Grundlagen, Probleme und Instrumente der Konflikthandhabung in der Unternehmung [1 ed.] 9783428427628, 9783428027620


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German Pages 201 Year 1972

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Grundlagen, Probleme und Instrumente der Konflikthandhabung in der Unternehmung [1 ed.]
 9783428427628, 9783428027620

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WILFRIED KRÜGER

Grundlagen, Probleme und Instrumente der Konflikthandhabung in der Unternehmung

Betriebs wirtschaftliche Forschungsergehnisse Herausgegeben von

Prof. Dr. Dr. h. c. Dr. h. c. Erich Kosiol Freie Universität Berlin

in Gemeinschaft mit

Prof. Dr. Erwin Grochla Universität zu Köln

Prof. Dr. Dieter Pohmer

Eberhard·Karls·Universität Tübingen

Prof. Dr. Eherhard Witte

Lud wig·Maximilians·Universität München

Prof. Dr. H einz Langen Freie Universität Berlin

Prof. Dr. Ralf-Bodo Schmidt

Albert·Ludwigs·Universität, Freiburg i. Br.

Prof. Dr. W erner Vollrodt

Bayerische J ulius·Maximilians·Universität, Würzburg

Prof. Dr. Knut Bleicher

Justue Liebig-Universität, Gielien

Prof. Dr. Mareeil Schweitzer Eberhard·Karls·Universität Tübingen

Prof. Dr. Günter Dlugos Freie Universität Berlin

Prof. Dr. Jürgen Wild

Albert·Ludwigs·Universität, Freiburg i. Br.

Prof. Dr. Norhert Szyperski Universität zu Köln

Prof. Dr. Klaus Chmielewicz Ruhr-Universität Bochum

Prof. Dr. Siegfried Menrad

Eberhard·Karls·Universität Tübingen

Prof. Dr. Ulrich Pleiß

Erziehungswissenschaftliche Hochschule Rheinland Pfalz, Abt. Worms

Band 59

Grundlagen') Probleme und Instrumente der Konflikthandhabung in der Unternehmung

Von

Dipl.-Kfm. Dr. Wilfried Krüger Wissenschaftlicher Assistent am Betriebswirtschaftlichen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN

Alle Rechte vorbehalten Duncker & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1972 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlln 65 Printed in Germany

«:> 1972

ISBN 3 428 02762 0

Geleitwort des Herausgebers Die Betriebswirtschaftslehre faßt bislang Unternehmungen weitgehend als monolithische Aktionseinheiten auf. Überlegungen der Theorie und Bemühungen der Praxis zielen daher in erster Linie auf Harmonie erzeugende Gestaltung ab. Der Verfasser geht demgegenüber davon aus, daß die Unternehmung von Spannungen durchzogen wird. Dem Harmoniedenken stellt er eine konfliktorientierte Sicht gegenüber. Da Konflikte unternehmungsimmanent sind, ergibt sich die Zweckmäßigkeit produktiver Konflikthandhabung und die Herbeiführung "optimaler" Konflikte. Simons zur Konfliktfreiheit führende Identifikationsthese leistet der Wirklichkeit nicht hinreichend Genüge, ihre Verwirklichung durch entsprechende organisatorische Regelungen ist aus der Sicht der Produktivkraft des optimalen Konflikts aber auch nicht erwünscht. Die Möglichkeit begrenzter Harmonie wird vom Verfasser keineswegs geleugnet, jedoch die Unternehmung als konfliktfreies System. Ausgehend von einer weiten Definition des Konfliktbegriffes wird zunächst ein Konfliktmodell der Unternehmung entwickelt, wobei Konflikttatbestände, -felder, -bereiche und Handhabungsformen des Konflikts untersucht werden. Die dabei durchgeführten Kausalanalysen liefern wichtige Ansätze für die Formulierung einer allgemeinen Konflikttheorie. Sodann geht es um eine der Konflikthandhabung entsprechende Konfliktoptimierung, wobei deren Gestaltungsprobleme und Gestaltungsinstrumente - z. B. Delegation, Beschwerdesysteme, Sensitivity-Training- erörtert werden. Die Einordnung der Konflikthandhabung in das Management tritt deutlich zu Tage, indem gezeigt wird, wie sich die einzelnen Techniken zur Konfliktoptimierung ausgestalten lassen. Im Verlaufe dieser Überlegungen zeigen sich die Unterschiede zwischen "Harmonie-Management" und "Konflikt-Management". Aus der Sicht realtheoretischer Forschung stellt die Arbeit eine berechtigte und notwendige Herausforderung an die herrschende Organisations- und Führungslehre dar. Sie bereichert diese wichtigen und hochaktuellen Teilgebiete der Wirtschaftswissenschaften. Eine lebhafte Diskussion der vertretenen Thesen wäre der Schrift, die von der Gesellschaft zur Förderung des Unternehmernachwuchses (Baden-Badener

6

Geleitwort des Herausgebers

Unternehmergespräche) mit dem Karl-Guth-Preis des Jahres 1972 gestiftet für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Lehre von der Unternehmensführung- ausgezeichnet wurde, zu wünschen. Freiburg im Breisgau, Juli 1972 Prof. Dr. Ralf-Bodo Schmidt

Vorwort Unternehmungen stehen heute in zunehmendem Maße einer sich rasch wandelnden ökonomischen, technologischen und gesellschaftlichen Umwelt gegenüber. Sie müssen im Spannungsbereich sich teilweise widersprechender Interessen und Impulse operieren. Die daraus resultierenden extern induzierten Konflikte treten zu den intern immer vorhandenen Spannungsfeldern hinzu. Im Verlaufe dieser Entwicklung wird ein allein an Harmonievorstellungen orientiertes Denken und Handeln zunehmend fragwürdig und inadäquat. Konflikte sind aus der Unternehmungsrealität nicht wegzudenken. Sie sind durch strukturelle und individuelle Faktoren bedingt, die teilweise unaufhebbar sind. Dem hat die theoretische Analyse von Unternehmungen ebenso Rechnung zu tragen wie deren praktische Steuerung und Gestaltung. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es demgemäß, einen Beitrag zur theoretischen Beschreibung und Erklärung sowie zur praktischen Handhabung von Konflikten zu liefern. Meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Ralf-Bodo Schmidt, danke ich für die vielseitige und nachhaltige Unterstützung. Ohne seine auf Konzeptionen gerichtete Denkweise, die zugleich intellektuelle Herausforderung und Ermutigung bedeutete, wäre die Schrift nicht in dieser Form entstanden. Ebenso danke ich Herrn Professor Dr. Jürgen Wild für seine wertvollen kritischen Anmerkungen und Anregungen. Das Manuskript wurde im Oktober 1971 abgeschlossen. Freiburg im Breisgau, Juli 1972

Wilfried Krüger

Inhaltsverzeichnis A. Grundlegung

15

B. Ein Konfliktmodell der Unternehmung als Basis der Konflikthandhabung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

I. Konflikte als unternehmungsimmanente Tatbestände . . . . . . . . . . . .

24

1. Ursachen von Konflikten in der Unternehmung . . . . . . . . . . . . . .

24 a) Spannungsverhältnis von Zielen und Mitteln . . . . . . . . . . . . . . 25 b) Multipersonalität und Komplexität des Systems Unternehmung ................................................ 26 c) Umweltverbundenheit der Unternehmung . . . . . . . . . . . . . . . . 26 d) Unvollkommenheit der Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

2. Unaufhebbarkeit der Konfliktursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

li. Konfliktfelder der Unternehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

1. Die Unternehmung als Rollensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

a) Der Rollenansatz als theoretischer Bezugsrahmen . . . . . . . . aa) Das soziologische Rollenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umfangmäßige Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Inhaltliche Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Globales Rollenmodell der Unternehmung . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 31 32 33

2. Dimensionen des Konfliktfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

a) Sachlich-intellektuelle Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sozio-emotionelle Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wertmäßig-kulturelle Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36 38 39

3. Erscheinungsformen des Konflikts im Rollensystem Unternehmung .................................................. 41 a) b) c) d) e)

Intrasenderkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intersenderkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interrollenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Träger-Rollenkonflikte Rollenüberlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Rollenmehrdeutigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42 43 43 44 45 46

Inhaltsverzeichnis

10 4. Konfliktbereiche

49

a) Konflikte im Individualbereich ........................... . 50 aa) Typen intraindividueller Konflikte ................... . 50 bb) Rolleninterpretation ................................. . 52 cc) Determinanten 55 b) Konflikte in Gruppen ................................... .

63

aa) Untersuchungsprobleme ............................. . bb) Erscheinungsformen und Dimensionen ............... . cc) Determinanten

65 68

c) Konflikte zwischen Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

aa) Konzeptionelle Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beispiele für Intergruppenkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Determinanten

72 72

d) Konflikte zwischen Unternehmung und Umwelt . . . . . . . . . . aa) Offenheit des Systems Unternehmung bb) Umwelt-Unternehmung-Beziehungen cc) Determinanten

63

74 76 76 77 81

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen . . . . . . . .

82

1. Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Konflikte als Verhaltensgeneratoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82 82 84

2. Handhabungsformen des Konflikts im Individualbereich . . . . . .

86

a) Suchverhalten und Anspruchsanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abwehrmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86 90

3. Konflikthandhabung in und zwischen Gruppen . . . . . . . . . . . . . .

92

a) Konfliktaustragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 aa) Gewinn-Verlust-Machtkämpfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 bb) Drittparteien-Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 cc) Zufallsurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 dd) Problemlösen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 ee) Teilen des Streitwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 ff) Friedliche Koexistenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Konfliktumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) Rückzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Isolation 105 cc) Indifferenz bzw. Ignoranz ............................ 105 c) Konfliktbewußtmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

Inhaltsverzeichnis

11

4. Reaktionen der Unternehmung auf umweltinduzierte Spannungen ...................................................... 106 a) Handhabungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) bb) cc) dd)

Umgehung Anpassung Beeinflussung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107 109 109 110

b) Wirkungen im Unternehmungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Zusammenfassung .............................................. 112

C. Gestaltungsprobleme und Gestaltungsinstrumente der Konflikthandhabung ............................................................ 114 I. Konfliktoptimierung als Gestaltungsauftrag des Konflikt-Mana-

gement ........................................................ 114 1. Ziele der Konflikthandhabung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

2. Der optimale Konflikt als Bezugspunkt der Konflikthandhabung ...................................................... 116 a) Konzeption des optimalen Konflikts ...................... 116 b) Analyse des Konfliktoptimums ............................ 120 aa) Handhabungsorientierte Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Dimensionsorientierte Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 cc) Bereichsorientierte Analyse 124 3. Realisation des optimalen Konflikts

125

a) Konflikt-Management als situatives Management . . . . . . . . . . 125 b) Der Manager in der Rolle des Konfliktagenten . . . . . . . . . . . . 126 c) Konflikt-Management und Management-Konzeptionen 127 II. Gestaltung der sachlich-intelluktuellen Dimension . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Gestaltungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

2. Gestaltung des laufenden Unternehmungsprozesses . . . . . . . . . . 132 a) Dezentralisation und Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 aa) Dezentralisation und Konfliktsensibilisierung . . . . . . . . . . 132 bb) Dezentralisation und Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 cc) Akzeptanz von Aufgaben und Zielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) c) d) e)

Beschwerdesysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatz von Integratoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Divisionalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matrix-Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

137 140 143 144

Inhaltsverzeichnis

12

3. Gestaltung tiefergehender Änderungsprozesse

146

a) Team-orientierte Organisationsstrukturen 147 b) Anpassungssysteme ...................................... 149 c) Sequentielle Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 111. Gestaltung der sozio-emotionellen Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Gestaltungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

2. Verbesserung der Konflikthandhabung durch Sensitivity Trai-

ning ........................................................ 154 a) Charakterisierung von T-Groups .......................... b) Konflikttechnologische Verwendbarkeit des Sensitivity Training ...................................................... aa) Anwendungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154 156 156 158

3. Verbesserung der Konflikthandhabung durch Konfrontationstechniken .................................................... 160 a) Charakterisierung der Konfrontationstechniken . . . . . . . . . . . . 160 b) Darstellung wichtiger Konfrontationstechniken ............ 161 IV. Gestaltung der wertmäßig-kulturellen Ebene .................... 167 1. Bedeutung einer Unternehmungsphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

2. 3. 4. 5.

Aufbau und Inhalt betrieblicher Wertsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben des Wertsystems .................................. Akzeptanz der Unternehmungsphilosophie .................... Veränderung der Unternehmungsphilosophie ..................

168 171 174 178

D. Ergebnis der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Literaturverzeichnis

184

Abkürzungen ASQ

Administrative Science Quarterly

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis

HBR

Harvard Business Review

HWO

Handwörterbuch der Organisation, hrsg. von Erwin Grochla, Stuttgart 1969

JoB

Journal of Business

QJE

Quarterly Journal of Economics

ZfbF

Schmalenbachs Zeitschrüt für betriebswirtschaftliche Forschung

ZfO

Zeitschrift für Organisation

zm

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

A. Grundlegung 1. Konflikte sind normal, ubiquitär, permanent und produktiv nutzbar.

Normal sind sie insofern, als sie keine pathologischen Erscheinungen darstellen, sondern durch individuelle und strukturelle Faktoren bedingt sind, die generell unaufhebbar sind. Konflikte sind dem menschlichen Leben immanent. Konflikt und Konsens, Harmonie und Disharmonie bedingen und ergänzen einander. Ubiquitär und permanent sind sie insofern, als es in allen Betrieben und zu allen Zeiten Konflikte gegeben hat und geben wird. Sie existieren unabhängig von der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und unabhängig vom Bewußtsein der Betroffenen. Äußere Harmonie erweist sich in der theoretischen Analyse häufig als bloße Konfliktunterdrückung, -leugnung oder -Überspielung. Produktiv nutzbar schließlich sind sie dadurch, daß es Konfliktwirkungen gibt, die im Hinblick auf ökonomische Zielkategorien positiv zu beurteilen sind. Verkennung der Normalität, Ubiquität und Permanenz des Konflikts bedeutet zugleich auch Verkennung seiner potentiellen Produktivität. Diese programmatischen Aussagen umreißen die große praktische Bedeutung von Konflikten und markieren zugleich die Stoßrichtung der vorliegenden Untersuchung. Die Tatsache zu vernachlässigen, daß es in Betrieben und zwischen Betrieben und ihrer Umwelt Konflikte gibt, würde für die betriebswirtschaftliche Theorie bedeuten, daß ein wesentlicher Bereich des ökonomischen Handeins außer acht gelassen wird und für die betriebliche Praxis dazu führen, daß man sich der Möglichkeiten und Chancen einer effizienten Konflikthandhabung begibt. Gerade in Zeiten gesamtgesellschaftlicher Strukturwandlungen, zu deren Erkennung und Bewältigung die Praxis, zu deren Erklärung und Prognose die Theorie aufgerufen ist, kann die mangelnde Aufmerksamkeit Konfliktproblemen gegenüber selber zu einem Problem für die angesprochenen Bereiche werden. Im Verlauf rascher und komplexer Umweltveränderungen zeigt es sich, ob die Unternehmungen in der Lage sind, mit Konflikten fertig zu werden und ob sie anpassungsfähig

16

A.

Grundlegung

und flexibel genug sind, um ihre Überlebensfähigkeit zu sichern. Für den Bereich der betriebswirtschaftliehen Theorie schließlich erweist es sich gerade in solchen Zeiten, ob die Wissenschaft in der Lage ist, durch ihre Analysen beratend und unterstützend einzugreifen, um so ihren praktischen Gestaltungsauftrag zu erfüllen. Wie ein Blick in die Literatur zeigt, ist die Konfliktproblematik i. S. der eingangs skizzierten Sichtweise bisher vorwiegend für den gesamtgesellschaftlichen Bereich analysiert worden (vgl. Dahrendorf [Konflikt 216 ff.]). In betriebswirtschaftliehen Untersuchungen hat sie dagegen kaum ihren Niederschlag gefunden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß im Zuge der entscheidungstheoretischen Orientierung der Betriebswirtschaftslehre "Zielkonflikte" analysiert werden (vgl. Reinen [Zielsystem 94 ff., 140 ff.]). Derartige Antinomien werden relativ unproblematisch z. B. durch "Zielkompromisse" überbrückt und die Konfliktfreiheit vor allem im Individualbereich ist wiederhergestellt (vgl. im einzelnen Kirsch [Entscheidungsprozesse I, 96 ff.]). Die weitgehende Konfliktfreiheit betriebswirtschaftlicher Ansätze ist um so erstaunlicher, als die für die Unternehmungen höchst bedeutsamen Prozesse der Wandlung, der Innovation und der Anpassung, die in jüngster Zeit verstärkt diskutiert werden, ohne Berücksichtigung des Konfliktphänomens nicht vollständig beschrieben und erklärt werden können. In einer gleichermaßen auf theoretische Analyse wie praktische Anwendung gerichteten Disziplin wie der Betriebswirtschaftslehre bedeutet diese mangelnde Aufmerksamkeit dem Konfliktproblem gegenüber eine Schwäche sowohl im Hinblick auf den theoretischen, als auch den pragmatischen Auftrag. Das Fehlen einer betriebswirtschaftlich orientierten Konflikttheorie muß daher als Mangel empfunden werden. 2. In dieser Arbeit soll der Versuch unternommen werden, einen Beitrag zur Überwindung dieses Mangels zu leisten. Die Analyse des Konfliktphänomens wird dabei auf den Bereich der Unternehmungen als selbständigen, risikobehafteten Fremdbedarfsdeckungseinheiten (vgl. Kosiot [Betriebswirtschaftslehre 28 f.]) beschränkt, die hier in erster Linie als zielgerichtete soziotechnische resp. sozio-ökonomische Systeme angesehen werden (vgl. zu dieser Sichtweise z. B. ULrich [Unternehmung], VogLer [Steuerungssystem], BLeicher [Organisation]). Die Untersuchung verfolgt insbesondere zwei Hauptziele: (1) Zum einen soll versucht werden, einen möglichst umfassenden Ansatz zur Beschreibung und Erklärung des Konfliktgeschehens in der Unternehmung zu entwickeln.

A. Grundlegung

17

(2) Zum anderen sollen darauf aufbauend wichtige, in der Unternehmung zur Steuerung von Konflikten einsetzbare Instrumente skizziert werden. In Verfolgung dieser Ziele wird angestrebt, die Grundlagen, Probleme und Instrumente der Konflikthandhabung i. S. eines KonfliktManagement in den Grundzügen darzulegen. Mit dem Begriff des Management wird hier der umfassende Komplex von Systemgestaltungs- und Steuerungsaufgaben gemeint, dessen Kernfunktionen vor allem Planen, Organisieren, Führen und Überwachen sind (vgl. im einzelnen z. B. Dale [Management], Koontz I O'Donnel [Principles]). Zu fragen ist nun, welche Probleme unter den Gestaltungsauftrag des Konflikt-Management (der Konflikthandhabung) fallen, eine Frage, die sich mit der Klärung des Konfliktbegriffs verbindet. In der Umgangssprache werden mit dem Begriff Konflikt für gewöhnlich besonders heftige - insbesondere auch gewaltsame - offene Auseinandersetzungen bezeichnet. Für eine möglichst umfassende Problembehandlung erscheint dieser Wortgebrauch hier als zu eng. Vielmehr soll in Anlehnung an die Definition von Dahrendorf eine weitergehende Begriffsfassung gewählt werden. Mit dem Begriff Konflikt soll jede Beziehung von Elementen bezeichnet werden, die sich durch latente oder manifeste Gegensätzlichkeit kennzeichnen läßt (vgl. Dahrendorf [Konflikt 201]). "Der Gegensatz zwischen den jeweiligen Elementen kann bewußt oder bloß erschließbar, gewollt oder nur situationsbedingt sein; auch der Grad des Bewußtseins ist für die Bestimmung von Beziehungen als Konflikten nicht relevant" (Dahrendorf [Konflikt 202]). Mit Konflikten sind hier also nicht nur besonders schwerwiegende Auseinandersetzungen gemeint, sondern alle Spannungen zwischen Elementen. Elemente des Konflikts können in der Unternehmung beispielsweise die gegensätzlichen Motive eines einzelnen oder die widerstrebenden Gefühle zweier Personen, es können die konkurrierenden Ziele verschiedener Gruppen oder die Konkurrenz der Unternehmung zu anderen Unternehmungen sein. Das Bewußtsein ist dabei nicht Gegenstand der Definition (anders z. B. Boulding [Conflict 4]), desgleichen nicht die Manifestation der Spannung. Auch latente Gegensätzlichkeiten sollen also mit dem Konfliktbegriff erfaßt werden. Wie zu zeigen sein wird, spielen gerade sie eine bedeutende Rolle in der Unternehmung. Viele Konflikte in der Unternehmung weisen eine sachliche und eine personelle Komponente auf. Die sachliche Komponente besteht in sachlichen Unverträglichkeiten, die unabhängig von den jeweiligen Perso-

18

A. Grundlegung

nen existieren, wie z. B. Zielkonflikte zwischen Rentabilität und Liquidität. In der Unternehmung sind derartige Konflikte ständig latent vorhanden. Aktualisiert werden sie jedoch über Personen, Gruppen oder Institutionen als Trägern des Konflikts. Im Verlauf der Untersuchung wird die Konfliktproblematik im wesentlichen über die Träger des Konflikts angegangen, das heißt aber nicht, daß sie nur trägerbezogen zu sehen sind. Von ökonomischem Interesse und damit zum Gestaltungsauftrag des Konflikt-Management gehörig ist nun nicht der Konflikt schlechthin, sondern die den jeweiligen Zielen der Konflikthandhabung entsprechende "richtige" Spannung. Betrachtet man den Konflikt als ein Spannungskontinuum, so zielt das Konflikt-Management also nicht auf die gesamte Spannungsskala und deren Gestaltung ab, sondern auf den im Hinblick auf die gesteckten Ziele bestmöglichen, d. h. optimalen Konflikt. Der optimale Konflikt stellt den Bezugspunkt der Konflikthandhabung dar (vgl. CI). Die Ausrichtung des Konflikt-Management erfolgt also im Sinne einer Konfliktoptimierung. Diese Konfliktoptimierung erstreckt sich auf alle Spannungsbereiche in der Unternehmung, angefangen vom Individuum über die Gruppe bis hin zum Gesamtsystem Unternehmung. Insbesondere durch diese umfassende Sichtweise wird es möglich, die eminent wichtigen Aktivitäts- und Meldefunktionen des Konflikts zu behandeln und aufzuzeigen, wie durch das Konflikt-Management ihre produktive Nutzung zu Innovations-, Wandlungs- und Anpassungsprozessen vorgenommen werden kann. Hierin zeigt sich nun der wesentliche Unterschied zum größten Teil herkömmlichen Managementdenkens. In den bisherigen Managementüberlegungen werden Konfliktprobleme weitgehend entweder völlig vernachlässigt ("Scientific Management") bzw. als pathologische Erscheinungen behandelt ("Human Relations"), oder aber die Aussagensysteme werden bewußt oder unbewußt so formuliert, daß sie eine Konfliktminimierung anstreben ("Moderne Managementkonzeptionen"). Als Ziele des Management dominieren Schnelligkeit, Sicherheit und Reibungslosigkeit der Aufgabenerfüllung. Innovatorische, wandelnde und anpassende Aktivitäten stellen i. d. R. allenfalls notwendige Übel und organisatorische Anhängsel dar. Diese globale Übersicht soll für die modernen Managementkonzeptionen noch differenziert werden. Im Rahmen dieser Konzeptionen ergibt sich eine Tendenz zur Konfliktminimierung insbesondere durch die für dieses Managementdenken typische Identifikationsthese Simons. Diese These besagt, daß sich ein Individuum bei Entscheidungen mit seiner Unternehmungsumwelt identifiziert bzw. identifizieren soll (Simon [Verwaltungshandeln 135 ff.]). Ergebnis derartiger Identifikationen wäre eine konfliktfreie

A. Grundlegung

19

Einordnung des einzelnen in das System Unternehmung. Am Beispiel der weit verbreiteten Identifikationsthese zeigt sich deutlich die Vorstellung, daß es möglich und wünschenswert sei, Unternehmungen als konfliktfreie Systeme zu gestalten. Aus der hier vertretenen Sicht der Konfliktproblematik müssen derartige Aussagen als Spuren des homo oeconomicus-Denkens angesehen werden, dem gerade Sirnon ansonsten entgegentritt. In der Vorstellungsweit dieses Denkens - soweit es sich in der Identifikationsthese erhalten hat - erscheinen Unternehmungen als monolithische Aktions- und Entscheidungseinheiten, die teilweise von vornherein, teilweise durch entsprechende Gestaltung spannungsfrei sind. Das Management der Unternehmung ist weitgehend "Harmonie-Management". Konflikte treten nicht auf oder werden als zu eliminierende Störgrößen angesehen. Demgegenüber wird hier die Ansicht vertreten und zu begründen versucht, daß es weder möglich noch ökonomisch immer nützlich ist, Unternehmungen als konfliktfreie Systeme zu gestalten. Zum einen müssen aus dieser Sicht Konflikte als eine Art "sozialer Konstante" angesehen werden, die man bei der Planung, Organisation und Führung von sozialen Systemen in Rechnung zu stellen hat. Soziale Systeme sind Spannungssysteme per se. Vom Gegenteil auszugehen bedeutet, eine Illusion zur Basis des Handelns zu erheben. Zum anderen läßt sich der Nachweis führen, daß ökonomisch höchst bedeutsame und erwünschte Effekte, die mit Begriffen wie Wandlung, Innovation und Anpassung belegt werden, mit Konfliktprozessen geradezu identisch sind, Prozesse, die dem erwähnten Managementdenken weitgehend fremd sind und deren Erklärung und somit Nutzung den konzeptionellen Rahmen dieses Denkens sprengt. Daraus ergibt sich zwingend, daß eine Konfliktoptimierung i. S. der hier vertretenen Auffassung des Konflikt-Management nur selten eine Konfliktminimierung i. S. des Identifikationsdenkens sein kann. Gegenstand der Konflikthandhabung ist nicht der - über eine Identifikation anzustrebende minimale Konflikt, sondern der - über verschiedene Gestaltungsinstrumente anzustrebende - optimale Konflikt, z. B. zwischen Individuum und Organisation, aber auch zwischen einzelnen Gruppen in der Unternehmung. Mit diesen hier pointiert vorgetragenen und im einzelnen noch zu nuancierenden Überlegungen wird nun die Möglichkeit und Notwendigkeit der Harmonie und des Konsens keineswegs geleugnet. Sie werden aber in ihrer Bedeutung relativiert und es wird Gewicht darauf gelegt, daß sie nur einen Aspekt organisierten menschlichen Zusammenlebens und Zusammenarbeitens darstellen und daß zum -

20

A. Grundlegung

auch und gerade ökonomischen- Funktionieren von Unternehmungen Konflikte ebenso ein konstitutives und als selbstverständlich anzusehendes Element bilden. Konfliktsteuerung und -gestaltung muß demzufolge Bestandteil des Managementdenkens und der Managementkonzeptionen werden. Geht man von dem hierfür synonym verwendeten Terminus Konflikt-Management aus, so wird mit diesem Begriff nicht etwa angestrebt, der Vielzahl existierender Managementkonzeptionen eine weitere an die Seite zu stellen, sondern es soll damit das Bemühen gekennzeichnet werden, die Konfliktproblematik in das allgemeine, bisher weitgehend an Harmonievorstellungen orientierte, Managementdenken hineinzutragen. Unter dem Terminus Konflikt-Management wären also diejenigen Bereiche der Managementfunktionen zu subsumieren, die sich auf die optimale Gestaltung betrieblicher Konfliktfelder richten. Optimale Konfliktgestaltung stellt sich somit im Verhältnis zu den herkömmlichen Managementfunktionen als eine Querschnittsaufgabe dar, die Teile aller Funktionen beinhaltet. Wie die Analysen im einzelnen zeigen werden, liegt das Schwergewicht auf den Aktivitätsbereichen Führung und Organisation. 3. Die Verfolgung der somit konzeptionell und begrifflich präzisierten Untersuchungsziele wirft nun vorab die wissenschaftstheoretische und forschungsstrategische Frage nach der zu wählenden Vorgehensweise auf. Für das vorliegende Untersuchungsobjekt stellt sich diese Frage vor allem als ein Problem der disziplinären Abgrenzung und Einordnung. Konfliktforschung wurde bisher vorwiegend von den Nachbardisziplinen der Betriebswirtschaftslehre betrieben. Schwerpunkte bilden dabei politologische und volkswirtschaftliche sowie spieltheoretische und sozialpsychologische Untersuchungen (vgl. zu einer Übersicht Thiele [Konflikte 13 ff.]). Viele der im Rahmen dieser Bereiche vorgenommenen und betriebswirtschaftlich relevanten Einzeluntersuchungen lassen sich nur schwer einer einzelnen Disziplin zuordnen. Für die Konfliktforschung zeigt sich vielmehr eine stark interdisziplinäre und problemorientierte Ausrichtung. Will man auf diesem Gebiet arbeiten, so stellt sich mithin auch für den einzelnen die Frage, ob ein mehr interdisziplinär und problemorientiertes oder ein mehr disziplinär und aspektorientiertes Vorgehen gewählt werden soll. Die Beantwortung dieser Frage ist zunächst unter Hinzuziehung wissenschaftstheoretischer Überlegungen möglich. Hier wäre eine Klärung dann erleichtert, wenn im Bereich der Betriebswirtschaftslehre bereits ein Konsensus über das disziplinäre Selbstverständnis erreicht wäre. Wie gerade jüngste Überlegungen zu diesem Problem zeigen, kann davon allerdings wohl kaum ausgegangen werden.

A. Grundlegung

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Traditionell ist in der Betriebswirtschaftslehre mehr ein aspektorientiertes Vorgehen gewählt worden. Erkenntnisobjekt wäre dann der Tatbestand der Güterknappheit, sowie das Verfügen (Entscheiden) über Wirtschaftsgüter als Mittel zur Erreichung von Zielen (vgl. Kosiol [Erkenntnisgegenstand 131], Schmidt [Grundlagen 10], Chmielewicz [Forschungskonzeptionen 20 ff.]}. Die scharfe analytische Trennung von Einzeldisziplinen ist nun allerdings problematisch. Sie bietet zwar den Vorteil, Dilettantismus auf fachfremden Gebieten zu vermeiden, beinhaltet aber zugleich die Gefahr, daß Grenzgebiete veröden (vgl. Chmielewicz [Forschungskonzeptionen 20 ff.]}. Verfolgt man die jüngste Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre, so deutet einiges darauf hin, daß wissenschaftlich interessierende und praktisch bedeutsame Fragestellungen in großem Maße gerade in den Grenzgebieten der aspektorientierten Disziplin auftreten. Als Resultat dieser Entwicklung kann es angesehen werden, wenn in der Literatur die Vergeblichkeit derartiger Abgrenzungen betont, die Forderung nach stärkerer Berücksichtigung der Erkenntnisse anderer Disziplinen erhoben (vgl. Reinen [Zielsystem 252 ff.], [Einführung 263 ff.]) und in ähnlichem Zusammenhang festgestellt wird, daß das Fragwürdigste an den heutigen Sozialwissenschaften ihre Grenzen sind (Albert [Sozialforschung 60]). Es überrascht aus dieser Sicht nicht, wenn die Prognose formuliert wird, daß in Zukunft ein Prozeß zu erwarten ist, der "viele in den letzten Jahren so kunstvoll errichteten Dämme brechen ... wird" (Kirsch I Meffert [Organisationstheorien 9]). Jüngstes Ergebnis dieser wissenschaftlichen Genesis des Fachs und der sich daran anschließenden methodischen Überlegungen ist der Vorschlag, in der Betriebswirtschaftslehre disziplinäre Aspektorientierung und interdisziplinäre System- und Aktivitätsorientierung zu verbinden (vgl. Szype1·ski [Orientierung 270 ff.]}. Kaufmännische Aktivitäten und Managementprobleme wären die Aktionsbereiche einer so verstandenen Disziplin, die sich dann diesen Objekten sowohl unter ökonomischen, als auch unter nicht-ökonomischen Aspekten nähern müßte. Aus wissenschaftstheoretischer Sicht sind in einer betriebswirtschaftliehen Untersuchung also sowohl vorwiegende Aspektorientierung, als auch vorwiegende Problemorientierung möglich. Die Entscheidung darüber, welche der beiden Alternativen Priorität genießen soll, ist wissenschaftstheoretisch nicht eindeutig vorgegeben und bleibt dem einzelnen Forscher überlassen. Es stellt sich mithin die Frage, nach welchen Kriterien entschieden werden soll, wenn die methodischen Überlegungen keine eindeutige Antwort ermöglichen. Nach Ansicht des Verfas-

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A. Grundlegung

sers sind hierfür in erster Linie forschungsstrategische und wissenschaftspolitische Aspekte ausschlaggebend. Versteht man die Betriebswirtschaftslehre als eine angewandte Disziplin und registriert, daß sich die Probleme der Anwender im Falle der Aspektorientierung zu großen Teilen auf Grenzgebieten befinden, so erscheint die Antwort eindeutig. Forschungsstrategisch ist es in diesen Fällen sinnvoller, die Problemorientierung als dominierende Vorgehensweise zu wählen. In diesem Sinne soll hier vorgegangen werden. Die Strenge aspektorientierter Abgrenzung soll zurücktreten zugunsten der problemorientierten Behandlung des Konfliktphänomens. Die ökonomischen Aspekte des Konflikts - vor allem in Form entscheidungstheoretischer Überlegungen - werden dabei zwar keineswegs vernachlässigt und bleiben im Vordergrund der Betrachtung, sie sollen aber, soweit dies möglich und notwendig ist, insbesondere durch soziologische und sozialpsychologische, teilweise auch individualpsychologische Aspekte ergänzt werden. 4. Die Arbeit ist in zwei Hauptteile gegliedert. Um für die Konflikthandhabung in Unternehmungen pragmatische Handlungsregeln liefern zu können, ist zunächst innerhalb des abgesteckten methodischen und konzeptionellen Rahmens eine theoretische Analyse des Konfliktgeschehens notwendig. Im ersten Hauptteil der Untersuchung wird daher ein Konfliktmodell der Unternehmung entwickelt, mit dessen Hilfe die Konfliktprobleme in der Unternehmung beschrieben und Ansätze zu ihrer Erklärung versucht werden. Theoretische Analyse ist Kausalanalyse (vgl. zu dem hier verwendeten Theoriebegriff des logischen Empirismus im einzelnen Chmielewicz [Forschungskonzeptionen 10 ff.]). Konflikte müssen demzufolge als Bezugspunkte im Netz von Ursachen-Wirkungs-Beziehungen angesehen werden. Das Konfliktmodell beinhaltet entsprechend die Frage nach den Ursachen von Konflikten, den einzelnen Ausprägungsformen von Spannungsbeziehungen sowie deren Wirkungen. Dieser kausalanalytische Teil der Untersuchung richtet sich mithin letztlich auf eine Konflikttheorie. Nun ist beim derzeitigen Stand sozialwissenschaftlicher Forschung klar, daß die Bildung realwissenschaftlicher Theorien i. S. des logischen Empirismus mehr ein methodisches "Soll" als ein praktizierbares "Ist" darstellt. Es wäre daher vermessen, bereits von der Existenz einer Konflikttheorie im strengen Sinne zu sprechen, oder gar den Anspruch ihrer Aufstellung erheben zu wollen. Dies gilt für das Konfliktphänomen deswegen in besonderem Maße, weil hier noch nicht einmal hinlängliche Beschreibungsmodelle zur Fixierung und Charakterisierung

A. Grundlegung

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der zu erklärenden Probleme existieren. Die Überlegungen des ersten Hauptteils der Untersuchung tragen daher zwangsläufig zum großen Teil beschreibenden Charakter und richten sich somit auf die Erarbeitung eines geeigneten Beschreibungsmodells der Unternehmungskon~ flikte. Als Basis dieser Überlegungen wird das soziologische Rollenkonzept benutzt. Es wird am ehesten der einerseits konfliktproblem-, andererseits konfliktträgerorientierten Sichtweise gerecht, die hier zur Anwendung gelangt. Um eine umfassende Beschreibung des Spannungssystems Unternehmung vornehmen zu können, wird das Rollendenken jedoch auch auf Gruppen und Institutionen übertragen. Die Unternehmung stellt sich dann als ein System von Rollen dar. Konflikte werden entsprechend als Spannungen innerhalb und zwischen Rollen sowie zwischen Rollen und ihren Trägern interpretiert. Mit Hilfe des Rollenansatzes wird es dann möglich, verschiedene Konfliktfelder der Unternehmung zu untersuchen. Die Kausalanalyse wird nun jedoch keineswegs vernachlässigt. Sie erfolgt eingangs mit dem Versuch, den generellen Ursachen von Konflikten in der Unternehmung nachzuspüren und setzt sich später fort, indem für die einzelnen betrieblichen Konfliktbereiche in Form einer bereichsbezogenen Determinantenbetrachtung nach speziellen Ursachen gesucht wird. Schließlich wird über eine Betrachtung der Reaktionen auf Konflikte eine Wirkungsanalyse des Konflikts unternommen. Im zweiten Hauptteil wird die Betrachtungsrichtung umgekehrt. Die theoretisch festgestellten Wirkungen werden in erwünschte und unerwünschte Wirkungen getrennt. Im Rahmen des Konflikt-Management sollen dann die erwünschten Wirkungen hervorgerufen, die unerwünschten vermieden werden. Die Wirkungsbetrachtung wird damit in eine Zielbetrachtung überführt, erwünschte Wirkungen werden als Ziele der Konflikthandhabung angesehen und es werden die Gestaltungsmöglichkeiten und -probleme erörtert, denen sich das KonfliktManagement bei Erreichung dieser Ziele gegenübersieht. Chmielewicz bezeichnet diesen Tatbestand aus allgemein methodischer Sicht als Wechsel von Theorie zu Technologie ([Forschungskonzeptionen 23 ff.]). Hier kann in analoger Übertragung auf das zugrunde liegende Untersuchungsobjekt von einem Übergang von der Konflikttheorie zur Konflikttechnologie gesprochen werden.

B. Ein Konfliktmodell der Unternehmung als Basis der Konflikthandhabung I. Konflikte als unternehmungsimmanente Tatbestände 1. Ursachen von Konflikten in der Unternehmung

Sowohl eine allgemeine theoretische Analyse des Konfliktproblems als auch die praktische Untersuchung eines Einzelfalls in der Unternehmung hat zweckmäßigerweise mit der Erforschung der Ursachen des Spannungsverhältnisses zu beginnen. Die möglichen Ursachen von Konflikten in der Unternehmung sind entsprechend der Variabilität des Geschehens äußerst vielfältig und es überrascht daher nicht, wenn in der Literatur die unterschiedlichsten Aspekte des Unternehmungsgeschehens als Ursachen von Konflikten bezeichnet werden. Fürstenberg faßt die Fülle der Ursachen zu Typen zusammen und kommt zu drei Ursachenkategorien, die um die Begriffe institutionelle Rahmenordnung, soziales Interaktionsgefüge und Individuum kreisen (vgl. [Betriebssoziologie 129]). Die institutionelle Rahmenordnung wirkt beispielsweise über Kompetenzunklarheiten, das soziale Interaktionsgefüge über sog. "Abteilungszäune" und das Individuum über soziale Vorurteile konfliktverursachend. Andere Versuche, die Konfliktursachen zu systematisieren, finden sich z. B. bei Bidlingmaier [Zielkonflikte 86 ff.], Scheuch [Konflikt 861 ff.], Thiele [Konflikte 30 ff.]. Für eine theoretisch möglichst allgemeine und umfassende Behandlung des Konfliktphänomens drängt sich die Frage auf, ob es möglich ist, die Fülle der genannten Ursachen auf eine gemeinsame Basis i. S. von allen möglichen Konflikten gemeinsamen "letzten" Ursachen zurückzuführen. Diese Frage ist endgültig nicht zu beantworten, da sie zu einem unendlichen Regreß führen muß. Dennoch erscheint sie nicht müßig. Ein Zurückverfolgen der vielen aufgeführten möglichen Konfliktursachen bis zu verschiedenen als befriedigend angesehenen "Endpunkten" ist wichtig, um sich ein Bild von der Bedeutung und Einordnung des Konfliktphänomens in der Unternehmung machen zu können. Untersucht man die Fülle spezieller Konfliktursachen näher, so scheint es, daß sie sich alle mit vier Aspekten des Konfliktphänomens in Berührung bringen lassen, die insofern als generelle "letzte" Ursachen fungieren:

I. Konflikte als unternehmungsimmanente Tatbestände

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-

Die Diskrepanz zwischen Motiven resp. Zielvorstellungen und den Möglichkeiten der Motivbefriedigung resp. Zielerreichung

-

Die Multipersonalität und Komplexität des Systems Unternehmung Die Umweltverbundenheit der Unternehmung Die Unvollkommenheit der Information.

Diese vier Komponenten, die nicht nur isoliert zu sehen sind, sondern zwischen denen auch Wechselbeziehungen bestehen, sollen hier als Basisursachen der Konflikte in der Unternehmung angesehen werden. Diese generellen Ursachen führen in der Unternehmung über die vielfältigsten Kausalbeziehungen zu speziellen Ursachen und Anlässen von Spannungen. Eine Auffächerung der generellen in spezielle Ursachen erfolgt im Konfliktmodell im Wege von Determinantenanalysen, die sich jeweils an die Erörterung der verschiedenen betrieblichen Konfliktbereiche anschließen.

a) Spannungsverhältnis von Zielen und Mitteln Grundlage und Ausgangspunkt von Konflikten ist zunächst die Tatsache, daß das Ausmaß der Bedürfnisse bzw. der Zielumfang einzelner Individuen und Gruppen die zur völligen Bedürfnisbefriedigung resp. Zielerreichung vorhandenen Möglichkeiten regelmäßig übersteigt. Dieser Sachverhalt konstituiert die Notwendigkeit zu Wirtschaften und dieser Sachverhalt ist es zunächst, der zu Konflikten führt. Intraindividuell drücken sie sich als Spannungen zwischen den Zielen, Motiven (Bedürfnissen) des einzelnen und den - teils umweltbedingten Beschränkungen ihrer Erreichung und Befriedigung aus. Im interpersonellen Bereich sind Konflikte durch Anspruchsüberschneidungen (Motivdiskrepanzen) zwischen Zielen (Motiven) von Individuen, Gruppen und/oder Organisationen gekennzeichnet, wie sie sich in der Unternehmung beispielsweise in der Konkurrenz um knappe Budgets ergeben. Gäbe es kein Knappheitsproblem, so würde ein wichtiger- wenn nicht der wichtigste - Konfliktgrund entfallen. Diese einfachen Überlegungen machen bereits schlaglichtartig deutlich, daß zwischen dem Problem des Wirtschaftens und dem Konfliktproblem eine sehr starke Affinität besteht (vgl. auch Kosiol [Betriebswirtschaftslehre 20]). Aus dieser Sicht heraus könnte man den Begriff des Wirtschaftens geradezu als synonym mit dem Begriff der ökonomischen Konflikthandhabung ansehen. Um so erstaunlicher ist die Vernachlässigung des Konfliktproblems in der theoretischen Behandlung.

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

b) Multipersonalität und Komplexität des Systems Unternehmung Ein zweiter wichtiger Bereich der Konfliktursachen soll hier mit den in enger Wechselwirkung stehenden Aspekten der Multipersonalität und Komplexität der Unternehmung eingefangen werden. Viele betriebliche Konflikte würden in Ein-Mann-Unternehmungen nicht auftreten, da dort unterschiedliche Auffassungen, Werte und Emotionen für ein konkretes Problem nicht existieren. Alle aus sozio-emotionellen Gegensätzen, aus unterschiedlichen Interpretationen der gleichen Situation etc. heraus entstehenden Konflikte in Mehrpersonensystemen sollen also hier mit dem Tatbestand der Multipersonalität abgedeckt werden. Komplexität der Unternehmungsprozesse und Multipersonalität bedingen organisatorische Arbeitsteilung und Strukturierung. Konflikte in der Unternehmung, die im Zusammenhang mit dem Organisationsaufbau, der Kompetenzabgrenzung, der Machtverteilung sowie der Divergenz von formaler und informaler Organisation entstehen, sind u. a. als Folgewirkungen der Multipersonalität und Komplexität aufzufassen.

c) Umweltverbundenheit der Unternehmung Viele Konflikte in der Unternehmung würden nicht auftreten, wenn es sich bei diesen Wirtschaftseinheiten um geschlossene Systeme in dem Sinne handeln würde, daß kein Kontakt zur Außenwelt, keine Verbindung zu Märkten etc. besteht. Eine solche "Robinsonunternehmung" hätte keine aus Machtkämpfen mit Konkurrenten, Einflußversuchen der Öffentlichkeit etc. resultierenden Konflikte. Die Offenheit des Systems Unternehmung als eine wichtige Konfliktursache ist lange Zeit vernachlässigt worden und soll hier konzeptionelle Bedeutung erlangen. Eine Unternehmung wird in dem Maße konfliktfrei sein, wie es ihr gelingt, der Abhängigkeit zur Umwelt zu entgehen. Daß dies in sinkendem Maße für Unternehmungen aller Größenordnung möglich sein wird, dürfte sicher sein, ein Tatbestand, der die Bedeutung dieses Faktors unterstreicht.

d) Unvollkommenheit der Information Die vierte der "letzten" Konfliktursachen wird hier in der prinzipiellen Unvollkommenheit der Information gesehen. Unvollständigkeit, Unbestimmtheit, Unsicherheit und Ungewißheit als mögliche Komponenten der unvollkommenen Information (vgl. im einzelnen hierzu KosioZ [Betriebswirtschaftslehre 244 ff.]) führen sowohl zu intra- als auch interpersonellen Konflikten. Zu intraindividuellen Konflikten

I. Konflikte als unternehmungsimmanente Tatbestände

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kommt es z. B. dann, wenn der Entscheider aus Mangel an Informationen keine eindeutige Bewertung von Alternativen im Hinblick auf seine Ziele vornehmen kann. Desgleichen kommt es aufgrund unterschiedlicher Informationen oder anhand unterschiedlicher Bewertung gleicher Informationen oder unterschiedlichem Umfang an Informationen zu interpersonellen Konflikten. Streitigkeiten zwischen Entscheidungsträgern über Problemlösungen haben häufig ihre Ursache in der unterschiedlichen Informationsbasis. Informatorische Mängel zählen auch zu den Ursachen für die Diskrepanz zwischen faktischem Vorhandensein von Konflikten und ihrer Wahrnehmung durch die Betroffenen. 2. Unaufhebbarkeit der Konfliktursachen

Eine genauere Betrachtung der Ursachenaspekte zeigt, daß es sich in allen vier Fällen faktisch um Tatbestände handelt, die weitgehend und im Prinzip unaufhebbar sind. Solange und soweit in einem Kultursystem Bedürfnisorientierung herrscht, solange und soweit der einzelne umweltverbunden agieren muß und zur Erreichung seiner Ziele der Mitwirkung anderer Personen bedarf und solange er unter unvollkommener Information arbeitet, solange wird es Konflikte geben. Wollte man Konflikte endgültig lösen, so käme man nicht umhin, diese vier Faktoren zu beseitigen. Dies ist jedoch nur in Utopien möglich (vgl. Dahrendorf [Utopia]). Die Unaufhebbarkeit der generellen Konfliktursachen bedeutet allerdings nicht, daß nicht spezielle Ursachen wie Kompetenzunklarheiten etc. im Einzelfall abgemildert oder beseitigt werden können. Zum Teil zumindest wird nun aber auch erklärlich, weshalb in der älteren Theorie das Konfliktproblem weitgehend unbeachtet blieb, denn in der dort dominierenden Fiktion des homo oeconomicus waren ja tatsächlich einige der genannten Ursachen aufgehoben. In der Welt des homo oeconomicus gab es die Zukunftstransparenz und die Unternehmung war eine monolithische Aktions- und Entscheidungseinheit, in der multipersonalitäts- und komplexitätsbedingte Probleme nicht auftraten. Aus der prinzipiellen Unüberwindbarkeit der hier zur Basis gewählten Konfliktursachen folgt damit, daß man in den Sozialwissenschaften das Konfliktproblem gewissermaßen als eine "soziale Konstante" anzusehen hat. Konflikte sind dem Sozialleben immanent, ein Tatbestand, den im Bereich der Soziologie Dahrendorf als Ausgangspunkt einer Neugestaltung des gesamten soziologischen Denkens ansieht (vgl. Dahrendorf [Konflikt], [Funktionen], [Utopia]). Wenngleich- wie Scheuch

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

hervorhebt [Konflikt 864] - den Überlegungen Dahrendorfs sicherlich eine gewisse antithetische Funktion innewohnt, dürfte eine verstärkte Berücksichtigung dieses Sachverhalts auch im Bereich der Betriebswirtschaftslehre sicherlich fruchtbar sein. Bereits an diesem Punkt der Untersuchung wird klar, daß theoretische wie pragmatische Überlegungen, die die Konfliktproblematik zum Gegenstand haben, in die Irre führen müssen, wenn sie von der Vorstellung ausgehen, daß sich Konflikte "lösen" lassen im Sinne einer endgültigen Beseitigung der Konfliktursachen. Vielmehr kann es nur darum gehen, nach Theorien, Handlungsregeln und Instrumenten zu suchen, die eine Handhabung im Sinne einer Regelung und Steuerung des Konflikts und der Konfliktaustragungsformen möglich machen. Statt von Konfliktlösung wird demzufolge hier im Verlauf der Überlegungen vorwiegend von Konflikthandhabung resp. von KonfliktManagement im Sinne gestaltender und steuernder Einwirkungen auf das jeweilige Konfliktfeld gesprochen werden (so auch Thiele [Konflikte 24], der allerdings auch den Ausdruck der Regelung vermeidet).

II. Konfliktfelder der Unternehmung Die oben angeführten generellen Konfliktursachen wirken sich in Unternehmungen über die verschiedensten speziellen Ursachen in Form von Konfliktmöglichkeiten aus. Kausalgenetisch sind Konflikte also als Glieder von Kausalketten aufzufassen, deren Beginn durch die genannten vier Punkte markiert werden kann. Die verschiedenen Ursachen wirken in den Einzelsituationen in wechselnden Kombinationen und wechselnder Intensität und rufen die Bildung spezifischer Konfliktfelder hervor. Mit dem Begriff Konfliktfeld soll dabei die Gesamtheit der für ein konkretes Konfliktproblem relevanten Variablen und deren Beziehungen zueinander bezeichnet werden (ähnlich Boulding [Conflict 153]). Potentiell kann jeder Bestandteil des betrieblichen Aktionsfeldes konfliktären Beziehungen ausgesetzt sein. Unter dem Gesichtspunkt der Totalinterdependenz inner- und außerbetrieblicher Elemente wird sogar im Prinzip in jeder unternehmungsrelevanten Konfliktsituation auch jedes vorhandene Element mehr oder weniger stark tangiert. In der isolierten Betrachtung wird hiervon jedoch abstrahiert und es wird nur auf die relevanten Faktoren und Beziehungen geachtet, was gleichermaßen untersuchungsökonomisch sinnvoll wie methodisch geboten ist. Der Begriff des Konfliktfeldes stellt dann ein theoretisches Konstruktum dar, das theoretisch wie pragmatisch den Problemzugang erleichtern soll (vgl. zum Begriff des Konstruktums und des Feldes Lewin [Feldtheorie 75 ff.]).

II. Konfliktfelder der Unternehmung

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Es geht also im folgenden darum, wichtige und typische unternehmungsbezogene Konfliktbereiche in ihren Inhalten und Dimensionen zu beschreiben. Systemtheoretisch bedeutet dies, daß mögliche konfliktäre Beziehungen zwischen Elementen und/oder Subsystemen der Unternehmung sowie zwischen Unternehmung und Umwelt zu beschreiben und - soweit möglich - einer Erklärung näher zu bringen sind. 1. Die Unternehmung als Rollensystem

a) Der Rollenansatz als theoretischer Bezugsrahmen aa) Das soziologische Rollenmodell Um eine konzeptionell möglichst umfassende Behandlung des Spannungssystems Unternehmung vornehmen zu können, bedarf es eines geeigneten Vorstellungsmodells der Unternehmung, eines theoretischen Bezugsrahmens also, in den die hier zu behandelnde Sachproblematik eingefügt werden kann. Es wurde bereits angedeutet, daß generell system- und entscheidungstheoretisches Denken in die Überlegungen einfließen werden. Diese beiden Vorstellungsmodelle sind in der neueren betriebswirtschaftliehen Literatur stark in den Vordergrund getreten und teilweise verschmolzen worden, was sich z. B. in Begriffen wie "Zielsystem" ausdrückt. Für den hier vorliegenden Untersuchungszweck erscheint es sinnvoll, das System- und Entscheidungsdenken aufzugreifen, es aber zu ergänzen durch das Denken in betrieblichen Rollen. Es soll also versucht werden, den aus der Soziologie stammenden Rollenansatz für ökonomische Überlegungen fruchtbar zu machen. Das System Unternehmung wird hier als ein System von Rollen und deren Trägern angesehen. Dieses Vorgehen ist in der amerikanischen Organisationsliteratur in ähnlicher Form schon durchaus üblich (so z. B. Katz I Kahn [Psychology]). Auch in konflikttheoretischen Überlegungen wurde dieser Ansatz bereits nutzbar gemacht (vgl. Boulding [Conflict 166 ff.]). Im übrigen kann der Rollenansatz auch für entscheidungstheoretische Untersuchungen fruchtbar sein, worauf bereits Lundberg [Scheme 25] hinweist. In jüngster Zeit ist diese Ansicht von Kirsch geäußert worden [Entscheidungsprozesse III, 99]. Innerhalb der Soziologie wird der Rollenbegriff an der Einzelperson bzw. an einer bestimmten Kategorie von Einzelpersonen orientiert und richtet sich vorwiegend auf soziale Aspekte, weshalb man auch von sozialen Rollen spricht. So versteht z. B. Popitz unter sozialen Rollen "Bündel von Verhaltensnormen, die eine bestimmte Kategorie von Gesellschafts- bzw. Gruppenmitgliedern im Unterschied zu anderen Kategorien zu erfüllen hat". ([Rolle 21] Im Original z. T. kursiv). Der

30

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

Rollenbegriff ist dabei auf eine bestimmte Position des Rolleninhabers in einer Struktur bezogen. Innerhalb einer Position sind nun so viele Rollenbestandteile unterscheidbar, wie Gegenpositionen vorhanden sind, man spricht von Positions- und dementsprechend von Rollensegmenten (vgl. Gronau [Rollenanalyse 127 f.]). Eine Person füllt soviele Rollen aus, wie sie Positionen innehat. Ein Mann kann also beispielsweise Rollen als Arbeitnehmer in einer Unternehmung, als Schatzmeister in einem Fußballverein usw. spielen. Wenn man den Rollenbegriff von der Position her beleuchtet, so kann man ihn definieren als "Realisierung einer Position durch Rollenträger und -partner" (Gronau [Rollenanalyse 118]). Der Prozeß der Rollenbildung und -erfüllung wird von drei Komponenten geprägt (vgl. hierzu Gronau [Rollenanalyse 118]). (1) Die Rollenerwartungen (-zumutungen) der Rollenpartner. Nach dem Forderungscharakter stuft Dahrendorf diese Erwartungen ab in Kann-, Soll- und Mußerwartungen [Rolle 29 ff.]. (2) Die Selbstdeutung der Rolle durch den Rollenträger. (3) Die faktische Rollenentsprechung des Rollenträgers, die zu Sanktionen führt. Dabei werden terminologisch positive Sanktionen (z. B. Belohnungen) und negative Sanktionen (z. B. Bestrafungen) unterschieden (Dahrendorf [Rolle 29 ff.], vgl. aber auch Popitz [Rolle 30, F. N. 26]). Das Denken in Rollen und Rollenprozessen soll hier prinzipiell aufgegriffen werden, allerdings unter inhaltlichen und umfangmäßigen Erweiterungen. Der Rollenansatz wird dabei als ein formales (Beschreibungs-)Modell aufgefaßt, das sich ähnlich wie das Systemmodell sowohl auf individuelle, als auch auf institutionelle Sachverhalte anwenden läßt. Maßgebend für dieses Vorgehen sind vor allem die folgenden vier Gründe (vgl. zu den zwei letzten auch Lundberg [Scheme 25]): (1) Der Rollenansatz ist - entsprechend interpretiert - der umfassendste Ansatz, der für das Konfliktproblem verwendbar ist. (2) Die Geschlossenheit des Ansatzes erlaubt es, von einer einheitlichen gedanklichen Vorstellung auszugehen. Das Springen zwischen verschiedenen Bezugs- und Begriffssystemen kann also weitgehend vermieden werden. Dadurch erhöht sich die Problemtransparenz. (3) Der Rollenansatz bietet die Möglichkeit, ökonomische, soziologische und psychologische Erkenntnisse zu integrieren. Er kann also gewissermaßen katalytische Funktionen übernehmen.

li. Konfliktfelder der Unternehmung

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(4) Der Abstraktionsgrad dieses Vorstellungsmodells erscheint geeignet, ein isomorphes Bild des Untersuchungsobjekts zu liefern. bb) Umfangmäßige Erweiterung Als erste Modifikation, die betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheint, soll nun eine umfangmäßige Erweiterung des Rollendenkens vorgenommen werden und zwar in Form einer Übertragung des Denkens in Rollen von Einzelpersonen auf Rollen der Unternehmung insgesamt (ähnlich Schmidt [Gewinnverwendung 160 ff.]). Genau wie Einzelpersonen Positionen innerhalb verschiedener gesellschaftlicher Systemebenen und Subsysteme einnehmen, kann man auch von Positionen der Unternehmung in der Gesellschaft bzw. ihren Subsystemen sprechen. Die Unternehmung ist eingebettet in die verschiedensten gesellschaftlichen Strukturen und dementsprechend lassen sich auch für sie die verschiedensten Rollen unterscheiden. Aus unterschiedlichen Interessentengruppen heraus werden mannigfache Erwartungen an die Unternehmung herangetragen, denen sie zu entsprechen hat, will sie nicht die vorgesehenen Sanktionen in Kauf nehmen, m. a. W. auch eine Unternehmung füllt so viele Rollen aus, wie sie Positionen im Netz gesellschaftlicher Beziehungen innehat. So kann z. B. ein Produktionsbetrieb gemäß seiner Position in den jeweiligen gesellschaftlichen Strukturen Erwartungen ausgesetzt sein, die für ihn Rollen als Bedarfsdeckungseinheit, Steuererzielungseinheit, Staatspolitische Erziehungseinheit usw. konstituieren (vgl. Chmielewicz [Betriebsverfassung 2]). Die Intensität der Erwartungen und damit das Ausmaß der Sanktionen können - genau wie bei Positionen von Einzelpersonen- unterschiedlich sein. Ein unternehmungsbezogen als Mußerwartung zu qualifizierender Sachverhalt wäre z. B. die gesetzlich fixierte Liquiditätsbedingung. Die Selbstdeutungsmöglichkeiten der Unternehmung sind im Hinblick auf dieses Ziel nach unten begrenzt und können sich lediglich nach oben in Form von unterschiedlichen Kassenhaltungspräferenzen äußern. Wird der Erwartung nicht entsprochen, so drohen Vergleich, Konkurs etc. als negative Sanktionen. Mitarbeiter erwarten z. B. gute menschliche Behandlung, was ebenfalls eine Rollenrelevanz für die Unternehmung hat (vgl. Schmidt [Gewinnverwendung 162]). Als in jüngster Zeit aktuell werdendes Beispiel für unternehmungsbezogene Rollenerwartungen ist die Forderung nach Umweltschutz zu nennen, die zwar noch nicht den Charakter von Mußerwartungen angenommen hat, aber immerhin eine steigende Zahl von Unternehmungen bereits zu entsprechenden Maßnahmen veranlaßt, nicht zuletzt sicherlich aus Furcht vor negativen Sanktionen. Innerhalb der Unternehmung müssen derartige Erwartungen umgesetzt werden in Handlungsregeln, Vorschriften, Zielvorgaben, Stellen-

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

beschreibungen etc. Sind diese Regeln und Vorgaben an einzelne Teilbereiche wie z. B. Abteilungen adressiert, so soll hier ebenfalls von Rollenerwartungen gesprochen werden. Die Erwartungen, die die Unternehmungsleitung gegenüber einer spezifischen Abteilung oder Division hegt, konkretisieren sich z. T. als Rollenerwartungen gegenüber dem jeweils verantwortlichen Bereichsleiter, betreffen z. T. aber auch die gesamte Abteilung und die Rollen aller Abteilungsmitglieder. Es erscheint daher gerechtfertigt und zweckmäßig, hier auch von Rollen einer Gruppe bzw. Abteilung zu sprechen. Dies wird noch dadurch verstärkt deutlich, wenn man sich vor Augen führt, daß die mit den Erwartungen verbundenen Sanktionen ebenfalls alle Gruppenmitglieder gleichermaßen treffen können. Ein ganz einfaches Beispiel aus dem ökonomischen Bereich liefert hierfür der Gruppenakkord, bei dem sowohl die Erwartung höherer Arbeitsleistung als Rollenerwartung an die Gruppe gelten muß, so wie auch die entsprechenden Akkordsätze als positive Sanktionen an die Gruppe ausgeteilt werden. Umgekehrt können im übrigen auch Sanktionen Sache von Gruppen statt von Einzelpersonen sein, wenn das Verhalten eines einzelnen von der Gruppenöffentlichkeit mißbilligt und entsprechend sanktioniert wird (vgl. Popitz [Normen 193 ff.]). Man kann aus dieser Sicht sagen, daß Rollensegmente auch Verbindungen zwischen einem Träger und einer (Bezugs-)Gruppe sein können (vgl. Dahrendorf [Rolle 36]). Für die folgenden Überlegungen wird also davon ausgegangen, daß sowohl der einzelne in der Unternehmung, als auch Subsysteme der Unternehmung und die Unternehmung selbst Rollen ausfüllen und somit Rollenträgereinheiten sein können. Die Beispiele sollten in einer ersten Annäherung an die Problematik verdeutlichen, daß das Rollendenken gegenüber dem soziologischen Ansatz für betriebswirtschaftliche Zwecke in sinnvoller Weise auf umgreifende Sachverhalte ausgedehnt werden kann. cc) Inhaltliche Erweiterung Neben dem Anwendungsbereich der Rollenvorstellung ist nun aber gleichermaßen deren inhaltliche Bestimmung wichtig. Innerhalb der Soziologie, auch der Organisationsanalyse, beinhalten Rollen soziale Tatbestände sowie bestimmte Einstellungen und Werthaltungen und werden demgemäß als durch soziale Normen oder Erwartungen fixiert angesehen (vgl. z. B. Mayntz [Organisation 81]). Auch für die inhaltliche Komponente scheinen nun hier Modifikationen im Sinne einer Erweiterung des Rolleninhalts sinnvoll zu sein. In einer betriebswirtschaftliehen Betrachtung müssen gegenüber den so-

II. Konfliktfelder der Unternehmung

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zialen Komponenten einer Rolle auch und vor allem die sachlichen Aufgabengebiete und die Zielanforderungen, denen sich eine Unternehmung, ein Subsystem der Unternehmung und/oder ein einzelner Aufgabenträger gegenübersehen, als rollenrelevant angesehen werden. Der sachliche Aufgabeninhalt, teilweise konkretisiert durch das Zielsystem der Unternehmung bis hinunter zu den Individualzielen, muß aus ökonomischer Sicht zum wichtigen Bestandteil der zu erfüllenden Rollen werden. In ähnlicher Weise sieht Leibenstein die Aktionsfelder resp. Alternativenfelder eines Aufgabenträgers als die Basiskomponente seiner Rolle an [Analysis 130 ff.]. Eine derartige inhaltliche Interpretation des Rollenbegriffs vorzunehmen erscheint im Hinblick auf die Praxis gerechtfertigt und sogar geboten, denn die Erwartungen und Anforderungen, die an Institutionen und Personen gerichtet werden, umfassen vielfältige Bereiche, die über die soziale Komponente hinausgehen. Gronau spricht in ähnlichem Zusammenhang auch von einer Zumutungsskala, an derem einen Ende "sachliche" und an derem anderen Ende "soziale" Zumutungen stehen, sowie von einer "betrieblichen Operationsrolle" [Rollenanalyse 117].

b) Globales Rollenmodell der Unternehmung Auf der Basis der skizzierten Rolleninterpretation soll nunmehr versucht werden, das Geschehen innerhalb der Unternehmung und das Verhältnis von Umwelt zu Unternehmung in Form eines Rollenmodells zu beschreiben, um damit die gedankliche Ausgangsbasis für die Untersuchung möglicher Spannungen in diesem komplexen und sich ständig ändernden Rollensystem zu schaffen. Anders formuliert geht es also darum, den Versuch zu unternehmen, den Unternehmungsprozeß in seinen Grundzügen zunächst in einem globalen Schema als einen Rollenprozeß zu interpretieren. Einzelheiten dieses hier anhand eines Beispiels vorgetragenen Globalmodells werden dann in den sich anschließenden Abschnitten behandelt. Zur Veranschaulichung dient Abb. 1. In dem Beispiel wird der interdependente Prozeß der Rollenbildung und -erfüllung zur Vereinfachung der Darstellung nur von der Seite der Umwelt ausgehend dargestellt. Ausgangspunkt des Modells sind unternehmungszielbezogene Rollenerwartungen der Unternehmungsumwelt. Sie werden über die vielfältigen Umweltbeziehungen an die Unternehmung herangetragen. Um die Erwartungen wirksam werden zu lassen, müssen sie als solche von der Unternehmung zunächst wahrgenommen werden, d. h. es müssen Unternehmungsmitglieder in der Unternehmungsführung oder in den einzelnen Abteilungen die spezifischen Umweltinformationen als relevant für die Rolle der Unternehmung erkennen. Ist dies z. B. im Bereich 3 Krüger

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

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--------

Umwelt als Ro11ensender: Wahrnehmung und Informationsverarbeitung

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Einzelperson als Rollenempfänger: Wahrnehmung und Selbstdeutung

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Abb. 1. Globales Rollenmodell der Unternehmung der Unternehmungsführung erfolgt, so muß je nach übrigbleibendem Aktionsspielraum die Umdeutung und Umsetzung dieser Informationen in bereichsorientierte Rollenerwartungen erfolgen, d. h. es müssen z. B. Abteilungsziele neu formuliert werden. Der Prozeß der Wahrnehmung und Umdeutung wiederholt sich nun ein weiteres Mal und es kommt zur Bildung von Rollenvorschriften für das einzelne Mitglied des jeweiligen Teilbereichs. Dieses hier dreistufig vorgetragene Beispiel zeigt zunächst global, wie die Umsetzung von Unternehmungsrollen in Individualrollen erfolgt. Sind die Rollen erfüllt, d. h. sind z. B. die vorgegebenen Ziele erreicht, so laufen entsprechende Informationen in umgekehrter Richtung und lösen auf den einzelnen Ebenen in der Unternehmung und im Ver-

II. Konfliktfelder der Unternehmung

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hältnis Unternehmung - Umwelt die vorgesehenen Sanktionen aus. Es wird hier bereits sichtbar, daß es sich um einen komplexen und in Teilprozesse unterteilten Ablauf handelt. Dabei kann es durchaus vorkommen, daß einzelne Stufen des Prozesses übersprungen werden (im Schaubild durch gestrichelte Linien symbolisiert). Auf jeder Prozeßstufe können sich neue Konflikte bilden, vorhandene Konflikte sich verstärken oder abschwächen. Wichtig ist dabei, daß sich die Verlaufsrichtung des Prozesses auch umkehren kann, die hier von der Umwelt ausgehende Erwartungsbildung kann also auch entgegengesetzt verlaufen. Der einzelne kann Erwartungen der Abteilung gegenüber entwickeln, die Abteilung der Unternehmung und die Unternehmung der Umwelt gegenüber. Es findet also ein Rollentausch statt, die als Rollensender fungierende Einheit wird zum Rollenempfänger und umgekehrt. Es zeigt sich damit, daß die zwischen den Rollenpartnern bestehende Beziehung wechselseitig und nicht einseitig ist oder doch zumindest sein kann. Der Unternehmungsprozeß stellt sich aus der hier entwickelten Sichtweise also als ein Prozeß der Rollenentwicklung und -erfüllung dar, der - wie das Schaubild zeigt - aus formal gleichartigen Teilprozessen zusammengesetzt ist, innerhalb derer sich jeweils ein Rollensender und ein Rollenempfänger gegenüberstehen. Rein formal gesehen bleibt damit der Rollenansatz erhalten (vgl. z. B. die Darstellungen bei Katz I Kahn [Psychology 182, 187] und Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 180]), er erfährt aber eine inhaltliche und umfangmäßige Ausdehnung. Dieses höchst einfache Schema liefert nun das Fundament, von dem aus es über verschiedene Verfeinerungen möglich wird, die vielfältigen konfliktären Situationen und Beziehungen, die sich innerhalb des Unternehmungsprozesses ergeben können, zu analysieren. 2. Dimensionen des Konfliktfeldes

Auf eine erste Konkretisierung des globalen Rollenmodells richtet sich zunächst die Frage nach den spezifischen Inhalten bzw. Objekten der Rollenerwartungen bzw. umgekehrt nach den verschiedenen Möglichkeiten der Rolleninterpretation. Stellt man fest, in welchen Dimensionen Rollen gebildet und erfüllt werden, so hat man damit gleichzeitig die Ebenen, auf denen sich Konflikte innerhalb und zwischen Rollen bzw. deren Sendern und Empfängern abspielen. In der Realität sind die Rollenerwartungen äußerst komplex und in verschiedenster Weise miteinander gekoppelt, eine scharfe Trennung dieses Erwartungsbündels in verschiedene Ebenen ist daher schwierig und nur gedanklich möglich, dennoch aber für eine Analyse unumgänglich. .3•

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

Im Hinblick auf die Überlegungen zur Konfliktsteuerung (vgl. CI 1 b, bb) erscheint eine Betrachtung des Rollenmodells auf drei Ebenen als sinnvoll. Zum einen können sich aus dieser Sicht Rollenerwartungen auf die Sachebene der Aufgabenerfüllung erstrecken (sachlich-intellektuelle Dimension). Zum anderen kann es sich um "soziale Zumutungen" handeln, wie sie im Vordergrund der soziologischen Betrachtung stehen (sozio-emotionelle Dimension) und schließlich können sich Rollenerwartungen auf bestimmte Wertvorstellungen und Werthaltungen des Rollenempfängers beziehen (wertmäßig-kulturelle Dimension). Alle diese drei Aspekte werden in mehr oder weniger direkter Form in der Literatur genannt, aber kaum zum Gegenstand konzeptioneller Überlegungen gemacht. Dies gilt vor allem für den zuletztgenannten Bereich, der auf die Wertvorstellungen zielt. Eine andere Einteilung nehmen z. B. Gross I Mason I McEachern vor, die Rollen in "rights", "Obligations", "behaviors" und "attributes" zerlegen [Explorations 62]. Sowohl die Konflikte innerhalb der Unternehmung, als auch die Spannungen zwischen Unternehmung und Umwelt spielen sich auf und zwischen diesen drei Ebenen ab. a) SachZich-inteUektueUe Dimension

Zunächst soll derjenige Bereich der Rollenerwartungen skizziert werden, der sich auf die Sachaspekte der Aufgabenerfüllung erstreckt, hier als sachlich-intellektuelle Dimension bezeichnet. Auf dieser Ebene der Rollenbetrachtung geht es um die sachlichen Aktionsfelder, die einer Unternehmung, einem Subsystem der Unternehmung oder einem einzelnen Aufgabenträger zugewiesen werden bzw. von den betreffenden Einheiten gestaltet werden. Für diese Aktionsfelder bestimmend ist einerseits die Oberaufgabe der Unternehmung, die schrittweise zu einem System bereichs- und stellenbezogener Unteraufgaben strukturiert wird (vgl. KosioZ [Organisation 41 ff.]). Die Aufgabengestaltung der Unternehmung ist in unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung dabei weitgehend frei und wird z. B. von Trägergruppen wie Eigentümern und Managern, für die die Unternehmung z. B. die Rolle eines Einkommenserzielungsinstruments spielt, mit der Wahl der Branche etc. bestimmt. Andere Rollen bzw. Rollenbestandteile der Unternehmung werden durch gesamtgesellschaftliche Gruppen fixiert. Eine Erwartung und Rolle ist z. B. die Konsumentenerwartung der Bedarfsdeckung, eine andere die fiskalische der Steuererzielung. In welcher Form, mit welchen Mitteln und vor allem mit welchen ökonomischen Zielsetzungen bei der Erfüllung dieser Rollen gearbeitet wird, ist durch die Rechtsordnung nur teil-

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weise vorgeschrieben. So beinhalten z. B. die Kartellgesetze strengere gesellschaftliche Rollenerwartungen über die Unterlassung spezifischer, einzelwirtschaftlich durchaus zielwirksamer Aktionsformen aus übergeordneten Gesichtspunkten heraus. Soweit sich derartige Vorschriften und Normen auf die reine Sachaufgabe der Unternehmung erstrecken, sollen sie hier ebenfalls als Rollenerwartungen der sachlich-intellektuellen Dimension aufgefaßt werden. Genau wie in bezug auf die Rolle einer Einzelperson ist auch für die Rolle einer Unternehmung nun festzustellen, daß nicht alle Erwartungen klar fixiert und für die Unternehmung erkennbar sind. Zu nicht geringen Teilen ist es also Aufgabe der Unternehmung selbst, ihre Rolle zu erkunden, wozu sie geeignete Vorgehensweisen und Organisationsformen entwickeln muß. Die so gefundene komplexe "Sachrolle" der Unternehmung wird wie angedeutet - nach verschiedenen Gesichtspunkten (vgl. hierzu Kosiol [Organisation 49 ff.]) in Abteilungs- und Individualaufgaben aufgespalten. Typische Form einer derartigen Aufspaltung ist die Funktionsgliederung von Unternehmungen. Die sachlich-intellektuelle Dimension der Rollen einer einzelnen Person ist dann z. B. in Stellenbeschreibungen, Dienstanweisungen etc. fixiert und wird durch mündliche Anweisungen sowie durch Mitteilungen von Kollegen und durch eigene Beobachtungen ergänzt (vgl. Mayntz [Organisation 82]). Dabei ist zu beachten, daß hier auch spezifische intellektuelle Eigenschaften, Fähigkeiten und Kenntnisse mit zur personenorientierten Rollenerwartung gehören. Neben der Sachaufgabe als wichtiger Basis des Rollensystems muß zum anderen aus entscheidungsorientierter Sicht das Zielsystem der Unternehmung als rollenrelevant aufgefaßt werden. Gibt die Sachaufgabe den konkreten sachlichen Gehalt und die personellen Anforderungen einer Rolle wieder, also das "Was" und z. T. auch das "Wie" des Tuns, so dokumentiert das ökonomische Zielsystem den bei der Aufgabenerfüllung angestrebten Erfüllungsgrad (vgl. hierzu Berthel [Unternehmungssteuerung 103 f.]). Das Zielsystem muß dabei - ähnlich dem Aufgabensystem - von Oberzielen ausgehend über Bereichsziele bis zu Zielen einzelner Stellen strukturiert werden. Rollenbestandteil kann insbesondere auch die Verpflichtung sowohl zielsetzende als auch zielerreichende Entscheidungen zu treffen, sein (vgl. zu diesen Begriffen Schmidt [Grundlagen]). Die zielsetzungsorientierten Entscheidungsprozesse würden aus der Sicht der Zielsetzungseinheit Bestandteil der Rollenerfüllung sein, aus der Sicht der jeweils zur Zielerreichung verpflichteten Einheiten dagegen Rollenerwartungen darstellen. Die Rollenerfüllung der Zielerreichungsträger (vgl. zu den Begriffen Zielsetzungs- und Zielerreichungsträger Schmidt [Grundlagen]) besteht dann in der - mehr oder weniger gelungenen - Zielerreichung, die

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

den vorgesehenen Sanktionsmechanismus in Kraft setzt. Konkret sind als hier in Betracht kommende Zielkategorien die ökonomischen Ziele zu nennen, also Erfolgs-, Produkt- und Liquiditätsziele (vgl. zu dieser Einteilung Schmidt [Grundlagen 110 ff.]). Die verschiedenen Sachaufgaben und die diesen Aktivitätsbündeln quasi übergestülpten ökonomischen Anforderungen in Form der Zielkategorien bilden somit als sachlich-intellektuelle Dimension die Basiskomponente des Rollenmodells. Konflikte auf der sachlich-intellektuellen Ebene sind also immer "Sachkonflikte", also z. B. divergierende Meinungen über Ziele, technologische Verfahren etc.

b) Sozio-emotionelle Dimension Neben der sachlich-intellektuellen Dimension spielt sich das Rollengeschehen der Unternehmung noch auf einer sozio-emotionellen Ebene ab. Auf die einzelne Person bezogen sind die Gefühle und sozio-emotionellen Eigenschaften gemeint, die Bestandteil der Persönlichkeit sind. Auch diese Komponenten können einerseits die Erwartungsbildung beeinflussen, indem z. B. seitens der Arbeitnehmer bestimmte Vorstellungen über die Art der Behandlung - also über den Führungsstil etc. - bestehen, die als Rollenerwartungen für die Unternehmung resp. einzelne Vorgesetzte angesehen werden müssen. Weiterhin gehören hierher Vorstellungen über die soziale Haltung des Betriebes insgesamt, Erwartungen, die sich z. B. in so diffusen und dennoch wichtigen Begriffen wie Betriebsklima niederschlagen. Wenngleich alle derartigen Erwartungen auch auf die sachlich-intellektuelle Ebene ausstrahlen, lassen sie sich doch gedanklich davon abheben. Eine sozio-emotionelle Beziehung zwischen Personen beinhaltet die von einem Individuum A ausgehenden Emotionen, sowie umgekehrt die vom Individuum B auf das Individuum A zurückgeworfenen Emotionen (vgl. Moreno [Soziometrie 105]). Im Verhältnis einzelner Rollenträger zueinander äußern sich die sozio-emotionellen Phänomene im Spannungsfall z. B. in Form mangelnder Kooperationsbereitschaft, in Form von Haß, Abneigung, Mißtrauen etc. Andererseits können sozio-emotionelle Erwartungen auch seitens der Unternehmung resp. ihrer Träger an die Mitglieder herangetragen werden, wenn also z. B. von Führungskräften bestimmte Führungsstile und soziale Verhaltensweisen erwartet werden, andere dagegen mit negativen Sanktionen belegt sind. Gekoppelt damit sind Vorstellungen über sozio-emotionelle Eigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, die sich z. B. in Begriffen wie Einfühlungsvermögen, Füh-

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rungsqualitäten, Durchsetzungsvermögen etc. ausdrücken. Jede Rolle in der Unternehmung weist neben den sachlich-intellektuellen Anforderungen derartige Komponenten auf. Man kann demzufolge auch hier - wie im Bereich der Sachebene - von einem spezifischen rollenträgerbezogenen Aktionsfeld sprechen, auf dem sich nunmehr sozioemotionell ausgerichtete Aktionen abspielen. Die Probleme und Konflikte, die sich auf diesem Beziehungsfeld ergeben, werden in der Literatur z. T. ausdrücklich aus der Betrachtung ausgeschlossen (so z. B. Dahrendorf [Sozialstruktur 53 f.]) oder aber nur hinweisartig behandelt (so z. B. Reinen [Zielsystem 213]). Dementsprechend muß für den betriebswirtschaftlichen Bereich der Erkenntnisstand über derartige Fragen als gering angesehen werden, ein Tatbestand, der ihrer praktischen Bedeutung widersprechen dürfte.

c) Wertmäßig-kulturelle Dimension Für die Konflikthandhabung von großer Bedeutung sind auch die Fragenkomplexe, die das Wertsystem einer Unternehmung und ihrer Mitglieder betreffen und die hier unter dem Terminus der wertmäßigkulturellen Dimension erfaßt werden sollen. Die Problemkreise dieser Ebene fallen in der Praxis unter Begriffe wie Managementphilosophie, Firmenideologie, esprit de corps, Geist des Hauses, Firmenimage, teilweise auch Betriebsklima. In der Theorie wird von der Kultur und dem Klima einer Organisation gesprochen, als dem Inbegriff von Kategorien, Werten, Attitüden, Überzeugungen und Programmen, in denen mehr oder weniger starke Übereinstimmung zwischen den Mitgliedern herrscht (vgl. Katz I Kahn [Psychology 65 f.]). In diesem Zusammenhang ist auch die Unterscheidung von "Verfassung" und "Kultur" einer Organisation wichtig. Mit Verfassung sind alle kodifizierten Normen, Regeln etc. gemeint, wie sie z. T. von außen in Form von Gesetzen etc. bestimmt, z. T. aber auch von den Mitgliedern selbst festgelegt werden, wogegen mit Kultur die tatsächlichen Gebräuche, Überzeugungen etc. der Organisation bezeichnet werden (vgl. Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 91 ff.]). Die Ursachen für die Vernachlässigung dieser Probleme in der ökonomischen Theorie dürften zum einen in ihrer - teils auch politischen - Brisanz liegen und zum anderen in den methodischen Bemühungen Max Webers ihren Ursprung haben, dessen Postulat der Wertfreiheit im Verlauf der Entwicklung die Abgabe von Werturteilen und schließlich selbst die Beschäftigung mit Werturteilen beeinträchtigt haben dürfte. Gerade unter dem Aspekt der praktischen Relevanz dürfte eine intensivere theoretische Beschäftigung mit diesen Wertproblemen der Unternehmung geboten sein. Wie wichtig in der Unternehmungspraxis derartige Fragen genommen werden, läßt sich

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

anhand der Wirtschaftspresse unschwer verfolgen. Wenn z. B. Unternehmungen nur Personen mit einer bestimmten Konfessionszugehörigkeit oder nur Nichtgewerkschaftsmitglieder einstellen, dann sind dies nur extreme Beispiele für die Bedeutung und offenbar doch wohl nicht nur außerökonomische - Relevanz, die man derartigen Fragen beimißt. Die Präsentation des Wertsystems nach außen, der Umwelt gegenüber ist sogar vielfach in den Unternehmungen als eine Aufgabe der public relations-Abteilungen institutionalisiert. Werbekonzeptionen zielen ebenfalls sehr stark darauf ab, daß der potentielle Käufer ein bestimmtes Image, also ein spezifisches Wertklima einer Unternehmung und ihrer Produkte vermittelt bekommt, von dem man hofft, daß es sich mit seinem eigenen- tatsächlichen oder angestrebten -deckt. Fragt man nun nach der theoretischen Einordnung dieser Probleme, so ist zunächst für das Rollenmodell festzuhalten, daß Werthaltungen einzelner Personen durchaus auch Bestandteil von Rollenerwartungen sein können (so z. B. Mayntz [Organisation 81]) und sich das Problem von betrieblichen Wertsystemen demzufolge auch mit dem hier vertretenen Rollenansatz beschreiben und deuten lassen muß. Auf Unternehmungsebene muß also geklärt werden, wie Wertvorstellungen einer Unternehmung, wie also z. B. Firmenideologien entstehen und welche ökonomische Bedeutung diesen zukommt. Mayntz spricht in ähnlichem Zusammenhang von einem "Wertklima der Organisation" [Organisation 65]. Bei näherer Betrachtung stößt man auch hier wieder auf die Unternehmungsumwelt. Von ihr gehen Werterwartungen in Form gesellschaftlicher Standards aus, in deren Brennpunkt sich die Unternehmung befindet. Die Unternehmung sieht sich eingebettet in den Prozeß gesellschaftlicher Wertbildung und -veränderung und will sie sich nicht negativen gesellschaftlichen Sanktionen aussetzen, so wird sie eine Abstimmung ihres betrieblichen Wertsystems auf das Wertsystem der gesellschaftlichen Umwelt kaum vermeiden können. Am schärfsten tritt dieser Sachverhalt bei Großunternehmen hervor, die häufig Gegenstand öffentlicher Kritik sind (vgl. z. B. Glover [Kritik]). Prinzipiell treten die gleichen Probleme jedoch auch bei kleinen und mittleren Unternehmungen auf, die nicht Gegenstand des "öffentlichen Interesses" sind. Auch der Prozeß der Wertbildung ist wechselseitig zu sehen. Gerade große Unternehmungen beeinflussen ihrerseits das Wertsystem ihrer Umwelt. Außer durch gesellschaftliche Wandlungen wird das betriebliche Normensystem durch metaökonomische Zielsetzungen der Unternehmungsträger gestaltet und beeinflußt. Trägerschaft an der Unternehmung

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kann gekennzeichnet werden durch die aktualisierte Möglichkeit zur Einflußnahme auf unternehmungspolitische Entscheidungen (Schmidt [Grundlagen 64]). Gemäß der instrumentellen Handhabung der Unternehmung durch die Träger versuchen diese, ihre persönlichen Ziele mit Hilfe der Unternehmung zu realisieren (Schmidt [Grundlagen 47 ff.]). Als eine Tangente zu dieser Instrumentalfunktion der Unternehmung dürfte sich nunmehr ergeben, daß die Träger ihre metaökonomischen Ziele nicht nur über eine Transformation in wirtschaftliche Individualziele auf die Unternehmung zu übertragen versuchen (vgl. hierzu Schmidt [Grundlagen 101]), sondern daß sie darüber hinaus bestrebt sind, ihre philosophischen, ethischen oder moralischen Einstellungen direkt in der Managementphilosophie und damit in der Rolle der Unternehmung wirksam werden zu lassen. Besonders prägnant sind derartige Vorgänge natürlich in der oder den Gründergenerationen einer Unternehmung zu beobachten (vgl. z. B. Watson [Grundsätze]). Begrifflich wird also hier eine Trennung von Zielsystem und Wertsystem einer Unternehmung vorgenommen. Die Begriffe Ziel und Wert sind zwar synonym verwendbar, jedoch sollen hier mit Ziel ökonomische Kategorien bezeichnet werden, also die Produkt-, Erfolgs- und Liquiditätsziele und mit Wert alle anderen- also metaökonomische- gewünschten Zustände. 3. Erscheinungsformen des Konflikts im Rollensystem Unternehmung

Nach der Analyse der verschiedenen Konfliktebenen stellt sich nun die Frage, welche Arten von Konflikten unterscheidbar sind. Generell sind zu einer solchen - als Systematisierung anzusehenden Betrachtung - die verschiedensten Einteilungskriterien denkbar und verwendbar. So ließe sich auch die Analyse der Konfliktdimensionen, wenn man so will, bereits als eine Stufe der Systematisierung im weitesten Sinne auffassen, d. h. zu einer Arteneinteilung der Konflikte könnte auch das Merkmal Dimension herangezogen werden. Eine Systematisierung von Sachverhalten stellt jedoch keinen Selbstzweck dar, sondern nur eine Vorstufe zur Erkenntnisgewinnung im Rahmen eines spezifischen Untersuchungszweckes. Deshalb müssen unter den möglichen Einteilungskriterien solche ausgewählt werden, deren Anwendung für die Erreichung des zugrunde liegenden Untersuchungsziels zweckmäßig erscheint. Für den vorliegenden Problemkreis und die gewählte Konzeption dürfte daher eine rollenorientierte Einteilung sinnvoll sein, die fallweise durch andere Kriterien ergänzt wird. Die Konfliktfelder der Unternehmung werden also in der artenmäßigen Betrachtung als durch Rollenkonflikte gekennzeichnet dargestellt, d. h. es wird die Frage geprüft, welche Spannungsmöglichkeiten es inner-

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

halb einer sowie zwischen mehreren Rollen bzw. den Rollen und deren Trägern gibt. Aus dieser Sicht sind sechs verschiedene Rollenkonflikte unterscheidbar: Intrasenderkonflikte, Intersenderkonflikte und Interrollenkonflikte betreffen die unterschiedlichen Erwartungen, die von Rollensendern gegenüber der jeweiligen Rollenträgereinheit gehegt werden (sent role conflict). Weiterhin gibt es einen Konflikttyp, der das Verhältnis des Trägers zu seiner Rolle betrifft (person role conflict) und schließlich sind verschiedene Mischformen zu beobachten, die sich als Rollenüberlastung (role overload) und Rollenmehrdeutigkeit (role ambiguity) äußern (vgl. zu der Klassifikation und den einzelnen Formen Kahn et al. [Stress 18 ff.]). Auch die rollenorientierten Konfliktüberlegungen lassen sich nun sowohl- wie bisher üblich- auf Einzelpersonen als auch getreu der hier gewählten Konzeption auf die Unternehmung und ihre Teilbereiche anwenden.

a) Intrasenderkonflikte Eine Rolle wird von mehreren Rollensendern bestimmt. Derjenige Teil innerhalb einer Rolle, der einem Rollensender bzw. einer Gruppe von Rollensendern zugewendet ist, wird als Rollensegment bezeichnet (vgl. Dahrendorf [Rolle 26]). Intrasenderkonflikte betreffen im Gegensatz zu den Intersenderkonflikten nur ein Rollensegment, d. h. es wird nur das Verhältnis eines Rollensenders zum Rollenträger untersucht. Gekennzeichnet ist dieser Konflikttyp durch Widersprüche in den Rollenerwartungen eines Rollensenders. Treten in dessen Rollenerwartungen gleichzeitig zwei oder mehrere konkurrierende oder antinomische Bestandteile auf, so liegt ein Intrasenderkonflikt vor. So ist es denkbar, daß eine Unternehmung im Zeichen ihrer Position auf den Absatzmärkten, also in ihrer Rolle als Bedarfsdeckungseinheit von Verbraucherverbänden gleichzeitig die Forderung nach möglichst preiswerten und qualitativ möglichst hochwertigen Produkten zu hören bekommt. Auf der Ebene betrieblicher Teilbereiche liegt ein Konflikt des hier behandelten Typs z. B. dann vor, wenn von einer Abteilung bei der Erledigung eiliger Aufträge gleichzeitig größte Schnelligkeit und größte Sorgfalt bei der Aufgabenerfüllung gefordert werden. Ein Beispiel für einen Individualrollenkonflikt liegt vor, wenn ein Vorgesetzter von einem Untergebenen die Beschaffung bestimmter Informationen verlangt, die auf normalem Wege nicht zu bekommen sind, gleichzeitig aber das Verlassen der erlaubten Wege verbietet (Kahn et al. [Stress 19]).

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Die Lösung derartiger Konflikte nimmt mit steigendem Rang in der Hierarchie an Bedeutung zu, da sie auf die jeweils untergeordneten Bereiche oder Aufgabenträger weiterwirkt und so das weitere Unternehmungsgeschehen beeinflußt.

b) Intersenderkonflikte Bei Intersenderkonflikten handelt es sich - genau wie bei Intrasenderkonflikten - zwar noch um Widersprüche innerhalb einer Rolle, also um Intrarollenkonflikte, aber nunmehr sind mehrere Rollensender und damit die entsprechende Zahl von Rollensegmenten beteiligt. Intersenderkonflikte liegen vor, wenn Spannungen zwischen den Rollenerwartungen verschiedener Rollensender auftreten. Sieht sich eine große Aktiengesellschaft z. B. in ihrer Rolle als Bedarfsdeckungseinheit gleichzeitig steigenden Gewinnerwartungen der Aktionäre, von denen bekannt ist, daß sie nur über ein Anheben der Verkaufspreise zu erreichen wären und andererseits wirtschaftspolitischen Erwartungen in Richtung auf eine Mäßigung im Preisverhalten gegenüber, so liegt innerhalb dieser Rolle ein Intersenderkonflikt vor. Derartige Konflikte sind typisch für Unternehmungen, an denen sowohl private Aktionäre, als auch die öffentliche Hand beteiligt sind. Intersenderkonflikte sind besonders häufig bei Abteilungen, Gruppen und Einzelpersonen zu beobachten, die an der Systemgrenze zwischen Unternehmung und Umwelt stehen, sowie bei Positionen, die innerhalb der Unternehmung mehrere Subsysteme tangieren (vgl. Kahn et al. [Stress 102 ff.]). Innerhalb der Rollen einzelner Personen treten Intersenderkonflikte z. B. auf, wenn Träger hochwertiger und innovierender Aufgaben mit Routinetätigkeiten beschäftigt werden (vgl. Kahn et al. [Stress 132 ff.]).

c) Interrollenkonflikte Betrafen die bisherigen Konfliktformen Spannungsbeziehungen innerhalb einer Rolle, so handelt es sich bei Interrollenkonflikten um Widersprüche in den Anforderungen an eine Rollenträgereinheit, die aus Positionen in verschiedenen Strukturen, also aus der Unvereinbarkeit verschiedener Rollen herrühren. Für den Einzelnen sind derartige Rollenzwänge typischerweise damit verbunden, daß Erwartungen aus seiner Mitgliedschaft in der Unternehmung Erwartungen aus einer Mitgliedschaft in anderen Gruppen wie der Familie entgegenstehen. Es kann sich dabei z. B. um Rollenkonflikte zwischen der Rolle als Arbeitnehmer und derjenigen als Ehemann oder Vater handeln (vgl. Kahn et al. [Stress 20]).

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

Äußerst vielfältig sind auf der Unternehmungsebene die Möglichkeiten, daß verschiedene Rollen miteinander in Konflikt geraten. Betrachtet man nur einmal die beiden Rollen der Unternehmung als Gewinnerzielungssystem und als Lohnerzielungssystem (vgl. Chmielewicz [Betriebsverfassueg 2]), so wird klar, daß zwischen diesen Rollen Anspruchsüberschneidungen bestehen können. In jüngerer Zeit werden Unternehmungen in steigendem Maße auch mit metaökonomischen Interessen konfrontiert, indem z. B. seitens der Gewerkschaften Mitbestimmungsforderungen u. a. mit der Rolle der Unternehmung als einem Instrument zur Selbstverwirklichung der Arbeitnehmer begründet werden. Diese Rolle kann z. B. dann konfliktär wirken, wenn eine deutsche Unternehmung, die der paritätischen Mitbestimmung unterliegt, mit einer ausländischen Unternehmung, die keine derartige Mitbestimmung kennt, fusionieren will (vgl. z. B. [Ärger 21]).

d) Träger-Rollenkonflikte Die ersten drei Konflikttypen bezogen sich auf die Beziehungen verschiedener Rollen bzw. Rollensegmente zueinander. Die vierte Grundkategorie von Rollenkonflikten umschließt das Verhältnis der Hollenträgereinheit zu den Rollenerwartungen. Es handelt sich um Konflikte zwischen den emittierten Zumutungen der Rollensender und Kräften, die innerhalb der angesprochenen Rollenträgereinheit zu suchen sind, Spannungen also zwischen Personen resp. Unternehmungen und der ihnen auferlegten Rollen. Man könnte diese Konflikte auch als Selbstdeutungskonflikte ansprechen, da es die von den Erwartungen abweichende Selbstdeutung ist, die den Konflikt konstituiert, m. a. W. eine Person oder Abteilung als Bestandteil der Organisation oder die Unternehmung als Bestandteil gesellschaftlicher Strukturen haben eine andere Auffassung von ihren Rollen mit den ihnen zugewiesenen Pflichten und Rechten, als es den Erwartungen der Rollenpartner entspricht. Wenn z. B. eine Automobilunternehmung in Zeiten hochautomatisierter Fertigungsmethoden die Tradition handwerklicher Fertigung mit Höchstqualität pflegt, dann liegt latent ein derartiger Träger-Rollenkonflikt vor. Gelingt es dem Unternehmen nicht, sich mit seiner gewandelten Rolle als Bedarfsdeckungseinheit zu arrangieren, dann kann es zu existenzbedrohenden Schwierigkeiten kommen. Häufig sind derartige Rollenkonflikte mit entsprechenden Spannungen in den Rollen der Leitungsspitze verbunden, so wenn z. B. ein aökonomischer Techniker die alleinige Führung der Unternehmung innehat (vgl. z. B. [Kasse 26]). Große Schwierigkeiten für den einzelnen können sich ergeben, wenn bestimmte Rollenerwartungen seitens der Unternehmung, die sich auf die Aufgabenerfüllung erstrecken, mit persönlichen Wertvorstellungen

II. Konfliktfelder der Unternehmung

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kollidieren. Sozio-emotionelle Spannungen lassen sich hier ebenfalls finden. Wenn die Sachaufgabe eines Rollenträgers z. B. die Kooperation mit einer zweiten mit Antipathie betrachteten Person erfordert, so hat das Spannungen zwischen den Rollenerwartungen und der Selbstdeutung des Trägers zur Folge. Bei diesen Beispielen liegen zugleich Spannungsverhältnisse vor, in denen das Konfliktfeld zwei unterschiedliche Dimensionen berührt. Auch in dem bereits erwähnten Beispiel der innovativen Rollen sind Aspekte von Träger-Rollenkonflikten enthalten, wenn die Erwartungen, die die betreffenden Personen in bezug auf ihren Aufgabeninhalt haben, von der Tätigkeit nicht erfüllt werden. Derartige Probleme sind u. a. als "Frustration der Stäbe" bekannt (vgl. z. B. Darton [Men 95 ff.]). e) Rollenüberlastung

Ausgehend von den vier bisher behandelten Erscheinungsformen des Konflikts entwickeln sich in Unternehmungen zwei weitere Konflikttypen, nämlich Rollenüberlastungen und Rollenmehrdeutigkeiten. Eine weit verbreitete, komplexe Form des Konflikts ist durch den Begriff der Rollenüberlastungen gekennzeichnet. Damit ist gemeint, daß sich ein Mitglied der Organisation verschiedenen Erwartungen ausgesetzt sieht, die zwar untereinander kompatibel sind und auch nicht der Selbstdeutung des Trägers widersprechen, aber innerhalb der gesetzten Zeit und mit den Mitteln des Trägers einfach nicht zu erfüllen sind. Überlastung enthält also zunächst Merkmale des Intersenderkonflikts. Das Individuum, oder allgemeiner die Trägereinheit, sieht sich gezwungen, unter dem ausgeübten Druck Prioritäten zu setzen. Einzelne Erwartungen können erfüllt, andere müssen zurückgestellt werden. Wenn es nicht möglich ist, einzelne Anforderungen ganz zurückzuweisen, kann es sein, daß die jeweilige Trägereinheit sich einer Rolle gegenübersieht, die ihre spezifischen Fähigkeiten und Möglichkeiten übersteigt. Rollenüberlastung involviert also auch Bestandteile von TrägerRollenkonflikten und kann demzufolge als eine komplexe, aus anderen Formen des Konflikts hervorgehende Konfliktart angesehen werden. Diese Art des Rollendrucks ist in allen Arten von Organisationen anzutreffen und für Unternehmungen geradezu typisch. Ein wichtiger Bestimmungsfaktor für die Konfliktbelastung ist dabei die Stellung in der Hierarchie. Es darf als empirisch bestätigt gelten, daß der Rollendruck mit steigendem Rang in der Hierarchie zunimmt (Kahn et al. [Stress 142 ff.]). Weitere Umstände, unter denen Rollenüberlastung auftritt, sind dann gegeben, wenn es sich um koordinierende, weitgehend selbständige oder die Systemgrenzen überschreitende Aufgaben handelt (vgl. Mayntz [Organisation 84]).

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Auch das Konzept der Rollenüberlastung läßt sich von Einzelpersonen auf die Unternehmung und ihre Subsysteme übertragen. Eine Unternehmung kann genauso in ihrer Rolle überfordert sein wie eine Einzelperson. Wenn sich z. B. eine Unternehmung rückläufiger Konjunktur ausgesetzt sieht, die Kapazitätsauslastung also sinkt, der Fixkostendruck mithin steigt, gleichzeitig aber durch neue Tarifabschlüsse höhere Löhne gezahlt werden müssen und schließlich noch die Aktionäre mit gleichbleibender Dividende rechnen, dann liegt u. U. eine Rollenüberlastung vor, der begegnet werden muß, wenn die Existenz der Unternehmung nicht gefährdet werden soll. Das gleiche gilt für einzelne Abteilungen eines Betriebes, konkretisiert z. B. am Zustand dauernder Unterbesetzung. Für die späteren Steuerungsüberlegungen erscheint nun eine Ergänzung des Überlastungskonzepts wichtig. In der Literatur wird- soweit bekannt - in diesem Zusammenhang immer nur von Rollenüberlastung gesprochen. Prinzipiell denkbar und realiter beobachtbar sind jedoch auch genau entgegengesetzte Phänomene. Genauso wie sich Personen in einer Rolle überlastet fühlen können ist es möglich, daß sie sich zu wenig gefordert oder nicht hinreichend in ihren Fähigkeiten in Anspruch genommen fühlen. Man könnte also genauso von einem "role underload" sprechen. Auch dabei handelt es sich um Spannungen, nur gewissermaßen mit negativen Vorzeichen. Ein indirektes Beispiel hierfür können auch die bereits zitierten innovativen Rollen liefern. Wenn nicht gleichzeitig - was meistens der Fall ist - eine Fülle anderer Erwartungen an den Träger solcher Rollen herangetragen werden, kann es zu einem role und erload kommen. Nach diesen Überlegungen erscheint es sinnvoll, die Rollenauslastung als ein Kontinuum anzusehen, das die Fälle der Unterauslastung und Überlastung umfaßt. Wesentliche Aufgabe der Unternehmung muß es sein, eine optimale Auslastung und damit einen optimalen Konfliktgrad anzustreben, ein Problem, das Gegenstand der Steuerungsüberlegungen sein wird. f) Rollenmehrdeutigkeit

Als sechste und letzte Möglichkeit der Spannungsbildung im Rollensystem Unternehmung sind diejenigen Sachverhalte anzusprechen, die zu einer Rollenmehrdeutigkeit führen. Die Erscheinungsformen der vier Basistypen und des Mischtyps der Rollenüberlastung können interpretiert werden als aus Inadäquanzen beim Senden der Rolle entstandene Spannungszustände. Entweder ruft der Mangel der Übereinstimmung oder Koordination innerhalb und zwischen Rollensendern Erwar-

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tungsmuster hervor, die logische Unverträglichkeiten beinhalten, oder aber es liegt eine unzureichende Abstimmung zwischen den Erwartungen und den Bedürfnissen oder Fähigkeiten der Rollenträgereinheit vor. Davon unterscheidbar ist nun ein anderes Muster des inadäquaten Rollensendens, das zur Rollenmehrdeutigkeit führt (vgl. zum folgenden Kahn et al. [Stress 21 ff.]). Zur rollengerechten Ausführung seiner Tätigkeit benötigt jedes Mitglied der Organisation entsprechende Informationen. Das Ausmaß des Vorhandenseins und der Verfügbarkeit von rollenrelevanten Informationen ist das Kriterium der Rollenmehrdeutigkeit. Diese Art des Rollendrucks stellt ähnlich der Rollenüberlastung einen Mischtyp dar. Es sind auch hier träger- und trägerumweltbedingte Komponenten voneinander zu trennen. In der Umwelt des Rollenträgers liegende Faktoren konstituieren eine Art von Mehrdeutigkeit, die Kahn et al. objektiv nennen, im Träger liegende Faktoren führen zu subjektiver Mehrdeutigkeit [Stress 22 ff.]. Dabei muß wohl die objektive Komponente als ein heuristisches Konstruktum aufgefaßt werden, mit dessen Hilfe Antwort auf die Frage gesucht wird, welche Informationen über die zu erfüllende Sachaufgabe und die damit verbundenen Umweltbeziehungen ein "normaler" Aufgabenträger zur adäquaten Rollenerfüllung erhalten muß. Anhand der hier entwickelten Konzeption ist dabei zu fordern, daß sich diese Informationen auf alle drei Dimensionen beziehen, um ein vollständiges Bild der Rolle zu liefern. Der Rollenträger muß also über seinen sachlichen Aufgabengehalt und über die dabei zu erreichenden Ziele ebenso informiert sein wie über das zu beachtende Sozialverhalten und die relevanten Bestandteile des betrieblichen Wertsystems. Ein Mangel in diesen Informationen bedeutet Mehrdeutigkeit der Rolle. Die Ursachen dieser Informationslücken können unterschiedlichster Art sein. Generell ist zunächst eine völlige Rollendetermination wegen der Unvollkommenheit der Informationinsbesondere wegen der Unsicherheit zukünftiger Entwicklungen fast immer unmöglich. In vielen Fällen wird also eine notwendige Information effektiv nicht vorhanden sein oder zumindest keine hinreichende Sicherheit aufweisen. Auf der Unternehmungsebene sind derartige Fälle vor allem externer Art durchaus häufig. So können z. B. konjunkturelle und politische Entwicklungen vielfach nur sehr unvollkommen abgeschätzt werden. Das gleiche gilt für den technischen Fortschritt, für die Zukunftschancen neuer Produkte etc. Die für die Aufnahme und Umsetzung derartiger Informationen zuständigen Stellen der Unternehmung - z. B. der Vorstand einer Aktiengesellschaft sehen sich also in starkem Maße einer Rollenmehrdeutigkeit gegenüber. Eine typische innerbetriebliche Ursache ist die unklare Kompetenzabgrenzung.

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Diese der sachlich-intellektuellen Ebene entstammenden Beispiele lassen sich auch durch Beispiele aus den anderen Ebenen ergänzen. So ist es in unterschiedlichem Ausmaß für wohl alle Personen wichtig zu erfahren, wie andere über sie denken und sie beurteilen. Im Bereich der wertmäßig-kulturellen Dimension sind die zu beachtenden Normen häufig mehr oder weniger allgemein gehalten, was im Einzelfall unterschiedliche Auslegungen möglich macht, ein Sachverhalt, der ebenfalls als Rollendruck empfunden werden kann. Anders als in den geschilderten Beispielen gibt es darüber hinaus viele Fälle, in denen Informationen zwar vorhanden, aber nicht verfügbar sind, so z. B. wenn einzelnen Abteilungen bekannt ist, daß seitens der Unternehmungsleitung detaillierte Reorganisationspläne existieren, aber keine genauen Einzelheiten in Erfahrung gebracht werden können. Objektive Rollenmehrdeutigkeit in einer Position kann also entweder aus dem Nichtvorhandensein oder der unvollständigen Übermittlung von rollenrelevanten Informationen herrühren. Die geschilderten - in der betrieblichen oder/und außerbetrieblichen Umwelt der Rollenträgereinheit liegenden- Möglichkeiten des Rollenkonflikts werden nun von den jeweiligen Trägern wahrgenommen und rufen eine subjektive Mehrdeutigkeit hervor. Diese subjektive Komponente wird durch die Eigenschaften, Präferenzen und Interessenlagen der beteiligten Rolleninhaber bestimmt. So kann die Wahrnehmung und Interpretation der Umwelt aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen und/oder Kenntnisse klar und differenziert, aber auch unscharf und verschwommen sein. Eine Situation, die für die eine Person bereits mehrdeutige Rollenerwartungen mit sich bringt, kann für eine andere Person aufgrund größerer Erfahrungen in ähnlichen Situationen rela~ tiv eindeutig sein. Wichtig für die subjektive Komponente dieser Art des Rollenkonflikts wird auch die persönliche Risikoneigung des einzelnen sein. Wo sich ein risikoscheuer Aufgabenträger bereits in einem Rollenkonflikt befindet, vermag ein risikofreudiger Stelleninhaber u. U. noch zu handeln. Aufgrund der Unaufhebbarkeit der generellen Konfliktursachen wird man, ähnlich wie im Falle der Rollenüberlastung, nun auch für die Rollenmehrdeutigkeit zweckmäßigerweise von einem Kontinuum der Determiniertheit ausgehen müssen, d. h. in einem mehr oder weniger starken Umfang wird jede betriebliche Rolle indeterminiert, also mehrdeutig sein. Auch hier drängt sich die Frage nach dem Optimum auf.

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4. Konfliktbereiche

Um zu einer vollständigen Beschreibung eines betrieblichen Konfliktfeldes zu gelangen, bedarf es neben der dimensionalen und artenmäßigen Analyse einer Untersuchung der betroffenen und im spezifischen Spannungszustand befindlichen Bereiche. Es wird also eine neue Betrachtungsweise an das Konfliktproblem angelegt und gefragt, wo innerhalb des Rollensystems Unternehmung und im Verhältnis Umwelt und Unternehmung Konflikte in den untersuchten Dimensionen und Erscheinungsformen auftreten können. Erst eine Beantwortung dieser Frage macht die Skizzierung des Konfliktphänomens in seiner ersten Stufe vollständig und ermöglicht daran anschließend weitergehende Wirkungsanalysen. Die Frage nach betrieblichen Konfliktbereichen bedeutet nun nichts anderes, als zu fragen, wer bzw. welches betriebliche Subsystem mit wem bzw. welchem anderen betrieblichen Subsystem in konfliktären Beziehungen stehen kann. In allgemeiner Form ist diese Frage ebenso schnell beantwortet wie die Antwort unbefriedigend ist: Getreu der Totalinterdependenz der betrieblichen Elemente kann jedes Element mit jedem anderen in mehr oder weniger direkter Form in Konflikt stehen. Dieses Ergebnis ist zwar unbestreitbar richtig und kann trotz seines Leerformelcharakters auch heuristisch fruchtbar sein, hilft aber für praktische Zwecke nicht viel weiter. Hierfür muß vielmehr versucht werden, die totale Verflechtung in überschaubare und zugleich relevante Bereiche zu zerlegen. Wie weit man bei dieser Zerlegung geht, wieviele einzelne Teilbereiche man also unterscheidet, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit. Für den vorliegenden Untersuchungszweck erscheint eine getrennte Behandlung von folgenden vier Konfliktbereichen sinnvoll: Zunächst müssen die - in der betriebswirtschaftliehen Literatur vernachlässigten - intraindividuellen Aspekte kurz beleuchtet werden, soweit sie themenrelevant sind. Es muß also geprüft werden, aus welchen Gründen und in welcher Form sich der einzelne Konflikten in der Unternehmung ausgesetzt sieht. Die Nichtberücksichtigung dieses Konfliktbereichs würde bedeuten, daß Interdependenzen in unzulässiger Weise durchschnitten werden und wichtige Wechselwirkungen zwischen intra- und interindividuellen Konflikten außer acht blieben. Die intraindividuellen Prozesse werden hier gewissermaßen als kleinste Teile oder Einheiten des Geschehens betrachtet. Sie stellen die Mikroelemente der Makrostruktur Unternehmungsprozeß dar. Beschreibung und Erklärung der Makrostruktur sind ohne diese Mikroelemente nicht hinreichend genau möglich. Sodann wird das Verhältnis des einzelnen zu seiner unmittelbaren betrieblichen Umwelt betrachtet, es wird also untersucht, welche Kon4

Krüger

50

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

flikte sich innerhalb von Gruppen abspielen können und schließlich werden in Ausdehnung des Betrachtungsbereichs die Spannungsmöglichkeiten zwischen Gruppen zu untersuchen sein. Mit diesen drei Bereichsklassen sind zunächst die innerorganisatorischen Beziehungen abgedeckt. Darauf hinzuweisen ist, daß diese Einteilung auch entscheidungstheoretischen Kategorien gerecht wird. Entscheidungstheoretisch lassen sich Individual-, Gruppen- und Kollektiventscheidungsprozesse unterscheiden, wobei Gruppenentscheidungen durch direkte persönliche Kontakte, Kollektiventscheidungen durch das Fehlen unmittelbarer Kontakte charakterisiert sind (Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 53 ff.]). In Verwendung des Feldbegriffes ließe sich hier auch von Individual-, Gruppen- und Kollektiventscheidungsfeldern sprechen und damit dann zwanglos der Bezug zur Konfliktproblematik herstellen. (Entscheidungs-)Konflikte sind dann als Teile der jeweiligen Entscheidungsfelder anzusehen, Teilmengen, die durch das Merkmal konkurrierender oder antinomischer Beziehungen gekennzeichnet sind. Mit der Behandlung dieser drei Bereiche ist jedoch das Spannungssystem Unternehmung noch nicht vollständig charakterisiert. Es muß vielmehr abschließend - zumindest ansatzweise - noch das Umsystem der Unternehmung als Konfliktbereich mit in die Überlegungen einbezogen werden.

a) Konflikte im Individualbereich aa) Typen intraindividueller Konflikte Intraindividuelle (intrapersonelle) Konflikte wurden zuerst in der psychologischen Theorie untersucht und typisiert (vgl. Miller [Conflict], Hofstätter [Psychologie]) und fanden später in allgemeine konflikttheoretische Überlegungen (vgl. Boulding [Conflict]) und in jüngster Zeit auch in organisationstheoretische (vgl. March/Simon [Organizations]) sowie entscheidungstheoretische Überlegungen Eingang (vgl. Bidlingmaier [Zielkonflikte], Kirsch [Entscheidungsprozesse I])). Im folgenden wird an diese Überlegungen angeknüpft und versucht, sie in den Rahmen der hier gewählten Konzeption einzuordnen. Im ursprünglichen psychologischen Modell werden alle intraindividuellen Konfliktsituationen aus dem gleichzeitigen Bestehen oder Anlaufen von mindestens zwei Verhaltenstendenzen erklärt (vgl. zum folgenden Hofstätter [Psychologie 182]). Diese Strebungen können seitens des Individuums sowohl positiv bewertet (Appetenzen) als auch negativ bewertet sein (Aversionen). Dementsprechend sind kombinatorisch drei Konflikttypen möglich:

li. Konfliktfelder der Unternehmung

51

(1) Appetenz-Appetenz-Konflikt: zwei rivalisierende Hinstrebungen. z. B. dann gegeben, wenn zur Erreichung eines Ziels zwei befriedigende Alternativen zur Verfügung stehen. (2) Aversions-Aversions-Konflikt: zwei rivalisierende Wegstrebungen. Einem Ziel stehen zwei unbefriedigende Alternativen gegenüber. (3) Appetenz-Aversions-Konflikt: häufigste Form des Konflikts, ein Ziel erscheint zugleich bedrohlich und verlockend, jede positiv bewertete Situation, deren Realisierung mit Anstrengung etc. verbunden ist. Diese psychologischen Grundtypen sind ursprünglich auf Motive eines Individuums bezogen gewesen, lassen sich aber, wie die genannten Quellen zeigen, unschwer auf ökonomische Sachverhalte übertragen. Für betriebswirtschaftliche Zwecke am fruchtbarsten dürfte derzeit die von March/Simon vorgenommene Weiterentwicklung dieses Grundmodells sein, auf die im folgenden Bezug genommen wird (vgl. [Organizations 112 ff.]). Aus der Sicht dieser Autoren werden die psychologischen Konfliktkategorien entscheidungstheoretisch interpretiert. Es werden Anspruchsniveaus und die Möglichkeit unsicherer Informationen mit in die Betrachtung eingeführt. Ein Konflikt liegt demnach dann vor, wenn ein Individuum oder eine Gruppe Schwierigkeiten bei der Alternativenauswahl hat. Eindeutigkeit der Alternativenauswahl ist dann gegeben, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: (1) Unter den aufgefundenen Alternativen ist eine eindeutig allen anderen überlegen. (2) Die überlegene Alternative ist im Hinblick auf die Ziele der Entscheidung akzeptierbar. Nur wenn diese Bedingungen gegeben sind, kann die Entscheidungsfindung ohne Komplikationen erfolgen, wenn nicht, kommt es zum Konflikt, d. h. das Individuum kann die beste Alternative nicht eindeutig identifizieren bzw. es liegt überhaupt keine befriedigende Alternative vor. Um zu einzelnen Konflikttypen zu gelangen, untersuchen March/Simon zunächst die verschiedenen Wirkungen, die eine Alternative im Hinblick auf ein Ziel aufweisen kann, wobei als betriebswirtschaftlich interessante Verfeinerung jeweils Erfolgs- und Mißerfolgswahrscheinlichkeiten unterschieden werden. Auf diese Weise erhält man fünf Alternativenklassen ([Organizations 114]): (1) Befriedigende bzw. gute Alternativen liegen dann vor, wenn aus der Sicht des Entscheiders eine (ausreichend) hohe Erfolgswahr-

••

52

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis scheinlichkeit und eine (ausreichend) niedrige Mißerfolgswahrscheinlichkeit gegeben sind. (2) Alternativen mit geringer Erfolgs- und Mißerfolgswahrscheinlichkeit werden als neutral bezeichnet. (3) Treffen hohe Erfolgs- und Mißerfolgswahrscheinlichkeiten zusammen, so handelt es sich um gemischte Alternativen. (4) In einer schlechten bzw. unbefriedigenden Alternative verbinden sich niedrige Erfolgs- und hohe Mißerfolgswahrscheinlichkeit. (5) Die fünfte Alternativenkategorie ergibt sich, wenn man den Fall betrachtet, daß der Entscheider keine subjektiv ausreichenden Hinweise auf den zu erwartenden Erfolg oder Mißerfolg besitzt. Derartige Alternativen werden als unsicher bezeichnet.

March/Simon unterscheiden nun ihrerseits drei Konflikttypen, die sie als Nichtakzeptierbarkeit (unacceptability), Nichtvergleichbarkeit (incomparability) und Unsicherheit (uncertainty) bezeichnen. Im Falle der Nichtakzeptierbarkeit kennt das Individuum zwar die Eintrittswahrscheinlichkeiten, aber die Zielwirkungen liegen unterhalb des angestrebten Niveaus. Im Falle der Nichtvergleichbarkeit kennt der Entscheider ebenfalls die Wahrscheinlichkeiten hinreichend genau, kann aber die beste Alternative nicht identifizieren. Bei Vorliegen von Unsicherheit schließlich ist keine Wahrscheinlichkeitsverteilung bekannt. Nichtakzeptierbarkeit und Unsicherheit können bereits bei einer Alternative gegeben sein, Nichtvergleichbarkeit definitionsgemäß erst bei mindestens zwei Alternativen. Abb. 2 gibt die Konstellationen und Konfliktmöglichkeiten wieder, die bei der Wahl zwischen Alternativen auftreten, sowie die dem ursprünglichen psychologischen Modell entsprechenden Bezeichnungen (vgl. March/Simon [Organizations 114 f.]). Wie das Schema zeigt, sind eine Reihe von Fällen vorhanden, bei denen sich mehrere Konfliktformen überlagern. Auf diesem Grundschema aufbauend können auch komplexere Konfliktsituationen untersucht werden, in denen z. B. statt eines Ziels zwei Ziele auftreten (vgl. hierzu Kirsch [Entscheidungsprozesse I, 104 ff]). bb) Rolleninterpretation Die in diesem Konflikttableau dargestellten Möglichkeiten intrapersoneller Spannungszustände sind von March/Simon für die Analyse von Entscheidungssituationen entwickelt worden. Prüft man den Bezug dieser Aussagen zu der hier zugrunde liegenden Konzeption, so ist festzustellen, daß die behandelten Konfliktsituationen der sachlich-intellektuellen Dimension zuzurechnen sind, es handelt sich um Konflikte auf

53

Il. Konfliktfelder der Unternehmung Alternative

Alternative

A

B

Konflikttyp

Entsprechung im psychologisehen Modell

1

gut

gut

Nichtvergleichbarkeit

2

gut

neutral

kein Konflikt

3

gut

gemischt

kein Konflikt

4

gut

schlecht

kein Konflikt

-

5

gut

unsicher

kein Konflikt

-

6

neutral

neutral

Nichtakzeptierbarkeit und Nichtvergleichbarkeit

AppetenzAversion

7

neutral

gemischt

Nichtakzeptierbarkeit und Nichtvergleichbarkeit

AppetenzAversion

8

neutral

schlecht

Nichtakzeptierbarkeit

AppetenzAversion

9

neutral

unsicher

Unsicherheit

AppetenzAversion

10

gemischt

gemischt

Nichtakzeptierbarkeit und Nichtvergleichbarkeit

AppetenzAversion

11

gemischt

schlecht

Nichtakzeptierbarkeit

AppetenzAversion

12

gemischt

unsicher

Unsicherheit

AppetenzAversion

13

schlecht

schlecht

Nichtakzeptierbarkeit und Nichtvergleichbarkeit

AversionAversion

14

schlecht

unsicher

Unsicherheit

keine Entsprechung

15

unsicher

unsicher

Unsicherheit

keine Entsprechung

Abb. 2. Konflikte im Individualbereich

AppetenzAppetenz

-

54

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

der Sachebene des Konfliktfeldes. Diese Ebene ist aus ökonomischer Sicht zwar unbedingt Mittelpunkt der Betrachtung, sie kann aber nicht isoliert, sondern nur in ihren Bezügen zu den beiden anderen Dimensionen gesehen werden. Sachkonflikte werden also sowohl im Individualbereich, der hier als Mikroelement der Bereichsbetrachtung fungiert, als auch in den überindividuellen Bereichen überlagert und beeinflußt durch die wertmäßig-kulturelle und sozio-emotionelle Dimension, deren Aufbau formal ähnlich ist. Konstituierend dafür, ob sich der einzelne im Konflikt befindet oder nicht, sind zum einen verschiedene Aspekte, die bei den rollenmäßigen Erscheinungsformen des Konflikts behandelt wurden. Intraindividuelle Konflikte sind also zu großen Teilen Ausdruck spezifischer Rollenkonstellationen. Das Auftreten neutraler, schlechter und gemischter Alternativen kann die Wirkung von Rollenüberlastung sein, d. h. der einzelne sieht sich in seinen Rollen mit Anspruchsniveaus in bezug auf die Erfolgs- und Mißerfolgswahrscheinlichkeiten konfrontiert, denen er nicht entsprechen kann. Bei seinen Aktionen, die er unternimmt, um den Rollenerwartungen gerecht zu werden, trifft er also laufend auf ungenügende Alternativen und gerät damit in die Konfliktsituationen der Nichtakzeptierbarkeit und Nichtvergleichbarkeit. Das Gegenstück dazu, die ungenügende Rollenauslastung, ist im Prinzip auch in dem Konflikttableau sichtbar. Role underload würde sich hier im laufenden Auftreten von guten Alternativen äußern und ebenfalls u. U. zur Nichtvergleichbarkeit (Zeile 1) führen. Auch bei den Zeilen 2-5 könnte aber ungenügende Rollenauslastung vorliegen. Weiterhin wichtig ist jede Form der in letzter Konsequenz nie zu vermeidenden Rollenmehrdeutigkeit. Da völlige Determiniertheit einer Rollenerwartung äußerst selten ist, sind somit Konfliktmöglichkeiten gegeben, die zu allen drei genannten Formen des Konflikts, vor allem auch zu Unsicherheit, führen können. Die genannten Fälle beziehen sich auf das Vorliegen eines Ziels, behandeln also nur eine Rollenerwartung. Erst wenn zwei oder mehrere Ziele betrachtet werden, wird es möglich, die Fälle der Intrasender-, Intersender- und Interrollenkonflikte mit einzubeziehen. Diese drei Konflikttypen wirken sich in formal gleicher Weise als Konflikte zwischen Erwartungen aus, also z. B. als Konkurrenz oder Antinomie zwischen zwei (oder mehreren) Zielen. Den gleichen Formalaufbau besitzen auch die Träger-Rollenkonflikte. Auf der sachlich-intellektuellen Ebene kann es sich z. B. ebenfalls um Zielkonflikte handeln, nur diesmalliegen einerseits Ziele, die in den Rollen enthalten sind, und andererseits Ziele des Rollenträgers vor. Die drei geschilderten Grundtypen des Konflikts Nichtakzeptierbarkeit, Nichtvergleichbarkeit und Unsicherheit treffen dann bei einer oder mehreren Alternativen jeweils für

II. Konfliktfelder der Unternehmung

55

zwei oder mehrere Ziele zu (vgl. die Darstellung bei Kirsch [Entscheidungsprozesse I, 104]). Diese Überlegungen machen zum einen die vielseitige Verwendbarkeit des Rollenansatzes deutlich und zeigen zum anderen, daß sich hier an dieser Nahtstelle des Unternehmungsgeschehens ursprünglich psychologisch behandelte Sachverhalte konzeptionell aus dem Rollenmodell heraus deuten lassen, worin sich wiederum dessen katalytische Funktion erweist. cc) Determinanten Der Individualkonflikt muß nun noch näher untersucht werden, um hinreichend vollständig beschrieben zu werden. Das Konflikttableau liefert zunächst nur eine Beschreibung der Arten des Individualkonflikts, deren Rolleninterpretation liefert erste Hinweise zum Verständnis der Konfliktentstehung. Es sollen nun einige weitere Faktoren aufgezeigt werden, die die Entstehung von Konflikten im Individualbereich beeinflussen. Die zu beantwortende Frage lautet also: Welche Faktoren sind neben den allgemeinen Rollenaspekten dafür maßgebend, daß sich eine Person im Konflikt befindet bzw. einen Konflikt wahrnimmt? Vor allem drei Komponenten erscheinen zur Beantwortung der Frage wichtig: (1) Das Problem (2) Die Situation (3) Die Persönlichkeit. zu (1): Das Problem Zunächst und vor allem ist es die spezifische Problemstellung selbst, die für die Wahrnehmung eines Konflikts von Bedeutung ist. Konflikte entstehen normalerweise aus wie auch immer gearteten Problemen heraus, denen sich das Individuum im Rahmen seiner Tätigkeit gegenübersieht. Das Vorliegen eines konkreten Problems bildet eine Basis der Konfliktentstehung. Ob es darauf aufbauend zu einem Konflikt kommt, hängt von den Problemeigenschaften sowie den Situations- und Persönlichkeitsfaktoren ab. Für den Bereich der Problemfaktoren geht es zunächst dabei vor allem um die Intensität der sich in dem Problem ausdrückenden und es charakterisierenden Reize, Signale und Informationen. Nur wenn diese Problembestandteile intensiv genug auftreten, wenn also die Reizschwelle des Individuums überschritten wird, wenn ihm ein Problem "unter die Haut dringt", dann kann es zur Wahrnehmung eines Konflikts kommen. Nicht jede konfliktäre Situation wird als solche überhaupt wahrgenommen. Es hängt davon ab, wie deutlich und gravierend sich die Symptome des Problems darstellen bzw. dargestellt werden, wie stark also der Aufforderungscharakter der Situation ist.

56

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

Nachdem das Problem wahrgenommen wurde, ist ein evtl. auftretender Konflikt zunächst vor allem von der Art des Problems selbst abhängig. Es darf als sicher gelten, daß mit steigender Wertigkeit, Neuartigkeit und Komplexität der Problemsituation auch die Konfliktwahrscheinlichkeit steigt. Je neuartiger und komplexer eine Situation für ein Individuum ist - ein Tatbestand, der u. a. auch durch Persönlichkeitsfaktoren bestimmt wird-, desto größer ist vor allem die Lösungsunsicherheit. Desgleichen läßt sich feststellen, daß bestimmte Arten von Aufgaben typischerweise eine starke Konfliktaffinität besitzen. Dies gilt vor allem für Koordinationstätigkeiten und für Aufgaben, die die Grenze zwischen zwei oder mehreren Konfliktbereichen überschreiten (vgl. Mayntz [Organisation 84]). zu (2): Die Situation Genauso wichtig wie das Problem selbst und die zu seiner unmittelbaren Charakterisierung heranzuziehenden Merkmale sind die darüber hinausgehenden Situationsbedingungen, unter denen sich das Geschehen abspielt, also gewissermaßen die Situation der relevanten unmittelbaren und mittelbaren Umwelt, das Problemumfeld, hier als Situation bezeichnet. Die Abgrenzung zum Problem selbst wird im Einzelfall sicherlich nicht immer leicht sein, die Grenzen werden unscharf sein. Es erscheint aber zur gedanklichen Durchdringung der Problemstellung fruchtbar, diese Unterscheidung zu treffen. Die Problemsituation kann ihrerseits unterteilt werden in einen innerhalb und einen außerhalb der Person liegenden Bereich, wobei auch diese Abgrenzung schwierig sein kann. Mit dem innerhalb der Person liegenden Problemumfeld sind nicht die gesondert zu behandelnden subjektiven Persönlichkeitsfaktoren gemeint - obwohl auch sie natürlich in Wechselwirkungen mit dem Problem selbst stehen -, sondern quasi objektive Faktoren, die die innere Situation des Individuums zum Zeitpunkt des Auftretens der Problemstellung charakterisieren. Gemeint ist hiermit z. B. die Tatsache, daß sich das Individuum meist mit mehreren Problemen gleichzeitig beschäftigt. Dadurch bedingt kann es vorkommen, daß andere aktuelle auftretende Probleme übersehen werden (Ablenkungseffekt bzw. Aufmerksamkeitseffekt) oder aber, daß im Gegenteil Probleme, die sonst gar nicht wahrgenommen würden, dem Aufgabenträger verstärkt zu Bewußtsein kommen (Sensibilisierungseffekt). Weiterhin von Bedeutung und mit dem eben genannten Beispiel zusammenhängend ist die u. U. bereits im Individuum vorhandene Anspannung. Wenn Aufgabenträger unter Stressbedingungen arbeiten, also bereits einer hohen Konfliktbelastung ausgesetzt sind, dann können ebenfalls die beiden oben genannten Effekte der Ablenkung oder Sensibilisierung auftreten. Die Sensibilisierung kann sich z. B. in der

II. Konfliktfelder der Unternehmung

57

Form auswirken, daß relativ geringwertige Probleme ausreichen, um das Individuum zu überfordern, da die Grenze der persönlichen Belastbarkeit überschritten wird (u. U. liegt Rollenüberlastung vor). Der Konflikt wird verzerrt empfunden und in einer ungleich größeren Intensität, als es seiner Relevanz entsprechen würde. In solchen Situationen kann es zur Explosion kommen, es sind dies die Fälle, wo "ein Tropfen das Faß zum Überlaufen" bringt. Die einsetzende Reaktion schießt über das Ziel hinaus, die Situation spitzt sich dramatisch zu, sie verschärft sich unnötig und häufig kommt es zur Ausweitung des Konflikts auf andere Personen und/oder Bereiche. Die Behandlung der Problemfaktoren zeigte, daß es der Überschreitung einer gewissen Reizschwelle des Individuums bedarf, damit überhaupt ein Konflikt wahrgenommen wird. Die Behandlung der Situationsfaktoren zeigt, daß es Situationen gibt, in denen diese Reizschwelle niedrig liegen kann. Damit und mit anderen Faktoren im Zusammenhang ergibt sich die Möglichkeit, daß ein Individuum Konflikte wahrzunehmen glaubt, obwohl die objektive Situation hierzu keinen Anlaß bietet. Es kommt zu einer intraindividuellen Spannungssituation, die man Pseudokonflikt nennen könnte (vgl. auch Rhenman/Strömberg/ WesterZund [Conflict 67 ff.]). Vom Standpunkt des einzelnen aus betrachtet ist diese Unterscheidung natürlich unmöglich, er empfindet einen Konflikt, unabhängig davon, wie real und den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend er ist. Auch ein außenstehender Betrachter, ein Vorgesetzter z. B., wird mitunter Schwierigkeiten haben, im Einzelfall Real- und Pseudokonflikte auseinanderzuhalten, aber gerade für praktische Probleme dürfte die Unterscheidung und der Versuch der Trennung im Einzelfall von Bedeutung sein. Neben den genannten Einflußfaktoren der Problemsituation sind für Pseudokonflikte häufig informatorische Mängel konstituierend, also insbesondere Mängel in der Informationsübermittlung, semantische Schwierigkeiten, Kommunikationsstörungen und ungenügende Informationsversorgung (Rhenmanl Strömberg/W esterlund [Conflict 68]). Mit der Erörterung derartiger Faktoren bewegt man sich auf dem Grenzgebiet von intraindividuellem und extraindividuellem Problemumfeld, auch hier sind die Grenzen fließend. Für das intraindividuelle Problemumfeld ist außerdem die Stellung in der Hierarchie von Bedeutung. Je höher der Rang einer Person, desto stärker wird sie üblicherweise mit Konflikten konfrontiert sein. Die gleiche Korrelation gilt für das Ausmaß an Selbständigkeit, mit dem die Probleme gelöst werden können bzw. müssen (vgl. Mayntz [Organisation 84]). Schließlich und nicht zuletzt ist auch die Dauer der Mitgliedschaft in der Organisation wichtig für die Wahrnehmung und Intensität von Konflikten. Ein erst kurze Zeit der Organisation angehö-

58

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

render Aufgabenträger wird häufigere und intensivere Konflikterlebnisse haben als nach längerer Eingewöhnungszeit. Die genannten Beispiele sollten das intraindividuelle Problemumfeld illustrieren. Daneben ist gleichermaßen das extraindividuelle Problemumfeld wichtig, also die relevante betriebliche und evtl. außerbetriebliche Situation, in der sich der Rollenträger befindet, soweit sie sich nicht in den bereits behandelten Erwartungen niederschlägt. Dazu gehören also alle Rand- und Nebenbedingungen, die auf die Entstehung und Wahrnehmung des Problems Einfluß nehmen, ohne aber selbst Gegenstand der Problemlösung zu werden. Hierher gehören vor allem auch organisatorische und kommunikatarische Spezifika, die die Wahrnehmung eines Problems ebenso begünstigen oder benachteiligen können wie das intraindividuelle Problemumfeld. Eine genauere Analyse dieser Faktoren findet bei der Erörterung der anderen Konfliktbereiche statt. zu (3): Die Persönlichkeit Schließlich und nicht zuletzt ist es die Person des einzelnen selbst, die als Einflußgröße für die Wahrnehmung von Konflikten zu nennen ist. Dabei wird unter Persönlichkeit verstanden der "Komplex von Gewohnheiten, Werten, Einstellungen, Motiven und Trieben, die einen Menschen kennzeichnen; die typische Organisation seiner Reaktionen; die Integration seiner Ideen und Neigungen; kurz seine Individualität" (Francis [Grundlagen 33]). Diese Faktoren zusammengeiaßt beeinflussen das Wahrnehmungsvermögen der Person, sie charakterisieren seine Problemsensibilität. Neben den speziellen Kenntnissen und Fähigkeiten, die dazu gehören, ist betriebswirtschaftlich besonders relevant der Komplex der Motivation. Nur ein entsprechend motivierter Aufgabenträger wird ein Problem überhaupt erkennen und dann auch verarbeiten. Bei mangelnder Leistungsmotivation kommt es zur Unterdrückung und Leugnung der Situation bzw. deren Relevanz, was ökonomisch bedenklich sein kann. Die Eigenschaften der Person sind äußerst vielfältig und bisher kaum systematisch beschreibbar. Sie wirken in äußerst komplexer Weise auf die Reaktionen des Individuums ein. Im Hinblick auf das Konfliktphänomen drückt sich das Zusammenwirken der verschiedensten Persönlichkeitsfaktoren in einem mehr oder weniger starken Konflikterleben aus. In der psychologischen Konfliktforschung wird direkt von einer "Konfliktbereitschaft" des Individuums gesprochen (Hörmann [Konflikt]), der gegenüber die Bedeutung der Problemstellung zurücktritt (vgl. Lehr [Erscheinungsweisen 327 f.]). Eine vollständige Analyse dieses intraindividuellen Problemkomplexes steht jedoch noch aus. Unter diesen Umständen muß man sich für betriebswirtschaftliche Unter-

II. Konfliktfelder der Unternehmung

59

suchungen darauf beschränken, einige wesentliche Eigenschaften aufzuzeigen, die das individuelle Konfliktgeschehen beeinflussen. Um ein Beispiel für eine konfliktrelevante Eigenschaft herauszugreifen, sei hier zunächst die Risikoneigung des einzelnen genannt. Ein risikofreudiger Aufgaben- und Entscheidungsträger wird sich nach Wahrnehmung der Situation seltener im Konflikt befinden bzw. die Konfliktintensität wird geringer sein, als das bei einer risikoscheuen Person der Fall ist. Besonders deutlich wird dies, wenn man auf das Konfliktableau zurückgreift. Hier sind derartige Persönlichkeitskomponenten, die relativierend auf das Auftreten von Konflikten wirken, nicht enthalten. Es wird also z. B. stillschweigend davon ausgegangen, daß gleichzeitiges Vorliegen von hohen Erfolgs- und Mißerfolgswahrscheinlichkeiten dazu führt, daß der Entscheidungsträger die betreffende Alternative als "gemischt" einstuft. Eine risikofreudige Persönlichkeit würde diese Alternative jedoch wohl durchaus noch dem befriedigenden Bereich zuordnen und eine solche Alternative stets einer dort als neutral bezeichneten Alternative vorziehen. Stehen sich also neutrale und gemischte Alternativen gegenüber (Zeile 7 des Tableaus), so würde sich ein risikofreudiger Rolleninhaber entgegen der Darstellung im Tableau durchaus nicht als im Konflikt befindlich ansehen. Derartige risikobedingte Relativierungen der Konflikterscheinungen ließen sich im Tableau unschwer auch an anderen Stellen aufzeigen, worauf hier verzichtet werden soll. Relevant für das subjektive Konfliktempfinden sind schließlich die zusammengefaßten Problemlösungsfähigkeiten des einzelnen, die durch Veranlagung, Ausbildung und Erfahrung charakterisiert werden können. Je größer die Fähigkeiten und Erfahrungen des einzelnen, desto seltener wird der Fall eintreten, daß er keine befriedigenden Alternativen findet und sich damit Nichtakzeptierbarkeitskonflikten ausgesetzt sieht. Eine Korrelation in gleicher Richtung wird auch für den Konflikttyp Unsicherheit zu konstatieren sein. Die Abschätzung der Zielwirkungen von Alternativen und damit die Reduktion von Unsicherheit werden mit steigenden Problemlösungsfähigkeiten zunehmen. Auch auf den Unsicherheitskonflikt hat im übrigen die Risikoneigung der Person Einfluß. Bedeutsam für intrapersonelle Konflikte und z. T. sicherlich mit den Problemlösungsfähigkeiten aktiv verbunden, ist weiterhin das Selbstvertrauen des Individuums. Mangelndes Selbstvertrauen läßt eine Person die Situation schärfer empfinden und wirkt sich dementsprechend auch in der Reaktion auf den Konflikt aus, wobei starke Affekte wie Furcht auf der sozio-emotionellen Ebene zu beobachten sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn Rollenerwartungen in machtgeladenen Situationen auftreten (Cohen [Effects], zit. nach Walton/McKersie [Ne-

60

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

gotiations 194 f.]). Geringes Selbstvertrauen dürfte häufig mit starker Empfindlichkeit gekoppelt sein und damit auch das Entstehen von Pseudokonflikten begünstigen. Alle diese Faktoren können konfliktabsorbierend bzw. -verstärkend wirken. Die Beispiele zeigen, wie komplex und interdependent die Determinanten des Konflikts sind, und zwar auch und vor allem im Individualbereich. Herausragende Bedeutung wird in ähnlichem Zusammenhang nun vor allem in der amerikanischen Organisationsliteratur der von Sirnon entwickelten These beigemessen, daß zur Steigerung der Effizienz eine Identifizierung der Aufgabenträger mit den Zielen der Organisation anzustreben sei [Verwaltungshandeln 135 ff.]. Daß eine derartige Identifikation konfliktrelevant ist, und zwar im Sinne einer Konfliktreduktion, erscheint offensichtlich. Demgemäß hat diese These auch Eingang in empirische Konfliktuntersuchungen gefunden. Dabei konnte für private Unternehmungen eine negative Korrelation von Identifikation und intraorganisatorischem Konflikt nachgewiesen werden. Mit steigender Identifikation nahm also der Konfliktumfang ab (Smith [Conditions 521]). Wie Schmidt zeigt, ist die Identifikationsthese zweckmäßigerweise durch die Annahme verschiedener Akzeptanzformen der jeweiligen Ziele zu ersetzen ([Grundlagen 104 ff.]). Es erscheint daher sinnvoll, hier statt auf die Identifikationsthese auf die Akzeptanzthese zurückzugreifen und sie zur Analyse heranzuziehen. In Anbetracht der hier vertretenen Konzeption dürfte dabei eine analoge Übertragung der Akzeptanzthese vom Bereich der Zielkonzeption auf alle dimensionalen Aspekte des Konfliktfeldes sinnvoll sein, m. a. W. es wird nicht nur die Akzeptanz von Zielen (sachlich-intellektuelle Dimension), sondern auch die Akzeptanz von Werten (wertmäßig-kulturelle Dimension) und schließlich auch die Akzeptanz des Sozialklimas (sozio-emotionelle Dimension) unterschieden (vgl. zur Akzeptanz von Werten auch Chmielewicz [Forschungskonzeptionen 61 ff.]). Hier soll davon ausgegangen werden, daß sich die Akzeptanzen in bezug auf ihre Intensität entlang eines Kontinuums bewegen, das von bedenkenloser Zustimmung (Identifikation) bis zu völliger Ablehnung reicht. Es erscheint dann die Hypothese gerechtfertigt für alle drei Akzeptanztypen steigende Konfliktaffinität bei sinkender Akzeptanzintensität anzunehmen. Für die Steuerungsbemühungen im Rahmen des Konflikt-Management taucht damit das Problem auf, welcher Punkt des Akzeptanzkontinuums unter konflikttechnologischen Gesichtspunkten anzustreben ist (vgl. S. 164 ff.). Zur Veranschaulichung der Ergebnisse und Hypothesen über die Determinationszusammenhänge des Individualkonflikts sind die wich-

II. Konfliktfelder der Unternehmung

61

tigsten Einflußfaktoren, die wie geschildert, Konfliktwahrnehmung und -intensität sowie -häufigkeit beeinflussen, in Form eines allgemeinen Polaritätsprofils dargestellt. Dieses Profil kann für praktische Zwecke zugleich als Check-Liste zur Untersuchung einzelner Konfliktfelder dienen. (1) Problem

Aufforderungscharakter Problemwertigkeit Neuartigkeit Komplexität Koordinationsbedarf Bereichsüberschreitung

stark hoch groß groß groß häufig

schwach niedrig gering klein klein selten

gering hoch hoch häufig hoch hoch kurz

viel niedrig niedrig selten niedrig niedrig lang

(2) Situation

Lösungszeit Aufmerksamkeit Sensibilisierung Informationsmängel Rang in der Hierarchie Ausmaß an Selbständigkeit Dauer der Mitgliedschaft (3) Persönlichkeit

Risikofreudigkeit Problemlösungsfähigkeit Selbstvertrauen Akzeptanz der Ziele Akzeptanz der Werte Akzeptanz des Sozialklimas

niedrig hoch niedrig hoch niedrig hoch niedrig hoch niedrig hoch niedrig hoch -------+Abnehmende Konfliktwahrnehmung ~Abnehmende Konfliktintensität ~Abnehmende Konflikthäufigkeit Abb. 3. Faktorenprofil der Konflikte im Individualbereich

Um die Beziehung zu den vorangegangenen Abschnitten herzustellen ist zu sagen, daß in dem Profil Ergebnisse und Hypothesen darüber veranschaulicht werden, welche Faktoren die Konflikte bzw. deren Wahrnehmung, Intensität und Häufigkeit in den geschilderten Dimensionen und Erscheinungsformen im Bereich des einzelnen bestimmen. Keine Aussage wird darüber gemacht, welche Dimension und Erscheinungsform jeweils angesprochen wird. Der bisherige Stand der Forschung läßt also keine Aussage darüber zu, welche Faktoren welche Art von Konflikt hervorrufen. Es kann Konstellationen geben, in denen das Vorliegen einer Einflußgröße ausreicht, einen Konflikt zu erzeugen und es sind Situationen denkbar, in denen viele konfliktfördernde Faktorausprägungen vorliegen, die

62

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

aber von anderen Faktoren mit entgegengesetzter Ausprägung kompensiert werden, wodurch das Bewußtsein des Entscheidungsträgers also konfliktfrei bleibt. Diese Ausgleichswirkungen können sowohl zwischen Faktoren der gleichen Gruppe auftreten als auch Faktoren verschiedener Gruppen betreffen. Mangelnde Problemlösungsfähigkeiten - wenige Erfahrungen und Kenntnisse - können kompensiert werden durch hohe Risikofreudigkeit und umgekehrt. In beiden Fällen liegen Persönlichkeitsfaktoren vor. Andererseits kann gerade hohe Risikobereitschaft als Persönlichkeitsfaktor dazu dienen, konfliktäre Faktoren anderer Bereiche wie z. B. Komplexität oder Neuartigkeit als Faktoren der Problemsituation in ihrer Wirkung abzuschwächen oder gar aufzuheben. Zu betonen ist, daß die im Profil aufgeführten Größen keineswegs unabhängig voneinander zu sein brauchen und es im Regelfall nicht sein werden. Es ist also durchaus denkbar und wahrscheinlich, daß die Faktoren in verschiedenster Weise gekoppelt auftreten. Für Aussagen über derartige Zusammenhänge zwischen den Faktoren ist man beim derzeitigen Stand insbesondere der empirischen Forschung auf einzelne Vermutungen angewiesen. Systematische empirische Analysen - die auf derartigen Profilen aufbauen könnten- stehen noch aus. Eine Zusammenfassung der Überlegungen soll die folgende Übersicht in Matrixform veranschaulichen. In ihr werden das faktische Vorhandensein eines Konflikts, wie es sich etwa aus der Sicht eines unabhängigen Beobachters darstellen würde (Faktizität des Konflikts), in Gegenüberstellung zu der subjektiven Wahrnehmung eines Konflikts durch den Aufgabenträger gebracht (Perzeption des Konflikts). Wie diese Matrix, die sich in formal gleicher Weise auch auf die anderen Konfliktbereiche anwenden läßt, veranschaulicht, ist durchaus nicht in allen Fällen eine der Problemsituation angepaßte Wahrnehmung gegeben. Die Adäquanz von Faktizität und Perzeption des Konflikts wird beeinflußt von den im Profil veranschaulichten Determinanten, die hier nicht in Erscheinung treten. Sie nehmen im Verhältnis von Faktizität und Perzeption die Stellung intervenierender Variabler ein. Zu den im Profil genannten Faktoren tritt als ein allgemeines Phänomen individueller Wahrnehmung die Tendenz zur selektiven Wahrnehmung von Fakten hinzu, die sich in Unternehmungen vor allem darin ausdrückt, daß man die Probleme der eigenen Abteilungen im allgemeinen stärker bewertet als die der anderen (vgl. Dearborn/Simon [Perception]), eine Erscheinung, die sicherlich konfliktverstärkend wirkt. Übereinstimmung ist in der Abbildung nur in den Matrixzellen 11, 22, 33 hergestellt. In diesen Fällen befindet sich die Wahrnehmung des

Il. Konfliktfelder der Unternehmung

I~ g

s

s

n

keine Wahrnehmung 1

63

schwache Wahrnehmung

I

2

starke Wahrnehmung

I

I

3

kein Konflikt

1

11

12

schwacher Konflikt

2

21

22

23

starker Konflikt

3

31

32

33

13

Abb. 4. Faktizität und Perzeption des Konflikts im Individualbereich Individuums im Gleichklang mit den tatsächlichen Verhältnissen. Die Felder 21 und 31 dagegen stellen Situationen dar, in denen zwar Konflikte existent sind, ohne aber vom Aufgabenträger wahrgenommen zu werden. Dies kann sowohl durch die Problemstellung bedingt sein (z. B. mangelnder Aufforderungscharakter) als auch durch die Problemsituation (z. B. Ablenkungseffekt) und die Persönlichkeit des Trägers (z. B. zu hohe Risikofreudigkeit). Ähnlich verhält es sich in der Konstellation des Feldes 32. Hier liegt zwar ein starker Konflikt vor, aber die Wahrnehmung ist schwach. Den genannten Typen entgegengesetzt ist die Kombination 23, in der einem schwachen Konflikt eine starke Wahrnehmung gegenübersteht. Schließlich umfaßt die Matrix in den Zellen 12 und 13 auch die Fälle des Scheinkonflikts, charakterisiert durch schwache oder sogar starke Konfliktwahrnehmung bei Fehlen objektiver Voraussetzungen. Man könnte von schwachem bzw. starkem perzeptivem Scheinkonflikt sprechen. Auch hier bleibt offen, durch welche der im Profil aufgeführten Determinanten bzw. Determinantenkombinationen dieses Resultat zustande kommt. b) Konflikte in Gruppen

aa) Untersuchungsprobleme Hier als ein eigenständiger Bereich angesehen, wird nun auf die Konfliktproblematik innerhalb von einzelnen Gruppen einzugehen sein. Entsprechend der realen Vielfältigkeit der Gruppenbildung und Gruppenprozesse, die erst z. T. wissenschaftlich analysiert sind, wird auch hier nur eine umrißartige und sich auf einige wichtige Aspekte beschränkende Skizzierung möglich sein. Gleich eingangs muß dabei

64

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

betont werden, daß auch dieser Konfliktbereich nicht isoliert gesehen werden darf, sondern daß er einerseits von den anderen Bereichen beeinflußt wird und andererseits auch selbst Auswirkungen auf andere Bereiche hat, also in einer stetigen Wechselwirkung zu sehen ist. Wichtige und ständige Wechselwirkungen bestehen vor allem zu Konflikten im Individualbereich. Genau wie ein Individuum generell und speziell in seinen konfliktären Bezügen nicht unabhängig von seiner Gruppenzugehörigkeit gesehen werden kann, muß bei der Behandlung von Gruppen auf deren einzelne Mitglieder zurückgegriffen werden. Jede Unternehmung kann aus Gruppen zusammengesetzt gedacht werden, denen jeweils mehrere Mitglieder angehören. Die Entstehung von Gruppen kann zum einen durch die Rollenstruktur der Unternehmung vorgeschrieben sein, dann kann man von formalen Gruppen sprechen, wozu etwa Abteilungen, Führungsgremien, Kommissionen usw. gerechnet werden, oder aber spontan und ungeplant vor sich gehen, wobei von informalen Gruppen gesprochen wird (vgl. Grün [Erscheinungen]). Will man den Konnex zum Systemdenken herstellen, so stellen Gruppen spezifische Subsysteme des Systems Unternehmung dar. Dabei wird in jüngster Zeit zwischen strukturellen und funktionalen Subsystemen unterschieden. Strukturelle Subsysteme sind von der Systemstruktur her verbundene Einheiten, wogegen funktionale Subsysteme lediglich analytische und gedankliche Einheiten darstellen, die zur besseren Problemdurchdringung gebildet werden (vgl. Katz!Kahn [Psychology]). Gruppen im sozialpsychologischen und hier gemeinten Sinn wären demzufolge systemanalytisch als strukturelle Subsysteme aufzufassen (so auch Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 40]). Um zu einer genaueren Vorstellung von derartigen Subsystemen zu kommen ist zu fragen, durch welche Merkmale Gruppen charakterisiert sind. Cartwright/Zander kommen nach einer eingehenden Analyse der dazu vorliegenden Vorschläge zu insgesamt zehn Merkmalen, mit deren Hilfe man Gruppen identifizieren kann [Membership 48]. Relevant erscheint hiervon vor allem, daß die Mitglieder der Gruppe miteinander in besonders häufigem und intensivem Kontakt stehen (von Angesicht zu Angesicht), daß sie ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entwickeln, sich selbst also als Mitglieder betrachten und schließlich, daß sie auch von Außenstehenden als Einheit angesehen werden. Hat man den Charakter von Gruppen hinreichend charakterisiert, so fragt es sich, welcher Art die innerhalb dieser Einheiten auftretenden Konflikte sind. Zunächst ist festzuhalten, daß es sich -im Gegensatz zu den Konflikten im Individualbereich - um interpersonelle Konflikte handelt, wenngleich sie zu intrapersonellen Prozessen in Wech-

li. Konfliktfelder der Unternehmung

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selwirkung stehen. Faßt man zunächst den ökonomischen Kern dieser Spannungsverhältnisse ins Auge, so kann man aus entscheidungsorientierter Sicht sagen, daß Konflikte dann vorliegen, wenn "zwei oder mehr Entscheidungsträger nicht gleichzeitig die in ihrem Sinne optimalen oder befriedigenden Alternativen realisieren können" (Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 71]). Betrachtet man diese Definition im Lichte der hier erarbeiteten Konzeption, so bedarf sie einer Interpretation aus dem umfassenden Rollenansatz heraus. Es muß also der Konnex zu der artmäßigen und dimensionalen Analyse des Konfliktfeldes hergestellt werden. bb) Erscheinungsformen und Dimensionen Für die Analyse von Gruppen eignet sich der Rollenansatz in besonderem Maße. Die Rollen, die der einzelne in einer Gruppe spielen kann und muß, sind naturgemäß äußerst vielfältig. Es gibt jedoch Kategorien von Gruppenrollen, mit denen sich jede Rolle eines einzelnen Mitglieds in Verbindung bringen läßt. Für jede Gruppe werden zwei Rollenkategorien unterschieden, die zeitweilig von einem oder mehreren Gruppenmitgliedern, zeitweilig vom Gruppenführer ausgeübt werden. Es sind Rollen der Gruppe, sie sind also nicht an einzelne Positionen innerhalb der Gruppe und damit an Einzelpersonen gebunden. Likert spricht von Rollen zur Lösung der Gruppenaufgabe (group task roles) und Rollen zur Formung und Erhaltung der Gruppe (group building and maintenance roles) [Patterns 172 ff.]. Mit Aufgabenrollen sind alle diejenigen Aktivitäten gemeint, die direkt die Sachaufgabe der Gruppe betreffen, bei Entscheidungsaufgaben z. B. wären also die Alternativensuche, Informationssammlung und der Alternativenvergleich Bestandteile dieser Rollenkategorie. Die zweite Rollenkategorie dagegen betrifft in erster Linie das Sozialklima (emotional life) der Gruppe [Patterns 185]. An dieser Stelle wird eine Parallele zum Dimensionendenken deutlich und es ließe sich aus dieser Sicht eine dritte Kategorie von Rollen anfügen bzw. abspalten, nämlich Rollen, die das Wertklima der Gruppe betreffen. Stellt man die dimensionale Analyse jedoch zunächst noch zurück und betrachtet die Erscheinungsformen des Konflikts im Rollensystem der Gruppe, so ist zunächst davon auszugehen, daß die Kategorien der Gruppenrollen in jeder einzelnen Gruppe durch ein komplexes Gefüge von Einzelrollen repräsentiert werden. Es gibt Aufgabenspezialisten, es gibt den Beliebtesten der Gruppe, es gibt den Intriganten, den Störer, den Schlichter, die Vaterfigur, den Außenseiter usw. (vgl. z. B. Hofstätter [Gruppendynamik], Kelly [Leadership]). Stellt man nun die Verbindung zum Konfliktproblem her, so kann aus der Sicht des Rollenansatzes für die artmäßige Interpretation global 5 Krüger

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

festgestellt werden, daß Konflikte in Gruppen ganz allgemein als Rollenüberschneidungen von Rollen verschiedener Mitglieder einer Gruppe angesehen werden können. Der Gruppenprozeß läuft also nicht reibungslos arbeitsteilig ab, sondern es treten Friktionen auf. Diese Friktionen sind aus prozessualer Sicht dadurch gekennzeichnet, daß an der betreffenden Stelle zwei oder mehrere Individualprozesse, wie sie bei der Analyse des Individualbereichs angedeutet wurden, nicht reibungslos ineinandergreifen. Die Prozesse, die die einzelnen Mitglieder bei der Erfüllung ihrer Rollen durchlaufen - aus der Sicht der hier zugrunde liegenden Konzeption also die Mikroelemente der Struktur -, fügen sich nicht nahtlos zu einer Makrostruktur zusammen, sondern weisen Abstimmungsmängel auf. Derartige Abstimmungsmängel - ob formal oder informal verursacht sei dahingestellt - können die Folge von Rollenkonflikten eines einzelnen Mitglieds sein. Es kann sein, daß ein Gruppenmitglied infolge von Intra- oder Interrollenkonflikten zu Verhaltensweisen greift, die mit denen anderer Gruppenmitglieder kollidieren. Das gleiche gilt für Träger-Rollenkonflikte. Wichtig dürften jedoch die Fälle der Rollenüberlastung und vor allem der Rollenmehrdeutigkeit sein. Ist ein einzelner in seiner Rolle überlastet oder fühlt er sich auch lediglich überlastet, so kann dies Folgen für das Verhältnis zu den übrigen Mitgliedern der Gruppe haben und auch Konflikte auslösen. Dies gilt in besonderem Maße dann, wenn der Fall der Rollenüberlastung den Führer der Gruppe betrifft. Dieser zunächst rein intraindividuelle Vorgang kann sich, wie die Realität zeigt, in geradezu eskalierender Weise konfliktär auf die Gruppe auswirken. Zunächst führt ein Ansteigen der Rollenbelastung in der Mehrzahl der Fälle wohl zu einem Nachlassen der Führungsaktivitäten. Damit allein kann bereits genug Konfliktstoff in der Gruppe entstehen. Die einzelnen Mitglieder erhalten nicht mehr die für den reibungslosen Prozeßablauf nötigen Informationen, was nun wiederum bei den Betroffenen zu intrapersonellen Schwierigkeiten führt, insbesondere wohl zu dem von March/Simon mit Unsicherheit bezeichneten Konflikttyp. Im weiteren Verlauf kommt es dann fast zwangsläufig zu Rollenüberschneidungen zwischen den Mitgliedern infolge der eingetretenen Rollenmehrdeutigkeit. Dieser kumulative Prozeß kann sich bei gleichzeitig steigender Konfliktintensität nun zyklisch fortsetzen, dann nämlich, wenn die geschilderten Probleme auf den Führer der Gruppe zurückwirken und bei ihm seinerseits ein Ansteigen des Spannungspegels hervorrufen. Dieser Spannungsanstieg bedeutet ein weiteres Nachlassen seiner Problemlösungsreserven, wirkt also auf die Gruppe zurück usw., bis es schließlich zur Explosion kommt, wenn die Grenze der Belastbarkeit überschritten wird. Dieses Beispiel vermittelt einen Eindruck von den möglichen

II. Konfliktfelder der Unternehmung

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Konfliktprozessen innerhalb einer Gruppe und es zeigt zugleich die Leistungsfähigkeit des Rollenansatzes, der sich auch hier zur Deutung der Phänomene gut eignet. Es bleibt im Ergebnis festzuhalten, daß Intragruppenkonflikte Ausdruck jeder der behandelten Erscheinungsformen des Rollenkonflikts, bezogen auf den einzelnen als Rollenträgereinheit, sein können. Zu ergänzen sind diese Überlegungen nun noch durch eine dimensionale Analyse. Wie eingangs angedeutet wurde, sind auch und vor allem in Gruppen die drei behandelten Konfliktdimensionen identifizierbar. Die eingangs zitierte Definition des interpersonellen Konflikts muß also in ihren dimensionalen Bezügen gesehen werden. Mitglieder einer Gruppe können sich in Spannungsbeziehungen auf sachlich-intellektueller Ebene und/oder sozio-emotioneller Ebene und/oder wertmäßig-kultureller Ebene befinden. Abb. 5 zeigt beispielhaft einige Fälle Dimensionen des Konfliktfeldes

Beispiele und mögliche Ausprägungen des Konflikts

sachlich-intellektuelle Dimension

Zielkonflikte: Antinomie, extreme Konkurrenz, Konkurrenz Konflikte aus unterschiedlichem Informationsstand Konflikte aus unterschiedlicher Informationsverarbeitung

sozio-emotionelle Dimension

Zusammenarbeit: kaum möglich, pflichtgemäß Vertrauen: extremes Mißtrauen, Mißtrauen Grad der Zuneigung: Haß, Antagonismus, neutrale Höflichkeit

wertmäßig-kulturelle Dimension

Konflikt über Werte der Gruppe und des einzelnen: Antinomie, extreme Konkurrenz, Konkurrenz

Abb. 5. Dimensionales Schema interpersoneller Konflikte der Konflikte in Gruppen aus dimensionaler Sicht auf (vgl. Wurst [Entscheidungskollegium 133], Walton/McKersie [Negotiations 189], Bales [Analysis]). Die in diesem Tableau des Gruppenkonflikts schematisch getrennten Konflikttypen sind in der Realität in vielfältiger Weise miteinander verzahnt. Insbesondere sind die Zusammenhänge von sozioemotioneller und sachlich-intellektueller Ebene im Einzelfall häufig komplizierter und verwickelter, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Maßgebend dafür sind vor allem die häufigen Umleitungen und

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

Transformationen von Spannungen einer Ebene auf eine andere Ebene. So kann es z. B. vorkommen, daß ein Gruppenmitglied die Anerkennung der Gruppe dadurch zu gewinnen sucht, daß es enorme Belastungen auf der Sachebene vorgibt, um damit die auf der sozio-emotionellen Ebene erstrebte Anerkennung zu erreichen. Auch der umgekehrte Fall ist häufig, daß nämlich bei tatsächlich vorhandener sachlich-intellektueller Belastung auf die sozio-emotionelle Ebene ausgewichen wird, indem man sich dort "abreagiert". Diese Beispiele ließen sich auch hier beliebig fortsetzen. Sie können und sollen hier nicht mehr, aber auch nicht weniger leisten als eine Illustration des Geschehens aus der Sicht der Rollenkonzeption zu liefern und somit das Bild der Konfliktfelder in Gruppen zu vervollständigen. cc) Determinanten Um auch für die Intragruppenproblematik die Betrachtung abzurunden und um damit die Grundlage für spätere Steuerungsüberlegungen zu legen, muß nun versucht werden, relevante Einflußfaktoren des konfliktären Gruppengeschehens herauszuarbeiten. Hierüber liegen bisher kaum Ergebnisse vor und die im folgenden behandelten Faktoren und ihre Wirkungen müssen daher als Hinweise zur Hypothesenformulierung aufgeiaßt werden. Dabei muß in Kauf genommen werden, daß mögliche Überschneidungen und Wechselwirkungen zwischen den Faktoren außer Ansatz bleiben. Prüft man die Problematik näher, so zeigt sich, daß die für den Individualbereich vorgenommene Einteilung hier durchaus als Ausgangsbasis genommen werden kann, allerdings variiert durch gruppenspezifische Determinanten. Zu beachten ist, daß die einzelnen Faktoren als Durchschnittsbetrachtungen für die Gruppe insgesamt aufgeiaßt werden müssen. So gesehen kann man wohl zunächst alle die Problemstellung charakterisierenden Determinanten unverändert übernehmen. Für die Gruppenaufgabensituation als potentieller Konfliktdeterminante dürften Aufforderungscharakter, Problemwertigkeit, Neuartigkeit, Komplexität, Koordinationsbedarf und Bereichsüberschreitung analoge Bedeutung besitzen. Analog verwendbar sind auch die Situationsfaktoren Lösungszeit, Aufmerksamkeit und Sensibilisierung. Zur weiteren Analyse des Gruppengeschehens benötigt man eine Charakterisioerung der Gruppenmitglieder. Problemlösungsfähigkeit, Risikofreudigkeit und Selbstvertrauen der Gruppe treten wie im Individualbereich als Bestimmungsgründe für das Konfliktgeschehen auf. Anzumerken ist dabei, daß interessanterweise und sicherlich entgegen mancher landläufigen Auffassung Gruppen häufig zu größerer Risiko-

II. Konfliktfelder der Unternehmung

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freude neigen als einzelne bzw., daß der einzelne in der Gruppe in Richtung auf stärkere Risikobereitschaft beeinflußt wird, ein Effekt, der als "risky shift" bezeichnet wird (vgl. Wallach/Kogan/Bem [Risk], Burnstein [Risk]). Allerdings ist zu beachten, daß entsprechende Risikonormen der Gruppe diesen Effekt auch abschwächen können (vgl. Kroger/Briedis [Norms]). Darüber hinaus werden für den Gruppenbereich weitere spezifische Persönlichkeitsmerkmale wichtig, die für die Analyse des intraindividuellen Konflikts zwar sicherlich auch nicht ohne Bedeutung sind, aber deswegen hier subsumiert werden, weil sie speziell für das Verhalten von Personen untereinander wirksam werden. Dazu zählen folgende Faktoren: autoritärer Charakter, Neigung zu gewaltsamen Lösungen, Reife der Persönlichkeit (vgl. Walton/McKersie [Negotiations 193 ff.]). Weist eine Person autoritäre Charaktermerkmale auf, so bedeutet dies z. B. einen Hang zum Konservativismus, emotionelle Kühle, Machtbewußtsein und Intoleranz gegenüber Minderheiten, alles Faktoren, die im Gruppenprozeß konfliktär wirken (vgl. im einzelnen Adorno et al. [Personality], Haythorn et al. [Gruppenverhalten]). Das gleiche gilt für die Neigung zu Gewalt bzw. gewaltsam herbeigeführten Problemlösungen. Umgekehrt zeigen sich mit steigender Reife der Persönlichkeit, wie empirisch nachgewiesen wurde, tolerantes, weniger mißtrauisches Verhalten und stärker kooperativ orientierte Reaktionen (Haythorn [Influence]). Akzeptanz der Gruppenziele, des Wertsystems der Gruppe und des sozialen Klimas bilden ein weiteres Bündel von relevanten Faktoren, die hier benutzt werden, um das Ausmaß an Konsens in der Gruppe zu charakterisieren. Die Akzeptanzidee wird hier also ebenfalls differenziert und auf alle Dimensionen des Geschehens angewendet. Als wichtige Faktoren, die die Haltung des einzelnen Mitglieds zu seiner Gruppe charakterisieren, seien schließlich die beiden Faktoren Bewertung der Gruppenmitgliedschaft und Bewertung von Alternativgruppen genannt. Diese beiden Faktoren werden in der Sozialpsychologie benutzt, um die Kohäsion von Gruppen zu charakterisieren (vgl. Thibaut!Kelley [Groups 21 ff.]). Das Mitglied einer Gruppe bewertet danach die Attraktivität einer Gruppenbeziehung an einem Vergleichsbzw. Anspruchsniveau, in dem sich seine Bedürfnisse, Erwartungen etc. niederschlagen (comparison level). Hinzu tritt ein Vergleich mit möglichen alternativen sozialen Beziehungen, also ein Vergleichsniveau, in das die Möglichkeiten alternativer Gruppenzugehörigkeiten eingehen (comparison level for alternatives). Mit diesen Faktoren dürften die einzelnen Mitglieder der Gruppe zunächst hinreichend beschrieben sein.

70

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

Soweit die Gruppe einen formalen Führer aufweist (z. B. Abteilung mit Abteilungsleiter im Ggs. zu Kollegium ohne Vorsitzenden), wird auch dessen Person von Bedeutung. Neben die bei allen Mitgliedern gleichermaßen wichtigen Faktoren treten für die Person des Führers vor allem zwei wichtige Aspekte. Zunächst ist die Anerkennung der Führungsperson durch die Gruppe von entscheidender Bedeutung. Mangelnde Anerkennung führt zum Entstehen informaler Führung und damit zu konfliktären Gegenpolen. Es ist zwar denkbar, daß in der Person des Führers z. B. zwischen den Merkmalsausprägungen stark auto· ritärer Charakter und mangelnde Anerkennung eine positive Korrelation besteht, aber derartige Zusammenhänge sind nicht eindeutig, da sie stark von der Problemsituation beeinflußt werden. Die Konfliktstabilität des Führers schließlich ist der zweite wichtige Punkt. Mit diesen zwei Merkmalen werden keine Führungseigenschaften postuliert, sondern es wird lediglich eine Affinität von bestimmten Ausprägungen dieser Faktoren zum Gruppenkonflikt vermutet. Die Persönlichkeit des Führers wird im Faktorenprofil zur Vereinfachung mit in dem Faktorbündel zur Charakterisierung der Mitglieder erfaßt. Das Gruppengeschehen ist mit Problem-, Situations- und Persönlichkeitsfaktoren noch nicht hinreichend erfaßt. Es müssen weitere Determinantengruppen eingeführt werden. Ein viertes Variablenbündel dient daher zur Charakterisierung der Gruppenorganisation (vgl. hierzu auch Bleicher [Führungsmodell 166 ff.]). Wichtig dürften sein der Organisationsgrad als Verhältnis von Disposition zu Organisation, der Formalisierungsgrad als Verhältnis formaler zu informalen Beziehungen und die Art der Willensbildung, charakterisiert durch die Pole individuell und kollegial. In diesen Faktoren drücken sich folgende Karrelationsvermutungen aus: Je höher der Anteil der Disposition, desto größer die Konfliktwahrscheinlichkeit, weil unterschiedliche Auffassungen möglich sind. Das gleiche gilt für die Formalisierung. Problematisch und sicherlich vielschichtig - hier aber vereinfacht gesehen ist der Einfluß der Art der Willensbildung (vgl. im einzelnen z. B. Irle [Führungsverhalten 544 ff.]). Es wird davon ausgegangen, daß kollegiale Willensbildung tendenziell geringere Konfliktpotentiale schafft, da die Kollegialität ein frühzeitiges Offenlegen und problemlösendes Austragen von Konflikten begünstigt. Neben der Organisation ist die Kommunikation in der Gruppe wichtig. Hierfür werden die Merkmale Umfang der Kommunikation- also sowohl vertikale als auch horizontale Kommunikation umfassend -, Intensität der Kommunikation, Ausmaß an Informationszurückhaltung und Art der Informationsbeziehung (bilateral oder multilateral) als wichtig angesehen.

li. Konfliktfelder der Unternehmung

71

Schließlich soll der Interaktionsprozeß der Gruppe noch mit folgenden Merkmalen gesondert berücksichtigt werden: Umfang der Interaktion, Umfang an Kooperation, Ausmaß der Einflußmöglichkeiten des einzelnen auf die Gruppe. Das folgende Polaritätsprofil führt die genannten Faktoren und Zusammenhänge zur Veranschaulichung auf und symbolisiert die Hypothesen der Konfliktdetermination. (1) Problem

Aufforderungscharakter Problemwertigkeit Neuartigkeit Komplexität Koordinationsbedarf Bereichsüberschreitung

(2) Situation

Lösungszeit Aufmerksamkeit Sensibilisierung

(3) Gruppenmitglieder

Problemlösungsfähigkeiten Risikofreudigkeit Selbstvertrauen Autoritärer Charakter

Neigung zu Gewaltlösungen Reife der Person Akzeptanz der Ziele Akzeptanz der Werte Akzeptanz des Sozialklimas Bewertung der Mitgliedschaft Bewertung von Alternativgruppen Anerkennung der Führungsperson Konfliktstabilität des Führers (4) Organisation

Organisationsgrad Formalisierungsgrad Art der Willensbildung

(5) Kommunikation

Umfang Intensität Ausmaß an Info.zurückhaltung Art der Info.beziehung

(6) Interaktion

umfang Kooperation Einfluß des einzelnen

stark hoch groß groß groß häufig

schwach niedrig gering klein klein selten

gering hoch hoch

hoch niedrig niedrig

niedrig niedrig niedrig stark autoritär groß gering niedrig niedrig niedrig gering hoch niedrig niedrig

hoch hoch groß schwach autoritär klein groß hoch hoch hoch hoch niedrig hoch hoch

niedrig niedrig individuell

hoch hoch kollegial

niedrig niedrig hoch bilateral

hoch hoch niedrig multilateral

hoch niedrig niedrig hoch niedrig hoch --+Abnehmende Konfliktintensität -~Abnehmende Konflikthäufigkeit Abb. 6. Faktorenprofil der Konflikte in Gruppen

72

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

c) Konflikte zwischen Gruppen aa) Konzeptionelle Einordnung In einer nächsten Stufe der Betrachtung sind nunmehr Konflikte zu untersuchen, die nicht innerhalb, sondern zwischen Gruppen entstehen. Derartige Phänomene sind in Unternehmungen zwar nicht häufiger als die bisher geschilderten Aspekte, die die ersten beiden Konfliktbereiche betrafen, beanspruchen aber trotzdem in der Literatur ungleich mehr Aufmerksamkeit. Dies dürfte nicht zuletzt daran liegen, daß Konflikte zwischen Gruppen die Makrostruktur der Organisation betreffen, also auffälliger und besser beobachtbar sind. Ein weiterer Grund dürfte die strategische, u. U. lebenswichtige Bedeutung sein, die derartigen Problemen häufig für die Unternehmung zukommt. Systemtheoretisch bewegt man sich bei der Analyse der Beziehungen zwischen Gruppen demzufolge auf einer höheren Abstraktionsebene. Es geht um die Analyse der Beziehungen von strukturellen, u. U. auch funktionalen Subsystemen untereinander, also z. B. um Abteilungskonflikte. Entscheidungstheoretisch bewegt man sich auf der Ebene der kollektiven Entscheidungsprozesse, deren personaler Charakter dadurch gekennzeichnet ist, daß kein unmittelbarer Kontakt zwischen allen Beteiligten stattfindet (vgl. Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 53 f.]). Auch im Verhältnis dieses Konfliktbereichs zu den bisher behandelten müssen die Interdependenzen konstatiert und berücksichtigt werden. Gerade in Anbetracht der Interdependenzenproblematik muß es verwundern, wenn auf die Intergruppenkonflikte so unverhältnismäßig großes Gewicht gelegt wird, denn sie sind theoretisch kaum hinreichend beschreibbar, ohne auf die anderen Bereiche einzugehen. Hat man zuerst den Individual- und Intragruppenbereich abgesteckt, so bleibt im Grunde für den Intergruppenbereich nurmehr eine Analyse der neu hinzutretenden Beziehungen übrig, in der aber ähnliche Aspekte auftauchen müssen wie in den anderen Bereichen, wenn das Konfliktmodell der Unternehmung stringent und schlüssig sein soll. Fragt man nach der Definition der Intergruppenkonflikte, so kann man zur Antwort an die von Kirsch für interindividuelle Konflikte gegebene Definition anknüpfen [Entscheidungsprozesse III, 71] und diese Spannungszustände damit charakterisieren, daß zwei oder mehr Gruppen in der Unternehmung nicht gleichzeitig die in ihrem Sinne vorzugswürdigen Alternativen realisieren können. bb) Beispiele für Intergruppenkonflikte Auch für den Sachverhalt des - hier entscheidungstheoretisch beschriebenen - Intergruppenkonflikts gilt die bei den anderen Berei-

II. Konfliktfelder der Unternehmung

73

chen bereits ausgeführte Rolleninterpretation. In dimensionaler und artenmäßiger Hinsicht lassen sich also hier ebenfalls die verschiedenen Dimensionen und Erscheinungsformen des Konflikts identifizieren. In Übertragung der Arteneinteilung können Intergruppenkonflikte als Rollenüberschneidungen von Rollen verschiedener Gruppen im Unternehmen angesprochen werden. Mehrere Gruppenprozesse sind nicht hinreichend aufeinander abgestimmt und weisen daher an den Berührungspunkten Spannungen auf. Ohne auf Einzelheiten hier nochmals eingehen zu wollen, kann gesagt werden, daß Konflikte zwischen Gruppen das Ergebnis aller Arten von Rollenkonflikten einer Gruppe sein können, wobei hier ebenfalls formale- also institutionalisierte- und informale Ursachen vorliegen können. Es ist schwer, die verschiedenen Erscheinungsformen im Hinblick auf ihre Ursachenfunktion zu bewerten, sicher dürfte jedoch sein, daß der Typ der Rollenmehrdeutigkeit große Bedeutung hat. Genau wie in den anderen Konfliktbereichen gilt auf der Gruppenebene, daß z. B. auf der betreffenden Stufe des ökonomischen Zielsystems aus verschiedenen Gründen - zu denen vor allem die Unvollkommenheit der Information zählt - nie vollständige Abstimmung und Determiniertheit herrschen kann und von daher bereits Unschärfen und Widersprüche in den Rollen auftreten, die zwangsläufig ein Konfliktpotential in sich bergen. Zwischen den Abteilungszielen und -rollen bestehen also teilweise zwangsläufig mehr oder weniger große Diskrepanzen, so z. B. typischerweise zwischen den Zielen der Absatz-, Produktions- und Finanzabteilung (vgl. Reinen [Zielsystem 224 ff.]). In diesem Überschneidungsbereich stoßen dann die verschiedenen Interessenlagen, Werte, Überzeugungen, Anschauungen und Emotionen der beteiligten Gruppen zusammen und es kann dementsprechend zu Konflikten kommen, bei denen sich Aspekte aller drei Konfliktdimensionen zeigen. Typische und wichtige Beispiele für Unternehmungskonflikte im Gruppenbereich sind durch die Gegensatzpaare Stab - Linie, Kaufleute- Techniker, Produktion- Verkauf, Neue Garde- Alte Garde, Management- Arbeiter gekennzeichnet. Wesentliches Merkmal dieser Konflikte ist häufig eine unterschiedliche Einschätzung der jeweiligen Rolle durch die verschiedenen Gruppen. Stäbe z. B. sehen ihre Rolle anders als es die Linienvorgesetzten tun. Aufgrund ihres Spezialwissens glauben sich die Stabsleute häufig den Linienmanagern überlegen, diese wiederum sehen die Stabsangehörigen häufig als in ihr enges Spezialgebiet vertieft an, über das sie das Wohl der Gesamtunternehmung aus dem Auge verlieren (vgl. z. B McGregor [Unternehmen 163 ff.], Darton [Men 71 ff.]). Bei stark absatzorientierten Unternehmungen stehen die Marketingabteilungen häufig in Konflikt mit anderen Abteilungen (vgl. z. B.

74

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

Kotler [Marketing]). Konflikte zwischen Produktion und Absatz können z. B. entstehen, wenn der Verkaufsbereich aus Serviceüberlegungen heraus eine andere Produktionsreihenfolge wünscht, als dies im Produktionshereich aus Kostenüberlegungen heraus sinnvoll erscheint (vgl. z. B. die empirische Studie von W alton/Dutton!Fitch [Lateral 444 ff.]). In anderen Fällen kann seitens des Absatzbereichs aus Umsatzüberlegungen ein breites Sortiment gefordert werden, wogegen der Produktionsbereich aus Kostenüberlegungen ein enges Sortiment wünscht. Spannungen entstehen weiterhin, wenn eine Gruppe in der Unternehmung auf Innovationen drängt ("Neue Garde"), eine andere Widerstand dagegen ausübt ("Alte Garde") (vgl. Kahn et al. [Stress 128 ff.]). In Unternehmungen treten derartige Konflikte z. T. gleichzeitig auf, es kommt zu Überlappungen, was sowohl eskalierende als auch deeskalierende Effekte auslösen kann. Am letzten Beispiel wird deutlich, daß die Konfliktlinien sowohl horizontal, als auch vertikal verlaufen können, d. h. es kann sich bei Intergruppenkonflikten um Konflikte zwischen ranggleichen Gruppen oder/und rangungleichen Gruppen handeln. Im Falle Alte Garde Neue Garde werden beide Formen sich häufig vermischen. Eindeutig sind dagegen die Verhältnisse, wenn man den Gruppenkonflikt Management - Arbeiter betrachtet. Es erübrigt sich, hier Beispiele zu geben. Von Beschwerden über Dienst nach Vorschrift bis zu Streiks reicht hier die Palette der Reaktionsformen auf der einen, von Versetzungen über Entlassungen bis zu Aussperrungen auf der anderen Seite. cc) Determinanten Es fragt sich nun, welche Faktoren im Konfliktbereich zwischen den Gruppen für das Ausmaß und die Intensität von Konflikten von Bedeutung sind. Heuristisch fruchtbar ist auch hier wieder die gedankliche Isolierung dreier Haupteinflußbereiche: Problem, Situation und Eigenschaften der Rollenträgereinheit (hier also der Gruppen), die nach verschiedenen Gesichtspunkten weiter unterteilt werden können. Für die Problemstellung werden die Faktoren Aufforderungscharakter, Problemwertigkeit, Neuartigkeit und Komplexität wohl gleichermaßen von Bedeutung sein wie im Intragruppenbereich. Hinzu kommen zwei Einflüsse, die die spezifische Art des Problems andeuten, neben der Lösungszeit aber teilweise auch die Situation kennzeichnen. Bei Konflikten zwischen Gruppen kann es sich vorwiegend um zwei Problemkategorien handeln. Zum einen kann die Konkurrenz der

II. Konfliktfelder der Unternehmung

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Gruppen charakterisiert sein durch die gleichzeitige und im Ausmaß unverträgliche Anspruchserhebung auf die Verfügung über knappe Mittel (Budgets, Produktionskapazitäten etc.). Zum anderen kann eine Interdependenz in zeitlicher Hinsicht vorliegen, daß sich also zwei oder mehrere Gruppen über zeitliche Reihenfolgen einigen müssen (sequentielle Abhängigkeit). Das Ausmaß der durch diese beiden Komponenten bestimmten wechselseitigen Abhängigkeit der Gruppen ist eine Schlüsselgröße in der Untersuchung des Intergruppenkonflikts (vgl. W alton/ Dutton [Conflict 73 ff.]). Damit erscheinen Problem und Situation hinreichend beschrieben. Wiederum sind darüber hinaus Organisation und Kommunikation wichtig. Organisatorisch relevant ist vor allem die Klarheit und Vereinbarkeit der Zuständigkeiten. Unklare Kompetenzabgrenzung zwischen den Gruppen ist eine wichtige Konfliktursache, wie empirische Untersuchungen ergaben (Walton!Dutton/Cafferty [Context 527 ff.]). Informatorisch relevant und mit Konflikten zwischen Abteilungen stark korreliert ist der Umfang an Kommunikationsbarrieren, seien sie durch räumliche Trennung, Mangel an Wissen über die Aufgabe des Partners oder durch Mangel an wechselseitigem Verständnis bestimmt (Walton!Dutton/Cafferty [Context 527 ff.]). Betrachtet man das Verhältnis der Gruppen zueinander weitergehend, so lassen sich als wichtige Determinanten Vereinbarkeit der Ziele, der Werte und des Sozialklimas als analoge Übertragung der entsprechenden Faktoren des Intragruppenbereichs als wichtig ansehen. Hinzu kommt das Ausmaß, in dem organisatorische Barrieren für die wechselseitige Interaktion vorhanden sind. Umfang und Anzahl der formalen Kontaktbegrenzungen besitzen somit ebenfalls Konfliktaffinität (Walton!Dutton!Fitch [Lateral454]). Die Beschreibung der einzelnen Gruppen selbst soll hier vereinfacht zusammengeiaßt werden in dem Faktor: Konfliktbelastung in einer oder beiden Gruppen. Je größer die Konfliktbelastung innerhalb einer Gruppe, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich die Probleme einer Gruppe initiierend oder verschärfend auf das Verhältnis der Gruppen untereinander auswirkt. (1)

Problem und Situation Aufforderungscharakter Problemwertigkeit Neuartigkeit Komplexität Lösungszeit Knappheit der gemeinsamen Resourcen Sequentielle Abhängigkeit

stark hoch groß groß gering groß groß

schwach niedrig gering klein viel gering klein

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

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(2) Organisation und Kommunikation

Klarheit und Vereinbarkeit der Zuständigkeiten Kommunikationsbarrieren

unklar - - - - - k l a r viele - - - - - wenige

(3) Interaktion

Vereinbarkeit der Ziele Vereinbarkeit der Werte Vereinbarkeit des Sozialklimas Interaktionsbarrieren Konfliktbelastung der Gruppen

gering gering gering viele groß

-----stark -----stark -----stark - - - - - wenige -----klein ~Abnehmende Konfliktintensität ~Abnehmende Konflikthäufigkeit Abb. 7. Faktorenprofil der Konflikte zwischen Gruppen

d) Konflikte zwischen Unternehmung und Umwelt aa) Offenheit des Systems Unternehmung Mit den bisher behandelten Konfliktbereichen (Individuum, Gruppe, Gruppe-Gruppe) ist die Unternehmung als Spannungsystem bis an ihre Systemgrenzen heran beschrieben. Es genügt nun nicht, hier abzubrechen, sondern es muß vielmehr auch die Unternehmungsumwelt in die Betrachtung mit einbezogen werden. Genau wie innerhalb der Unternehmung jeder einzelne und jede Gruppe in die betriebliche Umwelt eingebettet und durch zahlreiche Beziehungen mit ihr verbunden ist, sieht sich auch die Unternehmung selbst einer komplexen Umwelt gegenüber, mit der sie in ständiger Wechselwirkung steht. Wie im Falle des Individualbereichs bereits konstatiert, würde auch das Außerachtlassen dieser Tatbestände die Vernachlässigung wichtiger Interdependenzenfelder bedeuten. Konzeptionell wurden Umweltbeziehungen bereits im globalen Rollenmodell der Unternehmung berücksichtigt (vgl. Abschnitt B II 1), nunmehr muß eine nähere Analyse dieses potentiellen Konfliktbereichs erfolgen. Vergegenwärtigt man sich den bisherigen Ablauf der Untersuchung, so wird damit die Betrachtungsrichtung umgekehrt. Wurden bisher die Konfliktbereiche der Unternehmung quasi von innen heraus entwickelt, also vom Individualbereich ausgehend und auf größere Einheiten übergehend, so wird nunmehr in anderer Richtung vorgegangen, indem der Blickpunkt nach außen in das Umsystem verlagert wird und von da aus die Wirkungen auf das System Unternehmung und seine Teilsysteme betrachtet werden. Systemanalytisch wird damit dem Tatbestand Rechnung getragen, daß die Unternehmung ein offenes System darstellt. Auch dieser Problempunkt weist in der Literatur bisher eine seiner Bedeutung unangemessen geringe Behandlung auf. Erst in jüngster

Il. Konfliktfelder der Unternehmung

77

Zeit wird der Offenheit von Systemen innerhalb der Betriebswirtschaftslehre gesteigerte Beachtung geschenkt. Dies gilt sowohl auf der Systemebene Unternehmung (vgl. hier vor allem Lawrence/Lorsch [Environment]), als auch auf der Ebene des Individuums (Kirsch [Entscheidungsprozesse I]). Entsprechend den raschen technologischen und politischen Umweltveränderungen, denen sich jede Unternehmung in mehr oder weniger starkem Umfang heutzutage ausgesetzt sieht, kann es als sicher gelten, daß derartige Ansätze in zunehmendem Maße an Bedeutung gewinnen werden. Wahrnehmung der Umweltveränderungen, Anpassungsfähigkeit und Erkennen der eigenen Möglichkeiten aktiver Gestaltung anhand externer und interner Informationen werden für erfolgreiche Unternehmungen wichtiger denn je. So sind für Bennis Adaptionsfähigkeiten (adaptability) und das Vermögen, die Umwelt richtig zu erkennen und zu deuten (capacity to test reality) neben der Integration der einzelnen Mitglieder in die Organisation -, die wichtigsten Eigenschaften eines gesunden Betriebes [Health 273]. Die Betonung der Anpassungsfähigkeit des Systems schließt natürlich nicht aus, daß die Unternehmung selbst aktiv auf die Umwelt einwirkt, aber diese Aktionsmöglichkeiten hängen in steigendem Umfang von breiter und differenzierter Umweltbeobachtung ab. Die Betonung des Umweltbereichs und seine Einbeziehung in das Konfliktmodell erscheinen gerade im Hinblick auf praktische Probleme wichtig. Es muß in den Unternehmungen Klarheit darüber herrschen, daß man sich "mit der Umwelt im Konflikt befinden" kann. Daran ändert nichts, daß derartige Spannungsverhältnisse sich meist nur indirekt über wachsende Konkurrenz, nachlassenden Absatz etc. bemerkbar machen. Im Gegenteil, gerade in der Latenz und der mangelnden Sichtbarkeit derartiger Spannungen zwischen den aktuellen Umweltmöglichkeiten und -forderungen und dem realisierten Rollenverhalten der Unternehmung muß eine wichtige Gestaltungsaufgabe eines Konflikt-Management gesehen werden, dessen permanente Fragestellung auf eine Überprüfung des Gleichschritts zwischen externer Veränderung und interner Entwicklung gerichtet sein muß. bb) Umwelt-Unternehmung-Beziehungen Konflikte sind allgemein Spannungen in den Beziehungen zwischen Elementen. Konflikte zwischen Umwelt und Unternehmung sind also Spannungen in den Beziehungen zwischen dem System Unternehmung und dem Umsystem Umwelt. So vielfältig diese Beziehungen sind, so vielfältig sind auch die Konfliktmöglichkeiten. Spannungsfelder der Umwelt können u. a. charakterisiert sein durch ökonomischen Druck, z. B. von Konkurrenten, Lieferanten, Banken, Tarifpartnern, durch po-

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

litisch-rechtlichen Druck im Inland oder Ausland und in steigendem Maße auch durch Druck der öffentlichen Meinung. Derartige Umwelteinflüsse können einerseits dazu führen, daß es zum Konflikt zwischen Unternehmung und Umwelt kommt. Andererseits kann es sein, daß die Unternehmung zwar nach außen hin in Übereinstimmung zur Umwelt reagiert, daß sie sich also gemäß den geänderten Rollenerwartungen verhält, daß dies aber innerhalb des Systems Unternehmung mit Konflikten verbunden ist. Es kann also sein, daß Umwelteinflüsse unternehmungsinterne Konflikte induzieren, Konflikte, in denen sich Kräfte, die eine Anpassung befürworten und solche, die einen Wandel verhindern wollen, gegenüberstehen. Man kann zur Charakterisierung dieser Spannungspole von akzelerierenden Kräften einerseits, retardierenden Kräften andererseits sprechen (vgl. Bendixen [Evolution 23]). Abb. 8 gibt den Sachverhalt wieder, daß nach außen hin die Unternehmung ihrer Rolle gerecht wird, dies aber mit internen Konflikten verbunden ist (ähnlich Bendixen [Evolution 23]).

Umwelt

Abb. 8. Umweltinduzierte Konflikte in der Unternehmung In diesem Schema stehen sich Umwelt und Unternehmung gewissermaßen unstrukturiert gegenüber, es wird also keine Aussage über den spezifischen Charakter der Beziehungen und die interne Unternehmungsstruktur gemacht. Mit steigender Unternehmungsgröße spiegelt sich nun jedoch die Komplexität und Differenziertheit der Umwelterwartungen auch in der Struktur der Unternehmung wider. Größere Betriebe spalten die Aufgabe der Umweltbeobachtung in verschiedene Teilaufgaben auf, die jeweils einer spezifischen Stelle oder Abteilung - einem strukturellen Subsystem also - zugewiesen werden. Jeder dieser Unternehmungsbereiche steht damit nur einem Teil der gesamten Unternehmungsumwelt, einer Subumwelt, gegenüber. Abb. 8 zeigt

II. Konfliktfelder der Unternehmung

79

e1mge typische Gegenüberstellungen am Beispiel eines Industriebetriebes auf (vgl. Lawrence/Lorsch [Developing 26 ff.], Staehle [Modelle 82]). Subsystem der Umwelt

Zuständiges Subsystem der Unternehmung

Wissenschaft und Technik

Forschung

Technologie und Investitionsgüterindustrie

Produktion

Lieferanten

Einkauf

Kunden und Konkurrenz

Verkauf

Arbeitsmarkt

Personal

Geld- und Kapitalmarkt

Finanzierung

Presse, Verbände etc.

Public Relations

Gesetzgebung, Behörden

Recht

Abb. 9. Aufteilung der Umweltbeziehungen Einem spezifischen Umweltbereich ist also jeweils ein Subsystem der Unternehmung zugeordnet. Die Stellen, die in den einzelnen Abteilungen direkten Kontakt zur Umwelt haben, können Grenzstellen (Luhmann [Funktionen 220]) resp. Grenzsysteme genannt werden. An der Grenze zwischen Umwelt und Unternehmung stehen also spezifische Grenzsysteme für die Pflege und Beobachtung der Beziehungen zu den jeweiligen Subumwelten bereit. Sind die Grenzsysteme Mehrpersoneneinheiten, dann geht die im Schema gezeigte Differenzierung noch weiter bis auf die Ebene des einzelnen Aufgabenträgers, der dann nur noch für einen bestimmten Ausschnitt oder Aspekt der Subumwelt und Unternehmungsrolle zuständig ist. Damit wird der Konnex zum Rollenmodell der Unternehmung deutlich. Einzelne oder mehrere Subumwelten konstituieren spezifische Rollen bzw. Rollensegmente der Unternehmung. In dem hier gezeigten Fall z. B. würden außer den Bereichen Public Relations und Recht die betreffenden Subumwelten, wenn man so will, die Rolle der Unternehmung als Produktionseinheit konstituieren. Alle diese Bereiche betreffen die Sachaufgabe der Unternehmung. Zu ihrer Charakterisierung wird daher auch von Aufgabenumwelt (task environment) gesprochen (vgl. Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 32] und die dort angegebene Literatur). Zur Aufgabe der Grenzsysteme gehört es dann, relevante Änderungen in den Rollen zu registrieren und weiterzuleiten. Die Grenzstellen fungieren also gewissermaßen als Rollenbeobachtungsein-

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

heiten. Sie sind "Antennen zur Warnung des Systems" (Luhmann [Funktionen 424]). Betont werden muß für die Aufgaben der Grenzstellen die Notwendigkeit, Konfliktpotentiale frühzeitig zu erkennen. Aus der Sicht der Unternehmung ist es wichtig und manchmal von existentieller Bedeutung, gerade latente Konflikte aufzuspüren, um rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen treffen zu können, die eine Manifestation des Konflikts verhindern bzw. um umgekehrt den Konflikt nach außen zu tragen, also z. B. auf die Konkurrenten zu verlagern, indem man selbst aktive Unternehmungspolitik betreibt. Für den einzelnen wird die Arbeit in einer Position an der Grenze zur Umwelt besonders konfliktgeladen sein. Die meisten Faktoren, die im Individualbereich die Problemstellung charakterisieren, also vor allem Problemwertigkeit, Neuartigkeit, Komplexität, Koordinationsgehalt und natürlich Bereichsüberschreitung weisen eine hohe Ausprägung auf, was für die einzelnen Aufgabenträger mit starker Konfliktaffinität einhergeht. Ihr Auftrag "zwingt sie, Verantwortung für neue Informationen zu übernehmen, Initiativen zu ergreifen, Rollenverpflichtungen über die Grenze hinweg einzugehen, zu verheimlichen und zu verteidigen, sich also immer wieder zum Status quo, zur entscheidenden Politik des Systems in Widerspruch zu setzen, Unruhe zu stiften" (Luhmann [Funktionen 224]). Hinzu kommt, daß der einzelne in der Grenzposition eine besondere Sensibilität entwickelt, er nimmt die Informationen über Änderungen eher und unverfälschter auf, als eine Person innerhalb des Systems und damit zusammenhängend entwickelt er häufig von der offiziellen Selbstdarstellung der Unternehmung abweichende Einstellungen (vgl. Luhmann [Funktionen 221 f.]). Träger-Rollen-Konflikte sind die Folge. Bei besonders enger Bindung an die betreffende Subumwelt kann es schließlich dazu kommen, daß der Verkehr zwischen den Systemen den Charakter eines eigenen Systems annimmt. Luhmann spricht daher in diesem Zusammenhang von Zwischensystemen [Funktionen 226] . Das Mitglied des Grenzsystems wird mit Erwartungen zweier Systeme konfrontiert. Es werden Aktivitäten gefordert, die im jeweils anderen System negativ sanktioniert sind. Besonders deutlich werden solche Rollenprobleme bei wichtigen Verhandlungen mit bestimmten Subumwelten. Die Verhandlungsgruppen nehmen dabei einen eigenständigen Systemcharakter an, und das Verhandlungsziel kann es für das Unternehmungsmitglied notwendig machen, dem Verhandlungspartner Zusagen und Hinweise zu geben, die vom Blickpunkt der Unternehmung aus unzulässig sind. Auch hier sind die möglichen Individualkonflikte evident.

II. Konfliktfelder der Unternehmung

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Für eine Konfliktbereichsbetrachtung ergibt sich dann, daß Änderungen im Umweltbereich u. U. zunächst nur von einem einzelnen wahrgenommen werden, dort evtl. Spannungen auslösen, die sich dann auf die betreffende Gruppe und von da aus auf andere Gruppen übertragen können, bis sich schließlich im Extremfall in der Unternehmung quer und/oder parallel zur aufbauorganisatorischen Struktur akzelerierende und retardierende Kräfte gegenüberstehen. Diese Konfliktprozesse können dadurch verstärkt oder abgeschwächt werden, daß aus anderen Grenzsystemen gegensätzliche oder unterstützende Impulse in die Unternehmung gelangen, womit sich die vielfältigsten Möglichkeiten wechselnder Koalitionen ergeben. cc) Determinanten Eine Analyse der Determinanten des Unternehmung-Umwelt-Konflikts muß sich beim derzeitigen Stand insbesondere der empirischen Forschung mit einem rohen Schema begnügen. Zunächst sind sicherlich auch hier einige der bereits bei der Erörterung der anderen Konfliktbereiche für die Charakterisierung des Problems und der Situation erarbeiteten Faktoren von Bedeutung. So dürften Aufforderungscharakter, Problemwertigkeit, Neuartigkeit und Komplexität des Problems gleichermaßen relevant sein für die Wahrscheinlichkeit des Konflikts wie Lösungszeit und bereits vorhandene Konfliktbelastung der Unternehmung. Das Ausmaß, in dem der einzelne, eine Gruppe oder mehrere Gruppen in der Unternehmung umweltinduzierten Konflikten ausgesetzt sind, hängt weiterhin - neben den bei der Analyse dieser Bereiche bereits erörterten Faktoren - von der spezifischen Beschaffenheit der Umwelt ab. Lawrence I Lorsch charakterisieren die Umwelt einer Unternehmung in anderem Zusammenhang mit den Merkmalen Sicherheit und Gleichartigkeit [Environment 14 ff.]. Diese Merkmale können auch hier Verwendung finden. Mit Sicherheit ist das Ausmaß an Umweltstabilität bzw. -Veränderung gemeint. Als eine Typisierung des Umweltcharakters im Hinblick auf die Sicherheitseigenschaft kann man z. B. die Einteilung von Emery I Trist ansehen, die vier Typen unterscheiden ([Texture 20 ff.]): (1) Ruhige Umgebung mit relativ gleichbleibenden Zielen und Störungen. (2) Ruhige Umgebung mit Zielen und Störungen, die verknüpft sind und bestimmte Strategien erfordern. 6 Krüger

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis (3) Reagierende, dynamische Umgebung, die Taktiken, Strategien, Operationen und Kontrollen erfordert. (4) Turbulente Felder.

Gleichartigkeit soll dann das Ausmaß charakterisieren, in dem sich verschiedene Subsysteme im Hinblick auf die Sicherheit ihrer Subumwelt unterscheiden. Ist also die Umwelt eines Subsystems sehr sicher, die eines anderen sehr unsicher, so sprechen Lawrence I Lorsch von Ungleichartigkeit. Abb. 10 zeigt die genannten Faktoren im Überblick. (1) Problem und Situation

Aufforderungscharakter Problemwertigkeit Neuartigkeit Komplexität Lösungszeit Konfliktbelastung der Unternehmung

stark - - - - hoch groß groß gering groß

schwach niedrig gering klein viel klein

(2) Umweltbeschaffenheit

Sicherheit Gleichartigkeit

unsicher sicher ungleichartig gleichartig --+ Abnehmende Konfliktintensität ---+ Abnehmende Konflikthäufigkeit Abb. 10. Faktorenprofil von Konflikten zwischen Unternehmung und Umwelt Mit der Behandlung der Umweltbeziehungen ist nunmehr die Beschreibung der Konfliktbereiche und damit die Analyse der Konfliktfelder abgeschlossen. Ursachen, Erscheinungsformen, Dimensionen und Einflußfaktoren des Konfliktgeschehens sind umrissen. Daran anknüpfend taucht nun die unternehmungspolitisch relevante Frage auf, welche Wirkungen und Reaktionsformen bei einzelnen und/oder Gruppen im Konfliktfall in Erscheinung treten und wie diese Verhaltensweisen seitens der Unternehmung zu beurteilen sind.

111. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen 1.

Konzeption

a) Konflikte als Verhaltensgeneratoren Die bisherigen Überlegungen konzipierten den ersten Teil eines Konfliktmodells der Unternehmung und stellten dabei insbesondere den Aufbau eines Konfliktfeldes dar. Es wurde eine Konzeption entwickelt, in der ein spezifisches Unternehmungskonfliktfeld unter drei Aspekten gesehen wird. Die dimensionale Analyse zeigt zunächst die

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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möglichen Ebenen des Geschehens auf, die Darstellung der Erscheinungsformen liefert eine artenmäßige Betrachtung auf der Basis des hier zugrunde liegenden Rollenansatzes und die Bereichsüberlegungen geben Hinweise auf den Umfang des entstehenden Konfliktfeldes. Die Determinantenbetrachtung im Anschluß an die Erörterung der einzelnen Konfliktbereiche bietet dabei die Möglichkeit, der Genesis des Konfliktgeschehens auf die Spur zu kommen. In Verfolgung der weiteren Entwicklung des Geschehens stellt sich nun die Frage, welche Reaktionen auf Konflikte in der Realität auftreten und welche Wirkungen von diesen Reaktionen ausgehen. Erst mit der Klärung dieser Probleme ist die Unternehmung in ihren konfliktären Bezügen hinreichend charakterisiert und erst dann kann man zu technologisch orientierten Aussagen übergehen. Zur Einleitung der Wirkungsanalysen bedarf es zunächst einer Erläuterung der grundlegenden Betrachtungsposition des Konfliktgeschehens. In der Literatur wird in aller Regel implizit und z. T. auch explizit davon ausgegangen, daß das Entstehen und die Wahrnehmung eines Konflikts unmittelbar zu Aktivitäten der Konfliktlösung führe. So führen z. B. March I Sirnon ohne nähere Erläuterung aus, daß auf die Wahrnehmung des Konflikts Motivation zur Konfliktreduktion folge. ("We assume that were conflict is perceived, motivation to reduce conflict is generated." [Organizations 115]). In ähnlicher Weise beschränkt sich Kirsch bei der Analyse des intraindividuellen Konflikts auf Suchverhalten und Anspruchsanpassung als Reaktionsformen [Entscheidungsprozesse I, 106]. Im Hinblick auf die Realproblematik erscheint diese Konzeption als zu eng und in ihrer zwangslaufähnlichen Koppelung von Konflikt und Konfliktlösung zu undifferenziert. Wie die Realität zeigt, treten nach Wahrnehmung des Konflikts verschiedene Verhaltensweisen auf. Eine Person oder Gruppe kann sich also auch in anderer als in konfliktlösender Weise verhalten. Sie kann sich konfliktneutral verhalten, den Konflikt leugnen oder sogar einen wahrgenommenen Konflikt noch verschärfen, z. B. wenn taktische Gründe dies geboten erscheinen lassen. Derartige Phänomene bleiben bei March I Sirnon außer Ansatz. Diese Autoren fassen - ihrer Konzeption entsprechend - Konflikte als Generatoren von Suchverhalten auf [Organizations 115]. Demgegenüber wird hier die Richtung des Verhaltens nicht allein auf eine Konfliktreduktion eingeengt, sondern es wird davon ausgegangen, daß Konflikte lediglich allgemein verhaltensgenerierende Wirkung besitzen, wobei aber offen bleibt, welcher Art dieses Verhalten ist. Beiden Konzeptionen gemeinsam ist der äußerst bedeutungsvolle Tatbestand, daß Spannungen verhaltenssteuernde Effekte haben, Konflikte also als

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

Verhaltensgeneratoren aufgefaßt werden können. Im Sinne einer umfassenden und möglichst realitätsgerechten Analyse wird hier jedoch keine generelle Annahme darüber zugrunde gelegt, welches Ausmaß und welche Richtung dieser Effekt hat. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, in einer weiterführenden Betrachtung bewußtmachende und unterdrückende, ausweichende und neutrale, eskalierende und deeskalierende Reaktionsformen in die Überlegungen einzubeziehen. Die verhaltensgenerierende Wirkung des Konflikts manifestiert sich grundsätzlich in zweierlei Weise. Zunächst löst jeder wahrgenommene Konflikt eine Reaktion aus, die in einem Tun oder Unterlassen bestehen kann, m. a. W. es kommt zu Handhabungsversuchen mit Hilfe verschiedener Handhabungsformen (zum Begriff vgl. Thiele [Konflikt 24]). Lösungsversuche i. S. eines Abbaus der Spannung stellen dabei wie gesagt nur einen der möglichen Handhabungstypen dar. Im Verlauf und als Ergebnis der Handhabungsprozesse ergeben sich dann typische Wirkungen auf die beteiligten Konfliktparteien, auf deren Beziehungen zueinander und auf das Gesamtsystem Unternehmung. Betrachtet man den Spannungszustand kausalgenetisch als Ursache, so sind sowohl die Handhabungsversuche als auch ihre Effekte als Wirkungen des Konflikts anzusehen. Wenn im folgenden von Wirkungen des Konflikts gesprochen wird, so sind damit jedoch nur diejenigen Einflüsse gemeint, die aus den Reaktionsformen resultieren, nicht aber diese selbst.

b) Systematik So vielfältig die Ursachen, Intensitäten, Gegenstände und Erscheinungsformen des Konflikts in der Unternehmung sind, so vielfältig sind auch die möglichen Handhabungsformen und ihre Wirkungen. Entsprechend dieser realen Vielfalt der Reaktionsweisen ist jeder Systematisierungsversuch nicht unproblematisch und muß notwendigerweise unvollkommen bleiben. Vor der Betrachtung der einzelnen Handhabungsformen ist es zweckmäßig, sich deren Stoßrichtung zu vergegenwärtigen. Wendet man das Systemdenken auf die Handhabungsformen des Konflikts an, dann zeigen sich die Gemeinsamkeiten vieler Typen. Allen Handhabungsversuchen gemeinsam ist die Reaktion auf Spannungen. Ruft man sich die systemtheoretische Definition des Konflikts als einem Spannungszustand in den Beziehungen zwischen Elementen ins Gedächtnis zurück, so wird deutlich, welche Reaktionstypen systemtheoretisch denkbar sind. Zunächst besteht die Möglichkeit, die Spannung zu verschärfen bzw. sie bei latenten Konflikten überhaupt erst bewußt zu machen. In beiden Fällen liegen Reaktionsrichtungen vor, die zunächst keine

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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Reduktion des Konflikts bewirken. Um eine Spannungsüberwindung herbeizuführen, muß vielmehr versucht werden, entweder auf die Elemente einzuwirken in Richtung auf eine Änderung der konfliktbeziehungsrelevanten Eigenschaften, oder aber man reagiert in der Weise, daß man die Beziehung, in der sich die Spannung manifestiert, einfriert oder abbricht. Die genannten Reaktionsformen versuchen, direkt auf die Spannungsbeziehungen Einfluß zu nehmen. Daneben sind aber auch indirekte Einflußversuche möglich. Gemeint sind damit solche Formen, in denen über andere bestehende Beziehungen reagiert wird. Dies ist z. B. bei kompensatorischen Effekten der Fall. Schließlich und nicht zuletzt ist als radikalste und "endgültigste" Reaktionsform die Eliminierung von konfligierenden Elementen aus dem jeweils betrach~ teten System möglich, aus einem Zielsystem z. B. können einzelne Ziele gestrichen werden, im Falle von Personensystemen können einzelne oder mehrere Personen entlassen oder versetzt werden. Es werden dann einzelne spezielle Konfliktursachen beseitigt. Die generellen Ursachen von Konflikten und ihre Unaufhebbarkeit bleiben hiervon allerdings unberührt. Alle realen Handhabungsformen weisen eines oder mehrere der beschriebenen Merkmale auf. Man könnte also den Systemansatz als Systematisierungsbasis verwenden. Dies erscheint jedoch für den Untersuchungszweck als zu schematisch und im Abstraktionsniveau zu hoch. Hier wird aus konzeptionellen Gründen und nicht zuletzt unter pragmatischen Aspekten eine Systematik vorgezogen, in der die Handhabungsformen zunächst nach den einzelnen Konfliktbereichen unterschieden werden und dann weitergehend verschiedene andere Merkmale zur weiteren Unterteilung herangezogen werden. Daß sich dabei in den systemtheoretischen Grundstrukturen Ähnlichkeiten und Wiederholungen zeigen, ergibt sich nach dem eben Gesagten zwangsläufig und dürfte nicht ohne heuristische Fruchtbarkeit für die Analyse praktischer Probleme sein. Eine Vereinfachung, die sinnvoll und zweckmäßig erscheint, wird dabei insofern vorgenommen, als Konflikte in und zwischen Gruppen zusammengeiaßt werden. Die weitgehende Identität der dabei zum Zuge kommenden Handhabungsformen rechtfertigt dieses Vorgehen. Die Analyse der verschiedenen Reaktionsformen erfolgt in isolierender Betrachtung. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß in der Realität häufig einzelne Handhabungsformen z. T. zyklisch aufeinander folgen, daß die Verhaltenstypen also Episoden eines Konfliktprozesses charakterisieren. Machtkämpfe können z. B. mit dem Rückzug einer Partei enden, woran sich später neue Machtkämpfe anschließen etc. (vgl. Thiele [Konflikte 121]). Weiterhin kann ein einzelnes Konfliktproblem parallel mit verschiedenen Handhabungsversuchen

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

der Parteien angegangen werden, so können z. B. gleichzeitig Machtkämpfe und Verhandlungen stattfinden und schließlich können in der Realität vielfältige Mischformen der verschiedenen Verhaltensweisen auftreten. 2. Handhabungsformen des Konflikts im Individualbereich

Das Individuum kann seine Konflikte grundsätzlich auf zweierlei Art handhaben. Zum einen kann es sich auf intellektueller Basis um eine mehr bewußte Reaktion im Konfliktfeld bemühen, zum anderen kann es mehr unbewußte, psychologische Reaktionsformen wie Aggression, Sublimierung usw. zeigen. Auch diese Trennung ist realiter schwierig, beide Verhaltenskategorien können sukzessive oder parallel auftreten und sind durchaus interdependent. Bei der folgenden Übersicht über die Reaktionstypen wird davon ausgegangen, daß die betrachteten Formen zunächst nicht zu einem Ausweiten des Konflikts auf andere Bereiche führen. Der einzelne versucht also zunächst, alleine mit den Schwierigkeiten fertig zu werden, er bemüht sich durch Aktivitäten, die nicht immer direkt in seine Umgebung hineinwirken, seiner Rollenbelastung Herr zu werden. In manchen Fällen, in denen seine Aktivitäten in die Umgebung reichen (z. B. Aggression) und eine hohe Intensität aufweisen, kann es dann zu einer Ausweitung in überindividuelle Konflikte kommen, deren Handhabung im weiteren Verlauf noch darzustellen ist. In der Literatur werden die rein psychischen und vorwiegend unbewußten Reaktionsformen häufig aus der Betrachtung ausgeschlossen (so z. B. March I Simon [Organizations], Walton I McKersie [Negotiations] und Kirsch [Entscheidungsprozesse I, 106]). Eine umfassende problemorientierte Konfliktbeschreibung muß sich jedoch auch um die Einbeziehung derartiger Phänomene bemühen, dies nicht zuletzt ebenfalls unter pragmatischen Gesichtspunkten, denn im konkreten Einzelfall lassen sich häufig Verhaltensweisen von Aufgabenträgern nur aus diesen psychologischen Reaktionsformen heraus erklären, die durchaus nicht nur neurotisch zu sehen sind, sondern auch beim normalen Alltagsmenschen auftreten (Hofstätter [Psychologie 215]).

a) Suchverhalten und Anspruchsanpassung 1. Intellektuell-bewußte Mechanismen der Konflikthandhabung sind für die bei der Erörterung des Individualbereichs geschilderten Konflikttypen Nichtvergleichbarkeit, Nichtakzeptierbarkeit und Unsicherheit vor allem Suchverhalten und Anspruchsanpassung (vgl. zum folgenden March I Simon [Organizations 115 ff.] und Kirsch [Entscheidungsprozesse I, 106 ff.]). Suchverhalten wird vor allem zunächst ausgelöst, wenn Nichtakzeptierbarkeit vorliegt, m. a. W. das Individuum

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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sucht nach weiteren Alternativen, um zu einer Lösung durch Erhalt akzeptabler Alternativen zu gelangen. Gelingt dies nicht, dann erfolgt eine Reduktion der Ansprüche zur Auflösung des Konflikts. Liegt Unsicherheit vor, so wird das Individuum zunächst nach zusätzlichen Informationen und bei Mißlingen oder Aussichtslosigkeit dieser Versuche nach weiteren Alternativen suchen. Im Falle der Nichtvergleichbarkeit kann entweder nach zusätzlichen Kriterien gesucht werden, die eine Rangordnung der Alternativen ermöglichen, oder aber es setzt eine Suche nach neuen Alternativen ein, die den bisherigen überlegen sind. Ist mit Hilfe von Suchaktivitäten keine Konfliktlösung zu erreichen, dann setzt Anspruchsanpassung ein. Dies ist besonders deutlich im Falle der Nichtakzeptierbarkeit. Hier bewirkt eine Anspruchsreduzierung einen Übergang von unakzeptablen zu guten Alternativen und damit eine Konfliktlösung. Im Falle der reinen Nichtvergleichbarkeit (Zeile 1 von Abb. 2), wenn also mehrere gute Alternativen vorliegen, kann eine Erhöhung des Anspruchsniveaus erfolgen. Die Erhöhung des einen oder anderen Anspruchsniveaus hebt den Konflikt auf. Sind Nichtvergleichbarkeit und Nichtakzeptierbarkeit gekoppelt, dann wird eine Senkung der Ansprüche meist auch eine neue Einstufung der Alternativen bewirken und den Konflikt lösen. 2. Eine durch Suchverhalten und Anspruchsanpassung charakterisierte Konfliktbewältigung, die vorwiegend in der bewußten Sphäre des einzelnen stattfindet, bewirkt in erster Linie einen Lernvorgang. Das Individuum hat entweder auf dem Wege der Suche eine befriedigende Lösungsalternative gefunden und damit das Problem überwunden, oder aber die Barriere durch eine Anspruchsanpassung durchbrachen, womit eine realistischere Selbsteinschätzung verbunden ist. In den Fällen des Suchverhaltens und der Anspruchsanpassung nach oben kommt es zu einem Erfolgserlebnis, das dazu beiträgt, Unzufriedenheit zu beseitigen oder sogar Zufriedenheit herbeizuführen. Ob und in welchem Maße Zufriedenheit aus einer Konfliktbewältigung resultiert, scheint in traditionellen Organisationsformen vor allem eine Frage des Ranges der betreffenden Person zu sein. Wie Kahn et al. in Bestätigung früherer Untersuchungen (Kasl I French [Health]) feststellten, nimmt mit steigendem Rang in der Hierarchie die Zufriedenheit der Aufgabenträger zu ([Stress 139 ff.], ähnlich auch Myers [Conditions 61]). Dieses Ergebnis wirkt dann überraschend, wenn man sich andererseits den empirischen Befund vergegenwärtigt, daß mit steigendem Rang auch der Konfliktgrad für den einzelnen gleichmäßig zunimmt [Stress 143 ff.]. Damit ergibt sich, daß um so größer der Konflikt, desto größer die Zufriedenheit des Individuums. In dieser Zuspitzung drückt

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

sich natürlich eine Nonsenskorrelation aus, aber dennoch ist das Ergebnis der Gegenüberstellung in seiner Eindeutigkeit zunächst verblüffend. Es müssen offensichtlich intervenierende Variable vorliegen, die zu dem Resultat führen. Für eine Konfliktsteuerung ist ein solcher Zusammenhang von eminenter Bedeutung, denn er besagt nichts anderes, als daß es unter bestimmten Bedingungen offensichtlich möglich sein muß, Aufgabenträger stärkerer Belastung auszusetzen und dabei nicht nur keinen Abfall in der Zufriedenheit, sondern sogar eine steigende Zufriedenheit zu erzielen. Das Konflikt-Management hätte dann im Individualbereich die Aufgabe, die Bedingungen herzustellen, unter denen sich ein solcher Zusammenhang ergibt. Die wichtige Frage, welcher Art diese Bedingungen sind, dürfte sich am ehesten unter Hinzuziehung motivatorischer Überlegungen beantworten lassen. Die Ansätze der Motivationstheorie sind nun allerdings äußerst vielfältig, schwer überschaubar und bisher in betriebswirtschaftlichen Überlegungen nur peripher zum Zuge gekommen. Zunächst ist daher kurz auf die Frage einzugehen, worin denn die spezifisch betriebswirtschaftliche Komponente motivationstheoretischer Überlegungen zu erblicken ist, wo also das Bindeglied zwischen Motivationstheorie und Mikroökonomie liegt. Geht man zur Beantwortung dieser Frage von einer entscheidungsorientierten Grundhaltung aus, so dürften es die Fragen der Zielbildung und Zielverfolgung sein, für die motivationstheoretische Aussagen von Belang sind. Drei Problemkreise erscheinen dabei wichtig: (1) Von betriebswirtschaftlich höchstem Interesse ist die Frage, wie man Ziele der Unternehmung auf Personen übertragen kann. (2) Weiterhin wichtig ist die Frage, wie eine Erhöhung des Anspruchsniveaus erreicht werden kann. (3) Schließlich wäre die Frage zu klären, wie eine Intensivierung des Zielstrebens der einzelnen Aufgabenträger initiiert werden kann. Diese drei miteinander eng verzahnten Fragestellungen dürften aus entscheidungsorientierter Sicht Hauptgegenstand für eine Motivationstheorie sein. Motivation ist dann begrifflich - ähnlich anderen Termini wie Organisation und Information - zum einen als die Tätigkeit des Motivierens i. S. der hier genannten drei Aktionsbereiche und zum anderen als das Ergebnis dieser Tätigkeit i. S. des Motiviertseins der Personen aufzufassen. Von den vielfältigen Ansätzen zur Erklärung des Motivationsgeschehens sind für betriebswirtschaftliche Zwecke vor allem diejenigen von Maslow und Herzberg hervorzuheben. Diese beiden miteinander kom-

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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patiblen Ansätze sind durch empirische Befunde weitgehend abgesichert und bisher nicht eindeutig widerlegt worden, weshalb sie hier zur Erklärung herangezogen werden sollen. Die Überlegungen von Maslow zielen zunächst darauf ab, die Vielfältigkeit menschlicher Beweggründe sinnvoll einzuteilen und er gelangt zu einer Klassifizierung in physische, soziale und psychische Bedürfnisse (physical, social, ego needs) [Motivation]. Die Befriedigung dieser Bedürfnisse erfolgt nach Maslow weitgehend in der genannten Reihenfolge. Erst nach Befriedigung der vorherliegenden Stufen erfolgt ein Übergang auf die nächste Bedürfnisklasse. Zu den physical needs rechnet Maslow physiologische Grundbedürfnisse wie Hunger und Durst sowie Sicherheits- und Schutzbedürfnisse. Social needs umfassen Dazugehörigkeit und soziales Wirken sowie Ansehen und Status, ego needs schließlich beinhalten Selbstverwirklichung und Erfüllung. Diese Hierarchie der Bedürfnisse ist als tendenzielle Dringlichkeitsordnung der individuellen Motive zu interpretieren (vgl. Kirsch [Entscheidungsprozesse I, 115 f.]). Herzberg hat nun, z. T. in Zusammenarbeit mit anderen Autoren, diese Kategorien von Motiven im Hinblick auf ihren Zusammenhang mit der Arbeitszufriedenheit untersucht (vgl. zum folgenden Herzberg I Mausner I Snyderman [Motivations], Herzberg [Work], [Employees]). Geht man von einem theoretischen Neutralpunkt der Zufriedenheit aus, einem Punkt also, an dem das Individuum weder zufrieden noch unzufrieden mit seiner Aufgabe ist, so lassen sich Leistungsanreiz und Zufriedenheit nur mit sog. satisfiers als Anreizen erreichen. Ihr Fehlen verhindert zwar Zufriedenheit, löst aber keine Unzufriedenheit aus. Diese Einstellung zur Aufgabe wird vielmehr beim Fehlen der sog. dissatisfiers hervorgerufen, deren Anwesenheit umgekehrt allerdings zwar Unzufriedenheit beseitigt, aber nicht zur Zufriedenheit führt (vgl. Herzberg I Mausner I Snyderman [Motivation 111 f.]). Herzberg behandelt vorwiegend die psychischen ego needs als satisfiers, physische und soziale Faktoren dagegen als dissatisfiers (vgl. z. B. Herzberg [Employees]). Dieser allgemeine Befund kann jedoch auch noch dahingehend modifiziert werden, daß es durchaus Personen gibt, die bereits durch Ausgestaltung von dissatisfiers zu motivieren sind (maintenance seekers) und andere, die erst durch Maßnahmen im Bereich der ego needs stimuliert werden können (motivation seekers). Kehrt man nun zu der eingangs skizzierten Nonsenskorrelation zurück, so wird auf der Basis dieser Ergebnisse klar, warum mit steigendem Rang in der Hierarchie die Zufriedenheit wächst, denn unbestreitbar bringt ein Aufstieg in der Hierarchie auch steigende Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung mit sich, und zwar vor allem auch im Bereich der ego needs.

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

Die Motivationsstruktur und das Ausmaß des Motiviertseins können also als die wesentlichen intervenierenden Variablen zwischen Konflikt und Zufriedenheit angesehen werden, m. a. W. je stärker ein Aufgabenträger motiviert ist, desto höher ist seine Belastbarkeit, desto größer also seine Kapazität, Konflikte zu absorbieren. Entsprechend motiviert, wird ein Aufgabenträger Spannungen und die darin verkörperten Probleme als eine Herausforderung an seine Problemlösungsfähigkeiten empfinden und in der Problembewältigung einen Weg sehen, sich selbst zu bestätigen und zu verwirklichen.

b) Abwehrmechanismen 1. Gelingt eine Bewältigung der individuellen Probleme auf den geschilderten Wegen nicht, erscheinen die Hindernisse zur Erreichung der Ziele dem einzelnen als unüberwindbar, so kommt es zur Frustration des Individuums und im Anschluß daran zu Verhaltensweisen, die aus der mangelnden Anpassung resultieren. In der psychologischen Literatur werden derartige Reaktionen unter dem Sammelbegriff Abwehrmechanismen subsumiert. Sie dienen dazu, das gestörte Selbstgefühl des Individuums wiederherzustellen. Ihr Auftreten ist um so wahrscheinlicher, desto schärfer der Konflikt im Individualbereich ist. Art und Systematisierung der Abwehrmechanismen sind vielfältig. So nennt Hofstätter zwölf, Argyris sechzehn verschiedene Abwehrreaktionen [Psychologie 215 ff.], [Personality 36 ff.]. Allen Typen gemeinsam ist, daß die eigentlichen Problemursachen unberührt bleiben, die Abwehrreaktion also lediglich zu einer Scheinlösung führt (vgl. Argyris [Personality 37]).

Auf alle Formen im einzelnen einzugehen, ist im Rahmen dieser Untersuchung unmöglich, eine hinweisartige Behandlung für wichtig erachteter Mechanismen muß genügen (vgl. zum folgenden Hofstätter [Psychologie 215 ff.], Argyris [Personality 36 ff.], Kazmier [Principles 209 ff.] sowie die dort angegebene Literatur). Ein wichtiger, zuerst von Dollard et al. [Frustration] angenommener, Zusammenhang besteht zwischen Frustration und aggressivem Verhalten. Aggression kann sich direkt oder indirekt (umgeleitet) äußern. Wenn ein Vorarbeiter oder Meister eines Industriebetriebes bei einem Inspektionsrundgang Ausschuß feststellt und durch Anbrüllen der Arbeitnehmer reagiert, dann kann es sich um direkte Aggression handeln. Umgeleitete Aggressionen richten sich auf Objekte oder Personen ohne direkten Bezug zum eigentlichen Problem, so z. B. wenn häusliche Schwierigkeiten der Anlaß sind, im Betrieb Unruhe zu stiften. Abwesenheitsraten, Fluktuationsraten, Krankheiten und selbst die Häufig-

111. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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keit von Unfällen können Symptome für derartige Umleitungen sein (Dahrendorf [Sozialstruktur 50 ff.]). Das psychologische Gegenstück zur Aggressionshaltung stellt die Rückzugshaltung dar. Dabei handelt es sich zum einen um die sog. Regression, die Reaktivierung weniger reifer, den "frühen Kindheitsphasen entsprechender Verhaltensmuster" (Hofstätter [Psychologie 215]), so z. B. wenn eine weibliche Angestellte nach einer Rüge weinend zusammenbricht. Zum anderen gehören zur Rückzugshaltung Verhaltensweisen, die als seelische Abkapselung bezeichnet werden können, häufig signalisiert durch überkorrektes Verhalten und Meidung informeller Kontakte. Ein weiterer Abwehrmechanismus, der hier relevant ist, äußert sich in Form der sog. Kompensation. Dafür, daß ein bestimmtes erstrebtes Ziel nicht erreicht wurde, ersetzt der Betreffende dieses Ziel durch ein anderes, dessen Erreichung möglich ist. Wenn ein Abteilungsleiter sich damit brüstet, daß seine Abteilung früher als alle anderen einen geforderten Bericht fertiggestellt hat, dann kann sich dahinter ein kompensatorischer Effekt verbergen. Wichtig ist schließlich eine Abwehrreaktion, die in nachträglicher Rechtfertigung und Scheinbegründung besteht und als Rationalisierung bezeichnet wird. Rationalisierung kann einerseits darin bestehen, daß man ein nicht erreichtes Ziel nachträglich abwertet und somit die subjektive Bedeutung des Konflikts verringert, oder sich andererseits darin zeigen, daß im Nachhinein versucht wird, einem Fehlschlag gute Seiten abzugewinnen. Ist allen bisher behandelten Abwehrmechanismen gemeinsam, daß in ihnen der Konflikt als solcher zumindest unbewußt zur Kenntnis genommen wird, so gibt es außerdem eine Reihe mit Verdrängung, Leugnung und Unterdrückung charakterisierter Verhaltensformen, die darauf abzielen, die Existenz eines Spannungszustandes überhaupt nicht erst manifestiert werden zu lassen und seine Wahrnehmung zu verhindern. 2. Für den einzelnen bedeutet das unbewußte Abwehren des Konflikts zunächst eine willkommene Spannungsreduktion. Soweit der Reaktionsmechanismus in die Umwelt hineinwirkt, wie z. B. im Falle der Aggression, wird eine Beurteilung vom Standpunkt der Gruppe aus allerdings kaum positiv ausfallen. Ein Ausweiten des Konflikts mit Rückwirkungen auf die auslösende Person ist in solchen Fällen sehr gut möglich, Zusammenbrüche in den Beziehungen können die Folge sein. In den meisten Fällen dürfte zumindest eine sozio-emotionelle Aufladung der Atmosphäre stattfinden, in der sachliche Problemlösungen kaum gedeihen können. Aber selbst wenn es dazu nicht kommen sollte,

B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

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bleibt der Konflikt für den einzelnen in seinen realen Gegebenheiten bestehen und es ist sehr die Frage, ob eine langfristige Abwehrreaktion möglich ist, ohne daß das Problem immer wieder zum Bewußtsein kommt. Bei intensiven und länger andauernden Abwehrprozessen treten sogar psychisch bedingte Gefahren für die Gesundheit auf, die sich innerbetrieblich in Abwesenheits- und Fluktuationsraten, hohem Krankenstand und sogar in Unfällen äußern können (vgl. z. B. Dahrendorf [Sozialstruktur 50 ff.]). Im Rahmen des Konflikt-Management wird daher derartigen Phänomenen besondere Beachtung geschenkt werden müssen. 3. Konflikthandhabung in und zwischen Gruppen

Neben den Mechanismen intrapersoneller Konfliktbewältigung müssen auch die Formen der Konflikthandhabung in und zwischen Gruppen untersucht werden. Die Systematisierungsversuche interpersoneller und kollektiver Konflikthandhabungsformen sind in der Literatur durchaus zahlreich (vgl. z. B. Dahrendorf [Konflikt 229 f.], Boulding [Conflict 308 ff.], March I Simon [Organizations 129 ff.], Schmidt I Tannenbaum [Differences 108]). In der deutschsprachigen Literatur hat Thiele in jüngster Zeit diese Kategorie der Handhabungsformen eingehend untersucht und in weitgehender Anlehnung, aber auch Erweiterung einer von Blake I Shephard I Mouton vorgenommenen Einteilung ausführlich dargestellt (Thiele [Konflikte 117 ff.], Blake I Shephard I Mouton [Managing]). Die folgenden Ausführungen können daher im Aufbau Bezug auf die dort dargestellten Ergebnisse nehmen und sich auf eine Übersicht der wichtigsten Aspekte beschränken. Zur Systematisierung werden von Thiele drei Merkmale verwendet ([Konflikte 117]): (1) "In welchem Umfang ist ein vorhandener Konflikt den beteiligten Entscheidungsträgern bewußt? (2) Läßt sich der Konflikt umgehen? (3) Ist ein Interessenausgleich möglich?" Anband dieser Merkmale ergeben sich vier Grundkategorien der Konflikthandhabung, die von Thiele als Typ A-D bezeichnet werden ([Konflikte 117 f.]): Typ A:

Konflikt unumgehbar- Interessenausgleich unmöglich

Typ B:

Konflikt umgehbar-Interessenausgleich unmöglich

Typ C:

Konflikt unumgehbar- Interessenausgleich möglich

Typ D:

Konflikt latent vorhanden- Bewußtmachung notwendig.

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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Während die ersten drei Typen offene Konflikte behandeln, zielt Typ D auf latente Konflikte ab. Typ A und C werden für den hier verfolgten Zweck zu Formen der Konfliktaustragung zusammengefaßt. Typ B beinhaltet Formen der Konfliktumgehung, die auf Gruppenebene etwa dem entsprechen, was im Individualbereich die Kategorie der Abwehrmechanismen bedeutet.

a) Konfliktaustragung Ist ein Interessenausgleich unmöglich (Typ A), dann kann die Konfliktaustragung drei Formen annehmen: Gewinn-Verlust-Machtkämpfe, Drittparteien-Urteil, Zufallsurteil (vgl. hierzu Thiele [Konflikte 123 ff.]). In allen Fällen gehen die beteiligten Parteien, also Individuen oder Gruppen, davon aus, daß ein Interessenausgleich nicht möglich oder unerwünscht ist. Einseitige Interessendurchsetzung wird also angestrebt. Eine zweite Kategorie von Konfliktaustragungsformen betrifft dagegen diejenigen Fälle, in denen ein Konflikt zwar unvermeidbar ist, aber ein Interessenausgleich zwischen den Beteiligten möglich oder wünschenswert erscheint (Typ C). Es wird also nicht auf einseitige Interessendurchsetzung abgezielt, sondern auf gegenseitige Interessenberücksichtigung (vgl. zu dieser Einteilung auch Bidlingmaier [Zielkonflikte 132]). Blake I Shephard I Mauton und im Anschluß daran Thiele unterscheiden drei Reaktionsformen: Problem-Lösen, Teilen des Streitwerts, Friedliche Koexistenz [Managing 70 ff.], [Konflikte 213 ff.]. Die genannten sechs Austragungsmodi des Konflikts sollen im folgenden in Anlehnung an Thiele kurz skizziert werden. aa) Gewinn-Verlust-Machtkämpfe 1. Der Begriff des Gewinn-Verlust-Machtkampfs bezieht sich auf alle Aktivitäten, mit denen eine Partei versucht, eine eindeutige Dominanz ihrer Interessenlage herbeizuführen, d. h. umgekehrt die konträre Interessenlage zu unterdrücken. Unter den Begriff fallen also sowohl umfangreiche Machtprozesse, wie sie sich z. B. beim Kampf um die Trägerschaft in der Unternehmung abspielen können, als auch so alltägliche Ereignisse wie das widerwillige Unterordnen eines Untergebenen unter den Befehl eines Vorgesetzten, das "Konfliktlösen" durch Anwendung hierarchischer Autorität also.

Machtkämpfe können sich zwischen Personen und Gruppen gleicher oder verschiedener Rangebene abspielen. Man spricht entsprechend von horizontalen resp. vertikalen Kämpfen. Im Falle vertikaler Kämpfe

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

können von beiden Seiten, also sowohl von der ranghöheren als auch von der rangniedrigeren Seite Maßnahmen angewendet werden, die unter Strafandrohung und Informationsmanipulation subsumiert werden können. Strafandrohung seitens der Vorgesetzten ist dabei umfassend gemeint als Androhung negativer Sanktionen von Zurechtweisung bis Entlassung (vgl. zu den Sanktionen Gronau [Rollenanalyse 32]). Damit soll erreicht werden, daß der untergebene Kontrahent seine Haltung zugunsten der des Vorgesetzten aufgibt. Es wird also eine einseitige Interessendurchsetzung angestrebt. Dem gleichen Zweck dienen Maßnahmen der informatorischen Manipulation, die im übrigen grundsätzlich auch bei anderen Handhabungsformen möglich sind. Beide Kategorien von Maßnahmen können umschlossen oder ergänzt werden durch manipulative Taktiken der verschiedensten Art (vgl. im einzelnen z. B. Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 183 ff.] und die dort angegebene Literatur sowie GeLner [Verhandeln]) und sind auch bei Verhandlungs- und im Prinzip auch bei Problemlösungsprozessen anwendbar. In einen allgemeinen Kontext werden z. B. Drohungsprobleme demgemäß von Külp eingeordnet [Drohung]. Umgekehrt stehen dem Untergebenen bzw. der rangniedrigeren Gruppe gleichermaßen Sanktionsdrohungen zur Verfügung, die von Beschwerdedrohungen bis zu Kündigungsdrohungen reichen und auch Streiks oder streikähnliche Maßnahmen wie Dienst nach Vorschrift umfassen können (zu einer Analyse der Macht der Untergebenen vgl. Mechanic [Sources]). Informationsmanipulationen können ebenfalls seitens der Untergebenen angewendet werden, denn Vorgesetzte sind im Entscheidungsprozeß z. T. sehr weitgehend auf die Informationen ihrer Mitarbeiter angewiesen. Generell kann wohl gesagt werden, daß Informationsaktivitäten dem Machtkampf einen mehr verdeckten Verlauf geben, in dessen Zusammenhang Intrigen, Gerüchte, Verleumdungen und andere Taktiken Einsatz finden (vgl. im einzelnen hierzu GeLner [Verhandeln], Klis [Manipulation]). Gewinn-Verlust-Machtkämpfe treten nun innerhalb der Unternehmung auch zwischen hierarchisch gleichgestellten Einheiten auf. Wie im vertikalen Kampf zielt man auf einseitige Interessendurchsetzung ab. Sanktionsdrohungen treten ebenfalls auf, können sich aber ex definitione nicht auf Anweisungsbefugnisse stützen, sondern sind mehr informeller Natur. Das gleiche gilt für Informationsmanipulation. Ein Abteilungsleiter kann dem anderen mit aktivem Widerstand bei der Entscheidungsdurchführung drohen, ein Angestellter droht dem anderen mit "Anschwärzen" beim Vorgesetzten etc. Wichtig sind namentlich für Gruppenentscheidungsprozesse Abstimmungsvorgänge als Mittel zur

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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Konflikthandhabung. Auf ihre Darstellung muß hier verzichtet werden (vgl. im einzelnen z. B. Thiele [Konflikte 152 ff.], Brandt [Abstimmungsprobleme] sowie die dort angegebene Literatur). 2. In einer ersten Wirkungsanalyse sollen nun die Folgen von Machtkämpfen innerhalb einer Gruppe behandelt werden. Dabei wird die Argumentation im wesentlichen auf den vertikalen Kampf beschränkt, die Folgen horizontaler Kämpfe dürften sehr ähnlich sein. Vertikale Kämpfe, in denen sich insbesondere der Ranghöhere auf seine formale Autorität stützt, sind typisch für traditionelle Management- und Organisationssysteme und in jüngerer Zeit in steigendem Maße der Kritik ausgesetzt. Von den Führungsstilen her gesehen handelt es sich um direktive, autoritäre Führungsformen, die im Gegensatz stehen zu nichtdirektiven, liberalen und partizipativen Formen (vgl. zur Einteilung Wild [Management 69 ff.]). Die Beurteilung dieser Handhabungsform muß je nach zugrunde gelegtem Standpunkt anders ausfallen. Für den jeweils Ranghöheren haben vertikale Kämpfe meist den Vorteil der einfachen, schnellen und aus seiner Sicht unproblematischen Handhabung. Manager sehen demgemäß in der Ausübung von Autorität ein Mittel zur Koordination und Kontrolle. Für das schnelle Reagieren auf Probleme und das zügige Durchsetzen von Entschlüssen kann diese Handhabungsform teilweise unumgänglich sein. Längere Rechtfertigungs- und Überzeugungsbemühungen gegenüber Untergebenen sind überflüssig, die Beschäftigung mit ihren Problemen erscheint unnötig (vgl. hierzu und zum folgenden Leavitt [Psychology 165 ff.]). Autoritäre Konflikthandhabung erfordert kein besonders differenziertes Verständnis für die Motive des Individuums. Sehr die Frage ist allerdings, wie die Durchführung auf autoritärem Wege durchgesetzter Beschlüsse von dem "Verlierer" gestaltet wird. Aus der Sicht des Untergebenen allerdings sind derartige Prozesse weitgehend mit Frustration verbunden. Eine - im Sinne der Untergebenen - "echte" Problemlösung findet nicht statt. Es kommt zur Unterdrückung von Meinungen, Wünschen und u. U. sogar Ideen. Es werden also intrapersonelle Konflikte induziert, bei deren Bewältigung die "rationalen" Mechanismen der Anspruchsanpassung häufig versagen und Abwehrmechanismen auftreten mit all ihren möglichen negativen Folgen für den einzelnen und die Gruppe. Ob und in welchem Ausmaß intraindividuelle Spannungen die Resultante von GewinnVerlust-Machtkämpfen sind, hängt vor allem von den bei der Analyse des Individual- und Gruppenbereichs erörterten Determinanten ab. Wenngleich somit die negativen Aspekte der Ausübung formaler Macht

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

aus der Sicht des Unterlegenen dominieren dürften, darf doch nicht übersehen werden, daß jeder Aufgabenträger eine mehr oder weniger große Indifferenzzone aufweist, innerhalb derer Weisungen vom Vorgesetzten getroffen werden können, die widerspruchslos akzeptiert werden (vgl. Luhmann [Funktionen 96 f.]). Es gibt also eine Unterwertungszone, die für den Untergebenen einen konfliktfreien Bereich darstellt, m. a. W. dem Bereich der Ausübung von Macht steht auf der anderen Seite auch ein Bereich des Gehorsams gegenüber. Ein wichtiges Motiv für das Aufrechterhalten derartiger Gehorsamsbereiche dürfte sein, daß der Untergebene frei von Verantwortung und damit frei von dadurch hervorgerufenem Stress bleibt (vgl. Presthus [Behavior]). 3. Als nächstes sind die Wirkungen von Gewinn-Verlust-Machtkämpfen zwischen Gruppen zu untersuchen. Zunächst ist zu fragen, was innerhalb der konkurrierenden Gruppen während des Prozeßverlaufs geschieht. um danach die Ergebniswirkungen der GewinnVerlust-Situation zu prüfen. Als eine wichtige Wirkung ergibt sich in den konfligierenden Gruppen ein starker Integrationseffekt. Der Zusammenhalt der eigenen Gruppe festigt sich, es werden alle Energien auf die Beziehung zur anderen Gruppe konzentriert, die Mitglieder schließen ihre Reihen und begraben interne Streitigkeiten (Schein [Psychology 81], Coser [Konflikte 113 ff.]). Im Zusammenhang damit wandelt sich das Gruppenklima in Richtung auf eine Versachlichung, d. h. eventuell vorhandene Spannungen im Sozial- und Wertklima werden zugunsten der gemeinsamen Aufgabe zurückgestellt (vgl. Schein [Psychology 81]). Schließlich kommt es dazu, daß der Organisationsgrad der Gruppe steigt, ein Phänomen, mit dem zugleich ein Wandel der Führungsstruktur von demokratischen zu mehr autoritären Formen einsetzt. Die Gruppe ist jetzt eher bereit, autoritäre Führung und dementsprechende Führerpersönlichkeiten zu tolerieren (Schein [Psychology 81]). Koalitionsbildungen und Vereinigungen innerhalb jeder Gruppe werden stark gefördert (Coser [Konflikte 166 ff.]). Ergänzend sei noch bemerkt, daß stabilisierende und integrierende Effekte innerhalb einer Gruppe auch dann auftreten können, wenn sie sich im Spannungszustand mit der Unternehmungsumwelt befindet, wenn sich also ein Grenzsystem der Unternehmung z. B. einer stark instabilen Subumwelt gegenübersieht. Damit zusammenhängend ergibt sich, daß die Gruppe von dem einzelnen Mitglied ein erhöhtes Maß an Konformität und Loyalität abverlangt, um dem Gegner eine geschlossene Front zu präsentieren (Schein [Psychology 81]). Das bedeutet natürlich andererseits, daß Minoritäten in ihren Meinungen u. U. nicht zum Zuge kommen, die Gruppe nach innen also zur Intoleranz tendiert (vgl. Coser [Konflikte 123 ff.]). Daß

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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damit die Gefahr besteht, daß die "Gruppenkreativität" verlorengeht, daß also die Qualität von Problemlösungen sinkt, dürfte die andere Seite dieser Auswirkungen sein. Der Gruppenprozeß führt im Verhältnis der Gruppen untereinander dazu, daß man beginnt, sich wechselseitig als Feind anzusehen. Man sieht bei sich selbst alle positiven, beim Gegner nur noch die negativen Seiten und nimmt bevorzugt Tatbestände wahr, die dazu dienen, dieses gute Urteil von sich selbst und das schlechte über die gegnerische Gruppe zu bestätigen. Zur terminologischen Kennzeichnung der Meinungen über die eigene bzw. fremde Gruppe benutzt Hofstätter dabei die Begriffe Autostereotyp bzw. Heterostereotyp [Gruppendynamik 98 ff.]. Die bisherigen Wirkungsanalysen charakterisieren den Verlauf der Konfliktprozesse. Wichtig ist ferner, wie das Ergebnis des Konfliktgeschehens auf die beteiligten Gruppen zurückwirkt. Für den Sieger ergeben sich dann vor allem folgende Wirkungen (vgl. hierzu Schein [Psychology 82]): Die Spannung läßt nach, der Kampfgeist geht verloren, man "ruht sich auf den Lorbeeren aus". Man wendet sich stärker den nichtaufgabenbezogenen Bedürfnissen der Mitglieder zu und sieht im übrigen im Ergebnis des Konflikts die positiven Autostereotype und negativen Heterostereotype bestätigt. Die Tendenz zu einer Differenzierung dieser Wahrnehmung ist gering. Die Situation des Verlierers weist als Konfliktwirkungen dagegen folgende Merkmale auf (vgl. hierzu Schein [Psychology 82]): Enthält die Ergebnissituation irgendwelche Zweideutigkeiten, so tendieren Verlierergruppen dazu, die Verlustsituation abzuleugnen, oder nachträglich zu rationalisieren. Derartige Vorgänge lassen sich wohl als Resultate individueller Abwehrmechanismen deuten. Wenn die Niederlage dagegen nicht wegzuleugnen ist, kommt es häufig zu Meinungskämpfen darüber, wer oder was der Grund für die Niederlage war, woran sich Spaltungen der Gruppe anschließen können. Ansonsten tendieren Verlierergruppen dazu, härter als zuvor zu arbeiten unter voller Konzentration auf die Gruppenaufgabe und unter geringer Beachtung darüber hinausgehender Bedürfnisse der Mitglieder. Neben diese motivierende und stimulierende Wirkung tritt dann die Tendenz, über sich selbst zu lernen, da die Stereotypen durch die Niederlage hinfällig wurden. Die Gruppeneinstellung wird geändert und realistischer gestaltet. Derartigen Lernprozessen wird man auch im Intergruppenbereich Beachtung schenken müssen, denn sie müssen als ein positiver Effekt von Konflikten angesehen werden.

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis bb) Drittparteien-Urteil

1. Vor allem im Anschluß an einen ergebnislosen Machtkampf, in dem Sieger und Verlierer nicht bestimmt werden konnten, wird der Konflikt häufig durch ein sog. Drittparteien-Urteil beigelegt. Damit ist die verbindliche Regelung des Konflikts durch einen neutralen Dritten gemeint. Die Initiative hierzu kann von den Parteien selbst ausgehen oder von außen übernommen werden. Im ersten Fall spricht man von Schlichtung, im zweiten von Zwangsschlichtung (vgl. Dahrendorf [Sozialstruktur 65 f.]). Davon zu unterscheiden ist die bloße Vermittlung, bei der der Vermittler keinerlei Entscheidungsbefugnisse hat (Dahrendorf [Sozialstruktur 65]). Drittparteien-Urteile sind nur dann ein wirksames Mittel der Konflikthandhabung, wenn sich beide Parteien zur Annahme des Schiedsspruchs verpflichtet fühlen. Dies kann auf freiwilliger Basis (Schlichtung) oder auch durch Sanktionsgewalt (Zwangsschlichtung) erreicht werden. In der Unternehmung übernehmen meist gemeinsame Vorgesetzte der streitenden Parteien die Rolle der schlichtenden Drittpartei, u. U. werden aber auch außenstehende Stellen herangezogen. Bei freiwillig herangezogenem DrittparteienUrteil ist häufig ein vorhergehender Kampf oder Verhandlungsprozeß erforderlich darüber, ob überhaupt eine Schlichtung herbeigeführt werden und wer dabei als Schlichter fungieren soll (vgl. Boulding [Conflict 319], Coser [Termination 404 ff.]). 2. Die Wirkungen eines Drittparteien-Urteils gleichen weitgehend denen des Machtkampfes. Hinzu kommen hier natürlich die Beziehungen zwischen der Schiedspartei und den Konfliktparteien. Häufig wird sich im Verhältnis zur siegenden Konfliktpartei für die Drittpartei eine atmosphärische Verbesserung und engere Bindung ergeben (vgl. zum folgenden Thiele [Konflikte 183 ff.]), da der Sieger das Urteil als fair und gerecht empfindet. Umgekehrt kann das Verhältnis zum Verlierer durch den Schiedsspruch belastet werden, da dieser sich typischerweise ungerecht und unfair behandelt fühlt. In diesen Fällen sucht man die Schuld in den Schiedsregeln, den "ungünstigen Umständen", der Parteilichkeit etc. und nicht bei sich selbst. Für ein effizientes KonfliktManagement ist es daher wichtig, bei dem Unterlegenen eine möglichst hohe Akzeptanz des Drittparteien-Urteils zu erreichen. cc) Zufallsurteil 1. Während Drittparteien-Urteile neben Dominanzlösungen auch kompromißorientierte Lösungen zulassen, führen Zufallsurteile wie z. B. durch Losziehen oder Münzwurf zu eindeutigen Dominanzregelungen. Auch hier gilt, daß nur eine Verpflichtung der Beteiligten, dem Zufallsergebnis zu folgen, eine wirksame Konfliktregelung bewirkt.

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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Blake I Shephard I Mouton halten diese Form der Konfliktregelung aufgrund ihrer Untersuchungen in Unternehmungen für häufiger als gemeinhin nach außen offenbar wird und stellen dar, daß häufig z. B. das Verzögern und Aufschieben von Entscheidungen in diesem Sinne interpretiert werden kann, da es dabei quasi dem Zufall überlassen werde, ob das Problem sich auflöst oder sonstwie geklärt wird [Managing 60 f.]. 2. Ausschlaggebende Wirkungen des Zufallsurteils sind darin zu sehen, daß sie eine Prozeßverkürzung herbeiführen, wobei allerdings die Parteien auf eine Beeinflussung des Ergebnisses beim Zufallsurteil zwangsläufig verzichten müssen. Mit dem Zufallsurteil wird weiterhin ein Höchstmaß an "Objektivierung" erreicht. Dies ermöglicht den Parteien, im Falle einer Niederlage, ihr Gesicht zu wahren und ihre Selbstachtung zu erhalten (vgl. Thiele [Konflikte 189]). Die Beziehungen zwischen den streitenden Parteien werden dadurch langfristig weit weniger belastet als durch Machtkämpfe oder Schiedssprüche. dd) Problemlösen 1. Die Reaktionsform des Problemlösens entspricht auf der Gruppenebene der Generierung des Suchverhaltens im Individualbereich. Es wird bei diesem Handhabungstyp nach einem für alle beteiligten Parteien befriedigenden Ergebnis gesucht. Im Gegensatz zum Teilen des Streitwerts, der als Kompromißreaktion von den gegebenen Verhältnissen ausgeht, wird hier also nach neuen Alternativen gesucht, die im Gegensatz zu den bisher vorhandenen den Wünschen und Zielen aller gerecht werden. Es werden also Versuche des Aufdeckens neuer, bisher unbekannter Problemlösungen unternommen und insofern trägt diese Handhabungsform innovierenden, vorwärtsschreitenden und kreativen Charakter. Aus prozessualer Sicht treten in diesem Suchprozeß die gleichen Aktivitätsbündel und Prozeßabschnitte auf, wie in jedem Problemlösungsprozeß (vgl. zu einer Literaturübersicht z. B. Kirsch [Entscheidungsprozesse I, 72 ff.], im einzelnen Griem [Entscheidungsprozeß]). Daß sich im Verlauf des Problemlösungsprozesses laufend neue konfliktäre Situationen ergeben können, die z. B. aus unterschiedlicher Beurteilung von Alternativen heraus resultieren, Konflikte aus unterschiedlichem Informationsstand oder unterschiedlicher Informationsverarbeitung, sei nur vermerkt. Eine Erfolgsgarantie gibt es ex definitione beim Problemlösen nicht. Das bedeutet für das Konfliktgeschehen die Möglichkeit eines Rückfalls in Strategien einseitiger Interessendurchsetzung.

Das Problemlösen als Handhabungsform von Konflikten ist konzeptionell eng mit nichtdirektiven, weniger autoritären Führungsstilen 7•

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

sowie partizipativen Organisationsformen verbunden und ist Gegenstand der Diskussion dementsprechender Management-Konzeptionen. Problemlösen als Handhabungsform ist die aktivste der bisher behandelten Formen und setzt vor allem freien Zugang zu den relevanten Informationsquellen, sowie gegenseitiges Vertrauen der Beteiligten voraus (vgl. Thiele [Konflikte 220 ff.J). 2. Fälle, in denen Spannungen auf dem Wege des Problemlösens überwunden werden, bedingen die intensive Zusammenarbeit mehrerer Personen und weisen daher alle Vor- und Nachteile gruppenmäßigen Vorgehens auf. Zunächst kann es sein, daß die gefundene Lösung genauer und kreativer ist, als bei allen anderen Handhabungsformen. Dies ist dadurch bedingt, daß sich in der Gruppe unterschiedliche Persönlichkeiten befinden, so daß ein größerer Ideenspielraum und eine größere Informationsbasis als bei einem einzelnen vorhanden ist. Bei freier Diskussion kann daher eine problemlösende Gruppenleistung einer schiedsrichtenden oder autoritätsausübenden Einzelleistung klar überlegen sein, ein Zusammenhang, der als empirisch gesichert angesehen werden muß (vgl. z. B. Hofstätter [Gruppendynamik], Maier [Conferences 126 f.], Hoffmann [Homogeneity], Hoffmann I Maier [Quality], Hoffmann I Rarburg I Maier [Differences]). Als Hauptnachteil des Problemlösens wird in der Literatur der hohe Zeit- und sonstige Aufwand genannt (vgl. z. B. Schmidt I Tannenbaum [Differences 112], Walton I McKersie [Negotiations 139 f.]). Wie die empirischen Ergebnisse zeigen, läßt sich diese Behauptung nur zum Teil aufrechterhalten. Die Gruppe erweist sich vielmehr dem Individuum auch zeitlich u. U. überlegen, und zwar bei solchen Problemen, für die es viele Alternativen, aber mehr oder weniger nur eine richtige Lösung gibt. Umgekehrt ist der einzelne einer Gruppe dann überlegen, wenn es viele richtige Lösungen gibt, von denen mehrere auszuwählen und zu koordinieren sind (vgl. Blau I Scott [Organizations 116 ff.], Thiele [Konflikte 202 ff.], Collins I Guetzkow [Group 14 ff.J). Innerhalb von Gruppen führt also das Austragen von Gegensätzen u. U. zu einer Leistungssteigerung. Für den einzelnen ist im übrigen die problemlösende Austragung z. B. in Form gegenseitigen Sichaussprechens vor allem in vertikalen Beziehungen wichtig und mit gesteigerter Zufriedenheit verbunden (vgl. Burke I Faber I Bresver [Differences]), wodurch auch wieder positive Rückwirkungen auf die Leistung auftreten können. Neben den direkten Wirkungen auf die Gruppenleistung (ergebnisorientierte Wirkungen) führen Problemlösungsprozesse - was häufig übersehen wird - zu einem Lerneffekt bei den einzelnen Mitgliedern

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(prozeßorientierte Wirkungen), der auf lange Sicht auch wieder der Gruppe und deren Leistung zugute kommt. ee) Teilen des Streitwerts 1. Die Handhabungsform des Streitwertteilens ist in der Realität mit fließenden Übergängen zum Problemlösen versehen. Gedacht ist hierbei an die vielfältigen Formen des gegenseitigen Aushandeins und Verhandelns. Charakteristisch für derartige Verhandlungsprozesse sind zwei Unterformen. Zum einen können sich zwei Parteien gegenüberstehen, die eine relative Geschlossenheit aufweisen. In diesen Fällen sind die Handhabungsversuche gekennzeichnet durch die Festlegung des eigenen Verhandlungsbereichs, durch Versuche die gegnerischen Verhandlungspositionen aufzudecken, oder sich doch zumindest Erwartungen darüber zu bilden, sowie durch Aktivitäten, die auf eine Beeinflussung des gegnerischen Aushandelbereichs abzielen. Dabei können auch bereits erwähnte Verhaltensweisen wie Drohungen und außerdem Versprechungen zum Zuge kommen. Sind die Verhandlungen erfolgreich, so kommt es zu einer Kompromißlösung, bei der keiner der Beteiligten weitere Konzessionen des Gegners erwartet (zu Zielkompromissen vgl. Bidlingmaier [Zielkonflikte]).

Liegen mehr als zwei Parteien im Streit miteinander, dann spielen Fragen der Koalitionsbildung als einem sachlich und zeitlich begrenzten Zusammenschluß einiger Parteien eine wichtige Rolle für Verlauf und Ergebnis des Verhandlungsprozesses. Koalitionen bilden sich ihrerseits häufig durch Verhandlungs- und Machtprozesse, womit sich die Mehrstufigkeit des Handhabungsprozesses andeutet. Vergleicht man den hier übersichtsartig behandelten Reaktionstyp mit den im Individualbereich erörterten, dann ist eine formale Ähnlichkeit mit der Anspruchsanpassung festzustellen, nur daß es sich hier um einen komplexen und mehrpoligen Prozeß handelt. 2. Wie eine nähere Untersuchung dieser insbesondere von Bidlingmaier [Zielkonflikte] in den Vordergrund der Betrachtung geschoben Handhabungsform im folgenden zeigen soll, sind gerade kompromißhafte Lösungen durchaus nicht unproblematisch und weisen -im Zusammenhang mit den anderen Formen betrachtet - u. U. einen lediglich episodenhaften Charakter auf. Von zentraler Bedeutung für das Resultat und die weiteren Wirkungen dieser Reaktionsform ist ein Tatbestand, der in der Literatur bisher vernachlässigt wurde. Es handelt sich um das Ausmaß an Überzeugung und Zufriedenheit, mit dem die beteiligten Parteien dem Ergebnis zustimmen und gegenüberstehen. Wie auch empirische Unter-

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suchungen zeigen, ist der Umfang der Gemeinsamkeit nach vollzogener Entscheidung durchaus verschiedenartig (Collins I Guetzkaw [Group 108]). Man könnte hier von Kompromißakzeptanz sprechen. Daß mit einer geringen Kompromißakzeptanz ein Unzufriedenheitsbereich entsteht, der bereits die Basis zukünftiger Konflikte sein kann, liegt auf der Hand. Jede der beteiligten Parteien muß ihre Ansprüche reduzieren. Dies geschieht nicht völlig freiwillig, sondern es kommt eher zu einem Zurückdrängen als zu einem Aufgeben von Interessen. Dies bewirkt, daß die Zufriedenheit mit der gefundenen Lösung in jedem Fall begrenzt sein wird. Es entsteht also ein latentes Unzufriedenheitspotential, das bei sich ändernden Konstellationen jederzeit aufbrechen und zu einem manifesten Konflikt führen kann, der dann u. U. schärfer als zuvor verläuft. Kompromiß bedeutet insofern nichts anderes als latenter Konflikt, dessen muß man sich bewußt sein. Im Vergleich zum Gewinn-Verlust-Machtkampf zeigen sich hier also durchaus Ähnlichkeiten und eher graduelle als prinzipielle Unterschiede. Je geringer die Kompromißakzeptanz, desto instabiler der postkonfliktäre Zustand und desto höher die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Konflikte. 3. Was die Folgewirkungen anbelangt, so bietet ein Teilen des Streitwerts jeder beteiligten Partei zwar die Gelegenheit, ihre Interessenlage ins Spiel zu bringen, die vielfältigen Verlaufsmöglichkeiten und Notwendigkeiten des Verhandlungsprozesses machen den Ausgang des Geschehens jedoch sehr unsicher. Es bleibt immer die Angst, übervorteilt zu werden und dies bei einem Prozeßverlauf, der in jedem Fall hohen Zeit- und sonstigen Aufwand bedingt (vgl. Thiele [Konflikte 259 ff.]). Zudem erfordern derartige wechselseitige Prozesse ein hohes Maß an taktischem Geschick. Die Verhältnisse verkomplizieren sich weiter, wenn man die Möglichkeiten wechselnder Koalitionen mit einbezieht. Einerseits kann Koalitionsbildung zwar zur Zeitersparnis führen, andererseits aber auch zu einem immobilen Zustand, wenn sich gleichstarke Blöcke gegenüberstehen (vgl. Thiele [Konflikte 275 ff.]). Zudem ist Koalitionsbildung häufig nur über größere Zugeständnisse zu erreichen und somit auch mit Anpassungsprozessen verbunden. Insgesamt gesehen weisen also kompromißhafte Lösungen gegenüber dem Problemlösen eine Reihe von Nachteilen auf, sind aber häufig nicht zu vermeiden und einem Machtkampf in vielen Fällen und vor allem langfristig vorzuziehen. ff) Friedliche Koexistenz

1. Der letzte Verhaltenstyp, der auf Konfliktaustragung gerichtet ist, wird von Blake I Shephard I Mauton und Thiele als Friedliche Koexistenz bezeichnet (vgl. zum folgenden [Managing 70 ff.], [Konflikte

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284 ff.]). Gemeint ist damit die Tatsache, daß in Unternehmungen auftretende Konflikte häufig dadurch bewältigt werden, daß man sie nicht diskutiert. Es wird sozusagen ein stillschweigender Interessenausgleich herbeigeführt, indem man wechselseitige Toleranz übt. Dies ist ohne Anspruchsanpassung kaum denkbar und zeigt an, daß die Konfliktparteien Geschmeidigkeit und Flexibilität besitzen, wobei allerdings im Prinzip offen ist, ob der dadurch realisierte Ausgleich von Dauer ist. Immerhin kann diese Handhabungsform als eine der am häufigsten auftretenden angesehen werden. 2. Diese Form hat den Vorteil, daß die Beziehung zwischen den Parteien erhalten bleibt, der Konflikt also gewissermaßen überspielt wird. Man übt gegenseitige Rücksichtnahme. Für die Gruppenleistung kann ein Unterdrücken und Überspielen des Konflikts insbesondere in vertikalen Beziehungen allerdings negativ wirken, so wenn z. B. Untergebene Einigkeit und Konfliktfreiheit "vorspielen" müssen (vgl. Blake I Shephard I Mauton [Managing 73]). Da häufig nur mehr oder weniger ungenau vorherzusagen ist, welche Reaktionen und Antworten der Vorgesetzte hören will, steigt die Unsicherheit des einzelnen und es kann schließlich dazu kommen, daß man sich in einer Arbeitsgruppe auch untereinander abkapselt (vgl. Argyris [Leadership 108 ff.]). Da die eigentliche Konfliktproblematik nicht beseitigt ist, bedeutet friedliche Koexistenz langfristig u. U. nur eine vorübergehende Bewältigung der Spannungen, die ohnedies unterschwellig und latent vorhanden bleiben. Ohne weiteres kann es zu Machtkämpfen kommen als einer möglichen Verschärfung des Geschehens, die dann infolge langen Aggressionsstaus unverhältnismäßig heftig sein können. Insofern muß dieser Handhabungstyp vorsichtig beurteilt werden. Andererseits kann er aber prozessual auch als ein Übergangstyp zum Teilen des Streitwerts oder sogar zum Problemlösen auftreten und hätte insofern durchaus positive Funktionen. Im Rahmen der Entscheidungsprozesse der Unternehmung führt dieses Patt der Kräfte allerdings vorwiegend dazu, daß wichtige Entscheidungen unterbleiben und ausgeklammert werden, da über sie keine Einigung zu erzielen ist. Die Folgen für die Unternehmung können also bedenklich sein.

b) Konfliktumgehung Als zweite Kategorie der Konflikthandhabung lassen sich Verhaltensformen feststellen, die auf eine Umgehung und Vermeidung der Spannungsbeziehungen abzielen (vgl. zum Typ B Thiele [Konflikte 193 ff.]) und damit die Konfrontation wertmäßig-kultureller, sozioemotioneller oder sachlich-intellektueller Gegensätze aufheben. Das Ergebnis dieser Handhabungsformen zeigt weder Gewinner und Ver-

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lierer noch werden konkurrierende oder antinomische Interessen zu einem Ausgleich gebracht, geschweige denn, daß eine innovierende Problemlösung stattfindet. Die Individuen oder Gruppen versuchen vielmehr, Spannungszuständen im Verhältnis zu anderen Einheiten auszuweichen, indem sie die gegenseitige Abhängigkeit zu lockern und ihre Unabhängigkeit zu festigen versuchen. Der Vergleich mit verschiedenen intraindividuellen Abwehrmechanismen drängt sich auf. Im einzelnen werden folgende Verhaltensformen genannt: Rückzug, Isolation und Indifferenz bzw. Ignoranz (vgl. zum folgenden Blake I Shephard I Mauton [Managing 63 ff.], Thiele [Konflikte 193 ff.]). aa) Rückzug Die Verhaltensform des Rückzugs ist bevorzugt bei solchen Konfliktparteien anzutreffen, die aus früheren oder vorangegangenen Machtkämpfen als Verlierer hervorgingen. Aus den Mißerfolgserlebnissen resultiert die Furcht vor neuen Niederlagen, der dadurch zu begegnen versucht wird, daß man Kontakte zu den Konfliktgegnern möglichst reduziert und meidet. Ein mehrmals gerügter Untergebener versucht seinem Vorgesetzten beim ersten Auftreten von Spannungen aus dem Wege zu gehen, ein Mitglied eines Entscheidungsgremiums enthält sich bei Beratungen weitgehend der Stimme aus Furcht, sich zum wiederholten Male zu blamieren etc. Die eigentlichen Konfliktprobleme bleiben also ungelöst, wenngleich festzustellen ist, daß gerade das Rückzugsverhalten sicherlich häufig mit einer unbewußten oder uneingestandenen Anspruchsanpassung des oder der Verlierer einhergeht und insoweit auch eine gewisse verdeckte Regelung der Probleme stattfindet. Auch hier sind Kombinationen mit informatorischen Manipulationen häufig. Als Extremfall des Rückzuges ist das Ausscheiden aus der Unternehmung zu betrachten, Varianten sind Versetzung oder vorzeitige Pensionierung. Aus der Sicht des einzelnen führt Rückzug zu einer Spannungsreduktion bei geringem Aufwand. Sieht man von den Extremfällen ab, so ist allerdings die Frage offen, inwieweit und für wie lange die Umgebung einen Rückzug von wichtigen Interdependenzen dulden wird, denn auch hier gilt, daß die Probleme und mit ihnen die Konflikte latent bestehen bleiben. Aus der Sicht der Gruppe und der Unternehmung kann ein Rückzug daher schlecht sein. In den Extremfällen allerdings ist er häufig das einzige Mittel, um eine Trennung von Personen, die die Grundlage der Beziehung irrfrage stellen, herbeizuführen.

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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bb) Isolation Vom Effekt her ähnlich aber in der Ausgangslage unterschiedlich stellt sich die Verhaltensweise der Isolation dar. Die Eigenschaften der Isolation entsprechen insofern weitgehend der des Rückzugs, als ebenfalls eine Kontaktreduzierung stattfindet. Typischerweise wird Isolation jedoch von der Ausgangslage des Siegers eines Machtkampfes her betrieben. Es findet eine Abschirmung gegen potentielle Gegner statt, die damit erleichtert wird, daß man sich in einer starken Ausgangsposition befindet. Die in der Realität zu beobachtenden Erscheinungen des Errichtens von Abteilungszäunen sind häufig aus solchen Konfliktprozessen heraus erklärbar (vgl. z. B. Fürstenberg [Betriebssoziologie 131]). cc) Indifferenz bzw. Ignoranz Als dritte Verhaltensform, die auf Konfliktumgehung gerichtet ist, können indifferente, ignorierende Verhaltensweisen angesehen werden. Sie stellen die passivsten Reaktionsformen dar. Obwohl weitgehend ähnlich, lassen sich doch einige Unterschiede zwischen Indifferenz und Ignoranz feststellen. Indifferente Reaktionen sind dadurch gekennzeichnet, daß die Betreffenden versuchen, durch gedankliche und/oder gefühlsmäßige Neutralisierung dem Spannungszustand zu begegnen und Gegensätze zu vermeiden. Dieses Verhalten ist gelegentlich mit entsprechenden weltanschaulichen oder quasiweltanschaulichen Grundhaltungen verbunden und erklärbar. Stellt somit die Indifferenz einen weitgehend durchaus bewußten Verhaltenstyp dar, so ist Ignoranz durch ein unbewußtes Vermeiden des Konflikts zu kennzeichnen. Gegensätze werden dadurch vermieden, daß konfliktäre Situationen überhaupt nicht wahrgenommen werden. Für den einzelnen bedeutet das kurzfristige Spannungsreduktion, die allerdings auf die Dauer kaum aufrecht zu erhalten sein wird. Im Verlauf können die Probleme unübersehbar werden und die sich darin ausdrückende Konfliktverschärfung ist schwerer m handhaben als vorher.

c) Konfliktbewußtmachung Unter Konfliktaustragung und Konfliktvermeidung werden Handhabungsfarmen subsumiert, die sich auf die Bewältigung offener Konflikte richten. Von besonderer Bedeutung sind jedoch neben den offenen Konfliktbeziehungen latente Spannungsmöglichkeiten, die potentielle Konflikte darstellen. Als eine besondere Kategorie der Konflikthandhabung fügt Thiele daher die Bewußtmachung von Konflikten

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den anderen von Blake I Shephard I Mouton entwickelten Typen hinzu (vgl. Thiele [Konflikte 301 ff.]). Bewußtmachung von Konflikten bedeutet das genaue Gegenstück der Umgehungsstrategien und muß als eine Form der Konflikthandhabung angesehen werden, die - zumindest in der ersten Stufe nicht auf Konfliktreduktion, sondern im Gegenteil auf ein Aufdecken und damit Forcieren der Gegensätzlichkeiten abzielt. Dieser Form der Konflikthandhabung kommt für die Gestaltung und Steuerung des Spannungssystems Unternehmung besondere Bedeutung zu und die instrumentellen Überlegungen werden dies entsprechend zu berücksichtigen haben. Bewußtmachung des Konflikts macht es über sich anschließende problemlösende Reaktionen möglich, positive Funktionen des Konflikts wie Anpassung, Wandel, Innovation etc. frühzeitig und voll auszuschöpfen. Auf diese Funktionen wird im folgenden Abschnitt im einzelnen eingegangen. 4. Reaktionen der Unternehmung auf umweltinduzierte Spannungen

a) Handhabungsformen Als letzter Handhabungsbereich ist kurz auf die Reaktionen der Unternehmung auf Spannungsbeziehungen zur Umwelt einzugehen. Es ergibt sich konzeptionell zwingend, daß auch für derartige Beziehungen die bei der systemanalytischen Vorbemerkung (vgl. B. 111 1 b) angedeuteten prinzipiellen Reaktionstypen gelten und daß sich in der konkreten Ausprägung der einzelnen Reaktionen Verhaltensmuster wiederholen, die bereits die in und zwischen Gruppen auftretenden Handhabungsformen charakterisierten. Es treten also auch im Verhältnis zur Umwelt Verhaltensmuster von Machtkämpfen, Ignoranz, Anpassung, Manipulation etc. auf. Die Aufnahme von Informationen aus der Umwelt und deren mögliche Ausstrahlung auf die Gesamtunternehmung wurde bei der Erörterung des betreffenden Konfliktbereichs bereits dargestellt (vgl. B II 4 d). Die Reaktionsformen der Unternehmung sind nun vielfältiger Natur und reichen von passiver Indifferenz und Ignoranz über Anpassung bis zur aktiven Einflußnahme, die bei entsprechendem Widerstand zu Machtkämpfen mit der betreffenden Subumwelt führen kann. Nicht zuletzt um die formale Ähnlichkeit zu den bisher behandelten Einteilungsversuchen deutlich werden zu lassen, erscheint es sinnvoll, die Reaktionen der Unternehmung auf Umweltänderungen - sprich: auf latente oder manifeste Spannungen in den Umweltbeziehungen - in vier Kategorien einzuteilen, die teilweise den von Thiele unterschiedenen Typen A-D im interpersonellen Bereich entsprechen, aber in den Einzelheiten auf die besonderen Verhältnisse dieses Konfliktbereichs

111. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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zugeschnitten sind. Die vier Kategorien sollen wie folgt gekennzeichnet werden (eine andere Einteilung findet sich z. B. bei Sethi [Factors 76]): Umgehung:

Rückzug, Isolation, Indifferenz sowie Nichtbemerken

Anpassung:

Laufende Bemühungen, sich der wandelnden Umwelt anzupassen

Beeinflussung:

Aktive umweltgerichtete Maßnahmen zur Beeinflussung der relevanten Umweltbereiche

Antizipation:

Einsatz von Beobachtungsinstrumenten zur Früherkennung und wenn möglich Antizipation von Umwel tänderungen.

Die ersten drei Formen betreffen in den hiesigen Kontext eingeordnet die Handhabung offener Konflikte zwischen Unternehmung und Umwelt. Mit dem Typ der Antizipation ist vor allem auf das rechtzeitige Erkennen und aktive Umsetzen von latenten Konflikten abgestellt. Wenn in der Literatur das Verhältnis Unternehmung-Umwelt betrachtet wird, beschränkt man sich in der Regel auf die Forderung zur Anpassung an Umweltänderungen. Wie sich zeigt, ist dies nur eine von mehreren möglichen Austragungsformen. aa) Umgehung Mit dem Begriff der Umgehung ist gemeint, daß die Unternehmung bewußt oder unbewußt Konflikte meidet und keine auf Austragung gerichteten Aktivitäten entwickelt. Es erscheint durchaus sinnvoll, auch hier die Typen Rückzug, Isolation, Indifferenz und Ignoranz zu unterscheiden. Rückzug würde heißen, daß sich eine Unternehmung z. B. nach vorangegangenen verlustreichen Konkurrenzkämpfen aus einem Markt zurückzieht oder jedenfalls die Aktivitäten in Zukunft stark einschränkt. Von Rückzug kann z. B. auch gesprochen werden, wenn Absatzrückgänge fälschlich i. S. einer strukturellen Nachfrageänderung interpretiert werden und mit einer Einschränkung der Aktivitäten auf diesem Markt beantwortet werden. Als Extremfall des Rückzuges kann ein freiwilliges oder unfreiwilliges Ausscheiden aus dem Wirtschaftsgeschehen überhaupt stattfinden, z. B. in Form einer Geschäftsaufgabe, Fusionierung aber auch Konkurs, Vergleich etc. In diesen Fällen wäre die Unternehmung ihrer Rollenbeanspruchung nicht Herr geworden. Die Abgrenzung zu anpassenden Reaktionen wird dabei nicht immer leicht sein. Bei umgekehrter, für die Unternehmung positiver Ausgangslage kann auch eine gewisse Form der Isolation auftreten. Im Bewußtsein der eigenen Stärke unterläßt man eine regelmäßige Pflege und Beob-

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

achtung der relevanten Umweltbeziehungen. Damit ergibt sich das Risiko, daß Umweltveränderungen in Zukunft übersehen oder nicht rechtzeitig genug erkannt werden und man somit eher in einen neuen Konflikt versetzt wird, als man aufgrund der Ausgangslage glaubte. Indifferenz würde im Falle der Unternehmung bedeuten, daß Umweltänderungen, die als eine Herausforderung zur Reaktion aufzufassen wären, von der Unternehmung unbeantwortet bleiben. Die Signale und Nachrichten aus der Umwelt werden also zwar registriert, lösen aber keine Reaktion aus. Dies kann verschiedenste Ursachen haben. Gemeinsam dürfte allen Formen der Indifferenz und ihren Ursachen sein, daß die Umweltimpulse und -informationen gleichsam im System Unternehmung "versickern" (vgl. auch Leeds [Absorption], Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 136 f.]). Dieses Versickern von Informationen, Anregungen, Vorschlägen und Forderungen kann bereits im zuständigen Grenzsystem stattfinden oder auf dem Wege zur zuständigen Einheit, bei Informationen entsprechender Bedeutung also auf dem Wege zu den Entscheidungszentren der Unternehmung. Schließlich können sie auch von den zuständigen Stellen als irrelevant angesehen oder wegen Überlastung zurückgestellt werden. In allen diesen Fällen tritt keine Reaktion ein, es herrscht Indifferenz im Verhältnis zur Umwelt. Es zeigt sich somit, daß u. U. auf jeder Stufe der Unternehmung ein Teil des Problems oder der Einsicht in die Bedeutung des Problems verlorengehen kann. Im Grenzfall absorbiert das System den Konflikt vollständig, ohne daß es zu irgendwelchen Reaktionen kommt. Man kann sich unschwer vorstellen, wie stark unter solchen Umständen an der Basis auftretende Impulse sein müssen, um bis zur Spitze zu gelangen. Die Entsprechung von Faktizität und Perzeption des Konflikts wird im Unternehmung-Umwelt-Bereich besonders wichtig. Typischerweise werden Umweltkonflikte übersehen. Aufgabe des Konflikt-Management wäre es hier, Instrumente zu entwickeln, die eine stärkere Sensibilisierung der Unternehmung bewirken und eine zu weitgehende Konfliktabsorption verhindern. Analog zum interpersonellen Bereich bedeutet Ignoranz schließlich das unbewußte Übersehen relevanter Umweltänderungen. Infolge fehlender organisatorischer und/oder personeller Voraussetzungen befindet sich die Unternehmung also unwissentlich und unbewußt im Konflikt zur Umwelt. Das Nichtwahrnehmen einer Preissenkung der Konkurrenz muß aus dieser Sicht als Ignoranz einer Spannungsbeziehung angesehen werden. Auch hier müßte die Konfliktsteuerung sensibilisierend eingreifen, um eine Wahrnehmung und Früherkennung herbeizuführen.

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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bb) Anpassung Die soeben beschriebenen Umgehungsreaktionen führen dazu, daß sich die Unternehmung mehr oder weniger freiwillig und bewußt vom Geschehen in der Umwelt absetzt, abgrenzt oder gar ausschließt. Umgehungsreaktionen stellen mithin den passivsten Reaktionstyp dar. Eine aktivere Handhabungsform wird hier mit dem Begriff der Anpassung gekennzeichnet. Gemeint sind damit alle adaptierenden und umgestaltenden Aktivitäten, die eine Unternehmung vornimmt, um auf Umweltänderungen hin ihre Rollenvorstellung zu korrigieren. Anpassung bedeutet also, daß man die eingetretenen Wandlungen für seine eigenen Entscheidungen als Datum ansieht und ihnen entsprechend Rechnung trägt. Auf das obige Beispiel einer Preissenkung angewendet, würde Anpassung bedeuten, daß die Unternehmung ihrerseits den Preis in gleichem Umfang senkt. Dieses Beispiel ist einfach und das Problem relativ abgegrenzt. Häufig bedeutet und bedingt der Reaktionstyp Anpassung jedoch eine sehr weitgehende Umstrukturierung der Unternehmung, z. B. wenn es gilt, technische Verbesserungen, die die Konkurrenz bereits vorgenommen hat, nachzuvollziehen. Bei entsprechend unsicherer und ungleichartiger Umwelt kann das Ziel laufender Anpassung die Unternehmung, zumindest in einzelnen Bereichen, also bereits auf einem sehr hohen Aktivitätsniveau halten. cc) Beeinflussung In der Aktivitätsskala höher einzuordnen als die bisher behandelten Handhabungstypen sind die mit Beeinflussung umschriebenen Antworten auf umweltinduzierte Spannungen. Die Signale der Umwelt werden nicht nur nicht übersehen, sondern sie werden auch nicht als gegeben hingenommen. Vielmehr lösen Wandlungen in den Umweltbeziehungen seitens der Unternehmung den Versuch aus, aktiv im Sinne einer Beeinflussung in das Geschehen einzugreifen. Auf Preissenkungen in einem oligopolistischen Markt würde also beispielsweise mit einem Preiskampf geantwortet werden. Nachfragerückgänge lösen keine Einschränkung der Produktion aus, sondern z. B. den Versuch, neue Nachfrage zu wecken etc. Derartige Versuche der Einwirkung können bei entsprechender Stellung der Unternehmung bis hin zu Versuchen der Einflußnahme auf Regierungen und Parlamente gehen, wie in der Realität durchaus zu beobachten ist. Abgesichert werden können derart aggressive Maßnahmen über entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, über die relevanten Verbände etc. Im Falle der Beeinflussung versucht die Unternehmung also die Beziehungen zur Umwelt als Wechselbeziehungen zu gestalten.

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis dd) Antizipation

Der aktivitätsmäßig höchstmögliche Stand in den Umwelt-Unternehmung-Beziehungen ist aus der Sicht der Unternehmung dann erreicht, wenn sie konfliktäre Bezüge im Stadium der Latenz bereits erfaßt und beobachtet und den offenen Konflikt somit antizipiert. Auf die erfolgte Früherkennung von Umweltänderungen können dann gewissermaßen vorweganpassende aber auch beeinflussende Maßnahmen einsetzen. In beiden Fällen soll ein latenter Konflikt bewußt gemacht und zur Wandlung genutzt werden. Im Falle beeinflussender Maßnahmen wird der latente Konflikt in einen offenen Spannungszustand zur Umwelt überführt, nur mit dem zur normalen Beeinflussung wichtigen Unterschied, daß man selber in der Vorhand ist und den Überraschungseffekt auf seiner Seite hat, da man sein Konfliktbewältigungspotential rechtzeitig mobilisieren und wohlüberlegt einsetzen konnte. Technische Änderungen vor der Konkurrenz in ihrer Bedeutung zu erkennen und einzusetzen, mit eigenen Preissenkungen denen der Konkurrenten zuvorkommen, das wären derartige antizipierende Maßnahmen. Dieses Vorwegeilen vor der Umwelt darf wohl als eine unternehmerische Idealstrategie angesehen werden. Antizipierende, beeinflussende oder zumindest anpassende Strategien der Konflikthandhabung werden in Zukunft in steigendem Maße für immer mehr Unternehmungen wichtig werden, denn es kann als sicher gelten, daß sich immer weniger Unternehmungen einer stabilen Umwelt gegenübersehen. In der Sensibilisierung gegenüber Umweltänderungen liegt ein heute kaum gelöstes Problem für die Unternehmungen. Hier im Bereich der Umwelt-Unternehmung-Beziehungen ist eine mögliche Angleichung und Übereinstimmung von Faktizität und Perzeption des Konflikts wichtig und als Gestaltungsaufgabe gegeben, da Änderungen in diesem Konfliktbereich i. d. R. die gravierendsten Folgen für die gesamte Unternehmung haben.

b) Wirkungen im Unternehmungsbereich Im folgenden sollen wichtige Wirkungen von Konflikten für die Gesamtunternehmung analysiert werden. Ganz allgemein kommt jeder Art von Konflikt aus der Sicht des Management eine überaus wichtige Meldefunktion zu. Spannungen in einzelnen Konfliktbereichen können auf Schwachstellen des Systems aufmerksam machen. Wenn sich dar an Aktivitäten anschließen, so wird der allgemeine Effekt der verhaltensgenerierenden Wirkung von Konflikten interessant. Konflikte stimulieren - sofern sie erkannt werden - die Aktivität und bewirken demzufolge genau das, worum sich z. B. bestimmte Motivationstechni-

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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ken bemühen. Aus der Sicht der Unternehmung kommt es nun darauf an, diese Aktivität in erwünschte Bahnen zu lenken und sie produktiv zu nutzen. Was die einzelnen Aktivitätswirkungen anbelangt, so gelten für die Unternehmung grundsätzlich die bei den Gruppenhandhabungstypen getroffenen Feststellungen analog. Die Aggregation der Wirkungen konfliktaustragender Handhabungsformen zeigt nun eine Reihe möglicher, für die Unternehmung positiver Effekte, die um die miteinander verwandten und sich überlappenden Begriffe Anpassung, Wandel und Innovation kreisen. Mit Anpassung sind vorwiegend solche Wirkungen gemeint, die die Angleichung der Unternehmung an Umweltänderungen betreffen. Die Notwendigkeit der permanenten Anpassung an wechselnde Umweltbedingungen auch und besonders über antizipatorische Aktivitäten ist für die Unternehmung unbestritten wichtig. Rechtzeitigen und gezielten Anpassungsentscheidungen stehen jedoch häufig der Widerstand gegen Neuerungen, Furcht vor Machtverlust, mangelnde Risikofreude und sogar ein bewußtes Verschleiern früherer Fehlentwicklungen entgegen (Thiele [Konflikte 298]). In derartigen Situationen muß entweder ein Bewußtmachen latenter Konflikte erfolgen (so Thiele [Konflikte 298]) oder aber die bereits offenen Konflikte müssen ausgetragen und als Stimulus für Anpassungsentscheidungen benutzt werden. Werden derartige Konflikte dagegen überspielt, umgangen oder unterdrückt, dann werden Warnsignale übersehen und die Gefahr von gravierenden Einbrüchen wird damit erhöht (vgl. Coser [Konflikte 183]). Solche Anpassungsvorgänge können auf Konflikten zwischen Gruppen beruhen, wie z. B. Stab-Linie oder Alte Garde-Neue Garde, können aber auch das Ergebnis von Konflikten zwischen einzelnen Managern der Führungsspitze sein. So weisen Blau I Scott daraufhin, daß Machtkämpfe zwischen starken Persönlichkeiten, bei denen es ihnen eigentlich um die Erweiterung ihres Einflußbereichs geht, einer Unternehmung bei Adaptions- und Wachstumsprozessen zugute kommen können, da die Betreffenden aus Furcht vor Machtverlust derartigen Entscheidungen und Entwicklungen eher zustimmen werden [Organizations 241]. Der zur Anpassung notwendige Wandel z. B. der Unternehmungsorganisation ist wiederum ohne Konflikte kaum denkbar. Konflikte sind geradezu typisch für Prozesse des organisatorischen Wandels und der Wandlungsprozeß stellt im Kern einen Prozeß der Konflikthandhabung dar (vgl. Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 249]}. Für das Zustandekommen von Innovationen, die man als erstmals durchgeführte Änderungsprozesse bezeichnen kann (Kieser [Innovationen 742]), zeigt sich ebenfalls die Bedeutung von Konflikten. Hier geht es als auslösendes Moment um die Spannungen zwischen Unterneh-

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B. Konfliktmodell der Unternehmung als Basis

mung und Umwelt. Es wurde empirisch festgestellt, daß die Innovationsaktivitäten von Unternehmen u. a. dann zunahmen, wenn sie sich Zeiten schlechter Geschäftslage gegenübersahen (Kieser [Innovationen 745 f.]). Auch hier zeigen sich wieder stimulierende und initiierende Effekte des Konflikts, vom heilsamen Druck der Konkurrenz bis hin zum Zwang zur Anpassung um des bloßen Überlebens willen. Derartige unternehmungsexterne Spannungen führen natürlich nur über entsprechende interne Prozesse, in denen stärkeres Gewicht auf die Bewußtmachung der Gegensätze als auf deren Unterdrückung gelegt wird, zu echten Wandlungen. Für Wandel in der Unternehmung wird somit ein gewisses Maß an Spannung zu einer unabdingbaren Voraussetzung (vgl. Dalton [Influence 234]). Im Ergebnis zeigt sich, daß Konflikte im Bereich Unternehmung-Umwelt als externe Auslöser genauso wichtig sind, wie innerhalb der Unternehmung. Anpassung, Innovation und damit ein Wandel der Unternehmung sind also mit Konflikten eng verbunden. Zusammenfassung

Im folgenden sollen die bisherigen Überlegungen stichwortartig zusammengefaßt werden. Um eine möglichst umfassende konzeptionelle Behandlung des Konfliktproblems in der Unternehmung zu ermöglichen, wurden Konflikte als latente oder manifeste Spannungsbeziehungen definiert. Es zeigte sich, daß in der Unternehmung aus verschiedenen Ursachen heraus permanent Spannungen auftreten. Im konkreten Konfliktfall bilden diese Spannungen ein Konfliktfeld als die Gesamtheit aller problemrelevanten Variablen und deren Beziehungen zueinander. Zur näheren Analyse von Konfliktfeldern wurde der von Einzelpersonen auf Gruppen und die Institution Unternehmung übertragene soziologische Rollenansatz verwendet. Die verschiedenen Erscheinungsformen von Konflikten, die Dimensionen des Konfliktgeschehens, die als sachlichintellektuell, sozio-emotionell und wertmäßig-kulturell gekennzeichnet wurden, sowie die verschiedenen Bereiche des Konfliktgeschehens, die sich vom Individuum und der Gruppe über die Intergruppenbeziehungen bis hin zu Beziehungen zwischen Unternehmung und Umwelt erstrecken, bilden die drei Aspekte, unter denen Konfliktfelder analysiert wurden. Es zeigte sich, daß Konflikte allgemein auf verschiedenen generellen Ursachen beruhen, die unaufhebbar sind und daß der konkrete Konfliktfall außerdem von verschiedensten speziellen Ursachen als Determinanten hervorgerufen wird. Als generelle Ursachen von Konflikten in der Unternehmung wurden das Spannungsverhältnis von Zielen und Mitteln, die Multipersonalität und Komplexität sowie

III. Handhabungsformen des Konflikts und ihre Wirkungen

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die Umweltverbundenheit des Systems Unternehmung und schließlich die Unvollkommenheit der Information identifiziert. Es wurde versucht, darüber hinaus die wichtigsten speziellen Ursachen in Form von Determinantenprofilen für die einzelnen Konfliktbereiche zu kennzeichnen. In diesen Profilen wurden tendenzielle Zuordnungen von starken und schwachen Determinantenausprägungen zu Konfliktintensität, -Wahrnehmung und -häufigkeit vorgenommen. Soweit bei der Erarbeitung dieser Profile nicht auf empirische Untersuchungen zurückgegriffen werden konnte, wurde versucht, in Richtung auf die Formulierung realistischer Hypothesen vorzugehen. Über eine Betrachtung der verschiedenen Handhabungsformen von Konflikten wurden schließlich deren Wirkungen untersucht. Dabei zeigte sich, daß Konflikte verhaltensgenerierende Wirkung besitzen und die Aktivität der einzelnen Konfliktbereiche stimulieren. Je nach Art der Konflikthandhabung kommt es zu bestimmten Effekten. Für die Unternehmung hervorzuheben sind Anpassung, Wandel und Innovation als mögliche Effekte konstruktiver Konflikthandhabung.

C. Gestaltungsprobleme und Gestaltungsinstrumente der Konflikthandhabung I. Konfliktoptimierung als Gestaltungsauftrag des Konflikt-Management Die Handhabungs- und Wirkungsanalysen und mit ihnen der theoretische Basisteil sind abgeschlossen und es kann nun zu instrumentellen und technologischen Betrachtungen übergegangen werden. Im folgenden zweiten Hauptteil geht es darum, die konflikttheoretischen Überlegungen in konflikttechnologische Aussagen umzusetzen. Aufbauend auf den Wirkungsanalysen müssen zu diesem Zweck zunächst die Ziele der Konflikthandhabung präzisiert werden. In Umkehrung der bisherigen Betrachtungsrichtung werden dabei bestimmte theoretisch festgestellte Wirkungen als Ziele der Konflikthandhabung ausgewählt. Erst im Anschluß daran ist eine Beurteilung der verschiedenen Handhabungsformen und Steuerungsinstrumente möglich, die zur Erreichung dieser Ziele eingesetzt werden können. 1. Ziele der Konflikthandhabung

Konflikthandhabung bedeutet zielorientiertes Konflikthandeln in der Unternehmung. Handeln i. S. einer Situationstransformation beruht auf der Auswahl einer Handlungsrichtung unter mehreren zur Verfügung stehenden. Rationale Auswahlakte i. S. fundierter Entscheidungen erfordern das Vorliegen von Entscheidungszielen (vgl. Schmidt [Grundlagen 12]). Fundiertes Gestaltungshandeln und somit auch fundiertes Konflikthandeln kann also nur im Hinblick auf bestimmte Ziele erfolgen. Es stellt sich mithin die Frage, welche Ziele für die Aktivitäten der Konflikthandhabung maßgebend sein können oder sollen. Mit der Formulierung von Zielvorstellungen ist zum einen die Möglichkeit zur Beurteilung der verschiedenen Steuerungsinstrumente und deren Einsatz gegeben und zum anderen wird damit der Maßstab für den Erfolg der Gestaltungsbemühungen geliefert. Grundlage von Zielformulierungen sind zweckmäßigerweise Wirkungsanalysen, wie sie im ersten Hauptteil vorgenommen wurden. Die für derartige theoretische Aussagensysteme charakteristische kausale Betrachtungsweise wird in den

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Konfliktoptimierung als Gestaltungsauftrag des Management

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technologischen Aussagen, um die es im folgenden geht, durch eine finale Betrachtungsweise abgelöst (vgl. zur Methodik im einzelnen Chmielewicz [Forschungskonzeptionen 23 ff.]). Aufbauend auf den Wirkungsanalysen muß entschieden werden, welche der theoretisch festgestellten Wirkungen für das Konflikt-Management erwünscht und welche unerwünscht sind. Die als erwünscht ausgewählten Wirkungen bilden dann die zu verfolgenden Zielvorstellungen der Konflikttechnologie. Die instrumentelle Handhabung des Konflikts wird auf die Erzielung dieser Wirkungen ausgerichtet. Die Frage nach den Zielen der Konflikthandhabung ist - wie diese Überlegungen zeigen - eine Frage nach den gewünschten Wirkungen der Gestaltungsaktivitäten. Die Aufteilung des theoretisch analysierten Wirkungsbündels in erwünschte und unerwünschte Bereiche erfordert Wertungen. Konflikttechnologie ist im Gegensatz zur Konflikttheorie also mit Wertentscheidungen verbunden. Maßstäbe dieser Wertungen werden in Unternehmungen in erster Linie die ökonomische Zielkonzeption sowie etwaige darüber hinausgehende Firmenphilosophien sein müssen. Im konkreten Fall muß also geprüft werden, welche Konfliktwirkungen am besten in den durch Zielkonzeption und Firmenphilosophie gesteckten Rahmen hineinpassen. Ein stark traditionsgebundener Betrieb, der auf einem ruhigen Markt operiert, wird sicherlich andere Ziele verfolgen und somit eine andere Art der Konflikthandhabung betreiben als beispielsweise eine stark fortschrittsgläubige, auf neuen Märkten auftretende Unternehmung. Die möglichen Zielkonzeptionen der Konflikthandhabung lassen sich im Hinblick auf die Realproblematik insbesondere in zwei Kategorien typisieren. Traditionell wird in den Unternehmungen und auch in weiten Teilen der Literatur das Schwergewicht auf die Schnelligkeit, Sicherheit und Reibungslosigkeit der Aufgabenerfüllung sowie die Stabilisierung und Festigung des Systems Unternehmung gelegt. Dementsprechend dominieren, sofern dem Konfliktproblem Aufmerksamkeit geschenkt wird, Formen der einseitigen Interessendurchsetzung sowie der Konfliktumgehung. Konflikte werden als Störgrößen bei der effizienten Erfüllung bestehender Aufgaben und der Versuche zur Systemstabilisierung angesehen, sie werden unterdrückt, umgangen oder überspielt. Eine Konflikttechnologie, der diese Ziele zugrunde liegen, hätte die Möglichkeiten zu untersuchen, wie man Konflikte am besten unterdrückt, niederkämpft oder vermeidet, umgeht und überspielt. In der zweiten möglichen Zielkonzeption des Konflikt-Management dominieren dagegen Ziele des Wandels, der Innovation und der Anpassung. Konflikte werden in ihrer Aktivitätsfunktion und Meldefunktion gesehen, mit deren Hilfe sich bei entsprechender Handhabung a·

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

Wandlungs-, Innovations- und Anpassungsprozesse erreichen lassen. Als Handhabungsformen des Konflikts dominieren problemlösungsorientierte Austragung sowie Bewußtmachung des Konflikts. In einer umfassenden Konflikttechnologie müßten beide Zielkategorien zugrunde gelegt und Gestaltungsinstrumente zu ihrer Realisierung entwickelt werden. Eine vollständige Konflikttechnologie müßte m. a. W. alle theoretisch festgestellten Wirkungen alternativ als Ziele ansehen und zielerreichende Maßnahmen und Instrumente aufzeigen. Schon aus Praktikabilitätsgründen erscheint es wenig aussichtsreich, hier ein Vorgehen in Richtung solcher umfassender Aussagensysteme zu wählen, vielmehr soll die zweite Zielkonzeption zur Basis der Überlegungen gemacht werden. Die Konflikttechnologie und damit das Konflikt-Management sollen also primär auf Systeminnovation, -wandel und -anpassung ausgerichtet werden. Unabhängig von möglichen ethisch-moralischen Wertungsüberlegungen sprechen hierfür insbesondere zwei Argumente. Zum einen ist in der Literatur eine Vernachlässigung dieser Aspekte des Konfliktgeschehens festzustellen und zum anderen kann es wohl als sicher gelten, daß diese Effekte in der Realität wegen der sich in steigendem Maße für mehr Unternehmungen rascher wandelnden Umwelt kontinuierlich an Bedeutung gewinnen werden. Vor allem angesichts der Selbstverwirklichungsforderungen der Arbeitnehmer, denen sich die Betriebe verstärkt konfrontiert sehen und die man unabhängig von jeder ethisch-moralischen Wertung als Fakten hinzunehmen hat, werden Mechanismen der Konfliktunterdrückung und -umgehung zunehmend fragwürdig und im Gegensatz dazu konstruktive Konfliktbewußtmachung und -austragung immer wichtiger. 2. Der optimale Konflikt als Bezugspunkt der Konflikthandhabung

a) Konzeption des optimalen Konflikts Entsprechend den formulierten Zielen der Konflikthandhabung gilt es nun, die Gestaltung der Konfliktfelder vorzunehmen. Konflikte werden in einem auf Innovation, Wandel und Anpassung ausgerichteten Management nicht als Störgrößen angesehen, sondern als potentiell produktive Spannungen in den Beziehungen zwischen den jeweiligen Konfliktelementen. Aufgabe des Konflikt-Management kann es demzufolge nicht sein, Spannungen langfristig und "endgültig" zu "lösen" - ein derartiges Unterfangen wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt -, sondern es muß vielmehr mit Hilfe steuernder Eingriffe versucht werden, die Produktivkraft des Konflikts zu nutzen. Im Rahmen dieser Gestaltungsbemühungen kann es einerseits notwendig werden, unnötige und unproduktive Schärfen zu reduzieren, andererseits

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kann es durchaus sinnvoll und sogar notwendig sein, künstlich Spannungen zu erzeugen. Betrachtet man die Unternehmung gedanklich als ein dynamisches Spannungssystem, so wird klar, daß in jeder Phase des Unternehmungsprozesses irgendwo in der Unternehmung Spannungen entstehen, an anderer Stelle abgebaut werden. Die soziale, ökonomische und technologische Einheit Unternehmung stellt aus dieser Sicht gewissermaßen ein ständig pulsierendes System dar. Es kommt nun darauf an, die richtige Stärke der Spannungen anzusteuern. Wo z. B. in einzelnen Abteilungen Impulse fehlen, muß versucht werden, produktiv wirkende Antriebe zu setzen, es müssen also "Konfliktkerne" gebildet werden. Wo im Gegensatz dazu ein zu hohes Konfliktniveau herrscht, müssen negative Wirkungen möglichst durch entsprechende Steuerung reduziert werden. Im konkreten Fall kommt es also darauf an, für einen einzelnen, eine Abteilung und schließlich für die ganze Unternehmung den richtigen "Ioad", die richtige Spannung zu erzeugen. Die Herausforderung muß so groß sein, daß sie die ganzen Kräfte der Hollenträgereinheit erfordert, ohne sie aber zu überfordern, mit einem Wort, es geht darum, im Hinblick auf die gesetzten Ziele, ein Optimum an Konflikt zu erzeugen. Wie die bisherigen Überlegungen bereits zeigen, kann dieser optimale Konflikt i. S. der hier vertretenen Konzeption des Konflikt-Management nur selten mit dem üblicherweise angesteuerten minimalen Konflikt identisch sein, dies gilt für alle Arten des Konflikts. Im folgenden soll das Konfliktoptimum exemplarisch anhand der einzelnen Konfliktbereiche demonstriert werden. Betrachtet man zunächst den Intragruppenbereich, so ist festzustellen, daß Gruppen mit einem bestimmten Maß an Gegensätzlichkeit, mit einem bestimmten Konfliktgrad also, kreativere und genauere Lösungen hervorbringen, als Gruppen, in denen völlige Harmonie herrscht. Dieser empirisch gesicherte Bdund ist dadurch bedingt, daß Gruppen, in denen sich unterschiedliche Persönlichkeiten befinden, einen größeren Ideenspielraum besitzen und bei einer gewissen Freiheit der Diskussion diese Gegensätzlichkeiten zu einer gegenüber der Einzelleistung verbesserten Gesamtleistung führen können (vgl. auch Abschnitt B III 3 a dd). Dies gilt auch für Konflikte zwischen Gruppen und ihrem Führer. Auch in diesen Fällen zeigen empirische Untersuchungen, daß eine starke Opposition der Untergebenen die Qualität und Neuartigkeit der Problemlösungen positiv beeinflußt (Maier [Conferences 127], Hoffmann/Harburg/Maier [Differences]). Wie diese Überlegungen in Ergänzung der Analyse der Handhabungsformen zeigen, kann es also in Gruppen nicht darum gehen, den Konflikt zu minimieren, indem man

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

ihn überspielt, leugnet, oder mit Machtmitteln "löst", sondern es muß im Gegenteil versucht werden, Konflikte bereits im Stadium der Latenz zu erkennen und bewußt zu machen, um damit Wandel und Anpassung möglichst frühzeittig zu initiieren. Bis zu einem bestimmten durchschnittlichen Konfliktgrad werden also produktive Wirkungen zu erwarten sein. Steigt die Intensität darüber hinaus, dann setzen unproduktive Effekte ein. Ein hoher Konfliktgrad, auf der sachlich-intellektuellen Ebene z. B. dadurch gekennzeichnet, daß die bevorzugten Alternativen der Konfliktparteien nicht nur konkurrieren, sondern sich sogar ausschließen, kann dann leistungshemmend wirken (vgl. Raven/Euchus [Competition]). Das gleiche gilt nun allerdings auch für ein Zuwenig an Konflikt. Wie empirisch belegt ist, weisen Gruppen u. a. eine Tendenz zur Meinungskonvergenz auf (Hofstätter [Gruppendynamik 73 ff.]). Diese Tendenz erklärt sich zu nicht geringen Teilen aus der Furcht des einzelnen Mitglieds vor ungünstiger Beurteilung durch den Gruppenführer oder die anderen Mitglieder, denn die mit dem Vertreten abweichender Meinungen verbundene Rolle des Nonkonformisten ist für den einzelnen nicht unproblematisch (vgl. Hofstätter [Gruppendynamik 72 ff.], Maier [Conferences 244]). Darüber hinaus erfolgt gerade bei Gruppen, die längere Zeit zusammengearbeitet haben, eine Meinungsanpassung durch Gewöhnung. Scheinbar harmonisches und ruhiges Zusammenspiel der Gruppenmitglieder kann also ein Zeichen davon sein, daß in einer Gruppe zuviel "Ja-Sager" vorhanden sind resp., daß sich die Gruppe in einem Zustand unproduktiver, gewöhnungsbedingter gegenseitiger Bestätigung befindet. Um eine derartige lern- und kreativitätsfeindliche Homogenität zu durchbrechen, bedarf es stimulierender Spannungen. Zum Ansteuern dieser Spannungen kann es für den Gruppenleiter, der sich dann in der Rolle eines "Konfliktagenten" befindet, durchaus erforderlich sein, konfliktstimulierend zu wirken (vgl. Maier [Conferences 126]). Durch gegenseitiges Übereinstimmen ist kein Fortschritt und kein Lernen möglich (Maier [Conferences 245]), sondern immer nur über Divergenzen, Differenzen und damit über einen bestimmten Konfliktgrad. Harmonie dagegen muß als lern- und innovationsfeindlich angesehen werden. Es gibt empirische Belege dafür, daß diese Aussagen in der Tendenz auch für Aufgabenbereiche zutreffen, für die traditionell das Gegenteil angenommen wird, nämlich für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben. Auch im Forschungsbereich - und hier wegen der erforderlichen Kreativität in einem spezifischen Maße - sind stimulierende Spannungen in Forschungsgruppen produktiv wirksam (vgl. Pelz [Tensions]). Dem steht durchaus nicht entgegen, daß häufig eine Abkapselung solcher Teams von äußeren Einflüssen gefordert wird. Dies bedeutet doch nichts anderes, als daß man sich voll auf seine internen

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Probleme konzentrieren muß, um hier durch Spannungsüberwindung zu kreativen Lösungen und zu Lerneffekten zu gelangen. Für den einzelnen Forscher ist die Tendenz der Abkapselung im übrigen in keiner Weise zu generalisieren. Bedingt durch eine entsprechende Persönlichkeitsstruktur gibt es Wissenschaftler, die überhaupt nur produktiv sind, wenn sie unter extern induzierter Spannung stehen und deren Forschungsantrieb durch starke Frustrationen ausgelöst wird (vgl. Matussek [Persönlichkeit 97]). Von vorwiegend einzeln arbeitenden Forschern wird weiterhin berichtet, daß in ihren Problemlösungsprozessen Aktivitäten und Phasen auftauchen, in denen Stimulantien durch das Gespräch und die Konfrontation mit den Meinungen anderer geradezu gesucht werden, d. h. "intuitiv-singuläre" und "rational-kommunikative" Aktivitätsfelder ergänzen sich (vgl. Krauch [Forschung 58 ff.]). Die Kreativitätsforschung zeigt also bereits im derzeitigen Stadium der Entwicklung auf, daß Konflikte besonders für kreative Problemlösungsprozesse einen integralen Bestandteil bilden und somit die Produktivität positiv beeinflussen können. Es ist die Frage, ob nicht der innere Konflikt im einzelnen in Form des "bohrenden Zweifels", der "schöpferischen Unruhe" den Antrieb zur schöpferischen Leistung darstellt. Von Bedeutung für das Unternehmungsgeschehen sind weiterhin Konflikte zwischen Gruppen. Hier gelten für die Gesamtleistung und die produktiven Wirkungen im Prinzip gleiche Aussagen wie für den Intragruppenbereich. Ein gewisses Maß an Konflikt im Sinne eines Wettbewerbs zur Erreichung gemeinsamer Ziele dürfte unbedingt positiv für die Unternehmungsleistung sein. Wird der Gruppenegoismus jedoch zu groß, dann verschlechtern sich die Beziehungen und es kann durch zu starke Reibungsverluste zur Verzögerung und Beeinträchtigung der Gesamtleistung kommen. Es muß also davon ausgegangen werden, daß im Intergruppenbereich ebenfalls ein Optimum an Spannung anzusteuern ist. Dieser hier zunächst an Beispielen aus dem Gruppen- und Individualbereich demonstrierte Gedanke des optimalen Konflikts gilt nun in gleicher Weise für die gesamte Unternehmung, in der sich gedanklich die zahlreichen Einzelkonflikte aggregiert als eine Art von "Durchschnittsspannung" der Unternehmung ausdrücken, wobei die Umweltimpulse eine bedeutende Rolle spielen. Eine Unternehmung, die von der Umwelt nicht genug gefordert wird und sich selbst nicht genug fordert, wird immobil, ist nicht innovativ und "verkrustet" in ihren Strukturen und Denkhaltungen. Auch hier sind neue Impulse, ist eine neue "Spannungsgebung" notwendig. Umgekehrt dürfte die Behandlung der Handhabungsformen im Unternehmungsbereich ebenfalls deutlich gemacht haben, daß einmal entstandene Gegensätzlichkeiten

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möglichst im Stadium der Latenz zu erkennen sind, um sie über eine Bewußtmachung produktiv zu nutzen. Auch für die Unternehmung im ganzen geht es also um einen optimalen Konflikt, der eben nicht gleich dem minimalen ist. Der Gedanke des optimalen Konflikts wird somit zum Bezugspunkt der Konflikthandhabung, des Konflikt-Management, ein Bezugspunkt, der allerdings beim derzeitigen Erkenntnisstand nur umschrieben, nicht aber präzise definiert werden kann. Nichtsdestotrotz erscheint es sinnvoll, den Gedanken eines Konfliktoptimums hier auszuführen. Wie Kirsch aufzeigt, sind derartige theoretisch noch ungenügende Bezugsrahmen für praktische Probleme häufig von großem heuristischen Wert, da sie den Praktiker in die Lage versetzen, anhand seiner Erfahrungen "Expertenurteile" zu treffen, die für seine Zwecke befriedigend sind und an deren Problemadäquanz sich die "heuristische Effizienz" des Bezugsrahmens erweist (Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 242]). Mit dieser Überlegung soll nun keineswegs einem Verzicht auf eingehendere theoretische Lösungen das Wort geredet werden, sondern es soll lediglich auf den pragmatischen Sinn auch globaler theoretischer Systeme hingewiesen werden.

b) Analyse des Konfliktoptimums Der konstatierte Mangel hinreichender Präzisierbarkeit des Konfliktoptimums braucht nun allerdings keineswegs in Resignation zu münden. Vielmehr ist es durchaus möglich, für die praktische Umsetzung dieser Hypothese anhand einiger objektiver Analysen Hinweise zu geben, die sich im einzelnen auf die Handhabungsformen, die Dimensionen und die Bereiche des Konflikts erstrecken. aa) Handhabungsorientierte Analyse Die Wirkungen des Konflikts sind eng verbunden mit den verschiedenen Handhabungsformen des Konflikts. Es ist also zunächst im einzelnen zu prüfen, ob im Rahmen des Konflikt-Management bestimmte Handhabungsformen gegenüber anderen vorzuziehen sind. Hierfür kann direkt Bezug genommen werden auf die Wirkungsanalysen des Konflikts. Wie die Ergebnisse dieser Analysen zeigen, dürfte im Hinblick auf die gesetzten Gestaltungsziele zumindest langfristig und im Durchschnitt solchen Strategien der Vorzug gegeben werden müssen, die auf ein Bewußtmachen und möglichst problemlösendes Austragen des Konflikts abzielen, im Gegensatz zu Strategien der Konfliktvermeidung und -Unterdrückung sowie des allein machtorientierten Durch-

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kämpfens. Die einzelnen Steuerungsinstrumente müssen also so ausgestaltet werden, daß sie den Rahmen für derartige Prozeßverläufe abgeben können. Wenn die Voraussetzungen für eine Konfrontation der Meinungen und damit ein problemlösendes Austragen der Konflikte in allen Bereichen geschaffen werden, wird unter sonst gleichen Voraussetzungen das Gesamtergebnis der Unternehmung positiv beeinflußt werden, d. h. der Konflikt wird produktiv sein. Empirisch geprüft wurde dieser Tatbestand von Lawrence/Lorsch. Diese Autoren unterschieden im Rahmen ihrer Untersuchungen drei Klassen von Handhabungsformen des Konflikts [Environment 73 ff.]: (1) Konfrontation und Problemlösung (confrontation) (2) Überspielen und Ausgleichen (smoothing-over) (3) Erzwingen von Entscheidungen (forcing) Zwei Ergebnisse dieser empirischen Studie, die jeweils mehrere Unternehmungen verschiedener Branchen mit sich stark wandelnder Umwelt umfaßte, sind nun hier wichtig [Environment 76 ff.]: (1) Unternehmungen mit hoher Leistungsfähigkeit verwendeten die Handhabungsform der Konfrontation und Problemlösung weitaus häufiger als die beiden anderen Formen. (2) Unternehmungen mit hoher Leistungsfähigkeit verwendeten problemlösende Handhabungsformen in stärkerem Maße als solche mit mittlerer Leistungsfähigkeit und diese wiederum bevorzugten derartige Reaktionen häufiger als Unternehmungen mit geringer Leistungsfähigkeit. Leistungsfähigkeit und Art der Konflikthandhabung korrelieren also eindeutig. Hinzuweisen ist noch auf die Messung der Leistungsfähigkeit der Unternehmungen. Es wurden drei ökonomische Maßstäbe verwendet [Environment 39 ff.]: (1) Gewinnentwicklung der letzten fünf Jahre (2) Umsatzentwicklung der letzten fünf Jahre (3) Anteil der in den letzten fünf Jahren eingeführten Produkte am Gesamtumsatz des letzten Jahres. Die ersten beiden Kriterien betreffen die Verbesserung der Zielerreichung bestehender Ziele und die Intensivierung dieser Ziele als eine Folge produktiver Konflikthandhabung. Interessant ist auch das dritte Kriterium. Es zeigte sich, daß der Anteil neuer Produkte am letztjährigen Umsatz bei Unternehmungen mit konfrontierender und problemlösender Konflikthandhabung bis um das Dreifache höher war als bei

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anderen Unternehmungen (vgl. auch Lorsch!Lawrence [Innovation]). Damit ist auch ein Beleg für die Innovationswirkung von produktiv genutzten Konflikten gegeben. Der Zusammenhang von bewußtmachender, problemlösungsorientierter Austragung des Konflikts und Leistungsfähigkeit der Unternehmung stellt also keine bloße Annahme im wissenschaftstheoretischen Sinn dar. Er muß vielmehr als eine empirisch geprüfte und bewährte Hypothese angesehen werden und kann somit die Basis des KonfliktManagement und seiner Gestaltungsinstrumente bilden. Diese auf die Wahl der Handhabungsformen zielenden Überlegungen können noch ergänzt werden durch zwei Präzisierungsmöglichkeiten, die sich im Anschluß an das in Teil B skizzierte Konfliktmodell ergeben. Sie betreffen den dimensionalen und bereichsmäßigen Aspekt des Konfliktfeldes. bb) Dimensionsorientierte Analyse Der Gedanke eines Gesamtoptimums des Konflikts umschließt alle Dimensionen und Bereiche des betrieblichen Konfliktfeldes. Um zu einer Differenzierung dieses somit nur global umrissenen Bezugspunktes zu gelangen, um also eine gerrauere Ortsbestimmung vornehmen zu können, soll -:unächst die wichtige Frage geprüft werden, ob der optimale Konflikt hinsichtlich seiner dimensionalen Zusammensetzung ökonomisch relevante Unterschiede aufweist. Ausgangspunkt der Beantwortung dieser Frage ist eine hier zusätzlich einzuführende Annahme. Und zwar wird davon ausgegangen, daß jeder betriebliche Konfliktbereich, also jeder einzelne, jede Abteilung und die ganze Unternehmung, eine begrenzte Kapazität besitzt, Konflikte zu handhaben. Diese "Konfliktkapazität" ist zum einen natürlich von Fall zu Fall verschieden und ist zum anderen keine feste und unbeeinflußbare Größe. Darüber hinaus stellt sie genauso ein theoretisches Konstruktum dar, wie der Gedanke des Konfliktoptimums selbst. Für praktische Probleme dürfte es jedoch sehr zweckmäßig sein, sich immer wieder vor Augen zu führen, daß sozusagen der "Bogen nicht überspannt werden darf", daß also jede Person, jede Gruppe und auch jede Unternehmung einen Punkt erreicht, wo ihre Kraft, Konflikten zu begegnen, erschöpft ist. Aus dimensionaler Sicht stellt sich für das Konflikt-Management das Gestaltungsproblem deshalb in der Form dar, daß versucht werden muß, die Konfliktkapazität dimensional sinnvoll zu nutzen, sie richtig auf die einzelnen Dimensionen aufzuteilen. Die ökonomisch wichtigste Ebene des Geschehens ist nun eindeutig die sachlich-intellektuelle Dimension, der vor allem das ökonomische

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Zielsystem angehört. Auf diese Dimension müssen sich die Kräfte konzentrieren, hier muß der höchstmögliche "load" gesucht werden. Hier muß versucht werden, die Rollen so zu gestalten, daß sie eine Herausforderung an das Leistungsvermögen jedes Konfliktbereichs darstellen, denn hier spielen sich auch die ökonomisch produktiven Wirkungen des Wandels, der Anpassung und Innovation ab, Wirkungen, die eine effizientere Erreichung bestehender oder das Setzen neuer Ziele ermöglichen. Auf der sachlich-intellektuellen Ebene also sollen Konflikte als Aktivitätsgeneratoren wirken. Infolge der begrenzten Konfliktkapazität ergibt sich daraus nun zwingend, daß auf den anderen Ebenen, also im Bereich der wertmäßigkulturellen und der sozio-emotionellen Dimension möglichst "Ruhe herrschen" muß. Nur wenn man untereinander über die grundlegenden Werte der Unternehmung einig ist (wertmäßig-kulturelle Dimension) und wenn man z. B. gegenseitiges Vertrauen hat (sozio-emotionelle Dimension) wird es möglich, daß sich alle Kräfte auf die Bewältigung der Probleme und Spannungen der sachlich-intellektuellen Ebene konzentrieren. Mißtrauen untereinander führt zu Abkapselung und verhindert somit den für die Problemlösung wichtigen Austausch der Ideen und Informationen (vgl. z. B. WaUon!McKersie [Negotiations 141 ff.] und die dort angegebene Literatur). Für Spannungen auf der wertmäßig kulturellen Ebene gelten zwar im Prinzip die gleichen Aussagen wie für die sachlich-intellektuelle Ebene, was die produktive Wirkung von Konflikten angeht. Da aber - wie im einzelnen noch zu zeigen sein wird - Wertsysteme der Unternehmung längere Zeit stabil bleiben können, besteht eine der Chancen des Konflikt-Management darin, Konsens über die Werte anzustreben, damit sich Konflikte in der Unternehmung möglichst wenig auf der Wertebene und damit gewissermaßen auf dem Vorfeld der ökonomisch interessanten Sachebene abspielen. Jede Beziehung zwischen einzelnen Konfliktbereichen der Unternehmung beruht auf grundsätzlichen Werten. Wenn diese Basis der Beziehung ständig oder häufig zur Disposition gestellt wird, ist die Beziehung selbst gefährdet und damit selbstverständlich auch jede produktive Wirkung. Die handhabungs-, dimensions- und die noch vorzunehmende bereichsorientierte Präzisierung des Konfliktoptimums stellen aus theoretischer Sicht zwar durchaus gleichrangige Aspekte der Analyse dar. Für den pragmatischen Gestaltungsauftrag des Konflikt-Management erscheint allerdings beim derzeitigen Erkenntnisstand eine primäre Orientierung an dem hier skizzierten dimensionalen Aspekt am vielversprechendsten. Die dimensionale Sichtweise ermöglicht zusammen mit der Vorstellung begrenzter Konfliktkapazitäten eine gedankliche Trennung realiter miteinander verwobener Aktionsebenen und kann

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

somit jedem einzelnen Konflikt-Manager als gedanklicher Ansatzpunkt für die Steuerung des Konfliktgeschehens dienen. Wenn sich alle am Konfliktprozeß Beteiligten über diesen dimensionalen Aspekt ihres Handeins im klaren sind, dürfte mit Sicherheit eine stärkere Konzentrierung auf die aus der Sicht der Unternehmung ökonomisch interessante Sachebene im Sinne der skizzierten dimensionalen Differenzierung gefördert werden. Die dimensionale Steuerung, mit der eine "Einigkeit im Konflikt" auf der Wertebene, gegenseitiges Vertrauen auf der sozio-emotionellen Ebene und damit Freisetzen von Konfliktkapazitäten für die Probleme der Sachebene angestrebt wird, kann somit zu dem derzeit wirkungsvollsten Hebel des Konflikt-Management werden. Die Beschreibung und Analyse der Gestaltungsinstrumente im weiteren Verlauf der Untersuchung wird sich dementsprechend um die einzelnen Dimensionen gruppieren. cc) Bereichsorientierte Analyse Eine weitere Präzisierung des Gedankens eines Konfliktoptimums läßt sich über eine bereichsmäßige Betrachtung erzielen. Man wird für eine differenzierte Gestaltung der Unternehmung nicht unbedingt davon ausgehen können, daß alle betrieblichen Bereiche dem gleichen Druck ausgesetzt sind. Je nach spezifischer Bedingungskonstellation der einzelnen Bereiche werden sie sich hinsichtlich ihrer Belastung unterscheiden. Damit verbietet sich der Einsatz gleichartiger Gestaltungsmaßnahmen zu allen Zeitpunkten und für alle betrieblichen Konfliktbereiche. Damit werden zugleich aber auch zumindest in einzelnen Phasen und Bereichen des Unternehmungsprozesses Modifikationen hinsichtlich der Wahl der Handhabungsformen und auch hinsichtlich der dimensionalen Gestaltung des Konfliktfeldes notwendig. Was die Handhabungsformen anbelangt, so ist z. B. vorstellbar, daß in einzelnen Abteilungen oder in spezifischen Entscheidungssituationen unbedingte Schnelligkeit des Prozeßverlaufs erforderlich ist. In solchen Fällen kann eine forcierende Handhabungsform u. U. angebrachter sein, als ins einzelne gehende Problemlösungsprozesse. Es sind ferner Situationen denkbar, in denen Vorgesetzte mit starkem Druck und dem Einsatz von Machtmitteln arbeiten müssen, um einen Wandel durchzusetzen. Umgekehrt kann es Fälle geben, in denen der gleiche Effekt über problemlösungsorientierte Handhabungsformen erreicht werden kann. Langfristig und sozusagen "im Durchschnitt" sind zur Erzielung der hier zugrunde gelegten Wirkungen problemlösungsorientierte Handhabungsfarmen zwar allen anderen Reaktionsformen vorzuziehen, das schließt eine kurzfristige, situationsorientierte und bereichsmäßig dosierte Wahl anderer Handhabungsformen jedoch keineswegs aus.

I. Konfliktoptimierung als Gestaltungsauftrag des Management

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Ähnlich verhält es sich mit der dimensionalen Zusammensetzung des Konfliktoptimums. Zwar gelten langfristig und im Durchschnitt aller Bereiche die oben hierzu getroffenen Aussagen, aber in einzelnen Bereichen und zu verschiedenen Zeitpunkten sind durchaus Abwandlungen möglich. In Zeiten des Umbruchs einer Unternehmungsphilosophie wird es wichtig sein, daß sich die Kräfte der relevanten Bereiche auf die hier auszutragenden Differenzen konzentrieren, für die dann ebenfalls produktive Wirkungen angestrebt werden müssen. Es kann also z. B. sein, daß innerhalb des politischen Systems oder auch zwischen den verschiedenen Systemen der Unternehmung hart um die neu zu formulierende Philosophie gerungen wird. Dadurch können kurzfristig auf der Sachebene durchaus Einbußen entstehen. Nach erfolgter problemlösender Einigung jedoch können sich alle Bereiche wieder voll auf die anstehenden Sachprobleme konzentrieren, wobei die neu gewonnene gemeinsame Grundhaltung koordinierende und beschleunigende Effekte auslöst. 3. Realisation des optimalen Konflikts

a) Konflikt-Management als situatives Management Wie die Analyse des Konfliktoptimums zeigt, läßt sich dieses globale Problem durchaus auffächern und damit für Gestaltungsbemühungen praktikabel machen. Es zeigt sich dabei allerdings auch, daß man vorschnelle Verallgemeinerungen im Hinblick auf die Ausrichtung der Konflikthandhabung vermeiden muß. Konflikt-Management kann kein reines Management der Problemlösung sein, genausowenig, wie es ein Management der Machtkämpfe sein kann. Es kann sich aber auch nicht auf die sachlich-intellektuelle Ebene allein konzentrieren, sondern muß bei der dimensionalen Zusammensetzung des Optimums ebenfalls flexibel reagieren können. Konflikt-Management muß also ein Management sein, das stets die Beziehungskonstellationen des relevanten Zeitpunkts oder Zeitraums im Auge hat und danach die Gestaltungsaktivitäten dosiert, dies sowohl in bezugauf die Wahl der Handhabungsformen, als auch in bezug auf die dimensionale und bereichsmäßige "Feinsteuerung". Um diese Anforderungen an das Konflikt-Management begrifflich zu charakterisieren, soll hier von einem "situativen" Management gesprochen werden. Situatives Management heißt, daß man nicht von einem "Normalfall" oder einer Durchschnittsbetrachtung allein ausgeht, sondern daß man darüber hinaus den Bedingungen der jeweiligen Unternehmungssituation Rechnung trägt. Es scheint, daß dies ein Aspekt des Konflikt-Management ist, der im Prinzip über die hier behandelte Problemstellung hinausgreift und sich

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

auf alle in der Literatur behandelten Management-Konzeptionen und Führungsstile erstreckt und dort zur Anwendung gebracht werden müßte. Die dort üblicherweise diskutierten Formen und Systeme lassen sich wohl zumeist aus der Annahme eines bestimmten "Normalfalles" heraus deuten, wobei die natürlich zahlreichen situativen "Ausnahmen" unberücksichtigt bleiben.

b) Der Manager in der Rolle des Konfliktagenten Die erfolgreiche Realisation jeder Management-Konzeption hängt in der Praxis davon ab, in welchem Ausmaß die Beteiligten sich der Probleme und Erfordernisse der jeweiligen Konzeption bewußt sind und ihnen gerecht werden. Dies gilt auch für das Konflikt-Management. Für den einzelnen und auch für die Unternehmung insgesamt würde eine Realisierung dieser Konzeption zunächst bedeuten, daß man sich der Ursachen und Wirkungen von Konflikten in der Unternehmung bewußt wird. Es muß ein Umdenken erfolgen. Konflikte dürfen nicht mehr als pathologische Erscheinungen, als unvermeidbares Übel oder als zu unterdrückende und zu überspielende Hindernisse angesehen werden. Vielmehr muß ihre Melde- und Aktivitätsfunktion gesehen und die Chance ihrer konstruktiven und produktiven Nutzung erkannt werden. Im Rahmen dieser Konzeption kommt es darauf an, daß sich jeder einzelne Manager seine Rolle als Steuerungssubjekt zur Erreichung des Konfliktoptimums vor Augen führt und die vorhandenen Steuerungsinstrumente kennt und richtig einsetzt. In bezug auf das Konflikt-Management kommt jeder Führungskraft die Rolle eines "Konfliktagenten" zu, der innerhalb des seiner Zuständigkeit unterstehenden Konfliktbereichs die Gestaltung des Konfliktfeldes vornehmen muß. Im laufenden Unternehmungsprozeß muß er ausgleichend wirken bei unproduktiven emotionsgeladenen Streitigkeiten zwischen Individuen oder Gruppen. Als Leiter einer Gruppe muß er mißtrauisch werden, wenn ihm niemand widerspricht und die Gruppe stimulieren, soweit Impulse fehlen. Meinungen von Minderheiten dürfen von ihm nicht beiseite geschoben, übergangen oder gar unterdrückt werden, sondern müssen als potentielle Signale für Änderungsnotwendigkeiten begriffen und auf ihren problemlösenden Gehalt geprüft werden. Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, daß jede neue Idee zwangsläufig zunächst die Idee einer Minderheit ist. Der Konfliktagent muß als Gruppenführer die optimale Spannung für den einzelnen im Sinne eines situativen Vorgehens richtig dosieren. Was für den einen zum stimulierenden Impuls wird, kann für den anderen eine unüberwindbare Anforderung

I.

Konfliktoptimierung als Gestaltungsauftrag des Management

127

darstellen (vgl. auch Ewing [Tension 77]). Das gleiche Problem stellt sich in analoger Weise in allen Konfliktbereichen. Besonders bedeutungsvoll wird die Aufgabe des Konflikt-Management dann, wenn Probleme auftauchen, die im Rahmen des laufenden Unternehmungsprozesses nicht gelöst werden können, wenn also Konflikte Anpassung, Wandel und Innovation in der Unternehmung erfordern. Solche Prozesse organisatorischen Wandels betreffen zu wesentlichen Teilen Probleme der Konflikthandhabung. Hier treten für die verschiedenen Konfliktagenten Rollen als Promotoren der Änderung und des Wandels auf, aber auch Rollen als Vermittler zwischen den Betroffenen und den Experten, die die Problemlösung vorbereiten. Sowohl der laufende "normale" Unternehmungsprozeß, als auch Innovations-, Wandlungs- und Änderungsprozesse stellen sich also für den Konfliktagenten als Prozesse der konstruktiven Konflikthandhabung dar. Hinweise für die konkrete Analyse und die darauf aufbauende Steuerung des Einzelfalls bieten zunächst die für die einzelnen Bereiche entwickelten Profile. Welche generellen Gestaltungsinstrumente dem Konflikt-Management bei der Lösung seiner Aufgabe zur Verfügung stehen, sollen die weiteren Untersuchungen verdeutlichen.

c) Konflikt-Management und Management-Konzeptionen Gemäß der gewählten Definition wird das Management der Unternehmung als ein umfassender Komplex von Systemgestaltungs- und Steuerungsaufgaben betrachtet, der üblicherweise in Funktionen wie vor allem Planen, Führen, Organisieren aufgefächert wird. KonfliktManagement als optimale Konflikthandhabung muß i. S. einer Querschnittsaufgabe Bestandteil des Management der gesamten Unternehmung werden. Die Gestaltung von Konfliktfeldern kann demzufolge nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit den übrigen Managementaufgaben gesehen werden. Um das Konflikt-Management mit den skizzierten Anforderungen auf seine Realisationschancen zu überprüfen, ist es daher wichtig, die Kompatibilität mit bestehenden und den gesamten Unternehmungsprozeß umfassenden Management-Konzeptionen zu überprüfen. Mit dem Begriff der Management-Konzeption werden in der Literatur schwergewichtig Führungskonzeptionen angesprochen. So versteht z. B. Wild unter diesem Begriff ein "System aufeinander abgestimmter, in den Rahmen gewisser Leitvorstellungen über die Steuerung (Beeinflussung) menschlichen Verhaltens integrierter Prinzipien, Instrumente, Methoden und Techniken des Führens" [Management 66]. Auch eine konzeptionell umfassende Führungskonzeption enthält jedoch zwangsläufig eine ganze Reihe von Aussagen, die

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

andere Funktionen als die des Führens betreffen, so daß es bereits von daher gerechtfertigt erscheint, hier den Begriff der Management-Konzeption i. S. einer umfassenen Systemgestaltungskonzeption zu begreifen, zu der neben reinen Führungselementen vor allem auch Planungsund Organisationselemente gehören. Dies schließt durchaus nicht aus, daß - wie bisher üblich - das Schwergewicht im Rahmen allgemeiner Gestaltungskonzeptionen auf einer oder mehreren Teilfunktionen wie z. B. der des Führens ruht. Die Verwendung des weiten Managementbegriffs erscheint darüber hinaus vor allem deswegen sinnvoll, weil damit das Augenmerk auch auf die wichtigen Interdependenzen zwischen der Führungsfunktion und den anderen Managementfunktionen gerichtet wird. Derartige umfassende Konzeptionen existieren bisher jedoch erst in Ansätzen, Management-Konzeptionen sind also faktisch weitgehend Führungskonzeptionen. Die Frage ist also, inwieweit die Querschnittsaufgabe "Konfliktoptimierung" in vorhandene Führungskonzeptionen hineinpaßt bzw. mit ihnen kompatibel ist. Um für diesen Zweck eine Einteilung realiter auftretender Konzeptionen vorzunehmen, sei als Unterscheidungskriterium die ihnen zugrunde liegende Leitvorstellung über die Beeinflußbarkeit menschlichen Verhaltens angewendet. Danach lassen sich Führungskonzeptionen grob in zwei Haupttypen einteilen, nämlich direktive Führung (Management by Direction & Control) und nichtdirektive Führung (Management by Participation, Integration & Self-Control), zu denen jeweils Unterfälle gebildet werden können (vgl. Wild [Management 69 ff] und die dort angegebene Literatur). Die Übergänge sind fließend und die Abgrenzung zwischen den wohl auf einem Direktivitätskontinuum liegenden Typen dürfte nicht immer leicht sein. Von Interesse sind hier nun die Hauptmerkmale der beiden Grundrichtungen. Direktive Führung zeichnet sich insbesondere durch mehr autoritäre Führungsstile bei weitgehender Zentralisierung der Entscheidungen und geringer positiver Leistungsmotivation aus. Nichtdirektive Führung dagegen beinhaltet antithetisch integrative Führungsstile, bei denen der Mitarbeiter über eine Delegation von Führungsfunktionen und Aufgaben in den Führungsprozeß integriert wird, wozu Eigeninitiative und Selbstverantwortung benötigt und entwickelt werden. Es findet aktive Motivation statt, das heißt, es werden nicht nur - wie bei direktiver Führung - Sicherheits- und physische Bedürfnisse befriedigt (dissatisfiers), sondern auch die aktiv motivierenden ego needs angesprochen (satisfiers). Um den Konnex zum Konfliktproblem herzustellen, soll zunächst untersucht werden, welche Handhabungsformen des Konflikts bei direktiver resp. nichtdirektiver Führung präfedert werden. Die Antwort

I. Konfliktoptimierung als Gestaltungsauftrag des Management

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hierfür dürfte eindeutig sein. Seitens des Vorgesetzten wird im Falle direktiver Führung starkes Gewicht auf die Anerkennung der formalen Autorität gelegt. Konflikte werden in hohem Maße über machtorientiertes Austragen, Unterdrücken bzw. Umgehen gehandhabt. Problernlösungsorientierte und friedliche Strategien der Konflikthandhabung werden kaum angewendet. Das Gegenteil ist bei nichtdirektiver Führung der Fall. Die aktive Integration des einzelnen in den Führungsprozeß und der damit verbundene partizipative Führungsstil fördern eindeutig problemlösende Konfliktstrategien. Will man die hier zugrunde gelegten positiven Wirkungen des Konflikts nutzen, so wird dies also nur im Rahmen von Management-Konzeptionen möglich sein, die nichtdirektiver Natur sind. Die Ausprägungsformen umfassender moderner Management-Konzeptionen weisen je nach Entwicklungsstadium Züge nichtdirektiver Führung auf (so z. B. Management by Exception und Management by Objectives) und erscheinen daher im Hinblick auf die Handhabungsformen als im wesentlichen geeignet, Komponenten eines aktiven Konflikt-Management aufzunehmen. Am umfassendsten dürfte diese Integrationsmöglichkeit im Prinzip vorliegen, wenn man die am weitesten entwickelte Stufe moderner Management-Konzeptionen zugrunde legt: Management by System. Diese ursprünglich von Neuschel entworfene Konzeption [System] wird von Wild inhaltlich als "Führung mit Delegation und weitestgehender Selbstregelung auf der Grundlage eines computergestützten Informations- und Steuerungssystems" präzisiert [Management 84]. Sie stellt in dieser Form eine Weiterentwicklung des Management by Objectives dar, die dadurch gekennzeichnet ist, daß in ihr ein "Integriertes Management-Planungs-Informations- und ControlSystem" (IMPICS) enthalten ist (Wild [Management 86]). Im Hinblick auf das Ausmaß an Direktivität dürften sich in eine derartige Management-Konzeption am ehesten Instrumente aktiver Konfliktgestaltung einbauen lassen. Insbesondere im Falle des Management by System zeigt sich im übrigen, daß von einer reinen Führungskonzeption eigentlich nicht mehr gesprochen werden kann, sondern daß es sich um eine mehrere Funktionen berücksichtigende, umfassende Systemkonzeption handelt. Zur Realisation dieser hier skizzierten Konzeption ist es erforderlich, mit Hilfe geeigneter Gestaltungsinstrumente den Systemrahmen zu schaffen, der eine konstruktive Konflikthandhabung möglich macht. Die Gestaltungsalternativen und Steuerungsinstrumente, die dem Konflikt-Management zur Verfügung stehen, sind nun äußerst vielfältig und umfassen im Grunde weite Teile der im Bereich der allgemeinen Management- und Organisationsliteratur vorgeschlagenen Re9 Krüger

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

gelungen. Es ist unmöglich, hier auch nur einen Überblick über alle Instrumente zu geben, die potentiell konfliktrelevant sind. Sie reichen von Anreizsystemen über organisatorische und informatorische Regelungen bis hin zu personalwirtschaftlichen Maßnahmen. Im folgenden kann daher nur versucht werden, einige wichtige Gestaltungsmöglichkeiten und Steuerungsinstrumente in ihrer Bedeutung für die Formung des Konfliktfeldes zu umreißen. Dabei wird so vorgegangen, daß sich die Untersuchung an den drei Dimensionen des Konfliktfeldes orientiert, die - wie aufgezeigt - den dominanten Steuerungsaspekt des Konfliktgeschehens darstellen. Innerhalb der jeweiligen Dimension sollen dann verschiedene Steuerungsinstrumente erörtert werden, wobei auch exemplarisch auf unterschiedliche Handhabungsformen und Konfliktbereiche eingegangen wird. Das Hauptaugenmerk wird bei diesen Überlegungen entsprechend ihrer Bedeutung auf die sachlich-intellektuelle Dimension gerichtet. Hinzuweisen ist darauf, daß die Zuordnung von Gestaltungsalternativen zu den einzelnen Dimensionen des Konfliktfeldes wegen der dimensionalen Interdependenz zwangsläufig nur schwerpunktmäßigen Charakter tragen kann. Eine voll ausgebaute Konflikttechnologie hätte dann an der spezifischen Situation der Unternehmung orientierte Handlungsregeln aufzustellen, die angeben, welches Instrument in Kombination mit welchen anderen Instrumenten in welcher Situation anzuwenden ist. Von diesem methodischen Ziel ist die Wissenschaft jedoch noch weit entfernt. Demzufolge müssen sich die Ausführungen im wesentlichen auf eine Beschreibung und ansatzweise Analyse wichtiger Instrumente beschränken. Die integrative Kombination des Instrumentariums zu einem für jeden konkreten Anwendungsfall griffbereiten und adäquaten "Instrumentenkasten" muß dagegen als Zukunftsaufgabe offenbleiben. II. Gestaltung der sachlich-intellektuellen Dimension I. Gestaltungsprobleme

Für die Gestaltung der sachlich-intellektuellen Dimension müssen solche Instrumente geschaffen werden, die innerhalb der Unternehmung die produktive Kraft von Spannungen im einzelnen und in der Gruppe, sowie im Verhältnis der Gruppen untereinander zur Wirkung kommen lassen. Es geht darum, einen friedlichen Wettstreit zu institutionalisieren, in dem das Gegeneinander der Beteiligten der Erreichung gemeinsamer Ziele dient und in dem sich die Kräfte jeder einzelnen Rollenträgereinheit voll entfalten und mit denen anderer messen können. Es geht darum, Gegensätze nicht zu überspielen oder gar zu unterdrücken, sondern sie als zu lösende Probleme aufzufassen und als solche

II. Gestaltung der sachlich-intellektuellen Dimension

131

zu bewältigen. Vor allem im Verhältnis zur Umwelt ist dabei die Früherkennung besonders wichtig. Selbst wenn die entsprechenden Voraussetzungen für die Verwirklichung dieser Vorstellungen geschaffen sind, wäre es jedoch eine Illusion zu glauben, daß damit nur noch Problemlösungen als Reaktionen auf Konflikte auftreten. Es wird immer Fälle geben, in denen die Beteiligten nicht willens oder in der Lage sind, ihre Konflikte selbständig und produktiv zu handhaben. Auch auf diese Fälle muß das Konflikt-Management eine Antwort geben können und Instrumente bereitstellen, die eine Regulierung und Schlichtung dieser Gegensätze erlauben. Die Gestaltungsinstrumente der sachlich-intellektuellen Ebene sind wegen des engen Zusammenhangs von Management und Organisation (vgl. Wild [Führungsstruktur 49]) im wesentlichen organisatorischer Art. Die typische traditionelle Organisationsform ist die nach Funktionen gegliederte Stab-Linien Hierarchie. Sie weist durchaus Vorteile auf, wenn es gilt, schnelle Durchführung von Aufgaben zu erreichen. Da die Linienorganisation für Änderungen und problemlösende Konfliktreaktionen jedoch zu starr ist, wurden Stäbe eingeführt, die sich mit derartigen Problemen beschäftigen sollten. Damit wurde jedoch ein permanenter Konflikt installiert, der größtenteils unproduktiv war. Die Experten der Stäbe verfügen über das Wissen zur Problemlösung, besitzen jedoch keine Kompetenz zur Durchsetzung ihrer Ideen und müssen sich Anerkennung und Verantwortung, die für sie in der formalen Organisation nicht vorgesehen sind, auf informalen Wegen holen (vgl. Kieser [Flexibilität 276]). Die Starrheit, Umständlichkeit und Länge der vorgeschriebenen Kommunikationswege trägt dazu bei, den Prozeß zu verkomplizieren. Derartige direktive Organisationen zeichnen sich typischerweise durch eine ausgesprochene Innovationsfeindlichkeit aus. Die Sensibilität für Spannungen, notwendige Anpassungs- und Wandlungsprozesse ist gering. Konflikte werden - wenn überhaupt- im Wege von Machtkämpfen ausgetragen, ansonsten aber durch die formale Autorität weitgehend unterdrückt, ein Tatbestand, der Shephard zu der Bemerkung veranlaßt: "An organization chart can be viewed as a suppression chart" ([Responses 128] zit. nach Thiele [Konflikte 125]). Vom einzelnen wird nicht Kreativität, sondern Gehorsam und Unterordnung verlangt. Im Individualbereich kommt es demzufolge in direktiven Organisationsstrukturen häufig zu psychologischen Konfliktreaktionen in Form von Abwehrmechanismen. Das Individuum hat keine Möglichkeit zur produktiv problemlösenden Konflikthandhabung und flüchtet in Aggressivität, Abkapselung, Isolation usw. Die Frage ist also, welche organisatorischen und sonstigen Möglichkeiten es gibt, um diese

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

negativen Wirkungen abzubauen und produktive Konfliktreaktionen zu ermöglichen. Einige wichtig erscheinende Strukturierungsvorschläge hierfür sollen im folgenden kurz skizziert werden. Eingeteilt werden die Gestaltungsmöglichkeiten in solche, die vorwiegend den laufenden Unternehmungsprozeß betreffen und solche, die stärker auf tiefergehende Änderungsprozesse anzuwenden sind. 2. Gestaltung des laufenden Unternehmungsprozesses

a) Dezentralisation und Delegation aa) Dezentralisation und Konfliktsensibilisierung Eine erste Möglichkeit, der Starrheit und mangelnden Sensibilität zentralisierter Hierarchien zu begegnen, ist die Dezentralisation von Entscheidungsbefugnissen. Dezentralisation bedeutet zugleich Delegation und setzt den Willen zur Delegation einerseits, die Fähigkeit und den Willen zur Übernahme von Aufgaben und Verantwortung andererseits voraus. Wichtig ist dabei, daß nicht lediglich Aufgaben der Entscheidungsvorbereitung delegiert werden, sondern "echte" Entscheidungen. Damit einhergehen muß eine Ausstattung der jeweiligen Stellen mit der notwendigen Kompetenz. Die Delegation von Aufgaben und Verantwortung ist Grundgedanke des sog. "Harzburger Modells" (vgl. z. B. Höhn I Böhme [Führungsbrevier]). Die Dezentralisation bewirkt eine Reduktion des Machtgefälles in der Unternehmung, wodurch es leichter wird, Innovationen von unten nach oben durchzusetzen. Für den einzelnen bedeutet eine Verringerung der Machtdifferenz einen Abbau von Frustrationen und damit kommt es seltener zu Abwehrmechanismen mit allen für Individuum und Unternehmung negativen Folgen. Die Chancen, daß Konflikte produktiv ausgetragen werden, steigen in einer dezentralisierten Unternehmung. Dies wirkt sich besonders im Verhältnis Unternehmung- Umwelt aus. Die Sensibilität gegenüber Umweltänderungen wird erhöht, Früherkennung und Bewußtmachung latenter Gegensätzlichkeiten im Verhältnis zu den jeweiligen Subumwelten gefördert. Insofern ist die Delegation von Aufgaben eine erste Möglichkeit der Synchronisation von Umwelt- und Unternehmungsänderungen und somit ein Mittel, faktisches Vorhandensein und Wahrnehmung von Konflikten stärker zur Deckung zu bringen. Dezentralisation bewirkt in starkem Maße, daß die Kompetenz für Entscheidungen an die Stellen in der Unternehmung gelangt, an denen die Problemkenntnis vorhanden ist. Wie wichtig dieses organisatorische Vorgehen ist, zeigt die empirische Untersuchung von Lawrence/Lorsch. Es wurde dort nachgewie-

Il. Gestaltung der sachlich-intellektuellen Dimension

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sen, daß die Kongruenz von Problemkenntnis und Kompetenz auf den jeweiligen Stufen der Hierarchie eine wesentliche Komponente für erfolgreiche Konflikthandhabung war und mit der Gesamtleistung der untersuchten Unternehmungen sowie dem Grad der Umweltveränderung positiv korrelierte [Environment 71 ff.l. Der Gefahr, daß mit einer Dezentralisation eine Desorientierung im Hinblick auf die zentralen Unternehmungsziele einhergeht und sich daraus neue Konflikte ergeben, kann in starkem Maße durch den Einsatz geeigneter Planungs- und Kontrollsysteme sowie der Informationstechnologie begegnet werden (vgl. Grochla [Zentralisationswirkung]). bb) Dezentralisation und Motivation Im Zusammenhang mit der Erörterung des die ganze Unternehmung umfassenden Dezentralisationsvorgangs läßt sich ein Bezug zur Motivationstheorie herstellen. Wie bereits erwähnt, sind als Motivationsfaktoren in hoch industrialisierten Staaten vorzugsweise solche Faktoren einzusetzen, die die Gestaltung der Aufgabe betreffen und damit die ego needs der Individuen stimulieren (satisfiers) und weniger solche Faktoren, die die Umwelt des Aufgabenträgers betreffen (dissatisfiers). Aus diesen Befunden entwickelte Herzberg ein spezifisches Motivationskonzept, das er mit Erfolg empirisch testete (vgl. zum folgenden [Employees]). Dieser Theorie zufolge kann die Motivation der Aufgabenträger nicht durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, des Gehalts usw. erfolgen, sondern nur durch eine Anreicherung der Aufgaben (job enrichment). Job enrichment wird von Herzberg aufgefaßt als eine Möglichkeit, die Kräfte und Fähigkeiten jedes einzelnen besser zu entfalten und zu nutzen. Es bedeutet inhaltlich, daß die jeweiligen Aufgabenträger mit höherwertigen Aufgaben betraut werden. Dabei wird auf den Motivationstyp des "motivation seekers" abgestellt. Die Parallelität zur Dezentralisations- bzw. Delegationsidee wird damit offenkundig und es gibt noch eine weitere Parallelität. Herzberg betont, daß man sein Verfahren des Job enrichment nicht etwa verwechseln dürfe mit dem einfachen Job enlargement, d. h. der einfachen Ausweitung eines Aufgabengebietes i. S. einer Vermehrung gleichartiger Aufgaben. Entsprechend bezeichnet er seine Methode als "vertical job loading" im Ggs. zum "horizontal job loading" des job enlargement. Es kommt demnach darauf an, das Individuum zu einer Erprobung seiner Kräfte herauszufordern. Eine Dezentralisation und Delegation von Aufgaben - durchgeführt in diesem Sinne - induziert damit neben den oben beschriebenen Effekten auch noch motivatorische Wirkungen. Für den hier vorliegenden Kontext bedeutet dies, daß auf der sachlich-intellektuellen Ebene

134

C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

ein höherer "load" im Individualbereich möglich ist bei unveränderter oder sogar steigender Zufriedenheit. Für das Individuum bedeutet job enrichment zwar eine Erhöhung des intraindividuellen Spannungszustandes, der aber im Rahmen der Konfliktkapazität als produktiv empfunden wird, da er zur Erreichung psychischer Bedürfnisse führt. Das Niveau der Konfliktbelastung erhöht sich also. Auch hier ist allerdings der Optimalpunkt zu beachten, d. h. die Anreicherung darf den Aufgabenträger nicht überfordern. Bei zu hoher Beanspruchung treten Frustrationen auf, die u. U. die positiven Effekte kompensieren. Abb. 11 zeigt den Zusammenhang von Frustration und Aufgabenkomplexität auf und stellt den Punkt der "optimalen Komplexität" der "optimalen Spannung" dar (vgl. Blum!N aylor [Psychology 340]).

hoch

Frustration

Optimale Spannung zwi sehen Aufgabe und Fähig~eiten

l

niedrig niedrig

Aufgabenkomplexität

hoch

Abb.ll. Zusammenhang von Spannung und Zufriedenheit im Individualbereich Wie die Abbildung zeigt, ist hohe Frustration entweder mit zu niedrigen Aufgabenansprüchen ("role underload") oder aber mit zu hohen Ansprüchen ("role overload") verbunden. Am geringsten ist die Frustration an dem Punkt, an dem sich Aufgabenkomplexität und Fähigkeiten am nächsten kommen. Hier herrscht die optimale Spannung im Individual bereich. Diese motivationstheoretische Beleuchtung des individuellen Konfliktoptimums erfährt eine eindeutige Unterstützung und Ergänzung durch die informationstheoretischen Untersuchungen von Schroder/Driver/Streufert, die feststellten, daß ein Individuum seine maximale Fähigkeit, Informationen zu nutzen und zu verarbeiten, erst bei einem bestimmten Stressniveau erreicht [Information]. Auch aus informationstheoretischer Sicht ist der optimale Konflikt also nicht gleich dem minimalen. Für das Konflikt-Management ergibt insbesondere der DelegationsMotivations-Zusammenhang einen Gestaltungsauftrag, der nicht i. S. eines einmalig durchzuführenden Projekts der Umorganisation gesehen

II. Gestaltung der sachlich-intellektuellen Dimension

135

werden darf, sondern als eine permanente Führungsfunktion aufgefaßt werden muß. Job enrichment bietet eine Möglichkeit der Stimulierung produktiver Spannungen im einzelnen oder auch einer Gruppe und bildet damit ein wichtiges Instrument in der Hand des jeweiligen "Konfliktagenten" bzw. des gesamten Konflikt-Management. Es erfordert allerdings die Bereitschaft, Aufgaben und Kompetenzen auch tatsächlich abzugeben und zu delegieren, denn dieser Aspekt des Führens bedeutet "andere zu Erfolg kommen zu lassen" (Siegert [Manager 10]). Im Hinblick auf das Konfliktoptimum würde hier ein Spannungspunkt zwischen den Wünschen und Fähigkeiten des einzelnen und den Vorstellungen der Unternehmung angesteuert werden, also gewissermaßen der optimale Konflikt zwischen Individuum und Organisation. Wie gerade die Überlegungen zum job enrichment zeigen, ist dieses Optimum auch aus der Sicht des einzelnen keineswegs ein Minimum, d. h. die größte Motivbefriedigung wird nicht etwa durch Minimierung der Anforderungen erreicht, sondern es ist auch hier ein gedankliches Optimum anzustreben. Jede Führungsrolle in der Unternehmung müßte im Rahmen des Konflikt-Management demzufolge Partikel oder Segmente enthalten, die die Delegation von Aufgaben und das Ansteuern dieses Optimums beinhalten und jede Führungskraft würde insoweit dann die Rolle eines "Konfliktagenten" spielen. cc) Akzeptanz von Aufgaben und Zielen Abschließend ergibt sich für das Delegationskonzept eine Frage, die hier besonders akut wird, im Prinzip aber unabhängig von einer bestimmten organisatorischen Konzeption existiert. Es ist dies die bereits bei der Analyse des Individualbereichs angesprochene Problematik der Identifikation von Zielen und - als Erweiterung - von Aufgaben. Wie erörtert, ist die Identifikationsthese als Postulat besonders in der amerikanischen Organisations- und Managementliteratur verbreitet. In jüngster Zeit wird das Postulat möglichst hoher Zielidentifikation von Wild als eine der Anforderungen an jedes Management-Konzept betrachtet [Management 65]. Diesem wohl als Effizienzhypothese aufzufassenden Postulat steht die als realtypische Einteilung aufzufassende "Akzeptanzthese" von Schmidt gegenüber, die von komparativen Begriffen ausgeht und damit eine differenziertere Beschreibung des tatsächlichen Ausmaßes der Identifikation ermöglicht [Grundlagen 104 ff.]. In dieser Gegenüberstellung drückt sich gewissermaßen der Unterschied von "Soll" (Identifikation) und "Ist" (unterschiedlich starke Akzeptanz) aus. Für die hier zugrunde liegende Fragestellung ist nun das Problem das "Soll" interessant, d. h. es ist zu fragen, wie unter konflikttheoretischen Aspekten das in der Literatur geforderte Identifika-

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

tionssoll zu beurteilen ist, wobei die Identifikationsthese auch im Hinblick auf die in gleicher Weise wie bei Zielen mögliche Akzeptanz von Aufgaben geprüft werden soll. Betrachtet man die hier im Vordergrund der Analysen stehenden weil in der Realität ständig wichtiger werdenden - Konfliktwirkungen des Wandels, der Innovation und der Anpassung, so wird klar, daß sich mit steigender Akzeptanzintensität von Zielen und Aufgaben deren Immobilität in einer sich rasch wandelnden Umwelt erhöht, denn je stärker eine Person sich einem Ziel oder einer Aufgabe verpflichtet fühlt, desto schwerer wird es, Wandel, Innovation und Anpassung in eben diesen Zielen und Aufgaben herbeizuführen. Aus dieser Sicht wäre eine starke Identifikation also ineffizient und damit negativ zu beurteilen. Allerdings liegt hier nun bei der Beurteilung ein Zielkonflikt vor, wie er ähnlich im Bereich der wertmäßig-kulturellen Dimension auftritt (vgl. Abschnitt C IV 4,5). Ein Zielkonflikt nämlich zwischen den Zielen Anpassung, Wandel und Innovation einerseits, insbesondere Schnelligkeit der Aufgabenerfüllung andererseits. Ganz unabhängig davon, wie dieser Zielkonflikt im einzelnen gelöst wird, haben die Ziele Anpassung, Wandel und Innovation ein sehr starkes Gewicht, weil die Änderungsrate auf der Sachebene unerhört hoch ist. Statt von höchstmöglicher Identifikation sollte man also besser von einer mittleren, im Hinblick auf die konkrete Situation zu gestaltenden "optimalen Identifikation (Akzeptanz)" als Effizienzhypothese ausgehen. Dies wird beispielsweise deutlich, wenn man den Bereich der Produktziele ins Auge faßt. Eine hohe Identifikation mit bestimmten Produktartenzielen kann hier gefährlich werden, wie die Realität zeigt. Es kommt vor, daß ökonomische Kategorien, wie spezifische Produktarten, oder sogar nur Produkteigenschaften geradezu den Charakter von Glaubenssätzen annehmen und mithin faktisch in den metaökonomischen Bereich entrückt werden. Ein berühmt gewordenes Beispiel hierfür und für die negativen ökonomischen Folgen bildet das Ford Modell T, einen ähnlichen Fall bildet die Produktion des VW-"Käfers". Analog gelten diese überlegungen auch für die Identifikation mit bestimmten Aufgaben. Auch hier sollte man eher eine "mittlere" Identifikation präferieren. In steigendem Maße werden sogar Aufgaben in der Unternehmung wichtig, für die jede Form der Identifikation geradezu "verboten" ist, nämlich Forschungs- und Entwicklungsaufgaben. Diese Überlegungen zeigen, daß die These höchstmöglicher Identifikation unter konflikttheoretischem Aspekt revidiert werden muß. An ihre Stelle muß die "optimale Identifikation" treten. Die Bestimmung dieses Optimums wird im Einzelfall schwierig sein, sie dürfte in starkem Maße an das Ausmaß der für den jeweiligen Aufgaben- und Ziel-

II. Gestaltung der sachlich-intellektuellen Dimension

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hereich einzukalkulierenden Umweltänderung zu koppeln sein. Nur im Falle minimaler Umweltänderung wäre eine maximale Identifikation sinnvoll. Da dies immer seltener gegeben ist, wird auch von daher deutlich, daß die ökonomisch optimale Akzeptanz regelmäßig nicht gleich der maximalen sein wird.

b) Beschwerdesysteme Eine delegationsorientierte Organisation bietet gute Voraussetzungen für eine konstruktive Handhabung von vertikalen Konflikten. Dies insbesondere dann, wenn sie in ein Management by System eingeordnet ist, in dem das Delegationskonzept noch durch eine Führung durch Zielvereinbarung (Management by Objectives) ergänzt wird. Da sich aber auch in diesem System am hierarchischen Aufbau der Organisation im Kern nichts ändert, wird es auch hier immer gewisse Hemmungen der Konfliktaustragung in den vertikalen Beziehungen geben. Untergebene werden aus Furcht vor ungünstiger Beurteilung durch den Vorgesetzten oder auch aus persönlicher Scheu und Zurückhaltung heraus nicht alle anstehenden Konfliktstoffe dem Versuch einer Bewältigung zuführen. Vorgesetzte sind umgekehrt auch bei einem vorwiegend partizipativen Führungsstil nicht davon frei, latente oder aktuelle Probleme zu übersehen, beiseite oder aufzuschieben oder zu unterdrücken. Es ist also sehr gut möglich, daß auch in einer partizipativ orientierten Management-Konzeption permanent Spannungen in den vertikalen Beziehungen entstehen, deren unterschwelliges Vorhandensein unproduktiv sein kann. Für eine produktive Bewältigung und Handhabung derartiger Konfliktstoffe ist es nützlich, auch partizipative Organisationsformen durch spezifische Beschwerdeeinrichtungen zu ergänzen. Derartige funktionale Subsysteme der Organisation werden um so wichtiger, desto größer und unüberschaubarer eine Unternehmung wird (vgl. zum folgenden Scott [Management 56 ff.], [Theory 274 ff.]). Ausgangspunkt jeder Art von Beschwerderegelung muß der Grundsatz sein, daß der einzelne einen Beschwerdeweg eingeräumt bekommt, der an seinem unmittelbaren Vorgesetzten vorbeiführt. Die konkrete Ausgestaltung der Konflikthandhabung auf dem Beschwerdeweg kann formaler oder mehr informaler Art sein. Für eine informale Regelung reicht im Grenzfall die Anerkennung des Beschwerderechts und eines entsprechenden Beschwerdewegs aus. Die einzelnen Führungskräfte anerkennen und respektieren die Tatsache, daß ihre Untergebenen eine Einspruchsmöglichkeit bei anderen Stellen haben. Im wesentlichen lassen sich informale Beschwerderegelungen als Systeme der "offenen Tür" kennzeichnen. Die Wirksamkeit solcher

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

Systeme und Regelungen hängt davon ab, inwieweit der einzelne sich seiner Rechte bewußt ist. Werden informale Regeln erklärtermaßen und ausdrücklich von allen anerkannt und gepflegt, so ist es nur ein Schritt hin zu formalen Beschwerdesystemen, in denen die Regeln fixiert und niedergelegt sind. Für eine formale Beschwerdehandhabung begnügt man sich im Grenzfall damit, den bereits informal gepflegten Grundsatz, daß jeder Untergebene das Recht auf Beschwerde hat, in der Verfassung der Unternehmung zu verankern. In diesen Fällen wird darauf verzichtet, im einzelnen zu regeln, wer sich mit welchen Problemen an wen wenden kann. Auch hier herrscht dann eine Politik der offenen Tür, nur mit dem Unterschied der statutenmäßigen Verankerung. Will man sich nicht auf eine derart allgemeine Formalisierung des Beschwerdeprozesses beschränken, so sind durchaus verschiedene Differenzierungen möglich. Allen gemeinsam ist im wesentlichen ein mehrstufiges Beschwerdeverfahren, mit dessen Hilfe der einzelne im Extremfall bis an die Unternehmungsspitze vordringen kann. Am einfachsten ist ein System das lediglich die jeweilige Linienbeziehung bis zur Spitze der Unternehmung als Beschwerdeweg vorsieht. Je nach Größe der Unternehmung und angestrebter Differenzierung kann sich der Appellant in zwei, drei oder vier Stufen mit seinem Anliegen an Linienvorgesetzte wenden, wobei meist die Einhaltung der einzelnen Schritte vorgeschrieben ist. Etwas komplexer, aber sehr gebräuchlich, ist die Einbeziehung einer zweiten Beschwerdelinie, z. B. über die Personalabteilung. Derartige Regeln ermöglichen dem einzelnen eine Umgehung nicht nur seines unmittelbaren Vorgesetzten, sondern auch seiner spezifischen Linienbeziehung überhaupt. In dieses System können auch Wahlmöglichkeiten zwischen mehreren Umgehungen eingebaut werden. In einer Weiterentwicklung und ausgebauterenForm dieser Regelungen kann die Konflikthandhabung ohne stufenweises Vorgehen direkt über einen speziell dafür eingerichteten Beschwerdeausschuß erfolgen. Derartige Ausschüsse können eine Vermittlerrolle zwischen dem Appellanten und dem Beschuldigten einnehmen, oder aber auch das Problem der Unternehmungsspitze vorlegen, wenn eine derartige Handhabung nicht möglich oder erfolglos ist. Schließlich besteht die Möglichkeit, stufenweises Vorgehen mit dem Auftreten eines mit Kompetenzen versehenen Untersuchungsausschusses zu koppeln. Wenn der Fall eine bestimmte Stufe der Hierarchie erreicht hat, greift der Untersuchungsausschuß ein und formuliert eine für die Konfliktparteien verbindliche Regelung.

11. Gestaltung der sachlich-intellektuellen Dimension

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Kaum formalisieren lassen sich in einer Unternehmung die konkreten beschwerdefähigen Anlässe und Probleme. Um so wichtiger wird für das Funktionieren aller dieser Beschwerdesysteme zum einen, daß der Appellant von Repressialen seines Vorgesetzten, über den er sich beschwert, frei bleibt und zum anderen, daß für ihn tatsächlich eine echte Chance besteht, mit seinem Anliegen auch zu einer befriedigenden Regelung zu gelangen. Die Vernachlässigung von Beschwerdesystemen im betriebswirtschaftlichen Schrifttum muß verwundern. Konflikttechnologisch könnten derartige Systeme bei entsprechender Ausgestaltung zwei eminent wichtige Funktionen erfüllen. Zum einen können sie eine Ventilfunktion ausüben. Wer mit der Aussicht auf Erfolg seine Ideen und Einwände vorgebracht hat, hat seinen aufgestauten Ärger zunächst einmal abreagiert und wird entsprechend größere Zufriedenheit an den Tag legen. Beschwerdesysteme könnten also die Funktion von "Sicherheitsventil-Institutionen" ausüben, sie könnten "Blitzableiter" für Emotionen sein (vgl. auch Coser [Konflikte 56]). Aggressivität würde daran gehindert, sich im laufenden Produktionsprozeß zu entladen. Die produktiven Wirkungen liegen auf der Hand. Zum anderen aber könnten Beschwerdesysteme - und hier wird dieser Begriff im Grunde viel zu eng - dazu benutzt werden, die Problemsensibilität des Systems Unternehmung zu erhöhen. Sie könnten die Meldefunktion von Konflikten institutionalisieren und als innerbetriebliche Sensoren wirken. Ein entsprechend zusammengesetztes Beschwerdekomitee würde dann über die rein kasuistische Konflikthandhabung hinaus die Funktion von Problemerkennungs- und -lösungseinheiten, wie sie sonst z. B. Stäben zukommt, übernehmen. Die im laufenden Unternehmungsprozeß auftretenden Routinekonflikte könnten Beschwerdesysteme selbständig handhaben und insofern als Problemlösungseinheiten fungieren. Wird der Rahmen ihrer Handhabungsmöglichkeiten von den auftretenden Lösungsschwierigkeiten gesprengt, so würden sie zumindest Problemerkennungseinheiten sein, deren Vorteil darin besteht, daß sie dem Ort des Geschehens näher sind, als dies Stäbe für gewöhnlich zu sein pflegen. Man kann sich vorstellen, daß sie insofern Bindeglied sein könnten zwischen den Stellen, an denen die Probleme entstehen und denen, wo sie einer konzeptionellen Lösung zugeführt werden, z. B. speziellen Problemlösungsteams, die den erforderlichen organisatorischen Wandel konzipieren. Aus dieser Sicht erschiene es sinnvoll und konzeptionell zwingend, das Beschwerdesystem mit dem Vorschlagswesen zu koppeln und organisatorisch zu vereinigen. Damit würde der Zusammenhang von "Beschwerde" und "Vorschlag" vor allem auch den Appellanten selbst

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

deutlich, die dazu angehalten wären, ihre Kritik konstruktiv zu formulieren. Im Ergebnis würde von vornherein zur produktiven Konflikthandhabung angehalten werden, ein Effekt, der sicherlich bis an den Ort der Konfliktentstehung zurückwirken würde. Unbehagen hätte sich als Änderungsidee zu artikulieren, die man entweder am Arbeitsplatz selbst schon umsetzt, oder aber an das Beschwerde- und Vorschlagsteam weitergibt. In einer solchen konfliktorientierten Konzeption würden sowohl Beschwerde- als auch Vorschlagswesen aus dem Schattendasein herauswachsen, das sie ohne Zweifel in der Gegenwart der Betriebe führen. In der Hand des Konflikt-Management könnten sie zu Problemsensoren entwickelt und ausgebaut werden, die zugleich empfindlich, schlagkräftig und schnell reagieren.

c) Einsatz von Integratoren Delegation, Dezentralisation, Job enrichment und Beschwerdesysteme betreffen wie gezeigt das Verhältnis des einzelnen zur Unternehmung und richten sich insbesondere auf vertikale Konflikte. Diese Steuerungsinstrumente sind also zwar auf den Individualbereich konzentriert, kennzeichnen aber zugleich die Verhältnisse innerhalb einzelner Gruppen. Von wesentlicher Bedeutung für den Gesamterfolg der Unternehmung sind darüber hinaus die horizontalen Spannungen im Intergruppenbereich und mithin wird die Handhabung dieser Konflikte für das Konflikt-Management wesentlich. Im Hinblick auf diese Probleme sind in der Praxis mehrere Konzepte erprobt worden, die im folgenden kurz auf ihre Relevanz für das Konflikt-Management überprüft werden sollen. Als erstes dieser Instrumente ist der Einsatz von Integratoren zu nennen, der insbesondere von Lawrence/Lorsch untersucht wurde [Integrator], [Differentiation]. Die klassische Strukturform der Funktionalgliederung wurde in erster Linie als eine Möglichkeit angesehen, die Vorteile der Arbeitsteilung zu nutzen, indem man die Abteilungen jeweils um ähnliche Aktivitäten, Fachkenntnisse oder spezielle maschinelle Ausrüstungen herum organisierte. Dabei wurden allerdings die psychologischen und soziologischen Konsequenzen einer derart strukturierten Organisation übersehen (vgl. zum folgenden Walker I Lorsch [Product 131]). Es zeigte sich nämlich, daß zwischen den spezifischen Fachkenntnissen eines Spezialisten oder einer Spezialistengruppe und den jeweiligen Anschauungen und Verhaltensweisen ein enger Zusammenhang besteht. Funktionale Spezialisten entwickeln Anschauungen und Verhaltensmuster, die den Erfordernissen ihrer Aufgabe und ihrer früheren Ausbildung entsprechen. Als Resultat ergibt sich, daß Spezialisten verschiedener Funk-

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tionen auch verschiedene Meinungen darüber haben, wie eine gemeinsame Aufgabe zu bewältigen ist, ein Tatbestand, den Walker/Lorsch mit dem Begriff "Differentiation" belegen und dem sie die "Integration" als die Notwendigkeit, Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und Koordination zu finden, gegenüberstellen (vgl. zur Spezialisierung als Konfliktursache auch Thompson [Specialization]). Konflikte zwischen Abteilungen sind in traditionell funktionsorientierten Organisationen eine fast zwangsläufige Folge des Phänomens der Differenzierung und können dort mangels geeigneter Integrationsmechanismen selten produktiv gehandhabt werden. Der permanente Antagonismus von Kaufleuten und Technikern, Produktion und Absatz etc. erklärt sich hieraus. Im Rahmen der Konfliktproblematik stellt sich Differenzierung gewissermaßen als Konfliktentstehung dar, während Integration die Konflikthandhabung umfaßt. Je stärker der Wandel der Umwelt ist, desto weniger kann die traditionelle Stab-Linien-Organisation auftretende Konflikte produktiv handhaben, weil die Abteilungsgrenzen kaum oder nur sehr schwer zu durchbrechen sind und die hierfür evtl. fachlich zuständigen Stäbe nicht die notwendige Anweisungsbefugnis haben. Es müssen daher institutionelle Möglichkeiten geschaffen werden, die den Trend zur Differenzierung durch eine entsprechende gegenläufige Bewegung der Integration auffangen und eine produktive Handhabung der Konflikte ermöglichen. In den von Lawrence/Lorsch untersuchten Unternehmungen waren zu diesem Zweck spezielle Integrationsstellen bzw. -abteilungen ("cross-functional teams") geschaffen worden, die auch mit Weisungsrecht versehen waren. Eine der wesentlichsten Aufgaben dieser Integratoren, deren Funktion sich hinter Bezeichnungen wie product-manager, coordinator, project leader, systems designer usw. verbarg, war die Handhabung der Konflikte zwischen den jeweiligen Funktionsbereichen. Insofern ist es gerechtfertigt, sie i. S. des Konflikt-Management als spezielle Konfliktagenten aufzufassen. Die Rolle des Konfliktagenten macht einen wesentlichen Teil des Rollenbündels der Integratoren bzw. der Integrationsabteilungen aus, das daher im folgenden kurz skizziert werden soll. Der Gesamterfolg der untersuchten Unternehmungen korrelierte stark mit dem erfolgreichen Einsatz von Integratoren. Erfolgreich waren die Integratoren dann, wenn sie spezifische Bedingungen erfüllten, die sich in fünf Faktorbereiche gruppieren lassen (vgl. Lawrence!Lorsch [Integrator 146 ff.], [Environment 58 ff.]): (1) Art des Beitrags zur gemeinsamen Entscheidungsfindung (2) Orientierung zu den Funktionsbereichen (3) Art des Leistungskriteriums

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

(4) Art der Konflikthandhabung (5)

Persönlichkeitsmerkmale.

Im Hinblick auf diese Komponenten ergaben die Untersuchungen folgende Handlungsregeln: zu (1): Die Teilnahme des Integratoren an der Problemlösung ist dann erfolgreich, wenn er sich auf persönliche Fachkenntnisse stützt und weniger, wenn rein formelle Autorität angewendet wird. Vorteilhaft sind Erfahrungen des Koordinators in einem oder mehreren der betroffenen Funktionsbereiche, weil die Anerkennung durch die Betroffenen entsprechend größer ist. Schließlich ist es vorteilhaft, die Integrationsstellen organisatorisch etwa in der Mitte der Hierarchie anzusiedeln, da diese Position die kürzesten Wege zu allen relevanten Stellen herstellt. zu (2): Es ist vorteilhaft, wenn sich in der Integrationsstelle eine ausbalancierte Orientierung im Hinblick auf die einzelnen Funktionsbereiche zeigt. Dies bedeutet zunächst, daß die zeitliche Orientierung ausgewogen ist. Wenn die betroffenen Abteilungen langfristige und kurzfristige Probleme haben, muß der Koordinator auf beide Zeitorientierungen eingehen können und darf z. B. im Verhältnis zu einer langfristig orientierten Abteilung wie Forschung und Entwicklung nicht zur kurzfristiges Denken an den Tag legen. Dieses Ausbalancieren erstreckt sich in gleichem Maße auf die Kenntnisse, den persönlichen Stil der Integratoren und auch die Organisation der Integrationsstellen. zu (3): Weiterhin wichtig ist die Art des Leistungskriteriums, an dem die Arbeit der Integratoren gemessen wird. Hier erweist es sich als vorteilhaft, wenn eine Orientierung an dem Gesamtergebnis der betroffenen Produkte oder Produktgruppen erfolgt und dort die Basis der Entlohnung gesucht wird. zu (4): Als effizienteste Kategorie der Konflikthandhabung erwiesen sich bewußtmachende und problemlösende Formen der Austragung des Konflikts. "Forcing" und "smoothing-over" dagegen korrelierten weniger positiv mit dem Gesamtergebnis der Unternehmungen. zu (5): Schließlich stellten sich Laurence/Lorsch die Frage, welche Persönlichkeitsmerkmale ein erfolgreicher Integrator haben muß und kamen zu folgendem Ergebnis. Die Motivationsstruktur der Koordinatoren wies eine überdurchschnittliche Orientierung in Richtung auf das Zuge-

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hörigkeitsbedürfnis aus, wogegen Leistungs- und Machtbedürfnis etwa dem Durchschnitt des jeweiligen Management entsprachen. Bei den sonstigen Eigenschaften zeigte sich, daß Mitarbeiter von Integrationsabteilungen verhältnismäßig aggressiv, überzeugend, gewandt, imaginativ und ambitioniert sind und ein breites Interessenspektrum aufweisen. Diese Ergebnisse geben praktische Hinweise für die organisatorische Einordnung und die spezifischen Anforderungen einer Integrationsstelle und beschreiben damit zugleich die Rolle eines für den Intergruppenbereich zuständigen Konfliktagenten. Sie zeigen, daß die Konfliktkapazität der betreffenden Personen hoch sein muß, wenn sie ihre Aufgabe effizient erfüllen sollen.

d) Divisionalisierung Spielt sich der Einsatz von Integratoren noch im Rahmen einer funktional gegliederten Organisation ab, so bringt die Divisionalisierung erstmals eine Abkehr vom Funktionsprinzip. Divisionalisierung bedeutet einen Wandel von der Funktionsgliederung zu einer Gliederung nach Sparten, Geschäftsbereichen, Produkten oder Produktgruppen und beinhaltet zugleich ein gewisses Maß an Dezentralisation und Delegation (vgl. zum folgenden Mertens [Divisionalisierung], Gälweiler [Divisionalisierung], Walker/Lorsch [Product]). Diese Art der Organisation bedeutet, daß die verschiedenen relevanten Funktionen unter Geschäftsbereichen zusammengefaßt werden, die weitgehend wie ein selbständiges Unternehmen geführt werden. Unterhalb der Divisionsebene wird also die funktionale Gliederung nach wie vor beibehalten. Innerhalb der divisions treten also in gleichem Maße Integratoren auf. Erreicht werden soll mit der Divisionalisierung u. a. eine höhere Flexibilität und Anpassung an eine sich wandelnde Umwelt. Diese organisatorische Gestaltungsalternative hat in der Praxis steigende Verbreitung gefunden. Die hier interessierende Fragestellung lautet nun, ob und ggf. in welchem Maße die Divisionalisierung zur produktiven Konflikthandhabung beiträgt. Zunächst ist hierzu festzustellen, daß durch die im Rahmen der Divisionalisierung notwendig werdende teilweise Dezentralisation für den Individualbereich z. T. ähnliche Wirkungen zu erwarten sind wie bei der Analyse der Dezentralisation und Delegation bereits erörtert. In erster Linie liefert das organisatorische Gestaltungsinstrument der Divisionalisierung jedoch eine Strukturform, die für die Probleme des Intergruppenbereichs von Interesse ist. Die konflikttechnologisch interessante Frage ist also, ob sich die Divisionalisierung im Intergruppenbereich in produktiverer Konflikthandhabung bemerkbar macht. Damit geht es hier um das gleiche Problem wie bei dem Einsatz der Integra-

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

toren: die Aufhebung bzw. Kompensierung der negativen Wirkungen der Differenzierung durch eine gegenläufige Integration. Walker/Lorsch untersuchten nun in einer empirischen Studie die Unterschiede der Funktions- und Produktgliederung im Hinblick auf Differentiation und Integration und erhielten dabei eine Reihe konflikttechnologisch interessanter Ergebnisse (vgl. zum folgenden [Product]). Obwohl die Differentiation in den untersuchten Fällen in der Produktorganisation sogar höher war als in der Funktionsorganisation, zeigte es sich, daß die Integration in der Produktgliederung besser funktionierte. Dieser Tatbestand wurde dadurch hervorgerufen, daß sich die Konflikthandhabung in der Produktgliederung besser gestalten ließ und sich im Gegensatz zur Funktionsgliederung vornehmlich durch konfrontations- und problemlösungsorientierte Handhabungsformen auszeichnete, wobei der in der Produktgliederung einfachere und direktere Informationsaustausch maßgebend war. Die allgemeine Komplexitätsreduktion in der Produktgliederung dürfte hier ebenfalls eine Rolle spielen. In einer sich wandelnden Umwelt bietet eine stärker divisionalisierte Organisation nach den Feststellungen dieser Untersuchungen eindeutige Innovationsvorteile, wogegen für eine stabile Umwelt mit unveränderten Aufgabenstellungen - wie sie allerdings in zunehmendem Maße seltener wird - die Funktionalgliederung durchaus Vorteile in Form strafferer Aufgabenerfüllung bietet.

e) Matrix-Organisation In jüngster Zeit wurde mit der sog. Matrix-Organisation eine Strukturform entwickelt, die konflikttechnologisch von großem Interesse ist. Gedanklicher Ausgangspunkt der Entwicklung dieses Systems dürften vor allem zwei Überlegungen gewesen sein.

~ e

Produk· tion

Absatz

Beschaffung

Finanzie- Fors_chung rung und Entwicklung

Chemikalien

Farben

Fasern

Pha rma Pflanzenschutz

Abb. 12. Schema der Matrix-Organisation Zum einen will man versuchen, die Vorteile der Funktions- und der Produktgliederung gleichzeitig zu erreichen, d. h. mit einer einzigen Organisationsform. Zum anderen stellt sich die Matrix-Organisation

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als eine gedankliche Weiterentwicklung des Einsatzes von Integrationsstellen dar. Beim Einsatz von Koordinatoren treten häufig Probleme auf (vgl. für das Beispiel des Product-Management Ames [Product], Luck!Nowak [Product]). Zunächst ist es schwierig, die Kompetenzen der Integrationsstellen zu denen der betroffenen Funktionsbereiche klar abzugrenzen. Es ist nicht immer eindeutig, wieweit die Berechtigung der Integrationsstellen zu Eingriffen in das Aufgabengebiet der Funktionabteilungen recht. Damit zusammenhängend ergibt sich das Problem der Verantwortlichkeit, das ebenfalls schwierig zu lösen ist. Schließlich sind es die äußerst hohen Anforderungen an die Person des Koordinators, die der effizienten Realisierung dieses Integrationskonzepts im Wege stehen. Eine Bewältigung dieser Schwierigkeiten versucht die Matrix-Organisation herbeizuführen (vgl. zum folgenden Albach [Koordination]). In diesem Konzept werden die Funktionen wie bisher in Funktionsabteilungen verankert, für die jeweils ein entsprechender Funktionsmanager zuständig ist. Über diese Funktionsstruktur wird nun eine produktorientierte Struktur gelegt, so daß sich ein Matrixgitter ergibt, wie die Abbildung veranschaulicht (vgl. Albach [Koordination 356]). Quer zu den Zuständigkeiten der Funktionsmanager verlaufen also Kompetenzen von Produktmanagern, deren Funktion zeitweilig auch von externen Beratern ausgeübt werden kann (vgl. Hardung-Hardung [Matrix]), so daß sich eine Verbindung von Gesamtschau in bezug auf ein Produkt und Spezialkenntnissen in bezug auf die einzelnen hierfür erforderlichen Funktionen ergibt. Dies bedeutet jedoch nichts anderes als die organisatorische Institutionalisierung zweier permanenter Konflikte. Zum einen überschneiden sich die Interessenlagen, Denkhaltungen und Anschauungen der funktionsorientierten Spezialisten und der marktorientierten Produktmanager. Zum anderen konkurrieren die Produkte um die Verfügung über die jeweiligen Funktionen, es findet also ein Wettbewerb um knappe Resourcen statt. Der erste Konfliktbereich könnte der Stimulierung neuer Produktideen und der laufenden Verbesserung der Fertigungsverfahren dienen. Geht man in bezug auf den Innovationsaspekt von einer Einteilung in Produkt-, Verfahrens-, Struktur- und Personalinnovationen aus, so würde die Matrix-Organisation Produkt- und Verfahrensinnovationen erbringen (zur Einteilung der Innovationsarten vgl. Knight [Model 482], Kieser [Innovationen 743]). Gleichzeitig würde die Koordination zwischen den Funktionen verbessert. Der zweite Konfliktbereich könnte leistungsstimulierend auf die einzelnen Produktgruppen wirken, die den ständigen Nachweis erbringen müssen, warum gerade ihre Produkte die betreffenden Funktionen so stark in Anspruch nehmen sollen. Hier ist jedoch ebenfalls 10 Krüger

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

ein Zwang zur gleichzeitigen Koordination zwischen den Sparten gegeben. Von der Idee her erscheint die Matrix-Organisation als die organisatorische Umsetzung der Konzeption des optimalen bzw. produktiven Konflikts für den laufenden Unternehmungsprozeß im Intergruppenbereich. Sie institutionalisiert den Wettbewerb der einzelnen Gruppen untereinander und liefert gleichzeitig die organisatorischen Bedingungen dafür, daß dieser Wettbewerb nicht in offenen Kampf ausartet, da ständiger Koordinationszwang herrscht. Interessant ist weiterhin, daß mit dem Matrix-Management ein Trend zur Kollegialentscheidung verbunden ist, denn jede zu fällende Entscheidung ist das Ergebnis eines gemeinsamen Problemlösungsprozesses von Sparten- und Funktionsmanagern. Albach spricht von "Multilateralisierung des Entscheidungsprozesses" [Koordination 357]. Dabei tauchen zunächst in den ersten Stufen des Prozesses vor allem Zweiergruppen als Kollegialeinheiten auf. Die Zweiergruppe aber ist aus gruppendynamischer Sicht insofern bemerkenswert, als der "relativ größte Zuwachs an Urteilsrichtigkeit" beim Übergang von Einzelurteil zum Zweierurteil erfolgt (Hofstätter [Gruppendynamik 38]). Dieser empirisch gesicherte sozialpsychologische Befund erhärtet den potentiellen betriebswirtschaftliehen Nutzen des Matrix-Management. Inwieweit und unter welchen Bedingungen dieser permanente Konflikt in den Unternehmungen arbeitsfähig und durchführbar ist, kann abschließend mangels empirischer Erfahrungen allerdings noch nicht gesagt werden. Hier hat die Konflikttheorie die Aufgabe, in weiterführenden Analysen klärend zu wirken. 3. Gestaltung tiefergehender Änderungsprozesse

Die bisherigen Gestaltungsalternativen bezogen sich vorwiegend auf die Steuerung des laufenden Unternehmungsgeschehens. Mit ihrer Hilfe sollte es möglich sein, den Gedanken des optimalen Konflikts im Unternehmungsalltag wirksam werden zu lassen. Auch kleinere, schrittweise Anpassungs- und Änderungsprozesse lassen sich so noch handhaben. Die Matrix-Organisation zielt sogar direkt darauf hin. Für tiefergehende und gravierende Änderungsprozesse, wie sie z. B. die Einführung einer neuen Management-Konzeption in der Unternehmung darstellt, erweist sich jedoch der mit diesen organisatorischen Hilfsmitteln gesteckte Rahmen als zu eng. Es bedarf in diesen Fällen neuer Strukturformen, die den speziellen Anforderungen umfassender \Yandlungen und Änderungen gerecht werden.

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a) Team-orientierte Organisationsstrukturen Um die kreativen Fähigkeiten von Gruppen auszunutzen, wird vorgeschlagen, die Hierarchie durch Teams zu ergänzen oder zu ersetzen. In solchen möglichst statusfreien Gruppen heterogener Zusammensetzung können die verschiedenen Meinungen, Kenntnisse und Auffassungen der Beteiligten in die Suche nach neuen Problemlösungen eingehen. Innerhalb des Teams herrschen persönliche, nichthierarchische Beziehungen und Gleichberechtigung aller Teammitglieder. Likert schlägt vor, die traditionelle Hierarchie insgesamt durch eine teamorientierte Organisationsstruktur zu ersetzen (vgl. zum folgenden [Patterns 104 ff.]). Das Mikroelement dieser Aufbauorganisation ist die Gruppe, das Team. Die Makrostruktur ergibt sich durch Überlappung bzw. Vermaschung der einzelnen Teams. Jeder Mitarbeiter der Unternehmung ist Mitglied zweier Teams und hat somit eine "linking pin"Funktion, etwa i. S. eines "primus inter pares". Ausnahmen bilden lediglich die unterste und die oberste Stufe dieser Team-Hierarchie. Der pyramidenförmige Aufbau und damit die Über- und Unterordnungsverhältnisse erhalten stark partizipativen Charakter. Wesentlich und für den Erfolg dieser Konzeption wohl auch mit entscheidend ist die Funktionsfähigkeit der Überlappungspunkte, die durch die Kenntnisse, Fähigkeiten und Überzeugungen der betreffenden Personen geprägt wird.

Abb. 13. Vermaschte Teamstruktur nach Likert

Aus konflikttechnologischer Sicht ist klar, daß eine derartige Gruppenstruktur die besten Voraussetzungen dafür bietet, daß vertikale Konflikte konstruktiv und produktiv gehandhabt werden können. Die Gruppenstruktur beinhaltet die Förderung kreativer Problemlösungen ebenso wie eine höhere Akzeptanzbereitschaft derjenigen, die sie durchführen müssen. Der Abbau der Machtdifferenz zwischen den einzelnen Ebenen, der dieser Konzeption inhärent ist, fördert kreative Lösungen to•

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

vor allem auch im Falle vertikaler Konflikte. Insofern müßte das TeamKonzept positiv beurteilt werden. Die Frage ist allerdings, ob es sich tatsächlich - wie es Likert offenbar vorschwebt - ohne Einschränkungen auf alle Arten von Aufgaben und für alle Arten von Unternehmungsumwelten sinnvoll i. S. der Unternehmung einsetzen läßt. Für Routineprobleme und für Probleme mit hohem Koordinationsbedarf zwischen den Gruppen sowie bei stabiler Umwelt dürfte eine derartige Strukturform wohl ineffizient sein. Darüber hinaus stellt sich für Probleme mit höherem Novativitätsgrad und bei instabileren Umwelten die Frage, ob es sinnvoll ist, Problemlösung und Lösungsdurchführung mit ein und derselben Organisationsstruktur handhaben zu wollen. Unter Einbeziehung dieser Sachverhalte kann das Team-Konzept als alleinige Strukturform den Anforderungen an eine praktikable Gestaltungsalternative für ein situatives Konflikt-Management wohl nicht genügen. Im Hinblick auf diese Überlegungen erscheint das Konzept von Schnelle realistischer (vgl. zum folgenden [Entscheidung 74 ff.]). Dort wird zwar ebenfalls von einer Team-Vermaschung als Grundstruktur ausgegangen, jedoch wird damit kein Ersatz, sondern eine Ergänzung der Hierarchie für komplexe Planungsaufgaben angestrebt. Demzufolge werden diese Teams je nach Bedarf aus Mitgliedern der traditionellen Hierarchie und evtl. externen Beratern zusammengesetzt und nach erfolgter Problemlösung wieder aufgelöst. Ideenproduktion und Ideenrealisation werden also organisatorisch getrennt. Auf das Konflikt-Management übertragen könnte man sich diese Konzeption in der Weise vorstellen, daß für gravierende Konfliktprobleme Teams gebildet werden, in denen die Betroffenen unter Mitwirkung möglichst neutraler Personen versuchen, ihre Probleme auszutragen und konstruktiv zu handhaben. Auf diese Weise könnten vor allem horizontale Konflikte und Unternehmung-Umwelt-Spannungen produktiv bewältigt werden. Derartige Teams sollten sich vorzugsweise hochwertigen Problemen zuwenden und wären insbesondere für Strukturinnovationen eine geeignete Organisationsform. Als Hilfe bei der Suche nach Problemlösungen können dabei spezifische weitgehend gruppenorientierte heuristische Techniken angewendet werden, wie z. B. Brainstorming, Synektik, Morphologie, Deiphimethode (vgl. zur Übersicht über die einzelnen Techniken z. B. Kovats [Innovation], Geschka I Wiggert [Suche]). Gut vorstellbar wäre es, daß derartige Teams in enger Zusammenarbeit mit vorhandenen Beschwerde- und Vorschlagteams vorgehen, deren Überlegungen und Erfahrungen sicherlich wertvolle Hinweise für die Ausgestaltung des Unternehmungswandels liefern könnten.

II. Gestaltung der sachlich-intellektuellen Dimension

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b) Anpassungssysteme Eine im Ansatz ähnliche, aber noch verfeinerte und speziell auf globale Änderungsprobleme zugeschnittene Konzeption wird in der amerikanischen Managementliteratur unter dem Begriff des "planned organizational change" diskutiert (vgl. z. B. Bennis I Benne I Chin [Change]). Erfordern die aufgetretenen Probleme und Konflikte Lösungen, die zu einem größeren Wandel in den betroffenen Einheiten oder sogar darüber hinaus führen, so ist die Bedeutung des Konflikt-Management besonders groß. Prozesse organisatorischen Wandels sind Prozesse der Konflikthandhabung und der Erfolg des Wandels ist untrennbar verknüpft mit dem Erfolg des Konflikt-Management. Insbesondere für Anpassungen der Unternehmung an geänderte Umweltbedingungen trifft dies zu. Die an diesen Anpassungsprozessen beteiligten Stellen lassen sich gedanklich als ein temporäres, funktionales Subsystem der Unternehmung auffassen und dementsprechend als Anpassungssystem bezeichnen (vgl. Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 46]). Wie sich in der Realität regelmäßig zeigt, treten innerhalb dieses Anpassungssystems wiederum spezifische funktionale Subsysteme auf. Das System des "change agent" umfaßt diejenigen Personen und Gruppen, die für die Konzeption und Leitung der Änderung zuständig sind (vgl. zum folgenden z. B. Jones [Change 15 ff.], Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 46], Kieser [Flexibilität], Staehle [Anpassung 291 ff.]). Dieses System kann aus einer einzelnen Person, einer Pluralinstanz oder aber aus einem Team bestehen. Die einzelnen Änderungsagenten können Mitglieder der Unternehmung oder externe Berater sein. Sie bleiben häufig auch noch nach vollzogenem W andlungsprozeß als sog. Schrittmacher ("pacemaker") beratend und helfend tätig. Die von dem Wandel betroffenen Stellen und organisatorischen Bereiche der Unternehmung werden als "client system" bezeichnet. Sie stellen Objekte der Anpassung und Änderung dar. Schließlich kann als vermittelnd€ und integrierende Einheit, die eine Zwischenstellung zwischen change agent und client system einnimmt, der sog. "change catalyst" auftreten. Für das aktive KonfliktManagement sind die ändernde und auch die katalysierende Einheit von besonderem Interesse. Die Aufgaben dieser Systeme sind als spezielle Rollen bzw. Rollenbestandteile der Konfliktagenten aufzufassen. Als ein zentraler Konfliktagent bzw. Konfliktmanager kann der change agent angesehen werden, der u. U. ergänzt wird durch die Katalysatoreinheit. "Der Change Agent übernimmt die Rolle eines zentralen Konfliktmanagers, dessen (freilich schlecht-definierte) Aufgabe darin

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

besteht, dem gesamten Entscheidungsprozeß einen relativ integrativen Charakter zu bewahren" (Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 250]). Es besteht hier durchaus eine gewisse Parallele zu dem Einsatz von Integratoren. Wie die Praxis zeigt, sind auch große Unternehmungen jedoch häufig gezwungen, die Rolle der Änderungseinheit externen Beratern anzuvertrauen. Es deutet vieles darauf hin, daß in Zukunft derartige Konsultationen an Bedeutung zunehmen werden (vgl. zur Rolle des Beraters z. B. Schein [Consultation]). In diesen Fällen dürfte die Katalysatorrolle internen Promotoren zufallen und von großer Bedeutung sein. Anzunehmen ist, daß auch für diese Aufgabe Beschwerde- und Vorschlagssysteme von Nutzen sein werden.

c) Sequentielle Organisation Allen bisher diskutierten Organisationsformen ist gemeinsam, daß mit ihrer Hilfe versucht wird, die Aufgaben der kreativen, innovierenden Problemlösung und der möglichst reibungslosen Lösungsdurchführung simultan zu lösen, d. h. in einer gegebenen Unternehmung existieren gleichzeitig problemlösende und lösungsdurchführende Einheiten. Teilweise werden die Strukturformen für beide Zwecke getrennt, die Innovationsstruktur sieht also anders aus, als die Durchführungsstruktur (s. Hierarchieergänzung durch Teams, Anpassungssysteme), teilweise wird jedoch auch versucht, beide Aufgabenbereiche mit der gleichen Strukturform abzudecken (s. Matrix-Organisation). In jedem Falle aber laufen die Konflikthandhabungsprozesse des organisatorischen Wandels parallel zu den "normalen" Unternehmungsprozessen ab. Eine gänzlich andere Vorgehensweise wäre es nun, wenn man statt simultaner Abwicklung dieser Prozesse alternierende Prozeßverläufe zu installieren versuchte. Im Unternehmungsprozeß würden sich dann innovierende, instabile Phasen mit stabilen Phasen gleichförmigen Vorgehens abwechseln. Diese von Shephard angedeutete Konzeption soll hier kurz skizziert werden (vgl. zum folgenden [Innovation]). Um dem Charakter der zeitlichen Sukzessivität bei der Verfolgung sachlich verschiedener Ziele, mit der sich dieser Vorschlag auszeichnet, Rechnung zu tragen, soll hier von "sequentieller Organisation" gesprochen werden. Entsprechend der sachlichen Sequenzenbildung bei Problemlösung und Lösungsdurchführung muß auch eine organisatorische Sequenzenbildung entsprechender Organisationsstrukturen stattfinden. Ausgangspunkt der Überlegungen bildet der Tatbestand, daß innovationsträchtige Ideen in traditionellen Organisationsformen mit hoher Wahrscheinlichkeit an solchen Stellen in der Organisation entstehen,

II. Gestaltung der sachlich-intellektuellen Dimension

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die mit der zu ändernden Situation am besten vertraut sind. Dadurch bedingt treten Ideen, Vorschläge und Anregungen immer in einiger Entfernung vom Machtzentrum der Unternehmung auf. Da neue Ideen i. d. R. als Belästigungen, Störungen und Unruhe empfunden werden, werden sie aus dem Strom aufwärtsgerichteter Kommunikation meist schnell herausgefiltert. Um zur Durchführung zu kommen, benötigen jedoch gerade auf tiefergreifende Änderungen gerichtete Ideen die Unterstützung des Machtzentrums, eben jenes Zentrums also, zu dem sie gar nicht erst gelangen. Die Folge dieses Dilemmas ist, daß Innovationsideen häufig geheimgehalten werden und im Wege geradezu verschwörerischer Aktivitäten der Versuch unternommen wird, sie in der Unternehmung durchzubringen. Abhilfe kann die sequentielle Organisation schaffen. Für die Phase der Problemlösung und Konflikthandhabung gibt sich die Unternehmung eine offene, lockere und mehr dezentrale Organisationsstruktur. Freie und offene Kommunikation ermöglicht die Teilnahme möglichst vieler und verschiedener Personen an dem Prozeß der Lösungsgenerierung. Für die Durchführung der gefundenen Lösung, für den Prozeß der Implementierung wird die lockere Strukturform ersetzt durch eine straffe Organisationsform, in der wieder Arbeitsteilung, klare Autoritäts- und Verantwortungsbeziehungen herrschen usw. Einigen Industriezweigen ist eine natürliche Periodizität zu eigen, die z. B. durch Saison- oder Modellwechsel gekennzeichnet ist. Derartige Rhythmen könnten zu Phasen der Innovation, Reflexion und Selbstbesinnung, sowie zum "Aufarbeiten" alten Konfliktstoffs genutzt und erweitert werden. Shephard gibt einige Beispiele dafür an, in denen es gelungen ist, eine derartige Sequenzenbildung durchzuführen. Allerdings handelt es sich dabei durchweg um Krisensituationen. Inwieweit im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebes ein Wechsel von Auflockern und Verfestigen der Organisation möglich ist, kann nur gemutmaßt werden. Immerhin erscheint es denkbar, daß ein solches Vorgehen zumindest für einzelne Teilbereiche von Unternehmungen und vor allem für kleinere und mittlere Betriebe praktizierbar ist. Für die Implementierungsphase ordnen sich alle in eine straffe Aufgaben-, Verantwortungs- und Autoritätsteilung ein. Konflikte würden dann durchaus in starkem Maße zu überspielen, aufzuschieben und zu unterdrücken sein, um einen zügigen Arbeitsablauf zu gewährleisten. Dies könnte aber um so leichter fallen, als jeder weiß, daß in der nächsten Phase der Problemgenerierung ein offenes Austragen und produktives Handhaben der Gegensätze möglich ist. Vielleicht liegt in dieser Methode sogar eine

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

besondere Chance für kleine Betriebe begründet. Hier könnte ein solches temporäres, die ganze Unternehmung umfassendes, Brainstorning auf einfachem Wege und ohne großen Aufwand u. U. innovatorische Impulse bringen, deren Organisation in Großbetrieben ungleich schwieriger und aufwendiger ist. 111. Gestaltung der sozio-emotionellen Dimension 1. Gestaltungsprobleme

Organisatorische Konzeptionen bilden den Rahmen, die äußere Schale, von Unternehmungsprozessen. Sie können den Prozeßablauf und das Prozeßergebnis, also den Inhalt, mit dem dieser Rahmen zu füllen ist, durchaus beeinflussen. In erster Linie wird der Prozeß jedoch von den im Netz der Beziehungen tätig werdenden Personen und ihren Aktivitäten bestimmt. Wie die Praxis regelmäßig zeigt, liegen die ausschlaggebenden Probleme gerade bei tiefergreifenden Änderungen der Unternehmungsstruktur im personellen Sektor. Es reicht nicht aus, organisatorische Umwandlungen vorzunehmen in der Hoffnung, daß sich dann das gewünschte Ergebnis einstellen werde. Größter Wert muß vielmehr darauf gelegt werden, daß auch die entsprechenden personellen Voraussetzungen geschaffen sind, die eine effektive Realisierung der strukturellen Konzeption erst ermöglichen. Nur wenn sich alle Beteiligten und vor allem die Betroffenen über die Zielsetzungen und Anforderungen neuer Verfahren, Methoden und Konzeptionen im klaren sind und sie in bestimmtem Umfang auch akzeptieren, wird es möglich sein, eine auf dem Papier und evtl. in der Verfassung verankerte Konzeption mit Leben zu erfüllen, sie Bestandteil der Kultur der Unternehmung werden zu lassen. Diese allgemein zutreffende Feststellung gilt nun in gleichem Maße auch für die Realisierung des Konflikt-Management. Die besten organisatorischen Vorkehrungen und Strukturen zur Realisierung des optimalen Konflikts auf der sachlich-intellektuellen Ebene sind hinfällig, wenn sie die Personen, die damit arbeiten müssen, nicht nutzen können oder nicht nutzen wollen. Konflikte werden nur dann sachlich-intellektuell konstruktiv genutzt werden können, wenn die Einstellungen, Kenntnisse, Erfahrungen und Werthaltungen der Personen auf der sozio-emotionellen Ebene dem nicht entgegenstehen. Solange man das sachliche Austragen von Konflikten scheut und solange Sachkonflikte zu einer emotionell aufgeladenen Atmosphäre führen, in der sich Mißtrauen und mangelnde Kooperationsbereitschaft ausbreiten, solange wird auch eine konstruktive Handhabung von Konflikten unmöglich sein.

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Gestaltung der sozio-emotionellen Dimension

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Nicht organisatorische Barrieren sind es also, die eine Realisation des optimalen Konflikts verhindern könnten, sondern in erster Linie kommen hierfür individuelle und interpersonelle Barrieren in Frage. Konstruktive Konflikthandhabung ist nur in einer Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens möglich. Man muß bei jedem Konflikt die Sache, um die es geht und die Person, die sie vertritt insofern zu trennen versuchen, als man nicht bei Differenzen über die Sache sogleich auch emotionelle Differenzen hinzufügt. Nun wäre es eine Illusion, die Tatsache zu vernachlässigen, daß Personen Emotionen haben oder gar zu glauben, daß man diese Emotionen "abstellen" könnte. Aufgabe des Konflikt-Management kann es demzufolge nicht nur sein, die Individuen mit dem Postulat zu konfrontieren, daß sie Konflikte sachlich und ohne Emotionen austragen müssen. Die Aufgabe des Konflikt-Management besteht auf der sozio-emotionellen Ebene vielmehr vor allem darin, dem einzelnen und der Gruppe Instrumente in die Hand zu geben, die es ihnen ermöglichen, ihrer Emotionen so Herr zu werden, daß sie Konflikte sachlich austragen können (vgl. auch Blake I Mauton [Grid 65 f.]). Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, wird es möglich sein, die Konzeption des optimalen Konflikts zu realisieren. Nur dann wird es gelingen, daß man sich zum Nutzen aller auf die konstruktive Handhabung der Konflikte auf der sachlich-intellektuellen Ebene konzentriert, ohne seine Energien und Konfliktkapazitäten in Querelen auf der sozioemotionellen Ebene zu erschöpfen. Die Gesamtheit der Methoden, Techniken und Verfahren, die sich auf die Entwicklung und Verbesserung des "man power Potentials" richten, bilden das Entwicklungssystem der Unternehmung. Sie werden in der amerikanischen Managementliteratur unter dem Begriff des "Management Development" zusammengefaßt (vgl. z. B. House [Development]) und umspannen Maßnahmen der Personalplanung und -beurteilung sowie Personalausbildung und -training. Schulungskurse und on-the-job Training gehören ebenso dazu wie Förderungsgespräche und job rotation. In jüngster Zeit erkennt man nun in steigendem Maße, daß diese traditionellen Lehr- und Lernmethoden nicht ausreichen, um eine Verhaltensbeeinflussung der Individuen herbeizuführen. Deshalb wurden in Amerika spezielle Techniken entwickelt, die darauf abzielen, daß der einzelne oder die Gruppe aus unmittelbarer Erfahrung der Gegensätze sich selbst und die Probleme der anderen besser erkennen lernt und auf diesem Wege sein Verhalten besser kontrollieren und steuern kann. Es wird also auf eine spezielle Problemsensibilisierung und Einstellungsänderung von Personen und Gruppen abgezielt. Es

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

handelt sich um die unter den teilweise synonymen Bezeichnungen "Labormethode" (Laboratory Approach), "Gruppentraining" (T-Groups) oder "Sensitivitätstraining" (Sensitivity Training) sowie "Konfrontationstechnik" (Confrontation Design) zusammengefaßten gruppendynamischen Techniken. Diese Methoden erscheinen in ganz besonderem Maße geeignet, eine "Konfliktsensibilisierung" der Personen im Rahmen des Konflikt-Management zu erreichen, dies sowohl im Hinblick auf die "Routinekonflikte" des laufenden Unternehmungsprozesses, als auch hinsichtlich der Konflikthandhabung bei tiefergehenden Änderungsprozessen. Allen Techniken gemeinsam ist, daß in ihnen das Schwergewicht auf bewußtmachende und problemlösungsorientierte Austragungsformen des Konflikts gelegt wird. Ihre Relevanz für das Konflikt-Management wird damit offenkundig. Sie sollen daher im folgenden kurz skizziert und in ihrer konflikttechnologischen Anwendbarkeit für die einzelnen Konfliktbereiche analysiert werden. 2. Verbesserung der Konflikthandhabung durch Sensitivity Training

Sensitivity Training und Labormethode sind synonyme Begriffe. Dieser Ansatz zur Verhaltensänderung bildet eine in den USA, wo ein spezielles Trainingszentrum geschaffen wurde, das National Training Laboratory, und in Großbritannien mittlerweile weit verbreitete Methode zur Verbesserung und Veränderung des Verhaltens. Kern der Labormethode ist das Training in sog. T-Groups (vgl. zu einer Übersicht Staehle [Verhaltensänderung]).

a) Charakterisierung von T-Groups Sensitivity Training ist eine Ausbildungsmethode, die in erster Linie auf den Einsichten aufbaut, die der Lernende selbst in verschiedenen sozialen Begegnungen erfährt und die damit auf die Beeinflussung von Attitüden und die Fähigkeit, aus intersubjektiven Beziehungen zu lernen, abzielt (Schein I Bennis [Laboratory 4]). Das Instrument, mit dem diese Erfahrungen und Einsichten vermittelt werden sollen, ist die T-Group. In ihr werden i. d. R. Personen, die sich vorher völlig fremd sind, unter einem teilnehmenden Beobachter, dem "Trainer", zusammengeführt. T-Groups zeichnen sich insbesondere durch drei Merkmale aus (Mangham I Cooper [T-Groups 53 f.]). Erstens ist diese Art des Trainings im Gegensatz zu herkömmlichen Lehr- und Lernmethoden nicht auf einen bestimmten konkret festgelegten Inhalt ausgerichtet. Es ist in erster Linie "prozeßorientiert" und nicht "inhaltsorientiert". Der auftretende Lerndruck und individuelle Stress entsteht vor allem auf der sozio-emotionellen Ebene durch die

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Gestaltung der sozio-emotionellen Dimension

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wechselseitigen Interaktionen und weniger auf der informatorischen, also sachlich-intellektuellen Ebene. Dieser Effekt wird dadurch herbeigeführt, daß sich die Teilnehmer einer T-Group einzig und allein auf die Probleme und Themen des Verhaltens in ihrer aktuellen Situation konzentrieren. Es sind Probleme des "Hier und Jetzt", mit denen man sich beschäftigt. Zweitens ist das Training in T-Groups nicht in irgendeiner herkömmlichen Art und Weise strukturiert. Die Gruppe wird vor die Aufgabe gestellt, selber zu entscheiden, worüber man miteinander sprechen will, welche Probleme man erörtern will und auf welche Art und Weise man seine Ziele erreichen will. Niemand sagt den Teilnehmern, worüber sie sprechen sollen. Dieser Mangel an einer irgendwie gearteten Einflußnahme führt dazu, daß sich ganz typische Verhaltensweisen am Beginn einer Gruppendiskussion einstellen. Einige verhalten sich ruhig, andere werden aggressiv, einige versuchen eine Diskussion in Gang zu setzen und wieder andere versuchen, das gemeinsame Vorgehen irgendwie zu strukturieren. Unter gelegentlicher Mithilfe des Trainers werden diese Aktivitäten dann zu Kristallisationspunkten der Diskussion und Analyse. Drittens ist es der Kleingruppencharakter, der die Labormethode mit T-Groups bestimmt. T-Groups sind Gruppen, die eine hohe Anteilnahme und Beteiligung jedes einzelnen am Gruppengeschehen sowie freie Kommunikation erlauben und mit sich bringen. Eine starke Aktivierung der Teilnehmer und möglichst zentrale Betroffenheit jedes einzelnen sind zugleich auch Voraussetzungen zum Erfolg dieser Trainingsmethode. Als Lernziele, die im einzelnen mit einem Labortraining angestrebt werden, kommen insbesondere folgende Effekte in Betracht (Schein I Bennis [Laboratory 13, 35]): -

Selbsterkenntnis durch Bewußtwerdung des eigenen Verhaltens und der Wirkung dieses Verhaltens auf andere Kennenlernen des Verhaltens von anderen in der Gruppe und dessen Wirkung auf das eigene Selbstempfinden Verständnis für die Zusammenarbeit in der Gruppe und für deren Funktionsweise Verständnis für den Aufbau und die Wirkungsweise von ganzen Organisationen Lernen aus eigenen Erfahrungen zu lernen (learning how to learn).

Wegen der starken Betonung der Lerneffekte in den Gruppen schlagen Schein I Bennis vor, statt von T-Groups von L-Groups zu sprechen [Laboratory 328].

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

b) Konflikttechnologische Verwendbarkeit des Sensitivity Training aa) Anwendungsmöglichkeiten Die Frage ist nun, welche instrumentelle Bedeutung dem Labortraining im Rahmen des Konflikt-Management zukommen kann. Ausgangspunkt der Beantwortung dieser Frage ist zweckmäßigerweise ein Vergleich der Ziele des Konflikt-Management einerseits, des Sensitivity Trainings andererseits. Wie die obige Analyse deutlich macht, weisen die hier für das Konflikt-Management zugrunde gelegten Ziele und die mit T-Groups angestrebten Effekte eine weitgehende Parallelität auf. Im Rahmen der Konzeption des optimalen Konflikts liegt das Schwergewicht auf bewußtmachenden und austragungsorientierten Handhabungsformen, die zu Wandel, Innovation und Anpassung in den verschiedenen Konfliktbereichen beitragen sollen. Zu diesem Zweck - so wurde argumentiert - müssen Konflikte als solche von den Beteiligten akzeptiert und in ihren konstruktiven Möglichkeiten erkannt werden. Was den Individualbereich anbelangt, so führt ein erfolgreiches Sensitivity Training genau diese Bedingungen herbei. Zunächst müssen die Mitglieder der T-Group erkennen lernen, daß es darauf ankommt, die persönlichen Probleme offen darzulegen, um dann in der freien Diskussion mit den anderen zu einer konstruktiven Lösung zu gelangen. Es wird also eine Einstellung verlangt und gefördert, die genau mit der Forderung nach bewußtmachender und sachlich austragender Konflikthandhabung korrespondiert. Insofern zielen sowohl die dem Konflikt-Management, als auch die dem Sensitivity Training zugrunde liegenden Wertvorstellungen in genau die gleiche Richtung (vgl. zu den Wertvorstellungen des Sensitivity Training im einzelnen Schein I Bennis [Laboratory 30 ff.]). Der einzelne wird in der Laborsituation aus seinem Alltagsgeschehen herausgelöst und durch die Gruppe dazu gebracht, über sich nachzudenken und sich seiner Probleme bewußt zu werden. Damit bringt man ihn bewußt in eine Konfliktsituation. Wie die Berichte und Fallstudien über das Geschehen in T-Groups zeigen (vgl. Schein I Bennis [Laboratory 57 ff.]), sind die Reaktionen auf diese Konfliktsituationen dann auch häufig denen des normalen Alltagslebens zunächst gleich. Es setzen Abwehrmechanismen ein, Regression, Aggression etc. (vgl. z. B. Clark [Interaction 398 ff.]). Bei erfolgreichem Training gelingt es dem einzelnen durch die über die Gruppe ständig ausgeübte Verunsicherung jedoch nicht, der problemlösenden Handhabung des Konflikts dadurch auszuweichen. Und hierin liegt die zweite wesentliche Komponente der T-Groups. Durch eine in dieser Form sonst mit keiner Lehrmethode erreichbare Eindringlichkeit

III. Gestaltung der sozio-emotionellen Dimension

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und Intensität des persönlichen Erlebens wird der Teilnehmer nicht nur zum Nachdenken gebracht, sondern darüber hinaus auch zu einer echten Änderung der Attitüden und Verhaltensweisen veranlaßt. Grundsätzlich kann daher die instrumentelle Nutzbarkeit der Sensitivity Training für das Konflikt-Management als gut bezeichnet werden. Im einzelnen werden zu dem theoretischen Konfliktmodell drei Bezugspunkte sichtbar. Zunächst ist klar, daß die Labormethode ein Verfahren ist, das vor allem auf den einzelnen und seine Probleme abzielt. Insofern wäre es eine Methode, die den Individualbereich als ersten Konfliktbereich des Konfliktmodells betrifft. Darüber hinaus erstreckt sich der Lerneffekt des einzelnen jedoch nicht nur auf seine eigenen Probleme, sondern er tangiert auch die Probleme von Gruppen sehr stark und führt darüber hinaus auch zu einem besseren Verständnis des gesamten Unternehmungsgeschehens. Mithin strahlen die Wirkungen des Sensitivity Training auf alle betrieblichen Bereiche aus. Neben dem bereichsmäßigen Aspekt kommt auch der dimensionale Aspekt des Konfliktmodells und des optimalen Konflikts zum Zuge. Die Individuen werden direkt auf der sozio-emotionellen Ebene angesprochen. Es wird ihnen klar gemacht, daß hier die Barrieren zu einer konstruktiven Konflikthandhabung liegen. Es wird ihnen z. B. vor Augen geführt, daß ein emotionsgeladener Ausbruch von Aggressionen und gegenseitigem Mißtrauen keine Probleme löst, sondern daß nur in einer Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens und Sichaussprechens die Sachprobleme konstruktiv geklärt werden können. Insofern könnte das Sensitivity Training die dimensionale Komponente des Konfliktoptimums realisieren helfen. Damit zusammenhängend wird schließlich nicht zuletzt auch der handhabungsmäßige Aspekt des Konfliktgeschehens angesprochen. Die hier zu begründen versuchte und zum wesentlichen Bestandteil der Konzeption des optimalen Konflikts erhobene Betonung austragungsund problemlösungsorientierter Konflikthandhabungsformen wird in T-Groups eindeutig gefördert (vgl. auch Schein I Bennis [Laboratory 34 f.]).

Die oben im Grundsatz konstatierte Anwendbarkeit erweist sich also im Hinblick auf das Konfliktoptimum als in mehrerer Hinsicht differenzierbar. Die bisher geschilderte Form der Zusammensetzung und des Aufbaus einer Laborgruppe stellt den Standardfall des Sensitivity Training dar. Aus verschiedenen Betrieben werden einzelne Mitglieder zu einer Gruppe zusammengefaßt. Dort lernen sie, sich und ihr Verhältnis zur

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

Umwelt zu durchdenken und gelangen u. U. zu einer Änderung der Einstellung, die ihnen am Arbeitsplatz zugute kommt und die sie evtl. sogar auf ihre Umgebung teilweise oder ganz übertragen können. Neben dieser Standardgruppenbildung sind nun auch eine Reihe anderer Möglichkeiten der Vorgehensweise in T-Groups möglich, die z. T. in Abschnitt C III 3 erörtert werden. bb) Anwendungsprobleme Trotz seiner weitgehenden Brauchbarkeit und Anwendbarkeit ist natürlich auch das Sensitivity Training nicht ohne Anwendungsprobleme. Zunächst sind es zwei grundsätzliche Fragen, die seinen Wirkungsgrad bestimmen (vgl. Mangham I Cooper [T-Groups 54]): (1)

In welchem Ausmaß gelingt es den Teilnehmern an einer T-Group, ihre gewonnenen Erfahrungen in die Arbeitssituation auch tatsächlich umzusetzen?

(2) Inwieweit resultieren aus der Teilnahme einzelner Mitglieder einer Unternehmung an einem Labortraining weitergehende Änderungen in der Unternehmung? Während zur Beantwortung der zweiten Frage vor allem wegen der Schwierigkeiten, derartige Folgewirkungen zu erfassen und zu messen, bisher kein Material vorliegt, sind die Probleme, die die erste Frage betreffen, schon des öfteren empirisch geprüft worden. Die Ergebnisse aller dieser Studien lassen sich übereinstimmend in drei Punkten zusammenfassen (vgl. Mangham I Cooper [T-Groups 72], Cooper I Mangham [Training]): (1) In einem signifikanten Ausmaß zeigten Teilnehmer des Sensitivity Training ein im Verhältnis zu Kontrollgruppen geändertes Verhalten am Arbeitsplatz. Interessant und von Bedeutung ist dabei, daß sich die Labormethode eindeutig anderen, in Zielsetzung und Zeitdauer vergleichbaren, Lehr- und Lernmethoden überlegen zeigte. (2) Starke Übereinstimmung herrscht über Art und Richtung der eingetretenen Änderung: Verbesserung der Diagnosefähigkeiten im Individual- und Gruppenverhalten, Verbesserung der Kommunikation, größere Toleranz und Rücksichtnahme, größere Verhaltensflexibilität. (3) Schließlich wird berichtet, daß diese Änderungen über einen Zeitraum von 10-12 Monaten andauerten. In bezug auf zeitlich darüber hinausgehende Verhaltensänderungen besteht keine Einigkeit. Argyris stellte in diesem Zusammenhang fest, daß die

III. Gestaltung der sozio-ernotionellen Dimension

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meßbaren Änderungen in einem sehr hohen Maße für sechs Monate konstant blieben und vom zehnten Monat ab nachließen [T-Groups 71]. Die Erklärung für den letzten Punkt sieht Argyris aufgrund seiner Ergebnisse darin, daß die Teilnehmer nicht etwa die Fähigkeit, sich in der geschilderten Weise zu verhalten, verloren hätten, sondern darin, daß sie die eine oder andere Verhaltensweise unterdrücken und nicht anwenden, weil sie von der betrieblichen Umwelt nicht unterstützt werden. Es zeigt sich hier, daß ein grundlegender Wandel nicht eher endgültig erfolgreich ist, als bis die gesamte Organisation von den Änderungen überzeugt ist. Damit kann wohl zugleich auch eine indirekte Antwort auf die zweite eingangs gestellte Frage gegeben werden. Weitergehende Änderungen in der Unternehmung können i. d. R. von einem Sensitivity Training nicht erwartet werden. Hier stellt sich allerdings die Frage, was geschehen würde, wenn nach und nach die mit Schlüsselpositionen vertrauten Personen der Unternehmungen, insbesondere also das Top-Management, mit Hilfe der Labormethode geschult würden. Überhaupt ergibt sich als ein weiteres Anwendungsproblem des Sensitivity Training die Frage, welcher Personenkreis unter welchen Gesichtspunkten für T-Groups geeignet ist. Hierzu kann allgemein gesagt werden, daß am ehesten solche Personen aus einem derartigen Gruppentraining Nutzen ziehen können, die einerseits gefestigt genug sind, um von den auftretenden Konflikten nicht überwältigt zu werden, die aber andererseits keine zu starken Abwehrmechanismen besitzen, denen es also möglich ist, vorurteilsfrei und ohne ständige Abwehr die Meinung anderer zu ertragen und die darüber hinaus selbst offen ihre Meinungen und Gefühle aussprechen (vgl. Argyris [T-Groups 67]). Überspitzt formuliert bedeutet dies natürlich, daß diejenigen am meisten von T-Groups profitieren, die sie am wenigsten nötig haben und umgekehrt (vgl. Staehle [Verhaltensänderung 417]). Ein Problem ist es schließlich auch, inwieweit Unternehmungen das Recht haben, ein Mitglied, von dem man glaubt, daß es einer Verhaltensänderung bedarf, zu einer Teilnahme zu zwingen. Man muß sich also, zumindest was die Standardform des Sensitivity Training anbelangt, vor einer Entsendung einzelner Teilnehmer die Frage vorlegen, ob die erwünschten Änderungen den einzelnen nicht überfordern. Die diskutierten Anwendungsprobleme lassen sich für die konkrete Entscheidung, ob Sensitivity Training anzuwenden sei oder nicht, in vor allem folgenden fünf Entscheidungskriterien zusammenfassen (vgl. Bennis/Schein [Principles], House [T-Group]):

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

(1) Stimmen die Lernziele des Labortrainings mit den organisatorischen Erfordernissen der Unternehmung überein? Diese Frage wurde speziell für das Konflikt-Management oben diskutiert. (2) Bietet das Klima und die Kultur der Unternehmung günstige Voraussetzungen für die Umsetzung des Gelernten? Sensitivity Training kann bei partieller Anwendung nur dann zu dauerhaften Erfolgen führen, wenn die "klimatischen Bedingungen" in der Unternehmung dem einzelnen eine Umsetzung seiner Erfahrungen nicht zu sehr erschweren. (3) Sind die Schlüsselpersonen der Unternehmung involviert? Nur wenn die Anwendung des Sensitivity Training sich entweder auch auf die Schlüsselpositionen des Systems erstreckt, oder doch zumindest von diesen Personen unterstützt wird, sind nachhaltige Erfolge zu erwarten. (4) Sind die Trainingskandidaten für ein Sensitivity Training genug vorbereitet und geeignet? Nur wenn die Persönlichkeiten der zu trainierenden Personen die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Lernprozeß mitbringen, sollten sie zum Labortraining entsandt werden. (5) Entspricht eine Teilnahme am Labortraining dem Willen der Teilnehmer? Nur wenn über die persönlichen Fähigkeiten und Eignungen hinaus auch die Bereitschaft und Aufgeschlossenheit für die T-Group vorhanden ist, sollte diese Trainingsmethode angewendet werden. Da Sensitivity Training die Persönlichkeit der Betreffenden involviert, könnte eine zwangsweise Entsendung einen unfreiwilligen Eingriff in die Persönlichkeit darstellen. Ganz abgesehen davon, daß der innere Widerstand dann auch einer erfolgreichen Teilnahme entgegenstehen wird. Unter Beachtung der hier geschilderten Anwendungsprobleme und unter Zuhilfenahme der verschiedenen Entscheidungskriterien dürfte sich ein Sensitivity Training in nicht wenigen Fällen zur Unterstützung des Konflikt-Management in der Unternehmung als hilfreich erweisen. 3. Verbesserung der Konflikthandhabung durch Konfrontationstechniken

a) Charakterisierung der Konfrontationstechniken Das Sensitivity Training stellt in seiner bisher dargestellten und am weitesten verbreiteten Standardform außerhalb der Unternehmung den einzelnen einer Gruppe ihm fremder Personen gegenüber. Inso-

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fern beinhaltet das Arbeiten mit T-Groups auch eine Konfrontation mit anderen Meinungen und Ansichten. Wenn hier von Konfrontationstechniken gesprochen wird, dann sind jedoch andere Methoden gemeint, wie sie in der Literatur z. B. in Form des sog. "Confrontation Design" oder "Confrontation Meeting" behandelt werden. Diese Methoden bauen zu wesentlichen Teilen auf den Erkenntnissen und Erfahrungen des Trainings in T-Groups auf. Im Unterschied zum Sensitivity Training in T-Groups ist jedoch allen hier Konfrontationstechniken genannten Verfahren gemeinsam, daß sie direkt auf Konflikte innerhalb einer Unternehmung angewendet werden. Es werden also nicht einander fremde Personen erfaßt, sondern man versucht eine gemeinsame Verhaltensbeeinflussung von in einer Unternehmung miteinander arbeitenden und/oder im Konflikt befindlichen Personen oder Gruppen. Dieser direkte Bezug auf die betriebliche Konfliktsituation bedingt auch eine gezielte Strukturierung des Trainingsgeschehens. In allen Fällen aber ist es das oberste Ziel, latente Konflikte bewußt zu machen bzw. manifeste Konflikte über eine Konfrontation von Meinungen und Stereotypen einer konstruktiven Handhabung zuzuführen. Konfrontationsmeetings können innerhalb oder außerhalb der Unternehmung veranstaltet werden, sie können mit oder ohne Beteiligung externer Berater und sie können mit oder ohne Ergänzung durch konventionelle Trainingsmethoden stattfinden. Entsprechend diesen und anderen Merkmalen ist realiter eine Vielzahl von konkreten Ausprägungsformen dieser Trainingstechnik beobachtbar. Zu dem Standardtraining in T-Groups existieren fließende Übergänge. Typische Kombinationen und festgefügte Schemata haben sich bisher nicht herausgebildet. Im folgenden sollen daher unter Verzicht auf eine weitergehende Systematik die für das Konflikt-Management wichtigen Formen dargestellt werden.

b) Darstellung wichtiger Konfrontationstechniken 1. Unter die Konfrontationstechniken kann zunächst eine von Argyris beschriebene Modifikation des Sensitivity Trainings gerechnet werden (vgl. zum folgenden Argyris [T-Groups 66 ff.], zu ähnlichen und anderen Variationen s. auch Bass [Lessons 178 ff.]). Dabei werden mehrere Führungskräfte derselben Unternehmung zu einer auf die Lösung konkreter Probleme gerichteten T-Group zusammengefaßt.

Ziel derartiger Gruppen ist es, die diagnostischen Fähigkeiten des einzelnen Managers für seine konkrete unternehmungsbezogene Problemstellung zu verbessern. Zu diesem Zweck wird jeder Teilnehmer aufgefordert, spezielle Diskussionspunkte und Probleme, die für ihn und die Unternehmung wichtig sind, in die Laborgruppe einzubringen 11 Krüger

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

und eine Gruppendiskussion hierüber zu leiten. Diese Diskussion wird vom Trainer beobachtet und auf Band aufgezeichnet. Danach wird das Band abgespielt und die Gruppendynamik, die sich herausbildete und die Faktoren, die die Entscheidungsfindung beeinflußten, werden gemeinsam analysiert. Auf diese Weise werden die Teilnehmer z. B. damit konfrontiert, wie sie sich gegenseitig das Wort abschneiden, nicht zuhören, manipulieren, Druck ausüben etc. Unter diesen Bedingungen sind die Einzelnen im Labor aus verschiedener Sicht stark mit ihren alltäglichen Problemen konfrontiert und können die gewonnenen Erfahrungen u. U. direkt in der Unternehmung umsetzen. Dieses Vorgehen kann durch ein Rollenspiel ergänzt oder modifiziert werden. Dabei wird eine Fallstudie in der Weise diskutiert, daß jeder der Teilnehmer eine bestimmte Rolle einnimmt, die möglichst verschieden sein muß von seiner alltäglichen Betriebsrolle. Damit und mit den sich anschließenden Analysen soll .ebenfalls eine Erhöhung der Sensibilität für die eigenen Rollenprobleme und die der anderen erreicht werden. Zusätzlich kann das Labortraining ergänzt werden um konventionelle Lehrveranstaltungen, in denen versucht wird, speziell für die Gruppenproblematik verwertbares Fachwissen zu vermitteln. 2. Eine andere Konfrontationsmethode, die auf dem Sensitivity Training aufbaut, wird von Walton beschrieben (vgl. zum folgenden [Peacemaking]). Bei dieser Methode findet die problemlösungsorientierte Konfliktaustragung in der Unternehmung selbst statt. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Person eines externen Beraters als Drittpartei zu. Walton sieht sein Verfahren des "Interpersonal Peacemaking" als eine spezielle Form der von Schein untersuchten allgemeinen Berateraufgabe an, die von diesem Autor als "Process Consultation" bezeichnet wird und alle Aktivitäten des Beraters umfassen soll, die dem Klienten helfen, die Umweltprozesse wahrzunehmen, zu verstehen und auf sie zu reagieren [Consultation 7]. Interpersonal Peacemaking wird von Walton als eine spezielle "Soziotherapie" verstanden, die speziell im Falle solcher interpersoneller Verhaltensmuster anzuwenden ist, die sich durch ständige Meinungsverschiedenheiten und emotionelle Antagonismen auszeichnen [Peacemaking 4 f.]. Was die Bereichsorientierung dieser therapeutischen Methode anbelangt, so wird sie vorzugsweise auf Zwei-Personen-Konflikte im Management angewendet. Anhand dreier Fallstudien zeigt Walton die Konflikte zwischen je zwei Führungskräften und ihre Handhabung durch Konfrontation auf, wobei die wichtige Rolle des von den Beteiligten akzeptierten externen

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Beraters, die der Autor selbst teilweise übernahm, deutlich wird. Im einzelnen hat ein solcher externer Konfliktagent eine Reihe strategischer und taktischer Funktionen zu erfüllen. "Strategische" Funktionen sind u. a.: -

Motivation zur Konflikthandhabung bei den Beteiligten erzeugen. Ausbalancierung der Machtverhältnisse zwischen den Parteien. Verbesserung der Kommunikation zwischen den Parteien. Steuerung der richtigen Intensität der Konfrontation.

Als "taktische" Funktionen, die flankierend den erfolgreichen Ablauf der Konfrontation fördern können, kommen in Betracht: -

Vorhergehende Einzelbefragung der Parteien zur Vorbereitung der Therapie. Gestaltung des Konfrontationskontexts, um erfolgversprechende Situationsbedingungen zu schaffen.

-

Eingriffe zur Förderung des Dialogs zwischen den Parteien.

-

Planungen zur Verbesserung zukünftiger Konflikthandhabungen.

Die hierzu erforderlichen Fachkenntnisse und Fähigkeiten des Konfliktagenten sind groß. Wenn diese persönlichen Voraussetzungen gegeben sind, dürften die Erfolgschancen jedoch nicht gering sein. Fachliche Autorität fördert die Anerkennung des Beraters durch die Konfliktparteien. Seine Stellung als Externer, der - anders als etwa schlichtende Vorgesetzte - keinen direkten Einfluß auf die Karriere der Beteiligten ausüben kann, dürfte die Atmosphäre und das Klima der Konfrontation entspannen und am besten geeignet sein, die notwendige Vertrauensbasis herzustellen. Möglich ist es auch, daß ein Trainer, den die Parteien bereits aus einem Sensitivity Training kennen, die Rolle des Konfliktagenten übernimmt. 3. Ein speziell auf die Konflikte zwischen Subsystemen der Unternehmung ausgerichteter Ansatz wird von Golembiewski/Blumberg mit dem "Confrontation Design" und in ähnlicher Weise auch von Schein geschildert (vgl. zum folgenden [Confrontation) und [Psychlology 83 ff)). Es geht dabei um den organisatorisch größeren Rahmen von Intergruppenkonflikten. Ausgangspunkt dieser Konfrontationstechnik ist die bereits diskutierte Tatsache, daß sich z. B. in einzelnen Funktional-Abteilungen typischerweise spezifische Einstellungen herausbilden, die häufig mit denen anderer Abteilungen kollidieren. Diese konfliktären Attitüden miteinander zu konfrontieren und einer konstruktiven Änderung zuzuführen ist die Intention des Confrontation Design, das man daher wohl am besten mit Stereotypenkonfrontation übersetzen kann.

n•

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

Im einzelnen ist diese Methode durch folgende Merkmale gekennzeichnet: -

-

Die Beteiligten weisen eine arbeitsmäßige vertikale und/oder horizontale organisatorische Zusammengehörigkeit auf. Die Korfrontation involviert Einheiten zwischen denen ungelöste Konflikte bestehen. Die beteiligten Konfliktparteien formulieren spezielle Selbst- und Fremdbilder: Wie sehen wir uns im Verhältnis zu den anderen? Wie sehen die anderen uns? Wie sehen wir die anderen? Die Images der verschiedenen Gruppen werden miteinander konfrontiert. Es findet eine freie Kommunikation statt. Die Zeitdauer ist wesentlich kürzer als beim normalen Sensitivity Training. Confrontation Design liefert die sozio-emotionelle Plattform, auf der sachlich-intellektuelle Problemlösungen aufbauen können.

Der Konfrontationsprozeß dieses spezifischen Sensitivity Trainings läuft z. B. wie folgt ab: (1) Die Gruppen kommen in ein Trainingslager. (2) Jede Gruppe formuliert für sich getrennt die Selbst- und Fremdbilder. (3) In einer gemeinsamen Sitzung teilen Repräsentanten die jeweiligen Ergebnisse mit (4) Getrennte Gruppendiskussion über die von der Fremdgruppe mitgeteilten Images. Diskussion über Ursachen der Differenzen zwischen den eigenen und fremden Images. (5) In einer gemeinsamen Sitzung teilen die Gruppenrepräsentanten die Ergebnisse mit. (6) Paneldiskussion, die auf eine Problemlösung abzielt. Ergänzt werden kann dieses Training durch traditionelle Lehrveranstaltungen. Ziel ist es, den beteiligten Einheiten gruppendynamische Prozesse zu Bewußtsein zu bringen und sie zu einer Änderung ihrer Einstellung zu bewegen. Hier gelten im Prinzip ähnliche Anwendungsvoraussetzungen wie im Falle des Standardtrainings. Sind sie gegeben, so dürfte das Confrontation Design eine interessante Methode darstellen, um speziell im Intergruppenbereich die so wichtigen sozio-emotionellen Voraussetzungen

III. Gestaltung der sozio-emotionellen Dimension

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zu schaffen, um zu einer produktiven Konflikthandhabung auf der sachlich-intellektuellen Ebene zu gelangen. 4. Eine das gesamte Management umfassende Konfrontationsmethode schlägt Beckhard mit seinem "Confrontation Meeting" vor (vgl. zum folgenden [Confrontation]). Bei diesem Verfahren bewegt man sich weder im Individual- noch im Gruppenbereich, sondern im Unternehmungsbereich insgesamt. Dimensional betrachtet ist gerade diese Technik schwer einzuordnen. In ihr vermischen sich schon vom Ansatz her sachlich-intellektuelle und sozio-emotionelle Komponenten. Beckhard geht es insbesondere um eine Klimaverbesserung und sachlich konstruktive Konflikthandhabung im Rahmen tiefergehender Änderungen und deren Folgeprozesse in der Unternehmung. Ein Confrontation Meeting zielt darauf ab, bei geringem Zeitaufwand solche Probleme anzugehen, die das gesamte Führungskorps einer Unternehmung tangieren. Bei einem solchen Meeting werden Führungskräfte von allen Ebenen der Unternehmung für einige Stunden zusammengezogen, um eine Übersicht über die gemeinsamen Probleme sowie Vorschläge zu ihrer Lösung zu erarbeiten. Der Arbeitsprozeß dieser heterogenen Gruppen sollte sich nach den Erfahrungen von Beckhard zweckmäßigerweise wie folgt abwickeln. (1) Klimatische Bedingungen schaffen In dieser einführenden Phase kommt es darauf an, den Teilnehmern die Problemstellung vor Augen zu führen, das Problem in den größeren Rahmen der Unternehmungszielkonzeption einzuordnen und alle zur offenen Mitarbeit zu verpflichten. (2) Informationen sammeln Die gesamte Gruppe, die zahlenmäßig recht groß sein kann, wird in kleine heterogene Einheiten von bis zu acht Teilnehmern aufgeteilt, wobei darauf zu achten ist, daß Vorgesetzte und Untergebene gruppenmäßig getrennt sind und in jeder Gruppe möglichst viele unterschiedliche Funktionsbereiche der Unternehmung vertreten sind. Die Gruppen sind auf eine rückhaltlose und offene Diskussion der ihrer Meinung nach relevanten Probleme verpflichtet. (3)

Informationen verteilen

Nach beendeter Gruppendiskussion werden die Ergebnisse der einzelnen Gruppen den anderen Gruppen mitgeteilt. (4) Setzung von Prioritäten und Festlegung von Aktionen Alle Gruppen gemeinsam diskutieren kurz die gefundenen Lösungen, wobei sich Schwerpunkte herauskristallisieren. Danach werden

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

neue Gruppen nach den traditionellen Funktionsbereichen gebildet, die sich mit drei Aufgabenstellungen zu befassen haben: -

Diskussion der diese Einheit betreffenden Punkte und Entscheidung über vorzunehmende Maßnahmen. Entscheidung über erwünschte Prioritätensetzung durch die Unternehmungsspitze. Entscheidung über die Art der Mitteilung der Ergebnisse an die betroffenen Untergebenen.

(5) Festlegung gemeinsamer Aktionen Wiederum trifft sich die gesamte Teilnehmerzahl zu einer gemeinsamen Sitzung, um folgende Schritte zu unternehmen: -

Jede funktionale Gruppe berichtet über ihre Entscheidungen und Pläne.

-

Jede Gruppe berichtet über die von ihr gewünschte Reihenfolge, in der die Probleme von der Unternehmungsspitze angepackt werden sollten.

-

Die Unternehmungsspitze befindet über die angemeldeten Aktionspläne.

-

Die verschiedenen Einheiten einigen sich über ein gemeinsames Vorgehen bei der Mitteilung der Resultate in ihren Abteilungen.

(6) Anschlußsitzung der Unternehmungsspitze Unmittelbar im Anschluß an das Confrontation Meeting tagt die Unternehmungsspitze, um die weiterführenden Aktionen zu beraten, die einige Tage später dem gesamten Führungskorps mitgeteilt werden. (7) Tätigkeitsbericht Einige Wochen später erfolgt ein weiteres Confrontation Meeting, um die gesammelten Erfahrungen und Erfolge zu kontrollieren. Beckhard berichtet anband mehrerer Fallstudien über die positiven Resultate derartiger Meetings: -

Die vertikalen und horizontalen Kommunikationsbarrieren werden schnell durchbrachen.

-

Die gesammelten Informationen sind aktuell, korrekt und nachprüfbar.

-

Ein echter Dialog zwischen Unternehmungsspitze und den anderen Managementbereichen entsteht.

-

Eine große Zahl von Betroffenen bekommt die Möglichkeit, an den Entscheidungen mitzuwirken und macht dementsprechend die organisatorischen Probleme zu seinen eigenen.

IV. Gestaltung der wertmäßig-kulturellen Ebene

-

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Gemeinsame Zielbildung wird erleichtert. Insbesondere im Zusammenhang mit Management by Objectives werden Erfolge berichtet. Man versteht die wechselseitigen Probleme besser und die Vertrauensbasis verbreitert sich entsprechend.

Für das Konflikt-Management erscheinen derartige Konfrontationen als ein gutes und schlagkräftiges Instrument, um gleichzeitig die sachlich-intellektuellen Spannungen konstruktiv zu handhaben und die sozio-emotionellen Antagonismen abzubauen. Sie dürften zur Realisierung des optimalen Konflikts einen wertvollen Beitrag leisten können. Voraussetzung zum Erfolg ist aber auch hier, daß die Unternehmungsspitze dieses Instrument richtig anwendet und nicht lediglich dazu be~ nutzt, den Beteiligten das Gefühl einer Partizipation zu geben, ohne auch konkrete Aktionen folgen zu lassen. IV. Gestaltung der wertmäßig-kulturellen Ebene 1. Bedeutung einer Unternehmungsphilosophie

Nicht nur von der Betriebswirtschaftslehre, sondern auch seitens ihrer Nachbardisziplinen sind Fragen des Wertklimas und der Kultur einer Organisation, Fragen also, die man unter dem Stichwort Unternehmungsphilosophie subsumieren kann, bisher kaum berücksichtigt und in ihrer Bedeutung gewürdigt worden. Demgegenüber sind diese Probleme offenbar von der Praxis - bewußt oder unbewußt - viel stärker erkannt worden, als von der Wissenschaft. Es ließen sich viele Beispiele für spezielle Firmenideologien geben, in denen ein bestimmter "Geist des Hauses" fixiert, beschworen und tradiert wird. Wie wichtig derartige Fragen auch und gerade in bedeutenden Unternehmungen genommen werden, möge ein Zitat von Watson zeigen: "Ich glaube, daß jede Organisation, um zu überleben und Erfolg zu erzielen, in vieler Hinsicht feste Grundsätze haben muß, auf die sie ihre Politik und ihr Handeln begründet. Ich glaube weiter, daß der bedeutendste Faktor für den Erfolg eines Unternehmens die Konsequenz ist, mit der es diesen Prinzipien entsprechend handelt ... Die grundlegende Philosophie, der Geist und der Schwung einer Organisation sind bei weitem bestimmender für ihren relativen Erfolg als technologische oder wirtschaftliche Kräfte, Organisationsstruktur, Neuerungen und ZeitwahL Alle sind nach meiner Ansicht überlagert von der Stärke der Überzeugung, mit der die Menschen in der Organisation an deren Grundsätze glauben, und der Gewissenhaftigkeit, mit der sie nach ihnen handeln." [Grundsätze 15 f.]. Diese Überlegungen zeigen, daß es Fälle in der Realität gibt, in denen die Bedeutung der Unternehmungsphilosophie nicht nur voll erkannt wurde, sondern sogar in ihrem Stellenwert ab-

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung

solute Priorität genießt. Damit alleine wäre bereits ein Interesse an wissenschaftlicher Behandlung dieser Phänomene gerechtfertigt. Für das Konflikt-Management hat insbesondere die Analyse des Konfliktoptimums gezeigt, wie wichtig die wertmäßig-kulturelle Dimension für eine konstruktive Konflikthandhabung ist. Das Arbeiten unter von allen Mitgliedern anerkannten Normen schafft in der Unternehmung eine Basis der Gemeinsamkeit, die es möglich macht, daß sich die intellektuelle Kapazität voll auf die anstehenden Sachprobleme konzentrieren kann. Die für organisatorischen Wandel unerläßliche Offenlegung und Austragung kontroverser Meinungen auf der sachlichintellektuellen Ebene kann um so besser und effizienter geschehen, desto größer auf der wertmäßig-kulturellen Ebene die Gemeinsamkeiten sind. Der sachlich-intellektuelle "load" kann also um so höher sein, desto stärker man durch die wertmäßig-kulturelle Verklammerung, durch den "Überbau" einer gemeinsamen Philosophie zusammengehalten wird. In den betrieblichen Konfliktbereichen sind somit Divergenzen auf der Sachebene in dem Maße möglich wie Konvergenzen auf der Wertebene vorhanden sind. Die Chance, derartige Konvergenzen zu erreichen, ist im betrieblichen Bereich ungleich größer, als im gesamtgesellschaftlichen. Während innerhalb einer relativ offenen und freien Gesellschaft ein bestimmtes Ausmaß an Wertpluralismus unvermeidbar und notwendig ist (vgl. z. B. Luhmann [Funktionen 239 ff.], Parsons/ Shils [Action 176 ff.]), kann eine Unternehmung diesen Pluralismus der Werte dann stark reduzieren, wenn es ihr gelingt, nur solche Mitglieder an sich zu binden, die in den unternehmungsrelevanten Grundhaltungen übereinstimmen. Im folgenden sollen im Hinblick auf die konflikttechnologische Relevanz derartiger Fragen einige grundsätzliche Überlegungen über Inhalt, Aufgaben, Akzeptanz und Veränderung betrieblicher Wertsysteme und damit über die Gestaltung dieser Ebene des Konfliktgeschehens angestellt werden. 2. Aufbau und Inhalt betrieblicher Wertsysteme

Zunächst soll die Frage aufgeworfen werden, wie denn überhaupt eine Unternehmungsphilosophie aussehen kann. Generell ist hierzu zu sagen, daß man sich das Wertsystem analog dem Zielsystem einer Organisation vorstellen kann. Ein Wertsystem enthält demzufolge eine Reihe metaökonomischer Ziele, die einander gleichrangig, über- oder untergeordnet sein können. Prinzipiell ist es nun durchaus denkbar, daß ein differenziertes Wertsystem der Unternehmung existiert, in dem die obersten Unternehmungswerte aufgespalten sind in Werte einzelner Abteilungen usw. Charakteristischerweise dürften jedoch derartige

IV. Gestaltung der wertmäßig-kulturellen Ebene

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metaökonomische Zielsysteme einen sehr geringen Differenziertheitsgrad aufweisen und nur selten aufgespalten werden, vielmehr werden sich Unternehmungsphilosophien weitgehend auf die Postulierung von allgemeinen und relativ wenigen Grundsätzen konzentrieren, Grundsätzen, die eben gerade dadurch ausgezeichnet sind, daß sie für alle Beteiligten gleichermaßen gelten. Damit ist zwangsläufig ein sehr hoher Angerneinheitsgrad und eine sehr weite Formulierung dieser Normen verbunden. So beschreibt Watson die Philosophie der von ihm dargestellten Unternehmung als aus drei obersten Geschäftsprinzipien bestehend: Richtige Menschenführung, Kundendienst, Streben nach Überlegenheit [Grundsätze]. Überdenkt man diese Formulierungen aus wissenschaftlicher Sicht, so taucht die Frage auf, wie es möglich sein soll, mit Hilfe derartig allgemein gehaltener Postulate eine Unternehmung effizient zu lenken, denn im Falle ökonomischer Zielsysteme wird hierfür eine möglichst weitgehende Operationalisierung gefordert (vgl. Schmidt [Grundlagen 124 ff.]). Die Antwort auf diese Frage wird hier in zwei Tatbeständen erblickt: Erstens muß eine Unternehmungsphilosophie möglichst universell in dem Sinne sein, daß sie für lange Zeit und für wechselnde Umweltsituationen Gültigkeit behält. Watson betont in diesem Zusammenhang: "Das einzig Unantastbare in einem Unternehmen sollte die grundlegende Philosophie sein, die ihr Geschäftsgebaren bestimmt" [Grundsätze 99]. Dieser Gültigkeitsanspruch führt dazu, daß eine präzise Formulierung des Normensystems praktisch ausgeschlossen wird. Und es kommt ein zweiter Aspekt hinzu. Wie die Realität zeigt, ist es nicht nur nicht möglich, ein Wertsystem völlig zu operationalisieren, sondern weitgehend auch gar nicht nötig. Es zeigt sich nämlich, daß in einer Unternehmung eine generelle Wertidee sogar unter schwierigen Verhältnissen voll in die Realität umgesetzt werden kann, auch wenn sie nicht in Einzelheiten entwickelt ist. So schildert Drucker, wie ein amerikanisches Großunternehmen die Dezentralisation als eine über das rein Organisatorische hinausgehende Idee verwirklichte, ohne daß jedem einzelnen konkrete Vorschriften über das "Wie" gemacht werden konnten [Großunternehmen 107 f.]. Sucht man nach der Erklärung dieses Phänomens, so stößt man auf den bereits erwähnten Tatbestand, daß Praktiker generelle Anweisungen anhand ihrer Erfahrungen heuristisch zu nutzen und für konkrete Probleme in situative und Operationale Handlungsregeln umzusetzen verstehen (vgl. Kirsch [Entscheidungsprozesse III, 241 ff.]). Weitestgehende Gültigkeit und heuristische Umsetzbarkeit sind es also, die es erforderlich machen bzw. erlauben, daß eine Unternehmungsphilosophie lediglich in weiter und allgemein gehaltener Formulierung zu existieren braucht.

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Inhalt der grundlegenden Philosophie einer Unternehmung kann im Prinzip jede ethische, moralische oder kulturelle Norm sein. Darüber hinaus kann sie allgemeine Geschäftsprinzipien umfassen, wie "Dienst am Kunden", die als Richtschnur für die Bildung ökonomischer Ziele dienen können. Unternehmungsphilosophie darf nun nicht- wie realiter zu beobachten - allgemeine Einigkeits- und Harmoniephilosophie sein. Aus der Sicht des Konflikt-Management interessieren natürlich vor allem konfliktrelevante Werthaltungen. Es muß eine "Einigkeit im Konflikt" angestrebt werden. Das Wertklima der Unternehmung muß also so gestaltet sein, daß es die produktiven Wirkungen und Handhabungsfarmen des Konflikts möglichst fördert. Als erster und grundlegender Bestandteil erscheint es dafür unerläßlich, zunächst die Tatsache, daß Konflikte unvermeidbar sind und produktiv sein können, mit Hilfe entsprechender Grundprinzipien in das Bewußtsein der einzelnen Mitglieder zu rücken. So weist Dahrendorf darauf hin, daß eine der Voraussetzungen für die erfolgreiche Regelung von Konflikten darin besteht, daß sie von allen Beteiligten als unvermeidlich, berechtigt und sogar sinnvoll akzeptiert werden und daß ihre Fruchtbarkeit und schöpferische Kraft erkannt wird [Konflikt 227]. Prämisse ist dabei allerdings, daß grundlegende Übereinstimmung im Hinblick auf die Notwendigkeit der Systemerhaltung herrscht (vgl. Scheuch [Konflikt 866]). Sind Prinzipien in der Unternehmungsphilosophie verankert, die auf diese Basis des Konflikt-Management abzielen, so können darüber hinaus dann spezifische Werte installiert werden, die auf die Handhabungsformen hinweisen. So sieht z. B. Scheuch in der "Ritualisierung der Muster, in denen der Konflikt ausgetragen wird", eine wesentliche Voraussetzung für nichtzerstörerische Konflikte [Konflikt 866]. Ähnlich verfährt Dahrendorf, der auf die Notwendigkeit der Kanalisierung von Auseinandersetzungen sowie auf die Bedeutung der Austragungsregeln hinweist [Konflikt 228]. Im Rahmen des Konflikt-Management müssen derartige allgemeine Regeln noch im Hinblick auf die einzelnen Handhabungsfarmen präzisiert werden, denn es ist wichtig, auf die zu bevorzugenden Austragungsformen hinzuweisen. Auf diesem Wege müssen Präferenzen für bewußtmachende und problemlösende Reaktions- und Handhabungsformen geschaffen werden. Für die Fälle, in denen keine aktive Problemlösung möglich ist, müssen schließlich entsprechende Schlichtungsregeln vorgeschrieben werden. Es kann z. B. vorgesehen werden, daß persönliche Streitigkeiten zwischen Untergebenen grundsätzlich vor den jeweiligen Vorgesetzten zu bringen sind, d. h. es können also Bestandteile der Schlichtungsorganisation, die besonders wichtig erscheinen, mit in die Unternehmungsphilosophie hineingenommen werden.

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Schließlich und nicht zuletzt wird es für die Konfliktsteuerung einer Unternehmung wichtig und sinnvoll sein, die erstrebten Konfliktwirkungen resp. -ziele zu integralen Bestandteilen des Wertsystems zu machen. Wandel, Innovation und Anpassung müssen als zu verfolgende Werte deutlich gemacht und in ihrem Konnex zum Konflikt dargestellt werden. Die Bedeutung einer geeigneten Unternehmungsphilosophie betonen im Zusammenhang mit Problemen des organisatorischen Wandels z. B. Irwin/Langham, die hierin sogar den Schlüssel zum Erfolg der Veränderungsbemühungen sehen [Change 83]. Alle diese Aspekte können Bestandteil der Verfassung der Unternehmung sein. Um sie auch zum Bestandteil der Kultur, also der tatsächlich "gelebten" Verfassung zu machen, ist ihre Aktivierung insbesondere durch Gestaltung der drei Dimensionen des Konfliktfeldes anzustreben. 3. Aufgaben des Wertsystems

Allgemeine Aufgabe einer so gestalteten Unternehmungsphilosophie ist es, als Richtschnur für das zielsetzende und zielerreichende Handeln in der Unternehmung zu dienen. Aus den in diesem Wertsystem festgelegten Prinzipien sollen also die ökonomischen Zielkonzeptionen mit ihren produkt-, erfolgs- und liquiditätsmäßigen Bestandteilen sowie die zu ihrer Erreichung "erlaubten" bzw. "gewünschten" Mittel und Verhaltensweisen abgeleitet werden. Das Wertsystem stellt gewissermaßen einen "Überbau" des Zielsystems dar, dessen Formulierung so allgemein gehalten ist, daß seine Langlebigkeit garantiert ist. Wegen der - nicht zuletzt durch personalpolitische Maßnahmen unterstützten - heuristischen Funktion reicht eine allgemeine Formulierung auch im Hinblick auf den Transformationsprozeß von metaökonomischen zu ökonomischen Kategorien aus. Die Unternehmungsphilosophie liefert so gesehen heuristische Prinzipien und Entscheidungsregeln, die zum einen jedem einzelnen Mitglied der Organisation beim Lösen seiner Probleme und der Selbstdeutung seiner Rolle helfen. Ein konsistentes Wertklima gibt den einzelnen Managern die Möglichkeit, sich ein klares Bild des von ihnen erwarteten Verhaltens zu machen. Ohne ein solches Wertsystem würde das Verhalten in verschiedene Richtungen auseinanderstreben. Bei einem Fehlen gemeinsamer Werte würde z. B. jede Führungskraft in der Unternehmungsspitze eigene Vorstellungen entwickeln, die - auf die ihnen unterstehenden Bereiche übertragen - zu divergierenden Aktionen führen müßten (vgl. Miner [Bridging 103]). Eine gemeinsame Unternehmungsphilosophie kann also neben dem heuristischen Effekt für jeden einzelnen zum anderen infolge ihrer Gültigkeit für alle Mitglieder zur Koordination der verschiedenen Teil-

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problemlösungen beitragen. Dies gilt auch und vor allem für außergewöhnliche Ereignisse in der Unternehmung. Mit Hilfe der Philosophie können "die durch reguläre oder irreguläre Ereignisse hervorgerufenen Vorstellungen, Gefühle und Willensimpulse im Hinblick auf die für die Belegschaft verbindlichen sozialen Ziele interpretiert werden. Die Werte wirken hierbei als Leitbilder, als Wegweiser für das Verhalten" (Fürstenberg [Betriebssoziologie 40]). Ein weiterer Effekt eines gemeinsamen Wertsystems ist eine starke Erhöhung der Flexibilität des ökonomischen Zielsystems. Unter einem weit gehaltenen und damit über lange Zeiträume unveränderlichen, nichtsdestotrotz aber für jeden verbindlichen und von jedem akzeptierten Wertsystem kann das darunter liegende ökonomische Zielsystem flüssig variiert werden, ohne daß das System Mitglieder verliert (vgl. Luhmann [Zweckbegriff 95 f.]). Je größer die Bindung an die Werte ist, desto höher ist die Flexibilität bei der Zielgestaltung. Nun ist natürlich mit der Konstruktion eines allgemein gehaltenen Wertsystems nicht gewährleistet, daß der Transformationsprozeß von der metaökonomischen auf die ökonomische Ebene glatt und reibungslos vonstatten geht. Im Verlauf dieses Prozesses treten genau wie sonst Konflikte auf, die dann allerdings keine eigentlichen Wertkonflikte sind, sondern Konflikte über die Wertanwendung, also im wesentlichen Fragen, die Zielkonflikte, Konflikte aus unterschiedlichem Informationsstand und unterschiedlicher Informationsverarbeitung betreffen. Für die Gestaltung dieser Probleme werden dann die speziellen Organisationsprinzipien maßgebend, die die Kanalisierung und Handhabung der Konflikte bestimmen und ihre produktive Nutzung ermöglichen. Die bisher beschriebenen Aufgaben des Wertsystems der Unternehmung erstreckten sich auf die Gestaltung interner Prozesse, die also nach außen nicht in Erscheinung treten und nur über ihre Ergebnisse u. U. in die Umwelt der Unternehmung wirken. Darüber hinaus ist es sinnvoll und notwendig, daß bestimmte Teile der Philosophie direkt der relevanten Umwelt präsentiert werden und sich dort z. B. in Form eines bestimmten "Image", eines "Rufs" der Unternehmung niederschlagen. Die Präsentation der relevanten Philosophiebereiche ist als eine wichtige Aufgabe für die Unternehmung anzusehen und gehört zu den Tätigkeitsbereichen von Abteilungen wie Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Sandig sieht den umfassenden Ruf der Unternehmung sogar als einen eigenständigen Produktionsfaktor an [Ruf]. Mit einem spezifischen Image der Unternehmung können die verschiedensten Subumweiten des Betriebes angesprochen werden. Für das Konflikt-Management interessant ist vor allem die Subumwelt Arbeitsmarkt. Aus allgemeiner Sicht weist Sandig auf die Bedeutung des Rufs für den Arbeits-

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markthin [Ruf 14 f.]. Hier kommt es darauf an, das Image des Betriebes so zu präsentieren, daß sich die entsprechenden potentiellen Mitarbeiter angesprochen fühlen. Für das Konflikt-Management dürften dabei im Durchschnitt solche Personen von besonderem Interesse sein, die wenn man einmal die Gegensatzpaare so formulieren will - weder eine rein "pragmatische" noch eine rein "intellektuelle" Wertorientierung haben, sondern eine Mischung aus beiden darstellen (vgl. in anderem Zusammenhang Fielden [People], der zum gleichen Ergebnis gelangt). Auf einen solchen Typ von Mitarbeiter könnte sich z. B. die Imageformulierung richten. Gelingt die Präsentation nach außen, dann kommt es zu einem Effekt, den Mayntz mit dem Begriff "selbstelektive Tendenz" bezeichnet hat [Organisation 120 ff.]. Damit ist gemeint, daß sich von den auf dem Arbeitsmarkt angesprochenen potentiellen Bewerbern nur diejenigen melden, die von dem Firmenimage angezogen werden. Dies ist besonders dann wichtig, wenn die Unternehmung nicht selber sehr aktiv und gezielt rekrutiert, sondern passiv rekrutiert, d. h. gewissermaßen auf Bewerbungen wartet. Daß deratige Überlegungen keineswegs hypothetischen Charakter tragen, sondern vielmehr handfeste Realität darstellen, zeigen die Veröffentlichungen der Wirtschaftspresse. So wird vom amerikanischen Arbeitsmarkt berichtet, daß die Unternehmungen von potentiellen Bewerbern in Abhängigkeit von der Konjunkturlage danach beurteilt werden, ob ihr Image mit dem Selbstbild und den Überzeugungen der Betreffenden übereinstimmt (vgl. [Stellen]). Daß diese Aussagen auch für deutsche Verhältnisse zutreffen zeigt beispielsweise die Tatsache, daß in praxisorientierten Zeitschriften Artikel erscheinen, in denen das Image verschiedener deutscher Firmen verglichen wird, mit dem Ziel, dem Leser als potentiellem Bewerber Hinweise für seine Bewerbungsentscheidung zu liefern (vgl. [Image]). Diese Beispiele zeigen die Bedeutung des nach außen in Form eines Image auftretenden betrieblichen Wertsystems. Mit seiner Hilfe können die personellen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Konflikt-Management verbessert werden, wenn es nämlich gelingt, z. B. innovationsfreundliche und problemlösungsorientierte Mitarbeiter zu gewinnen. Image allein wird dafür allerdings nicht ausreichen, besonders nicht bei Spitzenkräften (vgl. Mauehenheim [Image]). Es muß vielmehr eine Entsprechung von Image und tatsächlichen Verhältnissen angestrebt werden. Das nach außen vorgetragene Wertsystem darf also nicht nur vorgespiegelt sein, sondern muß im Innern der Unternehmung auch in einer dementsprechenden Kultur, also einem "gelebten" Wertsystem realisiert sein.

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C. Gestaltungsprobleme und Instrumente der Konflikthandhabung 4. Akzeptanz der Unternehmungsphilosophie

Damit das Wertsystem der Unternehmung in den Konfliktprozessen Wirkung erlangen kann, muß es von den Beteiligten anerkannt werden. Die in der Unternehmungsphilosophie verankerten Prinzipien haben Soll-Charakter. Sie können grundsätzlich nicht als wahr oder falsch erkannt und in irgendeiner Form "bewiesen" werden (vgl. Chmielewicz [Forschungskonzeptionen 53 ff.] und die dort angegebene Literatur). Eine Anerkennung der Unternehmungsphilosophie durch die Rollenträgereinheiten kann daher nur auf anderen Wegen als denen des Beweises erfolgen. Chmielewicz unterscheidet aus allgemeiner Sicht im Hinblick auf die intersubjektive Übernahme von Werten zwei spezifische Akzeptanzmechanismen, die auch für die hier zugrunde liegende Fragestellung herangezogen werden können: Dogmatische Akzeptanz und Wirkungsorientierte Akzeptanz [Forschungskonzeptionen 61 ff.]. Im Falle dogmatischer Akzeptanz wird ein Werturteil um seiner selbst willen von einem einzelnen oder einer Gruppe als für sich gültig akzeptiert. Insbesondere die möglichen negativen Wirkungen werden dabei vernachlässigt, die Akzeptanz erfolgt ohne Rücksicht darauf und wird insofern als dogmatisch bezeichnet. Das logische Gegenstück hierzu stellt die wirkungsorientierte Akzeptanz dar. Das wertende Individuum akzeptiert Wertungen aufgrund einer Wirkungsanalyse, in deren Verlauf verschiedene Werte gegeneinander abgewogen und somit in eine Rangfolge gebracht werden können. Daß dabei auch die Wirkungen bewertet werden müssen, sei angemerkt. Vergleicht man die beiden Azeptanzmechanismen, so steht außer Frage, daß es Aufgabe der Wissenschaft sein muß, zu Wirkungsanalysen beizutragen, um somit eine Wertentscheidung zu erleichtern. Eine andere Frage ist jedoch, welcher Akzeptanzmechanismus für praktische Zwecke am wirkungsvollsten ist. Um diese Frage zu erörtern, dürfte es zweckmäßig sein, vorher die Einteilung von Chmielewicz noch näher zu untersuchen. Chmielewicz geht bei seinem Einteilungsversuch klassifikatorisch vor, d. h. er bildet zwei Akzeptanzklassen. Damit wird der Eindruck erweckt, als ob hier alternative Mechanismen vorlägen, zwischen denen man zu wählen habe. Im Hinblick auf die Realität muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß die Akzeptanz von Werten wohl nicht nur innerhalb einer dieser beiden Mechanismen erfolgt, sondern daß vielmehr ein "Akzeptanzkontinuum" vorliegt, innerhalb dessen die wirkungsorientierte und dogmatische Akzeptanz nur zwei Punkte darstellen, evtl. die beiden Endpunkte. In der Realität sind vielfältige Mischformen denkbar, Wertsysteme können z. T. dogmatisch, z. T. wirkungsorientiert akzeptiert werden. Insofern dürften die beiden

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von Chmielewicz genannten Mechanismen mehr idealtypischen Charakter tragen. Vollständig wirkungsorientierte Akzeptanz ist in der Realität genauso ein Grenzfall wie vollständig dogmatische Akzeptanz. Dogmatische Akzeptanz zu fordern heißt, das Gefühl, die Emotion, die Gesinnung des Menschen anzusprechen. Wirkungsorientierte Akzeptanz zielt dagegen auf den Verstand, die ratio im Menschen ab. Es werden also mit den beiden Akzeptanzformen völlig verschiedene Bereiche der Persönlichkeit angesprochen und genausowenig wie ein Individuum nur aus Verstand resp. Gefühl besteht, ist einer der beiden Akzeptanzmechanismen in reiner Form denkbar. Stärker emotionell eingestellte Personen dürften mehr zu dogmatischer Akzeptanz neigen als stärker intellektuell eingestellte. Zwar ist die Wissenschaft aufgerufen, insbesondere im Bereich gesellschaftlicher Wertsysteme Wirkungsanalysen anzustellen, das heißt jedoch nicht, daß damit dogmatisch-emotionelle Akzeptanzen des einzelnen ausgeschaltet werden. Für weite Bereiche des Alltagslebens ist sogar die Funktionsfähigkeit weitgehend gerade durch mehr dogmatische Akzeptanzformen gewährleistet, indem nämlich der einzelne von Kindheit an durch Erziehung und Ausbildung bestimmte Werte verinnerlicht, die er dann seinen Handlungen unbewußt zugrunde legt, gerade ohne also jedesmal über die Wirkungen nachzudenken. Viele gesellschaftliche Normen erstrecken sich auch auf den ökonomischen Bereich und bilden den Hintergrund der von der Unternehmung selbst zu entwickelnden Philosophie. Soweit sie von den Mitgliedern bereits vor dem Eintritt in die Unternehmung internalisiert wurden, kann ihnen eine ganz erhebliche Bedeutung zukommen, die Anlaß zur Ideologiekritik sein kann (vgl. Schnelle [Entscheidung 45 ff.]). Auf den Bereich der Unternehmung angewendet, würde eine derartige Internalisation von Normen bedeuten, daß die Unternehmungsprozesse zum einen beschleunigt werden und daß zum anderen ein Koordinationseffekt auftritt, dadurch bedingt, daß alle Beteiligten von gleichen Normen ausgehen. Beide Effekte werden aus der Sicht der Unternehmung wohl eindeutig als ökonomischer Vorteil gewertet werden und insoweit würde die dogmatische Akzeptanz vorzuziehen sein. Eine ganz andere Frage ist, wie die dogmatische Akzeptanz vom Standpunkt der Ideologiekritik zu beurteilen wäre. Daß es zu einer solchen Akzeptanz kommen kann, wird klar, wenn man sich vor Augen führt, welcher Vorgang sich in dieser Hinsicht abspielt, wenn sich ein Bewerber für die Mitgliedschaft in einer bestimmten Unternehmung entscheidet. Er wählt diejenige Unternehmung, deren (vermutetes) Wertsystem am besten seinem Selbstbild entspricht. Dieser Wahlvorgang aber dürfte zu ganz wesentlichen Teilen unbewußt - d. h. ohne Kenntnis und Würdigung der Wirkungen- ablaufen und insoweit "dogmatisch" oder bes-

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ser emotionell gefärbt sein. Läuft der Prozeß so ab, dann wird mithin die Unternehmung gewählt, von der der Bewerber glaubt, daß sie am ehesten seiner spezifischen Persönlichkeit, seinem Selbstbild, entspricht, von der er sich am ehesten Selbstverwirklichung erhofft. Und hier zeigt sich ein eminent wichtiger Effekt des Wertsystems der Unternehmung. Insoweit es dazu dient, den Mitgliedern das Gefühl der Selbstverwirklichung zu geben, erreicht es genau das, worum sich viele Motivationsansätze bemühen: es wirkt motivierend, denn die in Maslows Dringlichkeitsordnung höchste Stufe wird mit ihm einer Befriedigung näher gebracht. Stimmt dieser hier beschriebene Zusammenhang, dann ergibt sich für die Unternehmung überspitzt formuliert folgende Hypothese: Je stärker über das Image der Unternehmung motivatorische Effekte ausgelöst werden, desto geringere Bemühungen müssen auf anderen Gebieten unternommen werden, z. B. könnte der Lohn als Anreizfaktor noch stärker in den Hintergrund treten, als dies ohnehin in den Motivationstheorien bereits der Fall ist. Das Gefühl, bei einer "imageträchtigen" Firma zu arbeiten, würde in diesen Fällen gewichtiges Stimulans sein. Es scheint, daß viele Betriebe diesen Zusammenhang bewußt oder unbewußt längst erkannt haben und ihn durch Imagepflege nutzen. Dies nicht nur im Außenverhältnis, sondern auch im Innenverhältnis. Nun reichen häufig das Wertsystem und das Image allein nicht aus, um eine Akzeptanz herbeizuführen oder um eine hinreichende Intensität der Akzeptanz zu gewährleisten. Für diese Fälle müssen spezielle Einrichtungen geschaffen werden, wie sie auch in vielen Unternehmungen in der einen oder anderen Form existieren. So ist bekannt, daß es hier eine ganze Reihe teils immaterieller Anreize wie bestimmte Statussymbole, Titel usw. gibt, die z. T. als Aufstiegssurrogate dienen (vgl. hierzu Fürstenberg [Betriebssoziologie 118 ff.]) und dem Individuum das Gefühl der Befriedigung von ego needs vermitteln. In diesen Fällen würden Unternehmungen Strebensrichtungen der wertmäßig-kulturellen Ebene nicht - wie sonst üblich - über materielle Anreize befriedigen, sondern sich hierfür direkt ein vorwiegend immaterielles wertmäßig-kulturelles Alternativenfeld schaffen. Reicht das Wertsystem allein zur Motivation nicht aus, werden also die Werte nicht "um ihrer selbst willen" oder wegen der damit erreichten Kongruenz von Unternehmungsirnage und Selbstbild verfolgt, so kommt es zum unterstützenden Einsatz dieser speziellen Instrumente. Neben den bisher geschilderten Akzeptanzmechanismen sind schließlich nicht zuletzt Trainings- und Ausbildungseinrichtungen normenrelevant. Auch über unternehmungsinterne oder von der Unternehmung extern durchgeführte Ausbildung kann eine Akzeptanz von Werten er-

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reicht werden. Soweit das Wertsystem der einzelnen nicht mit der Unternehmungsphilosophie übereinstimmt, kann also eine normative Reedukation stattfinden. Aus dieser Sicht kann auch das Sensitivity Training gesehen werden. Es beinhaltet neben der Beeinflussung von perzeptiven, kognitiven und emotionellen Komponenten der Persönlichkeit ganz eindeutig auch eine Beeinflussung des Wertsystems der Beteiligten. Nur daß sich diese normative Beeinflussung nicht auf irgendeine spezielle Unternehmungsphilosophie richtet, sondern ganz allgemeine Regeln für die Gestaltung intersubjektiver Beziehungen vermitteln will. Wie die Analyse des Sensitivity Training zeigte, laufen die Wertvorstellungen der Labormethode und des Konflikt-Management weitgehend parallel. Um eine Akzeptanz der allgemein konflikttechnologisch relevanten Bereiche der Unternehmungsphilosophie zu erreichen, erscheint diese spezifische Ausbildungstechnik sehr geeignet. Für andere Bereiche der Unternehmungsphilosophie müßten dagegen andere Ausbildungstechniken verwendet werden. Sind Wertsysteme erst einmal akzeptiert, so wird ihre Wirksamkeit und vor allem ihr Motivationseffekt noch durch gruppendynamische Prozesse verstärkt. Bei der Interaktion in der Gruppe vermittelt die für alle geltende Philosophie der Unternehmung dem einzelnen ein Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit. Man "weiß, wen man vor sich hat" und braucht bei auftretenden Sachdifferenzen kein Mißtrauen zu haben, daß etwa von dem Gegenüber die Wertbasis der Beziehung in Frage gestellt wird. Insofern dient der Konsens auf der Wertebene der Reduktion und Absorption von Unsicherheit und Mißtrauen und besitzt damit eine wertvolle Ausstrahlung auf die sachlich-intellektuelle und die sozio-emotionelle Ebene. Besondere Bedeutung wird für die Aktualisierung und Akzeptanz des Wertsystems im Verlauf des Unternehmungsprozesses dem einzelnen Konflikt-Manager zukommen. Er hat die Werte auf seine Mitarbeiter zu übertragen, ggf. "vorzuleben". Von seiner Persönlichkeit und seinem Verhalten wird es in starkem Maße abhängen, inwieweit das Wertsystem nicht nur bloße Verfassung, sondern gelebte Kultur der Organisation darstellt. Daraus folgt, daß der Wertbezug Bestandteil des Führungsstils werden muß. Erst wenn neben die Aufgabenorientierung der sachlich-intellektuellen Ebene und der Personenorientierung der sozio-emotionellen Ebene auch noch die Wertorientierung der wertmäßig-kulturellen Ebene tritt, ist ein Führungsstil i. S. des KonfliktManagement vollständig. Auch für allgemeine Überlegungen zur Problematik von Führungsstilen, die sich bisher auf die Sach- und/oder Personenebene konzentrierten, dürfte die Berücksichtigung dieser dritten Dimension von Nutzen sein. 12 Krüger

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Unter diesen Umständen entsteht ein Gefühl der Gemeinsamkeit, des gegenseitigen Vertrauens und der Solidarität, dessen produktive Wirkungen ins Gewicht fallen. In anderem Zusammenhang betont z. B. Popitz die produktive Überlegenheit solidarischer Gruppen [Machtbildung 19 ff.]. Eine starke Akzeptanz auf der Wertebene kompensiert mithin die schwächere Akzeptanz auf der Sachebene und ermöglicht zugleich über eine sozio-emotionelle Klimaverbesserung, daß die sachlichen Divergenzen besser genutzt werden können. Es werden Konfliktkapazitäten freigesetzt, die der Sachebene und damit der ökonomischen Zielerreichung und Zielverbesserung zugute kommen. 5. Veränderung der Unternehmungsphilosophie

Trotz der langen Gültigkeit allgemeiner Unternehmungsprinzipien sind auch sie von der Notwendigkeit des Wandels nicht frei. Es werden - wenn auch in größeren Zeitabständen - Korrekturen und Revisionen der Unternehmungsphilosophie vorzunehmen sein. Dies wird um so häufiger notwendig werden, desto detaillierter und präziser die einzelnen Normen formuliert sind. Auch im Bereich der Wertebene müssen also Innovationen stattfinden. Notwendigkeiten, das Wertsystem zu ändern, können aus den internen Unternehmungsprozessen sowie aus Änderungen in der Zusammensetzung der Unternehmungsträger heraus entstehen, oder aber durch Änderungen gesellschaftlicher Normen extern induziert werden. Für den Fall der Anpassung an externe Änderungen wird es schwer sein anzugeben, wann eine Unternehmung ein "angepaßtes" Wertsystem besitzt. Einfacher kann die Feststellung sein, daß es nicht angepaßt ist (vgl. Press!Arian [Introduction 12]). Häufig werden Wertänderungen im Zuge tiefergehender Änderungsprozesse der Unternehmungsorganisation notwendig sein. Miner weist darauf hin, daß der Widerstand gegen betriebliche Neuerungen häufig daraus resultiert, daß die Änderungen mit existierenden Wertsystemen kollidieren [Bridging 107]. Ein grundlegender Wandel in der Unternehmung muß daher immer auch die wertmäßig-kulturelle Ebene mit in Betracht ziehen, ein Tatbestand, der aus Interdependenzenüberlegungen heraus in keiner Weise überrascht, der aber in der Praxis häufig übersehen wird. Weitreichende Änderungen auf der Sach- und/oder Personenebene müssen also immer auf ihre Verträglichkeit mit eventuell vorhandenen Wertsystemen überprüft werden. Sind Kollisionen feststellbar, muß ein Wandel auch in den relevanten Bereichen der Unternehmungsphilosophie vorgenommen werden, was eine Reedukation mit sich bringen kann. In ähnlicher Weise sieht auch Argyris interper-

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sonelle Barrieren, die einer innovierenden Entscheidungsfindung entgegenstehen, im wesentlichen als durch Wertantinomien verursacht an [Barriers]. Im Hinblick auf die Veränderung von Wertsystemen dürfte nun eine vorwiegend dogmatische Akzeptanz eher hinderlich sein. Um dogmatisch orientierte Personen zu einer Korrektur ihrer Haltung zu bewegen, bedarf es wohl unzweideutig wesentlich intensiverer Bemühungen als das bei wirkungsorientierter Akzeptanz der Fall ist. Die für die laufenden Prozesse als Vorteil auftretende enge Bindung der Person an die Norm erweist sich bei Kurskorrekturen als Nachteil, sie erschwert das "unfreezing" der Einstellungen. Eine wirkungsorientierte Akzeptanz wäre hier eindeutig vorzuziehen. Da eine Revision des Wertsystems als Folge sich ändernder Wirkungsbündel auftritt, ist sie dem wirkungsorientierten Individuum auch ohne größere Überwindungswiderstände einsichtig. Wirkungsakzeptanz fördert also die Flexibilität des Normensystems und die Anpassung an eine sich wandelnde Umwelt (vgl. auch Chmielewicz [Forschungskonzeptionen 62]), wogegen dogmatische Akzeptanz das Wertsystem immobilisiert. Es liegt hier also ein Zielkonflikt vor zwischen Schnelligkeit und Koordination der Unternehmungsprozesse einerseits sowie Wandel und Anpassung andererseits. Sind relevante Gegensätzlichkeiten zwischen herrschender Unternehmungsphilosophie und den Umwelterwartungen vorhanden, so existiert latent oder manifest ein W ertkonflikt, für den die in bezug auf die anderen Ebenen des Konfliktfeldes getroffenen Wirkungsanalysen in gleicher Weise gelten, d. h. er kann produktiv oder unproduktiv wirken und muß einer bewußtmachenden und problemlösenden Handhabung zugeführt werden. Für die Lösung des Zielkonflikts zwischen Flexibilität und Schnelligkeit gibt es in der Literatur keine Hinweise. Vorstellbar erscheinen zumindest zwei mögliche Richtungen, in die eine Lösung steuern könnte. Zum einen könnte man versuchen, einen Mittelweg zwischen dogmatischer und wirkungsorientierter Akzeptanz anzustreben. Es wäre sozusagen eine "Akzeptanz mit halbem Herzen", bei der man zwar die Vorteile nicht voll ausschöpfen könnte, bei der aber auch die Nachteile nicht allzu schwer ins Gewicht fielen. Es ergäbe sich hier eine Parallelität zu der "optimalen Akzeptanz" von Zielen und Aufgaben auf der Sachebene, mit dem allerdings wesentlichen Unterschied, daß wohl in jedem Fall die Akzeptanzintensität auf der Wertebene höher sein kann als auf der Sachebene, da die Umweltänderungen im Wertbereich langsamer vor sich gehen. Zum anderen ist es denkbar, daß man statt dieser Kompromißlösung versucht, zeitlich wechselnde Dominanzen anzustreben. Ein solches 12*

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Vorgehen wäre ähnlich der im organisatorischen Bereich erörterten "sequentiellen Organisation". Man könnte hier von "sequentieller Akzeptanz" sprechen. Für einen bestimmten Zeitabschnitt würde man also seitens des Betriebes versuchen, mehr dogmatische Akzeptanz zu erreichen, um die Vorteile voll nutzen zu können. Der Unternehmungsprozeß würde dann jedoch ergänzt oder unterbrochen durch Phasen, in denen das bestehende Wertsystem in Frage gestellt und einer Wirkungsanalyse unterzogen wird. Wie ein derartiges Infragestellen im einzelnen zu institutionalisieren wäre, ist allerdings gegenwärtig völlig offen. Denkbar ist, daß z. T. ähnliche Mechanismen zur Anwendung kommen, wie bei der Gestaltung der anderen Ebenen diskutiert. Gleichfalls offen ist beim derzeitigen Erkenntnisstand die Frage, welche der beiden Möglichkeiten, den Zielkonflikt zu lösen, die größeren Realisationschancen hat. Die Lösung dieser Fragen muß als Zukunftsaufgabe angesehen werden, eine Aufgabe, die in formal gleicher Weise auch im gesamtgesellschaftlichen Bereich von großer Bedeutung sein dürfte, wo sich eine Art sequentieller Akzeptanz in dem Wechsel von Vertrauensvotum des Wählers für die Regierungsperiode und Infragestellen im Wahlkampf ausdrückt.

D. Ergebnis der Untersuchung Im folgenden sollen die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung zusammengefaßt dargestellt werden. Ausgehend von einer weiten Definition des Konfliktbegriffs zeigte es sich, daß man Unternehmungen zu weiten Teilen als Spannungssysteme begreifen kann und muß. Konflikte als latente oder manifeste Spannungsbeziehungen treten in der Unternehmung permanent auf. Diese Permanenz des Konflikts wird bedingt durch seine generellen Ursachen, die in der Realität nicht vollständig beseitigt werden können. Demzufolge ist festzuhalten, daß Konflikte in der Unternehmung nicht "lösbar" sind i. S. einer "endgültigen" Beseitigung ihrer "letzten" Ursachen. Das Konflikt-Management hat sie vielmehr in ihrer Aktivitäsund Meldefunktion zu begreifen und muß versuchen, diese Effekte durch entsprechende Handhabung und Instrumentierung in die gewünschten Bahnen zu lenken. Von großer praktischer Bedeutung sind dabei Wandel, Innovation und Anpassung als Ziele des Konflikt-Management. Im Hinblick auf diese Ziele ist in Unternehmungen nicht Konfliktminimierung zu betreiben, sondern es ist ein bestimmtes Ausmaß an Konflikt als optimal anzusehen. Dieses Konfliktoptimum muß im Wege einer handhabungs-, dimensions- und bereichsorientierten Feinsteuerung angestrebt werden. Herausragende Bedeutung kommt dabei dem dimensionalen Aspekt des Konfliktgeschehens zu. Ausgangspunkt der dimensionalen Steuerung ist die Tatsache, daß jeder Konfliktbereich in der Unternehmung, sei es der Individual- oder Intragruppenbereich, der Intergruppen- oder Unternehmung-Umwelt-Bereich nur über eine begrenzte Kapazität, Konflikte zu handhaben, verfügt. Es kommt also darauf an, gegebene Konfliktkapazitäten auf diejenigen Probleme zu konzentrieren, die von ökonomischem Interesse sind, resp. vorhandene Konfliktkapazitäten zu erhöhen. Da sich die ökonomisch interessanten Wirkungen auf der sachlich-intellektuellen Ebene des Geschehens, der die ökonomischen Ziele angehören, abspielen, muß versucht werden, daß hier die Konflikte ausgetragen werden, wogegen auf den anderen Ebenen im Vergleich dazu Ruhe herrschen muß. Dies bedeutet vor allem, daß im Rahmen des Konflikt-Management Vertrauen in die Beziehungen auf der sozio-emotionellen Ebene hineingebracht werden muß und

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D. Ergebnis der Untersuchung

daß eine "Einigkeit im Konflikt" auf der wertmäßig-kulturellen Ebene des Geschehens anzustreben ist. Bei der Realisation des Konfliktoptimums kommt jedem einzelnen Manager die Rolle eines "Konfliktagenten" zu. Um dieser Rolle gerecht zu werden, sind in erster Linie problemlösungsorientierte und bewußtmachende, nicht jedoch forcierende und überspielende, unterdrückende und umgehende Handhabungsformen anzuwenden. Um die Anwendung dieser Handhabungsformen zu begünstigen und damit den optimalen Konflikt herzustellen, sind zunächst geeignete Organisationsformen zu entwickeln, die Konflikte in der Unternehmung nicht - wie in der herkömmlichen Stab-Linien-Organisation weitgehend unterdrücken, sondern sie im Gegenteil institutionalisieren und ihre konstruktive Handhabung erleichtern. Divisionalisierte und matrixorientierte Organisationsformen, ergänzt durch je nach Bedarf integrierte Projekt-, Beschwerde- und Vorschlagssysteme, bieten Ansatzpunkte hierfür. Es zeigt sich dabei, daß nicht höchstmögliche Akzeptanz von Aufgaben und Zielen erstrebenswert ist, sondern daß nur kritische Distanz und mittlere Akzeptanz die Ziele des Konflikt-Management fördert. Als eine interessante und bisher weitgehend unbeachtete Organisationsvariante wurde die hier als sequentielle Organisation bezeichnete Vorgehensweise geschildert. Dabei geht es im Kern darum, eine iterative Abfolge von problemlösungsorientierten Phasen und lösungsdurchsetzungs- und -ausführungsorientierten Phasen organisatorisch zu verankern. Lockere Teamorganisation i. S. eines die ganze Unternehmung oder doch weite Bereiche umfassenden Brainstorming wechselt ab mit straffen, auf schnelle Aufgabenerfüllung gerichteten Beziehungen. Diese auf die sachlich-intellektuelle Dimension gerichteten Gestaltungsinstrumente müssen ergänzt werden durch Maßnahmen, die eine Optimierung der sozio-emotionellen Dimension herbeiführen sollen. Hierfür wurden das Sensitivity Training und spezielle Konfrontationstechniken beschrieben und analysiert, die im wesentlichen darauf abzielen, die Problem- und Konfliktsensibilität der einzelnen Aufgabenträger zu erhöhen und eine Verbreiterung der Vertrauensbasis herbeizuführen. Schließlich und nicht zuletzt erwies sich die wertmäßig-kulturelle Ebene als höchst bedeutungsvoll für die Ziele des Konflikt-Management. Über diese Dimension müssen konfliktrelevante Werthaltungen gefördert werden. Insbesondere muß angestrebt werden, daß Konflikte von den Beteiligten als unternehmungsimmanente Tatbestände anerkannt und in ihren produktiven Bezügen gesehen werden. Sachlich konstruktive Konflikthandhabung wird durch eine gemeinsame Unter-

D. Ergebnis der Untersuchung

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nehmungsphilosophie gefördert. Dabei ist die Unternehmungsphilosophie nicht i. S. eines Harmoniedenkens zu gestalten, sondern es ist vielmehr eine "Einigkeit im Konflikt" anzustreben. Je größer diese Art der wertmäßig-kulturellen Gemeinsamkeit, desto höher das Niveau des möglichen Konflikts und desto größer die Chance produktiver Konfliktaustragung. Hinzuweisen bleibt auf einige offene Fragen der Konfliktforschung. Für die Grundlagen des Konflikt-Management wäre vor allem eine weitergehende Verfeinerung der dort begonnenen Wirkungsanalysen wünschenswert. Im Verlauf der Verfolgung dieser Fragen, die nicht zuletzt auf eine stärkere Fundierung der Determinantenprofile und der Wirkungsanalysen der Handhabungsformen hinwirken müßte, werden sich empirische Untersuchungen als unumgänglich erweisen. Sicherlich wäre auch das Vorstellungsmodell des Spannungssystems Unternehnung noch weiter zu entwickeln, wobei dem Umweltbereich besondere Aufmerksamkeit zu widmen wäre. Vor allem auf der Basis einer derart verbesserten und empirisch möglichst fundierten Konflikttheorie ließe sich die Konflikttechnologie weiterentwickeln. Auf der vergrößerten Kenntnis der Wirkungsmechanismen des Konflikts könnte eine Verbesserung und Verfeinerung sowie integrative Verknüpfung der Gestaltungsinstrumente, die hier nur im Überblick analysiert werden konnten, aufbauen. Als eine der am wichtigsten erscheinenden Fragen der Konflikttechnologie ergibt sich das Problem der Interdependenzen zwischen den hier gedanklich isolierten Dimensionen des Konfliktgeschehens. Hier wiederum ist das Problem der Unternehmungsphilosophie als Kernproblem der wertmäßig-kulturellen Ebene zu nennen. Die Mechanismen und Prozesse der Wertbildung und -veränderung und ihre Wirkungen auf das Unternehmungsgeschehen dürften auch in Zukunft Interesse verdienen, dies ganz besonders im Hinblick auf eine stärkere Berücksichtigung und Befriedigung von ego needs in der Unternehmung. Diese Forschungen müssen nach Ansicht des Verfassers in stärkerem Umfang als bisher problemorientiert ausgerichtet sein. Nicht zuletzt darin kann sich eine Weiterentwicklung der Disziplin erreichen lassen, die zu einer Verringerung oder gar Überwindung der häufig beklagten Kluft zwischen "Theorie und Praxis" beitragen müßte.

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