen Miederschlagsmengen. S. 154. Gesetze der Verbreitung der Niederschläge. S, 154. — Die warme Zone. S. 162. — Der regenarme Gürtel, S. 164. — Die gemäßigten Zonen. S. 166. — Mittlere Regenwahrscheinlichkeit. S. 168. •— Literaturnachweise S. 170. Die jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge. S. 171. Winter- und Sommerrecren. fcj. 171. — Die jährliche Niederschlagsschwankung. S. 173. — Die gemäßigten Zonen. S. 175. — Die Etesiengebiete. S. 176. — Tropenzone. S. 17S. — Schwankungen des Regenfalls. S. 180. — Gewitter. S. 181. — Hagel. S. 182, — Literaturnachweise S. 183. Verbreitung des Schnees. S. 183. Verbreitung. S. 183. — Die Schneegrenze. S. 184. — Verteilung der Schneegrenze. S. 189. — Die obere Schneegrenze. S. 191. — Literaturnachweise S. 192. Gletscher. S. 192. Begriff und Einteilung der Gletscher. S. 193. — Die Gletscherzunge. S. 196. — Das Leben des Gletschers. S. 198. — Glctschertheorie und Glotscherstruktur. S. 202. — Theorie des stationären Gletschers. S. 209. — Moränen. S. 211. —• Gletscherschwankungen. S. 215. — Literaturnachweise 219." Die geographische Verteilung der Gletscher. S. 221. Die Tropen. S. 221. — Gemäßigte Zonen. S. 223. — Polare Zonen. S. 227. — Eisberge. S. 230. — Literaturnachweise S. 232. Das Klima. S. 233. Klimaprovinzen. S. 233. — Die 35jährigen Schwankungen. S. 236. — Säkulare Perioden. S. 243. — Geologische Perioden. S. 244. — Klimaänderungen. S. 253. — Einfluß des Waldes. S. 256. — Literaturnachweise S. 258.

Dritter Abschnitt.

Das Meer.

Morphologie des Heeres. S. 261. Gliederung des Weltmeeres. S. 261. — Unterseeische Bodenformen. S. 264. — Vertikalgliederung des Weltmeeres. S. 270. — Bedeckung des Meeresbodens. S. 274. — Literaturnachweise S. 279. Das Heerwasser. S. 280. Das Meeresniveau. S. 280. — Salzgehalt und spezifisches Gewicht. S. 285. — Gasgehalt. S. 291. — Farbe. S. 291. — Literaturnachweise 8,294. Die Wellenbewegung. S. 294. Wind wellen. S. 294. — Brandung. S 299. — Benthonische Wellen. S. 301. — Stehende Wellen. S. 303. — Interne Wellen. S. 304. — Literaturnachweise >S. 305. Die Gezeiten. S. 306. Theoretische Gezeiten. S. 306. — Wirkliche Gezeiten. S. 312. — Wellentheorien. S. 315. — Die harmonische Analyse. S. 319. — Gezeitenströme. S. 320. — Differentialtiden. S. 321. — Literaturnachweise S. 321.

Inhalt

VII

Die Meeresströmungen. S. 321. Bedingungen. S. 321. — Ozeanische Strömungen. S. 323. — Theorie. S. 326. — Nordatlantischer Ozean. S. 332. — Die übrigen Ozeane. S. 338. — Das Auftriebwasser. S. 340. — Literaturnachweise S. 342. Die Temperaturverteilung im Wasser. >S. 343. Die Oberflächentemperatur des Meeres. S. 343. — Tiefentemperatur in Süßwasserseen. S. 346. — Tiefentemperaturen im Salzwasser. S. 351. — Ozeane. S. 354. — Die Polarmeere. S. 360. — Das Meereis. S. 363. — Literaturnachweise S. 368.

Vierter Abschnitt.

Dynamik des Landes.

Die Hauptformen der Dislokationen. S. 371. Theorien. S. 374. — Literaturnachweise S. 380. Die vulkanischen Ausbrüche. S. 382. Eruptionsprodukte. S. 383. — Die vulkanischen Ausbrüche. S. 384. — Überblick der Vulkanformen. S. 394. — S t ü b b l s Einteilung. S. 396. — Erlöschen der Vulkane. S. 398. — Geographische Verbreitung der Vulkane. S. 400. — Theorie des Vulkanismus. S. 407. — Schiammsprudel. S. 413. — Literaturnachweise S. 416. Brdbeben. S. 418. Bodenbewegungen. S. 418. — Die seismischen Wellen. S. 419. — Die Teile des seismischen Feldes. S. 423. — Dauer. S. 426. — Intensität und Wirkungen. S. 427. — Areal. S. 431. — Ursachen. S. 432. — Einteilung der Beben. S. 439. — Periodizität. S. 440. — Literaturnachweise S. 442. Moderne Niveauveränderungen. Sc 443. Einteilung. S. 443. — Litorale NiveauVeränderungen. S. 444. — Theorien. S. 447. — Skandinavien. S.449. — Höhere arktische Breiten. S. 456. — Die angebliche Meeres Vorschiebung zwischen Pol und Äquator. S. 458. •— Mittelmeerländer. S. 462. — Binnenländische Niveauveränderungen. S. 465. — Schlußfolgerungen. >S. 468. — Literaturnachweise S. 470. Übersicht der exogenen Wirkungen. S. 472. Literaturnachweise S. 477. Die Verwitterung. 8. 477. Der Verwitterungsprozeß. S. 477. — Bodenarten. S. 481. Denudation. S. 484. — Literaturnachweise S. 492. Das Bodenwasser. S. 493. Der Kreislauf des Wassers. S. 493. — Das Bodenwasser. S. 493. — Grundwasser und Quellen im Lockerboden. S. 495. — Grundwasser und Quellen im zerklüfteten Geste ins boden. S. 496. — Artesisches Wasser. S.-498. — Karstwasser. S. 498. — Einteilung der Quellen. S. 501. •— Geysir. S. 504. — Literaturnachweise S. 507. Das flieBende Wasser. S. 508. Wassermenge. S. 508. — Bewegung des Wassers. S. 516. — Die Arbeit der Flüsse. S. 519. — Flußabiagerungen. S. 521. — Literaturnachweise S. 527. Die Erosionsarbeit des flieBenden Wassers. S. 528. Das Wesen der Erosionsarbeit. S. 528. — Beweise für die Taibildung durch Flußerosion. S. 529. — Talformen: 1. Grundriß. S. 533. — 2. Längsprofil. S. 534. — 3. Querprofil. S. 539. — Ungleichmäßige Erosion. S. 544. — Davis' geographischer oder normaler Zyklus. S. 546. — Das Karstphänomen. S. 550. — Genetische Einteilung der Täler. S. 559. — Literaturnachweise S., 562. Die Frage der Taibildung durch Qletsohererosion. S. 564. Ansichten darüber. S. 564. — Das hochalpine Tal. S. 568. — Felsige Talterrassen und das Trogtal. S. 571. — Der Stufenbau. S. 674. — Ergebnis. S. 577. — Literaturnachweise S. 578. Deltabildungen. S. 579. Mündungsformen der Flüsse. S. 5^9. — Bau, Gestalt und Oberflächenform der Deltas. S. 581. — Wachstum der Deltas. S. 583. — Geographische Verbreitung der Deltas. S. 584. — Literaturnachweise S. 587.

Inhalt

VIJ1

Die Arbeit des Windes. S. 587. Winderosion. S. 687. —Äolische Sandablagerun gen. S. 500. — Dirnen. S. 592. — Staubablagerungen. S. 596. — Literaturnachweise S. 598. Die Arbeit des Meeres. S. 599. Begriff der Küste. S. 599. — Charakter der K äste. S. 600. — Die Brandung. S. 601. — Steilküsten. S. 602. — Zerstörung der Flachküsten. ¡8. 608. — Erosion durch Gezeitenströmungen. S. 610. — Anschwemmung. S. 611. — Die Bilanz der Meeresarbeit. S. 615. — Literaturnachweise S. 616. Die geographische Verbreitung der exogenen Wirkungen. S. 617. Bodentypen. g. 017. — Faciesge biete. S. 621. — Gebirgsfacies. S. 626. — Literaturnachweise S. 627. Fünfter Abschnitt.

Morphologie des Landes.

Übersicht. S. 629. Orographisches System. S 630. — Hypsometrische Systeme. S. 631. — Hypsometrie. S. 632. — Orometrie. S. 635. — Genetisches System. S. 636. — Literaturnachweise S. 638. Die Oberflächenformen der Flachschichtung. S. 638. Das Tafelland. S. 638. — Ausgefüllte Landsenken. S. 641. —"Peripherische Flachböden jugendlichen Alters. S. 645. — Bruchformen. S. 648. — Destruktionsformen. Täler und Erosionsgebirge. S. 653.- — Denudationsstufen. S. 656. .— Tafelrestberge. S. 660. — Literaturnachweise S. 661. Strukturformen des Faltengebirges. S. 662. Der Faltungsprozeß. S. 662. — Die reinen Strukturformen des Faltengebirges. S. 665. — Gestalt der Faltengebirge. S. 665. — Arten der Falten. S. 667. — Einteilung nach der Beschaffenheit und Anordnung des Gesteinsroaterials. S. 671. — Mono antiklinalcn. S. 672. — Einfache Faltengebirge. S. 675. — Querprofil zusammengesetzter Gebirge. S. 676. — Bruchformen. S. 682. — Abgrenzung und Einteilung der Faltengebirge. S. 684. — Beziehungen der Faltengebirge zum ungefalteten Umland. S. 687. — Gipfelhöhen. S. 688. — Literaturnachweise S. 690. Die Gliederung der Gebirge. S. 692. Arten der Täler. S. 692. — Durch gsngstäler. S. 694. — Anlage des Talnetzes in Faltengebirgen. S. 701. — Talwaeserschciden. S. 704. — Aufschließung der Gebirge. S. 709. — Literaturnachweise S. 710. Die Destruktionsformen des Faltengebirges. S. 710. Landstufen. S. 710. — Rumpffliichcn. S. 711. — Rumpfrestberge. S. 716. — Rumpfschollengebirge. S. TIS. — öberflächenformen der Rumpfschollengebirge. S. 719. — Mehrflüchige Rümpfe. S. 722. — -Rumpfgebirge. S. 722. — Junge Peneplains. S. 726. — Literaturnachweise S. 728. Vulkanische Berge. S. 730. Einteilung. S. 731. — Aufgesetzte Stratovulkanberge. S. 733. — Aufgesetzte homogene Vulkane. S. 736. — • Einfluß der La^e der Eruptionsstellen. S. 736. — Umwandlung durch Destruktion und aufgedeckte Vulkanberge. S. 738. —• Literaturnachweise S. 740. Übersicht der omographischen und morphologischen Grofifonnen der Landpbertliche. S. 740. Die Flüsse. S. 742. Einteilung. S. 742. — Verteilung der Flüsse. S. 743. — ilußVermischung und Wasserteilung. S. 747. — Bau der Flußsysteme. S. 748. — Größe der Flüsse. S. 750. — Veränderungen der Flüsse. S. 751 — Literatur nachweise S. 756. Die Seen. S. 757. Hauptkategorien. Mündungsseen. S. 757. — Beckenformen. S. 758. — Dimensionen der Seebecken. Depressionen. S. 762. — Seengebiete. S. 765. — Süß- und Salzwasserseen. S. 770. — Erlöschen der Seen. S. 771. — Sumpf und Moor. S. 773. — Literaturnachweise S. 776.

Inhalt

IX

Die horizontale Gliederung des Festlandes. S. 777. Die Halbinseln. S. 777. — Inseln. S. 780. — Genetische Einteilung. S. 780. — K o n t i n e n t a l i n s e l n . S. 781. — Ursprüngliche Inseln. S. 784. — Koralleninseln. S. 786. — Theorie der Korallenriffe. S. 790. — Flora und F a u n a der Kontinentalinseln. 8. 795. — Flora und F a u n a der ursprünglichen Inseln. 8. 799. — Literaturnachweise S. 801. K ü s t e n f o r m e n . S. 803. H a u p t t y p e n . S. 803. — Detailformen. S. 804. — Talbuchten. S. 806. — Natürliche (Seehäfen und MeeresstraCen. 8 . 8 1 4 . — K ü s t e n e n t w i c k l u n g und mittlerer K ü s t e n abstand. S. 816. — L i t e r a t u r n a c h weise S. 818.

Sechster Abschnitt.

Die Pflanzendecke und die geographische Verbreitung der Tiere.

Die geographischen Bedingungen des Pilanzenlebens. S. 820. Abhängigkeit vom K l i m a . S. 820. — Abhängigkeit vom Boden. 823. — Pflanzenformationen. S. 825. - - Literaturnachweise -8. 826. Die Hauptzonen und Hauptregionen der Vegetation. S. 827. Tropische Pflanzenzone. S. 827. — Gemäßigte Zone. S. 832. — Polare Waldgrenzen. S. 834. — Polare Pflanzenzone. S. 835. — Pflanzenregionen. S. 837. — Literaturnachweise S. 842. Die wichtigsten Vegetationsformationen innerhalb der Waldgrenzen. S. 842. Tropenwald. S. 844. - - Der Wald mittlerer und höherer Breiten. S. 847. — Buschland. 849. — Savane. S. 851. — Wiesen und Weiden. S. 853. — Grassteppen. 854. — W ü s t e n s t e p p e n und W ü s t e n . S. 855. — Ausdehnung der Formationen. S. 859. — Literaturnachweise S. 859. Die Nutzpflanzen. S. 860. Zerealien. S. 861. — Andere K u l t u r p f l a n z e n . S. 864. — Literaturnachweise S. 866. Die Lebensbedingungen der Tierwelt. S. 867. Beziehungen zwischen der Tier- und der Pflanzenwelt. S. 867. — F ä r b u n g . S. 869. — Abhängigkeit der Tiere vom K l i m a . S. 870. — Tropische Tierwelt, S. 872. — Polare Tierwelt. S. 873. — Vertikale Verteilung. S. 875. — Periodizität im Tierleben. S. 876. — Beziehungen der Tiere zueinander und zu dem Menschen. S. 876. — Literaturnachweise S. 877. D i e Flora und F a u n a der Tropen und der südlichen Halbkugel. >S. 878. Verbreit u n g s t y p e n . S. 878. — Die T r o p e n der Alten und der Neuen Welt. S. 881. — Provinzielle Unterschiede in d e n tropischen Beichen. S. 884. — Die alten Kontinentalinseln. S. 885. — Australien. S. 886. — Der malaii • Archipel und Polynesien. S. 888. — Das Problem der südhemisphärischen Kontinental-' zusammenhänge. S. 891. — Literaturnachweise S. 895. Flora und F a u n a der mittleren und höheren Breiten der Nordhalbkugel. S. 897. K l i n i a ä n d e n m g . S. 897. — Die südlichen Übergangsgebiete. 8. 897. — Zentralasien. S. 900. — Die holoarktische Zone. S. 900. — Rückblick auf die Theorie der L a n d b r ü c k e n . S. 903. — Hochgebirge. S. 905. — Veränderungen in der J e t z t z e i t . S. 910. - - Literaturnachweise S. 914. Die pflanzen- und tiergeographischen Einteilungen der festen Erdoberfläche. S. 915. Literaturnachweise S. 919. Register S. 920. Berichtigungen S. 983.

Verzeichnis der Kartenbeiiagen. Tafel I. ,, II. „ III. ,, IV. „ V. ,, VI. „' VII. ,, VIII. ,, IX. „ X. „ XI. ,, XII. „ XIII. „ XIV. „ XV. „ XVI. „ XVII. „ XVIII. ,, " XIX.

Die morphologische. Dreiteilung des Landes. Jahres-Isothermen. Januar-Isothermen. Juli-Isothermen. Isanomalen der Lufttemperatur im Januar. Isanomalen der Lufttemperatur im #uli. Die Temperaturzonen dei Erde. Linien gleicher jährlicher Temperaturschwankung. Isobaren und Winde im Winter. Isobaren und Winde im Sommer. Jährliche Niederschlagsmengen. Jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge. Verbreitung der Gletscher und des Treibeises. Die Klimaprovinzen. Die Oberflächenströmungen dos Meeres. Korallenbauten, Vulkane und Erdbeben. Vegetationskarte. Die Florenreiche. Faunengruppen und -reiche.

Erster Abschnitt. Der Erdkörper und die Grundzüge seiner Oberflächengestaltung. Die Gestalt und Grüße der Erde.

Die einfache Naturanschaüung betrachtet dio Erde als ruhenden Körper, den die Sonne in kreisförmiger Bahn umwandelt. Der alexandnnische Gelehrte PTOLEMÄUS gab dieser Anschauung zuerst einen wissenschaftlichen Ausdruck und schuf damit ein Wellsystem, das bis zum Anfang der Neuzeit seine Geltung bewahrt hat. Er machte die Erde zum Zentrum des Weltalls, und die von der Theologie beherrschte Wissenschaft' des Mittelalters fand in diesem System eine Bestätigung ihres Grundsatzes, daß der Mensch der Mittelpunkt und Zweck der Schöpfung sei. Erst COPERNIOUS verbannte die Erde aus ihrer usurpierten Stellung und wies ihr einen bescheideneren Platz im Sonnensystem an. Die Erde ist ein Planet, der sich, in 24 Stunden einmal um seine Achse und, vom Monde begleitet, in einem Jahr einmal um die Sonne bewegt, von der er Licht und Wärme empfängt. Die Fortschritte in der Erforschung des Erdköipers, seines organischen Lebens und seiner Entwicklung, hatten eine gänzliche Umwandlung der Weltanschauung im Gefolge. Wir sehen in der Natur nicht mehr eine Aufeinanderfolge wunderbarer Schöpfungstaten, die jede Form fertig lind unabänderlich aus dem Nichts oder aus dem Chaos hervorriefen, sondern einen nach ewigen Gesetzen wirkenden Mechanismus, in-dem dio Formen in beständiger Umwandlung begriffen sind. An diesem Grundgedanken der Entwicklung müssen wir festhalten, wenn auch der Streit "über das Wie der Entwicklung wohl noch langt, vielleicht für immer, ungeschlichtet bleiben wird. Welche Bedeutung wir aber auch den verschiedenen Entwicklungshypothesen zuerkennen mögen, so unterSvtTAK,

Pbjuiscbe Erdkunde. 6. Aufl.

X

2

Der Erdkörper und die Grundzögo Beiner Obcrflächengestaltung

liegt es doch keinem Zweifel, daß sie unendlich befruchtend auf die Wissenschaft gewirkt haben. Wenn wir annehmen, daß jede Form durch einen unerforschlichen und uns daher willkürlich erscheinenden Schöpfungsakt entstanden ist, dann bleibt uns am Ende nichts übrig, als diese Formen au beschreiben und zu klassifizieren; nehmen wir aber an, daß sich alles auf natürlichem Wege entwickelt hat, so können wir diesem Prozeß nachspüren. Die Naturwissens c h a f t s c h r e i t e t von der S y s t e m a t i k zur Genetik f o r t , und damit erwachsen auch der Geographie ganz andere Aufgaben, als sie früher zu lösen hatte. Entwicklung der Erde.1 Die von L A P L A C E entwickelte Nebul a r t h e o r i ö verknüpft auch die einzelnen Teile unseres Sonnensystems genetisch miteinander. Alle seine Körper bildeten einst einen großen kugelförmigen, rotierenden Nebelfleck, dessen hohe Temperatur spätere Forscher entweder auf den Zusammenstoß dunkler Massen oder (nach FBIEDEL2) auf die Vereinigung der Elektronen zu Atomen zurückführten. Indem er sich infolge der Abkühlung im kalten Weltenraum zusammenzog, erhöhte sich die Botationsgeschwindigkeit, die Abplattung an den Polen und die Ausbauchung am Äquator wurden immer größer, und so lösten sich mit der Zeit am Äquator Teile loa, die einen Bing bildeten. .Dieser zerriß infolge ungleicher Beschaffenheit und Erkaltung und veranlaßte so die Entstehung planetarischer Nebelballen. Derselbe Prozeß wiederholte sich auch hier: erst Bingbildung, wie sie noch am Saturn beobachtet werden kann,* dann Zerreißung des Binges und Bildung der Monde. So erscheinen nach dieser geistvollen Hypothese alle Glieder des Sonnensystems als eine große Familie, deren Mutter die Sonne ist, wie sie auch noch jetzt alles lieben auf der Erde ernährt und erhält, Durch fortgesetzte Abkühlung und Zusammenziehung wurde die Erde aus einem glühenden Nebelball ein glühendflüssiger Körper, der sich endlich mit einer Erstarrungskruste umhüllte. Nach einer anderen Ansicht, die sich darauf stützt, daß der Schmelzpunkt der vulkanischen Laven mit steigendem Drucke hinaufrückt, begann die Verfestigung dort, wo der Druck am größten ist, d. h. im Mittelpunkt, und schritt nach außen fort. Die Wasserd&mpfe wurden kondensiert und sammelten sich in den Vertiefungen der Erdkruste als Meer an, über das die Erhöhungen als Kontinente emporragen. Der Gegensatz von Land und Wasser ist seit dieser Zeit ein bleibender Charakterzug unaetes Planeten, wenn auch die * Nach den neueren Beobachtungen ist der S&turnring kein homogenes Ganses^. sondern ein Aggregat gesonderter kleiner, starrer Massen.

Die Gestalt und Größe der Erde

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geographische Verteilung dieser beiden Grundformen dem Wechsel unterworfen ist. Schon KANT, der Vorgänger von LAPLACE, hatte angenommen, daß sich die Planeten selbständig aus der in ihre Grundstoffe aufgelösten Materie entwickelten, indem dichtere Elemente dünnere anzogen. Verwandt damit sind die verschiedenen A n h ä u f ungst h e o r i e n , sowohl die älteren Meteoritentheorien G . D A R W I N S und N . L O C K Y E I I S , wie die neue Planetesimaltheorie von C . C H A H B E R L I N 3 , die die Entstehung der Planeten auf die Anhäufung kleiner kosmischer Massen zurückführen. Die letztere gewinnt, wie es scheint, jetzt immer mehr Boden und darf daher auch an dieser Stelle nicht übergangen werden. Sie leitet unser Sonnensystem von einem Spiralnebel ab, den sie sich aus unzähligen kleinen Körperchen (Planete.simals) gebildet denkt. Diese drehen sich um eine zentrale Gasmasse ebenso, wie es die Planeten tun. Das Vorhandensein von Knoten zeigt an, daß die Nebelmasse nicht gleichartig verteilt ist. Aus der Zentralmasse entstand die Sonne, die Knoten waren die Embryonen der Planeten, die übrige Nebelmasse wurde teils von der. Sonne, teils von den Knoten absorbiert, die sich dadurch zu Planeten entwickelten. Daraus ergeben sich nach F A I R C H I L D 4 folgende wichtige Unterschiede zwischen der Planetesimal- (P-Th.) und der Nebülartheorie (N-Th.): 1. Nach der N-Th. hat die Erde von ihrem ehemaligen Zustand Wärme zurückbehalten, während nach der P-Th. schon die kleinen kosmischen Urkörper ihre Wärme verloren haben. Die Erde war an ihrer Oberfläche immer kalt, und ihre innero Wärme ist eine Folge der Verdichtung, der Zusammenballung der kosmischen Massen, wobei sich ihre Bewegung in Wärme umsetzte. 2. Nach der N-Th. hat die Erde durch Abkühlung stetig an Umfang abgenommen, nach der P-Th. hat sie sich zuerst stetig durch Anhäufung von Planetesimals vergrößert, dann aber durch Zusammensackung der Massen wieder verkleinert. 3. Nach der N-Th. schieden sich die flüchtigen Stoffe der Erdmasse als Wasser und Luft aus, nach der P-Th. waren Luft und Wasser ursprüngliche Bestandteile der Planetesimals, und die gegenwärtige Luft- und Wasserhülle wurde durch Hitze und Druck aus dem Innern der Erde herausgepreßt. Die beglaubigte Erdgeschichte beginnt erst spät; nur soweit uns ihre Zeugnisse in den aufeinander folgenden Gesteinsschichten, in deren vielfachen Störungen und in den begrabenen Lebewesen noch erhalten sind, stehen wir auf sicherem Boden. Aber auch hier hat sieh eine richtige Deutung erst allmählich herausgearbeitet. Zwar konnten es sich auch die älteren Geologen nicht verhehlen, 1*

4'

Der Enlkörpcr und die Gruudzüge seiner ObcrflächengeBtaltnng

«laß der Erdkörpor und sein organisches Leben verschiedene Stadien durchlaufen haben, aber sie meinten noch, d a ß die einzelnen Perioden der Erdgeschichte durch allgemeine Katastrophen, die das Bestehende vernichteten, und ebenso viele Neuschöpfungen voneinander getrennt seien. Dagegen lehrten HOFF5 und LYELL6, d a ß sich die Veränderungen der Erdoberfläche allmählich vollzogen kabeil, in derselben Weist-, wie wir sie auch in der geologischen Gegenwart beobachten, und durch dieselben K r ä f t e , die noch j e t z t tätig sind, wenn auch zugegeben werden mag, d a ß die Kraftäußerungen in früheren Epochen eine größere Intensität besaßen. LAMARCK und CHARLES DARWIN 7 wendeten diese Theorie auch auf die organische Welt an, die, von niederen zu höheren Formen fortschreitend, endlich im Menschen gipfelt. Es mag aber dahingestellt bleiben, o b sich der Entwicklungsprozeß gleichmäßig oder sprungweise abspielte, d. h. ob Perioden erhöhter Tätigkeit — sogen, „ k r i t i s c h e P e r i o d e n " , wie LE CONTE8 sie n a n n t e — mit relativen Ruhepausen wechselten, Perioden, die sich auch in der Umgestaltung der organischen Welt widerspiegeln. Gestalt der Erde. 9 Als ein sicheres Zeugnis f ü r die einst flüssige Beschaffenheit des Erdkörpers wird dessen G e s t a l t angesehen, aber mit Unrecht, denn jeder .rotierende kugelförmige Körper, der nicht absolut starr ist, m u ß sich an den Enden der Rotationsachse, d. h. an dep Polen abplatten und a m Äquator ausbauchen : mit anderen W o r t e n : die Kugel m u ß sich z u . einem E l f i p s o i d umgestalten. Die ellipsoidische Gestalt der Erde ist direkt durch Pendelbeobachtungen und Gradmessuxigen erweisbar, indirekt, auch auf astronomischem Wege. Die P e n d e l b e o b a c h t u n g e n ergaben, daß die Länge des Rokundenpendcls (d. h . eines Pendels, das in einer Sekunde eine Schwingung ausführt) vom Äquator nacl^den Polen z u n i m m t . x Diese Tatsache kann ihre Erklärung nur darin finden, d a ß die Schwerkraft IUI den Polen am größten, am Äquator am kleinsten ist. Der' Grund hierfür ist doppelt. Einerseits erreicht die Fliehkraft, die der * ZUR Illustration dieses Gesetzes greifen wir aus HELMERT« Tabelle einige Stationen in Abständen von ungefähr 10° B. heraus:

(Siuissah Lout . . . Trinidad Mauwi . . . . . Isinailisi . . . . . liobuken —New York

J*5i)go doa Sekundenpendels N. B. in hl in

0° 2' 991,055 10" 39' 991,o»i 20°52' 991,»I HO® 56' 992,si» 40*45' 993,I»I

!

| i j ,

.Bonn Uust . . . . . Hammerfest . . . ! Spitzbergen . . .

Länge des Sekundeo^eodels N. B. in mm

50°44' 994,OM 60*45' 994,»»» 70*40' 995,IM 79*50' 996,»•:

5

D i e G e s t a l t u n d Größe d e r E r d e .

Schwerkraft direkt entgegenwirkt, am Äquator ihren größten Wert, während sie an den Polen gleich Null ist; anderseits ist man wegen der Abplattung dem Erdmittelpunkte, dem Sitze der Schwerkraft, an den Polen am nächsten, » i uüd am Äquator am \ 1 weitesten davon ent\ \ fernt. \ \ Einen noch au\ I \l genfälligeren Beweis . — für die Abplattung \ der Erde liefern die \ I Gradmessungen. gp^o \ \ In Fig. 1 ist rechts \I ein halber kreisför\| miger,. links ein halber elliptischer MeKg A h ^ t t u m der Erde. ndian dargestellt; P beziehungsweise P' ist der Pol, und die Horizontallinie der Durchschnitt der Äquatorialebene. Wählen wir auf dem Kreisquadranten zwei Paare von Punkten, von denen sich a und b nahe dem Äquator, e und d nahe dem Pole befinden. Die Vertikalen (oder Normalen), die wir in diesen Punkten errichten, sind Halbmesser und schneiden sich daher in o; der Winkel a o fr ist - c o d ~ 10°, ebenso ist der Bogen ab — cd, oder mit anderen Worten: auf e i n e r K u g e l e n t sprechen g l e i c h e n W i n k e l a b s t ä n d e n d e r N o r m a l e n g l e i c h e Meridianbogen. Anders auf dem Ellipsoid, Die Normalen schneiden sich nicht mehr im Zentrum, die Winkelabstände von a' und b', c' und d' sind zwar gleich ( = 10°), wovon wir uns sofort überzeugen können, wenn wir mit dem Radius a o von o' und o" aus Kreise beschreiben (die Bogen a" b" — c" d" — c d --= ab); aber die ihnen enstprechenden Meridianbogen sind ungleich (a' b' < c' d'), weil sich die Krümmung der Ellipse gegen den Pol hin verflacht. Auf d e m E l l i p s o i d n i m m t a l s o die L ä n g e e i n e s M e r i d i a n g r a d e s v o m Ä q u a t o r g e g e n die P o l e zu. Indem die große französische Gradmessung in der Mitte des 18. Jahrhunderts für die Länge eines Meridiangrades in Lappland (66° 20' N) 111947, in Frankreich (49° 13' N) 111212, auf der Hochfläche von Ecuador (10 31' S) 110014 m fand, erbrachte sie den unumstößlichen Beweis für die ellipsoidische Gestalt der Erde.* Als x l>iesn epochemachende Arbeit wird Ecuador und auf Spitzbergen wiederholt.

jetzt • durch

Grftdmessungen

in

6

Der Erdkörper und die Grundzüge seiner Oberflftchengestaltung

• aber die folgenden, in verschiedenen Gegenden ausgeführten Graclmessungen und Pendelbeobachtungen verschiedene Werte für die Abplattung ergaben, gelangte man zu der Erkenntnis, daß die Gestalt, der Erde der Regelmäßigkeit entbehrt. Und dies gilt nicht bloß von der Landoberfläche mit ihren Erhebungen und Vertiefungen, nicht bloß von der wirklichen Meeresoberfläche, die wechselnden Unigestaltungen unterliegt; auch das sogenannte Geoi'd, h. d. die ideelle, unbewegte Meeresfläche, die in allen Punkten senkrecht zur Richtung der Schwerkraft steht, und die man sich durch ein System von Kanälen von der Küste in das Innere der Kontinente geführt denkt, entspricht nicht völlig einem regelmäßigen Ellipsoüd, sondern erhebt sich innerhalb des Festlandes bis zu 50 m darüber, während es im Ozean wohl höchstens bis zu 150 m darunter hinabsinkt. Die Summe der Abweichungen beträgt also nur 200 m — eine in Anbetracht der Größe der Erde verschwindend kleine Zahl.10 Es ist die Aufgabe der neuen Gradmessungen, diese Abweichungen in bezug auf verschiedene Teile der Erde festzustellen und zugleich ihre Ursachen zu erforschen. Dimensionen der Erde. Die nächste praktische Folge dieser Unregelmäßigkeit ist die, daß man, um Dimensionen der Erdoberfläche zu berechnen, ein ideelles Ellipsoid zugrunde legen muß, das sich den Ergebnissen dör Grad- und Pendelmessungen möglichst anschmiegt. Unter diesen Berechnungen hat die von B e s s e l , obgleich sie sich nur auf zehn zuverlässige Gradmessungen stützt, die größte Verbreitung gefunden und kann auch heute noch für geographische Zwecke als ausreichend erachtet werden. Die spätere Berechnung von C l a r h e und die neueste von H e l m e r t 1 2 weichen davon nicht wesentlich ab, und für die Erdoberfläche kann an der runden Zahl von 510 Mill. qkm festgehalten werden. 1 1

B c s s n . (184t)

Äquatorialhalbmesser (o), km = 6877,« Polarhalbmesser (6), km = 6356,1 a - b

1

C l a k k b (1880)

6378,a «356,»

H b l m c b t (1913)

6878,» 6356,9

1

Abplattung = — -

= ^

293

Umfang des Äquators, km Umfang im Meridian, km Oberfläche der Erde, qkm

= 40070 = 40003 = 509950714

40076 40007 510062854

297 40076 40009 510100800

Flächenbereehnung.13 Die F l a c h e eines Landes kann entweder durch direkte Vermessung oder auf planimetrischem Wege, d. h. auf der K a r t e mit Hilfe des P l a n i m e t e r s ermittelt werden. Die letztere Methode wird weitaus am häufigsten angewendet, ja für halb oder ganz unzivilisierte Länder ist sie die einzig mögliche. Dabei kommt

Die Gestalt and Gröfie der Erde

7

es in erster Linie darauf an« welche Dimensionen des EUipsoids der Messung zugrunde gelegt werden, ob z. B.'die BESSELsehen, wie es in der Geographischen Anstalt von JUSTUS PERTHES in Gotha geschieht, oder die CLARKESchen, di* STBELBITZKY bei seinen bekannten Flächenberechnungen Europas und des Bussischen Beiohes angewendet hat. Unter sonst gleichen Umständen muß für ein und dasselbe Land die Fläche nach CLARKE stets größer sein, als die nach BEBSBL; aber der Unterschied, der sich daraus ergibt, ist in den meisten Fällen geringfügig gegenüber der Unsicherheit der Messung, die in dem mangelhaften Kartenmaterial, dem Maßstab der Karte der. Dehnung des Papieres bei verschiedener Feuchtigkeit und der Beschaffenheit des Instrumentes begründet ist. Selbst bei Ländern .mit so vortrefflichen Karten, wie Frankreich oder Italien sie besitzen, haftet den Flächenzahlen noch ein wahrscheinlicher Fehler von x/a bis 1 Prozent des Areals an; und man mag danach ermessen, wie es selbgt mit den besten Flächenzahlen dort bestellt ist, wo noch verhältnismäßig wenige Punkte durch gute Breiten- und Längenbestimmungen festgelegt sind, und jede neue größere Förscbungsreise Verschiebungen des Kartenbildes zur Folge hat. Solche Länder werden daher meist in kleinerem Maßstab abgebildet, und daraus erwächst wieder ein neuei*Fehler, der sich bei sonst größter SorgFig 2 falt bis zu 8 Prozent der Fläche steigern kann. " " Überdies ist auch zwischen der auf die Karte projizierten Fläche und der wahren Oberfläche zu unterscheiden. Dies wird sofort klar aus Fig. 2, die ein schematisches Gebirgspriama darstellt. Auf der Karte ersoheint nur die Grundfläche ab de und nur ihr Areal wird ermittelt, die wahre Oberfläche ist aber aefd + befe. Dieser Unterschied verschwindet nur auf völlig horizontalen Flächen und nimmt mit dem Böschungswinkel zu, so daß er in Gebirgsländern einen ziemlich hohen Wert erreicht. Für ein Gebirge vom Typus des Böhmerwaldes hat z. B . BENES 14 berechnet, daß die wahre Oberfläche um 8,8 Prozent größer ist als die projizierte. Literaturnachweise.

Leipzig 1907.

1

SVAÜTE ABBHXNIUS, D a s Werden der W e l t e n ;

ALB. GOCKEL, Schöpfungsgeschichtliche Theorien; Köln a. Rh.

1907; gute Übersicht. — 8 J o n . FRIED EL in PETKRMANN » Mitteilungen, 1905, S. 43. — 8 TH. C. CHAMBEBLIN u. R . D. SAUSBÜBY, Geology, N e w York 190«,

Bd. II- — * H. L. FAIBCHILD im Amerioan Geologist, 1904, Bd. XXXIII, S. 94. — s K, E. A. HOFF, Geschichte der durch die Überlieferungen nachgewiesenen natürlichen Veränderungen der Erdoberfläche. Gotha 1822—40. — *CH. LYELL, Prinoiples of Geology, London 1830—33. 12. AufL 1876. — ' CH. DABWIN, The Origin of Species, London 1859. Deutsche Ausgabe von CASUS, Stutt-

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Der Erdkörper nnd die Grundziige seiner Oberflächengestaltang

gart 1883. — * J. LK CONTK, Critical Periode in the History of the Earth, im Balletin of the Department of Geology of the University of California, Bd. I, 1895. — * Hauptwerk F. R. HELMERT, Die mathematischen nnd physikalischen Theorien der höheren Geodäsie, Berlin 1880—84. 8. GONTHJÄTT, Handbuch der mathemathischen Geographie, ¡Stuttgart 1890. Der beste Leitfaden für mathematischen Geographie, den wir besitzen, ist H. WAONERS Lehrbuch der Geographie, 9. Aufl. Hannover 1912. — 10 J. B. MESSERSCHMITT, Über den Verlauf des Gcoicls auf den Kontinenten und auf den Ozeanen, in den Annalen der Hydrographie und marit. Meteor., 1900. — 11 H. WAONEB, Die Dimensionen des Erdsphäroids nach BESSES; in BEHMS Geographischem Jahrbuch, !Bd. III, 1870. — 1 2 F. R. HELMERT, Geoid und Erdellipsoid, in der Zeitschrift der Berliner Gesellschaft für Erdkunde 1913. — 18 W. SCHMEDEBERO, Zur Geschichte der geographischen Flächenmessung bis zur Erfindung des Planimeters; in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1906. — 14 J. BENE3, Die wahre Oberfläche des Böhmerwaldes; in dem Bericht des Vereins der Geographen an der Universität Wien, 1888.

Di« Teile des Erdkörpers. Wenn wir von den Dimensionen der Erde sprechen, so verstehen wir darunter nur die des festen Erdkörpers, schließen aber seine gasförmige Umhüllung, die A t m o s p h ä r e , aus, obwohl sie ebenso einen integrierenden Bestandteil des Erdkörpers bildet, wie die G e s t e i n s h ü l l e (Lithosphäre) und der E r d k e r n . Die Gesteinshülle tritt entweder als Land zutage oder ist als Grand des Meeres und der Seen unseren Blicken entrückt, so daß wir, ausgehend von den Erscheinungen der Oberfläche, von einer G e s t e i n s h ü l i e i m e n g e r e n Sinne und einer W a s s e r h ü l l e sprechen können. Der Erdkern.1 Ob eine so scharfe Grenze, wie zwischen der Luft und Gesteinshülle, auch zwischen der letzteren und dem E r d k e r n besteht, wissen wir nicht, denn selbst das tiefete Bohrloch der Erde, das Czuchower -Bohrloch in Oberschlesien, durchfuhr sie nur bis 2240 m Tiefe, und es ist also auch an dieser Stelle vom Erdinnern nur der dreitausendste Teil des mittlerer! Halbmessers bekannt. So unnahbar das Erdinnere auch der direkten Beobachtung ist, so sind uns doch einige Tatsachen bekannt, die geeignet sind, etwas Licht über seine Beschaffenheit zu verbreiten. Für seine hohe T e m p e r a t u r legen die Laven und heißen Quellen Zeugnis ab. Die schwer schmelzbaren Laven erforderten zu ihrer Flüssigmachung Wärmegrade bis zu 1700. Daß sich die Stoffe des Erdinnern in glühend-flüssigem Zustand befinden, und daß die .Erdkruste verhältnismäßig dünn sei, war daher eine Annahme, die sich von selbst aufdrängte, und die mit den kirchlichen Vorstellungen von der Hölle ebenso harmonierte, wie mit

9

Die Teile des Erdkörpers

den Ansichten über die Entwicklung der Erde nach der herrechenden v Nebulartheorie. Eine genauere Kenntnis von der Verteilung der Temperatur im Erdinnern verdanken wir aber nur den Beobachtungen bei den zahlreichen vertikalen und horizontalen Tiefbohrungen, die in allen Kulturländern zu technischen und industriellen Zwecken ausgeführt werden. Die Temperaturschwankungen der Oberfläche dringen nur bis zu einer geringen Tiefe in die Gesteinshülle ein; schon in einer Tiefe von etwa 1 m wird die tägliche Schwankimg nicht mehr fühlbar, und die jährliche erlischt je nach ihrer Größe und der- Leitungsfähigkeit des Gesteins in hohen Breiten in ungefähr 2&, in den mittleren in 20—15 und in den Tropen wahrscheinlich schon in 6m Tiefe. Unterhalb dieser Schicht k o n s t a n t e r T e m p e r a t u r , * die etwas höher ist als die mittlere Jahrestemperatur an der Ober-

fläche, n i m m t die T e m p e r a t u r in allen J a h r e s z e i t e n und überall mit der Tiefe zu. Aber die g e o t h e r m i s c h e T i e f e n s t u f e , d.h. die Tiefe, die einer Temperaturs,teigerung von 1°C entspricht, ist nicht überall gleich groß. Sie wird durch die Nähe vulkanischer Herde und durch chemische Prozesse gesteigert, durch die abkühlende Einwirkung benachbarter Wassermassen herabgedrückt, und hängt unter sonst gleiche« Bedingungen von der Wärmeleitungsfähigkeit des Gesteins ab. Indes kann man nach den bisherigen Erfahrungen als normale Tiefenstufe unter der Ebene 82—84 m betrachten. Gehen wir in den Tunneln von der Talsohle nach dem Innern der Berge, so wird sie größer. So z.B. im St. Gotthardtunnel: Tiefe des Tunnels Geothermische Stufe

301 24,o

558 42,«

1026 51,8

1165 m 52,» „

Die Flächen gleicher Erdwärme (Geoisothermen) wiederholen also die Konturen der Oberfläche, indem sie im Innern der Gebirge anx Dieser Ausdruck ist nicht genau, Schwankungen sind auch hier nicht ganz ausgeschlossen, Aber sie übersteigen nicht mehr den Betrag von O.i" C.

10

Oer Erdkörper und die Grundzüge seiner Oberflächengestaltung

Steigen, aber unter einem flacheren Winkel als die Böschungen. Die Erfahrungen im Simplontunnel haben uns auch über die abkühlende Wirlying geneigter Schichtenstellung und des Boden wassere aufgeklärt. Die höchste Temperatur liegt dort nicht unter den höchsten Gipfeln, sondern nördlich davon, wo die flache Schichtenlagerung die Wärmeleitungsfähigkeit verringert, und die großen Einbuchtungen der Isothermen unter Valle sind nicht durch das Relief, sondern durch die starke Wasserzirkulation bedingt. Die hohe Gesteinstemperatur in diesem Tunnel stellte sogar seine Ausführung in Zweifel, da der menschliche Körper trockene Wärme nur bis 50° und feuchte nur bis 40° längere Zeit ertragen kann. Nur die Anwendung komprimierter Luft, die sich bei der Ausdehnung stark abkühlt, hat über diese Schwierigkeit hinweggeholfen. Es kann ferner keinem Zweifel unterliegen, daß im Innern der großen Massenerhebungen der Gesteinshülle, die wir Kontinente nennen, die Isothermenflächen in ähnlicher Weise ansteigen, wie im Innern der Gebirge. So fand z. B. die „Ghallenger"-Expedition im südatlantischen Ozean in 4160 m Tiefe Wasser von nur 1°, während, wie wir annehmen müssen, unter dem afrikanischen Boden in gleicher Tiefe bereits eine Temperatur von ungefähr 150° herrscht. Da aber die geothermischen Tiefenstufen unter den Erhebungen größer sind, als unter der Ebene, so muß allmählich ein Ausgleich erfolgen, indem die Geoisothermen, wie Fig. 4 versinnlicht,mitzunehmender Tiefe immer flacher werden, und dieser Ausgleich muß sich um so schneller vollziehen, je größer der Unterschied der Tiefenstufen ist. Nehmen wir an, unter dem Gipfel eines 2000 m hohen Berges (JahresFig. 4. Geoisothermen. temperatur 0°) betrage die geothermische Tiefenstufe 52,6, unter der Ebene (Jahrestemperatur 10°) aber 34 m, so ist bereits in 2700 m unter dem Niveau der Ebene die Temperatur überall gleich, und man darf annehmen, daß von da an keine weitere Störung im gleichmäßigen Verlauf der Geoisothermen eintritt, und die geothermische Tiefenstufe nicht mehr von den Reliefverhältnissen der Erdoberfläche beeinflußt wird.* x Nachstehende Tabelle gibt die Vorstellungen WOSIKOWS von der Verteilung der Bodentemperaturen in verschiedenen Teilen der Erde im Vergleich zur Luft- und Meerestemperatur und unter der Annahme einer gleichmäßigen

11

Die Teile des Erdkörpera

Daß die Temperaturzunahme auch über die unserer Messung zugängliche Zone hinabreicht, ist gewiß, aber bis zu welchen Tiefen und nach welchen Gesetzen, ist unsicher. Haben diejenigen recht, die annehmen, daß die Erde eine sich durch Wärmeleitung und Wärmeausstrahlung abkühlende Kugel ist, dann müssen die geothermischen Tiefenstufen gegen den Mittelpunkt zu immer größer werden. F O U R I E R S Rechnung und B I S C H O F S Experiment mit einer Basaltkugel führen zu dem nämlichen Schlüsse. Letztere zeigte 48 Stunden nach dem Guß folgende Temperaturen: Entfernung vom Mittelpunkte Temperatur Thermische Stufe

0 6,75" 9" 192,5° 170,0° 165,137,»° 0,W 0,i«i" 0,120"

Nehmen wir an, die Temperatur steige bis zum Erdmittelpunkt. Welchen Aggregat zu s t a n d haben wir 'dann im Erdinnern zu erwarten? Beachten wir, daß das Erdinnere sich auch unter dem Einfluß des nach der Tiefe steigenden Druckes befindet. Die Temperatur verflüssigt, der Druck verfestigt, oder mit anderen Worten: der Schmelzpunkt (d. h die Temperatur, bei der Schmelzung eintritt) räokt mit zunehmendem Druck in die Höhe. Es könnte also immerhin Temperatur von 630° in 20000 m Tiefe wieder (Meerestemperaturen Bodentemperaturen fett): Höhen über ( + ) und Tiefen unter dem Meeresniveau ( —) in m

Polarland 300 m hoch

+ 5000



Tropische Wüste 300 m fcoch —

+ 4000 + 1200 +

300 0

- 1000 - 5000 - 8000 - 9000 -20000

— 19,a i - 16j5 1-12,6 -

23,t 28,5 1 33,5/

Tropisches Plateau 4000 m hoch

Äquatorialer Ozean

-2,7



1 4,* l 8,5 67,5

ie Schwerebestimmung an der Erdoberfläche n. s. w., in der Zeitschrift der Gesellschaft f ü r Erdkunde, Berlin 1908.

Die Energiequellen. Die Veränderungen, denen die Erdoberfläche seit dem Beginn ihrer Geschichte fortwährend unterliegt, lassen sich unmittelbar oder mittelbar auf vier Energiequellen zurückführen: auf die Erdwärme, 2

18

Der Erdkörper und die Grundzüge seiner OberflächengeBtaltnng

die Sonneirwärme, die Drehung der Erde und die Anziehungskraft von Sonne und Mond. Wenn die Schwerkraft hier nicht besonders genannt wird, so erklart es sich daraus, daß sie zunächst nur potentielle Energie ist und erst durch die anderen primären Energiequellen in kinetische Energie umgewandelt wird. Sie würde fortbestehen, auch wenn alle Bewegung auf Erden erlöschen würde. Hier handelt es sich nur darum, das Gewebe von Ursachen und direkten und indirekten Wirkungen, die das Erdenleben ausmachen, in seinen Grundzügen darzulegen und damit das Verständnis cler nachfolgenden Betrachtungen anzubahnen. Die Wirkungen der unterirdischen Kräfte. Wenn wir als erste Energiequelle die E i g e n w ä r m e d e r E r d e genannt haben, so ist dies so zu verstehen, daß ein völlig erkalteter Körper nicht mehr imstande wäre, aus eigener Kraft Veränderungen an der Oberfläche hervorzurufend Solche Veränderungen haben sich aber im Laufe der geologischen Zeiträume wiederholt ereignet und ereignen sich noch fortwährend. Ihnen verdanken wir in erster Linie die abwechslungsreichen Formen der Landoberfläche und höchstwahrscheinlich auch den Gegensatz von Land und Meer. Die meisten Schichten, welche die Oberfläche des Festlandes zusammensetzen, sind ursprünglich auf dem Boden des Meeres horizontal oder mit sehr sanfter Neigung abgelagert worden. Es gibt zwar Ausnahmen, wo schon die ursprüngliche Lagerung unter einem größeren Winkel erfolgte, aber sie treten in der Regel nur in örtlich beschränkter Weise auf. Wo immer nun ehemaliger Meeresboden in Festland umgewandelt wurde, oder wo das Meer erobernd über weite Flächen in das Land eindrang, oder wo die Schichten in ihrer ursprünglichen Lagerung oder in ihrem Zusammenhang gestört wurden, muß eine N i v e a u v e r ä n d e r u n g angenommen werden. Ausgehend von den Erscheinungen auf dem Lande können wir a k t i v e und p a s s i v e Niveauveränderungen unterscheiden. Im ersteren Falle ist es der betreffende Landesteil, der seine Entfernung vom Erdmittelpunkt verändert hat. Da es sich dabei immer nur um begrenzte Gebiete handelt, so können wir uns einen solchen Vorgang nicht ohne S c h i c h t e n s t ö r u n g e n oder D i s l o k a t i o n e n denken. Es treten V e r b i e g u n g e n mit großer Spannweite oder F a l t u n g ein, oder die Schichten werden durch B r ü c h e in Schollen zerlegt, und diese werden in horizontaler ( V e r s c h i e b u n g ) oder vertikaler Richtung x In letzter Zeit sind ein paar mißglückte Versuche gemacht worden, die Eigenwarme der Eid« zu eliminieren und auch die geologischen Pweeate auf die Sonaenwänn« zurückzuführen.1

Die Eaergtoquellen

19

(Verwerfung) gegeneinander verschoben. Alle diese Veränderungen liegen klar zutage. Daneben gibt es aber auch solche, die anscheinend mit Dislokationen nicht in Verbindung stehen. Vorausgesetzt, daß hier der Schein nicht trügt, können wir solche Niveauveränderungen nur auf B e w e g u n g e n des M e e r e s s p i e g e l s zurückführen-, und wir nennen sie daher passive. Verschiebung«! der Wassermasse könnten nur infolge von Gestaltveränderungen des Erdkörpers oder größeren Polschwankungen eintreten, und von derartigen Vorgängen, die Wohl oft theoretisch erwogen werden, haben wir keine unmittelbare Kunde; wohl aber sind Anzeichen vorhanden, das auch der Boden des Meeres in bezug auf seine Entfernung vom Erdmittelpunkt nicht konstant bleibt. Verschiedene Bodenproben zeigen deutliche Schichtung, und solche beruht stets auf Unterbrechung oder Veränderung des Sedimentabsatzes. Einige dieser Vorkommnisse mögen sich aus klimatischen Ursachen erklären lassen, wie PHILIPP*1 meint, aber selbst dieser vorsichtige Forscher kann nicht umhin zuzugestehen, daß der wechselnde Kalkgehalt der Bodenproben aus dem atlantischen Bomanohetief auf vertikale Bodenbewegungen hindeute. SUBSS hat diese marinen Bodenbewegungen e u s t a t i s c h e genannt; sie äußern sich auf dem Lande stets im entgegengesetzten Sinne: Hebung des Meeresbodens bewirkt scheinbare Senkung des Landes, Senkung des Meeresbodens bewirkt scheinbare Hebung des Landes. Da das Meer eine geographische Einheit bildet, so haben diese Wirkungen stets eine universelle Verbreitung. Eine andere Äußerung der unterirdischen Kräfte sind die v u l k a n i s c h e n A u s b r ü c h e . Dagegen fassen wir die E r d b e b e n jetzt nicht mehr als ein selbständiges Phänomen auf, sondern nur als eine Begleiterscheinung der Vulkanismus und der Bodenbewegungen. Die solaren Wirkungen. Für die Gestaltung der Oberfläche ist aber die Erdwärme nicht der einzige Faktor. Die Sonnenwärme tritt ihr als zweite Energiequelle ebenbürtig an die Seite. Ja auch das organische Leben ist im Grunde genommen nichts anderes als umgewandelte Sonnenwärme. Abgesehen von der Pflanzendecke, wirkt die zugeführte Sonnenwärme auf jeden Punkt der Landoberfläche zerstörend, und dieser Einfluß wird wesentlich erhöht durch ihre periodischen Schwankungen, zunächst durch die thermischen Gegensätze von Tag und Nacht, Sommer und Winter. Allerdings beruht der V e r w i t t e r u n g s p r o z e ß zunächst nur auf der chemischen Einwirkung der Lufthülle auf das Gestein, und er würde nioht sofort ziim Stillstand gebracht werden, wenn die Sonne plötzlich erlöeehte. Nicht sofort, aber doch schon bald. Die Lockerung des Gesteins durch die Temperaturunterschiede

20

Der Erdkörper uud die Grundzüge seiner Oberfläehengestaltung

würde aufhören, und das Wasser würde seinen Kreislauf einstellen. Dazu kommt aber noch die ungleiche Verteilung der Temperatur. Sie setzt das Luftmeer in ununterbrochene Bewegung, es entstehen die W i n d e . Die Winde erzeugen wieder zweierlei Bewegungen innerhalb der Wasserhülle: Wellen und S t r ö m u n g e n . Das bewegte Mper zerstört die Küsten, und das Zerstörungsprodukt wird entweder im Meer abgelagert oder an anderen Stellen zur Vergrößerung des Landes verwendet. Auf dem Lande bewirkt der Wind direkt eine Umlagerung des losen Materials, wodurch er unter Umständen auch indirekt an der Abtragung des Gesteins mitarbeitet; eine noch eingreifendere Bolle spielt er als Verbreiter dts Wasserdampfes. Alles Wasser verdunstet unter dem Einfluß der Sonnenwärme, am meisten natürlich das Meer. In die Höhe geführt, verdichtet sich der Wasserdampf wieder und kehrt als Hegen oder S c h n e e zur Erde zurück. Das Wasser dringt zum Teil in den Erdboden ein und fördert Und unterhält den Verwittcrungsprozeß; zum Teil fließt es oberflächlich ab, schafft Täler durch seine eigene zerstörende Kraft und durch die Fortführung fremder Zerstörungsprodukte, und entledigt sich an anderen Stellen dieser fremden Stoffe wieder, durch die es das Land erhöht oder auf Kosten des Meeres und der Seen vergrößert. In großen Höhen und unter polaren Breiten tritt das Wasser vorwiegend in der festen Form, als Eis auf, über auch dieses wirkt, wenn auch in etwas anderer Weise wie das Wasser, zerstörend und neuschaffend. Wenn wir also die geologische Tätigkeit der Sonnenwärme, die ebenfalls periodischen Schwankungen, wie die Wärme selbst, unterliegt, noch einmal überblicken, so haben wir 7,11 unterscheiden: 1. Förderung des Verwitterungsprozesses; 2. Wirkungen des Windes; 8. Wirkungen des Wassers, und zwar a) des Meeres und der Seen, b) des fließenden Wassers; 4. Wirkungen des Eises, und zwar. a). des Meereises, b) des Landeises. Jede dieser Wirkungen ist zugleich zerstörend und schaffend; beide Seiten ergänzen sich notwendigerweise, denn ebensowenig, wie aus dein Nichts ein Etwas, kann aus dem Etwas ein Nichts werden. Aber die äußere Erscheinungsform ändert sich. LAPPARENT 3 schätzt

Die Energiequellen

21

das durchschnittliche jährliche Ergebnis der kontinentalen Zerstörung auf 10,43, das der marinen auf 0,so und das der chemischen auf 4,9a cbkm, die gesamte jährliche Abtragung also auf rund 16 cbkm. Um soviel verliert das Land und gewinnt das Meer; das erstere wird um 0,no mm erniedrigt, der Spiegel des letzteren um 0,on mm erhöht; die Höhe des Landes, die wir j a vom Meeresniveau aus rechnen, nimmt also jährlich uni 0,no + 0,,0

4,6

Nach Nach Krümmel I | Wagner Ganze Erde Erde Ii Erde j

32,7 71,5* 57,0* 52,2* 43,5 37,8 26,7 23,0 22,8 22,5 22,8 10,1 3,3 1,0 3,2













10 29,8 71,4» 56,9* 52,3* 42,8 37-6 26,3 22,8 23,« 22,1 23,1

11,*

3,2 0,8 (10)

(78*)

8,»

26,e 71,8* 56,6* 52,2* 42,9 37.5 26.4 22,7 23.6 22,0 23,2 11.5

3a

0,8 9,4 73,0* 100*

auf der Landhalbkugel noch mit 54 Prozent der Fläche vorherrscht. Auf der Wasserhalbkugel nimmt es 89 Prozent ein.* Kreisförmig umlagern die großem Kontinentalmassen das arktische Binnenmeer: Amerika «kiagt bis 72 Eurasien bis 77 0 41' B . vor; von da an strecken

32

Der Erdkörper und die örandzüge seiner Oberfl&chengestsltaug

sie mit abnehmender Breitenentwicklung polypenartig ihre Arme nach Süden aus, um auf der südlichen Hemisphäre in drei Spitzen zu enden: Südamerika in 66°, Australien mit Tasmanien in 48°40', Afrika sogar schon in 84° 50' B. Dagegen hat der Ozean seine Heimat auf der südlichen Halbkugel, wo das Antarktische Eismeer, die Südsee und der Indische Ozean den Stamm einer zusammenhängenden Wasserfläche bilden, die in zwei Armen, dem nordpazifischen und dem Atlantischen Ozean mit dem Arktischen Meer, auf die Nordhemisphäre übergreift. So sind Ozean und Festland a n t i p o d i s c h angeordnet, nur die Südhälfte von Südamerika macht davon eine Ausnahme, denn auf der entgegengesetzten Erdseite liegt auch wieder Land (Ostasien). Im Gegensatz, zu der ununterbrochenen Meeresfläche erscheint das Trockene in der Form getrennter Massen, Kontinente und Inseln, von denen aber die letzteren — nur 7,* Prozent der ganzen bekannten Landfläche — eine verhältnismäßig untergeordnete Rplle spielen. Indes wäre es, Fig. 9 . Erdkarte in S T E I N H Ä U S E R S JSternprojektion. dank der nahen . Aneinanderrückung der Kontinente an ihrer arktische n Breitseite, möglich, von der Südspitze Australiens bis zu der Südamerikas zu reisen, ohne das Land auß den Augen zu verlieren. DieBeringstraße, die Asien von Amerika trennt, ist nur 92 km breit, und auch zwischen Feuerland und Antarktika flutet nur ein Kanal von etwa 900 km Breite. Dagegen treten die südlichen Ausläufer der Alten und Neuen Welt und Australiens weit auseinander. In den Breiten, in denen die beiderseitige festländische Umrahmung aufhört, mißt der Atlantische Ozean 6800, der Indische 8800 und der Pazifische 11900 km. Einteilung des Ozeans. Gewöhnlich unterscheidet man fünf Kontinente und fünf Ozeane. Untersuchen wir, ob dies in der Natur begründet ist. Die offizielle Einteilung des W e l t w a s s e r s grenzt zunächst die beiden E i s m e e r e von den übrigen Ozeanen durch die

Die örandzilge der Gestaltung der Erdoberfläche

83

Polarkreise ab; und da die südlichen Pestländer schon in niederen Breiten enden, so werden die kontinentalen Grenzen des A t l a n t i s c h e n , I n d i s c h e n und Großen oder P a z i f i s c h e n Ozeans durch die Meridiane der drei Südspitzen (unter 6 7 ' W, 20° und 147° 0 Gr.) zum südlichen Polarkreis ergänzt. Aber Meridiane und Polarkreise sind keine natürlichen Grenzen, und doch finden sich solche streckenweise auch außerhalb des festländischen Bähmens. Bo ret die Südgrenze des Arktischen Meeires durch eine Reihe von unterseeischen Bodenanschwellungen gegeben und wir werden in einem späteren Kapitel nachweisen, welchen Einfluß sie auch auf die Verteilung der Tiefentemperaturen haben. Auf der pazifischen Seite ist die Beringstraße schon oberflächlich, eine gute Grenze, ihre Bedeutung «wird aber noch verstärkt durch ein unterseeisches Plateau, das sich vom asiatischen Kap Deschnew über die Diomedes- und Krusenstern-Insel zum Kap Prinz von Wales hinüberzieht. Auf der atlantischen Seite finden wir solche Bodenschwellen unter dem Polarkreis zwischen Baffinland und Grönland, und eine zweite, besondere wichtige, die von der grönländischen Ostküste über Island und die Färöer zu den Shetland-Inseln hinüberstreicht; von hier bis zur Südwestspitze Norwegens ist die Grenze freilich nur eine künstliche. Indes hat K R Ü M M E L mit ßecht die Selbständigkeit des nördlichen Eismeeres bestritten. Morphologisch ist es nur eine Fortsetzung des atlantischen Tales, und ebenso ist es durch seine Strömungen auf das innigste mit dem Atlantischen Ozean und nur mit diesem verbunden. Für die Aufstellung eines antarktischen Ozeans sprechen dagegen manche Gründe. Verbindet man die Südspitzeii der drei südlichen Kontinente durch Loxodromen x miteinander, so tritt sein wichtigster Charakterzug scharf hervor. Er ist das einzige Meer, das ohne kontinentale Schranken, und wahrscheinlich nur von kleineren Inseln unterbrochen, die ganze Erde umgibt, er ist der z i r k u m t e r r a n e Ozean im Gegensatz zu den i n t e r k o n t i n e n t a l e n . R A T Z E L hat als Nordgrenze des antarktischen Meeres den 40. Parallel S» vorgeschlagen, und sie empfiehlt sich nicht nur durch ihre Bequemlichkeit,sondern gewinnt auch dadurch Berechtigung, daß südlich von ihr die große östliche, die ganze Erde umkreisende Meeresströmung zur Herrschaft gelangt. Morphologisch läßt sich aber weder diese, noch die Loxodromengrenze aufrecht erhalten, seit man weiß, daß die Eigenart der atlantischen Bodengestaltung viel weiter im S x Die Loxodromen, die alle Meridiane unter gleichem Winkel schneiden, erscheinen nur auf Karten in MERCATORS Projektion als Gerade. SUPAN, Physische Erdkunde.

6. Aufl.

3

84

Der ErdkSrper und die Grundlage seiner Öberfläcbengcstaltang

wurzelt. Da keine Einteilung allen Gesichtspunkten gerecht wird. so mag es — wenigstens vorläufig — bei der von K R Ü M M E L vorgeschlagenen sein Bewenden haben. Hier verschwinden beide Eismeere aus der Liste der Ozeane, das nördliche wird zum Atlantischen Ozean geschlagen, und das südliche unter die drei Ozeane in der Weise verteilt, daß die obengenannten Grenzmeridiane der offiziellen Einteilung bis zu den, allerdings noch hypothetischen Küsten des antarktischen Festlandes verlängert werden. Von den 361 Mill. qkm der Meeresflache entfallen dann 180 auf den Großen oder Pazifischen, 106 auf den Atlantischen und 75 auf den Indischen Ozean. Der Pazifische Ozean ist also um das Areal Afrikas größer als das gesamte Land der Erde. Er bedeckt am.Äquator die Hälfte unseres Planeten, ist unter 44° S noch 11300 km breit, verengt sich aber am Nordende auf 92 km. Der Indische Ozean wiederholt im abgeschwächten Maße die Gestalt der Südsee, während der Atlantische talförmig zwischen der Alten und Neuen Welt eingebettet ist. Seine Breite erseheint ziemlich gleichmäßig, wenn man sie nach Parallelgraden mißt; nach Kilometern gemessen, zeigen sich aber erhebliche Unterschiede. So beträgt die Breite unter 35 0 S 6800, unter 25» N 7300, unter 65° N aber nur 8800 km, und außerdem wird hier die Meeresfläche noch durch Grönland unterbrochen. Einteiluag des Landes. Zwischen Kontinenten und Inseln besteht lediglich ein Unterschied der Größenordnung. Der kleinste Kontinent, Australien (7,6 Mill. qkm), ist mehr als dreimal größer als die größte Insel, Grönland (2,1 Mill. qkm), und diese bildet noch dazu eine Ausnahme, denn die nächstgrößte Insel, Neuguinea, mißt nur 0,s Mill. qkm. Die vier zusammenhängenden Landmassen oder Kontinente sind die Alte Welt (79,» Mill. qkm), die Neue Welt oder Amerika (87,e Mill. qkm), Australien (7,« Mill. qkm) und Antarktika (14 Mill. qkm?). Sie sind die geographischen Individuen höchster Ordnung, jedes mit einer eigenartigen Geschichte, die ebenso in seiner Oberflächengestaltung, wie in seiner organischen Welt zum Ausdruck kommt. Durch die Vermittelung von Inselketten gruppieren sie sich zu zwei Paaren: einerseits schließt sich Australien an die Alte Welt, anderseits Antarktika an die Neue Welt an, vorausgesetzt, daß die Länder um den Südpol zusammenhängen; auf die Ost f e s t e entfallen 63, auf die Westfeste 87 Prozent. Anderseits führten die großen Einbrüche des amerikanischen und des europäischen Mittelmeeres und des Boten Meeres zu einer Zweiteilung der Alten und der Neuen Welt in je ein nördliches und ein südliches F e s t l a n d ;

Die Grundziige der Gestaltung der Erdoberfläche

35

bei Australien und vielleicht auch" bei Antarktika fallen die Begriffe Kontinent und Festland zusammen. Wir verstehen unter F e s t l ä n d e r n Teile von Kontinenten, aber von kontinentaler Größe, und miteinander durch schmale Landbrücken verbunden. Mit Australien und Antarktika zählen wir also sechs Festländer, die sich nahezu gleichmäßig auf die nördliche und die südliche Halbkugel verteilen: Eurasien 50,7 MilL qkm Nordamerika . . . . 20,o „ „ Nördl. Festländer . . 70,7 „ „ (51 Prozent)

Afrika 29,2 Jlill. qkm Südamerika . . . . 17,6 „ „ Australien 7,« „ „ Antarktika . . . . 14,o „ ,, Südl. Festländer . . 68,* „ (49 Prozent)

Die Zweiteilung der A l t e n Welt erfolgte durch Trennung, die Saharatafel setzt sich in Arabien fort. Erst gegen Ende der Pliozänperiode wurde die Furche des Boten Meeres geschaffen; vorübergehend stand es über Sues mit dem Mittelländischen Meer in Verbindung, bis im Diluvium ein Nilarm durch seine Ablagerungen die Trennung herbeiführte, und so der heutige Isthmus von Sues entstand. 4 In der Neuen Welt schlössen sich aber zwei Festländer durch Einschiebung eines Mittelstückes zwischen der Landenge von Tthuantepec und Panama zu einem Kontinent zusammen. In der Teliuantepecenge erniedrigt sich die Wasserscheide auf 262 in Seehöhe, und hier liegt nicht bloß eine geographische, sondern auch eine scharfe geologische Grenze.5 Die Gebirge von Mittelamerika 6 sind weder eine Fortsetzung der nord- noch der südamerikanischen Cordilleren; die miozänen Faltenzüge streichen nördlich vom Nicaraguasre in leicht nach Süd gekrümmtem Bogen quer durch das Land, südlich von jenem See bis Panama bilden sie mit gleicher Streichrichtung, aber größerem Krümmungsradius den Rückgrat des immer mehr sich verengenden Landes. Im Pliozän versanken wenigstens Teile von Zentralanjerika wieder unter das Meer; in Chiapas fand ¡SAPVER jungtertiäre Schichten mit Austern in fast horizontaler Lagerung auf den Andesiten in 2200—2400 m Seehöhe. Seit dem Ende der Tertiärzeit besteht die Landverbindung zwischen den amerikanischen Festländern, aber doch vielleicht noch zeitweilig von Bodenbewegungen unterbrochen, wie sie H A Y E S an der Furche des Nicaraguasees annimmt, und worauf auch der pazifische Charakter der Korallen hindeutet, die die jüngsten Bänke von Barbados aufbauten. 7 An 3*

36

Der Erdkörper und die G-rundzüge seiner Oberflaehengestaltung

zwei Stellen sinkt die Wasserscheide des zentralamerikanischen Isthmns unter 100 m: zwischen Colon und Panama auf 87 und bei dem Hafen von Brito auf 45 m (18 m über dem Spiegel des Nicaraguaaees). Beide Stellen wurden für Kanalanlagen in Aussicht genommen ; jetzt hat das Panamaprojekt den Sieg davongetragen, und so hat die Technik auch hier an der geographischen Grenze zweier Festländer eine Wasserstraße geschaffen, wie im Sueskanal. Die Frage, ob auch E u r o p a als ein Festland anzusehen sei, muß aus morphologischen Gründen entschieden verneint werden.8 Die übliche Dreiteilung der Alten Welt stammt aus dem klassischen Altertum, also aus einer Zeit räumlich sehr beschränkter .geographischer Vorstellungen, und hatte nur von dem Standpunkt des Mittelmeerbewohners aus betrachtet eine gewisse Berechtigung. Es fehlt das wesentlichste Moment, nämlich eine Einschnürung zwischen Asien und Europa, daher die Grenzen von jeher schwankend waren. Auch die Auffassung Europas als einer asiatischen Halbinsel kann nicht befriedigeil, denn Europa ist keine geographische Einheit. Es besteht aus drei grundverschiedenen Teilen: aus der russischen Tafel, die ihrem ganzen Charakter nach ein Stück des asiatischen Kumpfes ist, aus dem Massiv Fennoskandia, das in innigen morphologischen Beziehungen zur russischen Tafel steht, und einem stark gegliederten Falten- und Schollenland, das Mittel-, West- und Südeuropa umfaßt. Nur dieser letzte Teil besitzt eine morphologische Selbständigkeit, die sich — wie wir später hören werden — in dem Baustil seiner Faltengebirge offenbart, ihm fehlen aber die kontinentalen Dimensionen, er ist wenig größer als die Halbinsel Vorderindien, und aus diesem Grund hat man dafür den Namen „europäische Halbinsel" vorgeschlagen. Mit einem Wort: Europa ist kein geographischer, sondern ein kulturgeschichtlicher Begriff, es ist ein Länderkomplex, der nur durch eine gemeinsame geschichtliche Entwicklung und die hohe Kultur seiner Bewohner zu einer Einheit verknüpft ist. Aber vom morphologischen Standpunkt aus betrachtet, fällt die Scheidewand zwischen Europa und Asien, und die Alte Welt besteht nur aus zwei Festländern: Eurasien und Afrika. Um die Selbständigkeit Europas zu begründen, hat man darauf hingewiesen, daß es, wie Asien, in drei Halbinseln ausläuft. Man hat dies überhaupt als einen gemeinsamen Zug der nördlichen Festländer bezeichnet, aber schon die Ungleichheit des Baues und der Entwicklungsgeschichte der asiatischen und europäischen Halbinseln belehrt uns, daß die Dreizahl nichts mehr als Zufall ist — abgesehen davon, daß sie bei Nordamerika nur dadurch zu retten

Die Grundzüge der Gestaltung der Erdoberfläche

37

ist, daß man Mexico erst durch den Zusammenschluß mit Südamerika seine Halbinselnatur einbüßen läßt. Auffallender ist die Zuspitzung Südamerikas und Afrikas; nur bei Australien wurde durch die Abtrennung Tasmaniens diese Eigentümlichkeit etwas verwischt. Auch sonst haben die südlichen Festländer manche gemeinsame Züge. So entspricht die flache Bucht von Arica dem Busen von Guinea und dem Australischen Golf, und es ist bemerkenswert, wie die Größe dieser Einschnitte gegen Osten stetig zunimmt. Vereinigen wir die sechs Pestländer mit den dazu gehörigen Inseln, so erhalten wir die E r d t e i l e . Nach welchen Gesichtspunkten die Aufteilung der Inseln zu geschehen hat, werden wir an einer anderen Stelle erörtern, nur soviel sei schon im voraus verraten, daß, wenn man wissenschaftliche Prinzipien zugrunde legt, immer ein Rest von Inseln übrig bleibt, der in keinen inneren Beziehungen zu einem der heutigen Pestländer steht. In diesem Punkt gehen die wissenschaftliche und die schulmäßige Einteilung des Landes in Erdteile auseinander. Oberfläcshengestaltung des Festlandes (s. Karte II). Nach seiner Entwicklungsgeschichte, die sich noch im Bau widerspiegelt, läßt sich das gesamte Festland in d r e i g r o ß e G r u p p e n gliedern: den Faltengürtel, die boreale und die australe Gruppe. Nach einer oberflächlichen Berechnung umfaßt der Faltengürtel 42, die boreale Gruppe 87 und die australe Gruppe 70 Mill. qkm. 1. Der F a l t e n g ü r t e l ist eine mehr oder weniger zusammenhängende Zone von Gebirgen, deren Entstehung mit wenigen Ausnahmen in die beiden jüngsten Faltungsperioden gegen Ende des paläozoischen und im tertiären Zeitalter fällt. Einige von ihnen haben spätere Umwandlungen erlitten, aber im großen und ganzen ist der ursprüngliche Bauplan noch formbestimmend oder schimmert wenigstens durch die neue Form noch wohl erkennbar hindurch. Dieser Faltengürtel besteht aus zwei Hauptteilen; der p a z i f i s c h e umschließt den Großen Ozean im N, 0 und W, der e u r a s i a t i s c h e trennt mit vorwiegender äquatorialer Streichrichtung die ausiralen und borealen Gebiete der Alten Welt. In E u r a s i e n sind von den großen Kettengebirgen, die das Festland vom Atlantischen Gestade bis China durchziehen, nur die Py/enäen und der Kaukasus nicht bogenförmig gebaut. Aber in der Anordnung und in dem Ineinandergreifen der Bögen weicht die e u r o p ä i s c h e Halbinsel wesentlich von Asien ab (Fig. 10). In seltsamen Schlangenlinien verbinden sich mit den Alpen einerseits die Appeninnen, der Atlas und das Andalusische Faltengebirge, anderseits die Karpathen und der . Balkan und endlich das dinarisch-grie-

38

Der Erdktfrper und die Grandzüge seiner Oberflächengestaltung

chisohe System, das eich über Kreta bis nach ßhodos verfolgen läßt. Besonders charakteristisch sind die scharfen nach 0 geöffneten Bögen: der walachische (TT in Fig. 10), der piemontesische (P) und der durch-

brochene Gibraltarbogen (G). In Asien (Fig. 11) umschließen die Falten bögen die abflußlosen Hochländer Tibet, Iian und Anatolien. Das nördliche Bandgebirge beginnt im W immer mit einem Südbogen,

dann folgt ein Nordbogen, und darauf in Iran und Anatolien wieder ein Südbogen. Das südliche Randgebirge streicht in flachem Bogen natfh NW und vereinigt sich mit dem nördlichen in den Gehirgs-. knoten von Armenien und des Pamir. In Anatolien ist dieser morphologische Charakterzug etwas verwischt, aber im Streichen des Haidarund Sultan-Dagh und der Wasserscheide gegen das Ägäische Meer noch deutlich erkennbar. Am Ostrand ist die Übereinstimmung

Die Grundzöge der Gestallung der Erdoberfläche

39

zwischen den drei Hochländern am wenigsten ausgeprägt, doch zeigt sich überall die Tendenz zu fächerförmigem Auseinandertreten. Auch die inneren Hochländer werden von Falten durchzogen, die durch breite Mulden voneinander getrennt sind:* ein Typus, der der europäischen Halbinsel völlig fehlt Nördlich von Tibet liegen ausgedehnte, geradlinige ä l t e r e Gebirge : der Tienschan, die Altaizüge und die ältesten zu beiden Seiten des Baikalsces; sie schließen eine vierte abflußlose Hochfläche, das Hanhai der Chinesen, nach N und W ab. RICHTHOFEN faßte sie mit. Tibet unter dem Namen Zentralasien zusammen und stellte dieses den peripherischen Ländern mit Abfluß zum Meer entgegen. Auf der europäischen Halbinsel kommen auch solche ältere Gebirge vor, sowohl im N als innerhalb der Zone der Kettengebirge, aber nur in kleinen Bruchstücken. Zu diesen zählte MARCEL BERTKAND auch das appalachische Gebirgssystem von Nordamerika, das sich von Neufundland über Neuengland und die Alleghanies in einzelnen Bruchstücken bis Arkansas verfolgen läßt. SUESS hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Am Ostrand Tibets beginnt eine andere Anordnung der Leitlinien, indem die Gebirge sich bogenförmig nach S wenden und über Hinterindien, die Andamanen und Nikobaren in den großen Bögen der Sundainseln übergehen. Einem andern Gesetz folgen die o s t a s i a t i s c h e n B ö g e n , die v. RICHTHOFEN 9 als sogen. Zerrung* bögen mit dem Einsinken des Großen Ozeans in ursächliche Verbindung setzt. Hier treten uns drei Reihen von Bögen entgegen, die ohne Ausnahme ihre konvexe Seite dem Großen Ozean zukehre». In jeder Reihe fügen sie sich derart aneinander, daß stets die nahezu westöstlich verlaufende Komponente des einen Bogens von der annähernd südnördlich streichenden Komponente des nächsten südlichen Bogens unter einem steilen Winkel «retroffen wird (Fig. 12). Die binnenländische Bogenreihe wird durch «lie beiden Flügel des Stanowoigebirges, das Chingangebirge, das Tailianggebirge und die Steilabfälle der Hochländer von Kweitschou und Yiinnan gebildet; zwischen den Flüssen Hwangho und Han ragt der Ausläufer des zentralasiatischen Kwenlun, der Tsinling, nach China hinein, um dann plötzlich abzubrechen. Die zweite Bogenreihe bestimmt den größten Teil des Küstenverlaufs von der Gischigabucht (62° N) bis zum Kap St. Jacques (10° N), die dritte setzt sich aus den Insel* V legung bedürfen. Zu einem innern Inselbogen Boheint sich noch ein äußerer zu gesellen, bestehend aus den Boninw 40 inseln, den Marianen und den Palauinseln, tr* / aber vorläufig können 20 20 wir ihre Zusammengehörigkeit nur damit A \r i V.\ 110 120 160 ISO 160 begründen, daß sie Fig. 12. Die tektonischen Bogenlinien Ostasiens. ebenso, wie die andern (Punktierte Linie das Tsinling - Gebirge.) Naoh Ihselbögen,änihrer OstF. t. Ricuthofkk. seite von tiefen ozeanischen Gräben begleitet werden. Jedenfalls beS ginnt vom 80. Parallel Ocean an eine ,zunehmende Zerstückelung und Auing. 13. Schematischer Durchschnitt durch das mitt- lÖSUng; sie erreicht ihren lere Ostasien mit Berücksichtigung der Erdkrüm- Höhepunkt in den insumung nach F. y. r . , t . . o f e k . australischen lfam - B ö g e n , wobei freilich zu beachten ist, daß die Zusammenfassung der Inseln zu Bpgen noch vielfach problematisch ist. Die asiatischen Faltenzüge streichen über die Beringenge nach der Neuen Welt hinüber, die mit der Halbinsel Alaska und den Aleuten noch teilnimmt an den ostasiatischen Bogen. Was den amerikanischen F a l t e n g ü r t e l vor allem charakterisiert, ist seine Geschlossenheit, die selbst in Zentralamerika nur durch verhältnismäßig schmale Binsenkungen unterbrochen wird. Ein Vergleich mit dem eurasiatischen Gürtel liegt nahe. In beiden schwillt durch Einschal-

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Die Grandzüge der Gestaltung der Erdoberfläche

41

tung von Hochflächen die Erhebungszone zu beträchtlicher Breite an, aber in der Alten Welt nimmt die Breite regelmäßig nach W ab, (Zentralasien unter 90° 0 8200km, Iran unter CO0 0 1300 km, Kleinasien unter 85° 0 670 km), während in der Neuen Welt Verschmälerung und Erweiterung wechseln und zwei Maximalbreiten, die aber beträchtlich hinter den asiatischen zurückstehen, zu beiden Seiten des Äquators auftreten: die nordamerikanische unter 40 1 / 2 ° N ist 1600 km, und die südamerikanische unter 20° B. 730 km breit. Den amerikanischen, besonders den nordamerikanischen Hochflächen eigentümlich sind .die scharenweise auftretenden und in der Längsrichtung des ganzen Gürtels angeordneten kurzen Bergketten, die auf der Karte wie ein breiter Zug von Raupen erscheinen und daher Raupengebirge genannt werden mögen. In Zentralasien finden sich solche in der Gobi und vielleicht in Tibet. Solche seltsame Bogenkrümmungen, wie im europäischen Faltengürtel, fehlen in Amerika; langgestreckte und am Ende kulissenförmig gegeneinander verschobene Gebirgszüge herrschen vor, mit Ausnahme von drei Stellen mit reiner Bogenform, die aber z. g. T. erst aus den insularen Bruchstücken wiederhergestellt werden muß. Es sind dies der Alaskabogen im N, der westindische, der durch die Cordillere von Merida mit dem südamerikanischen Faltengürtel in Verbindung steht und sich anderseits an die ostwestlich streichenden Gebirge von Zentralamerika anschließt (vgl. S. 35), und endlich der westantarktische, der Feuerland vielleicht über Südgeorgien und die Südorkney-Inseln mit dem echten Faltengebirge des Grahamlandes verbindet. 10 Es deutet unzweifelhaft !

8,5 4,2

38° 50' N. 4308 -

- lS,4 - 10,4 - 5,8 0,4

1,5

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Andes. Antisana

Grönland. Upernivik

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-

- 22,7 - 14,9 - 4,4 1,5 5,0 4,5

4,5 3,0»

3,0

September . . . Oktober . . . . November . . .

-

1,4 6,0 8,7

- 0,3 - 5,8 - 11,8

4,0 5,0

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-

Jahr

-

0,5

-

4,9

-

7,1

23,4*

0,4

4,a 8,8

8,8

Es ist eine landläufige Vorstellung, daß das Bergklima in größeren Höhen einen polaren Charakter annehme. Nun findet man allerdings die mittleren Jahrestemperaturen des Sonnblick oder des Pikes Peak in der arktischen Zone wieder, aber selbst das durchschnittlich kältere Upernivik hat einen wärmeren Sommer und Herbst als die Hochgipfel der Alpen und des Felsengebirges. Ebenso auffällig ist der Kontrast von Antisana und Westeräs am Mälarsee unter 5 9 ° 8 7 ' . Die Jahrestemperatur ist an beiden Orten die gleiche, aber die tiefste Moiiatsteniperatur ist in Westeras — 4 , e ° und die höchste 16 ,3®. Das Höhenklima unterscheidet sich also vom polaren wesentlich durch kühle Sommer und verhältnismäßig milde Winter. Es besitzt aber noch einen anderen Vorzug, der selten entsprechend gewürdigt wird. Die mittleren Temperaturen einer Beubachtungsstation sind S c h a t t e n t e m p e r a t u r e n ; in den alpinen Hochtälern ist aber bei vorwiegend heiterem Himmel (s. S . 68) und Windstille die Insolation außerordentlich kräftig, und daher im

Die Änderung der Temperatur mit der Höhe

81

Winter der Unterschied zwischen Sonnen- und Schattentemperatur, der in der polaren Nacht natürlich wegfällt, sehr bedeutend. In Davos {1650 m hoch) stieg z. B . die Lufttemperatur am 30. Dezember 1878 nicht über — 12,8 aber in der Sonne zeigte das Thermometer um 9 Uhr morgens 25,6° und um 1 J / 2 Uhr nachmittags 38,5°. Von dem bekannten Kurort Meran sagt PUCHS, daß vom Dezember bis März die Nächte Winter, die Tage aber sommerliches Frühjahr seien. Auch im Sommer ist der Unterschied zwischen Sonnen- und Schattentemperatur größer als in der Ebene. E r beträgt nach H. HOFFMANN8 im Juli und August in den Alpen 1 6 , * i n Gießen (an den gleichen Tagen gemessen) dagegen nur 4,»°. I m Gebirge ist die Luft trockener und reiner, während im Tiefland der größere Dampfgehalt, die größere Dichtigkeit und die Trübung der untersten Luftschichten einen beträchtlichen Teil der eingestrahlten Sonnenwärme absorbieren.* Thermische Verschiedenheiten des Höhenklimas. Die Beobachtungen am Wendelstein in Bauern haben dargetan, daß Berggipfel im Sommer nachts kälter und bei Tag wärmer sind, als die freie Atmosphäre in gleicher Höhe. Wenn die Bodenfläche eines Gipfels auch verhältnismäßig klein ist, so beeinflußt sie doch durch Ausstrahlung die ihr unmittelbar aufliegende Luft. J e massiger das Gebirge ist, desto größer ist dieser Einfluß. Aus A . D E Q U E R V A I N S Untersuchung der Temperaturverteilung in der Schweiz, bezogtn auf das Niveau von 1500 m , 1 0 geht die thermische Begünstigung der geschlossensten Alpenteile, des Monterosagebiets und Engadins, gegenüber dem übrigen Gebirge deutlich hervor. Sie gründet sich auf die stärkere Erwärmung in den Mittagsstunden, die sich von Februar bis November bemerkbar macht, während in den Morgenstunden mit Ausnahme des Sommers der umgekehrte Fall eintritt. Daher das scheinbar paradoxe Resultat, daß mittags im gleichen Niveau die höchsten Gebirge -um ein paar Grade wärmer sind als die Ebene. x Messungen von E. FBANKLAKD, Sonnenhöhe konstant 60°.

Whitby . . Oatland Park Pontresina . . . . . . Bernina . \ . . . . . . Kiffelberg . Hörnli Diavolezza Gornergrat

Seehöhe Thermometer m im Schatten in der Sonne 20 32,2 37,8 46 30,o 41,5 1800 26,s 44,o 2330 19,1 46,4 2570 24,5 45,5 2890 20,1 48,1 2980 6,o 59,5 2140 14,2 47,o

GCFAIR, Physisch« Erdkunde. 6. Aufl.

Unterschied 5.« 11,5 17,5 27,8 21,0 28,0 53,5 32,8 6

82

Di« Lufthülle

Es muß auch zwischen dem Klima der isoliert aufragenden Gipfel und dem der großen, breiten Täler unterschieden 'werden. Higikulm (1795 m h.) und Sils-Maria im Engadin (1811 m h.) bilden vortreffliche Vergleichsobjekte. Im Winterhalbjahr ist das Bergklima im Sommerhalbjahr das Talklima warmer. In unserem Fall ist der Gegensatz durch ein anderes Phänomen noch beträchtlich verschärft. Die Beobachtungen auf dem Eiffelturm haben uns schon gelehrt, daß in der Nacht der Boden regelmäßig so stark erkaltet, daß eine v e r t i k a l e T e m p e r a t u r z u n ä h m e eintritt, die aber viel geringfügiger ist als die Abnahme in den Tagesstunden. In Gebirgsländern kann sie jedoch im Winter ein «lauernder Zustand werden, der bei Tag wie bei Nacht wirksam ist. Grundbedingung ist ein hoher Barometerstand, der heiteres, ruhiges Wetter erzeugt; günstig wirkt auch eine diohte Schneedecke, da diese durch Ausstrahlung außerordentlich intensiv erkaltet. Diese TemperaturDe«. Hi(l . . SLLS . . . Tal-B«rg

-

M t r z j April

Mal

Jini

V -4,»« - 4 , o ° -9,4» 8,T« 0,I» 7V 6,o — 0,« - 4 . 0 0,O - 3 , . -2.» - 0 , . +0,. • M , + 1,«

Juli

+ '.«

Aug. 9,4" 10.. M.»

t*pt. 7,»° 7,4

Okt.

NOT.

2,j • -0.«

Jahr 2

"

2 , 4

1,« -0,4

erniedrigung teilt sich nur den untersten Luftschichten mit, die sich bei vorherrschender Windstille ruhig über dem Talboden lagern. Zwar erkalten auch die Berggehänge und Gipfel, aber hier ist die Luft immer etwas bewegt, und die dem Boden unmittelbar auflagernden kalten Schichten können sich mit den wärmeren der freien Atmosphäre mischen. Dann ragen die Berge als Wärmeinseln aus dem kalten Meer der Täler und Ebenen hervor, und es können Wochen vergehen, bis der normale Zustand wieder hergestellt ist. Solche Unikehrperioden tragen natürlich auch dazu bei, die m i t t l e r e winterliche Temperaturabnahme zu erniedrigen, wenn wir ihrer Berechnung die Beobachtungen an Ebenen- und Talstationen zugrunde legen. Geographisch bedeutsam wird die Wärnieumkehr aber nur dort, wo sie auch in langjährigen Mittelwerten zum Ausdruck kommt, also zum habituellen klimatischen Charakter gehört. In den Alpen sind, wie HANN 8 ziffermäßig nachwies, alle Täler, die gegen die herrschende Windrichtung abgeschlossen sind, durch diese Abnormität ausgezeichnet, und daraus erklärt es sich, daß die einschlichen Wohnst&tten mit auffallender Regelmäßigkeit, selbst breite, fruchtbare Talsohlen meiden und sich auf die Gehänge zurückziehen. Das Engadin und das kämtnerische Di ¡iutal sind schon lange bekannte

Die Änderung der Temperatur mit der Höhe

83

klassische Beispiele der winterlichen Wärmeumkehr. Sils im Engadin (1810 m h.) ist im Januar (—8,0 °) fast ebenso kalt wie der St. Bernhard in 2478 m H. (—8,»°), und Bevers, nur 1715 m hoch gelegen, hat sogar —9,7°, ist also um 4,«* kälter als der 75 m höhere, aber isolierte Bigi. Im Drautal nimmt in der Begel die Temperatur normal mit der Höhe ab, im Winter sind aber noch die Stationen in 1600 m H. wärmer als die 1000 m tieferen Talsohlen*. Im Gebiet des ostsibirischen Kältezentrums rufen dieselben Ursachen dieselbe Wirkung hervor. Auf der einzigen sibirischen Höhenstation, Werchnjaja Misohikha im ostbaikalischen Chamar-Daban-Gebirge (ungefähr 1800 m h.), war, obwohl sie in einer Paßeinsenkung gelegen ist, die Temperatur im Januar 1897 um 8,s° höher als in der benachbarten Talstation Werchne-Udinsk (521 m h.), dagegen im Juli in normaler Weise um 4,7° und im Jahresmittel und 0,8° tiefer. 11 Im nordöstlichen Grönland haben die Ballen- und Drachenaufstiege fast regelmäßig eine Temperaturzunahme bis 200 m Höhe ergeben. 12 Plateaua. Über ausgedehnten Plateaus, die stellenweise, wie z. B. im südlichen Zentralasien, zu alpiner Höhe ansteigen, werden die untersten Luftschichten in derselben Weise erwärmt wie über dem Tiefland. Von einer Wärmevermittlung durch aufsteigende Luftmassen aus der Tiefebene kann keinö Bede sein, am wenigsten bei den großen, gebirgsumschlossenen Hochflachen der Erde. Trotzdem besteht hier dasselbe Gesetz der vertikalen Temperaturalmalnne zu Becht, wie im Gebirge. Es ist die geringere Dichtigkeit der Luft, die einerseits die Wirkung der solaren Wärmequelle schwächt und anderseits die Wärmeaufnahme des Bodens beeinflußt. Er erwärmt sich und erkaltet schneller als im Tiefland. An hellen Sommertagen mag es hier ebenso heiß sein, wie wenige Meter über dem Meeresniveau, aber die Nächte sind bedeutend kälter, und dieser Gegensatz steigert sich mit der Seehöhe. Daher muß der Höheneinfluß auch X

Stationen Klagenfurt . . Kappel . . . Fellaoh . . . Untersohäffler ' Alpe . . . Obir I . . . . Obir II . . . Hooh-Obir . .

Höhe

Januar

April

440 560 805

-6,a*

8,0°

-4,0

1063 1290 1612 2047

-3,e

m

-4,8 -5,1

-6,8

Juli

Oktober

6,7

8,6*

5,8

18, «• 17.» 15,s

8.1

7,5

6,o 6,0

4,®

15,1

6.5

5,5

1.2

12,8 9.3

4,5 3,1

14,0

6,1

5.« 2.3 6*

7.2

4,7 3,7

84

Die Lufthülle

in der Tagestemperatur zum Ausdruck kommen, denn diese ist ein 24stündiges Mittel oder wenigstens auf ein solches reduziert. Es wäre für dem Geographen von höchster Wichtigkeit, das Maß der Temperaturabnahme auf den Hochebenen festzustellen. Leider stoßen wir hier auf zwei bedeutende Hindernisse. Von den großen Hochflächen der Erde besitzen wie — mit Ausnahme der nordamerikanischen — nur spärliche und kurze Beobachtungen. Wir sind ferner meist darauf angewiesen, Plateau- und Tieflandstationen miteinander zu vergleichen, aber diese liegen häufig weit entfernt voneinander und stehen unter verschiedenen klimatischen Bedingungen. Wie die Wahl der Yergleichsstationen die höchste Vorsicht erfordert, zeigt folgendes Beispiel. Valparaiso und das um 489 m höher gelegene Santiago, nur 110 km voneinander entfernt, scheinen zu einer Untersuchung über die vertikale Temperaturänderung vollkommen geeignet zu sein. Santiago ist im Juli (Winter) um 8,80 kälter als Valparaiso, von November bis März dagegen wärmer, im Januar sogar um 2,8 Ist da der Schluß gestattet, daß die Temperatur im Sommer mit der Seehöhe zunimmt? Keineswegs, denn Valparaiso repräsentiert das unter dem Einfluß der kalten Meeresströmung stehende Küstenklima, Santiago das Binnenklima; sie sind daher nicht miteinander vergleichbar. Santiago wäre jedenfalls noch viel wärmer, wenn es tiefer läge. Nördlich vom 27.° B. zeigen die chilenischen Inlandstationen auch im Winter eine s c h e i n b a r e vertikale Temperaturzunahme, die in der Wärmeausstrahlung der kahlen Felsen und in der Abwesenheit der Küstennebel begründet ist. BIGELOW 1 3 hat bei seinen eingehenden Untersuchungen über die vertikale Temperaturabnahme in Nordamerika diese Schwierigkeiten durch Bildung von Gruppenmitteln, die auf einen einheitlichen Parallel und einen einheitlichen Meridian reduziert wurden, zu umgehen gesucht. Mit Hilfe einer äußerst komplizierten Methode fand er für das Jahresmittel eine Abnahme von 0,»»° für 100 m. Daß der jährliche Gang sehr unregelmäßig ist, macht gegen das Ergebnis mißtrauisch; die Schwankung ist gering, die Extreme sind 0,27 ® im März und 0,s«° im Juni. Hier geht also die vertikale Abnahme langsamer vor sich als im Gebirge, ist aber wie dort in der kalten Jahreszeit kleiner als in der warmen. Ganz anders sind die Verhältnisse im russischen Zentralasien.14 Legt man die Stationen Sainarkand (719 m) und Pamirski Post (8640 m) zugrunde, so erhält man für den Winter 0,«»°, den Frühling 0,«°, den Sommer 0,s»°, den Herbst 0,«° und das Jahr 0,4«° auf 100 m. Diese jährliche Periode der Temperaturabnahme, die auch in anderen Kombinationen wiederkehrt, entspricht in der Tat für Hochflächen mit intensiver winter-

Die Änderung der Temperatur mit der Höhe

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licher Ausstrahlung und beträchtlicher sommerlicher Erwärmung unsern Voraussetzungen besser als die BiGELOwsche. Reduktion der Temperatur auf das Meeresniveau. Von den großen Faktoren, die die mathematische, d. h. die allein von der geographischen Breite abhängige Temperaturverteilung auf der Erdoberfläche modifizieren, haben wir den am meisten wechselnden, die Seehöhe, soeben kennen gelernt. Wir können ihn ausschließen, indem wir die beobachteten Temperaturen auf das Meeresniveau reduzieren; wenn wir dann die Orte mit gleicher Temperatur durch Linien ( I s o t h e r m e n ) miteinander verbinden, so gewinnen wir ein einfaches und übersichtliches Bild, das uns die Ursachen der tatsächlichen Temperaturverteilung sofort verrät. Es ist eines der größten wissenschaftlichen Verdienste A L E X A N D E R v. H U M B O L D T S , die erste Isothermenkarte der Erde entworfen zu haben (1817). Die Frage nach dem besten Reduktionsfaktor kann erst dann mit Aussicht auf Erfolg gelöst werden, wenn man über das Maß der Temperaturabnahme auf Hochflächen ins klare gekommen sein wird. H A N N hat sich für 0,»° entschieden und Wendet diesen Wert auch für die Monatstemperaturen an. Vielleicht ist er etwas zu hoch, weil für Isothermenkarten großer Länderräume die Plateau-, nicht die Gebirgsstatiönen ins Gewicht fallen. Jedenfalls muß daran festgehalten werden, däß j e d e I s o t h e r m e n k a r t e n u r f ü r d e n b e t r e f f e n d e n R e d u k t i o n s f a k t o r g i l t . Das muß besonders bei Karten in großem Maßstab und von Gegenden mit unruhigen Geländeverhältnissen im Auge behalten werden". Anscheinend ist die Forderung berechtigt, daß für jeden Monat ein eigener Reduktionsfaktor gebraucht werde, und doch muß man sie zurückweisen, weil dadurch einer der wichtigsten klimatischen Charakterzüge, die jährliche Temperaturschwankung, gefälscht werden würde. Pamirski Post z. B. hat im Januar —18,6°, im Juli i8,9°, also eine jährliche Schwankung von 82,*°. Diese würde auf 25,8° erniedrigt werden, wenn man mit Zugrundelegung der Vergleichsstation Samarkand für den Januar den Reduktionsfaktor 0,«° und für den Juli 0, 4 ° in die Rechnung einführen würde, und die Pamirhochtäler erhielten dadurch einen thermischen Charakter wie das turanische Flachland. Ebenso gerechtfertigt ist ein einheitlicher Maßstab für die ganze Erde. Wollte man für jeden einzelnen Fall ein eigenes Reduktionsmaß berechnen, so käme tnan zu demselben Resultat, wie wenn man alle Stationen mit größerer Seehöhe ausschließen würde. Ein einheitlicher Maßstab liefert zwar nur ein ideales, aber jedenfalls ein einheitliches Bild. Er muß auch dann zur Anwendung kommen, wenn tatsächlich die Temperatur mit der Höhe zunimmt; denn nur auf diese

86

Die Luithölle

Weise wird z . B . die Kälte des Talbodens in Draügebiet auf der Isothermenkarte des Januar hervortreten,'während eine umgekehrte Reduktion alle örtlichen Eigenschaften verwischen würde. Man m u ß sich nur stets vor Augen halten, was das Isothermenbild eigentlich darstellen will. Es sagt uns n i c h t : so würde sich die Temperaturverteilung gestalten, wenn die ganze Erdoberfläche eine ununterbrochene Ebene i m Meeresniveau wäre; sondern es setzt die wirkichen Terrainverhältnisse m i t allen ihren modifizierenden Einflüssen voraus und elimiert n u r die thermische Wirkung der Seehöhe. 1 Literaturnachweise. H . H B R O B S E L L , Die Temperatur der freien Atmosphäre, in P E T E R M A N N S Mitteilungen, 1900. R. ASSMANN und A . B E R S O N , Wissenschaftliche Luftfahrten, Berlin 1899—1900. Ein Werk von grundlegender Bedeutung. — 2 Zur Orientiernng empfiehlt sich A . SCHMAUSS, Die obere Inversion, in der Meteorologischen Zeitschrift 1909. - - 3 S. das Diagramm in 4 P E T E R M A N N S Mitteilungen 1907, S. 139. — R. ASSMANN, Die Temperatur der Luft über Berlin in der Zeit vom 1. Okt. 1902 bis 31. Dez. 1903, Berlin 1904. ' A. P E P P L E R , Temperatur- u. Druokgefälle in großen Höhen, in den Beiträgen zur Physik der freien Atmosphäre, Ud. IV. • A R T H U R W A G N E R in der Meteorologischen Zeitschrift 1910 S. 97. — 7 Die für die Schweiz (J. M A U P E K , Die Wärmeabnahme mit der Höhe in den Schweizer Alpen; in der Meteorologischen Zeitschrift 1908) und die Ostalpen (J. HANN, Die Temperaturverhältnisse der österreichischen Alpenländer; in d. Sitz.-Bcr. d. Wien. Akad. d. Wiss., Math, naturw. Kl. 1884—85, Bd. XC, XC'I und XCI1) aus der Kombination sämtlicher Temperaturmittel nach der Methode der kleinsten Quadrate gewonnenen Werte sind wohl die zuverlässigsten, die jemals für ein Gebirge berechnet wurden. * W. T R A B E S T , Der tägliche Gang der Temperatur und des Sonnenscheins auf dein Sonnblickgipfel; in den Denkschriften der Wiener Akademie der Wissenschaften, Math.-naturwiss. Kl. Bd. LIX, 1892. Die Arbeit bietet auch in theoretischer Beziehung viel Beachtenswertes. — • H. H O F F M A N N in der Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie, 1882, S. 123. — 19 A. D E Q U E R V A I N , Die Hebung der atmosphärischen Isothermen in den Schweizer Alpen, in («EH11 LANDS Beiträgen zur Geophysik, 1903, Bd. VI. — A. W O E I K O W in der Meteorologischen Zeitschrift 1900, S. 28. — 12 A. W E Q E N E R in Danmarks Ekspeditionen til Grönlands Nordestkyst, Bd. II, Kopenhagen 1909. — 13 F. H. B I G E L O W , Report on the Barometry of tho United States, Canada, and the West Indies; im Report of the Chief of the Wheather Bureau, 1900—1901, Bd. II, Washington 1902. — 14 H. v. F I C K E R , Zur Meteorologie von Westturkestan, in den Denkschriften der Akademie der Wiss. in Wien, Math.-naturwiss. Kl., Bd. LXXXI, 1908.

Die horizontale Verteilung der T e m p e r a t u r . (Vgl. Karten I I I bis VIII.) Wir haben oben (S. 67) die relativen Wärmemengen kennen gelernt, welche die verschiedenen Breiten von der Sonne empfangen, und es muß nun einen Schritt weiter gegangen und festgestellt werden, wie sich die verschiedenen Erdoberflächen zu derjenigen Wärmemenge, die bis auf den Boden gelangt, verhalten. Denn

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Die horizontal« Verteilung der Temperatur

Land und Wasser empfangen, wenn sie auch unter gleicher Breite liegen, wegen der ungleichen Reflexion der Sonnenstrahlen verschiedene Wärmemengen, ur.d /war, wie Z E N K E R 1 nachgewiesen hat, das Wasser überall weniger als das Land. Mit der Polhöhe steigert sich dieser Gegensatz, weil die Reflexion mit dem Einfallswinkel der Sonnenstrahlen wächst. Daß die Luft über dem Land in der Regel trockener ist als über dem Meer und daher mehr Wärme durchläßt, kommt noch als weiterer Urnstand hinzu. Die höhere s p e z i f i s c h e W ä r m e des Wassers, bewirkt ferner, daß es sieb langsamer erwärmt als das Land.* Die Zufuhr von einer Kalorie erhöht die Temperatur von 1 ccm Wasser um 1 die eines gleichen Volumens Land aber um 2°. Wenn umgekehrt das Wasser sich um 1° abkühlt, gibt es 1, das Land aber nur 0,* Kalorien ab, und durch diesen Vorgang wird im ersten Fall die Temperatur von (1:0,oooai =_)3226, im zweiten aber nur von (0,»:0,ioo3i =)1618 cena Luft um 1 0 erhöht. Von noch größerer Bedeutung ist die Art der W ä r m e a u f s p e i c h e r u n g . Auf dem Land kann sich die Wärme nur durch Leitung nach der Tiefe fortpflanzen, nur eine dünne Schicht wird bei Tag und im Sommer erwärmt, und daher rasohe Erkaltung in der Nacht und im Winter. Das Wasser wird dagegen schon direkt bis zu größeren Tiefen von der Sonne durchstrahlt,2 und außerdem gestattet die Beweglichkeit der einzelnen Teile den während der Nacht und im Winter erkalteten oberen Schichten, als den schwereren, zu Boden zu sinken und ihren Platz wärmeren Schichten einzuräumen. Das Land erhält viel Wärme, aber es geht verschwenderisch damit um; das Wasser hält seinen geringen Vorrat sparsam zusammen und speiohert Wärmemengen für die kalten Perioden auf.* * Daraus folgt unmittelbar: 1. d a ß d i e Temperatur ü b e r dem W a s s e r bei N a c h t und im W i n t e r höher a n d bei x Unter spezifischer Wärme versteht man die Wärmemenge, die notwendig ist, um die Temperatur eine« com eines Körpern um l a C. zu erhöhen. Wenn wir die des Wassers = 1 setzen, so kann die des Landes in seiner mittleren Zusammensetzung auf nur 0,5 und die der Luft auf 0,ooo9i veranschlagt werden. * * Der jährliche W ä r m e u m s a t z , d. h. die im Lauf eines Jahres aufgespeicherte und wieder an die Luft abgegebene Wärmemenge beträgt nach SCHUBERT 3 , KRÜMMEL und HANN in Tausenden kg-Kalorien für ein qm: Sandboden mit Kiefernwald in Eberswalde Sandboden mit Gras in Eberewalde Hintersee in Wewtpreußc u bis 24 rn Genfer See Ostsee Östliches Mittelmeer . . Schwarzes Meer

. . .

12,« 18,5 280 370 505 428 482

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Die Lufthülle

T a g und i m S o m m e i n i e d r i g e r i s t als auf dem L a n d , o d e r mit andern Worten, daß das L a n d k l i m a g r ö ß e r e n t ä g l i c h e n und j ä h r l i c h e n S c h w a n k u n g e n u n t e r w o r f e n i s t , als das S e e k l i m a ; 2. d a ß die m i t t l e r e J a h r e s t e m p e r a t u r in h ö h e r e n B r e i t e n , wo die kalten Perioden lange andauern, auf der S e e , in n i e d e r e n B r e i t e n auf dem L a n d h ö h e r i s t . Normale Temperaturverteilung. Wir haben bisher nur von relativen Wärmemengen gesprochen, aber diese müssen erst in die gemeinverständliche Sprache der Temperaturgrade übersetzt werden, um sie für die klimatologische Betrachtungsweise brauchbar zu machen. Das ist der heikle Punkt der modernen Methode, denn es gibt kaum eine meteorologische Station, von der wir mit Bestimmtheit behaupten können, daß sie reines See- oder Landklima besitze; und es ist daher begreiflich, wenn ZENKER, der mit diesen Untersuchungen hauptsächlich beschäftigt war, im Lauf der Zeit zu verschiedenen Werten gelangte. Die zuletzt gefundenen sind folgende: 4 Breite 0° 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Landklima

Seeklima

34,6°

26,1®

25,3 22,7 18,8 13,«

33,5

30,o

24,1 15,7

5,0 - 7,7 -19,0 -24,9

-26,1

-

7,1 0,3

5,2 8,2 8,7

Unterschied (Landklima—See! + 8,5 + 8,2 + 7,8 + 5,8 + 2,3 - 2,1 - 8,0 -13,8 -16,7

-17,4

Am Äquator ist das Landklima dem maritimen am meisten überlegen ; dann nähern sich beide Klimate immer mehr, bis gie unter 4 5 ° B . einander gleich werden; von da ab ist das Seeklima wärmer, und es wird relativ immer wärmer, je mehr wir uns dem Pol nähern, — freilich unter einer Voraussetzung, die in der Natur nicht erfüllt wird: daß nämlich das Wasser nicht gefriert. Wir nennen die Zone zwischen 0 und 4 5 ° B . die i n n e r e und die Zone zwischen 45 und 90° B. die ä u ß e r e . Die mittlere Temperatur an der Erdoberfläche würde ihren höchsten Grad erreichen, wenn die innere Zone nur aus Land und "die äußere nur aus Wasser bestünde, und im umgekehrten Fall ihren niedrigsten Wert erlangen. Bs ist leicht einzusehen, daß beide Extreme für die Bewohnbarkeit der Erde durch Landorganismen gleich ungünstig wären. In Wirklichkeit liegen zwischen 80° N und 50° S Land und Wasser in m e r i d i o n a l e n Streifen nebeneinander, und nun tritt

Die horizontale Verteilung der Temperatur

89

ein Wärmeaustausch nicht bloß, wie unter allen Umständen, in meridionaler, sondern auch in ostwestlieher R i c h t u r g ein, denn stets müssen verschieden temperierte Bäume, die miteinander korrespondieren, einen Ausgleich anstreben. Selbst wenn wir annehmen, daß sich im innersten Teil der Land- und Meeresstreifen "reines Landbezw. reines Seeklima noch erhalten könnte, so wird doch gegen die Bänder hin stets eine Mischung eintreten und die beiden Klimate immer mehr einander nähern. Dieser einfachste Fall ist in Fig. 29 dargestellt. Land und Meer sind als regelmäßige Streifen zwischen 80 ° N und 50° S gedacht. Im mittleren Meridian dieser Streifen sind den Temperaturen von 5 zu 5° diejenigen Stellen angewiesen, die ihnen nach dem Solarkliira zukommen, ur.d die Orte gleicher Temperatur sind durch Linien (Ispthermen) miteinander verbunden. Das sind die N o r m a l i s o t h e r m e n unter der Voraussetzung, daß Land und Wasser in meridionalen Streifen nebeneinander lagern; sie weichen mit Ausnahme der Isotherme in 45° B. (in der Figur annähernd die 10 "-Isotherme) überall von den Parallelkreisen ab, indem sie in der inneren Zone vom Meer gegen das Land, in der äußeren vom Land gegen das Meer polwärts ansteigen-. Auf dem Land treten in der äquatorialen und - der polaren Zone sogar in sich geschlossene Isothermensysteme auf. Aber obwohl sich Wärmeänderungen auch in ostwestlicher Bichtung vollziehen, so bleibt doch stets das Grundgesetz des solaren Klimas gewahrt, indem in jedem Meridian die Temperatur vom Äquator gegen die Pole hin stetig abnimmt. Abweichungen. Vergleichen wir dieses. Normalbild mit der Karte der Jahresisothermen (Karte III), so werden wir von dem hohen Grad der Übereinstimmung beider überrascht, soweit ea die Gründgesetze der Temperaturabnahme mit wachsender Breite und der Isothermenkrümmung betrifft. Aber neben der Übereinstimmung gewahren wir auch auffallende Abweichungen von dreierlei Art. Die Winde und Meeresströmungen bewirken Temperaturverschiebungen, abnorme Erwärmungen auf der einen und damit notwendigerweise Erkaltungen auf der andern Seite. Es ist eine der wichtigsten physikalischen Tatsachen und auch für die Entwicklung des Menschengeschlechtes von weitest tragender Bedeutung, daß fast die ganze nördliche gemäßigte und kalte Zone wärmer ist, als ihr der Breite nach zukommt, und daß die heiße Zone, vor allem die südliche, diesen Uns so erwünschten Wärmezuschuß deckt. In die nördlichsten Teile der Kontinente dringt das Secklima so weit ein, daß mit Ausnahme des inneren eiserfüllten Grönlands selbst die niedrigsten Jahrestemperaturen höher sind, als die den betreffenden Breiten entsprechenden Werte des solaren Landklimas: offenbar eine Folge

90

Die Lufthölle

davon, daß das Land in den höheren Breiten abbricht. Würde Asien über den Pol mit Amerika zusammenhängen, so würden in 60 und 7 0 ° B . viel niederere Temperaturen auftreten, als es tatsächlich der Fall ist. Auch in der Tropenzone löst sich das Land auf, auch hier siegt das See- über das Landklima, und selbst die höchsten beobachteten Jahrestemperaturen erreichen kaum die Wärmegrade de» reinen solaren Landklimas, das einen großen Teil der Kontinente unbewohnbar machen würde. Auf dem Indischen Ozean bewirkt die große kontinentale Umrahmung eine deutliehe Temperaturerhöhung; hier hat sich der Ausgleich zwischen Land- nnd Seeklima wirklich vollzogen, indem das erstere erniedrigt, das letztere erhöht wird, während im südtropischen Teil des Atlantischen Ozeans die Strömungen den Einfluß des umgebenden Festlandes so sehr unterdrücken, daß er entschieden als zu kalt erscheint. Dagegen i s t der Kauze atlantische Norden zu warm, und diese Abnormität tritt besonders in den höheren Breiten schärfer hervor. Die Isothermen dringen hier mit den warmen Meeresströmungen durch eine offene Pforte viel weiter gegen Norden vor, als in dem abgeschlossenen Pazifischen Ozean. Diese größte Meeresfläche endlich wird von dem Landklima nur wenig beeinflußt, die Strömungen sind nicht sehr energisch entwickelt, und die Temperaturverteilung dürfte hier am meisten den theoretischen Voraussetzungen entsprechen. Die Scheitel unserer Normalisothermen in Fig. 8 0 liegen in der Mitte der Festländer und Meere, und die Krümmung verläuft symmetrisch. Bei den wirklichen Isothermen ist dies nicht der Fall, die Scheitel sind alle nach Ost verschoben, in die Nähe der Bänder der Kontinente und Meere, und infolgedessen sind sie am Westrand des Festlandes mehr oder weniger scharf geknickt, während sie am Ostrand in sanftem Schwung verlaufen. Die innere und die äußere Zone unterscheiden sich nur insofern, als dort die polwärts, hier die äquatorwärts gerichteten Scheitel geknickt sind; dort liegt die abnorme Stelle an der Vorderseite, hier im Bücken der herrschenden Winde, aber in beiden Fällen sind die Winde die Ursachen der Verschiebung. Diese Isothermengestaltung ist der Ausdruck des Gesetzes, d a ß d i e W e s t k ü s t e n in h ö h e r e n B r e i t e n w ä r m e r , i n n i e d e r e n B r e i t e n k ä l t e r s i n d a l s d i e O s t k ü s t e n . Theoretisch sollten j a beide Küsten nahezu gleich warm sein, unter dem Einfluß der Westwinde schiebt sich aber in der äußeren Zone unserer Halbkugel das Seeklima im Westen weit in das Land hinein, und ebenso verschiebt sich das Landklima gegen die Ostküste und macht seinen erkältenden Einfluß noch weit in das Meer hinaus geltend. Auch in der Zone der Passate sind die von diesen Seewinden getroffenen

Die horizontale Verteilung der Temperatur

91

Küsten wärmer, aber die Verkettung von Ursache und Wirkung ist hier eine andere. Hier schiebt sich ein Zwischenglied ein, das wir erst später genauer kennen lernen werden: die Erkaltung des Meerwassers an den Westküsten Afrikas und des tropischen Amerikas durch Aufsteigen von Tiefenwasser und Zufluß kälteren Wassers. Wo dieses kalte Küstenwasser fehlt, wie in Australien, da ist die Ost küste kälter, weil sie vom Ostwind überweht wird. Die dritte Unregelmäßigkeit besteht endlich in der stellenweisen Temperaturzunahme mit wachsender Breite. Der Grund liegt in der

horizcntalen und vertikalen Gliederung des Festlandes, im Wechsel von Land und Wasser längs eines Meridians, in Vegetation*Verhältnissen, in Meeresströmungen usw. Verbindet man, wie es auf Karte V I I I geschehen ist, die heißesten Punkte der Meridiane miteinander, so erhält man den t h e r m i s c h e n Ä q u a t o r , der in höchst unregelmäßiger Weise zwischen 2 6 ° N und 9° S hin und her schwankt. Daß er im Pazifischen Ozean auf die Südhemisphäre übertritt. i*t wohl in den Strönmngsverhältnissen begründet, sonst liegt er aber fast durchaus auf unserer Halbkugel und bewegt sich auf den Festländern am weitesten pniwärts. Daß er sich in Afrika besonders wtit nach Norden verschiebt, erklärt sich aus den durch die Regenverteilung bedingten VigetationsVerhältnissen. Er duich zieht hier .-ine Wüste, die «ich

Die Lufthülle

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im Sommer außerordentlich erhitzt und ihre Wärme den untersten Luftschichten mitteilt, während am Gleicher das Land mit Vegetation bedeckt ist. Aus demselben Grund liegt auch in Amerika die heißeste Stelle nicht im üppig bewaldeten Äquatorialstreifen, sondern im trockenen Binnenland Mexicos. Ob die mathematischen Pole die kältesten Punkte der Erdoberfläche sind, wie es das solare Klima verlangt, wissen wir zwar nicht, auf unserer Halbkugel spricht aber manches gegen diese Annahme. Hier ist der kälteste Ort von dem wir die mittlere Jahrestemperatur mit einiger Sicherheit feststellen können, die Lady-Franklin-Bai an der Ostküste von Grinnel-Land ( 8 1 ° 4 4 ' N ) ; H A N N hat dafür eine Mitteltemperatur von —20° berechnet. x M O H N 5 verlegt den thermischen Nordpol in ungefähr 86° N und 170° 0 und umschließt ihn mit der Isotherme von —24°. Daneben finden wir noch ein zweites Kältezentrum auf dem grönländischen Inlandeis, wo die Jahrestemperatur bis —22° sinken soll. Die Antarktis ist wahrscheinlich kälter. Temperaturverteilung in den extremen Monaten.9 Die mittlere Jahrestemperatur ist eigentlich ein imaginärer Wert, denn die Sonne wandert im Verlauf eines Jahres von einer Hemisphäre zur andern und mit ihr das ganze Isothermensystem, den Wärmeäquator sowohl wie die beiden Grenzlinien zwischen der inneren und den äußeren x Beispiele für das polare Klima; die arktischen Landstationen liegen in ungefähr gleicher Breite, für die Frambeobachtungen im östlichen Eismeer wurden die mittleren Koordinaten eingestellt. Im arktischen Gebiet vertritt das Eismeer das ozeanische, NW-Grönland das streng kontinentale Klima, Spitzbergen das Klima im Bereich der warmen Atlantischen Strömung. Arktisches Klima 1. Östliches 2. NWEismeer Grönland B L Winter . . . Frühling Sommer Herbst . . . ; . Jahr Wärmster Monat . Kältester Monat . Schwankung . . .

82,7°N 89,a 0

79,s »N 68,2 W

Antarktisches Klima

3. Spitzbergen

Viktorialand

78,5 °N 15,7 0

77,8 «S 166,8 0

-19,8

-32,8« -22.1 +• 1,9 -16,8

-19,8

-17,4

+ 3.« - 4,5 - 6,2

+ 0,05

+ 3,8 — 34,1

+ 4,e - 18,5

-34,5° -21,4

-

1,2

-35,8 35,85

37,9 i

-14,3° - 9,6

23,1

Framheim 78,6 °S

164,5 O

-26,8°

-38,6°

-19,5

-25,8 8,9 -27,5 -25,2

- 6,0 -22,0 -18,4

- 4,0 -26,9 22,9

-

- 6,4 -40,7 34,3

93

Die horizontale Verteilung der Temperatur

Zonen.* Nur in den Übergangsjahreszeiten nähert sich die Temperaturverteilung dem mittleren Zustand, im Januar und Juli weicht sie am meisten davon ab. Aber nicht im gleichen Sinn. Alles was wir früher als Abweichimg vom Normalten bezeichnet haben, gelangt in der inneren Zone im Sommer, in der äußeren im Winter zur höchsten Entfaltung. In diesen Jahreszeiten bleibt für die "betreffende Zone der Charakter der Jahresisothermen zwar gewahrt, ist aber bis zum Extrem verzerrt. Man ersieht das am besten aus der Knickung der Isothermen, die immer einen schroffen Übergang vom See- zum Landklima unter gleicher Breite anzeigt. Im Sommer schwächt sich in der äußeren und im Winter in der inneren Zone der Gegensatz von Wasser und Land ab, und der Einfluß der Polhöhe gewinnt an Bedeutung. Der thermische Äquator liegt im Januar (s. Karte I V ) zum größten Teil in der Südhemisphäre, am weitesten ausgebuchtet auf den Kontinenten, wo in den trockenen Gebieten die Hitze über 80° steigt, in Südamerika allerdings nur im westlichen Argentinien, während das innere Australien ein wahrer Glutofen ist, ähnlich wie die Wüstendistrikte Nordafrikas und Yorderasiens im Juli. Die innere Zone umfaßt alle südlichen Festländer, auf unserer Halbkugel beginnt die äußere Zone aber schon zwischen 10° und 20° B. Unsere Aufmerksamkeit wird hier hauptsächlich durch die Verhältnisse im Umkreis des Atlantischen Ozeans vom Felsengebirge bis zum Ostrand Asiens gefesselt. Hier wirken die mit dem Golfstrom zusammenhängenden Strömungen in der Tat als Warmwasserheizung, aber nur das europäische Gestade überfluten die herrschenden Westwinde mit lauen atlantischen Lüften, an der Ostküste der Alten und der Neuen Welt kommen sie als kalte Landwinde an. Der Gegensatz von West und Ost wird noch dadurch verschärft, daß die Seewinde an den Westküsten feucht sind; der bewölkte Himmel hindert die Ausstrahlung, die bei der Kondensation des Wasserdampfes frei werdende Wärme erhöht die Temperatur. Die entgegengesetzte Wirkung hat das trockene, klare Wetter an der Ostküste Asiens. Dagegen sind die kalten Meeresräume an den Ostseiten der Nordkontinente von geringerer thermischer Bedeutung. Sie sind schmal, und ihre Temperatur wird nicht durch die herrschenden Winde den benachbarten Küstenstrichen mitgeteilt, wie die der warmen x

Normalisothermen:

Grenze zw. d. nördL äußeren u. inneren Zone . . . Mathematischer Wärmeäquator

.

Grenze zw. d. südL inneren u. äußeren Zoue

. ,

Jahr

Januar

45° N

22* N

f:

23 S

23

68

22

0 45

S

S

v

T--!l \ S

94

Die Lufthülle

Strömungen den westlichen Gestaden. Nur in der nordostasiatischen Inselwelt, die an der Westküste von einem Zweige des warmen Karoschio und an der Ostküste von einer kalten Strömung aus dem Ochotskischen Eismeer berührt werden, entstehen Gegensätze, die im kleinen den Kontrast zwischen den West- und Ostseiten der Kontinente wiederholwi. Noch gewaltiger ist der Unterschied zwischen dem winterlichen Land- und Seeklima. Der Ostsehenkel der atlantischen Isothermenknickung nimmt ein«) meridionalen Verlauf, ja wendet sich zum Teil sogar widersinnig nach Südwest und West. ]>ie Temperatur nimmt in Eurasiin von West nach Ost stärker ab als von Süd nach Nord, so zwischen der südlichsten und der nördlichsten Stadt Europas, Tarifa und Hammerfest, durchschnittlich für 100 km um 0,u°, dagegen zwischen Europa und Westsibirien, auf das gleiche Maß reduziert, im 56. Parallel um 0,610 und im 63. sogar um 0,si Die 0°-Isotherme überschreitet an der norwegischen Küste den Polarkreis, sinkt im östlichen Asien bis zum 'M. Breitengrad herab, steigt dann in Japan wieder bis 40° und an der amerikanischen Westküste bis 59°, um im Inneren der Union bis herabzusinken und die Ostküste unter ungefähr 40° B. zu erreichen. Schanghai unter der Breite von Alexandrien hat dieselbe mittlere Januarlemperatur wie Thorshaven auf Färöer unter 62 fl B. und die amerikanische Ostküste in der Breite von Sizilien. Am schroffsten sind die Gegensätze an den atlantischen Gestaden, wo in Kristiansund und Aalesund an der norwegischen Küste die mittlere Tagestemperatur nie unter 0 U sinkt, während an der amerikanischen selbst die mittlere Monatstemperatur auf —'20° und darunter fällt. Alle Isothermenkarten verzeichnen in Ostsibirien ein winterliches Kältezentrum von enormer Tiefe. In Breiten, wo sich die Lufttemperatur auf dem Atlantischen Ozean über dem Gefrierpunkt hält und die norwegische Küste sowarm ist wie das pontische Gestade Südrußlands, beträgt die mittlere Januartemperatur in Jakutsk (62° N) 48,s°, sie sinkt in Werchojansk am Janafluß auf —50,8° und steigt im Ustjansk an der arktischen Küste wieder auf — 4 1 , D i e s ist die Gegend,, wo überhaupt die tiefsten Temperaturen beobachtet wurden* : so in Irkutsk - 64,4°, und in Werchojansk —67,8°, während als absolutes Minimum auf der westlichen Hemisphäre (am Floeberg Beach) bisher nur —58,7° notiert wurde. Indes hat WOEIKOW Zweifel x Daa Maximum-Minimum-Theraiometer, das wahrscheinlich die österreichische Expedition am Matotschkin Scharr auf Nowaja Semlja zurückgelassen hatte und das von BORISSOW wieder aufgefunden wurde, zeigte —70'; da aber nicht mitgeteilt wird, ob es auch geprüft wurde, so ist diese Angabe wissenschaftlich nicht verwertbar.

Die horizontale Verteilung der Temperatur

95

an der Bichtigkeit der üblichen Isothermendarstellung ausgesprochen. Da die Stationen hier alle in den Tälern liegen, und die Temperatur nachweisbar im Winter mit der Höhe zunimmt, so müssen die tiefsten geschlossenen Isothermen schmale Kältebänder längs der Flußläufe umsäumen, anstatt in weiter Auedehnung Berg und Tal zu umschließen. Unzweifelhaft ist aber die außergewöhnliche Erkaltung Ostsibiriens im Vergleich zu den Binnenlandechaften Nordamerikas unter gleicher Breite. Wir werden bei Besprechung der Luftdruckverteilung in Ostsibirien ebenso abnorme Verhältnisse ausgebildet finden, und zwischen beiden meteorologischen Elementen besteht eine Wechselbeziehung. Schon an der Grenze zwischen West- und Ostsibirien sinkt das Thermometer bei Windstille im Winter außerordentlich tief, während alle stärkeren Winde die Temperatur erhöhen, gleichgültig aus welcher Himmelsrichtung sie wehen. Bei Windstille stagnieren die durch die heftige Ausstrahlung des schneebedeckten Bodens erkalteten unteren Luftschichten, und es kommt, um sehr' tiefe Temperaturgrade zu erzeugen, nur darauf an, daß Kalmen vorherrschen. Das ist nun in Ostsibirien der Fall. Die hügelige Natur des ganzen Landes und die ziemlich hohe Scheidewand, die das Stanowoigebirge zwischen Ostsibirien und dem Pazifischen Ozean aufrichtet, hindern den Abfluß der kalten Tiefenluft zu den umgebenden Gebieten niederen Barometerstandes; während die Luft des canadischen Macken ziebeckens, das sonst unter ähnlichen Bedingungen steht wie Ostsibirien, nach Norden, Osten und Süden freie Bahn findet. Ein zweites Kältezentrum bildet die Eiswüste Grönlands, wo NANSEN in Seehöhen von über 2000 ni schon im September 1888 Nächte erlebte, in denen sein nur bis —80° gehendes Thermometer völlig versagte. MOHN7 berechnete auf konstruktivem Weg ein Minimum von — 4.V'! Das grönländische Kältezentrum dürfte also dem ostsibirischen nicht viel nachgeben, j a es vielleicht sogar übertreffen. Ein drittes liegt nach MOHNS neuesten Karten 5 am Nordpol. Man kann jetzt alle diese drei Zentren als Kältepole bezeichnen, wenn auch r.ach MOHNS Darstellung der sibirische Pol im Dezemlwr und Januar der kälteste ist. Dafür ist er aber auch vergänglich, er erscheint erst im November und verschwindet im März, während sich die beiden andern das ganze Jahr hindurch erhalten. Im J u l i (s. Karte V) steigt der Wärmeäquator weit in unsere Hemisphäre hinauf, besonders in Asien und Nordamerika, wo er sich dem 80. Parallel nähert, vielleicht ilm sogar überschreitet. Auch hier sind Mitteltemperaturen über; 80° an die vegetationsarmen Gebiete gebunden; am heißesten ist die Sahara. Die Grenze zwischen der inneren und der äußeren Zone liegt in Australien und Südamerika

Die Lufthülle

in ejtwa 20° B., auf der nördlichen Halbkugel umfaßt die innere Zone die Festländer bis über 70° B., mit Ausnahme von Grönland. Überall ist das Meer kälter als das Land, die Isothermen steigen auf dem Festland polwärts an und senken sich auf der See äquatorwärts, aber die ostwestlichen Temperaturunterschiede sind im allgemeinen doch nicht so groß wie im Januar. Nur im westlichen Nordamerika zeigen die dichtgedrängten meridionalen oder sogar überkippten Isothermen eine beispiellos rasche Temperaturzunahme von der Küste nach dem Innern des Landes an. San Diego am californischen Gestade, das unter dem Einfluß einer kühlen Meeresströmung und vorherrschender Seewinde steht, hat eine mittlere Julitemperatur von 21,s°, das nur 250 km davon entfernte Fort Yuma in der Coloradowüste dagegen 34,I Das ergibt in östlicher Richtung eine Steigerung von 1° für nicht ganz 19 km. Im schroffen Gegensatz zu der thermisohen Anordnung im Januar ist nun Ostsibirien, wo selbst Werchojansk eine mittlere Julitemperatur von 15,* 0 h a t , beträchtlich wärmer, als Nordamerika

unter gleicher Breite, das schutzlos den polaren Winden preisgegeben ist. Man beachte besonders, wie die tief eindringende Hudsonbai, die erst spät ihr Eis verliert, die Isothermen nach Süden, drängt. So wird Labrador, in der Breite von England und Norddeutschlari ', eines der unwirtlichsten Länder, denn nicht die mittlere Jahrestemperatur ünd die Winterkälte ist entscheidend für den Xulturwert eines Landes, sondern die Sommerwärme. Auf der südlichen Halbkugel nehmen die Isothermen im Winter einen einfacheren Verlauf als im Sommer, weil die Festländer nicht in hohe Breiten hineinreichen. Die West- und Ostküsten von Afrika und Südamerika zeigen dasselbe thermische Verhalten wie im Jaguar, nur ist die Temperaturdifferenz in der Nähe des Äquators größer, weiter gegen Süden aber kleiner als im heißesten Monat. Den schärfsten Gegensatz bilden die brasilianische und die peruanische Küste. Lima unter 12° B. und 172 m ü. M. hat eine mittlere Julitemperatur von 15°, die im Osten erst unter 27° B. ersieht wird. Der Unterschied von 15 Breitengraden wird zwar auf der Nordhemisphäre über troffen, aber nirgends finden wir wieder eine so niedere Temperatur so nahe dem Äquator. Man sollte voraussetzen, daß sich im zirkumterranen Meer der höheren südlichen Breiten die Isothermen den Parallelkreisen anschmiegen. In Wirklichkeit finden wir aber auch hier Abweichungen, die direkt auf die Verbreitung des polaren Treibeises, indirekt wahrscheinlich auf Meeresströmungen zurückzuführen sind. Bemerkenswert ist namentlich die südatlantische Kältezunge; Südgeorgien ist

97

Die horizontale Verteilung der Temperatur

kälter als Kap Hoorn, und noch kälter muß die völlig vereiste Bouvetinsel sein, so daß man •wohl annehmen darf, daß hier alle Isothermen von W nach 0 in äquatorialer Richtung ansteigen.8 Sicher sind innerhalb des zirkumterranen Meeres die Winter wärmer und die Sommer kälter, als d u r c h s c h n i t t l i c h in gleicher Breite auf unserer Landhalbkugel, aber dieser Charakterzug darf nicht, wie es früher geschah, in seiner ganzen Schärfe auch auf die polare Zone übertragen werden. Am Rand der eis bedeckten Landmassen sind auch die antarktischen Winter streng. Das Charakteristische dieser Zone bleibt allerdings die tiefe Sommertemperatur. Die Nullisotherme des wärmsten Monats dürfte nicht weit südlich vom Polarkreis liegen, während auf unserer Halbkugel nicht nur auf eisfreiem Land, x sondern sogar mitten im Eismeer bis zum 85. Parallel wenigstens ein Monat eine positive Mitteltemperatur besitzt. Nur im Inneren des grönländischen Eisplateaus stoßen v. ir auf eine negative Mitteltemperatur des wärmsten Monats, also ..uf antarktische Verhältnisse. Alles Eis verbraucht im Tauprozeß einen großen Teil der ihm zugeführten Wärme, aber Landeis, wie es scheint, mehr als marines — vielleicht deshalb, weil sich letzteres im Sommer in Schollen auflöst, so daß auch Wasser mit der Luft in Berührung tritt. Wir dürfen daraus sohließen, daß auch die niedere antarktische Sommertemperatur von einem großen Landeis herstammt; und da sich hier die beiden temperaturerniedrigenden Faktoren» Landeis und Polnähe, in höchster Potenz vereinigen, so i s t in der Nfihe des Südpols der a b s o l u t e K ä l t e p o l der E r d e 2a erwarten. Durehsehnittstemperatujr der Parallelkreise, Meridiane, Erdteile und Meere. Nach den Isothermenkarten hat zuerst D o v e die „Normalt e m p e r a t a r e n " , richtiger gesagt, die D n r o h s e h n i t t s t e m p e r a t u r e n der P a r a l l e l k r e i s e berechnet, and in neuester Zeit haben S p i t a l e r , B a t c h e l d b r und H o p f n b b mit Zuhilfenahme des. inzwischen reichlich angewachsenen Beobachtungsmaterials, wie es in H a n n s und B u c h a n s Isothermenkarten niedergelegt ist, diese Operation wiederholt.9 Auffallenderweise weichen die Tabellen gerade in Zonen mit verhältnismäßig zahlreichen meteorologischen Stationen (80 und 40° N und 20—40° S) beträchtlich voneinander ab ein Beweis, wie ungenau selbst unsere besten Isothermenkarten noch sind. Aber abgesehen davon, springt der Gegensatz zwischen den beiden Halbkugeln aus allen Zahlenreihen sofort in die Augen, nur muß man den nördlichen Januar mit dem südlichen Juli und umgekehrt ver* Lady-Franklin-Bai 87° B., +2,8°. Su?ah, Physische Erdkunde. 8. Aufl.

7

Die Lufthülle

98

D u r c h s c h n i t t s t e m p e r a t u r e n der Breitenkreise. SPITALER (MOHN, HANNX) |

Jahr 90°N - 2 2 , 7 ° -18,1 80 -10,7 70 60 . - 1,1 5,6 50 14,0 40 30 20,3 25,7 20 26,4 10 25,9 0 10 S 25,0 20 I 22,7 30 I 18,5 40 11,8 60 5,9 60 - 2,0 70 -11,5 80 -19,8 90 -24,0

Januar -41,0° -32,2 -26,8 -16,1 -

7,2 3,9 13,9 21,7 25,7 26,2 25,9 25,5 22,6 16,I 8,1 3,A - 0,8 - 6,5 —

BATCHBLDEB

Juli i Jahr 1,0° 2,0 7,8 14,1 18,1 23,8 27,4 28,1 26,7 25,5 24,0 20,5 15,8 »,T 3,2 - 7,6 -22,2 -31,5

HOPFNEB (MEMABDUS* X )

Januar Juli

Jahr

Januar

Juli

-16,4° - 9,6 - 0,8 6,2 14,5 20,7 25,2 26,8 26,8 25,4 22,9 18,8 11,7 5,1 - 3,5 -12,8 -20,6 -25,0

-33,3° -26,4 -16,I - 7,3 5,9 15,0 21,9 25,8 26,5 26,7 25,9 21,2 15,1 8,6

1,9® 6,7 14,0 17,9 24,2 27,2 27,0 27,0 25,7 23,8 19,4 14,3 8,4 3,1 -10,6 -22,0 -28,7 -33,8

-



- 16,9° -10,2 - 1,2 5,8 13,9 20,2 24,9 27,1 26,6 25,7 23,3 18,3 12,9 5,8

-34,9° -26,5 -15,6 - 6,7 6,1 15,3 22,1 25,8 26,7 26,7 25,3 21,1 15,1 8,6

0,2° 6,7 13,8 18,1 24,! 27,2 28,0 27,1 25,7 23,8 19,4 13,9 8,8 2,7

























2,9

-

1,8 '4,8 6,0

gleichen. Im wärmsten Monat ist die ganze nördliche Hemisphäre wärmer als die südliche, im kältesten aber nur vom Äquator bis 30° B., und im Jahresmittel 'besitzt die südliche Halbkugel nur im zirkumterranen Meer der gemäßigten Zone (50 0 B.) ein thermisches Übergewicht. Man hat früher angenommen, daß sich die Gegensätze in höheren Breiten ausgleichen, und daß beide Halbkugeln eine gleiche Durchschnitts tempejatur von ungefähr 15° besitzen, die neuesten Erfahrungen im Südpolargebiet haben aber diese Ansicht berichtigt. HANN hat neuerdings folgende Mitteltemperaturen berechnet: Jahr . Januar . Juli

Nördliche Halbkugel 15,1° 7,8 22,5

S&dliche Halbkugel 13,69 17,8 10,3

Ganze Erde 14,4« 12,6 16,4

Unterschied' beider Halbkugeln + 1,5° - — 9,5 +12,2

x Für die nördlichen Breiten von 60—90° setzen vir die neuen Zahlen von MOHN» ein, für die höheren südlichen Breiten (60—80°) hat HANN (Meteorologie, 2. Aufl., S. 114) Mitteltemperaturen berechnet. x x Zahlen für 60—90° S siehe A. SCOBEL, Geographisches Handbuch, Leipzig, Bd. I, S. 74.

Die horizontale Verteilung der Temperatur

Man vergleiche damit die Tabelle ANGOTS auf S . 67. Die südliche Halbkugel erhält in ihrem Sommer mehr Wärmemengen als die nördliche im nördlichen Sommer und ist doch kälter als diese. Im Nördliche

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Fig. 31. Verteilung der klimatologischen Elemente nach der geographischen Breite (vgl. dazu die Bemerkung zu Fig. 16, S. SO). - Sonnenstrahlung in Äquatorialtagen, T. = Mittlere Jahrestemp eratur in 0 C., AF. e Absolute Feuchtigkeit in Gramm in 1 cbm Luft, L. — Luftdruck in mm, B. == Bewölkung 0—100, RF. » Relative Feuchtigkeit in Prozenten, N. Niederschlag auf dem Land in mm.

Winter liegen die Verhältnisse gerade umgekehrt: ein klarer Beweis, daß f ü r die Verteilung der T e m p e r a t u r die irdischen Verhältnisse maßgebender sind als die solare Wärmezufuhr. f

100

Di« Lufthülle
ie winterlichen Wei te sind also für das Jahresmittel das Entscheidende; für Westsibirien hat F I C K E K ® nachgewiesen, daß hier warme atlantische Winde mit kalten wechseln, die aus dem Eismeer stammen und zwischen Kola und Ob in das Festland einbrechen. Man muß sich auch stets vor Augen halten, daß die Winde nicht nur direkt die Temperatur beeinflussen, sondern auch indirekt, indem warme Winde im Winter, weil sie meist von der See kommen, auch Bewölkung und Niederschläge bringen, die kalten Land"winde aber Heiterkeit und trockene Luft; und wir haben schon gehört, daß das eine die Temperatur erhöht, das andere sie* erniedrigt. örtliche Einflüsse spielen im Sommer eine viel größere Bolle als im Winter. Namentlich wird die Variabilität gesteigert, wenn sich in der Nähe eines erhitzten Landstriches ein höheres Gebirge oder eine größere Wasserfläche befindet, wie an der Hudsonbai und im canadischen Seengebiet oder auf der bayerischen Hochebene und im oberitalienischen Tiefland. Besonders auffallend ist im Sommer die geringe Veränderlichkeit in beiden Polargegenden, wo sie nicht größer ist als in den Mittelmeerländern. In den subtropischen Breiten der südlichen Hemisphäre sind Frühling und Herbst die veränderlichsten Jahreszeiten, und der Sommer ist sowohl an den Küsten wie im Binnenland veränderlicher als der Winter. Klimatologisch wichtig ist auch die Häufigkeit der Veränderungen von bestimmter Größe. Auch hier wiederholt sich die geographische Verteilung, die wir soeben kennen gelernt haben, wenn auch mit einigen Unterschieden. So sind z. B. Veränderungen von mehr als 6° in -Ostsibirien seltener als im europäischen Bußland, geringere Änderungen aber häufiger. In beiden Maximalbezirken sind Änderungen von 20° und darüber nicht sehr selten, und auch solche von 25° kommen noch vereinzelt vor, aber der westsibirische Bezirk scheint öfter als der inneramerikanische bedeutenden Schwankungen unterworfen zu sein. Dagegen reichen in Amerika die großen Temperaturwechsel viel weiter nach Süden als in Eurasien, was H A N N mit Becht den' „Northers" zuschreibt, jenen von Norden kommenden Winterstürmen, die manchmal bis in den Golf von Mexico, also bis in die warme Zone hinein die binneoländisehe Kälte tragen. Mittlere Abweichung. Wie in der mittleren Veränderlichkeit, so können wir auch in der m i t t l e r e n Abweichung der Monatsund Jahrestemperaturen der einzelnen Jahrgänge von dem Mittelwert ohne Bücksicht auf das Vorzeichen, wie sie D O V E 7 für zahlreiche Stationen berechnet hat, einen Ausdruck für die unperiodischen 8*

Die Lufthölle

116

Störungen sehen, wenn auch — wie aus späteren Erörterungen hervorgehen wird — ein periodisches Element darinnen steckt, das aber aller Wahrscheinlichkeit nach von dem unperiodischen verdunkelt wird. Ihre geographische Verteilung ist von großer klimatologischer Bedeutung. Es zeigt sich, daß Abweichimg und Veränderlichkeit nicht parallel laufen. Zwar gilt auch für jene im allgemeinen das Gesetz, daß sie vom Äquator gegen die Pole und von den Küsten landeinwärts zunimmt. In Eurasien wie in Nordamerika liegt das Ge"biet der größten Abweichung im Inneren, und sind die Monats- und Jahrestemperaturen an der Ostküste Länder

Größte Abweichung

Kleinste Abweichung

Italien England Westeuropa Sohweiz Süddeutsohland Norddeuteohland Baltische Länder Nordosteuropa Inneres Rußland Ural und Sibirien

Dez. Jan. 1,46 Jan. 2,3« Dez. 2,04 Jan. 2,51 Jan. 2,70 Jan. 2,19 Jan. 3,18 Dez. 3,56 Dez. 3,19

Aug. 0,90° Sept. 0,89 Sept. 1,07 Okt. 1,11 Sept. 1,16 Sept. 1,09 Sept. 0,87 Sept. 1,01 Hai 1.« Juli 1,17

1,19° 1,24 1,44. 1,46 1,65 1,72 1,47 1,84 2,00 1,97

Westliohes Nordamerika . . Inneres Nordamerika . . . . östliches Nordamerika . . .

Jan. 2,19 Febr. 2,«2 Febr. 1,89

Sept. Aug. Juli

0,64 1,12 0,90

1.»

Polarländer

Dez.

Sept.

1,19

1,59

1,95

Jahr

1,70 1,27

variabler als an der westlichen, aber damit hört auch der Parallelismus auf. Die Neue Welt hat die größte Veränderlichkeit, die Alte die größte Abweichung; die störenden Elemente, die die Temperaturkurve von einem Tag zum andern beeinflussen, sind in Amerika mächtiger, ab§r sie treten auch regelmäßiger von Jahr zu Jahr auf, als in unserem Festland. Die Abweichung im amerikanischen Binnenland ist nicht größer als im nördlichen Deutschland, und in den Östliciien Vereinsstäaten sogar geringer als in Westeuropa, Ebenso ist die Abweichung auf der südlichen Hemisphäre kleiner als auf der nördlichen unter gleicher Breite. Alles das beweist, daß sie von der Kontinentalität des Klimas weit abhängiger ist als die Veränderlichkeit. Dagegen nehmen beide mit der Höhe zu, aber die Abweichung nur um 0,oo7° für 100 m. In den einzelnen Monaten ist sie verschieden. Am größten ist sie im Winter, wo die Temperatur

Windsysteme und Windgebiete

117

am meisten von den Winden abhängt, am kleinsten im Spätsommer; nur in Gegenden mit strengerem Landklima fällt das Minimum in den Anfang oder in die Mitte des Sommers. L i t e r a t u r n a c h w e i s e . 1 J . Hann, Der tägliche Gang der Temperatur in der äußeren Tropenzone (Denkschriften der Wiener Akad. d. Wiss., Math.naturwiss. Kl. 1905 u. 1907, Bd. 78, 80 u. 81; eine Zusammenstellung der wichtigsten Daten s. Petebmanns Mitteilungen 1908, Literaturbericht S. 11). — 2 A. Sttpan, Die Verteilung der jährlichen Wärmeschwankung, in der Zeitschrift f ü r wissenschaftliche Geographie, 1880, Bd. I. — 8 F. v. Kernek, Thermoisodromen, Wien 1905 (Abhandlungen der Wiener Geographischen Gesellschaft, Bd. VI, Nr. 3). — 4 J. Hann, Untersuchungen über die Veränderlichkeit der Tagestemperatur, in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wissenschaften, Math.-naturwiss. KL 1875, Bd. L X X I , I I ; Die Veränderlichkeit der Temperatur in Österreich, in den Denkschriften der Wieher Akademie der Wissenschaften, Math.naturwiss. KL 1891, Bd. LVIIL' — » V . Kbemser, Die Veränderlichkeit der Lufttemperatur in Norddeutschland, in den Abhandlungen des Preußischen Meteorologischen Instituts, Bd. I, 1888. — • H. v. Fickjer, Das Fortschreiten der Erwärmungen in Rußland u. Nordaaien j in den Sitz. -Ber. der Wiener Akademie d. Wiss., Math.-naturwiss. Klasse 1911, Abteil. I I a , Bd. CXX. — 7 H. W. Dove, Die mittlere und absolute Veränderlichkeit der Temperatur, in den Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften 1867. H. Abctowski, L'enchataement des Variation« olimatiques; Brüssel 1909 (interessante, aber wegen der Kürze der Beobachtungen noch unsichere Ergebnisse).

Windsysteme und Windgebiete. Windgesetze. Zu wiederholten Malen hatten wir schon Gelegenheit, den Einfluß der Winde auf die Temperaturverteilung kennen zu lernen. In einem späteren Kapitel werden wir erfahren, daß der Wind einer der wichtigsten Faktoren ist, der die Verteilung der Niederschläge regelt. Es ist daher nicht Überschätzung, wenn man den Wind als den eigentlichen Träger des Klimas bezeichnet, und zugleich — da die klimatischen Verhältnisse das organische Leben und damit auch die Entwicklung der Menschheit bedingen — als eine Kulturmacht ersten Ranges. Direkt erscheinen die Winde von der Verteilung des Luftdruckes abhängig. Ein ungleich verteilter Luftdruck zeigt an, daß das Gleichgewicht der Atmosphäre gestört ist, und die Winde haben das Bestreben, es wieder herzustellen. Dieses Grundprinzip der modernen Meteorologie ergab sich unmittelbar aus den sogenannten s y n o p t i s c h e n W i t t e r u n g s k a r t e l l , die den Zustand der Atmosphäre über einem größeren oder kleineren Teil der Erdoberfläche (Europa, nordatlantischer Ozean, Vereinigte Staaten von Amerika) in einer bestimmten Stunde (meist früh nach Ortszeit) darstellen. Auf diesen Karten sieht man die- Orte gleichen Luftdruckes durch Linien, die sogenannten I s o b a r e n , miteinander verbunden. Um die be-

Die Lufthülle

obachteten Barometerstände miteinander vergleichbar zu machen; muß man sie auf das Meeresniveau reduzieren; und außerdem muß man, da das Gewicht aller Körper, somit auch der Luft, mit der Polhöhe zunimmt, eine Schwerekorrektur anbringen, d. h. die unter verschiedenen Breiten beobachteten Barometerstände auf einen gemeinsamen Parallel (gewöhnlich den 45.) reduzieren. Der Vergleich der Isobaren mit den . Winden ergibt nun folgende zwei Gesetze, die nach ihren Entdeckern, benannt werden: 1. Das

BuYS-BALLOTsche

Gesetz:

Die

L u f t strömt von

der

Gegend höheren Luftdruckes nach der niederen Luftdruckes und wird dabei durch die -Erdrotation auf der nördlichen Hemisphäre nach rechts und auf der südlichen nach links abgelenkt. Man kann noch den Satz hinzufügen, daß jedes Windsystem aus zwei Strömungen besteht, aus einer unteren vom höheren Luftdruck zum niederen und einer oberen in entgegengesetzter ßichtung. Beide werden durch die Achsendrehung der Erde abgelenkt, die untere aber außerdem noch durch die verschiedenen Reibungswiderstände an der Erdoberfläche. Ozeanische Winde unterliegen einer größeren Ablenkung durch difc Eotation als kontinentale, weil diese auf dem unebenen Boden des Festlandes nicht völlig dem Einfluß der Erddrehüng zu folgen vermögen. Stets bildet die Windrichtung mit dem Gradienten einen Winkel, der aber nie 90° erreicht. 2. Das STEVENSONSche Gesetz lautet: Die Windstärke wird bedingt durch den barometrischen G r a d i e n t e n , d. h. durch die Druckdifferenz, die in der Richtung senkrecht zu den Isobaren gemessen und auf eine Längeneinheit (jetzt allgemein 1° am Äquator = 111 km) bezogen wird. Je steiler der Gradient, desto dichter gedrängt die Isobaren, desto größer auch die Windgeschwindigkeit. Bei gleichen Gradienten nimmt sie mit wachsender Breite ab und ist in gleicher Breite auf dem Meer größer als im Flachland. Sie wird also durch die Reibung wesentlich modifiziert. LOOMIS1 ermittelte die Windgeschwindigkeit in Kilometer pro Stunde für folgende Gebiete, die wir in der Richtung W — 0 anordnen. Vereinigte Staaten | Binnenland Winter . . . Frühling . . . Sommer . . . Herbst Jahr

j i 1

|

13,7 15,2 11,2 12,5 13,1

Ostküste 18,017,o 12,6 16,i 15,8

Euröpa

Nordatlant. Ozean 53,1 49,6 41,0 47,8 47,9

West- • käste 22,3 20,3 18,5 20,9 19,8

Binnenland 14,1 13,5 10,6 12,5 12,7

V\. ml-vsteme und Windgebiete

119

In allen .1 all)es/eilen sehen wir liier die Windgeschwindigkeit. vom Ozean gegen me KiMe und von der Küste gegen das Binnenland abnehmen, also genau in der liichtung, in der die Reibangswiderstände wachsen. Aus demselben Grund nimmt die Windstärke mit der Hohe zu, und schon geringe Höhenunterschiede fallen da schwer ins Gewicht: ist doch schon auf dem 3 0 0 m hohen Eiffelturm die Windstärke durchschnittlich 4 mal größer als auf dem 1 j 2 km davon entfernten Tuim des Meteorologischen Zentralbureaus in 21 m Höhe. Auch darüber hinaus wächst sie stetig und zwar ungefähr in demselben Maß, in dem die Dichte der L u f t abnimmt. Beduziert man, wie A X E L E G N E L L 2 getan h a t , die oberen Strömungen auf die Dichte an der Erdoberfläche, so erhält man nahezu konstante Geschwindigkeiten, oder mit andern Worten: oberhalb 300 m, wo die Keibung am Boden keinen Einfluß mehr ausübt, bis an die Wolkengrenze von 12000 m werden durch den Wind in allen Schichten gleiche Luftmassen transportiert. In der t ä g l i c h e n P e r i o d e unterscheiden sich Meer, Land und freigelegene Berggipfel wesentlich voneinander. Auf dem Meer ist eine tiigliche Periode der Windgeschwindigkeit so gut wie gar nicht bemerkbar, Tag und Nacht weht es mit gleicher Stärke. Auf dem Festland erreicht sie unter allen Breiten ihr Minimum in den ersten Morgenstunden und ihr- Maximum ein paar Stunden nach Mittag; sie steigt imd fällt also mit der Temperatur, und dieser Parallelismus kommt auch darin zum Ausdruck, daß sie an heiteren Tagen schärfer ausgeprägt ist als an trüben. In den höheren Luftschichten ist dagegen der Wii d bei Nacht bedeutend stärker als bei Tag, wie die Beobachtungen nicht nur auf Berggipfeln, sondern auch schon auf dem Eiffelturm zeigen. Die unteren Schichten werden also am meisten zur Zeit der größten Erwärmung in die allgemeine Luftzirkulation hineingezogen, während sich diese in der Nacht hauptsächlich nur auf die oberen Schichten beschränkt. K O P P E N erklärt dies dadurch, daß sich in den Mittagsstunden die unteren Luftschichten ausdehnen und in die Höhe steigen, während die oberen, stärker bewegten hinabsinken. Infolgedessen findet ein stärkerer Austausch zwischen den verschiedenen Niveaus s t a t t , und die horizontale Geschwindigkeit der ganzen Luftmasse wird gleichförmiger. Antizyklonen. Betrachtin wir synoptische Witterungskarten von größerer Ausdehnung, etwa die der nordatlantischen Welt, so erkennen wir eire d r e i f a c h e A r t d e r L u f t b t w e g u n g : eine passatische, eine zyklonische und eine antizyklonische. Doch bestehen sie nicht unabhängig nebeneinander, sondern Passate und Zyklonen treten stets in Verbindung mit Antizyklonen auf. In typischer Aus-

Die Lufthülle

120

bildung erscheinen die A n t i z y k l o n e n (Fig. 84) als kreisähnliche oder elliptische Gebiete hohen Barometerstandes, aus denen die Luft allseits von der Gegend des höchsten Luftdruckes, dem sogenannten b a r o m e t r i s c h e n Maximum, ausströmt. Innerhalb des Gebietes steigt die Luft hinab, und dieser vertikale Strom wird durch horizontalen Zufluß in der Höhe ernährt. Dafür spricht außer der

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Fig. 34».

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Antizyklonen und Zyklonen auf der nördliohen HalbkugeL

Wit^'w/, Fig. 34 b.

Antizyklonen und Zyklonen fiuf der südliohen HalbkugeL

Wolkenrichtung, die gegen das Maximum gekehrt ist, die große Dauerhaftigkeit der Antizyklonen, die sich natürlich bald auflösen müßten, wenn beständig nur Luft ausströmte; endlich auch die vertikale Temperaturzunahme, von der bereits auf S. 82 die Rede war. Wenn auch Antizyklonen ihren Ort verändern, so ist ihnen doch im Vergleich zu den Zyklonen eine gewisse Ruhe und Stetig

Windsysteme und Windgebiete

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keit eigentümlich. Das Wetter ist meist ruhig, klar, im Sommer heiß, im Winter meist kalt, aber nur in den untersten Luftschichten; mit der Höhe nimmt die Temperatur zu. Innerhalb der Antizyklone ist dei Wind meist schwach und schwankend; Kalmen sind häufig. H A N N unterscheidet t h e r m i s c h e und d y n a m i s o h e Antizyklonen. Die ersteren entstehen dort, wo die Luft kälter ist als in der Umgebung. Der Druck nimmt dort rascher mit der Höhe ab, die Flächen gleichen Druckes bilden eine Einsenkung, und dadurch wird die obere Bewegung eingeleitet, die dann die untere Bewegung nach sich zieht. Pur Antizyklonen in warmen Gegenden muß aber eine dynamische Ursache, eine Stauung der Luft angenommen werden. Zyklonen. Man versteht darunter Gebiete niederen Luftdruckes von kreisähnlicher oder elliptischer Gestalt; die Gregend des tiefsten Luftdruckes heißt das b a r o m e t r i s c h e M i n i m u m . Allseitig strömt ihm die Luft in Spirallinien zu, einerseits vom Minimum angezogen, anderseits durch die Erdrotation abgelenkt. Eine von NNO nach SSW verlaufende Linie (x y in Kg. 84) teilt die Zyklonen unserer Breiten in zwei Hälften mit entgegengesetztem Witterungscharakter, von dem M O H N folgende schematische Übersicht entworfen hat: Hintere (linke) Seite:

Windrichtung . . Barometer . . . . . Temperatur, Feuchtigkeit und Bewölkung Niederschalg . .

0, NO, N, NW, W. steigt fällt nimmt ab

Vordere (rechte) Seite:

W, SW, S, SO, 0 . x fällt

steigt in der Regel bedeutend.

Die hintere Seite wird also durch kalte Polar-, die rechte durch warme Äquatorialwinde ausgezeichnet. Doch bezeichnen diese, für beide Hemisphären gleichmäßig anwendbaren Ausdrücke nicht etwa den Ort der Entstehung, sondern lediglich die Richtung, aus der die Winde wehen. Wir werden im folgenden die hintere Seite der Zyklonen die P o l a r - und die vordere die Ä q u a t o r i a l s e i t e nennen. Im Zentrum der barometrischen Depression sind die Winde veränderlich und Windstillen häufig. Der Gradient (und damit auch die Windgeschwindigkeit) ist nicht in allen Teilen der Zyklonen gleich; der größte hegt im nördlichen und westlichen Europa meist im südlichen, der kleinste im nördlichen Quadranten; auf den ersteren sind daher die meisten europäischen Stürme beschränkt. Aber auch innerhalb eines Quadranten nimmt der Gradient vom Zentrum x Für die südliche Hemisphäre ist Süd statt Nord zu setzen und umgekehrt.

Die Lufthülle

l£2

gegen die Peripherie erst zu, dann wieder ab. Bei gleichen Gradienten sind in unseren Breiten die nördlichen und östlichen Winde stärker Iiis die südlichen und westlichen, und im Sommer sind alle Winde stärker als unter gleichen Verhältnissen im Winter. Der zyklonalen Bewegung an der Erdoberfläche entspricht eine antizyklonale in der Höhe, die die im Zentrum des Wirbels aufsteigende Luft aus demselben hinausführt. Beide bilden zusammen einen Körper. Über seine vertikale Mächtigkeit lauten die Angaben verschieden; in England und Schweden reichen die Zyklonen bis in die Girrusregion hinein, in Nordamerika und Frankreich enden sie schon in geringerer Höhe. Fig. 85 zeigt uns, wie der Zyklonenkörper keilförmig in die höheren Luftschichten eindringt. Im Meeresniveau ist CirrusTegian der Wirbel vollständig ausgebildet. In 1100 m Hohe bemerken wir bereits eine antizyklonische Bewegung, aber — und dies scheint ein wenigstens für unsere gemäßigte Zone allgemein gültiges Gesetz zu sein — nicht mit allseitiger Entwicklung, denn nur an der Vorderseite strömt Luft aus, im westlichen und südlichen Quadranten aber noch ein, und der nördliche Quadrant ist im Verschwinden begriffen; die Isobaren! weichen hier nur wenig von ihrem normalen geradlinigen Verlauf ab und die regelmäßige Westbewegung der Wolken Fig. 35. Schematigche Darstellung ist nur wenig gestört. In 3000 m der nordamerikantechen Zyklonen Höhe ist der Prozeß der Auflösung in vier Niveaus nach B I O E L Ö W . noch weiter fortgeschritten, die Cirrusregion Endlich bleibt von der Zyklone völlig unbeeinflußt. Die ältere Theorie (Konvektions- oder thermische Theorie) erblickte in der Zyklonenbildung die erste Phase der atmosphärischen Gleichgewichtsstörung. An übererwärmten Stellen entwickelt sich ein aufsteigender Luftstrom; sein Dampfgehalt wird dabei kondensiert, und die dadurch frei gewordene Wärme verstärkt den Auftrieb. Oben fließt er nach allen Seiten ab, und sinkt dann erkaltet zu Boden und erzeugt Antizyklonen. So speist in den oberen Schichten die Zyklone die sie umgebenden Antizyklonen, und in den unteren Schichten ernährt die Antizyklone die sie umgebenden Zyklonen. Diese Theorie, die auf die tropischen Zyklonen der heißen Jahres5

Windsysteme und Windgebiete

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zeit mit ihren schweren .Niederschlägen zugeschnitten war, mag auf einige dieser Vorkommnisse, sowie auch auf einige von untergeordneter Bedeutung in unseren Breiten (wie z. B. Gewitterböen) noch anwendbar sein 8 , versagt aber völlig für die viel ausgebreiteteren und unregelmäßiger gestalteten Zyklonen der gemäßigten Zone, die gerade in der kälteren Jahreshälfte am häufigsten sind. Seitdem HANN 4 nachgewiesen hat und die Berliner Luftschiffer bestätigt haben, daß die mittlere Temperatur der antizyklonischen Luftsäule höher ist als die der zyklonischen, war ihre Alleinherrschaft gebrochen. Die Erwärmung des Erdbodens und der aufsteigende Luftstrom sind nach der neueren dynamischen Theorie nicht die primären Vorgänge, sondern es sind Temperaturunterschiede benachbarter Luftschichten, die zur zyklonalen Bewegung führen, und aus denen diese ihre Energie schöpft. In den Vereinigten Staaten, die uns die meisten unserer europäischen Zyklonen herübersenden, entsteht der Wirbel nach BIGELOWS6 Wolkenbeobachtungen in einer Höhe von durchschnittlich 2500 m, wo die warmen Luftströmungen aus dem mexicanischen Golf und die kalten aus dem 1 Norden zusammenstoßen, und senkt sich dann zu Boden. Ist die zyklonale Bewegüng einmal eingeleitet, so wird unter günstigen Umständen das barometrische Minimum durch den Luftwirbel immer mehr vertieft. Je mehr das Barometer im Zentrum sinkt, desto steiler wird der Gradient, desto heftiger der Wirbel, desto geringer auch der Luftdruck im Mittelpunkt. So trägt die Zyklone in sich selbst die Bedingungen ihres Wachstums, das aber erfahrungsgemäß zeitlich beschränkt ist. Von ihrer Geburt bis zu ihrem Erlöschen sind die Zyklonen in beständiger, bald schnellerer, bald langsamerer Wanderung begriffen. In der tropischen Zone bewegen sie sich nach Westen, biegen dann an der Polargrenze der Passate nach Norden beziehungsweise Süden um, wobei sie an Tiefe verlieren, aber an Ausdehnung gewinnen, und schlagen in den mittleren und höheren Breiten einen östlichen Weg ein. Das letztere gilt auch von jenen Depressionen, die in den außertropischen Gegenden entstehen. Die Zyklonen bewegen sich also, seltene Ausnahmen abgerechnet, im Sinn der allgemeinen Luftzirkulation; sie sind Wirbel, die von den großen Ost- und Westströmen, weiter getragen werden. Genauer kennen wir bisher allerdings nur ihre mittleren Zugstraßen zwischen dem Felsengebirge und dem Ural. In Nordamerika wandert die Mehrzahl unter ungefähr 45° B. durch die Seenregion, während andere aus dem SW auf den Atlantischen Ozean gelangen. Mehr als die Hälfte der nordamerikanischen Minima durchkreuzt ihn in 4—5 Tagen und erreicht

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Die Lufthülle

Europa. Die einen ziehen über Labrador oder längs der Küste nachl Grönland und von da nach Ost; die Bahnen d'er andern teilen sich in der Nähe von Neuschottland und führen dann entweder über Island oder quer über den Ozean oder nördlich von den Azoren nach Europa. Hier ist der Norden das Hauptdurchzugsgebiet der Minima. Eine Straße, beginnt bei Island, zieht dem norwegischen Gestade entlang über den Polarkreis hinaus und führt von da entweder nordwärts in das Eismeer, wo sie aber selten den 80. Parallelkreis überschreiten 6 , oder zum Weißen Meer, oder nach SO in das Innere von Bußland. Von den britischen Inseln und ihrer Umgebung wandern die Minima entweder über die Nordsee, Südschweden und die. mittlere und südliche Ostsee nach den baltischen Provinzen und nach Finnland, oder — jedoch nnr in selteneren Fällen und im Sommer fast nie — über Frankreich nach dem Mittelmeer. Hier vereinigt sich diese Zugstraße mit der vom westlichen Mittelmeer kommenden, um imweiteren Verlauf teils nach SO, teils in das Schwarze Meer, teils, nach NO in das innere Bußland 2m führen. Besonders ausgezeichnet sind die Kreuzungspunkte der Zugstraßen, wie die Lorenzomündung, die Gegenden in der Davisstraße, südwestlich von Island und bei den Lofoten, das südliche Schweden und der Atlantische Ozean zwischen 50 und 52° N und 34 und 38° W Gr. Hier pflegen die Minima länger zu verweilen und schlagen häufig auf kurze Zeit sogar eine rückläufige Bewegung ein; hier bilden sich auch die meisten so einflußreichen stationären Depressionen. Gebirge bildem für Zyklonen von geringer Höhe ein Hindernis, das sie nur selten zu übersteigen vermögen. Indes gelangen, wie es jetzt erwiesen zu sein scheint, pazifische Zyklonen in das östlich vom Felsengebirge gelegene Gebiet der Vereinigten Staaten, wenn sie auch erst auf dem westlichen Hochland ihre ausgebildtee Form erhalten. 7 Anderseits wird freilich behauptet, daß diese Verknüpfung pazifischer und ostamerikanischer Livftdruckverhältnisse nur scheinbar sei, indem in derselben Zeit, wenn eine pazifische Zyklone am Westabhange des Felsengebirges gleichsam zerschellt, eine neue sich am Ostabhang bildet. In den Vereinigten Staaten legen die Minima durchschnittlich 41,8 km in der Stunde zurück. Auf dem nordatlantischen Ozean sinkt ihre mittlere Geschwindigkeit auf 29 km und in Westeuropa sogar auf 26,9 km herab, steigert sich dann aber wieder in Bußland auf 33,9 km. Daraus ergibt sich ein bedeutungsvoller Unterschied zwischen dem nor auf einige Monate beschränkt. Genauer bekannt sind die H u r r i k a n e des nordatlantischen Tropenmeeres, die T e i f u n e der Chinasee und die Zyklonen des Indischen Ozeans. Von den erstgenannten kommen nach L O O M I ? 88 Prozent auf die Monate August bis Oktober, in denen sich der thermische Äquator am weitesten von dem mathematischen entfernt. Die niederste Breite ihres Vorkommens ist 10,s° N, das Umbiegen der Bahn erfolgt im Sommer im Mittel in 80,e°, im September in 29,7° B.; die durchschnittliche tägliche Geschwindigkeit beträgt 460 km. Auch die Teifune sind in der warmen Zeit am häufigsten (72 Prozent in den Monaten Juli bis Oktober). Von den Wirbelstürmen im Pazifischen und Indischen Ozean kommen 52 Prozent auf den Herbst (September bis November) und 48 Prozent auf den Frühling (April bis Juni): das sind die Zeiten des sogenannten Monsunwechseis, wovon wir im nächsten Kapitel hören werden. Ihre niederigste Breite ist 6,i die Umbiegung ihrer Bahn nach Norden vollzieht sich im Durchschnitt schon unter 19,8° B., die mittlere Geschwindigkeit in 24 Stunden beträgt 810 km. Im x Zahl der Stürme in Prozenten aller Beobachtungen auf dem nordatlantiachen Ozean: 0—5°N 6—10 10—16 16—20

0,06 0,1 0,8 1,1

20—25°N 26—30 30—36 36—40

1,9 3,2 7,7 13,1

40—iö°N 45—50 50—55 56—60

10,5 14,o 16,o 20,5

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Die Lufthülle

südindischen Ozean sind die Monate Janua,r bis April die Sturmzeit. Den tropischen Zyklonen verwandt sind die unter dem Namen T o r n a d o s bekannten verheerenden Luftwirbel der Vereinigten Staaten, die am häufigsten im Frühsommer auftreten. Wir haben oben gesagt, Zyklonen seien hauptsächlich eine Erscheinung der gemäßigten Breiten, und wir' hatten dabei unsere nördlichen besonders im Auge. Hier gelangt jeder Ort auf der Erdoberfläche bald in eine antizyklonische, bald in eine zyklonische Luftbewegung, bald auf die äquatoriale, bald auf die polare Seite der wandernden Zyklonen und erleidet dadurch beständige Witterungsveränderungen. Aber nicht immer lagern wohlausgebildete Zyklonen und Antizyklonen nebeneinander, manchmal trennt nur ein schmaler Rücken hohen Luftdruckes zwei Zyklonen oder eine schmale Furche tiefen Barometerstandes zwei Antizyklonen. In Australien ist das letztere geradezu Regel: von W nach 0 wandernd, folgt Antizyklone auf Antizyklone mit wenig ausgedehnten V - f ö r m i g e n Depressionen dazwischen.8 x Passate. Das nur der warmen Zone eigentümliche Passatsystem unterscheidet sich von bisher besprochenen Windsystemen zunächst durch die ostwestlich gerichtete b a n d a r t i g e Gestalt der äquatorialen Barometerdepression einerseits und der subtropischen, etwas polwärts von den beiden Wendekreisen gelagerten Hochdruckgebiete anderseits. Von diesen fließen die unteren Luftschichten als NO-Passat auf der nördlichen und als SO-Passat auf der südlichen Halbkugel zum Äquator. Ein zweites unterscheidendes Merkmal der Passate ist ihre B e s t ä n d i g k e i t , denn beständig ist auch die äquatoriale Depression, wenn sie sich auch mit dem Gang der Sonne verschiebt und dadurch ebenfalls Verrückungen der beiden subtropischen Hochdruckzonen bewirkt. In Fig. 36, wo die Kurven die mittleren Barometerstände der Breitenkreise (nach der Berechnung von Teisserenc de Bokt 9) in ihren positiven und negativen Abweichungen von dem als normal geltenden Luftdruck im Meeresniveau (760 mm) zur Darstellung bringen, sind diese jahreszeitlichen Verschiebungen durch die punktierten Linien angedeutet. Li der Nähe des mathematischen Äquators kann also ein Punkt zeitweise im Depressionsgürt.el mit seinen variablen Winden und Stillen (Kalmen giirtel) liegen uiid zeitweise unter der Herrschaft, bald des NO-, bald des x Eine solche barometrische R i n n e im kleinen M a ß s t a b hat M. C. E n g e i . l in der westlichen K ü s t e n z o n e Cronland.s e n t d e c k t (Meteorologische Zeitschrift ]!»;;. S. 274). I m Sommer wehen an der K ü s t e Sudwinde, weiter landeinwärts, am Hände des Inlandeises, fließt die Luft von diesem h e r a b und e r w ä r m t sich dabei durch-Niedersinken, so d a ß diese W i n d e verhältnismäßig w a r m u n d trocken sind.

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S«>-l'assaU's gelangen. Aber auch abgesehen davon bedarf die Vorstellung von der Gleichmäßigkeit und Kegelmäßigkeit der Passate einiger Einschränkung. Das Nebeneinander von Wasser und Land wirkt, störend. Von einem ununterbrochenen Passatband kann man daher auf der nördlichen Hemisphäre niemals und auf der südlichen nur im Winter sprechen. Auch auf den Meeren ist der SO-Passat, entsprechend der bedeutenderen barometrischen Höhe des südsubtropischen Maximums, besser entwickelt als der NO-Passat. Die äquatorialen De»CO" SO" K>° JO° SO" IO" O' IO" so" ao° K>° so" pressionen bilden hier keine gleichmäßig breiten Bänder, sondern verschmälern sich von 0 nach W beträchtlich, und ebensowenig ist der Luftdruck in den subtropischen Hochdruckzonen gleichmäßig verbreitet, sondern verdichtet sich in der Nähe der Westküsten der Kontinente zu scharf Fig. 3