Grundlagen »Gemeinsamer Sicherheit« im Weltraum nach universellem Völkerrecht: Der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums im Lichte des völkerrechtlichen Strukturprinzips vom »Gemeinsamen Erbe der Menschheit« [1 ed.] 9783428511464, 9783428111466

Detlev Wolter untersucht in der vorliegenden interdisziplinären Arbeit die völkerrechtlichen Grundlagen für die Anwendun

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German Pages 586 [587] Year 2003

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Grundlagen »Gemeinsamer Sicherheit« im Weltraum nach universellem Völkerrecht: Der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums im Lichte des völkerrechtlichen Strukturprinzips vom »Gemeinsamen Erbe der Menschheit« [1 ed.]
 9783428511464, 9783428111466

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DETLEV WOLTER

Grundlagen "Gemeinsamer Sicherheit" im Weltraum nach universellem Völkerrecht

Schriften zum Völkerrecht

Band 148

Grundlagen "Gemeinsamer Sicherheit" im Weltraum nach universellem Völkerrecht Der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums im Lichte des völkerrechtlichen Strukturprinzips vom "Gemeinsamen Erbe der Menschheit"

Von

Detlev Woher

Duncker & Humblot . Berlin

Die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 3-428-11l46-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Für Laura-Nastassja

Vorwort Die dieser Arbeit zu Grunde liegende Idee, die völkerrechtlichen Grundlagen einer kooperativen Sicherheitsordnung für den hoheitsfreien Gemeinschaftsraum des Weltraums zu beleuchten, entstand bereits während meines interdisziplinären Studiums der Internationalen Beziehungen an der Columbia University in New York und zweier Praktika bei den Vereinten Nationen in den Jahre 1983-1985. Unmittelbarer Anlass war die SOl-Rede Präsident Reagans, mit der erstmals die Frage einer aktiven Bewaffnung des Weltraums und damit die Notwendigkeit einer kooperativen Einhegung einer solchen Entwicklung auf die Tagesordnung der internationalen Politik karnen. Die nachfolgende Überwindung des Kalten Krieges und die vorübergehende Zurückstellung aktiver Bewaffnungspläne des Weltraums schienen diese Notwendigkeit in den Hintergrund zu rücken. Mit der Wiederbelebung und jetzigen Forcierung der US-amerikanischen Pläne einer weltraumgestützten Raketenabwehr einerseits und der zunehmenden Verbreitung von Massenvernichtungswaffen andererseits tritt die Notwendigkeit einer völkerrechtlich fundierten sicherheitspolitischen Antwort auf die neue Herausforderung der internationalen Gemeinschaft erneut in den Vordergrund. Die schrecklichen Terroranschläge des 11. September bestärkten meine Überzeugung, dass die internationale Gemeinschaft den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen nur durch eine kooperative Sicherheitsordnung wirksam begegnen können wird. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zu einer interdisziplinären Grundlegung einer Ordnung Gemeinsamer Sicherheit der internationalen Gemeinschaft für den Weltraum leisten, mit der die friedensstiftende Kraft des Völkerrechts für eine post-hegemoniale Epoche unterstrichen würde. Der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin bin ich für die Annahme der Arbeit als rechtswissenschaftliche Dissertation im Wintersemester 2002/2003 dankbar. Nur dank der nachhaltigen Ermutigung, Unterstützung und kritischen Begleitung durch meinen Doktorvater, Prof. Dr. Christian Tomuschat, ist diese Arbeit möglich geworden. Ebenso bin ich Prof. Dr. Gerd Seidel für die zügige Zweitkorrektur zu großem Dank verpflichtet. Danken möchte ich außerdem Kollegen und Freunden, die das Manuskript mit zahlreichen Anregungen und konstruktiver Kritik bedacht haben, vor allem Dr. Rüdiger Reyels, Dr. Ekkehard Lübkemeier, HansJoachim Daerr, Nikolai von Schoepff, Christoph Anton, Heiner Horsten, Dr. Bernd Kubbig, Dr. Jürgen Scheffran, Dr. Götz Neuneck und Dr. Randy

Vorwort

8

Rydell. Die Arbeit gibt allerdings in allen Teilen ausschließlich meine persönliche Auffassung zum Forschungsgegenstand wieder. Ohne die freundschaftlichen Ratschläge und Ermutigungen meines Kollegen und Freundes Dr. Thietmar Bachmann hätte ich die zeitliche und konditionelle Belastung neben meinen beruflichen Pflichten nicht erfolgreich bewältigen können. Frau Heiduk und ihren Kolleginnen und Kollegen von der Bibliothek des Auswärtigen Amtes sowie der Dokumentenstelle der DGAP in Berlin und dem Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg danke ich für tatkräftige bibliographische Unterstützung. Dr. Florian Simon danke ich für die Aufnahme der Arbeit in der Schriftenreihe zum Völkerrecht. Das Buch ist meiner neunjährigen Tochter gewidmet. Meine Hoffnung ist, mit der Arbeit einen Beitrag zu leisten, dass die heutige Generation den nachwachsenden Generationen einen friedlichen und unbewaffneten Weltraum "vererbt". Berlin, im Juni 2003

Detlev Wolter

Inhaltsübersicht A.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

25

B.

Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus der Weltraummächte über den Weltraum ........ . ......... . . . .. . ...... .. . 38

C.

Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit (CHOM-Prinzip)" als allgemeines Strukturprinzip im Weltraumrecht ................ 167

D.

Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums als Strukturelement des weltraumrechtlichen CHOM-Prinzips und die Verwirklichung des Menschheitsinteresses im Sicherheitsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

E.

Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots der friedlichen Nutzung des Weltraums de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

F.

Ergebnis und Schlussbetrachtung .... .. ..... . ....... . .... . ........ . .. 523

Anlage . . .. ... .. . . ..... . ....... . ...... . . ...... .. . . ... .. ........... ..... 531 Rechtsprechungsverzeichnis ............. .. ..... . . . ..... . ................ 538 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 Stichwortverzeichnis ........ . ........... . ........ . ..................... . 582

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung

25

I.

Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 25

11.

Methodischer Ansatz und Gang der Darstellung ... .... .... ... .. .. .. 32

B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus der Weltraummächte über den Weltraum I.

38

Entstehungsgeschichte des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums .. . ... .. . .... .. ... . . . .. .. ... .. ... .. .... . .. .. .... . ... . .. 38 1. Die Weltraummächte verpflichten sich, den Weltraum im Interesse der Menschheit zu "friedlichen Zwecken" zu nutzen . .. . ... . ....... .. ...

38

a) Der Beginn des Weltraumzeitalters geht mit den Bekundungen der Weltraummächte einher, den Weltraum nur zu friedlichen Zwecken im Interesse der ganzen Menschheit zu nutzen und vom Wettrüsten freizuhalten .... . .... . ... . ................................. . . 38 b) Die Schaffung des "Ausschusses der Vereinten Nationen für die friedliche Nutzung des Weltraums" im Jahre 1958 und die Weltraum-Rechtsgrundsätze-Erklärung der VN-Generalversammlung von 1963 .......... . .... . ............. . ............. . .... . ..

42

c) Erste begrenzte Demilitarisierungserfolge betreffend den Weltraum im Jahre 1963 und weitere multilaterale Bemühungen um ein Verbot der Stationierung von Waffen im Weltraum . .. ........ . ..

47

2. Der Weltraumvertrag als "Magna Charta" der Weltraumordnung und die Überordnung des Allgemeinwohlinteresses der internationalen Gemeinschaft über einzelstaatliche Partikularinteressen im Sicherheitsbereich . .... . .... . .... . ........ . .... . .... . ... .. ........ . .......

51

3. Gesamtwürdigung der Entstehungsgeschichte des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums als Maßstab zur Beschränkung der Rüstung im Weltraum und der militärischen Hegemonialstellung der Weltraummächte . .. ....... .. .............. . ..... . ............. . . 56 4. Zwischenergebnis: Spannungsverhältnis zwischen Menschheitsinteresse und einzelstaatlicher Weltraumfreiheit im Sicherheitsbereich . . . .. . . ..

11.

Die internationale Gemeinschaft akzeptiert nolens volens passive, nicht-zerstörerische militärische Nutzungen des Weltraums durch die

60

Inhaltsverzeichnis

12

Weltraummächte, aber keine darüber hinausgehenden aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Qualität . .. .. . . . ... . . . . . . . . . . . . . . 64

1. Der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums in der Praxis bis Anfang der achtziger Jahre: Hinnahme passiver nicht-zerstörerischer militärischer Nutzungen mittels Reconnaissance-. Navigations- und Friihwarnsatelliten .. ....... . ... . . .. ... . ... .. .. .. .... . .. .. ... .... 64 a) Die Unterscheidung zwischen passiven, nicht-zerstörerischen militärischen Nutzungen des Weltraums und aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Qualität ................. . ......... . ... . 64 b) Die Definition aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Qualität . ... ... . . . .. . .. .. . ... .. . ....... .. . . .. . . 71 c) Die Einordnung bisheriger und geplanter Weltraumnutzungen nach dem Kriterium aktiver, zerstörerischer militärischer Nutzungen des Weltraums ...... . ... . .. . ..... . ... . ... . ... . .................. 75 aa) Bisherige militärische Nutzungen .. . .. . .............. . .... 75 (1) Bisherige militärische Nutzungen des Weltraums sind passiver, nicht-zerstörerischer Art .. ........... .. .. . . . . 75 (2) Friihe ASAT- und ABM-Systeme sind nicht-weltraumgestützt ......... . ...... . .......... . ..................

76

bb) Neuartige in der Entwicklung oder Erprobung befindliche aktive militärische Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Qualität .. . .. . ...... .. ............. . .. . ... .. ...... 78 (1) Laser-

und Teilchenstrahlenwaffen (Directed Energy Weapons) .... . ... . ... . ...... . ............. . ... . ... . 79

(2) Radiofrequenzwaffen ............................... . 81 (3) Kinetische oder Projektilwaffen (Impact Weapons. KEW)

81

(4) Sensor-Satelliten . .. . .. .. .... .. ...... .. . ... ...... . ... 83 2. An der Schwelle zur Bewaffnung des Weltraums: Die Pläne zur Stationierung weltraumgestützter Waffensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

84

a) Mahans Erbe und die militärische Bedeutung der Kontrolle über den Weltraum ...... . ... . ...... . .......... . .. . ... . ........... 84 b) Sowjetische Programme zur Entwicklung aktiver zerstörerischer Weltraumfahigkeiten und deren potenzielle Aufrechterhaltung durch Russland für den Fall einer beginnenden Bewaffnung des Weltraums .. . .......... . ................. . .. . ............... 89 c) Die SDI-Rede Präsident Reagans am 23. März 1983 und die forcierte Erprobung "exotischer" Weltraumwaffen ... . .. .. .......... 93 d) Neuorientierung von SDI Anfang der neunziger Jahre unter Präsident Bush, Haushaltszwänge, technologische Rückschläge und riistungskontrollpolitische Skrupel der Clinton-Administration . . . ..

95

e) Der zögernde Beginn der Realisierung eines eingeschränkten, im Rahmen des ABM- Vertrages verbleibenden NMD-Systems unter der zweiten Clinton-Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 98

Inhaltsverzeichnis Die Forcierung und mögliche Ausweitung des NMD-Systems sowie die weiterreichenden Pläne der Administration von George W. Bush junior für eine Bewaffnung des Weltraums . .. . .... .. .. .... g) ,,space Sovereignty": Abkehr vom hoheitsfreien Status des Weltraums? . .. ....... ... .. . . . .. . ........... . ..... . . . ... . ........ h) Die Haltung der Europäer, Kanadas und Japans gegenüber SDI und NMD ........ .. .. ... ... .. .................................. i) Chinas militärisches Weltraumprogramm und weitere potenzielle Weltraummilitärrnächte ... . ... . ..... . .... . ....... .. .... . .... . . 3. Ergebnis . . . .. ....... . ......... . ............ .. ......... . . .. .... .

13

f)

III. Die internationale Gemeinschaft reagiert auf die drohende Bewaffnung des Weltraums und fordert dringend multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Forderungen der Vereinten Nationen nach multilateralen Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum seit 1978 ... . a) Die Sondersitzung der VN-Generalversammlung 1978 zu Abrüstungsfragen, die Einrichtung der multilateralen Abrüstungskonferenz in Genf (CD) und die Behandlung der Weltraumrüstung im VN-Weltraumausschuss ... . .... . .... . ........ . ... . .......... . . b) Die erste Resolution der VN-Generalversammlung 36/97 vom 9. 12. 1981 zu dem Tagesordnungspunkt "Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum (Prevention of an Anns Race in Outer Space, PAROS)" und die Zweite Konferenz der Vereinten Nationen über die friedliche Erforschung und Nutzung des Weltraums (UNISPACE 11) 1982 .................. .. .................... 2. Die Behandlung der Weltraumfrage in der Genfer Abrüstungskonferenz (Conference on Disannament, CD) . ... ... .. . . .. .. . . ..... ... .. ..... a) Arbeitsweise und Mandat des einzigen universellen Verhandlungsforums zu Abrüstungsfragen ........ . .. .. .... . ...... .. ..... . .. b) Die Beratungen des Ad-hoc-Ausschusses der Genfer Abrüstungskonferenz zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum (PAROS-Ad hoc-Ausschuss) von 1985-1994 ... . .... ... . . ..... .. aa) Lange Jahre bis zur Einrichtung des Ad-hoc-Ausschusses der CD zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum . . . . . . . . bb) Die Haltung der Europäer ..... .. ......................... cc) Die Entwicklung der sowjetischen Position, die einseitige Verpflichtung der UdSSR, keine Anti-Satelliten-Waffen in den Weltraum zu bringen, und die heutige russische Haltung .. .. . dd) Die inhaltliche Arbeit des Ad-hoc-Ausschusses zu PAROS von 1985 bis 1994 und die Substanziierung eines Norrnierungsanspruchs zur Aushandlung eines Abkommens über die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum . . . . . . . . . . . . . .. c) Die seit 1998 andauernde Blockade der multilateralen Abrüstungsverhandlungen . . .................. . .. ... .......... . . ... ... .. .

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121

124 127 127 129 129 132 134

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Inhaltsverzeichnis aa) Seit 1998 an Stelle von Sach- nur noch Mandatsverhandlungen bb) Rechtliche Würdigung des Verhandlungsstillstandes .. .. ... . . d) Ein neuer multilateraler Versuch ..... . .. . .... .. .... . ...... ... . . e) Deb1ockade? ............ . .................. . .... . ........... 3. Der normative Gehalt der Forderung der internationalen Gemeinschaft nach multilateralen Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und die Haltung der USA ........................ . . .. 4. Ausbau der friedlichen Zusammenarbeit bei der Nutzung des Weltraums als Gegengewicht gegen ein Wettrüsten im Weltraum und UNI-

139 152 155 155 157

SPACE III ... . ....... .. ............ .. .......... . . . .. . .......... 160 5. Rechtswahrende Wirkung der ablehnenden Reaktionen der internationalen Gemeinschaft gegenüber der Stationierung zerstörerischer weltraumgestützter Waffensysteme .... . .... . .... . ... .. ....... . ..... . .. 161

IV. Fazit und weitere Fragestellung ............. . ...................... 164

c. I.

Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit (CHOM-Prinzip)" als allgemeines Strukturprinzip im Weltraumrecht

167

Bisherige Einordnung . .... . ........ . .... . ... . ... . ........... . .. . . . 167 1. Entstehungsgeschichte ............................... . ........... a) Res communis als begrenztes Vorläuferkonzept .. . ....... . . .. .. . . b) Einführung des Grundsatzes im Weltraumrecht und Anwendung auf den Weltraum per se . .... .. . . .. .. .. . ... . ... ... ...... ... . ..... 2. Kernelemente und Rechtsnatur des CHOM-Grundsatzes im Weltraumrecht ............ . ............. . ......... . .................. . .. a) Kernelemente .. . .... .. .. . .... . .... . ....... . ..... . ...... .. .. . aa) Absolutes Aneignungsverbot ............................. bb) Nutzung zum Wohle der Menschheit und gerechte Verteilung der Erlöse unter besonderer Berücksichtigung der Interessen der Entwicklungsländer ....... . .............. . ......... . . cc) Friedliche Nutzung .. .. ... . ....................... .. ..... dd) Umweltschutz: Bewahrung des Erbes für künftige Generationen ee) Kooperations- und Konsultationsgebot sowie Informationspflichten gegenüber anderen Staaten und den Vereinten Nationen .,. b) Rechtsnatur . ....... . ... .. ....... .. .. .. ...................... aa) Völkervertragsrecht und erga omnes-Wirkung des CHOMGrundsatzes ... . ............. . ......... . ... .. ........ . .. bb) Völkergewohnheitsrecht . .. ........... .. ........... ... ... cc) Allgemeine Rechtsgrundsätze ............................. dd) Ius cogens und "public interest norms" .......... . .. . ...... ee) Fazit ....... .. . . ......... .. .. .. .. . ... ... ... .. .. . .... ...

167 167 169 177 177 177 179 183 187 189 193 193 198 203 206 208

Inhaltsverzeichnis

15

3. Weltraumrechtliche Gemeinwoh1- und Menschheitsklausel ........... 209 4. Ergebnis ....................................................... 215

11.

Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip des Weltraumrechts ...... .. .................................................... 215 1. Begriffsbestimmung und Funktion der Strukturanalyse im Völkerrecht. 2. Herleitung des CHOM-Grundsatzes als Strukturprinzip des Weltraumrechts .......................................................... a) Ausgangslage ............................................... b) Struktureller Wandel des internationalen Systems und Völkerrecht .. c) Strukturwandel des Völkerrechts und Entstehung des CHOMGrundsatzes ........................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Herausbildung von Allgemeinwohlinteressen .. .. ....... bb) Strukturwandel, völkerrechtliche Solidaritätspflicht und CHOM cc) Strukturwandel, Umweltvölkerrecht und die Rechte künftiger Generationen nach dem CHOM-Grundsatz ................. dd) Strukturwandel und CHOM als "Menschheitsrecht" der dritten Generation ..... ................ .... .. .... ......... .. .. . d) Strukturwandel des Völkerrechts und Norrnentstehungsprozess des CHOM-Grundsatzes .......................................... e) Auswirkung des Strukturwandels im Völkerrecht auf das neu entstehende Weltraumrecht und Einstufung des CHOM-Prinzips als materiales Strukturprinzip des Weltraumrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einordnung des Strukturprinzips als allgemeiner Rechtsgrundsatz ..... 4. Schlussfolgerung: Bedeutung des materialen Strukturprinzips für Auslegung, Anwendung, Durchsetzung und spezifizierende Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums ........

215 224 224 226 232 232 235 240 242 243

249 254

256

111. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" im Weltraum ... .................................. .. .... .. ... 258 1. 2. 3. 4.

"Gemeinsame Sicherheit" und Völkerrecht ......................... Die Strukturelemente "Gemeinsamer Sicherheit" ................... . Gemeinsame Sicherheit und Großmächte ...................... ... . "Gemeinsame Sicherheit", Nuklearstrategie und Raketenabwehr im Weltraum ...................................................... 5. Folgerung ......................................................

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums als Strukturelement des weltraumrechtlichen CHOM-Prinzips und die Verwirklichung des Menschheitsinteresses im Sicherheitsbereich I.

258 264 268 272 277

279

Anwendungsbereich des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraums ............... .. ...................................... 279

16

Inhaltsverzeichnis I. Unterschiedliche Entmilitarisierungsgrade von Himmelskörpern einschließlich des Mondes einerseits und des Weltraums per se andererseits 279 2. Anwendung des Grundsatzes auf den Weltraum per se in der Staatenpraxis ............................................. . ........... 285 3. Fazit ................................. . ........................ 287

11.

Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraums ..... . ........................................ I. Der Begriff "friedlich" im Recht der internationalisierten Räume und weitere Analogien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Dichotomie der Auslegung von "friedlich" als "nicht aggressiv" oder "nicht militärisch" im Weltraumrecht ...................... .. . a) Uneinheitliche Staatenpraxis der Weltraummächte ............... b) Die "minimalistische" Interpretation als "nicht aggressiv" ........ c) Die "maximalistische" Interpretation als "nicht militärisch" ....... 3. Vermittelnde Auffassungen und neue Wege ................. . ...... 4. Eigener Ansatz

287 287 292 292 294 297 300 303

IH. Rechtsnatur des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraums .............. . ............................................. 304 IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums als strukturelle Voraussetzung der Verwirklichung des Menschheitsinteresses ..... . ................ I. Die Dimension des Menschheitsinteresses: friedliche Nutzung als Implementierung der Menschheitsklausel im Bereich der Sicherheit .. . 2. Das territoriale Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums zur Gewährleistung des Aneignungs- und Okkupationsverbots nach Artikel 11 WRV ........................................................ 3. Das friedens- und sicherheitspolitische Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums als Voraussetzung des Gebots nach Artikel III WRV zur Erhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und zur Förderung internationaler Zusammenarbeit und Verständigung sowie zur Einhaltung des Gewaltverbots ...................... 4. Das wirtschaftliche Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums als Voraussetzung der wirtschaftlichen Nutzung des Weltraumes im Interesse der ganzen Menschheit ............ . ......... . ........... 5. Das kooperative Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums als Voraussetzung und Ausfluss des weltraumrechtlichen Kooperationsgebotes .................... . ............. . ..................... 6. Das umweltpolitische Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums zur Bewahrung der Interessen künftiger Generationen . . ....... 7. Fazit .......................................................... V.

307 307 313

318 321 323 325 327

Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung zur Beurteilung der Zulässigkeit militärischer Weltraumaktivitäten ............ . 327 1. Aufgabe und Bedeutung konkretisierender Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung ........... . .......................... 327

Inhaltsverzeichnis 2. Begriffsbestimmung und Herleitung der Rechtsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums . . ..... . ........ . .... . ........ . ..... . 3. Ausdrückliche Ge- und Verbote des Weltraumvertrages als Rechtsstandards der friedlichen Nutzung .................................... a) Gewaltverbot und Selbstverteidigung im Weltraum . . .... .. ... .. . b) Das Verbot der militärischen Okkupation des Weltraums ......... c) Der Rechtsstandard positiver Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit sowie auf internationale Zusammenarbeit und Verständigung (Artikel III WRV) . . ............... d) Der Rechtsstandard des Wohles der Menschheit und des Nutzens aller Staaten unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer (Artikel I Absatz 1 WRV) . ......... . ... .. . . ... ... .... . . e) Ausdrückliche Verbote der militärischen Nutzung des Weltraums . . 4. Kombinationsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums . ... .. . a) Der Rechtsstandard Gemeinsamer/kooperativer Sicherheit im Weltraum (Artikel I in Verbindung mit Artikel IV und IX WRV) ...... aa) Grundlagen . .. . . . .... .. .. . .... . .... .. ... .. .............. bb) Die Gebote von Kooperation und Rücksichtnahme und die Einhaltung von Konsultationspflichten ...... . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Pflicht zur Einbindung von Rüstungsschritten in Bezug auf den Weltraum in multilaterale kooperative Sicherheitsarrangements . ... ..... .. .. . . . . . ...... .. ... .. .. . . . . . . . . . . . . b) Der Rechtsstandard der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum (Artikel I in Verbindung mit Artikel III WRV) . .... . . .. .... aa) Grundlagen. . ....... . ... . ..... . ... . .... . .... . .... . .... . . bb) Inhalt .... .. ..... . ... . ... . .... .. .... . .. . . ... . .... .. .... . cc) Rechtsnatur .. . .... . ..... . ... .. . . ..... . .... .. ... ... .. .. . c) Der Rechtsstandard der umweltwahrenden friedlichen Nutzung des Weltraums (Artikel I Absatz I, IX WRV und Artikel 4 und 7 MV) 5. Die Unvereinbarkeit aktiver militärischer Weltraumnutzungen von zerstörerischer Qualität mit den Rechtsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums ....... . ....... . .............. . ...... . ..... . ... . . . a) Die Bedeutung des Kriteriums aktiver militärischer Weltraumnutzungen von zerstörerischer Qualität für die Beurteilung der Zulässigkeit militärischer Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prüfung aktiver militärischer Nutzungen an Hand der Rechtsstandards der friedlichen Nutzung ................................. aa) Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit (Artikel III WRV) ......... . ....... . .... . ...... (1) Auswirkungen auf die internationale Sicherheit ......... (2) Auswirkungen auf regionale Sicherheit und Stabilität . . . . (3) Auswirkungen auf Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung . ...... . ........... ..... ..... . ... . . . bb) Auswirkungen auf die Gemeinsame/kooperative Sicherheit .. 2 Wolter

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Inhaltsverzeichnis cc) Auswirkungen auf die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum . . ... . ........ .. .. .. .... . . .. ...... . .. .. ....... dd) Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Interessen aller Staaten und das Wohl der Menschheit: negative Wohlstandsfolgen (Artikel I Absatz 1 WRV) . . .. . ....... . .................. ee) Auswirkungen auf die Bewahrung der Umwelt im Weltraum .. ff) Fazit ..... .. .. . ....... ... ... . .. . .... .. ....... . ....... . . 6. Durchsetzung und Effektuierung der Verpflichtungen ........ . .. . ... .

VI. Das Verhältnis der weltraumbezogenen Bestimmungen des ABM-Vertrages zu den erga omnes- Verpflichtungen des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die weltraumbezogenen Bestimmungen des ABM-Vertrages ......... 2. Auswirkungen des ABM-Vertrages auf das multilaterale Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungsgefüge ..... . . ... . .. ....... . .... . ..... . 3. Die Frage einer erga omnes-Wirkung des ABM-Vertrages und das Verhältnis zum multilateralen Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums . . ... . ... . ..... . ...... . ... .. ......... . .......... . ... . .. . . 4. Die weltraumbezogenen Bestimmungen des ABM-Vertrages als bilaterale Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums . . ...... . ............................................ VII. Die Notwendigkeit der verfahrensmäßigen Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums durch Schaffung einer internationalen sicherheitspolitischen Weltraumordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Normativbedürfnis einer verfahrensmäßigen Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Umsetzungserfordernis des Weltraumvertrags zur Sicherung der Gemeinschaftsinteressen durch internationale Nutzungsordnungen im Allgemeinen ... .. .... . ...... .. .. .. ...... .. ... . ..... . . b) Vergleich mit bestehenden internationalen Ordnungen bei der zivilen Weltraumnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die unzureichende Berücksichtigung der Interessen der internationalen Gemeinschaft bei der militärischen Nutzung des Weltraums auf Grund des Fehlens einer internationalen Ordnung und geeigneter Verfahren im Sicherheitsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Fehlen einer internationalen Ordnung für die Sicherheit im Weltraum . .. .. .. ...... . .. . .. . .............. .. ...... . ... .. ... b) Das Umsetzungserfordernis im Sicherheitsbereich . .. .. .. ...... . . c) Fazit ................. . ............. . .......... . ...... . ... . . 3. Die verfahrensmäßige Umsetzung des CHOM-Status des Weltraums im Sicherheitsbereich durch Schaffung einer internationalen Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums .... .. ...... . . a) Der Normativanspruch auf Konkretisierung der Allgemeinwohlklausel in Artikel I Absatz 1 WRV im Sicherheitsbereich durch ein

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Inhaltsverzeichnis Abkommen über das Verbot der aktiven militärischen Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Art ............................. b) Herleitung eines Rechtsanspruchs der internationalen Gemeinschaft auf Schaffung einer internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums ...................... . ............... aa) Gemeinwohlklausel und Normierungsanspruch der internationalen Gemeinschaft .......... . ............. . .. . .. . .. . ... bb) Die internationale Gemeinschaft als Rechtssetzer und Rechtsträger des Anspruchs der Menschheit auf Schaffung einer internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums ..... . ... . .. . ... . . . ......... .. .. . .. . .... . .... cc) Realisierbarkeit des Rechtsanspruchs . .... .. . . ... ... ... . ... c) Ergebnis ............ . ........ .. . . . . ...... . .. ... .... . ...... . .

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots der friedlichen Nutzung des Weltraums de lege ferenda: ein multilaterales Abkommen und eine internationale Organisation für "Gemeinsame Sicherheit im Weltraum" 427 I.

11.

2'

Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots der friedlichen Nutzung und der Menschheitsklausel im Sicherheitsbereich ... .... .. ... . 1. Vorschläge zur vertraglichen Konkretisierung des Gebots der friedlichen Nutzung und zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum .. a) Vertragsentwürfe für ein Verbot aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art ... ... . . ......... .. ...... aa) Multilaterale Vorschläge und Vertragsentwürfe zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum in den Vereinten Nationen und in der CD .... .. ..... . ........ . .... . ..... . ...... bb) Vorschläge von Nichtregierungsorganisationen und einzelnen Autoren ......... . .. . .. . ..... . .......... . .. . .. . .. . ...... b) Vorschläge für vertrauensbildende Maßnahmen im Weltraum und für die Errichtung eines Schutzregimes für Satelliten . . . . . . . . . . . . . 2. Vorschläge zur gemeinsamen Entwicklung einer globalen Raketenabwehr . . ..... . .. . ...................... . .. . .. . ............. . .. . . 3. Vorschläge für eine umfassende Sicherheitsordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums . . ..... . .. . ..... . ......

427 427 429 429 437 441 446 450

Ein multilaterales "Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum (KSW -Vertrag)" als Ausführungsabkommen zum Weltraumvertrag im Sicherheitsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 1. Ausgangspunkt und Grundlagen .................................. 452 a) Die Umsetzung des völkerrechtlichen Paradigmenwechsels vom einzelstaatlichen Partikular- zum Menschheitsinteresse im Bereich der nuklearen und der allgemeinen Sicherheit im Weltraum ....... 452

Inhaltsverzeichnis

20

2.

3.

4. 5. 6.

b) Vergleich eines Verbots von Weltraumwaffen mit dem Chemiewaffenabkommen von 1993 als Präzedenzfall des Verbots einer ganzen Waffenkategorie ............................................. Grundsätze des KSW-Vertrages .......... . ........ . .... . ... . . .. ... a) Gemeinsame/kooperative Sicherheit .......... . .. . ........ .. . . . b) Transparenz, Vertrauensbildung und strategische Vertrauensmaßnahmen ("strategie reassuranee measures") .......... . .. . . . ....... c) Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit, kooperativer Strategiewandel und nukleare Abrüstung ........ . .. . ........ . ........ . . . .. . ..... . . d) Präventive Rüstungskontrolle durch das Verbot aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums .. . .. . .. . .............. . .. . .. . . . .... e) Grundsatz der Gleichheit ... . ..... . ..................... . ..... Hauptelemente des KSW-Vertrages ........................... . .... a) Grundsätze der Kooperativen Sicherheit im Weltraum . . .. . .. . .. . . aa) Abgrenzung zwischen allgemeinen kooperativen Sieherheitsbestimmungen und spezifischen nuklearstrategischen Fragen .. . . bb) Einzelbestimmungen kooperativer Sicherheit im Weltraum . . . ce) Übereinstimmung der allgemeinen kooperativen Sieherheitsbestimmungen mit den Anforderungen an ein bilaterales kooperatives Vorgehen der USA mit Russland und China in der NMD-Frage . .. . .... .. ....... .. . . ....... . ........ . ...... b) Verbot der aktiven militärischen Nutzung zerstörerischer Art . . .. . . c) Vernichtung bestehender ASAT-Kapazitäten/Arsenale .. . . .. .... . . d) Vertrauensbildende Maßnahmen ............................... e) Sehutzregime für zivile Weltraumobjekte und für passive militärische Nutzungen nicht-zerstörerischer Art . . . .. ...... . . . ....... . . f) Mechanismen zur Durchführungskontrolle: Monitoring und Verifikation . .. . . . . .. .. .. . .... . ......... . . . .. . ... . ............ . . . . g) Kodifizierung der weiteren Rechtsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums . ... .... . . .... .. . ... .. ... . .... .. .. . ... ... . Geeignete internationale Gremien zur Aushandlung des Abkommens .. Wirkung des Abkommens gegenüber Drittstaaten ..... . .. . ...... . ... Universalitätsanspruch und amerikanische und europäische Interessen .

111. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation zur Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums ... . .... 1. Bisherige Vorschläge für eine internationale Weltraumorganisation mit Aufgaben im Sicherheitsbereich .......................... . ....... a) Frühe Vorschläge .......... . .. . ..... . ........... . . . ..... . .... b) Kritik am Institutionalismus und Haushaltszwänge versus sicherheitspolitiseher Notwendigkeiten ..... . ........ . . . ..... . .. . .... c) Weltraumforschungsagentur .... . .......... . ........ . . . . ..... . . d) Umfassende Weltraumbehörde . .... . .. . .. . .. . .......... . ....... e) Internationale Satelliten-Monitoring- und Verifikationsagenturen ...

455 458 458 458 459 460 461 461 462 462 462

463 467 469 469 471 472 476 477 478 482 485 485 485 487 489 490 495

Inhaltsverzeichnis

21

aa) Monitoring- und Verifikationsagenturen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . (l) International Satellite Monitoring Agency (ISMA) .. . ... (2) International Space Monitoring Agency ..... . . . . . . . . . . . bb) Reine Verifikationsagenturen ........... .. ...... . ...... . .. (1) International Space Inspectorate . . .. . ... .. ........ . . . . (2) PAXSAT A und B und International Space Data Centre . (3) UN Verification Monitoring Authority . .... .. . .. ... . ... cc) Völkerrechtliche Bewertung einer multilateralen Satellitenverifikation .................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fazit ........ . . . ................. ... .. . . . . . ......... .. . 2. Die institutionelle Umsetzung des CHOM-Status in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums durch Schaffung einer Weltraumorganisation zur Gewährleistung Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum . ...... . ....................................... a) Die Unaufschiebbarkeit und die Chancen für eine institutionelle Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums ............... b) Die Tätigkeitsfelder der Organisation ....... . ...... . ....... . ... aa) Kooperative Sicherheit und Vertrauensbildung . ...... ....... bb) Monitoring und Verifikation insbesondere der Nichtverbreitung von Weltraum- und Massenvernichtungswaffen .. .. .... cc) Frühwamung und Schutz vor unautorisierten und versehentlichen Raketenangriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Weitere durch den Konsultativausschuss und COPUOS vorzubereitende Aufgaben im Bereich militärischer und ziviler Weltraumsicherheit .... . ... . ............................ . ee) Längerfristig einzubeziehende Aufgaben der Organisation . . . . c) Institutionelle Struktur der Organisation ............. .. ..... .. .. d) Fazit .. .. .. .. ....... . .. .. ... . .. ... . . ...... .. . ... . . ... .. .....

495 495 499 500 500 501 501

F. Ergebnis und Schlussbetrachtung

523

Anlage

531

Rechtsprechungsverzeichnis

538

Literaturverzeichnis

539

Stichwortverzeichnis

582

502 505

507 507 513 513 513 515 517 517 519 522

Abkürzungsverzeichnis AASL ABM AHC AJIL APM ASAT ASIL ASILS BMD CBO CD COPUOS CSO CTBT CWÜ Dept. State Bull. EA EPIL GAOR GEO HSFK ICBM ICoC ILO INESAP INF JSL KSW MD MTCR MV MVW NEO NMD NPT

Annals of Air and Space Law Anti-Ballistic Missile Ad-hoc-Committee American Journal of International Law Antipersonenminen Anti-satellite weapon American Society of International Law American Student International Law Societies Ballistic Missile Defense Congressional Budget Office Conference on Disarmament Committee on the Peaceful Use of Outer Space Treaty on Common Security in Outer Space Comprehensive Test Ban Treaty Chemiewaffenübereinkommen Department of State Bulletin Europa-Archiv Encyclopaedia of Public International Law Official Records of the General Assembly of the United Nations Geostationärer Orbit Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung Intercontinental Ballistic Missile International Code of Conduct International Labour Organization International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation Intermediate-Range Nuclear Forces Journal of Space Law Kooperative Sicherheit im Weltraum Missile Defense Missile Technology Control Regime Mondvertrag Massenvernichtungswaffen Near Earth Orbit National Missile Defense Nonproliferation Treaty

Abkürzungsverzeichnis NTIR NVV OVCW

23

Nederlands Tidschrift voor International Recht Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag von 1968 Organisation zur Durchführung des Chemiewaffenabkommens ÖZAP Österreichische Zeitschrift für Außenpolitik ÖZöRV Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht und Völkerrecht Proc. Colloq. Space Law Proceedings of the Colloquium on Outer Space Law of the International Institute of Space Law of the International Astronautical Federation proces-verbaux PV RIAA Reports of International Arbitral A wards Strategie Defense Initiative SOl Strategie Defense Initiative Organization SOlO Stockholm International Peace Research Institute SIPRI Sea-Launched Ballistic Missile SLBM Seerechtskonvention SRK Theater Missile Defense TMD United Nations General Assembly UNGA United Nations Institute for Disarmament Research UNIOIR United Nations Conference on the Peaceful Use of Outer UNISPACE Space United Nations Special Session on Disarmament UNSSOD Vereinte Nationen VN Weltraumvertrag WRV World Space Organization WSO

A. Einleitung The extent of the structural changes in international relations in our time requires a far more basic reorientation of our thinking in international law. Wolfgang Friedmann, 1964 1 In the end, the root of man's security does not lie in his weaponry. It lies in his mind. Robert McNamara, Secretary of Defense, 19672 Is safety to be found in nuclear arms or in their elimination? Jonathan Schell, 19843

I. Problemstellung Dies ist eine Arbeit über die strukturellen Voraussetzungen der Erfüllung des Menschheitsinteresses im Weltraumrecht im Bereich der internationalen Sicherheit. Sie geht aus von der Hypothese, dass sich entsprechend dem Kooperationsgebot und der Menschheitsklausel in Artikel I Absatz 1 Weltraumvertrag (WRV)4 das Menschheitsinteresse auch im Sicherheitsbereich wie in den anderen Bereichen der Nutzung des Weltraums nur durch Kooperation der Staaten verwirklichen lässt und Sicherheit im Weltraum als internationalisiertem, hoheitsfreiem Gemeinschaftsraum daher zwingend kooperative oder "Gemeinsame Sicherheit" ist. Ziel der Arbeit ist es, unter Zugrundelegung der vom Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik5 unter dem Begriff "Gemeinsame Sicherheit" entwickelten Friedmann, The Changing Structure of International Law (1964) S. 3. Rede zur National Defence Policy vom 18. Dezember 1967; zitiert nach Goedhuis, An Evaluation of the Leading Principles of the Outer Space Treaty of 27 th January 1967, NTIR 15 (1968) S. 40. 3 Schell, The Abolition (1984). 4 Vertrag vom 27. Januar 1967 über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper (Weltraumvertrag), BGBl. 196911, S. 1969, abgedruckt in WelcklPlatzöder, Weltraumrecht. Law of Outer Space. Textsammlung (1987) S. 1 (Stand Ratifizierung zum 1. 2. 2001: 96 Staaten und 27 Unterzeichnerstaaten). 1

2

26

A. Einleitung

und von der Washingtoner Brookings Institution 6 als "cooperative security" bezeichneten sicherheits- und rüstungskontrollpolitischen Konzeption die im Weltraumrecht bestehenden universell-völkerrechtlichen Grundlagen Gemeinsamer/kooperativer Sicherheit7 im Weltraum aufzuzeigen und für die Interpretation des bis heute höchst strittigen Begriffs der "friedlichen" Nutzung des Weltraums fruchtbar zu machen. Der Herausarbeitung der völkerrechtlichen Rahmenbedingungen "Gemeinsamer Sicherheit" im Weltraum kommt für die Wahrung des Status des Weltraums als internationalisierter hoheitsfreier Gemeinschaftsraum besondere Bedeutung in dem Maße zu, in dem eine völlige Entmilitarisierung des Weltraums gegenwärtig nicht erreichbar scheint - im Gegenteil der Übergang von bisher rein passiver militärischer Nutzung zu aktiven, zerstörerischen Nutzungsformen zu befürchten ist. Vor dem Hintergrund der nunmehr bald ein halbes Jahrhundert andauernden Kontroverse um den weltraumrechtlichen Grundsatz der friedlichen Nutzung wird der Versuch unternommen, aus einer Strukturanalyse des Weltraumvertrages und seines zentralen Strukturprinzips, wonach die Nutzung des Weltraums "Angelegenheit der ganzen Menschheit (province of all mankind)" ist und der Weltraum den Status eines "Gemeinsamen Erbes der Menschheit (Common Heritage of Mankind, CHOM)" trägt, eine umfassende Theorie der friedlichen Nutzung des Weltraums zu entwickeln, die Grundlage für die Anwendung des Konzepts der "Gemeinsamen Sicherheit" im Weltraum bilden kann. Dabei steht die Herausarbeitung konkretisierender Rechtsstandards und Kriterien ihrer Anwendung im Vordergrund. Eine konkretisierende und praxisbezogene Ausfüllung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung erscheint umso dringlicher, als die Schere zwischen rasant zunehmenden militärischen Weltraumaktivitäten und dem Ausbleiben spürbarer Fortschritte bei den rüstungskontroll- und abrüstungspolitischen Anstrengungen in Bezug auf den Weltraum insbesondere auf multilateraler Ebene immer größer wird. 8 5 Bahr/Lutz, Gemeinsame Sicherheit: Einführende Überlegungen, in Bahr/Lutz (Hrsg.), Gemeinsame Sicherheit - Idee und Konzept. Bd. 1 Zu den Ausgangsüberlegungen, Grundlagen und Strukturmerkmalen gemeinsamer Sicherheit (I . Aufl. 1986) S. 26; Lutz, Gemeinsame Sicherheit - das Konzept. Definitionsmerkmale und Strukturelemente im Vergleich mit anderen sicherheitspolitischen Modellen und Strategien, in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 45. 6 Nolan, The Concept of Cooperative Security, in Nolan (Hrsg.), Global Engagement. Cooperation and Security in the 21 SI Century (The Brookings Institution 1994) S. 9. 7 S. zu einer Grundlegung Gemeinsamer Sicherheit im allgemeinen Völkerrecht Fischer, Völkerrechtliche Normenbildung und sicherheitspolitische Konzeptionen. Aktuelle Rechtsquellenprobleme und die Implementation Gemeinsamer Sicherheit (1987); ders., Koexistenz und Kooperation im modemen Völkerrecht - "Gemeinsame Sicherheit" und die Struktur des Rechts der Friedenssicherung, in Bahr/Lutz (Hrsg.), Gemeinsame Sicherheit, Bd. 2 (1987) S. 55.

I. Problemstellung

27

Sowohl in dem Auslegungsstreit als auch bei den de lege ferenda von der Weltraumrechtswissenschaft unternommenen Versuchen, die rechtliche Relevanz des Gebots der friedlichen Nutzung des Weltraums zu untermauern, fand bislang die notwendige Einordnung des Rechtsgebots in den breiteren Rahmen des CHOM-Grundsatzes und der verstärkten Allgemeinwohlbindung durch die Menschheitsklausel des Weltraumvertrages als seinem Kernelement kaum Berücksichtigung,9 obwohl dessen Anwendung auf den Weltraum im Allgemeinen 10 und für die Beurteilung der Zulässigkeit militärischer Aktivitäten im Besonderen weitgehend anerkannt ist. 11 Die Analyse der strukturellen Voraussetzungen der Verwirklichung des weltraumrechtlichen Menschheitsinteresses im Sicherheitsbereich ist insbesondere im Zusammenhang mit der seit der Rede von US-Präsident Reagan im März 1983 zur Strategie Defense Initiative und in der gegenwärtigen Erörterung der aktuellen Pläne von Präsident Rush jr. zur National Missile Defense stattfindenden intensiven Auseinandersetzung über die sicherheits- und rüstungskontrollpolitischen Auswirkungen der militärischen Nutzung des Weltraums l2 sowie über die damit zusammenhängenden rechtlichen Fragen 8 Monserrat Filho, Total Militarization of Space and Space Law: The Future of the Article IV of the 67' Outer Space Treaty, Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 358; Andem, Implications of the 1967 Outer Space Treaty in the New Millenium: ABrief Reflection on the Implications of Proposed Missile Defense Systems, Proc. 43 rd Colloq. Space Law (2001) S. 275; Jasani, Introduction in Jasani (Hrsg.), Peacefu1 and Non-Peaceful Uses of Space. Problems of Definition for the Prevention of an Arms Race (UNIDIR, 1991) S. 9 ff.; Vlasie, The Legal Aspects of Peaceful and Non-Peacefu1 Uses of Outer Space, in Jasani (Hrsg.) S. 37; Reijnen, The Prevention of an Arms Race in Outer Space, in BenkölGraafflReijnen (Hrsg.), Space Law in the United Nations (1985) S. 147; Wolter, Völkerrechtliche Grundlagen "Gemeinsamer Sicherheit" im Weltraum, ZaöRV 62 (2002) S. 941. 9 Andeutungsweise im Ausblick seines Beitrags Kries, Die militärische Nutzung des Weltraums, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch des Weltraumrechts (1991) [zitiert im Folgenden als Handbuch] S. 349, wenn er aus dem "Status des Weltraums als hoheitsfreier internationaler Gemeinschaftsraum" ein "nicht zu unterschätzendes Hindernis" des Weltraumvertrages gegen Bestrebungen erkennt, den Weltraum militärisch zu okkupieren; grundlegend für die Anwendung der Menschheitsklausel in Bezug auf militärische Nutzungen Vlasie, Disarrnament Decade, Outer Space and International Law, Mc Gill Law Journal 25 (1981) S. 135; Marcoff, Le regime juridique international de l'espace extra-atmospherique, Schweizer Jahrbuch für internationales Recht 25 (1968) S. 72. 10 Wolfrum, Die Internationalisierung staatsfreier Räume (1984) S. 277; Christol, The Province of Mankind Concept, Thesaurus Acrosium of the Institute of Public International Law and International Relations of Thessaloniki, 1981, abgedruckt in Christol, Space Law: Past, Present and Future (1991) S. 67. II Goedhuis, Some Substantive and Procedural Issues Presently at Stake in Space Legislation, ZLW 25 (1976) S. 198; Gorove, International Space Law in Perspective, RdC (1983 III) S. 379; Reijnen, Fn. 8 in BenkölGraajflReijnen (Hrsg.) S. 175. 12 Grundlegend CarterlSchwartz (Hrsg.), Ballistic Missile Defense (1984); rezensiert von Wolter, Book Review, in Disarrnament. A periodic review by the United

28

A. Einleitung

einer erstmaligen Stationierung von Waffensystemen im Weltraum nicht nur von rechtstheoretischer Bedeutung. Die Ergebnisse des amerikanisch-russisehen Gipfels vom 23./24. Mai 2002, bei dem in einer Gemeinsamen Erklärung 13 eine weitreichende Zusammenarbeit insbesondere bei der Bewältigung gemeinsamer Sicherheitsfragen sowie konkret in der NMD-Frage beschlossen wurde, eröffnet die Aussicht, dass sich die beiden Großmächte nach Überwindung des Kalten Krieges im Sinne Gemeinsamer Sicherheit auf einen kooperativen Strategiewechsel zubewegen könnten. Ohne einen solchen kooperativen Ansatz und ohne angemessene multilaterale Einbindung, welche auch die Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf den Weltraum gewährleistet, droht angesichts der unklaren Rechtslage mit Blick auf die Schranken einer militärischen Nutzung des Gemeinschaftsraums der zentrale Rechtsgrundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums durch die faktische Entwicklung seine praktische Bedeutung einzubüßen. Dies wäre umso gravierender, als er zusammen mit dem ausdrücklichen Verbot der Stationierung von Nuklear- und anderer Massenvernichtungswaffen in der Erdumlautbahn nach Artikel IV Absatz 1 WRV und der auf die Himmelskörper begrenzten Entmilitarisierungsvorschrift des Artikel IV Absatz 2 WRV abgesehen von dem Verbot von Nukleartests im Weltraum nach dem Abkommen über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser vom 5. 8. 1963 14 die einzige universell-völkervertragsrechtliche Schranke der Rüstung im Weltraum darstellt und bisherige bilaterale Beschränkungen nach der von US-Präsident George Bush jr. am 14. Dezember 2001 bekannt gegebenen Kündigung des bilateralen ABM-Vertrags entfallen. Nach einer verbreiteten Ansicht schließt das Gebot der friedlichen Nutzung die Zulässigkeit militärischer Aktivitäten im Weltraum nicht apriori aus. 15 Umso mehr bedarf es einer vertieften Auseinandersetzung mit den VoraussetzunNations, Bd. 7, Nr. 2 (1984) S. 124; York, Nuclear Deterrenee and the Military Uses of Spaee, in Long/Hajner/Boutwell (Hrsg.), Weapons in Spaee (1986) S. 24. 13 U.S .-Russia Joint Declaration vom 24. Mai 2002, abrutbar auf der Webseite des US State Department http://www.state.gov.htm: "We are aehieving a new strategie relationship ... We are partners and we will eooperate to advanee stability, seeurity, ... and to jointly counter global challenges and to help resolve regional eonfliets ... We reeognize that the seeurity, prosperity, and future hopes of our peoples rest on a benign seeurity environment, the advaneement of politieal and eeonomie freedoms, and international eooperation ... The United States and Russia agree that a new strategie relationship between the two eountries, based on the principles of mutual security, trust, openness, cooperation, and predictability requires substantive eonsultation aeross a broad range of international seeurity issues . .. " [Hervorhebung von mir] . 14 "Partial Test Ban Treaty", BGBI. 1964 II S. 906 (Stand 1. Januar 2001: 126 Vertragsparteien). 15 Kries, Fn. 9 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 334.

I. Problemstellung

29

gen und der Entwicklung konkretisierender Kriterien für die Zulässigkeit künftig geplanter aktiver militärischer Aktivitäten von zerstörerischer Art im Gemeinschaftsraum. Dabei gilt es, die letztlich unfruchtbare Dichotomie im Auslegungsstreit über den Begriff "friedlich" zwischen der minimalistischen Interpretation als Verbot lediglich "aggressiver" Nutzungen und der maximalistischen Auslegung als Verbot jeglicher "militärischer" Nutzung zu überwinden und neue Ansätze zu entwickeln. Auslegung und Anwendung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung müssen insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der zentralen Menschheitsklausel des Weltraumvertrages und des CHOM-Grundsatzes fortentwickelt werden. Dabei soll der in der Menschheitsklausel deutlich werdende Strukturwandel des Völkerrechts von einem Recht der Koexistenz der Staaten zu einem Recht der Partizipation und Kooperation 16 in Bezug auf die Fragen der internationalen Sicherheit untersucht werden. Die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen sollen im Zusammenhang mit militärischen Nutzungen des Weltraums für die Entwicklung einer völkerrechtlichen Konzeption Gemeinsamer Sicherheit im Gemeinschaftsraum fruchtbar gemacht werden. Ein Schwerpunkt bildet die Untersuchung der verfahrensmäßigen und institutionellen Schlussfolgerungen im Zusammenhang mit einer konkretisierenden Anwendung des CHOM-Grundsatzes auf militärische Maßnahmen für deren Zulässigkeit. Dabei sollte die Konkretisierung der verfahrensmäßigen Voraussetzungen für die Verwirklichung der verstärkten Allgemeinwohlbindung aller Weltraumaktivitäten entsprechend der Menschheitsklausel insbesondere den Strukturwandel des klassischen Völkerrechts zu einer Rechtsordnung der internationalen Gemeinschaft und deren funktionale und institutionelle Konsequenzen widerspiegeln. Aufbauend auf der vor allem von Mosler 17, Tomuschat 18 und Simma 19 begründeten und neuerdings von Paulus 20 fortentwickelten Konzeption eines Rechts der internationalen Gemeinschaft wird untersucht, inwieweit auf Grund des CHOM-Grundsatzes DahmlDelbrückIWolfrum; Völkerrecht, Bd. I I (2. Aufl. 1989) S. 452. Mosler, The International Society as a Legal Community (1984). 18 Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, RdC 281 (1999) S. 72; ders., Die internationale Gemeinschaft, AVR 33 (1995) S. I; s. auch Abi-Saab, International Law and the International Community: The Long Road to Universality, in MacDonald (Rrsg.), Essays in Ronour of Wang Tieya (1994) S. 34 sowie bereits bei Jenks, A New Law for a New World Order, (1969) das Kapitel "The Architecture of the World Community"; Dupuy, R.-J.: La communaute internationale entre le mythe et l'histoire (1996). 19 Simma, From Bilateralism to Community Interest in International Law, RdC 250 (1994 VI) S. 217; SimmalPaulus, The "International Community": Facing the Challenge of Globalization, EJIL 9 (1998) S. 276. 20 Paulus, Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht. Eine Untersuchung zur Entwicklung des Völkerrechts im Zeitalter der Globalisierung (2001). 16

17

30

A. Einleitung

als einem allgemeinen völkerrechtlichen Prinzip für die Ordnung staatsfreier Räume zur Wahrung der rechtlichen Interessen der internationalen Gemeinschaft materielle und verfahrensmäßige Ausgestaltungen des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraums erforderlich sind und welche Pflichten der Weltraummächte gegenüber der internationalen Gemeinschaft sich daraus in Bezug auf die militärische Nutzung des Gemeinschaftsraums ergeben. Dies wirft in einem weiteren Schritt die Frage auf, welche Folgen sich daraus hinsichtlich militärischer Aktivitäten für die Entwicklung von Rechtsstandards und Kriterien ableiten lassen, die sowohl de lege lata anzuwenden als auch de lege ferenda als Orientierungen für die Aushandlung bi-, aber insbesondere auch multilateraler materiellrechtlicher wie prozeduraler Regelungen zu berücksichtigen sind. Zu letzteren gehört auch die Zuordnung einer Regelungskompetenz und eines Normierungsanspruchs an die internationale Gemeinschaft zur Schaffung eines internationalen Regimes der friedlichen Nutzung des Weltraums, wie es der Mondvertrag für die wirtschaftliche Nutzung der Himmelskörper bereits ausdrücklich vorschreibt. Dieses sollte auch Regelungen der Zulässigkeit, Kontrolle und Verifikation militärischer Nutzungen enthalten. Unter diesem Gesichtspunkt eines konkretisierenden Normativbedürfnisses wird der mögliche Übergang von bisher rein passiven militärischen Nutzungen ohne zerstörerische Wirkung im Weltraum zu aktiven zerstörerischen Nutzungen des Gemeinschaftsraums als qualitativ neue Nutzungsart 21 ausführlich auf seine Auswirkungen auf die internationale Sicherheit, Stabilität und das multilaterale Rüstungskontroll-, Abrüstungs- und Nichtverbreitungsregime geprüft. In diesem Zusammenhang werden auch mögliche institutionelle Vorkehrungen zur Sicherung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums, etwa durch die Einrichtung einer internationalen Satellitenverifikationsagentur, entsprechend dem Vorschlag des ehemaligen französischen Präsidenten Giscard d'Estaing von 197822 untersucht.

21 Cleminson, Banning the Stationing of Weapons in Space Through Anns Control: A Major Step in the Promotion of Strategie Stability in the 21 sI Century, in Beier/Mataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 35; Handberg, Seeking New World Vistas. The Militarization of Space (2000) S. 52; Dalder/Goldgeier/Lindsay, Deploying NMD: Not Whether, But How, Survival 42 (2000) S. 6; zum älteren Schrifttum s. York, Fn. 12 in Lang/Hafner/Boutwelt (Hrsg.) S. 24; Hurwitz, The Legality of Space Militarization (1986) S. 173; Jasani, Fn. 8 in Jasani (Hrsg.) S. 14; Wolter, The Peaceful Purpose Standard of the Common Heritage of Mankind Clause in Outer Space Law, ASILS International Law Journal IX (1985) S. 117; Weise, Weltraumgestützte Raketenabwehrsysteme und Antisatellitenwaffen: ihre Bedeutung für Sicherheit und Verteidigung, in Kaiser/von Welck (Hrsg.), Weltraum und Internationale Politik (1987) S. 209.

I. Problemstellung

31

Bei dieser Prüfung eines Nonnierungsanspruchs wird das Rechtsgutachten des IGH zur Reehtmäßigkeit von Nuklearwajfen 23 mit seiner Anwendung des Konzepts der internationalen Gemeinschaft auf Fragen der Rüstungskontrolle und Sicherheit herangezogen und das vom IGH konstatierte Menschheitsinteresse an einer Überwindung der nuklearen Abschreckung durch Erfüllung der Pflicht zur vollständigen und umfassenden nuklearen Abrüstung auf die militärische Nutzung des Weltraums bezogen. Es wird untersucht, inwieweit dieses Interesse auf Grund der Menschheitsklausel des Weltraumvertrages bei der Beurteilung einer "strategie transition" im Nuklearbereich, die im Falle einer weltraumgestützten Raketenabwehr zu neuartigen Nutzungen des Gemeinschaftsraums führt und Auswirkungen auf die Sicherheit aller Staaten hat, als verbindlicher Maßstab zwingend zu berücksichtigen ist. Insbesondere wird geprüft, in welchem Ausmaß die Einbeziehung des Gemeinschaftsraumes die nuklear-strategischen Fragen nicht nur sicherheitspolitisch, sondern auch rechtlich zu einer multilateralen Angelegenheit der internationalen Gemeinschaft werden lassen und welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind. Dabei wird der Versuch unternommen, den rüstungskontrollpolitisch im Interesse der internationalen Sicherheit und Stabilität und der Durchsetzung einer aktiven Nichtverbreitungspolitik dringend notwendigen kooperativen Ansatz bei der Entwicklung des neuen strategischen Verhältnisses der Großmächte als Rechtsstandard der kooperativen/Gemeinsamen Sicherheit aus dem Menschheitsinteresse der friedlichen Nutzung des Weltraums abzuleiten. Dies ennöglicht in einem weiteren Schritt, unter Heranziehung der zahlreichen Staatenvorschläge, der Entwürfe von Nichtregierungsorganisationen und der umfangreichen Überlegungen im Schrifttum zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum eine völkerrechtliche Konzeption der Gemeinsamen Sicherheit im Weltraum zu entwickeln, die neben einem Verbot des Übergangs zu aktiver militärischer Nutzung des Gemeinschaftsraums von zerstörerischer Art ein Gesamtpaket vertrauensbildender Maßnahmen mit einem satellitengestützten multilateralen Monitoring- und Verifikationssystem sowie ein Schutzre22 UN Doc A/S-IO/AC. 1/7 v. 1. 6. 1978; dazu veröffentlichte die VN die Studie einer Expertengruppe über die Realisierbarkeit des Vorschlags "Study on the implications of establishing an international satellite monitoring agency", UN Report AI AC 206/14 v. 6. 8. 1981; abgedruckt in WelckiPlatzöder, Fn. 4 S. 117; s. dazu Courteix, Les "satellites Bleus" au Service de la Paix et du Desarmement, GYIL 24 (1981) S. 224; Jasentuliyana, International Space Law and the United Nations (1999) S. 117. 23 IC] Reports 1996 S. 42 Para. 100 "This twofold obligation to pursue and to conclude negotiations formally concerns 182 States parties to the Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons or, in other words, the vast majority of the international comrnunity. Virtually the whole of this comrnunity appears moreover to have been involved when resolutions of the Uni ted Nations General Assembly concerning nuclear disarmament have been unanimously adopted."

32

A. Einleitung

gime für friedliche Weltraumobjekte durch eine Immunitätsregelung für Satelliten, Verkehrsregeln und einen weltraumrechtlichen "code 01 conduct" umfassen könnte. Schließlich wird zu prüfen sein, ob ein entsprechendes Abkommen über Gemeinsame Sicherheit im Weltraum institutionell durch eine internationale Organisation untermauert und umgesetzt werden sollte.

11. Methodischer Ansatz und Gang der Darstellung Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Arbeitshypothese, dass die Weltraummächte militärische Maßnahmen wie die Stationierung von Waffen im Weltraum mit schwerwiegenden Auswirkungen für die internationale Gemeinschaft nicht ohne deren Beteiligung durchführen dürfen. Die völkerrechtliche Begrenzung der militärischen Hegemonialstellung der Weltraummächte im Spannungsverhältnis von Menschheitsinteresse und Weltraumfreiheit wird anhand der Entstehungsgeschichte des Grundsatzes der friedlichen Nutzung und der Menschheitsklausel sowie des Strukturwandels des Völkerrechts und der auf dem CHOM-Grundsatz beruhenden Herausbildung des Allgemeinwohlinteresses der internationalen Gemeinschaft an einer friedlichen Nutzung des Weltraums sowie der positiven Pflicht zur Förderung des "Weltfriedens und der internationalen Sicherheit" (Artikel III WRV) dargelegt. Die deduktive Methode 24 der Entwicklung konkretisierender Rechtsstandards aus den weltraumvertraglichen Allgemeininteressen der internationalen Gemeinschaft wird ergänzt durch eine ausführliche Analyse der Staatenpraxis. Bei deren Beurteilung werden systematisch die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen seit 1978 auf die sich abzeichnende Erprobung und Entwicklung weltraumgestützter Waffensysteme durch die beiden großen Weltraummächte untersucht. Mit Blick auf die seit 1981 unablässig von der VNGeneralversammlung erhobenen Forderung nach dringender Aushandlung eines multilateralen Vertrages zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum wird aus der Menschheitsklausel der Rechtsanspruch der internationalen Gemeinschaft, über die Zulässigkeit einer qualitativ neuen Art der Weltraumnutzung mitentscheiden zu können, hergeleitet. Dabei wird insbesondere die Unterscheidung zwischen den seit Anbeginn des Weltraumzeitalters praktizierten passiven militärischen Nutzungen des Weltraums vor allem durch Satelliten, welche keine zerstörerischen Wirkungen im Gemein24 Zur deduktiven Herleitung insbesondere von Völkergewohnheitsrecht s. IGH im Golf of Maine-Fall, IC] Reports 1984, S. 246, 299 para. 111; Tomuschat, Obligations Arising for States without or against Their Will, RdC 241 (1993 IV) S. 297 sowie bereits die Schiedsgerichtsentscheidung im TraU Smelter-Fall v. 1l. 3. 1941, RIAA 3, 1965 (1935), in dem das amerikanisch-kanadische Schiedsgericht aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit einen völkergewohnheitsrechtlichen Umweltschutzstandard ableitete.

11. Methodischer Ansatz und Gang der Darstellung

33

schaftsraum haben, und dem möglichen Übergang zu aktiver Nutzung von zerstörerischer Art durch die geplante Stationierung von Waffensystemen im Weltraum herangezogen und auf ihre rechtliche Relevanz geprüft. Anhand von Genesis, Rechtsnatur, Anwendungsbereich und Inhalt des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraums als sicherheitspolitischem Element des CHOM-Grundsatzes wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich aus dem Status des Weltraums als Erbe der Menschheit eine die Weltraummächte bindende völkerrechtliche Pflicht ergibt, diesen Status in Bezug auf militärische Nutzungen dadurch zu wahren, dass sie sich entsprechend der Zielsetzung kooperativer Sicherheit aktiv an der Aushandlung eines internationalen Regimes zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum beteiligen. Bei der Herleitung des Status des Weltraums als CHOM wird neben den klassischen Auslegungsmethoden auch die völkerrechtliche Strukturanalyse herangezogen. Ausgehend von dem grundlegenden Werk von Wolfgang Friedmann, The Changing Structure 0/ International Law 25 werden an Hand der Entstehung des Weltraumrechts und des CHOM-Grundsatzes die wesentlichen Eigenschaften des im Schrifttum allgemein 26 sowie konkret in Bezug auf den CHOM-Grundsatz 27 verstärkt ins Blickfeld rückenden StrukFriedmann, Fn. 1. MacDonaldlJohnston (Hrsg.), The Structure and Process of International Law (1983); Simma, Fn. 19 S. 217; SimmalPaulus, Fn. 19 S. 276; Tomuschat, Fn. 18 RdC 281 (1999) S. 59 spricht von " ... an overarching structure aimed to reach worldwide dimensions ... as a blueprint of a legal order not resting upon the classical doctrine of sovereign equality ... "; Scheuner, Solidarität unter den Nationen als Grundsatz in der gegenwärtigen internationalen Gemeinschaft, in Tomuschat (Hrsg.), Ulrich Scheuner. Schriften zum Völkerrecht (1984) das einleitende Kapitel ,,strukturfragen der Staatengemeinschaft"; KimminichlHobe, Einführung in das Völkerrecht (7. Aufl. 2000); Mosler Fn. 17 S. 122; ders.; Völkerrecht als Rechtsordnung, ZaöRV 36 (1976) spricht von der "Struktur der Völkerrechtsgemeinschaft" (S. 33) u. S. 37: " ... zu der Gruppe der Rechtsgrundsätze, die unmittelbar aus den internationalen Beziehungen stammen, gehören die mit der Struktur der Völkerrechtsgemeinschaft zusammenhängenden und den Verkehr zwischen den Rechtssubjekten betreffenden Grundsätze". Das wachsende Interesse der Völkerrechtswissenschaft für strukturtheoretische Fragen zeigt sich auch daran, dass das Institut des Hautes Etudes Internationales zusammen mit dem European Journal 0/ International Law 1997 in einem Seminar zu dem Werk Friedmanns dessen Ansatz erneut ausführlich debattiert hat; dazu Leben, The Changing Structure of International Law revisited. By Way of Introduction, EJIL 3 (1997) S. 399. Auch im Schrifttum zur Völkerrechtsgeschichte wird die völkerrechtliche Strukturordnung verstärkt in den Blick genommen s. Ziegler, Völkerrechtsgeschichte (1996) S. 2; Steiger, Rechtliche Strukturen der Europäischen Staatenordnung 1648-1792, ZaöRV 59 (1999) S. 609. 27 Grundlegend Kewenig, Konsens, Menschheitserbe und Völkerrechtsordnung, EA 36 (1981), S. 8: "Menschheitserbe und Konsens: ein inhaltlicher und prozeduraler Indikator für sich abzeichnende Strukturveränderungen der Völkerrechtsordnung" und S. 1: "Denn Menschheitserbe und Konsens sind nichts anderes als Indi25

26

3 Wolter

34

A. Einleitung

turwandels des Völkerrechts von einem auf die Sicherung der staatlichen Souveränität zielenden jus inter gentes zu einer auf Kooperation aufbauenden Rechtsordnung der internationalen Gemeinschafes untersucht. Dies erfolgt insbesondere im Hinblick auf die Frage, inwieweit der für "internationalisierte staatsfreie Räume,,29 bzw. "hoheitsfreie internationale Gemeinschaftsräume,,3o anwendbare CHOM-Grundsatz als das beherrschende Strukturprinzip im Weltraumrecht angesehen werden kann und welche Schlussfolgerungen sich daraus für die Untersuchung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung und der Anwendung der Konzeption "Gemeinsamer Sicherheit" ergeben. Dabei wird unter Rückgriff auf die wissenschaftstheoretische Neuorientierung des Strukturalismus in den sechziger Jahren 3! und die von Bleckmann für das Völkerrecht entwickelte Strukturanalyse32 vor allem geprüft, inwieweit die Kernelemente des CHOM-Grundsatzes zugleich auch als die strukturbestimmenden Wesenselemente der Weltraumordnung nach dem Weltraumvertrag zu betrachten sind, die den Strukturwandel des Völkerrechts in einem seiner jüngsten Teilgebiete besonders prägnant widerspiegeln und zugleich in ihrer weltraurnrechtlich geprägten Gemeinschaftsorientierung auf das allgemeine Völkerrecht zurückwirken. 33 Dies führt zu der Frage, in welchem Umfang der CHOM-Grundsatz als ein allgemeines Strukturprinzip des Weltraumrechts angesehen werden kann. In diesem Zusammenhang wird unter Heranziehung des den Strukturwandel des Völkerrechts berücksichtigenden Schrifttums zur völkerrechtlichen Quellenlehre34 der Frage nachgegangen, wie der Rechtscharakter eines solchen grundlegenkatoren für Veränderungen und Verwerfungen des internationalen Systems, die längerfristig nicht nur die sichtbare Oberfläche der internationalen Beziehungen, sondern auch die diese Oberfläche prägenden und strukturierenden Machtverhältnisse nachhaltig beeinflussen werden."; DahmlDelbrückIWolfrum, Fn. 16 S. 452; Stocker, Das Prinzip des Common Heritage of Mankind als Ausdruck des Staatengemeinschaftsinteresses (1993) S. 1 und 3. 28 Friedmann, Fn. 1 S. 61 ; ders., General Course in Public International Law, RdC 127 (1969 II1) S. 93; Tomuschat, Fn. 18, AVR (1995) S. 1; Simma, Fn. 19 S. 217; Kewenig, Fn. 27 S. 1: Die Widerstandsfähigkeit des Konzeptes [vom CHOM] ist ein "Beleg für sich abzeichnende Veränderungen an der Basis des Völkerrechts" weg von einer "Rechtsordnung des Nebeneinander" zu einer "dem allgemeinen Völkerrecht zu entnehmenden Pflicht zur Rücksichtnahme des einen gegenüber dem anderen Staat in der internationalen Rechtsgemeinschaft. " 29 Wolfrum, Fn. 10. 30 Kries, Fn. 9 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 349. 31 Albrecht, Europäischer Strukturalismus (1988). 32 Bleckmann, Grundprobleme und Methoden des Völkerrechts (1982) S. 152; ders., Zur Strukturanalyse im Völkerrecht, Rechtstheorie (1978) S. 143. 33 Kries, Weltraumrecht und Dynamik des Völkerrechts, in BodenschatzlBöckstiegel/Weides (Hrsg.), Beiträge zum Luft- und Weltraumrecht. Festschrift zu Ehren von Alex Meyer (1976) S. 329 betont zu Recht die "dynamische und Querschnittsfunktion" des Weltraumrechts für das allgemeine Völkerrecht.

11. Methodischer Ansatz und Gang der Darstellung

35

den Strukturprinzips bestimmt werden kann. Dies wirft die Frage auf, ob rechtsquellentheoretisch die Bestimmung der Menschheitsklausel des CHOM-Prinzips auf Grund der darin zum Ausdruck kommenden verstärkten Allgemeinwohlbindung als "public interest norm ,,35 zur Folge hat, dass der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip der Weltraumrechtsordnung eingestuft werden kann. Darauf aufbauend wird in einem weiteren Schritt der strukturtheoretische Ansatz auf das sicherheitspolitische Element des CHOM-Grundsatzes angewendet36 und insbesondere untersucht, in welcher Weise das Strukturprinzip auf die Bestimmung von Anwendungsbereich, Inhalt und teleologischer Zweckbestimmung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung rückwirkt. Dieser Ansatz ermöglicht es, aufbauend auf einer teleologischen Auslegung zu einer spezifischen Konkretisierung und substanziellen Ausfüllung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung zu gelangen, um so die bisher mangelnde Präzision und die festgestellte Lückenhaftigkeit hinsichtlich Inhalt und Reichweite des Rechtsgebots beheben zu können. Dazu werden die von RiedeP7 in seiner "Theorie der Menschenrechtsstandards " entwickelten Charakteristika von Rechtsstandards im Völkerrecht herangezogen, um grundlegende Rechtsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensmäßiger Hinsicht herauszuarbeiten und in einer Konzeption der kooperativen Sicherheit im Weltraum zusammenzufassen. Durch diesen Ansatz kann die bisherige Dichotomie im Meinungsstreit über die unterschiedliche Auslegung des Begriffs "friedlich" aufgelöst werden. Sie eröffnet eine den Grundsätzen des Weltraumrechts und dem allgemeinen Strukturwandel des Völkerrechts entsprechende Lösung, um die Anwendung und Durchsetzbarkeit des Rechtsgrundsatzes der friedlichen Nutzung und damit die Einhaltung der Schranken militärischer Nutzung des Weltraums mittels verbindlicher Maßgaben für eine konkretisierende Auslegung de lege lata und eine spezifizierende Regulierung de lege ferenda sicherzustellen. 34 Roof, Rethinking the Sources of International Law (1983); Mosler, General Principles of International Law, in Encyclopaedia of Public International Law, Bd. 7 (1984) S. 89; ders., Fn. 17 S. 122-143; Monaco, Sources of International Law, in Encyclopaedia of Public International Law, Bd. 7 (1984) S. 424. 35 Riedel, International Environmental Law - A Law to Serve the Public Interest? - An Analysis of the Scope of the Binding Effect of Basic Principles (Public Interest Norms) in Delbrück (Hrsg.), New Trends in International Lawmaking - International "Legislation" in the Public Interest (1997) S. 81. 36 Für das internationale Recht der Friedenssicherung hat Fischer, Fn. 7 in Bahrl Lutz (Hrsg.) S. 55 den strukturtheoretischen Ansatz fruchtbar gemacht. 37 Riedel, Theorie der Menschenrechtsstandards. Funktion, Wirkungsweise und Begründung wirtschaftlicher und sozialer Menschenrechte mit exemplarischer Darstellung der Rechte auf Eigentum und auf Arbeit in verschiedenen Rechtsordnungen (1986) S. 283. 3*

36

A. Einleitung

Abschließend wird untersucht, ob sich aus dem Strukturprinzip des

CHOM ein Normierungsanspruch der internationalen Gemeinschaft ergibt, solche Konkretisierungen de lege ferenda vorzunehmen, ohne deren Beach-

tung qualitativ neue militärische Nutzungen wie die erstmalige Stationierung von Waffensystemen als unzulässig gelten müssen, und welche möglichen institutionellen Schlussfolgerungen sich daraus ergeben. Hierbei wird insbesondere auf die Konzeption des Rechts der internationalen Gemeinschaft zurückgegriffen, die im gegenwärtigen Stadium der Völkerrechtsentwicklung als Bewahrer des Menschheitsinteresses und als Rechtsträger des Normierungsanspruchs angesehen werden könnte. Die Arbeit will damit auch einen strukturtheoretischen Beitrag zur Konzeption des Rechts der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf staats freie Gemeinschaftsräume leisten. Insoweit bei der Entwicklung der völkerrechtlichen Konzeption Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum auch ausführlich die einschlägige politikwissenschaftliche Literatur zu den rüstungskontroll- und sicherheitspolitischen Fragen im Zusammenhang mit der militärischen Nutzung des Weltraums sowie der internationalen Friedenssicherung herangezogen wird, will die Untersuchung außerdem zur interdisziplinären Grundlegung des Völkerrechts 38 als eines effektiven Ordnungsgefüges der präventiven Friedenssicherung für den Weltraum beitragen. Der Zugang des Menschen zum Weltraum und die Betrachtung der Erde aus dem Weltraum haben in der Philosophie und in der Ethik die universalistische Sichtweise der Menschheit verstärkt. 39 Über die Rechtsphilosophie könnte dies zu einer philosophischen Begründung des völkerrechtlichen Strukturwandels hin zu einer Rechtsordnung der Menschheit beitragen, die in einem gemeinschaftsorientierten universellen Weitraurnrecht40 eine ihrer ersten räumlichen Ausprägungen erfährt und in der Begünstigung Gemein38 Zur Notwendigkeit interdisziplinärer Ergänzung der Völkerrechtswissenschaft s. Simma, Völkerrecht in der Krise? ÖZAP 20 (1980) S. 280; ders., Völkerrecht und Friedensforschung, Die Friedens-Warte, Bd. 57 (1974), S. 71, der unter maßgeblicher Berufung auf Wolfgang Friedmann betont, dass das moderne Völkerrecht die rechtliche Indifferenz des früheren klassischen Völkerrechts gegenüber dem Krieg aufgegeben hat und zur Schaffung einer "nach Wohlfahrtsgesichtspunkten orientierten völkerrechtlichen Infrastruktur, auf deren Grundlage dann auch das umfassende Gewaltverbot einen wirksameren Effektivitätsgrad erreichen kann", beizutragen aufgerufen ist; speziell zu Abrüstung und Rüstungskontrolle, Reijnen, Fn. 6 in Benkö/ Graaff/Reijnen (Hrsg.) S. 182; konkret in Bezug auf die Fragen der Stationierung von We1traumwaffen, Galloway, 1. E.: The Law and U. S. Policy on National Missile Defense, Proc. 43 rd Colloq. Space Law (2001) S. 292. 39 Böckstiegel, Grundlagen des Weltraumrechts, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 1. 40 Kirchhof!, G.: Rechtsphilosophische Grundlagen des kosmischen Rechts, ASRP (1965) S. 449.

11. Methodischer Ansatz und Gang der Darstellung

37

samer Sicherheit im Gemeinschaftsraum eine den überkommenen Antagonismus zwischen den Staaten überwindende Strukturprägung erhält. Diesem Ziel, zu einer solchen gemeinschaftsorientierten Rechts- und Sicherheitsordnung beizutragen, dient die im abschließenden rechtspolitischen Kapitel entwickelte Konzeption einer umfassenden Ordnung Gemeinsamer Sicherheit im Gemeinschaftsraum. Sie wendet die rüstungskontroll- und sicherheitspolitischen Elemente der Konzeption "Gemeinsamer Sicherheit" auf den Weltraum an. Dabei werden die Erfahrungen mit dem Chemiewaffenabkommen als erstem vertraglichen Verbot einer ganzen Waffenkategorie und deren institutionelle Absicherung als Vergleich für die Ausarbeitung einer materiellen, verfahrensmäßigen und institutionellen Struktur für die Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums herangezogen. Als materiellrechtliche Grundlagen für diese Konzeption werden das weltraumrechtliche CHOM-Prinzip, das Kooperationsgebot und das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums untersucht, mit deren sicherheitspolitischer Konkretisierung es der internationalen Gemeinschaft ermöglicht wird, die von dem seinerzeitigen US-Senator Albert Gore41 in ihrer kategorischen Eindeutigkeit bezeichnete Aufgabe zu erfüllen, "not to arm a territory which has never been armed".

41 Der damalige Senator im V.S. Repräsentantenhaus Albert Gore hob in der VN-Generalversammlung am 3. 12. 1962 hervor: "It should be easier to agree not to arm a part of the environment that has never been armed than to disarm parts that have been armed."; wiedergegeben in AJIL 57 (1963) S. 429.

B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus der Weltraummächte über den Weltraum This Treaty, following the precedent of the Antarctic Treaty, concluded outside the United Nations 1959, reserved an unspoiled area for strictly peaceful purposes to benefit all mankind. Präsident Johnson in seiner United Nations Day Proclarnation vom August 1967 über den Weltraumvertrag 1

J. Entstehungsgeschichte des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums 1. Die Weltraummächte verpflichten sich, den Weltraum im Interesse

der Menschheit zu "friedlichen Zwecken" zu nutzen

a) Der Beginn des Weltraumzeitalters geht mit den Bekundungen der Weltraummächte einher, den Weltraum nur zu friedlichen Zwecken im Interesse der ganzen Menschheit zu nutzen und vom Wettrüsten freizuhalten

Die Ausarbeitung der Rechtsordnung für den Weltraum war eng mit den Bemühungen der internationalen Gemeinschaft verknüpft, entsprechend dem Grundsatz der friedlichen Nutzung 2 den Weltraum vom Rüstungswett1 Zitiert nach Goedhuis, An Evaluation of the Leading Principles of the Outer Space Treaty of 27 th January 1967, NTIR 15 (1968) S. 27. 2 Zur Entstehungsgeschichte des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums s. Menon, The United Nations' Efforts to Outlaw the Arms Race in Outer Space. ABrief History with Key Documents (1988) S. 40; Andem, International Legal Problems in the Peaceful Exploration and Use of Outer Space (1992); Jessup/ Taubenfeld, Controls for Outer Space and the Antarctic Analogy (1959) S. 252; Galloway, The Uni ted States and the 1967 Treaty on Outer Space, in Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 18; Sontag, Der Weltraum in der Raumordnung des Völkerrechts. Hoheitsrechte im Weltraum (1966) S. 133 ff.; Vazquez, Cosmic International Law (1965) S. 149; Jenks, Space Law (1965) S. 44; Vlasic, The Legal Aspects of Peaceful Uses of Outer Space, in Jasani (Hrsg.), Peaceful and NonPeaceful Uses of Space. Problems of Definition for the Prevention of an Arms Race

I. Entstehungsgeschichte der friedlichen Nutzung des Weltraums

39

lauf der Großmächte auszunehmen. Trotz der faktischen Hegemonialstellung der USA und der UdSSR als der beiden großen Weltraummächte, die von 19573 bis 1965 als einzige über die Fähigkeit verfügten, Satelliten in den Weltraum zu entsenden, hat die internationale Gemeinschaft im Rahmen der Vereinten Nationen von Anbeginn des Weltraumzeitalters den Anspruch erhoben, dass die Erforschung und Nutzung des staatsfreien Weltraums ausschließlich zu friedlichen Zwecken und im Interesse und zum Vorteil der gesamten Menschheit erfolgen muss. Dieser Anspruch ist (1991) S. 39; ders., Disarmament Decade, Outer Space and International Law, Mc Gill Law Journal 25 (1981) S. 135; Beer, Der Weltraum und seine militärische Nutzung in Friedenszeiten im Lichte des Völkervertragsrechts (Dissertation 1987) S. 100 ff.; Koch, Die friedliche Regelung der Benutzung des Weltraums in Art. IV des "Vertrages über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper vom 27. Januar 1967 als rechtliches Instrument zur Friedenssicherung: Entstehung, Inhalt und politische Bedeutung (Dissertation 1975) S. 59 ff.; Stadler, Rechtliche Schranken der militärischen Tätigkeiten im Weltraum und auf den Himmelskörpern in Friedenszeiten, (Dissertation 1975) S. 54; Reijnen, The United Nations Space Treaties Analysed (1992) S. 41; ders., The Prevention of an Arms Race in Outer Space, in Benkö/Graaff/Reijnen (Hrsg.), Space Law in the United Nations (1985) S. 181; Rehm, Rüstungskontrolle im Weltraum (1965) S. 91; Taubenfeld, Consideration at the Uni ted Nations of the Status of Outer Space, AJIL 53 (1959) S. 405; Volle/Duisberg, Probleme der internationalen Abrüstung 19451961, Dokumente Bd. 1/11 S. 667; Jasentuliyana, International Space Law and the United Nations (1999) S. 24; Benkö/Schrogl, The UN Committee on the Peaceful Uses of Outer Space, in Benkö/Schrogl (Hrsg.), International Space Law in the Making. Current Issues in the UN Committee on the Peaceful Uses of Outer Space (1993) S. 7; Wolfrum, The Problems of Limitation and Prohibition of Military Use of Outer Space, ZaöRV 44 (1984) S. 784; Marcoff, Sur I'Interpretation Juridique de l' Article 4 du Traite Regissant les Activites Spatiales des Etats, Revue general de l' Air 31 (1968) S. 42; ders., Disarmament and "Peaceful Purposes" Provisions in the 1967 Outer Space Treaty, JSL 4 (1976) S. 11; Cheng, Military Use of Outer Space: Article IV of the 1967 Space Treaty Revisisted, in Cheng/Kim (Hrsg.), The Utilization of the World's Air Space and Free Outer Space in the 21 st Century (2000) S. 309; Monserrat Filho, Total Militarization of Space and Space Law: The Future of the Article IV of the 67' Outer Space Treaty, Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 358; Heintze, Peaceful Uses of Outer Space and International Law, in Bender/Hagen/Kalinowski/Scheffran (Hrsg.), Space Use and Ethics, Bd. 1 (2001) S. 243; Andem, International Legal Problems in the Peaceful Exploration and Use of Outer Space (1992) S. 185 ff.; ders. Implications of the 1967 Outer Space Treaty in the New Millenium: ABrief Reflection on the Implications of Proposed Missile Defense Systems, Proc. 43 rd Colloq. Space Law (2001) S. 275; Heath, Jr.: Mahan's Legacy: How Will a New Generation of Weapons fit into Competing Visions of Outer Space, Proc. 43 rd Colloq. Space Law (2001) S. 298. 3 Die UdSSR hat im Oktober 1957 mit Sputnik 1 den ersten Satelliten in den Weltraum gestartet. Die USA folgten mit Explorer 1 im Januar 1958, Frankreich 1965. 1968 startete unter maßgeblicher Beteiligung Deutschlands der erste europäische Forschungssatellit. 1970 folgten Japan, 1971 China, 1980 Indien; 1982 Großbritannien, s. Buedeler, Geschichte der Raumfahrt (2. Aufl. 1982).

40

B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

ursprünglich mit Unterstützung der beiden Weltraummächte entstanden. Der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums wurde von den beiden Großmächten in konkreten Vorschlägen für eine Rechtsordnung des Weltraums und insbesondere für eine Begrenzung militärischer Nutzungen selber eingeführt. Beide stellten ihre ersten Weltraumaktivitäten ausdrücklich in einen multilateralen Rahmen4 und führten ihre ersten Satellitenstarts als Beitrag für das vom International Council 0/ Scientific Unions veranstaltete Internationale Geophysikalische Jahr5 zur internationalen Erforschung und Nutzung des Weltraums zu ausschließlich friedlichen Zwecken durch. Vor dem Hintergrund der sich Mitte der fünfziger Jahre abzeichnenden technischen Fähigkeit der beiden Großmächte, den Weltraum militärisch zu nutzen, haben die USA in ihrem von Botschafter lohn Cabot Lodge in der VN-Generalversammlung vorgestellten ersten Memorandum6 speziell zur Rüstungskontrolle im Weltraum den Vereinten Nationen am 12. Januar 1957 die Einrichtung eines multilateralen Kontrollsystems mit "international inspection and participation" vorgeschlagen. Dies sollte "the first step toward the objective of assuring that future developments in outer space would be devoted exclusively jor peaceful and scientific purposes" [Hervorhebung von mir) sein. " ... if the advance into the unknown was to be a blessing rather than a curse, the efforts of all nations in this field need to be brought within the purview of a disarmament control system. ,,7

4 Kries, Weltraumforschung, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch des Weltraumrechts (1991) S. 254.; Wolfrum, Die Internationalisierung staatsfreier Räume (1984) S. 276 betont allerdings, dass damit noch keine entwicklungspolitischen Partizipationsangebote der Weltraummächte an die Nicht -Weltraumstaaten verbunden waren. 5 Das Internationale Geophysikalische Jahr war eine Gemeinschaftsaktion von Forschungsgesellschaften und Wissenschaftlern aus 66 Ländern. Die Bedeutung des IGJ für die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit war erheblich. Es gab den entscheidenden Anstoß zum Abschluss des Antarktis-Vertrages vom 1. Dezember 1959 sowie für die erste, einstimmig angenommene Weltraum-Resolution der Vereinten Nationen "Entschließung vom 12. Dezember 1959 zur internationalen Zusammenarbeit bei der freidlichen Nutzung des Weltraums", mit der der gleichnamige Ausschuss eingerichtet wurde; s. Kries, Fn. 4 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 254. 6 US Memorandum Submitted to the First Committee of the General Assembly, January 12, 1957, UN Doc. GAOR XI A/C.11738, abgedruckt in Department oj State, Documents on Disarmament 1945-1959 (1960 publication 7008), Bd. 2 S. 733; deutscher Text in Volle/Duisberg, Fn. 2, S. 667; s. Jessup/Taubenjeld, Fn. 2 S. 252; dazu sowie generell zur Rolle der USA bei der Einführung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung Galloway, Fn. 2 S. 18; Vazquez, Fn. 2 S. 149; Wolfrum, Fn. 4 S. 275. 7 US Memorandum, Documents on Disarmament, Fn. 6 S. 733.

I. Entstehungsgeschichte der friedlichen Nutzung des Weltraums

41

Diesen allgemeinen abrüstungspolitischen Zusammenhang einer friedlichen Nutzung des Weltraums Unter "international inspection and participation" hatten die USA bereits ein Jahr zuvor in ihrem ersten Memorandum mit generellen, auch das Kontrollregime für den Weltraum umfassenden Abrüstungsvorschlägen in dem für Abrüstungsfragen zuständigen Ersten Ausschuss der VN hergestellt. 8 Handberl betont in seiner Darstellung der Militarisierung des Weltraums, dass Präsident Eisenhowers Reaktion auf den Sputnik-Erfolg der UdSSR darin bestand, die militärischen Auswirkungen von vornherein gering zu halten, durch internationale Verträge ein Wettrüsten im Weltraum zu verhindern und dafür zu sorgen, dass "... the United States would, if possible, project a peaceJul image regarding space activities ... ". Der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums wurde bereits mit der ersten Resolution der VN-Generalversammlung zum Weltraum vom 14. November 1957 10 etabliert. Sie sah auf der Grundlage eines gemeinsamen Vorschlags von Frankreich, Großbritannien, Kanada und den USA vom August 1957 die Schaffung eines "international system oJ inspection" mit der Aufgabe vor zu gewährleisten, dass die Entsendung von Objekten in den Weltraum "exclusively Jor peaceful purposes" erfolgt. US-Präsident Eisenhower 11 unterstützte in einem Schreiben an Premier Bulganin am 13. Januar 1958 den Vorschlag der VN in folgenden Worten: ,,1 propose that we agree that outer space should be used only for peaceful purposes. We face a decisive moment in history in relation to this matter. Both the Soviet Union and the United States are now using outer space for the testing of missiles designed for military purposes. The time to stop is now."

Darüber hinaus haben die USA den Grundsatz der friedlichen Nutzung und die Menschheitsklausel auch in ihr Landesrecht übernommen. Der am 29. 7. 1958 vom US-Kongress verabschiedete National Aeronautics and Space Act (NASA Act)12 lautet in seiner einleitenden Erklärung zur politischen Zweckbestimmung: 8 U.S. Memorandum on the regulation, limitation, and balanced reduction of all armed forces and armaments, UN Doc./A/ClI783 an die elfte VN-Generalversammlung. 9 Handberg, Seeking New World Vistas. The Militarization of Space (2000) S.44. 10 VN-Resolution 1148 vom 14. 11. 1957; dazu Jenks, Fn. 2 S. 44; Vlasie, Fn. 2 in Jasani (Hrsg.) S. 39; Heintze, Fn. 2 in BenderiHagenlKalinowskilScheffran (Hrsg.) S. 243. 11 Department 01 State, Documents on Disarmament 1945-1959 (1960 publication 7008), Bd. 2 S. 733; abgedruckt auch in Reijnen, Fn. 2 S. 41. 12 Section 102 (a) National Aeronautics and Space Act (NASA Act), Public Law 86-568, 85 th Congress, First Session, H.R. 12575,29. Juli 1958 S. 5.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

"The Congress hereby declares that it is the policy of the United States that activities in space should be devoted to peaceful purposes for the benefit of all mankind." Die UdSSR legten der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 15. März 1958 einen Vertragsentwurf13 vor, der das vollständige Verbot einer Nutzung des Weltraums für militärische Zwecke einschließlich von Interkontinentalraketen vorsah, dies aber mit einer Auflösung von Militärstützpunkten im Ausland verband. Punkt 1 des Vorschlags lautete: ,,1. A ban on the use of cosmic space for military purposes and an undertaking by States to launch rockets into cosmic space only under an agreed international programme. "

Die ersten Vorschläge beider Weltraummächte waren also auf die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum gerichtet und bildeten den Auftakt für die nachfolgenden Bemühungen der internationalen Gemeinschaft im Rahmen der Vereinten Nationen, dies in einem multilateralen Vertrag festzuschreiben. b) Die Schaffung des "Ausschusses der Vereinten Nationen für die friedliche Nutzung des Weltraums" im Jahre 1958 und die Weltraum-Rechtsgrundsätze-Erklärung der VN-Generalversammlung von 1963

Während sich die beiden Großmächte bilateral und in den Genfer Abrüstungsausschüssen über mehrere Jahre in einen langwierigen Verhandlungsprozess über einen Stufenplan für eine umfassende und vollständige Abrüstung begaben, in den insbesondere nach den sowjetischen Vorstellungen das Verbot militärischer Maßnahmen im Weltraum eingebettet werden sollte,14 haben die Vereinten Nationen im weiteren Verlauf des Jahres 1958 unter maßgeblicher Initiative der USA 15 erste konkrete Schritte zur Schaffung einer internationalen Ordnung für die friedliche Nutzung des Welt13 UN Doc. GAOR (XIII) A/3818 v. 17.3. 58, Annexes S. 2; abgedruckt in Reijnen, Fn. 2 S. 47 u. auf Deutsch in VollelDuisenberg, Fn. 1 S. 667; s. ZhukovlKolosov, International Space Law (1984) S. 58; JessuplTaubenfeld, Fn. 2 S. 254; Rehm, Fn. 2 S. 91 ; Taubenfeld, Fn. 2 S. 405; Wolfrum, Fn. 2 S. 784; ders., Fn. 4 S. 275; nach Goedhuis, Fn. I S. 23 war der sowjetische Entwurf durch das vorgesehene Verbot der Stationierung jeglicher Waffen im Weltraum und - entsprechend dem amerikanischen Vorschlag - der internationalen Kontrolle dieses Verbots Ausdruck dessen, dass die Bemühungen der beiden Großmächte anfangs sogar auf eine völlige Entmilitarisierung des Weltraums gerichtet waren. 14 Rehm, Fn. 2 S. 7. 15 Galloway, Fn. 2 S. 20 bewertet die US-Bemühungen in den VN während dieser frühen Jahre zusammenfassend wie folgt: "The United States pursued policies in the United Nations that strengthened peaceful uses ... ".

1. Entstehungsgeschichte der friedlichen Nutzung des Weltraums

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raums unternommen. Auf Vorschlag von US-Außenminister Dulles,16 einen Ad hoc-Ausschuss "to prepare for a fruitful program on international cooperation in the peaceful uses of outer space" zu schaffen, beschloss die VN-Generalversammlung im Dezember 1958 die Errichtung des "Ad-hocCommittee on the Peaceful Uses of Outer Space ". 17 In seinem ersten - einstimmig verabschiedeten - Bericht 18 betonte der Ausschuss, dass die Menschheit ein gemeinsames Interesse am Weltraum habe und die friedliche Erforschung und Nutzung des Weltraums zum Nutzen der ganzen Menschheit dienen müsse. Auf Grund der eminent wichtigen Bedeutung dieser Frage für die internationale Gemeinschaft beschlossen die VN bereits im darauffolgenden Jahr, den Ad-hoc-Ausschuss unter dem Namen "Committee on the Peaceful Uses of Outer Space (COPUOSr in einen ständigen Ausschuss der Generalversammlung umzuwandeln. 19 Nachdem anfänglich die UdSSR aus Sorge, von der Gruppe der westlichen Staaten unter Führung der USA majorisiert zu werden, noch gegen die Resolution zur Einrichtung des Weltraumausschusses gestimmt hatte und sich an dessen Arbeit nicht beteiligte,20 wuchs jedoch rasch die Einsicht, dass das Gemeinschaftsinteresse an einer friedlichen Nutzung des Weltraums nur verwirklicht werden könne, wenn an der Entwicklung der Rechtsgrundsätze alle Staaten, zumindest alle wesentlichen Staatengruppen beteiligt wurden. Indien und die Vereinigte Arabische Republik trugen durch ihre Weigerung, ihren Sitz solange nicht einzunehmen, bis nicht beide Weltraummächte in dem Ausschuss mitarbeiteten,21 zu einem Kompromiss bei, der durch Erhöhung der Mitgliederzahl von ursprünglich 18 auf 24 Staaten erzielt wurde. Die sowjetische Forderung nach einem ausdrücklichen Vetorecht im Ausschuss konnte damit abgewehrt werden, dass der Weltraumausschuss und seine Unterausschüsse ab 1961 als erste VN-Gremien durchgängig nach der consensus-Methode arbeiteten?2 Die Mitgliederzahl wurde in der Folge mehrmals bis auf heute 61 erhöht. 23 Alle von dem Ausschuss vorbereiteten 16 Department of State Bulletin 1958 S. 529 und Resolutionsentwurf der USA und 19 weiterer Staaten, UN Coc. A/C.1IL.220 Rev. 1 vom 13. 11. 1958. 17 VN-Res. 1348 (XIII) v. 13. 12. 1958. 18 UN Doc. A/4141 v. 14. 7. 1959. 19 VN-Res. 1472 (XIV) v. 12. 12. 1959; abgedruckt in WelckiPlatzöder, Weltraumrecht. Law of Outer Space. Textsammlung (1987) S. 597. 20 Reijnen, Fn. 2 S. 20. 21 Reijnen, Fn. 2 S. 20. 22 Der österreichische Vorsitzende des Weltraumausschusses Franz Matsch berichtete der 17. Generalversammlung 1962, dass sich der Ausschuss darauf verständigt hat "to conduct the Committee's work in such a way that it would be able to reach agreement in its work without need for voting"; s. GAOR, 17. Sitzung (1962), Annexes Agenda Item 27, UN Doc. A/5181 v. 27. 9. 1962 S. 2. 23 lasentuliyana, Fn. 2 S. 24; Benkö/Schrogl, Fn. 2 in Benkö/Schrogl (Hrsg.) S. 7. Mitglieder sind: Albanien, Argentinien, Australien, Österreich, Belgien, Benin, Bra-

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Resolutionen wurden auch in der Generalversammlung im Wege des consensus verabschiedet. Das im Weltraumausschuss und seinen beiden Unterausschüssen 24 seitdem durchgängig geltende consensus-Prinzip hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die dort erarbeiteten und von der VNGeneralversammlung einstimmig empfohlenen Übereinkommen und Grundsatzresolutionen zur Festlegung des Weltraurnrechts 25 allgemein anerkannt und von der Mehrheit der Mitgliedstaaten auch ratifiziert wurden?6 Mit der vom Weltraumausschuss vorbereiteten und am 20. 12. 1961 verabschiedeten Resolution 1721 27 empfahl die VN-Generalversammlung den silien, Bulgarien, Burkina Faso, Kamerun, Kanada, Tschad, Chile, China, Kolumbien, Tschechische Republik, Ecuador, Ägypten, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Iran, Irak, Kasachstan, Korea, Kenia, Kuba, Libanon, Mexiko, Mongolei, Marokko, Nicaragua, Niederlande, Niger, Nigeria, Pakistan, Peru, Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Senegal, Sierra Leone, Spanien, Sudan, Schweden, Südafrika, Syrien, Türkei, Ukraine, Vereinigtes Königreich, USA, Uruguay, Venezuela, Vietnam und BRJugoslawien. 1993 erhielten die ITU, IAEA und UNESCO einen Beobachterstatus. 24 Legal Subcommittee und Scientific and Technical Subcommittee. 25 Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper vom 27. Januar 1967 (Weltraumvertrag), BGBI. 1969 11 S. 1969; abgedruckt in Welck/Platzöder, Fn. 19 S. 25 (Stand Ratifizierung zum 1. 2. 2001: 96 Ratifizierungen und 27 Unterzeichnungen); Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten auf dem Mond und anderen Himmelskörpern (Mondvertrag), abgedruckt in Welck/Platzöder, Fn. 19 S. 30 (Stand der Ratifizierungen zum 1. 2. 2001: 9 Ratifizierungen, 5 Unterzeichnungen); Übereinkommen vom 14. Januar 1975 über die Registrierung von in den Weltraum gestarteten Gegenständen (Weltraurnregistrierungsabkommen), abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 49 (Stand Ratifizierung zum 1. 2. 2001: 43 Ratifizierungen und 4 Unterzeichnungen); Übereinkommen vom 22. April 1968 über die Rettung und Rückführung von Raumfahrern sowie die Rückgabe von in den Weltraum gestarteten Gegenständen (Weltraurnrettungsabkommen), BGBI. 1971 11 S. 238 abgedruckt in Welck/Platzöder, Fn. 19 S. 39; Übereinkommen vom 29. März 1972 über die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände (Weltraumhaftungsabkommen), BGBI. 1975 11 S. 1210 abgedruckt in Welck/Platzöder, Fn. 19 S. 42; Entschließung vom 3. Dezember 1986 von Prinzipien zur Fernerkundung der Erde vom Weltraum (VN Res. 41165), abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 643; Entschließung 41/65 vom 3. Dezember 1986 von Prinzipien zur Satellitendirektübertragung; abgedruckt in Classen, Fernerkundung und Völkerrecht. Völkerrechtliche Probleme der Fernerkundung der Erde aus dem Weltraum (Dissertation 1987) S. 235. 26 Kewenig, Menschheitserbe, Konsens und Völkerrechtsordnung, EA 36 (1981) S. 1 wies als erster auf den engen Zusammenhang zwischen der erstmals bei der Kodifizierung im See- und Weltraumrecht angewandten consensus-Methode und der Art und Weise der Normenbildung sowie seiner Inhalte hin, welche die im consensus-Prinzip zum Ausdruck kommende Strukturverschiebungen im Völkerrecht widerspiegeln; s. auch Wol/rum, The Principle of the Common Heritage of Mankind, ZaöRV 43 (1983) S. 336; ders., Fn. 4 S. 45; s. dazu ausführlich u. Kapitel C. 11. 4.

1. Entstehungsgeschichte der friedlichen Nutzung des Weltraums

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Staaten, sich bei der friedlichen Erforschung und Nutzung des Weltraums von zwei Prinzipien leiten zu lassen: Anwendung des allgemeinen Völkerrechts und insbesondere der VN-Charta im Weltraum und Ausschluss einer nationalen Aneignung von Teilen des Weltraums und seiner Ressourcen. Außerdem werden alle Staaten, die Objekte in den Weltraum entsenden, aufgefordert, dem Weltraumausschuss alle Informationen über den Flug zu unterbreiten, damit dieser ein öffentliches Weltraumregister einrichten kann. Mit der Resolution 1802 v. 14. 12. 196228 unter dem Titel "International Cooperation in the Peaceful Uses of Outer Space" bekräftigte die VNGeneralversammlung ihre Aufforderung, dass alle Staaten den Weltraumausschuss über ihre nationalen Weltraumprogramme umfassend unterrichten sollen, und beauftragte den Ausschuss, umfassende weltraumrechtliche Prinzipien für die friedliche Nutzung des Weltraums zu erarbeiten. Ein Jahr später verabschiedete die VN-Generalversammlung schließlich mit dem Anspruch, die Grundlagen für die künftige Rechtsordnung des Weltraums zu schaffen, die vom Weltraumausschuss ausgearbeitete grundlegende Entschließung 1962 vom 13. 12. 1963 29 unter dem Titel "Declaration of Legal Principles Governing the Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space ". Der eigentliche Anstoß für die Grundsatzresolution, die in Ziffer 1 die friedliche Nutzung des Weltraums "zum Wohle und im Interesse der ganzen Menschheit (for the benefit and in the interests of all mankind)" vorsieht, war das Bestreben der internationalen Gemeinschaft, den Weltraum frühzeitig in vertragliche Rüstungskontrollbeschränkungen einzubeziehen?O Im Weltraumausschuss hatten besonders Brasilien, Indien, Japan und Libanon mit Blick auf die Grundsatzresolution darüber hinaus gefordert, dass in der Resolution und in einem späteren Weltraumvertrag die "unequivocal provision that space may be used only for peaceful purposes" als echter "operative paragraph" ausgestaltet werden sollte. 31 Die Grund27 VN-Res. 1721 (GV XVI) v. 20. 12. 1961; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 598. 28 VN-Res. 1802 (GV XVII) v. 14. 12. 1962. 29 VN-Res. 1962 v. 13. 12. 1963 (GV XVIII); abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 602. 30 Kries, Die militärische Nutzung des Weltraums, in Böckstiegel (Hrsg.) S. 329; Wolfrum, Fn. 2 S. 799; ders., Fn. 4 S. 275; ebenso Hobe, Die rechtlichen Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums (1992) S. 104, der betont, dass beide Großmächte die weltraumrechtliche Menschheitsklausel primär mit dieser abrüstungspolitischen Zielsetzung verbunden haben und sich die Diskussion über ihren Inhalt erst in einer späteren Phase dem wirtschaftspolitischen Verteilungsaspekt zuwandte; s. u. C. 1. 3. 31 Jenks, Fn. 2 S. 192 mwN. Ebenso bereits die Resolution des Institute of International Law in Annuaire de l'Institut de Droit International Bd. 50 11, S. 104, das darauf hinweist, dass die Festschreibung des Gebots der friedlichen Nutzung lediglich als "objective" und nicht als operatives "legal principle" insbesondere "pending

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

satzresolution hebt dabei erstmals im Rahmen der Menschheitsklausel die besondere Berücksichtigung der Entwicklungsländer hervor. 32 Die von der VN-Generalversammlung wiederum einstimmig verabschiedete 33 Resolution enthält bereits alle wesentlichen, in der Folge vom Weltraum vertrag VOn 1967 übernommenen Grundsätze. Paragraph 4 sieht vor, dass alle Weltraumaktivitäten "in the interest 0/ maintaining international peace and security and promoting international cooperation and understanding" durchgeführt werden müssen. In Paragraph 6 wird das Konsultationsverfahren bei VOn einem Staat befürchteten Beeinträchtigungen in seinen friedlichen Weltraumnutzungen eingeführt: "If aState has reason to believe that an outer space activity .. planned by it ...

would cause potentially harrnful interference with activities of other States in the peaceful exploration and use of outer space, it shall undertake appropriate international consultation before proceeding with any such activity or experiment."

Die beiden Weltraummächte hatten somit von vornherein anerkannt, dass die Regelung über die Nutzung des Weltraums eine multilaterale Angelegenheit der universellen Staatengemeinschafe4 ist und die Weltraumnutzung ausschließlich friedlichen Zwecken dienen und zum Nutzen der Menschheit erfolgen muss. Dabei spielte sicherlich für beide Weltraummächte die Motivation eine Hauptrolle, von Anfang an zu verhindern, dass der andere militärische Vorteile durch die Nutzung des Weltraums erlangt. Deshalb liefen parallel zu den Arbeiten im Weltraumausschuss auch intensive Abrüstungsgespräche zum Weltraum im Rahmen zunächst des ZehnStaaten-Abrüstungsausschusses und seit 1962 des Achtzehn-Staaten-Abrüstungsausschusses, aus denen 1979 die Genfer Abrüstungskonferenz hervorging?5 Die UdSSR und die USA unterbreiteten dort am 19. 3. 1962 bzw. am 18. 4. 196236 insbesondere hinsichtlich der Maßnahmen bezüglich des clarification of its meaning" nicht ausreiche, um alle militärischen Nutzungen zu unterbinden. 32 Hobe, Fn. 30 S. 104. 33 Welck/Platzöder, Fn. 19 S. 602. 34 So ausdrücklich der sowjetische Delegierte am 12. 7. 1962 im Unterausschuss für Rechtsfragen des Weltraumausschusses, UN Doc.A/AC.105/C.2/SR.57 S. 12, der bereits von der "international community as a whole" spricht und die "common interest clause" [Artikel I Absatz 1 WRV] bezeichnet als "not just a statement 0/ the rights 0/ states, but a guarantee that the interests, not only 0/ individual states, but 0/ alt countries and 0/ the international community as a whole, would be protected. "; s. auch Matte, The Common Heritage of Mankind and Outer Space, AASL 12 (1987) S. 318. 35 Auf den engen Zusammenhang zwischen der Weltraumfrage und dem Prozess der multilateralen Abrüstungsgespräche weisen besonders Vlasie, Fn. 2 S. 135; ders., Fn. 2 in Jasani (Hrsg.) S. 39; Jenks, Fn. 2 S. 46 ff.; Jasentuliyana, Fn. 2 S. 24; Sontag, Fn. 2 S. 133; Menon, Fn. 2 S. 39 hin. Zu den multilateralen Abrüstungsausschüssen s. auch Ipsen, Völkerrecht, 4. Auf!. (1999) S. 1011.

I. Entstehungsgeschichte der friedlichen Nutzung des Weltraums

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Weltraums ehrgeizige Entwürfe für einen Vertrag über eine allgemeine und vollständige Abrüstung, die zur Unterstützung der friedlichen Zusammenarbeit im Weltraum die vorherige Notifizierung aller Satelliten- und Raketenstarts an eine zu schaffende International Disarmament Organization vorsahen. Sie sollte nach beiden Vorschlägen über eine Gruppe von Inspektoren ("inspection teams") zur Vor-Ort-Inspektion verfügen. Jedoch konnten sich die beiden Großmächte u. a. wegen der Forderung Moskaus nach Auflösung aller ausländischen Militärstützpunkte und wegen der Ausgestaltung der Verifikation und Inspektion nicht einigen, auch nachdem es bei der Genfer Zehnmächte-Abrüstungskonferenz im Juni 1960 Annäherungen hinsichtlich der Sequenz der Abrüstungsschritte in dem Stufenplan zur vollständigen Abrüstung gegeben hatte. Washington sah in der Forderung nach Auflösung der Militärstützpunkte den Versuch Moskaus, seinen zeitweisen technologischen Vorsprung bei der Entwicklung ballistischer Interkontinentalraketen zu nutzen, um Westeuropas Sicherheit von der Amerikas abzutrennen. c) Erste begrenzte Demilitarisierungseifolge betreffend den Weltraum

im Jahre 1963 und weitere multilaterale Bemühungen um ein Verbot der Stationierung von Waffen im Weltraum

Am 31. 10. 1958 begann in Moskau zwischen den drei Initiatorstaaten

USA, Großbritannien und der UdSSR die Konferenz über die Einstellung

von Kernwaffenversuchen. Die Verhandlungen gestalteten sich vor allem in der Frage der örtlichen Inspektionen und der Behandlung unterirdischer Kernwaffentests, welche die USA ohne Vor-Ort-Inspektionen nicht als für eindeutig von Erdbeben unterscheidbar ansahen, schwierig,37 so dass erst nach einem Briefwechsel zwischen Präsident Kennedy und Generalsekretär Chruschtschow vom Dezember 1962 und Januar 1963 38 im Juli 1963 eine Einigung gelang. Das Abkommen über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser vom 5. 8. 1963 39 verbietet außer unterirdischen Versuchen auch Kernwaffentests und -explosionen im Weltraum. 36 Abgedruckt in Disarmament, Miscelleneous, No. 22 (1962) Further Documents Relating to the Conference of the 18-Nation Committee on Disarmament (Session March 14, 1962 to June 15, 1962) Presented to the Parliament by the Secretary of State for Foreign Affairs by Command of her Majesty, July 1962 (London, Document No. 4) S. 18 (UdSSR-Entwurf) u. S. 53 (USA-Entwurf); dazu Rehm, Fn. 2 S. 30; Jenks, Fn. 2 S. 48; Sontag, Fn. 2 S. 135 mwN. 37 Rehm, Fn. 2 S. 45. 38 Abgedruckt in EA 411963, S. D 105 ff.; s. zu den Verhandlungen Stadler, Fn. 2 S. 28; Mark, Die Einstellung von Kernwaffenversuchen (1965) S. 7. 39 "Partial Test Ban Treaty", BGBl. 1964 11 S. 906 (Stand 1. Januar 2001: 126 Vertragsparteien).

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Um auch die drängende Frage des Verbots von Waffen, insbesondere von Nuklearwaffen im Weltraum nicht zu einer Geisel des ungewissen Schicksals einer sich zunehmend als zu ehrgeizig erweisenden umfassenden Abrüstungsvereinbarung der Großmächte werden zu lassen, schlug Kanada 1962 bei inhaltlicher Übernahme der Vorschläge der USA und der UdSSR vor, die Verhandlungen über die Weltraumwaffenfrage von den allgemeinen Abrüstungsgesprächen zu trennen und diese entweder im Weltraumausschuss oder in einem eigenen Unterausschuss des Achtzehn-Mächte-Abrüstungsausschusses zu behandeln. 4o Mexiko 41 hat dann im Juni 1963 im AchtzehnMächte-Ausschuss den Anspruch der internationalen Gemeinschaft auf multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung der Stationierung von Waffen im Weltraum mit einem ersten konkreten Vertragsentwurf im Rahmen des Achtzehn-Mächte-Abrüstungsausschusses zum Verbot der Stationierung von Waffen und insbesondere von Kernwaffen oder anderen Massenvernichtungswaffen im Orbit geltend gemacht. 42 So wird in den Präambelerwägungen des Entwurfs die " ... Erkenntnis, daß die friedliche Nutzung des Weltraumes für alle Zeiten im allgemeinen Interesse der Menschheit [Hervorhebung von mir] liegt und daß dieser weder zum Ort der Austragung noch zum Gegenstand internationaler Streitfälle werden sollte ... und daß die gesamte Menschheit ein Recht auf den Weltraum und die Himmelskörper hat,,43

zum Ausgangspunkt des Anspruchs der internationalen Gemeinschaft erhoben, dass der Weltraum nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden darf. Zuvor waren entsprechende Vorschläge - erstmals im September 1960 von US-Präsident Eisenhower44 - für ein Stationierungsverbot von Nuklear- und Massenvernichtungswaffen im Weltraum regelmäßig daran gescheitert, dass 40 ENDC/19/Rev. 1 v. 6. 4. 1962 und Statement by the Honourable Howard Green, Secretary of State for External Affairs of Canada, ENDC/l7 v. 28. 3. 1962; dazu Alves, Prevention of an Arms Race in Outer Space: A Guide to the Discussions in the Conference on Disarmament (UNIDIR 1991) S. 3. 41 UNDoc. ENDC/98, 21. 6.1963; abgedruckt in WelckiPlatzäder, Fn. 19 S. lll; dazu Rehm, Fn. 2 S. 38; Menon, Fn. 2 S. 40; Alves, Fn. 40 S. 3. 42 Die mexikanischen Vorschläge waren nach Alves, Fn. 40 S. 3 mwN in Fn. 15 auch eine Reaktion auf Tests der beiden Weltraummächte zur Entwicklung von landgestützten nuklearen und nicht-nuklearen Antisatelliten-Waffen Anfang der sechziger Jahre (USA: Zeus, Nike-X und Thor missiles und auf sowjetischer Seite: Galosh [US-Bezeichnung]); s. auch Rehm, Fn. 2 S. 37 u. Lellouche (Hrsg.), La guerre des satellites. Enjeux pour la communaute internationale (IFRI 1987) S. 67. 43 UN Doc. ENDC/98, 21. 6. 1963, Fn. 40. 44 Rede Präsident Eisenhowers vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 22. September 1960, abgedruckt in U.S. Senate, Committee on Aeronautical and Space Sciences, Statements by Presidents of the United States on International Co-operation in Space - A Chronology: October 1957-August 1971, S.Coc. NO.9240, 92 nd Congress, 1st Sess., 16 (1971) und auf Deutsch in Rehm, Fn. 2 S. 99. Eisenhower betonte, eine Einigung über diese Vorschläge würde künftige Generatio-

I. Entstehungsgeschichte der friedlichen Nutzung des Weltraums

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die UdSSR die von den USA zur Verifikation eines solchen Verbots für unverzichtbar erachteten Vor-Ort-Inspektionen hartnäckig ablehnte. Nachdem beide Seiten in den Folgejahren die notwendigen nationalen Fähigkeiten zur Überwachung eines solchen Verbots durch Satelliten entwickelt hatten, bestanden die USA nicht länger auf Vor-Ort-Inspektionen. 45 Somit konnten sich die bei den Weltraummächte dann innerhalb weniger Wochen zunächst bilateral auf ein auf Kern- und andere Massenvernichtungswaffen im Weltraum beschränktes Verbot verständigen. Auf Grund des unmittelbar vorangegangenen, langwierigen und schwierigen Ratifikationsprozesses im USSenat hinsichtlich des partiellen Teststoppabkommens entschied sich die Kennedy-Administration, die Verständigung über das Verbot von Atomwaffen im Weltraum nicht durch einen förmlichen Vertrag zu besiegeln, sondern entsprechende einseitige Verpflichtungserklärungen auszutauschen und dies im Rahmen der Vereinten Nationen zu manifestieren. 46 Die VN-Generalversammlung verabschiedete kurz darauf einstimmig einen entsprechenden Entschließungsentwurf am 17. 10. 1963 als Resolution 1884 unter dem Titel "General and Complete Disarmament". Darin begrüßte sie die Erklärungen der USA und UdSSR und "calls upon all States: ... (a) to refrain from placing in orbit around the earth any objects carrying nuc\ear weapons or any other kinds of weapons of mass destruction, installing such weapons on celestial bodies, or stationing such weapons in outer space in any other manner.,,47

Die Vertreter Österreichs und Indiens 48 im Weltraumausschuss kritisierten allerdings, dass es weder im Achtzehnmächte-Abrüstungs- noch im Weltraumausschuss gelungen sei, ein darüber hinausgehendes, generelles Verbot der Stationierung von Waffen im Orbit zu erreichen. Der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums in der ersten Resolution der VN-Generalversammlung zum Weltraum vom 14. November 1957, der inzwischen von mehr als 120 Staaten ratifizierte partielle Teststoppvertrag sowie die auch als "No-bombs-in-Orbit"-Resolution49 bezeichnen "... nicht vor eine weitere furchterregende Dimension des Rüstungswettlaufs stellen". 45 O'Neill, Jr., The Development of International Law Ooverning the Military Use of Outer Space, in Durch (Hrsg.), National Interest and the Military Use of Space (1984) S. 173. 46 lOH Nuclear Test Case, ICJ Reports 1974, 253 qualifiziert eine einseitige Erklärung als rechtlich verbindlich. Umso mehr gilt dies, wenn einseitige Erklärungen mit dem Ziel ihrer Verbindlichkeit ausgetauscht werden; s. SinghlMcWhinney, Nuc\ear Weapons and Contemporary International Law (2. Auf!. 1989) S. 235; O'Neill, Fn. 45 S. 173. 47 VN-Res. 1884 (XVII) v. 17. 10. 1963, abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 601; Jenks, Fn. 2 S. 50. 48 UNDoc. A/5549/Add.l v. 27. 11. 1963 S. 21 u. 28. 4 Wolter

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

nete Entschließung der VN-Generalversammlung 1884, welche die erste ausdrückliche Verbotsnorm bezüglich der Verbringung von Waffen in den Weltraum enthielt, setzten den multilateralen Rechtsrahmen für eine (Teil-) Entmilitarisierung des Weltraums, den die beiden Weltraummächte erst zehn Jahre später mit dem Abschluss des ABM-Vertrags 50 durch bilaterale Vereinbarungen ausfüllen werden. In einer parallelen Entwicklung im Seerecht und hinsichtlich der Antarktis ging die Festschreibung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung auch für weitere internationalisierte staatsfreie Räume - die Antarktis und den Meeresboden außerhalb nationaler Hoheitsgewalt - wiederum von den beiden Großmächten aus bzw. wurde von diesen unterstützt. So sah der auf Einladung von US-Präsident Eisenhower51 zur Verhinderung einer Militarisierung der Antarktis in Washington ausgehandelte Antarktisvertrag 52 deren vollständige Demilitarisierung vor. Artikel 1 Absatz 1 verbietet jede militärische Nutzung, insbesondere "any measures of military nature, such as the establishment of military bases or fortifications, the carrying out of military manoeuvres, such as tests of any kind of weapons.,,53

Bezüglich des Meeresbodens verabschiedete die VN-Generalversammlung am 17. 12. 1970 eine entsprechende Grundsatzerklärung, 54 die in Paragraph 8 vorsieht: "The area shall be reserved exclusively for peaceful purposes ... One or more international agreements shall be concluded as soon as possible in order to implement effectively this principle and to constitute a step towards the exclusion of the sea-bed, the ocean floor and the subsoil thereof from the arms race."

49 Courteix, Le Traite de 1967 et son Application en Matiere d'Utilisation Militaire de I'Espace, Politique Etrangere 36 (1971) S. 257; Poulantzas, The Outer Space Treaty of January 27, 1967 - A Decisive Step Towards Arms Control, Demilitarization of Outer Space and International Supervision, in Proc. 10th Colloq. Space Law (1968) S. 213. 50 Vertrag vom 26. Mai 1972 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion über die Begrenzung der Systeme zur Abwehr ballistischer Flugkörper (ABM-Vertrag), abgedruckt in Welck/Platzöder, Pn. 19 S. 62; ausführlich zum Verhältnis von ABM-Vertrag und Grundsatz der friedlichen Nutzung s. Kapitel D.VI. 51 Einladungsnote in Dept. State Bull. 38 (1958) S. 911. 52 Washingtoner Abkommen vom 1. Dezember 1959 über die Antarktis; in Berber, Dokumente, S. 857 ff. 53 Ebenso Art. 2 Statute of the International Agency of Atomic Energy. 54 Declaration of Principles Governing the Sea-bed and the Ocean Floor and the Subsoil Thereof Beyond the Limits of National Jurisdiction, UNGA Res. 2749 (XXV) v. 17. 12. 1970; deutscher Text in EA 26 (1971) S. D 119 ff.

I. Entstehungsgeschichte der friedlichen Nutzung des Weltraums

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Dementsprechend wurde am 11 . 2. 1971 der Vertrag über das Verbot der Anbringung von Nuklear- und anderer Massenvernichtungswaffen auf und unter dem Meeresboden55 abgeschlossen. Ebenso wie beim Weltraumvertrag blieb hinsichtlich des Meeresbodens mangels einer Artikel I Absatz I Antarktisvertrag vergleichbaren Legaldefinition der darüber hinausgehende Umfang des Begriffs "friedlich" allerdings umstritten, wobei die ganz große Mehrheit der Staaten den Begriff im Sinne einer vollständigen Demilitarisierung verstanden wissen wollte. 56 In der einstimmig angenommenen Meeresbodenprinzipienerklärung bringt die VN-Generalversammlung ausdrücklich ihre Erwartung zum Ausdruck, dass aus dem Rechtsgebot der friedlichen Nutzung die Pflicht zu seiner "effektiven Implementierung" durch ein oder mehrere internationale Abkommen als Schritt "towards the exclusion of the area from the arms race" folgt. 57 Auf diesen Konkretisierungs- und Umsetzungsbedarf und den dementsprechenden -anspruch der internationalen Gemeinschaft hinsichtlich der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums wird in Bezug auf den weltraumrechtlichen Grundsatz noch im Einzelnen eingegangen.58 2. Der Weltraumvertrag als "Magna Charta" der Weltraumordnung und die Überordnung des Allgemeinwohlinteresses der internationalen Gemeinschaft über einzelstaatIiche Partikularinteressen im Sicherheitsbereich Die "Legal Principles"-Entschließung von 1963 bildete die Ausgangslage für den ersten und wichtigsten völkervertraglichen Rechtssetzungsschritt der Vereinten Nationen im Weltraumrecht, als die VN-Generalversammlung am 19. Dezember 1966 einstimmig den Entwurf des im Unterausschuss für Rechtsfragen des Weltraumausschusses ausgearbeiteten "Vertrages über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper" verabschiedete. 59 Auch in den Verhandlungen über den Weltraum vertrag im Rahmen des Weltraumausschusses und des Ersten Ausschus55 BGBI. II, S. 326; Fahl (Hrsg.), Internationales Recht der Rüstungsbeschränkung (Lose-Blatt-Sammlung 1975 ff.) Nr. 6. 56 Wolfrum, Fn. 4 S. 347 und mit Nachweisen in Fn. 57; ders., Restricting the Use of the Sea to Peaceful Purposes: Demilitarization in Being?, GYIL 24 (1975) S. 201; Payoyo, Cries of the Sea. World Inequality, Sustainable Development and the Common Heritage of Humanity (1997) S. 313; Virally, Les Utilisations Militaires des Espaces et leur Limitation par le Droit International, RGDIP 88 (1984) S. 5. 57 s. zu einer vergleichenden Betrachtung der Bestimmungen "friedlicher Nutzung" für staatsfreie Gebiete einschließlich der Hohen See mit dem weltraurnrechtlichen Grundsatz ausführlich u. Kapitel D. 11. 1. 58 s. u. Kapitel D. VII. 4*

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

ses der Generalversammlung war es das verkündete Hauptziel der bei den Weltraummächte, ein Übergreifen des Wettrüstens auf den Weltraum zu verhindem. 6o Die USA 61 und die UdSSR 62 legten am 7. 5. 1966 bzw. am 30. 5. 1966 im Weltraumausschuss jeweils einen Vertragsentwurf vor, dessen Bestimmungen zur militärischen Nutzung die völlige Entmilitarisierung des Mondes und der anderen Himmelskörper sowie eine nur teilweise Entmilitarisierung des Weltraums per se durch das Verbot der Stationierung von Nuklear- und anderer Massenvernichtungswaffen im Orbit vorsahen. Diese haben dann unverändert in Artikel IV Absatz 1 und 2 WRV ihren Niederschlag gefunden. Mit seinen insoweit eindeutigen, jede militärische Nutzung verbietenden Bestimmungen für den Mond und die Himmelskörper (Artikel IV Absatz 2) erreichte der Weltraumvertrag immerhin für einen Teilbereich eine vollständige Demilitarisierung. Während die USA den gesamten Vertrag ursprünglich nur auf die Himmelskörper begrenzen wollte, drängten die anderen Delegationen einschließlich der UdSSR im Weltraumausschuss auf die Anwendung des Vertrages auf den gesamten Weltraum. 63 Die USA, die in ihrem ersten Entwu~4 sogar das Verbot von Nuklearwaffen auf die Himmelskörper beschränken wollten, lenkten ein und der US-Vertreter, Botschafter Goldberg, 65 erklärte in der VN-Generalversammlung 59 UN Doc. A/RES/2222 (XXI) vom 19. 12. 1966; aus dem umfangreichen Schrifttum zum Weltraumvertrag s. die Kommentierung des Vertrages bei Reijnen, Fn. 2 S. 87 ff.; Bueckling, Der Weltraumvertrag (1980); Finch, Magna Charta of Outer Space, in Proc. 26 th Colloq. Space Law (1984) S. 11; Cocca, M. de las Mercedes Esquivel, Is it Necessary to Redefine Principles and Conceptions of the Outer Space Treaty?, in Proc. 40 th Colloq. Space Law (1998) S. 84; lasentuliyana, Article I of the Outer Space Treaty Revisited, JSL 17 (1989) S. 129; Bin Cheng, The 1967 Space Treaty Thirty Years On, in Proc. 40 th Colloq. Space Law (1998) S. XVII; ders., The 1967 Outer Space Treaty: Thirtieth Anniversary, Air & Space Law 23 (1998) S. 147; Quizhi He, The Outer Space Treaty in Perspective, in Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 51; lasentuliyana, The Development of the Outer Space Treaties and Legal Principles From a Third World Perspective, in Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 57 sowie die Beiträge u. a. von Christol; Cocca; Galloway; Gorove; lankowitsch; Vereshchetin jeweils in Proc. 4(jh Colloq. Space Law des International Institute 0/ Space Law der International Astronautical Federation, das sein alljährliches Kolloquium 1997 einem Rückblick auf den Vertrag widmete. 60 Hasselmann, Weapons of Mass Destruction, Article IV Outer Space Treaty and the Relationship to General Disarmament, Proc. 25 th Colloq. Space Law (1983) S. 103. 61 AlAC.l05/32 vom 17.6. 1966. 62 A/6352 v. 16. 6. 1966. 63 Dembling, Negotiating Issues in Forming the 1967 Treaty on Outer Space, Proc. 40 th Colloq. Space Law (1997) S. 37; Courteix, Fn. 49, S. 257. 64 Artikel 8 und 9 des US-Entwurfs, A/AC.105/35, Annex I S. 14. 65 UNGA Committee 1,17. 12. 1966 in Dept. State Bull. V. 9. 1. 1967 S. 78.

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"the central issue was to ensure that outer space and celestial bodies were reserved exclusively for peaceful activities ... and that man's earthly conflicts will not be carried into outer space."

Allerdings waren die Weltraummächte akribisch darauf bedacht, dass keine Bestimmung des Vertrages mit ihren Planungen in Widerspruch geraten konnte, in beschränktem Maße militärische Nutzungen des Weltraums zu ermöglichen. Dies waren zum Einen die auf beiden Seiten in der Entwicklung befindlichen interkontinentalen ballistischen Raketen, die einen Teil ihrer Flugbahn im Weltraum absolvieren, ohne allerdings in eine Erdumlaufbahn platziert zu werden. Zum Anderen ging es um auch militärischen Zwecken dienende, sog. "support activities" durch den Einsatz von Satelliten für Reconnaisance-, Navigations- und Aufklärungszwecke,66 denen vor allem die USA im Rahmen der nuklearen Abschreckung ausdrücklich friedenssichernde Wirkung durch ihre Frühwarnfunktion und die - 1972 im SALT I-Abkommen 67 indossierte - Überwachungsfunktion als "national means of verification" zuerkannten. 68 Dies war nach Einschätzung des ehemaligen österreichischen Vorsitzenden des Weltraumausschusses, Peter Jankowitsch,69 der eigentliche Grund für die unterschiedliche Behandlung des nur teilweise entmilitarisierten Weltraum per se und der vollständig entmilitarisierten Himmelskörper. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass die seinerzeit von den Weltraummächten geplanten Nutzungen des Weltraums militärischer Art weder eine Stationierung von Waffen noch zerstörerische Fähigkeiten von Satelliten umfassten. Der mögliche Durchflug ballistischer Raketen im Kriegsfall stellt keine Nutzung in Friedenszeiten und keine permanente Stationierung in der Erdumlaufbahn dar. Trotz der nur teilweisen Entmilitarisierung des Weltraums per se haben also die Weltraummächte die Anwendung des Rechtsgrundsatzes der friedlichen Nutzung auf den Weltraum insgesamt, der in der Präambel in Erwägung 2 und 4 sowie in den Artikeln IX und XI WRV ausdrücklich in Bezug auf den gesamten Weltraum genannt wird, insoweit uneingeschränkt akzeptiert,70 als es um Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 316. Interimsabkommen vom 26. Mai 1972 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion über bestimmte Maßnahmen hinsichtlich der Begrenzung strategischer Angriffswaffen (SALTI-Vertrag), abgedruckt in Welck/Platzöder, Fn. 19 S. 70. 68 Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 316. 69 Jankowitsch, From Cold War to Detente in Outer Space: The Role of the Uni ted Nations in Outer Space Law Development, Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 45. 70 Diesen Befund aus den Verhandlungsunterlagen bestätigte der seinerzeit für die Aushandlung des Weltraumvertrages zuständige Mitarbeiter des US State Department und heutige Senior Fellow am Center for International Policy in Washington D.C., Craig Eisendrath, in einem Interview mit dem Journalisten Karl Grossman, Weapons in Space (2001) S. 30: "Keeping space weapons-free was the original in66

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den Ausschluss der Stationierung von Waffensystemen im Weltraum ging, zumal sie zu dieser Zeit auch keine derartigen Pläne unterhielten. Darüber hinaus bekundeten sie in der Präambel und in den Verhandlungen ihr Bekenntnis zur friedlichen Nutzung des Weltraums insgesamt als eine grundlegende Zielsetzung des Weltraumvertrages. So erklärte der sowjetische Chefdelegierte Morosow71 im Unterausschuss des Weltraumausschusses für Rechtsfragen: "Naturally, the USSR like many other delegations, is in favor of a complete prohibition of the use of outer space for military purposes."

Im selben Sinn sah eine der ersten Direktiven des National Security Council des Weißen Hauses zum Weltraum vor: "It is the purpose of the Uni ted States, as part of an armaments control system, to seek to assure that the sending of objects into outer space shall be exclusively for peaceful and scientific purposes and that under effective control the production of objects designed for travel or projection through outer space for military purposes shall be prohibited.,,72

Stare/ 3 schlussfolgert in seiner Untersuchung der militärischen Weltraumprogramme der USA, dass diese in den Anfangsjahren darauf gerichtet waren, "that this new medium should be used exciusively for nonmilitary purposes" [Hervorhebung im Original]. Handberl 4 spricht für die US-Politik der frühen Jahre der Weltraumnutzung zusammenfassend von "Eisentent of the treaty. We thought to de-weaponize space before it got weaponized. A model the State Department used for its draft of the Outer Space Treaty was the [auf US-Initiative entstandene] Antarctic Treaty which bars military deployments." 71 A/AC.105/C.2/SR. 66 vom 25. 7. 1966, S. 7-8. 72 Summary of Foreign Policy Aspects of the U.S. Outer Space Program, attached to Memorandum from McGeorge Bundy, Chronology of Development of U.S. Policy with Respect to Outer Space, S. 8-10. 73 Stares, The Militarization of Space. U.S . Policy, 1945-1984 (1985) S. 54. 74 Handberg, Fn. 9 S. 192 und S. 58; ebenso York, Nuclear Deterrence and the Military Uses of Space, in Daedalus, 114,2 (1985) S. 17: " ... U.S. authorities during this period declined to authorize the development and deployment of a general purpose anti-satellite system. The rationale was simple: the U.S. relied heavily on satellites for intelligence and support purposes, and it was in our direct interest to maintain the idea of space as a special sanctuary for such systems." Stares, Fn. 73 S. 57 betont, dass es den USA vor allem darauf ankam, die Zulässigkeit der Reconnaissance-Satelliten bei gleichzeitiger Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum zu erreichen: " ... In order to reduce the anticipated international opposition to US satellite reconnaissance, the Eisenhower administration increasingly emphasized that this was a "peaceful" use of space and therefore legitimate. Conversely, ,nonpeaceful' uses of space should be prohibited. This approach inevitably affected the further development of a variety of space weapons proposals put forward at the time. While Eisenhower always doubted the military rationale for these proposals, the foremost concern was to avoid projecting an aggressive image to the US space programme and stimulating Soviet countermeasures."

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hower's legacy 01 no weapons race in space", die von der nachfolgenden Kennedy- und der lohnson-Administration in einem zweifachen Ansatz weiterverfolgt wurde: "Two approaches were taken. First, international agreements were reached, banning nuclear weapons from being positioned in outer space . . . More encompassing was the second treaty labelIed the Outer Space Treaty. This treaty established the principle that the use of space was to be peaceful in nature. There were to be no military installations in space, or at least no installations fortified with weapons."

Der inzwischen von nahezu 100 Staaten ratifizierte Vertrag, der als "Magna Charta des Weltraumrechts" oder als "Weltraumverfassung" gilt75 , bekräftigt die Grundprinzipien der "Declaration 01 Legal Principles" und erklärt in Artikel I Absatz 1 mit denselben Worten wie bereits in der Präambel und in Ziffer 1 der Prinzipienerklärung die friedliche Nutzung des Weltraums zur "Angelegenheit der ganzen Menschheit (province 01 all mankind)". Er stellt somit insbesondere das Allgemeinwohlinteresse aller Staaten an der friedlichen Nutzung des Weltraums in den Mittelpunkt der Rechtsordnung des Weltraums. Die Weltraumfreiheit der Einzelstaaten wird nicht nur durch die Rechte der anderen Staaten, sondern zugleich durch das Allgemeinwohl der internationalen Gemeinschaft begrenzt, für dessen Verwirklichung eine friedliche Nutzung des Gemeinschaftsraums unabdingbar ist. 76 Nicht zu übersehen ist allerdings, dass die Weltraummächte neben der Anerkennung der verstärkten Allgemeinwohlbindung durch die Menschheitsklausel in anderen Bestimmungen des Vertrages ihre dominierende faktische Stellung teilweise durchsetzen konnten. So sieht Artikel XII WRV das Recht auf Zugang zu "allen Stationen, Einrichtungen, Geräten und Raumfahrzeugen auf dem Mond und anderen Himmelskörpern", d.h. also einen Inspektionsanspruch, nur "auf der Grundlage der Gegenseitigkeit" vor, was automatisch die Realisierung dieses Rechts durch Nicht-Weltraummächte ausschließt. 77

75 Böckstiegel, Grundlagen des Weltraumrechts, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 11; Finch, Fn. 59 S. 11. 76 Fawcett, Outer Space. New Challenges to Law and Policy (1984) S. 122; Ogunbanwo, International Law and Outer Space Activities (1975) S. 214: " ... the Space Treaty has introduced the concept of the ,common interest' which must be safeguarded ... "; Wolter; Völkerrechtliche Grundlagen "Gemeinsamer Sicherheit" im Weltraum, ZaöRV 62 (2002) S. 941. 77 Poulantzas, Fn. 49 S. 213.

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3. Gesamtwürdigung der Entstehungsgeschichte des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums als Maßstab zur Beschränkung der Rüstung im Weltraum und der militärischen HegemonialsteIlung der Weltraummächte

Im Ergebnis zeigen bereits die multilateralen Verhandlungen im Vorfeld der Verabschiedung des Weltraumvertrages, dass die bei den Weltraummächte ihre Verantwortung gegenüber der internationalen Gemeinschaft, das Wettrüsten nicht in den Weltraum auszuweiten, ebenso wie das Prinzip der Überordnung des Menschheitsinteresses und den Grundsatz der ausschließlich friedlichen Nutzung des Weltraums anerkannt haben. Sie haben diese Grundsätze darüber hinaus auch bei den Verhandlungen zum Weltraumvertrag selber eingeführt und auch später nie ausdrücklich in Frage gestellt, sondern beide jeweils stets die Auffassung vertreten, dass auch die von ihnen durchgeführten Nutzungen militärischer Art des Weltraums, die sich bis Anfang der achtziger Jahre auf rein passive militärische Maßnahmen von nicht zerstörerischer Art beschränkten, dem Grundsatz der friedlichen Nutzung entsprächen?8 Für die Anwendung der Menschheitsklausel auf die Frage der militärischen Nutzung bleibt festzuhalten, dass beide Großmächte die Formulierung, dass die Weltraumaktivitäten ausschließlich dem Wohle der Menschheit dienen sollen,79 erstmals bezeichnenderweise im rüstungskontrollpolitischen Kontext verwendeten, also die Menschheitsklausel selber in den sicherheitspolitischen Zusammenhang der friedlichen Nutzung und nicht nur - wie später verschiedentlich angenommen wurde 80 78 Nach Cheng, Fn. 2 in Cheng/Kim (Hrsg.) S. 309 verfolgten die beiden Weltraummächte dies auf unterschiedliche Art. Während die UdSSR " ... pretended that it did not use satellites for military reconnaissance ... ", gaben die USA dies offen zu, aber " ... here is where its diplomats, advised no doubt by their nimble-minded legal advisers, started to re-invent the word ,peaceful', turning its meaning from ,non-military' to ,non-aggressive' so that all its military space missions, not being aggressi ve, would also be for peaceful purposes." 79 Z. B. spricht der sowjetische Vertragsentwurf v. 15. 3. 58, Fn. 13 von " ... directing the latest achievements of science and engineering towards peaceful uses for the good of mankind" (UN Doc A/3818, S. 2 para 2.). 80 s. statt vieler Bueckling, Grundbegriffe und Grundprinzipien des Weltraumrechts, in Böckstiegel (Hrsg.) Handbuch S. 99; ders., Fn. 59 S. 39, 65; dagegen weisen neben vielen Habe, Fn. 30 S. 104; Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 329; Wolfrum, Fn. 4 S. 275 f.; Vlasic, Fn. 2 McGili Law Journal 25 (1981) S. 135; Marcoff, Fn. 2 JSL 4 (1976) S. 11 zu Recht auf die sicherheitspolitische Entstehung der Menschheitsklausel hin; ähnlich wie Bueckling allerdings mit anderer Stoßrichtung Fischer, Völkerrechtliche Schranken der Weltraumrüstung, in Labusch/Maus/Send (Hrsg.), Weltraum ohne Waffen. Naturwissenschaftler warnen vor der Militarisierung des Weltraums (1984) S. 154, der die Wirksamkeit der Menschheitsklausel in Bezug auf militärische Nutzungen des Weltraums erst durch eine umfassende Neuorientierung des weltraumrechtlichen Rüstungskontrollgefüges mit dem

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in den Zusammenhang der Verteilung der Erträge einer kommerziellen Nutzung des Weltraums gestellt haben. Die internationale Gemeinschaft ging also bereits im ersten Jahr der Entsendung von Satelliten in den Weltraum einvernehmlich unter ausdrücklicher Zustimmung der beiden Weltraummächte davon aus, dass die Nutzung des Weltraums ausschließlich zu friedlichen Zwecken erfolgen sol1. 81 Dagegen kann auch nicht eingewandt werden, dass - wie Georg Wilhelm Rehm 82 vermutet - die Großmächte ihre Vorschläge für eine vollständige Abrüstung und damit auch ihre Anerkennung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums nicht wirklich ernst gemeint haben konnten, da sie wissen mussten, dass ein Teil ihrer Vorschläge für den jeweils Anderen nicht akzeptabel sein konnte. Dagegen ist zunächst einzuwenden, dass es typisch für einen Verhandlungsprozess ist, wenn die Parteien als Ausgangsposition zunächst - für Außenstehende als unrealistisch oder nicht ernst gemeint anmutende - Maximalpositionen einnehmen, bei der sie wissen, dass die andere Seite sie nicht akzeptieren wird, um zu Beginn der Verhandlungen Spielraum für spätere Zugeständnisse zu schaffen. Deshalb braucht aber nicht schon darauf geschlossen werden, dass ein vorgeschlagener Vertragsentwurf nicht ernst gemeint sei. ausdrücklichen Verbot jeglicher Art von Weltraumwaffen umfassend gewährleistet sieht. 81 JessuplTaubenjeld, Fn. 2 S. 257: "There was universal agreement on confining the use of outer space to "peaceful" purposes, a concept already expressed by the General Assembly." Ebenso Cheng, Fn. 2 in ChenglKim (Hrsg.) S. 308: "Similarly, the Indian delegate reflected a fairly general attitude when, early in the life of the Committee on the Peaceful Uses of Outer Space in March 1962, he declaimed: "My delegation cannot contemplate any prospect other than that outer space should be a kind of warless world, where all military concepts of this earth should be totally inapplicable ... There should be only one governing concept, that of humanity and the sovereignty of mankind."; s. auch jüngst wieder BunnlRhinelander, Outer Space Treaty May Ban Strike Weapons, Arms Control Today, Vol. 32, No. 5 (Juni 2002) S. 24: "In fact, the Outer Space Treaty contains one overall rule: space shall be reserved for peaceful purposes for all countries ... The Outer Space Treaty was the second multilateral ,nonarmament' treaty, following the model of the Antarctica Treaty of 1959. We believe that the Outer Space Treaty of 1967 may already adress the most important recommendation: no stationing of strike weapons of any sort in low-Earth orbit, including kinetic kill vehicles and laser." George Bunn war Rechtsberater der US Arms Contral and Disarmament Agency während der Verhandlungen über den Weltraumvertrag; John B. Rhinelander war stellv. Rechtsberater des US Department of State während der ABM und SALTI Vertrags verhandlungen; ebenso Dean, Future Security in Space: Treaty Issues, Information Bulletin des International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation, Nr. 20 (August 2002) S. 16: "This language points to the fact that, during the thirty-year existence of the Outer Space Treaty, a powerful norm has emerged against the weaponization of space, and far ensuring the peaceful use of space"; Jonathan Dean war US-Vertreter bei den NATO-Warschauer Pakt Rüstungskontrollverhandelungen in Wien zwischen 1973 and 1981. 82 Rehm, Fn. 2 S. 7.

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In der rechtlichen Würdigung würde ein derartiger Mentalvorbehalt zum Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums 83 keinen rechtlich erheblichen Willensmangel darstellen und die betreffenden Staaten nicht davor bewahren, dass diejenigen, gegenüber denen solche Bekundungen abgegeben werden, zumal, wenn sie von höchster staatlicher Stelle getan werden, sich auf deren Ernsthaftigkeit, zumal in einer das Schicksal der ganzen Menschheit berührenden Frage, verlassen können müssen. Laut der Wiener Vertragsrechtskonvention84 muss ein Vorbehalt schriftlich eingelegt werden. Im Übrigen ist mehr als zweifelhaft, ob tatsächlich alle zuständigen oder beteiligten sowjetischen und angesichts der durch den NASA Act von 195885 in das Landesrecht der USA übernommenen Zielsetzung der "friedlichen Nutzung des Weltraums" noch mehr der amerikanischen Verhandlungs- und Regierungsvertreter einen solchen Mentalvorbehalt gehegt haben konnten. Die Weltraummächte haben anlässlich der Aufnahme des Grundsatzes der friedlichen Nutzung in die Resolutionen der VN-Generalversammlung und den Weltraumvertrag auch keine interpretative Erklärung abgegeben, dass dieser Grundsatz die Entwicklung und Stationierung von weltraumgestützten Waffensystemen nicht verbiete oder generell nicht auf den Weltraum anwendbar sei. Die Argumentation, dass sich die Weltraummächte nicht wirklich an den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums binden wollten, taucht auch später immer wieder im Zusammenhang mit den BMD- und Anti-Satelliten-Plänen auf. Es wird argumentiert, dass die Bekundungen etwa der USA,86 ungeachtet der Entwicklung und möglichen Stationierung solcher Systeme dennoch weiter an dem Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums festhalten und kein Wettrüsten im Weltraum auslösen zu wollen, nur so verstanden werden könnten, dass die Weltraummächte sich mit derartigen abrüstungspolitischen Bekundungen gegenüber Dritten völkerrechtlich nicht zu irgend einem Handeln verpflichten wollten und diesen deshalb keine Rechtswirkung zukomme. Dass die USA aber immer wieder solche Erklärungen, das Wettrüsten nicht in den Weltraum tragen zu wollen, öffentlich und in den zuständigen multilateralen Gremien abgeben, zeigt, dass sie sich gemäß dem von ihr selbst initiierten Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums zu Recht in einer Be83 Zu rechtlich erheblichen Willensmängeln im völkerrechtlichen Vertragsrecht s. Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht. Theorie und Praxis (3. Auf!. 1984) S. 474 § 743. 84 Artikel 23 Absatz I Wiener Konvention über das Recht der völkerrechlichen Verträge vom 23. Mai 1969, auf Deutsch in Bundestagsdrucksache 10/1004 v. 13. 2. 1984, ZaöRV 29 (1969) S. 711; s. Verdross/Simma, Fn. 83 S. 375. 85 s. o. Fn. 12. 86 So seit 1983 wiederholt in der CD, s. zuletzt die Erklärung des US-Botschafters Robert Grey in der Plenarsitzung am 15. 2. 2001, Press Release der US Delegation to the CD v. 15. 2. 2001 S. 5.

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gründungslage für die Zulässigkeit neuartiger militärischer Nutzungen von zerstörerischer Art sieht, die nicht allein als eine nur rein politische Begründungspflicht angesehen werden kann. Auf Grund der Beständigkeit der Bekundungen und der akzeptierten Allgemeinwohlbindung jeder Weltraumnutzung könnte die Wirkung des EstoppeZ87 eintreten, wollten die USA oder Russland sich beispielsweise bei Verhandlungen zur Ergänzung des Weltraum vertrags darauf berufen, sie hätten ihre mehrfachen Bekundungen, den Weltraum nicht zu einer Arena des Wettrüstens zu machen, nicht so verstanden wissen wollen, dass sie die Stationierung von Waffen im Weltraum ausschlössen. Stattdessen kann die internationale Gemeinschaft darauf vertrauen, dass die beiden Großmächte ihre entsprechenden Bekundungen, den Weltraum vom Wettrüsten freizuhalten, ernst meinen. Als Ergebnis zur Entstehungsgeschichte des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums und der Menschheitsklausel im Weltraumvertrag kann also festgehalten werden, dass beide von Anbeginn eng mit dem Bestreben der internationalen Gemeinschaft verbunden waren, die militärischen Nutzungen des Weltraums zu begrenzen. Insbesondere ist auch die Menschheitsklausel von den Weltraummächten und den Vereinten Nationen mit dieser Zielsetzung in das Weltraumrecht eingeführt worden, weshalb spätere im Schrifttum vertretene Auffassungen, die Klausel sei für die Beurteilung der Zulässigkeit militärischer Nutzungen rechtlich nicht bedeutsam bzw. zu vage,88 Fehl gehen. Dagegen bestand jedoch über die Auslegung des Begriffs und die Reichweite des Gebots der friedlichen Nutzung von Anbeginn kein einheitliches Verständnis. Es ist klar, dass die beiden Weltraummächte neben der zivilen auch die Zulässigkeit bestimmter militärischer Nutzungen von Satelliten sowie den Durchflug ballistischer Raketen durch den Weltraum nicht ausschließen wollten, weshalb sie nur eine teilweise Demilitarisierung des Weltraums, dagegen für den Mond und die Himmelskörper eine vollständige Entmilitarisierung akzeptierten. Es war aber keineswegs die damalige Absicht der beiden Weltraummächte, durch diese Differenzierung über die Zulässigkeit militärisch genutzter Satelliten auch die Zulässigkeit der Stationierung von Weltraumwaffen vorzubereiten. 89 Diese Beschränkung einer 87 IGH im Tempel von Prehar-Fall, ICJ Reports 1962 S. 39, Separate Opinion Alfaro; VerdrosslSimma, Fn. 83 S. 393 § 615. Der Grundsatz des Estoppel bewirkt, dass der sich verschweigende Staat nach Treu und Glauben daran gebunden ist, dass andere Staaten auf das Eintreten eines bestimmten Zustandes vertrauen. 88 s. Fn. 80. 89 Stares, Fn. 73 S. 55 stellt fest, dass die USA zwar bereits 1958 ihre noch ein Jahr zuvor international propagierte weltraumpolitische Zielvorstellung, den Weltraum als "sanctuary" ausschließlich nicht-militärischen Nutzungen vorzubehalten, aufgegeben hatten. Es sollten im Weltraum unter der Etikettierung "friedlich" alle militärischen Satelliten ungehindert eingesetzt werden können, die als solche keine

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vollständigen Entmilitarisierung auf die Himmelskörper, die der Perzeption der Weltraummächte von ihren Sicherheitsinteressen entsprang, wird auch aus den Verhandlungsprotokollen zu Artikel IV Absatz 2 deutlich. 9o Damit blieb die Frage ungeklärt, inwieweit für den Weltraum per se neben dem ausdrucklichen Verbot des Artikel IV betreffend Nuklear- und andere Massenvernichtungswaffen weitere Beschränkungen hinsichtlich der Stationierung von Weltraumwaffen aus dem Weltraumvertrag abzuleiten sind. 4. Zwischenergebnis: Spannungsverhältnis zwischen Menschheitsinteresse und einzelstaatlicher Weltraumfreiheit im Sicherheitsbereich

Wie die Entstehungsgeschichte des Weltraumvertrags zeigt, ist die faktische Vormachtstellung der bei den großen Weltraummächte über den Weltraum von der internationalen Gemeinschaft rechtlich nicht indossiert worden. Diese hat vielmehr von Anfang an darauf gedrungen, dass alle Staaten gleichberechtigt an der Nutzung des staatsfreien Raumes, die im Interesse der ganzen Menschheit zu erfolgen hat, teilhaben. Die beherrschende Weltraumstellung der USA und Russlands besteht heute auch faktisch nur noch im militärischen Bereich. Bezüglich der mittlerweile stark internationalisierten zivilen Weltraumnutzung kann von einer Präponderanz einiger weniger Weltraummächte nicht mehr gesprochen werden. 91 Mit der sowohl von den USA als auch der UdSSR bei der Ausarbeitung des Weltraum vertrages vorgeschlagenen Menschheitsklausel, die von den Entwicklungsländern sogleich zustimmend aufgegriffen und im CHOMGrundsatz weiterentwickelt wurde, setzte im Weltraumrecht die Entwicklung der Überordnung völkerrechtlicher Gemeinwohlinteressen über die Einzelstaatsinteressen ein, welche die eigentliche Wurzel des tiefgreifenden völkerrechtlichen Strukturwandels in der Ära der Vereinten Nationen bildet. Im Unterschied zur Freiheit der Hohen See, welche die souveräne Freiheit der Einzelstaaten nur durch die der anderen Staaten begrenzt, orientiert sich der Rechtsstatus des Weltraums von vornherein am Interesse der gesamten Menschheit. Dies gilt im Besonderen auch für das Sicherheitsinteresse der Weltgemeinschaft, welche den Ausgangspunkt für die Entstehung der KlauWaffensysteme darstellten, aber für die nationale Sicherheit der USA unverzichtbar erschienen; s. ders., Space and U.S. National Security, in Durch (Hrsg.), National Interests and the Military Use of Space (1984) S. 38; s. auch Wolfrum, Fn. 2 S. 793. 90 Magno, How to Avoid the Militarization of Outer Space, in Proc. Of the 26th Colloq. Space Law (1984) S. 222. 91 Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 327: "Die Nachrichtenübermittlung durch den Weltraum oder die Erkundung der Erde aus demselben sind als solche jedoch nicht zu Herrschaftsdomänen einzelner Staaten geworden. Hier entwickelt sich ganz im Gegenteil eine breite internationale Partizipation."

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seI bildet. Die sich daraus ergebende und ursprünglich auch von den Weltraummächten zumindest implizit anerkannte Präponderanz des Allgemeinwohlinteresses bedeutet zugleich, dass die Hegemonialstellung der Weltraummächte von dem unter aktiver Mitwirkung aller, insbesondere auch der neuen unabhängigen Staaten geschaffenen Weltraumrecht ab initio rechtlich begrenzt wurde. Der Direktor des im Weltraumrecht führenden Institute and Centre 0/ Air and Space Law der McGill University, Nicolas Matte,92 charakterisiert diesen Prozess treffend als verstärkte Orientierung des Weltraumrechts weg von der staatlichen Souveränität hin zu den Interessen der internationalen Gemeinschaft. In Anwendung dieser Entwicklung auf die militärische Nutzung des Weltraums bemerkte der ehemalige IGH-Präsident Lachs 93 bereits 1970: "The old principle that everything not prohibited is permitted is not valid today ... This is of particular importance to outer space."

Wenn diese Schlussfolgerung für die Grenzen der staatlichen Handlungsfreiheit im Weltraum bereits unter Anwendung der herkömmlichen Begrenzung der Staatenfreiheit durch die Rechte der anderen Staaten gezogen werden kann, muss dies umso mehr bei angemessener Berücksichtigung der verstärkten Allgemeinwohlbindung nach der Menschheitsklausel, die mit einer entsprechenden Selbstbeschränkung der Souveränität einhergeht,94 gelten. Daraus folgt aber nicht, dass die staatliche Handlungsfreiheit im staatsfreien Weltraum keine Anwendung rande. Sie ist vielmehr in Artikel I Absatz 2 WRV als ein Weltraumgrundsatz von ebensolcher fundamentaler Bedeutung für die Weltraumrechtsordnung niedergelegt wie die Allgemeinwohlbindung. Doch das im neuen Weltraurnrecht erstmals in dieser Deutlichkeit in ein- und demselben Vertrag angelegte Spannungsverhältnis zwischen Allgemeininteresse und einzelstaatlicher Handlungsfreiheit hat zur 92 Laut Matte, Outer Space and International Organizations, in Dupuy (Hrsg.), Manuel sur les organisations internationales (2. Auf!. 1998) S. 752 " ... new international organizations have evolved which place less emphasis on the sanctity of State sovereignty and equality ... Outer space has become a proving ground for international cooperation and mutual assistance. The emphasis has been drawn away from the sovereign State and directed towards the international community as a whole." 93 Lachs, International Academy of Aeronautics, 1.1.A. 11 (1970) S. 2; angesichts der traditionell die souveräne Handlungsfreiheit betonenden sowjetischen Völkerrechtslehre ist die Zustimmung des sowjetischen Völkerrechtlers Vereshchetin, Against Arbitrary Interpretation of Some Important Provisions of International Law, Proc. 30th Colloq. Space Law (1987) S. 154 bemerkenswert, dass " ... the unqualified assertion on the legality of everything not directly prohibited in the sphere of military activities runs counter to the general principles of internationallaw ... " und " ... as weil as the norms of international morality prompt, in our nuclear and space age, a need for states' self-limitation ... ". 94 S. u. Kapitel C. 11. 2. c) aa); Galloway, Limits to Sovereignty: Antarctica, Outer Space and The Seabed, in Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 84.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Folge, dass die Handlungsfreiheit in jedem Einzelfall an der Allgemeinwohlbindung gemessen werden und dabei die grundsätzliche Vermutung nicht zu Gunsten der Souveränität,95 sondern umgekehrt für den Vorrang der Allgemeinwohlbindung greift. Übertragen auf die Frage der Zulässigkeit militärischer Nutzungen oder der Stationierung von Weltraumwaffen bedeutet dies, dass es nicht genügt, diese lediglich nach dem Bestehen oder dem Fehlen ausdrücklicher Verbotsnormen zu beurteilen, sondern es muss positiv deren Übereinstimmung mit der zentralen Allgemeinwohlklausel des Weltraumvertrages festgestellt werden. 96 Mithin erweist sich, dass der Weltraumvertrag, statt die souveräne Vormachtstellung einzelner Weltraummächte hinzunehmen oder gar zu indossieren, den Interessen der internationalen Gemeinschaft in Gestalt der Menschheitsklausel als grundlegendem Leitprinzip der Weltraumrechtsordnung eine Vorrangstellung einräumt. Diese Abkehr von der unbegrenzten einzelstaatlichen Handlungsfreiheit bildet wiederum die eigentliche normative Grundlage für die darauf aufbauende Entwicklung des CHOM-Grundsatzes zum allgemeinen Strukturprinzip der Weltraumrechtsordnung, wie im Einzelnen in Kapitel C. 11. darzulegen sein wird. Aus der Validierung der Allgemeinwohlbindung erklärt sich auch der Enthusiasmus, den die internationale Staatengemeinschaft, aber auch beide Großmächte dem Beginn des Weltraumzeitalters und der friedlichen Erforschung des Weltraums entgegenbrachten. Nicht zuletzt verband die internationale Gemeinschaft in Bezug auf die Fragen der internationalen Sicherheit und Abrüstung große Hoffnungen mit der im Weltraumvertrag vorgesehenen gemeinsamen friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums im Interesse der Menschheit. Die damit einhergehende erste Entspannungsperiode veranlasste beide Weltraummächte, angesichts der Gefahr einer Ausweitung des Wettrüstens in den Weltraum im Jahr 1963 zusätzlich zum Abschluss des Abkommens über ein teilweises Verbot von Kemwaffenversuchen u. a. im Weltraum erstmals Entwürfe 97 für einen multilateralen Vertrag zur Errei95 Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, RdC 281 (1999) S. 168 relativiert die klassische "presumtion favouring sovereignty"; hinsichtlich der Einschränkung der souveränen Handlungsfreiheit der Einzelstaaten in Bezug auf den Weltraum allerdings wohl zu weitgehend Jasentuliyana, Fn. 2 S. 33, wenn er eine vollständige Ablösung der Souveränität annimmt ,,[t]he Treaty was also one ot the first multilateral instruments in which the centuries-old international law concept of sovereignty of States gave way to the modem concept of intemationalization of the Global Commons." [Hervorhebung von mir] 96 Ebenso Andem, Fn. 2 (1992) S. 210-214; so auch die ausdrückliche Postion Chiles in der Abrüstungskonferenz im Zusammenhang mit den Arbeiten im AHC zu PAROS, "Legal Problems Raised by the Militarization of Outer Space", CD/915 v. 26.4. 1989 S. 3; s. auch die Nachweise in Kapitel D. I. 3. Fn. 90 und 97.

I. Entstehungsgeschichte der friedlichen Nutzung des Weltraums

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chung des Ziels einer allgemeinen und vollständigen Abrüstung vorzulegen. Damit und mit Artikel VI des Vertrages über nukleare Nichtverbreitung haben sie - wie es der IGH in seinem Rechtsgutachten über die Rechtmäßigkeit von Nuklearwaffen 98 ausführt - die multilaterale Abrüstung als eine Verantwortung gegenüber der internationalen Gemeinschaft anerkannt. 99 Solange die Aufrüstung im Weltraum noch nicht begonnen hat, kann der positiven Würdigung des dreißigjährigen Bestehens des Weltraumvertrages durch die amerikanische Weltraumrechtlerin Eilene GallowaylOO zugestimmt werden. Sie verbindet mit der auf friedliche Nutzung im Interesse der Menschheit gerichteten ursprünglichen US-Weltraum politik die Einschätzung ". .. that we have been successful in achieving the main goal: preserving outer space for peaceful space exploration and uses and preventing the new environment from becoming the arena for orbiting weapons and international conflicts."

Dieser Erfolg ist heute allerdings mehr als gefahrdet. Dies liegt auch daran, dass sich die USA zu einem grundlegenden, auch die Bewaffnung des Weltraums einbeziehenden sicherheitspolitischen Politikwandel anschickt und dabei bereit zu sein scheint, von dem von ihr selbst eingeführten und von der internationalen Gemeinschaft als weltraumrechtlicher Acquis aufrechterhaltenen Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums zwar nicht deklaratorisch, aber in der Substanz abzurücken.

Fn. 35 und 36. ICJ Reports 1996 S. 264. 99 So schon Delbrück, in ders. (Hrsg.), Friedensdokumente aus fünf Jahrhunderten, Bd. I (1984) S. 13. 100 Galloway, Fn. 2 S. 20; ebenso Jasentuliyana, Fn. 2 S. 33: "One of the most important successes of the Treaty have been the demilitarization of space, thus alleviating the international community's concems that the earth's arrns race would be extended to outer space." 97

98

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

11. Die internationale Gemeinschaft akzeptiert nolens volens passive, nicht-zerstörerische militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte, aber keine darüber hinausgehenden aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Qualität 1. Der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums in der Praxis bis Anfang der achtziger Jahre: Hinnahme passiver nicht-zerstörerischer militärischer Nutzungen mittels Reconnaissance-, Navigations- und Frühwarnsatelliten a) Die Unterscheidung zwischen passiven, nicht-zerstärerischen militärischen Nutzungen des Weltraums und aktiven militärischen Nutzungen zerstärerischer Qualität

Um die völkerrechtliche Bedeutung der Akzeptanz bestehender militärischer Nutzungen des Weltraums 101 durch die internationale Gemeinschaft mit Blick auf künftige neue Nutzungsarten wie insbesondere die Stationierung von Weltraumwaffen beurteilen zu können, ist die Unterscheidung zwischen passiven, nicht-zerstörerischen und aktiven, zerstörerischen Nutzungen im Weltraum wichtig. Sie wird sowohl in der Staatenpraxis 102 als auch im völkerrechtlichen 103 wie im sicherheits- und rüstungskontrollpoliti101 Aus dem Schrifttum zu den frühen militärischen Nutzungen des Weltraums s. York, Fn. 74 S. 17; Alves, Fn. 40 S. 12 ff.; Witzel, Von ABM zu SDI. Die Raketenabwehrdebatte in den USA ab 1955, in Kubbig (Hrsg.) Die militärische Eroberung des Weltraums (Band I 1990) S. 23; Lupton, On Space Warfare: ASpace Power Doctrine (1988); Stares, Fn. 73 S. 57; ders., Space and National Security (The Brookings Institution 1987) S. 8-72; Kries, Fn. 30 in Bäckstiegel (Hrsg.) S. 328; Handberg, Fn. 9 S. 33-62 sowie die weiteren Literaturnachweise bei Brauch/Fischbach, Militärische Nutzung des Weltraums. Eine Bibliographie (1988). 102 Mehrere Delegationen haben in der CD entsprechende Vorschläge vorgelegt, zerstörerische Weltraumfähigkeiten zu definieren, wofür unterschiedliche Begriffe verwendet werden wie" weaponization" (China, China's Basic Position on the Prevention of an Arms Race in Outer Space, Working Paper CD/579 v. 19. 3. 1985 S. 1) "militarization" (Frankreich, CD/579 S. 1), "space strike weapons" (Venezuela, "Space Strike Weapons" Working Paper CD/709/Rev. 1, 22. 7. 1986 und CD/851 mit Entwurf für eine Ergänzung von Artikel 1 WRV zur Definition von "space weapons"); Italien CD/PV 167 v. 30. 3. 1982 S. 32; Schweden CD/PV 252, 22. 3. 1984 S. 15-20; DDR "ASAT Components and Ways of Verifying Their Prohibition" CD/927 v. 26. 6. 1989 sowie das umfassende Arbeitspapier Kanadas zu "Terminology Relevant to Arms Control" CD/716 v. 16.7. 1986. 103 Vlasic, Fn. 2 McGill Law Journal (1981) S. 149; Christol, Outer Space: Battie-Ground of the Future?, in Cohen/Gouin (Hrsg.), Lawyers and the Nuclear Debate (1988), abgedruckt in Christol, Space Law. Past, Present and Future (1991) S. 57; Bowman, The Militarization of Space? The Real issue is the Weaponization of Space, Paper submitted to the International Progress Organization, 24. 9. 1984 S. 2; International Law Association, Report of its 63 rd Conference, Warsaw (1988)

H. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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sehen Schrifttum 104 vorgenommen, wobei in dem Übergang zu einer aktiven Bewaffnung des Weltraums ein neuer qualitativer Schritt in der militärischen Nutzung des Weltraums gesehen wird, der im Kern zu dem Wettrüsten im Weltraum zu führen droht, den die internationale Gemeinschaft entsprechend der seit 1982 jährlich bekräftigten Resolutionen der VN-Generalversammlung zu verhindern sucht. Auch Militärstrategen, die SDI und NMD lO5 lediglich als Fortentwicklung bereits seit längerem laufenS. 308; Kuskuvelis, The Method of Generic Effectiveness and the Future of the Military Regime of Outer Space, in ZwaanlVrieslTuinderiKuskuvelis (Hrsg.), Space Law: Views of the Future (1988) S. 91; Young, Law and Policy in the Space Stations Era (1989) S. 202; Gorove, Studies in Space Law (1977) S. 90 und ders., Limiting the Use of Arms in Outer Space: Legal and Policy Issues, Proc. 25 1h Colloq. Space Law (1983) S. 96; Reijnen, Fn. 2 in BenkölGraajflReijnen (Hrsg.) S. 181 befürwortet, bereits Forschungen, die zur Entwicklung von zerstörerischen Weltraumfähigkeiten führen könnten, in einem Protokoll zum WRV zu verbieten; Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 317; fasani, Introduction in fasani (Hrsg.), Peaceful and Non-Peaceful Uses of Space. Problems of Definition for the Prevention of an Arms Race (UNIDIR 1991) S. 24; Smith, Legal Implications of a Space-Based Ballistic Missile Defense, California Western International Law Journal 15 (1985) S. 54: "The common characteristic of military uses of outer space has been their nonaggressive nature. Deployed satellites are used primarily as a force multiplier to increase the effectiveness of military forces on earth, rather than to attack hostile targets." 104 Alves, Fn. 40 S. 24 Text und dortige Fn. 78; Stares, Fn. 73 S. 55; fasani, Fn. 103 in fasani (Hrsg.) S. 46; Handberg Fn. 9 S. 25 ff.; Grossman, Fn. 70 S. 21; Cleminson, Banning the Stationing of Weapons in Space Through Arms Control: A Major Step in the Promotion of Strategic Stability in the 21 sI Century, in Beierl Mataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 35. 105 Zur Begrifflichkeit: Die Kürze! NMD, BMD und ABM-Systeme werden häufig gleichbedeutend für Raketenabwehrsysteme gegen strategische ballistische Raketen verwendet. In Artikel 11 des Vertrags vom 26. Mai 1972 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion über die Begrenzung der Systeme zur Abwehr ballistischer Flugkörper (ABM-Vertrag), abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 62 werden ABM-Systeme definiert als "a system to counter strategic ballistic missiles or their elements in flight trajectory, currently consisting of: (a) ABM interceptor missiles, which are interceptor missiles constructed and deployed for an ABM role, or of a type tested in an ABM mode; (b) ABM launchers, which are launchers constructed and deployed for launching ABM interceptor missiles; and (c) ABM radars, which are radars constructed and deployed for an ABM role, or of a type tested in an ABM mode." TMD-Systeme sind Abwehrsysteme gegen sog. "theater missiles" oder "tactical missiles ", welche im amerikanisch-russischen Demarkationsabkommen vom 26. 9. 1997 (First Agreed Statement of September 26, 1997, Relating to the ABM Treaty; abrufbar auf der Webseite des US Department of State file://C:\TEMP\first.htm), das gemäß Artikel VI (a) ABM-Vertrag zur Klarstellung der Abgrenzung zwischen erlaubten und nicht-erlaubten Systemen 1997 abgeschlossen wurde, als ballistische Raketen mit einer Reichweite unter 3500 km definiert werden. Im Folgenden wird das Akronym NMD verwandt, wenn der 5 Wolter

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

der Forschungsprojekte für Antisatelliten- und Antiraketenwaffen sehen, erkennen an, dass der Weltraum bislang von aktiven zerstörerischen Nutzungsarten und insbesondere der Stationierung von Waffen frei geblieben ist. 106 Zur Grundlegung der Unterscheidung und der Definition von aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Qualität lässt sich vor allem auf die Staatenpraxis in Bezug auf die Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum lO7 und deren gründliche Analyse in mehreren Studien von UNIDIR lO8 sowie auf zahlreiche Beiträge in der rüstungskontrollpolitischen und weltraumrechtlichen Literatur 109 zurückgreifen. Im politikwissenschaftlichen Schrifttum hat erstmals Gerald M. Steinberg llO am Massachusetts Institute oi Technology (MIT) in einem Aufsatz für die US-amerikanische Zeitschrift Futures mit dem Titel "The Militarization oi Space. From passive support to active weapons systems" im Oktober 1982 - also knapp ein halbes Jahr vor der Ankündigung der weitreichenden SDI-Pläne Präsident Reagans ausführlich den Unterschied zwischen bisherigen rein passiven militärischen Nutzungen des Weltraums und künftig möglichen aktiven zerstörerischen Nutzungen herausgearbeitet und dabei insbesondere auf den grundlegenden Unterschied hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die internationale Sicherheit und strategische Stabilität hingewiesen. Nach Steinberg sind "passive military space systems ... not weapons themselves, but are used to enhance military systems below. Reconnaissance, early warning, communications, navigation and other satellites allow for effective use and coordination of aircraft, tanks, missiles, ships etc" [Hervorhebung von mir].

Daraus wird bereits deutlich, dass passive militärische Nutzungen keine eigenständige zerstörerische Kapazität sowie militärische Wirkungen nur auf der Erde haben, während sich die zerstörerische Qualität aktiver militärischer Nutzungen auf die Wirkung im Weltraum bezieht. Hinsichtlich der Aspekt der landesweiten Verteidigung gegen strategische Raketen hervorgehoben werden soll oder konkrete frühere oder gegenwärtige NMD-Pläne der USA gemeint sind. Wenn es generell um Raketenabwehrsysteme gegen strategische Raketen geht, wird dal) Akronym BMD- oder ABM-System oder auch nur MD verwandt. 106 York, Fn. 101 S. 24: "So far, warfare, at least in the direct sense, has not extended to space; indeed, we have treaties now in force that were specifically designed to maintain outer space as a zone of peace." 107 Fn. 102. 108 UNIDIR, Disarmament: Problems related to Outer Space (1987) S. 16: "The military uses of outer space are frequently grouped into two categories"; Alves, Fn. 40; Alves, Access to Outer Space Technologies: Implications for International Security (UNDIR 1992); Jasani, Fn. 103 in Jasani (Hrsg.) S. 9 ff. 109 Fn. 103 u. 104. 110 Steinberg, The Militarization of Space. From passive support to active weapons systems, in Futures (Oktober 1982) S. 379 f.

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Auswirkungen auf die strategische Stabilität und Rüstungskontrolle misst Steinberg passiven militärischen Nutzungen insbesondere in Bezug auf Frühwarnung und Verifikation durchaus stabilisierende Bedeutung bei, während er den aktiven, zerstörerischen Systemen eine inhärent destabilisierende Wirkung zuschreibt. Als Ergebnis dieser Differenzierung stellte er fest, dass die bei den Weltraummächte vor der Entscheidung stünden, ob sie ihre passiven, wichtige stabilisierende Funktionen wie Frühwarnung und Femerkundung ausübenden Satelliten künftig durch aktive, zerstörerische Systeme wie ASATs schützen wollen, "thus entering an anns race they have sought to avoid to date ... [that ] promises to be expensive and destabilizing" oder ob sie sich auf "... mutually advantageous limitation agreements which will allow both to develop passive military space systems without interference" verständigen können oder - muss man heute hinzufügen - wollen. 111

In derselben Ausgabe der Zeitschrit warnt Jasani l12 vor der drohenden Bewaffnung des Weltraums und stellt die Frage: "Outer Space - Battlefield of the Future?" UNIDIR ll3 schlug in der von Jasani herausgegebenen Studie von 1991 eine Definition von Weltraumwaffen vor, die entscheidend auf die zerstörerische Zielrichtung abstellt: "A space weapon is a device stationed in outer space (including the Moon and other celestial bodies) or in the earth environment designed to destroy, damage or otherwise interfere with the normal functioning of an object or being in outer space, or a device stationed in outer space designed to destroy, damage or otherwise interfere with the normal functioning of an object or being in the earth environment. Any other device with the inherent capability to be used as defined above will be considered as aspace weapon."

Unter rechtlichen Gesichtspunkten hat erstmals Vlasic 1l4 1981 auf den drohenden Übergang von bisher rein passiven zu aktiven militärischen Weltraumnutzungen hingewiesen und vor der völligen Aushöhlung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung durch eine aktive Bewaffnung des Weltraums gewarnt. Auch ChristoZ 11S rekurriert auf die Unterscheidung insbesondere unter rechtspolitischen Gesichtspunkten und fragt ebenfalls, ob der Weltraum zum "battle-ground of the future" wird. Er definiert

Steinberg, Fn. 110 S. 390. fasani, Outer Space - Battlefield of the Future, in Futures (Oktober 1982) S.432. 113 fasani, Fn. 103 in fasani (Hrsg.) S. 24; Alves, Fn. 40 S. 18. 114 Vlasic, Fn. 2 McGill Law Journal (1981) S. 149. 115 Christol, Fn. 103 in CohenlGouin (Hrsg.), abgedruckt in Christol, Space Law. Past, Present and Future (1991) S. 57. 111

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

"passive operations" als "the provision of communications facilities, the gathering of intelligence, the operation of early warning capabilities, the perfection of navigation, and the effective forecasting of weather conditions."

Young 116 unterscheidet mit Bezug auf Vlasie zwischen "stabilizing/passive/non-intrusivelsupportive military activities conducted in space, such as communications, early warning surveillance, navigation, geodesy, meteorology, and reconnaissance", die er unter den Begriff "space militarization" fasst und "activelpotentially intrusive/independent/and thus destabilizing military space activities, such as anti-satellites (ASATs) and spaced-based ballistic missile ,defences' ", die eine" weaponization of space" darstellen.

Bowman" 7 stellt ebenfalls fest, dass es bei den Rüstungskontrollvorschlägen in Bezug auf den Weltraum nicht mehr um die Rückgängigmachung der irreversiblen passiven militärischen Nutzung des Weltraums gehen kann, sondern um die Verhinderung seiner Bewaffnung. Bei der Erörterung der Thematik in der International Law Association hat der Vorsitzende des International Space Law Committee, D. Goedhuis 118 auf die Unterscheidung rekurriert und betont, dass insbesondere "dual use "-Fähigkeiten 119 der bestehenden passiven militärischen Nutzungen sich nicht mehr zurückdrehen lassen und diese etwa auch für künftige bemannte Raumstationen als zulässig angesehen werden müssten, solange sie nicht zerstörerische Fähigkeiten oder Funktionen erhielten. Auch die Polish branch der International Law Association 120 hält Begrenzungen aktiver militärischer Nutzungen für dringend, während sich passive aber nicht mehr rückgängig machen ließen. In der deutschen Weltraumrechtsliteratur hat Beer 121 ausführlich die unterschiedlichen Nutzungsarten dargestellt. Kries 122 äußert jedoch insoweit Young, Fn. 103 S. 202. Bowman, Fn. 103 S. 2. 118 International Law Association, Fn. 103 S. 308: "It seems that for the time being the ,passive' military activity in outer space must be put up with ... For the former to be acceptable, though, the satellites remaining objects working for military purposes must not become combat installations designed to destroy targets in outer space, the atmosphere or on the earth." 119 International Law Association, Fn. 103 S. 340 (Goedhuis) S. 304 u. 310 und Goedhuis, Some Observations on the Attitude of West-European Governments to the Development of Defensive Weapons in Outer Space, JSL 15 (1987) S. 101: " ... functions which have both military and non-military objectives, such as remote sensing reconnaissance, communication, weather observation and others ... ". 120 International Law Association, Fn. 103 S. 340. 121 Beer, Fn. 2 S. 9-33 zu passiven militärischen Nutzungen und S. 34-54 zu aktiven militärischen Nutzungen. 122 Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 317 greift aber indirekt auf diese Unterscheidung zurück, um die bestehenden militärischen Nutzungen von künftiger "Einführung bewaffneter Raumflugkörper" zu unterscheiden, zu der es "bisher nicht 116

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11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Zweifel am Begriff passiver Nutzung, als es zumindest mittelbare aktive Wirkungen der militärischen Satelliten auf der Erde als "force enhancers" gebe. Dies ist zwar zutreffend, ändert aber nichts an dem entscheidenden Unterschied, dass von der passiven militärischen Nutzung keinerlei aktivzerstörerische Wirkung im Weltraum ausgeht.

In der Staatenpraxis trat die Unterscheidung zwischen bisherigen passiven und künftig denkbaren aktiven militärischen Nutzungen erstmals deutlich auf der UNISPACE lI-Konferenz von 1982 in Wien zu Tage. Dort wurden drei Kategorien militärischer Nutzungen des Weltraums unterschieden: 123 - sog. "support systems ", d. h. Satelliten für Kommunikations-, meteorologische und Navigationszwecke, die auch zivil eingesetzt werden können, die weder positiv noch kritisch erwähnt wurden; - "military surveillance systems", wie hochauflösende Kameras, elektronische intelligence Systeme, Radars, Frühwarnsysteme und "nuclear tests detectors"; einige Länder wollten diese in eine generelle Verurteilung militärischer Aktivitäten im Weltraum einbeziehen, während andere auf die stabilisierende Wirkung dieser Systeme zur Verifikation von Rüstungskontrollabkommen als "national technical means of verification" hinwiesen;

- weltraumgestützte Waffensysteme, insbesondere Antisatelliten-Waffen und Laser und particle beams- Waffen, zu denen die Konferenz die konkrete Empfehlung an die VN-Generalversammlung und insbesondere ihren Abrüstungsausschuss gab, dringend die notwendigen Schritte zur Vereinbarung eines multilateralen Verbots- und Rüstungskontrollabkommens für den Weltraum zu unternehmen. Die Unterscheidung spielt eine maßgebliche Rolle im Zusammenhang mit den Vorschlägen für die Aushandlung eines Verbots von Weltraumwaffen in der Genfer CD. Insbesondere einige westliche Staaten legen ihren Vorschlägen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum die Unterscheidung zu Grunde, da sie die bestehenden rein passiven militärischen Nutzungen von einem Verbot ausnehmen wollen. Als repräsentativ für diese Haltung kann die Feststellung in dem der CD unterbreiteten Arbeitspapier der französischen Delegation 124 von 1983 gelten, wonach es mit Blick auf die völlige Entmilitarisierung des Weltraums "constraints resulting from the long-standing and by now irreversible overlapping of civilian and military gekommen" ist und drückt die Hoffnung aus, dass insoweit die "friedensbestimmende Weltraumverfassung vermittels ihrer universellen Trägerschaft" von Bestand sein und dies verhindern möge, S. 348. 123 Jasentuliyana, Fn. 2 S. 68; s. auch u. Kapitel B. III. 1. b). 124 Frankreich, CD/375 v. 14.4. 1983.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

uses of outer space" gebe. Das Hauptziel der Bestrebungen müsse daher sein "to prevent outer space from becoming a base for military action ", d.h. für aktive militärische Nutzungen. Vor allem Italien und Schweden 125

haben bei der Vorstellung ihrer jeweiligen Vorschläge für Maßnahmen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum auf die Unterscheidung Bezug genommen. So nahm der italienische Vertreter La Rocca 126 bei der Erläuterung des italienischen Protokollentwurfs zum Verbot von Weltraumwaffen ausdrücklich passive Nutzungen davon aus. Diese Haltung liegt auch den beiden sowjetischen Vorschlägen von 1981 127 und 1983 128 für das Verbot von Weltraumwaffen zu Grunde, die sich auf aktive, zerstörerische Nutzungen beziehen, ohne die bestehenden passiven militärischen Nutzungen in Frage zu stellen, während die UdSSR in früheren Vorschlägen eine völlige Entmilitarisierung des Weltraums verlangt hatte.

Dagegen streben die Vertreter der Gruppe der 21 weiterhin überwiegend ein völliges Verbot der militärischen Nutzung des Weltraums an. Sie erkennen allerdings an, dass dieses möglicherweise nicht rasch erreicht werden kann, und nehmen deshalb inhaltlich ebenfalls auf die Unterscheidung von bestehenden passiven und künftigen aktiven militärischen Nutzungen Bezug, indem sie als Interimsrnaßnahmen zumindest das Verbot aktiver militärischer Nutzungen von zerstörerischer Qualität, insbesondere von ASATund BMD-Systemen verlangen. Beispielhaft für die Haltung der blockfreien Saaten der Gruppe der 21 ist das von China 129 1985 in der CD vorgelegte 125 Italien, CD/9 v. 26. 3. 1979 "Additional Protocol to the 1967 Treaty on Principles Governing Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space, Including the Moon and Other Celestial Bodies' with a view to preventig an arms race in outer space". Der schwedische Vertreter in der CD betonte die passive Natur der Satellitenfernerkundung im Gegensatz zu Weltraumwaffen: "Although the civilian exploitation of outer space is increasing, the vast majority of satellites perform military functions ... These satellites ... have stabilizing functions ... Mention could be made of reconnaissance satellites with photographic, electronic or ocean surveillance tasks. In principle, all these satellites can have important functions in connection with weapons systems on earth. Their military role, however, is of a passive nature"; CD/PV 516, 11. 7. 1989, S. 15 f. 126 CD/9, Fn. 125, S. 3: "Of course, the use of reconnaissance, surveillance and communication satellites, and indeed, of any space system which would reinforce strategic stability by ensuring, inter alia, the verification of disarmament and other limitation agreements will not be prejudiced ... ". In Artikel 1 Para. 2 sieht daher der italienische Protokollentwurf vor, dass seine Verbotsbestimmungen sich nicht auf ".. . any control system to be established in order to ensure compliance with disarmament and security agreements" beziehen; CD 9, Annex I, S. 1. 127 UNDoc. A/36/192 v. 11. 8. 1981; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 123. 128 UNDoc. A/38/194 v. 23. 8. 1983 und CD/476 v. 20. 3. 1984; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 127. 129 CDI579 v. 19.3. 1985, S. 1.

II. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Papier, in dem als Ziel zwar die völlige "de-militarization of outer space" unterstützt wird, als Zwischenlösung aber Maßnahmen verlangt werden, welche die "de-weaponization of space" sicherstellen sollen. Dazu soll als erster Schritt ein völliges Verbot bereits des Testens und der Herstellung von Weltraumwaffen jeglicher Art dienen. Auch Venezuela, 130 Sri Lanka, 131 Peru l32 und Indien 133 halten eine völlige Entmilitarisierung des Weltraums für wünschenswert, sehen aber als Zwischenlösung ein Verbot von aktiven zerstörerischen Weltraumaktivitäten durch ein ausdrückliches Verbot von Weltraumwaffen für dringend erforderlich an. Um im Folgenden bisherige und künftige militärische Weltraumnutzungen entsprechend der Unterscheidung zwischen passiven und aktiven militärischen Weltraumnutzungen einordnen und weitere rechtliche Schlussfolgerungen daraus ziehen zu können, bedarf es zunächst einer präzisen Begriffsbestimmung des Kriteriums. b) Die Definition aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstärerischer Qualität

Die Definition aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Qualität als ein rechtlich relevantes Unterscheidungskriterium sollte auf objektiven Eigenschaften und Unterscheidungsmerkmalen beruhen, wenn sie zu Schlussfolgerungen hinsichtlich der Beurteilung der Zulässigkeit bestimmter Nutzungsarten herangezogen werden soll.134 Wichtigste Aufgabe der Definition ist, eine klare Abgrenzung zu passiven militärischen Nutzungen von nicht-zerstörerischer Art zu ermöglichen, indem auf die eigenständige zerstörerische Fähigkeit eines Systems im Weltraum abgestellt wird. Zur näheren Bestimmung des Kriteriums kann insbesondere auf die Definitionsvorschläge zum Begriff der Weltraumwaffen in der CD zurückgegriffen werden. Im dortigen PAROS-Ad Hoc-Ausschuss haben mehrere Delegationen mit Blick auf die Aushandlung ausdrücklicher Verbotsabkommen folgende Definitionsvorschläge unterbreitet, welche Professor N. Ronzitti l35 als "Friend of the Chair on Terminological and Legal Issues" in 130 Venezuela hat zu diesem Zweck eine Definition von Weltraum waffen unter Rückgriff auf Vorschläge von China, Bulgarien, Ungarn, Sri Lanka und der UdSSR vorgelegt, CD/709/Rev. 1 v. 22. 7. 1986; CD/851 ; CD/PV 398, 19.3. 1987. 131 CD/PV 254 v. 29. 3. 1984 S. 11. 132 CD/939 v. 29. 7. 1989; CD/PV 472, S. 6; CD/PV 544, S. 6. 133 CD/PV 262 v. 26. 4. 1984 S. 44. 134 s. zur rechtlichen Bedeutung des Kriteriums im Einzelnen u. Kapitel D. V. 1. 135 "Legal Definitions", CDIOS/WP. 70; s. außerdem seinen Questionnaire on Legal and Terminological Issues; CDIOS/WP. 71 und CDIOS/CRP. 16 und COIT. 1: "Resume by the Friend of the Chair of Proposals and the Course of Discussions

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

einem umfassenden Papier zu den terminologischen Fragen, insbesondere der Definition von Weltraumwaffen, zusammenfasste: - Venezuela: J36 ",Space strike weapon' means any offensive or defensive device, including its operational components, whatever the scientific principle on which its functioning is based: (a) capable of destroying or damaging from its place of deployment in outer space an object situated in outer space, in the air, in water or on land, (b) capable of destroying or damaging from its place of deployment in the air, in water or on land an object situated in outer space. The following are also space strike weapons: any offensive or defensive device, including its operational components and any system of such devices, whatever the scientific principle on which its functioning is based, that is capable of intercepting, from outer space or from land, water or the atmosphere, ballistic projectiles during their flight."

_ UdSSR: 137 Die Vertragsentwürfe der UdSSR gehen von einer weiten Definition aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art aus. Der Entwurf von 1981 sieht neben dem Verbot in Artikel 1". .. to pi ace in orbit around the earth objects carrying weapons of any kind, install such weapons on celestial bodies, or station such weapons in outer space in any other manner ... " in Artikel 3 vor " ... not to destroy, damage, disturb the normal functioning or change the flight trajectory of space objects ... ". Der Entwurf von 1983 sieht außerdem vor (Artikel 2 Nr. 2) ,,[n]ot to utilize space objects in orbit around the Earth, on ce1estial bodies or stationed in outer space in any other manner as means to destroy any target on the Earth, in the atmosphere or in outer space."

- Bulgarien und Ungarn: 138 ,,(a) Any weapon system based entirely or partially in space which is specifically designed and intended to destroy, damage or interfere with the normal functioning of objects in space or on Earth, including its atmosphere, or (b) any weapon system, whether land-based, sea-based or airborne, which is specifically designed and intended to destroy, damage or interfere with the normal functioning of space objects."

on Confidence-Building Measures in Outer Space"; s. ausführlich zur Definitionsproblematik und den Vorschlägen in der CD auch Alves, Fn. 40 S. 12-20. 136 CD/OS/WP.14/Add.1, 1986: Venezuela. I37 Fn. 127 u. 128. 138 CD/OS/WP.14/Add.1, 1986: Bulgarien und Ungarn.

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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_ DDR: 139 "Any device or installation based entirely or partially on land, sea or in the air and/or in outer space which is specifically designed and intended to destroy, damage or interfere with the normal functioning of space objects."

_ China: 140 "A space weapon means any device or installation either space-, land-, sea-, or atmosphere-based, which is designed for striking or damaging spacecraft in outer space, or disrupting the normal functioning, or changing their orbits, and any other device or installation based in space (including those based on the moon and other celestial bodies) which is designed for attacking or striking objects in the atmosphere, or on land, or at sea, or disrupting their normal functioning."

- Sri Lanka: 141 "Any weapon or a component of a weapon or a device, either ground-based or space-based, in Earth orbit or in any other trajectory beyond Earth orbit, designed physically to damage or interfere with or attack aspace object, or to attack ground or airborne targets from space is aspace weapon."

- Kanada 142 definiert in seinem Arbeitspapier vom 5. 2. 2001 eine Weltraum waffe wie folgt: "Any device, specially designed or modified to inflict permanent physical damage on any other object through the projection of mass or energy."

- In dem Second Agreed Statement der bilateralen amerikanisch-russischen ABM Demarcation Agreements von 1997 143 wurde die nachfolgende Definition für weltraumgestützte TMD verwendet. Wenn das Akronym TMD für theatre missile defense weggelassen wird, erhält man ebenfalls eine geeignete Definition für Weltraumwaffen insgesamt. 144 "The Parties also agreed not to develop, test, or deploy space-based TMD interceptor missiles or space-based components based on other physical principles (OPP) such as lasers that are capable of substituting for space-based TMD interceptor missiles."

Hier soll der kanadischen Definition gefolgt werden. Ihr Vorteil ist, dass sie Überschneidungen mit bestehenden passiven militärischen Nutzungen CD/OS/WP.14/Add.l, 1986: DDR. CD/OS/WP.14/Add.l, 1986: China. 141 CD/OS/WP.14/Add.l, 1986: Sri Lanka. 142 Arbeitspapier Kanadas vom 5. 2. 2001 Rev. mit dem Titel "The Non-Weaponization 01 Outer Space "; das Papier beruht auf früheren kanadischen Papieren im PAROS-Ad Hoc-Ausschuss, deren Grundzüge in dem Beitrag von Cleminson, Fn. 104 in BeieriMataila (Hrsg.) S. 35 dargelegt sind. 143 Fn. 105. 144 Kanadisches Arbeitspapier v. 5. 2. 2001 S. 5. 139 140

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

sicher ausräumt, indem die nicht waffenbezogenen Komponenten eines weltraumgestützten Systems dadurch von der Definition ausgeschlossen sind, dass diese selber nicht zu zerstörerischen Zwecken hergestellt wurden. 145 Als eine aktive militärische Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Qualität wird demnach in Anlehnung an den kanadischen Definitionsvorschlag für Weltraum waffen jede Verwendung eines Objekts im Weltraum verstanden, welches zu dem Zweck hergestellt wurde, bei einem anderen Objekt eine dauernde physische Beschädigung durch die Projektion von Masse oder Energie herbeizuführen, bzw. dieser Zweckbestimmung entsprechend ausgestattet wurde. 146 Einige Autoren 147 sowie die USA 148 unterscheiden zwischen offensiven und defensiven Weltraumwaffen. Dies begegnet jedoch dem Einwand, dass über die Frage eines offensiven oder defensiven Einsatzes jeweils die zu Grunde liegende Strategie entscheidet. Mit Blick auf die Frage der Zulässigkeit bestimmter militärischer Nutzungen ist eine solche Unterscheidung nicht hilfreich, da jede Waffe letztlich sowohl defensiv als auch offensiv eingesetzt werden kann. 149 145 s. die Erläuterung im kanadischen Arbeitspapier S. 5: "the non-weapon components of a space-based military system (e. g. navigation, communication ßnd observation components) would not be prohibited, because these elements per se do not actually inflict the physical harm on the target object. Only the "pointed end" or actual destructive element of a system would be prohibited under a space-based weapon ban." 146 Ähnlich Wulf, Outer Space Arms Control: Existing Regime and Future Prospects, Proc. 26th Colloq. Space Law (1984) S. 367: "Perhaps, the definitional problem could be reduced were military activities to be defined as referring to weapons or weapons systems. Thus, a military spacecraft would be a craft that has weapons on board - an armed craft. The term "weapon", however, is not self-defining and perhaps more specificity is needed here as weil. Thus, it may be necessary to speak in terms of weapons with the capacity to damage or destroy targets in space or targets on Earth or in the Earth's atmosphere." 147 Almond jr., A Public Order in Outer Space for Peaceful Purposes: The Will of the World Community and the Constitutive Process, Proc. 21 st Space Law (1979) S. 83; Butler, Peaceful Use and Self Defense in Outer Space, Proc. 24th Colloq. Space Law (1982) S. 77; Schwetje, Protecting Space Assets: A Legal Definition of ,Keep-out'-Zones, JSL 15 (1987) S. 131. 148 Fn. 86; s. auch Alves, Fn. 40 S. 36. 149 Spacy ll, Does the United States Need Space-Based Weapons?, College of Aerospace Doctrine, Research, and Education Air University (September 1999), S. 96: "The problem with the attempts to limit spacebased weapons to those that are defensive is that most space-based weapons - like most other weapons - are difficult to categorize."; UNIDIR, Fn. 108 S. 19: "The basic idea seems to be ... that the first group of weapons (offensive) can be used against military, economic and other assets of the adversary in their peacetime configuration while weapons of the second group are effective only against the adversary's weapons, and even only after these have been launched. Some weapons, such

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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c) Die Einordnung bisheriger und geplanter Weltraumnutzungen nach dem

Kriterium aktiver, zerstörerischer militärischer Nutzungen des Weltraums aa) Bisherige militärische Nutzungen

(1) Bisherige militärische Nutzungen des Weltraums sind passiver, nicht-zerstörerischer Art

Der Weltraum wurde seit Beginn der Weltraumfahrt militärisch genutzt. Nach Schätzungen des SIPRI 150 dienten in den siebziger Jahren etwa sechzig Prozent aller Satellitenstarts im Weltraum ganz oder teilweise militärischen Zwecken. Heute liegt der Anteil bei knapp siebzig Prozent. 151 Diese Nutzungen militärischer Art waren bei Aushandlung des Weltraumvertrages bereits allgemein bekannt. Zwar haben sich einige Staaten 152 bereits zu dieas earth-based terminal defenses against ballistic missiles, cannot be used directly for launehing an attack, while some other weapons may, in contrast, in addition to their defensive quality also be directly utilizable for launehing an attack. This is not a sufficient basis to speak of defensive and offensive weapons ... all weapons even those which would normally be considered defensive, such as earth-based terminal defenses against ballistic missiles - can be used as part of an offensive strategy .. .. For some aspects of arms limitation, it could nevertheless be useful to distinguish between weapons which, in themselves, have destructive capabilities and those which do not." s. konkret zu der Möglichkeit der Verwendung von ABMI BMD-Systemen in einer Offensivsrategie im folgenden Kapitel D. V. 3. a) Fn. 213. 150 SIPRI, Outer Space - Battlefield of the Future? (1978) S. 2. 151 Laut Stares, Fn. 73 S. 15 und tabellarischer Übersicht S. 16-17 waren 1987 täglich bis zu 150 militärisch genutzte Satelliten der USA und der UdSSR im Einsatz; entsprechend der im Golfkrieg zu Tage getretenen Tendenz zu immer stärkerer Abhängigkeit der US-Streitkräfte für den Großteil ihrer Operationen von Kommunikationssatelliten sehen Militärstrategen einen expotenzial wachsenden Bedarf an militärischer Satellitenkommunikation (sog. MILSATCOM capacity: bis 2005 Anstieg um einen Faktor von 100% gegenüber Desert Storm), s. Gonzales, The Changing Role of the U.S. Military in Space (US Air Force, RAND 1999) S. 19. 152 s. z. B. Erklärung des Vertreters von Indien in der Plenarsitzung der CD am 12. 8. 1986; CD/PV.378 und Nigerias am 24. 2. 1987; CD/PV.391 S. 21; Brasilien und eine Reihe weiterer lateinamerikanischer Staaten verurteilten die Pläne einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums als eine ..flagrant violation" des Weltraum vertrages und forderten dringend die Aushandlung eines Abkommens über das Verbot von Weltraumwaffen; Declaration by the Latin American Countries Members of the Legal Sub-Committtee of the Committee ot the Peaceful Uses of Outer Space, Working Paper, A/AC.I05/C.2/L.142 v. 6. 4. 1983: "We consider it essential to avoid the continuation, in actual deeds or planning, of an increasing militarization and use for military purposes of outer space in flagrant violation of the spirit of the 1967 Treaty, of agreed principles and of existent positive law. We advocate the early elaboration of an appropriate instrument additional to the 1967 Space Treaty (AI AC. 105/320)."; Im Januar 1985 erklärte eine Gruppe von sechs Ländern aus fünf Kontinenten in der sog. Dehli Declaration, "that an arms race in

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

ser Zeit konsequent für ein umfassendes Verbot aller militärischen Nutzungen auch durch Satelliten mit militärischen Aufgaben oder mit "dual capabilities" ausgesprochen. Dennoch hat bis heute kein einziger Staat gegen die Verwendung der militärisch genutzten Satelliten im Weltraum Einspruch erhoben. Es ist daher allgemein 153 anerkannt, dass die Nutzung des Weltraums zu militärischen Zwecken mittels Satelliten von der internationalen Gemeinschaft hingenommen wurde. Die anfängliche Position der UdSSR,154 dass der Einsatz von Reconnaissance-Satelliten zu Aufklärungszwecken als unzulässige Spionage völkerrechtswidrig sei, bildete eine letztlich nicht durchgreifende Ausnahme, zum al diese auch vor dem Hintergrund der von der UdSSR selber geübten derartigen Praxis nie glaubwürdig war. Die UdSSR gab diese Haltung auch nach außen auf, als sie in den bilateralen Rüstungskontrollverträgen mit den USA von 1972 sowohl im SALT 1- als auch im ABM-Vertrag 155 die Verwendung der sog "national technical means" zur Verifikation anerkannte, worunter beide Seiten einvernehmlich insbesondere Reconnaissance-Satelliten verstanden. 156 (2) Frühe ASAT- und ABM-Systeme sind nicht-weltraumgestützt

Die in den sechziger und siebziger Jahren von beiden Weltraummächten im Einklang mit dem ABM- Vertrag entwickelten begrenzten ABM- und ASAT-Systeme, insbesondere die von den USA zeitweise stationierten (landgestützten) bzw. erprobten Abfangraketen 157 bzw. das luftgestützte outer space would be enorrnously costly, would have grave destabilizing effect and would endanger several arrns limitation and disarrnament agreements."; s. Jasentuliyana, Fn. 2 S. 121; am 21. 1. 1988 verabschiedeten die Regierungschefs von Schweden, Griechenland, Mexiko, Tansania, Argentinien und Indien eine sog. "Stockholm-Erklärung", in der ein solches umfassendes Verbot zur Verhinderung eines vertikalen und horizontalen Rüstungswettlaufs im Weltraum gefordert wird, CD/807 v. 19.2. 1988. 153 s. statt Aller Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 340. 154 Einen entsprechenden Vorschlag zum Verbot von Reconnaissance-Satelliten machte die UdSSR bei den Beratungen der Weltraum-Grundsatzresolution, s. UN Doc.A/ AC. 105/C.2/L.6 v. 16. 4. 1963; s. eingehend Russel, Military Activities in Outer Space: Soviet Legal Views, Harvard International Law Journal 25 (1984) S. 175 ff. 155 Fn. 50 u. 67. 156 Cohen, SALT Verification: The Evolution of Soviet Views and Their Meaning for the Future, Orbis 24 (1980) S. 657; SIPRl, Fn. 150 S. 2. 157 Es handelt sich um die teilweise stationierten Nike-Zeus- und die aus IRBMs abgeleiteten, mit Nuklearsprengköpfen bestückten Thor-ASAT-Systeme der USA, die 1975 wieder außer Dienst genommen wurden, und das sowjetische ABM-lb/ Galosh (US-Bezeichnung)-System. Der ABM-Vertrag erlaubte beiden Seiten je zwei ABM-Stützpunkte, eines zum Schutz der Hauptstadt und eines für den Schutz eines ICBM-Raketenstützpunktes, verbot aber eine "nationwide missile defense". Die

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ASAT-System 158 sowie das ABM-System mit nuklearen Gefechtsköpfen um Moskau 159 enthielten keine weltraumgestützten Elemente. 160 Zwar gab es in den sechziger Jahren auf beiden Seiten vorübergehend auch Überlegungen zur Nutzung sog. Raumwaffensysteme 161 mit zwei Varianten als sog. "OBS - Orbital Bombardement System ", welche vor ihrem Einsatz abrufbereit in einer Erdumlaufbahn stationiert werden sollten und als sog. "FOBS - Fractional Orbital Bombardement System ", die erst bei Konfliktbeginn in die Erdumlaufbahn gestartet und vor Vollendung eines Erdumlaufs abgebremst und im Ziel gebiet detoniert werden. Jedoch wurde tatsächlich nur das keine dauernde Stationierung von Waffen im Weltraum implizierende FOBS zeitweilig von der UdSSR installiert und schon nach einigen Jahren wieder aufgegeben. 162 Wie in einem Rüstungswettlauf nicht anders zu erwarten, gehen die Meinungen auseinander, welche Seite den ersten Schritt bei der Entwicklung des jeweiligen neuen Waffensystems unternommen hat. 163 Die UdSSR begann 1968 mit Tests für ein boden gestütztes ASATUSA verzichteten auf ein ABM-System zum Schutz der Hauptstadt und das einzige stationierte ABM-System um den Raketenstützpunkt Grand Forks wurde Mitte der siebziger Jahre wieder deaktiviert; s. im Einzelnen Witze!, Fn. 101 in Kubbig (Hrsg.) S. 23; Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 328; Handberg, Fn. 9 S. 59; SIPRI, Fn. 150 S. 107, S. 173-178; UNIDIR, Fn. 108 S. 31; Lellouche, Fn. 42 S.50. 158 Es handelt sich um das auf F-15 Kampfflugzeugen stationierte sog. AirLaunched Miniature Vehicle-System (ALVM). 159 Das ABM-lb/Galosh-System umfasst zum Schutz Moskaus 120 landgestützte Abfangraketen. 160 UNIDIR, Fn. 108 S. 31: Die genannten Systeme waren aber darauf ausgelegt, feindliche Raketensprengköpfe (sog. reentry vehicles) noch oberhalb der Erdatmosphäre zu zerstören. 161 Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 310 spricht von "Orbitalbomben"; Vlasic, Fn. 2 Mc Gill Law Journal (1981) S. 15l. 162 Humble, The Soviet Space Programme (1988) S. 50 beschreibt ausführlich die - vermutlich achtzehn - Tests zur Entwicklung des sowjetischen FOBS zwischen 1966 und 1971, läßt aber offen, inwieweit das System wirklich operabel wurde. In Artikel VII Para. 2 c des "Second Common Understanding" zum SALT 11 Vertrag erklärte die UdSSR, über achtzehn FOBS-Antriebsraketen zu verfügen, welche bei Inkraftreten des Vertrages außer Dienst gestellt würden s. u. Kapitel B. 11. 2. b). 163 Nach Jasani/Hajner, The Case for a Limited ASAT Treaty, in Jasani, Outer Space. A Source of Conflict or Co-operation? (United Nations University 1991) S. 227 reagierten die USA mit ihrer ASAT-Entwicklung auf sowjetische Schritte: "In response to the Soviet tests of its Fractional Orbital Bombardment System (FOBS) between 1966 and 1971, the United States deployed its first ASAT weapon." Dagegen meint Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 326: "Ein ziemlich klarer Fall wechselseitigen Nachziehens ist die Entwicklung von Antisatellitenwaffen. Hier hatten die USA den ersten Zug getan. Ihre frühen ASAT -Systeme waren der Versuch, Weltraumkontrolle zu erlangen."; Der von Kries als Nachweis angeführte Aufsatz von Stares, Fn. 89 in Durch (Hrsg.) S. 38-39 bestätigt eher die Auffassung, dass die USA mit ihrer ASAT-Entwicklung auf die FOBS-Schritte der

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

System. Sie erklärte 1983 ein einseitiges Moratorium für solche ASATTests,164 dessen Einhaltung von den USA jedoch bestritten wird. 165 Demnach soll die UdSSR Anfang der achtziger Jahre zwei bodengestützte Laser in ihrem Sary-Shagan Raketentestzentrum unterhalten haben, welche zwar über die Fähigkeit zur Beschädigung von Satelliten im Orbit verfügten, aber keine weltraumgestützten Komponenten enthielten. 166 bb) Neuartige in der Entwicklung oder Erprobung befindliche aktive militärische Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Qualität Die Sowjetunion und heute Russland, die USA und vermutlich auch China 167 betreiben seit längerem Grundlagenforschung in Laser- und TeilUdSSR reagierten, zumal sie bis Anfang der achtziger Jahre generell jede Bewaffnung des Weltraums und dessen Einbeziehung in kriegerische Auseinandersetzungen zu vermeiden suchten: " . .. the United States would show restraint in the development of weapons systems for use in or from space. American policymakers recognized from an early date that there was little military incentive for the United States to develop ,space weapons'. Orbital bombardment systems, for example, did not offer the same capability as ballistic missiles due to their limited operational flexibility, control, and accuracy. Furthermore, despite earlier fears, there was never an unambiguous Soviet ,space threat' to justify an extensive antisatellite (ASAT) program. More importantly, it was feit by both the White House and the Defense Department that a vigorous U.S. ASAT program would encourage the Soviets to develop similar systems of their own that, given the growing U.S. dependence on military satellites, would do more harm to American than to Soviet interests. The only apparent exceptions to this guideline were the two landbased ASAT systems that were deployed on Johnston Island and Kwajalein Atoll in 1963-64. These, however, can be categorized more correctly as orbital bomb defense systems deployed as insurance against some future Soviet attempt to blackmail the Uni ted States with the threat ofbombardement from space."; s. aber Humble, Fn. 162 S. 51 : "While Soviet ASAT developments are a defensive complement to the offensive FOBS, to a large extent the Soviets were also reacting to the US ASAT programmes of the period: the US Army's Nike Zeus at Kwajalein Atoll from 1963 to 1967, and the USAF's Thor at Johnston Island from 1964 to 1975." 164 Sowjetischer Vertragsentwurf über ein Verbot von Weltraumwaffen, UN Doc A/38/194 v. 23. 8. 1983, Fn. 128; parallel dazu erklärte KPdSU-Generalsekretär Andropow gegenüber US-Senatoren, dass die UdSSR sich einseitig verpflichte, keine ASAT -Systeme im Weltraum zu stationieren, solange auch andere Länder dies unterließen; s. "Star Wars" - Delusions and Dangers (Moscow Military Publishing House 1985) S. 12. Das einseitige Moratorium der UdSSR wurde in der CD begrüßt, s. Erklärung der Tschechoslsowakei (CD/PV 253 v. 17. 3. 1984 S. 9) und Schwedens (CD/PV 252 v. 22. 3. 1984 S. 20); Jasentuliyana, Fn. 2 S. 86; Alves, Fn. 40 S. 100. 165 US Department of Defense, Soviet Military Power 1985 (1985) S. 43; Jasani/ Hafner, Fn. 163 in Jasani (Hrsg.) S. 227. 166 Jasani/Hafner, Fn. 163 in Jasani (Hrsg.) S. 227. 167 s. u. Kapitel B. 11. 2. i).

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chenwaffen. Darauf baut die Entwicklung sog. futuristischer Waffen, welche sich die besonderen physikalischen Eigenschaften des Weltraums zu Nutze machen und die an Stelle auf klassischer Raketentechnologie auf neue physikalische Grundlagen gestützt werden, auf. Die "Directive on Space Policy" des US Department 01 Delense vom 9. Juli 1999 168 beschreibt als militärische Ziele der US Armed Forces im Weltraum: "combat and combat support operations to ensure freedom of action in space for the United States and its allies ... [including negation of space systems and services used for purposes hostile to U.S. national security interests]."

Als Instrumente möglicher künftiger "combat operations in, through and lrom space to injluence the course and outcome 01 conjlict,,169 werden im Wesentlichen zwei neuartige Waffentypen sowie die Verbesserung weltraumgestützter Sensor-Satelliten entwickelt und teilweise bereits getestet: 170 Sie könnten als ASAT- oder BMD-Systeme gegen Ziele im Weltraum, aber je nach Konstruktion und spezifischer Anpassungen auch gegen Ziele auf der Erde eingesetzt werden. 171 (1) Laser- und Teilchenstrahlenwaffen (Directed Energy Weapons)

Weltraumgestützte Laserwaffen (Spaced Based Laser, SBL) werden sowohl als ASAT- wie als BMD-Waffe und inzwischen auch zur Unterstützung konventioneller Kriegsführung auf der Erde in Betracht gezogen. 172 Es werden Lang- und Kurzwellenlaserwaffen unterschieden. Die chemi168 US Department oJ DeJense, Directive 3100.10, Space Policy vom 9. 7. 1999 Para. E 2.1.3. 169 US Department oJ DeJense, Fn. 168 Para. E 2.1.1. 170 Carter, BMD Applications: Performance and Limitations, in Carter/Schwartz (Hrsg.), Ballistic Missile Defence (1984) S. 174; Altmann, Laserwaffen, in Labusch/ Maus/Send (Hrsg.), Waffen im Weltraum (1984) S. 79; Beer, Fn. 2 S. 34 ff.; zur neueren Entwicklung s. Heath, Fn. 2 S. 298 sowie die nachfolgenden Forschungspapiere der Air University der US Air Force, die unter abrufbar sind: Leonard, Laser Options for National Missile Defense, (Air Comrnand and Staff College, Air University, April 1998); Rogers, Lasers in Space. Technological Options for Enhancing US Military Capabilities, Center for Strategy and Technology, Air War College (November 1997); Vami/Powers/CrawJord/Jordan/Kendall, Space Operations: Through the Looking Glass (Global Area Strike System), A Research Paper Presented to Air Force 2025 (August 1996); Spacy I/, Fn. 149 . 171 Heath, Fn. 2 S. 299 spricht dehalb von "precision ground attack weapons capable of engaging and destroying targets on the earth's surface or atmosphere". 172 Heath, Fn. 2 S. 300; Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 312; Altmann, Fn. 170 in Labusch/Maus/Send (Hrsg.) S. 79; Fischbach, Raketenabwehrtechnologien eine Übersicht, in Labusch/Maus/Send (Hrsg.), Waffen im Weltraum (1984) S. 62; Carter, Fn. 170 in Carter/Schwartz (Hrsg.) S. 175.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

sehen Langwellenlaser erfordern auf Grund ihrer Strahleneigenschaften eine Dislozierung im Weltraum. Für Kurzwellenlaser (sog. Eximer- und FreeElectron-Laser) kommt nach gegenwärtigem Stand als Folge der für sie benötigten großvolumigen Versorgungs systeme nur eine erdgestützte Verwendung in Betracht. Eine dritte Laserart, die fast nur für militärische Zwecke verwendet wird,173 ist der Wasserstofffluorid-Laser, bei dem eine chemische Reaktion aus Wasserstoff und Fluor Moleküle in angeregtem Schwingungszustand produziert. Röntgenlaser nehmen eine Sonderstellung ein. Sie gehören zu den nukleargespeisten Strahlenwaffen 174 und beziehen ihre Wirkung aus einer Atomexplosion in ihrem Innern. Die dadurch freiwerdende Energie wird in Gestalt intensiver, gebündelter Röntgenstrahlung durch dünne Metallstäbe nach außen in die gewünschte Richtung geleitet. Der Röntgenlaser zerstört sich durch die Detonation gleichzeitig selbst, doch die davon ausgehende Strahlung genügt, um gegnerische Raketen, Gefechtsköpfe oder auch Satelliten unbrauchbar zu machen. Der Laserstrahl würde den gegnerischen Satelliten mit Lichtgeschwindigkeit treffen. Ein weiterer Vorteil einer Weltraumstationierung gegenüber land- oder luftgestützten Systemen liegt darin, dass der Laserstrahl keinerlei Abweichungen durch Schwerkraft oder Erdatmosphäre ausgesetzt wäre. 175 Neben einer ständigen Stationierung im Weltraum wird auch das sog. " pop-up"-Verfahren erwogen, bei dem der Röntgenlaser erst unmittelbar nach der Entdeckung eines gegnerischen /CBM- oder SLBM-Starts ins All geschossen und zur Explosion gebracht wird. Wegen der Erdkrümmung kommt dazu jedoch ein Start der Laserwaffe vom Territorium der USA gegen z. B. russische Interkontinentalraketen nicht in Betracht, weshalb im Rahmen der SD/-Forschungen eine Stationierung in Großbritannien erwogen wurde. 176 Bereits 1981 hat das US-Atomwaffenlabor Lawrence Livermore National Laboratory unter Leitung des Vaters der Wasserstoffbombe und überzeugten SD/-Protagonisten Edward Teller einen Röntgenlaser mit einer unterirdischen Atomexplosion getestet. 177 Das amerikanische Hochenergielaser-Programm im Rahmen des ALPHA-Projektes l78 hat die Entwicklung leistungsstarker chemischer Laser zum Ziel. 179 Ergänzt wird dieses durch das LODE-Programm (Large Optics Demonstration Program), mit dem gläserne Umlenkspiegel Altmann, Pn. 170 in Labusch/Maus/Send (Hrsg.) S. 88. Beer, Pn. 2 S. 48; Kries, Pn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 312; Vami u. a., Pn. 170 S. 21. I75 Vami u.a. , Pn. 170 S. 21. 176 Beer, Pn. 2 S. 49. I77 Broad, Teller's War. The Top-Secret Story Behind the Star Wars Deception (1992) S. 291 mit einer Übersicht über die wenig erfolgreichen Testergebnisse; Robinson, Advance made on High-Energy Laser, Aviation Week & Space Technology, 23. 2. 1983, S. 25; Altmann, Pn. 170 in Labusch/Maus/Send (Hrsg.) S. 89. 178 Spacy 11, Pn. 149 S. 35; Grossmann, Pn. 70 S. 20; s. auch u. B. H. 2. f). 173

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entwickelt werden sollen, mit denen die von erd- oder raumgestützten Laserstationen abgestrahlten Laserstrahlen auf das Zielobjekt gelenkt werden sollen. Dazu haben bereits mehrere Feldversuche unter Mitwirkung einer US Raumfähre mit ersten Ergebnissen stattgefunden. 180 Eine zweite Art von Waffen mit gerichteter Energie sind sog. Teilchenstrahlenkanonen. Anders als bei Laserwaffen wird das Zielobjekt hier nicht äußerlich zerstört (" hard-kill"), sondern durch hochenergetische atomare Teilchenströme innerlich durch Autheizung oder Strahlung vernichtet (" soft-kill "). 181 (2) Radiofrequenzwaffen

Eine weitere Art von Teilchenwaffen sind sog. " radio frequency weapons",182 die gegen feindliche elektronische Systeme eingesetzt würden. Ihre Erprobung ist aber noch weit von der Entwicklungsreife für Waffenzwecke entfernt. Das Konzept derartiger Waffen, die im geosynchronen Orbit stationiert würden, sieht die Verwendung von großen Antennen vor, welche den Frequenzstrahl auf das feindliche Objekt im Weltraum oder auf der Erde leiten würden. Notwendig sind Antennen von einer Größe von 100 Metern im Durchmesser, weshalb als eine Variante die Nutzung "virtueller Strukturen" erwogen wird, wobei Hunderte von Minisatelliten in Formation wirken würden. 183 Die Realisierungschancen für derartige Systeme werden für die vorhersehbare Zukunft als gering bewertet. 184 Ihr einzigartiges Einsatzpotenzial gegen elektronische Ausrüstungen macht sie dennoch zu einer in militärischen Überlegungen verfolgenswerten Option. 185 (3) Kinetische oder Projektilwaffen (Impact Weapons, KEW)

Kinetische Waffen bestehen aus durch chemische oder elektrische Reaktionen angetriebene Abfangraketen oder aus einer Vielzahl von einer sog. 179 Varni u. a. Fn. 170; Beer, Fn. 2 S. 49; Altmann, Fn. 170 in Labusch/Maus/ Send (Hrsg.) S. 87. 180 Beer, Fn. 2 S. 48. 181 Varni u. a., Fn. 170 S. 21; Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 312; Heath, Fn. 2 S. 300. 182 Spacy, Fn. 149, S. 21; Varni u.a., Fn. 170 S. 21. 183 Spacy 1/, Fn. 149 S. 22. 184 Spacy 1/, Fn. 149 S. 22: "Considering the hurdles in orbital antenna technology that must be overcome before space-based directed-energy weapons are feasible, it is unlikely that such systems can be fielded until the cost of routine access to space is reduced to the point that extensive experimentation can be undertaken." 185 Spacy l/, Fn. 149 S. 89.

6 Wolter

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elektromagnetischen Kanone verschossener kleinerer Projektile. Sie wirken durch direkten Aufprall mit dem Zielobjekt. Als Abfangraketen müssen sie daher in einen Orbit stationiert werden, von dem aus sie das gegnerische Weltraumobjekt mittels eines Antriebsmotors erreichen können. Zunächst wurden klassische ABM-Abwehrraketen (SAFEGUARD) weiterentwickelt für extraterrestrische Einsätze durch sog. Homing In Overlay Experiments (HOE). Dabei werden anfliegende Gefechtsköpfe während ihres antriebslosen Fluges in Schichten oberhalb der Atmosphäre (" Overlay") angesteuert ("Homing In ") und durch die beim Aufprall des Abwehrprojektils entstehende kinetische Energie zerstört. Bei einem erfolgreichen Test im Juni 1985 konnte erstmals eine Rakete durch eine andere Rakete ("hit abullet with abullet") abgefangen werden. Eine Minuteman-l-Rakete wurde durch eine modifizierte Minuteman I-HOE-Rakete getroffen. 186 Die enorme Geschwindigkeit von Raumflugkörpern (7,8 km pro Sekunde für einen Satelliten im erdnahen Orbit) stellt eine kinetische Waffe vor große Probleme, ihr Ziel zu treffen. 187 Im Weltraum leiten KEWs ihre zerstörerische Wirkung aus der Geschwindigkeit des Zielobjekts und damit dem Aufpralleffekt her. Bei Einsatz gegen Ziele auf der Erde geht dagegen die Zerstörungswirkung von der Geschwindigkeit der Projektile einer KEW aus. Die Miniprojektile werden mit extrem hoher Geschwindigkeit von der elektromagnetischen Kanone (" rail gun"), welche im Weltraum stationiert wird, auf eine Geschwindigkeit von mehr als 20 Kilometer pro Sekunde beschleunigt. Eine beträchtliche Schwäche des auf KEWs beruhenden Konzepts insbesondere im Fall der Verwendung als BMD-System besteht darin, dass wegen voraussichtlicher Mehrfachansteuerung durch die sich selbst ins Ziel steuernden Kleinraketen eine Vielzahl von Abfangraketen erforderlich wäre. Im Rahmen von SDI gingen Pläne dahin, Hunderte oder gar Tausende von selbständig zielsuchenden Raketen im Weltraum zu stationieren. 188 Insbesondere wegen der nach wie vor beträchtlichen technologischen Unsicherheitsfaktoren bei Laserwaffen wird jedoch auch im Rahmen des SDI-Nachfolgeprojekts GPALS (global proteetion against limited strikes)189 die Entwicklung der kinetischen Waffen für BMD-Zwecke unter dem Begriff "Brilliant Pebbles" (Kieselsteine) weiterbetrieben. 190 Beer, Fn. 2 S. 49. Spacy /I, Fn. 149 S. 22. 188 Tsipis, Star Wars Down to Earth: A Technical, Operational and Bureaucratic Assessment, in Jasani (Hrsg.), Space Weapons and International Security (1987) S. 86; Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 313. 189 s. u. B. 11. 2. d). 190 Spacy 11, Fn. 149 S. 30; United States General Accounting Office, Report to Chairman, Committee on Armed Services, US Senate: Strategie Defense Initiative, Estimates of Brilliant Pebbles' Effectiveness Are Based on Many Unproven Assumptions (1992). 186 187

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Neuerdings verfolgen die USA auch wieder die Option einer Bestückung der Abfangraketen mit nuklearen Gefechtsköpfen, da die Tests mit KEWs oder mit konventionellen Gefechtsköpfen wegen der unzähligen Möglichkeiten von effektiven Gegenmaßnahmen (u. a. durch Attrappen)191 zu viele Schwierigkeiten aufgedeckt haben. l92 (4) Sensor-Satelliten

Der Einsatz von Sensor-Satelliten spielt in den NMD-Plänen der Clintonund der gegenwärtigen Bush jr.-Administration eine herausragende Rolle. Sie stellten jedenfalls noch Mitte 2000 nach offiziellen US-Angaben die bislang einzig vorgesehene weltraumgestützte Komponente in den US-Stationierungsüberlegungen dar. 193 Dazu ist die Fortentwicklung und Aufrustung bereits bestehender Satelliten mit modernster Sensor- und Infrarottechnologie geplant. 194 Die raumgestützten Sensor-Satelliten würden mit hochempfindlichen Infrarot-Sensoren und lasergesteuerten "acquisition and pointing systems" zur Fruherkennung, Freund-Feind-Unterscheidung und Zielverfolgung ausgerustet. 195 Sie sollen in einem ständig aktivierten Satelliten-Band auf einer geostationären Position die Erde umkreisen, um einen 191 US General Accounting Office, Fn. 190; Sessler et al. , Countermeasures - A Technical Evaluation of the Operational Effectiveness of the Planned US National Missile Defense System (UCS, MIT Security Studies Program, 2000); Bielefeld/ Neuneck, Raketenabwehr-Optionen für die Bush-Administration: Die technische Dimension, Sicherheit und Frieden (212001) S. 95. 192 Pressekonferenz des Vorsitzenden des US Defense Science Board, William Schneider Jr., am 10. 4. 2002. Bradley Graham berichtet darüber in der Washington Post v. 1l. 4. 2002 "Nuclear-Tipped Interceptors Studied. Rumsfeld Revives Rejected Missile Defense Concept": "Driving the new interest in arming interceptors with nuclear devices is the problem of decoys and other measures that an enemy might use to confuse an interceptor, Schneider said. The hit-to-kill approach depends on interceptors picking out the real enemy targets and homing in on them. By contrast, nuclear-armed interceptors need not distinguish actual targets from clusters of decoys but could rely on explosive power or radiation to wipe out everything in the vicinity."; s. auch Katy Kay, The Times v. 12. 4. 2002: "The US is studying a plan to use nuclear warheads in its missile defense shield, a proposal rejected as dangerous and technically difficult... The plan would involve nuclear warheads exploding some 60 miles above ground as they intercepted incoming enemy missiles. The nuclear interceptors would not have to be so accurate as the current non-nuclear interceptors and would be able to wipe out everything in the area." 193 Erklärung des US-Botschafters bei der CD, Robert Grey am 3l. 8. 2000: "The weapons of the ballistic missile defense systems that the U.S. is considering are terrestrial not space-based." 194 Jasani, US national missile defence and international security: blessing or blight?, Space Policy (2001) S. 243. 195 Beer, Fn. 2 S. 46.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

gegnerischen ICBM oder SLBM-Start möglichst verzugslos zu erkennen. Der Zeitfaktor spielt besonders in der Start-Phasen-Bekämpfung wegen der kurzen Brenndauer moderner ICBMs eine entscheidende Rolle, um eine unmittelbar aufeinanderfolgende Früherkennung und Bekämpfung zu ermöglichen. 2. An der Schwelle zur Bewaffnung des Weltraums: Die Pläne zur Stationierung weltraumgestützter Waffensysteme und die Gefahr eines Wettrüstens im Weltraum a) Mahans Erbe und die militärische Bedeutung der Kontrolle über den Weltraum

Die Versuchung für die Etablierung militärischer Macht im Weltraum einschließlich der Stationierung von Weltraumwaffen und der Indienstnahme von Weltraumstreitkräften ist groß. 196 Laut Kries bietet der Weltraum " ... anders als die hohe und tiefe See und der Luftraum ein wahrhaft unbegrenztes Operationsgebiet; wegen seiner erdumfassenden Natur erlaubt er eine weltweite Präsenz. Von ihm aus erscheint jeder irdische Ort jederzeit angreifbar. In ihm könnten wegen des Fehlens der Atmosphäre und in Anbetracht sehr viel geringerer Massenanziehungskräfte Waffeneffekte höchster Wirksamkeit erzielt werden.'d97

Humble l98 sieht eine militärisch beherrschende Stellung von Kräften im

erdnahen Orbit über gegnerische Kräfte auf der Erde vor allem aus folgenden Gründen gegeben:

,,1 the greater immediate expenditure of work ... required of Earth-based forces to attack space-based forces; and 2 ... the inherent advantages that the space environment afford, such as look-down shoot-down' capabilities, unlimited interior lines of movement, superior Iines of communications to similarly situated forces and greater manoeuvrability because of lesser immediate work requirements."

Dass diese Versuchung in den militärischen Überlegungen der bei den Weltraummächte zunehmend eine Rolle zu spielen begann, ist nicht überraschend. Das zu Beginn der Weltraumfahrt herrschende und auch heute von 196 Aus der umfangreichen sicherheits- und rüstungskontrollpolitischen Literatur zur Entwicklung von Weltraumwaffen s. Witzei, Fn. 101 in Kubbig (Hrsg.) S. 23; Lupton, Fn. 101 S. 33; Stares, Fn. 73 S. 53; Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 328; Jasani, Fn. 103 in Jasani (Hrsg.) S. 46; Handberg Fn. 9 S. 63 ff., 189 ff.; Grossman, Fn. 70 S. 18; Postol, Hitting Them Where It Works, Foreign Policy (Winter 199912000) S. 117; Garwin, A Defense That Will Not Defend, The Washington Quarterly 23 (2000) S. 109; BielefeldlNeuneck, Fn. 191 S. 95 sowie die bibliografische Aufstellung bei BrauchlFischbach, Fn. 101. 197 Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 328; s. auch Lupton, Fn. 101 S. 33. 198 Humble, Fn. 162 S. 40.

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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einzelnen Militärs verteidigte amerikanische "space sanctuary" - Konzept, 199 das den Weltraum von jeglicher aktiven militärischen Nutzung freihalten wollte, und die von der U.S. Air Force in den sechziger Jahren verfolgte "space control"-Doktrin, welche darauf zielte, nur im Konfliktfall den Gegner aus dem Weltraum femhalten zu können, gerieten daher zunehmend unter Druck durch die Protagonisten einer Bewaffnung des Weltraums. So gewann in den USA seit Beginn der achtziger und verstärkt in den ausgehenden neunziger Jahren militärstrategisch die sog. "high ground"-Doktrin an Boden,200 wonach der erdnahe Weltraum auch in Friedenszeiten als militärisches Hochland kontrolliert werden sollte - getreu dem militärischen Axiom, dass derjenige, der die Anhöhe kontrolliert, auch die tiefer gelegenen Gebiete beherrscht. 20 I Die Protagonisten202 einer Bewaffnung 199 Deblois, Space Sanctuary. A Viable National Strategy (1997), abrufbar unter ; Spacy, Fn. 149 S. 101 zeigt in einer ausführlichen Analyse auf, dass alle mit der Stationierung von weltraumgestützten Waffen verfolgten strategischen Ziele des US Space Command ebenso mit boden-, luft- oder seegestützten Systemen erreicht werden könnten und spricht sich nachdrücklich für die Beibehaltung der "space sanctuary"-Dokrtrin aus: "As the search for invulnerability continues to move from aircraft to satellites, aspace sanctuary strategy would benefit the Uni ted States now more than ever." 200 Graham, High Frontier: A New National Strategy (1982); Lupton, Fn. 101 S. 91 ff 201 Humble, Fn. 162 S. 38 unterteilt den Weltraum in ein "tactical space environment of the Earth-Moon system" das als "gravity weIl zones" angesehen werden könne "that are tactically analogous to terrestrial features such as hills, promontories, and mountains, in that much effort must initially be expended to situate military forces at such locations, but once attained ,the high ground' can be used to dominate the terrain below with ease ... During the next few decades military space activities and the development of various commercial space enterprises, or the process of , space industrialization', will be conducted primarily within this system. Possible military missions to be eventually conducted in the space environment include ballistic missile defense, the destruction of Earth-based targets, the regulation of the flow of space traffic, the defence of military and industrial space facilities, the denial of strategie areas of space (such as choice satellite orbits at Geosynchronuous Earth Orbit - GEO - and the various Longrangian libration points at which objects revolve with the same period as the gravitational Earth-Moon system and thus remain effectively stationary) to ennemies and various surveillance, reconnaissance, navigational, data-transfer, command, control, communications and intelligence functions." Humble, S. 40 entwickelt darauf aufbauend auch bereits ein Organigramm für "Military Space Functions". 202 Zielinski/Worley ll/Black/Henderson/Johnson, Star Tek-Exploiting the Final Frontier: Counterspace Operations in 2025, A Research Paper Presented to Air Force 2025 (August 1996) S. 6; abrufbar unter : "The Road to Weapons in Space ... by year 2025 the US, and indeed the world, will be so reliant on space systems that space superiority will be of vital importance. This in turn will require the placement of force application weapon systems in space for defense against attack and to carry out offensive actions as necessary ... a leap ...

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

des Weltraums sehen neben dem Abschweifen völkerrechtlicher Schranken, insbesondere des ABM- und des Weltraumvertrages, in der Überwindung der "space sanctuary illusion" die wichtigsten Schritte auf der "road to weapons in space". Das US Space Command hat in seinem Weltraumkonzept Space Vision 2020 mit einem sog. Long Range Plan,203 der eine umfassende Militärstrategie für den Weltraum bis 2020 aufzeigt, die Konsequenz gezogen, dass künftig Überlegenheit im Weltraum für den Erfolg militärischer Operationen auf der Erde ausschlaggebend sein wird. Mit der darin vorgesehenen Stationierung einer breiten Palette von Weltraumwaffen werden vier strategische Ziele verfolgt: "space control, defensive counterspace, offensive counterspace, force application". Diese Zielsetzungen gehen mit Anstrengungen des Pentagon einher, die Assignierung der notwendigen Mittel für Weltraumwaffen nicht mehr primär von der Bedrohungsanalyse, sondern von den Fähigkeiten abhängig zu machen. So schreibt Joan John-Freese 204 von der Air Force University in Colorado: "The simple, yet compelling argument for space control capabilities, inc1uding ASATs, is that capabilities-based planning, rather than threat-based planning, dictates development of space control, including ASAT, technologies. The May 1997 Quadriannual Defense Review (QDR) implied that it was desired capabilito a new mindset which supports placing force application platforms in space. The obstac1es to placing weapons in space lie in the following three general areas which are not mutually exclusive: international space treaties, policy, and the space sanctuary illusion ... " Die Autoren, S. 7, begrüßen den Politikwechsel in den USA betreffend den Übergang zu aktiver militärischer Nutzung des Weltraums, halten ihn aber noch nicht für weitgehend genug: "With respect to national policy, we have come a long way from Dwigth D. Eisenhower's fundamental principles that US space activity would be devoted to peaceful purposes for the benefit of all mankind. More recently, President George W. Bush's policy specified defense against enemy space attack and assuring freedom of action in space. One could certainly argue that based on the changes in national policy, an important part of the ,road' has already been travelled. Having anational policy that calls for force application from space is a good place to start. The problem is policy is meaningless if the nation's leaders lack the will to implement it or support those who try to implement it ... All things considered, it seems reasonable to predict by 2025 the US will have mastered the political and social will, in recognition of the absolute criticality of assured freedom of operation in space, to get over the sanctuary hurdle and place the necessary space force structure in place." [Hervorhebung im Original]. 203 US Space Command, Long Range Plan. Implementing USSPACECOM Vision for 2020 (2nd Printing 1997); abrufbar unter . Kapitel 1 S. 3: "Traditional military missions for land, sea, and air are migrating to space (e. g. communications and surveillance) ... Achieving space superiority during conflicts will be critical to the US success on the battlefield." 204 lohn-Freese, The Visibility of U.S. Anti-Satellite (ASAT) Policy: Moving Toward Space Control, USAF Institute for National Security Studies, Colorado, Space Policy Series (2000) S. 27; s. auch die Nuclear Posture Review v. 9. 1. 2002, unklassifizierte Zusammenfassung abrufbar auf der , die ebenfalls von einer "capabilities-Based Force" ausgeht.

H. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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ties that would drive the future forces, based on threat, risk, and opportunities assessments ...

Der Direktor der französichen Fondation pour la recherche strategique, Franrois Heisbourg,205 vergleicht die neuen militärischen US-Weltraum ambitionen mit dem Versuch der britischen Royal Navy im 19. Jahrhundert, die Kontrolle über die Ozeane zu erlangen, eine Parallele, die im Strategiebericht des US Space Command " Vision for 2020,,206 selber gezogen wird. Dieser Vergleich erklärt auch das starke Interesse amerikanischer Befürworter einer Space Power Theory207 an dem theoretischen Begründer der amerikanischen Seemachtrolle Ende des vorletzten Jahrhunderts, Alfred T. Mahan,208 der den Zusammenhang zwischen der Kontrolle über die Ozeane und der Etablierung und Behauptung weltweiter kommerzieller Interessen der USA unterstrich und der die Aufgabe darin sah, " ... to derive the enemy's flag from the sea ... by controlling the great common",209 wobei diese Kontrolle als "absolute and permanent once the enemy' s battle fleet had been vanquished" etabliert werden sollte?1O In ähnlicher Weise 205 Heisbourg, Defenses antimissiles: l'analyse strategique et l'interet europeen, Politique Etrangere 66 (Juli/September 2001) S. 627: " ... la composante spatiale de la defense antimissile ... sera un des elements moteurs de la nouvelle politique de domination militaire de l'espace ... les Etats-Unis visent dorenavant a la maltrise de l'espace circumterrestre. Le parallele s'impose ici avec la recherche de la domination de I' espace marin par la Royal Navy au XIXe siede. En I' absence d'initiatives europeennes correspondentes, c'est dans cette dimension spatiale que l'unilateralisme strategique americain pourra prendre toute son envergure." 206 US Space Command, Fn. 203: "Historically, military forces have evolved to protect national intersts and investments - both military and economic. During the rise of sea commerce, nations build navies to protect and enhance their commercial interests ... Likewise, space forces will emerge to protect military and commercial national interests and investment in the space medium due to their increasing importance."; s. auch das 1996 erschiene Buch von George und Meredith Friedmann mit dem bezeichnenden Titel "The Future of War: Power, Technology & American World Dominance in the 21 st Century" (1996) S. 420: "Just as by the year 1500 it was apparent that the European experience of power would be its domination of the global seas, it does not take much to see that the American experience of power will rest on the domination of space ... Just as Europe shaped the world for half a millennium, so too the Uni ted States will shape the world for at least that length of time. For better or for worse, America has seized hold of the future of war ... " 207 Lupton, Fn. 101 S. 91 ff.; Johnson/Pace/Gabbard, Space. Emerging Options for National Power (RAND National Defense Research Institute; 1998); s. dazu auch Oberg, Space Power Theory (1988) S. 120: "These spaee power proponents eite the influence of the theories of Mahan as the impetus ... for the acquisition of navies by several nations at the beginning of the 20th century. At a historical crossroads, many argue spacefaring nations find themselves in need of a similar overarching theory against which to plan their national programs ... ". 208 Mahan, The Interest of America in Sea Power, Present and Future (1897). 209 Mahan, The influence of sea power upon history, 1660-1783 (1890) S. 138.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

sehen heute die Weltraummacht-Protagonisten des US Space Command211 und des Pentagon 212 die Kontrolle und militärische Dominanz im Weltraum als Garantie der universellen kommerziellen US-Interessen an und propagieren zu diesem Zweck eine aktive Bewaffnung des Weltraums. 213 "Space Control" wird nicht mehr ausschließlich als militärisch-operativer Auftrag zur Erlangung der Kontrolle über den Weltraum im Konfliktfall, sondern als eine weitergehende politische Strategie zur Definition von "new vital interests in space" verstanden?14 In " Vision for 2020,,215 heißt es dazu: 210 Fox. Some principles of Space Strategy (or "Corbett in orbit"), Space Policy 17 (2001) S. 8, der selber einen Rückgriff auf die gemäßgtere Strategie von Corbett den Vorzug gibt. 211 US Space Command. Fn. 203; s. auch die Auseinandersetzung von Lawrence/ Hansson. American space hegemony: Accident or design? in Space Policy 14 (1998) S. 1 mit der Position von Logsdon. Viewpoint. The Uni ted States, the only space superpower, in Space Policy 13 (1997) S. 273, der annimmt, die US-Überlegenheit im Weltraum beruhe auf einer Kette für die USA glücklicher Umstände und nicht auf einer gezielten Politik. Lawrence und Hansson meinen demgegenüber, die "US hegemony in space is part of a coherent strategy" und "evidence for the essentially security-based nature of US space policy"; S. 1; s. neuerdings die Analyse von Gnesetto. Übermilitarisierung amerikanischer Außenpolitik, EA (April 2002) S. 43 über die Übermilitarisierung amerikanischer Außenpolitik, die eine Erklärung für die militärischen .. space control"-Ambitionen des US Space Command sein mag. 212 Gray. The influence of space power upon history, Comparative Strategy (1996) S. 308 beklagt 1996, " ... where is the theory of space power? Where is the Mahan of the final frontier?" . Die Antwort gibt der für Force Structure. Ressources and Assessment im Pentagon zuständige Mitarbeiter France. Back to the Future: space power theory and A. T. Mahan, Space Policy 16 (2000) S. 237: "Considering the similarities between space and the seas as arenas for commerce, transport, observation, and conflict, one would do weil to consider the earlier work of sea power theorist A. T. Mahan when attempting to develop a theory of space power and to develop strategies for space control." 213 Heath. Fn. 2 S. 298 führt dagegen überzeugend aus, dass eine Bewaffnung des Weltraums jedenfalls die kommerzielle Nutzung des Weltraums selber nicht nur nicht fördern, sondern im Gegenteil sogar beeinträchtigen würde; s. aber Salin. Privatization and militarization in the space business environment, Space Policy 17 (2001) S. 24, der eine aktive militärische Weltraumdominanz als Konsequenz aus der kommerziellen WeltmachtsteIlung der USA ansieht; s. auch u. Kapitel D. V. 5 b) dd). 214 Johnson/Pace/Gabbard. Fn. 207, S. 8: "An examination of spacepower should consider all of the nation's space capabilities, at all levels of conflict, and across time to include shaping the battlespace in peacetime before the initiation of conflict. ... The effective exercise of spacepower may require, but is not limited to, the use of military forces." und S. 54: "The Aerospace Force strategy would include the development of new capabilities such as space-based weapons for force application purposes, consistent with the rationale of identifying new vital interests in space ... ". 215 US Space Command. Fn. 203.

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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"Space forces will emerge to protect military and commercial national interests and investments in the space medium .. . the US may evolve into the guardian of space commerce - similar to the historical examples of navies protective sea commerce."

Es tut sich ein merkwürdiger intellektueller Graben auf zwischen dem schier unglaublichen technologischen Fortschritt seit Mahan, der uns die Nutzung des Weltraums im Interesse der Menschheit ennöglicht, und dem Rückgriff auf Konzepte der internationalen Ordnung und Sicherheit des ausgehenden 19. Jahrhunderts, der uns in die Rivalität der Seemächte zurückwerfen und damit dieser Möglichkeit der Verwirklichung des Menschheitsinteresses bei der Nutzung des Weltraums sogleich wieder berauben würde: "Back to the Future"! b) Sowjetische Programme zur Entwicklung aktiver zerstärerischer Weltraumfähigkeiten und deren potenzielle Aufrechterhaltung durch Russland für den Fall einer beginnenden Bewaffnung des Weltraums

Nach Einschätzung westlicher Experten hat die UdSSR schon früh die Fähigkeiten entwickelt, weltraumgestützte Waffensysteme zu stationieren?16 Dennoch hat die sowjetische Führung stets Absichten zur Entwicklung oder gar Stationierung von Waffen im Weltraum bestritten. 217 Als Moskau zur Untennauerung seiner diplomatischen Offensive zur multilateralen Beschränkung des SDI- Vorhabens 1983 in den Vereinten Nationen ein einseitiges Testmoratorium betreffend ASAT-Waffen verkündete, verfügte die UdSSR nach US-Erkenntnissen über ein derartiges operables System. Außerdem wird angenommen, dass auch das im Rahmen des ABM-Vertrages stationierte ABM-System für ASAT-Funktionen ertüchtigt werden könnte. 218 Das US Department of Defense vennutete in seinem Bericht über die sowjetische Militännacht von 1983,219 dass "a Soviet nonnuclear, orbital antisatellite system has been repeatedly refined and tested attacking low-altitude satellite targets under various circumstances." Es handelte sich um ein sog. co-orbital System, bei dem Angriffs- oder Killer-Satelliten

von konventionellen Trägerraketen in den Weltraum gebracht, sich einem

216 Stares, U.S. and Soviet Military Space Programs: A Comparative Assessment in LonglHafneriBoutwell (Hrsg.), Weapons in Space (1986) S. 127; Humble, Fn. 162 S. 48. 217 Mallmann, Weltraumpolitik der Sowjetunion, in KaiserlWelck (Hrsg.) Weltraum und internationale Politik (1987) S. 394; Sevestyanow/Pryakhin, Space exploration and new thinking, International Affairs (Moskau) 1987 S. 21. 218 Alves, Fn. 40 S. 45 mwN. 219 u.s. Department of Defense, Soviet Military Power (1983) S. 68; Stevens, The Soviet BMD Program, in Carter/Schwartz (Hrsg.), Ballistic Missile Defense (The Brookings Institution/MIT 1984) S. 210; Stares, Fn. 73 S. 115.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

gegnerischen Satelliten auf dessen Umlaufbahn nähern und ihn zerstören. Das System wurde als technisch wenig ausgereift und wenig flexibel und dem US-amerikanischen, luftgestützten ASAT-System unterlegen bewertet. 220 Welce 21 vermutet, dass Moskau nach der Verkündung des Moratoriums Mitte 1983 keine Versuche mehr aufnahm,222 da "die Sowjetunion wenig Sinn darin sah, ihr technologisch ineffizientes und vom Konzept her kaum verbesserungsfähiges ASAT-Wajfensystem weiterzuentwickeln." Ebenso werden laut Humble 223 die tatsächlich stationierten, landgstützten ABM-Systeme um Moskau trotz ihrer Modernisierungen224 generell vom technisch Standard gesehen als "modest" eingestuft. Jedoch wurde vermutet, dass Moskau an ABM-Systemen der dritten und vierten Generation arbeiten könnte, die auch weltraumgestützte Komponenten enthalten könnten?25 Steveni 26 sah 1984 die UdSSR in BMD-Technologie zehn Jahre hinter der US-Entwicklung zurück und darin den Hauptgrund, weshalb Moskau am ABM-Vertrag unter allen Umständen festhalten wollte, zumal "the Soviet Union continues to fear the consequences of tuming U.S. technology loose ... ". Zugleich müsse aber bedacht werden, dass "an entirely different possibility is that a U.S. initiative might trigger a Soviet deployment response. ,,227 In einigen Bereichen der Entwicklung sog. exotischer 220 Stares, Fn. 73 S. 106; Welck, Erforschung und Nutzung des Weltraums, in Wagner/Dönhofj/Fel./Kaiser/Noack (Hrsg.), Die Internationale Politik 1985-1986 (1988) S. 27; Humble, Fn. 162 S. 52: "The present Soviet ASAT threatens only low-earth orbit photo-reconnaissance, electronic intelligence, meteorological, and navigation (Transit) satellites, the manned US space shuttle and, in the future, the US space station. It is not ademonstrated threat to the various US early warning and western communications satellites at 36,000 km orbit at GEO. "; s. o. Kapitel B. I. 1. c) bb). 221 Welck, Fn. 220 in Wagner/Dönhofj/Fels/Kaiser/Noack (IVsg.) S. 27; ebenso Schmidt, Weltraumgestützte Raketenabwehrsysteme und Antisate)liten-Waffen. Rüstungskontrollpolitische Konzepte und Verhandlungen, in KaiserlWelck (Hrsg.), Weltraum und internationale Politik (1987) S. 231. 222 Ebenso Humble, Fn. 162 S. 53: " ... their operational ASAT has not been tested since 1982." 223 Humble, Fn. 162 S. 78. 224 Welck, Fn. 220 in Wagner/Dönhofj/Fels./Kaiser/Noack (Hrsg.) S. 26. 225 Department of Defense, Fn. 219 S. 28; Humble, Fn. 162 S. 79; Stevens, Fn. 219 in Carter/Schwartz (Hrsg.) S. 212. 226 Stevens, Fn. 219 in Carter/Schwartz (Hrsg.) S. 217: "it is noteworthy that areas in which the Uni ted States has more or less clear superiority (for example, microelectronics in general, large-scale integrated circuits, phased-array radars, compact and high-speed data processors, and the like) are particularly important to the development of advanced BMD systems."; ebenso Humble, Fn. 162 S. 80. 227 Humble, Fn. 162 S. 51: "Perhaps the most obvious and economical Soviet technical response to sm would be an offensive proliferation of existing ICBM, SLBM, cruise missile, and bomber systems. It is hypothesized that such an offensive build-up could be more cost-effective than the defensive system. Soviet ICBMs

II. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Technologien wie Strahlen- und Teilchenwaffen wurde der UdSSR allerdings eine führende Stellung zugeschrieben,228 wobei im Warschauer Pakt DDR-Forschungsinstituten auf Grund ihrer technologischen Fähigkeiten eine wichtige Rolle zukam. Bezeichnender Weise hat Moskau bei der Aushandlung des ABM-Vertrages die ursprünglich von den USA vorgeschlagene Einbeziehung futuristischer Technologien abgelehnt, was auf US-Seite die Annahme nährte, der sowjetische militärisch-industrielle Komplex wolle sich insoweit alle Optionen offen halten. 229 Präsident Gorbatschow gab in einem Interview mit NBC am 2. 12. 1987 230 zu, dass die UdSSR Forschungen in denselben Bereichen wie das SDI-Programm der USA betreibe, aber keine Absicht habe, ein vergleichbares System zu entwickeln bzw. zu stationieren. Auf Grund des Schwerpunkts der sowjetischen und in der Nachfolge russischen Weltraumpolitik auf bemannter Raumfahrt wird nicht ausgeschlossen,231 dass bemannte russische Weltraumstationen mit künftigen weltraumgestützten Laser-ASAT-Systemen bestückt werden. "This raises the challenging possibility of the necessity of destroying Sovietmanned spacecraft in order to defend unmanned satellites against attack."

Die sowjetischen Militärs bezogen den Weltraum außerdem frühzeitig als möglichen künftigen Kriegsschauplatz in die sowjetische Militärstrategie ein und führten entsprechende Übungen durch?32 have the potential to carry many more MIRVs. This ICBM build-up could incorporate advanced manoeuvering re-entry vehicle (MARV), decoy and other penetrationaid developments. Fast-bum boosters (in which a high-acceleration ICBM bums out in aminute or less compared to the three to five minutes boost phase for current designs) have also been frequently suggested as a counter-measure." Selbst ein Rückgriff auf Orbital Bombardment Systems sei nicht auszuschließen: "If future overall strategie forces levels are reduced as a result of technological change (that is an effective US BMD system) ... orbital offensive weapons could again become more appealing to the Soviets. A FOBS-system could also be revived to counter by surprise attack the ground-based elements of a deployed American BMD system." 228 Ein differenziertes Bild der sowjetischen Fähigkeiten gibt dagegen Humble, Fn. 162 S. 80: " . . . it is still believed that the west leads the Soviet Union in such qualitative areas pertinent to space-based lasers ... ". 229 Humble, Fn. 162 S. 77; Stevens; Fn. 219 in CarteriSchwartz (Hrsg.) S. 218; Stares, Fn. 73 S. 237. 230 Pravda 2. 12. 1987: " ... Let me just react to your remark that the Soviet Union is engaged in things similar to SDl. WeIl, it is really hard to say what the Soviet Union is not doing; the Soviet Union is practically doing everything that the Uni ted States is doing. l' d be saying we are engaged in research, basic research, whieh relates to these aspects covered by sm in the United States. But we will not build an sm, we will not deploy sm, and we call on the Uni ted States to act similarly." 231 Humble, Fn. 162 S. 54. 232 Humble, Fn. 162 S. 47: "The integration of Soviet military space systems into their overall strategie force structure was evidenced by an integrated test of offensive and defensive systems and C3I systems during a seven-hour period on 18 June

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Nguyen 233 vennutet, dass Russland die von der UdSSR in großem Umfang betriebene Entwicklung der exotischen Technologien fortsetzen oder sogar forcieren und insbesondere für weltraumgestützte ASAT- und BMDSysteme einsetzen könnte?34 1982. In this short period of time, the Soviet military orchestrated the firing of two SS-11 ICBMs from operational silos, followed very shortly by the launch of an intermediate range SS-20 missile from an operational site, an anti-satellite (ASAT) test against a target in space, a SLBM launch, and two ABM inercepts against ICBM target vehicles. This test demonstrated in logical sequence, for the first time, all the elements necessary for a coordinated first-strike or counter-force nuclear attack on the United States and western Europe, including the capability to destroy US reconnaissance spacecraft in NEO and ballistic missile defence against a retaliatory response. The destruction of such US reconnaissance spacecraft would make it impossible for the United States to detect time-urgent targets and to determine which enemy ICBMs have been launched and which still remain in silos as targets for a responsive retaliatory attack. The SLBM launch from a Delta submarine in the White Sea represented a follow-on second strike that could be used against cities or in concert with the initial ICBM strike to destroy US bomber bases. This exercise also demonstrated the capability to fight a protracted nuclear war even after an initial counter-force strike." 233 Nguyen, Russia's Continuing Work on Space Forces, Orbis 37 (1993) S. 413; Tarasenko, Transformation of the Soviet Space Program after the Cold War, Science & Global Security 4 (1994) S. 339 meint dagegen "Russia is committed to maintaining military space capabilities, however, its top priority is now conversion of military space technology for civilian uses, including global environmental problems." 234 Humble, Fn. 162 S 82 ff. schrieb Moskau die Fähigkeit zu, folgende weltraumgestützten Systeme unter Verwendung futuristischer Technologien insbesondere als Antwort auf eine amerikanische SDI-Stationierung zu entwickeln: "a highly effective, layered space-based BMD system could be deployed by the Soviets until near the turn-of-the-century - a time-frame similar for the deployment of SDI; ... experiments related to employing nuclear expolsions to ,pump' or energize laser chambers that would generate intense X-ray laser beams. The use of such a weapon for anti-BMD and ASAT applications in a ,pop-up ICBM or SLBM mode would particularly suit the aggressive, offensive-oriented Soviet military doctrine ... [o]ther ,third-generation nuclear weapons' concepts relevant to BMD could include enhanced and vectored microwave, gamma ray, electronic pulse (EMP), neutron, plasma, projectile, and other concepts ... (u)nlike the west, the Soviets have a wellestablished programme for the development of radio-frequency weapons, in particular very high-peak-power microwave generators; [s]pace-based particle beam weapons for disrupting satellite electronics and for BMD applications. Key elements of current American SDI particle beam weapon research and development effort are based upon earlier Soviet breakthroughs in the field ... Soviet physicists are conducting research on anti-matter technologies for weapons purposes .... being rather modest in size and highly lethai, space-based anti-matter particle accelerators could eventually provide the ultimate BMD system."; s. auch Stevens, Fn. 219 in Carterl Schwartz (Hrsg.) S. 216; Stares, Fn. 73 S. 237 und Alves, Access to Outer Space Technologies: Implications for International Security (UNIDIR 1992) S. 39; Glaser/ Fetter, National Missile Defense and the Future of U.S. Nuclear Weapons Policy, International Security 26 Nr. 1 (Sommer 2001) S. 40.

H. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Diese Fähigkeiten im Bereich von Weltraumwaffen, die Unsicherheit über die Reaktionen Moskaus und die bereits auf eine beträchtliche Tradition zurückgehenden sowjetischen und nunmehr russischen Forschungs- und teilweise auch Entwicklungsprogramme für Weltraumwaffen, insbesondere auch im Bereich futuristischer Technologien, könnten je nach politischer Konstellation in Ermangelung klarer multilateraler Beschränkungen der militärischen Nutzung des Weltraums zu einer russischen Aufrüstung im Weltraum als Antwort auf amerikanische NMD-Entscheidungen führen. c) Die SDI-Rede Präsident Reagans am 23. März 1983 und

die forcierte Erprobung "exotischer" Weltraumwaffen

In den USA gewannen die Bestrebungen der Militärs, eine "space superiority" für die USA zu erreichen, mit der SDI-Rede Präsident Reagans am

23. März 1983, welche erstmals die Entwicklung weltraumgestützter Waffensysteme als Element einer gezielten Militärstrategie für den Weltraum propagierte, nachhaltigen Einfluss auf die amerikanische Weltraum- und Militärpolitik. Den neuen SDI-Plänen für eine umfassende Raketenabwehr lag erstmals das Konzept einer aktiven Verteidigungsstruktur im Weltraum mit der Bereitstellung weltraumspezifischer Waffen zu Grunde. 235 Daran knüpfen die gegenwärtigen Washingtoner Pläne für eine umfassende weltraumgestützte NMD an, auch wenn sie nach Überwindung des Kalten Krieges von einer anderen Bedrohungsanalyse ausgehen. Präsident Reagan verband mit dem Ziel einer landesweiten Verteidigung im Weltraum gegen Raketenangriffe die Hoffnung, eine Unverwundbarkeit der "fortress America" gegen Nuklearangriffe herstellen und damit die gegenseitige Abhängigkeit der Nuklearmächte im Rahmen der seit dem Nuklearzeitalter geltenden Strategie der Mutual Assured Destruction überwinden zu können. 236 Die Reagan-Administration wollte aus diesem nuklearen Korsett unter allen Umständen ausbrechen, da es auf Rüstungskontrollvereinbarungen und vertrauensbildenden Maßnahmen wie dem ABM- Vertrag mit der UdSSR und damit auf deren Wohlverhalten beruhte, gegenüber der sie jedoch ein tiefsitzendes Misstrauen hegte. Große Hoffnungen wurden vor allem in die forcierte Entwicklung futuristischer Weltraumwaffen wie Laser- und Teilchensowie kinetischer Waffen gelegt. 237 Zur Weltraumstationierung bedurften 235 Flax, Ballistic Missile Defense: Concepts and History, in Daedalus Bd. 114,2 (1985) S. 48 ff. 236 Kubbig, Vision und Politik. SDI als Signatur Amerikas in der Ära Reagan, in Kubbig (Hrsg.), Die militärische Eroberung des Weltraums (Bd. I 1990) S. 7; allerdings haben schon Payne/Gray in ihrem grundlegenden Aufsatz "Nuc1ear Policy and Defensive Transition", Foreign Affairs 62 (1983/1984) S. 842 aufgezeigt, dass SDI allenfalls die Möglichkeit "of transforming, though not transcending, the Soviet-American deterrence relationship" eröffnet.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

diese weiterer logistischer Technologien, die ebenfalls zum größten Teil erst noch zu entwickeln waren. 238 Dabei verdeutlicht insbesondere das Ausmaß der logistischen Kapazitäten für den Betrieb der Weltraumsysteme, die auch nukleare Reaktoren im Weltraum zur Versorgung der energieintensiven Laser einschließen, zugleich das Ausmaß der Bewaffnung des Weltraums bei Verwirklichung der SDI-Pläne.

In der Wissenschaft und bei den Militärstrategen des Pentagon wurde jedoch schnell klar, dass selbst bei rasch eintretenden Testerfolgen der nach den SDI-Plänen zu entwickelnden futuristischen Waffen eine "nationwide defence" und damit der "Traum" Reagans, "to make nuclear weapons impotent and obsolete" nicht zu verwirklichen sein würde. 239 Die prominenten Kritiker der SDI-Pläne McGeorge Bundy, George F. Kennan, Robert S. McNamara und Gerard Smith 240 haben in einem spektakulären gemeinsamen Artikel in Foreign Affairs 1984 auf die gravierenden Nachteile von Defensivsystemen im Weltraum nicht nur für die Sicherheit der Weltraummächte, sondern für die gesamte Menschheit hingewiesen: "Sharing the gravest reservations about this undertaking [SDI], and believing that unless it is radically constrained during the next four years it will bring vast new costs and dangers to our country and to mankind, we think it urgent to offer an assessment of the nature and hazards of this initiative, to call for the closest vigilance by Congress and the public, and even to invite the victorious President to reconsider." [Hervorhebung von mir]

237 s. o. Kapitel B. 11. 1. c) bb) und Schroeer, The Present Status of the Strategie Defense Initiative, in SchaerflLongolCarlton (Hrsg.), Space and Nuclear Weaponry in the 1990s. Studies in Disarmament and Conflict (1992) S. 1. 238 s. die Aufzählung bei Smith, Fn. 103 S. 55 in Fn. 19, der als Director 0/ Space Law and International Law, Headquarters United States Air Force Space Command in Colorado Springs bestens mit dem Programm vertraut gewesen sein dürfte: "Land and space based precision sensors are needed for surveillance, target acquisition and discrimination, tracking and pointing. Electronic systems capable of a billion operations per second are necessary. Power supplies for the immense power demands of laser weapons are needed. Great advances in battle management involving command, control and communications are also required for effective application of any BMD. To deploy these space-based systems a heavy-lift space booster must be developed. Additionally, the survivability of space-based assets, which could be threatened with nuclear or directed energy weapons, is required. Survivability involves complicated combinations of armoring, deception, mobility and defensive weapons for the space assets themselves." 239 s. die Bilanz nach knapp zehn Jahren von Schroeer, Fn. 237 in Schaerfl LongolCarlton (Hrsg.) S. 1 und Tirman, Is Star Wars Dead? in Tirman (Hrsg.), Empty Promise. The Growing Case Against Star Wars (The Union of Concemed Scientists 1986) S. 203. 240 BundylKennanlMcNamaralSmith, The President's Choice: Star Wars or Arms Control, Foreign Affairs 63 (1984) S. 264.

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Die ganz überwiegende Bewertung im rüstungs- und militärstrategischen Schrifttum sowohl US-amerikanischer als auch europäischer Provenienz241 war negativ. Kries 242 fasste die Konsequenzen einer Verwirklichung von SDI für die Nutzung des Gemeinschaftsraums wie folgt zusammen: "Mit der Etablierung einer ,aktiven' Verteidigungsinfrastruktur, bestehend aus einem Gürtel weltraumspezifischer Antiraketenwaffen samt zugehöriger logistischer Systeme, würde der Weltraum geradezu zur Heimat von Kriegsgerätschaften, die andernorts gar nicht verwendbar wären. Der Inhaber und Betreiber eines im Weltraum installierten Abwehrsystems jedweder Art würde nicht nur ständige unmittelbare Weltraumkontrolle ausüben, sondern auch Teile des erdnahen Raums seiner militärischen Macht unterwerfen."

d) Neuorientierung von SOl Anfang der neunziger Jahre unter Präsident Bush, Haushaltszwänge, technologische Rückschläge und rüstungskontrollpolitische Skrupel der Clinton-Administration

Eine Reihe empfindlicher technischer Rückschläge bei der Erprobung der SDI-Systeme,243 der Verlust der persönlichen präsidentiellen Unterstützung 241 York Fn. 74 S. 17; Garwin, Enforcing BMD against a deterrnined adversary? in Jasani (Hrsg.), Space Weapons and International Security (1987) S. 83: " ... the programme to explore aggressively how it [high confidence defence] can be built cannot bear fruit for some years but is highly provocative and destabilizing even in its early stages."; Scheffers, Why anti-satellite warfare should be prohibited, in Jasani (Hrsg.), Space Weapons, The Arms Control Dilemma (1984) S. 77; Stares, Fn. 73 S. 245; Handberg, Fn. 9 S. 82; JasanilLee, Waffen im Weltraum. Countdown zum Krieg der Sterne. Ein SIPRI-Report (1985); zu den europäischen Stimmen s. Lellouche, Fn. 42 S. 26; Lübkemeier, Raketenabwehr und strategische Stabilität, in Kubbig (Hrsg.), Die militärische Eroberung des Weltraums (Bd. 1 1990) S. 253; ders., Raketenabwehr und europäische Sicherheit, in Kubbig (Hrsg.), Die militärische Eroberung des Weltraums (Bd. 2 1990) S. 451; Kubbig, Fn. 236 in Kubbig (Hrsg.), (Bd. 1) S. 7; Scheffran, Raketenabwehr (1985) S. 89; neuerdings Neuneck, Defense, Deterrence, or Disarmament? The United States, Europe and Arms Control, in INESAP Information Bulletin Nr. 18 (September 2001) S. 52; einen guten Überblick über die aktuellen Pläne der Bush jr.-Administration und die Auswirkungen auf Europa gibt Randow, Die All-Machtfantasie, Dossier DIE ZEIT Nr. 19 (3. Mai 2001) S. 11; Krause, Streit um Raketenabwehr. Ursachen der neuen transatlantischen Krise, INTERNATIONALE POLITIK (Heft 3, 2000) S. 37 plädiert dagegen für eine positivere Einschätzung der BMD-Pläne der USA; zur sowjetischen Position s. Velikhov, The Soviet attitude to strategie defence, in Jasani (Hrsg.), Space Weapons and International Security (1987) S. 277 und VelikhovIKokoshin/Vassiliev, A verting a new round in the militarization of outer space: an urgent problem and a goal, in Jasani (Hrsg.), Space Weapons - The Arms Control Dilemma (1984) S. 185. 242 Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 325. 243 Jasani Fn. 103 in Jasani (Hrsg.) S. 49; nach weit verbreiteter naturwissenschaftlicher Einschätzung ist bis heute keines der geplanten weltraumstationierten NMD-Systeme als "Abwehrschirm" über große Territorien wie die USA oder Europa technisch realisierbar; s. statt vieler BielefeldlNeuneck, Fn. 191 S. 95: "Das

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

des Programms mit dem Abgang Präsident Reagans und verstärkte Haushalts zwänge führten dazu, dass das SDI- Vorhaben in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre sowohl an politischer Priorität als auch an budgetärer Unterstützung einbüßte. Das Jahr 1991 stellte jedoch einen Wendepunkt zu einer Wiederbelebung des Programms - wenn auch mit veränderter und vor allem stärker begrenzter Zielsetzung - dar. Dazu hat in zweifacher Hinsicht der Golfkrieg gegen den Irak Saddam Husseins entscheidend beigetragen. Zum Einen war der alliierte Feldzug Desert Storm der erste Krieg, der maßgeblich von den militärischen Weltraumfähigkeiten der USA mitbestimmt wurde. 244 In nie gekannter Weise wurden die gesamten Operationen am Boden von den amerikanischen Militärsatelliten im Weltraum gesteuert. Erstmals standen in größerem Ausmaß die Satellitendaten direkt den Kommandeuren im Feld zur Verfügung und wurden für die taktischen Operationen eingesetzt. 245 Außerdem gelang mit dem erfolgreichen Einsatz der PatriotRakete gegen irakisehe SC UD-Raketen zum ersten Mal eine Raketenabwehr außerhalb der Laboratorien in einer tatsächlichen Operation. Beide ErNMD-System der Clinton-Administration sowie die Flächenverteidigungssysteme THAAD [Theater High Altitude Area Defense] und NTW können mit Hilfe einfacher Penetrationshilfen überwunden werden. Jedes Land, das in der Lage ist, Mitteloder Langstreckenraketen zu bauen, d.h. jeder potentielle Angreifer, besitzt die technischen Fähigkeiten, die zur Konstruktion effektiver Penetrationshilfen erforderlich sind. Folglich werden weder NMD noch THAAD oder NTW [Navy Theater Wide System] verlässliche Abwehrsysteme gegen mit Massenvernichtungswaffen bestückte Langstreckenraketen darstellen. Auch Verbesserungen der Sensorkomponenten werden die inhärente Verwundbarkeit dieser Systeme gegen offensive Gegenmaßnahmen nicht entscheidend verringern können ... Auch etwaige Ergänzungen des NMD-Systems durch die Bush-Administration, etwa durch eine Erhöhung der Anzahl der Abfangflugkörper oder auch durch die Einbeziehung von modifizierten TMD[Theater Missile Defense]-Systemen, würden das Abwehrsystem qualitativ nicht verbessern ... "; Randow. Fn. 241 S. 11 bringt dies wie folgt auf den Punkt: "Das größte Rüstungsvorhaben der amerikanischen Geschichte basiert auf zweifelhaften Voraussetzungen." 244 Pike/Lang/Stambler, Military Use of Outer Space, in SIPRI Yearbook 1992: World Armaments and Disarmament (1992) S. 121. 245 Lieutenant-General Thomas Moonnan. Commander of Air Force Space Command, erklärte in einem Interview mit Jane's Defense Weekly, 9 .2. 1991 S. 200: "Desert Storm will be an extraordinary leaming experience for us ... Not only is it a watershed, but it is a glimpse into the future ... For the first time, we have space beginning to become fully integrated into the prosecution of hostilities." Air Force Chief of StaJ! Merrill McPeak sieht gar in Desert Stonn den ..first space war" mit der Schlussfolgerung, dass wegen der Bedeutung von "space assets to the military . .. military space budgets will increase even as the rest of the military budget is reduced", zitiert nach Pike/Lang/Stambler. Fn. 244 S. 126. Die Autoren sind jedoch eher zurückhaltend "to draw a clear picture of the significance of military space systems for the outcome of the conflict. However, US military space commanders have been quick to express their conclusions." Auch Handberg. Fn. 9 S. 88 spricht vom Golfkrieg als einem noch "primitive space war".

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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eignisse haben die SDI-Befürworter beflügelt, ihre Pläne einer weltraumgestützten Raketenabwehr erneut zu forcieren. Zum Anderen wurde der Zerfall der UdSSR, wie zuvor deren Stärke - Ironie der Geschichte - wiederum als Argument für die Notwendigkeit einer Raketenabwehr nunmehr gegen "accidental, inadvertent or unauthorized launches from the republics of the former USSR" genutzt. Doch von ausschlaggebender Bedeutung für die Wiederbelebung von SDI und insbesondere zugleich für deren neue Zielrichtung war die mit dem Raketeneinsatz des Irak für die USA akut gewordene Gefahr der Proliferation der Raketentechnologie in Länder der Dritten Welt bis hin zur Fähigkeit, Langstreckenraketen mit Nuklearsprengköpfen zu entwickeln?46 Präsident Bush gab in seiner State of the UnionAnsprache am 29. 1. 1991 bekannt, dass er angesichts des bemerkenswerten, bei der Patriot-Raketenabwehr sichtbar gewordenen Fortschritts bei der ABM-Technologie beschlossen habe" that the SDI programme be refocused on providing protection from limited strikes." Auch dieses sog. "Global Protection Against Limited Strikes (GPALS)"-System enthielt jedoch weiterhin weltraumgestützte Komponenten, als Abfanggeschosse sog. "Brilliant Pebbles", wovon etwa 700 bis 1000 im erdnahen Weltraum in 200 bis 400 km Höhe stationiert würden. 247 Sie sollen für die Ziel verfolgung ergänzt werden durch sog. "Brilliant Eyes", i.e. kleinere Satelliten von bis zu 450 kg mit Infrarotanlagen und Radarlasern, die in einer Höhe von 700 bis 1000 km stationiert werden sollen. 248 Damit wurde eine strategische Wende deutlich. Es sollte nicht mehr Reagans Traum einer landesweiten Raketenverteidigung vor allem gegen sowjetische Raketen, die im ABM-Vertrag allerdings untersagt war, verfolgt werden, sondern die Zielrichtung bestand nun in der Abwehr eines möglichen "Third World missile strike ".249 Dessen ungeachtet nutzten die republikanischen SDI-Befürworter die neue "Konjunktur" zu Gunsten von BMD zu dem Versuch, die Beschränkungen des ABM-Vertrag abzuschütteln. Senator lohn Wamer schlug im März 1991 den Entwurf eines Missile Defense Act vor, der die sofortige Aufgabe des ABM-Vertrages vorsah, um mit der Entwicklung boden- und weltraumgestützter BMD-Komponenten begin246 So erklärte Verteidigungsminister Cheney, News briefing on FY92 defense budget, 4. 2. 1991, "as lraq has shown, modem technology can make a third-rate power a first-dass military threat. By the year 2000, more than two dozen developing nations will have ballistic missiles ... ". 247 United States General Acounting Office, Fn. 190 S. 8; Pike/Lang/Stambler, Fn. 244 S. 128; Grouard, Guerre en Orbite. Essai de politique et de strategie spatiale (1994) S. 345; Spacy ll, Fn. 149 S. 30. 248 Beer, Fn. 2 S. 49; laut Spacy ll, Fn. 149 S. 30, der Assistant Secretary 01 Delense Hadley zitiert, sei im Rahmen des GPALS die Bekämfung von max. 200 leBMs möglich und zwar nur in Boost-phase. 249 Cheney, Fn. 246. 7 Wolter

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

nen zu können. Der Senat lehnte diesen Frontalangriff jedoch ab. 25o In einem mit dem Vorsitzenden des Senate Anned Services Committee und Demokraten, Sam Nunn, ausgehandelten und vom Kongress am 31. 7. 1991 angenommenen Kompromisstext 251 wurde der Präsident stattdessen aufgefordert, Verhandlungen mit Russland zu führen, um eine Abänderung des Vertrages zu erreichen, welche die Stationierung der bodengestützten BMDElemente sowie weltraumgestützter Sensoren ermöglichen sollte. Der jährliche Budgetansatz für das SDI-Programm wurde von 2,9 Mrd. US-$ im Vorjahr auf 4,15 Mrd. US-$ für das Haushaltsjahr 1992 erhöht. 252 Die Regierungsübemahme der traditionsgemäß den Anliegen der Abrüstung und multilateralen Einbindung der Rüstungskontrolle offener gegenüber stehenden Demokraten und die neue, nach dem Kalten Krieg auf Partnerschaft mit Russland bauende Sicherheitspolitik der Clinton-Regierung führten dazu, dass die Pläne einer nationalen Raketenabwehr und der Entwicklung von Weltraumwaffen in der offiziellen amerikanischen Politik erneut vorübergehend in den Hintergrund traten. e) Der zögernde Beginn der Realisierung eines eingeschränkten, im Rahmen des ABM- Vertrages verbleibenden NMD-Systems unter der zweiten Clinton-Administration

Die neue Bedrohungsanalyse nach dem Irak-Krieg und nach dem Ende des Kalten Krieges, welche die Gefahr von Angriffen mit Nuklearraketen in wachsendem Maße durch sog. "rogue states (Schurkenstaaten)" ausmachte, erhielt durch den erstmaligen Test einer dreistufigen Rakete (Taepo Dong /) durch Nordkorea am 31. 8. 1998 neue Nahrung. Dadurch gewann in den USA die zukünftige Gefahr eines Angriffs durch Langstreckenraketen Nordkoreas an Glaubwürdigkeit. 253 Dies war auch Auslöser für die Einwilligung der ansonsten einer Raketenabwehr grundsätzlich eher kritisch gegenüber stehenden Clinton-Administration254 zu der von der republikanischen Mehrheit des Kongresses seit längerem geforderten BMD-GesetzgeCongressional Record, 13.3. 1991, S. 3176-89. Congressional Record, 31. 7. 1991, S. 11437-11520 und I. 8. 1991, S. 1161312104. 252 Pike/Lang/Stambler, Fn. 244 S. 128. 253 Kile, Nuclear arms control and ballistic missile defence, in SIPRI Yearbook 2001: Annaments, Disarmament and International Security (2001) S. 425; Anthony, Responses to proliferation: the North Korean ballistic missile programme, SIPRI Yearbook 2000: Annaments, Disarmament and International Security (2000) S. 647; zur US-Einschätzung der Bedrohung durch ausländische Raketenprogramme s. die öffentliche Zusammenfassung US National Intelligence Estimate: "Ausländische Raketenentwicklungen und die Bedrohung durch ballistische Raketen bis 2015" (Dezember 2001); abrufbar auf der Webseite des US State Department. 250 251

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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bung. Dies führte im Juli 1999 dazu, dass der US-Kongress den "National Missile Defense Act,,255 beschloss, der die Errichtung eines begrenzten BMD-Systems vorsieht. Das Gesetz schreibt insbesondere vor "to deploy as soon as is technologically possible an effective National Missile Defense system capable of defending the territory of the United States against limited ballistic missile attack (whether accidental, unauthorized, or deliberate)".

Das in diesem Rahmen aktuell von der BMDO entwickelte, begrenzte Raketenabwehrsystem,256 das seine "initial operating capability" zunächst 2003 und nunmehr 2005 sowie die Gesamtfertigstellung bis 2011 erreichen soll, beruht auf dem Prinzip des Abschusses feindlicher Interkontinentalraketen (ICBM) während der sog. mid course-Phase im Weltraum?57 Anfliegende Gefechtsköpfe von Interkontinentalraketen sollen durch direkte Treffer mit Abfangflugkörpern, den sog. Exoatmospheric Kill Vehicles (EKV), außerhalb der Erdatmosphäre, nachdem sich die Gefechtsköpfe von ihren Antriebsraketen gelöst haben, zerstört werden. Dazu sind folgende Systemelemente geplant: - Abfangraketen (Ground-Based Interceptor Missile, GBI) mit Abfangflugkörpern, sog. EKV, von denen bis 2007 zunächst 100 in einer RaketensteIlung in Alaska und ab 2010 weitere 100-150 in einer zweiten Raketenstellung in North Dakota stationiert werden sollen. - Weltraumgestützte Sensoren: dazu soll eine neue Generation von Frühwarnsatelliten, sog. Space-Based Infra-Red System (SBIRS), mit Infrarotsensoren ausgerüstet werden, welche die Hitze des Antriebsstrahis der anfliegenden Gefechtsköpfe registrieren sollen. Die Satelliten sollen die "interceptor missiles with accurate mid-course guidance and target discrimination information along their entire flight trajecories,,258 ausstatten. Bis 2010 sollen vier Satelliten als SBIRS-High im geostationären 254 Kubbig, Rüstungskontrolle und Abrüstung, in SchochlRatschlMutz (Hrsg.), Friedensgutachten 1999 S. 220: "Die Clinton-Administration konzentrierte sich stattdessen auf regionale Abwehrsysteme gegen taktische Raketen, sog. Theater Missile Defense (TMD), wozu sie 1997 mit Russland eine Abänderung des ABM-Vertrages über deren Zulässigkeit aushandelte." 255 National Missile Defense Act of 1999, Public Law 106-38, 22. 7. 1999. 256 s. die detaillierte Darstellung bei Kile, Fn. 253 S. 423 ff. und BielefeldlNeundeck, Fn. 191 S. 89; Jasani, Fn. 194 S. 243. 257 Bei allen BMD-Plänen werden drei Augphasen unterschieden: boost phase, midcourse im Weltraum und terminal phase. Eine landes weite NMD erfordert die Einbeziehung einer Bekämfung in der midcourse-Phase. Die von Präsident Bush jr. eingesetzte BMD-Evaluierungskommission (McCarthy-Kommission) schlägt die Arbeit an allen drei Optionen vor, wobei die midcourse-Bekämfung im Weltraum das Herzstück bilden soll; Alves, Fn. 40 S. 21 und Schaubild S. 22. 258 Kile, Fn. 253 S. 428.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Orbit einsatzfähig sein. Sie sollen bis 2010 von 24 SBIRS-Low-Satelliten im niedrigen Orbit ergänzt werden. - Bodengestützte Radarstationen: zur Bahnverfolgung sollen außerdem Frühwarnradarstationen ausgebaut werden, von denen bis zum Ende der letzten Ausbaustufe weltweit neun Exemplare einsatzbereit sein sollen. Die fünf gegenwärtig existierenden großen X-Band-Ballistic-Missile Frühwarnradaranlagen in den USA (Alaska, Kalifornien und Massachusetts), Großbritannien (Fylingdales) und Grönland (Thule) sollen zu diesem Zweck aufgerüstet werden, was nach dem ABM- Vertrag jedoch untersagt ist. Um den Zeitplan einhalten zu können, müssten die Arbeiten in Alaska spätestens im Sommer 2002 beginnen, was als ein Hauptgrund für den Zeitpunkt der Kündigung des ABM-Vertrages (sechs Monate Kündigungsfrist) durch Präsident Bush am 12. Dezember 2001 angesehen wird. - Command and Control: ein Missile Defense Battle Management and Command, Control and Communcations System (BM/C3), das im North American Aerospace Defence (NORAD) Headquarters in Colorado errichtet werden soll, soll die Daten der Radaranlagen und der weltraumgestützten Sensoren zusammenführen.

Präsident Clinton hat in seiner Erklärung zum Gesetzentwurf ausdrücklich betont, dass dies noch keine endgültige Entscheidung über die künftige Stationierung darstelle und diese u. a. vom Einvernehmen mit Russland über eine gegebenenfalls erforderliche Abänderung des ABM- Vertrages abhängig gemacht. 259 Folgerichtig entschied Clinton im September 2000, die Stationierung des begrenzten Systems zu verschieben, da ein weiteres Vorangehen bei der Entwicklung des Systems ohne Abänderung des ABM- Vertrages nicht mehr möglich war. Laut Clinton sei mehr Zeit erforderlich, um mit Russland, China und den europäischen Alliierten zu konsultieren. Damit dürfte Clinton insbesondere die Frage der Einhaltung des ABM-Vertrages gemeint haben. Außerdem würden nach Clinton zwar die bisherigen Tests die Fortführung der Erprobung rechtfertigten, jedoch bestünde für eine Stationierungsentscheidung noch keine ausreichende Gewissheit über die Machbarkeit des Systems?60 Die Entscheidung über die Stationierung 259 Presseerklärung, The White House, President Clinton Signs Missile Defense Act, 23. 7. 1999; Steinbruner, National Missile Defense Collision in Progress, Arms Control Today (November 1999) S. 3; s. aber die Bewertung des BMD-Befürworters Payne, Looming Security Threats. The Case for National Missile Defense, Orbis (Frühjahr 2000) S. 187, der in der Verabschiedung des National Missile Defense Act mit der Mehrheit bei der Häuser und dessen Unterzeichnung durch Präsident Clinton bereits "a political consensus in favor of deployment" ausmacht, was angesichts der ausdrücklichen gegenteiligen Erklärung Clintons bei der Einbringung des Gesetzes als "wishful thinking" anmutet.

H. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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müsse seinem Nachfolger überlassen bleiben?61 Präsident Clinton sah zur Bekämpfung der von ihm nun nicht mehr als "Schurkenstaaten", sondern als "states of concern" bezeichneten möglichen Angriffsländer mit Nuklearraketen ein erheblich reduziertes System für ausreichend an. Dies entsprach auch dem weitgehenden Konsens in der Wissenschaft, wonach regionale TMD-Systeme die sinnvollste Alternative sind, um der Bedrohungslage durch nukleare Schwellenländer mit Ambitionen zu Interkontinentalraketen wie Nordkorea, Iran und Irak zu begegnen, ohne dass ein neues Wettrüsten, Kosten in ungekanntem Ausmaß und schwere Beeinträchtigungen des strategischen Gleichgewichts und des gesamten Rüstungskontrollgeflechts entstehen. Vor allem käme ein solches System ohne Stationierung von Waffensystemen im Weltraum aus. 262

260 s. das gemeinsame Papier von Wilton Park/UNIDIR: Missile Defence, Deterrence and Arms Control: Contradictory Aims or Compatible Goals (UNIDIR 2002) S. 8: "The crucial component in the midcourse defensive architecture - the HKV which primarily employs on-board infrared and thermal sensors to detect, differentiate, and intercept the warhead in the exoatmosphere, did not demonstrate a capacity to effectively perform its assigned function." 261 United States Information Service, Transscript of remarks by the President on national missile defense, 1. 9. 2000. Präsident Clinton erklärte, dass "we have not enough confidence in the technology and the operational effectiveness of the entire NMD system to move forward with deployment." 262 s. den Vorschlag der unabhängigen amerikanischen Experten Postol, Fn. 196 S. 117 und Garwin, Fn. 196 S. 109, die Anfang 2000 eine BPI (Boost-Phase-)Defense für ein begrenztes see- und landgestütztes Raketenabwehrsystem gegen Antriebsraketen in der Startphase und nicht gegen die Gefechtsköpfe im Weltraum vorschlugen. Dieses könnte auch zusätzlichen Anreiz zur Stärkung des MRTC und dem Verzicht auf die Entwicklung von Antriebsraketen schaffen. Größtes Problem besteht jedoch in der extrem kurzen Zeitspanne für die Entscheidung zum Start der Abfangrakete (laut Bielefeld/Neuneck, Fn. 191 S. 94 etwa 4 Minuten). Garwin und Postol, der laut Randow, Fn. 241 S. 12 das Forscherteam für ein Raketenabwehrsystem der Navy unter Präsident Reagan wegen seiner Bedenken gegen die Pläne für ein umfassendes Raketenabwehrsystem verließ, haben auch angeregt, dass z. B. das gegen Nordkorea gerichtete regionale Abwehrsystem kooperativ mit Russland errichtet würde; s. auch Steinbruner, Fn. 259 S. 6; Glaser/Fetter, Fn. 234 S. 44: "Given the enormous technical and political challenges, we are skeptical of NMD. Among the alternatives, surface-based boost-phase systems are least problematic, because they are more likely to be effective against rogue missile forces and have the best prospects for reassuring Russia and China that the United States is not adopting a more competitive and threatening national security policy. The case against midcourse NMD is much more compelling - it is unlikely to work, and it would generate significant international tensions, unless the United States is successful in pursuing ambitious cooperative policies, which are most likely beyond its reach."; s. auch Matlock Jr, Security: The Bottom Line, in Arms Control Today (Oktober 2000) Special Section: What Next for National Missile Defense? S. 17; Heisbourg, Fn. 205 S. 627.

102 B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus f) Die Forcierung und mögliche Ausweitung des NMD-Systems sowie die weiterreichenden Pläne der Administration von George W. Bush junior für eine Bewaffnung des Weltraums

Mit der Amtsübemahme des Republikaners George Bush jr. ist jedoch kaum mit der Auferlegung von rüstungskontrollpolitischen Schranken bei der Entwicklung der Raketenabwehrpläne zu rechnen, wie die Kündigung des ABM-Vertrages am 12. Dezember 2001 offenbarte. Der Republikaner Bush sprach sich bereits in seiner im sicherheitspolitischen Bereich stark von den Überlegungen der Heritage Foundation beeinflußten Wahlkampfp1attform263 für die schnellstmögliche Stationierung eines umfassenden Raketenabwehrsystems aus. In seiner Rede vor der National Defense University vom 1. Mai 2001 hat er dazu das strategische Konzept geliefert, das darin bestehen soll, das Gleichgewicht des nuklearen Schreckens durch eine neue Konzeption der Abschreckung gestützt auf Offensiv- und Defensivsystmen zu überwinden?64 Sein Verteidigungsminister Rums/eid beförderte die ausgreifenden Pläne des US Space Command in der von ihm geleiteten Kommission zur Begründung der US-amerikanischen Dominanz im Weltraum. Gegenwärtig scheint die Annahme des BMD-Befürworters Payne zutreffend, dass " ... the United States appears finally to be moving toward the deployment of a ballistic missile defense (BMD) system. It will consist of interceptor missiles and sensors designed to protect all fifty states from a small long-range ballistic missile attack. ,,265 Dementsprechend beschloss Bush, zunächst das von Clinton verschobene Entwicklungsprogramm mit dem Ziel seiner baldigen Stationierung zu beschleunigen. Die in diesem Programm vorgesehene Infrastruktur für die notwendigen Sensoren ist außerdem so angelegt, dass sie eine zügige Ausweitung zu einem umfassenderen Raketenabwehrsystem erlaubt. Präsident Bush scheint sich dementsprechend alle Optionen für ein neben der Abwehr in der Start- und Wiedereintrittsphase auch eine Bekämpfung in der Mitflugphase im Weltraum umfassendes Mehrschichtensystem offen zu halten?66 Dies ist auch die Empfehlung in dem Lang Range Plan des US Space Command267 , der für eine weltweit einsetzbare, weltraumgestützte umfassende 263 Republican Platform 2000, Renewing America's Purpose. Together, www.mc.org/ gopinfo/platforrn. 264 Präsident Bush jr., Rede vor der National Defense University vom 1. Mai 2001, s. dazu Grand, La defense antimissile: un nouveau paradigme strategique?, Politique Etrangere (2001) S. 817. 265 Payne, Fn. 259 S. 187. 266 Kile, Fn. 253 S. 429; Bielefeld/Neuneck, Fn. 191 S. 94; die Option für ein Mehrschichtensystem einschließlich weltraumgestützter Elemente wird auch in der Nuclear Posture Review vom 9. 1. 2002 genannt, s. Fn. 204.

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Raketenabwehr plädiert. Steven Mille?-68 geht von der Ausweitung der NMD-Pläne auch auf weltraumgestützte Systeme aus und spricht von "Bush 's more enthusiastic and rapid approach, aimed at the eventual deployment of layered defences, including sea-, air- and space-based components that are incompatible with the [ABM] treaty" [Hervorhebung von mir]. Neben der Ausweitung der bereits unter Präsident Clinton begonnenen Entwicklung des begrenzten Raketenabwehrsystems mit EKV-Abfangraketen im Weltraum wird unter der Bush jr.-Administration vermutlich auch die Entwicklung der futuristischen Weltraum waffen forciert werden. Im Jahr 2000 gab das Pentagon die Entwicklung eines sog. Space-Based Laser Readiness Demonstrator (SBLRD) in Auftrag. Die US Air Force 269 rechnet damit, dass in den nächsten zwanzig Jahren "new technologies will allow the fielding of space-based weapons of devastating effectiveness to be used to deliver energy and mass as force projection in tactical and strategie conflict ... ". Die technische Ausgangslage der NMD-Pläne wird allerdings weiterhin als nahezu unüberwindliche Hürde eingeschätzt. So kommt der langjährige Direktor des Pentagon für Operational Tests and Evaluation, Assistant Secretary of Defense Philip Coyle,270 der das Testprogramm bestens kennen dürfte, in einem Beitrag für die Zeitschrift Arms Control Today zu dem Schluss, dass die Administration bis 2008 ungeachtet ihrer weiterreichenden Pläne und der beträchtlichen Aufstockung der Mittel wegen der technischen Hürden lediglich ein begrenztes, bodengestütztes System gegen Kurzstreckenraketen errichten können wird. Die NMD-Pläne der Bush jr.-Administration werden also nicht von konkreten Testerfolgen, sondern von strategischen Ambitionen getrieben. Das mit der geplanten Stationierung von Weltraumwaffen verfolgte strategische US-Konzept wird in dem Abschlussbericht der nach seinem Leiter, dem 267 US Space Command, Fn. 203 Kapitel 6 S. 14: "National Missile defense considers defense against large ICBMs and SLBMs. We'll have to include cruise missiles in the future but the space segment won't have to do it all. Instead, it will be part of a worldwide, integrated system for Missile Defense based on the ground, in the air, and in space. Defenses will operate in tiers to serve all commanders and will engage missiles in all phases of flight ... The Space-Based Platforrn (forrnerly the Space-Based Interceptor) and Space Operations Vehicle will defend against missiles worldwide, responding in hours. Space-Based Lasers will reduce response time to minutes ... " 268 Miller, The Flawed Case for Missile Defence, Survival 43 Nr. 3 (Herbst 2001) S. 95. 269 US Air Force Advisory Board, New World Vistas: Air and Space power for the 21 SI century, Space Technology Volume (1996). 270 Coyle, Rhetoric or Reality. Missile Defense under Bush, Arms Control Today, Mai 2002 . Coyle war der für die BMD-Tests zuständige Direktor im Pentagon von 1994 bis 2001.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

späteren Verteidigungsminister der Bush-Administration Donald Rumsfeld benannten Rumsfeld II-Commission 271 zur Begründung des NMD- Vorhabens im Einzelen dargelegt. Dieser Bericht und die Äußerungen 272 von Mitgliedern des US Space Command, die sich selber als "Star Warriors" bezeichnen,273 lassen ebenso wie dessen Long Range Plan an Deutlichkeit hinsichtlich der einseitigen Dominanzabsichten der USA im Weltraum nichts zu wünschen übrig. Diese verstärkten Entwicklungspläne und die Fortführung der Entwicklung exotischer Technologien zur Entwicklung von ASAT- und Weltraumlaserwaffen gehen mit strategischen und taktischen Planungen der maßgeblichen US-Militärkreise, insbesondere des unter dem zum Leiter der Joint Chiefs of Staff ernannten früheren Chefs des 1982 eingerichteten US Space Command, General Richard B. Myers, einher, die mit der Amtsübernahme von Präsident Bush junior zur offiziellen Verteidigungspolitik avancierten. Sie sind ausdrücklich auf die Schaffung einer "spaee superiority" der USA zur Stützung ihrer militärischen Dominanz im Weltraum ("to control outer spaee") gerichtet, wofür das US Spaee Command274 eine historische Chance sieht, da die USA in den nächsten zwanzig Jahren nicht erwartet "to face a global military peer eompetitor" und daher eine "strategie pause" genießen werde, die es zum Ausbau der Weltraumfähigkeiten zu nutzen gelte. Das die "revolution in military affairs (RMA)" nachvollziehende neue US-amerikanische militärstrategische Konzept, das unter Leitung des seinerzeitigen Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff, General John Shaliskashvili, 1996 erarbeitet und als "Joint Vision 2010,,275 veröffentlicht wurde, artikuliert ausdrücklich das Ziel der ,,Juli spectrum dominanee ", die 271 Report to Assess US National Security Space Management and Organization, Januar 2001, abrufbar unter . 272 General Joseph Ashy, ehemaliger Commander-in-Chief des US Spaee Command: "It's politieally sensitive, but it's going to happen. Some people don't want to hear this, and it sure isn't in vogue, but - absolutely - we're going to fight in spaee. We're going to fight from spaee and we're going to fight into space ... We will engage terrestrial targets someday - ships, airplanes, land targets - from spaee ... That's why the U.S. has development programs in direeted energy and hit-to-kill mechanisms." Zitiert nach Slata, Star Wars and the Global War System, in Information Bulletin INESAP, Nr. 18 (September 2001) S. 42. 273 Grossman, Fn. 70 S. 9 u. passim; Logsdon, The Status of U.S. Military Space Efforts, in Matte (Hrsg.), Arms Control and Disarmament in Outer Spaee. LectureSeminars given at the Centre for Research of Air and Spaee Law (McGill Uni versity Montreal 1985) S. 95: "By elevating spaee to the highest level of military organization, the Uni ted States is signalling the importanee it assigns to leadership in this new area of military strength. In the next few decades, unless the momentum towards making space central to military and strategie thinking is decreased, space truly will become a fourth theatre for global conflict." 274 US Space Command, Fn. 203 Einführung S. I. 275 Shaliskashvili, Joint Vision 2010 (Department of Defense 1996).

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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insbesondere auch die volle "space superiority" erfordere. Das US Space Command276 definiert die dazu notwendige "control of space" als "the ability to assure access to space, freedom of operations within the space medium, and an ability to deny to others the use of space, if required."

Zu der verstärkten Orientierung der US-Militärstrategie auf eine weltraumgestützte System- und Machtkomponente haben zwei Faktoren beigetragen,277 welche zwei Seiten ein- und derselben Entwicklung darstellen, die in der gegenüber der traditionellen amerikanischen Technologiedominanz nochmals intensivierten Fokussierung der US-Strategie auf der Nutzung des technologischen Vorsprungs der USA begründet liegt. Um die militärisch entscheidende Dominanz bei command, control und intelligence zu erreichen, ist die Anwendung voller "information superiority" notwendig, die nur durch verstärkten Einsatz militärisch genutzter Satelliten zu erreichen ist. Dieser führt seinerseits zu einer völligen Abhängigkeit der militärischen Einsatzfähigkeiten von den satellitengestützten Funktionen. Aus dieser Abhängigkeit entsteht als Kehrseite eine erhöhte Verwundbarkeit der gesamten militärischen Einsatzkapazitäten, so dass der Schutz der Satelliten gegen mögliche feindliche Angriffe von der Erde oder aus dem Weltraum insbesondere durch "Killer-Satelliten" absolut prioritär wird. Mit der verstärkten Abhängigkeit der Militärstrategie von weltraumgestützten Informationsfähigkeiten geht also ein nahezu absolutes Schutzbedürfnis für diese Weltraumkomponenten einher,278 welches im Bericht der Rumsfeld-Kommission 279 mit dem Bild von der Gefahr eines "Pearl Harbor in Space" als "worst case" beschworen wird. Als Ausgangspunkt seiner Empfehlungen hinsichtlich der verstärkten militärischen Nutzung des Weltraums stellt der Bericht fest, dass eine "virtual certainty" bestehe, dass auch der Weltraum in kriegerische Auseinandersetzungen einbezogen werden wird. 28o Vor dieUS Space Command, Fn. 203 Kapitel 5 S. 1. Ausführlich dazu das Kapitel "Military Space and the Doctrine of Space Superiority" in Handberg, Fn. 9 S. 189 und Report to Assess US National Security Space Management and Organization, Fn. 271 S. 160. 278 Diese extrem hohe Abhängigkeit der amerikanischen Militäroperationen von den Weltraumfähigkeiten wurde operativ erstmals während der Desert Storm-Kampagne im Krieg gegen den Irak 1991 deutlich, s. Handberg Fn. 9 S. 192: "US becoming partially hostage to its space assets"; S. 191: "The U.S. military ... has become the most space-dependent force of any military in the world. The United States has bet a great deal of its military credibility on sustaining a major space presence in order to enhance its effectiveness." Bereits 1984 erklärte der Wissenschaftsberater von Präsident Reagan George Keyworth 111, dass "even in a very limited war, we would have an absolutely critical dependence on space today. "; zitiert nach Kiltle, R. A.: Space War Era - lt's already Here, D.S. News and World Report, 17. 12. 1984 S. 30. 279 Report to Assess US National Security Space Management and Organization, Fn. 271 S. 13. 276

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

sem Hintergrund wird folgerichtig ausdrucklieh auch das Recht reklamiert, zur Verteidigung der verletzlichen US-amerikanischen Weltraumfähigkeiten Waffen im Weltraum zu stationieren. Laut dem Bericht der Rumsfeld-Kommission 281 sollte der Präsident deshalb über "the option to deploy weapons in space to deter threats to, and if necessary, defend against attacks on U.S. interests" verfügen. Handberi 82 kommt zu dem Schluss, dass die Pläne des US Space Command "an equivalent to aspace arms race" darstellen und dass "space control presumes a very proactive, even aggressive, posture regarding who and what is allowed to access and operate in outer space. " Die negativen Auswirkungen der Weltraumpläne des US Space Command für die USA selber hat der demokratische Senator aus South Dakota Tom Daschle 283 am 8. 5. 2001 gegenüber dem Christian Science Monitor in klaren Worten benannt: " ... It would be a disaster for us to put weapons into space of any kind under any circumstances. It only invites other countries to do the same thing."

g) "Space Sovereignty": Abkehr vom hoheitsfreien Status des Weltraums?

Der Long Range Plan des US Space Command zur Umsetzung der "Space Visison 2020,,284 enthält auch allgemein gehaltene Aussagen über die künftige rechtliche Regelung der Tätigkeiten im Weltraum. Im Zusammenhang mit der als notwendig erachteten Erarbeitung von "policies, treaties and agreements" empfiehlt er u. a. "to shape international community to accept space-based weapons to defend against threats in accordance with national policy", was zu dem Umkehrschluss führt, dass die Autoren zu Recht davon ausgehen, dass die internationale Gemeinschaft die Nutzung des Weltraums durch Weltraumwaffen gegenwärtig nicht akzeptiert. 280

Report to Assess US National Security Space Management and Organization,

281

Report to Assess US National Security Space Management and Organization,

Fn. 271 S. 10: " . . . we know from history that every medium - air, land and sea has seen conflict. Reality indicates that space will be no different. Given this virtual certainty, the U.S. must develop the means both to deter and to defend against ho stile acts in and from space. This will require superior space capabilities." Fn. 271 S. 16. Weiter heißt es: "The United States must develop, deploy and maintain the means to deter attack on and to defend vulnerable space capabilities. Explicit national security guidance and defense policy is needed to direct development of doctrine, concepts of operations and capabilities for space, including weapons systems that operate in space and that can defend assets in orbit and augment air, land and sea forces." 282 Handberg, Fn. 9 S. 192. 283 Peter Grier, The New Nuclear Theology, Christian Science Monitor, 8. 5. 2001. 284 US Space Command, Fn. 203 Kapitel 11 S. 3.

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Vor dem Hintergrund des Status des Weltraums gemäß dem Weltraumvertrag als hoheitsfreier internationaler Gemeinschaftsraum, dessen völkerrechtliche Begründung maßgeblich auf entsprechende US-Initiative in COPUOS zu Beginn des Weltraumzeitalters zurückgeht,285 muss die weitere Empfehlung "to address goals Jor space sovereignty" und "to establish International Space Sovereignty Policy" in einem "Space Faring Nations Treaty", welcher die "protection oJ National (commercial) space assets" garantieren soll, als eine Abkehr nicht nur von der ursprünglichen US-Weltraumpolitik der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums, sondern auch von der bisherigen völkerrechtlichen Anerkennung des staatsfreien Status des Weltraums angesehen werden. Die Änderung des hoheitsfreien Status des Weltraums wäre jedoch nur durch die Zustimmung der Vertragsparteien des Weltraumvertrages oder die schwer vorstellbare Entstehung eines neuen Weltraumgewohnheitsrechts mit dem Inhalt, staatliche Souveränität im Weltraum zuzulassen, möglich. Diese unrealistisch anmutenden völkerrechtlichen Zielsetzungen sind allerdings insofern konsequent, als sie notwendig aus den militärischen Plänen einer "space control" und militärischen Dominanz im Weltraum folgen. Eine solche auf einseitige Dominanz gerichtete Zielsetzung bei der Stationierung von Waffen im Weltraum wäre mit der Menschheitsklausel des Weltraumvertrages und dessen Verpflichtung, den Weltraum im Interesse aller Staaten zu nutzen, kaum vereinbar und könnte auch in Widerspruch zu dem Okkupationsgebot des Artikel III WRV geraten. Kriei 86 spricht zu Recht von der "friedensbestimmenden Weltraumverfassung", die kraft ihrer universellen Trägerschaft ein "nicht zu unterschätzendes Hindernis" gegen Bestrebungen ist, "den Weltraum militärisch zu okkupieren und in ihm eine kriegsentscheidende Streitmacht zu etablieren. Sein Status als hoheitsfreier internationaler Gemeinschaftsraum verbietet nationale Weltraumherrschaft auch zu militärischen Zwecken."

h) Die Haltung der Europäer, Kanadas und Japans gegenüber SDI und NMD

Die europäische Haltung gegenüber den amerikanischen Raketenabwehrplänen war ungeachtet aller Nuancierungen im Einzelnen und Akzentverschiebungen auf Grund von Regierungswechseln von Anfang an davon ges. o. Kapitel B. I. 1. Kries, Fn. 30 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 349; Andem, Fn. 2 S. 205: " ... the ongoing programmes concerning the establishment of permanent space weapon systems in outer space by the Superpowers is a tragic negation of the provisions and the spirit (aspirations) of the 1967 Treaty ... "; s. ausführlich zum weltraumvertraglichen Okkupations- und Aneignungsverbot im Zusammenhang mit "space contrai" und "keep out"-Zonen Kapitel D. V. 3. 2. b). 285

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

prägt, ein einseitiges Vorgehen sowohl innerhalb der Allianz als auch international und insbesondere im Verhältnis zur UdSSR bzw. Russlands und Chinas zu vermeiden. Ein roter Faden durch die zahlreichen europäischen Stellungnahmen ist die Betonung des kooperativen Charakters einer möglichen NMD-Entscheidung, um negative Auswirkungen auf das Rüstungskontrollgeflecht, die internationale Sicherheit und regionale Stabilität zu verhindern. So betonte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohp87 in einer Rede vor der Nordatlantischen Versammlung in Stuttgart am 20. 5. 1985: "Die Vereinigten Staaten haben mehrfach erklärt, daß sie eine Entwicklung und Aufstellung strategischer Verteidigungssysteme nur im Wege kooperativer Lösungen mit der Sowjetunion erwägen werden. Dies gebietet für beide Verhandlungsseiten auch der für sie verbindliche ABM-Vertrag ... Die zwischen bei den Seiten in Genf vereinbarte Stärkung der strategischen Stabilität erfordert einvernehmliche sicherheitspolitische Lösungen und Kooperation." Der britische Außenminister Sir Geoffrey Howe 288 berichtete in einer

Rede vom 15. 3. 1985 vor dem Royal United Services Institute in London über eine Verständigung von Premierministerin Margret Thatcher und Präsident Reagan bei ihrem Washington-Besuch im Februar 1985 auf folgende vier Grundsätze, wonach:

- "das amerikanische und westliche Ziel insgesamt nicht darin besteht, Überlegenheit zu erlangen, sondern unter Berücksichtigung sowjetischer Entwicklungen das Gleichgewicht zu wahren; - SDI-bezogene Dislozierungen in Anbetracht vertraglicher Verpflichtungen Gegenstand von Verhandlungen sein müßten; - das übergeordnete Ziel darin besteht, die Abschreckung zu verstärken, nicht zu untergraben; - Ost-West-Verhandlungen darauf abzielen sollten, Sicherheit mit reduzierten Beständen an Offensiv systemen auf bei den Seiten zu erreichen. ,,289 Zwar schlossen Großbritannien,290 Deutschland, 291 Italien 292 und IsraeP93 mit den USA 1985/86 jeweils eine vertrauliche Regierungsvereinba287 Rede des Bundeskanzlers vom 25. 5. 1985 vor der Nordatlantischen Versammlung, Frieden und Sicherheit im Atlantischen Bündnis, Bulletin der Bundesregierung Nr. 56/S. 473 v. 21. 5. 1985. 288 Rede von Sir Geoffrey Howe vom 15. 3. 1985 vor dem Royal United Services Institute, Verteidigung und Sicherheit im Nuklearzeitalter; deutscher Text in Frankfurter Rundschau, Dokumentation v. 19.4. 1985 S. 10. 289 Zur britischen Reaktion auf sm s. Taylor, sm - The British Response, in Brauch (Hrsg.), Star Wars and European Defence. Implications for Europe: Perceptions and Assessments (1987) S. 129; Young, Fn. 103 S. 220. 290 Vereinbarung v. 27. 3. 1986; s. UNIDIR, Fn. 108 S. 96.; vorausgegangen war das entsprechende Angebot der USA an die Allierten mit Brief von US Secretary of Defense Weinberger vom 26. 3. 1986, abgedruckt in Survival 27 (1985) S. 128.

II. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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rung über die Beteiligung ihrer Unternehmen an dem SDI-Programm. Dies bezog sich aber ausschließlich auf das Forschungsprogramm. Der damalige Bundeskanzler Kohz2 94 stellte im Bundestag ausdrücklich fest, dass damit keine Billigung einer etwaigen Stationierungsentscheidung, die damals auf Grund der mangelnden Entwicklungsreife des Programms auch nicht bevorstand, vorweggenommen werde. In der Genfer CD machten die Europäer zugleich eine Reihe konkreter Vorschläge zu einer multilateralen Behandlung der Frage im Zusammenhang mit dem Anspruch der internationalen Gemeinschaft auf Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und legten dazu auch konkrete Vertragsentwürfe über ein Verbot von Weltraumwaffen einschließlich weltraumgestützter BMD-Systeme vor?95 Die Europäer warnten außerdem vor einer einseitigen Uminterpretation des ABM-Vertrages durch die Reagan-Administration?96 Dennoch wurde der Abschluss der Regierungsvereinbarungen zu SDI in den USA als eine gewisse politische Unterstützung für das Programm gesehen297 und deshalb von den dortigen SDI-Gegnern sowie in Deutschland298 von der sozialdemokratischen OppoWeinberger betont, dass die SDI-Zusammenarbeit mit den Alliierten im Einklang mit bestehenden internationalen Verpflichtungen der USA, insbesondere dem ABMVertrag stattfinden werde und den Charakter als "cooperative research short 0/ ABM component level" habe. Die Abkommen legen die Bedingungen fest, unter denen die Unternehmen an den Forschungsprojekten teilnehmen können. Laut UK Defence Minister Michael Hesseltine beruht die Zusamenarbeit u. a. auf der Prämisse, dass "any deployment of SDI-related equipment would have to be subject for further negotiations."; zitiert nach Young, Fn. 103 S. 220. 291 Vereinbarung v. 27. 3. 1986; der Wortlaut wurde auf Grund eines ,leaks' vom Kölner Express am 18. 4. 1986 veröffentlicht; s. UNIDIR, Fn. 108 S. 96; Kubbig, Die SDI-Rahmenvereinbarung zwischen Bonn und Washington: Eine Bilanz nach zwei Jahren, (HSFK-Report, 3/1988) S. 3. 292 Vereinbarung vom Mai 1986; s. UNIDIR, Fn. 108 S. 96. 293 Vereinbarung v. 19.9. 1986; s. UNIDIR, Fn. 108 S. 96. 294 Bundeskanzler Kohl, Erklärung vor dem Deutschen Bundestag am 18. 4. 85, Bulletin der Bundesregierung vom 19.4. 1985 sowie Beschluss des Bundeskabinetts vom 18. 12. 1985, in Bulletin der Bundesregierung v. 19. 12. 1985: "Die Bundesregierung bekräftigt ihre Forderung, die SDI-Forschung in kooperative Lösungen einmünden zu lassen." 295 s. dazu ausführlich Kapitel B. III. 2. b) bb) und E. I. 1. a) Fn. 34-41. 296 Kubbig, Fn. 291 S. 32 spricht von "Protesten Bonns und Londons", welche bewirkt hätten, dass das US State Department zumindest gegen den Zeitpunkt der Uminterpretation opponiert und das Pentagon seine Testpolitik so gestaltet habe, dass sie nicht gegen den ABM -Vertrag in seiner engen Interpretation verstieß. 297 Kubbig, Fn. 291 S. 40. 298 Zu der Kontroverse in Deutschland s. Brauch, SDI - The Political Debate in the Federal Republic of Germany, in Brauch (Hrsg.), Star Wars and European Defence. Implications for Europe: Perceptions and Assessments (1987) S. 166; Au, Die Strategische Verteidigungsinitiative (SDI). Zur politischen Diskussion in der BR Deutschland (1988); die mit dem SDI-Memorandum von der Bundesregierung er-

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

sition heftig kritisiert. Frankreich, das eine Beeinträchtigung seiner unabhängigen Nuklearoption mittels der "force de frappe" durch BMD unbedingt vermeiden wollte, hat wegen einer solchen politischen Implikation eine Regierungsvereinbarung auch konsequent abgelehnt. 299 Japan 300 wies wie Kanada eine Beteiligung an SDI oder der Weltraumstation, falls diese mit dem SDI-Programm verbunden werden sollte, zuruck. Zu einer SDI-Beteiligung erklärte der kanadische Premierminister Brian Mulronelo 1 am 7. 9. 1985: "Canada has concIuded that Canada's own priorities and policies do not warrant a government-to-government effort in support of SDI research."

Auch Dänemark, N01wegen, Griechenland und Australien lehnten ausdrucklich eine regierungsamtliche Beteiligung an SDI ab. 302 Wegen einer möglichen Nutzung der Internationalen Weltraumstation im Zusammenhang mit SDI bestanden die Europäer bei dem NASA-ESAÜbereinkommen vom 29. 9. 1988303 auf der ausdrucklichen Bekräftigung hoffte Auftragsvergabe im Hochtechnologiebereich ist nur in unerheblichem Maß eingetreteten.; s. dazu Kubbig, Fn. 291 S. 18. 299 Carton, French Reaction to SDI - The Debate on the Nature of Deterrence, in Brauch (Hrsg.), Star Wars and European Defence. Implications for Europe: Perceptions and Assessments (1987) S. 150; UNIDIR, Fn. 108 S. 96. 300 Bereits 1969 nahm die National Diet Japans eine Resolution an "to the effect that the use of outer space objects and launching of rockets into outer space should be carried out excIusively for ,peaceful purposes'''. Der Grundsatz der friedlichen Nutzung wurde auch in das Gesetz über die National Space Development Agency of Japan aufgenommen, s. Tadao Kuribayashi, A Legal Framework for Space Station Activities, in Commercial Use of Space Station - The Legal Framework of Transatlantic Cooperation (1986, DGLR Publication) S. 70; der japanische Botschaftsrat Kanme Ikeda erklärte auf der 81. Sitzung der American Society of International Law, dass nach der japanischen Regierungsposition "peaceful" mit "nichtmilitärisch" gleichzusetzen sei; s. Proc. of the 81 st Meeting ASIL (1987), The U.S./ International Space Station: Aspects of Technology and Law S. 516, s. Couvaltl Foley, Defense Decision to Use Space Station Will Delay International Negotiations, Aviation Week & Space Technology 22. 12. 1986 S. 23/24. 301 Wiedergegeben in The Disarmament Bulletin, Autumn 1985 S. 7; zur Teilnahme an der Weltraumstation erklärte der kanadische Außenminister Joe Clark, "le Canada devrait reconsiderer sa decision de participer acette initiative [de la station spatiale]."; zitiert nach Young, Fn. 103 S. 226, der hinsichtlich der Internationalen Weltraumstation ausführt, dass Kanada sogar die Bedingung ausgehandelt hat, dass die kanadische Beteiligung an der Weltraumstation gekündigt werden und die Investitionen zurückbezahlt werden müßten, wenn die Weltraumstation für militärische Zwecke verwendet werden sollte; s. das NASA-Abkommen mit dem kanadischen Ministry of State for Science and Technology (MüSST) vom Dezember 1987: "It is the intent of NASA and MüSST that this MüU will, if successful, lead to cooperation in the development, operation and utilization of the Space Station for peaceful purposes consistent with international treaty obligations. " 302 UNIDIR, Fn. 108 S. 96.

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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des Grundsatzes der friedlichen Nutzung entsprechend Artikel 11 des ESAAbkommens, der vorsieht: " ... purpose of the Agency shall be to provide for and promote, for exclusively peaceful purposes, cooperation among European States in space research and technology and their space applications, with a view to their being used for scientific purposes and for operational space applications systems ... ".

Die im Grunde ablehnende Haltung der Europäer gegenüber den Plänen einer strategischen Raketenabwehr wurde deutlich, als 1991 mit dem reduzierten GPALS- Vorhaben der Regierung Rush erstmals ein konkreter Stationierungsplan vorlag. Nicht nur Frankreich, sondern auch Großbritannien und Deutschland wiesen das Angebot Präsident Rushs zu einer erneuten Regierungsbeteiligung zurück. 304 In der aktuellen Diskussion über die NMD-Pläne der Rush jr.-Administrati on betonen die Europäer neben den von prominenten US-Kritikern 305 geteilten Zweifeln an der Bedrohungsanalyse306 erneut und nachdrücklich die Notwendigkeit eines kooperativen Ansatzes zur Vermeidung negativer internationaler Auswirkungen und lehnen eine Entscheidung über eine Unterstützung als verfrüht ab. Außenminister Joseph Fischer307 hat in seinen Erklä303 Abkommen NASA-ESA vom 29. 9. 1988; ebenso das Übereinkommen zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Weltraumorganisation, der Regierung Japans und der Regierung Kanadas über Zusammenarbeit bei Detailentwurf, Entwicklung, Betrieb und Nutzung der ständig bemannten zivilen Raumstation", abgedruckt in ZLW 27 (1988) S. 341 und Bundestagsdrucksache 11/4576; auf diesen Zusammenhang zwischen sm und Vorbehalten der Partner hinsichtlich der militärischen Nutzung der We1traumstation hat ausführlich Young, Fn. 103 S. 219 hingewiesen. 304 Kubbig, Raketenabwehr als angemessene technologische Antwort auf das politische Proliferationsproblem?, (HSFK-Report, Frankfurt am Main 9/1992) S. 28. 305 s. das gemeinsame Schreiben von 50 amerikanischen Nobelpreisträgern an den US-Kongress vom 21. 11. 2001; Federaton of American Scientists; abrufbar unter : " ... we urge you to deny funding for any program, project, or activity that is inconsistent with the Anti-Ballistic-Missile (ABM) Treaty. The tragic events of September 11 eliminated any dout that America faces security needs far more substantial than a technically improbable defense against a strategically improbable Thirld World ballistic missile attack ... ". 306 Bundeskanzler Gerhard Schröder fragte in einem Interview mit der L.A. Times vom 28. 3. 2001 in Bezug auf die Bedrohung durch "Schurkenstaaten": "Ist die Bedrohungsanalyse, die dieser neuen Strategie [NMD] zu Grunde liegt, eigentlich rational?"; der seinerzeitige außenpolitische Berater des Kanzlers, Michael Steiner, erklärte in einem Interview mit der Zeitschrift "Frankfurter Hefte" 7+812001, die eigentliche von "Schurkenstaaten" oder Terroristen ausgehende Gefahr stelle die Miniaturisierung von Nuklearwaffen [und nicht ballistische Raketen] dar; die Interviewtexte sind abrufbar unter der Web seite "Raketenabwehrforschung International" der HSFK: .

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

rungen vor dem Bundestag am 21. 3. 2001 und in den USA am 1. 5. 2001 folgende Kriterien für eine europäische Antwort betont: - Ein wirksames, vertragliches Rüstungskontroll- und Abrüstungsregime muss erhalten und ausgebaut werden; dies schließt auch wirksame und verifizierbare Proliferationsverhinderung ein; - zur Vermeidung globaler oder regionaler Rüstungswettläufe ist ein kooperativer Ansatz erforderlich, der auch Russland und China einbezieht; - die Pläne zu einer möglichen Raketenabwehr müssen möglichst mit einer drastischen Reduzierung der Offensivsysteme verbunden werden; - enge und intensive Konsultationen mit den Verbündeten und Partnern in Europa sind notwendig. Die Betonung der Notwendigkeit kooperativen Vorgehens kommt auch in den europäischen Erklärungen zur einseitigen Kündigung des ABM-Vertrages durch Präsident Bush jr. im Dezember 2001 zum Ausdruck, in denen die Entscheidung bedauert oder sogar offen kristisiert wird. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte dazu am 13. 12. 2001, "das internationale Abrüstungs- und Rüstungskontrollregime zu stärken '" bleibt eine der herausragenden poitischen Aufgaben der internationalen Staatengemeinschaft.,,308 Der französische Außenamtssprecher309 gab eine förmliche Erklärung ab, in der die Notwendigkeit unterstrichen wurde, die strategische Stabilität in einem globalen Kontext "beyond Russian-American bilateral relations" durch "binding international rules and instruments, both bilateral and multilateral" zu sichern. Die europäischen, japanischen und kanadischen Reaktionen stellen insgesamt einen wesentlichen Bestandteil der auf Kooperation und Multilateralisierung bestehenden Staatenpraxis dar, die verhindern will, dass es zu negativen rüstungskontroll- und nichtverbreitungspolitischen Auswirkungen einer NMD-Entscheidung kommt. Die Reaktionen unterstreichen damit den Anspruch der internationalen Gemeinschaft auf die Verhinderung eines Wettrüstens auf der Erde und im Weltraum. 307 Außenminister Joseph Fischer, Erklärungen zu NMD vor dem Bundestag am 21. 3. 2001 und in den USA am 1. 5. 2001; abrufbar unter . 308 Abrufbar unter http://www.hsfk.de.html; die schwedische Außenministerin Anna Lindh erklärte in einer Pressemitteilung am 13. 12. 2001: "Sweden has pointed out repeatedly that a unilateral decision to go ahead with missile defence plans may potentially lead to a new arms race and have adverse effects for disarmament and non-proliferation. "; abrufbar unter http://www.regeringen.se. 309 Erklärung des Sprechers des französichen Außenministers am 14. 12. 2001; abrufbar unter .

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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i) Chinas militärisches Weltraumprogramm und weitere potenzielle Weltraummilitärmächte

Dem China-Faktor31O kommt in der Frage von NMD und einem Wettrüsten im Weltraum eine Schlüsselrolle zu. Zum Einen verfügt die Volksrepublik über ein eigenes breites Programm passiver militärischer Nutzungen und nach allen westlichen Einschätzungen auch über die Fähigkeit, falls die Bewaffnung des Weltraums nicht aufzuhalten sein sollte, eigene aktive militärische Nutzungsarten zu entwickeln. Im Bereich der Laserwaffen soll die VR China laut einem Untersuchungsbericht des US_Senats 3ll bereits entsprechende Anstalten bis hin zur Entwicklung von ASAT-Systemen unternehmen. Zum Anderen sieht Peking von den NMD-Plänen seine eigene Nuklearstrategie der "Minimalabschreckung" aufs Schwerste beeinträchtigt und hält nicht mit seiner Auffassung hinter dem Berg, dass dies die eigentliche Zielsetzung Washingtons sei?l2 Die Ausschaltung des chinesischen Raketenpotenzials würde auch die von Peking für notwendig erachtete Abschreckung gegenüber Taiwan erschüttern. Dass Taiwan nun seinerseits mit amerikanischer Unterstützung im Januar 1999 einen ersten Satelliten erfolgreich in den Orbit gebracht hat und sogar die Teilnahme an dem amerikanischen NMD-System erwogen wird,3l3 gibt Pekings militärischen Weltraumambitionen einen weiteren strategischen Impuls. Der China-Faktor ist für sich allein bereits ausreichender Nachweis, dass die Frage des Übergangs zu einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Qualität auch realpolitisch längst keine Frage eines hegemonialen Duopols der beiden Großen mehr ist. Inzwischen füh-

310 Garrett, Facing the China Factor, Anus Control Today (Oktober 2000) S. 14; Shen, Republique populaire de Chine: defense antimissile et securite nationale, Politique Etrangere (2001) S. 895; Harvey, The Chinese Space Programme. From Conception to Future Capabilities (1998); Hoffmann, L'espace, nouvel echiquier pour la rivalite sino-occidental?, Defense Nationale 55 (Oktober 1999) S. 119; Alves, Fn. 234 S. 24 ff. 311 Nach dem Vorsitzenden, des republikanischen Senators Cox benannter umfassender Bericht über das chinesische Militär- und Weltraumpotenzial ausgelöst durch Spionagevorwürfe gegen China im Zusammenhang mit der Zerstörung eines Kommunikationssatelliten der US-Firma Hughes "U.S. National Security and Military/ Commercial Concems with the Peoples Republic of China", 105 th Congress, House of Representatives, Report 105-851 vom Mai 1998 ; s. Niquet, Les relations sino-americaines apres la guerre du Kosovo, Defense Nationale, Oktober 55 (1999) S. 97; Hoffmann, Fn. 310 S. 129. 312 Gu, China und die USA. Eine Partnerschaft sucht ein strategisches Element, INTERNATIONALE POLITIK Heft 2 (2002) S. 10. 313 Hoffmann, Fn. 310 S. 128.

8 Wolter

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

ren die USA zeitweise intensivere Gespräche mit Peking über NMD und den Gesamtkomplex der Genfer CD als mit Moskau. Chinas eigenes, zwar mit einigem Zeit- und noch größerem technologischen Abstand begonnenes Welttraumprogramm steht in seinen Ambitionen den Programmen der beiden Großen in nichts nach. Frühzeitig hat China seine robusten Startkapazitäten auch für passive militärische Nutzungen des Weltraums durch Satelliten sowohl im erdnahen wie im geostationären Orbit eingesetzt. Es verfügt über die ganze Breite passiver militärischer Satelliten in den Bereichen Kommunikation, Fernerkundung, Frühwamung, Geodäsie und Wetterkunde. Nathalie Hojfmann 314 betont die strategische Bedeutung, die Pekings Führung dem militärischen Weltraumprogramm beimisst: "Le secteur spatial allait, des les premieres annees, se voir conferer une importance strategique qui ne tenait pas uniquement au fait que ce domaine fut tres lie au developpement du secteur de la defense (missiles principalement) auquel Pekin accordait la priorite, mais aussi parce qu'il etait, comme il l'avait ete pour les Americains et les Sovietiques, un moyen d' affirmer sa puissance."

Mit dem Laserprogramm soll Peking bereits 1986 noch mit Unterstützung der UdSSR begonnen und diese Anstrengungen nach dem Golfkrieg und erneut nach dem Jugoslawienkrieg, der ohne Billigung Chinas geführt wurde, verstärkt haben. 315 Laut dem Cox-Beriche l6 soll China auch über die Technologie von elektromagnetischen Waffen für ASAT-Zwecke verfügen. Hojfmann und Harvel 17 vermuten übereinstimmend, dass China in den nächsten zehn Jahren zunächst einen bemannten Raumflug erfolgreich 314 Hoffmann, Fn. 310 S. 120 f.: Sie unterstreicht zugleich zu Recht die enorme Bedeutung ziviler Weltraumnutzungen für die Bevölkerung des Riesenreiches, vor allem von Satellitenfernerkundung und -telekommunikation z. B. für Vorhersage von Wetterkatastrophen, medizinische Versorgung und im Bildungsbereich: "Les satellites d'observation et de communications sont d'un grand interet pour la Chi ne en raison de l' etendue de son teritoire, des difficultes de developement de moyens de communications qui en resultent, mais aussi de I'ampleur de certaines catastrophes naturelles. " 315 Hoffmann, Fn. 310 S. 124. 316 Fn. 31l. 317 Hoffmann, Fn. 310 S. 125; Harvey, Fn. 310 S. 154: "For the Chinese, manned space-flight would be a logical advancement for a country familiar with taking big steps: the Earth satellite in the 1960s, the recoverable cabin in the 1970s, the communications satellite in the 1980s - maybe manned flight before the end of the 1990s. One day, cosmonauts flying eastwards from Jiuquan [der wichtigste von drei chinesischen Weltraumstartplätzen in der Wüste Gobi] will orbit the Earth and watch the yellow, orange and red glow of dawn march over the skies of China; and they will be able to see, with their own eyes, that the East is Red - Dong Fang Hong!" [Dong Fang Hong ist der Titel der Nationalhymne der VRChina und zugleich der Name des ersten chinesischen Satelliten; s. Harvey, S. 23].

H. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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absolvieren und anschließend eine eigene bemannte Raumstation, die vielfältige militärische Einsatzmöglichkeiten bieten würde, bauen könnte. Die in einem Kooperationsabkommen mit den USA von 1996318 vorgesehene Beteiligung an der internationalen Raumstation Alpha - allerdings nur mit Experimenten und keinem Anteil am Bau der Station - ist, wohl auch auf Grund der allgemeinen Verschlechterung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen, zunächst gescheitert?19

Hojfmann 320 hält es vor dem Hintergrund der eigenen chinesischen Weltraumkapazitäten für möglich, dass Peking seinen Widerstand gegen eine Bewaffnung des Weltraums je nach politischer Konstellation aufgeben könnte und stellt daher die Frage, "dispose-t-elle de suffisamment d'atouts pour se lancer dans la course?" Die Antwort dürfte für die Führung eines Landes " ... familiar with taking big steps ... ,,321 nicht schüchtern ausfallen. Neben China sind in der asiatischen Region Indien, welches sich sowohl als regionaler Gegenspieler Pekings sieht als auch einen seit dem Grenzkonflikt in den sechziger Jahren ungelösten Grenzstreit mit China unterhält, sowie Pakistan, ein Erzrivale Indiens, zumindest als potenzielle militärische Weltraummächte einzustufen. Beide haben spätestens mit ihren Nukleartests von 1998 den chinesischen Anspruch, einzige offizielle Nuklearmacht Asiens zu sein, in Frage gestellt und arbeiten ebenso wie Iran und Nordkorea an einem Entwicklungsprogramm für Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von über 3000 km. 322 Indien verfügt auf Grund der "dual use"Fähigkeit seiner Kommunikations- und Fernerkundungssatelliten seit Anfang der neunziger Jahre über militärische Weltraumfähigkeiten, die zur Datensammlung und Frühwamung über pakistanische und chinesische Mobilisierungen eingesetzt werden. 323 Das indische Department of Space ist auch in strategischen und Verteidigungs forschungen engagiert. Am 25. 1. 2002 testete Indien erfolgreich eine zwei stufige Feststoff-Rakete mit einer Reichweite von 700-800 km, die sowohl für das Aussetzen von Beobachtungsund Aufklärungssatelliten bis zu einem Gewicht von ca. 900 kg als auch für den Transport nuklearer Gefechtsköpfe genutzt werden kann. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der indischen Nuklearoption und Indiens Weltraum- und Raketenprogramm, das auf die Erlangung einer ICBM-Raketenfähigkeit zielt. 324 Harvey, Fn. 310 S. 1l3. Hoffmann, Fn. 310 S. 125. 320 Hoffmann, Fn. 310 S. l32. 321 Harvey, Fn. 310 S. 154. 322 Gu, Fn. 312 S. 9. 323 Ravi, The Military Implications of India's Space Programme: Some Observations, Defense Analysis. 5 (1989) S. 268; nach Alves, Fn. 234 S. 27 arbeitet Indien besonders an der Weiterentwicklung von "multipurpose satellites". 318

319

8*

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Pakistan, das über Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite über 1000 km verfügt, wird in seinen vergleichbaren Anstrengungen zur Erlangung einer ICBM-Raketenfähigkeit von China und Saudi-Arabien unterstützt. Es verfügt über zweistufige Weltraurnraketen, die leichtere Satelliten in den erdnahen Orbit bringen können und ist in der Entwicklung von Femerkundungs- und Satellitenkommunikationstechnologien engagiert?25

Im Nahen und Mittleren Osten verfügen Israel, Saudi-Arabien, Iran und Irak über Mittelstreckenraketen von einer Reichweite über 1000 km. Israel unterhält mit den Weltraumraketen Jerecho III und Shavet zweistufige Raketensysteme sowie eine Weltraurnraketenabschussrampe im Militärstützpunkt Palmachim südlich von Tel-Aviv?26 Irak hat bereits vor dem Golfkrieg an der Entwicklung einer dreistufigen Weltraurnrakete mit dem Namen Al-Abed gearbeitet, deren Fortführung durch die SicherheitsratsResolution 687, die Irak die Entwicklung von ballistischen Raketen von einer Reichweite über 150 km untersagt, beschränkt wird. Die westeuropäischen Staaten und Japan verfügen neben den USA und Russland über die am weitesten entwickelten Weltraumfähigkeiten. Sie halten jedoch strikt an der von der ESA in ihrem Statut bzw. in der japanischen Weltraumgesetzgebung327 festgelegten Politik einer ausschließlich passive militärische Fähigkeiten umfassenden friedlichen Nutzung des Weltraums fest, die keinerlei eigene aktive militärische Nutzungen zerstörerischer Art im Weltraum erlaubt. Ihre ausschließlich friedliche Weltraumpolitik wäre von dem Übergang zu aktiver militärischer Nutzung des Weltraums am stärksten betroffen. Dieser Überblick über die tatsächlichen und potenziellen militärischen Nutzungen des Weltraums anderer Staaten zeigt, dass selbst im Militärischen von einer faktischen Exklusivität der beiden großen Weltraummächte nicht mehr die Rede sein kann. Nicht nur wären die Auswirkungen des Übergangs zu einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums auf Sicherheit, Stabilität, Abrüstung und Rüstungskontrolle universell, wie in Kapitel D. V. im Einzelnen dargestellt wird. Auch die Gefahr, dass mehrere andere Staaten an einem solchen aktiven Militarisierungskurs des Gemeinschaftsraums teilnehmen könnten, zeigt die dringende Notwendigkeit einer multilateralen Regelung dieses Problemkomplexes. Die Vermutung Kuskuvelis,328 dass die beiden großen Weltraummächte durch futuristische Welt324 Ravi, Fn. 323 S. 269: " ... the space and missile programmes will undoubtedly make it easier for India to exercise its nuc1ear option should that be its intention"; Kaiser, Non-proliferation and nuc1ear deterrence, Survival 31 (1989) S. 131. 325 Alves, Fn. 234 S. 37. 326 Alves, Fn. 234 S. 28. 327 Fn. 300 (Japan) u. 303 (ESA). 328 Kuskuvelis, Fn. 103 in ZwaanlVrieslTuinderiKuskuvelis (Hrsg.) S. 97.

II. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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raumwaffen ihr hegemoniales Duopol wiederherzustellen suchen, wäre vor dem Hintergrund der militärischen Potenzialitäten anderer Staaten allenfalls für eine vorübergehende Dauer erreichbar. Eine solche Möglichkeit eines neuen Rüstungswettlaufs im Weltraum wäre allerdings ein weiterer Grund für die internationale Gemeinschaft, auf die Respektierung des Gemeinschaftsstatus des Weltraums zu pochen und den Übergang zu aktiver militärischer Nutzung des Weltraums nicht zuzulassen. 3. Ergebnis Die gegenwärtigen militärischen Nutzungen des Weltraums durch Satelliten sind passiver Qualität ohne zerstörerische Wirkung im Weltraum. Zur Zeit bestehen keine aktiven zerstörerischen Nutzungen des Weltraums, insbesondere sind keine Waffen im Weltraum stationiert. 329 Die bestehenden ABM-Systeme sind landgestützt und zielen auf eine sog. "tenninal deJence" gegen feindliche Gefechtsköpfe nach deren Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Die bis in die frühen achtziger Jahre entwickelten ASATSysteme waren ebenfalls landgestützt und sollen deaktiviert sein. 33o Die erwogene künftige Stationierung von Laser-, Teilchen- oder kinetischen Waffen im Weltraum, sei es in ASAT- oder in BMD-Funktion, stellt dagegen eine aktive militärische Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Art dar. Die Unterscheidung zwischen passiven und aktiven militärischen Weltraumnutzungen zeigt die eindeutig und klar definierbare Schwelle, bis zu der die internationale Gemeinschaft bereit gewesen ist, die militärische Nutzung des Weltraums hinzunehmen. Als sich erstmals Anfang der achtziger Jahre die Möglichkeit abzeichnete, dass es zu aktiven militärischen Nutzungen des Gemeinschaftsraums von zerstörerischer Art kommen könnte, erhob die internationale Gemeinschaft dagegen sofort schwerwiegende Bedenken und machte ihre Forderung geltend, ein Wettrüsten im Weltraum zu verhindern. Zu dem Zeitpunkt gab es ausschließlich nicht-zerstörerische Nutzungen des Weltraums. 33 ! Die Schwelle zu aktiver militärischer Nut329 Kile, Fn. 253 (SIPRI 2001) S. 425; Cleminson, Fn. 104 in BeieriMataila (Hrsg.) S. 38: "Although military support missions have been routinely carried out and are considered to be stabilizing, space has not yet become avenue for weapons deployment." [Stand Anfang 1998]; Vlasie, Space Law and the Military Applications of Space Technology, in Jasentuliyna (Hrsg.), Perspectives on International Law (1995) S. 386: "To date, outer space, though heavily militarized, has been free from weapons. "; Alves, Fn. 40 S. 18; Jasani, Fn. 103 in Jasani (Hrsg.), S. 13; Kuskuvelis, Fn. 103 in ZwaanlVrieslTuinderiKuskuvelis (Hrsg.) S. 97; Spacey II, Fn. 149 S. 100; Grossmann, Fn. 70 S. 68. 330 Alves, Fn. 40 S. 45. 331 s. statt aller Handberg, Fn. 9 S. 58, der seine Beschreibung der militärischen Nutzungen des Weltraums bis Ende der siebziger Jahre wie folgt zusammenfasst:

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

zung war damals noch weniger als heute überschritten. Dass einige der ungebundenen Staaten332 darüber hinaus auch die passiven militärischen Nutzungen durch Satelliten untersagen wollen, weil sie diese für geeignet halten, das nukleare Wettrüsten in den Weltraum zu tragen, zeigt, wie stark die Vorbehalte der internationalen Gemeinschaft im Zusammenhang mit jeder militärischen Nutzung des Weltraums sind. Deshalb ist es unter dem Gesichtspunkt der Staatenpraxis keinesfalls zulässig, aus der Hinnahme der bisherigen passiven militärischen Nutzungen auf eine Akzeptanz neuer aktiver militärischer Nutzungen von zerstörerischer Art im Weltraum durch die internationale Gemeinschaft zu schließen. Auch aus der bisherigen - allerdings nicht eindeutig zu beurteilenden 333 - Hinnahme von Tests zu deren Entwicklung im Weltraum seitens der Staatengemeinschaft könnte noch keine Akzeptanz aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art hergeleitet werden, solange diese Tests nicht mit der erklärten Absicht verbunden sind, die Ergebnisse für die Stationierung von zerstörerischen Systemen im Weltraum zu verwenden. Die Tests exotischer, für eine Weltraumstationierung in Betracht kommender Systeme im Rahmen des SDI-Programms waren so weit von einer Entwicklungsreife der Waffensysteme entfernt, dass mit einer Stationierung auch mittelfristig nicht zu rechnen war. Insofern stand noch keine dauernde Nutzung zerstörerischer Art bevor, auf welche die internationale Gemeinschaft durch förmliche Proteste zur Rechtswahrung hätte reagieren müssen. Dagegen waren zwar die - im Ergebnis nicht zufriedenstellend verlaufenen334 - Tests im Zusammenhang mit Clintons Projekt einer begrenzten "midcourse NMD" mit einem konkreten Zeitplan für eine Stationierung verbunden (3 plus 3 Jahre). Sie sahen auch eine Weltraumstationierung von Abfangkörpern in Form sog. "Brilliant Pebbles" und von Sensoren vor. Jedoch hatte die US-Administration mehrfach erklärt, dass sie sich bei diesen Tests an den ABM- Vertrag, der stärkere ausdrückliche Restriktionen als der Weltraum vertrag hinsichtlich einer Stationierung von BMD-Systemen im Weltraum vorsieht, halten werde. Wie sich heute zeigt, waren auch diese Tests weit von der Entwicklungsreife der Systeme entfernt, so dass die internationalen Gemeinschaft davon ausgehen konnte, dass es noch nicht zu einem Überschreiten der Schwelle zu aktiver militärischer Nutzung kommen werde. Die Tests im Zusammenhang mit den gegenwärtigen begrenzten NMD-Plänen der Bush jr.-Administration sollen zwar zu einer Stationierung in den nächsten zehn "Essentially, outer space was left as an arena in which nonweapons bearing military space vehicles could operate, but weapons themselves were excluded."; s. auch Nachweise in Pn. 329. 332 Pn. 152. 333 s. u. Kapitel B. III. 5. 334 s. o. Kapitel B. II. 2. e) und 2. f).

11. Militärische Nutzungen des Weltraums durch die Weltraummächte

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Jahren führen. Es ist jedoch von der US-Administration bislang nicht eindeutig erklärt worden, ob die Systeme mit Ausnahme von Sensoren aktive zerstörerische Weltraumkomponenten enthalten sollen. Vielmehr betonten die USA noch im August 2000 in der CD, dass NMD mit Ausnahme von Beobachtungssatelliten zur Früherkennung keine weltraumgestützten Komponenten enthalten werde?35 In der Akzeptanz auch dieser Tests liegt mithin noch keine Hinnahme aktiver zerstörerischer Nutzung durch die Staatengemeinschaft, auch wenn im Hinblick auf die unterschiedlichen Äußerungen der gegenwärtigen US-Administration eine Weltraumstationierung auch von zerstörerischen Komponenten nicht mehr ganz ausgeschlossen werden kann. Auf die nunmehrige Abkehr vom ABM-Vertrag hat die internationale Gemeinschaft sofort reagiert. VN-Generalsekretär Kofi-Annan 336 erklärte am 14. 12. 2001 seine Sorge: "that the annulation of this treaty may provoke an arms race, especially in the missile area, and further undermines disarmament and non-proliferation regimes ... and calls upon all States to explore new binding and irreversible initiatives to avert such unwelcome effects." Nach gegenwärtigem Stand würde das geplante limitierte BMD-System keine Stationierung von Abfangraketen im Weltraum umfassen, obwohl dies nicht eindeutig ausgeschlossen wird und eine Ausweitung jederzeit denkbar ist. Die weltraumgestützten Komponenten beschränken sich bislang auf Sensoren, die für sich genommen nicht als zerstörerisch angesehen werden können. In der Gesamtarchitektur lässt sich aber von einem zerstörerischen System dann sprechen, wenn neben der Stationierung der Sensoren auch der Abfangvorgang - wenn auch von bodengestützten Abfangraketen - im Weltraum erfolgen soll. Dies wäre für ein breiter angelegtes System der "midcourse defence ", nicht dagegen für ein limitiertes System einer "boost-phase-" oder einem System der "terminaL defense" der Fall. In einem "layered NMD"-System mit "midcourse defense" wäre die Weltraumstationierung von Sensoren auf Grund des zerstörerischen Abfangvorgangs im Weltraum als eine aktive Nutzung zerstörerischer Art einzustufen. Für die in diesem Abschnitt untersuchte Frage, welche Art militärischer Nutzungen des Weltraums von der internationalen Gemeinschaft bisher akzeptiert wurden, kann also festgehalten werden, dass erfreulicherweise die Schwelle zu aktiven militärischen Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Qualität und zu einem Wettrüsten im Weltraum noch nicht überschrit335 Intervention USA in der Plenarsitzung der CD v. 31. 8. 2000 s. unten B. III. sowie Andem, Implications of the 1967 Outer Space Treaty in the New Millenium: ABrief Reflection on the Implications of Proposed Missile Defense Systems, Proc. 43 rd Colloq. Space Law (2001) S. 285. 336 Pressestatement von UN-Generalsekretär Kofi Annan am 14. 12. 2001; abrufbar unter .

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

ten ist. Jedoch zeigen die Entwicklungsprogramme der USA zu diesem Zweck, die aus Forschungs- und Entwicklungsprogrammen der UdSSR in Russland vorhandenen entsprechenden Fähigkeiten und die weltraummilitärischen Kapazitäten Chinas und einer Reihe weiterer militärischer Weltraumschwellenländer, dass diese Schwelle sehr bald überschritten werden könnte. Vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen mit technologischen Waffenentwicklungen - "history and logic suggest technology will broaden, not end, the arms race ,,337 - ist deren Einhegung in einer multilateralen Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums dringend.

III. Die internationale Gemeinschaft reagiert auf die drohende Bewaffnung des Weltraums und fordert dringend multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum Im Folgenden wird ausführlich die Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf die drohende Überschreitung der Schwelle zu aktiver militärischer Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Qualität untersucht. Zwei Hauptgesichtspunkte stehen dabei im Vordergrund. Erstens wird beleuchtet, inwieweit die internationale Gemeinschaft nicht nur derartige Nutzungen nicht akzeptiert, sondern aktiv den Anspruch auf Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum insbesondere gegenüber den militärischen Weltraummächten erhebt. 338 Zweitens wird im Einzelnen verdeutlicht, dass die interDeudney, Unlocking Space, Foreign Policy 53 (1983/84) S. 9l. Einen guten Überblick gibt die von UNIDIR herausgegebene Darstellung von Alves, Fn. 40; s. auch Jasani, Fn. 104, in ders. (Hrsg.) S. 24; zu den Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft zur Verhinderung des Wettrüsten im Weltraum aus völkerrechtlicher Sicht s. Vereshschetin, Prevention of the Arms Race in Outer Space. International Law Aspect (UNIDIR 1986); Magno, Fn. 90 S. 221; Beer, Fn. 2; Andem, Fn. 2 S. 185; ders. Fn. 335 S. 275; Agrawala, An Approach to Arms Control in Outer Space, ZaöRV 45 (1985) S. 543; Vlasie, Fn. 2 McGill Law Journal (1981) S. 135; Menon, Fn. 2 S. 40; Reijnen Fn. 2 in Benkö/Grafj/Reijnen (Hrsg.) S. 181; Christal, The Common Interest in the Exploration, Use and Exploitation of Outer Space for Peaceful Purposes: The Soviet-American Dilemma, Proc. 27 th Colloq. Space Law (1985), abgedruckt in Christo I, Space Law. Past, Present and Future (1991) S. 13; aus der sehr umfangreichen rüstungskontrollpolitischen Literatur s. Rousseau, Disarmament since 1945, in Matte (Hrsg.), Arms Control and Disarmament in Outer Space. Lecture-Seminars given at the Centre for Research of Air and Space Law (1985) S. 149; Johnson, Multilateral Approaches to Preventing the Weaponization of Space, Information Bulletin des International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation, Nr. 18 (September 2001) S. 71; Lellouche, Fn. 42 S. 59, der den Anspruch der internationalen Gemeinschaft auf Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum insbesondere aus der europäischen Perspektive entwickelt. Weitere Nachweise in Brauch/Fischbach, Fn. 101 Kapitel 6 Rüstungskontrolle S. 105. 337

338

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

121

nationale Gemeinschaft mit Nachdruck geltend macht, dass die militärische Nutzung des Gemeinschaftsraums und insbesondere ihre Auswirkungen auf die internationale Sicherheit eine multilaterale Angelegenheit der ganzen internationalen Gemeinschaft ist, die vor allem im Lichte der Gemeinwohlklausel des Weltraumvertrages in Artikel I WRV zu bewerten ist. Auf Grund der nicht nur sachlichen, sondern auch verhandlungstaktischen Verknüpfung der multilateralen Abrüstungsthemen in der Genfer Abrüstungskonferenz wird außerdem der enge Zusammenhang zwischen der Frage der aktiven militärischen Weltraumnutzung und dem gesamten nuklearen Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungsregime verdeutlicht. Dieser wirft mit Blick auf die Allgemeinwohlklausel von Artikel I WRV, die im IGH-Gutachten 339 von 1996 zur Rechtmäßigkeit von Nuklearwaffen bekräftigte nukleare Abrüstungsverpflichtung der Nuklearmächte und das Verbot der Beeinträchtigung der internationalen Sicherheit nach Artikel III WRV die Frage auf, in welcher Weise die friedliche Nutzung des Weltraums im Interesse der Menschheit strukturell und verfahrensmäßig zu sichern ist. Mit Blick auf die mögliche Verfestigung eines Normierungsanspruchs der internationalen Gemeinschaft werden insbesondere die inhaltlichen Elemente der Forderung nach Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum im Einzelnen auf ihren normativen Gehalt untersucht. 1. Die Forderungen der Vereinten Nationen nach multilateralen Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum seit 1978 a) Die Sondersitzung der VN-Generalversammlung 1978 zu AbrüstungsJragen, die Einrichtung der multilateralen AbrüstungskonJerenz in GenJ (CD) und die Behandlung der Weltraumrüstung im VN- Weltraumausschuss

Die VN-Generalversammlung nahm erstmals auf ihrer Zehnten - zum ersten Mal der Abrüstung gewidmeten - Sondersitzung 1978, in der sie eine ernüchternde Bilanz der ersten VN-Abrüstungsdekade von 1969-1978 zieht,340 ausdrücklich auf das drohende Wettrüsten im Weltraum Bezug und rief dazu auf, im Einklang mit dem Weltraumvertrag geeignete internationale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum aufzunehmen. 341 Zugleich versuchte sie durch Verabschiedung eines umfassen339

ICl Reports 1996 S. 264.

Resolution adopted without a vote on the Report of the Ad hoc Committee of the Tenth Special Session S-lOl2 vom 30. Juni 1978; abrufbar unter . 341 GA Resolution S-10/2 v. 30. 6. 1978, Fn. 340 Para. 80: "In order to prevent an arms race in outer space, further measures should be taken and appropriate inter340

122

B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

den Aktionsprogramms und institutioneller Vorkehrungen konkrete Schritte zur Verbesserung des multilateralen Rüstungskontrollprozesses einzuleiten. Sie beschloss, ein alle fünf Kernwaffenstaaten und zunächst weitere 35 Staaten umfassendes multilaterales Verhandlungsgremium unter dem Namen "Genfer Abrüstungskomitee (Committee on Disarmament, CD)" einzurichten?42 Aus diesem ging 1984 die "Genfer Abrüstungskonferenz (Conference on Disarmament, CD)" hervor, deren Mitgliedschaft auf heute 66 Staaten ausgeweitet wurde?43 Bis heute ist die CD das "single multilateral disarmament negotiating forum" der internationalen Gemeinschaft?44

In Bezug auf das Wettrüsten im Weltraum schlug als erstes Italien bereits ein Jahr nach Verabschiedung des Weltraumvertrages dessen Ergänzung durch ein Protokoll über das Verbot jeglicher Weltraumwaffen vor. Außerdem verlangte Italien im Vorbereitungsausschuss für die Sondersitzung der Generalversammlung am 1. 2. 1978 "Jurther measures to prevent the extension of the arms race into outer space ",345 wozu es am 26. 3. 1979 im national negotIatlOns held in accordance with the spirit of the [Outer Space] Treaty ... "; Cocca, Satellite: Warring Weapon, in Proc. 24th Colloq. Space Law (1982) S. 70 unterstreicht, dass die VN-Generalversammlung Maßnahmen, welche den Weltraum in eine "arena of military confrontation" verwandeln würde, als "contrary to the spirit of the Space treaty" ansieht. 342 Vorgänger waren der im September 1959 geschaffene Genfer Zehn-NationenAusschuss (fünf westliche und fünf östliche Mitglieder), der am 30. 12. 1961 in den Achtzehn-Nationen-Ausschuss überführt wurde und unter dem Ko-Vorsitz der USA und der UdSSR (Sitzungen vom 14. 3. 1962 bis 31. 8. 1978) tagte, wobei von den späteren Kernwaffenstaaten trotz mehrfacher Ausweitung der Mitgliedschaft weder China noch Frankreich teilnahmen. Frankreich nahm seinen Sitz bis zuletzt nicht ein. Neben den Kernwaffenstaaten USA, UdSSR und Großbritannien gehörten dem Ausschuss an: Äthiopien, Brasilien, Bulgarien, Burma, CSSR, Indien, Italien, Kanada, Mexiko, Nigeria, Polen, Rumänien, Schweden und die Vereinigte Arabische Republik. 1969 kamen Japan und die Mongolei sowie Argentinien, Jugoslawien, Marokko, Niederlande, Pakistan und Ungarn hinzu. Der Ausschuss wurde in "Konferenz des Abrüstungsausschusses (Conference of the Committee on Disarrnament (CCD)" umbenannt, A/RESI2602 B(XXIV) v. 16. 12. 1969. Im Jahre 1974 wurden die Bundesrepublik Deutschland, die DDR, Iran, Peru und Zaire aufgenommen; s. Fahl, Fn. 55 Bd. 1 S. 2. Weitere VN-Gremien zur Abrüstung waren die am 13. 2. 1947 vom Sicherheitsrat geschaffene Kommission zur konventionellen Abrüstung sowie die jeweils von der Generalversammlung eingesetzten Abrüsungskommissionen von 1952, 1954 und 1959; s. Rousseau, Fn. 338 in Matte (Hrsg.) S. 149. 343 Zur Genfer Abrüstungskonferenz allgemein s. Rousseau, Fn. 338 in Matte (Hrsg.) S. 147; Jasentuliyana, The Process of Achieving Effective Arms Control, in DahlitziDicke (Hrsg.), The International Law of Arms Control and Disarrnament. Proceedings of the Symposium Geneva, 28 February-2 March 1991 (1991) S. 179; Goldblat, Arms Control. A Guide to Negotiations and Agreements (1994) S. 9; zur Rolle der CD hinsichtlich der Rüstungskontrolle im Weltraum Alves, Fn. 40 S. 1 ff. 344 Resolution S-1O/2, Fn. 340, Para. 120. 345 Working Paper A/A.187/97 v. 1. 2. 1978.

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

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Abrüstungsausschuss ein Memorandum und den Entwurf eines Zusatzprotokolls zum Weltraumvertrag vorlegte. Danach sollten alle Maßnahmen ,,01 a military or hostile nature" im Weltraum untersagt werden. 346 Auch im Weltraumausschuss der VN (COPUOS) wurde ab 1978 die drohende Stationierung von Waffen im Weltraum mit großer Sorge verfolgt. Der Vorsitzende des Ausschusses, der Botschafter Österreichs Peter Jankowitsch,347 rief den Ausschuss in seiner Eröffnungssitzung 1978 dazu auf, dazu beizutragen, die Ausbreitung militärischer Nutzungen im Weltraum zu verhindern. Diesen Appell konkretisierte er ein Jahr später mit der Forderung, Verhandlungen über "meaningful space anns contral agreements" aufzunehmen?48 1980 forderten mehrere Staaten, dass sich der Weltraumausschuss mit der Frage der Militarisierung befassen und dazu das Mandat des Ausschusses ausgeweitet werden sollte. 349 Italien und Schweden verlangten, nachdem die ersten und einzigen bilateralen amerikanischsowjetischen Verhandlungen über ein Verbot von ASAT-Waffen im Weltraum nach sechs Monatern bereits wieder ergebnislos abgebrochen worden waren,350 "the early examination 01 measures to prevent an anns race in outer space ".351 Italien 352 legte erneut einen entsprechenden Entwurf eines Zusatzprotokolls zum Weltraumvertrag vor, der in den Worten des italienischen Direktors des International Institute 01 Space Law, Pompeo Ma346 UN Doc. CD/9 v. 26. 3. 79; dazu Reijnen, Fn. 2 S. 106: "The main objective pursued by Italy was to prohibit the development and use of Earth-based and spacebased systems designed to damage, destroy or interfere with the operations of other States' satellites."; Alves, Fn. 40 S. 89: Das italienische Memorandum "was largely inspired by the developments that were then taking place in space technology, thus giving rise to considerable concern that weapons which were not covered by prohibitions in Article 4 of the Treaty, particularly weapons such as the interceptor/destructor and hunter-killer satellites, might be used in outer space. The Italian document suggested a total ban on such military activities as the development and use of earth or space-based systems designed to damage, destroy, or interfere with the operations of other States' satellites. " 347 UN Doc. A/33120, S. 25: "We must make sure that outer space can be spared the fate of so many human discoveries of previous ages - namely, becoming a mere battle-field ... In this endeavour for peace in outer space, the Committee holds an important role." 348 lasentuliyana, Fn. 2 S. 75. 349 lasentuliyana, Fn. 2 S. 76. 350 Alves, Fn. 40 S. 5, demzufolge der Abbruch Folge der Auffassung der USA war, dass "an agreement involving such [ASATl systems would pose technical and other problems of verification which were judged not to be solvable at that time."; s. United Nations, United Nations Disarmament Yearbook, Bd. 6 1981 (1982) S. 267. Nach außen begründeten die USA den Abbruch mit der sowjetischen Invasion in Afghanistan. 351 UN Doc. AlAC 105/PV 205 v. 24. 6. 1980 S. 27. 352 Magno, Fn. 90 S. 222.

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gn0 353 darauf abzielte, "to eliminate any omissions and doubts as to interpretation [des WeltraumvertragesJ that the military use 01 space is not as yet intemationally prohibited." Mehrere blockfreie Staaten hielten die Zeit

für gekommen, ein rechtliches Verbot über die Stationierung von Weltraumwaffen jeder Art auszuarbeiten. 354 Jedoch lehnten die USA eine Erörterung der Rüstungsfrage im Weltraumausschuss mit der Begründung ab, dass diese Frage in den Abrüstungsgremien behandelt werden müsse. 355 Dementsprechend forderte die schwedische CD-Botschafterin Thorsson unter ausdrücklicher Betonung des CHOM-Status des Weltraums die Abrüstungskonferenz 1981 auf, die Erhaltung seiner friedlichen Nutzung auf ihre Tagesordnung zu setzen. 356 b) Die erste Resolution der VN-Generalversammlung 36/97 vom 9. 12. 1981 zu dem Tagesordnungspunkt " Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum (Prevention of an Arms Race in Outer Space, PAROS)" und die Zweite Konferenz der Vereinten Nationen über die friedliche Eiforschung und Nutzung des Weltraums (UNISPACE 11) 1982

Die achtziger Jahre begannen mit einem vollständigen Stillstand der bilateralen amerikanisch-sowjetischen Rüstungskontrollverhandlungen. Die UdSSR forderte daraufhin im August 1981 die Vereinten Nationen auf, die Frage eines internationalen Abkommens über das Verbot von Weltraumwaffen auf die Agenda der Generalversammlung zu setzen?57 Der Tagungsordnungspunkt "Prevention 01 an Arms Race in Outer Space" wurde dann als Reaktion darauf erstmals von einer Reihe westlicher Staaten mit einem von Italien eingeführten Resolutionsentwurf, der erstmals auch diesen Titel trug, vorgeschlagen. 358 Vor dem Hintergrund der von beiden Weltraummächten eingeleiteten Entwicklung weltraumgestützter Anti-Satelliten-Waffen forMagno. Fn. 90 S. 222. Jasentuliyana, Fn. 2 S. 77. 355 UN Doc. A/AC/l05/PV. 204-205, 207-208, 210-213 und 215. 356 UN Doc. CD/PV. 127, S. 6: " ... the urgency of preserving outer space, another common heritage of mankind, for peaceful activities"; Jasentuliyana, Fn. 2 S.77. 357 Brief Außenministers Andrei Gromykos an Generalsekretär Kurt Waldheim "Consideration of a treaty on the prohibition of the stationing of weapons of any kind in outer space", UN Doc. A/36/l92, 20. 8. 1981, S. 3; zum Entwurf s. Fn. 127 u. u. E. I. 1. a) aa) mit Nachweisen in Fn. 13. 358 Der von Italien eingebrachte Entwurf wurde in der umfassenden Resolution "General and Complete Disarmament" UN/RES/36/97 vom 9. 12. 1981 erstmals als ein eigener Abschnitt C zu "Prevention of an Arms Race in Outer Space" und der von der Mongolei eingebrachte Entwurf zum selben TOP als Resolution 36/99 verabschiedet; abrufbar auf der VN-Webseite http://www.un.org/documents/galres/ 36/a36r094.htm; Menon, Fn. 2 S. 57. 353

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derte dieser Resolutionsentwurf den VN-Abrüstungsausschuss auf, "to consider as a matter of priority the question of negotiating effective and verifiable agreements aimed at preventing an arms race in outer space Konkret sollte ein verifizierbares Abkommen "to prohibit anti-satellite systems ausgehandelt werden. Die westlichen Einbringerstaaten messen darin ASAT-Waffen ausdrücklich "destabilizing effects on international peace and security bei. Der für die sozialistischen Länder von der Mongolei eingebrachte Resolutionsentwurf forderte, diese Verhandlungen auf der Grundlage des sowjetischen Vertragsentwurfs zu führen. 359 Bemerkenswert ist, dass die VN-Generalversammlung beide Resolutionen ohne Gegenstimme und jeweils nur mit Stimmenthaltung der anderen Staatengruppe verabschiedete. 36o Deutlicher noch als im Abschlussdokument der Abrüstungsdekade bringt die Generalversammlung in diesen Resolutionen mit der Aufforderung an alle Staaten " ... to prevent an arms race in outer space ... and to prevent outer space from becoming an area of military confrontation . .. ihre Auffassung zum Ausdruck, dass eine solche Nutzung des Weltraums "contrary to the spirit of the [Outer Space] Treaty . .. [Hervorhebung von mir] wäre?61 H.

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Im darauffolgenden Jahr brachte die Zweite Konferenz der Vereinten Nationen über die friedliche Erforschung und Nutzung des Weltraums (UNISPACE II), die eigentlich dem Thema der wissenschaftlichen Erforschung des Weltraums gewidmet war, angesichts der Aktualität der Rüstungsfrage in ihrem im Konsens verabschiedeten Abschlussbericht ihre tiefe Sorge über die Ausweitung des Wettrüstens auf den Weltraum zum Ausdruck. 362 Obwohl das Thema nicht auf der Tagesordnung der Konferenz stand, forderte die große Mehrheit der über hundert Teilnehmerstaaten in Wien dazu auf, die Frage zu behandeln. In den Worten des Direktors des Wiener Office for Outer Space Affairs der VN und Sekretärs der Konferenz, Nandasiri Jasentuliyana, waren die Entwicklungsländer nicht länger bereit, die Frage der weiteren Militarisierung und Bewaffnung des Weltraums allein den bei den Supermächten zu überlassen, was sie die Konferenz auch wissen lassen wollten?63 Es folgten kontroverse Beratungen darüber, wie ein völkerrechtliches Verbot bestimmter militärischer Maßnahmen und insbesondere ein Verbot der Stationierung von Waffen im Weltraum konkret ausRes. 36/99 v. 9. 12. 1981, Fn. 358; s. Menon, Fn. 2 S. 57 und dort Fn. 63. Fn.359. 361 Fn. 359; Christol, Fn. 338 S. 22. 362 UNISPACE ll, Final Document; UN Doc. A/CONF 101110, S. 102; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 655. 363 Jasentuliyana, Fn. 2 S. 81: " . . . the developing countries wanted it understood that they were no longer willing to regard the question of the military uses of outer space as a matter to be left up to the super powers ... 359

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gestaltet werden sollte. VN-Generalsekretär Perez de Cuellar fonnulierte die Sorge der großen Mehrheit der Staaten und der internationalen Gemeinschaft im weiteren Sinn, indem er davor warnte: "An arms race in space would increase the areas and the potential for confontation, adding a new dimension to the human destruction .. . it would also divert urgently needed resources from programmes of social and economic development . . .". Er rief die Konferenzteilnehmer dazu auf " .. . we must oppose vigorous1y the increased rnilitarization of outer space. We have time but very little .. to counteract what would be a frightening escalation of the arms race.,,364

Die ungebundenen Staaten forderten die Konferenz auf der Grundlage der ausführlich erörterten Unterscheidung zwischen passiven und aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Art darüber hinaus zu einer ausdrücklichen Verurteilung aktiver militärischer Aktivitäten im Weltraum auf und bezogen sich ausdrücklich auf den Status des Weltraums als CHOM. 365 Dieser erfordert ihrer Ansicht nach, eine Ausweitung des Wettrüstens auf dem Weltraum, das der Menschheit schade, zu verbieten. 366 In ihrer schließlich einstimmig angenommenen Abschlussentschließung einigte sich UNISPACE auf eine allgemeine Aufforderung an die Staaten, ein Wettrüsten im Weltraum zu verhindern ("prevention 0/ an arms race and hostilities in outer space") und rief sowohl die CD als auch COPUOS dazu auf, dieser Frage angemessene Priorität beizumessen.367 Angesichts sowjetischer ASAT-Tests und amerikanischer SDI-Vorbereitungen wuchs 1982 und 1983 die Sorge bei fast allen Staaten über eine Ausweitung des Wettrüstens auf den Weltraum. 1983 befasste sich daher auch das COPUOS mit der Frage. In seinem Bericht hieß es dazu: "Almost all delegations expressed their concern over the possible extension of an arms race into outer space and the need to actively contribute to the prevention of such an arms race."j68

Mehrere Delegationen (Mexiko, Venezuela, Nigeria, Philippinen u. a.) unter Führung von Brasilien schlugen vor, dass sich COPUOS prioritär des Themas annehmen sollte. 369 Die UdSSR unterstützt von der sozialistischen Gruppe war bestrebt, ein Verbotsabkommen in COPUOS auszuhandeln. Anknüpfungspunkt für dessen Zuständigkeit und für den Inhalt des Abkommens sollte der in diesem Ausschuss ausgehandelte Weltraumvertrag sein. Zitiert nach Jasentuliyana, Fn. 2 S. 67. s. o. Kapitel B. 11. 1. a) Fn. 129-133 u. Jasentuliyana, Fn. 2 S. 68; Menon, Fn. 2 S. 59; Andem, Fn. 2 (1992) S. 219. 366 Menon, Fn. 2 S. 59; Jasentuliyana, Arms Contro1 in Outer Space: A Review of Recent United Nations Decisions, AASL 9 (1984) S. 337. 367 Fn. 359 Ziffer 14; s. Christol, Fn. 338 S. 22. 368 UN Doc. A/38120 para. 77; Jasentuliyana, Fn. 2 S. 84. 369 UN Doc. A/38120, para. 78. 364 365

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Dies begründete sie mit der Sorge, dass in der CD "the subject would take a backseat to other urgent and perennial questions that have long been under consideration there. ,,370 Die USA und die westliche Gruppe wandten sich jedoch entschieden gegen eine Behandlung des Themas in COPUOS und verwiesen die Frage in die Genfer CD. 371 2. Die Behandlung der Weltraumfrage in der Genfer Abrüstungskonferenz (Conference on Disarmament, CD) a) Arbeitsweise und Mandat des einzigen universellen Verhandlungsforums zu Abrüstungsfragen

Um die bisher erfolglosen Bemühungen der Genfer Abrüstungskonferenz zur Aushandlung eines Abkommens über eine Begrenzung des Wettrüstens im Weltraum und insbesondere deren Auswirkungen auf den gesamten Abrüstungs-, Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungsprozess näher beleuchten zu können, ist es erforderlich, zunächst die Arbeitsweise und das bisherige Mandat der Konferenz darzustellen. 372 Die CD, die zwar wie ihre Vorgänger von der Generalversammlung der VN eingesetzt ist373 und deren Mitglieder von ihr benannt werden, genießt durch ihre eigene Geschäftsordnungs- und Agendabefugnis größere Selbständigkeit als sonstige von der Generalversammlung eingerichtete Ausschüsse, wobei sie allerdings ebenfalls der Generalversammlung berichtet und deren Empfehlungen berücksichtigt. Der Vorsitz wechselt nach alphabetischer Rotation von Sitzungsperiode zu Sitzungsperiode (zwei pro Jahr). Strukturell geprägt ist das Gremium von der in den Vereinten Nationen üblichen Staatengruppenaufteilung, wobei in der Gruppe der westlichen Staaten die drei Kemwaffenstaaten USA, Frankreich und Großbritannien eine Sonderrolle haben. Die ungeJasentuliyana, Fn. 2 S. 91. Jasentuliyana, Fn. 2 S. 91. 372 Zur Behandlung des Wettrüstens im Weltraum in der CD s. Montserrat Filho, Fn. 2 S. 358; Andem, Fn. 2 (1992) S. 218 ff.; Jasentuliyana, Fn. 2 S. 73 ff.; Vlasie, Fn. 329 in Jasentuliyna (Hrsg.) S. 385; Rousseau, Fn. 338 in Matte (Hrsg.) S. 147; Jasentuliyana, Fn. 343 in DahlitvDicke (Hrsg.) S. 179; Alves, Fn. 40 S. 1 ff.; UNIDIR, Fn. 108 S. 99 ff.; Baines, A Variant of a Mandate for an Ad hoc Committee on Outer Space within the Conference on Disarmament: A Convention for the NonWeaponization of Outer Space, in BeieriMataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 65; Cleminson, Fn. 104 in BeierlMataila (Hrsg.) S. 35; Sinclair, Outer Space: The Conference on Disramamnet, in BeierlMataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 29. 373 Resolution S-1O/2 vom 30. Juni 1978, Fn. 340, Para. 120. 370

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bundenen Staaten haben sich in der sog. Gruppe 21 zusammengeschlossen, in der neben dem Kernwaffenstaat China insbesondere die nuklearen Schwellenländer Pakistan und Indien sowie Ägypten, Sri Lanka und Mexiko eine besonders aktive Rolle spielen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion und des Warschauer Paktes ist die Gruppe der östlichen Länder quasi obsolet geworden. Die substanzielle Arbeit wurde bislang in Ad-hoc-Ausschüssen zu den jeweiligen Schwerpunktthemen durchgeführt. 374 Die wichtigsten Erfolge der CD sind das Chemiewaffenübereinkommen, der vollständige Teststoppvertrag (CTBT) und das Abkommen zum Verbot bakteriologischer Waffen. Als Vorstufe vor der Einrichtung eines Ad Hoc-Ausschusses hat der jeweilige Vorsitzende auch Sonderkoordinatoren eingesetzt, der die Bereitschaft der Mitgliedstaaten und das mögliche Mandat für einen Ad-hoc-Ausschuss prüfen soll. Die Agenda und das Mandat der jeweils eingesetzten Ad-hocAusschüsse wurden bislang jährlich neu festgelegt, was wegen der grundsätzlich in allen Fragen angewandten consensus-Methode die Gefahr der Blockierung verstärkt. Die Hauptthemen in den vergangenen Jahren waren die vollständige und umfassende nukleare Abrüstung, die Verhandlungsaufnahme über ein Verbot der Herstellung spaltbaren Materials, sog. "cut-off" (Fissile Material Cut-off Treaty, FMCT); Sicherheitsgarantien für NichtKernwaffenstaaten und seit 1982 als neuer TOP 7 PAROS?75 Die Schwerpunkte für die westlichen Länder sind ein "cut-off", für China und Russland, auch Frankreich PAROS, für die G 21 nukleare Abrüstung, PAROS und Sicherheitsgarantien. Insbesondere China und Pakistan treten gegen ein "cut-off" ein, wenn nicht auch die bestehenden nuklearen Bestände einbezogen werden. Das Hauptproblem des CD-Ansatzes seit 1990, sich jährlich auf ein "umfassendes und ausgewogenes Arbeitsprogramm" zu einigen, hat sich in den vergangenen vier Jahren durch ständige "linkages" und Junktims mit dem Ergebnis einer Totalblockade in Substanzgesprächen verschärft.

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Jasentuliyana, Fn. 343 in DahlitzlDicke (Hrsg.) S. 179. Alves, Fn. 40 S. 7.

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b) Die Beratungen des Ad-hoc-Ausschusses der Genfer Abrüstungskonferenz zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum (PAROS-Ad hoc-Ausschuss) von 1985-1994

aa) Lange Jahre bis zur Einrichtung des Ad-hoc-Ausschusses der CD zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum Seit 1981 wiederholte die VN-Generalversammlung jeweils in einer eigenen Resolution 376 zum Tagungsordnungspunkt "Prevention of an arms race in outer space" die insbesondere an die Weltraummächte gerichtete Aufforderung der internationalen Gemeinschaft, die notwendigen Schritte zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum im Rahmen der Vereinten Nationen zu unternehmen. Die Resolutionen bringen jeweils deutlich zum Ausdruck, dass es sich hierbei nicht nur um einen vagen politischen Appell, sondern um einen konkreten Anspruch der internationalen Gemeinschaft handelt, zügig die notwendigen Verhandlungen unter der Ägide der Vereinten Nationen mit dem Ziel der Erreichung eines oder mehrerer Abkommen einzuleiten. Zur Begründung dieses Anspruchs bezieht sich die Generalversammlung auf die Menschheitsklausel und den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums in Artikel I Absatz 1 WRV. Sie ,,{rJeaffirms the will of all States that outer space shall be used exclusively for peaceful purposes ... " und sie erklärt sich ,,{gJravely concerned at the danger posed to all mankind by an arms race in outer space" 377 [Hervorhebung von mir]. In ihrer Resolution 37/83 vom 9. 12. 1982378 fordert sie in Umsetzung der Empfehlungen von UNISPACE II unter Hervorhebung der "express wishes of the overwhelming majority of the members of the Committee on Disarmament" die Einsetzung einer speziellen multilateralen Arbeitsgruppe der Genfer Abrüstungskonferenz zur Verhütung des Wettrüstens im Weltraum "without delay". In der von den westlichen Ländern eingebrachten Resolution 37/99 D wird die Prüfung solcher Verhandlungen verlangt. 376 A/RES/36/97 C u. 99 v. 9. 12. 1981 sowie A/RES/37/83 vom 9. 12. 1982 (Einbringer sozialistische und ungebundene Staaten) und 37/99 D vom 13. 12. 1982 (Einbringer westliche Staaten); A/RES/38/80 v. 15. 12. 1983; A/RES/39/59 v. 12. 12. 1984; A/RES/40/87 v. 12. 12. 1985; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 18 S. 609 u. 611. 377 In ihrer Resolution A/RES/38/80 v. 15. 12. 1983 ruft die Generalversammlung außerdem " ... all States, in particular those with major space capabilities ... " dazu auf, " ... to undertake prompt negotiations under the auspices of the United Nations with a view to reaching agreement or agreements designed to halt the militarization of outer space and to prevent an arms race in outer space ... " [Hervorhebung von mir]. 378 Fn. 373. 9 WoIter

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In der CD schlug 1983 China 379 unterstützt auch von mehreren westlichen Staaten 380 die Einrichtung eines Ad-hoc-Ausschusses mit einem konkreten Verhandlungsmandat vor. Frankreich unterbreite der CD einen Vertragsentwurf mit dem Titel "Prevention of an Anns Race in Outer Space", den es 1984 durch ein Working Paper ergänzte. 381 In ihrer jeweiligen Resolution in den Jahren 1983 und 1984 wird die Forderung der Generalversammlung angesichts der großen Sorge der internationalen Gemeinschaft über die ausbleibende Einigung über die geforderte Einrichtung einer speziellen Arbeitsgruppe zur Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum immer drängender?82 Indien, Ägypten,383 das sich ausdrücklich auf den CHOM-Status des Weltraums berief, und Brasilien384 sowie eine Reihe weiterer lateinamerikanischer Staaten 385 verurteilten die Pläne einer aktiven militärischen NutUN Doc. A/38/27 S. 165. Alves, Fn. 40 S. 5; Menon, Fn. 2 S. 57. 38\ CD/375 v. 14.4. 1983; dazu Alves, Fn. 40 S. 5; CD/PV /263, S. 20--22. 382 Dazu Jasentuliyana, Fn. 2 S. 90: "Lack on the establishment of a working group is attributed largely to the position taken by the Uni ted States regarding its position concerning multilateral discussion of this item as weil as the formulation of an appropriate mandate for the working group ... ". Die mit 147 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme (USA) und einer Enthaltung (GB) angenommene Rsolution 38170 v. 15. 12. 1983 "Prevention of an Arms Race in Outer Space" bezeichnet es als "an historie resolution as no other disarmament resolution has received such a resounding vote in the General Assembly ... it represents a strong statement of the international community calling for meaningful negotiations in this field, and it is difficult to see how such negotiations could be resisted too much longer." 383 Ägypten, CD/PV 254 v. 29. 3. 84; s. Andem, Fn. 2 S. 219: "There were elaborate discussions by delegations of various issues relevant to the prevention of an arms race in outer space, such as: ... the status of outer space as the common heritage of mankind wh ich should be used exc1usively for peaceful purposes ... ". 384 Brasilien und Chile schlugen am 2. 11. 1982 in der Generalversammlung Zusatzprotokolle zum Weltraumvertrag "with a view to preventing an arms race in outer space" vor; s. A/SPC/37/SR 16. 385 Declaration by the Latin American Countries Members of the Legal Sub-Committtee of the Committee ot the Peaeeful Uses of Outer Spaee, Working Paper, AI AC.105/C.2/L.142 v. 6.4.1983: "The Group of countries, members of COPUOS, wish to place on record their views on some points relating to the utilization, exploration and exploitation of outer space, which should be based on the following basic principles: a) It should be regulated in accordance with the principles of the Charter of the United Nations, Resolution 2625 on friendship and co-operation among peoples, the 1967 Space Treaty and other relevant international instruments, taking into account that space law must be based on international co-operation. b) The legal eontext referred to above is clearly indieative of the obligation ineumbent on alt States to explore, exploit and utilize outer spaee, the Moon and other eelestial bodies exclusively for peaeeful purposes. We eonsider it essential to avoid the eontinuation, in aetual deeds or planning, of an inereasing militarization and use for military purposes of outer spaee in flagrant violation of the spirit of the 379

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zung des Weltraums als eine "flagrant violation" des Weltraumvertrages und verlangten dringend die Aushandlung eines Abkommens über das Verbot von Weltraumwaffen. 1984 forderte Indien als Chairman of the Group of 77 in COPUOS und später erneut in der CD ein Moratorium über das Testen von Weltraumwaffen. 386 Die Generalversammlung 387 forderte 1984 auch COPUOS dazu auf, das Thema prioritär zu behandeln. Die westlichen Staaten stimmten dagegen. Erstmals in seiner zwanzigjährigen Geschichte nahm COPUOS einen Bericht nicht einstimmig an. 388 Ende 1984 kehrte der Ausschuss 389 bei Annahme des COPUOS-Berichts an die Generalversammlung mit der Einigung auf eine allgemeine Passage, "that the Committee should consider ways and means for maintaining outer space for peaceful purposes " zum Konsens zurück. 1984 betonte die Generalversammlung außerdem ausdrücklich den engen Zusammenhang der Rüstungsfrage im Weltraum mit dem Ziel der generellen und vollständigen Abrüstung. Sie beschloss ohne Gegenstimme und mit nur einer Enthaltung, dass die entsprechende Abrüstungsverpflichtung in Artikel VI NVV auch auf den Weltraum Anwendung findet. 390 Damit wird der Wille der internationalen Gemeinschaft deutlich, dass eine Bewaffnung des Weltraums auch deshalb unterbleiben soll, weil jede Stationierung von Waffen dem Ziel der vollständigen Abrüstung zuwiderlaufen würde. Eine Einigung über die dringend geforderte Einsetzung einer Arbeitsgruppe der CD zur WeltraumfÜstung gelang jedoch erst nach einer bilateralen Verständigung zwischen den USA und der UdSSR Anfang 1985, Verhandlungen über den Gesamtkomplex der nuklearen Rüstungskontrolle aufzunehmen. Dazu haben einerseits der Amtsantritt des neuen, auf Ent1967 Treaty, of agreed principles and of existent positive law. We advocate the early elaboration of an appropriate instrument additional to the 1967 Space Treaty (A/AC.105/320). " [Hervorhebung von mir]. 386 UN Doc. AI AC.105/L. 150 u. CD/PV 486 S. 6; s. lasentuliyana, Fn. 2 S. 99; Alves, Fn. 40 S. 101; Menem, Fn. 2 S. 61. 387 Res. A/RES/39/59 v. 12. 12. 1984, Fn. 372. 388 lasentuliyana, Fn. 2 S. 99; Menon, Fn. 2 S. 63 spricht von "an atmosphere of hostility and confrontation". 389 lasentuliyana, Fn. 2 S. 99; Menon, Fn. 2 S. 63; Andem, Fn. 2 S. 222. 390 A/RES/39/59 v. 12. 12. 1984 "Prevention of an Arms Race in Outer Space"; abgedruckt in Welck/Platzöder, Fn. 19 S. 611. Darin heißt es in Ziffer 2: "Reaffirms that general and complete disarmament under effective international control warrants that outer space shall be used exclusively for peaceful purposes and that it shall not become an arena for an arms race."; Seidel, Die Völkerrechtsordnung an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, AVR 38 (2000) S. 27 stützt die Pflicht zu allgemeiner und vollständiger Abrüstung neben Artikel VI NVV auch auf die Prinzipienerklärung der VN-Generalversammlung 2625 (XXV) vom 24. 10. 1970 im Abschnitt Gewaltverbot. 9*

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

spannung drängenden sowjetischen Generalsekretärs Michail Gorbatschow und zum Anderen der starke Widerstand im amerikanischen Kongress gegen die SDI-Pläne Präsident Reagans beigetragen. Der US-Kongress verabschiedete 1984 das nach seinem Einbringer, dem demokratischen Abgeordneten Tsongas, benannte sog. Tsongas-Amendment zur Defence Authorization Bill, das dem Präsidenten die Erprobung von ASAT- Waffen gegen Objekte im Weltraum solange untersagt, bis die Administration nachweist, dass sie mit der UdSSR ein verifizierbares Verbot von Antisatellitenwaffen aushandelt. 391 Außerdem forderte das US Senate Foreign Relations Committee392 den Präsidenten auf, "to seek, on an urgent basis, a comprehensive verifiable treaty prohibiting the testing, production, deployment and use of any space-based or space-directed weapon system."

Doch mit der von der internationalen Gemeinschaft lange erhofften US-Zustimmung zur Einrichtung eines Ad-hoc-Ausschusses der CD zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum kam es auch drei Jahre nach der Ankündigung von SDI, in denen nichts zur konkreten vertraglichen Sicherung des Rechtsgebots der ausschließlich friedlichen Nutzung des Weltraums geschah, immer noch nicht zu der von der internationalen Gemeinschaft dringend geforderten Einleitung von Verhandlungen über die Weltraumrüstung. Vielmehr zeigten sich die USA nur bereit, ein unverbindliches Mandat der Arbeitsgruppe über "Gespräche" zur Eruierung möglicher Fragen künftiger Verhandlungen zu akzeptieren. 393 bb) Die Haltung der Europäer

Unter den Europäern hat vor allem Frankreich frühzeitig auf die Absichten der bei den "Großen" hinsichtlich der Entwicklung weltraumgestützter Abwehrsysteme reagiert und in der Genfer Abrüstungskonferenz eigene Vorschläge zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum u. a. mit einem ausdrücklichen Verbot neuer weltraumgestützter Waffen vorgelegt. 394 In 391 Amendment to the DoD Authorization Bill FY 1984, Establishing Criteria Governing the Test of Antisatellite Warheads, Section 1235, Public Law 98-94 (24. 9. 1983) S. 695; dazu Stares, Fn. 73 S. 232; Kubbig, Fn. 236 in ders. (Hrsg.) S. 7; Menon, Fn. 2 S. 68; lasentuliyana, Fn. 2 S. 96; Christol, Fn. 338 S. 30. 392 98 th Congress, 2nd Sess., 21. 3. 1984; s. Christol, Fn. 338 S. 32; zur Haltung des Kongresses s. auch Kubbig, Die SDI-Debatte in der Reagan-Administration und im Kongress ab 1983, in Kubbig (Hrsg.), Die militärische Eroberung des Weltraums (Bd. 1 1990) S. 94. 393 USA, CD/PV 321 v. 16. 7. 1985 u. CD/PV 542 S. 4 v. 13. 3. 1990; Christol, Fn. 338 S. 28; Alves, Fn. 40 S. 52; Menon, Fn. 2 S. 65. 394 Vorschlag Frankreichs "Prevention 0/ an Anns Race in Outer Space", CDI 375 v. 14.4. 1983 und 12. Juni 1984, Fn. 381; dazu Alves, Fn. 40 S. 104 und Guil-

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

133

den Worten des damaligen Völkerrechtsberaters des französischen Außenministeriums Gilbert Guillaume 395 sind die Fragen der Rüstungskontrolle im Weltraum eine Angelegenheit "of concern to the entire international community ". Vor diesem Hintergrund und wegen der von Frankreich mit Sorge beobachteten negativen Auswirkungen der SDI-Pläne auf die internationale Sicherheit396 schlug die französische Regierung mit Blick auf die "inadequacy of [exising] international instruments" ein multilaterales Abkommen mit vier Hauptelementen vor: - striktes Verbot aller Anti-Satelliten-Systeme; - Verbot des Testens und der Stationierung boden-, luft- oder weltraumgestützter "directed-energy weapons systems"; - Verstärkung der Registrierungspflicht unter dem Registrierungsabkommen von 1974; - generelle Verpflichtung, die Unverletzlichkeit ("Immunität") bestimmter Satelliten anzuerkennen. Besonderen Wert legte Frankreich auf die Bestimmungen zur Verifikation, die vorzugsweise nicht national, sondern durch eine - wie von Frankreich 1978 vorgeschlagen - internationale Satellitenkontrollagentur erfolgen soll. Militärische Nutzungen des Weltraums sollten auf passive Nutzungen beschränkt bleiben, die durch Reconnaissance- und Frühwarnsatelliten für Verifikationszwecke und im Interesse der Aufrechterhaltung der internationalen Stabilität und Sicherheit eingesetzt werden. Auch wenn diese französischen Vorschläge sicherlich auch von dem strategischen Interesse geleitet waren, dem möglichen Bedeutungsverlust der eigenen Nuklearwaffen durch Raketenabwehrsysteme im Weltraum zu begegnen, so beruhte ihre völkerrechtliche Begründung ausdrücklich auf dem Interesse der internationalen Gemeinschaft an der Verhinderung eines neuen Wettrüstens im Weltraum, der erwarteten negativen Auswirkungen auf die internationale Sicherheit und der Erhaltung der friedlichen Nutzung des Weltraums. 397 Frankreich war in den Worten des damaligen Premierministers Fabius an der VerwirkZaume, France and Arms Control in Outer Space. French Proposals Respecting Space Law, in Matte (Hrsg.), Arms Control and Disarmament in Outer Space. Lecture-Seminars given at the Centre for Research of Air and Space Law (McGill University Montreal 1985) S. 67. 395 Guillaume, Fn. 394 S. 84. 396 Guillaume, Fn. 394 S. 78: " ... it can lead to a destabilizing and ruinous form of technological competition ... to a quest for new offensive devices, especially cruise missiles ... is disquieting when one considers the unpredictability of behaviour in crisis situations." 397 Guillaume, Fn. 394 S. 81 : "The main aim of France is to prevent the introduction of new weapons in space, and thus to thwart competition that might develop more rapidly than we think between the United States and the Soviet Union ...

134 B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus lichung eines "Star Peace" anstatt der zur Realität zu werden drohenden Gefahr von "Star Wars" interessiert. 398 Im selben Sinn zielten die italienischen und schwedischen Vorschläge von 1979 und 1982 darauf, alle Maßnahmen "of a military or hostile nature" im ganzen Weltraum zu untersagen. 399 Diese auch von den anderen westeuropäischen Staaten unterstützten400 Vertragsinitiativen unterstreichen im Übrigen, dass die Teilnahme einiger europäischer Länder an dem SDI-Programm nicht auf die Stationierung von Weltraumsystemen gerichtet war, sondern darauf, durch wie es die Regierungschefs von Deutschland und Großbritannien401 ausdrücklich betonten - die technologische Teilhabe die Möglichkeit zur Beeinflussung des Programms mit dem Ziel der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und kooperativen Vorgehens gegenüber der UdSSR zu erreichen. So forderte die von den westeuropäischen Ländern eingebrachte Resolution 36/97 C v. 9. 12. 1981,402 dass "further effective measures to prevent an arms race in outer space should be adopted by the international community". cc) Die Entwicklung der sowjetischen Position, die einseitige Verpflichtung der UdSSR, keine Anti-Satelliten-Waffen in den Weltraum zu bringen, und die heutige russische Haltung Ebenso wie die USA hatte auch die UdSSR in den siebziger Jahren keinerlei Schritte unternommen, um eine aktive militärische Nutzung des Weltraums und insbesondere die Entwicklung von Weltraumwaffen durch multilaterale Initiativen zu unterbinden. Vielmehr begann sie selber, ohne dies offiziell zuzugeben, mit der Erprobung von Weltraumwaffen, insbesondere von Antisatellitenwaffen. Anfang der achtziger Jahre leitete die UdSSR dann jedoch einen Kurswechsel403 ein. Dieser führte dazu, dass sie All these measures advocated by France tend to preserve the outlook of progress that mankind expects to derive from the non-military use of outer space." 398 Rede von Premierminister Fabius vom 17. 9. 1984 vor dem Institut des Hautes Etudes de Defense Nationale. 399 UNDoc. CD/9 v. 26. 3. 1979; Fn. 346; dazu Reijnen, Fn. 2 S. 106: "The main objective pursued by Italy was to prohibit the development and use of Earth-based and space-based systems designed to damage, destroy or interfere with the operations of other States' satellites. " 400 Alves, Fn. 40 S. 5; Menon, Fn. 2 S. 57. 401 s. o. Kapitel B. 11. 2. h) Fn. 287 u. 288. 402 Resolution 36/97 C, Fn. 358. 403 Cheng, Fn. 2 in Cheng/Kim (Hrsg.) S. 305 spricht insbesondere mit Blick auf die dann 1988 zusätzlich von der UdSSR erstmals in dieser Konkretheit vorgeschlagenen Zulassung von "international inspectors to ensure that no object carrying weapons would be launched into outer space" von einem "complete volte-face".

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

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im Rahmen der Vereinten Nationen einen multilateralen Vertrag über das Verbot von Weltraumwaffen vorschlug und dazu erstmals 1981 404 einen entsprechenden multilateralen Abkommensentwurf unterbreitete, den sie 1983 - auch als Reaktion auf die Ankündigung der weitreichenden SDI-Pläne der USA - um Bestimmungen erweiterte, die bereits das Testen weltraumgestützter Systeme untersagen. 405 Parallel dazu erklärte sie ihre Bereitschaft, solange die USA sich ebenso verhielten, einseitig auf die Stationierung von Anti-Satelliten-Waffen zu verzichten. 406 Im darauffolgenden Jahr ergänzte sie diesen Vorschlag durch einen Resolutionsentwurf "Use of Outer Space Exclusively for Peaceful Purposes for the Benefit of Mankind" und schlug vor, das Verbot der Ausweitung des Wettrüstens auf den Weltraum zu einer "mandatory norm of State policy" und "a generally recognized international obligation" zu erklären. 407 Im Juni 1984 erklärte Generalsekretär Tschernenko in einem Interview mit einem amerikanischen Journalisten, dass ein Moratorium der Stationierung von Anti -Satelliten-Waffen im Weltraum wirksam mit Mitteln der Vertragsparteien verifiziert werden könne. 408 Einen weiteren Schritt der UdSSR zur Verstärkung des multilateralen Ansatzes bei der Verhinderung eines Wettrüstens stellte der von Außenminister Schewardnadse 1985 in der VN-Generalversammlung unterbreitete Vorschlag dar, zur Verifikation und Umsetzung der Rüstungskontrollvereinbarungen in Bezug auf den Weltraum eine Internationale Weltraumbehörde einzurichten. 409 Mit dieser Änderung der offiziellen sowjetischen Haltung in Bezug auf die Rüstungskontrolle im Weltraum ging auch eine erneute Änderung der Position im völkerrechtlichen Schrifttum einher. In den siebziger Jahren hatte die sowjetische Völkerrechtslehre ihre ursprüngliche Haltung, dass der Grundsatz der friedlichen Nutzung jede militärische Aktivität im Weltraum ausschließe, schrittweise der faktischen militärischen Nutzung durch Aufklärungssatelliten angepasst und diese schließlich für zulässig erachtet. 410 404 Vertragsentwurf der Sowjetunion vom 10. August 1981 über das Verbot der Stationierung von Waffen aller Art im Weltraum, UN Doc. A/36/192, Fn. 127. 405 Vertragsentwurf der Sowjetunion vom 19. August 1983 über das Verbot der Anwendung von Gewalt im Weltraum und vom Weltraum gegen die Erde, UN Doc. A/38/194 v. 19.8.1983, S. 3; s. Fn. 128. 406 UN Doc A/38/194; s.o. B. 11. 1. c) bb) Fn. 164; Jasentuliyana, Fn. 2 S. 86. 407 UN Doc. A/391243 v. 27. 9. 1984 S. 3; Andem, Fn. 2 S. 215. 408 Genralsekretär Tschemenko meinte, dass "effective verification of compliance by the Parties with a moratorium on orbital-effect anti-satellite weapons could be assured by the means for the tracking of space objects which the Parties have at their disposal." Am 16. Juni 1984 notifizierte die UdSSR die Genfer Abrüstungskonferenz in einer Note an den Vorsitzenden der Konferenz von dieser Stellungnahme Tschemenkos, CD/519, 18. Juni 1984. 409 UN Doc. A/40/192 v. 16. 8. 1985; abgedruckt in Welck/Platzöder, Fn. 19 S. 134; s. dazu ausführlich Kapitel E. III.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Seit der Wendung zu einer stärkeren Betonung des multilateralen Rüstungskontrollprozesses zu Beginn der achtziger Jahre trat wieder stärker die Auffassung 41J einer rechtlichen Beschränkung militärischer Nutzungen des Weltraums in den Vordergrund. Mehrere Autoren412 vertraten auch unter Bezug auf die Allgemeinwohlklausel die Ansicht, dass sich aus den Rechtsprinzipien des Weltrumvertrages jedenfalls mit Blick auf die Stationierung von neuen Waffen systemen ein Verbot sowie hinsichtlich sonstiger militärischer Nutzungen eine Pflicht zur Erreichung einer "compiete exclusion 0/ space /rom the sphere 0/ military activities" ergebe. Wenn allerdings sowjetische Autoren413 darauf verweisen, die UdSSR sei seit 1958 durchgängig und konsequent für ein Verbot der militärischen Nutzung des Weltraums eingetreten, steht dies im Widerspruch zu den tatsächlichen umfangreichen militärischen Weltraumprogrammen Moskaus, die jedenfalls über einen längeren Zeitraum auch die Entwicklung von Weltraumwaffen umfassten. Im August 1993 verabschiedete die Staatsduma das "Gesetz der Russischen Föderation über Weltraumaktivitäten",414 welches nach Angaben des russischen Vertreters in der CD den internationalen Verpflichtungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum entspreche und teilweise darüber hinausgehe. 415 In der Neufassung des Gesetzes vom 4. 10. 1996 schließt es unter den grundlegenden Zielsetzungen ausdrücklich die "Gewährleistung internationaler Sicherheit" auf der Grundlage "der allgemein 410 laksetic, The Peaceful Uses of Outer Space: Soviet Views, The American University Law Review 28 (1979) S. 483; Russel, Military Activities in Outer Space. Soviet Legal Views, Harvard International Law Journal 25 (1984) S. 153. 411 Kamentskaya, Outer Space and the term "Militarization", in Proc. 33 rd Colloq. Space Law (1991) S. 225; Velikhov/Sagdeev/Kokoshin, Weaponry in space: the dilemma of security (1986) S. 132: "The principle of the use of outer space for peaceful purposes implies that states should strive actively and purposefully for the complete exc\usion of space from the sphere of military activities, employing to this end both general and partial disarmament and arms limitation measures. "; Kolosov, The USSR and the 1967 Treaty on Outer Space, Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 17; Zhukov, On the Interpretation of the Term "Peaceful Use of Outer Space" Contained in the Space Treaty, Proc. 11 th Colloq. Space Law (1969) S. 38; ders., Towards the New Treaty on military Space Activity Limitation, Proc. 26th Colloq. Space Law (1984) S. 371. 412 Kamentskaya, Fn. 411 S. 225; Kolosow; Fn. 411 S. 17; Postyshev, The Concept of the Common Heritage of Mankind (1990) S. 239; Zhukov, Fn. 411 Proc. Colloq. (1984) S. 371; Vereshchetin, Fn. 338; Velikhov/Sagdeev/Kokoshin, Fn. 411 S.132. 413 Zhukov/Kolosov, Fn. 13 S. 58: "The Soviet Union advocates a ban on the use of outer space for military purposes. As far back as March 1958 it came forward with a specific proposal to this effect ... ". 414 Abgedruckt in Rossiskaya Gazeta, 23. 10. 1993 sowie abrufbar auf der Website des UN Office for Outer Space Affairs; auf Deutsch in ZLW 51 (2002) S. 33. 415 s. Bericht des PAROS-Ausschusses, CD/1271 v. 24. 8. 1994 S. 7.

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

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anerkannten Grundsätze und Nonnen des Völkerrechts" ein und erlaubt privaten Unternehmen kommerzielle Weltraumaktivitäten, um so eine engere Zusammenarbeit mit den USA bei der kommerziellen Nutzung des Weltraums zu ennöglichen. 416 dd) Die inhaltliche Arbeit des Ad-hoc-Ausschusses zu PAROS von 1985 bis 1994 und die Substanziierung eines Normierungsanspruchs zur Aushandlung eines Abkommens über die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum Die Arbeit des Ad-hoc-Ausschusses zu PAROS war von Anfang an von dem Drängen der großen Mehrheit der Mitglieder auf den Beginn konkreter Verhandlungen über ein Verbot von Weltraumwaffen einerseits und der Weigerung der USA andererseits, solche Verhandlungen aufzunehmen, gekennzeichnet. Dies führte dazu, dass die überwiegende Zeit mit Verfahrensfragen über die Aushandlung eines Verhandlungsmandats verwendet wurde. Um die Arbeit dennoch voranzubringen, legten eine Reihe westlicher Staaten, vor allem Kanada, Frankreich, Deutschland und Italien Kompromissvorschläge vor, die darauf abzielten, zum Einen die Definitionsfragen im Zusammenhang mit einem Abkommen über Weltraumwaffen voranzubringen und zum Anderen mit der Erörterung von vertrauensbildenden Maßnahmen im Weltraum zu beginnen, die in einem weiteren Schritt zur Einigung über ein Verbot von Weltraumwaffen führen sollten. 417 Diese Vorschläge enthielten konkrete Elemente einer kooperativen Sicherheitsordnung im Weltraum, die neben dem Verbot von Weltraumwaffen auch Schutz- und Verkehrsregeln für die zivile Weltraumnutzung vorsahen. Die Vorschläge sollen im Einzelnen im abschließenden rechtspolitischen Kapitel untersucht werden. 418

In Bezug auf die Begründung eines Nonnierungsanspruchs der internationalen Gemeinschaft bezüglich der Verhütung eines Wettrüstens im Weltraum machten die Beratungen deutlich, dass ganz überwiegend ein dringender Bedarf zur Aushandlung eines Abkommens gesehen wurde, das den Grundsatz der friedlichen Nutzung mit Blick auf die neuen technologischen 416 TesselkinlMarenkov, Änderungen im Gesetz der Russischen Föderation über Weltraumaktivitäten vom 20. August 1993. Kurzkommentar zu der neuen Fassung vom 4. Oktober 1996, in ZLW 51 (Heft 1/2002) S. 26: "In Anerkennung der besonderen Bedeutung der friedlichen Nutzung des Weltraums, schließt der Gesetzgeber in den Begriff der Weltraumaktivitäten die internationale Kooperation der Russischen Föderation ein (Art. 2 Nr. 2)"; Kolosov, Fn. 411 S. 17. 417 Montserrat Filho, Fn. 2 S. 367 kritisiert dies allerdings als ein "high-jacking" der eigentlichen Aufgabe des Ad-hoc-Ausschusses, ein Verbotsabkommen über Weltraumwaffen auszuhandeln; s. auch Vlasie, Fn. 329 in Jasentuliyana (Hrsg.) S.385. 418 s. u. Kapitel E. I. 1. b).

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Entwicklungen im Bereich der militärischen Nutzung konkretisieren soll. So bekräftigt der Ad-hoc-Ausschusses419 in seinem bisher letzten Bericht zu der Frage, ob das bestehende Rechtsregime zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum ausreicht, seine Haltung wie folgt: "Reaffirms its recognition, as stated in the report of the Ad Hoc Committee on the Prevention of an Arms Race in Outer Space, that the legal regime applicable to outer space by itself does not guarantee the prevention of an arms race in outer space, that this legal regime plays a significant role in the prevention of an arms race in that environment, that there is a need to consolidate and reinforce that regime and enhance its effectiveness, and that it is important to comply strictly with existing agreements, both bilateral and multilateral."

Dagegen vertraten die USA 420 die Position, dass die VN-Charta, bestehende multilaterale Verträge zum Weltraum, einschlägige bi- und multilaterale Rüstungskontrollbestimmungen zusammen mit Völkergewohnheitsrecht sowie dem nationalen Recht der Staaten sich in einer Weise ergänzen, dass "they provided an equitable, practical, balanced and extensive legal system for ensuring the use of outer space for peaceful purposes ... there was no arms race in outer space, nor was there any indication of significant on-going development by any State with respect to arms in space. Therefore, in their view there was no need for new legally-binding instruments, or a need to revise existing agreements in this respect."

Auch in den zehn Jahren seit seiner Einrichtung ist es dem Weltraum-Adhoc-Ausschuss daher nicht gelungen, sich ein Verhandlungsmandat über vertrauensbildende Maßnahmen im Weltraum zu geben, geschweige denn über ein Verbot von Weltraumwaffen. Die Sacharbeit sollte nach US-Ansicht durchgängig exploratorischer Art bleiben. Diese Haltung war jedoch nach fast zehnjährigen Beratungen nicht länger aufrecht zu erhalten, insbesondere nachdem der zuständige "Friend 0/ the Chair" bereits einen Entwurf für eine Resolution über vertrauensbildende Maßnahmen vorgelegt hatte,421 um den weit fortgeschrittenen Stand der Arbeiten im Ausschuss zu unterstreichen. Seit 1995 scheiterte dann die jährlich zu erneuernde Annahme der Tagesordnung in Bezug auf die Wiedereinsetzung des PAROS-Ad-hoc-Ausschusses regelmäßig an von verschiedenen Seiten jeweils hergestellten Junktims mit anderen Themen, was im Ergebnis zur Folge hatte, dass seit 1995 keinerlei Sachgespräche auf multilateraler Ebene zu den Fragen der Sicherheit im Weltraum mehr stattfanden. So stellte 1995 die westliche Staatengruppe Fn.415. CD/1271 v. 24. 8. 1994 S. 7. 421 "Draft Guidelines regarding Measures on Confidence Building and Predictability in Outer Space Activities", CD/OS/WP. 69; s. u. Kapitel E. I. 1. b) Fn. 76. 419 420

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

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auf Drängen der USA hinsichtlich der Wiedereinrichtung des Ad-hoc-Ausschusses zu PAROS ein Junktim mit der Einrichtung von Ad-hoc-Ausschüssen zu anderen TOPs, namentlich zu "Transparency in Armaments" her. Der Ad-hoc-Ausschuss zu "Transparency in Armaments" betrifft die Verstärkung des Waffenregisters, militärische Vorratshaltung etc. und ist der einzige Ausschuss der CD, in dem konventionelle Rüstungskontrolle behandelt wird. Das Junktim betraf also ein Thema, das keinen direkten Bezug mit der Weltraumfrage hatte. Paragraph 18 des Abschlussberichts der CD an die Generalversammlung, der die Wiedereinrichtung des PAROS-Adhoc-Ausschusses vorsah, blieb deshalb geklammert. Er lautet: "It was agreed that substantive work on a11 these issues should continue at the next session of the Conference. Therefore, it was recommended that at the beginning of the 1995 session, the Conference on Disarmament re-establish the Ad Hoc Comrnittee on Prevention of an Arms Race in Outer Space with an appropriate mandate, taking into account the work undertaken since 1985.,,422

Er verdeutlicht damit die Auffassung der großen Mehrheit der CD-Mitglieder von der dringenden Notwendigkeit einerseits und den ausreichenden Vorarbeiten andererseits für die Aufnahme substanzieller Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum. Dessen ungeachtet dauert die Blockade des Weltraumthemas in der CD bis heute an. Zeitweilig schien dies hinnehmbar, da durch die Einstellung des SDI- Vorhabens seitens der neuen demokratischen US-Administration auch die Gefahr einer Bewaffnung des Gemeinschaftsraums gebannt schien. c) Die seit 1998 andauernde Blockade der multilateralen

Abrüstungsverhandlungen zum Weltraum

aa) Seit 1998 an Stelle von Sach- nur noch Mandatsverhandlungen 1996 und 1997 bildeten die Verhandlungen über einen Comprehensive Test Ban Treaty (CTBT) und über eine Konvention zu Antipersonenminen (APM) den Schwerpunkt der CD. Die G 21 erklärten unter Hinweis auf das IGH-Rechtsgutachten zu Nuklearwaffen die nukleare Abrüstung für absolut prioritär. Das Weltraumthema fand zeitweilig kaum Beachtung. Ägypten 423 bekräftigte jedoch in der Plenarsitzung am 23. 1. 97 die Forderung der G 21 nach einem völligen Verbot militärischer Nutzungen des Weltraums. Die sechsmonatigen Sondierungen des Vorsitzes zur Wiedereinsetzung eines Ad-hoc-Ausschusses zu PAROS scheiterten jedoch erneut an den USA, Fn. 415. Press Release der ägyptischen CD-Vertretung in Genf vom 23. 1. 97; CD/PV 752 v. 23. 1. 1997. Die Proces-Verbaux der CD sind ab 1997 abrufbar unter der Webseite der CD http://www.unog.ch/disarm/pvs/pvs97.htm. 422

423

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

welche das bisherige Mandat für den Ausschuss für nicht mehr zeitgemäß erklärten. 424 1998 verstärkten sich die Bemühungen um die Wiedereinsetzung des PAROS-Ausschusses. Allerdings ist beherrschendes Thema in der CD die in einer Erklärung von Präsident Clinton425 geforderte Aufnahme von Verhandlungen über ein "cut-off" für die Herstellung von spaltbaren Material. Dieses nichtverbreitungspolitisch eminent wichtige Anliegen wurde von China und vor allem den nuklearen Schwellenländern, insbesondere Indien und Pakistan, jedoch zunächst abgelehnt, später mit der Forderung nach einem für die Nukleannächte jedoch unakzeptablen Zeitplan für die nukleare Abrüstung verbunden. Der kanadische Botschafter Mark Moher426

trat zu Beginn des Sitzungsjahres nachdrücklich für die Aufnahme von PAROS- Verhandlungen ein und legte ein entsprechendes Arbeitspapier vor. Australien und Russlan~27 unterstützen unter Hinweis auf die Position der VN-Generalversammlung nachdrücklich den kanadischen Vorschlag zur AkCD/PV 763 15. 5. 1997; Cleminson, Fn. 104 in BeierlMataila (Hrsg.) S. 36. Erklärung von Präsident Clinton 1999; wiedergegeben in CD/PV 809 v. 21. 1. 99. 426 Kanada, CD/PV 782 v. 3. 2. 1998; Press Release Permanent Mission of Canada to the UN in Genenva, v. 22. 1. 98: "The interest on disarmament and outer space on our part dates back to UNSSOD II at wh ich then-Prime Minister Pierre Trudeau called for work to ban the development, testing and deployment of all weapons in outer space. This call was reiterated by then-Prime Minister Brian Mulroney in 1992, who stated that Canada would support and promote multilateral discussions towards that end .... Our concern is not academic. Currently, over 30 countries are engaged in space-related activities and many more are moving in that direction. Technology continues to evolve as weil, providing grounds for both optimism and pessimism. And, most importantly, the briefest of reviews of public information reveals increasing speculation about and advocacy of concepts related to the more far-reaching military uses of outer space. So - as noted - this issue is not academic. But is action timely? We think so. We readily acknowledge that there is currently no arms race in outer space. That is not the problem we wish to address. Moreover, we recognize that outer space is already being heavily used for such military purposes as surveillance, intelligence-gathering and communications. We do not propose to roll-back that reality. But disarmament is and should be about more than rolling-back what states have al ready done once their military establishments have developed core security commitments and invested billions in certain capabilities. Our focus has been and is accordingly on non-weaponization of space i. e. no positioning of actual weapons in outer space. There are related activities of potential interest in this respect. ... But our current focus, I wish to emphasize, is purely in this specific aspect. Last year, we indicated our interest in the negotiation in the CD of a legally-binding instrument that would prevent the weaponization of outer space ... we expressed our interest in this issue to Sri Lanka and the co-sponsors of the outer space resolution ... we obviously claim no unique awareness in this regard and realize that others may have different views.". 427 Interventionen Australiens und Russlands in Plenarsitzung; CD/PV 782 v. 3. 2. 1998. 424 425

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

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tualisierung des Mandats zur "non-weaponization ". Auch Indien und Brasilien428 forderten nachdrücklich die Wiedereinsetzung des Ad-hoc-Ausschusss zu PAROS, der vorrangig ein Verbot von Anti-Satelliten-Waffen und eine Vereinbarung von ,rufes 0/ the road' für Satelliten behandeln sollte. Es konnte jedoch erneut keine Einigung über das Mandat des Ausschusses erzielt werden. Auch der Kompromissvorschlag des schwedischen CD- Vorsitzes, als ersten Schritt an statt der Wiedereinsetzung eines PAR OSAusschusses einen Sonderkoordinator für informelle Konsultationen zu ernennen, scheiterte an der Ablehnung der USA. Eine Reihe westeuropäischer Staaten, darunter Deutschland,429 bedauerten, dass trotz langjähriger Diskussionen keine Einigung auf den Vorschlag für ein Verhandlungsmandat zu PAR OS erzielt werden konnte. China und die USA konnten sich auch in bilateralen Gesprächen nicht über ein Mandat zu "cut-off" einerseits und PAROS andererseits einigen. Frankreich 430 machte einen weiteren Versuch zur Einigung auf eine Vorgehensweise und nannte drei Prioritäten für die Sitzungen der CD im Jahr 1998: "Cut-off", APM und PAROS, "le troisieme hant urgent . . . les developpements recents temoignent de l'importance de prevenir le developpement des armements dans l'espace extraatmospherique. C'est la un defi a la hauteur de nos ambitions pour le prochain siec1e .. . Nous partageons la plupart des vues exprimees par Je Canada sur ce sujet et nous appuyons les efforts du Sri Lanka et de I'Egypte pour obtenir le lancement d'une negociation sur un sujet aux multiples aspects ... pour compJeter les lacunes du droit international existant et contribuer a son universalisation . . .". [Hervorhebung von mir]

Erneut scheiterte jedoch die Einrichtung eines Ad-hoc-Ausschusses ebenso wie die Benennung eines Sonderkoordinators. Die Zurückhaltung der USA, das PAROS-Thema zu behandeln, verstärkte sich. Die CD-Verhandlungen wurden zudem von den indischen Nukleartests von Anfang Mai 1998 beeinträchtigt. Zu Beginn der zweiten Sitzungsperiode 1998 bekräftigte der ägyptische Botschafter, M. Zahran,431 die Forderung der G 21 nach Einsetzung eines PAROS-Ausschusses ". .. with a view to conducting negotiations for the conc1usion of a multilateral agreement or agreements ...

428

1998.

Interventionen Indiens und Brasiliens in Plenarsitzung; CD/PV 782 v. 3. 2.

429 Intervention Deutschands in Plenarsitzung am 19. 2. 1998; CD/PV 790 v. 19. 3. 1998. 430 Press Release der Ständigen Vertretung Frankreichs bei der CD, 26. 2. 1998 Erklärung von Botschafterin Joelle Bourgois, CD/PV 790 v. 19.3. 1998. 431 Ägypten, CD/PV 794 v. 28. 5. 1998, Press Release der ägyptischen CD-Vertretung v. 28. 5. 1998.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

We caU upon all countries, and especiaUy those possessing relevant space technological capabilities in this field to engage in good faith in these negotiations. We shou1d act now to ensure that humanity does not go down the raad of the militarization of outer space which is, to our mind, a common heritage of mankind to be developed solely for peaceful uses." [Hervorhebung von mir]

Die G 21 verteilten die Abschlusserklärung des "Ministerial Meeting of the Coordinating Bureau of the Non-Aligned Movement" vom 19./20. 10. 1998 in Cartagena de Indias, Kolumbien, bei dem die ungebunden Staaten: " ... expressed concern over the failure of nuclear weapon States to demonstrate a genuine commitment with regard to complete nuclear disarmament ... " The Ministers reiterated the Advisory Opinion of the International Court of lustice that "There exists an obligation to pursue in good faith and bring to conclusion negotiations leading to nuclear disannament in all its aspects under strict and effective international contra!."

Die G 21 bekräftigten außerdem ihre Forderung nach Verhandlungen über ein Abkommen zum Verbot der Waffenstationierung (" non-weaponization ") im Weltraum. Ägypten und lran432 wollten darüber hinaus auch andere Formen der militärischen Nutzung des Weltraums behandeln. Auch Frankreich, China und Russland bezeichneten das Weltraumthema als "prioritär" und traten für die Wiedereinsetzung des Ad-hoc-Ausschusses ein. China kritisierte die Entwicklung von Raketenabwehrsystemen, die nur das Ziel verfolgten, "absolute strategische Überlegenheit und absolute Sicherheit" für einen oder wenige Staaten zu erringen. Bis zum Abschluss eines multilateralen Vertrages über die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum sollten "Staaten, mit den am weitesten fortgeschrittenen Weltraumfähigkeiten " auf das Testen oder den Einsatz von Waffensystemen im Weltraum verzichten. Im August 1998 berichteten die USA und Russlan~33 über die Ergebnisse des Moskauer Gipfels, bei dem u. a. ein Memorandum434 zum Informationsaustausch zur Frühwarnung über den Start von ballistischen und Weltraumraketen vereinbart wurde. Die USA wiesen darauf hin, dass in dieser Vereinbarung die Möglichkeit vorgesehen ist, ein entsprechendes multilaterales Regime zu schaffen. 435 Dennoch hat sich die ablehnende Haltung der USA gegenüber einem Verhandlungsmandat zu PAROS 1998 noch verstärkt. Alle anderen Staaten traten für die sofortige Einsetzung eines Ausschusses ein, auch die Kernwaffenstaaten Russland, Frankreich und China.

432 Intervention Ägyptens und Irans in Plenarsitzung am 11. 8. 1998; CD/PV 802 v. 11. 8. 1998. 433 Interventionen Russlands und der USA in Plenarsitzung am 11. 8. 1998; CDI PV 802 v. 11. 8. 1998. 434 s. u. Kapitel C. III. 3. Fn. 452. 435 s. dazu Kapitel E. III. b) cc).

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

143

Auch 1999 konnte erneut keine Einigung auf ein Arbeitsprogramm der CD erzielt werden, weshalb eine große Zahl der Delegationen436 die Funktionsfähigkeit der CD insgesamt als ernsthaft gefährdet bezeichneten. Kanada 437 legte am 4. 2. 1999 einen Vorschlag zur Wiedereinrichtung des Ad-hoc-Ausschusses PAROS" with the mandate to negotiate a convention for the non-weaponization of outer space" vor. Hauptkontrahenten sind zunehmend die USA und China, das sich durch die Vorlage des Cox-Berichts 438 unter Druck gesetzt sieht und die dringende Wiedereinsetzung eines Ad-hoc-Ausschusses zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum verlangt. Die USA lehnten die Einsetzung eines Ad-hoc-Ausschusses weiterhin ab, erklärten sich aber zuversichtlich, mit China einen Kompromiss über die Einsetzung eines Sonderkoordinators zum Thema Weltraumrüstung erreichen zu können. Indien und Pakistan bekundeten zwar ihre Bereitschaft zum sofortigen Beginn von "cut-off" -Verhandlungen. Sie zeigten aber kein Engagement, Hindernisse dazu aus dem Weg zu räumen. Die fünf Kernwaffenstaaten zeigten sich weiterhin entschlossen, in der CD jeglichen Ansatzpunkt für eine Multilateralisierung des nuklearen Abrüstungsprozesses zu verhindern. Sie sperrten sich aber nicht mehr gegen ein Diskussionsmandat. Am 26. 3. 1999 trat der chinesische Staatspräsident vor der CD aut 39 und bekräftigte die chinesische Forderung nach dringender Verhandlungsaufnahme zur Verhütung eines Wettrüstens im Weltraum, die China mit einem Vorschlag für die Wiedereinsetzung des Ad-hoc-Ausschusses zu PAROS untermauerte. 440 Russland und China erklärten in einem gemeinsamen russisch-chinesischen Kommunique zum ARM-Vertrag vom 14. 4. 99,441 dass die US-Entscheidung zur Entwicklung eines Raketenabwehrsystems negative Auswirkungen auf das internationale Gleichgewicht habe und ein neues Wettrüsten auslösen sowie das gesamte System internationaler Abrüstungsverträge umstoßen würde. Ein Wettrüsten auch im Weltraum wäre die Folge. In der CD verwiesen Russland und China auf dieses Kommunique als Ausdruck ihrer gemeinsamen Position,442 wonach an der Bewahrung des ARM-Vertrages nicht allein die Vertragsparteien, sondern die internationale Gemeinschaft insgesamt ein Interesse hätten. China hob außerdem die negativen Auswirkungen auf die gesamte Arbeit der CD hervor. 443 Pakistan 444 erklärte in derselben Sitzung die NMD-Pläne für destabilisierend. Die angebliche Bedrohung durch neue Formen von MVW im Cleminson, Fn. 104 in BeierlMataila (Hrsg.) S. 35. Kanada, CD/1569 vom 4. 2. 1999. 438 s. o. Kapitel B. I. 2. i) Fn. 311. 439 CD/PV 822 v. 26. 3. 1999. 440 CD/1576. 441 CD/1584 v. 28. 4. 1999. 442 Interventionen Russlands und Chinas in Plenarsitzung am 11. 5. 1999; CDI PV 823 v. 11. 5. 1999. 436 437

144

B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

neuen strategischen Konzept der NATO als Motiv nuklearer Abschreckung sei eine bewusste Übertreibung, um die Kernwaffen zu legitimieren. Eine solche Legitimierung widerspreche den von den KWS übernommenen negativen Sicherheitsgarantien. Die Nicht-KW-Staaten innerhalb der NATO würden durch die Beteiligung an der Nuklearstrategie auch ihre eigene Sicherheit auf KW stützen, während sie gleichzeitig die Nukleartests Pakistans verurteilten und damit einen doppelten Standard anlegten. Die Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad erschwerte auch die Verhandlungen der CD, was eine Einigung auf das CD-Arbeitsprogramm noch schwieriger machte. Malaysia legte im Namen der G 21 einen Vorschlag zu "Programme of Work" und eine "Draft Decision and Mandate for the Establishment of an Ad Hoc Committee on PAROSt,,445 vor, in dem die Dringlichkeit der Aufnahme "substanzieller Arbeit" beim Weltraumthema unterstrichen und zu voller Einhaltung des ABM- Vertrages aufgerufen wird. In Punkt 6 heißt es: "The prevention of an arms race in outer space has assumed greater urgency because of legitimate concems that existing legal instruments are inadequate to deter imminent attempts for the further militarization of outer space. In accordance with the United Nations General Assembly Resolution 54/53, the Group emphasises the urgent need for commencement of substantive work on the prevention of an arms race in outer space. In this connection, the Group calls upon the States parties to the ABM Treaty to fully comply with its provisions."

Die USA, Großbritannien und Frankreich446 legten am 19. 5. 1999 einen gemeinsamen Vorschlag für ein CD-Arbeitsprogramm mit sog. "verstärkten Troika-Konsultationen" zur Einrichtung von Ad-hoc-Ausschüssen zu folgenden TOPs vor: TOP 4 "Effective international arrangements to assure non-nuclear-weapon States against the use or threat of use of nuclear weapons" to negotiate an internationally legal binding instrument on effective international arrangements to assure non-nuclearweapon States against the use or threat of use of nuclear weapons. TOP 1 ("cut-off') "Cessation of the Nuclear Arms Race and nuclear Disarmament" with the mandate to negotiate a non-discriminatory, multilateral and internationally and effectively verifiable treaty banning the production of missile material for nuclear weapons or other nuclear explosive devices".

443

Intervention Chinas in Plenarsitzung am 11. 5. 1998; CD/PV 823 v. 11. 5.

444

Intervention Pakistans in Plenarsitzung 11. 5. 1998; CD/PV 823 v. 11. 5.

1999. 1999. 445 446

CDI1571 v. 18. 2. 1999. CDI1586 v. 19. 5. 1999.

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

145

Dieser Vorschlag enthält die Neuerung, dass der Ausschuss zu "cut off" bis zu einem Vertragsabschluss fortgelten und anders als die anderen Ad-hocAusschüsse nicht einer jährlichen Wiederbestätigung bedürfen soll. Zu TOP 3 PAROS wird nur die Wiederernenung eines Sonderkoordinators "to seek the views of its Members on the most appropriate way to deal with the questions related to the item" vorgeschlagen. Frankreich 447 erklärte dazu im Plenum, es hätte auch zu PAROS einen Ad-hoc-Ausschuss bevorzugt. Der Vorschlag wird von Deutschland und der Gruppe der westlichen Staaten insgesamt nicht mitgetragen, da er eine Verhärtung zur nuklearen Abrüstung darstellt, zu der nicht einmal ein Meinungsaustausch vorgeschlagen wird. Am 8. 6. 1999 legte der algerische CD-Vorsitzende Dembri448 nach ausführlichen Sondierungen zu PAR OS einen Vorschlag zur Einsetzung eines Ad-hoc-Auschusses unter TOP 3 vor: "The Conference requests the AHC, with a view to preventing the weaponization of outer space, to examine and identify, through substantive and general consideration, specific topics or proposals that might be a basis for subsequent in-depth consideration, incIuding aspects related to possible confidence-building or transparency measures, general treaty principles or treaty commitments."

Der Präsidentschaftsvorschlag war mit Ausnahme der USA für alle Delegationen akzeptabel. Frankreich 449 betonte erneut, die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum sei für Frankreich prioritär. Jedoch ging auch der zweite Teil der ersten Sitzungsperiode 1999 ohne Einigung über ein Arbeitsprogramm zu Ende. Kanada, Belgien und Niederlande 450 äußerten sich besorgt über die Stagnation in der CD und plädierten für die Auflösung der überholten Gruppenstruktur, stattdessen solle eine Themengruppierung erwogen werden. Zu Beginn der ersten Sitzungsperiode 2000 legte China451 ein ausführliches Arbeitspapier mit inhaltlichen Vorschlägen für ein Abkommen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum vor. Zugleich bekräftigte es sein Junktim zwischen Verhandlungen über einen "cut-off" und über das Intervention Frankreichs; CD/PV 824 v. 20. 5. 1999. Intervention des CD-Vorsitzende Dembri in Plenarsitzung am 8. 6. 1999; CDI PV 828 v. 17.6. 1999. 449 Intervention Frankreichs in Plenarsitzung am 17. 6. 1999; CD/PV 828 v. 17. 6. 1999. 450 Interventionen von Kanada, Belgien und der Niederlande in Plenarsitzung am 6.9. 1999; CD/PV 836 v. 7. 9. 1999. 451 CDIl606 V. 9. 2. 2000 "China's Position and Suggestions for Ways to Address the Issue of Prevention of an Arms Race in Outer Space at the Conference on Disarmament" und Intervention Chinas in Plenarsitzung am 18. 1. und 20. 2. 2000; CD/PV 843 v. 24. 2. 2000; s. dazu u. Kapitel E. I. 1. a) aa) Fn. 24. 447 448

10 Woher

146

B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Weltraumthema. Oberste Priorität sei ein Verbot von Weltraumwaffen und Antiraketensystemen, welche die strategische Stabilität unterminierten. Es verwies außerdem auf die Gemeinsame Russisch-chinesische Erklärung vom 10. 12. 1999. 452 Der chinesische CD-Botschafter453 erklärte: " . . . A certain country, for the benefit of its own and in defiance of the requirements and appeals of the UNGA resolutions passed year after year, practices expediency and double standard towards arms control and disarmament agreements, even trying to weaken or abolish relevant treaty to keep its hands free in research, development and proliferation of advanced missile defense system, which underrnines the strategie balance and stability . .. are extremely worrisome .. . people cannot but ask, do we prefer common security for all states or the absolute security enjoyed by a single state at the expense of all others?" [Hervorhebung von mir]

Nach langwierigen Sondierungen erklärte der neue australische CD-Vorsitzende454 am 10. Februar 2000 seine Bemühungen um Konsens über ein Arbeitsprogramm für gescheitert und schlug vor, auf der Grundlage der prozeduralen Entscheidung von 1990 (CD/l036) Sonderkoordinatoren zu den strittigen Themen nukleare Abrüstung und Weltraum einzusetzen. Deutschlancf 55 erklärte seine Besorgnis über die andauernde Blockade in der CD. Russlancf56 erklärte PAROS zu seiner höchsten Priorität. China 457 warf den USA vor, die globale strategische Stabilität zu zerstören und militärische Überlegenheit im Weltraum anzustreben. Weltraumgestützte Überwachungs- und Abfangkapazitäten seien integraler Bestandteil der in Entwicklung befindlichen NMD- und TMD-Systeme, die daher als typische Weltraumwaffensysteme anzusehen seien. Bis zur Schaffung einer neuen internationalen Verbotsnorm müsse auf Entwicklung, Tests und Aufstellung von Weltraumwaffen und Antiraketensystemen verzichtet werden. Russlancf 58 unterstützte die chinesische Forderung nach CD-Verhandlungen über ein Verbot der Entwicklung, Erprobung und Stationierung von Waffensystemen und deren Komponenten im Weltraum. Die Verhinderung eines Rüstungswettlaufs im Weltraum sei eine universelle Norm, die unabhängig vom Schicksal des bilateralen ABM- Vertrags bestehe. CDI1605 v. 27. 1. 2000. CD/PV 843 v. 24. 2. 2000. 454 Intervention des CD-Vorsitzenden in Plenarsitzung am 3. 2. 2000; CD/PV 840 v. 3. 2. 2000. 455 Intervention Deutschlands in Plenarsitzung am 10. 2 .2000; CD/PV 842 v. 17. 2. 2000. 456 Intervention Russlands in Plenarsitzung am 10. 2 .2000; CD/PV 842 v. 17. 2. 2000. 457 Intervention Chinas in Plenarsitzung am 20. 2. 2000; CD/PV 843 v. 24. 2. 2000. 458 Intervention Russlands in Plenarsitzung am 20. 2. 2000; CD/PV 843 v. 24. 2. 2000. 452

453

IIl. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

147

Am 8. 3. 2000 gab US Principal Assistant Deputy Secretary Frank Miller459 eine Erklärung zu nuklearer Abrüstung ab. Die USA halte an dem Fernziel der vollständigen Eliminierung von Kernwaffen fest. Erster Schritt und Testfall sei die Verhandlungsaufnahme zu einem "cut off" -Vertrag. Nach Umsetzung eines START III-Vertrages könne es eine allmähliche Konvergenz von bilateralen und multilateralem Ansatz geben. Miller distanzierte sich von Veröffentlichungen des US Space Command über amerikanische Weltraumpläne; sie spiegelten nicht die offizielle Regierungshaltung [der damaligen Clinton-Administration] wider. Diese sei, grundsätzlich an dem ABM- Vertrag festzuhalten. Es gehe nur um eine Modifikation des Vertrags mit dem Ziel, eine begrenzte NMD zuzulassen. Im Übrigen werfe die Frage der militärischen Nutzung des Weltraums schwierige Abgrenzungsprobleme auf. Es gebe chinesische Veröffentlichungen über die Nutzung von Satelliten für die Lenksysteme von chinesischen Marschflugkörpern und ballistischen Raketen. Kanada, Neuseeland und Mexiko 46o forderten, endlich die "linkages" aufzugeben und die einzelnen Themen separat zu verhandeln. Neuseeland zirkulierte außerdem die Resolution des neuseeländischen Parlaments vom 23. 2. 2000,461 in der die Umsetzung der Schlussfolgerung des IGH-Gutachtens zur Nuklearabrüstung gefordert wird. Am 24. 2. 2000 gab Russlan~62 eine Erklärung ab, wonach Schutz vor der von "rogue states" ausgehenden Raketengefahr innerhalb des ABM-Vertrags erreicht werden könne. Jedoch scheiterten auch die Versuche des neuen belgischen Vorsitzenden im Juni 2000, anknüpfend an den sog. Dembri- Vorschlag zum Weltraum unter Vermeidung des für die USA nicht akzeptablen Begriffs der "weaponization" eine Einigung über ein Mandat zur Wiedereinsetzung des PAROS-Ad-hoc-Ausschusses zu erreichen. Die USA 463 erläuterten am 31. 8. 2000 die Entscheidung zu NMD. Es handele sich um ein rein terrestrisches Abwehrsystem, das lediglich Beobachtungssatelliten zur Frühwarnung benutze. Die USA seien zu Meinungsaustausch über das Thema bereit, jedoch nicht zu Verhandlungen, für welche die Zeit noch nicht reif sei. Am 5. 9. 2000 verwies der US-Vertreter464 auf die Entscheidung Präsident Clintons, 459

2000.

Intervention der USA in Plenarsitzung am 8. 3. 2000; CD/PV 845 v. 9. 3.

460 Interventionen Kanadas, Neuseelands und Mexikos in Plenarsitzung am 8. 3. 2000; CD/PV 845 v. 9. 3. 2000. 461 CDI1609 "Resolution on nuclear disarmament adopted by the New Zealand Parliament", 23. Februar 2000. 462 Intervention Russlands in Plenarsitzung am 24. 2. 2000; CD/PV 843 v. 24. 2. 2000. 463 Intervention der USA in Plenarsitzung am 31. 8. 2000. 10*

148

B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

bis auf Weiteres am ABM- Vertrag festzuhalten. Er erklärte mit Blick auf das chinesische Junktim hinsichtlich des Beginns von "cut-off"-Verhandlungen, jetzt gebe es keine "Ausrede" für dessen Blockierung mehr. China 465 reagierte darauf mit der Aussage, die Entscheidung von Präsident Clinton stelle nur einen Aufschub dar, NMD werde weiter entwickelt und getestet. China halte insbesondere an dem Junktim zwischen "cut-off" und Weltraum fest. In der Plenarsitzung im September bekräftigten Russland, China und die USA 466 ihre gegensätzlichen Positionen zu NMD. Russland erklärte, es sei weiterhin nicht bereit, über eine Änderung des ABM-Vertrages zu verhandeln, um ein begrenztes NMD zuzulassen. Dies würde seinen Zweck ins Gegenteil verkehren. In der CD trete Russland für die Ausarbeitung eines rechtsverbindlichen internationalen Regimes ein, das vor allem die Stationierung von "strike weapons" im Weltraum verbieten müsse. Am. 29. 6. 2000 legte der Vorsitzende467 einen Vorschlag für das CDArbeitsprogramm für 2000 mit folgenden Elementen zu PAROS vor: "The CD decides to establish, under agenda item 3, an Ad Hoc Committeel Ad Hoc Working Group to examine and identify specific topics or proposals that might be a basis for subsequent in-depth consideration, which could inc1ude confidence-building or transparency measures, general principles, treaty commitments and the elaboration 01 a regime capable 01 preventing an anns race in outer space. " [Hervorhebung von mir]

Am 24. 8. 2000 machte der neue Vorsitzende, der brasilianische Botschafter Amorim, einen erneuten Vorschlag zum Arbeitsprogramm,468 der zu den drei strittigen Themen als Kompromisslinie die Einrichtung jeweils eines Ad-hoc-Ausschusses vorsah, allerdings mit deutlicher Abstufung hinsichtlich des präzisieren Verhandlungsmandats - zu PAROS "to examine and identify specific proposals ... for the elaboration of a specific regime capable of preventing an arrns race in outer space"; - zur Aushandlung eines cut-off-Vertrages "to negotiate an effectively verifiable treaty"; - zur vollständigen nuklearen Abrüstung "to exchange information and views on practical steps for progressive and systematic efforts to attain this objective".

Jedoch verhinderten die unterschiedlichen Junktims erneut eine Einigung auf das Arbeitsprogramm, so dass in zwei aufeinanderfolgenden Jahren überhaupt keine Sachverhandlungen stattfanden. Stattdessen versuchten die jeweiligen Vorsitzenden in exploratorischen Gesprächen Zustimmung der 464

465 466 467 468

Intervention der USA in Plenarsitzung am 5. 9. 2000. Intervention Chinas in Plenarsitzung am 14. 9. 2000. Interventionen Russlands, Chinas und USA in Plenarsitzung am 21. 9. 2000. CDI1620 v. 29. 6. 2000. CDI1624 v. 24. 8. 2000.

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

149

Hauptvertreter der Staatengruppen zu dem Amorim- Vorschlag zu erreichen. Dies blieb jedoch bis heute ohne Ergebnis. Die dadurch eingetretene Gesamtblockade der CD stellt ein beklagenswertes Novum gegenüber den Vorjahren, in denen "nur" einzelne Bereiche wie PAROS blockiert waren, dar. Jetzt liegt demgegenüber die gesamte multilaterale Abrüstungsagenda auf Eis. Anfang 2001 konnte es wegen der "policy review" der neuen US-Administration keine Bewegung in den CD-Materien geben. Am 15. 2. 2001 forderte der chinesische Botschafter469 mit ausdrücklichem Bezug auf den CHOM-Status des Weltraums dringend die Aufnahme von Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und kritisierte auch die von den USA durchgeführten Waffen tests im Weltraum: " ... Ta preserve the AHM Treaty and check the trend of weaponization of outer space is the most urgent and imperative task of today. This is also indispensible for the follow-up-steps as specified in the Final Document of the 2000 NPT Review Conference to proceed ... It is the common aspiration of mankind to use outer space, the heritage of all peoples, for peaceful purposes. However, the missile defense systems currently under development pose a serious danger of outer space weaponization, which might trigger off a new arms race. We are seriously concerned about the report of aspace war exercise that took place last month. The exercise used the outer space as the battlefield and its scenario was to happen in 2017. Anti-satellite weapons, strategie missile defense systems and landbased laser weapons were envisaged in the exercise to attack targets in space, and space weapons to launch preventive strikes. This has irrefutably demonstrated that the weaponization of outer space is imminent ... its [des AHM-Vertrags] significance is far beyond the scope of US-Russian bilateral relationship and has a direct bearing on the security of all countries. Therefore, the AHM Treaty should be strictly observed ... The UNGA has for two consecutive years overwhelmingly adopted the resolution on the preservation of and compliance with the AHM Treaty. This fully demonstrate the will and determination of the interna~ tional community to maintain global strategie balance and stability and its c1ear position against the development and deployment of national missile defense systems. We are deeply worried over the fact, that, in recent years, the very country conducting the above-mentioned space war exercise and weaponizing outer space has sing1e-handedly obstructed the PAROS negotiation in CD ... Hy doing so, it will only make all countries suffer, undermining the interests of others without benefiting itself." US-Botschafter Rohert Grel70 erwiderte, es gäbe kein "realistic and current need for further measures aimed at enhancing international peace and security in outer space. To put it quite simply, outer space issues are not ripe for negotiations in the CD ... As many US Representatives have re469 470

Press Release der Permanent Mission der VR China v. 15. 2. 2001 S. 4. Press Release der US Delegation to the CD v. 15. 2. 2001 S. 5.

150

B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

peatedly emphasized, there is no arms race in outer space, nor any prospect for an arms race as far down the road as anyone can see. We fully support the 1967 Outer Space Treaty and judge that it, along with a number of other international agreements, is entirely equal to the task of preventing an arms race in outer space ... "

Der kanadische Vorsitzende, Botschafter Westdal,471 musste erneutes Scheitern der Bemühungen um einen Durchbruch eingestehen. In der Weltraumfrage seien die Gegensätze nicht mit Worten zu überwinden. Schweden 472 gab als amtierende EU-Ratspräsidentschaft im Namen der EU eine Erklärung zur Unterstützung des Amorim- Vorschlags für ein PAROS einbeziehendes Arbeitsprogramm ab: "We strongly urge the Conference to explore all avenues to start substantive work ... to restore the important and central position of the CD in the web of international fora that we are all dependant on."

Neuseeland und Südajrika473 gaben eine gemeinsame Erklärung im Namen der G 21 ab: "At a time when there are disturbing signs of a preference for unilateral solutions or options, it is essential for the continuation of multilateralism that this body reengages in real work. We fully support unilateral arms reductions, but not unilateral action which might impact negativelyon disarmament, arms control and non-proliferation. While each of us has the right to determine our own security and defense needs, his tory and common sense demonstrate that unilateralism will not guarantee international security. This is a colletive responsibilty. We need to be careful not to misappropriate strategic considerations to conceal procrastination on disarmament."

Der spanische Vertreter474 warnte vor der Gefahr einer "Marginalisierung" der Konferenz mit ernsten Konsequenzen für die multilaterale Abrüstung insgesamt. Der russische Vertreter475 warb für die in Moskau stattfindende VN-Konferenz "Weltraum ohne Waffen als Ort friedlicher Zusammenarbeit im 21. Jahrhundert": "We believe that a speedy elaboration of an international legal regime prohibiting deployment in outer space of weapons other than WMD, should become one of the principal tasks of the world community."

Am 31. 5. 2001 legte Russlan~76 Mandatsentwürfe zu nuklearer Abrüstung und zu PAROS mit folgendem Wortlaut vor: Intervention Kanadas in Plenarsitzung am 15. 2. 2001. Press Release der schwedischen EU-RatspräsidentschaJt v. 15. 2. 200l. 473 Press Release Permanent Mission 01 New Zealand in Genf v. 15.2.2001 S. 2. 474 Intervention Spaniens in Plenarsitzung am 23. 2. 2001. 475 Russland, Press Release der Ständigen Vertretung Russlands bei der CD v. 22. 3. 2001 S. 3. 476 Russland, Mandatsentwurf v. 31. 5. 200 l. 471

472

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

151

" ... an Ad Hoc Committee to negotiate with a view to reaching agreement on a regime capable of preventing an arms race in outer space. This regime could take the form of an internationally binding instrument."

Am 7. 6. 2001 legte China477 ein neues Arbeitspapier über einen künftigen Vertrag zur Verhinderung der "weaponization" des Weltraums vor. Dieses enthält größtenteils Vertragsformalien, während zu Kernfragen wie die genaue Definition von Weltraumwaffen und Waffenkomponenten und die Abgrenzung sonstiger militärischer Nutzung des Weltraums an frühere chinesische Vorschläge (CD/1606) angeknüpft wird. China478 rief erneut zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum auf und warnte vor den Folgen einer Kündigung des ABM-Vertrages für die internationale Sicherheit. Irland und Algerien479 sprachen sich für ein Verbot der Aufstellung von Weltraumwaffen aus. Auch die CD-Sitzungen 2001 und 2002 endeten ohne jegliche Sachgespräche. Die Notwendigkeit einer generellen Überprüfung der CD-Arbeitsmethoden wurde unausweichlich. Irlan~8o plädierte für einen "verantwortlichen Multilateralismus"; die aus dem Kalten Krieg stammenden einengenden Verfahrensregeln, insbesondere die Gruppenstruktur, die Mitgliedschaft und die fehlende Einbeziehung von NRO's müssten geändert werden. Mit dem Ziel, die Verhandlungsstrukturen und -methoden zu überprüfen, setzte die CD am 22. 6. 2001 drei Sonderkoordinatoren zu folgenden Themen ein: - Überprüfung der Tagesordnung; - Erweiterung der Mitgliedschaft; - Arbeitsweise. Dies könnte ein erster Schritt zur Überwindung der Totalstagnation in der CD sein. Jedoch auch zu Verfahrensfragen ist der Spielraum eng. Widerstände bestehen vor allem gegen die Aufgabe des Konsensprinzips und selbst gegen eine Straffung der aus dem Kalten Krieg stammenden Tagesordnung. Auch die erste Sitzungsperiode 2003 hat bislang erwartungsgemäß keinerlei Fortschritte zur Auflösung der blockierenden Junktims gebracht. Angesichts dieser Verhandlungsgeschichte in der Genfer CD erscheint es ohne einen grundlegend neuen Ansatz in der Frage multilateraler Verhandlungen zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums kaum möglich, Fortschritte bei der für die Wahrung des Menschheitsinteresse immer drängender werdenden Frage einer vertraglichen Sicherung gegen den 477

478 479 480

China, Arbeitspapier vom 7.6.2001 sowie Fn. 451. Intervention Chinas in Plenarsitzung am 7. 6. 2001. Interventionen Irlands und Algeriens in Plenarsitzung am 28. 6. 2001. Intervention Irlands in Plenarsitzung am 28. 6 2001.

152 B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus Übergang zu aktiven zerstörerischen Nutzungen des Weltraums zu machen. In Kapitel E. wird daher neben dem Inhalt eines solchen Abkommens auch der Frage nachgegangen, ob auch ein neues eigenständiges Verhandlungsgremium erwogen werden sollte. bb) Rechtliche Würdigung des Verhandlungsstillstandes Der Verlauf der CD-Blockade und die Äußerungen der Delegationen lassen keinen Zweifel, dass mit Ausnahme der USA alle anderen Staaten der Auffassung sind, dass konkrete multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum aufgenommen werden müssten. Für die überwältigende Mehrheit ist diese Aufgabe von großer Dringlichkeit wie auch die VN-Generalversammlung unterstreicht -, weil sie befürchten, dass die Schwelle zur aktiven militärischen Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Art mit jedem weiteren Aufschub bereits überschritten werden könnte. Eine große Zahl der CD-Delegationen, insbesondere China, hat zusätzlich die Position unterstrichen, dass bis zum Abschluss eines solchen Abkommens entsprechend dem ABM- Vertrag keinerlei Tests oder gar die Stationierung von Waffensystemen oder Komponenten unternommen werden dürfe. China hat sich wie bereits die ungebundenen Staaten und Schweden in den achtziger Jahren 481 insoweit ausdrücklich auf den Status des Weltraums als CHOM berufen. Die nunmehr seit über vier Jahren andauernde Totalblockade der multilateralen Abrüstungsgespräche stellen vor dem Hintergrund der Aussagen des IGH482 in seinem Rechtsgutachten zur Rechtmäßigkeit von Nuklearwaffen einen gravierenden, die Interessen der internationalen Gemeinschaft erheblich beeinträchtigenden Vorgang dar. Der IGH 483 sieht in der Verpflichtung in Artikel VI NVV, Verhandlungen über eine allgemeine und vollständige Abrüstung unter strikter und effektiver internationaler Kontrolle zu führen, "an obligation that goes beyond that of a mere obligation of conduct". Vielmehr stehen danach die Nuklearmächte ausdrücklich in der Pflicht, "to achieve a precise result - nuclear disarmament in alt its aspects - by adopting a particular course of conduct, namely, the pursuit of negotiations on the matter in good faith ".484 Dieses vom Haager Hof allgemein im Zusammenhang mit der Nuklearrüstung aufgestellte dictum muss in Bezug auf eine drohende Ausweitung des Wettrüstens auf den Gemeinschaftsraum a fortiOl'i gelten. Eine vollständige nukleare Abrüstung verlangt verbindliche B. IlI. 1. a) sowie Fn. 469. leJ Reports 1996, S. 222. leJ Rports 1996 S. 264 Para. 99. leJ Reports 1996 S. 264 Para. 99.

481 S. 482 483 484

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

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bilaterale Vereinbarungen über die Reduzierung nicht nur der Gefechtsköpfe, sondern auch der Trägennittel, die zusammen mit einem Nichtverbreitungsregime zwingend multilateral eingebettet werden müssen. Zu Recht hat die VN-Generalversammlung in ihrer ohne Gegenstimme verabschiedeten Resolution vom 12. Dezember 1984485 den Artikel VI NVV ausdrücklich auch als auf den Weltraum anwendbar erklärt. Von der großen Mehrheit der Staaten - wie jeweils in den ohne oder mit nur einer oder zwei Gegenstimmen verabschiedeten eindringlichen Resolutionen der Generalversammlung ausdrücklich festgestellt wird _486 wird ebenso wie von der ganz überwiegenden Auffassung im sicherheits- und rüstungskontrollpolitischen Schrifttums487 angenommen, dass eine Stationierung von Waffensystemen im Rahmen der Raketenabwehrpläne im Weltraum schwerwiegende destabilisierende Wirkung hätte und zu einer Verschärfung des globalen und regionalen nuklearen Wettrüstens auf der Erde führen würde. Demnach stellt die von der ganz großen Mehrheit der Staaten beklagte Weigerung der USA, in multilaterale Gespräche geschweige denn in Verhandlungen über die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum einzutreten, nicht nur eine Außerachtlassung der Verpflichtung aus Artikel VI NVV, sondern ihre Verkehrung in das Gegenteil dar. Die Weigerung gegen den Willen aller anderen Staaten, auch nur einem Diskussionsmandat über die militärische Nutzung des Weltraums zuzustimmen, widerspricht der aus der Menschheitsklausel folgenden verstärkten Allgemeinwohlverpflichtung des Weltraumvertrages. Der ansonsten bestehende Spielraum taktischer Verhandlungsgesichtspunkte findet seine Grenze dann, wenn das Ergebnis ist, dass überhaupt nicht in der Sache verhandelt wird. Auf Grund des engen Zusammenhangs der Rüstung im Weltraum mit einem offensiven Rüstungswettlauf auf der Erde steht diese Weigerung außerdem mit der Verpflichtung zur Aushandlung eines allgemeinen Abrüstungsabkommens im Widerspruch. Darüber hinaus wird die Allgemeinwohlverpflichtung und der Gemeinschaftsstatus des Weltraums durch die einseitige Stationierung von Waffensystemen im Weltraum verletzt, wenn diese von der großen Mehrheit der anderen Staaten subjektiv oder sogar objektiv als eine Beeinträchtigung ihrer Sicherheitsinteressen wahrgenommen wird. Wie im Einzelnen in Kapitel D. V. darzulegen sein wird, könnte eine solche Nutzung des Welts. Fn. 390. s. Nachweise in Fn. 376 sowie GV /RES/54/53 v. l. Il. 1999 160 Ja-Stimmen; A/RES/55/32 v. 3. l. 2001 Para. 4 und A//RES/56/23 vom 2l. 12. 2001 (156-0-4 Enthaltungen: USA, Mikronesien, Israel, Georgien). Beispielhaft für die Haltung der ungebundenen Staaten s. die Erklärung Indiens in der CD am 27. 8. 1985, CD/PV 333: die neuen Waffensysteme "have been developed in utter disregard of the overwhelming body of world public opinion and ... indeed at the cost of the security and other interests of the majority of mankind". 487 s. die Nachweise in Fn. 104. 485

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raums nicht als "im Interesse der gesamten Menschheit" angesehen werden. Es wird daher auch aufzuzeigen sein, in welcher Weise dieses Allgemeininteresse der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf militärische Nutzungen im multilateralen Abrüstungsrahmen zur Geltung gebracht werden kann und entsprechend dem Status des Weltraums als CHOM auch gebracht werden muss. Hierbei wird angemessen zu berücksichtigen sein, dass die internationale Gemeinschaft ebenso wie die überwiegende Meinung im Schrifttum488 das bisherige Rechtsregime hinsichtlich des Verbots der Stationierung von Waffen oder Systemteilen im Weltraum in Bezug auf eine verfahrensmäßige Gewährleistung der friedlichen Nutzung als lückenhaft ansieht und deshalb für die Schaffung eines internationalen Regimes einschließlich ausdrücklicher Verbotsnormen im Interesse der Rechtsklarheit eintritt. Inwieweit daraus auf die Unzulässigkeit von einseitigen Rüstungsmaßnahmen im Weltraum zur Erprobung, Entwicklung und Aufstellung von Weltraumwaffen und Antiraketensystemen bis zur Schaffung einer ausdrücklichen internationalen Verbotsnorm geschlossen werden muss, bedarf eingehender Prüfung. Jedenfalls verbindet die VN-Generalversammlung in ihren jährlichen Resolutionen mangels Einigung über die Aushandlung konkreter Verbotsnormen in zunehmenden Maße die dringende Aufforderung insbesondere an die Weltraummächte, alle Maßnahmen im Widerspruch zu dem Ziel der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum zu unterlassen, mit der konkreten Aufforderung zur Einhaltung der bestehenden, den Weltraum betreffenden bi- und multilateralen Verträge. 489 Dadurch wird deut488 s. statt vieler Jasentuliyana, Fn. 2 S. 115; für die Haltung der internationalen Gemeinschaft s. beispielhaft die von UNIS PACE II verabschiedete Resolution sowie die GY Res. A/RES/55/32 v. 3. 1. 2001 Para. 2: "Reaffirms its recognition, as stated in the report of the Ad Hoc Committee on the Prevention of an Arms Race in Outer Space, that the legal regime applicable to outer space by itself does not guarantee the prevention of an arms race in outer space, that this legal regime plays a significant role in the prevention of an arms race in that environment, that there is a need to consolidate and reinforce that regime and enhance its effectiveness, and that it is important to comply strictly with existing agreements, both bilateral and multilateral. " 489 s. A/RES/40/87 v. 12. 12. 1985 Para. 11: " ... refrain, in their activities relating to outer space, from actions contrary to the observance of the relevant existing treaties or to the objective of preventing an arms race in outer space"; A/RES/52/ 37 v. 9. 12. 1997: Präambel " ... Emphasizing the paramount importance of strict compliance with the existing arms limitation and disarmament agreements relevant to outer space, inc1uding bilateral agreements, and with the existing legal regime concerning the use of outer space ... " und Para 4: "Calls upon all States, in particular those with major space capabilities, to contribute actively to the objective of the peaceful use of outer space and of the prevention of an arms race in outer space and to refrain from actions contrary to that objective and to the relevant existing treaties in the interest of maintaining international peace and security and promoting international cooperation; ebenso A/RES/55/32 v. 3. 1. 2001 Para. 4 und GV Res. A/RES/56123 v. 21. 12. 2001.

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lieh, dass sie bereits auf Grund der bestehenden Weltraum- und Rüstungskontrollverträge die Pflicht gegenüber der internationalen Gemeinschaft herleitet, einseitige Rüstungsmaßnahmen im Weltraum zu unterlassen. Dies wird im Einzelnen in Kapitel D. V. an Hand einer Konkretisierung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung untersucht. d) Ein neuer multilateraler Versuch

Im September 2000 kündigte Russland auf dem Millenniums-Gipfel in New York die Einberufung einer Konferenz unter der Ägide der Vereinten Nationen zur friedlichen Nutzung des Weltraums in Moskau im April 2001 anlässlich des vierzigsten Jahrestages des ersten Menschen im Weltraum an. 490 Auf der Konferenz forderte der russische Präsident Putin: "We must by joint efforts preserve peaceful space. And to do it for ourselves and future generations. " Russland erneuerte seinen Vorschlag, in der CD ein multilaterales Abkommen über Weltraumwaffen einschließlich der notwendigen Verifikations- und institutionellen Mechanismen auszuhandeln. 491 Die Moskauer Konferenz sollte sowohl Schritte zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum an Hand der russischen Vorschläge für ein Verbot von Weltraumwaffen als auch eine Vertiefung der Zusammenarbeit bei der friedlichen Zusammenarbeit des Weltraums erörtern. Eingeladen waren daher sowohl die Leiter der Raumfahrtagenturen als auch Vertreter der Außenministerien. Konkrete Ergebnisse wurden jedoch mangels Bereitschaft der USA zu Sachgesprächen nicht erzielt. 492 e) Deblockade?

Die am 24. Mai 2002 von Präsident Bush jr. und Präsident Putin493 unterzeichnete Vereinbarung über eine Reduzierung der nuklearen Gefechtsköpfe auf ein Drittel des gegenwärtigen Standes und die gemeinsame Erklärung über eine neue strategische Partnerschaft könnte ein Anzeichen dafür sein, dass fünf Jahre nach dem "historischen,,494 IGH-Gutachten die führen490

S.3.

Press Release der Ständigen Vertretung Russlands bei der CD v. 22. 3. 2001

491 Press Release, Fn. 390: "Russia is ready to start an intensive negotiation work at the CD. Possible elements of a multilateral agreement on aspace weapons ban: mechanism to monitor implementation; creation of an appropriate international body to implement such procedures." 492 Missed Chance, Information Bulletin International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation, Nr. 18 (September 2001) S. 75. 493 U.S.-Russian Treaty on Strategie Offensive Reductions und U.S. - Russia Joint Declaration vom 24. Mai 2002, abrufbar auf der Webseite des US State Department http://www.state.gov.htm.

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den Nukleannächte ihrer moralischen und völkerrechtlichen Verpflichtung nachzukommen bereit sind, den Weg zu einer wirklichen Reduzierung der Atomwaffen einzuschlagen. Dazu müsste aber insbesondere eine Vereinbarung auch über die Reduzierung der Trägennittel, die von dem jetzigen Abkommen nicht beschränkt werden, und eine tatsächliche Vernichtung der Gefechtsköpfe folgen. Es ist zu hoffen, dass dieser erste Schritt auch zu einer Deblockade der multilateralen Rüstungskontrollbemühungen im Rahmen der Genfer Abrüstungskonferenz beitragen und die von der internationalen Gemeinschaft geforderten multilateralen Schritte zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum ennöglichen wird. Dann würde sich die aus der bisherigen Geschichte des nuklearen Wettrüstens an sich zutreffende Bewertung Falks,495 dass das IGH-Gutachten nur einen geringen politischen Einfluss auf das Verhalten der Nukleannächte haben werde, wider Erwarten, aber umso erfreulicher als unbegründet erweisen. Allerdings ist eine Einigung zwischen den USA und Russland in der Weltraumfrage auf Grund der einseitigen Kündigung des ABM- Vertrages, der bisher ein Überschreiten der Schwelle zu aktiver militärischer Nutzung des Weltraums durch bilaterale Verbotsbestimmungen ausgeschlossen hat, nicht erleichtert worden. Es ist zu hoffen, dass der amerikanisch-russische Gipfel mit der Einsetzung einer hochrangigen Gruppe über Strategiefragen einschließlich des Weltraums einen Weg weist, dass es auch in Bezug auf die Weltraumfrage zu einer substanziellen Einigung kommt. Es wäre eine wichtige Aufgabe der Genfer CD darauf hinzuwirken, dass dabei die Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft berücksichtigt werden. Zur Zeit sind die Verhandlungen über ein Weltraummandat der CD jedoch nach wie vor völlig blockiert. Nach erfolglosen Bemühungen des finnischen Vorsitzes in der ersten Sitzungsperiode Anfang 2002, eine Deblockade zu erreichen, hat der neue französische Vorsitz schon zu Beginn eingestanden, dieses Ziel sei gegenwärtig nicht zu erreichen. Die Blockade beeinträchtigt im Ergebnis auch die Sicherheitsinteressen der USA und Westeuropas, da die Weigerung, über eine Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum zu verhandeln, von den G 21 vor allem unter Führung von China und Pakistan benutzt wird, ihrerseits ein Junktim herzustellen und den Beginn von Verhandlungen über einen "cut off" der Produktion von spaltbarem waffengrädigem Nukleannaterial zu verweigern. Diese Weigerung führt dazu, dass die nukleare Nichtverbreitungspolitik mit Blick auf die nuklearen Schwellenländer, darunter eben gerade auch die von den USA als sog. "rogue states" 494 Falk, Nuclear Weapons, International Law and the World Court: A Historic Encounter, AJIL 91 (1997) S. 64. 495 Falk, Fn. 494 S. 74: "There is little likelihood in the near future that the decision will have any discernible impact on the behavior of the nuclear weapons states, either with respect to the roles assigned to nuclear weapons or to the duty to seek nuclear disarmament."

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als größte Bedrohung angesehenen Kandidaten für ballistische Nuklearraketen wie Nordkorea, Irak und Iran, in die Sackgasse geraten ist. Die multilaterale Verhandlungsblockade in Genf verdeutlicht damit auch, welches Ausmaß die Beeinträchtigung der internationalen Sicherheitsinteressen durch die Weigerung, über eine Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum multilateral zu verhandeln oder auch nur Ergebnisse bilateraler Verhandlungen multilateral zu erörtern, angenommen hat. Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden der normative Gehalt der Forderung der internationalen Gemeinschaft nach multilateralen Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum näher beleuchtet werden. 3. Der normative Gehalt der Forderung der internationalen Gemeinschaft nach multilateralen Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und die Haltung der USA

Die seit 1981 wiederkehrenden Kernelemente der Resolutionen der VNGeneralversammlung zum Weltraum mit der Aufforderung der internationalen Gemeinschaft, effektive Maßnahmen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum zu ergreifen, enthalten die dringende Aufforderung an die Weltraummächte, - aktiv an der Verhinderung des Wettrüstens mitzuwirken "with a view to reaching agreement" sowie parallel dazu ihre bilateralen RüstungskontrolIverhandlungen betreffend den Weltraum wiederaufzunehmen bzw. zu verstärken; - jede Maßnahme im Widerspruch dazu zu unterlassen und - die internationale Gemeinschaft über Fortschritte der bilateralen Bemühungen im Rahmen der CD laufend zu unterrichten. 496 Außerdem wies die Generalversammlung497 auf die schweren Folgen eines Wettrüstens im Weltraum auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit sowie auf die Unvereinbarkeit einseitiger Maßnahmen mit internationaler Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung des Weltraums hin. Insbesondere unterstreicht die Generalversammlung vor dem Hintergrund, dass s. Nachweise in Pn. 376 und 486. GV/RES/54/53 v. 1. 11. 1999 (160 Ja-Stimmen): "the prevention of an arms race in outer space would avert a grave danger for international peace and security. "; s. auch GV A/RES/55/32 v. 20. 11. 2000 Para 36: "Urges all states, in particular those with major space capabilities, to contribute actively to the goal of preventing an arms race in outer space as an essential condition for the promotion of international cooperation in the exploration and use of outer space for peaceful purposes." (163 Ja-Stimmen. Keine Gegenstimme). 496 497

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" . . . the legal regime applicable to outer space does not in and of itself guarantee the prevention of an arms race in outer space .. ." die dringende Notwendigkeit bestehe, "to consolidate and reinforce .. . that legal regime and enhance its effectiveness ... ".498

Diese Kernforderungen machen den seit 1981 unablässig erhobenen Anspruch der internationalen Gemeinschaft deutlich, dass die Weltraummächte alle Schritte, die zu einem solchen Wettrüsten führen, unterlassen und stattdessen sich aktiv an der Ausarbeitung geeigneter multilateraler Abkommen zur Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum beteiligen. Diese Kernelemente der Resolutionen haben normativen Charakter499 insofern, als sie sich ausdrücklich auf die Bestimmungen des Weltraumvertrages, insbesondere die Allgemeinwohlklausel in Artikel I WRV sowie das Gebot des Artikel III WRV, den Weltraum im Interesse der Bewahrung und Förderung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit sowie von internationaler Zusammenarbeit und Verständigung zu nutzen, beziehen. Die USA 500 haben diesen Resolutionen bisher nicht zugestimmt und ihren Enthaltungen eine "explanation of vote" beigefügt: "Although the U.S. agrees with some elements of the draft resolution ,PAROS ' , we believe it also includes provisions that are overstated or unwise. Accordingly, the U.S. abstained, as in 1998. There is unprecedented peaceful cooperation in outer space, and we have every reason to believe that this pattern of peaceful cooperation will continue. It seems evident - indeed, almost incontestable - that there is no arms race in outer space. Military uses of outer space enhance international peace and security and have broad advantages for the international community. Practical examples include treaty compliance and monitoring, the global positioning system, refugee tracking, counter-terrorism, and sanctions enforcement. For all these reasons, the U.S. does not believe that the international community needs to undertake an active and energetic effort to prevent an arms race in outer space, nor that the task is urgent. Nonetheless, with a view to getting down to work in the Conference on Disarmament on such issues as a Fissile Material Cut-off Treaty, my Government has

A/RES/56123 v. 21. 12. 2001 Ziff. 2. s. Seidel, Fn. 390 S. I der von der "normativen Bekräftigung" der Aufforderung zum Abschluss eines universellen Vertrags über allgemeine und vollständige Abrüstung durch die Prinzipiendeklaration der VN-Generalversammlung 2625 (XXV) spricht. 500 US explanation of vote Res. AIC.1I54/1.22 am 1. 11. 1999; s. auch USA, CDI PV 542 v. 13. 3. 1990; CD/PV 553 v. 19. 4. 1990 S. 3: Deutschland und Großbritannien gaben eine gemeinsame Erklärung in der 54. Generalversammlung im November 1999 zur Resolution zu PAROS zu Protokoll, dass sie "recognise the continued validity of the subject. We are therefore ready to support consideration of an appropriate subsidiary body in the CD", betonten aber zugleich, dass "negotiations on fissile material cut-off treaty" hohe Priorität haben sollten. 498

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III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

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indicated some flexibility related to discussion of outer space issues in an appropriate fonnat. Any such discussion would have to examine topics and proposals on their merits and without preconditions."

Diese Erklärung unterstreicht zwar, dass die USA keinen akuten Bedarf für dringende Maßnahmen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum sehen. Zugleich enthält sie aber eine ausdrückliche Anerkennung des Grundsatzes der friedlichen Zusammenarbeit im Weltraum sowie eine implizite Anerkennung sowohl der Notwendigkeit, dass militärische Nutzungen des Weltraums dem Weltfrieden und der internationalen Sicherheit entsprechend Artikel III WRV förderlich sein müssen, als auch des Anspruchs der internationalen Gemeinschaft auf Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum. Von besonderer Bedeutung mit Blick auf die Prüfung der völkergewohnheitsrechtlichen Geltung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung in seiner Unterscheidung zwischen passiven, nicht-zerstörerischen und aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Art im Weltraum ist, dass alle von den USA darin aufgeführten militärischen Nutzungen ausschließlich solche passiver Natur von nicht-zerstörerischer Art im Weltraum sind. Diese Haltung liegt auch der 1983 angenommenen und seitdem mehrfach bekräftigten Entschließung des amerikanischen Repräsentantenhauses 501 zu Grunde, welche in der Präambel vorsieht, dass "an international agreement to prohibit the introduction of weapons of any kind into space is needed in order to avoid the financial, social and human costs that could result from such an arms race. " Die Entschließung weist in Section 1 den Präsidenten an, ein umfassendes Verbotsabkommen für Weltraumwaffen einschließlich bereits eines Verbots von Tests auszuhandeln. Damit können die Kernelemente der Resolutionen der Generalversammlung und die Unterscheidung der militärischen Nutzungsarten im Grundsatz als allgemein anerkannt gelten, auch wenn hinsichtlich ihrer Anwendung im Einzelnen unterschiedliche Positionen zwischen der großen Mehrheit der internationalen Gemeinschaft und den USA bestehen. Wegen des Rechtscharakters von Resolutionen der VN-Generalversammlung als Empfehlungen (Artikel 10 SVN) kommt ihrem Inhalt nicht eo ipso Rechtsverbindlichkeit zu. Jedoch wird im Einzelnen zu prüfen sein, inwieweit aus diesen Elementen verbindliche Rechtsstandards der friedlichen Nutzung und eine völkergewohnheitsrechtliche Bindungswirkung des Anspruchs auf Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum abzuleiten sind. 502 In diese Bewertung der Staatenpraxis sind außerdem die dargelegten Positionen der Staaten in der CD einzubeziehen. Alle Staaten, welche in 501 "Joint Resolution of the US House of Representatives (H.J. Res. 120, 2. 2. 1983, 98 th Congress, 1st sess.). 502 s. u. Kapitel D. IV. 4. b) cc).

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der CD konkrete Abkommensvorschläge über ein Verbot von Weltraumwaffen vorlegten, stützten diese nicht nur auf die Allgemeinwohlklausel und den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums, sondern machten deutlich, dass sie ein konkretisierendes Verbotsabkommen zu deren Einhaltung für unabdingbar halten. 503 Die Verhandlungen in der CD zeigen, dass die Nicht-Weltraum-Staaten der drohenden Überschreitung der Schwelle zu aktiver militärischer Nutzung des Gemeinschaftsraumes keineswegs passiv zuschauen, sondern eine aktive Mehrheit für die Forderung der internationalen Gemeinschaft nach Abschluss einer multilateralen Vereinbarung zur Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum bilden. 504 Eine Reihe von Staaten macht zugleich ihre Auffassung deutlich, dass sie ein einseitiges Überschreiten dieser Schwelle für völkerrechtswidrig hält. 505 Diese Haltung wird insbesondere im Zusammenhang mit der Frage, welche Schlussfolgerungen aus dem Fehlen förmlicher Proteste gegen Tests zur Erprobung weltraumgestützter Systeme zu ziehen sind, zu berücksichtigen sein. 506 4. Ausbau der friedlichen Zusammenarbeit bei der Nutzung des Weltraums als Gegengewicht gegen ein Wettrüsten im Weltraum und UNISPACE III

Dank der Überwindung des Kalten Krieges ist es gelungen, die Arbeit in COPUOS in den neunziger Jahren von den Blockaden und Gegensätzen in der CD hinsichtlich der Notwendigkeit von Maßnahmen zur Verhinderung eines Rüstungswettlaufs weitgehend freizuhalten. Stattdessen konzentrierte sich der Weltraumausschuss auf die konkrete Ausfüllung des Gebots der friedlichen Nutzung in Bereichen der technologischen Neuerungen der zivilen Weltraumnutzung und verbreiterte die multilateralen Programme insbesondere zur Nutzung der Satellitenfernerkundung für den Umweltschutz und zu Gunsten der Belange der Entwicklungsländer unter Ausweitung eines freiwilligen Technologietransfers. 507 Dies war auch der Schwerpunkt 503 s. etwa die Begründung in den Arbeitspapieren Kanadas vom 4. 2. 1999, Fn. 437 und Chinas vom 9. 2. 2000, Fn. 451. 504 Im Januar 1985 erklärte eine Gruppe von sechs Ländern aus fünf Kontinenten in der sog. Dehli Declaration, "that an arms race in outer space would be enormously costly, would have grave destabilizing effect and would endanger several arms limitation and disarmament agreements."; s. Jasentuliyana, Fn. 2 S. 121. 505 Brasilien und eine Reihe weiterer lateinamerikanischer Staaten verurteilten die Pläne einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums als eine "flagrant violation" des Weltraum vertrages und forderten dringend die Aushandlung eines Abkommens über das Verbot von Weltraumwaffen; s. Fn. 385. 506 s. u. Kapitel B. III. 5. 507 Schrogl, Legal Aspects Related to the Application of the Principle that the Exploration and Utilization of Outer Space Should be carried out for the Benefit and in the Interest of all States Taking into Particular Account the Needs of Developing Countries, in Benkö/Schrogl (Hrsg.), International Space Law in the Making.

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der dritten Weltraumkonferenz der Vereinten Nationen (UNISPACE III) im Juni 1999 in Wien ausgehend von der Feststellung, dass angesichts des geopolitischen Wandels von der Konfrontation zur Kooperation "collective efforts should be made to achieve common objectives 0/ humankind". 508 Zugleich erinnerte die Konferenz an die ursprünglichen Beweggründe der internationalen Gemeinschaft für die Errichtung des Weltraumausschusses und die Abhaltung der Weltraumkonferenzen der Vereinten Nationen, in dem sie unterstrich, dass "in the midst of the cold war, there was a growing concem of the international community that space might become yet another field for intense rivalries between the superpowers or would be !eft for the exploitation by a limited number of countries with the necessary resource."

Die internationale Gemeinschaft verfolgte also ihren Anspruch auf Gewährleistung der Nutzung des Weltraums zu ausschließlich friedlichen Zwecken in den neunziger Jahren noch stärker als zuvor mit einem doppelten Ansatz, der darin besteht, einerseits die Erfüllung der Verpflichtung zur Aushandlung eines multilateralen Vertrags zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum in der CD beständig und mit wachsender Eindringlichkeit einzufordern und andererseits die Überwindung des Kalten Krieges zu nutzen, die zwischenstaatliche Zusammenarbeit im Weltraum auszubauen und die multilateralen Kooperationsmechanismen zu verstärken. Aus der auf Grund dieser konstruktiven Arbeitsteilung verfolgten Vermeidung des Rüstungsthemas im Weltraumausschuss und auf der UNISPACE IIl, die vordergründig in einem gewissen Gegensatz zu der in den achtziger Jahren auch in diesen Gremien forcierten Behandlung mit dieser Frage steht, lässt sich aber nicht darauf schließen, die internationale Gemeinschaft habe sich bereits mit den Plänen einer Rüstung im Weltraum abgefunden. Vielmehr will sie durch den Ausbau der kooperativen Elemente bei der Nutzung der zivilen Weltraumforschung im Interesse aller Staaten der weiteren Militarisierung und der drohenden Bewaffnung konkret entgegenwirken. 5. Rechtswahrende Wirkung der ablehnenden Reaktionen der internationalen Gemeinschaft gegenüber der Stationierung zerstörerischer weItraumgestützter Waffensysteme Die geschilderten vielfältigen Reaktionen der internationalen Gemeinschaft lassen keinen Zweifel, dass diese eine "exklusive Regelungskompetenz der Großmächte" hinsichtlich der militärischen Nutzung des Weltraums Current Issues in the UN Committee on the Peaceful Uses of Outer Space (1993) S.215. 508 Report of the Third Uni ted Nations Conference on the Peaceful Uses of Outer Space, UN Doc. A/Conf.184/6 S. 25, Para. 41. 11 Wolter

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

nicht akzeptieren. 509 Zugleich hat die überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen ihre Rechtsauffassung bezüglich der Unzulässigkeit aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art, die zu einem Wettrüsten im Weltraum führen könnte, in ausreichend deutlicher und über einen längeren Zeitraum beständiger Weise manifestiert. Angesichts der auch von den Weltraummächten anerkannten verstärkten Gemeinwohlbindung einzelstaatlicher Handlungen im Weltraum besteht eine Pflicht der Staaten, sich bei neuen Nutzungsformen des Weltraums der Übereinstimmung mit der Position der Staatengemeinschaft zu vergewissern. Damit ergibt sich eine grundsätzlich andere Ausgangsposition gegenüber den aus der Rechtsprechung 510 bekannten Fällen, bei denen auf Grund des Ausbleibens eindeutiger Proteste entweder die Rechtsfolge der Anerkennung (" acquiescence ") angenommen werden kann oder bei denen gemäß dem Estoppel-Grundsatz die Folge eintritt, dass der sich verschweigende Staat nach Treu und Glauben daran gebunden ist, dass andere Staaten auf die Anerkennung eines Zustandes vertrauen können. Auf Grund der besonderen Allgemeinwohlbindung bei der Nutzung des Gemeinschaftsraums und der unzweideutigen Aufforderung der internationalen Gemeinschaft an die Weltraummächte, alle Maßnahmen zu unterlassen, die zu einem Wettrüsten im Weltraum führen könnten, kann aus dem etwaigen Fehlen förmlicher Proteste zum Beispiel auf Waffentests im Weltraum nicht auf eine stillschweigende Hinnahme einer künftigen Stationierung der geplanten oder in der Erprobung befindlichen Systeme aktiver militärischer Nutzung von zerstörerischer Art im Weltraum geschlossen werden. Die Mehrheit der Staaten bringt seit 1981 in den jährlich wiederholten Resolutionen der Generalversammlung darüber hinaus hinreichend deutlich ihre Rechtsauffassung zum Ausdruck, dass die Nuklearmächte rechtlich verpflichtet sind, in multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum einzutreten. Wollte man auf Grund des Fehlens förmlicher Proteste die Rechtsfolge einer stillschweigenden Hinnahme im Sinne der "acquiescence" ableiten, würde dies voraussetzen, dass sich die Staaten völlig passiv gegenüber den neuen militärischen Weltraumplänen verhalten. 509 Feigl, Mehr Sicherheit durch Vertrauensbildung und Verhaltenskontrolle: Zur Konzeption eines umfassenden Schutzregimes für den Weltraum, in Zunker (Hrsg.). Weltordnung oder Chaos? Beiträge zur internationalen Politik. Festschrift zum 75. Geburtstag von Klaus Ritter (1993) S. 511: "Die exklusive Regelungskompetenz der Großmächte wurde von vielen Beteiligten schon vorher als unzureichend empfunden - teilweise sogar seit langem bestritten - konnte aber als komplementäre Option in einem multilateralen Rahmen weiterhin Bedeutung haben."; Jasentuliyana. Fn. 2 S. 121; Andem. Fn. 2 S. 219; Menon, Fn. 2 S. 85. 510 lCI Reports 1962, S. 26 (Temple of Preah Vihear) und lCI Reports 1969, S. 35 (Nordsee-Festlandsockel-Fall) zu Estoppel; s. Fitzmaurice in seiner Separate Opinion im Temple-Fall, lCl Reports 1962 S. 63 zur Unterscheidung zwischen "acquiescence" und Estoppel-Grundsatz.

III. Multilaterale Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens

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Nach den geschilderten Positionen der überwältigenden Staatenmehrheit in der CD und der Generalversammlung zu der Frage der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum kann davon aber keine Rede sein. Zum Beispiel hat China, das allein ein Fünftel der Menschheit repräsentiert, durch seinen Präsidenten im März 1999 vor der Genfer Abrüstungskonferenz die USA auch vor dem Hintergrund von Tests im Weltraum eindringlich um Überprüfung ihrer Haltung in Bezug auf die dringende Notwendigkeit eines Abkommens zur Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum aufgerufen. 511 Russland und China haben in einer gemeinsamen Erklärung zum ABM-Vertrag vom April 1999512 angesichts der Annahme des National Missile Defense Act im US-Kongress 513 ihre Auffassung bekräftigt, dass "the implementation of plans [announced by the United States to prepare a national anti-missile defence system] wou1d constitute a violation of a fundamental obligation under the ABM Treaty ... and would lead to aseries of negative eonsequenees: the emergence of new factors whieh eould destabilize the international situation both at the global and at the regional level, and of eonditions for the resumption of the arms race and for the ereation of additional obstacles to the process of disarmament."

Russland514 hat außerdem eine förmliche Erklärung im Zusammenhang mit einem NMD- Test vom 2. 10. 1999 allen Mitgliedern der CD zirkuliert, in der dieser Test als eine Verletzung nicht nur des bilateralen Vertrages bezeichnet wird. Vielmehr heißt es in der Erklärung: "In fact, the entire system of international arms control treaties and agreements, the regime of the non-proliferation of weapons of mass destruetion and the whole system of strategie stability that has been put in plaee are threatened."

Man wird demgegenüber von der Vielzahl kleinerer Staaten, die ihre grundsätzliche Haltung zur Frage der Unzulässigkeit von Rüstungsmaßnahmen im Weltraum jährlich in der Generalversammlung zum Ausdruck bringen, nicht verlangen können, dass sie zusätzlich bei jeder Ankündigung, Durchführung, die zudem möglicherweise geheim gehalten wird, oder Simulation von Systemtests im Weltraum einen förmlichen Protest zu Protokoll geben. Ein förmlicher Protest wäre dann erforderlich, wenn bereits der Test selber als rechtswidrig verurteilt werden soll, weil er etwa ausdrücklich mit dem Ziel verbunden ist, das so getestete System auch tatsächlich im Weltraum zu stationieren. Die Weltraummächte haben eine solche ausdrückliche Verknüpfung bislang insbesondere hinsichtlich zerstörerischer Komponenten im Weltraum nicht eindeutig erklärt. 515 Stattdessen erklären o. Kapitel B. III. 2. c) aa) Fn. 439. China/Russland, CDI1584 v. 28. 4. 1999; s. aueh die gesonderte russische Erklärung zur Annahme des NMD-Gesetzes, CDI1580 v. 28. 3. 1999. 513 s. o. Fn. 255. 514 Russland, CD/1597 v. 18. 10. 1999. 511 S.

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B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

auch die USA weiterhin ausdrücklich, dass sie nicht zu einem Wettrüsten im Weltraum beitragen. 516 Vor diesem Hintergrund ist die eindringliche Aufforderung der ungebundenen Staaten, die Blockade multilateraler Verhandlungen über die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum zu beenden, materiell als rechtswahrender Akt gegenüber den Plänen einer künftigen aktiven zerstörerischen Nutzung des Gemeinschaftsraumes zu bewerten, zumal sie ihre Forderung ihrerseits mit Taten in Gestalt der eigenen Weigerung, den ebenso dringend notwendigen Schritten zur Begrenzung der nuklearen Weiterverbreitung zuzustimmen, verbunden haben. Ein genuin völkerrechtlicher Protest517 kann auch deshalb nicht verlangt werden, da die Pläne allein noch keinen Völkerrechtsverstoß darstellen, weshalb auch noch kein förmlicher Einspruch zur Rechtswahrung erforderlich ist. Mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf den Weltraum vertrag bei ihrer Aufforderung, Maßnahmen, die zu einem Wettrüsten im Weltraum führen können, zu unterlassen, macht die internationale Gemeinschaft außerdem mit rechtswahrender Wirkung deutlich, dass sie solche Maßnahmen nicht für rechtmäßig hält.

IV. Fazit und weitere Fragestellung Die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft seit 1978 auf die sich abzeichnende Entwicklung und Erprobung weltraumgestützter Waffen machen den auf den Weltraumvertrag von 1967 gestützten Rechtsanspruch der internationalen Gemeinschaft deutlich, dass sich die solche Aktivitäten durchführenden Weltraummächte zwingend an der Ausarbeitung einer internationalen Ordnung zur Verhütung des Wettrüstens im Weltraum beteiligen. Diese aus Sicht der Friedensforschung und der Sicherheits-, Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik518 unmittelbar einleuchtende Forderung ist völkerrechtlich allerdings nur dann begründbar, wenn sich aus dem Gemeinschaftsstatus des Weltraums und dem Grundsatz, dass der Weltraum im Interesse der gesamten Menschheit genutzt werden soll, als universellem normativem Gebot des Weltraumrechts eine solche konkrete Rechtspflicht gegenüber der internationalen Gemeinschaft ableiten lässt. Hier ergibt sich s. o. Kapitel B. 11. 3. s. o. Kapitel B. 11. 3. a) und B. III. 3. Fn. 500. 517 s. Verdross/Simma, Fn. 83 S. 427 § 667 zur Definition des völkerrechtlichen Protests, der "das Gegenstück zur Anerkenung bildet, da durch ihn die Rechtmäßigkeit einer Sachlage bestritten wird." 518 Nach der ganz überwiegenden Haltung des Schriftums führen die Pläne für die Stationierung von Waffen im Weltraum ohne einen kooperativen Rahmen zu einer neuen Rüstungsspirale im Weltraum und auf der Erde, s. Nachweise in Kapitel B. 11. 1. a) Fn. 104 und u. Kapitel D. V. 5. c) aa) (3). 515

516

IV. Fazit und weitere Fragestellung

165

nun ein zentrales, in der Folge zu behandelndes Untersuchungsinteresse der vorliegenden Arbeit, das darin besteht, den Gemeinschaftsstatus des Weltraums in Verbindung mit der seit der Entstehung der Menschheitsklausel im Weltraumvertrag 1967 zu beobachtenden zunehmenden "Verrechtlichung" der internationalen GemeinschaftS19 als Ausgangspunkt für eine konkretisierende Auslegung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung als einer Verpflichtung zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum gegenüber der internationalen Gemeinschaft zu begreifen. Eine solche Rechtspflicht zur Erreichung eines Verhandlungsergebnisses wurde vom IGH520 in seinem Nuklearwaffen-Gutachten in Bezug auf das Gemeinschaftsinteresse der nuklearen Abrüstung aus der konkreten Vertragsverpflichtung des Artikel VI NVV abgeleitet. Eine solche ausdrückliche Verhandlungspflicht ist aber im Weltraumvertrag nicht enthalten. Die Verpflichtung zur Schaffung einer internationalen Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraumes und zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum könnte daher nur als Ausfluss der Menschheitsklausel und des Gemeinschaftsstatus des Weltraums begründet werden. Eine solche Herleitung könnte darauf gestützt werden, dass die volle Reichweite des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums aus der Menschheitsklausel als einem zentralen Element des CHOM-Grundsatzes entwickelt wird, insoweit dieser ein allgemeines Strukturprinzip des Weltraumrechts darstellt, der den Status des Weltraums als "gemeinsames Erbe der Menschheit" konstituiert. Aus dem CHOM-Status des Weltraums ergäben sich maßgebliche Anhaltspunkte für die Konkretisierung der zur Bewahrung des Menschheitsinteresses erforderlichen Rechtspflichten sowohl in materieller als auch verfahrensmäßig-institutioneller Hinsicht in Bezug auf die friedliche Nutzung des Weltraums als struktureller Voraussetzung der Verwirklichung des Menschheitsinteresses, woraus sich wiederum Folgerungen im Hinblick auf die Auslegung und Anwendung des Rechtsgrundsatzes ergeben. Der Status des Weltraums als Gemeinsames Erbe der Menschheit würde auch im Sicherheitsbereich besondere Gemeinschaftsverpflichtungen auferlegen, die eine Herleitung von Rechtsstandards kooperativer Gemeinsamer Sicherheit aus dem Grundsatz der friedlichen Nutzung in Verbindung mit dem weltraumvertraglichen Kooperationsgebot nahe legen. Wenn es bei den Plänen einer NMD lediglich um die Aufrüstung auf dem Territorium der betroffenen Staaten ginge, wäre auch bei starker Beeinträchtigung der internationalen Sicherheit die Herleitung besonderer Verpflichtungen allein aus dem Allgemeininteresse der internationalen Gemeinschaft an nuklearer Abrüstung und 519 s. neuerdings die umfassende Arbeit von Paulus, Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht. Eine Untersuchung zur Entwicklung des Völkerrechts im Zeitalter der Globalisierung (2001). 520 ICJ Reports 1996, S. 264 Para. 99.

166

B. Die völkerrechtliche Begrenzung des militärischen Hegemonialstatus

Wahrung der internationalen Sicherheit ohne konkrete Abrüstungsbestimmungen wie Artikel VI NVV vermutlich eine Überstrapazierung der Gemeinschaftsbindung innerhalb der internationalen Gemeinschaft. Hier geht es jedoch um die geplante Nutzung eines anerkanntermaßen staatsfreien Raumes, die im Weltraumvertrag als "Angelegenheit der ganzen Menschheit" bezeichnet wird. Die ausdrückliche Bezugnahme auf den CHOMGrundsatz im Rahmen der aktuellen Verhandlungen in der Genfer Abrüstungskonferenz durch zwei Schlüsseldelegationen der Staatengruppe der Ungebundenen 521 im Zusammenhang mit der Forderung der internationalen Gemeinschaft nach unverzüglicher Aufnahme von multilateralen Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum deutet darauf hin, dass sich auch bereits in der Staatenpraxis die opinio juris entwickelt, dass aus dem Status des Weltraums als CHOM Rechtswirkungen entstehen, die zu einer Rechtspflicht gegenüber der internationalen Gemeinschaft führen könnten, Maßnahmen - wie es die Generalversammlung eindringlich fordert - zu unterlassen, die ein Wettrüsten im Weltraum hervorrufen würden. Diesen Fragestellungen wird im Folgenden im Einzelnen nachgegangen.

521

China, Fn. 469 und Ägypten, Fn. 383 u. 431.

c. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit (CHOM-Prinzip)" als allgemeines Strukturprinzip im Weltraumrecht

Outer space is the province oJ alt mankind. So says the Outer Space Treaty (1967), adopting the principle that there are areas where common interests must be served and given priority. J. E. S. Fawcett, 1984 1 The potential Jor conflict accompanied mankind 's advance into outer space. In the cold war atmosphere oJ the 1950s, unbridled East-West competition threatened to transJorm a vacuum yet into another arena Jor the dash oJ arms, ideology, and national interest. This spectre helped impel nations to seek a common vision oJ their Juture relations in a newly accessible environment. Philip D. O'Neill, Jr, 1984?

J. Bisherige Einordnung 1. Entstehungsgeschichte a) Res communis als begrenztes VorläuJerkonzept

Das aus dem römischen Recht abgeleitete und insbesondere auf die Hohe See angewandte Prinzip der res communis sieht im Völkerrecht im Wesentlichen ein Verbot der staatlichen Aneignung und freien Zugang sowie Nutzungsfreiheit für alle Staaten vor. 3 Dieses Konzept wurde bereits mit dem Fawcett, Outer Space. New Challenges to Law and Policy (1984) S. 3. O'Neilt Jr., The Development of International Law Governing the Military Use of Outer Space, in Durch (Hrsg.), National Interests and the Military Use of Space (1984) S. 169. 3 Grotius, Mare Liberum, 1605 (engl. Ausgabe 1978, übersetzt von Magoffin), S. 29 und Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht. Theorie und Praxis, 3. Auf!. (1984) S. 728 § 1129 u. S. 738 § 1136 mit Verweis auf die Digesten 8, 4, L. 13 pr.; Wolfrum, Die Internationalisierung staatsfreier Räume (1984) S. 10; Altemir, EI Patrimonio Comun de la Humanidad. Hacia un regimen juridico international para su gestion (1993) S. 24; Baslar, The Concept of the Common Heritage of Mankind in 1

2

168

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Gedanken verbunden, dass die ihm unterliegenden Gebiete einer gemeinsam durch die Staatengemeinschaft ausgeübten Souveränität und damit einer positiven Internationalisierung unterliegen. 4 Hugo Grotius bezeichnete Wasser, Luft und Licht als "allgemeine Güter".5 Das res communis-Konzept wurde schon vor Beginn der Weltraumfahrt auch auf den Weltraum und die Himmelskörper angewendet. 6 Insoweit es die Aneignung der betroffenen Gebiete im Interesse einer Internationalisierung ausschließt, kann es als ein Vorläuferkonzept des CHOM-Grundsatzes angesehen werden. So hatte schon der Vorsitzende der ersten Genfer Seerechtskonferenz Prinz Wan Waithayakorn im Jahre 1958 die Hohe See als "l'heritage commun de toute l'humanite" bezeichnet und daraus "l'interet general de determiner nettement le droit de la mer de faire en sorte que celui-ci reglemente les divers interets en jeu et assure ia conservation de cet heritage pour ie bien de tous" abgeleitet. 7 Was jedoch den freien Zugang und die Nutzungsfreiheit anbelangt, wurde insbesondere von den Entwicklungsländern bald bemerkt, dass eine bloße Übertragung des res communis-Konzepts auf die Ressourcen staatsfreier Räume nicht ausreichen würde, um ihre Ansprüche auf eine faire Beteiligung an den Erträgen der Nutzung zu erfüllen. Bei der Freiheit der Hohen See kann man noch davon ausgehen, dass die Anwendung der Nutzungsfreiheit auch de facto keinen Staat besonders privilegiert. Anders verhielte es sich aber bei deren unveränderter Übernahme auf den Weltraum, die Himmelskörper oder den Meeresboden, da zu deren Nutzung International Law (1998) S. 40; Stocker, Das Prinzip des Common Heritage of Mankind als Ausdruck des Staatengemeinschaftsinteresses, Schweizer Studien zum Internationalen Recht (1993) S. 146. 4 Kiss, Patrimoine commun de l'humanite, RdC 175 (1982 II) S. 120; Reuter, Droit international public (1968) S. 190. 5 Grotius, Vom Recht des Krieges und des Friedens (1625, dt. Übersetzung durch W. Schätzet, Tübingen 1950) S. 147; Back Impallomeni, Zur Rechtsstellung von Drittstaaten gegenüber dem Mondvertrag von 1979, ÖZöRVR 33 (1982) S. 276 mit Nachweisen zum res communis-Konzept aus den Digesten in Fn. 38. 6 Marcoff, Traite de droit international de l'espace (1973) S. 148-150; Kiss, Fn. 4, S. 121. 7 Premiere seance pleniere, 24. fevrier 1958, PV, S. 3; s. Sucharitkut, Evolution continue d'une notion nouvelle: le patrimoine commun de l'humanite, in Dinsteinl Tabory (Hrsg.), International Law at a Time of Perplexity, Essays in Honour of Shabtai Rosenne (1990) S. 897; der Begriff wurde, wie Vitzthum, The Search for Sectoral World Orders, in Vitzthum (Hrsg.), Aspekte der Seerechts entwicklung (1980) S. 339 Anm. 68 ermittelt hat, im Seerecht gelegentlich auch schon früher verwendet, so in der Fischereiresolution des Institut de Droit International von 1937, Annuaire de !'Institut de Droit International 1937 S. 268; Wiessner, The Public Order of the Geostationary Orbit: Blueprints for the Futures, The Yale Journal of World Public Order 9 (1983) S. 263 verweist darauf, dass der Supreme Court of North Carolina: Burger v. Barringer, 151 N.C. 433, 66 S. 440 bereits im Jahre 1909 den Begriff in Bezug auf Solarenergie verwendet hat: "Light and air are as much a necessity as water and are the common heritage of mankind. "

1. Bisherige Einordnung

169

von den technologischen Voraussetzungen her ausschließlich wenige Industrieländer in der Lage sind. Genau hier setzt das von den Entwicklungsländern entwickelte CHOM-Prinzip an, indem es das negative Element des Verbots der staatlichen Aneignung und das Element der Nutzungsfreiheit im res communis-Gedanken ergänzt durch ein positives Element der Nutzung im Interesse der ganzen Menschheit und der fairen Beteiligung aller Staaten an den Erträgen der Nutzung unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer. Auf Grund dieser Ergänzung des res communis-Konzepts wurde der CHOM-Grundsatz von seinem Begründer im Weltraumrecht auch zutreffend als res communis humanitatis- Konzept bezeichnet. 8 Dass jedoch bereits mit dem res-communis-Konzept in der Völkerrechtsliteratur Gedanken einer "appartenance a tous en indivision ,,9 und einer "internationalisation positive et reglementation commune"IO verbunden wurden, zeigt, wie stark sich schon vor der Einführung des CHOM-Grundsatzes eine Tendenz zur Internationalisierung staatsfreier Räume und Herausbildung von Gemeinschaftsinteressen im Völkerrecht entwickelte. 11 b) Einführung des Grundsatzes im Weltraumrecht und Anwendung auf den Weltraum per se

Bereits vor Beginn der ersten Weltraumaktivitäten ist in der Völkerrechtswissenschaft l2 die Notwendigkeit für die Schaffung eines internationalen Regimes für den Weltraum, das den Gemeinwohlinteressen der Menschheit 8 Cocca, The Advances in International Law through the Law of Outer Space, JSL 9 (1981) S. 15. 9 Kiss, Fn. 4 S. 120. 10 ThierrylCombacaulSurlVallee, Droit international public (1979) S. 378. 11 Zu den Vorläuferkonzeptionen und rechtsphilosophischen Grundlagen s. Verdross, Der klassische Begriff des ,bonnum commune' und seine Entfaltung zum ,bonnum commune humanitatis', ÖzöRV 28 (1977) S. 143; Touscoz, La Souverainte Economique, la Justice Internationale et le Bien Commun de I'Humanite, in Humanite et Droit International. Melanges Rene-Jean Dupuy (1991) S. 315; Altemir, Fn. 3 S. 12 und Baslar, Fn. 3 S. 7 ff., welche das CHOM-Konzept bereits bei Vattel und Vitoria ausmachen; Metcalf, Activities in Space - Appropriation or Use? (1999) S. 186 erwähnt Scelle sowie die ILC-Mitglieder Hsu und Spiropoulos als frühe Befürworter des CHOM-Gedankens in Bezug auf die Hohe See und die Fischbestände. 12 Schachter, Legal Aspects of Space Travel, in Journal of the Britisch Interplanetary Society, Januar 1952, S. 15; ders.; The Prospects for a Regime in Outer Space and International Organization, in Cohen (Hrsg.), Law and Politics in Space (1964) S. 95; McDougal, The Prospects for a Regime in Outer Space, in Cohen (Hrsg.), Law and Politics in Space (1964) S. 105; Kroell, Einem Weltraum entgegen, Zeitschrift für Luftrecht 1 (1952) S. 254; Alex Meyer, Legal Problems of Flight into Outer Space, Third Astronautical Congress, Stuttgart 5. 9. 1952; lenks, The Common Law of Mankind (1958) S. 394; lessuplTaubenfeld, Control of Outer

170

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

dienen soll, begründet worden. Oscar Schachter bezeichnete schon 1952 den Weltraum als common property 0/ all mankind over which no nation would be permitted to exercise domination". Dies würde "dramatically emphasize the common heritage 0/ humanity and ... might serve, perhaps significantly, to strengthen the sense of international community which is so vital to the development of a peaceful and secure world order" [Hervorhebung von mir] 13 H •••

Schachter 14 unterstrich besonders auch mit Blick auf die internationale Sicherheit die Notwendigkeit, Gemeinschaftsprinzipien für die Nutzung des Weltraums zu entwickeln, welche die nationalen Interessen überwinden würden. Alfredo Cocca, der argentinische Weltraurnrechtler und spätere Botschafter bei den Vereinten Nationen, der 1967 das CHOM-Konzept in die Verhandlungen zum Weltraum in den Vereinten Nationen einbringen sollte, kam in seinem Werk" Teorfa dei Derecho Interplanetario" von 1957 auf der Grundlage einer Untersuchung insbesondere der frühen europäischen Weltraurnrechtsliteratur 15 zu dem Ergebnis, dass die Staatengemeinschaft als Ganzes im Rahmen eines Völkerrechts der Menschheit ("derecho publico de la humanidad") Souveränität über den Weltraum ausüben sollte. 16 Cocca fasste ein Jahr später auf dem ersten Kolloquium des neu Space and the Arctic Analogy (1959) S. 275 traten dafür ein, den Weltraum unter die Verwaltung, zumindest Kontrolle der Vereinten Nationen zu stellen. 13 Schachter, Who Owns the Universe?, Collier's Bd. 129, Nr. 12 (22. 3. 1952) S. 36, erneut abgedruckt in Space Law - A Symposium, US Senate, 85 th Congress, 2nd Session, 1959, Special Committee on Space and Astronautics, S. 17; Schachter erinnerte an seine Vorschläge und die Urheberschaft des Begriffs "common heritage of humanity" auf dem Panel "Treaty Law and Outer Space: Is the United Nations Playing an Effective Role?" auf der 80. Jahrestagung der American Society of International Law; ders., Diskussionsbeitrag, Proc. ASIL 80th Annual Meeting (1986) S.374. 14 Schachter, Fn. 12, in Cohen (Hrsg.) S. 99: " ... principles should be formulated insofar as possible to transcend individual national interests and to embody community or inc1usive interests"; s. auch ders., Sharing the World's Resources (1977) S. 35 ff.; ebenso McDougal, Fn. 12, in Cohen (Hrsg.) S. 109. 15 So spricht bereits Mandl, Das Weltraum-Recht. Ein Problem der Raumfahrt (1932) S. 33 vom "hoheitslosen Weltraum" und S. 31: "Die völkerrechtliche Bejahung der Souveränität betrifft nur die Zone der Luft, die Atmosphäre [,l'espace atmospherique', Art. 1 des Pariser Abkommens vom 13. Oktober 1919]; man hatte weder Anlaß noch Absicht, den Staaten weiter nach oben reichende Berechtigungen zuzusprechen. Wo der Luftraum endet, da endet zugleich jene Gebietshoheit, welche oberhalb des Territoriums die Staaten einander durch Verträge und durch stete Übung zuerkannt haben."; nach Kroell, Einem Weltraum entgegen, Zeitschrift für Luftrecht 1 (1952) S. 254 (Übersetzung aus dem Französischen von A. Meyer) ist der Weltraum "ein weiter, öffentlicher, universeller Bereich, dessen Nutznießung rechtlich nur der irdischen menschlichen Gemeinschaft ... zugestanden werden kann, d.h. der Gesamtheit der in Staaten oder Staatengruppen organisierten Nationen".

I. Bisherige Einordnung

171

gegründeten International Institute oJ Space Law der International Astronautical Federation diesen Gedanken in den Vorschlag, die Nutzung des Mondes durch die "international community oJ nations" vorzusehen und dazu auch bereits "regulations Jor the utilization oJ the Moon Jor peaceful purposes" [Hervorhebung von mir] aufzustellen. 17 Damit zielte er außerdem auf die" emergence oJ mankind as a new subject created by Space Law ". 18 Die VN-Generalversammlung war stark von diesen gemeinschaftsorientierten Überlegungen, die sowohl von Vertretern der Entwicklungs- wie der Industrieländer vertreten wurden, beeinflusst. Sie brachte diese 1963 in ihrer einstimmig verabschiedeten Grundsatz-Entschließung unter dem Titel "Declaration oJ Legal Principles Governing the Activities oJ States in the Exploration and Use oJ Outer Space" mit dem Anspruch, die Grundlagen für die künftige Rechtsordnung des Weltraums zu schaffen, zum Ausdruck, indem sie vorsah, dass die friedliche Nutzung des Weltraums "zum Wohle und im Interesse der ganzen Menschheit (jor the benefit and in the interests oJ all mankind)" erfolgen soll (Ziffer 1).19 Dabei stand der Begriff ,,Interesse der Menschheit" von Anfang an in einem starken sicherheitspolitischen Kontext, wie die Betonung der "friedlichen Nutzung" des Weltraums durch die VN-Generalversammlung zeigt?O Die Menschheitsklausel fand Eingang über die Grundsätze-Resolution von 1963 in den am 27. 1. 1967 angenommenen Weltraum vertrag , mit dem die "Internationalisierung" des hoheitsfreien Raumes festgeschrieben wurde. 21 Im selben Jahr führte Cocca erstmals den CHOM-Grundsatz ausdrücklich als grundlegendes Rechtsprinzip für den Status des Weltraums offiziell in den Vereinten Nationen ein.22 Cocca, Teoria deI Derecho lnterplanetario (1957) S. 246. Cocca, Principles for a Dec1aration with Reference to the Legal Nature of the Moon, Proc. 1st Colloq. Space Law (1959) S. 36. 18 Cocca, Prospective Space Law, JSL 26 (1998) S. 51; ders., Basic Statute for the Moon and Heavenly Bodies, Proc. 5th Colloq. Space Law (1963) S. 36; ders., Fn. 8, S. 15: " .. . the international community . . . had recognized the existence of a new subject of international law, namely mankind itself, and creates a jus humanitatis, . . . and endowed that new subject of international law - mankind - with the vastest common property (res communis humanitatis) which the human mind could at present conceive of, namely outer space itself, inc1uding the Moon and the other celestial bodies"; ders., Protocol to the Space Treaty on the Common Heritage of Mankind, Proc. 34th Colloq. Space Law (1992) S. 161: "The concept of the common heritage of mankind was elaborated for Space Law, and when its scope was still in debate, it was inserted in the international law of the sea." 19 VN-Res. 1962 (GV XVIII) v. 13. 12. 1963; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Weltraumrecht. Law of Outer Space. Textsammlung (1987) S. 602. 20 s. dazu Kapitel B. I. 1. b) Fn. 29. 21 s. o. Kapitel B. I. 1. b) Fn. 25; Dutheil de la Rochere nennt ihren Grundsatzartikel über den Weltraumvertrag für das Annuaire Fran~ais de Droit International 8 (1967) S. 608 "La Convention sur l'Internationalisation de l'Espace". 16 17

172

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

In einer parallelen Entwicklung im Seerecht hat ebenfalls im Jahr der Unterzeichnung des Weltraumvertrages nahezu zeitgleich der Botschafter Maltas bei den VN, Arvid Pardo,23 den CHOM-Grundsatz für den Rechtsstatus des Tiefseebodens und seiner Ressourcen vorgeschlagen. Pardo löste damit die wohl umfassendste und tiefgreifendste Neukodifizierung dieses Rechtsgebiets aus. Die Grundsatz-Resolution und der darauf aufbauende Weltraumvertrag von 1967 24 enthalten in der Menschheitsklausel bereits die fünf Hauptelemente des CHOM-Grundsatzes, die sich auf den Weltraum per se und nicht nur auf die Himmelskörper beziehen: 25 22 Cocca, in Legal Sub-Committee of COPUOS, Sixth Session, 19. 6. 1967, UN Doc.A/AC.105/C2/SR.75, S. 7-8; zuvor hatte Cocca, Determination of the Meaning of the Expression ,res communis humanitatis', Proc. 6th Colloq. Space Law (1964) S. 69 bereits vorgeschlagen, "to declare that celestial bodies were to be considered res communis omnium for all mankind". 23 Note Verbale Maltas an den VN-Generalsekretär v. 17. 8. 1967 "Declaration and Treaty Concerning the Reservation Exclusively for Peaceful Purposes of the Seabed and of the Ocean Floor, Underlying the Seas Beyond the Limits of National Jurisdiction, and the Use of their Resources in the Interests of Mankind; UN Doc. A/AC.105/C.2/SR.75 und Statement Pardos in UN Doc. A/C.lIPV. 1515, S. 6: "It is a new legal principle which we wish to introduce into international law ... , s. auch Pardo, Ocean, Space and Mankind, 6 (1984) Third World Quaterly S. 559 ff.; der maltesische Vorschlag wurde weiterentwickelt in Draft Ocean Space Treaty, submitted by Malta, 16. 8. 1971, UN DocA/C. 138, 53; auch die World Peace Through Law Conference schlug den VN im Juli 1967 die Einführung des CHOMPrinzips vor; Wolfrum, The Principle of the Common Heritage of Mankind, ZaöRV 43 (1983) S. 315; s. zur Beanspruchung der Urheberschaft des CHOM-Grundsatzes zwischen Pardo und Cocca Postyshev, The Common Heritage of Mankind. From New Thinking to New Practice (1990) S. 37. 24 Vertrag vom 27. Januar 1967 über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper (Weltraumvertrag), BGBl. 1969 H, S. 1969, abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 1 (Stand Ratifizierung zum 1. 2. 2001: 96 Ratifizierungen und 27 Unterzeichnungen). 25 Zur Qualifizierung des Weltraums per se als CHOM s. Andem, International Legal Problems in the Peaceful Exploration and Use of Outer Space (1992) S. 214; Kiss, Fn. 4 S. 155; Hobe, Common Heritage of Mankind - An Outdated Concept in International Space Law?, Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 274; Raslar, Fn. 3 S. 160; Cocca, Fn. 8, S. 15; ders., Fn. 18 Proc. 34th Colloq. Space Law (1992) S. 161; Fitschen, Gemeinsames Erbe der Menschheit, in Wolfrum (Hrsg.), Handbuch der Vereinten Nationen (2. Aufl. 1991) S. 211; Gorove, International Space Law in Perspective, RdC (1983 III) S. 353; Matte, The Common Heritage of Mankind and Outer Space, AASL 12 (1987~ S. 313; Postyshev, Fn. 23 S. 132; International Law Association, Report of the 69 t Conference, London (2000) (Beitrag Cheng) S. 586; Altemir, Fn. 3 S. 124 u. 245; Monserrat Filho, Why and How to Define "Global Public Interest", Proc. 43 rd Colloq. Space Law (2001) S. 24: " ... this space, logically, cannot be another thing rather than common heritage of mankind"; Stocker, Fn. 3 S. 102; Wolfrum, Fn. 3 S. 341; ders., Common Heritage of Mankind, in: En-

I. Bisherige Einordnung

173

cyclopaedia of Public International Law II (1989) S. 67; ders., Fn. 23 S. 315; Christo I, The International Law of Space Environment Resources, in 10 Thesaurus Acrosium (1981) S. 553, erneut abgedruckt in Christol, Space Law: Past, Present, and Future (1991) S. 71; Wiesnerllung, Das völkerrechtliche Regime der geostationären Umlaufbahn, ÖZöRVR 32 (198l/82) S. 216; OkoZie, Legal Interpretation of the 1979 United Nations Treaty Concerning the Activities of Sovereign States on the Moon and other Celestia1 Bodies within the Meaning of the Concept of Common Heritage of Mankind, Proc. 23 rd Colloq. Space Law (1981) S. 64; Wolter, The Peaceful Purpose Standard of the Common Heritage of Mankind Clause in Outer Space Law, ASILS International Law Journal, IX (1985) S. 117; Dumer, Common Goods. Statusprinzipien von Umweltgütern im Völkerrecht (2000) S. 228; Agrawala, Arms Control in Outer Space, ZaöRV 45 (1985) S. 515; Reijnen, The United Nations Space Treaties Analysed (1992) S. 96: " ... justifies the assumption that ,province of all mankind' and ,common heritage of mankind' are equivilant terms for the same phenomenon ... " [Hervorhebung im Original]; ebenso Genius-Devime, Bedeutung und Grenzen des Erbes der Menschheit im völkerrechtlichen KuIturgüterschutz (1996) S. 58: "Dieser Sprachgebrauch kommt dem ,Erbe der Menschheit' schon sehr nahe. Naheliegend ist daher auch, Art. 1 Abs. 1 - vor allem ausgehend von dem englischen Wortlaut, ,province of mankind', bzw. der französischen version, ,apanage de l'humanite entiere' - in Verbindung mit dem Appropriationsverbot des Art. 2 als Konstituierung des Weltraums als ,gemeinsames Erbe der Menschheit' ... zu lesen" [Hervorhebung von mir]; Dettmering, Die RechtsteIlung von Menschen, Stationen und Niederlassungen auf Himmelskörpern (Dissertation 1971) S. 177; lankowitsch, Mond und Himmelskörper im neuen Völkerrecht des Weltraums. Das Übereinkommen vom 5. Dezember 1979, ZLW 30 (1981) S. 178: "Eine Reihe der in Artikel 11 enthaltenen Bestimmungen ist auch schon im Weltraumvertrag enthalten ... "; MacDonald, The Common Heritage of Mankind, in BeyerlinlBothe/HojmannlPetersmann (Hrsg.), Recht zwischen Umbruch und Bewahrung. Festschrift für Rudolf Bernhardt (1995) S. 153; Weeks, Continuing Patterns of Inequality Between North and South in Outer Space, Revue de Droit International et de Science diplomatique et politique 79 (mai/aout 2001) S. 170 spricht von einer "indirect reference to the Common Heritage doctrine in the Outer Space Treaty"; nach einer Mindermeinung sind nur die Himmelskörper CHOM: Bueckling, Die Freiheiten des Weltraumrechts und ihre Schranken, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch (1991) S. 55; ders.: Weltraumrecht - auf der Schwelle in das 3. Jahrtausend in BenkölKröll (Hrsg.), Luft- und Weltraumrecht im 21. Jahrhundert. Liber amicorum für Böckstiegel (2001) S. 291; Back lmpallomeni, Fn. 5 S. 277 Text u. dort Fn. 42; LarschanlBrennan, The Common Heritage of Mankind Principle in International Law, Columbia Journal of International and Transnational Law 21 (1983) S. 331, die trotz der vertraglichen Festlegung des CHOM-Grundsatzes im Mondvertrag annehmen, "the CHM as originally conceived by Third World advocates, cannot be said to exist in contemporary space law ... no opinio juris has emerged on the CHM. '" It could even be argued, at this time, the CHM as a legal concept is dead." Die Autoren unterliegen dabei dem logischen Fehler, das CHOM-Prinzip a priori mit einem bestimmten - anti-marktwirtschaftlichen - Verteilungssystem hinsichtlich der Naturschätze zu verknüpfen, um dann festzustellen, dass in dieser Form das Prinzip im Weltraumrecht nicht verwirklicht ist. Das CHOM-Prinzip geht einerseits aber in seiner Reichweite weit über die Nutzungsfrage hinaus und lässt

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

- Nutzung im Interesse der Menschheit unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer (Menschheits klausel, Artikel lAbs. 1 WRV; Grundsatz-Resolution Ziffer 1); - Verbot der nationalen Aneignung und Okkupation (Souveränitätsausschluss, Artikel 11 WRV; Grundsatz-Resolution Ziffer 3); - Nutzung ausschließlich zu friedlichen Zwecken (Rechtsgebot der friedlichen Nutzung, Präambelerwägung 2 und 4 sowie Artikel IV Abs. 2, IX u. XI WRV; Grundsatz-Resolution Präambel und Ziffer 6); - Bewahrung des Menschheitserbes für künftige Generationen (Gebot des Umweltschutzes, Artikel IX WRV; Grundsatz-Resolution Ziffer 6); - Verpflichtung zur Zusammenarbeit (Kooperationsgebot, Artikel IX-XIII WRV; Grundsatz-Resolution Ziffer 3). Es waren nach Wolfrum 26 vor allem die USA, die den Begriff "Interesse der Menschheit" weiterentwickelten und stärker in einen über das Sicherheitspolitische hinausgehenden, auch hinsichtlich der Ergebnisse von Forschung und Nutzung kooperativen Kontext stellten?7 Wolfrum 28 bezeichnet dies als die eigentliche Geburtsstunde des CHOM-Konzepts, da hiermit erstmals ein eindeutiger Wechsel von einem aus dem traditionellen Völkerrecht der Koexistenz abgeleiteten Ansatz zu einem auf eine Völkerrechtsordnung der Kooperation gerichteten Konzept gewählt wurde. Mit Blick auf die künftige Ausbeutung von Ressourcen auf den Himmelskörpern begann der Weltraumausschuss 1970 mit Verhandlungen über den Entwurf eines entsprechenden Vertrages für alle Himmelskörper einschließlich des Mondes. Als erstes Land legte 1970 Argentinien im Unterausschuss für Rechtsfragen des Weltraumausschusses einen Vertragsentwurf für einen solchen Mondvertrag vor, in dem auch erstmals in einem weltraumrechtlichen Vertragsentwurf der CHOM-Grundsatz für den Status von Mond und allen Himmelskörpern vorgeschlagen wurde. 29 Während die UdSSR andererseits hinsichtlich der Nutzungsfrage selber mehrere Lösungen zu; s. neuerdings Tan, Towards a New Regime for the Protection of Outer Space as the "Province of All Mankind", Yale Journal of International Law 25 (2000) S. 145, der zwar die "province of all mankind"-Klausel für nicht mit dem CHOM-Grundsatz deckungsgleich ansieht, aber aus der Menschheitsklausel dieselben Schlussfolgerungen des CHOM-Konzepts hinsichtlich des Stellenwerts des Allgemeinwohlinteresses und seiner Umsetzungserfordernisse zieht; ähnlich sieht Metcalf, Fn. 11 S. 191 den Hauptunterschied zwischen beiden Konzepten lediglich im Grad der Verpflichtung zu gemeinsamer wirtschaftlicher Ausbeutung der Ressourcen, der beim CHOM-Prinzip höher sei, aber nicht im Grundsätzlichen. 26 Wolfrum, Fn. 3, S. 277; s. auch Hobe, Die rechtlichen Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums (1992) S. 97. 27 UN Doc. A/3902. 28 Wolfrum, Fn. 3, S. 277.

I. Bisherige Einordnung

175

und Bulgarien30 den Grundsatz zunächst ablehnten, legten die USA 1972 einen Kompromissvorschlag vor, der das CHOM-Prinzip ausdrücklich übernahm. 3! Schließlich setzte sich ein Kompromisstext Österreichs 32 mit Anwendung des CHOM-Grundsatz in der vom Mondvertrag33 in Artikel 11 übernommenen Fassung durch. Ebenso wie bereits bei den Verhandlungen betreffend Abschnitt IX der Seerechtskonvention über das internationale Nutzungsregime der Bodenschätze blieben aber die korrespondierenden, wiewohl stärker als in der Seerechtskonvention von den Interessen der Weltraummächte mitbestimmten Bestimmungen im Mondvertrag heftig umstritten. Der hinsichtlich des künftigen internationalen Regimes zur Ausbeutung der Naturschätze schließlich gefundene Kompromiss stellt offenbar keine der beteiligten Seiten zufrieden, da sowohl die Industrieländer als auch die Entwicklungsländer bis heute mehrheitlich den Vertrag nicht ratifizierten. Die weiterhin offene Frage der Nutzung der Naturschätze, die ausschlaggebend ist für die geringe Zahl der Ratifizierungen, hat aber nicht zur Folge, dass damit das CHOM-Prinzip insgesamt in Frage gestellt würde. Vielmehr handelt es sich beim Konzept des Menschheitserbes mit Blick auf die Nutzungsfrage um eine Art "völkerrechtlichen Gemeinnützigkeitsvorbehalt in Form einer Generalklausel",34 der im Einzelfall durchaus verschiedene Möglichkeiten lässt, das Nutzungsregime innerhalb des Gesamtkonzeptes vom Menschheitserbe auszugestalten. Der substanzielle Gehalt und die Struktur des CHOM-Prinzips hinsichtlich seiner Kernelemente bleiben davon unberührt. Ebenso wie die "province 0/ all mankind"-Klausel in Artikel lAbs. 1 WRV als ein "unifying concept", das dem Vertrag "greater cohesion,,35 gibt, die Strukturelemente des Weltraumvertrags zusammenbündelt, führt das CHOM-Prinzip im Mondvertrag dieselben strukturellen Kernelemente UN Doc. A/AC. 105/C.2/L.71 and Corr. 1 UN Doc. A/8391 and Corr. 1 (UdSSR); UN Doc. A/AC./115 Annex I, S. 11 (Bulgarien). 31 UN Doc. A/AC./115 Annex I, S. 31 (USA); s. zu dem das CHOM-Konzept bejahenden US-Papier Wolfrum, Der Mondvertrag von 1979 - Weiterentwicklung des Weltraumrechts, EA 35 (1980) S. 666. 32 UN Doc./AC.1051218 Annex I, S. 2; s. dazu lankowitsch, Fn. 25 S. 173. 33 Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten auf dem Mond und anderen Himmelskörpem (Mondvertrag), Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich (1984) S. 1755; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 30 (Stand der Ratifizierungen zum 1. 2. 2001: 9 Ratifizierungen, 5 Unterzeichnungen). 34 Kewenig, Menschheitserbe, Konsens und Völkerrechtsordnung, EA 36 (1981) S. 3; ähnlich Hobe, Fn. 26 S. 260; Pritzsche, Natürliche Ressourcen im Weltraum das Recht ihrer wirtschaftlichen Nutzung (1989); ders., Die Nutzung der natürlichen Ressourcen, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 574. 35 Christol, Fn. 25 S. 71. 29

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

in einem strukturprägenden Schlüsselbegriff zusammen. 36 Kries 3? spricht deshalb zu Recht nicht nur in Bezug auf den Mond und die anderen Himmelskörper, sondern auch für den Weltraum insgesamt vom Status als "hoheitsfreier internationaler Gemeinschaftsraum". Der nach neunjährigen Verhandlungen erzielte Kompromiss über den Mondvertrag stellt also ungeachtet der offenen Nutzungsfrage einen wichtigen Schritt bei der Kodifizierung des CHOM-Grundsatzes im Weltraumrecht dar, da er als erster weltraumrechtlicher Vertrag den Grundsatz ausdrücklich festlegt. In Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums verstärkt der Mondvertrag die Bestimmung des Artikel IV WRV und weitet das ausdrückliche Verbot der Stationierung von Kernwaffen oder anderen Massenvernichtungswaffen in der Erdumlaufbahn auf den Mond aus. 38 Der Vertrag bekräftigt und konkretisiert auch die anderen bereits im Weltraumvertrag unter dem Begriff der "Angelegenheit der ganzen Menschheit (province 0/ all mankind)" niedergelegten Strukturprinzipien für die Erforschung und Nutzung des Mondes und aller anderen Himmelskörper und verfestigt somit die Strukturordnung des weltraumrechtlichen Menschheitsprinzips. Er bestätigt damit die bereits im Weltraumvertrag angelegte Strukturordnung des Weltraums als CHOM und konkretisiert sie in Bezug auf die wirtschaftliche Nutzung in der Weise, dass er ausdrücklich die Schaffung eines internationalen Regimes zur gerechten Aufteilung der Erlöse vorschreibt.

36 Grundlegend Kewenig, Menschheiterbe: politischer Slogan oder Schlüsselbegriff des Völkerrechts?, in Münch (Hrsg.), Staatsrecht, Völkerrecht, Europarecht. Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer (1981) S. 400 der von den fünf "Strukturelementen des CHOM-Grundsatzes" spricht; ders., Fn. 34 S. 3; ebenso zu den fünf Elementen Riedel, International Environmental Law - A Law to Serve the Public Interest? - An Analysis of the Scope of the Binding Effect of Basic Principles (Public Interest Norrns) in Delbrück (Hrsg.), New Trends in International Lawmaking - International ,Legislation ' in the Public Interest (1997) S. 81; Kiss, Fn. 4 S. 155; Hobe, Fn. 25 S. 274; Fitzmaurice, International Protection of the Environment, RdC 293 (2001) S. 150. 37 Kries, Die militärische Nutzung des Weltraums, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 349. 38 Jasentuliyana, A Uni ted Nations Perspective of the Moon Agreement, Proc. 23 rd Colloq. Space Law (1981) S. 176 betont, dass der Vertrag damit auch" ... covers some of the legal lacuna left in the Outer Space Treaty concerning military activities on the moon and other celestial bodies This alone makes the Moon Treaty a worthy and time1y document to be adopted by the international community."

I. Bisherige Einordnung

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2. Kernelemente und Rechtsnatur des CROM-Grundsatzes im Weltraumrecht a) Kernelemente

aa) Absolutes Aneignungsverbot

Artikel 11 WRV und Artikel 11 Absatz 3 MV sehen ein absolutes Aneignungsverbot 39 hinsichtlich des Weltraums und der Himmelskörper vor. Die Bestimmung des Weltraum vertrages lautet, dass der Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper keiner nationalen Aneignung durch Beanspruchung der Hoheitsgewalt, durch Benutzung oder Okkupation oder durch andere Mittel unterliegt. Dieser Ausschluss staatlicher Souveränitätsansprüche über den Weltraum ist notwendige Voraussetzung für den Gemeinschaftsstatus des Weltraums. 4o Auch die beiden Weltraummächte haben von Anfang an erklärt, dass mit ihren Weltraumaktivitäten keinerlei Hoheitsansprüche über den Weltraum oder die Himmelskörper verbunden sind. 41 Dass es über den Weltraum im Unterschied zum Luftraum, der dem Bodenstaat unterworfen ist, keine staatliche Souveränität geben und der Weltraum und die Himmelskörper nicht als okkupationsfähige res nullius gelten können, ergibt sich schon aus den tatsächlichen Gegebenheiten, die den Raum jenseits der Erdatmosphäre weder abgrenzbar noch beherrschbar machen - beides jedoch Voraussetzung für eine staatliche Aneignung. 42 Dies ist auch eine Erklärung für die von Anbeginn hinsichtlich des Weltraums verfolgte Internationalisierungstendenz. Die Staaten haben jedoch ihren Souveränitätsinteressen dadurch Geltung verschafft, dass sie in Artikel I Absatz 2 WRV und Artikel 1 MV den Grundsatz des freien Zugangs und der Nutzungsfreiheit niederlegten. Daraus erwächst ein besonderes Spannungsverhältnis von Gemeinschafts- und Menschheitsinteresse einerseits 39 Dutheil de La Rochere, Fn. 21 S. 627 spricht von "non-appropriation absolue"; A. Meyer, Der Weltraumvertrag, ZLW 16 (1967) S. 69: "Verbot aller Souveränitätsansprüche auf den Weltraum und die Himmelskörper"; s. auch Darwin, The Outer Space Treaty, BYIL 42 (1967) S. 282; Roth, La Prohibition de l' Appropriation et les Regimes d' Acces aux Espaces Extra-terrestres (1992) S. 65; Bittlinger, Hoheitsgewalt und Kontrolle im Weltraum (1988). 40 Ausführlich Sontag, Der Weltraum in der Raumordnung des Völkerrechts, (1966) S. 233 f.; Metcalf, Fn. 11 S. 159 ff.; Bittlinger, Fn. 39. 41 Rede Präsident Eisenhowers vor der Generalversammlung am 22. 9. 1960 und Briefwechsel Eisenhower und Chrustschow vom April 1958; abgedruckt in Reijnen, Fn. 25 S. 53; s. dazu Schenk, Die Vereinten Nationen und der Weltraum, Vereinte Nationen (1963) S. 124; WollenschlägerlHablitzel, Der Weltraumvertrag vom 27. Januar 1967, in Festschrift für Küchenhoff (1972) S. 875; Rehm Das Aneignungsverbot, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch, S. 106; s. u. Kapitel C. I. 2. a) a). 42 Rehm, Fn. 41, in BöckstiegeL (Hrsg.) S. 106; Wolfrum; Fn. 3, S. 272. 12 Wolter

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

und der einzelstaatlichen Weltraumfreiheit andererseits, welches Folgen für alle Regelungsbereiche des CHOM-Grundsatzes als Strukturprinzip des Weltraumrechts einschließlich des Sicherheitsbereiches hat. Mit Blick auf militärische Nutzungen ist im Zusammenhang mit dem Aneignungsverbot die noch immer offene Frage der Abgrenzung des staatlicher Hoheit unterliegenden Luftraums von dem sich anschließenden staatsfreien Weltraum sowie die Frage sog. "keep-out"-Zonen43 von Bedeutung. Die Abgrenzung zwischen Luftraum und Weltraum ist für die Frage der Zulässigkeit besonders derjenigen militärischen Nutzungen von Bedeutung, die im erdnahen Raum unternommen werden. Soweit dieser noch dem souveränen Luftraum des Bodenstaates zugerechnet wird, finden die Beschränkungen aus dem Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums keine Anwendung. Anders als von manchen Autoren angenommen, ist also eine Klärung der Abgrenzungsfrage notwendig und kann nicht der weiteren Entwicklung überlassen bleiben. Allerdings ist in der nunmehr über dreißigjährigen Kontroverse,44 bei der sich neben den "wait-and-see"-Befürwortern die sog. "spatialists" und die "Funktionalisten" unterscheiden lassen,45 keine Lösung in Sicht. Während die Ersteren die Abgrenzung anhand physikalischer Gegebenheiten vornehmen wollen,46 stellen die Zweiten darauf ab, dass der Luftraum dort endet, wo Luftfahrzeuge, d. h. Apparate, die nach der Definition des Luftfahrtabkommens von Chicago von 1944 kraft der Reaktion der Luft in der Erdatmosphäre fliegen, nicht mehr benutzt werden können. 47 Der funktionalistische Ansatz hat insofern in der Staatenpraxis Niederschlag gefunden, als Staaten niemals gegen den Überflug ihres Gebiets mit Satelliten protestiert haben, während sie bei Luftfahrzeugen sorgsam auf die Einhaltung der Verträge bzw. bei militärischen Flugzeugen auf das Vorliegen einer Überfluggenehmigung achten. Allerdings wird erwartet, dass sich technisch bald die maximale Flughöhe eines Flugzeuges und die niedrigste Umlaufbahn eines Satelliten überschneiden und Weltraumflugzeuge entwickelt werden, welche mehrfach in die Erdatmosphäre einfliegen und diese wieder verlassen können. Daher scheint eine Grenzziehung nach ausschließlich funktionalen Gesichtspunkten untunlich. Dem Unterausschuss für Wissenschaft und Technik des Weltraumausschusses ist es allerdings bislang nicht gelungen, einvernehmlich wissenschaftliche Kriterien für eine Abgrenzung aufzustellen. 48 Ebenso wenig hat sich die von der s. dazu unten Kapitel D. V. 3. b). Ausführlich Sontag, Fn. 40 S. 61 ff. 45 Cheng, Studies on Space Law (1991) S. 425. 46 Cheng, Fn. 45 S. 444. 47 Verdross/Simma, Fn. 3 S. 748 § 1150. 48 Wolfrum, Weltraumpolitik der Vereinten Nationen, in KaiserlWelck (Hrsg.), Weltraum und internationale Politik (1987) S. 458. 43

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I. Bisherige Einordnung

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UdSSR eingenommene Position durchgesetzt, die Grenze zwischen 100 und 110 km über Meeresniveau, wo die niedrigst mögliche Perigäenbahn eines Erdsatelliten verläuft, zu ziehen. 49 Vor diesem Hintergrund bemüht sich auch der Unterausschuss für Rechtsfragen des Weltraumausschusses anstelle einer bislang fehlgeschlagenen generellen Abgrenzung spezifische Abgrenzungsfragen jeweils konkret im Zusammenhang mit dem Durchflugsrecht von Weltraumobjekten zu klären. 5o DaiBell051 sieht als mögliche Folge der ungeklärten Abgrenzungsfrage eine Entwicklung vergleichbar der im Seerecht, dass Staaten den Raum zwischen ihrem Luftraum und dem hoheitsfreien Weltraum als "contiguous zones" erklären könnten, in der sie beschränkte Souveränitätsrechte ausüben. Auch vor diesem Hintergrund sollte im Zusammenhang mit der Schaffung einer Sicherheitsordnung für den Weltraum der Versuch unternommen werden, Verkehrsregeln ("rules of the road zu vereinbaren, in denen jeweils der räumliche Anwendungsbereich entsprechend der spezifischen Sicherheitsanforderungen im erdnahen Orbit festgelegt werden sollte. H

)

bb) Nutzung zum Wohle der Menschheit und gerechte Verteilung der Erlöse unter besonderer Berücksichtigung der Interessen der Entwicklungsländer Artikel I Absatz 1 WRV sieht vor, dass der Weltraum "zum Wohl und im Interesse aller Staaten unabhängig von ihrem wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungsstand" genutzt wird und dass die Erforschung und Nutzung des Weltraums "Angelegenheit der ganzen Menschheit" ist. 52 Die auf den Entwicklungsstand abstellende Formulierung geht auf einen auf Initiative Brasiliens53 eingebrachten Vorschlag der Gruppe 77 zurück. Aus den Lehren um den jahrelangen Streit hinsichtlich des Regimes für den Meeresboden enthält Artikel 11 MV als Leitlinien für das Regime der Himmelskörper weniger dirigistische Regelungen als das Meeresbodenregime der SRK. Insbesondere ist eine ausdrückliche Berücksichtigung der Investi49 UN Doc. A/AC.105/C.2L.121 vom 28. 3. 1979 und UN Doc. A/AC.105/ C.2L.139 vom 4. 3. 1983. 50 Benkö/Schrogl, The UN Committee on the Peacefu1 Uses of Outer Space: Progress on "Space Benefits" and other Recent Developments, ZLW 44 (1995) S. 291. 51 DalBello, ,Rules of the Road': Legal Measures to Strengthen the Peaceful Uses of Outer Space, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 11. 52 Zur wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums und dem Verteilungsgebot der Erträge s. Hobe, Fn. 26 S. 264 und Pritzsche, Fn. 34; Dörffler, Der rechtliche Rahmen für die wirtschaftliche Nutzung der Bodenschätze des Mondes und anderer Himmelskörper: Rechtslage, völkerrechtliche und theoretische Modelle sowie Gedanken zur weiteren Rechtsentwicklung (Dissertation, 1998). 53 UN Doc. A/AC.105/C.2/SR 62; SR 63, S. 7, 9; SR 64 S. 4, 7, 9 und SR 71 S.22. 12*

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

tionen der Industrieländer bei der Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung vorgesehen. Gegenüber den früheren Internationalisierungsregimen 54 tritt in der Menschheitsklausel des Weltraumvertrags und im CHOM-Grundsatz als weitergehendes Element die Pflicht zur gerechten Verteilung der Vorteile der Nutzung hinzu. Die Bestimmung enthält nicht nur die für eine Internationalisierung typische Verpflichtung auf ein übergreifendes Ziel der Staatengemeinschaft in Gestalt der Nutzung "im Interesse aller Staaten", wozu in Absatz 3 als folgerichtige Konsequenz eine Kooperationspflicht der Staaten begründet wird. Ihr liegt darüber hinaus der Gedanke einer allgemeinen Förderpflicht der Weltraummächte zu Gunsten der nicht zur Weltraumfahrt befähigten Mehrheit der Staaten zu Grunde, der in der Bestimmung, dass der Nutzen allen Staaten "unabhängig vom Grad ihrer wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklung" zu Gute kommen muss, seinen Ausdruck findet. Damit werden erstmals in dieser Allgemeinheit die Rechte der weniger entwickelten Staaten im Sinne eines dem Völkerrecht bis dahin weitgehend fremden materiellen Gleichheitssatzes postuliert. 55 Diese in der Kernbestimmung des Weltraumvertrages angelegte Ausgleichsfunktion ist das eigentliche Novum des nutzungsrechtlichen Elements der Menschheitsklausel im Weltraumvertrag, wodurch der Vertrag laut Wolfrum 56 eine "Weltraumsolidargemeinschaft" begründet. Darin liegt auch die für einen völkerrechtlichen Vertrag neuartige Formulierung von der Nutzung als "Angelegenheit der gesamten Menschheit" bzw. nachfolgend vom "Gemeinsamen Erbe der Menschheit" begründet. Dieser Solidargedanke hat strukturelle Rückwirkungen auf die Frage, in welchem Ausmaß ein Rüstungswettlauf im Weltraum zulässig ist, denn - wie Wolfrum 57 zu Recht feststellt - ist "unmittelbare Konsequenz dieses Teilhaberechts der Staaten ... , dass eine 54 Wolfrum, Fn. 3 S. 10-29 hat allgemeine Elemente der Internationalisierung staatsfreier Räume entwickelt, deren materieller Kern die Konstituierung gemeinschaftlicher Interessen der Staaten bei der Verfolgung eines übergreifenden Ziels zum Wohl der internationalen Gemeinschaft bildet, wobei aus dieser Inpflichtnahme der Einzelstaaten entsprechende Rechte der Staatengemeinschaft erwachsen. 55 lasentuliyana, International Space Law and the Uni ted Nations (1999) S. 175: "The rights of States without space capabilities are secured ... "; ebenso Hobe, Fn. 26 S. 265; Pritzsche, Fn. 34 u. Wolfrum, Fn. 3 S. 321; a.A. Back Impallomeni, Fn. 5 S. 277, die bei ihrer Argumentation, beim Weltraum handele es sich um eine der Hohen See vergleichbare res communis ohne Solidaritätsgedanken die Menschheitsklausel und den darin von den Entwicklungsländern durchgesetzten Zusatz der besonderen Berücksichtigung ihrer Interessen bei der Verteilung schlicht übergeht. 56 Wolfrum, Fn. 3, S. 321. 57 Wolfrum, Geostationäre Umlaufbahn, in Böckstiegel (Hrsg.) S. 365; s. ausführlich zum Partizipationsaspekt der weltraumrechtlichen Gemeinwohlklausel Hobe, Fn. 26 S. 108 ff., der darin zu Recht "die positivrechtliche Konkretisierung des ersten Ansatzes einer sich abzeichnenden Wandlung des Völkerrechts, namentlich der

I. Bisherige Einordnung

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einzelstaatliche, rein an nationalen Interessen orientierte Nutzung des Weltraums als unzulässig anzusehen ist." Hinsichtlich der Auslegung der Begriffe "zum Wohl (for the benefit)" und "im Interesse aller Staaten" wird allgemein anerkannt, dass diese weiterer Konkretisierung bedürfen. Jasentuliyana 58 hält den Begriff "benefits" für umfassend, der alle Informationen oder Ergebnisse von Erforschung und Nutzung des Weltraums betreffe, die in irgendeiner Form für die Erde von Relevanz sind. Die strukturprägende Wirkung des CHOM-Grundsatzes hat sich konkret in der Ausgestaltung der gegenwärtig wichtigsten wirtschaftlichen Nutzung niedergeschlagen, woraus sich zumindest verfahrensmäßige Präzedenzwirkungen auch mit Blick auf eine Umsetzung des Grundsatzes im Sicherheitsbereich ergeben. Die verstärkte Gemeinwohlbindung in Form der Menschheitsklausel ist in Bezug auf die Stationierung von Telekommunikationssatelliten im geostationären Orbit59 eindeutig zu einem Teilhaberecht erstarkt. 6o Diese Orbitpositionen sind frühzeitig als "erschöpfliche Ressourcen" qualifiziert worden. 61 Angesichts der kommerziell attraktiven Position im geostationären Orbit, die allerdings gegenwärtig auf ca. 330 Satelliten beschränkt ist, ist es umso bemerkenswerter, dass auf Drängen der Entwicklungsländer die zuvor bestehende Regelung innerhalb der [TU, die eine bloße Koordinierung mit reiner Registrierfunktion der ansonsten von den Weltraummächten eigenständig in Anspruch genommenen Positionen vorsah, abgeändert und eine dem Artikel 1 Absatz 1 WRV und dem CHOMGrundsatz entsprechende Bestimmung in die [TU-Konvention und den Internationalen Fernmeldevertrag (Artikel 33 Absatz 2) eingefügt wurde. Dadurch wurde sichergestellt, dass die Entwicklungsländer bei der Nutzung staatsfreien Räume, von einem bloßen Koexistenz- hin zu einem auf Kooperation ausgerichteten Recht" (S. 112) sieht. 58 Jasentuliyana, Fn. 55 S. 175. 59 Marfeld, Das Buch der Astronautik (1963) S. 379: Die Position im geostationären Orbit in 35 787 km Entfernung über dem Äquator stellt für Telekommunikationssatelliten eine einzigartige Position dar, da sie eine stationäre Platzierung eines Satelliten in der Erdumlaufbahn und damit eine permanente Direktabstrahlung auf bis zu 43 % der Erdoberfläche ermöglicht. Somit kann mit drei Satelliten der ganze Erdball abgedeckt werden, wofür bei Positionierun~ in anderen Umlaufbahnen bis zu 50 Satelliten benötigt würden. Der Versuch der Aquatorialstaaten von 1976, den geostationären Orbit in Höhe von 36000 km über ihrem jeweiligen Territorium, in dem eine stationäre Platzierung von Satelliten möglich ist, als "natural resource" für ihre territoriale Souveränität zu beanspruchen, ist auf einhellige Ablehnung der anderen Staaten gestoßen und schließlich aufgegeben worden; Wolfrum, Fn. 57 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 365. 60 Statt vieler Wolfrum, Fn. 3 S. 293; ders. Fn. 57 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 365: ". .. soll über die Kommunklausel die Teilhabe aller Staaten an den Vorteilen der Weltraumaktivitäten sichergestellt werden"; ebenso Wiesner/Jung, Fn. 25 S. 220. 61 ITU-Resolution Spa2-1, Final Acts of the World Administrative Radio Conference of Space Telecommunication, Geneva 1971.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

entsprechend dem CHOM-Grundsatz berücksichtigt werden. Die Entwicklungsländer haben sich bei der Geltendmachung ausdrücklich auf die Menschheitsklausel und den CHOM-Grundsatz berufen. 62 Zuvor hatten zwar die Äquatorialstaaten in der sog. Bogotd-Erklärung63 die völkerrechtlich nicht zu begründende, da dem Aneignungsverbot widersprechende Forderung erhoben, der geostationäre Orbit unterstehe ihrer Hoheit. Diese Forderung ist jedoch inzwischen aufgegeben worden und stattdessen der erwähnte Kompromiss in der ITU ausgehandelt worden. 64 Nach überwiegender Einschätzung ist es den Entwicklungsländern in für diese zufriedenstelIender Weise gelungen, ihre volle Beteiligung und gerechte Berücksichtigung bei der Verteilung der Positionen zu erreichen. 65 Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Entwicklung im Bereich der Telekommunikationssatelliten ist, dass zudem die ITU eine "Funktionenwandlung vollzogen hat, die in signifikanter Weise die Korrelation der auf ,equity' beruhenden materiellen Nutzungsregeln mit deren institutioneller Absicherung symbol isiert,,66 [Hervorhebung von mir]. Diese auch strukturell bemerkenswerte institutionelle Auswirkung des CHOM-Grundsatzes wird in Kapitel D. VII. 67 ausführlich mit Blick auf eine Präzedenzfunktion auch für den Sicherheitsbereich behandelt. Dagegen ist das Drängen der Entwicklungsländer im Unterausschuss des Weltraumausschusses, der sich seit 1988 mit den rechtlichen Aspekten der Bestimmung des Artikel I Absatz 1 und insbesondere den Modalitäten zur effektiven Umsetzung der Beteiligung aller Staaten an den Erlösen aus den Weltraumaktivitäten befasste, in allgemeiner Form ein Teilhaberecht mit Technologietransfer festzuschreiben, von den Industrieländern abgewehrt worden. 68 Bis 1993 waren die Erörterungen ebenso wie bei 62 Dupuy, R.-J.: The notion of the common heritage of mankind applied to the seabed, in Rozakis/Stephanou (Hrsg.), The new law of the sea (1983) S. 199 wendet den CHOM-Grundsatz ebenfalls ausdrücklich auf den GEO an: "However, one could not forget that it [the concept of the CHOM] also relates to moon and to celestial bodies, to the orbit of geostationary satellites, to the frequency spectrum and to cultural heritage."; ebenso Reijnen, Fn. 25 S. 11. 63 s. o. Kapitel C. 1. 2. b) aa) Fn. 59. 64 Wolfrum, Fn. 57 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 365 vermutet, dass die Äquatorialstaaten die ursprüngliche Extremforderung als Ausgangsposition in ihren Anstrengungen um angemessene Beteiligung bei der Zuteilung der geostationären Positionen und der notwendigen Frequenzen bezogen. Dies wäre nicht überraschend, zeigt es doch, dass die Erstärkung der Gemeinwohlklausel zu einem echten Teilhaberecht im Sinne des CHOM-Grundsatzes auf Grund des damit einhergehenden strukturellen Paradigmen wechsels nicht ohne Weiteres von den Industrieländern zugestanden wird. 65 Hobe, Fn. 26 S. 277; Tomuschat, Völkerrechtlicher Vertrag und Drittstaaten, in Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 28, (1988) S. 25; Reijnen, Fn. 25 S. 12. 66 Hobe, Fn. 26 S. 261. 67 Kapitel D. VII. 1. b).

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den Verhandlungen zum neuen Seerecht zunächst von einer Nord-Süd-Konfrontation ausgehend von einem radikalen Ansatz der Gruppe 77 in ersten Arbeitspapieren mit Forderungen der Errichtung einer NWWO, "forced cooperation und technoLogy transfer", Diskriminierung und Privilegierung geprägt. Ein deutsch-französischer Kompromissvorschlag vom 27. 3. 199569 öffnete den Weg zu fruchtbarer Diskussion und der schließlichen Annahme der VN-Generalversammlungs-Resolution "DecLaration on InternationaL

Cooperation in the ExpLoitation and Use of Outer Space for the Benefit and in the Interest of ALL States, Taking into Account the Needs of DeveLoping Countries ",70 die in den beiden Hauptelementen stark die Handschrift der

Industrieländer trägt:

- Fair and reasonabLe contractuaL terms in cooperative ventures - Free choice of modes of cooperation, incLuding through deveLopment aid. 71 Der neue kooperative Geist war auch auf der UNISPACE III-Konferenz

1999 in Wien spürbar, welche sich auf Fragen der Optimierung der Welt-

raummaß nahmen im allseitigen Interesse konzentrierte. 72 cc) Friedliche Nutzung

Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung wird allgemein 73 als konstitutives Element des CHOM-Grundsatzes angesehen und war von Anfang eng UN Doc/A/AC. 105/C.2/SR 496. UN Doc. A/AC.105/C.2/L.197 v. 27. 3. 1995; s. dazu Benkö/Schrogl, Fn. 50 S. 291. 70 VN-Generalversammlung Resolution 51/122 vom 13. 12. 1996. 71 Benkö/Schrogl, The UN Committee on the Peaceful Uses of Outer Space: Adoption of a Declaration on "Space Benefits" and other Recent Developments, ZLW 46 (1997) S. 228; Hobe, Fn. 26 S. 279. 72 Benkö/Schrogl, Space Law at UNIS PACE III. Achievements and Perspectives, ZLW 49 (2000) S. 74; Bergquist/Laffaiteur/Schrogl, A European view on UNISPACE III follow-up, Space Policy 16 (2000) S. 189. 73 Kewenig, Fn. 36 in Festschrift Schlochauer S. 400; Hobe, Fn. 26 S. 114; Altemir, Fn. 3 S. 75: "La noci6n de patrimonio comun de la humanidad implica necesariamente el uso pacifico de tal patrimonio. "; Matte, The Common Heritage of Mankind and Outer Space, AASL 12 (1987) S. 313; Virally, Les Utilisations Militaires des Espaces et leur Limitation par le Droit International, RGDIP 88 (19) S. 5; Weeks, Fn. 25 S. 171; Kish, International Spaces (1973) S. 43; Postyshev, Fn. 23 S. 103; Fitsehen, Fn. 25 S. 211; Durner, Fn. 25 S. 176: "Der Grundsatz der Demilitarisierung gilt als eines der hervorstechendsten Wesensmerkmale des Prinzips des gemeinsamen Erbes der Menschheit" und S. 226; Wolfrum, Fn. 3 S. 347 bezeichnet den Grundsatz der friedlichen Nutzung als ein "Wesensmerkmal der Internationalisierung", die dem CHOM-Prinzip zu Grunde liegt; ders., Common Heritage of Mankind, in: Encyclopaedia of Public International Law 11 (1989) S. 67; Kiss, Fn. 4: 68

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

mit dessen Einführung im Völkerrecht für staatsfreie Räume verbunden. Die allgemein auf internationalisierte Gemeinschaftsräume bezogene Überzeugung, dass die verstärkte Gemeinwohlbindung des Menschheitsgrundsatzes nicht verwirklicht werden kann ohne die Verpflichtung zur friedlichen Nutzung, fand erstmals im Antarktisvertrag von 195974 ihren Niederschlag. 75 Entstehungsgeschichtlich bildete die Frage der friedlichen Nutzung sogar den Ausgangspunkt des Allgemeinwohlkonzepts im Weltraurnrecht,76 insbesondere der "province 0/ all mankind"-Klausel in Artikel I Absatz 1 WRV als dem Pendant des CHOM-Grundsatzes im Weltraumvertrag, der erst in der Folge auch der wirtschaftliche Verteilungsaspekt zugemessen wurde. Eine Nutzung zu friedlichen Zwecken ist Voraussetzung der Verwirklichung des Menschheitsinteresses, eine unfriedlich Nutzung wäre nicht "zum Wohle der gesamten Menschheit und im Interesse aller Staaten". So hat auch für den Tiefseeboden Pardo die Einführung des CHOM-Grundsatzes neben dem Verteilungsgedanken der Erträge aus der Ausbeutung der Meeresbodenschätze vor allem mit der Notwendigkeit der Demilitarisierung begrundet. 77 In engem Zusammenhang damit steht Artikel III WRV, der unter ausdrucklichem Bezug auf die VN-Charta vorsieht, dass alle Aktivitäten im Weltraum "im Interesse der Erhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit sowie der Förderung internationaler "Bien entendu, l'interet de l'humanite exige que l'exploration et l'utilisation de I' espace extra-atmospherique se fassent exclusivement ades fins pacifiques. "; Shraga, The Common Heritage of Mankind: The Concept and its Application, Annales d'etudes internationals 15 (1986) S. 60; White, The Common Heritage of Mankind: An Assessment, Case Western Journal of International Law 14 (1982) S. 535; lankowitsch, Legal Aspects of Military Space Activities, in lasentuliyana (Hrsg.), Space Law: Development and Scope (1992) S. 146; Genius-Devime, Fn. 25 S. 58; Payoyo, Cries of the Sea. World Inequality, Sustainable Development and the Common Heritage of Humanity (1997) S. 314; Back lmpallomeni, Fn. 5 S. 291. 74 Artikel I Absatz 1 Satz I Antarktisvertrag vom 1. Dezember 1959 (BGBI. 1978 II S. 1518) lautet: "Die Antarktis wird nur für friedliche Zwecke genutzt." 75 Payoyo, Fn. 73, S. 314. 76 s. o. B. I. 1. b); Hobe, Fn. 26 S. 97; Cocca, Fn. 17 S. 36; ders., Historical Precedents for Demilitarization, in lasentuliyana (Hrsg.), Maintaining Outer Space for Peaceful Purposes, S. 29, der den Grundsatz zu Recht auch in den weiteren Zusammenhang der völkerrechtlichen Abrüstungsverpflichtungen einreiht; Dekanosov, Principle of Peaceful Use in International Outer Space and Maritime Law, Proc. 29 th Colloq. Space Law (1987) S. 29: "Talking of the principle of peaceful use in outer space and maritime law, ... CHM may be used for peaceful purpose only, excluding any military objectives." 77 So auch der Titel der maltesischen Note Verbale vom 12. 8. 1967, Fn. 26 und Erklärung Pardos in PV 1515, Para. 91. Dazu Payoyo, Fn. 73, S. 314: "In the internationalization project envisioned by Ambassador Pardo, the idea of reserving the area exclusively for peaceful purposes - the peace dimension of a multi-dimensional internationalization programme - was specifically aimed ... to prevent the use of the deep seabed as an arena for the arms race."; Metcalf, Fn. 11 S. 189.

I. Bisherige Einordnung

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Zusammenarbeit und Verständigung" durchzuführen sind. Damit stellt der Weltraumvertrag die Nutzung unmittelbar in den Zusammenhang der Verfolgung der in der VN-Charta niedergelegten Grundsätze gemeinsamer Sicherheitsinteressen, die zugleich wesentliche Bestandteile des völkerrechtlichen Gemeinschaftsinteresses bilden. 78 Die Verfolgung dieser Zwecke bei der Nutzung des Weltraums ist also auch ein Gebot der verstärkten Allgemeinwohlbindung gemäß der Menschheitsklausel und mithin des CHOMGrundsatzes. Die abweichende Meinung von Baslar,79 der das Gebot der friedlichen Nutzung nicht als eigenständiges Element des CHOM-Grundsatzes ansieht, beruht nach seiner eigenen Begründung auf der von ihm verfolgten methodischen Einordnung des Prinzips als "funktionaler", nicht auf Territorien beschränkter Grundsatz. Wenn das CHOM-Prinzip wie bei Baslar auch für die Fischschwärme der Hohen See in Erwägung gezogen wird, scheint eine unmittelbar auf diese bezogene Verpflichtung zur friedlichen Nutzung in der Tat widersinnig. Dies gilt allerdings nicht in Bezug auf den Raum, in dem die Fischschwärme ausgebeutet werden, denn dessen nicht-friedliche Nutzung würde letztlich deren Ausbeutung im Interesse Aller verhindern. 78 Paulus, Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht. Eine Untersuchung zur Entwicklung des Völkerrechts im Zeitalter der Globalisierung (Dissertation 2001) S. 298 spricht von einer "Vergemeinschaftung der Sicherheitsfunktion"; ebenso in Bezug auf das Interesse an Umweltsicherheit bereits Delbrück, Wirksameres Völkerrecht oder neues "Weltinnenrecht"? Perspektiven der Völkerrechtsentwicklung in einem sich wandelnden internationalen System, in ders., Die Konstituierung des Friedens als Rechtsordnung (1996) S. 348: "Im Hinblick auf die unübersehbaren Tendenzen im internationalen Umweltrecht, zu einer Vergemeinschaftung der Verantwortung der Staaten für die Durchsetzung dieses für das Überleben der Menschheit zentralen Rechts zu gelangen, gehen die Wandlungen des Völkerrechts jedoch über die - überfällige - Effektuierung der chartarechtlichen Ordnung hinaus." [Hervorhebung im Original]; Simma, From Bilateralism to Community Interest in International Law, RdC 250 (1994 VI) S. 236; Frowein, Das Staatengemeinschaftsinteresse - Probleme bei Formulierung und Durchsetzung, in Hailbronnerl Ress1Stein (Hrsg.), Staat und Völkerrechtsordnung, Festschrift für Doehring (1989) S. 219; ders., Die Staatengemeinschaft als Rechtsbegriff der Völkerrechtsordnung, Liechtensteinische Juristenzeitung 12 (1991) S. 141; Stocker, Fn. 3 S. 24: "Die Einhaltung von Frieden und Sicherheit ist ein Staatengemeinschaftsinteresse von erstem Rang. Das leuchtet angesichts der Vernichtungspotenziale moderner Massenvernichtungswaffen ein."; die Einordnung der Sicherheit als wichtigstes Allgemeininteresse der internationalen Gemeinschaft wird unabhängig von der Rechtskultur oder dem Gesellschaftssystem geteilt, s. Zhu Qiwu, Some Reflections on the Most Important Principle of Outer Space Law: To the Common Interests of All Mankind, Proc. 320d Colloq. Space Law (1990) S. 27: "The exploration and use of outer space for peaceful purposes is the most important common interest of all mankind. In contemporary international relations and under the threat of nuclear terror, peaceful use of outer space is of prime importance. " 79 Baslar, Fn. 3 S. 105.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Nicht zutreffend ist dagegen Baslars80 Argument, dass die sicherheitspolitische Komponente des CHOM-Grundsatzes weit hinter der "Nord-SüdBedeutung" zurückbleibe und mit dem Ende des Ost-West-Gegensatzes vernachlässigt werden könne. Die Blockade in den multilateralen Abrüstungsverhandlungen bei gleichzeitiger Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und die mit einem Wettrüsten im Weltraum verbundene Beeinträchtigung der globalen Sicherheit beweisen das Gegenteil. Baslars funktionale Konzeption führt hinsichtlich der territorialen CHOM-Anwendungsbereiche letztlich aber nicht zu einem anderen Ergebnis, da auch Baslar anerkennt, dass die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung im Rahmen des vierten Kernelernents des CHOM-Grundsatzes betreffend die Pflicht zu "reasonable use" enthalten ist. Vereinzelt wird aus dem Befund, dass weder in der Staatenpraxis noch im Schrifttum über die Auslegung des Begriffs "friedlich" im Sinne des Ausschlusses jedweder militärischer Aktivitäten im Weltraum Einigkeit bestehe, geschlussfolgert,81 das CHOM-Prinzip könne auf den Weltraum per se keine Anwendung finden bzw. seiner Menschheitsklausel komme keine Rechtsverbindlichkeit zu, denn der nur teilweise entmilitarisierte Status des Weltraums widerspreche der Forderung der Allgemeinwohlklausel im CHOM-Grundsatz, die eine rein zivile Nutzung zwingend erfordere. Eine solche Schlussfolgerung verkennt jedoch, dass eine Anwendung des CHOM-Grundsatzes auf den Weltraum ihrerseits Rückwirkungen auf die Auslegung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums hat. Die Frage, ob auch "militärische" oder nur "nicht-militärische" Nutzungen zulässig sind, muss gemäß der Menschheitsklausel des Grundsatzes nach der übergeordneten Frage beurteilt werden, ob eine Nutzung im Interesse der gesamten Menschheit liegt oder nicht. Wenn dies für eine bestimmte Art militärischer Nutzung zweifelsfrei angenommen werden kann, wie zum Beispiel für die der Einhaltung von Abrüstungsabkommen dienenden Aufklärungssatelliten, dann ist eben auch diese spezifische Art militärischer Nutzung mit dem CHOM-Grundsatz vereinbar. Deshalb ist es nicht zulässig, allein aus der Tatsache, dass der Weltraum nicht vollständig demilitarisiert ist, auf die Nichtanwendung des CHOM-Grundsatzes zu schließen. Dies 80 Baslar, Fn. 3 S. 106. In seiner Auseinandersetzung mit meinem Aufsatz, Fn. 25 übersieht Baslar, wenn er annimmt, der CHOM-Grundsatz sei primär als wirtschaftliches Verteilungsprinzip entstanden, dass sowohl Pardo, Fn. 26 im Seerecht als auch Cocca, Fn. 22 im Weltraumrecht den Grundsatz von Anfang an mit der Notwendigkeit der friedlichen Nutzung verbunden haben, weil diese eine strukturelle Voraussetzung für die Verwirklichung des Menscheitsinteresse auch im wirtschaftlichen Bereich ist. 81 Bhatt, Legal Controls of Outer Space (1973) S. 273; Goedhuis, An Evaluation of the Leading Principles of the Treaty on Outer Space of 27 th January 1967, NTIR 15 (1968) S. 18.

I. Bisherige Einordnung

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schließt im Übrigen nicht aus, dass auf Grund der Anwendung des CHOMPrinzips auf den Weltraum per se die vollständige Demilitarisierung zumindest als Ziel des Grundsatzes der friedlichen Nutzung anzusehen ist,82 zu dessen Erreichung sich aus dem CHOM-Grundsatz wiederum konkretisierende Leitlinien und Standards ableiten lassen. dd) Umweltschutz: Bewahrung des Erbes für künftige Generationen Mit dem Begriff des "Menschheitserbes", der impliziert, dass die ihm unterliegenden Bereiche und Ressourcen in einem guten Zustand "vererbt" werden, enthält das CHOM-Prinzip nach einhelliger Meinung 83 eine rechtliche Bewahrungsfunktion zu Gunsten künftiger Generationen. Franck 84 hebt in diesem Sinn hervor, dass der Gedanke von Solidarität und equity auch gegenüber künftigen Generationen in Verbindung mit dem Umweltschutz im Mondvertrag mit der ausdrücklichen Verpflichtung in Artikel 4 "to pay due regard to future generations" und der "emphasis on conservation" besonders stark ausgeprägt ist. Das CHOM-Prinzip hat somit neben der universalistischen räumlichen auch eine zeitliche Dimension, in dem es als Ausdruck der "intertemporalen Einheit,,85 der Menschheit auch die Bewahrung der Interessen künftiger Generationen einschließt. 86 Dieser Umweltstandard ist auch bei der Schaffung einer umfassenden Sicherheitsordnung für den Weltraum zu berücksichtigen. Daher werden im Folgenden die relevanten Elemente des Umweltstandards näher beleuchtet. 82 Diederiks- Verschoor, Die Bedeutung des Begriffs "friedlich" im Weltraumvertrag von 1967, in Festschrift für Alex Meyer (1975) S. 304; Stocker Fn. 3 S. 146; Colliard, Espace extra-atmospherique et grands fonds marins, in Humanite et Droit International. Melanges Rene-Jean Dupuy (1991) S. 106; Dekanozov, Fn. 76 S. 29; Vlasic, Disarmament Decade, Outer Space and International Law, McGill Law Journal 25 (1981) S. 135; ders., Space Law and the Military Applications of Space Technology, in Jasentuliyna (Hrsg.), Perspectives on International Law (1995) S. 385; Andem, Fn. 25 S. 214; Marcoff, Disarmament and "Peaceful Purposes" Provisions in the 1967 Outer Space Treaty, JSL 4 (1976) S. 13. 83 Frantzen, Umweltbelastungen durch Weltraumaktivitäten, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch, S. 610; Nagy, Common Heritage of Mankind: The Status of Future Generations, in Proc. 31 sI Colloq. Space Law (1989) S. 319; Wolfrum, Fn. 3 S. 340; Fitschen, Fn. 25 S. 211; Brown Weiss, In Fairness to Future Generations. International Law, Common Patrimony, and Intergenerational Equity (1998) S. 48; ebenso Colliard, Espace Extra-Atmospherique et Grands Fonds Marins, in Humanite et Droit International. Melanges Rene Dupuy (1991) S. 107 in Bezug auf die Menschheitsklausel des Weltraumvertrages. 84 Franck, Fairness in International Law and Institutions (1995) S. 78. 85 Stocker, Fn. 3 S. 157. 86 SaladinlZenger, Rechte künftiger Generationen (1988) S. 67; D'AmatolBrown WeisslGündling, What Obligations Does our Generation Owe to the Next? AJIL 84

(1990) S. 190.

188

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Das Weltraumrecht enthält dementsprechend zahlreiche Umweltschutzbestimmungen, welche die internationale Verantwortlichkeit der Staaten für ihre Weltraumaktivitäten im Bereich des Umweltschutzes konkretisieren und dabei von dem Grundsatz "liability must cover generations still unborn" geleitet werden. 87 Wir wissen heute, dass z. B. die gesundheitlichen Folgen von Umweltschäden erst Jahre später auftreten können, im Falle der geheimen Atomtests im Pazifik wurden diese erst nach dreißig Jahren festgestellt. 88 Die allgemeine Umweltverträglichkeitsklausel in Artikel IX Satz 2 WRV verpflichtet die Vertrags staaten, die Untersuchung und Erforschung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper so durchzuführen, dass deren schädliche Kontamination vermieden und in der irdischen Umwelt jede ungünstige Veränderung infolge des Einbringens außerirdischer Stoffe verhindert wird. Diese Klausel ist durch ein spezielles Weltraumhaftungsabkommen von 197289 bereits weiter konkretisiert worden. Sie wird außerdem durch das Verbot der Beeinträchtigung friedlicher Tätigkeiten anderer Vertragsparteien (Artikel IX Satz 2, materielles Weltraumumweltrecht), durch das korrespondierende Konsultationsverfahren (Artikel IX Satz 3; formelles Weltraumumweltrecht), durch weltraumvertragliche Vorschriften mit umweltschützenden Begleiteffekten und durch die Haftung für Umweltschäden ergänzt. Hinsichtlich der Ausbeutung der Ressourcen sieht der Mondvertrag in Artikel 11 Absatz 7 eine schonende und effektive Nutzung im Rahmen des vorgesehenen internationalen Regimes vor, die einen Raubbau verhindern soll. Auch die Verpflichtung zur friedlichen Nutzung des Weltraums sowie die Demilitarisierungsbestimmungen hinsichtlich des Mondes und der anderen Himmelskörper haben Umweltschutzfunktion. 9o Das Umweltkriegsübereinkommen vom 18. Mai 1977 erstreckt sich ebenfalls auf den Weltraum und umfasst auch Techniken militä87 Singh, Introduction to International Law of the Sea and International Space Law, in Bedjaoui (Hrsg.), International Law: Achievements and Prospects (UNESCO 1991) S. 825; allgemein zu diesem Gedanken der Verpflichtung gegenüber künftigen Generationen D'AmatolBrown WeisslGündling, Fn. 86 S. 190 und zur verstärkten Allgemeinwohlbindung im Umweltrecht Brunnee, "Common Interest" - Echoes from an Empty Shell? Some Thoughts on Common Interest and International Environmental Law, ZaöRV 49 (1989) S. 791; Biermann, "Common Concern of Humankind": The Emergence of a New Concept of International Environmental Law, AVR 34 (1996) S. 428; Beyerlin, State Community Interests and Institution-Building in International Environmental Law 56 (1996) S. 602; Fitzmaurice, Fn. 36 S. 161 ; BirnielBoyle, International Law and the Environment (2002) S. 84 und 535: " ... the consistent inclusion of environmental responsibilities in the common heritage concept ... ". 88 Singh, Fn. 87 in Bedjaoui (Hrsg.) S. 828. 89 Übereinkommen vom 29. März 1972 über die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände (WeItraumhaftungsabkommen), BGB!. 1975 II, S. 1210; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 42; s.o. Kapitel B. 1. 1. Fn. 25.

I. Bisherige Einordnung

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rischer Natur. 91 Stocker92 leitet aus den weltraumrechtlichen Umweltschutzbestimmungen zu Recht ein zusätzliches Argument für die Verpflichtung zur friedlichen Nutzung des gesamten Weltraums ab. Die umweltrechtlichen Grundsätze im Weltraumvertrags- und Völkergewohnheitsrecht zum Schutz der Umwelt bedürfen nach allgemeiner Ansicht weiterer konkretisierender Regelungen einschließlich der Errichtung eines überstaatlichen Koordinierungs- und Kontrollorgans auf der Grundlage der allgemeinen Weltraumumweltbestimmung des Artikel IX WRV vorzugsweise in einem zu kodifizierenden Weltraum-Umweltrechtsabkommen. 93 Die zahlreichen Kodifizierungsvorschläge der Wissenschaft und internationaler Organisationen spiegeln die Erkenntnis wider, dass der Weltraum als Erbe der gesamten Menschheit besonderer umweltrechtlicher Ordnungsstandards zum Wohle Aller bedarf, die Teil einer umfassenden Sicherheitsordnung für den Weltraum bilden könnten. ee) Kooperations- und Konsultationsgebot sowie Informationspflichten gegenüber anderen Staaten und den Vereinten Nationen Das Kooperationsgebot ist an mehreren Stellen im Weltraumvertrag ebenso wie im Mondvertrag niedergelegt und für bestimmte Bereiche präzisiert (Artikel I Absatz 3; Artikel IX, X und XII WRV). Dolzer94 spricht 90 Stocker, Fn. 3 S. 168; Reibel, Environmental Law Aspects of Maintaining Outer Space for Peaceful Purposes, Proc. 31 SI Colloq. Space Law (1989) S. 63. 91 Übereinkommen vom 18. Mai 1977 über das Verbot der militärischen oder einer sonstigen feindlichen Nutzung umweltverändernder Techniken (Umweltkriegsübereinkommen), BGBI. 198311 S. 126, abgedruckt in Welck/Platzöder, Fn. 19 S. 79 (Ratifizierungsstand: 68 Ratifizierungen); s. dazu Kries, Fn. 37 S. 334. 92 Stocker, Fn. 3 S. 168. 93 s. dazu Böckstiegel, Introduction in Böckstiegel (Hrsg.), Environmental Aspects of Activities in Outer Space, Schriften zum Luft- und Weltraumrecht 9 (1989) S. 3; Tan, Fn. 25 S. 190. 94 Dolzer, International Cooperation in Outer Space, ZaöRV 45 (1985) S. 527 unterscheidet zwischen drei Arten von Kooperationspflichten in den beiden Hauptverträgen des Weltraumrechts, denen er jeweils einen unterschiedlichen Verbindlichkeitsgrad zumisst: Spezifische Pflichten zur Zusammenarbeit. Artikel XI Informationspflicht. Artikel X Beobachtung. Artikel XII Zugang zu Weltraumstationen, Einrichtungen, Ausrüstung und Weltraumfahrzeugen. Generelle Pflichten zur Zusammenarbeit. Artikel IX Konsultationspflicht bei möglichen schädlichen Beeinträchtigungen. Grundsätze der Zusammenarbeit. Art. lAbs. 3 WRV sieht vor, dass Staaten die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit bei der Erforschung des Weltraums fördern.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

von einer "strucure of co-operation" im Weltraumvertrag. Artikel IX WRV sieht außerdem vor, dass sich Staaten über die bloße Zusammenarbeit hinaus auch "gegenseitige Unterstützung" bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums leisten. Hier klingt der Gedanke der Förderpflicht an, allerdings in Form der Gegenseitigkeit. Der Weltraumvertrag enthält damit ein aktives Element der tätigen Zusammenarbeit und geht somit von einer Umsetzungsverpflichtung aus. Ergänzt werden die Kooperationsbestimmungen in den beiden Weltraumverträgen durch Kooperationspflichten in den zur Umsetzung des Vertrages von den Vereinten Nationen verabschiedeten speziellen Weltraumabkommen und in den als Resolutionen angenommenen Grundsätzen zur Fernerkundung und zum direkten Satellitenfernsehen. 95 Letztere spezifiziert die internationale Zusammenarbeits pflicht bei der Satellitennutzung zur grenzüberschreitenden Fernsehübermittlung und legt entsprechende Konsultationspflichten fest. Das Weltraumrecht enthält damit nach einhelliger Ansicht96 stärkere Kooperationspflichten als im allgemeinen Völkerrecht und geht auch über den Gehalt der Deklaration der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die freundschaftlichen Beziehungen und die Zusammenarbeit der Staaten hinaus. Dies ist ein konkreter Ausfluss der Gemeinwohl- und Menschheitsklauseln der Weltraumverträge, die nach Wolfrum 97 auch erklären, weshalb das Weltraumrecht "abweichend von der bisherigen Struktur des Völkerrechts" [Hervorhebung von mir] die zwischenstaatlichen Kooperationsund Förderpflichten derart betont. Nach ChristoL98 ist die Aufnahme des Kooperationsgebotes nicht nur als ein allgemeiner Appell zur Zusammenarbeit zu sehen. Vielmehr ist der Weltraumvertrag "innovative in that it added new operative requirements for cooperation ... " [Hervorhebung von mir]. WaLter de Vries 99 betont, dass der Weltraumvertrag selber ein Ergebs. B. 1. 1. b) Fn. 25. Wolfrum. Fn. 3 S. 290; Dolzer. Fn. 94 S. 541; Focke. Internationale Zusammenarbeit im Weltraum, in Böckstiegel (Hrsg.) S. 642; VereshchetinlKamenetskaya. On the Way to a World Space Organization, AASL 12 (1987) S. 338: "It is no mere chance that in the ... Outer Space Treaty, the princip1e of cooperation in space exploration was established as one of the main principles of international space law."; Seidel. Die Völkerrechtsordnung an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, AVR 38 (2000) S. 44 erkennt auch bereits für das allgemeine Völkerrecht auf Grund der Notwendigkeit, "gemeinsame Maßnahmen gegen ... globale Gefährdungen der Menschheit ... " zu ergreifen, ein "völkerrechtliches Prinzip der Pflicht zur gegenseitigen Zusammenarbeit" an. 97 Wolfrum. Fn. 3 S. 292. 98 Christol. The 1966-67 Treaty: A Manifestation of the World Social Complex, in World Peace through Law Centre (Hrsg.), World Peace through Law. The Geneva World Conference (1969) S. 155. 95

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nis der Anwendung der Grundsätze der Zusammenarbeit der VN Charta ist und die internationale Zusammenarbeit angesichts der enormen Kosten der Erforschung und Nutzung die einzige Möglichkeit darstellt, wie alle Länder an den Vorteilen der Weltraumnutzung teilnehmen können. Der Festschreibung des Kooperationsgebots liegen zwei Überlegungen zu Grunde, die beide eng mit der Menschheitsklausel verbunden sind. Einerseits sind viele der Weltraumaktivitäten von hohem Nutzen für die Menschheit. Andererseits sind sie nur möglich oder können jedenfalls effektiver und kostengünstiger verwirklicht werden, wenn sie im Rahmen einer internationalen Kooperation der Staatengemeinschaft erfolgen. 100 Über die rechtliche Bedeutung der Bestimmungen zur Weltraumzusammenarbeit bestehen jedoch unterschiedliche Ansichten. Teilweise lOl wird ihnen wegen ihres überwiegend unspezifischen Charakters keine rechtliche Verbindlichkeit eingeräumt. Dies verkennt allerdings, dass die Bestimmungen zur Zusammenarbeit konkreter Ausfluss der zentralen Menschheitsklausel des Weltraumvertrages sind und zu deren teilweise materiell-rechtlichen, teilweise institutionell-verfahrensmäßigen Ausfüllung beitragen. Außerdem sind sie integraler Bestandteil der operativen Bestimmungen in den Abkommen und teilen daher ihre bindende Wirkung. 102 Hierzu betonte die International Law Association,103 dass "international co-operation in space is not merely an aspiration or ideal, but rather a legal obligation 01 a general nature. " Einseitige Handlungen, die dem Sinn und Zweck der vertraglichen Orientierung auf eine verstärkte Zusammenarbeit zum Wohle Aller wider99 Vries, The Creation of a Concept of the Law of Outer Space, in ZwaanlVriesl TuinderlKuskuvelis (Hrsg.), Space Law: Views of the Future (1988) S. 28: "One provision which is directly derived from the United Nations Charter, is that, in the exploration and use of outer space, States shall be guided by the principle of cooperation (Articles I, III & IX). A notable first result was the conclusion of the Outer Space Treaty itself. The preamble finnly declares that this Treaty aims to contribute to broad international co-operation in the scientific as weIl as the legal aspects of the exploration and use of outer space for peaceful purposes. Due to the enonnous costs inherent in outer space activities and the unequal division of technical knowhow, international co-operation will be the only means by which everybody can benefit from the profitable uses of outer space." 100 Böckstiegel, Perspektiven der Entwicklung des Weltraumrechts bis zum Jahr 2000, in Festschrift für Karl Carstens (1994) S. 320. 101 Focke, Fn. 96 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 642; Goedhuis, Some Substantive and Procedural Issues Presently at Stake in Space Legislation, ZLW 25 (1976) S. 198 hält sie zwar für bindend, aber nicht für rechtlich verpflichtend. 102 Dolzer, Fn. 94 S. 539: " ... they are an integral part of the agreement and thus necessarily share their binding nature."; Wolfrum, Fn. 23 S. 335: " ... international cooperation has become a legal obligation which dictates the lawfulness of space activities ... ". 103 International Law Association, Report of the 65 th Conference, Cairo (1992) S. 149.

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sprechen, wären mit dem Vertrag nicht vereinbar. 104 Soweit die Bestimmungen nur in allgemeiner Weise eine verstärkte Zusammenarbeit vorsehen, wird man daraus zwar auf eine Verpflichtung der Vertragsparteien schließen können, die zur Umsetzung erforderlichen Schritte zu unternehmen, jedoch verbleibt im Einzelnen den Staaten ein breiter Gestaltungsspielraum. Die Umsetzung des allgemeinen Kooperationsgebots im Weltraumvertrag selber ist jedoch unzureichend, um den von der Menschheitsklausel intendierten Grad der Gemeinwohlverpflichtung zu verwirklichen. 105 Der Direktor des International Institute for Space Law der International Astronautics Federation, Jasentuliyana, 106 leitet daher aus dem Kooperationsgebot zu Recht die Zielsetzung des Vertrages ab, durch Ausführungsabkommen einen Rahmen von Rechtsprinzipien für eine "institutionalized international co-operation" im Weltraum zu erarbeiten. Erst in der Zusammenschau aller strukturellen Kernelemente des CHOM-Grundsatzes im Weltraumvertrag insbesondere in der Finalität der Förderung des Wohls der Menschheit durch besondere Berücksichtigung der Interessen der Entwicklungsländer gewinnt auch das allgemeine Kooperationsgebot ausreichend Substanz, um zu dem im CHOMPrinzip angelegten Solidaritätsprinzip zu erstarken. Franck lO7 spricht in Bezug den CHOM-Grundsatz insoweit von einer Verdichtung der Zusammenarbeitspflichten zu einem Grundsatz einer" Common Heritage Equity ". Dass also das Weltraumrecht schon frühzeitig dem Kooperationsgebot nicht nur in allgemeiner Form besondere Bedeutung zumaß, sondern es auch in verschiedenen Bereichen jedenfalls in Ansätzen substanziiert hat, verdeutlicht, wie sehr es die strukturellen Veränderungen des allgemeinen Völkerrechts vorwegnimmt. Verdross/Simma 10 8 betonen, dass durch die verstärkte Zusammenarbeit neue sektorale Weltordnungen mit kooperativer Struktur erreicht werden können. Auch für das allgemeine Völkerrecht wird nunmehr zunehmend die Ergänzung des allgemeinen Kooperationsgebotes durch konkretisierende Bestimmungen und insbesondere die notwendige 104 Dalzer, Fn. 94 Fn. S. 541: "The broad principle of co-operation in the Space Treaties may be considered as evidence on the part of the States parties to develop the details of outer space law gradually step-by-step by way of a negotiated consensus and thus to take into account in their individual actions the concerted need for intensified solidarity in outer space. Individual actions which clearly frustrate the object and purpose of the Space Treaties to lay the foundation for the development of an intensified co-operation would thus be inconsistent with the spirit and the text of the treaties."; ebenso Horsford, Is I.C.A.O. the Model for an International Space Agency, Proc. 38 th Colloq. Space Law (1996) S. 201. t05 Wolfrum, Fn. 3 S. 335. t06 Jasentuliyana, Article I of the Outer Space Treaty Revisited, JSL 17 (1989) S. 138. t07 Franck, Fn. 84 S. 75. t08 Verdrass/Simma, Fn. 3 S. 311 § 506.

1.

Bisherige Einordnung

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"organizational structure " gefordert, ohne die die Fragmentierung der Staatengemeinschaft nicht überwunden und das allgemeine Kooperationsgebot nicht operativ ausgefüllt werden kann. 109 Wie bereits hinsichtlich der Wirksamkeit der weltraumrechtlichen Umweltschutzbestimmungen bedeutet dies auch in Bezug auf die weltraumrechtlichen Pflichten der Zusammenarbeit, dass de lege ferenda eine Untermauerung der Kooperationspflicht in einer umfassenden Sicherheitsordnung für den Weltraum einschließlich institutioneller Vorkehrungen angestrebt werden sollte. b) Rechtsnatur

aa) Völkervertragsrecht und erga omnes-Wirkung des CHOM-Grundsatzes Der CHOM-Grundsatz wird im Weltraumrecht vertragsrechtlich ausdrücklich nur in Art. 11 MV für den Mond und die anderen Himmelskörper niedergelegt. Ausgangspunkt für eine vertragsrechtliche Geltung darüber hinaus auch für den Weltraum per se ist Artikel I Absatz 1 WRV, der die Nutzung des Weltraums zur "Angelegenheit der ganzen Menschheit (province of alt mankind)" erklärt und ebenso wie das CHOM-Prinzip in einer Art generalklauselartigem Gemeinnützigkeitsvorbehalt festlegt, dass Erforschung und Nutzung "zum Wohle und im Interesse der ganzen Menschheit (for the benefit and in the interests of alt mankind)" und zu ausschließlich friedlichen Zwecken erfolgen sollen. Des Weiteren enthält der Weltraumvertrag dieselben fünf Grundelemente (Souveränitätsausschluss; Menschheitsinteresse; Gebot der friedlichen Nutzung; Umweltschutzgebot; Kooperationsgebot) wie der CHOM-Grundsatz. Eine Deckungsgleichheit zwischen dem CHOM-Grundsatz und der "province of alt mankind"-Klausel wird jedoch insbesondere mit Blick auf das nutzungsrechtliche Element bestritten. 110 So stellt die Konkretisierung des Menschheitsinteresses hinsichtlich einer fairen Verteilung der Erträge aus der Nutzung der Bodenschätze ein wichtiges zusätzliches Element des CHOM-Prinzips sowohl in seiner Anwendung auf den Meeresboden als auch auf die Himmelskörper dar. 111 Dieses Element ist im Weltraum vertrag jedoch nur in Ansätzen enthalten, indem die Nutzung zu Gunsten aller Staaten "unabhängig von ihrem wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungsstand" vorgeschrieben wird, ohne dass die Modalitäten näher ausgeführt sind. Insbesondere fehlt im Weltraumvertrag noch die später im Mondvertrag aufgenommene aus109 Tomuschat, International Law as the Constitution of Mankind, in International Law on the Eve of the Twenty-first Century. Views from the International Law Commis si on (1997) S. 43; Verdross/Simma, Fn. 3 S. 310 § 505. 110 s. Nachweise in Fn. 25. III Baslar, Fn. 3 S. 161 ; Wolfrum, Fn. 3 S. 341 ; Metcalf, Fn. 11 S. 191.

13 Wolter

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

drückliche Verpflichtung, dass die Vertragsparteien zur Regelung der Modalitäten für die Ausbeutung der Bodenschätze ein internationales Regime zu vereinbaren haben. Dieses internationale Regime zur Ausbeutung der Naturschätze ist sowohl in der Seerechtskonvention als auch im Mondvertrag ein wesentliches Element der Bestimmungen zum CHOM-Prinzip. Dennoch würde es den Zweck des CHOM-Grundsatzes verfehlen, seinen Gehalt ausschließlich auf die Frage der wirtschaftlichen Nutzung zu beschränken. Damit würde verkannt, dass der CHOM-Grundsatz mit seinen fünf Strukturelementen von vornherein einen umfassenderen Ansatz bei der Internationalisierung der ihm unterliegenden staatsfreien Räume im Allgemeinen und in Bezug auf den Weltraum im Besonderen verfolgt hat. 112 Wie hinsichtlich seiner Entstehungsgeschichte im Weltraumrecht ausgeführt,113 war es sogar der ursprüngliche, von beiden Weltraummächten verfolgte Hauptzweck der Einführung der Menschheitsklausel, die Erforschung und Nutzung zu ausschließlich friedlichen Zwecken zu sichern. Es lässt sich in Bezug auf die Deckungsgleichheit von "province of all mankind"-Klausel und CHOM-Grundsatz also festhalten, dass zwar die Kernelemente des CHOM-Prinzips unter dem Begriff der Nutzung des Weltraums als einer "Angelegenheit der gesamten Menschheit" bereits im Weltraumvertrag enthalten sind, jedoch das nutzungsrechtliche CHOM-Element dort nur im Ansatz angelegt ist. Die fünf Strukturelemente haben also auch im Weltraumvertrag eine völkervertragsrechtliche Grundlage, allerdings für die Nutzungsfrage nur in Fonn eines allgemeinen Gemeinnützigkeitsvorbehalts. Hinsichtlich einer völkervertragsrechtlichen Etablierung des CHOM-Prinzips im Weltraumrecht ist jedoch angesichts des statusbildenden Gehalts des Grundsatzes die zusätzliche Anforderung zu stellen, dass die entsprechenden Vertrags bestimmungen Wirkung erga omnes entfalten, denn ein gemeinsames Menschheitserbe lässt sich rechtlich nur etablieren, wenn auch tatsächlich die ganze Staatengemeinschaft mitwirkt. 114 Hinsichtlich der Qualifizierung völkerrechtlicher Bestimmungen als erga omnes-Nonnen lassen sich zwei Sichtweisen unterscheiden, je nach dem, ob stärker auf den Entstehungsprozess oder auf die Bedeutung der Nonn und die Rechtsfolge abgestellt wird. 115 Nach dem Entstehungsprozess wäre eine erga omness. die Nachweise in Fn. 25. s. oben Kapitel B. 1. 1. a). 114 Kiss, Fn. 4 S. 232. 115 International Law Commission, Draft ArticIes on Responsibility of States for internationally wrongful acts, adopted at its fifty-third session, November 2001 und die Kommentierung im Bericht der ILC über die 53. Sitzung A/56/1O Supplement 10 ; der Berichterstatter CrawJord, S. 321 betont, dass der Entwurf den Begriff erga omnes vermeidet, weil er mit der bloßen Verbindlichkeit der Bestimmungen eines multilateralen Vertrages für alle Vertrags112 1 I3

I. Bisherige Einordnung

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Wirkung einmal unmittelbar dann gegeben, wenn gemäß Artikel 34 und 35 Wiener Vertragsrechtskonvention ausnahmslos alle Staaten Vertragsparteien wären (pacta tertiis nec nocent nec prosunt), was jedoch beim Weltraumvertrag nicht der Fall ist. Hinsichtlich der Entstehung von erga omnesVerpflichtungen wird im Schrifttum aber seit längerem die Auffassung vertreten, dass es ungeachtet dieser Bestimmungen der Wiener Vertragsrechtskonvention besondere Fälle geben könne, in denen ein repräsentativer Teil der Staatengemeinschaft einen Vertrag mit Wirkung erga omnes schaffen könne. Voraussetzung ist, dass die Vertragsparteien subjektiv und objektiv die Regelung einer Materie im allgemeinen Interesse der Staatengemeinschaft bezwecken. Beispiele solcher Statusverträge 116 sind überwiegend territorial bezogene Verträge von allgemeinem Interesse. Darüber hinaus muss aber ein weiteres Element hinzukommen, worauf sich die Bindungswirkung für Nichtteilnehmer stützen kann. Dies kann entweder im Sinne eines "consent-based approach" 117 die stillschweigende Hinnahme der Sachwalterkompetenz oder entsprechend der "public law theory" nach McNair in seinem Sondervotum im Namibia-Gutachten die Anerkennung einer "Ordnungsbehauptung" der die Errichtung eines "objective regime" beabsichtigenden Staatengruppe sein. 118 Die Anerkennung eines quasi-legislativen Rechts für eine im Konzert im Interesse Aller handelnde Gruppe von Staaten wird u. a. damit begründet, dass die Internationalen Organisationen noch nicht in der Lage seien, diese Aufgabe zu übernehmen. Wenn - wie im Falle des Weltraumvertrages - der entsprechende Vertrag in den VN von der Generalversammlung einvernehmlich vorbereitet und verabschiedet wurde, liegt bereits auf Grund der Teilnahme von Staaten aller Weltregionen nach dem Konsenserfordernis eine Vermutung für die erga omnes- Wirkung vor. Vom Entstehungsprozess und angesichts der großen Zahl der Ratifizierungen des Weltraumvertrages durch Staaten aller Weltregionen einschließlich aller Weltraummächte kann daher von seiner erga omnesGeltung ausgegangen werden, ohne dass es des Rückgriffs auf die quasilegislative Befugnis einer Staatengruppe bedarf. 119 Anders ist die erga omparteien verwechselt werden könnte und stattdessen die IGH-Konzeption der "obligations owed to the international community as a whole" aussagekräftiger sei. 116 Grundlegend Klein, Statusverträge im Völkerrecht. Rechtsfragen territorialer Sonderregime (1980). 117 Simma, Fn. 78 S. 358. 118 IC] Reports 1950 S. 146 ff., 153 (Individual Opinion Lord McNair); zurückhaltender aber bereits McNair selber in ders., The Law of Treaties (1961) S. 259 sowie insbesondere zum Antarktisvertrag Klein, Fn. 116 S. 118; ebenso ablehnend gegenüber einer erga omnes-Kompetenz im Fall des Antarktisvertrages Simma, Fn. 78 S. 362 und Tomuschat, Obligations Arising for States without or against Their Will, RdC 241 (1993 IV) S. 246; ders. Fn. 65 S. 13. 119 Kiss, Fn. 4, S. 234; Böckstiegel, Grundlagen des Weltraumrechts, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 28; Dauses, Neuere Fragen des Weltraumrechts, AVR 17 13*

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

nes- Wirkung jedoch beim Mondvertrag schon wegen der bis heute geringen Zahl der Ratifizierungen zu beurteilen. Des Weiteren sind gerade die zusätzlichen Bestimmungen des Mondvertrages über die Nutzungsfrage weiterhin strittig. Für die Annahme einer erga omnes- Wirkung müssten zumindest auch die Staaten dem Vertrag beitreten, die technisch zur Ausbeutung der Bodenschätze in der Lage sind. Dies ist aber bis heute nicht der Fall, so dass es bereits an der Voraussetzung einer "ausreichend repräsentativen" Staatengruppe fehlt, um von einem Statusvertrag bzw. einer erga omnesWirkung ausgehen zu können.

Eine erga omnes-Wirkung 120 kann sich entsprechend der Konzeption des IGH von "obligations owed to the international community as a whole" im Barcelona Traction-Fall 121 jedoch auch wegen der Wichtigkeit einer Norm für die internationale Gemeinschaft oder auf Grund der besonderen "Natur" der Rechtsnormen, d.h. der Erfüllungsstruktur, bei der neben oder statt des unmittelbar Berechtigten auch die internationale Gemeinschaft berechtigt sein muss, die Erfüllung der Verpflichtung durchzusetzen, ergeben. Der IGH hat diese Qualität bislang ausgehend von dem Barcelona Traction-Urteil und dem Völkermord-Fall l22 Normen aus dem Bereich der Menschenrechte, in Bezug auf das Aggressionsverbot sowie mit dem Osttimor-Fall 123 (1977/78) S. 53 spricht von einer "quasi-universellen Beteiligung"; Klein, International Regimes, EPIL 9 (1989) S. 202 sieht das Institut des Statusvertrages als besonders geeignet zur Verwirklichung des CHOM-Grundsatzes. Allerdings ist angesichts der konsensualen Verabschiedung der das Prinzip im Weltraumrecht enthaltenden Resolutionen der VN-Generalversammlung zweifelhaft, ob zur Begründung der quasi-legislativen Befugnis in Bezug auf das CHOM-Prinzip wirklich an die Konzeption des Statusvertrages, der eine Autorisierung einer Gruppe von Staaten, oftmals ein Konzert der Großmächte im Auge hat, angeknüpft werden muss, oder ob diese nicht vielmehr aus der Teilnahme eines repräsentativen Teils der Staatengemeinschaft etwa durch Länder aller Kontinente und Staatengruppen hergeleitet werden sollte. Jedenfalls können angesichts des völkerrechtlichen Strukturwandels staatsfreie Räume nicht mehr einem Großmachtkonzert oder nur einem Teil der Staatengemeinschaft überantwortet werden, vielmehr sind sie universell und daher der internationalen Staatengemeinschaft zuzuordnen. In Bezug auf die Rechtsfolgen, insbesondere der Wirkung erga omnes, ist der Einordnung des CHOM-Grundsatzes als Statusvertrag allerdings zuzustimmen. Dagegen sieht Stocker, Fn. 3 S. 189 im Weltraumvertrag keinen Statusvertrag, da die handelnden Staaten über den Weltraum und die Himmelskörper als res communis omnium keine territoriale Kompetenz und damit auch keine Regelungsbefugnis erga omnes erhalten könnten. Fälschlich nimmt Stocker auch Klein, Fn. 116 für seine Position in Anspruch. Dieser nennt aber ausdrücklich den Weltraumvertrag als einen Statusvertrag. Die Position Stockers verkennt aber, dass die Regelungskompetenz durch den in der GV einstimmig mehrfach zum Ausdruck gebrachten Wunsch der Staatengemeinschaft zur universellen Kodifizierung des Weltraumrechts als übertragen gelten kann. 120 s. dazu neuerdings ausführlich Paulus, Fn. 78 S. 363 ff. 121 ICJ Reports 1970, S. 32. l22 ICJ Reports 1993, S. 3.

1. Bisherige Einordnung

197

das Selbstbestimmungsrecht als solche erga omnes-Nonnen anerkannt. Die International Law Commission 124 übernimmt in ihrem jüngsten Entwurf für die Staatenverantwortlichkeit in Artikel 28 und 42 Absatz 1 (b) die Konzeption des IGH und begründet aus derartigen "obligations owed to the international community as a whole die in Artikel 48 vorgesehene besondere Rechtsfolge, dass deren Verletzung von allen Staaten geltend gemacht werden kann. Der Berichterstatter Crawlord 125 weist zu Recht darauf hin, dass eine Festlegung oder Aufzählung derartiger übergeordneter Gemeinschaftsinteressen kaum möglich ist, da "the scope 01 the concept will ne cessarily evolve over time Entscheidend ist, dass die Staatengruppe mit den in Frage stehenden Bestimmungen "some wider common interest verfolgt. Crawlord 126 nennt als Beispiel ausdrücklich die Einrichtung einer nuklearfreien Zone in einer Region. Das eigentliche nonnative Kennzeichen der erga omnes-Nonnen besteht darin, dass sie nicht nur eine Addition der bilateralen Verpflichtungen gegenüber anderen Staaten sind, sondern auf dem Gemeinschaftsinteresse begründet auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft als Ganzer geschuldet werden. 127 Rechtsfolge ist daher, dass jeder Staat unabhängig davon, ob er in einem eigenen materiellen Recht beeinträchtigt wird, ein rechtliches Interesse an ihrer Erfüllung geltend machen kann. H

H.

H

In Bezug auf die das CHOM-Prinzip konstituierenden weltraumvertraglichen Bestimmungen ist deren Ausrichtung auf das Gemeinschaftsinteresse geradezu primärer Nonnzweck und in der Menschheitsklausel selber niedergelegt, in dem sie vorschreibt, dass die Nutzung des Weltraums im Interesse und zum Vorteil aller Staaten und der Menschheit insgesamt erfolgen muss. Darin liegt die statusbegründende Besonderheit der Menschheitsklausel des CHOM-Grundsatzes. Dasselbe gilt für die anderen Strukturmerkmale des CHOM-Prinzips und insbesondere auch für den Grundsatz der friedlichen Nutzung, welche im Weltraum vertrag ebenfalls ausdrücklich mit dem Wohl und Interesse aller Staaten verbunden wird. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass die Vertragsparteien des Weltraumvertrages mit der Menschheitsklausel und dem Grundsatz der friedlichen Nutzung ein lCI Reports 1995, S. 90. International Law Commision, Draft Articles on Responsibility of States for internationally wrongful acts, adopted at its fifty-third session, Nov. 2001, Fn. 115; s. ausführlich zum Vorgängerentwurf (erste und zweite Lesung Artikel 19 "international crimes of States") Paulus, Fn. 78 S. 387 ff.und 404 ff. 125 Fn. 124 S. 322. 126 Fn. 124 S. 320. 127 Paulus, Fn. 78 S. 378; a. A. wohl Ragazzi, The concept of international obligations erga omnes (1997) S. 132, der nur Normen mit konkretem Verpflichtungscharakter anstatt abstraktem Normcharakter als erga omnes-Normen anerkennen will. 123

124

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

übergeordnetes Gemeinschaftsinteresse im Sinne dieser IGH-Rechtsprechung und des ILC-Entwurfs verfogten. Diese den Gemeinschaftsstatus des Weltraums begründenden Bestimmungen sind daher als erga omnes- Verpflichtungen anzusehen. 128 Insoweit sind die den Gemeinschaftsstatus internationalisierter Räume konstituierenden Strukturelemente des CHOMGrundsatzes immer auch erga omnes- Verpflichtungen. bb) Völkergewohnheitsrecht

Voraussetzung der Entstehung von Völkergewohnheitsrecht ist nach Artikel 38 Abs. I b IGH-Statut eine einheitliche Übung der Staaten (usus), die vom Rechtsbewußtsein (opinio juris), dass das zugrundeliegende Verhalten auf einer rechtlichen Verpflichtung beruht, getragen wird. 129 Entsprechend dem IGH-Urteil zum Nodsee-Festlandsockel-Fall 130 muss die Übung der Staaten eine widespread and representative participation including those of States whose interests are specifically affected" widerspiegeln. Außerdem wird gefordert, dass der Inhalt der in Frage stehenden Regel ausreichend präzise ist, damit er als eine Rechtsregel angesehen werden kann. Hier ist bezüglich des CHOM-Grundsatzes gelegentlich der Einwand erhoben worden, dass er zu vage sei, um daraus Rechtsnormen ableiten zu können. l3I Jedoch ist das Schrifttum 132 ganz überwiegend der Ansicht, dass auch aus grundlegenden Prinzipien, z. B. Prinzipien der VN-Charta wie etwa die Verpflichtung zur friedlichen Streitbeilegung oder das Prinzip der Freiheit der Hohen See, Völkergewohnheitsrecht entstehen und demnach H '"

128 Für die Gegenposition, welche unter Negierung der Menschheitsklausel den Weltraum mit der Hohen See vergleichbar lediglich als res communis einstuft und daher den CHOM-Grundsatz als Neuentwicklung des Mondvertrages ansieht, der Drittstaaten nicht binde, s. Back Impallomeni, Fn. 5 S. 285. Allerdings erkennt Back Impallomeni an, dass außer dem Verteilungsaspekt, der einer "kollektivistischen Strukturauffassung der internationalen Gemeinschaft" (S. 278) entspreche, die anderen Elemente des CHOM-Grundsatzes erga omnes- Wirkung haben. 129 Zur Diskussion um das Erfordernis der opinio juris und der Entstehung von Völkergewohnheitsrecht aus Resolutionen der Generalversammlung s. Report of the International Law Association, Committee on the Formation of Customary (General) International Law (London 2000) ; Bernhardt, Ungeschriebenes Völkerrecht, ZaöRV 36 (1976) S. 73 sowie neuerdings Yee, The News that Opinio Juris "Is Not a Necessary Element of Customary [International] Law" Is Greatly Exaggerated, GYIL 43 (2000) S. 227. 130 ICJ Reports 1969, S. 44. 131 Dezidiert Bueckling, The Strategy of Semantics and the ,Mankind Provisions' of the Space Treaty, JSL 7 (1979) S. 15; ders., Fn. 25 in BenkölKroll (Hrsg.) Liber amicorum Böckstiegel S. 291; ders., Fn. 25 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 55; Larschanl Brennan, Fn. 25 S. 331. 132 Tomuschat, Fn. 65 S. 19 f.; Wolfrum, Fn. 23 S. 312; ders., Fn. 3 S. 394; Kiss, Fn. 4 S. 234; Kewenig, Fn. 36 S. 402.

I. Bisherige Einordnung

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auch das CHOM-Prinzip zum Gegenstand der Bildung von Völkergewohnheitsrecht werden kann. Auch der IGH hat etwa im Golf von Maine-Fall 133 anerkannt, dass Gewohnheitsrecht auch deduktiv aus Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden kann. Das CHOM-Prinzip hat mit seinen fünf Strukturelementen einen ausreichend festgelegten Regelungsgehalt hinsichtlich der Nutzung staatsfreier Räume sowohl in negativer Weise mit dem Ausschluss der territorialen Aneignung als auch in positiver Weise mit dem Gebot der friedlichen Nutzung und gerechten Aufteilung der daraus erzielten Erlöse. Außerdem enthält der CHOM-Grundsatz die Kooperationsverpflichtung, die Einzelgebote im Interesse der internationalen Gemeinschaft und künftiger Generationen durch konkretisierende Ausgestaltung aufzufüllen. Solchen Rahmenbestimmungen wird überwiegend ebenfalls Normqualität zugemessen. 134 Bei der Beurteilung, inwieweit das CHOM-Prinzip und seine fünf Strukturelemente als Völkergewohnheitsrecht zu betrachten sind, ist zu berücksichtigen, dass diese im Rahmen eines von der VN-Generalversammlung initiierten Rechtssetzungsprozesses des neuen Weltraumrechts durch im Konsens verabschiedete Resolutionen einschließlich einer Grundsatzerklärung der VN-Generalversammlung über die Rechtsprinzipien des Weltraumrechts entwickelt wurden. 135 Zwar sind die von der Generalversammlung verabschiedeten Resolutionen nach herrschender Meinung 136 weiterhin nicht als formelle Rechtsquellen anzusehen, selbst wenn sie im Konsens verabschiedet wurden und den Anspruch erheben, wie dies bei der Weltraum-Grundsatz-Resolution vom 13. 12. 1963 der Fall ist, Rechtsprinzipien festzulegen. So sind Resolutionen der Form nach entsprechend der VNCharta bloße "Empfehlungen" - wie auch in der Präambel der WeltraumResolutionen selber bekräftigt wird. Folgerichtig empfehlen sie auch ausdrücklich den späteren Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages über den Weltraum, mit der quasi der Inhalt der GV-Resolution erst in "hartes Recht" umgegossen wird. Jedoch wird zunehmend anerkannt, dass Resolu133 IC} Reports 1984, S. 246, 299 para. 111; Tomuschat, Fn. 118 S. 297 spricht von ,,,deductive' customary law"; s. auch bereits die deduktive Herleitung eines völkergewohnheitsrechtlichen Umweltstandards aus dem Prinzip der Staatengleichheit durch das amerikanisch-kanadische Schiedsgericht im Trail Smelter-Fall, RIAA I (1935) 1965. 134 VerdrosslSimma, Fn. 3 S. 365 § 578; Wolfrum, Fn. 3 S. 394; Tomuschat, Die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten - Zur Geltungskraft von Deklarationen der VN-Generalversammlung, ZaöRV 36 (1976) S. 478; ders. Fn. 65 S. 28. 135 s. o. Kapitel B. I. 1. b). 136 Für viele DahmlDelbrücklWolfrum, Völkerrecht. Die Grundlagen. Die Völkerrechtssubjekte (Bd. I 1, 2. Auf!. 1989) S. 72, s. aber ThierryICombacaulValtee/Sur, Fn. 10 S. 145, die ihnen eine "presomption de legitimite" zuerkennen.

200

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

tionen der VN-Generalversammlung bei der Feststellung, ob sich zu einer bestimmten Frage ein Gewohnheitsrecht gebildet hat, sowohl für die objektive Seite der Staatenpraxis (Annahme der Resolution im Konsens) als auch für die Beurteilung der subjektiven Seite maßgeblich zu berücksichtigen sind. 137 Der IGH hat dies in seinem Gutachten über die Rechtmiifligkeit des Einsatzes von Nuklearwaffen aus dem Jahre 1996 erneut bekräftigt. 138 Dies gilt besonders für Resolutionen, in denen der Wille zur Formulierung von Rechtsgrundsätzen zum Ausdruck kommt. In Bezug auf die WeltraumGrundsatz-Resolution kommt hinzu, dass sowohl die USA als auch die UdSSR wie viele andere Delegationen im Zusammenhang mit der Verabschiedung der Resolution in der VN-Generalversammlung ausdrücklich erklärt haben, die dort niedergelegten Rechtsgrundsätze einhalten zu wollen. 139 Der IGH 140 hat im Nicaragua-Fall in Bezug auf die der WeltraumGrundsatzdeklaration vergleichbare Friendly-Relations-Deklaration 141 die Zustimmung zu einer solchen Resolution als Annahme der Gültigkeit der in der Resolution niedergelegten Regel ausdrücklich anerkannt. B. Cheng 142 prägte in diesem Zusammenhang den Begriff vom" instant customary law H.

137 So die Rechtsprechung des IGH etwa im Nordsee-Festlandsockel-Fall, IC] Reports 1969 S. 43 und im Nicaragua-Fall, IC] Reports 1986 S. 33; s. auch Verdross/Simma, Fn. 3 S. 368 § 583; Wolfrum, Fn. 3, S. 343 ff; Frowein, Der Beitrag der internationalen Organisationen zur Entstehung des Völkerrechts, ZaöRV 36 (1976) S. 150; Tomuschat, Fn. 134 S. 460; speziell zu Völkergewohnheitsrecht im Weltraumrecht s. Böckstiegel, Fn. 25 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 28; zu den Resolutionen der VN-Generalversammlung speziell zum Weltraum s. Jasentuliyana, Fn. 55 S. 41; Christol, Fn. 98 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 155; laut Fasan, Weltraumrecht (1965) S. 75: "darf nicht übersehen werden, daß all diese Resolutionen einstimmig angenommen wurden. Darüber hinaus füllten sie ein Rechtsvakuum; sie entsprechen dem allgemeinen internationalen Rechtssystem, und sie stellen, weil sie von allen Mitgliedstaaten des Weltraumkomitees der UNO gemeinsam vorgeschlagen wurden, übereinstimmende einseitige Grundsatzerklärungen dar." s. auch Dissenting Opinion von Judge Tanaka in South-West Africa Case, IC] Reports 1966, S. 292: " ... the accumulation of authoritative pronouncements such as resolutions, declarations, decisions, etc. concerning the interpretations of the [UN] Charter by the competent organs of the international community can be characterized as evidence of the international custom referred to in Article 38, paragraph 1 (b)"; ebenso Jenks, Space Law (1965) S. 185. 138 IC] Reports 1996 S. 33 Para 70. 139 Der sowjetische Delegierte knüpfte dies aber an die Voraussetzung, "if it [the draft resolution] were unanimously adopted."; s. A/C.l/SR.1342 (2.12.63), S. 161 Der US-Delegierte erklärte: " ... When a General Assembly resolution proclaimed principles of international law - as resolution 1721 (XVI) had done - and was adopted unanimously, it represents the law as generally accepted in the international community. " 140 IC] Reports 1986, S. 99 para. 188. 141 Declaration on Principles of International Law concerning Friendly Relations and Co-operation among States in Accordance with the Charter of the United Nations, 24. 10. 1970, Res. 2625 (XXV).

1. Bisherige Einordnung

201

Überwiegend wird jedoch für erforderlich gehalten, dass die in Resolutionen erkennbare Rechtsüberzeugung durch Praxis ergänzt wird, um eine Völkergewohnheitsrechtsbildung herbeizuführen. 143 Allerdings wird zunehmend entsprechend der Feststellung des IGH im Nordsee-Festlandsockel-Fall l44 angenommen, dass dazu eine sehr kurze Frist genügt. Die Resolutionen der VN-Generalversammlung können diesen Prozess beschleunigen und damit eine rechtsfördernde Funktion ausüben. 145 Je universeller, intensiver und einheitlicher die Rechtsüberzeugung, desto kürzer kann die Zeitspanne der effektiven Anwendung zur Herausbildung der Staatenpraxis sein. 146 Da alle einschlägigen Resolutionen im Weltraumrecht, welche die Grundelemente des CHOM-Prinzips und insbesondere seine Kernbestimmung der Menschheitsklausel enthalten, einstimmig verabschiedet und die grundlegenden Vertragsentwürfe im consensus erarbeitet wurden, geht die Mehrzahl der Autoren 147 davon aus, dass das CHOM-Prinzip in seinen Kernelementen 142 Cheng, United Nations Resolutions on Outer Space: "instant" customary law?, Indian Journal of International Law 5 (1965), S. 23; unterstützend Bemhardt, Fn. 129 S. 73. 143 Verdross/Simma, Fn. 3 S. 367; Wolfrum, Fn. 3, S. 343 ff; Frowein, Fn. 137 S. 150; Tomuschat, Fn. 109 S. 324. 144 ICJ Reports 1969 S. 43. 145 Verdross, Kann die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Völkerrecht weiterbilden?, ZaöRV 26 (1966) S. 69; Grünigen, Die Resolutionen der Generalversammlung und ihr Einfluss auf die Fortentwicklung des Völkerrechts, in Diez et al. (Hrsg.), Festschrift für Bindschedler (1980) S. 195. 146 De Visscher, Observations sur les Resolutions Declaratives de Droit Adoptees au sein de l' Assemblee Generale de I'Organisation des Nations Uni es, Festschrift für Bindschedler (1980) S. 176. 147 Wolfrum, Fn. 3 S. 394; ders., Fn. 23 S. 335; Dauses, Fn. 25 S. 55; Gorove, Fn. 25 S. 372; Kiss, Fn. 4 S. 155; Andem, Fn. 25 S. 185; Baslar, Fn. 3 S. 160; Postyshew, Fn. 23 S. 131; Altemir, Fn. 3 S. 108 u. 244 spricht von: "eI proceso de forrnalizacion juridica ... " und "los principios norrnativos derivados de la nocion de patrimonio comun de la humanidad"; Genius-Devime, Fn. 25 S. 58; Fitschen, Fn. 25 S. 211; Christol, Fn. 100 in World Peace through Law Centre (Hrsg.), World Peace through Law. The Geneva World Conference (1969) S. 155; Jasentulianya, Fn. 55 S. 28; Chaumant, Orientation Actuelle du Droit de l'Espace, Revue Generale Air et Espace (1965) S. 7; Kewenig, Fn. 36 S. 402: "in statu nascendi"; einschränkend Stocker, Fn. 3 S. 185, der nur die Bestimmungen des Weltraumvertrages, nicht aber die des Mondvertrages für Völkergewohnheitsrecht hält. Überwiegend wird auch für das CHOM-Prinzip im Seerecht völkergewohnheitsrechtliche Geltung angenommen. Für viele s. Steinacker, The legal principle of the common heritage of mankind and deep sea-bed mining outside the UN convention on the law of the sea (1985), der zudem darauf hinweist, dass der seerechtliche Grundsatz auch von den nationalen Gesetzen über den Tiefseebergbau der wichtigsten Industrieländer, namentlich der USA, übernommen wurde. Riedel sieht von den fünf Einzelkomponenten des Konzepts bereits vier als universell anerkannte Grundsätze. Das nutzungsrechtliche Element werde durch die Praxis gelöst, Riedel, Fn. 36 in Delbrück (Hrsg.) S. 16; Reijnen, Fn. 25 S. 9 (ius cogens); die Gegenmeinung lehnt eine völ-

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

inzwischen zum Weltraumgewohnheitsrecht mit Wirkung erga omnes gehört, wobei allerdings hinsichtlich des nutzungsrechtlichen Elements noch keine gewohnheitsrechtliche Festlegung auf einen bestimmten Regelungsinhalt angenommen werden kann. Die in den einschlägigen Resolutionen zum Weltraum enthaltenen Grundprinzipien der Menschheitsklausel, der Weltraumfreiheit, der friedlichen Nutzung, der Anwendung der VN-Charta auf den Weltraum und des Aneignungsverbotes wurden sogar bereits vor Verabschiedung des Weltraumvertrages als Völkergewohnheitsrecht anerkannt. 148 Diese Feststellung ist auch insofern von Bedeutung, als damit bestätigt wird, dass der Grundsatz des CHOM mit der Menschheitsklausel als Kernbestimmung nicht nur wie im Mondvertrag vorgesehen für die Himmelskörper, sondern auch für den Weltraum per se gilt, denn alle Resolutionen der Generalversammlung haben die Menschheitsklausel stets auf den ganzen Weltraum und nicht nur auf die Himmelskörper bezogen. Hinsichtlich der Dauer einer Übung weist Verdross1 49 zu Recht darauf hin, dass sich bei Annahme einer kurzfristigen Entstehung kaum noch von Gewohnheit sprechen lassen könne. Jedenfalls fragt sich, ob - insbesondere wenn es wie hier nicht um eine konkrete Rechtsnorm, sondern um ein Rechtsprinzip geht - die den VN-Grundsatzdeklarationen zuerkannte rechtserzeugende Wirkung in diesem Fall an Stelle über die Rechtsquelle des Völkergewohnheitsrechts nicht vielmehr über die der allgemeinen Rechtsgrundsätze hergeleitet werden sollte. Dies scheint auch der von Verdross1 50 für richtig gehaltene Weg, wonach die in einer Erklärung der Generalversammlung verkündeten Rechtsgrundsätze zu neuem Völkerrecht werden können, zu sein. Die ungelöste Nutzungsfrage zeigt des Weiteren, dass hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des nutzungsrechtlichen Regimes

kergewohnheitsrechtliche Geltung vor allem mit dem Argument ab, dass das nutzungsrechtliche Element weiterhin umstritten ist und dies auf das Prinzip insgesamt zu übertragen sei; differenzierend Hobe, Fn. 26 S. 282; Stocker, Fn. 3 S. 182; Wolter, Fn. 25 S. 137. 148 Tomuschat, Fn. 109 S. 332; Christol, Fn. 98 in World Peace through Law Centre (Hrsg.), World Peace through Law. The Geneva World Conference (1969) S. 155: "However, since the prior unanimity in the form of UN resolutions and declaration was coupled with the intent to establish principles, standards, and rules of international law, it is submitted that the Treaty did not create an entirely new body of law. It formalized the pre-existing customary law which had already formally been declared by the resolutions and declaration to exist." S. 153: "The international law of outer space is the product of practices which have ripened into customary international law .... the substance of the customary law of space has been principally identified in a number of exceedingly important unanimous resolutions of the General Assembly of the Uni ted Nations dating from as early as 1961." 149 Verdross, Fn. 145 S. 69. 150 Ders.; Fn. 145 S. 693.

1. Bisherige Einordnung

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eine Lösung über die Anwendung völkergewohnheitsrechtlicher Kriterien kaum zu erreichen iSt. 151 cc) Allgemeine Rechtsgrundsätze In Bezug auf das CHOM-Prinzip stellt sich mithin die Frage, ob es auch als ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Völkerrechts angesehen und daher unabhängig von der Anzahl der Ratifizierungen von Weltraum- und Mondvertrag auch auf dieser Grundlage Wirkung erga omnes beanspruchen kann. Im Verständnis der Mitglieder des Redaktionskomitees zur Vorläuferbestimmung im Statut des StlGH beziehen sich die allgemeinen Rechtsgrundsätze im Sinne des Artikel 38 Abs. 1 c IGH-Statut ausschließlich auf im innerstaatlichen Recht anerkannte allgemeine Rechtsprinzipien wie z. B. das Gebot von Treu und Glauben. 152 Daneben gibt es im Völkerrecht selbst begründete allgemeine Rechtsgrundsätze, die aber keinen eigenen Rechtsquellencharakter haben, sondern im Vertrags- oder Gewohnheitsrecht verkörpert sind. 153 Der IGH hat dies in seiner Entscheidung im Nicaragua-Fall 154 und im Rechtsgutachten über die Rechtmäßigkeit von Nuklearwajfen 155 anerkannt. Umstritten ist dagegen, ob es darüber hinaus allgemeine Rechtsgrundsätze gibt, die nicht aus den nationalen Rechtsordnungen herrühren und nicht durch Vertragsoder Gewohnheitsrecht entstehen, sondern durch eine eigene ursprüngliche Rechtserzeugungsform. 156 Einen numerus clausus der Rechtsquellen kann es nicht geben. 157 Dies ergibt sich schon daraus, dass die Völkerrechtssubjekte in der dezentralisierten Völkerrechtsordnung durch Konsens selber bestimmen können, in welcher Form sie Recht setzen wollen. Zudem besteht die 151 s. Tomuschat, Fn. 65 S. 27 für die parallele Diskussion zum CHOM-Grundsatz im Seerecht. Hobe, Fn. 26 S. 248 ff. und 291 hat ausführlich nachgewiesen, dass in bestimmten Teilbereichen auch bereits für das nutzungsrechtliche Element "das schon bei der Gemeinwohlklausel des Art. lAbs. 1 WRV innewohnende Konzept einer Berücksichtigung der Interessen der Nichtweltraumstaaten und insbesondere der Entwicklungsländer als ein im Entstehen begriffener Satz des Völkergewohnheitsrechts zu bezeichnen" ist. 152 Verdross/Simma, Fn. 3 , S. 383 § 601; Dahm/Delbrück/Woljrum, Fn. 138

S.66.

Tomuschat, Fn. 109 S. 339; Verdross/Simma, Fn. 3 S. 386 § 605. ICJ Reports 1986, S. 114. 155 ICJ Reports 1996, S. 257. 156 In diesem Sinn bereits Verdross, Die Verfassung der Völkerrechtsgemeinschaft (1926) S. 62 und ders., Fn. 145 S. 68: "Das mit der Ausarbeitung des Gerichtshofstatuts befasste Komitee hatte zwar bei der Formulierung dieses Artikels zunächst jene Rechtsgrundsätze im Auge, die foro domestico anerkannt sind. Die Fassung dieser Bestimmung schließt aber andere Arten der Anerkennung dieser Grundsätze nicht aus."; ebenso Bemhardt, Fn. 129 S. 74. 157 Tomuschat, Fn. 134 S. 485. 153

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Notwendigkeit, allgemeine aus dem Völkerrecht selbst herrührende Rechtsgrundsätze anzuerkennen, da hinsichtlich der Entstehung neuer Rechtsgrundsätze eine einheitliche Staatenpraxis im Sinne des Völkergewohnheitsrechts nur schwer nachweisbar ist, denn ein Rechtsgrundsatz kann eine Fülle möglicher Verhaltensweisen vorschreiben, zulassen oder untersagen. Andererseits ist aber das Bedürfnis gewachsen, angesichts der sich wandelnden Völkerrechtsordnung die Entstehung neuer allgemeiner Rechtsgrundsätze im Völkerrecht selber anzuerkennen. 158 Die Fassung der Bestimmung des Artikel 38 Abs. I c schließt jedenfalls nicht aus, dass allgemeine Grundsätze des Völkerrechts auch unabhängig von den nationalen Rechtsordnungen im Völkerrecht selbst entstehen und allgemein anerkannt werden. 159 Nicht weiter hilft in diesem Zusammenhang der Begriff des "soft law", da gerade die entscheidende Frage nicht klar beantwortet wird, ob der Inhalt der entsprechenden Norm bereits als verbindlich angesehen wird oder nicht. Entscheidend muss vielmehr darauf abgestellt werden, ob ein neuer Rechtsgrundsatz auf internationaler Ebene durch formlosen oder z. B. qua Billigung einer Resolution der VN-Generalversammlung zum Ausdruck gebrachten Konsens entstanden ist. Dabei müssen alle Staatengruppen an dem Konsens beteiligt gewesen sein, wenn eine universelle Geltung geltend gemacht werden soll. "Wenn einschlägige Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen einhellige Zustimmung finden, ihr Inhalt von allen Beteiligten nicht nur als politisch wünschenswert, sondern auch als rechtlich verbindlich angesehen wird und eine gegenteilige Praxis bisher nicht besteht, sollte auf diese Weise neues Recht entstehen können.,,160

So verhält es sich mit der Normentstehung der Kernelemente des CHOM-Prinzips. Weder stand bei der einstimmigen Verabschiedung der grundlegenden weltraumrechtlichen Resolutionen der VN-Generalversammlung in Zweifel, dass diese mehr als bloße politische Absichtserklärungen waren, sondern den Inhalt von Rechtsnormen begründen sollten. Bei der Grundsatzresolution 1962 vom Dezember 1963 war dies sogar in ihrem Titel "Declaration oi Legal Principles" ausdrücklich genannt. Noch gab es den leisesten Widerstand gegen die in dieser Resolution wie bereits in den früheren Resolutionen zum Weltraum enthaltene Gemeinwohlklausel in der besonderen Ausprägung der neuen Menschheitsklausel oder gegen eines der anderen der fünf in der "province oi mankind"- bzw. dem CHOM-Prinzip zusammengefassten Strukturelemente des neuen Prinzips, wie es dann nach158 Bemhardt, Fn. 142, S. 74; s. jüngst Weiss, Allgemeine Rechtsgrundsätze des Völkerrechts, AVR 39 (2001) S. 399. 159 VerdrosslSimma, Fn. 3 S. 387; Weiss, Fn. 158 S. 396. 160 Bemhardt, Fn. 129 S. 74; VerdrosslSimma, Fn. 3 S. 324 § 519, die insoweit von formlosen Konsens als eigener Rechtserzeugungsquelle sprechen.

I. Bisherige Einordnung

205

folgend - wiederum einstimmig von der Generalversammlung empfohlen 161 - in den Weltraumvertrag unter der Bezeichnung "Angelegenheit der gesamten Menschheit" und als" CHOM" in Artikel 11 MV Eingang gefunden hat. Auch der Text des Mondvertrages ist nach der consensus-Methode erarbeitet und im consensus (ohne Abstimmung) von der VN-Generalversammlung zur Annahme empfohlen worden. 162 Als Ergebnis könnten somit - was die Akzeptanz seitens der Staaten angeht - die fünf Kemelemente des CHOM-Prinzips auf Grund der einstimmigen Annahme der sie inkorporierenden Weltraumrechtsresolutionen der Vereinten Nationen als ein allgemeines Rechtsprinzip des Weltraumrechts angesehen werden, wobei dies für das Nutzungselement allerdings nur hinsichtlich seines noch konkretisierungsbedürftigen, aber auch -fähigen Rahmengehalts gilt. 163 Jedoch könnten Zweifel bestehen, ob es sich bei dem CHOM-Grundsatz um einen Rechtsgrundsatz handelt, der als "allgemein" qualifiziert werden kann. Eine lediglich auf eine konkrete, historisch bedingte Situation bezogene Regel, die nicht verallgemeinerungsfähig wäre, würde nicht vom Begriff des "allgemeinen Rechtsgrundsatzes" erfasst. 164 Der CHOM-Grundsatz findet jedoch in seiner territorialen Variante unstreitig auf drei staatsfreie Räume (Weltraum, Antarktis, Meeresboden)165 Anwendung. Außerdem wird er in einigen völkerrechtlichen Instrumenten darüber hinaus auch für ideelle Menschheitsgüter wie das Natur- und Kulturerbe angewendet. 161 A. Meyer, Fn. S. 69 weist konkret mit Bezug auf die im Weltraumvertrag enthaltenen Rechtsgrundsätze zu Recht darauf hin, dass sich "die Staaten, die einer Entschließung der UN zugestimmt haben, später natürlich nicht darauf berufen können, daß es sich lediglich um eine sie nicht bindende Empfehlung gehandelt habe. Es würde dies dem Grundsatz ,venire contra factum proprium' widersprechen."; ebenso Cheng, Fn. 142 S. 39. 162 GA Res. 34/664 v. 2. 11. 1979; s. Reijnen, Fn. 25 S. 284; Jasentuliyana, Fn. 56 S. 39. 163 Im selben Sinn auch Dahm/Delbrück/Woljrum, Fn. 136 S. 73, die im CHOMPrinzip bereits "ein - allerdings im einzelnen stark konkretisierungsbedürftiges (aber auch -fähiges) - Völkerrechtsprinzip" sehen; Kewenig, Fn. 34 S. 2, der den CHOM-Grundsatz als "einen im Entstehen begriffenen Rechtssatz des allgemeinen Völkerrechts" bezeichnet; Gorove, Fn. 25 S. 353: "the notion of the ,common heritage of mankind ' has ripened into a legal concept which is now part of international agreements pertaining to the resources of the moon and the deep sea bed"; Christol Fn. 25 S. 398; ebenso Kiss, Fn. 4 S. 155: " . .. Tous ces elements concouront a constater qu'un regime analogue a celui qui est decrit comme caracterisant le ,patrimoine commun de l'humanite' a ete esquisse pour l'espace." 164 Tomuschat, Fn. 134 S. 476. 165 Statt aller Woljrum, Fn. 3 S. 688; ders., Fn. 23 S. 334: " ... during the negotiations on the law of the sea ... the common heritage principle has, as a leading principle to govem the use of areas beyond national jurisdiction, been specified as to its basic content." [Hervorhebung von mir]; Baslar, Fn. 3 S. 260; Dumer, Fn. 25 S. 181; Fitschen, Fn. 25 Para. 2.

206

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Dies zeigt, dass der Menschheitsgedanke in Gestalt der verstärkten Allgemeinwohlbindung des CHOM-Grundsatzes als allgemeines Rechtsinstitut für der internationalen Gemeinschaft zuzuordnende universelle Räume und Güter bereits breite Anerkennung erlangt hat. 166 Dieses vorläufige Ergebnis zur Einordnung des CHOM-Prinzips als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Völkerrechts wird bei der Darstellung des Grundsatzes als Strukturprinzip im nachfolgenden Kapitel nochmals in strukturanalytischer Weise untersucht. 167 dd) Ius cogens und "public interest norms" Im Schrifttum wird teilweise angenommen, dass das CHOM-Prinzip in seinen wesentlichen Elementen den Status von jus cogens beanspruchen kann. 168 In der Tat ist schwer vorstellbar, dass die in Artikel lAbs. 1 und 2 WRV enthaltenen Grundsätze, namentlich das Aneignungsverbot, der Grundsatz der Nutzung zu ausschließlich friedlichen Zwecken, die Gemeinwohlklausel in ihrer Ausrichtung auf das Menschheitsinteresse und selbst der Grundsatz fairer Aufteilung der Erträge, vom Kooperationsgebot ganz zu schweigen, dispositiv sein und durch eine Minderheit von Staaten abgeändert werden können. Jedenfalls würde eine offene Abkehr oder ein Widerspruch gegen das Gebot der fairen und friedlichen Nutzung der staatsfreien Räume nicht nur den humanistischen Aspirationen der Menschheit zuwiderlaufen, sondern auch der Werteordnung der internationalen Gemeinschaft. Hinsichtlich der im Mondvertrag vorgesehenen späteren Ausarbeitung eines internationalen Nutzungsregimes kann - wie bereits festgestellt wurde - nur in sehr allgemeiner Form von einer erga omnes- Wirkung ausgegangen werden. 169 Eine Festlegung auf ein bestimmtes Nutzungsregime ist gerade nicht erfolgt. Dennoch erscheint die Verpflichtung zur Ausarbei166 Für eine auch nicht-territoriale Anwendung Dumer, Fn. 25 S. 203 ff.; Baslar, Fn. 3 S. 277; Kiss, Fn. 4 S. 243; Fitschen, Fn. 25 Para 29; Postyshew, Fn. 23 S. 244; Stocker, Fn. 3 S. 122 ff.; Altemir, Fn. 3; Genius-Devime, Fn. 25 S. 58; Riedei, Fn. 25 in Delbrück (Hrsg.) Fn. S. 91. 167 s. u. Kapitel C. 11. 3. 168 Christol, The Jus Cogens Principle and International Space Law, Proc. 26th Colloq. Space Law (1984) S. I, auch abgedruckt in ders., Fn. 25 S. 451: " a suitable candidate for jus cogens status"; Fasan, The Meaning of the Term "Mankind" in Space Legal Language, JSL 2 (1974) S. 125; Reijnen, Fn. 25 S. 11; Jakhu, Developing Countries and the Fundamental Principles of International Space Law, in Giradot/Ridder/Sarin/Schiller (Hrsg.), New Dimensions in International Law, Essays in Honour of Wolfgang Abendroth (1983) S. 364 weist der Menschheitsklausel des Artikel lAbs. 1 WRV den Status als jus cogens zu und bezeichnet diese zu Recht als "origin of the CHOM-principle". 169 Zum Verhältnis von erga omnes- Wirkung und jus cogens s. Paulus, Fn. 78.

I. Bisherige Einordnung

207

tung eines internationalen Regimes zur Regelung der Nutzung der Ressourcen die konsequente Folge aus deren Status als CHOM und aus einer angemessenen Berücksichtigung der Menschheitsklausel. In der Seerechtskonvention erhält das CHOM-Prinzip folgerichtig durch Artikel 136 (allgemeine Bestandskraft) und Artikel 311 Absatz 6 in der völkerrechtlichen Normenhierarchie einen besonderen Rang, der dem allgemeinen Vorrang für die VN-Satzung entsprechend Artikel 103 VN-Charta vergleichbar ist. 170 Chile hatte in der Seerechtskonferenz einen darüber hinausgehenden Vorschlag unterbreitet, den CHOM-Grundsatz ausdrücklich zu einem Bestandteil des jus cogens zu erklären. l7l Wolfrum l72 hält demgegenüber den Anspruch, dass die Vertragsparteien im Interesse der Weltgemeinschaft handeln, "in dieser Form" (Chile-Vorschlag) für mit den Grundprinzipien des geltenden Völkerrechts, insbesondere mit dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten, für unvereinbar. Zugleich erkennt er aber an, dass " . .. das Charakteristikum des Weltraumvertrages darin [liegt], dass die einzelstaatliche Souveränität durch das Gebot zwischenstaatlicher Kooperation und die Staatengleichheit durch die Forderung nach kompensatorischer Ungleichbehandlung überlagert und damit abgeschwächt werden". 173 Im Zusammenhang mit dem internationalen Rechtssetzungsprozess vor allem im Umweltrecht und bei den sog. Menschenrechten der dritten Generation wird verstärkt auf das Konzept der "public interest norm" oder des "common interest" rekurriert. 174 Beide werden einerseits auf das von Mosler 175 für das Völkerrecht fruchtbar gemachte Konzept des ordre public, andererseits aber auch schlicht auf die funktionalen Bedürfnisse der globalisierten internationalen Gemeinschaft - the global common interests - gestützt. 176 Es handelt sich im Sinne der IGH -Konzeption im Barcelona-Traction-Fall um Normen zum Schutz allgemeiner Interessen der internationalen Wolfrum, Fn. 3 S. 391. FC/14, 20.8.1979 sowie UN Doc. A/Conf.62/GP9, 5. 8. 1980 und Wolfrum, Fn. 3 S. 391. 172 Wolfrum, Fn. 3 S. 391. 173 Wolfrum, Fn. 3 S. 291. 174 Riedei, Fn. 25 in Delbrück (Hrsg.) S. 61; Brunnee, Fn. 87 S. 791; Fitzmaurice, Fn. 36 S. 161; BimielBoyle, Fn. 87 S. 144. m Mosler, Völkerrecht als Rechtsordnung, ZaöRV 36 (1976) S. 33. 176 Oxman, The International Commons, the International Public Interest and New Modes of International Lawmaking, in Delbrück (Hrsg.) S. 21; Brunnee, Fn. 87 S. 791; PardolChristol, The Common Interest: Tension Between the Whole and the Parts, in MacDonaldlJohnston (Hrsg.), The Structure and Process of International Law: Essays in Legal Philosophy, Doctrine and Theory (1983) S. 643; speziell für das Weltraumrecht Wassenberg, Principles of Outer Space Law in Hindsight (1991) S. 20; Monserrat Filho, Fn. 25 S. 32; Nakamura, Community-Interests of International Law, Especially in the Field of Space Law, Proc. 33 rd Colloq. Space Law (1991) S. 231. 170

171

208

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Gemeinschaft, deren Verpflichtungen nicht nur den einzelnen Staaten, sondern auch der internationalen Gemeinschaft gegenüber bestehen. l77 Ein Hauptanwendungsbereich solcher "public interest norms sind die "common spaces", insbesondere die staatsfreien Räume wie der Weltraum. 178 Riedel 179 nennt außerdem ausdrücklich das CHOM-Prinzip als ein grundsätzliches Gemeinwohlprinzip ("basic principle 0/ Common Interest im Sinne der allgemeinen Rechtsgrundsätze. Einigkeit besteht, dass diese Allgemeinwohlrechte, die das Interesse der internationalen Gemeinschaft erga omnes wahrnehmen, auch als jus cogens anzusehen sind. 180 Dem Element der friedlichen Nutzung, das einem "tief verwurzelten Rechtsgefühl" entspreche, spricht ganz im Gegensatz zu ihrer ansonsten sehr zurückhaltenden Beurteilung einer Drittwirkung des CHOM-Grundsatzes auch Back Impallomeni l81 zu Recht den Charakter als ius cogens zu. Ebenso wie die Menschheitsklausel ist auch der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums nicht dispositiv. Es wäre kaum denkbar, dass Staaten in Abweichung davon eine unfriedliche Nutzung des Gemeinschaftsraumes oder eine Nutzung nicht im Interesse der Menschheit vereinbaren. Beide Grundsätze sind Ausfluss des den gemeinschaftlichen Status des Weltraums begründenden Menschheitsinteresses, dessen normativer Geltung zwingender Charakter zukommt. H

H

)

ee) Fazit

Mit Ausnahme der weiterhin umstrittenen Frage des künftigen Nutzungsregimes für die Ausbeutung der Bodenschätze auf dem Mond und den anderen Himmelskörpern - zu deren Verabschiedung auch angesichts der noch in den Anfangen steckenden Möglichkeiten solcher Ausbeutung im Weltraum kein dringendes Bedürfnis besteht - gelten alle anderen Kernelemente des CHOM-Grundsatzes neben der vertraglichen Grundlage im Weltraum- und im Mondvertrag sowohl völkergewohnheitsrechtlich als auch als allgemeiner Rechtgrundsatz des Weltraurnrechts mit Wirkung erga omnes.

177 ICJ Reports 1970, 3, 32: " ... obligations of states toward the international community as a whole ... ". 178 Wassenberg, Fn. 176 S. 20; Monserrat Filho, Fn. 25 S. 32; Nakamura, Fn. 176 S. 23l. 179 Riedel, Fn. 25 in Delbrück (Hrsg.) S. 81; für den Umweltbereich Birnie/ Boyle, Fn. 87 S. 144. 180 Riedel, Fn. 25 in Delbrück (Hrsg.) S. 81; Brunnee, Fn. 87 S. 805. 181 Back-Impallomeni, Fn. 5 S. 29l.

1. Bisherige Einordnung

209

3. WeItraumrechtliche Gemeinwohl- und Menschheitsklausel Im Zentrum des CHOM-Grundsatzes steht die Gemeinwohlklausel. Sie ist in den weltraumrechtlichen Texten als spezifische Menschheitsklausel ("Nutzung im Interesse der Menschheit als Ganzes") ausgestaltet und findet sich in allen grundlegenden weltraumrechtlichen Resolutionen der VN-Generalversammlung l82 sowie in den Hauptverträgen (Artikel I Absatz 1 und Präambel-Erwägung WRV und Artikel 1 MV). Allerdings wird im Schrifttum von manchen Autoren l83 bezweifelt, dass der Bestimmung angesichts des für zu unbestimmt angesehenen Gehalts überhaupt rechtlich verbindliche Wirkungen zukommen könne. Dies wird damit begründet,184 dass die Menschheitsklausel im Weltraumvertrag weder institutionell noch substanziell in einer Weise konkretisiert werde, die eine tatsächliche Verteilung der Vorteile aus der Weltraumnutzung vorsehe. Lediglich hinsichtlich der wissenschaftlichen Erforschung bestehe mit Artikel XI eine - zudem "im Rahmen des Möglichen" beschränkte - Pflicht, die Ergebnisse der internationalen Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Deshalb verfehle es die Generalklausel, der in Artikel 11 als Grundsatz niedergelegten souveränen Weltraumfreiheit der Staaten effektiv verbindliche Schranken aufzuerlegen. Die herrschende Meinung weist diese Auffassung zu Recht zurück. 185 Die 182 GV-Resolution 1148 (XII) vom 14. 11. 1957; Resolution 1472 vom 12. 12. 1959; 1721 vom 13. 12. 1961 und 1962 vom 13. 12. 1963; jeweils abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 19 S. 597, 598 und 602. 183 Böckstiegel, Allgemeine Grundsätze, in Böckstiegel, (Hrsg.), Handbuch S. 271 bezeichnet dies als die herrschende Meinung, nimmt aber dafür zu Unrecht Wolfrum, Fn. 3 S. 285 f. in Anspruch. Dieser, S. 288 kommt vielmehr nach eingehender Analyse zu dem richtigen Schluss, dass "davon auszugehen [ist], dass den Postulaten der Gemeinwohlklausel des Art. I Weltraumvertrag bindende Wirkung zukommt".; für lediglich Programmsatz dagegen Bueckling, Fn. 25 in BenkölKroll (Hrsg.) S. 291; Cheng, Nineteen Hundred and Sixty Seven Space Treaty, Journal Droit International 95 (1968) S. 523; Goedhuis, Some Legal Problems Arising from the Utilization of Outer Space, in International Law Association, Report of the 53 rd Conference (1971) S. 434; Roth, Fn. 39 S. 65. 184 Roth, Fn. 39 S. 59 f. 185 Christol, Fn. 25 S. 70: "Although Article 1 (1) does not obligate astate to share specific space acquisitions, it may serve an even more important general interest .. . the guidance offered by Article 1 (1) clearly conditions the meaning to be given to all other treaty terms"; Hohe, Fn. 26 S. 104; Pritzsche, Fn. 34; Montserrat Filho, Fn. 25 S. 23; Reijnen, The Prevention of an Arms Race in Outer Space, in BenkölGraajflReijnen (Hrsg.), Space Law in the United Nations (1985) S. 178: "It [the common interest principle as worded in Article I of the Outer Space Treaty] is judged to be a most imporant general principle of space law, as Article IV of the same Treaty is generally seen as the most specijic article on the peaceful use of outer space ... " [Hervorhebung im Original]; Marcoff, Fn. 6 S. 388; ders., Fn. 82 S. 13; Jenks, Fn. 137 S. 192; Vlasie, A Survey of the sface law treaties and principles developed through the United Nations, Proc. 38 1 Colloq. Space Law (1996)

14 Wolter

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Mindenneinung verkennt, dass der Menschheitsklausel zum Einen zusammen mit dem Aneignungsverbot status bildende Funktion für den Weltraum als hoheitsfreier internationalisierter Gemeinschaftsraum zukommt. Allein schon auf Grund ihrer Statusfunktion ist die Menschheitsklausel nicht lediglich ein bloßer politischer Programmsatz, sondern ein zentraler Rechtsgrundsatz des Weltraumvertrages. 186 Die International Law Association 187 hat sich auf ihrer 54. Konferenz mit der Frage befasst und kam zu dem vermittelnden Schluss, dass zwar der Weltraum vertrag die Staaten nicht dazu verpflichte, "to carry out their activities exclusively to the benefit 01 all countries", aber dass ungeachtet des Fehlens konkretisierender Mechanismen die Menschheitsklausel das Allgemeinwohl zu einer Beschränkung der einzelstaatlichen Weltraumfreiheit erhebe, das zumindest neben der Verfolgung nationaler Interessen bei den Aktivitäten im Weltraum zwingend berücksichtigt werden müsse. Zum Anderen erfährt die Klausel in den weiteren Bestimmungen und Grundsätzen des Weltraumvertrages selber unmittelbare Konkretisierungen und wird von diesen unterfüttert. 188 Auf diese S. 324; ders., Disarmament Decade, Outer Space and International Law, Mc Gill Law Journal 25 (1981) S. 135; ders., Space Law and the Military Applications of Space Technology, in lasentutiyana (Hrsg.), Perspectives on International Law (1995) S. 385; Zhukov/Kolosov, International Space Law (1984) S. 41; Satin, Satellite Communications Regulations in the Early 21 st Century. Changes for a New Era (2000) S. 17. 186 Colliard, Pn. 82, in Humanite et Droit International. Melanges Rene Dupuy S. 107; Christol, Pn. 25 S. 70; Andem, Pn. 3 S. 205; Gorove, Pn. 25 (RdC 1983) S. 372; Wolfrum, Pn. 3 S. 287 f.; laut lenks, Pn. 137 S. 192 ist die Menschheitsklausel auch verbindliche Richtschnur für die Weiterentwicklung des Weltraumrechts de lege ferenda, welche die Entwicklung der internationalen Gemeinschaft zu stärkerer Interdependenz widerspiegeln müsse; Dutheil de la Rochere, Pn. 27 S. 625. 187 International Law Association, Report of the 54 th Conference, The Hague (1970) S. 427: "The fact that these clauses could not be interpreted as imposing on the Parties of the Treaty the obliation to carry out their activities in outer space exclusively [Hervorhebung im Original] far the benefit of all countries did not mean that States would be entitled to ignore them. The common and real intention of the Parties at the time of the conclusion of the Treaty was to acknowledge that, apart from the specific national interests in the utilization of outer space, there were wider interests which States in their exploitation of outer space are obliged to take into account. It was realized that a sole concentration on purely national interests, thus nullifying the common interest, would lead to serious conflicts tensions." [Hervorhebung von mir]; außerdem betonte die ILA auf ihrer Sitzung 1992 in Kairo, das auch das Kooperatinonsgebot zur Umsetzung der Allgemeinwohlklausel eine "Iegal obligation" darstelle; International Law Association, Report of the 65 th Conference, Kairo (1992) S. 143. 188 Salin, Pn. 185 S. 17: "Article I is supported by the remainder of the OST, among which: the denial of appropriation (Art. II), the compliance with international law and the UN Charter (Art. III), the prohibition of weapons of mass destructuion (Art. IV), the prohibition of military installation or manoeuvres (Art. V), the States Parties international responsibility for national activities (Art. VI), the preven-

I. Bisherige Einordnung

211

Weise enthält Artikel I Absatz 1 WRV in seiner Essenz "all the fundamental principles governing the uses of the space environment". 189 Eine Mittelmeinung 190 ist der Auffassung, dass die Menschheitsklausel als "Finalitätsprinzip" im Sinne eines allgemeinen Auslegungsmaßstabs für alle Bestimmungen des Weltraumvertrages heranzuziehen ist. Erstens spricht die rechtssystematische Auslegung für die Rechtsverbindlichkeit der Menschheitsklausel. Die spezifische weltraumrechtliche Gemeinwohlklausel erhält ihren materialen Rechtsgehalt unmittelbar aus dem Weltraumvertrag. 191 Daran ändert nichts, dass die Grundsätze selber teilweise wiederum konkretisierungsbedürftig sind. 192 Die Konkretisierung kann vor dem Hintergrund der in der Präambel aufgeführten Zielsetzungen des Weltraumvertrags, dem Status des Weltraums als internationalisierter Gemeinschaftsraum und dem Finalitätsprinzips des CHOM-Grundsatzes in rechts systematischer und teleologischer Weise erfolgen. Auf die Förderung des Allgemeinwohls sind insbesondere die Vertragsgrundsätze der friedlichen Nutzung (Artikel I Absatz 1), das Gebot der Förderung von internationalem Frieden und Sicherheit (Artikel 111), das Kooperations- (Artikel I Absatz 3 und Artikel XI) und das Rücksichtnahmegebot (Artikel IX), das Umweltschutzgebot (Artikel IX Satz 2) und der Grundsatz der gerechten Verteilung wirtschaftlicher Erträge (Artikel I Absatz 1) gerichtet, die somit in ihrer Gesamtheit den konkretisierenden Rechtsgehalt der Menschheitsklausel ausmachen. Die völkerrechtlichen Überlegungen für die Schaffung einer Rechtsordnung des Weltraums gingen von Anbeginn von einer am Gemeinwohl orientierten Internationalisierungsvorstellung aus,193 welche tion of environmental contamination (Art. IX) and the disclosure of space activities (At. XI)." 189 Vlasie, Fn. 185 in Jasentuliyana (Hrsg.) S. 385. 190 So letztlich Bäckstiegel, Fn. 183 in Bäckstiegel (Hrsg.), Handbuch (1991) S. 271, der in der Bestimmung zwar nur einen Programmsatz sieht, allerdings anerkennt, dass "die Programmsätze jedenfalls im Zweifel für eine Auslegung im Sinne des Gemeinschaftsinteresses sprechen." 191 Nakamura, Fn. 176 S. 231; He Quizhi, Basic Principles of International Law in the Peaceful Uses of Outer Space, Proc. 26 th Colloq. Space Law (1984) S. 251. 192 Es sei nur auf § 242 BGB hingewiesen, der trotz seiner Konkretisierungsbedürftigkeit eine umfangreiche Rechtsprechung über seinen rechtsverbindlichen Gehalt hervorgebracht hat. 193 JessuplTaubenjeld, Fn. 12 S. 275; Wiessner, Human Activities in Outer Space: A Framework for Decision-Making, in ZwaanlVrieslTuinderlKuskuvelis (Hrsg.), Space Law: Views of the Future (1988) S. 12 spricht von einem "uni versalistic spirit of the 1967 Treaty [which] also found its expression in Article 1 (1) ... ", der allerdings laut Wiesner, S. 12 mangels eines Verteilungsmechanismus nicht effektiv umgesetzt werde. Wiesner, S. 16 schlägt deshalb einen "adequate framework for decision-making" vor, der eine Entscheidung" in the global common interest" gewährleisten soll, wofür er in der Aufteilung der Positionen des geostationären Orbits ein erfolgreiches Vorbild sieht. 14*

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

auf Grund des völkerrechtlichen Strukturwandels im Weltraumrecht mit der erstmaligen uneingeschränkten Mitwirkung der Entwicklungsländer bei der Erarbeitung einer völlig neuen Rechtsordnung für einen neuen Teilbereich des Völkerrechts auch in der Aufnahme einer - sicherlich noch sehr allgemein gehaltenen - Bestimmung zur Aufteilung der Vorteile aus seiner Nutzung unter allen Staaten zur Geltung kam. Schon 1967 findet sich daher im Weltraumvertrag als Teil der Allgemeinwohlklausel erstmals ein materielles Verständnis der Staatengleichheit ("im Interesse aller Länder ohne Ansehen ihres wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungsstandes") und der daraus folgenden Förderpflicht zu Gunsten der Entwicklungsländer angelegt, die in der Folge von den Entwicklungsländern als Forderung in der im Rahmen der Charta für wirtschaftliche Rechte und Pflichten geführten Debatte um eine Neue Weltwirtschaftsordnung mit zunehmender Vehemenz erhoben werden sollte. Zweitens bestätigt auch die Entstehungsgeschichte der Klausel, dass ihr Rechtsverbindlichkeit zukommt. Das "Interesse der gesamten Menschheit" wird erstmals in den Resolution der VN-Generalversammlung 1148 (XII) vom 14. 11. 1957 und erneut in Resolution 1721 (XVI) vom 20. 12. 1961 erwähnt und in der Rechtsgrundsätze-Resolution 1962 (XVIII) vom 13. 12. 1963 194 ausdrücklich als ein Prinzip des Weltraumrechts genannt. In den Verhandlungen des Weltraumvertrages lehnten es die Länder des Südens 195 und die sozialistischen Länder l96 ausdrücklich ab, die Menschheitsklausel des Artikel I mit der implizierten Betonung der Interessen der Entwicklungsländer aus dem operativen Teil des Vertrages heraus- und in die Präambel aufzunehmen. Die rechtliche und nicht lediglich politischprogrammatische Bedeutung dieser zentralen Vertragsbestimmung war mithin in den Verhandlungen bekannt. So erklärte beispielsweise der britische Delegierte im COPUOS-Unterausschuss für Rechtsfragen, Darwin, 197 bei der Beratung des Entwurfs für den Weltraumvertrag zur Menschheitsklausel, dass im Ausschuss die Absicht bestand, eine rechtsverbindliche Vertragsverpflichtung zu schaffen, welche die Nutzung des Weltraums im Interesse und zum Vorteil der ganzen Menschheit vorschreibt. Auch die bei den Weltraummächte haben bei der Unterzeichnung und Ratifizierung des Weltraumvertrages die rechtliche Bedeutung der Menschheitsklausel Nachweis in Fn. 182. Erklärungen Brasiliens, UN Doc. AIAC.105/C.2/SR.63 S. 9 (1966) und UN Doc. AIAC.105/C.2/SR.64 S. 10 (1966). 196 s. die im sowjetischen Vertragsentwurf A/6352 v. 16. 6. 1966 enthaltene Menschheitsklausel in Artikel I Absatz 1 des Entwurfs und die Erklärung des sowjetischen Vertreters, UN Doc. AIAC.105/C.2/SR.64 S. 10 (1966). 197 UN Doc. AI AC.105/C.2/SR. 70 S. 4 (1966): "a solemn treaty obligation should be created, confirming with legal force ... " 194 195

1. Bisherige Einordnung

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und ihre Wirkung, dass es eine Pflicht zur Zusammenarbeit und zur Teilung der Erlöse gibt, im Grundsatz anerkannt. In der Anhörung des US Senate Foreign Relations Committee zum Weltraumvertrag erklärte der seinerzeitige Senator und spätere US Vizepräsident Albert Gore 198 zu Artikel I: "If ArticIe I were a preamble that would be one thing. But it isn't, it is an articIe, and a treaty obligation, and I think it brings us into an obligation to make the use of outer space available to all countries, to treat our use of that for the benefit and in the interests of all countries. Indeed that is exactly what it says. "

Der US-Chefdelegierte bei den Verhandlungen des Weltraumrechtvertrages, Botschafter Arthur Goldberg l99 bestätigte dies in der Anhörung, betonte aber zugleich, dass es sich nicht um eine "self-executing norm" handele, sondern um eine Bestimmung, die zu ihrer Umsetzung weiterer Ausführungsverträge bedürfe. Er machte allerdings zugleich deutlich, dass die USA in der Bestimmung keinerlei Präjudizierung sehen, in welcher Form sie diese Zusammenarbeit durchführen werden. Das US Senate Foreign Relations Committee 2OO verband seine Zustimmung zur Ratifizierung des Weltraum vertrages mit einem" Understanding ", wonach "nothing in ArticIe I, paragraph I of the treaty diminishes or alters the right of the United States to determine how it shares the benefits and results of its space activities. "

Also nicht das "Ob" der Verpflichtung, sondern nur das "Wie" seiner Umsetzung wurden offengehalten. Der sowjetische Chefdelegierte in COPUOS, Juri KolosoV,201 erkannte ebenfalls an, dass der Weltraumvertrag in Ausführung des Gebots der Zusammenarbeit in Artikel I Absatz 3 WRV durch spezielle Abkommen ausgefüllt werden müsse. In einer Bewertung dieser 198 Treaty on Outer Space, Hearing on Executive D Before the Committee on Foreign Relations, U.S. Senate, 90th Congress, 1SI session, March 7th _April 12th , 1967 (Government Printing Office Washington D.C.) S. 59. 199 Hearing, Fn. 198 S. 12, 35, 69. Goldberg bezeichnete Artikel I als eine Bestimmung von "general goals", die durch gesonderte internationale Verträge ausgefüllt werden müsse. 200 Hearing, Fn. 198 S. 4. 201 UN Doc. AIAC.105/C.2/SR.74: " ... the principle of international cooperation in exploring and using outer space for peaceful purposes is given body through the concIusion of specialized treaties by States and international organizations. "; s. auch Zhukov/Kolosov, Fn. 185 S. 186; in dem von ihm weitergeführten sowjetischen Standardwerk Zhukovs zum Weltraumrecht bekräftigt Kolosov die rechtsverbindliche Bedeutung der Menschheitsklausel: "The principle that the exploration and use of outer space and celestial bodies must be conducted for the benefit and in the interests of all countries is highly important for a correct understanding of all principles contained in the treaty ... In short, access to space is open to all states, but on the condition that their activities in this new sphere are conducted for the benefit and in the interests of all countries. "

214

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Stellungnahmen hat Marcojf202 zu Recht darauf hingewiesen, dass die Qualifizierung einer Völkerrechts norm als "non self-executing" ihre Effektivität, nicht aber ihre Rechtsverbindlichkeit betrifft. Die Rechtsverbindlichkeit der Menschheitsklausel in Artikel I Absatz 1 WRV wird also durch die zitierten Äußerungen im US-Senat anlässlich der Ratifizierung des Weltraumvertrages im Gegenteil sogar bekräftigt. Die zitierte Stellungnahme des sowjetischen Delegierten Kolosov 203 stimmt damit im Ergebnis überein. Der Einwand, die Menschheitsklausel sei zu vage, um verbindliche Rechtsfolgen auszulösen, verkennt aber drittens die strukturprägende Bedeutung der weltraumrechtlichen Menschheitsbestimmung sowohl für die durch den Weltraumvertrag konstituierte Rechtsordnung des Weltraums als auch für das gewohnheitsrechtlich anerkannte CHOM-Prinzip im Allgemeinen. Das strukturprägende Kemelement des "common interest"-Grundsatzes 204 gründet in der Tatsache, dass alle Weltraumaktivitäten per se universelle Wirkung haben und daher eo ipso auf die Interessen der internationalen Gemeinschaft insgesamt wirken. Daraus erfährt er auch seine inhärente Berechtigung als auf die Weltraumrechtsordnung insgesamt ausstrahlender Rechtsgrundsatz. Die Krux der eine Rechtsverbindlichkeit der weltraumrechtlichen "Kommun- und Generalklauseln" ablehnenden Stellungnahmen liegt darin, dass sie diesen mit den Begriffen des überkommenen Völkerrechts begegnen und dabei den Strukturwandel des modemen Völkerrechts völlig außer Acht lassen. Dadurch müssen zwangsläufig Widersprüche und Ungereimtheiten entstehen. Deshalb aber die Bedeutung der Generalklauseln ganz zu leugnen oder gar für schädlich zu erklären, verkennt sowohl deren normative Bedeutung für die Weltraumrechtsordnung - jede Rechtsordnung verwendet Generalklauseln - als auch verbaut es die Möglichkeit, mit deren, den Strukturwandel berücksichtigenden Ausfüllung zu einem normativen Interessenausgleich der internationalen Staatengemeinschaft im Weltraumrecht beizutragen. Die Widersprüche können gerade dadurch ausgeräumt werden, dass entsprechend dem Zweck der verstärkten Allgemeinwohl- und Menschheitsklauseln des Weltraumvertrages deren Inhalt mit den

202 Marcoff, Fn. 82 S. 13: "Even when further legislative or executive implementing acts are needed in order to permit national courts or administrative authorities to apply a non-self-executing provision, it remains subject to compulsory execution or application in the municipal legal order. By virtue of the contractual nature of the treaty provision, which is legally binding on all contracting parties, a non-selfexecuting treaty rule is as operable as the self-executing ones; only its application is subject to different executory procedures, involving the legislative and the executive, rather than the judicial department. The efficacy, not the validity of the norm or its binding force, is affected by its non-self-executing nature." 203 Fn. 201. 204 PardolChristol, Fn. 176 in MacDonaldllohnston (Hrsg.) S. 643.

lI. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

215

Strukturelementen des CHOM-Grundsatzes, die es im Folgenden strukturanalytisch darzulegen gilt, aufgefüllt werden. 4. Ergebnis

Dem weltraumrechtlichen CHOM-Grundsatz und insbesondere seiner zentralen Menschheitsklausel wird ebenso wie den anderen grundlegenden Prinzipien des Weltraumrechts völkergewohnheitsrechtliche Bedeutung erga omnes zuerkannt, die insbesondere in der statusorientierten Zielrichtung, der Entstehung des Menschheitsgrundsatzes bereits vor seiner Niederlegung im Weltraumvertrag und in der mehrfachen Bekräftigung in den einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung und in dem Fehlen von Einwänden einzelner Staaten gegen diese allgemeine Geltung begründet liegt. Mit der Rechtsverbindlichkeit der Menscheitsklausel nach dem Weltraumvertrag und ihrer gewohnheitsrechtlich anerkannten erga omnes- Wirkung ist auch der zentrale Gedanke des CHOM-Grundsatzes, wonach entsprechend der Menschheitsklausel die Nutzung des Weltraums zum Wohl der gesamten Menschheit erfolgen muss, als erga omnes geltende Norm anzusehen. Diese unstreitige erga omnes-Geltung der Menschheitsklausel verstärkt wiederum die Argumentation zu Gunsten der Annahme, dass der CHOM-Grundsatz als ein allgemeines Rechtsprinzip nach Artikel 38 Abs. 1 c im Sinne der Verdrosssehen Auslegung anerkannt werden kann. Als solches hat die Menschheitsklausel maßgebenden Einfluss auf die inhaltliche Bestimmung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraumes.

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip des Weltraumrechts 1. Begriffsbestimmung und Funktion der Strukturanalyse im Völkerrecht

Zur Prüfung, inwieweit der CHOM-Grundsatz als grundlegendes Strukturprinzip der Weltraumrechtstordung qualifiziert werden kann, bedarf es einer näheren Bestimmung des Begriffs ,Strukturprinzip' sowie der Einordnung der Strukturanalyse und ihrer Zweckbestimmung im Völkerrecht. Der Begriff "Prinzip" (lat. principium "Anfang", "Ursprung", "Grundlage") bezeichnet allgemein einen Verhaltensgrundsatz als Richtschnur des HandeIns. Das Wesen von Handlungsprinzipien liegt in ihrem Verhältnis zu dem, was von ihnen abgeleitet oder regelhaft bestimmt wird. 205 Bei der Definition von Rechtsprinzipien ist zunächst ein Prinzip von einem einzelnen Regel205

Brockhaus, Die Enzyklopädie, Bd. 17 (1998), "Prinzip" S. 491.

216

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

satz zu unterscheiden. Ein Prinzip bildet den gemeinsamen Nenner für eine Vielzahl zusammenhängender Rechtsregeln. Je grundsätzlicher die Rechtsregei, desto grundsätzlicher das sie zusammenführende Prinzip.z°6 Prinzipien stellen außerdem Optimierungsgebote dar, welchen die ihnen zugeordneten Rechtssätze unterworfen sind. 207 Als "Struktur" (lat. structura "Ordnung", "Bau") bezeichnet das Universallexikon von Brockhaui08 die Anordnung der Teile eines Ganzen zueinander, ihre innere Gliederung. Im wissenschaftlichen Bereich meint Struktur 1. ein Beziehungsgefüge und dessen Teile, 2. ein nach Regeln aus Elementen zu einer komplexen Ganzheit aufgebautes Ordnungsgefüge, 3. ein System von Zwecken. Die ordnende Funktion des Strukturbegriffs wird aus seiner Ableitung aus dem Partizip structum von struere, das "schichten, aufbauen, ordnen" bedeutet, deutlich. In dieser Bedeutung wurde es zunächst in der Architektur verwendet und dann auf die verschiedensten Wissenschaftszweige wie Biologie, Soziologie und Sprachwissenschaft übertragen. 209 Von den in der Literatur am häufigsten anzutreffenden differentiae specijicae210 eines Strukturprinzips verdienen mit Blick auf die Einordnung des CHOM-Grundsatzes Folgende hervorgehoben zu werden: 1. ein Gefüge, das mehr ist als die Elemente, aus denen es besteht (Totalität); 2. ein Gefüge von Elementen, die sich nach gewissen Regeln verändern (Transfonnation), wobei sich diese Veränderung selbst reguliert (Selbstregulierung); 3. ein Gefüge von Elementen, das durch alle Zustände hindurch, die es annehmen kann, seine "Selbstidentität" bewahrt, d. h. in jedem seiner Zustände von einem anderen Gefüge klar unterschieden werden kann ("Invarianz"). Für die Philosophie hat Kanr 11 eine Struktur als "Lage und Verbindung der Teile eines nach einheitlichen Zweck sich bildenden Organismus" bezeichnet. Für die Methodendiskussion haben Strukturbegriffe grundSätzliche Bedeutung, da sie stets die Berücksichtigung des Ganzen fordern und zwar so, dass Bau und Leistung jedes Einzelteils vom Ganzen her verständlich wird. Die Funktionen eines geordneten Ganzen werden nicht primär mittels Einzelanalyse von Teilen, sondern aus seinem Gesamtaufbau bestimmt. Grundlage für die Verwendung des Strukturbegriffs in den Geisteswissenschaften ist die wissen206 Schwarzenberger/Brown, A Manual of International Law (6. Auf!. 1978) S. 35: "Principles provide for the common denominator for a number of related legal rules. The more fundamental the underlying rules, the more fundamental is the legal principle." 207 Koch, Das Prinzipienargument - eine Widerlegung des Rechtspositivismus?, ARSP Beiheft 37 (1990) S. 152. 208 Brockhaus, Fn. 205, "Struktur" S. 282. 209 Albrecht, Europäischer Strukturalismus. Ein forschungsgeschichtlicher Überblick (1988) S. 182. 210 Albrecht, Fn. 209 S. 182/183. 211 Zitiert nach Brockhaus, Fn. 208 S. 209 S. 282.

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

217

schaftstheoretische Neuorientierung in den sechziger Jahren auf Grund des von Frankreich ausgehenden Strukturalismus, wonach sich in allen Wissenschaften, die sich mit Zeichensystemen befassen, komplexe Gebilde auf relativ wenige und einfache Elemente zurückführen lassen?12 Der zunächst in der Linguistik entwickelte Strukturalismus wurde in der Folge von fast allen Geisteswissenschaften übernommen. Dabei steht nicht nur das analytisch gewonnene Ordnungsmuster, sondern ebenso die ordnungsstiftende Funktion der Struktur selbst im Vordergrund. Für die allgemeine Rechtswissenschaft haben Kempski213 und Polacek214 den Strukturbegriff fruchtbar gemacht. Als grundlegend für die Charakterisierung des völkerrechtlichen Strukturwandels ist das Werk des in Berlin geborenen und während des Dritten Reichs nach New York emigrierten Direktors für International Legal Research der Columbia University, Wolfgang Friedmann,215 über den Wandel des Völkerrechts von einem Koexistenz- zum Kooperationsrecht aus dem Jahr 1964 zu nennen. Friedmann stellt die Änderung der internationalen Beziehungen seit Ende des zweiten Weltkrieges dar, beschreibt ausführlich deren Einfluss auf die Struktur des sich wandelnden Völkerrechts und analysiert die strukturellen Merkmale des neuen Völkerrechts der Nachkriegszeit. Auch Bleckmann216 hat für das Völkerrecht einen eigenen Strukturbegriff entwickelt. Er versteht unter den Strukturen der Völkerrechtsordnung die "bei einem Vergleich mit den modemen nationalen Rechtsordnungen "Strukturalismus" in Katholisches Soziallexikon, S. 2990. Kempski, Grundlegung zu einer Strukturtheorie des Rechts, in Naumann (Hrsg.), Der modeme Strukturbegriff (1973) S. 316; Leibholz, Strukturprobleme der modemen Demokratie (3. Aufl. 1967) und Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I (1977) S. 411 verwenden den Begriff in der Staatsrechtswissenschaft. 214 Polacek, Systeme und Strukturen (1976); s. auch Neumann, Wissenschaftstheorie und Rechtswissenschaft, in KaufmannlHassemer (Hrsg.), Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart (6. Aufl. 1994) S. 434, nach dem eine rechtswissenschaftliche Konstruktion in erster Linie die Durchdringung des geltenden Rechts zum Zwecke der Freilegung grundlegender Prinzipien und ordnender Strukturen [Hervorhebung von mir] bezweckt. 215 Friedmann, The Changing Structure of International Law (1964); einen strukturtheoretischen Ansatz im Völkerrecht verfolgte auch bereits F. M. van Alsbeck, von dessen Dissertation aus dem Jahr 1916 die Herausgeber seiner gesammelten Schriften einige Kapitel unter der Überschrift "An Inquiry into the Legal Structure 0/ the Warld" wiedergeben; PanhuyslLeeuwen Boamkamp (Hrsg.), F. M. van Alsbeck. International Society in Search of a Transnational Legal Order. Selected Writings (1976) S. 1; Alsbeck, S. I, 10 spricht bereits von der "international community of law, the organisation of which must be effected irrespectively of political considerations ... " und der "constitutional organisation of the world" (S. 1). 216 Bleckmann, Grundprobleme und Methoden des Völkerrechts (1982) S. 217; ders., Zur Strukturanalyse im Völkerrecht, in: Rechtstheorie (1978) S. 143. 212 213

218

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

ins Auge springenden Eigenarten des Völkerrechts." Dabei stellt er jedoch 1978 und 1982 noch weitgehend auf das überkommene Völkerrecht ab und definiert als solche folgende Hauptstrukturen: Dezentralisierung, fehlende Zentralgewalt, relativ geringes Gewicht des völkerrechtlichen Allgemeininteresses, grundsätzliche Handlungsfreiheit des Staates, starke Anpassung des Völkerrechts an das tatsächliche Verhalten der Staaten?17 Diese Aufzählung mag für weite Bereiche des überkommenen Völkerrechts zutreffend sein. Sie lässt allerdings insbesondere mit Blick auf die Herausbildung neuer Völkerrechtsbereiche wie das Kooperationsrecht, das Entwicklungsrecht und die neuen sektoralen Ordnungen für staatsfreie Räume grundlegende strukturelle Veränderungen des internationalen Systems außer Acht. Vielmehr sind die Erscheinungsformen des Völkerrechts in der Gegenwart vielfältiger und sektoral unterschiedlich. 218 Es lassen sich in diesen Bereichen geradezu gegenläufige Strukturkennzeichen feststellen. Das Auftreten unterschiedlicher Strukturkennzeichen in einzelnen Bereichen ist kein Widerspruch, sondern eine Bestätigung dessen, dass sich die Völkerrechtsordnung mitten in einer tiefen Übergangs- und Transformationsphase befindet, wobei einzelne sektorale Ordnungen bereits stärker transformiert wurden als andere. 219 Auch Bleckmann 220 erkennt an, dass "das historische Völkerrecht den sich neu durchsetzenden Strukturen der Völkerrechtsordnung [Hervorhebung von mir] allmählich angepasst werden" müsse. Ebenso sieht er auch in den genannten frühen Untersuchungen bereits eine zunehmende Ausrichtung der Rechtssätze auch im Völkerrecht auf die Allgemeininteressen der Völkerrechtsordnung, wenn er diese in diesem Zeitpunkt auch noch für gering erachtet?21 Dagegen stellt Bleckmann 222 später stärker auf die Fn. 216 Rechtstheorie 1978 S. 143. DahmlDelbrücklWolfrum, Fn. 136 S. 28: "So wie sich das Bild der Völkerrechtssubjekte differenziert hat, so sind auch die Erscheinungsformen des Völkerrechts vielfältiger und komplexer geworden. In einer enger zusammenrückenden Welt, die auf dem Wege ist, sich zu einer universalen Rechtsgemeinschaft auszuformen, gewinnt das Völkerrecht an Umfang, Gehalt und Vielfalt." 219 KimminichlHobe, Einführung in das Völkerrecht (7. Auf!. 2000) S. 65; AbiSaab, La reformulatioin des Principes de la Charte et la Transformation des structures juridiques, in: Le droit international au service de la paix, de la justice et du developpement. Melanges Michel Virally (1991) S. 7; 1998 äußert sich Abi-Saab, Whither the International Community?, EJIL 9 (1998) S. 265 insbesondere wegen der von ihm hinsichtlich eines positiven Strukturwandels als eher retardierend bewerteten Globalisierung pessimistisch bezüglich der Entstehung eines "law of welfare" und spricht insoweit von einer "progressive deconstruction of this law's normative structure". 220 Bleckmann, Grundprobleme, Fn. 216 S. 155. 221 Bleckmann, Grundprobleme, Fn. 216 S. 154: "Die einschlägigen Rechtssätze müssen so entwickelt werden, dass sie in der dezentralisierten Völkerrechtsordnung ihren Zweck erfüllen, gleichzeitig den Allgemeininteressen der Völkerrechtsordnung dienen und solche Allgemeininteressen nicht schädigen." 217

218

H. Der CHOM-Grundsatz als al1gemeines Strukturprinzip

219

neuen Struktunnerkmale des Kooperationsvölkerrechts ab, die auf Grund der wachsenden Interdependenz dazu führen, dass die Staaten sich zunehmend "mit den Interessen der anderen Staaten identifizieren" und sich "auch auf der Völkerrechtsebene echte Allgemeininteressen der Völkerrechtsgemeinschaft" entwickeln: "Die Rechtssätze des Völkerrechts sind so zu interpretieren, dass sie ihrer alten Funktion in den neuen Strukturen der Völkerrechtsordnung gerecht werden. Diese Wandlung des Völkerrechts zeigt sich etwa in der Tatsache, daß das historische, nur auf die Festlegung und Abgrenzung der Kompetenzen der Flächenstaaten gerichtete Völkerrecht durch das vertragliche Kooperationsrecht der modernen Organisationen und Organe überlagert wird. Diese Stärkung der völkerrechtlichen Integration muß zum Beispiel zur Folge haben, dass im Rahmen des Rechtsmissbrauchsverbots das Gebot der Berücksichtigung der Al1gemeininteressen der Völkerrechtsgemeinschaft und der Interessen der fremden Staaten ebenso wie diese Allgemeininteressen selbst verstärkt werden, die nunmehr bei der Auslegung des gesamten Völkerrechts zu beachten sind. Soweit die völkerrechtlichen Rechtssätze dieser neuen Strukturentwicklung entgegenstehen, treten sie automatisch außer Kraft, wenn sie der neuen Lage nicht angepasst werden können." [Hervorhebung von mir]223

MenzeZ 224 hat bereits 1973 die "politisch-sozialen Grundstrukturen" der modemen Welt untersucht und daraus auf die "Rechtsstruktur des Völkerrechts" geschlossen. Für ihn lag der Sinn, diese Grundstrukturen als Kriterium zu verwenden, darin, "die Entsprechung zwischen der Völkerrechtsordnung und den allgemein politisch-sozialen Gegebenheiten der Epoche" beurteilen zu können. 225 Damit wiederum soll sich die Völkerrechtswissenschaft in Zeiten "epochaler Veränderungen ... der Wandlungsfähigkeit des Völkerrechts" vergewissern?26 Rene-Jean Dupul 27 nennt in seiner Darstellung der internationalen Gemeinschaft die Strukturveränderung des Völker222 Bleckmann, Vom Kompetenzrecht zum Kooperationsrecht (1985); ders.; Zur Wandlung der Struktur der Völkerrechtsverträge - Theorie des multipolen Vertrages, AVR 34 (1996) S. 218; Paulus, Fn. 76 S. 186, Fn. 743 weist zu Recht darauf hin, dass Bleckmanns Unterscheidung weitgehend der von Friedmann entspricht. 223 Ders., Grundprobleme, Fn. 216 S. 155. Dagegen konstatierte Bleckmann 1978 noch, dass "im Völkerrecht ... die Rechtssubjekte dagegen [im Unterschied zum innerstaatlichen Recht, Anm. d. Verf.] in der Regel voneinander abweichende Interessenlagen aufweisen ... " (ders., Fn. 216, Rechtstheorie 1978, S. 147) und das " ... völkerrechtliche Gesamtinteresse ... relativ unterentwickelt bleibt" (S. 145). 224 Menzel, Das Völkerrecht und die politisch-sozialen Grundstrukturen der modernen Welt, in Picht/Eisenbart (Hrsg.), Frieden und Völkerrecht (1973) S. 401. 225 Menzel, Fn. 224 in Picht-Eisenbart (Hrsg.) S. 407. 226 Menzel, Fn. 224 in Picht-Eisenbart (Hrsg.) S. 408. 227 Dupuy, R.-J.: Le droit international (1963); ders., La Communaute internationale entre le mythe et l'histoire (1986) S. 147; ders., L'humanite S. 15; zum Vergleich der Ansätze von Friedmann und Dupuy s. Leben, The Changing Structure of International Law revisited. By Way of Introduction, EJIL 3 (1997) S. 401.

220

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

rechts und seine Öffnung für gemeinschaftliche Bedürfnisse einen wesentlichen Faktor des Wandels von einem "droit de la societe relationelle" zu einem "droit de la societe institutionelle". Georges Abi-Saab228 misst der Erklärung der VN-Generalversammlung über die freundschaftlichen Beziehungen (Res. 2625 (XXV) v. 24. 10. 1970) eine entscheidende Rolle bei der "transformation des structures juridiques" bei. Er bezeichnet den Grundsatz der Staatengleichheit als "principe structurel,,229 des klassischen Völkerrechts und sieht von den in der Deklaration neu betonten Grundsätzen einer positiven Kooperationspflicht ("justice distributive") und der Überwindung der Souveränität durch das Selbstbestimmungsrecht die strukturellen Transformationsprinzipien des neuen Völkerrechts, dessen Strukturprinzip sich in den Worten Abi-Saabs230 als" un interet juridique de la communaute en tant que telle, consacrant une valeur qu' elle considere comme superieure aux interets individuels de ses membres" bezeichnen lässt. Auch in der Rechtsprechung des IGH231 spielt die Strukturveränderung des Völkerrechts insbesondere im Zusammenhang mit der Anerkennung von Verpflichtungen gegenüber der internationalen Gemeinschaft eine Rolle. Paului 32 meint zu Recht, die erga omnes-Rechtsprechung des IGH eröffne den Ausblick auf ein "völlig aus der bilateralen Struktur ausbrechendes Recht" [Hervorhebung von mir]. Die Wechselwirkung zwischen Strukturveränderungen im internationalen System und ihre Auswirkungen auf die Struktur des Völkerrechts ist auch Gegenstand rechts soziologischer Untersuchungen. 233 Rechtliche Strukturfragen und deren Auswirkung auf die Auslegung, Anwendung und Kodifizierung von Völkerrechtsnormen werden auch in Bezug auf Teilgebiete des Völkerrechts, insbesondere des Umweltvölkerrechts 234 sowie in neueren Darstellungen der Völkerrechtsgeschichte235 und 228 Abi-Saab, Fn. 219 in Melanges Michel Virally S. I; s. auch Simma, Fn. 76 S. 245, der davon spricht, "that it is international law wh ich binds the parts together, affirming the existence 01 a ,community 01 States' on the one hand and lending the necessary normative structure to this community on the other. " [Hervorhebung von mir]. 229 Abi-Saab, Fn. 219 in Melanges Michel Vi rally S. 5. 230 Abi-Saab, Fn. 219 in Melanges Michel Virally S. 6. 231 s. Nachweise in Fn. 121-123. 232 Paulus, Fn. 76 S. 377. 233 Northedge, Order and Change in International Society, in: The Bases of International Order. Essays in Honour of C. A. W. Manning (1973); s. auch Kimminichl Hobe, Fn. 219 S. 17. 234 Verloren van Themaat, The Changing Structure of International Economic Law (1972); Tomuschat, Tyrannei der Minderheit? Betrachtungen zur Verfasssungsstruktur der Vereinten Nationen, GYIL 19 (1976) S. 278; zum Umweltvölkerrecht s. EpineylScheyli, Strukturprinzipien des Umweltvölkerrechts (1998). 235 Ziegler, Völkerrechtsgeschichte (1998) stellt z. B. zu verschiedenen Epochen einleitend ausführlich die "Struktur der Völkerrechtsgemeinschaft" dar. Bezeichnen-

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

221

des Europa- und des internationalen Privatrechts 236 untersucht. Unter dem Gesichtspunkt der Globalisierung hat neuerdings Klaus Dicke 237 auf der 26. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht im März 1999 ebenfalls an Friedmann anknüpfend die Beschreibung des völkerrechtlichen Strukturwandels fortgeschrieben und als "völkerrechtskonzeptionelle Konsequenzen" die Entwicklung eines "Law of Mankind,,238 vorgezeichnet. Mit Blick auf Fragen der internationalen Friedenssicherung hat wohl erstmals Ulrich Scheune?39 die Bedeutung der strukturellen Ordnung der Staatengemeinschaft hervorgehoben. Im Sinne eines erweiterten Sicherheitsbegriffs bezeichnete er als eine der wesentlichen "Strukturfragen der Staatengemeinschaft", dass

derweise resümiert er die geschichtliche Entwicklung des Völkerrechts abschließend folgendermaßen: "Das heutige Weltvölkerrecht ist aber auch eine Kulturschöpfung, die wir getrost als "common heritage of mankind" bezeichnen können, S. 294; s. auch Verdross/Simma, Fn. 3 S. 33 § 40 Kapitel 1.6.1. "Die Eigenart des Völkerrechts. Seine angeblich primitive Struktur" sowie Truyal y Serra, Genese et Structure de la Societe Internationale; RdC 96 (1959) S. 553 und neuerdings Steiger, Rechtliche Strukturen der Europäischen Staatenordnung 1648-1792, ZaöRV 59 (1999) S. 609. 236 Lorenz, Zur Struktur des internationalen Privatrechts. Ein Beitrag zur Reformdiskussion (1977); zum Europarecht s. Everling, Reflections on the Structure of the European Union, CMLR 29 (1992) S. 1052; Curtin, The constitutional structure of the Union. A Europe of bits and pieces, CMLR 30 (1993) S. 17. 237 Dicke, Erscheinungsformen und Wirkungen von Globalisierung in Struktur und Recht des internationalen Systems auf universaler und regionaler Ebene sowie gegenläufige Renationalisierungstendenzen, in: Bericht der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Bd. 39 (2000) S. 13; Galloway, E.: Globalization, Sovereignty and the Common Heritage, Proc. 42 nd Colloq. Space Law (2000) S. 340 vermutet durch die Globalisierung eine Tendenz zur Stärkung des CHOM-Grundsatzes im Verhältnis zum überkommenen Souveränitätsprinzip. Er sieht "Nationalism and Realism as sources of the concept of sovereignty in international law. Idealism and Liberalism are sources of the CHM principle .. . liberal meanings of globalization - rather than mercantilist and radical - will predominate over the long term with the consequence that this process will reinforce Article 11 Outer Space Treaty and the promotion of collective goods notions of the Common Heritage of Mankind principle."; s. auch Scheyli, Der Schutz des Klimas als Prüfstein völkerrechtlicher Konstitutionalisierung, AVR 40 (2002) S. 273, der die Konstitutionalisierung als "allgemeine strukturelle Entwicklung des Völkerrechts" kennzeichnet. 238 Fn. 237 S. 34; s. auch bereits Jenks, The Common Law of Mankind (1958) S. 63 ff. u. ders., The Will of the World Community as the Basis of Obligations in International Law, Hommage d'une Generation de Iuristes auPresident Basdevant (Paris 1960) S. 289: " ... the international law as it evolves towards the common law of mankind ... ". 239 Scheuner, Friedensordnung und Struktur der Staatengemeinschaft, in: Der Beitrag des Völkerrechts zur Überwindung des Krieges, Loccumer Protokolle 6/1968 S.IO.

222

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

"die durch die internationale Verflechtung der Gegenwart immer stärker geforderte Verdichtung der internationalen Gemeinschaft in ihren funktionellen Bezügen und in ihrer Fähigkeit, gemeinsame Fragen der gesamten Menschheit vordenkend in organisierter und rationaler Form anzufassen, nach neuen Grundprinzipien der internationalen Zusammenarbeit ruft.,,24o

Einen strukturtheoretischen Ansatz verfolgte auch Horst Fischer, 241 in dem er die strukturellen Kemelemente einer völkerrechtlichen Grundlegung der sicherheitspolitischen Konzeption "Gemeinsamer Sicherheit" herausgearbeitet hat. Da auch der CHOM-Grundsatz als ein Kemelement eine sicherheitspolitische Komponente enthält, bietet sich an, auf Fischers Arbeiten bei der Untersuchung der strukturellen Bedeutung des CHOM-Grundsatzes für die Frage der friedlichen Nutzung des Weltraums zurückzugreifen?42 Hinsichtlich der Bedeutung der Strukturanalyse im Völkerrecht unterscheidet Bleckmann 243 zurückgreifend auf entsprechende Anklänge bereits bei Bruni44 verschiedene Funktionen bis hin zu konkreten Rechtsfolgen, deren Wirkung in Bezug auf den CHOM-Grundsatz im Einzelnen im Kapitel C. 11. 4. untersucht wird. Danach dient die Strukturanalyse zunächst als ein Erklärungsmodell insoweit, als es die Existenz und den Inhalt der einzelnen Völkerrechtssätze bzw. deren Nichtexistenz einsichtig macht. Des Weiteren hat sie auch wichtige rechtliche Funktionen?45 So haben völkerrechtliche Strukturen Leitfunktion für die Völkerrechtsordnung ähnlich der Werteordnung des Grundgesetzes für das Staatsrecht, da sie die gesamte Rechtsordnung durchdringen und ihre einzelnen Rechtssätze prägen. Weiterhin sind sie als Grundlage der Völkerrechtsordnung bzw. der sektoralen Ordnung die ratio des positiven Rechts und der einzelnen Rechtssätze in diesem Bereich, die nach allgemeinen methodischen Grundsätzen bei der 240 Scheuner, Solidarität unter den Nationen als Grundsatz in der gegenwärtigen internationalen Gemeinschaft, in Delbrück/lpsen/Rauschning (Hrsg.), Recht und Dienst des Friedens. Festschrift für Eberhard Menzel (1975) S. 252, erneut abgedruckt in Tomuschat (Hrsg.), Ulrich Scheuner. Schriften zum Völkerrecht (1984) S.383. 241 Fischer, Koexistenz und Kooperation im modernen Völkerrecht - "Gemeinsame Sicherheit" und die Struktur des Rechts der Friedenssicherung, in BahriLutz (Hrsg.), Gemeinsame Sicherheit, Bd. 2 (1987) S. 55; ders., Völkerrechtliche Normenbildung und sicherheitspolitische Konzeptionen. Aktuelle Rechtsquellenprobleme und die Implementation Gemeinsamer Sicherheit. Heft 15 Hamburger Beiträge zur Friedensforschung und Sicherheitspolitik (1987) S. 46. 242 s. dazu unten Kapitel C. III. 1. 243 Bleckmann, Fn. 216 Rechtstheorie 1978 S. 151. 244 Bruns, Das Völkerrecht als Rechtsordnung, Teil 1, ZaöRV 9 (1929) S. 1; Teil 2, ZaöRV 13 (1933) S. 445. 245 Bleckmann, Fn. 216 Rechtstheorie 1978 S. 152: " . . . Daß die völkerrechtlichen Strukturen rechtliche Relevanz aufweisen, weil sie einen ,Rechtsgehalt' besitzen, dürfte evident sein."

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

223

Auslegung und Rechtsfortbildung berücksichtigt werden muss. Außerdem erlauben sie eine neue Form der Rechtsanalogie im Wege der konkretisierenden Typenbildung, da sie von der Völkerrechtsordnung vorausgesetzte und damit positivierte Grundlagen dieser Rechtsordnung aufdecken. Ein konkretes Beispiel für die auch rechtspraktische Bedeutung der völkerrechtlichen Strukturanalyse bildet das Weltraumumweltrecht. Die im Weltraumhaftungsabkommen (Artikel 11) vorgesehene verschuldensunabhängige Haftung der Startstaaten für Umweltschäden geht weit über das bestehende Völkergewohnheitsrecht in diesem Bereich hinaus, das nach verbreiteter Ansicht lediglich eine Verschuldenshaftung anerkennt. 246 Diese Frage spielte bei dem bisher einzigen Fall, in dem wegen eines Absturzes eines Weltraumgegenstandes Schadensersatz verlangt wurde, eine wichtige Rolle. Der Antragsteller Kanada argumentierte hinsichtlich des Absturzes der sowjetischen Weltraumstation KOSMOS 954, die dadurch verursachte radioaktive Verseuchung seiner Umwelt sei eine Beschädigung seines Eigentums, und daher sei der Startstaat UdSSR schadensersatzpflichtig, zumal die Gefährdungshaftung ein allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz im Sinne von Artikel 38 Abs. 1 c IGH-Statut sei,z47 Frantzen 248 meint dagegen, eine solche Schlussfolgerung widerspreche der "Grundstruktur des Völkerrechts" [Hervorhebung von mir] und der aus dem Prinzip der staatlichen Souveränität abgeleiteten staatlichen Weltraumfreiheit. Hier wird also mit einem Strukturargument eine völkerrechtliche Schlussfolgerung gezogen. Frantzen verkennt jedoch, dass sich auf Grund der strukturprägenden Wirkung der Menschheitsklausel des Artikel I WRV und des CHOM-Prinzips im Weltraumrecht eine von der herkömmlichen Völkerrechtsstruktur abweichende neue Strukturordnung entwickelt hat, welche im Allgemeininteresse stärkere Haftungsstandards zur Folge haben kann. Bevor im Folgenden die strukturbedingten Auswirkungen des weltraumrechtlichen CHOM-Grundsatzes auf das Gebot der friedlichen Nutzung im Einzelnen untersucht werden, ist es zunächst erforderlich, den CHOMGrundsatz als Strukturprinzip des Weltraumrechts darzustellen.

246 Frantzen, Fn. 83 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 625; für Erfolgshaftung International Law Commission, s. ILC Yb 198011 S. 30 ff. 247 Canadian Claim, abgedruckt in ILM 1979, S. 899. 248 Frantzen, Fn. 83 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 626.

224

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

2. Herleitung des CHOM-Grundsatzes als Strukturprinzip des WeItraumrechts a) Ausgangslage

Besondere Bedeutung hat der völkerrechtliche Strukturwandel in Bezug auf hoheitsfreie Gemeinschaftsräume. Bereits Sontag 249 spricht von der Möglichkeit, dass in Bezug auf die Beschränkung der staatlichen Freiheit im Weltraum "Änderungen in der Struktur der Völkergemeinschaft zu einem Wandel in der Wertauffassung führten, so dass früher exklusive Interessen der Staaten nunmehr von Gemeinschaftsinteressen überlagert werden" [Hervorhebung von mir]. In seinem Kurs vor der Akademie für Internationales Recht im Haag von 1969 hat auch Friedmann seine Konzeption vom Strukturwandel des Völkerrechts mit Blick auf die im Entstehen begriffenen neuen sektoralen Ordnungen für die "global commons" der Antarktis, die Hohe See und den Weltraum ergänzt. 250 Kewenil51 hat als erster und grundlegend konkret in Bezug auf den CHOM-Grundsatz dessen strukturprägende Bedeutung herausgestellt. Ihm folgend wurde verstärkt im Zusammenhang mit neuen Rechtsgebieten wie dem Weltraumrecht oder dem neuen Seerecht häufiger auf die strukturelle Grundlage und Bedeutung neuer Völkerrechtssätze,252 insbesondere auch ausdrücklich im Zusammenhang mit der Menschheitsklausel des Weltraumvertrages und dem CHOMGrundsatz hingewiesen. 253 Almond254 stellt in Bezug auf den Weltraumvertrag fest:

249

250

S.3.

Sontag, Fn. 40 S. 168. Friedmann, General Course in Public International Law, RdC 127 (1969 III)

251 Kewenig, Fn. 34 S. 2; ders., Fn. 36 S. 405; an diesen anknüpfend ebenso Ras[ar, Fn. 3 S. 379: "The common heritage of mankind, like a seismograph, is a kind of signal for fundamental changes in the structure of international law as a whole." [Hervorhebung von mir]; s. auch Wolfrum, Fn. 3 S. 317 der insbesondere die institutionellen Schlussfolgerungen des CHOM-Prinzips in Bezug auf die Meeresbodenbehörde als Vertreterin der Menschheitsinteresse im Gegensatz zu den Einzelstaaten als eine strukturelle Abweichung von "the existing structure of the international community of States" bezeichnet. 252 Z.B. widmet Hobe, Fn. 26 sein Schlusskapitel unter Bezug auf Friedmann der Analyse der Strukturauswirkungen des jungen Weltraumrechts auf die weltraumrechtliche Nutzungsordnung; s. auch Kapitel B. I. 3. 253 Wolfrum, Fn. 3 S. 292: " ... warum der Weltraumvertrag abweichend von der bisherigen Struktur des Völkerrechts die zwischenstaatlichen Kooperations- und Förderpflichten derart betont ... "; Kiss, The common heritage of mankind: utopia or reality?, International Journal 15 (1985) S. 440; Raslar, Fn. 3; nach Stocker, Fn. 3 S. 223 " ... könnte das Prinzip des Common Heritage of Mankind den Ausgangspunkt für eine grundlegende Strukturveränderung des Völkerrechts bilden ... ".

Ir. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

225

"In addition to providing a constitutive basis to the legal regime of outer space, the treaty provides a generalized normative structure to wh ich states must conform in their daily activities in outer space" [Hervorhebung von mir]. Frans G. von der Dunk255 weist auf den besonderen strukturellen Charak-

ter der Rechtsordnung des Weltraums als "truly internationalized res com-

munis" hin.

Auch bei Wolfgang Durne?56 in seiner Dissertation über das Umweltvölkerrecht "Common Goods. Statusprinzipien von Umweltgütern im Völkerrecht" finden sich strukturrechtliche Ansätze mit Bezug auf die staatsfreien Territorien und universellen Umweltgüter. Wie bereits für Friedmann,257 Rene-Jean Dupul 58 und Bleckmann 259 stellt auch für Abi-Saab260 und Dicke 261 die Herausbildung und Validierung der Gemeinschaftsinteressen das entscheidende strukturelle Transformationselement des Völkerrechtswandels dar. Das Gemeinschaftsinteresse ist nun aber das zentrale Kernelement des CHOM-Grundsatzes und der Menschheitsklausel des Weltraumvertrags. Vor diesem Hintergrund lässt sich der CHOM-Grundsatz als das Strukturprinzip des neuen Völkerrechts, wie es im jungen Weltraumrecht etabliert wurde, qualifizieren. Der CHOMGrundsatz könnte sich somit auch als das geeignete Strukturprinzip der Entwicklung des von Dicke geforderten "internationalen Ordnungsrechts" im Sinne eines "Law 0/ Mankind" erweisen. Dies wird im Folgenden im Einzelnen dargelegt. 254 Almond, A Public Order in Outer Space for Peaceful Purposes: The Will of the World Community and the Constitutive Process, Proc. 22 nd Colloq. Space Law (1980) S. 83. 255 Dunk, The role of law with respect to future space activities, Space Policy 12 (1996) S. 5/6: "Law should adhere to the most fundamental principles of international (space) law which have so far weathered all storms. Precisely because of the flexibility needed, moreover, when it comes to envisaging what particular activities might take place in the future and the substantive rules needed as a consequence, these principles relate to the structure of applying law, and not to its actual contents. These fundamental principles boil down to the fact that all space activities are undertaken in the sovereignty-free, truly internationalized res communis which is outer space, including its celestial bodies." 256 Dumer, Fn. 25 S. 256; s. auch Delbrück, Fn. 78 in ders., Die Konstitution des Friedens als Rechtsordnung, S. 348 bezeichnet mit Bezug auf das Umweltrecht die "Vergemeinschaftung der Verantwortung der Staaten für die Durchsetzung dieses für das Uberleben der Menschheit zentralen Rechts" als ein Kennzeichen "weltinnenrechtlicher Gestaltungen des Völkerrechts, die selbst die bisher bestehenden Vorstellungen über ein wirksames modemes Völkerrecht sprengen." 257 Friedmann, Fn. 215 S. 57. 258 Dupuy, Fn. 227 (La Communaute) S. 159. 259 Bleckmann, Fn. 216 (Grundprobleme) S. 155. 260 Abi-Saab, Fn. 219 in Milanges Vi rally S. 6. 261 Dicke, Fn. 237 S. 34. 15 Wolter

226

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Mit Blick auf das CHOM-Prinzip und den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums wird besonders die Entwicklung von verstärkten, universell ausgerichteten, globalen Allgemeinwohlinteressen einschließlich der Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft, die ihrerseits ein konstitutives Element für die Entwicklung der internationalen "Gesellschaft" zu einer "internationalen Gemeinschaft,,262 sind, untersucht. Dies ermöglicht schließlich, die wesentlichen Merkmale für die Definition des Strukturprinzips im Völkerrecht festzulegen und seine Einordnung im Rahmen der herkömmlichen völkerrechtlichen Rechtsquellenkategorien vorzunehmen. b) Struktureller Wandel des internationalen Systems und Völkerrecht

Die Fähigkeit, grundlegende soziale Veränderungen zu absorbieren, ist für das dezentrale internationale System und das es ordnende Völkerrecht von fundamentaler Bedeutung. Stärker noch als jede nationale Ordnung muss das internationale System, das ohne einen globalen Gesetzgeber auskommen muss, in der Lage sein, technologische, ökonomische und politische Veränderungen in der Staatenwelt durch Selbstregulierung zu bewältigen. 263 Auch für das internationale System gilt die von Edmund Burke schon in der Staatsphilosophie im 18. Jahrhundert für die Wechselwirkung zwischen Ordnung und Wandel gemachte Feststellung, dass eine Gesellschaft ohne die Fähigkeit der Veränderung ihre Fähigkeit zum Überleben verliert. 264 Sie bedeutet auf internationaler Ebene, dass von der Fähigkeit des Systems zur Absorbierung des Wandels die Aufrechterhaltung der universellen Ordnung und die Überlebenschancen der Menschheit abhängen. Daher ist es geradezu eine zwangsläufige Entwicklung, dass mit der Entstehung von Gefahren wie von Chancen von globaler Auswirkung für die Menschheit die internationale Gemeinschaft und dem folgend die Völkerrechtsordnung mit der Entwicklung verstärkter universeller Allgemeinwohlinteressen antwortet, da andernfalls ihr eigenes Überleben in Frage gestellt wäre. Insoweit sie dies wegen des noch weitgehenden Mangels zentraler Institutionen und legislativer Verfahren selbstregulierend im Wege des Strukturwandels vollziehen muss, kommt der Aufdeckung solcher Strukturveränderungen für die Feststellung der Voraussetzungen einer System- und 262 Die Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Gemeinschaft geht auf Toennies, Gemeinschaft und Gesellschaft (8. Aufl. 1935) zurück. 263 Northedge, Fn. 233 S. 1. 264 Edmund Burke zitiert nach Northedge, Fn. 233 S. 1: "A society without the means of change is without the me ans of preservation."; "If the reconciliation of order with change is a perennial challenge within the borders of states, it is even more so for the world society which they comprise."

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

227

Ordnungsstabilisierung besondere Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund lassen sich die in der politischen und in der Völkerrechtsliteratur beschriebenen fundamentalen Änderungen der internationalen Beziehungen der Nachkriegszeit als die Herausbildung einer universellen Weltgemeinschaft charakterisieren, in der die ohne Beispiel gewachsene Interdependenz der Staaten zur verstärkten Anerkennung von Allgemeininteressen der internationalen Gemeinschaft führt?65 Allot266 beschreibt diesen Prozess mit dem Ziel "to enable international society as a structure-system of human wellbeing". Die Herausbildung dieser Weltgemeinschaft als einer .one world society' im ,global village' und in der ,common global civilization of sc ience and technology,267 ist uns heute dank der internationalen weltumspannenden Kommunikation, täglichen Fernsehbildern aus allen Enden der Welt und neuerdings metergenauen Satellitenbildern unseres Planeten Erde aus dem Weltraum bereits zur Gewohnheit geworden. Doch dieser mediale Übergang zur ,world community' hat sich in den Strukturen der internationalen Ordnung noch nicht vollends niedergeschlagen. Aus diesem epochalen Veränderungsprozess des internationalen Systems entsteht eine korrespondierende Notwendigkeit der strukturellen Veränderung des Völkerrechts, welche Friedmann 268 in genereller Weise und Ulrich 265 Truyol y Serra, Die Entstehung der Weltstaatengesellschaft unserer Zeit (1963); Röling, International Law in an Expanded World (1960); Friedmann; Fn. 215 S. 11; ders,. Fn. 250 S. 49; Allot, Eunomia. New Order for a New World (1990) S. 355; KimminichlHobe, Fn. 219 S. 63; Schwarzenberger, Civitas Maxima (1973); Reisman, Designing and Managing the Future of the State, EJIL 3 (1997) S. 415; Dupuy, R.-J.; Fn. 227 Le droit international (1963); ders., Fn. 227 La Communaute (1986) S. 180; Tomuschat; International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, RdC 281 (1999) S. 88; ders., Fn. 118 S. 232; Simma, Fn. 78 S. 245; Leben, Fn. 227 S. 399; Paulus, Fn. 78 S. 250 ff. u. S. 425 spricht von "Gemeinschaftswerten" und "Struktur der Staatengemeinschaft und das ,gemeinschaftsorientierte Völkerrecht' "; Dupuy, P.-M.: International Law: Tom between Coexistence, Cooperation and Globalization. General Conclusions, EJIL 9 (1998) S. 287; Hobe, Zur Zukunft des Völkerrechts im Zeitalter der Globalisierung, AVR 37 (1999) S. 253. Dagegen spricht Preiser, Über die Ursprünge des modemen Völkerrechts, Festschrift für W. Schätzel (1960) S. 373 von einem "bei allen Wandlungen strukturell unveränderten, rund zweieinhalb Jahrtausende umfassenden ,europäischen Völkerrecht'; auch Grewe, Was ist "klassisches", was ist "modemes" Völkerrecht? in BöhmlLüderssenlZiegler (Hrsg.), Idee und Realität des Rechts in der Entwicklung internationaler Beziehungen. Festgabe für Wolfgang Preiser, S. 119 meint, dass "sich nämlich das Völkerreht unserer Zeit vom ,klassischen' Völkerrecht nicht so weit entfernt hat und von ihm nicht so abgrundtief verschieden ist ... ". 266 Allot, Fn. 258 S. 355. 267 Reisman, Fn. 265 S. 415. 268 Friedmann, Fn. 250 S. 47: "All law is an instrument of social order, and therefore closely tied to the structure of the society." " ... The rapidly changing political, social and economic conditions of contemporary international society pose,

15*

228

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Scheuner 269 für die Entwicklung eines völkerrechtlichen Solidaritätsgedankens zur Friedenssicherung im erweiterten Sinn am deutlichsten herausgearbeitet haben. Friedmann 270 stellt im Wesentlichen zwei Haupttendenzen des völkerrechtlichen Strukturwandels fest: eine horizontale Strukturveränderung durch das Aufkommen der großen Zahl neuer Völkerrechtssubjekte auf Grund der Entkolonialisierung sowie eine vertikale durch die Ausweitung der vom Völkerrecht zu regelnden Lebensbereiche, die zunehmend auch wirtschaftliche, finanzielle und soziale Fragen betrifft, die nicht mehr rein innerstaatlich geregelt, sondern in der globalisierten Weltwirtschaft wie die Fülle der internationalen Organisationen in diesem Bereich zeigen - Betätigungsfeld und Regelungsgegenstand der internationalen Gemeinschaft geworden sind. In seiner Haager Vorlesung 1969 hat Friedmann deutlicher noch als in seinem Buch aus dem Jahre 1964 die globalen Konsequenzen der Strukturveränderungen hervorgehoben. Die Interdependenz und die universellen Auswirkungen der Veränderungen bewirken, dass die Staaten den Interessen der anderen Staaten nicht mehr gleichgültig gegenüber stehen, sondern sich zunehmend mit Gemeinschaftsinteressen identifizieren. Neben der Notwendigkeit, eine institutionelle Struktur zur Durchsetzung des Völkerrechts zu schaffen, hebt Friedmann 271 vier globale Herausforderungen hervor, deren strukturelle Wirkungen beim Übergang vom Koexistenz- zum Kooperationsvölkerrecht maßgebend sind: - "The threat to Mankind's resources": die wachsende Gefahr der Vernichtung oder Verschrnutzung der menschlichen Umwelt durch Bevölkerungsexplosion, Verstädterung, Ausbeutung der Bodenschätze und unkontrollierte Industrialisierung. Daraus entsteht die dringende Notwendigkeit der Herausbildung eines Rechts der internationalen Zusammenarbeit "for a co-ordinated effort of the nations to control, preserve and develop the resources of the earth for the common benefit". - "The Impact of Democratisation ": die Entkolonisierung und insbesondere die Entlassung zahlreicher ehemaliger Kolonien in die staatliche Unabhängigkeit seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Dies führte zur Entstehung however, four other major challenges, to which international law must respond, by expanding the institutional and legal structure of international co-operation. The first development is the grawing threat of the exhaustion or the pollution of human resources ... create an urgent need far an international law of co-operation, and a coordinated effort of the nations to contra!, preserve and develop the resources of the earth for the common benefit ... " (S. 48). 269 Scheuner, Fn. 240 in Tomuschat (Hrsg.) S. 379. 270 Friedmann, Fn. 215 S. 60,64, 367. 271 Friedmann, Fn. 250 S. 48: "The need to create an institutional structure that substitutes international for national authority in the enforcement of rules of conduct remains the most urgent task in the development of international law" [Hervorhebung im Original].

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

229

von inzwischen mehr als hundert neuen Staaten, also neuen Völkerrechtssubjekten. Daraus ergab sich zunächst zwar eine größere Heterogenität der Staatenwelt im Vergleich zu der homogenen Welt des jus publicum Europaeum. Diese konnte jedoch die Entstehung - noch verstärkt durch die Überwindung des Ost-West-Gegensatz - universeller Werte der Völkerrechtsgemeinschaft nicht hindern,272 zumal die neuen Staaten ihre Handschrift auch im Normentstehungsprozess hinterlassen sollten. 273 Es wäre erstaunlich, wenn das Hinzutreten einer so großen Zahl neuer Staaten keinen grundlegenden Einfluss auf die Entwicklung der Völkerrechtsstruktur genommen hätte. 274 Es ist daher kein Zufall, dass die Herausbildung des CHOM-Grundsatzes ab 1957 (erstmalige Aufnahme der Menschheitsklausel in der ersten Weltraum-Resolution der Vereinten Nationen 275 ) auch mit dem Höhepunkt der Entkolonisierungswelle zusammenfiel. Gleichzeitig entwickelte die Menschheit erstmals die technologischen Fähigkeiten zu einer Erforschung und Nutzung der letzten frontier des Weltraums und des Tiefseebodens. Die Eroberung des Weltraums durch den Menschen eröffnete die Chance für das Zusammenwachsen der Menschheit in einer internationalen Gemeinschaft einerseits, aber barg auch ungekannte Risiken einer aus dem Weltraum gestützten Welthegemonie einer oder einer kleinen Gruppe von Weltraummächten andererseits. 276 - "The Concern with International Economic Development": die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit und Entwicklungshilfe auf internationaler Ebene, also die Entstehung eines internationalen Wohlfahrts gedankens. Dessen Übertragung auf die internationale Ebene ergab sich folgerichtig auch daraus, dass die Wohlfahrtsaufgaben des Staates autark nicht mehr zu erfüllen waren. 277 - "The Concern with survival and the Futility of War": die mit der Atombombe erstmals bestehende reale Möglichkeit der Vernichtung der ganzen 272 So schon Friedmann, Fn. 215 S. 297 ff. in einem Vergleich der "universality of international law" mit den "world's major cultural orders"; Tornuschat, Fn. 265 S. 63; Paulus, Fn. 78 S. 250 ff.; s. aber Huntington, The dash of civilizations, Foreign Affairs 72 (1993) S. 22. 273 s. u. Kapitel C. 11. 2. 4. 274 Zum Bestreben der neuen unabhängigen Staaten nach Revision der überkommenen Völkerrechtsordnung s. Lyon, New States and International Order, in farnes (Hrsg.), The Bases of International Order (1973) S. 24; Elias, New Horizons in International Law (1992) S. 383; Rernbe, Africa and the International Law of the Sea: A Study of the Contribution of the African States to the Third United Nations Conference on the Law of the Sea (1980) S. IX. 275 S. o. Fn. 183. 276 Deudney, Unlocking Space, Foreign Policy 53 (1983/84) S. 91. 277 Bleckrnann, Fn. 222 S. 219.

230

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Menschheit lässt die Alternative zwischen einer organisierten internationalen Gemeinschaft, welche die Macht über Krieg und Frieden in die Hände einer verantwortlichen internationalen Autorität legt, und einer anarchischen Welt unabhängiger Staaten, welche über die Macht ihrer Zerstörung verfügen, klarer als je zuvor hervortreten. Daraus erwächst über die Notwendigkeit einer institutionellen Sicherung der Ächtung des Krieges als Mittel der Politik hinaus die Erkenntnis einer weltweiten Schicksalsgemeinschaft, welche die Entwicklung von globalen Allgemeininteressen verstärkt. 278 Betrachtet man die Friedmannschen Annahmen über die Strukturentwicklung des Völkerrechts rückblickend, so lässt sich feststellen, dass der objektive, aus der Interdependenz herrührende Zwang zur Zusammenarbeit und zur Verfolgung von Allgemeinwohlinteressen sich noch verstärkt hat. Der von Friedmann konstatierte Strukturwandel zeigt sich in der Entwicklung von ius cogens, erga omnes- Verpflichtungen und international crimes 0/ State zu einem "gemeinschaftlichen Völkerrecht",279 welche die Prognose rechtfertigt, dass "die internationale Rechtsordnung immer stärker vom Gedanken der internationalen Gemeinschaft her neu definiert werden wird".28o Paului 81 geht in seinem abschließenden Kapitel auf den Zusammenhang der Struktur der Staatengemeinschaft und der von ihm dargelegten Entwicklung eines gemeinschaftsorientierten Völkerrechts ein. Auf Grund der institutionellen Schwäche des Völkerrechts sieht er die Hauptaufgabe des Rechts der internationalen Gemeinschaft darin, eine Ersatzfunktion für die Geltendmachung der Gemeinschaftsinteressen zu schaffen, so dass diese auch in den Strukturen des Bilateralismus effektiv durchgesetzt werden können. Die Essenz des gegenwärtigen Völkerrechts sieht er in der Verwirklichung der Gemeinschaftsinteressen in einem Kompromiss zwischen Staatengesellschafts- und Staatengemeinschaftsstrukturen.

In diesem Spannungsverhältnis spiegeln das CHOM-Prinzip und die Rechtsordnungen der Gemeinschaftsräume den tiefgreifenden Strukturwandel des Völkerrechts als Ausdruck der Entstehung von Staatengemeinschaftsinteressen wider. Die Merkmale dieses Strukturwandels sind die Relativierung und Ergänzung der staatlichen Souveränität,282 die HerausbilSeidel, Fn. 96 S. 44. Paulus, Fn. 78 S. 425. 280 Tomuschat, Die internationale Gemeinschaft, AVR 33 (1995) S. 20; ders.; Fn. 109 S. 42. 281 Paulus, Fn. 78 S. 425. 282 Schrijver, The Changing Nature of State Sovereignty, BYIL 70 (1999) S. 71; Dicke, Fn. 238 S. 22 u. S. 27 zu gegenläufigen "Renationalisierungstendenzen"; Habe, Fn. 26 S. 281 "Nicht das Ende der Staatlichkeit, sondern eine signifikante Funktionswandlung ... " 278

279

II. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

231

dung der internationalen Gemeinschaft als einer Völkerrechtsgemeinschaft ("legal international community"y283, die sich insbesondere auch in der zunehmenden Aufnahme des Menschheitsbegriffs in völkerrechtliche Dokumente zeigt und welche zumindest indirekt auch die Menschheitsinteressen wahrnimmt,284 der verstärkte Beitrag der neuen Staaten zur Entwicklung des Völkerrechts 285 mit der Herausbildung einer völkerrechtlichen Solidaritätspflicht286 sowie die Entwicklung eines erweiterten positiven Friedensbegriffs durch die Anerkennung einer Pflicht zur Erhaltung des Friedens. 287 Vergleicht man nun diese wesentlichen Hauptströmungen der Strukturveränderungen der internationalen Beziehungen und des Völkerrechts mit den Hauptelementen des CHOM-Grundsatzes, so lässt sich feststellen, dass seine fünf Kernelemente im Zeitpunkt seiner Entstehung jeweils auch den strukturellen Hauptströmungen des sich wandelnden internationalen Systems entsprechen. Das Verbot der nationalen Aneignung und der Grundsatz der friedlichen Nutzung entsprechen dem Entstehen einer sicherheitspolitischen Schicksalsgemeinschaft, die eine einzelstaatliche Hegemonie über den größten staatsfreien Raum durch dessen Internationalisierung apriori ausschließen sollen. Die verstärkte Allgemeinwohlbindung in der Menschheitsklausel und der Grundsatz des ,equitable sharing' unter besonderer Berücksichtigung der Interessen der Entwicklungsländer entspricht der Etablierung des Wohlfahrtsgedankens auf internationaler Ebene. Der Grundsatz der Bewahrung des gemeinsamen Erbes für künftige Generationen reflektiert das Aufkommen der globalen Umweltschutzinteressen. Die verstärkten Kooperationspflichten der Staaten zur Verwirklichung der Allgemeinwohlbindung des CHOM-Grundsatzes entspricht schließlich dem strukturellen Übergang des Völkerrechts vom Koexistenz- zu einem Kooperationsrecht. Das CHOM-Prinzip wurde also weder unvorbereitet noch von seinem Wesens283 Tomuschat, Fn. 65 S. 73; ders., Fn. 280 S. 6; ders., Fn. 265 S. 88; Simma, Fn. 78 S. 248; SimmalPaulus, The ,International Community': Facing the Challenge of Globalization, EJIL 9 (1998) S. 276; Paulus, Fn. 78 S. 225; Schey/i, Fn. 237 S. 273; Fassbender, The United Nations Charter as Constitution of the International Community, Columbia Journal of Transnational Law 36 (1998) S. 529; Al/ot, The Concept of International Law, EJIL 10 (1999) S. 37 f.; IGH-Präsident Bedjaoui beschreibt in seiner Erklärung im Rechtsgutachten zu Nuklearwaffen, ICJ Reports 1996 S. 270 Para. 13, die Auswirkung des Wandels des internationalen Systems seit dem Lotus-Diktum auf das Völkerrecht und auf die Staaten "organises en communaute". Er nennt ausdrücklich das CHOM-Prinzip als ein Element des völkerrechtlichen Konzepts der "international community". 284 Tomuschat, Fn. 118 S. 227; Simma, Fn. 78 S. 248. 285 Lyon, Fn. 274 in fames (Hrsg.) S. 24. 286 Scheuner, Fn. 240 in Tomuschat (Hrsg.) S. 379. 287 KimminichlHobe, Fn. 219 S. 61; Verosta, Der Begriff ,internationale Sicherheit' in der Satzung der Vereinten Nationen, in Marcic/Mosler et al. (Hrsg.) Festschrift für Verdross S. 534.

232

C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

gehalt strukturfremd in das Völkerrecht und das Weltraumrecht im Besonderen eingeführt, sondern es spiegelte deren im Zeitpunkt seiner Einführung bereits im Entstehen begriffenen neuen Strukturmerkmale wie in einem Brennglas wider. Insbesondere in der Anwendung auf hoheitsfreie internationalisierte Gemeinschaftsräume und zumal auf den Weltraum, dessen Nutzung zwangsläufig universelle Auswirkungen hat, sowie in Bezug auf die mit Nuklearwaffen verbundenen Menschheitsinteressen an nuklearer Abrüstung und Sicherheit verkörpert der Grundsatz die Strukturveränderung des Völkerrechts zu einem am Menschheitsinteresse orientierten "internationalen Ordnungsrecht",288 das die Notwendigkeit eines internationalen Regimes für die "global commons" widerspiegelt, also den Prozess der Herausbildung eines "gemeinschaftsorientierten" Rechts der internationalen Gemeinschaft. 289 c) Strukturwandel des Völkerrechts und Entstehung des CHOM-Grundsatzes

aa) Die Herausbildung von Allgemeinwohlinteressen Der Wandel vom Recht der Koexistenz der Staaten hin zu einer Ordnung der Zusammenarbeit und Koordination geht mit der Verstärkung von Allgemeinwohlinteressen der internationalen Gemeinschaft einher. Die tiefgreifenden Strukturveränderungen des internationalen Systems haben auch zu einer Relativierung der strukturellen Leitgrundsätze des klassischen Völkerrechts wie die der Souveränität und Gleichheit der Staaten geführt. Insbesondere hat die angesichts der globalen Herausforderungen zunehmende Herausbildung von Allgemeinwohlinteressen auf internationaler Ebene eine neue Sichtweise des Souveränitätsprinzips bewirkt. Dicke 290 spricht davon, dass die "souveränitätszentrierte Konzeption des Völkerrechts" an seine Grenzen stoße. Dies führt allerdings nach ganz überwiegender Meinung 291 nicht bereits zu dessen grundSätzlicher Infragestellung als konstitutives Grundprinzip der Völkerrechtsordnung. Auf Grund der unentrinnbaren Interdependenz der Staaten292 ist jedoch das klassische Verständnis der staatDicke, Fn. 237 S. 25, 32. Paulus, Fn. 78 S. 425. 290 Dicke, Fn. 237 S. 4l. 291 Schrijver, Fn. 282 S. 71 mit Nachweisen; Reisman, Fn. 265 S. 410; Galloway, Limits to Sovereignty: Antarctica, Outer Space and The Seabed, in Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 84 stellt jedoch fest: "Paradoxically it is sovereign states 288 289

which are limiting themselves but the consequences of each self-limitation may add over time into an irreversible force of history."; ders., Fn. 237 S. 342; Dupuy, P.-M.: Fn. 265 S. 283. 292 Friedmann, Fn. 215 S. 365; dazu Leben, Fn. 227 S. 401: "What attracted me personally at the time about his [Friedmanns; Anm. von mir] explanations was the

II. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

233

lichen Souveränität beschränkt auf die abwehrende Sicherung der staatlichen Handlungsfreiheit auf dem eigenen Territorium zu einem Anachronismus geworden. Diesem würde die Souveränität in letzter Konsequenz selber zum Opfer fallen, wenn sie nicht ergänzend durch die Kooperationspflichten der Staaten zur Erreichung der übergeordneten Allgemeininteressen positiv ausgefüllt wird?93 Die Relativierung der staatlichen Souveränität bedeutet aber nicht, dass der Staat für die Entwicklung und Umsetzung des Völkerrechts seine Bedeutung verliert. Selbst unter der Annahme, dass das Völkerrecht durch die Entstehung neuer transnationaler Akteure wie international tätiger Unternehmen oder NRO's auf Grund der Globalisierung und insbesondere durch die Revolution der Kommunikation inzwischen in eine dritte Etappe der Strukturveränderung eingetreten ist,294 bleibt im gegenwärtigen Stadium der souveräne Staat auch für die Erfüllung der Allgemeininteressen von herausgehobener Bedeutung. Auf Grund des Strukturwandels vom Koexistenz- zum Kooperationsvölkerrecht geht es nicht mehr um die "coexistence between equally rival sovereignties",295 sondern um die Verfolgung des Allgemeininteresses der Menschheit durch die in ihrer Souveränität auf das staatengemeinschaftliehe Allgemeinwohl verpflichteten Staaten?96 Mit dieser neuen Allgemeinwohlorientierung der staatlichen Souveränität ist zugleich der Grundstein für die Herausbildung der "internationalen Gemeinschaft als völkerrechtliches Konzept" bzw. eines "gemeinschaftsorientierten Völkerrechts" gelegt. 297 Nach Tomuschat und Simma 298 besteht die Substanz der Gemeinschaftsinteressen aus folgenden Kernbereichen: 1. Sicherung von Frieden und Sicherheit, die nur noch gemeinsam möglich ist;299 ,objective', ,necessary' aspect of the development of internationallaw: states were, whether they liked it or not, drawn into a cooperation movement because in both economic and technical terms they had become objectively interdependent. Governments needed to ensure this cooperation ... by creating international organizations to carry out the functions essential to the welfare of all states" [Hervorhebung von mir]. 293 Reisman, Fn. 265 S. 415: " ... intrinsic patterns of tight interdependence ... in this new environment ... it [sovereignty; Anm. von mir] becomes, in many contexts, destructive". 294 Hobe, Fn. 265 S. 253; Dicke, Fn. 237 S. 14. 295 Dupuy, P.-M., Fn. 265 S. 287. 296 Bleckmann, Fn. 222 S. 219: " ... wurde zunehmend erkannt, dass die Souveränität und die hieraus fließenden Kompetenzen nicht Selbstzweck sind, sondern nur ein Mittel zur Durchsetzung der Wohlfahrtsinteressen der Völker darstellen." 297 Paulus, Fn. 78 S. 425; Tomuschat, Fn. 118 S. 232; ders., Fn. 280 S. 6; Simma, Fn. 78 S. 245; Dupuy, Fn. 227 S. 151. 298 Tomuschat, Fn. 118 S. 232; ders, Fn. 65 S. 63 ff. ders.; Fn. 265 S. 76 f.; Simma, Fn. 78 S. 237.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

2. Solidarität ist als ein notwendiges Element des Friedens zu verstehen. 300 Nur durch die Anerkennung von Wohlfahrtsgesichtspunkten auch auf globaler Ebene kann die Menschheit als Gemeinschaft begriffen werden; 3. Bewahrung der Umwelt für jetzige und künftige Generationen; 4. CHOM-Grundsatz als das grundlegende Prinzip für die das Gemeinschaftsinteresse verwirklichenden Regelungen der "global commons,,;301

5. Universelle Menschenrechte. Die Anerkennung von Allgemeinwohlinteressen hat auch in der Rechtsprechung des IGH insbesondere im Zusammenhang mit erga omnes- Verpflichtungen ihren Niederschlag gefunden?02 Zwar spricht Artikel 53 der Wiener Vertragsrechtskonvention von der "international community 0/ States ". Aus anderen Bezugnahmen in völkerrechtlichen Dokumenten wie beispielsweise in Artikel 19 Absatz 2 Teil I des Entwurfs der ILC zur Staatenverantwortlichkeit von 1980303 wird jedoch deutlich, dass der Begriff der internationalen Gemeinschaft nicht als bloße Summe der einzelnen Staaten, sondern in einem weiteren Sinn zu verstehen ist, der indirekt auch die Interessen der Menschheit umfasst. 304 Die Berücksichtigung anderer als ausschließlich Staateninteressen hat der IGH 305 in seinem Rechtsgutachten zu NuklealWaffen mit der Betonung der" overriding consideration 0/ humanity" als Herzstück des humanitären Völkerrechts und der Feststellung einer 299 Tomuschat, Fn. 118 S. 232; ders, Fn. 265 S. 63 ff.; Simma, Fn. 78 S. 237: "Hence, the prevention of armed conflict ... will always remain at the heart of an international law shaped by community interests ... For this reason, arms control, disarmament, the non-proliferation od nuclear weapons and the development of diplomatie as weil as military ,early warning' or confidence-building mechanisms enjoy the highest priority"; Reisman, Fn. 265 S. 409: " .. . these new dependencies are not those of ,failed' or ,imploding' states, but of some of the most powerful states ... Even the security of the remaining Superpower cannot be accomplished alone." Reisman, S. 416 nennt an erster Stelle der " ... fundamental goals of modern internationallaw: the optimalization of inclusive security." 300 So bereits Scheuner, Fn. 240 in Tomuschat (Hrsg.) S. 379. 301 Simma, Fn. 78 S. 240: "With regard to territory and the use of natural resources, community interest has recently found a particularly well-known expression in the concept of the ,common heritage of mankind"'; Tomuschat, Fn. 265 S. 77; Dupuy, Fn. 227 S. 159; s. auch konkret in Bezug auf den CHOM-Grundsatz als Verkörperung der Gemeinschaftsinteressen Stocker, Fn. 3 S. 179. 302 ICI Reports 1970, S. 3, 32 (Barcelona Traction-Entscheidung); ICI Reports 1986, S. 99 para. 188 (Nicaragua-Fall); ICI Report 1996 Rechtsgutachten Nuklearwaffen; s. auch o. Kapitel C. I. 2. b) aa) und Nachweise in Fn. 124, 125 sowie die ausführliche Analyse dieser Rechtsprechung von Paulus, Fn. 78 S. 363 ff. 303 YILC 198011. 2, 30; zur aktuellen Haltung der ILC s. Fn. 129. 304 Tomuschat, Fn. 118 S. 227; Simma, Fn. 78 S. 248; ICI Report 1996 S. 40 Para. 95 Rechtsgutachten Nuklearwaffen. 305 ICI Reports 1996 S. 40 Para. 93.und S. 31 Para. 63.

Ir. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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"growing awareness of the need to liberate the community of States and the international public from the dangers resulting from the existence of nuclear weapons" angedeutet. Darüber hinaus findet sich eine zunehmende völkerrechtliche Bezugnahme auf die "Menschheit" in multilateralen Verträgen, ebenfalls beginnend mit der Präambel der VN-Charta, die Kriege als die "Geißel der Menschheit" bezeichnet, über den Antarktisvertrag ("interests of science and mankind") und den Nichtverbreitungsvertrag ("devastation that would be visited upon alt mankind by nuclear war") bis hin zur Menschheitsklausel des CHOM-Grundsatzes im Weltraum- und Mondvertrag sowie im Seerechtsübereinkommen ebenso wie in bilateralen Verträgen wie dem INF-Vertrag ("Conscious that nuclear war would have devastating consequences for alt mankind"). Der Menschheitsbegriff, der schlicht die Summe aller menschlichen Lebewesen meint,306 ist dabei mit dem der internationalen Gemeinschaft nicht identisch. Doch ist er bei der Konkretisierung der Allgemeinwohlinteressen der internationalen Gemeinschaft als Orientierungsmaß in der Weise zu berücksichtigen, dass Maßnahmen mit nachweisbar schädlichen Auswirkungen für die Menschheit nicht als im Allgemeininteresse der internationalen Gemeinschaft angesehen werden können. Letztlich geht es in all diesen Fällen um die Anerkennung völkerrechtlich relevanter Gemeinwohlinteressen, die als so bedeutsam anzusehen sind, dass sie die Menschheit als Ganzes betreffen. Daraus ergibt sich als weitere Frage, mit welchen materiellrechtlichen, verfahrensmäßigen und institutionellen Vorkehrungen die Realisierung dieser Allgemeinwohlverpflichtungen im Einzelfall erfolgt. Dieser Frage soll für den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums in Kapitel D. VII. nachgegangen werden?07

bb) Strukturwandel, völkerrechtliche Solidaritätspflicht und CHOM Im Zentrum sowohl des völkerrechtlichen Strukturwandels nach der Entkolonialisierung als auch der Herausbildung der Gemeinschaftsinteressen der internationalen Gemeinschaft steht die Entwicklung einer völkerrechtlichen Solidaritätspflicht der Staaten untereinander,308 die zugleich den Kerngehalt der neuartigen Menschheitsklausel des CHOM-Grundsatzes bildet. Ohne eine solche Solidaritätspflicht, deren rechtlicher Gehalt insbesondere Tomuschat, Fn. 280 S. 6. s. unten Kapitel D. VII. 3. 308 Franck, Fn. 84 S. 47 führt die verstärkte Beschäftigung mit Fragen von Fairness, Solidarität und Gerechtigkeit im Völkerrecht in der jüngeren Zeit darauf zurück, dass "the role of international law has become both wider and more secure ... as a result of this, lawyers have been able to take a greater interest in the quality of international law" [Hervorhebung im Original]. 306 307

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

in der Ausgestaltung als ein individuelles Menschenrecht allerdings weiterhin umstritten ist,309 lässt sich kaum von einer auf gemeinsamen Grundwerten fußenden internationalen Rechtsgemeinschaft sprechen?lO Der CHOMGrundsatz verbindet diese Solidaritätspflicht im Sinne des erweiterten Sicherheitsbegriffs mit der Förderung des Friedens. Das Bemühen um wirtschaftlichen Ausgleich stellt bereits nach Scheuner "ein notwendiges Element des Friedens" dar. 311 Die Erklärung der VN-Generalversammlung über freundschaftliche Beziehungen von 1970312 hat mit der Festschreibung einer "Pflicht der Staaten zur Zusammenarbeit" in ihrem einleitenden Paragraphen die weitgehendste Konsequenz aus den allgemeinen Bestimmungen der VN-Charta zur zwischenstaatlichen Zusammenarbeit (Artikel 1 Absatz 3 und Artikel 54 und 55) gezogen. 313 Dass diese gemeinsame Solidaritätsverantwortung auch der Sicherung des internationalen Friedens dient,314 ist heute allgemein anerkannt. Voraussetzung für das Wirksamwerden der Solidaritätspflicht ist ein von allen Staaten geteiltes Verständnis einer gemeinsamen Verantwortung für grundlegende Werte und Ziele der internationalen Gemeinschaft, wie sie in der Präambel und in Artikel 1 der VN-Charta niedergelegt sind. Anders ausgedrückt ist die Solidaritätspflicht, wie es MacDonald315 nennt, "the acknowledgement by alt states that they alt have a responsibility to the general global welfare ". Ihr liegt notwendig "a sense of community or communality" zu Grunde. Damit übernimmt die Solidaritätspflicht außerdem die Funktion einer Querschnittsaufgabe in der Struktur des heutigen Völkerrechts, indem sie die gemeinsame Verantwortung für die Förderung von internationaler Entwicklung, Umweltschutz und Friedenssicherung unterstreicht. 316 Den engen Zusammenhang der Entwicklung 309 Tomuschat, Fn. 265 S. 192 und S. 265 mit weiteren Nachweisen in Fn. 705. Obwohl die USA auf der Wiener Weltkonferenz für Menschenrechte ihren Widerstand gegen das Recht auf Entwicklung aufgegeben haben und damit die einstimmige Annahme des Schlussdokuments ermöglichten, blieb die nachfolgende Behandlung in der VN-Generalversammlung weiterhin kontrovers, wie etwa die Abstimmung zur Resolution 54/175 zum Recht auf Entwicklung v. 17. 12. 1999 mit 10 Gegenstimmen und 38 Enthaltungen zeigt. 310 So bereits Scheuner, Fn. 240 in Tomuschat (Hrsg.) S. 401. 311 Scheuner, Fn. 240 in Tomuschat (Hrsg.) S. 401. 312 Res. 2625 (XXV) v. 24. 10. 1970; spätere Resolutionen der VN-Generalversammlung wie etwa die Declaration of International Economic co-operation vom Frühjahr 1990, angenommen auf der Sondersitzung der VN-Generalversammlung, sprechen statt von einer "Pflicht" von einer "Verantwortlichkeit" der Staaten, im Interesse der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Weltgemeinschaft zusammenzuarbeiten; s. auch Abi-Saab, Fn. 219 in Mtflanges Michel Virally S. 7. 313 Abi-Saab, Fn. 219 in Mtflanges Michel Virally S. 7. 314 Simma, Fn. 78 S. 237: " ... a world split into extremely poor and extremely rich States simply cannot remain a peaceful place." 315 MacDonald, The Principle of Solidarity in Public International Law, in Etudes de droit international en l'honneur de Pierre Lalive (1993) S. 293.

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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einer völkerrechtlichen Solidaritätspflicht zur Strukturveränderung des Völkerrechts hat besonders Abi-Saab317 herausgearbeitet. Letztlich handelte es sich in der Auseinandersetzung um die Anerkennung einer völkerrechtlichen Solidaritätspflicht nicht nur um einen Machtkampf zwischen Nord und Süd über die zukünftige Gestaltung der Weltwirtschaftsordnung, sondern eben auch um einen Widerstreit zwischen den neuen unabhängigen Staaten und den alten Mächten über die zu Grunde liegenden Strukturen des Völkerrechts. Die Entwicklungsländer stellten der alten, auf der formalen Gleichheit und unbeschränkten Souveränität der Staaten beruhenden Struktur des Völkerrechts ihre Vorstellung einer neuen, von distributiver Gerechtigkeit und materieller Gleichheit gekennzeichneten Völkerrechtsstruktur entgegen, die in der Forderung der von der VN-Generalversammlung verabschiedeten Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten von 1974318 nach einer Neuen Weltwirtschaftsordnung gipfelte. Anfangs mögen dabei Überlegungen eine Rolle gespielt haben, eine "Kompensation" für das durch den Kolonialismus erlittene Unrecht zu erhalten, zumindest darauf einen Anspruch zu haben. 319 Diese haben sich letztlich als unrealistisch erwiesen - wie das Ergebnis der im September 2001 zu Ende gegangenen VN-Konferenz über Rassismus gezeigt hat. Der Versuch, dieses überzogene Konzept durch die von der VN-Generalversammlung verabschiedete Charta über wirtschaftliche Rechte und Pflichten der Staaten tel quel als neues Völkerrecht durchzusetzen, musste geradezu zwangsläufig an dem Widerstand der Industrieländer scheitern, die darin einen mit ihrer Souveränität unvereinbaren Eingriff sahen. Es standen sich im Grunde zwei unvereinbare Auffassungen von der Funktion des Völkerrechts gegenüber. Diese Dichotomie von Souveränität und Solidaritäts anspruch kennzeichnet die Transformationsstrukturen des modemen Völkerrechts. In einem gewissen Widerspruch zu ihren eigenen Forderungen nach Relativierung der staatlichen Souveränität durch eine völkerrechtliche Solidaritätspflicht hatten die Entwicklungsländer als Teil der Forderungen zur Errichtung einer NWWO auch den Anspruch auf "permanente Souveränität" über ihre natürlichen Ressourcen erhoben. 32o Erst die auf Grund der beginnenden Strukturveränderungen erfolgende Relativierung der Souveränität einerseits und die Abschwächung unmittelbarer Distributionsansprüche der Entwicklungsländer Simma, Fn. 78 S. 237; Franck, Fn. 84 S. 79. m Abi-Saab, Fn. 219 in Melanges Michel Virally S. I. 318 Resolution der VN-Generalversammlung 3281 (XXIX) vom 14. 12. 1974; abgedruckt in AJIL 69 (1975) S. 484. 319 Schütz, Solidarität im Wirtschaftsvölkerrecht (1994) S. 59. 320 Resolution 3201 (S-VI) vom I. 5. 1974 "Deciaration on the Establishment of a New International Economic Order" und Artikel 2 (1) der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten.; s. dazu Tomuschat, Fn. 265 S. 184; ders. Fn. 134. 316

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

andererseits haben den Weg geöffnet, den Nord-Süd-Gegensatz in dieser Frage in konstruktivere Bahnen zu lenken, die wiederum in einer strukturellen Symbiose Ausdruck finden muss. Die dem heutigen Völkerrecht inhärente Spannung zwischen Souveränität und Allgemeinwohlinteressen braucht in den Worten Tomuschats 321 eine "symbiotic structure [Hervorhebung von mir] within wh ich the inherent tension loses any antagonistic or contradictory features, becoming instead a fertile stimulus for common action Eine solche konstruktive Symbiose ist durchaus möglich, da in der Praxis Souveränität und Kooperation zum Wohle der ganzen Menschheit in einer auf den in der VN-Charta niedergelegten, allgemein anerkannten Werten gründenden und der Wohlfahrt Aller verpflichteten internationalen Gemeinschaft vereinbar sind. 322 H.

Der Beitrag der neuen Staaten in dieser Entwicklung der völkerrechtlichen Strukturveränderung323 war primär ihre Initiatorenrolle vor allem für die Entwicklung der völkerrechtlichen Solidaritäts pflicht, ist aber nicht darauf beschränkt. In der weitergehenden Forderung nach einer umfassenden NWWO sind sie gescheitert. 324 Doch sollte ungeachtet ihrer wirtschaftlich schwachen Position ihr politisch-moralischer Einfluss nicht unterschätzt werden, ohne dessen Berücksichtigung der notwendige Konsens der internationalen Gemeinschaft nicht erzielt werden kann. 325 Letztlich kann nur durch Konsens die Symbiose in der neuen kooperativen Struktur des Völkerrechts erfolgen. Dabei erweist sich als die vielleicht entscheidende und schwierigere Frage, wie sich eine effektivere Umsetzung insbesondere der Völkerrechtsnormen, die im Interesse des Allgemeinwohls der internationalen Gemeinschaft verstärkte Allgemeinwohlverpflichtungen schaffen, erreichen lässt. Betrachtet man die Strukturveränderung des Völkerrechts hinsichtlich der Entwicklung einer allgemeinen Solidaritätspflicht konkret mit Bezug auf den CHOM-Grundsatz, so stellt die im Mondvertrag hinsichtlich des Gebots des "equitable sharing erfolgte Konkretisierung der Solidarpflicht in einer H

Tornuschat, Fn. 265 S. 265. Tornuschat, Fn. 265 S. 266-267: "In practice, sovereignty and cooperation are perfectly compatible. All States know that certain tasks having a transboundary dimension presuppose a common effort by the international community of which they are all members. Furthermore, beuer-off States do know that they cannot ignore the plight of the poorest nations." 323 Falk, The New States and International Legal Order, RdC 118 (1966) S. 1; Lyon, Fn. 274 in Jarnes (Hrsg.) S. 24; Hazard, Pragmatic Vies of the New International Law (1963), Proceedings of the American Society of Internatinal Law, S. 79; Kunz, The Law of Nations, Static and Dynamic, AJIL 27 (1933) S. 630. 324 Bedjaoui/Thierry, The Future of International Law, in Bedjaoui (Hrsg.) S. 1234. 325 Lyon, Fn. 274 S. 56. 321

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11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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systemoffenen Weise eine gute Grundlage für eine solche "strukturelle Symbiose" von Souveränität und Kooperation dar. Ein Schritt in diese Richtung waren insbesondere die einvernehmliche Verabschiedung der "Space Benefits"-Resolution durch die VN-Generalversammlung im Jahre 1996326 sowie der auch in dieser Frage konstruktive Verlauf der UNISPACE m327 in Wien im Jahre 1999?28 Dennoch kann der Mondvertrag bis heute eine nur sehr geringe Anzahl von Ratifizierungen verzeichnen. Insbesondere haben auch die maßgeblichen Industrieländer den Vertrag nicht ratifiziert, wenn sie auch anders als bei der Seerechtskonvention die den Vertragstext empfehlende Resolution der VN-Generalversammlung im Konsens mittrugen. Bei der geringen Anzahl der Ratifizierungen spielt aber auch eine Rolle, dass die Ausbeutung der Ressourcen des Mondes und anderer Himmelskörper im Vergleich zu den Ressourcen des Meeresbodens trotz aller technologischen Fortschritte noch nicht absehbar ist. Auch ein Großteil der Entwicklungsländer hat vor diesem Hintergrund ihre Ratifizierung zurückbehalten, zumal einige die gefundene ausgeglichene Lösung als zu sehr in Richtung der Interessen der Industrieländer gehend ansehen (vor allem wegen der vorgesehenen angemessenen Kompensation für in Weltraumerforschung getätigte Investitionen bei der Verteilung der Erträge) und sie damit bei der künftigen konkreteren Ausgestaltung durch das vorgesehene internationale Regime wohl auch ihre Verhandlungsposition nicht präjudizieren wollen. Die Zurückhaltung der Industrieländer bei der Ratifizierung des Mondvertrages lag vor allem auch darin begründet, dass die Ausgestaltung der Solidaritätspflicht des "equitable sharing" in der Seerechtskonvention als ein von ihnen abgelehntes Präjudiz befürchtet wird und weniger in der Ausgestaltung im Mondvertrag selber, die stärker ihre Interessen berücksichtigt. Als Fazit s. o. Fn. 70. BenkölSchrogl, Space Law at UNIS PACE III. Achievements and Perspectives, ZLW 49 (2000) S. 74. 328 Dagegen verharrten die Verhandlungen über die Seerechts konvention bis zum Schluss hinsichtlich der Frage des "equitable sharing" wegen des weitgehenden Festhaltens der Entwicklungsländer an ihren ursprünglichen Maximalforderungen mit "forced cooperation" und obligatorischem Technologietransfer in den alten antagonistischen Bahnen, so dass die maßgeblichen, über die Technologie zur Hebung der als CHOM bezeichneten Ressourcen des Tiefseebodens verfügenden Industrieländer gegen die Annahme der Konvention stimmten und einige ihr bis heute fernblieben. Eine Annäherung konnte erst in den neunziger Jahren erreicht werden, als in erneuten schwierigen Verhandlungen 1994 ein den Abschnitt XI der Seerechtskonvention im Sinne einer marktwirtschaftlichen Lösung hinsichtlich der Ausbeutung der Ressourcen des Tiefseebodens ergänzendes Abkommen abgeschlossen wurde; s. Agreement Relating to the Implementation of the Uni ted Nations Convention on the Law of the Sea of 10 December 1982, New York, 28 July 1994; 33 ILM 1309 (1994). 326 327

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

lässt sich festhalten, dass die Ausgestaltung der Solidarpflicht im Mondvertrag anders als ursprünglich im Seerechtsübereinkommen einen Schritt in Richtung der notwendigen "strukturellen Symbiose" in der Spannung von souveräner Handlungsfreiheit und solidarischer Gemeinwohlverpflichtung darstellt. cc) Strukturwandel, Umweltvölkerrecht und die Rechte künftiger Generationen nach dem CHOM-Grundsatz Ein weiteres Beispiel für eine konstruktive Symbiose der völkerrechtlichen Grundsätze der Souveränität einerseits und der Solidarität andererseits im Sinne der Anerkennung der Priorität von Allgemeinwohlinteressen im Völkerrecht bildet die Herausbildung des völkerrechtlichen Umweltrechts.329 Für diese umweltbewahrende Zielsetzung der Zusammenarbeit der Staaten gab in Bezug auf den Weltraum wiederum die Menschheitsklausel des CHOM-Grundsatzes durch ihre intertemporelle Komponente bereits 1967 in Artikel 1 WRV das Leitmotiv vor. Artikel IX WRV schreibt ausdrücklich vor, dass jede nachteilige Umweltauswirkung von Weltraumaktivitäten auf der Erde vermieden werden muss. In dieser intertemporellen Komponente liegt zugleich die Anwendungsmöglichkeit des Grundsatzes auch auf nicht-territoriale Bereiche begründet, soweit es dabei ebenfalls um vitale Menschheitsinteressen geht wie den Schutz der globalen Umwelt oder der Kulturgüter von universeller Bedeutung für die Kulturgeschichte der Menschheit. Auch für die globale Umwelt und die ideellen Kulturgüter der Menschheit gilt, dass ihre Bedeutung für die Menschheit und damit die internationale Gemeinschaft derart herausragend ist, dass zu ihrem Schutz eine Allgemeinwohlverpflichtung gegenüber der gesamten Völkerrechtsgemeinschaft notwendig iSt. 330 Die entsprechenden völkerrechtlichen Dokumente verwenden allerdings in Bezug auf die Umwelt überwie329 Beyerlin, Fn. 87 S. 605; Brunnee, Fn. 87 S. 806; Fitzmaurice, Fn. 36 S. 3 ff.; Biermann, Fn. 87 S. 481 bringt den materiellen Gleichheitsgedanken einer umwelt-

bezogenen Solidaritätspflicht zum Ausdruck: " ... any (future) obligations of developing countries to adopt policies to address common concerns of humankind are inseparably linked to the fulfilment of "international environmental solidarity duties" by industrialized countries which not only have to enact stricter environmental policies than developing countries but also to provide sufficient financial and technological assistance towards the South." 330 Beyerlin, Fn. 87 S. 605 und 610 sieht das "common interest"-Konzept im Umweltrecht als stärkere Beschränkung der staatlichen Souveränität als den CHOMGrundsatz, da es auch unmittelbar auf der territorialen Souveränität der Staaten unterliegende Sachverhalte anzuwenden ist; Fitschen, Fn. 25; Stocker, Fn. 3 S. 32, 167, 171, 217; Brunnee, Fn. 87 S. 807, die diejenigen grundlegenden Normen des völkerrechtlichen Umweltrechts, welche einen "common concern of mankind" schützen, zu Regeln des jus cogens erklärt.

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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gend Fonnulierungen wie "common concern of mankind", da sie nicht auf hoheitsfreie Räume beschränkt sind. 33 ! Die strukturelle Übereinstimmung der "common concern "-Belange hinsichtlich der Solidaritätspflicht mit dem CHOM-Grundsatz hat die erste Resolution der VN-Generalversammlung zum Schutz der Erdatmosphäre "Protection of Global Climate for Present and Future Generations of Mankind,,332 anerkannt, indem sie ausdrücklich auf den CHOM-Grundsatz Bezug nahm. Sie kommt ebenfalls bereits in der World Heritage Convention der UNESCO von 1972333 zum Ausdruck. Dieses Übereinkommen legt den Staaten zum Schutz der Kultur- und Naturgüter von außergewöhnlichem universellen Wert ihre Souveränität beschränkende Kooperationspflichten auf und schafft dazu ein zwischenstaatliches "Komitee für das Erbe der Welt" sowie einen "Fonds für das Erbe der Welt". Zu dem Fonds tragen die Mitgliedstaaten durch Beiträge in unterschiedlicher Höhe bei, weshalb Stocker334 hier auch den Verteilungsaspekt der Solidaritätspflicht in Gestalt unterschiedlicher Lasten und damit das CHOM-Prinzip insgesamt verwirklicht sieht. Ebenso wie beim CHOMGrundsatz wird im Umweltvölkerrecht angenommen, dass der Schutz der als "common concern" bezeichneten Bereiche die Notwendigkeit der Errichtung eines internationalen Regimes erfordert. 335 Ein solches internationales Regime ennöglicht es, die notwendige strukturelle Symbiose zwischen Souveränität und Solidarität herbeizuführen. Auch hinsichtlich seines umweltpolitischen Strukturelements spiegelt der CHOM-Grundsatz also den völkerrechtlichen Strukturwandel wider. Mit Bezug auf die zunehmend geforderte völkerrechtliche Anerkennung der Rechte künftiger Generationen,336 die im Umweltrecht beim Schutz der "global commons" am Weitesten fortgeschritten ist, hat der CHOM-Grundsatz durch sein bereits im Weltraumvertrag anerkanntes intertemporelles Element eine Vorreiterrolle übernommen. Die von Friedmann als vertikale Strukturveränderung des Völkerrechts bezeichnete Ausweitung seiner Regelungsbereiche auf vonnals nur innerstaatlich oder gar nicht geregelte Fragen wie den Kultur- und Naturschutz hat die Notwendigkeit hervorgerufen, die Durchsetzung der 331 United Nations Framework Convention on Climate Change, New York, 9. 5. 1992; 31 ILM (1992) S. 849; United Nations Framework Convention on Biological Diversity, Rio de Janeiro, 5. 6. 1992; ILM 31 (1992) S. 818; s. Beyerlin, Fn. 87 S.61O. 332 Res. 43/53 v. 6. 12. 1988; ILM 28 (1989) S. 1326: " ... in welcoming the [common heritage; Einfügung von mir] initiative taken by Malta 333 Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturgutes der Welt; ILM XI (1972) S. 1358. 334 Stocker, Fn. 3 S. 122. 335 Biermann, Fn. 87 S. 431: "This could imply that international governance regarding those ,concerns' is not on1y necessary or desired but rahter essential for the survival of humankind."; zurückhaltend Beyerlin, Fn. 87 S. 625. 336 Brown Weiss, Fn. 83 S. 121; D'Amato/Brown Weiss/Gündling, Fn. 87 S. 190. H.

16 Wolter

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Rechte künftiger Generationen auch im Völkerrecht strukturell zu verankern. Dafür besteht in der Menschheitsklausel des CHOM-Grundsatzes eine ausdrückliche Grundlage. 33 ? dd) Strukturwandel und CHOM als "Menschheitsrecht" der dritten Generation Schließlich ist auf den Zusammenhang des CHOM-Grundsatzes mit der ebenfalls eng mit den Strukturveränderungen des Völkerrechts verknüpften Debatte um die Entstehung von "Menschenrechten der dritten Generation" hinzuweisen, zu denen als wichtigste "Kandidaten,,338 die Rechte auf Entwicklung, auf Umweltschutz und auf Frieden zählen, die wiederum drei der wesentlichen Kernelemente des CHOM-Grundsatzes entsprechen. RiedeP39 ordnet den CHOM-Grundsatz neben seiner Einstufung als eine "public interest norm of the world community" auch den "Menschenrechten der dritten Generation" zu, die nach seiner Auffassung besser als "Menschenrechte der dritten Dimension", "Solidaritätsrecht" oder "Menschheitsrecht" bezeichnet würden. Tavernier und Kuskuvelis 340 sehen die im Weltraurnrecht verankerten "concepts of Humanity, the common heritage of Mankind, of international cooperation and of development" in einem dialektischen Prozess mit dem Grundsatz der staatlichen Souveränität auf dem Weg zu einem solchen Menschenrecht der dritten Generation in Gestalt eines Rechts auf Entwicklung erstarken. Ohne hier im Einzelnen auf die weiterhin kontroverse Frage, inwieweit es sich bei diesen Rechten um Menschenrechte strictu sensu handelt, eingehen zu müssen, ist jedoch für die vorliegende Arbeit der dieser Debatte zu Grunde liegende und allgemein anerkannte Gedanke von Bedeutung, dass es insbesondere in Bezug auf "public goods" oder "global commons" Gemeinschaftsinteressen "of such vital importance that they spelt out an international legal obligation ... ,,341 gibt, die strukturell im CHOM-Grundsatz Ausdruck finden.

337 Brown Weiss, Fn. 83 S. 46: " ... The doctrine of the common heritage of mankind anticipates the need for planetary obligations." 338 Riedei, Menschenrechte der dritten Dimension, EuGRZ (1989) S. 16. 339 Riedei, Fn. 25 in Delbrück (Hrsg.) S. 79 und Riedei, Fn. 338 S. 19. 340 TavemierlKuskuvelis. Space Law and Human Ri§ths: A Complementary Relationship through the Right to Development, Proc. 33 r Colloq. Space Law (1991)

S. 351. 341 Brunnee, Fn. 87 S. 800.

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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d) Strukturwandel des Völkerrechts und Normentstehungsprozess des CHOM-Grundsatzes

Der strukturelle Völkerrechtswandel musste auch Auswirkungen auf den Normentstehungsprozess haben. 342 Daher finden sich im völkerrechtlichen Schrifttum verstärkt Hinweise auf die grundlegenden Strukturbedingungen im Normentstehungsprozess. So ging bei der Herleitung der Allgemeinwohlrechte ("public interest norms") bereits MosLer343 im Zusammenhang mit dem "ordre public" auf die strukturellen Grundlagen der Staatengemeinschaft ein. Auch TomuschaP44 beginnt seine Untersuchung über die Auswirkungen des völkerrechtlichen Konzepts der internationalen Gemeinschaft auf den Rechtssetzungsprozess mit einer Darstellung der Struktur der internationalen Gemeinschaft [Hervorhebung von mir]. RiedeP45 stellt einen Paradigmenwechsel "from the concept of a community of states based on sovereign equality to a world community of states structured by public interest norms, transcending the bounds of nation-states [Hervorhebung von mir]" fest. Auch bei der Bestimmung der quasi-legislativen Kompetenz einer Gruppe von Staaten, durch erga omnes wirkende Statusverträge im Interesse der Staatengemeinschaft zu handeln, wird auf die strukturellen Beziehungen der internationalen Gemeinschaft zurückgegriffen. 346 Die Beispiele zeigen, dass auch im Zusammenhang mit dem Rechtserzeugungsprozess die strukturellen Fragen der Völkerrechtsordnung stärker ins Blickfeld geraten. Mosler347 wies unter Erwähnung der "gewandelten Struktur [Hervorhebung von mir] der Völkerrechtsgemeinschaft" frühzeitig darauf hin, dass der schwerfällige Weg des allgemeinen Staatenkonsenses durch Völkervertragsrecht wegen der Vermehrung der Staaten nicht mehr 342 Kimminich, History of the Law of Nations since World War 11, in EPIL 7 (1984) S. 264: "The Copernican revolution in the fundamental outlook of international law ... requires new thinking, inter alia about the sources of international law." Kewenig, Fn. 35 S. I; Bastid, zitiert nach Kiss, Fn. 4 S. 233. 343 Mosler, Der "Gemeinschaftliche Ordre Public" in europäischen Staatengruppen, Revista Espanola de Derecho Internacional XXI (1968) S. 534; ders., Fn. 175 S.37. 344 Tomuschat, Fn. 118 S. 219. Tomuschat stellte bereits in seinem Aufsatz zur Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, Fn. 134 S. 484 fest, dass die "Rechtsquellenlehre eng mit der Grundstruktur [Hervorhebung von mir] einer jeden Rechtsordnung zusammenhängt" und "... die vorhandenen Mechanismen zur Erzeugung von Völkerrecht den Erfordernissen der Gegenwart nicht genügen" (S. 487). 345 Riedel, Fn. 25 in Delbrück (Hrsg.) S. 79. 346 Bastid zitiert nach Kiss, Fn. 4 S. 233: " ... il faut tenir compte du fait que la structure [Hervorhebung von mir] de la societe internationale donne a certains Etats agissant de concert un role quasi legislatif." 347 Mosler, Fn. 175 S. 36; ebenso Tomuschat, Fn. 134 S. 487 und ders., Fn. 118 S.240.

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handhabbar und daher ein "praktikables Verfahren, das der Gesetzgebung ähnelt" erforderlich sei. Dabei würde aber eine Änderung der Regeln über die Rechtsquellen als einer der Grundfragen des Völkerrechts "unchallenged support" der Staaten voraussetzen. 348 Umso mehr lohnt es den Versuch, den geänderten strukturellen Rahmenbedingungen im Normentstehungsprozess durch ergänzende Interpretationen der herkömmlichen Rechtsquellenlehre gerecht zu werden, ohne diese zugleich grundsätzlich in Frage zu stellen. Ausgehend von der Arbeit Friedmanns 349 hat van Hoo/ 50 einen solchen Versuch zu einer Ergänzung der herkömmlichen Rechtsquellenlehre unternommen. Im Folgenden wird der Entstehungsprozess des CHOM-Grundsatzes unter strukturellen Gesichtspunkten und unter Heranziehung der Hoofschen Erklärungsmuster geprüft. Nach van Hoof kommen als eine Form der Manifestation von Zustimmung zu einer neuen Völkerrechtsnorm sog. "abstract statements ",351 die auch ohne usus zur Normentstehung beitragen können, in Betracht. Des Weiteren hebt van Hoof die gestiegene Bedeutung der consensus-Methode im Normentstehungsprozess hervor. 352 Beide Erklärungsmuster sowie insbesondere die beschriebenen Charakteristika der consensus-Methode eignen sich als ergänzende Erläuterung der strukturellen Einflüsse im Entstehungsprozess des CHOM-Grundsatzes. Die zahlreichen zustimmenden Äußerungen der Weltraummächte und einer Vielzahl anderer Staaten zur Menschheitsklausel im Zusammenhang mit der Ausarbeitung des Weltraumvertrages zunächst im Weltraumausschuss und seinem Unterausschuss für Rechtsfragen sowie anschließend bei der Annahme des Entwurfs in der VN-Generalversammlung sind als derartige "abstrakte Erklärungen" anzusehen, die als Manifestation ihrer Zustimmung zur Normentstehung des Grundsatzes gewertet werden können. Dies ermöglicht es, den Besonderheiten der im VN-Weltraumausschuss in Angriff genommenen Aufgabe, ein völlig neues Rechtsgebiet einschließlich seiner bestimmenden allgemeinen Grundsätze zu entwickeln, zu denen es noch keine allgemeine Staatenpraxis geben konnte, gerecht zu werden. Zu Recht weist van Hoof353 darauf hin, dass der verstärkte Rückgriff auf die consensus-Methode ein Kennzeichen der neuen strukturellen Bedingungen des kooperativen und partizipatorischen Völkerrechts ist. Die Entstehung des CHOMGrundsatzes ist durch die durchgängige Verwendung des consensus als neuer Verhandlungsmethode gekennzeichnet, bei der es nicht mehr um reziproke 348 349 350 351 352 353

Tomuschat, Fn. 118 S. 240. Friedmann, Fn. 215. Van Van Van Van

Hoof, Hoof, Hoof, Hoof,

Rethinking the Sources of International Law (1983). Fn. 350 S. 216. Fn. 350 S. 226. Fn. 350 S. 226.

H. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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do ut des-Absprachen ging, sondern um die Herausarbeitung einer das Allgemeinwohl in Form der Menschheitsklausel am Besten verwirklichenden sektoralen Rechtsordnung des Weltraums. Die consensus-Methode in den Vereinten Nationen eignete sich am Besten zur Entwicklung solcher Allgemeinwohlgebote, zumal diese dank der nahezu universellen Mitgliedschaft in der Organisation der Vereinten Nationen quasi automatisch zur Entstehung einer universellen Völkerrechtsnorm führt. Darüber hinaus wirkte die consensus-Methode ihrerseits wiederum auf den materiellen Gehalt des CHOM-Grundsatzes zurück. Denn erst auf Grund der consensus-Methode ist gewährleistet, dass die Interessen aller Beteiligten bei der Bestimmung des Allgemeinwohls berücksichtigt werden. Insbesondere wurde durch das consensus- Verfahren erst der neuen strukturellen Gegebenheit des internationalen Systems mit dem stärkeren Gewicht der Entwicklungsländer auch bei der Ausarbeitung des neuen Weltraumrechts Rechnung getragen. Als Nicht-Weltraummächte hätten die Entwicklungsländer nach der alten "bipolaren" Völkervertragsmethode 354 kaum eine Chance auf angemessene Beteiligung gehabt, denn die beiden Weltraummächte wären ohne den auch auf den Normentstehungsprozess einwirkenden völkerrechtlichen Strukturwandel versucht gewesen, die Nutzung des Weltraums unter sich zu regeln, eine Versuchung, die bis heute etwa in Bezug auf neue militärische Nutzungen des Weltraums anzuhalten scheint. Das neue Gewicht der Entwicklungsländer im völkerrechtlichen Entstehungsprozess hat sich konkret in Bezug auf das Weltraumrecht darin gezeigt, dass mit Indien und der Vereinigten Arabischen Republik zwei in den Weltraumausschuss gewählte Entwicklungsländer mit ihrer Weigerung, ihren Sitz einzunehmen, bevor nicht auch die UdSSR ihren Boykott aufgibt und sich daran beteiligt,355 den Übergang zur consensus-Methode im Weltraumausschuss herbeiführten?56 Ein weiterer Vorzug der Anwendung des consensus-Verfahrens ist, dass die Beratungen über neue Rechtsnormen für alle Völkerrechtssubjekte frühzeitig erkennbar und beeinflussbar sind - van Hoof nennt dies erhöhte "perceptibility,,357 - und damit eine "quasi-Legislativfunktion ,.358 gerechtfertigt ist. Dies wird in Bezug auf die Verhandlungen zu den Weltraum verträgen dadurch unterstützt, dass die Mitgliedstaaten der VN durch die Billigung des Vorschlags des Vorsitzenden in seinem Bericht an die VN-Generalversammlung, die consensus-Methode anzuwenden,359 den Weltraumausschuss Bleckmann, Fn. 222. s. oben Kapitel B. 1. 1. b). 356 Jasentuliyana, Fn. 55. 357 Van Hoof, Fn. 350 S. 234 aufbauend auf Seidl-Hohenfeldern, International Econornic ,Soft Law', RdC 163 (197911) S. 219. 358 Pocar, The Normative Role of UNCOPUOS, in LafferranderielCrowther (Hrsg.), Outlook on Space Law over the Next 30 Years. Essays published for the Anniversary of the Outer Space Treaty (1997) S. 420. 354

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

mit einer solchen Legislativfunktion betrauen konnten, ohne befürchten zu müssen, dass sie majorisiert werden könnten. Von einer solchen konkludenten Mandatierung ist auszugehen, da alle VN-Mitglieder das Ziel billigten, durch consensus eine neue Weltraumrechtsordnung als einer "public interest norm" im Allgemeininteresse zu schaffen. Darin liegt wiederum die besondere Bedeutung des consensus-Verfahrens für die Herausbildung von "public interest norms" - beides wesentliche Merkmale der neuen Völkerrechtsstruktur der Gegenwart. Durch die consensus-Methode wird außerdem das Gemeinschaftsinteresse typischerweise bereits im Entstehungsprozess zum Ausdruck gebracht, wobei besonders das gewachsene Gewicht der Entwicklungsländer zum Tragen kommt. Ein Indiz dafür ist die verstärkte Praxis der VN-Generalversammlung seit der Entkolonisierung, besonders in den Bereichen, die aus Sicht der Entwicklungsländer für ihre Stellung in der internationalen Ordnung von besonderer Bedeutung sind, durch sog. Grundsatzresolutionen über Rechtsprinzipien neue Grundsätze des entsprechenden Völkerrechtsgebietes schaffen oder das Recht fortentwickeln zu wollen. Dies ist in allen territorialen Bereichen, in denen das CHOM-Prinzip Anwendung findet, der Fall gewesen. Natürlich spielt dabei für die Entwicklungsländer ihre auf Grund ihrer zahlen mäßigen Überlegenheit starke Position in der VN-Generalversammlung - dies für sich genommen ist bereits ein neues strukturelles Phänomen des post-kolonialen Völkerrechts - eine Rolle. Allerdings wird den Anforderungen der besseren Wahrung der Allgemeinwohlinteressen der internationalen Gemeinschaft nicht dadurch Genüge getan, dass eine Staatengruppe versucht, die andere zu majorisieren und neues Recht selbst gegen die Stimmen einer anderen Staatengruppe schaffen zu wollen. Jedenfalls wird auf diese Weise kein universelles Völkerrecht entstehen können. 36o Die Anwendung der consensus-Methode bei der Entstehung des CHOM-Grundsatzes hat eine solche Situation von Anfang an wirksam verhindert. Darin erweist sich ein weiterer wesentlicher Vorteil der consensus-Methode, der bei der Entwicklung des CHOM-Grundsatzes im Weltraumrecht voll zum Tragen kam. Damit wurde im Rahmen der VN insbesondere die Beteiligung aller Staatengruppen sichergestellt und somit die Verfolgung des Allgemeinwohlinteresses der internationalen Gemeinschaft von vornherein erleichtert?61 Dabei ist allerdings nicht zu übersehen, dass auf Grund des Gruppenzwangs, anders ausgedrückt einer sehr starken s. o. Kapitel B. I. 1. b). Tomuschat, Fn. 134 S. 348. 361 Galloway, E.: Creating Space Law, in lasentuliyana (Hrsg.), Space Law: Development and Scope (1992) S. 248: " ... group solidarity in decision-making ensures maximum compliance in establishing and maintaining an activity of general benefit."; lasentuliyana, International Space Law and the United Nations (1999) S. 29; für einstimmig oder fast einstimmig verabschiedete Resolutionen der VN-Generalversammlung ebenso Tomuschat, Fn. 134 S. 478. 359

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H. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

247

"force of circumstances,,362 oder einer "force of facts ,,363 das consensusVerfahren dahingehend wirkt, dass sich kein Staat auf Dauer einer durch "state practice '" both extensive and virtually uniform ,d64 unterstützten Normentstehung entziehen kann. Anders als bei der Verabschiedung der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten vom 12. Dezember 1974, bei der in der Abstimmung die westlichen Industrieländer überwiegend durch Gegenstimme oder Enthaltung ihre Ablehnung zu den in der Charta strittig gebliebenen Aussagen zum Ausdruck brachten,365 sind die Menschheitsklausel des Weltraumvertrages und der CHOM-Grundsatz im Weltraumausschuss und seinen beiden Unterausschüssen von Anfang an konsensual erarbeitet worden. Die einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung in diesem Bereich einschließlich derer, die den Text des Weltraum- und des Mondvertrages zur Annahme empfohlen haben,366 und in denen die fünf Kemelemente des CHOM-Grundsatzes aufgeführt sind, sind ebenfalls einstimmig verabschiedet worden. Auch insoweit stellt sich das Problem des "persistent objector,,367 in Bezug auf die Entstehung der Menschheitsklausel und der anderen Elemente des CHOM-Grundsatzes nicht. Abweichende Positionen etwa in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums sind keine hinsichtlich der Akzeptanz der Norm, sondern hinsichtlich ihrer Auslegung.

Im Weltraumausschuss und im Unterausschuss für Rechtsfragen kam es frühzeitig zur Anwendung der auch in den Seerechtsverhandlungen praktizierten Methode des sog. "active consensus ",368 bei dem der Vorsitzende eigene, die unterschiedlichen Entwürfe der Mitglieder synthetisierende Negotiating Composite Drafts vorlegt und damit die unterschiedlichen Positionen zu überbrücken sucht. Die starke Rolle des Vorsitzenden wurde bei der Aushandlung des Weltraumvertrages durch den seinerzeitigen, über große Autorität verfügenden Vorsitzenden des Unterausschusses für Rechtsfragen 362 Tunkin, Theory of International Law (englische Übersetzung von Butler 1974) S. 129. Mit der Anerkennung dieses Phänomens und der Folge für die Normentstehung hat Tunkin die sonst für die sowjetische Völkerrechtslehre so auf der Zustimmung jedes einzelnen Staates zu einer neu entstehenden Norm pochende Position (s. sowjetische Position hinsichtlich der Entstehung von Völkergewohnheitsrecht durch stillschweigenden Vertrag) relativiert. 363 Akehurst, Custom as Source of International Law, BYIL 17 (1974/75) S. 27. 364 IC] Reports.1969 S. 43 Para. 74. 365 Tomuschat, Fn. 134 S. 444. 366 Jasentuliyana, Fn. 55 S. 39. 367 Zur Kritik an der Konzeption des "persistent objector" s. Tomuschat, Fn. 283 S.329. 368 Van Hoof, Fn. 350 S. 230; Buzan, Negotiating by Consensus: Developments in Technique at the United Nations Conference on the Law of the Sea, AJIL 75 (1981) S. 324.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

und späteren IGH-Präsidenten Manfred Lachs ausgeübt. Dem Normentstehungsprozess bezüglich der verstärkten Allgemeinwohlbindung im WeItraumvertrag in Form der Menschheitsklausel und später des CHOM-Grundsatzes kommt also auch eine Vorreiterrolle bei der strukturell bedingten Neugestaltung der universellen Rechtsbildung im Völkerrecht zu. Im Ergebnis gestatten die Mandatierung durch die VN-Generalversammlung, die aktive Rolle des Vorsitzenden und die Annahme der erarbeiteten Texte im Wege des consensus, unabhängig von der Ratifizierung des das Prinzip niederlegenden Mondvertrages von einer quasi-legislativen Entwicklung des CHOM-Grundsatzes im Weltraumrecht auszugehen. Diese quasilegislative Entstehung entspricht den neuen, aus dem Strukturwandel herrührenden Anforderungen an den völkerrechtlichen Normentstehungsprozess. Friedmann 369 sieht ein Beispiel für die "law-making function of the [General] Assembly, outside the formal sources of international law-making" namentlich in der Resolution der VN-Generalversammlung vom 20. 12. 1961 über die internationale Zusammenarbeit im Weltraum?70 Schlussfolgernd ist festzuhalten, dass der Entstehungsprozess des CHOMGrundsatzes im Weltraumrecht in verstärktem Maße die Anwendung von neuen, aus dem völkerrechtlichen Strukturwandel bedingten Elementen aufweist, die als Ausübung einer Legislativfunktion durch die internationale Gemeinschaft anzusehen sind. Auch auf Grund dieser strukturanalytischen Einordnung seines Entstehungsprozesses kann von einer allgemeinen Akzeptanz des CHOM-Prinzips seitens der internationalen Gemeinschaft gesprochen werden. Sie spiegelt in strukturadäquater Weise die Entstehung der weltraumrechtlichen Menschheitsklausel als Verkörperung des Allgemeinwohlinteresses der internationalen Gemeinschaft wider, woraus sich wiederum ihre strukturprägende Bedeutung für die weltraumrechtlichen Einzelgrundsätze ergibt. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, dass sich der völkerrechtliche Strukturwandel besonders im neu entstehenden Weltraumrecht371 und insbesondere bei der Entstehung des CHOM-Grundsatzes ausgewirkt hat. Daran anknüpfend lässt sich das weltraumrechtliche CHOM-Prinzip als materiales Strukturprinzip des Weltraumrechts rechtsquellentheoretisch einordnen.

Friedmann, Fn. 215 S. 136. Friedmann, Fn. 215 S. 139. 371 Jüngere Darstellungen zur neueren Entwicklung des Weltraumrechts s. Bueckfing, Fn. 25 in BenkölKröll (Hrsg.) S. 291; Hashimoto, Reemerging Concepts of International Space Law, in Proc. 42nd Colloq. Space Law (2000) S. 353 ; Cocca, M. de las Mercedes Esquivel: Is it Necess~ to Redefine Principles and Conceptions of the Outer Space Treaty?, in Proc. 40' Colloq. Space Law (1998) S. 84. 369

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H. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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e) Auswirkung des Strukturwandels im Völkerrecht auf das neu entstehende Weltraumrecht und Einstufung des CHOM-Prinzips als materiales Strukturprinzip des Weltraumrechts

Die aus der Entkolonialisierung herrührenden Strukturveränderungen im Völkerrecht bildeten sich am frühesten und am deutlichsten in den neuen Rechtsordnungen für die staatsfreien Gebiete heraus, die von den neuen Völkerrechtssubjekten am ehesten mit beeinflusst werden konnten 372 und die den stärksten Internationalisierungstendenzen unterlagen. 373 Besonders trifft dies auf das quasi parallel zum Entkolonisierungsprozess entstandene Weltraumrecht zu. Friedmann 374 hob in seiner Vorlesung vor der Internationalen Rechtsakademie im Haag 1969 den Weltraum als einen der jüngsten Regelungsbereiche hervor, der am stärksten von dem durch die Mehrheit der Entwicklungsländer maßgeblich bewirkten Strukturwandel des Völkerrechts betroffen ist. Nach den Kategorien des klassischen Völkerrechts hätte die Anwendung der formalen Gleichheit der Staaten die Weltraummächte in keiner Weise daran hindern können, ihre souveräne Handlungsfreiheit auf den Weltraum in einer Weise auszudehnen, dass die Mehrheit der zur Weltraumfahrt nicht fahigen Staaten zwar formal gleichbehandelt, jedoch de facta von den Vorteilen der Nutzung des Universums auf lange Zeit hätte ausgeschlossen werden können. Stattdessen wird ganz im Sinn der neuen Ausrichtung auf die Allgemeinwohlinteressen im Allgemeinen und die der Entwicklungsländer im Besonderen als Zweckbestimmung in den Erwägungen 2 und 3 der Präambel und in der Grundbestimmung des Artikel 1 Absatz 1 WRV die Nutzung des Weltraums im Interesse aller Staaten zum Wohle der gesamten Menschheit vorgeschrieben. Zu Recht wird darin die Definition der "allgemeinen Philosophie des Vertrages" gesehen,375 die sis. Nachweise Fn. 274. Wolfrum, Fn. 3 S. 705-706: " ... zeichnet sich die Tendenz ab, sie [die staatsfreien Räume] stärker unter dem Gesichtspunkt einer den Interessen der Staatengemeinschaft verpflichteten wirtschaftlichen Erschließung und der weltweiten Verteilung der dort zu gewinnenden Ressourcen zu sehen ... es handelt sich bei ihnen um internationale Gemeinschaftsräume, deren völkerrechtliche Nutzungsordnungen ... den Grundsätzen der zwischenstaatlichen Kooperation und des Ausgleichs zwischen Staaten unterschiedlichen Entwicklungsstandes verpflichtet sind." 374 Friedmann, Fn. 250 S. 63; ebenso Classen, Fernerkundung und Völkerrecht. Völkerrechtliche Probleme der Fernerkundung der Erde aus dem Weltraum (1987) S. 23: "So bemühen sich die Entwicklungsländer, für die internationale Ordnung sektorenweise neue Ordnungen zu schaffen, die den Entwicklungsländern größere Chancen der Eigenentfaltung gewähren sollen als die bisherigen, etwa für die Wirtschaft, die See, die Umwelt. Eine solche Ordnung stellt auch der Weltraum dar." 375 Dutheil de la Rochere, Fn. 27 S. 625: " ... la philosophie generale du Traite: "interet de l'exploration et de l'utilisation de l'espace pour l'humanite tout entiere et pour tous les peuples quel que soit leur stade de developpement economique et 372 373

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

cherstellen soll, dass die Weltraumfreiheit auch die potenzielle Freiheit der Entwicklungsländer als künftiger Weltraummächte umfasst. 376 Ebenso wie mit der Einführung des allgemeinen Gewaltverbots in Artikel 2 Absatz 4 VN-Charta aus rechtlicher, nicht aus faktischer Sicht der militärisch, wirtschaftlich oder politisch mächtige Staat dem schwachen Staat gleichgestellt wurde,377 ist für die völkerrechtliche Souveränität und Handlungsfreiheit im Weltraum nicht die tatsächliche Fähigkeit, sondern die rechtliche Gleichheit aller Staaten bei der Erfüllung der Verpflichtung auf das Allgemeininteresse ausschlaggebend. Die Weltraumfreiheit der Einzelstaaten, welche entsprechend der Struktur des alten Koexistenzrechts den Staaten eine im Rahmen der Freiheiten der anderen Staaten apriori unbegrenzte Handlungsfreiheit im Weltraum gewähren würde, wird also durch die den neuen Strukturen des universellen Kooperationsrechts entsprechende übergeordnete Menschheitsklausel eingeschränkt. Darüber hinaus wird mit der Verpflichtung zur Zusammenarbeit bei der Verfolgung des Allgemeininteresses insbesondere mit den Entwicklungsländern im Ansatz die Realisierung auch einer materiellen Gleichheit angestrebt, die das Weltraumrecht mithin zu einem ersten Anwendungsfall der sich entwickelnden völkerrechtlichen Solidaritätspflicht werden lässt. Außerdem ist besonders mit der starken Betonung der Bewahrung des Weltraums und seiner Himmelskörper für zukünftige Generationen die Entstehung des Umweltvölkerrechts und des Gedankens der Solidarität gegenüber künftigen Generationen im Weltraumrecht maßgeblich vorangebracht worden. 378 Christop79 hob die Bedeutung der wachsenden Interdependenz der Staaten mit Bezug auf das neue Weltraumrecht hervor: "In meeting the varied challenges of the space age man has been able to combine the forces of the social complex which favor world interdependence and social organization with his concept of values and his international organizations ... Peaceful and shared use, rather than ownership or exclusive control, has become the dominant theme of the New Law."

Besonders deutlich zeigt sich der Strukturwandel in der Rechtsordnung des Weltraums bei der durchgängigen, für alle Bereiche der Nutzung des Gemeinschaftsraumes geltenden Verpflichtung zur Kooperation. So führte beispielsweise Goedhuis 38o diese starke Rolle des Gebots der Zusammenarbeit scientifique; necessite de cooperation internationale; utilisation de l'espace ades fins exclusivement pacifiques." 376 Bereits Chaumont, Orientation Actuelle du Droit de I 'Espace, RGAE (1965) S.49. 377 Seidel, Fn. 96. 378 Franck, Fn. 84 S. 78. 379 Christol, Fn. 98 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 153. 380 Goedhuis, Suggestions Regarding the Interpretation and the Implementation of the Uni ted Nations Outer Space Treaty 19 December 1966, in World Peace through Law Centre (Hrsg.), World Peace through Law. The Geneva World Con-

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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im Weltraumvertrag unmittelbar auf die sich vollziehenden Strukturveränderungen der internationalen Beziehungen zurück. Die positiven Kompromissentwicklungen seit 1994 in der Frage der "Space Benefits"-Resolution381 sind wiederum eine Widerspiegelung struktureller internationaler Veränderungen. Die großen Entwicklungsländer Indien, China und in bescheidenerem Maße Brasilien haben sich in den neunziger Jahren selber zu Weltraummächten entwickelt. 382 Die Überwindung des Ost-West-Gegensatzes öffnet auch den Weg für eine allmähliche Überwindung des Nord-Süd-Gegensatzes. Damit rücken erstmals die Erfüllung der kooperativen Anliegen der Menschheitsklausel des Weltraumvertrages und des CHOM-Prinzips in erreichbare Nähe. Stephan Hobe 383 schließt seine Monographie über die Rechtsordnung der wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums mit einer Bewertung ab, inwieweit die bestehenden Nutzungsordnungen als Widerspiegelung des neuen Kooperationsvölkerrechts im Sinne Friedmanns angesehen werden können. Er kommt zu dem Ergebnis, dass "in den vom ,equity'-Konzept gekennzeichneten Nutzungsordnungen Strukturen einer internationalen Verwaltung der Nutzung betreffender Ressourcen zur institutionellen Absicherung der mit dem Konzept intendierten Verteilungsordnung entweder bereits Platz gegriffen haben, oder deren Einführung jedenfalls nicht auszuschließen ist."

Er führt dies zu Recht auf die "normative Leitlinie" der Gemeinwohlklausel des Artikel 1 WRV zurück, welche im Ergebnis "eine Einschränkung staatlicher Handlungsfreiheit und damit ein verändertes Souveränitätsverständnis mit sich bringt." Darin liegt eine "wegweisende Bedeutung" des Weltraumrechts und "erste ansatzweise Verwirklichung" der "Weiterentwicklung des gesamten Völkerrechts von einer Staatengesellschaft zu einer Staatengemeinschaft".384 Diese positive Entwicklung erfordert jedoch, dass auch die strittige Frage hinsichtlich der militärischen Nutzungen des Gemeinschaftsraums gelöst wird. Auch insoweit verlangt der Strukturwandel eine stärkere Berücksichtigung des Kooperationsgrundsatzes. In Bezug auf die Fragen von Frieden ference (1969) S. 139: "Another important feature in the Treaty, which reflects the gradually changing structure of international relations, is the recognition of the necessity of international cooperation in the field of outer space."; ders., Fn. 81 S. 24 führt auch die Einführung und Anerkennung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung seitens der Weltraummächte auf den Einfluss der Entwicklungsländer bei der Entstehung des Weltraumrechts zurück. 381 s. o. Kapitel C. I. 2. a) bb) Fn. 69 u. 70. 382 Benkö/Schrogl, Fn. 327 S. 74. 383 Habe, Fn. 26 S. 288 ff. 384 Habe, Fn. 26 S. 293.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

und Sicherheit geht der Weltraum vertrag von der strukturellen Grundtatsache der internationalen Gemeinschaft aus, dass angesichts der nuklearen Menschheitsbedrohung die "Sicherheit des einzelnen Staates nicht mehr von ihm allein gewährleistet werden kann, es kommt zur Internationalen Sicherheit"[Hervorhebung im Original]?85 Entsprechend dem sich vollziehenden Strukturwandel unter Einbeziehung auch der wirtschaftlichen Sicherheitsinteressen in der Menschheitsklausel und dem CHOM-Grundsatz liegt dem Weltraumvertrag ein erweiterter Sicherheitsbegriff zu Grunde, der mit Blick auf die Entwicklungsländer durch den Verteilungsgrundsatz konkretisiert wird. Darin liegt sowohl ein materiell-rechtlicher als auch ein struktureller Zusammenhang zwischen "Gemeinsamer Sicherheit" und Gemeinschaftsstatus des Weltraums begründet, der im Folgenden im Einzelnen untersucht werden wird. Ohne eine strukturadäquate Konkretisierung der Grundprinzipien des Weltraumvertrages auch in Bezug auf die Erhaltung von Frieden und Sicherheit droht die Menschheitsklausel in diesem Bereich zu dem von Mircea Mateesco-Matte 386 beklagten "euphemisme juridique" zu verfallen. Kay Hailbronner387 hat die Relativierung der staatlichen Souveränität und die Materialisierung des Gleichheitssatzes, welche das Movens des völkerrechtlichen Strukturwandels bilden, als die "Principles of New International Law" bezeichnet und aufgezeigt, dass sie zusammen mit der Kooperationspflicht das neue Weltraumrecht maßgeblich prägen. Durch den Ausschluss staatlicher Souveränität über den Weltraum entsteht ein strukturelles Regelungs- und Machtvakuum. 388 Der Weltraumvertrag hat dieses sogleich durch eine neue Struktur aufgefüllt, die mit der Orientierung aller Aktivitäten im Gemeinschaftsraum entsprechend der Menschheitsklausel des 385 Verosta, Fn. 287 in Marcic/Mosler et al. (Hrsg.) Festschrift für Verdross, S.537. 386 Mateesco-Matte, Le Droit Atmospherique: De Lege Ferenda, Conference donnee le 17 octobre 1980, au ler Symposium International sur les "activites spatiales et leurs implications", organise les 16-17 octobre 1980 a Monreal par le Centre for Rersearch of Air and Space Law, Mc Gill University, abgedruckt in MateescoMatte, M., Le Droit Extra-atmospherique et la Course aux Armements. Droit Spatial ou Droit Aero-orbital? (1984) S. 316: "Quant a la cooperation vraiment multilateale ou en tant qu'apanage de toute l'humanite, dont parle le droit extra-atmospherique, disons seulement que, la encore, il n'en est malheureusement presque rien. Sauf, bien evidemment des voeux pieux et d'un autre euphemisme juridique de la loi spatiale." 387 Hailbronner, Principles of New International Law and the Emerging Space Law, Proc. 17th Colloq. Space Law (1975) S. 118. 388 Adams, The Outer Space Treaty: An Interpretation in Light of the No-Sovereignty Provision, Harvard International Law Journal 9 (1968) S. 143 hebt die Notwendigkeit hervor, dass "another basis must be provided for performing the general functions that may now be premised on sovereignty".

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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CHOM-Grundsatzes an dem Allgemeininteresse und mit der Verpflichtung der Staaten zu gemeinsamem Handeln entsprechend dem Kooperationsgebot die Voraussetzung für die Erfüllung des Menschheitsinteresses schafft. Arvid Pardo begründete im Nachhinein seinen Vorschlag zur Einführung des CHOM-Grundsatzes im Seerecht auch damit, dass dadurch die notwendigen Änderungen der strukturellen Staatenbeziehungen eingeleitet würden. 389 In diesem Sinn verkörpern die weltraumrechtliche Menschheitsklausel und der CHOM-Grundsatz auch die wesentlichen Strukturelemente des neuen Völkerrechts. Mit seinen fünf Kernelementen trägt der CHOM-Grundsatz außerdem in idealer Weise der dem völkerrechtlichen Solidaritäts prinzip zugeschriebenen Querschnittsaufgabe der Förderung von internationaler Entwicklung, Umweltschutz und Friedenssicherung Rechnung und spiegelt auch insoweit den völkerrechtlichen Strukturwandel wider. Der CHOMGrundsatz bündelt die allgemeinen Strukturveränderungen des Völkerrechts wie in einem Brennglas. Antonio Cassese hat dies im abschließenden, dem CHOM-Grundsatz gewidmeten Kapitel seines Völkerrechtslehrbuches von 1986390 wie folgt beschrieben: "The introduction of the concept of the common heritage of mankind no doubt represents a great advance in the world community. In particular ... it marks the passage from the traditional postulate of sovereignty to that of co-operation. In other words, the expression ,common heritage of mankind' succinctly expresses with all its merits and limitations - the ,new model' of world community wh ich has gradually emerged since 1945. Although it has not yet displayed all its potential, the concept has already changed legal habits and institutions and introduced momentous new notions as regards the right to appropriate certain resources, their peaceful use and joint exploitation, and the need to promote scientific research and protect the environment. These are lasting and by now undisputed achievements which accrue to the benefit of all mankind, both of the rich and the poor."

Vor diesem Hintergrund der Sturkturkonkordanz des CHOM-Grundsatzes mit den Kernelementen des neuen Weltraumrechts lässt sich der Grundsatz entsprechend einer Bezeichnung von Riedel391 als "materiales Strukturprinzip " des Weltraumrechts einstufen. Riedel ordnet den CHOM-Grundsatz als "Menschheitsrecht" ein und qualifiziert ihn ebenso wie das Recht auf Entwicklung als einen sektoralen, völkergewohnheits- bzw. vertragsrechtliche 389 Pardo, Third World Quarterly 6 (1984) S. 568: ... the declaration of the seabed and its resources as the common heritage of mankind has changed "the structural relationship between rich and poor countries ... not merely in the law of the sea but also in international relations" [Hervorhebung von mir]. Auch Stocker, Fn. 3 S. 5 spricht davon, dass dieses "... ein tragendes Strukturelement [Hervorhebung von mir] dieser neuen Weltordnung werden könnte, welche die g~~enwärtige internationale Ordnung mit ihren staatlichen Nebeneinander und ihrer Uberbetonung nationaler Souveränität ersetzt." 390 Cassese, International Law in a Divided World (1986) S. 379. 391 Riedel, Fn. 338 S. 19; Wolter, Fn. 25 S. 137.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Elemente verbindenden Kombinationsstandard. Ohne dies näher auszuführen sieht er in diesem Kombinationsstandard einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, in dem "ein neues materiales Strukturprinzip des Völkerrechts [Hervorhebung von mir] zum Ausdruck kommt". Diese von Riedel eher beiläufig gemachte Aussage wird durch die im Vorangehenden errolgte Strukturanalyse bestätigt. Am prägnantesten werden die Internationalisierungstendenzen des völkerrechtlichen Strukturwandels in dem strukturprägenden Schlüsselbegriff des CHOM zusammengebündelt. Dessen fünf strukturelle Kemelemente spiegeln zugleich die Struktur des neuen kooperativen Völkerrechts wider. Anders als von kritischen Stimmen vorgebracht,392 handelt es sich beim CHOM-Grundsatz also eben nicht mehr um ein dem Völkerrecht und damit auch dem Weltraumrecht eigentlich wesensfremdes Konzept. Vielmehr ist es das den sich entwickelnden neuen Ordnungsstrukturen für staatsfreie Räume entsprechende Grundprinzip, das sowohl völkervertragsrechtlich als auch als Völkergewohnheitsrecht dem neuen See- und Weltraumrecht innewohnt. Wie Pritzsche 393 richtig feststellt "... ist das CHOM im Zusammenhang des Mondvertrages wohl am besten aus der Struktur des Mondvertrages selbst ... zu verstehen" [Hervorhebung von mir]. Es ist insofern mehr als nur der Ausfluss der Aspirationen der Entwicklungsländer nach einer gerechteren und friedlicheren Weltordnung, sondern es spiegelt bereits den strukturellen Wandel der internationalen Gemeinschaft hin zu einer Weltgesellschaft und dem folgend des Völkerrechts zum internationalen Kooperationsrecht der ganzen Menschheit wider. 3. Einordnung des Strukturprinzips als allgemeiner Rechtsgrundsatz

Friedmann 394 hat im Zusammenhang mit der Untersuchung der Auswirkungen des völkerrechtlichen Strukturwandels auf die formellen Rechtsquellen ausgeführt, dass im neuen Völkerrecht den "general principles" wachsende Bedeutung zukomme "to direct and support the evolution of international law at a time when its social and moral foundations are changing" und "when the actively law-making members of international society are expanding from a small club of Western nations to entire mankind ... ".

Es stellt sich mithin die Frage, ob die in Kapitel C. I. 2. d) errolgte Einordnung des CHOM-Grundsatzes als allgemeiner Rechtsgrundsatz ergänzend 392 Bueckling, The Strategy of Semantics and the "Mankind Provisions" of the Space Treaty, JSL 7 (1979) S. 15. 393 Pritzsche, Fn. 34 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 574. 394 Friedmann, Fn. 215 S. 195; ebenso jüngst Weiss, Fn. 158 S. 416, der von der " ... Reformkraft, die das Konzept der allgemeinen Rechtsgrundsätze in das Völkerrecht einfügt ... " spricht.

11. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

255

auch damit begründet werden kann, dass es als materiales Strukturprinzip der Weltraumrechtsordnung hergeleitet wurde. Dabei ist insbesondere zu klären, unter welchen Voraussetzungen ein Strukturprinzip als ein Rechtsprinzip eingestuft werden und ob ein Rechtsgrundsatz als allgemein anerkannt gelten kann, wenn er nur in einem sektoralen Teilgebiet Anwendung findet. Bei dem CHOM-Grundsatz geht es um ein Prinzip der rechtlichen, nicht nur etwa der politischen oder wirtschaftlichen Struktur der Weltraumordnung. Der CHOM-Grundsatz wurde als ein rechtlicher Grundsatz in den einschlägigen Völkerrechtsdokumenten eingeführt. Wenn Zweifel hinsichtlich seines Rechtscharakters erhoben werden, beziehen sie sich auf seine konkrete Anwendbarkeit, seine Verbindlichkeit und seinen Normgehalt, nicht aber auf seinen rechtlichen Charakter an sich. Andernfalls wäre die Niederlegung des Grundsatzes in operativen Artikeln völkerrechtlicher Verträge widersinnig. Wenn auch auf die Völkerrechtsordnung der Strukturbegriff sinnvoll angewendet werden kann, dann ist auch der CHOM-Grundsatz auf Grund seiner Herleitung als ein Strukturprinzip dieser Rechtsordnung konsequenter Weise als ein rechtliches Strukturprinzip zu behandeln. Auch gibt es keine Gründe, ein strukturelles Ordnungsprinzip bzw. ein materiales Strukturprinzip apriori bei der Anerkennung als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Völkerrechts auszuschließen?95 ViraU/ 96 erkennt sogar "Konzeptionen" solche Eigenschaft zu, andere sprechen von "basic principles" als Rechtsgrundsatz. 397 Im Schrifttum werden von Schwarzenberger und Brown 398 innerhalb der "general principles" als besonders wichtige Kategorie "fundamental prin395 s. etwa Weiss, Fn. 158 S. 399 und 403, der " ... Rechtsgrundsätze, die sich aus der Struktur der internationalen Beziehungen und dem Bestehen einer rechtlichen Gemeinschaft ergeben", eine " ... eigenständige Bedeutung ... als Kategorie der [allgemeinen] Rechtsgrundsätze" zumisst [Hervorhebung und Ergänzung von mir]; Riedei, Fn. 338 S. 19 behandelt ausdrücklich auch den CHOM-Grundsatz in seiner Funktion als "materiales Strukturprinzip des Völkerrechts" als einen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Völkerrechts. 396 Virally, Le role des "principes" dans le developpement du droit international. En homage a Paul Guggenheim (1980), S. 531: the principles of international law " ... ne se presentent pas toujours sous la forme d'une proposition normative, mais parfois sous celle d'un concept". 397 Wolfrum, Fn. 25 S. 336: "As such the CHOM has the same character as basic principles such as sovereign equality, the banning of the use of force and the freedom of the high seas."; Postyshev, Fn. 23 S. 247 sieht "the need for making the CHM principle a general principle of international law", hält es aber gegenwärtig noch für ein "principle of branch law" (S. 250), das aber zugleich "closely related in each particular case with the generally accepted concept of the common heritage of mankind" (S. 251) sei; ähnlich Altemir, Fn. 3 S. 244. 398 Schwarzenberger/Brown, A Manual of International Law (1976) S. 35.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

ciples of international law" herausgehoben, welche das Erscheinungsbild ("characteristic feature") des Völkerrechts prägen und wozu u. a. die Grundsätze der staatlichen Souveränität, der Selbstverteidigung und der Staatenverantwortlichkeit gerechnet werden. In diesem Sinne wird man auch den CHOM-Grundsatz auf Grund der strukturprägenden Wirkung seiner fünf Kemelemente als ein solches fundamentales Prinzip des neuen Weltraumrechts ansehen können, das in diesem Rang neben dem Grundsatz der Weltraumfreiheit tritt, dessen Konkurrenz im Einzelfall durch eine am Menschheitsinteresse orientierte Abwägung aufgelöst werden muss. 4. Schlussfolgerung: Bedeutung des materialen Strukturprinzips für die Auslegung, Anwendung, Durchsetzung und spezifizierende Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums Die Einordnung des CHOM-Grundsatzes als allgemeiner Rechtsgrundsatz stimmt mit den Schlussfolgerungen überein, die aus der Menschheitsklausel als seiner zentralen Kembestimmung in Bezug auf die Auslegung, Anwendung, Durchsetzung und spezifizierenden Kodifizierung der weltraumrechtlichen Rechtssätze gezogen werden. Dieser strukturprägende Einfluss wird insbesondere auch in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung bedeutsam. Bereits 1965 hat Jenks 399 das "principle of the common interest of mankind in space" als ein wichtiges Rechtsprinzip der Deklaration der Generalversammlung über Rechtsgrundsätze betreffend den Weltraums definiert, ihm dieselben Kemelemente zugeordnet wie später der Weltraumvertrag dem Grundsatz der "province of all mankind"-Klausel und der Mondvertrag dem CHOM-Prinzip und daraus zwei Schlussfolgerungen grundsätzlicher Art abgeleitet. Zum Einen führt das Prinzip nach Jenks zu einer Vermutung zu Gunsten der Interdependenz der Staaten an Stelle einer Präponderanzvermutung zu Gunsten staatlicher Souveränität. Dies bedeutet entsprechend der Zielsetzung der Menschheitsklausel, dass die Staaten anders als im herkömmlichen Völkerrecht grundsätzlich zur Realisierung des Allgemeinwohlinteresses der Völkerrechtsgemeinschaft handeln müssen. Zum Zweiten spiegelt das Prinzip nach Jenks 400 eine Änderung im Normentstehungsprozess wider, wonach es sich beim Weltraumrecht um ein schnell wachsendes Recht der globalen Weltgemeinschaft als Ausdruck des Gemeinschaftsinteresses handelt und nicht mehr eines partikularen Völkerrechts, das nur durch spezifische Zustimmung wirksam wird. Zu diesen Schlussfolgerungen gelangt Jenks, 40 1 indem er auf die Interdependenz als 399 400 401

Jenks, Fn. 137 S. 192. Jenks, Fn. 137 S. 192. Jenks, Fn. 137 S. 192.

II. Der CHOM-Grundsatz als allgemeines Strukturprinzip

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das neue Grundkonzept des modemen Völkerrechts verweist. Damit wird bereits ein Argumentationsmuster verwendet, dessen theoretische Grundlegung durch die Strukturanalyse in den bei den vorangehenden Kapiteln entwickelt wurde. Auch eine dritte wesentliche Schlussfolgerung aus der Etablierung des CHOM-Grundsatzes als Strukturprinzip des Weltraumrechts ist bei Jenks bereits angelegt. Es handelt sich um die auch von Bleckmann402 hervorgehobene Funktion eines die Strukturordnung bestimmenden Prinzips als einer autoritativen Quelle der Auslegung, Anwendung und Weiterentwicklung seiner Kemelemente in Bezug auf neue Problemfelder und neue tatsächliche Anwendungen im Weltraum. Dies deckt sich mit der Feststellung, dass "the principle of the common interest of mankind in space is, like the general welfare clause of the Constitution of the Uni ted States, a continuing source of authority for new applications of the fundamental concept as further problems come into focus and call for solution on the basis of law.,,403 Eine weitere Schlussfolgerung ist, dass bei allen Auslegungsfragen stets zu berücksichtigen ist, welchen Zweck die einzelnen Rechtssätze und Institutionen im Rahmen der besonderen Strukturen des Weltraumrechts haben. Der Grundsatz ist verbindlicher Auslegungsmaßstab, der bei der rechts setzenden Lückenfüllung de lege ferenda, bei Verfahrens- und institutionellen Folgerungen und bei der Abwägung von Staatengemeinschafts- und einzelstaatlichen Interessen zwingend berücksichtigt werden muss. Diese Konsequenzen bewirken die Überwindung des sog. Lotus-Paradigmas (genannt nach der entsprechenden Entscheidung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs im Lotus-Fa1l404 ) durch das CHOM-Prinzip. Schon für das allgemeine Völkerrecht der Gegenwart haben eine Reihe von Autoren 405 nachgewiesen, dass auf Grund der in einer internationalen Gemeinschaft notwendigerweise wachsenden strukturellen Interdependenz der Staaten und der Vorrangstellung der Gemeinschaftsinteressen vor den staatlichen Eigeninteressen die klassische Vermutung zu Gunsten der staatlichen souveränen Handlungsfreiheit nicht mehr uneingeschränkt gilt. Umso mehr gilt dies bei 402 403

Bleckmann, Fn. 216 (Rechtstheorie) S. 155; s. o. Kapitel C. II. 1. Jenks, Law, Freedom and Welfare (1963); ders., Fn. 137 S. 71 spricht von

"Interdependence as the Basic Concept of Contemporary International Law". 404 PCH Reports, Series A, Nr. 10, 18 (1927). 405 Statt vieler Tomuschat, Fn. 265 S. 168; ders., Fn. 280 S. 1; Abi-Saab, International Law and the International Community: The Long Road to Universality, in MacDonald (Hrsg.), Essays in Honour of Wang Tieya (1994) 34.; s. bereits bei Jenks, A New Law for a New World Order (1969) das Kapitel "The Architecture of the World Community"; Dupuy, R.-J.: Fn. 227 La communaute S. 154; Simma/Paulus, Fn. 283 S. 276: " ... the Lotus principle ... seems to be giving way to a more communitarian, more highly institutionalized international law."; Simma, Fn. 78 S.243. 17 Woher

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

staatsfreien Räumen, denen die internationale Gemeinschaft den Status als CHOM gegeben hat. Durch die in der Menschheitsklausel zum Ausdruck gebrachte verstärkte Gemeinwohlbindung kann vielmehr auf eine Vermutung in umgekehrter Weise geschlossen werden, dass die als Weltraumfreiheit ebenfalls in Artikel I WVR konstituierte einzelstaatliche Handlungsfreiheit durch das Gemeinwohl beschränkt ist und ein Staat, der neuartige Nutzungen des Gemeinschaftsraumes beabsichtigt, zunächst die wie auch immer geartete - sei es ausdrückliche oder stillschweigende - Zustimmung der internationalen Gemeinschaft erhalten muss. Die Erkenntnis, dass dazu in Bezug auf den Weltraum für den jeweiligen Nutzungsbereich einschließlich der internationalen Sicherheit ein internationales Regime mit klaren Zuständigkeiten und transparenten Verfahren zur Verwirklichung des Allgemeinwohlinteresses erforderlich wird, gewinnt in dem Maße an Boden, in dem durch drohende einseitige oder bilaterale Maßnahmen Zweifel an der Gemeinwohlverträglichkeit bestimmter Aktivitäten der Weltraummächte aufkommen. Diese Schlussfolgerungen allgemeiner Art folgen für den Sicherheitsbereich aus dem sicherheitspolitischen Element des CHOM-Grundsatzes, welches wiederum den nachfolgend dargelegten Strukturwandel des internationalen Systems im Sicherheitsbereich und dem folgend des Rechts der Friedenssicherung widerspiegelt. Daran anknüpfend werden diese Schlussfolgerungen in Kapitel E. ausführlich in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums weiter entwickelt.

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" im Weltraum 1. "Gemeinsame Sicherheit" und Völkerrecht

In Fragen der Sicherheit und des Friedens ist das in der VN-Charta niedergelegte Prinzip der kollektiven Sicherheit die unmittelbarste Verkörperung der Konstituierung einer internationalen Gemeinschaft als Rechts- und Sicherheitsgemeinschaft. Das Atomzeitalter hat jedoch darüber hinaus die Notwendigkeit mit sich gebracht, neben der kollektiven Verteidigung gegen einen Angreifer das Bedürfnis der Menschheit nach gemeinsamer Sicherheit vor dem Einsatz der Atombombe anzuerkennen. Dieses Bedürfnis folgt aus der Erkenntnis, dass im Zeitalter der Fähigkeit zur atomaren Vernichtung der Menschheit für keinen noch so mächtigen Staat einseitige Sicherheit in "splendid isolation" möglich ist. 406 In Anerkennung des Faktums, dass alle Staaten von der nuklearen Bedrohung betroffen sind, hat der IG~07 in sei406 Tomuschat, Fn. 283 S. 262; Reisman, Fn. 265 S. 409: " ... these new dependencies are not those of ,failed' or ,imploding' states, but of some of the most powerful states .. . Even the security of the remaining Superpower cannot be accom-

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" 259

nem Nuklearwaffen-Rechtsgutachten die Haltung der" international community" und den "concern of the international community" in Bezug auf Nuklearwaffen und auf die nicht erfüllte Verpflichtung der Nuklearstaaten zur umfassenden und vollständigen nuklearen Abrüstung entsprechend Artikel VI NVV als einen gegenüber der Staatenpraxis zusätzlichen oder diese sogar relativierenden völkerrechtlich relevanten Faktor hervorgehoben. Darin wird deutlich, dass insbesondere auch im Zusammenhang mit Fragen der Sicherheit und Abrüstung der Strukturwandel des Völkerrechts und die Konstituierung einer auf dem gemeinsamen Interesse des Überlebens der Menschheit beruhenden internationalen Sicherheitsgemeinschaft maßgebliche Bedeutung für die rechtliche Beurteilung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von einzelstaatlichen Handlungen mit Auswirkungen auf die globale Sicherheit erlangen. 408 Die Erkenntnis, dass im Atomzeitalter die Sicherung von Frieden und Sicherheit nur noch gemeinsam möglich ist und der Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln durch eine absolute "futility of war,A09 ersetzt wurde, führte Eric Stein410 bereits in seiner Haager Vorlesung über den Einfluss der Nuklearwaffen auf das Völkerrecht 1971 zu der Feststellung, dass damit notwendigerweise ein kooperatives Element bei der Herstellung und Wahrung gegenseitiger Sicherheit verbunden ist: "Thus, the two superpowers gradually came to recognise a co-operative aspect to their adversary relations: common interest not in terms of similarities between their value systems but in terms of ,being in the same boat'."

Diese Erkenntnis führte folgerichtig zur Entwicklung der Konzeption "Gemeinsamer" oder kooperativer Sicherheit, deren Ausgangspunkt Helmut Schmidt411 in seiner Rede vor der Ersten Sonderversammlung der Vereinten Nationen zu Abrüstungsfragen 1978 mit dem Begriff der Sicherheitspartnerplished alone." Reisman, S. 416 nennt an erster Stelle der " ... fundamental goals of modem internationallaw: the optimalization of inclusive security." 407 ICJ Reports 1996 S. 31 Para. 63: " .. . certainly point to an increasing concern of the international community with these weapons ... foreshadowing a future general prohibition of the use of such weapons ... " und " ... a growing awareness of the need to liberate the community of States and the international public from the dangers resulting from the existence of nuclear weapons." 408 Falk, Nuclear Weapons, International Law and the World Court: A Historie Encounter, AJIL 91 (1997) S. 72 spricht in seiner Bewertung des IGH-Gutachtens davon " ... [to] balance the practice of the nuclear states against the antinuclear sentiments of the international community as a whole ... ". 409 Friedmann, Fn. 215 S. 13. 410 Stein, Impact of New Weapons Technology on International Law: Selected Aspects, RdC 133 II (1971) S. 248. 411 Schmidt, Rede vor der I. Sonderversammlung der Vereinten Nationen in New York am 25. 5. 1978, in BPA (Hrsg.), Stichworte zur Sicherheitspolitik (Bonn 1978) S. 7. 17*

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

schaft markierte und die international erstmals mit dem Bericht der PalmeKommission 412 von 1982 mit dem Titel "Common Security" Anerkennung erlangte. Darin wird festgestellt: "Sicherheit im Kemwaffenzeitalter heißt Gemeinsame Sicherheit. ,,413 Die Generalversammlung der Vereinten Nationen begrüßte im seiben Jahr in ihrer Resolution 37/99414 den Bericht unter Betonung der zentralen Rolle der Vereinten Nationen "in furthering common security" und beauftragte die Abrüstungskommission, dessen Empfehlungen mit Blick auf eine effektive Umsetzung zu prüfen. Angesichts der gegenseitig gesicherten Zerstörung kann es nicht mehr Sicherheit vor dem Gegner, sondern nur noch mit dem Gegner geben. Insofern ist Gemeinsame Sicherheit bereits Realität. Die Aufgabe besteht darin, "die faktisch bestehende gemeinsame Sicherheit durch Abkommen der Sicherheitspartnerschaft in völkerrechtlich verlässliche Verträge" zu bringen. 415 Der zukunftweisende Gehalt der Konzeption der Gemeinsamen Sicherheit macht sie zu dem geeigneten Sicherheitskonzept der neuen internationalen Strukturbedingungen nach der Überwindung des Kalten Krieges. Nolan 416 stellt zu Recht fest: "Cooperative security is the corresponding principle for international security in the post-cold war era. In the face of the changing character of security threats, it [cooperative security] is the new strategie imperative."

In diesem Sinn stellte Außenrninister Joschka Fischer seine Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 14. September 2002 417 vor dem Hintergrund der Erfahrungen des 11. September unter das Leitmotiv der Errichtung eines "Systems globaler kooperativer Sicherheit", die er als "zentrale politische Aufgabe des 21. Jahrhunderts" bezeichnete und auf deren unerlässliche völkerrechtliche Grundlegung er hinwies: "Kooperative globale Sicherheit wird sich an dem ihr gesetzten verbindlichen Rechtsrahmen messen müssen." 412 Der Palme-Bericht. Bericht der Unabhängigen Kommission für Abrüstung und Sicherheit "Common Security" (1982). 413 Palme-Bericht. Fn. 412 S. 22. 414 UN Doc. A 37/99 Resolution B zum "Report of the Independent Commission on Disarmament and Security Issues" vom 13. 12. 1982. 415 Bahr. Gemeinsame Sicherheit: Einführende Überlegungen, in BahrlLutz (Hrsg.), Gemeinsame Sicherheit, Bd. 2 (1987) S. 18; Lutz. Gemeinsame Sicherheitdas Konzept. Definitionsmerkmale und Strukturelemente im Vergleich mit anderen sicherheitspolitischen Modellen und Strategien, in BahrlLutz (Hrsg.) S. 54. 416 Nolan, The Concept of Cooperative Security, in Nolan (Hrsg.), Global Engagement. Cooperation and Security in the 21 sI Century (The Brookings Institution 1994) S. 9. 417 Rede des deutschen Außenministers, Joschka Fischer, vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 14. September 2002 "Für ein System globaler kooperativer Sicherheit"; abgedruckt in IP 11/2002, Dok. S. 129.

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" 261

Horst Fischer418 zeigte in einer Studie für das Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik auf, dass sich die Konzeption "Gemeinsamer Sicherheit" völkerrechtlich auf einen Strukturwandel des Rechts der Friedenssicherung stützen kann. Ebenso wie beim CHOM-Prinzip gründet das Konzept der Gemeinsamen Sicherheit wesentlich in dem völkerrechtlichen Kooperationsgebot, auf dessen Auswirkungen auf den Bereich der internationalen Sicherheit bereits Frowein419 im Zusammenhang mit der "Friendly Relations-Declaration" hinwies. Seine konstituierenden Strukturmerkmale sind auch aus den völkerrechtlichen Statusregelungen für internationalisierte staatsfreie Räume herzuleiten. 42o Neben der verstärkten Kooperationspflicht sind dies die Konsultationspflicht, die Informationspflicht, die Koordinationsverpflichtung und verstärkte Organisationstendenzen und Vertrauensbildung sowie die für die Rüstungskontrolle typischen Elemente der Nutzung völkerrechtlicher Verträge und die Funktion einseitiger Maßnahmen. Unter Verweis auf entsprechende Bestimmungen in Artikel VI NVV und in der Erklärung D zum bilateralen ABM-Vertrag ist außerdem eine Verhandlungspflicht421 zur Erreichung rüstungskontroll- und abrüstungspolitischer Ergebnisse als ein wesentliches völkerrechtliches Korrelat der Gemeinsamen Sicherheit anzusehen. Alle diese Elemente finden sich auch im Weltraumvertrag angelegt und spielen bei der Entwicklung des Rechtsgrundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums als einem Strukturelement des CHOM-Grundsatzes eine wesentliche Rolle. 422

418 Fischer, Fn. 241 S. 46; ders., Fn. 241 in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 55; s. auch Seidel, Das Völkerrecht als Instrument zur Stärkung der internationalen Sicherheit, in: Fischer-Appelt/Lutz (Hrsg.), Universitäten im Friedensdialog (1990) S. 129. 419 Frowein, Freundschaft und Zusammenarbeit unter Staaten, EA (1973) S. 76; s. auch Seidel, Fn. 96 S. 44, der die Bedeutung des "völkerrechtlichen Prinzips der Pflicht zur gegenseitigen Zusammenarbeit" für die Bekämpfung globaler Gefährdungen der Menschheit betont und (S. 27) die präventive "Absicherung des Gewaltverbots" mit einer "normativen Bekräftigung" der Abrüstung verbindet. 420 Fischer, Fn. 241 S. 94. 421 Fischer, Fn. 241 S. 88 und ders., Fn. 241 in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 78. 422 Kewenig, Fn. 34 S. 3; Andem, Fn. 25; Vlasie, Fn. 82 McGill Law Journal 25 (1981) S. 135; s. auch jüngst Bunn/Rhinelander, Outer Space Treaty May Ban Strike Weapons, Arms Control Today, Vol. 32, No. 5 (June 2002), 24: "In fact, the Outer Space Treaty contains one overall rule: space shall be reserved for peaceful purposes for all countries ... We believe that the Outer Space Treaty of 1967 may already address the most important recommendation: no stationing of strike weapons of any sort in 10w-Earth orbit, including kinetic kill vehicles and laser." George Bunn war Rechtsberater der US Arms Control and Disarmament Agency während der Verhandlungen über den Weltraumvertrag; lohn B. Rhinelander war stellv. Rechtsberater des US Department of State während der ABM und SALT I Vertragsverhandlungen; Wolter, Völkerrechtliche Grundlagen "Gemeinsamer Sicherheit" im Weltraum, ZaöRV 62 (2002) S. 941.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Mit Blick auf das weltraumrechtliche Gebot der friedlichen Nutzung führt also eine vergleichende strukturanalytische Methode zu dem Ergebnis, dass der CHOM-Status des Weltraums in seinem sicherheitspolitischen Element der friedlichen Nutzung des Weltraums auf denselben völkerrechtlichen Strukturmerkmalen beruht, die auch dem Konzept der Gemeinsamen Sicherheit zu Grunde liegen. Damit bekräftigt diese strukturelle Parallele zwischen dem sicherheitspolitischen Element des CHOM-Grundsatzes und der Gemeinsamen Sicherheit die aus der Allgemeinwohlklausel herzuleitende Verpflichtung zur Vermeidung einseitiger militärischer Maßnahmen im Weltraum und die Vermutung einer dementsprechenden Verhandlungspflicht zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum. Dass im Weltraum Sicherheit nur gemeinsam und nicht gegeneinander realisiert werden darf, gebietet aber nicht nur die Allgemeinwohlverpflichtung der Menschheitsklausei, sondern ergibt sich auch zwangsläufig aus den physischen Bedingungen des Weltraums, von wo aus jeder Punkt der Erde angegriffen werden kann. Der amerikanische Politologe Deudnel 23 sieht in der Nutzung des Weltraums die Möglichkeit entweder zu einer "planet-wide hegemony" des Stärksten oder aber die "opportunity for an alternative security order". Ebenfalls aus politikwissenschaftlicher Sicht begründete in Bezug auf die Sicherheit im Weltraum Feigl 424 die Notwendigkeit einer kooperativen Sicherheitsordnung im Weltraum durch "Ausbau einer befriedigenden Sicherheitsstruktur" [Hervorhebung von mir] zur "Verwirklichung neuer kooperativer Regelungen" auf multilateraler Grundlage. Er geht davon aus, dass dies nach der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes durch den "Abbau der bilateral-konfrontativen Strukturen" der Großmächte leichter zu erreichen sein wird. Eine weitere strukturelle Parallelität zwischen dem Konzept der Gemeinsamen Sicherheit und dem sicherheitspolitischen Element des CHOMGrundsatzes besteht darin, dass beide von einem erweiterten Sicherheitsbegriff,425 der auch die wirtschaftliche Dimension umfasst, ausgehen. Die Verpflichtung zur Nutzung des Weltraums zu ausschließlich friedlichen Zwecken geht mit der Pflicht der Staaten einher, bereits im Stadium der Deudney, Unlocking Space, Foreign Policy 53 (1983/84) S. 93. Feigl, Mehr Sicherheit durch Vertrauensbildung und Verhaltenskontrolle: Zur Konzeption eines umfassenden Schutzregimes für den Weltraum, in Zunker (Hrsg.), Weltordnung oder Chaos? Beiträge zur internationalen Politik. Festschrift zum 75. Geburtstag von Klaus Ritter (1993) S. 509. 425 Zum erweiterteten Sicherheitsbegriff s. Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Hrsg.), Sicherheitspolitik in neuen Dimensionen. Ein Kompendium zum erweiterten Sicherheitsbegriff (2001); Palme-Bericht, Fn. 412 S. 20; Bahr, Fn. 415 in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 26. 423 424

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" 263

Erforschung des Weltraums zu diesem Zweck zusammenzuarbeiten. Wenn diese konsequent durchgeführt würde, wäre dies angesichts der verbreiteten "dual-use" -Fähigkeit der Weltraumtechnologie bereits ein hochwirksames Element der kooperativen Sicherheit. Im Sinne eines erweiterten Sicherheitsbegriffs kommt auch der durch den Weltraum vertrag erstmals völkervertragsrechtlich niedergelegten Pflicht zur besonderen Berücksichtigung der Interessen der Entwicklungsländer eine sicherheitspolitische Bedeutung zu. Als Ausdruck eines erweiterten Sicherheitsbegriffs entspricht das Konzept der Gemeinsamen Sicherheit der Entwicklung hin zu gegenseitiger wirtschaftlicher Abhängigkeit. "Bei gemeinsamer Sicherheit ist eine derartige wirtschaftliche Verflechtung möglich, dass daraus zusätzlich friedensstabilisierende gemeinsame Interessen wachsen. ,,426 Diese Aussage Egon Bahrs hat nach der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes an Aktualität noch gewonnen. Die Autoren427 des von der Brookings Institution in Washington, D. C. herausgegeben Grundsatzwerkes zu dem der "Gemeinsamen Sicherheit" entsprechenden Konzept der "Cooperative Security" stellen die Parallelität der Regelungsmechanismen für die internationale Wirtschaft und die internationale Sicherheit perspektivisch wie folgt dar: " ... Thus there are many conceptual parallels between the principles and institutional requirements for the emerging rules of the game for international trade and investment and the proposals ... for a new international security system ... The conceptual complementarities in principles and purpose are already evident. The need for new enforcement mechanisms for both economic and security regimes has also been mentioned. Given the essential harmony between the purposes of the two, it might seem reasonable to suggest that both would gain in stature and authority by being set up as the economic and military sides of a single new international framework, into which some existing international institutions with related functions might be absorbed ... ".

Die Entwicklung Gemeinsamer Sicherheit vollzieht im Sicherheitsbereich nach, was im wirtschaftlichen Bereich der Strukturprozess der Internationalisierung der Wirtschaft, in der zum Beispiel Investitionen in Forschung nicht mehr als "national public good", sondern als "international public good,,428 verstanden werden müssen, bewirkt. Kooperative Sicherheit im Bahr, Fn. 415 in BahriLutz (Hrsg.) S. 26. Nolan/Steinbruner/Flamm/Miller/Mussington/Perry/Carter, The Imperatives for Cooperation, in Nolan (Hrsg.), Global Engagement. Cooperation and Security in the 21 sI Century (The Brookings Institution 1994) S. 33. 428 Nolan/SteinbruneriFlamm/Miller/Mussington/Perry/Carter, Fn. 427 in Nolan (Hrsg.) S. 35 sowie S. 38: "The intemationalization of the global economy is by far the most obvious driving force helping to break down national and ideological barriers and forcing a high degree of conformity among governments and private actors to a common set of operating rules. An integrated international economy is weil along in formation, although its evolution has been largely spontaneous. Its logic and policy requirements have yet to be fully mastered, but almost certainly its 426 427

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Weltraum, die bei der gemeinsamen Erforschung beginnt, kommt der gemeinsamen wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums zu Gute. Gemeinsame wirtschaftliche Aktivitäten im Interesse der Menschheit nutzen wiederum der gemeinsamen Sicherheit. Beide verstärken sich gegenseitig zum Vorteil aller Staaten "unabhängig von ihrem wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungsstand" (Artikel I Absatz 1 WRV). In einer bemerkenswert vorausschauenden Sicht hat C. Wilfred Jenks 429 bereits 1969 in den politischen und militärischen Auswirkungen der Weltraumaktivitäten des Menschen die Chance gesehen, dass diese zur Grundlage Gemeinsamer Sicherheit werden: "Virtually all of the probable space services have important political and military aspects. The intelligence potential of observation and detection satellites may be left to contribute with other space and missile systems to perpetuating and accentuating world tension and insecurity or may become the foundation of a mutual security system hitherto inconceivable ... " [Hervorhebung von mir]

2. Die Strukturelemente "Gemeinsamer Sicherheit"

Die Hauptelemente der Gemeinsamen Sicherheit lassen sich entsprechend der Konzeption von Lutz und Bahr430 und dem Konzept der "cooperative security" der Brookings Institution 431 in fünf Kategorien einordnen: 1. Kooperative Denuklearisierung

Auf Grund der defensiven Ausrichtung der militärstrategischen Kräfte ermöglicht das Konzept eine drastische Reduzierung bis hin zur Abschaffung der Nuklearwaffen. " ... such a regime would thus put strong constraints on nuclear weapons and seek to severely devalue nuclear forces as a currency of statecraft or a tool of power management challenges will transcend the capacity of national governments. It is safe to say that the condition of the emerging economy already compels more pervasive international coordination than that to which nations have ordinarily been accustomed." 429 Jenks, Seven Stages in the Development of Space Law, Proc. 11 th Colloq. Space Law (1969) S. 260; s. auch ders., Fn. 137 S. 294: "There is a greatly increased recognition since the Second World War of the extent to which the common peace is a common interest." 430 Bahr, Fn. 415, in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 25; Bahr/Lutz, Gemeinsame Sicherheit: Einführende Überlegungen in BahriLutz (Hrsg.) Gemeinsame Sicherheit - Idee und Konzept. Zu den Ausgangsüberlegungen, Grundlagen und Strukturmerkmalen gemeinsamer Sicherheit (1. Auf!. 1986) S. 26. 431 Nolan, Fn. 416 in Nolan (Hrsg.) S. 11; Carter/Perry/Steinbruner, A New Concept of Cooperative Security (Brookings Occasional Papers 1992) S. 7 ff.

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" 265 projection ... A key objective guiding the recomposition of remaining nuc1ear forces would be to eliminate any perception of vulnerability to nuclear attack among all states, thereby also helping to discourage further production or deployment of nuclear weapons globally. Constraints on the nuclear arsenals of the established nuclear powers are a necessary, if not sufficient, condition to help persuade other states that nuclear weapons have little compelling utility. As a corollary the regime would seek the elimination of all weapons of mass destruction. ,,432

Damit leistet das Konzept einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der vom IGH bekräftigten nuklearen Abrüstungsverpflichtung gemäß Artikel VI NVV. 2. Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit Die kooperative Denuklearisierung wird in sich gegenseItIg verstärkender Weise durch die Schaffung struktureller Nichtangriffsfähigkeit ergänzt. Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit bedeutet die Organisation und Bewaffnung der Streitkräfte in der Weise, dass sie einen militärischen Angriff nicht zulassen. "The important first step is to acknowledge that the national deployment of military capability must be govemed by a strict principle of nonprovocation and be reflected in force postures accordingly.,,433

Dazu ist die Entflechtung von konventionellen und nuklearen Gefechtsfeldwaffen und die Gleichheit der konventionellen Optionen, also ein annäherndes konventionelles Gleichgewicht, notwendig. 434 3. Internationalisierung der Reaktion auf eine Aggression Zwar würde durch die Umstrukturierung der militärischen Fähigkeiten zu einer ausschließlich defensiven Konfiguration und durch die Rüstungskontrollbeschränkungen ein Höchstmaß an internationaler Sicherheit erreicht. Doch könnte nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass ein Staat unter Umgehung der Regeln insgeheim eine offensive Fähigkeit entwickelt. Deshalb bleibt als Rückversicherung das Selbstverteidigungsrecht im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit notwendig. 435 Die Gemeinsame Sicherheit schüfe aber die sicherheitspolitische Voraussetzung436 zur tatsächlichen Nolan, Fn. 416 in Nolan (Hrsg.) S. 10. Nolan, Fn. 416 in Nolan (Hrsg.) S. 10; CarterlPerrylSteinbruner, Fn. 431 S. 20 ff. 434 Bahr, Fn. 415 in BahrlLutz (Hrsg.), S. 25; CarterlPerrylSteinbruner, Fn. 431 S. 20 ff. 435 CarterlPerrylSteinbruner, Fn. 431 S. 24. 432 433

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Umsetzung der in der VN-Charta vorgesehenen Einrichtung multilateraler Verteidigungskräfte, wobei als ultima ratio die individuelle Selbstverteidigung möglich bleibt. 437 4. Beschränkung militärischer Ausgaben und Nichtverbreitung Die Verringerung der Bedrohungsperzeption nach dem Ende des Kalten Krieges, die Einsicht, dass militärische Macht nicht mehr der beherrschende Faktor der Politik ist, sowie wachsende Haushaltszwänge haben bereits zu einer Verringerung der militärischen Fähigkeiten der vormaligen Militärblöcke beigetragen, die dem Standard der Gemeinsamen Sicherheit näher kommen. Dies ist ein Anreiz, diese Standards zu formalisieren und ihre Einhaltung zu überwachen. 5. Transparenz und vertrauensbildende Maßnahmen 438 Ein Kembestandteil Gemeinsamer Sicherheit, die als Prozess zu verstehen ist, sind Transparenz und vertrauensbildende Maßnahmen. Sie werden definiert als: " ... an action undertaken by States Parties that produce transparency by reducing or eliminating misperceptions of our concems about potential threatening capabilities and activities. ,,439

Sie sind vor allem im konventionellen Bereich in Europa mit dem KSEVertrag eingeführt worden und finden sich zunehmend auch in universellen Rüstungskontrollregimen wie dem VN-Waffenregister und den Nichtverbreitungsregimen für biologische und chemische Waffen sowie ballistischer 436 Nolan, Fn. 416 in Nolan (Hrsg.) S. 5: "Cooperative security differs from the traditional idea of collective security much as preventive medicine differs from acute care. Cooperative security is designed to ensure that organized aggression cannot start or be prosecuted on any large scale. By contrast, collective security is an arrangement for deterring aggression through military preparation and defeating it if it occurs ... A fully deve10ped cooperative security framework wou1d include provisions for collective security as a residual guarantee to its members in the event of aggression ... ". 437 CarteriPerrylSteinbruner, Fn. 427 S. 24: " ... to organize multinational forces to defeat aggression should it occur ... In a cooperative security regime, the use of military force by the United Nations - or any nation - is a last resort ... ". 438 Zu Definition und Konzept vertrauensbildender Maßnahmen im Allgemeinen s. Mahncke, Vertrauensbiildende Maßnahmen als Instrument der Sicherheitspolitik. Ursprung - Entwicklung - Perspektiven (Konrad-Adenauer-Stiftung, 1987). 439 Cleminson, Confidence-Building Measures and Outer Space, in Alves (Hrsg.), Building Confidence in Outer Space Activities: CSBMs and Earth-to-Space Monitoring (UNIDlR 1995) S. 29.

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" 267

Raketentechnologie (MTCR). Darauf könnte ein Vertrag über Gemeinsame Sicherheit für den Weltraum aufbauen. 440 Im Nuklearbereich finden sich VSBMs vor allem im INF- und im START-Abkommen. Zu den Hauptelementen gehören die vorherige Notifikation und Beobachtung potenziell bedrohlicher Aktivitäten. Das Konzept der Gemeinsamen Sicherheit sieht eine Multilateralisierung und mögliche Institutionalisierung solcher vertrauensbildender Maßnahmen vor. 44l Wie auch beim CHOM-Prinzip hängt die Wirksamkeit Gemeinsamer Sicherheit wesentlich von der Verwirklichung seiner Strukturmerkmale ab. "The success of the cooperative security regime will depend centrally on the strength of the structure of norms that the regime establishes. ,,442

Gemeinsame Sicherheit im Weltraum erfordert daher die Schaffung einer internationalen Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums. Dies entspricht dem Strukturwandel des Völkerrechts, der zur Folge hat, dass sich die Errichtung und Einhaltung von "cooperative regimes" zur Lösung komplexer, globaler Probleme als Kern einer "New Sovereignty" in einer zunehmend interdependenten Welt nach Überwindung des Kalten Krieges erweist. 443 Daher ist die Grundlegung solcher kooperativer multilateraler Ordnungen zur eigentlichen Aufgabe völkerrechtlicher Verträge geworden. Völkerrechtliche Verträge stehen "at the center 01 cooperative regimes by wh ich states and their citizens seek to regulate major common problems ".444 Die Aushandlung eines multilateralen Vertrages über Gemeinsame Sicherheit im Weltraum wäre daher die 440 Nolan, Fn. 416, in Nolan (Hrsg.) S. 7: "A cooperative security order need not take the form of a single, all-encompassing legal regime or arms control agreement, but would probably begin with a set of overlapping, mutually reinforcing arrangements derived from agreements already in force. In fact, ... existing ingredients of cooperative security are not hard to find on the internationallandscape." 441 Chayes, A.H./Chayes, A.: Regime Architecture: Elements and Principles, in Nolan (Hrsg.), Global Engagement. Cooperation and Security in the 21 sI Century (The Brookings Institution 1994) S. 82: "Provisions for advance notification and mutual observation of potentially threatening activities are the hall marks of a transparent regime." S. 88 it has been suggested that the United Nations or a subsidiary multinational arms control agency might establish an independent observation and intelligence capability, leading to independent assessment. Some kind of internationalized intelligence capability will doubtless be a necessary component of a full-fledged cooperative security regime." 442 Chayes, A.H./Chayes, A.: Fn. 440 in Nolan (Hrsg.) S. 68. 443 Chayes, A./Chayes, A. H.: The New Sovereignty. Compliance with International Regulatory Regimes (1995) S. 2; s. auch Seidel, Fn. 96, der zu Recht gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung globaler Gefährdungen des Menschheitsinteresses zum neuen Verständnis der nationalen Souveränität im Zeitalter des Friedensvölkerrechts rechnet. 444 Chayes/Chayes, Fn. 443, S. 2. H •••

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

strukturadäquate sicherheitspolitische und völkerrechtliche Lösung für das Problem der Ausweitung des Rüstungswettlaufs auf den Weltraum. 3. Gemeinsame Sicherheit und Großmächte Das Konzept "Gemeinsamer Sicherheit" hat sich spätestens seit Ende des Kalten Krieges auch im Verhältnis der beiden großen Nuklearrnächte niedergeschlagen und ist - von den Europäern in Reaktion auf die SDI-Pläne nachdrücklich unterstützt445 - zum Bestandteil ihrer Sicherheitspolitik geworden. In Bezug auf die mögliche Nutzung von Defensivsystemen im Weltraum und einem Strategiewechsel haben die USA schon 1985 anerkannt, dass dies nur kooperativ erfolgen kann. So ist das Ziel gleicher Sicherheit für beide Seiten von US-Außenminister Shultz446 im Januar 1985 ausdrücklich im Zusammenhang mit der SDI-Diskussion übernommen worden. Das von der Reagan-Administration erklärte Ziel der 1985 in Genf aufgenommenen bilateralen Defence and Space Talks war " ... a co-operative transition to a more stable deterrence which relies increasingly on non-nuclear defences against strategic ballistic missiles, should they prove feasible".447

Wichtigste Grundlage der nach Überwindung des Kalten Krieges konkret eingeleiteten Sicherheitskooperation ist das auf die beiden US-Senatoren Nunn und Lugar zurückgehende Cooperative Threat Reduction Programme,448 das eine weitreichende Zusammenarbeit einschließlich finan445 s. o. Kapitel B. 11. 2. h). Die EU geht in ihrer vom ER Köln 1999 verabschiedeten Gemeinsamen Strategie gegenüber Russland ebenfalls von einem erweiterten Sicherheits begriff und einer Konzeption Gemeinsamer Sicherheit aus; s. Wolter, Gemeinsame Strategie gegenüber Rußland. Ein neu es Instrument europäischer Politik, INTERNATIONALE POLITIK Bd. 9 (1999) S. 57. 446 Joint US-Soviet Communique, Talks on Missiles and Arms in Space, N.Y. Times, 9. 1. 1985 A 10; s. ausführlich zu diesen Gesprächen Christol, The Common Interest in the Exploration, Use and Exploitation of Outer Space for Peaceful Purposes: The Soviet-American Dilemma, Proc. 27 th Colloq. Space Law (1985), abgedruckt in ders., Space Law. Past, Present and Future (1991) S. 19, der zu folgendem Schluss kommt, S. 43: "At some point it would seem that both [superpowers] would be able, assuming a rational approach based on self-interest, to determine that they had had ,enough' of the current uncertainty and tension. This being the case their efforts could constructively be directed toward agreement on an international treaty imposing suitable constraints on the militarization of the space environment, including clearly stated provisions dealing with the means available to the parties to ensure verification of the agreement." 447 CD/PV 553 S. 7; CDIl087 S. 4; Smith, The Defence and Space Talks: Moving towards Non-nuclear Strategic Defences, NATO Review Nr. 5 1990, S. 17. 448 SchwartzerlPerry, Preventive Defense. A New Security Strategy for America (Brookings Institution Washington 1999) S. 65; Luongo, The Uncertain Future of U.S.-Russian Cooperative Nuclear Security, Arms Control Today (Januar/Februar

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" 269

zieller Unterstützung beim Abbau des sowjetischen/russischen Nuklearpotenzials vorsieht. 449 Die kooperative Sicherheitspolitik fand auch Niederschlag in bilateralen Gipfelerklärungen. Präsident Clinton und Präsident Jelzin verabschiedeten auf ihrem Gipfeltreffen am 2. September 1998 ein "Joint Statement on Common Security Challenges at the Threshold 01 the Twenty-First Century",450 in der sich beide Seiten zur Förderung gemeinsamer Sicherheit im Interesse der internationalen Sicherheit verpflichten. Sie richteten zu diesem Zweck u. a. eine Expertengruppe über Raketen- und Weltraumtechnologie ein. In dem "Joint Statement on the Principles 01 Strategie Stability" vom 5. Juni 2000451 bekräftigten US-Präsident Clinton und der russische Präsident Putin "mutual cooperation and mutual respect 01 each other's security interest" ausdrücklich auch im Bereich der nuklearen Sicherheit und Nichtverbreitung. Die Anerkennung der gegenseitigen Sicherheitsinteressen ist die Grundlage Gemeinsamer Sicherheit. Die USA und Russland haben zusätzlich zu ihrer grundsätzlichen Anerkennung gemeinsamer Sicherheit in Gipfelkommuniques auch in Bezug auf den Weltraum konkrete Maßnahmen kooperativer Sicherheit eingeleitet. Seit 1992 arbeiten die USA und Russland an einem gemeinsamen Fernerkundungs satelliten (Russian-American Observation Satellite, RAMOS), der sowohl für zivile Zwecke der Wetter- und Umweltvorhersage als auch zur Frühwarnung und Verifikation eingesetzt werden soll.452 Auf ihrem Gipfeltreffen am 5. Juni 2000 vereinbarten die Präsidenten beider Länder mit dem Memorandum über die Errichtung eines Gemeinsamen Datenzentrums (Joint Data Exchange Centre, JDEC) zum Austausch von Daten für die Zwecke der Frühwarnung und Notifizierung von Raketenstarts453 weitere 2001) S. 6 f. gibt einen vollständign Überblick über die "U.S.-Forrner Soviet Union Cooperative Security Programs"; FortmannlChinehilla, Les mesures cooperatives de lutte contre la proliferation dans l' ancien espace sovietique: bilan et perspective (Januar 2002); abrufbar auf der Web seite des kanadischen Außenministeriums. 449 Zu dem Vorschlag einer Globalisierung des Programms s. Senator Lugar, Rede vor dem Couneil on Foreign Relations vom 4. 3. 2002, "NATO After 9/11: Crisis or Opportunity?"; so auch bereits SehwartzerlPerry, Fn. 448 S. 82 sowie u. Kapitel E. 1. II. 2. a). 450 Joint Statement of the President of the Unites States and of the President of the Russian Federation on Common Seeurity Challenges at the Threshold of the Twenty-First Century v. 2. 9. 1998; . 451 "Joint Statement of the President of the Unites States and of the President of the Russian Federation on the Principles of Strategie Stability" v. 5. 6. 2000; . 452 Leonard David, U.S.-Russia Working on Satellite Missile Watching System, 24. 10. 2001; . 453 Memorandum of Agreement Between the Uni ted States of America and the Russian Federation on the Establishment of a Joint Center for the Exchange of Data

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

konkrete kooperative Sicherheitsschritte mit Bezug auf den Weltraum. Besonders dringlicher Kooperationsbedarf bestand angesichts der wachsenden Unzuverlässigkeit des russischen Friihwamsystems in der Frage der Friihwamung. 454 Den potenziell wohl weitreichendsten Ausdruck der neuen Sicherheitszusammenarbeit der ehemaligen Antagonisten stellten das Angebot Präsident Bushs dar, das mit einem neuen, gegenüber SDI begrenzteren Ziel versehene Projekt einer globalen Raketenabwehr (GPALS) mit Russland gemeinsam zu entwickeln, und die Annahme dieses Angebots durch Präsident lelzin im Januar 1992. Dieser kündigte die Bereitschaft Russlands an "to work out and subsequently to create and jointly operate aGlobai Protection System ,ASS und erklärte vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen: "I think the time has come to consider creating agiobai defense system for the world community. lt could be based on a reorientation of the V.S. Strategie Defense Initiative to make use of high technologies developed in Russia's defense complex."456

In öffentlichen Erklärungen 457 hält auch die Bush jr.-Administration an dem kooperativen Ansatz fest. Jedoch ließen die einseitige Aufkündigung des ABM-Vertrages und die Budgetkürzungen458 an dem Nunn-Lugar-Programm daran Zweifel aufkommen lassen. Mit der auf dem amerikanischrussischen Gipfel am 24. Mai 2002 unterzeichneten Erklärung über eine from Early Warning Systems and Notifications of Missile Launches, 5. 9. 2000, Clinton-Putin Summit Agreements, June 2000; abrufbar unter . Das geplante JDEC mit Sitz in Moskau ist allerdings bislang u. a. wegen ungeklärter Fragen der Steuerbefreiung von Ausrüstungseinfuhren nicht zu Stande gekommen; s. Peter Baker, NucJear ,Milestone' Divides V.S. Russia, Washington Post Foreign Service, 13. 6. 2001 S. A 23. Beim Gipfel am 23./24. 5. 2002 wurde beschlossen, die "bureaucratic obstacJes" auszuräumen. 454 1995 wurde berichtet, dass auf Grund einer fälschlichen Frühwarnung wegen des Starts einer norwegischen Forschungsrakete Präsident Jelzin für kurze Zeit den sog. Nuklearkoffer aktiviert hatte; s. Glaser/Fetter, National Missile Defense and the Future of V.S. NucJear Weapons Policy, International Security 26 Nr. 1 (Sommer 2001) S. 40. 455 President Yeltsin's Statement on Arms Control, TASS, 29. 1. 1992 (0425 est); s. Payne/Vlahos/Stanley, Evolving Russian Views on Defense: An Opportunity for Cooperation, Strategic Review (Winter 1993) S. 61; s. dazu u. Kapitel E. 1. 2. 456 S/PV 3046, 31. 1. 1992 S. 44. 457 s. Punkt 5 der "Missile Defense Papers" v. 11. 7. 2001, abrufbar unter . wonach die Administration einen "new strategie framework" schaffen will, "that is found on common interest and cooperation ... The new framework will also incJude substantial reductions in offensive nucJear weapons, cooperation in missile defense, enhanced non- and counter-proliferation efforts, and measures to promote confidence and transparency" . 458 Luongo, Fn. 448 S. 8.

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" 271

neue strategische Partnerschaft459 knüpft - jedenfalls deklaratorisch - auch die Bush jr.-Administration nun an die kooperative Politik Clintons an und könnte sie in Richtung "Gemeinsamer Sicherheit" im nuklearstrategischen Bereich ausbauen. Das Ziel gemeinsamer Sicherheit liegt auch der neuen, institutionellen Zusammenarbeit zwischen der NATO und Russland in dem am 27. Mai 2002 in Rom gegründeten neuen Nato-Russland-Rat zu Grunde. Präsident Bush jr. erklärte zu dessen Zielsetzung im Deutschen Bundestag am 23. Mai 2002: 460 "The Council gives us an opportunity to build common security against common threats."

Russland hat zuvor auch bereits innerstaatlich in einer Neufassung seines nationalen Weltraumgesetzes vom Oktober 1996461 ausgehend von einem erweiterten Sicherheitsbegriff und seinem eigenen Interesse an der Integration in die Weltwirtschaft in Artikel 3 unter den grundlegenden Zielen seiner Weltraumaktivitäten der zwischenstaatlichen Kooperation zur Förderung des internationalen Friedens eine herausgehobene Stellung eingeräumt: " ... Entwicklung und Ausweitung der internationalen Kooperation der Russischen Föderation im Interesse weiterer Integration der Russischen Föderation im System der Weltwirtschaftsbeziehungen und der Gewährleistung internationaler Sicherheit...

Die seit 1990 erzielten Ergebnisse der Politik der kooperativen Sicherheit der beiden Großmächte haben zu einer erheblichen Verbesserung des gegenseitigen Vertrauens und der Sicherheit beider Seiten beigetragen, worauf Schwartzer und Perry462 ihre Konzeption einer neuen, auf kooperativer Sicherheit beruhenden Verteidigungspolitik einer "preventive defence" gründen. 463 Diese Erfolge sind aber nicht ausreichend gefestigt, um die Belas459 U.S.-Russia Joint Declaration vom 24. Mai 2002, abrufbar auf der Webseite des US State Department http://www.state.gov.htm: "We are achieving a new strategie relationship ... We are partners and we will cooperate to advance stability, security, ... and to jointly counter global challenges and to help resolve regional conflicts .... We recognize that the security, prosperity, and future hopes of our peoples rest on a benign security environment, the advancement of political and economic freedoms, and international cooperation ... The United States and Russia agree that a new strategie relationship between the two countries, based on the principles 0/ mutual security, trust, openness, cooperation, and predictability requires substantive consultation across a broad range of international security issues ... " [Hervorhebung von mir]. 460 President Bush, Remarks to a Special Session of the German Bundestag, 23. 5. 2002; abrufbar unter http://www.state.gov.htm. 461 s. O. B. 11. 2. b) und TesselkinlMarenkov, Änderungen im Gesetz der Russischen Föderation über Weltraumaktivitäten vom 20. August 1993. Kurzkommentar zu der neuen Fassung vom 4. Oktober 1996, in ZLW 51 (Heft 112002) S. 25. 462 SchwartzeriPerry, Fn. 448 S. 46.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

tungen des strategischen Verhältnisses verhindern zu können, die mit einem einseitigen Vorgehen in der NMD-Frage verbunden wären. 464 Die VR China betont insbesondere auch im Zusammenhang mit der Frage einer militärischen Nutzung des Weltraums und einer Raketenabwehr die Grundsätze Gemeinsamer Sicherheit, die es zumeist mit dem Begriff "equal security,,465 bezeichnet. In diesem Sinn forderte Präsident Jiang in seiner Rede vor der Genfer CD am 26. 03. 1999 "a new security concept", in dessen Zentrum "mutual trust, mutual benefit, equality and cooperation" stehen sollen. Im Sinne des erweiterten Sicherheitsbegriffs betonte Jiang: "Mutually beneficial cooperation and common prosperity constitute the economic guarantee for world peace . . . If the great majority of developing countries cannot have security, then the entire world will never be tranquil."466

4. "Gemeinsame Sicherheit", Nuklearstrategie und Raketenabwehr im Weltraum Nuklearstrategisches Ziel der Konzeption der "Gemeinsamen Sicherheit" ist, die nukleare Abschreckungsstrategie der "Mutual Assured Destruction" durch "Mutual Assured Security", also die "gegenseitig gesicherte Sicherheit" zu ersetzen. 467 Damit überschneidet es sich mit Zielsetzungen, die ursprünglich von Präsident Reagan im Zusammenhang mit SDI verfolgt wurden und gegenwärtig mit dem Übergang zu strategischen Defensivsystemen 463 Luongo, Fn. 448 S. 3; Daalder/Goldgeier/Lindsay, Deploying NMD: Not Whether, But How, Survival 42 (2000) S. 8: " ... the level of distrust between Moscow and Washington is far lower than during the Cold War. Worst-case assumptions about the other country ' s behaviour are no longer dominant - as the widespread cooperation and increased transparency spawned by the Nunn-Lugar cooperative threat-reduction initiative demonstrate. American nuclear scientists visit Russian weapons laboratories and vice versa, US technology helps safeguard Russian weapons and materials, and American dollars are funding the safe and secure disposition of an ageing nuc1ear stockpile." 464 Im Falle einer NMD-Stationierung erwarten Glaser/Fetter, Fn. 454 S. 64 eine Verschärfung des russisches Unsicherheitsgefühls mit weitreichenden Folgen: "Insecurity can fuel expansionist behaviour, encouraging, for example, Russia to try to exert greater control over former Soviet republics. Although this probably would not lead to a clash between Russia and NATO, it would exacerbate tensions and once again increase the salience of military consideration in this relationship." 465 Joint Chinese-Russian statement adopted on 10 December 1999, s. Kapitel B. 11. 2. c) aa) Fn. 452; s. auch die Erklärung des chinesichen CD-Botschafter, CD/PV 822 v. 26. 3. 1999: " .. . people cannot but ask, do we prefer common security for alt states or the absolute security enjoyed by a single state at the expense of all others?" [Hervorhebung von mir]. 466 CD/PV 822 v. 26. 3. 1999. 467 Bahr/Lutz, Fn. 430 in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 18; Lutz, Fn. 415 in Bahr/Lutz (Hrsg.), S. 54.

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" 273

im Rahmen einer "strategie transition ,,468 verbunden werden. Durch eine landesweite Verteidigung gegen Nuklearraketen könnten Nuklearwaffen obsolet und damit letztlich auf nukleare Offensivwaffen verzichtet werden. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass die Konzeption der "Gemeinsamen Sicherheit" dies durch Kooperation und Strukturveränderung erreichen will, während die Protagonisten einer weltraumgestützten Raketenabwehr meinen, dies durch technologische Schritte in Form neuer Defensivsysteme im Weltraum erzielen zu können. Die Wissenschaft469 ist sich jedoch einig, dass hundertprozentige Sicherheit durch technische Mittel allein nicht zu erreichen ist. Ein grundlegender Strategiewechsel mit dem Ziel der Überwindung der Abschreckung durch ein neues Verhältnis von Defensiv- und Offensivsystemen ist nur in einem kooperativen Umfeld möglich. 47o Die von den Nuklearmächten im Grundsatz anerkannte Notwendigkeit der Kooperation zur Herstellung gleicher Sicherheit stellt auch den Kern des Konzepts der Gemeinsamen Sicherheit dar, deren Realisierung ohne neue Rüstungsschritte im Weltraum oder auf der Erde auskommt. 471 468 s. Rede von Präsident Bush jr. vor der National Defense University vom 1. Mai 2001; B. II. 2. f); Krepon, Moving Away from MAD, Survival 43 (2001) S. 81; Grand, La defense antimissile: un nouveau paradigme strategique?, Politique Etrangere 66 (2001) S. 817; Neuneck, Defense, Deterrence, or Disarmament? The

United States, Europe and Arms Control, in INESAP Information Bulletin Nr. 18 (September 2001) S. 52. 469 s. Nachweise o. Kapitel B. 11. 1. a) Fn. 104 und D. V. 5. b) aa) (1) Fn. 359. 470 March, The Strategic Defense Initiative Debate: An Interdisciplinary Approach, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 89 beschrieb schon 1985, wie ein solcher Strategiewechsel durch ein gemeinsam von den USA und der Sowjetunion entwickeltes Raketenabwehrsystem erfolgen könnte: "Concurrent with research programs would be dialogue on finding areplacement for MAD. Both nations obviously acknowledge the present MAD policy, since they have built powerful retaliatory forces, yet have left their cities open to attack pursuant to the ABM Treaty. A central theme in this MAD-replacemnt discussion should be an analysis of the shortcomings of MAD in a multipolar world; a world in which the prospects for nuclear accident are much higher than at present. Additional benefits of these discussions could be superpower realizations that (1) both the United States and the Soviet Union have the unfortunate and hazardous status of being nuclear hostages; and (2) MAD could be phased out by working to defend cities instead of working to assure their destruction. If research into SDI-type systems proves that such a system is feasible, the United States could enter into a SDI deployment treaty."; s. auch Finch, Magna Charta of Outer Space and S. D. 1., in Proc. 30th Colloq. Space Law (1987) S. 310. 471 Bahr/Lutz, Fn. 430 in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 19: "Damit sind wir bei dem Thema dessen, was zunächst Krieg der Sterne hieß und nun SDI benannt wird. Wer die Zusammenhänge zwischen den zunehmenden Reichweiten von Waffen und den räumlich wachsenden Organisationskonsequenzen für Sicherheit beachtet, findet logisch, daß interkontinentale Systeme auch interkontinentale Vorkehrungen der Si18 Wolter

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Das Konzept bildet ein ideales Substrat für einen kooperativen nuklearen Strategiewandel, der allein die Erfüllung der nuklearen Abrüstungsverpflichtung gemäß Artikel VI NVV ermöglicht und die Menschheit von der Geißel des nuklearen Schreckens zu befreien in der Lage wäre. Gemeinsame Sicherheit eröffnet die Perspektive zur Abrüstung, in dem sie auf allen Seiten eine strukturelle Nichtangriffsfähigkeit herstellen will. In den Worten von Dieter LutZ: 472 "Gemeinsame Sicherheit verlangt die Ersetzung der Abschreckungsstrategie durch eine Abhaltestrategie unter Verzicht auf Maßnahmen der Präemption und der Vergeltung (insbesondere mit Massenvernichtungswaffen)."

Auch das Ziel struktureller Nichtangriffsfähigkeit erfordert ein einvernehmliches Vorgehen. Reagans Vision ist tatsächlich nur denkbar in einem einvernehmlichen Vorgehen, das entweder in der gemeinsamen Stationierung einer "International Missile Defence" (IMD) unter internationaler Ägide oder in einem einvernehmlichen Verzicht auf eine weltraumgestützte Raketenabwehr besteht. Abschreckung und Gemeinsame Sicherheit sind nicht vereinbar. Da eine Entscheidung der USA zur Errichtung einer Raketenabwehr für nahezu sicher gilt, diese aber ohne Nutzung des Weltraums zumindest durch Sensorensatelliten nicht auskommt und somit völkerrechtlich das im Weltraumvertrag konstituierte Menschheitsinteresse und nicht nur ein nationales oder bilaterales Interesse zwingend zu berücksichtigen ist, eröffnet sich konkret die Möglichkeit, durch Einforderung kooperativen Vorgehens zur strukturellen Nichtangriffsfähigkeit und damit zur Überwindung der Abschreckung zu gelangen. Nur so kann eine Raketenabwehr auch zur Erfüllung der auch für den Weltraum geltenden nuklearen Abrüstungsverpflichtung des Artikel VI NVV beitragen. 473 Durch die defensive Ausrichtung der Sicherheitspolitik ermöglicht sie die Schaffung von Sicherheit auf cherheit erfordert. Es ist kein Zufall, daß die vielleicht denkbare Möglichkeit, Waffensysteme im Weltraum zu stationieren, sogar bei denen, die davon träumen, zu der Erkenntnis geführt hat, daß die Gefahren der Destabilisierung, die damit entstehen würden, nur kooperativ mit der Sowjetunion gelöst werden können .... Nur ist zu fragen, warum muß ich in den Weltraum gehen, um das zu erreichen? Die Sicherheitspartnerschaft muß auf der Erde verwirklicht werden. SDI wirkt wie eine Flucht in den Weltraum vor den praktischen Problemen hier, mit der Gefahr, daß sich dort an Rüstung, Nach- und Gegenrüstung alles wiederholt, was wir in den letzten dreißig Jahren auf der Erde schon erlebt haben, mit unübersehbaren und unberechenbaren Konsequenzen ... Der Weltraum, nun wirklich blockübergreifend, gehört der ganzen Menschheit ... Seine friedliche Erschließung durch gemeinsame Unternehmungen und Programme würde die Gefahr von Waffen im Weltraum zuverlässig ausschließen." 472 Lutz, Fn. 415 in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 54. 473 s. o. Kapitel B. III. 2. b) aa) Fn. 390.

III. Völkerrechtlicher Strukturwandel, CHOM und "Gemeinsame Sicherheit" 275

einem niedrigeren Niveau. 474 Die Überwindung der Abschreckung erfordert die drastische Reduzierung der Gefechtsköpfe und der Trägermittel in einem einvernehmlichen Übergang zu einem neuen strategischen Verhältnis von Defensiv-IOffensivsystemen. Die amerikanisch-russische Abrüstungsvereinbarung vom 24. Mai 2002 kann insoweit mangels Verpflichtung zur Vernichtung der Nukleargefechtsköpfe und mangels jeglicher Begrenzung von Trägermitteln nur ein erster Schritt sein. Insbesondere ist es notwendig, durch eine Multilateralisierung der mit NMD verbundenen Fragen der militärischen Nutzung des Weltraums die notwendige Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft zu gewährleisten. Die mit der amerikanisch-russischen Erklärung zu einer neuen strategischen Partnerschaft475 eröffnete Chance einer Verständigung der bei den Großmächte in der NMD-Frage, die eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung von taktischen und strategischen Defensivsystemen vorsieht, sollte zu einer angemessenen multilateralen Vereinbarung über Gemeinsame Sicherheit im Weltraum führen. Ein kooperativer Strategiewandel ist auch Voraussetzung einer aktiven Nichtverbreitungspolitik. Ein multilateraler Vertrag über Gemeinsame Sicherheit im Weltraum würde den kooperativen Übergang von MAD zu einer "eooperative threat reduetion (CTR)"476 erleichtern, in dem er den Nuklearmächten ermöglicht, die gegenseitig erforderlichen strategischen Vertrauensmaßnahmen ("strategie reassuranee measures") zu ergreifen und zu formalisieren. Banning Garrett,477 der solche Maßnahmen insbesondere im Zusammenhang mit NMD-Entscheidungen für dringlich hält, definiert sie wie folgt: "Strategic mistrust in the post-Cold War era creates the need for measures to reduce suspicions between and among states about their long-term political, military, and economic objectives - that is, their strategie intentions. Broadly speaking, strategie reassurance measures are steps that one nation takes to address the concerns of other nations that are suspicious of its broad, long-run intentions." 474 Fujita, CSBMs in Outer Space: Some Political Considerations, in Alves (Hrsg.), CSBM's and Outer Space Activities (UNIDIR 1995) S. 73: "Arms races tend to occur when states seek unilateral security in an international environment perceived as ho stile or volatile. Arms limitations are likely to occur when states realize that human and material resources devoted to an arms race may be reaching levels beyond that which is politically or economically bearable. Disarmament may occur when states understand that their security is better ensured by the consolidation of a co-operative international environment than by the quest for elusive military supremacy." 475 Fn. 458 u. o. B. III. 2. e) sowie E. I. 2. In der Erklärung sind in Bezug auf Defensivsysteme u. a. gemeinsame Forschungen vorgesehen. 476 Krepon, Fn. 468 S. 81. 477 Garrett, The Need for Strategie Reassurance in the 21 SI Century, Arms Control Today 31 (März 2001) S. 9. 18*

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

Kooperatives Vorgehen in der NMD-Frage heißt zunächst vor allem eine Übereinstimmung mit Russland und China suchen. Nur in Abstimmung zwischen den großen Nuklearmächten lässt sich auch das multilaterale Nichtverbreitungsregime aufrechterhalten. 478 Europa, das über das MTCRRegime ein zentraler Akteur im Nichtverbreitungsregime ist, könnte stärker eine eigenständige Rolle übernehmen, in dem es eine aktive Nichtverbreitungspolitik betreibt und die nah- und mittelöstliche Region mit den Hauptverbreitungsländern zu seiner "südlichen Verantwortungssphäre" erklärt. 479 Die Kritik der Friedensforschung an der nuklearen Abschreckung hat durch die Befürworter einer NMD 480 von nicht erwarteter Seite Unterstützung erfahren. Eine Überwindung von MAD erscheint heute unausweichlich. Der Päsident des Henry L. Stimson Centers, Micheal Krepon,481 schlägt die Ersetzung von MAD durch CTR vor und sieht diesen Prozess mit dem 1991 begonnenen amerikanisch-russischen kooperativen Nuklearprogramm bereits eingeleitet. "By the end of October 2000, CTR programmes in the former Soviet Union had secured the deactivation of 5,014 nuc1ear warheads, destroyed 407 intercontinental ballistic missiles (ICBMs) and 366 ICBM silos; eliminated 68 strategic bombers and 256 launchers from ballistic missile-carrying submarines; destroyed 148 submarine-launched ballistic missiles, 17 ballistic missile-carrying submarines, and 204 long-range cruise missiles; and sealed 194 nuc1ear test-tunnels ... ".

Senator Lugar482 als Mitinitiator des Programms fordert zu Recht eine Globalisierung der "cooperative threat reduction programs". Dies wird erfolgreich nur in einem multilateralen Rahmen möglich sein. 483 Dies ist auch 478 Pullinger, Missile Defence in Perspective (ISIS Briefing on Ballistic Missile Defence, Nr. 7, London November 2001) S. 10: "It is crucial that any strategic missile defence system is deployed in the context of agreement with Russia and China as this will help maintain the continued viability of the multilateral non-proliferation regime."; Neuneck, Fn. 468 S. 52. 479 s. den Vorschlag von Vertretern der Vereinigung deutscher Wissenschaftler in Memorandum. Warnung vor den Raketenabwehrplänen der USA. "Plädoyer für ein europäisches "Diplomatie-Zuerst !"-Konzept, Wissenschaft und Frieden (Heft 1 2001) S. 40. 480 s. beispielhaft die Argumentation des Vizepräsidenten der Heritage Foundation Holmes, Par-deUt de la destruction mutuelle assuree: le röle d'une defense antimissile pour assurer la paix et la stabilite, Politique Etrangere (2001) S. 867. 481 Fn.468. 482 Rede von Senator Lugar vor dem Council on Foreign Relations vom 4. 3. 2002, "NATO After 9/11: Crisis or Opportunity?"; Senator Lugar forderte dringend eine aktive Nichtverbreitungspolitik weltweit, dazu schlägt er die Globalisierung des "Nunn-Lugar"-Programms von 1991, das bisher auf Threat-Reduction der ehemaligen Sowjetunion beschränkt war, vor. Ziel müsse sein, weltweit alle WMD identifizieren, bewachen und letztlich zerstören zu können, indem ein "satisfactory level of accountability, transparency, and safety ... in every nation with a WMD program" erreicht werde. Er kündigt dazu einen Gesetzesentwurf an, mit dem die Administra-

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das Ziel verstärkter europäischer Anstrengungen zur Multilateralisierung des im MTCR-Rahmen erarbeiteten Internationalen Verhaltenskodex gegen die Proliferation ballistischer Raketen (International Code of Conduct against the Ballistic Missile Proliferation - ICoC) durch Einbeziehung einer größeren Zahl von Trägertechnologiestaaten, darunter China, Pakistan, Indien, Iran und Israe1. 484 Eine Ausweitung dieser Programme allein genügt jedoch nicht zur Überwindung der Abschreckung. Sie bedarf der Einbettung in ein umfassendes System Gemeinsamer Sicherheit. Natürlich ist das alles nur schrittweise erreichbar. Da aber die Nutzung des Weltraums nicht nur die heutige, sondern die künftigen Generationen beschäftigen wird, wird auch der Anspruch der internationalen Gemeinschaft, dass das Menschheitsinteresse auch und gerade in den mit der militärischen Nutzung des Weltraums durch eine mögliche Raketenabwehr verbundenen Überlebensfragen von nuklearer Abschreckung und Abrüstung zwingend berücksichtigt werden muss, nicht nur heute, sondern auf lange Sicht eingefordert werden. 5. Folgerung

Auf einer allgemeinen Ebene sind die Grundsätze Gemeinsamer Sicherheit im Verhältnis der großen Nuklearmächte anerkannt. Ihre konkrete Anwendung in Bezug auf die Sicherheit im Weltraum wird dagegen erheblicher Annäherungen in den Fragen der militärischen Nutzung des Gemeinschaftsraums und insbesondere einer kooperativen Regelung der mit der möglichen Einführung einer strategischen Raketenabwehr verbundenen Probleme erfordern. Die Menschheitsklausel des Weltraumvertrages legt den Weltraummächten dabei die Pflicht auf, kooperative Anstrengungen im Interesse der Sicherheit aller Staaten, d. h. im Sinne Gemeinsamer Sicherheit tion ermächtigt werden solle, das "Nunn-Lugar"-Programm zu globalisieren und Kontakte mit den betreffenden Staaten aufzunehmen. 483 lankowitsch, Arms Control in Outer Space: the need for new legal action, in lasani (Hrsg.), Space Weapons - The Arms Control Dilemma (SIPRI 1984) S. 180 fordert dazu die Einbindung von "pertinent provisions of existing bilateral treaties ... into the multilateral realm 484 s. zu MTCR Alves, Access to Outer Space Technologies: Implications for International Security (UNIDIR, 1992); Baines, A Variant of a Mandate for an Ad hoc Committee on Outer Space within the Conference on Disarmament: A Convention for the Non-Weaponization of Outer Space, in BeierlMataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 65; Cleminson, Banning the Stationing of Weapons in Space Through Arms Control: A Major Step in the Promotion of Strategie Stability in the 21 SI Century, in Beierl Mataila (Hrsg.) S. 35. H.

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C. Der Grundsatz des "Gemeinsamen Erbes der Menschheit"

zur Verwirklichung der Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft und in Erfüllung der nuklearen Abrüstungsverpflichtung zu unternehmen. Vor diesem Hintergrund wird in Kapitel D. V. im Einzelnen unter Heranziehung des IGH-Gutachtens zu Nuklearwaffen geprüft, welche rechtlichen Maßstäbe sich aus der Menschheitsklausel und dem CHOM-Status des Weltraums für einen Strategiewandel ergeben, insbesondere wenn dieser zu einem Übergang zu aktiver militärischer Nutzung des Gemeinschaftsraums von zerstörerischer Art führen sollte. Die kooperativen Lösungen könnten in einen multilateralen Vertrag über kooperative/Gemeinsame Sicherheit im Weltraum einmünden. Die möglichen Elemente eines solchen Vertrages werden im abschließenden rechtspolitischen Kapitel dargelegt. Zunächst gilt es, unter Berücksichtigung des CHOM-Status des Weltraums und des besonders im Weltraumrecht deutlich gewordenen völkerrechtlichen Strukturwandels, speziell auch mit Blick auf die internationale Sicherheit und Friedenssicherung, die Rechtslage in Bezug auf die militärische Nutzung des Gemeinschaftsraums de lege lata zu untersuchen.

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums als Strukturelement des weltraumrechtlichen CHOM-Prinzips und die Verwirklichung des Menschheitsinteresses im Sicherheitsbereich Des controverses au sujet de l'analyse de cet article, de certaines ambiguites de redaction, et de divergences d'interprhation entre sovihiques et americains n'enlevent rien a l'importance du principe Jondamental des utilisations pacifiques de l'espace. Claude-Albert Colliard 1

I. Anwendungsbereich des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraums 1. Unterschiedliche Entmilitarisierungsgrade von Himmelskörpern einschließlich des Mondes einerseits und des Weltraums per se andererseits

Die erste Resolution der VN-Generalversammlung von 1957, welche den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums enthielt, bezog diesen ausdrücklich auf den gesamten Weltraum und nicht nur auf die Himmelskörper? Dies war auch das Verständnis, das der Prinzipien-Deklaration von 1963 zu Grunde lag. 3 Dagegen bezieht der Weltraumvertrag in seiner Entmilitarisierungsbestimmung in Artikel IV Absatz 2 WRV das Gebot der friedlichen Nutzung ausdrücklich lediglich auf die Himmelskörper einschließlich des Mondes und verbietet dort jegliche militärische Tätigkeit mit Ausnahme für wissenschaftliche Zwecke, während er in Absatz 1 in Bezug auf den Weltraum per se nur die Stationierung von Nuklear- und 1 Colliard, Espace extra-atmospherique et grands fonds marins, in Humanite et Droit International. Melanges Rene-Jean Dupuy (1991) S. 106. 2 VN Res. 1148 (XII) v. 14. 11. 1957: " ... to ensure that the sending of objects through outer space shall be exclusively for peaceful and scientific purposes." 3 Erklärung vom 13. 12. 1963 über Rechtsgrundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums, VN-Res. 1962 (XVIII), abgedruckt in WelcklPlatzöder, Weltraumrecht. Outer Space Law. Textsammlung (1987) S. 602.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

anderen Massenvemichtungswaffen im Orbit ausdrücklich untersagt. Artikel IV WRV lautet: "Die Vertragsparteien verpflichten sich, keine Gegenstände, die Kernwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen tragen, in eine Erdumlaufbahn zu bringen und weder Himmelskörper mit derartigen Waffen zu bestücken noch solche Waffen im Weltraum zu stationieren. Der Mond und die anderen Himmelskörper werden von allen Vertragsstaaten ausschließlich zu friedlichen Zwecken benutzt. Die Errichtung militärischer Stützpunkte, Anlagen und Befestigungen, das Erproben von Waffen jeglicher Art und die Durchführung militärischer Übungen auf Himmelskörpern sind verboten. Die Verwendung von Militärpersonal für die wissenschaftliche Forschung oder andere friedliche Zwecke ist nicht untersagt. Ebenso wenig ist die Benutzung jeglicher für die friedliche Erforschung des Mondes und anderer Himmelskörper notwendiger Ausrüstungen oder Anlagen untersagt."

In direkter Anwendung auf den Weltraum per se wird die friedliche Nutzung nur in der Präambel und im Rücksichtnahmegebot des Artikel IX WRV, der von "eine[r] möglicherweise schädliche[n] Beeinträchtigung von Tätigkeiten anderer Vertragsstaaten bei der friedlichen Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper" spricht, genannt. 4 Daraus entspann sich in der Literatur5 eine Kontroverse, ob und in welchem Umfang der Grundsatz der friedlichen Nut4 Präambelparagraph 2: " ... the common interest of all mankind in the progress of the exploration and use of outer space for peaceful purposes". 5 Goedhuis, An Evaluation of the Leading Principles of the Treaty on Outer Space of 27'h January 1967, NTIR 15 (1968) S. 28; Cheng, The 1967 Treaty, Journal de Droit International 95 (1968) S. 360; ders., Military Use of Outer Space: Article IV of the 1967 Space Treaty Revisisted, in Cheng/Kim (Hrsg.), The Utilization of the World's Air Space and Free Outer Space in the 21 s' Century. Proceedings of the International Conference on Air and Space Policy, Law and Industry for the 21 s' Century held in Seoul from 23-25 June 1997 (2000) S. 305; Gorove, Studies in Space Law. Its Challenges and Prospects (1977) S. 89; ders., Developments in Space Law. Issues and Policies (1991) S. 254 ff.; ders., Arms Control in Space: Issues and Alternatives, ZLW 33 (1984) S. 191; Harndt, Die militärische Nutzung des Weltraums und ihre völkerrechtlichen Grenzen, Revue de Droit Penal Militaire de la Guerre, 26 (1985) S. 75 f.; Verplaetse, Autour de I' Art. 4 du Traite de Droit Cosmique du 27 janvier 1967, Revue Generale de I'Air et de I'Espace 21 (1968) S. 50; Bueckling, Der Weltraumvertrag (1980) S. 39; ders., Friedliche Nutzung des Weltraums, ZLW 15 (1966) S. 237; weitere Literaturnachweise bei Beer, Der Weltraum und seine militärische Nutzung in Friedenszeiten im Lichte des Vertragsvölkerrechts (Dissertation 1987) S. 125; Koch, Die friedliche Regelung der Benutzung des Weltraums in Art. IV des "Vertrages über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper" vom 27. Januar 1967 als rechtliches Instrument zur Friedenssicherung: Entstehung, Inhalt und politische Bedeutung (Dissertation 1975); Taeger, The Legality of Military Use in Outer Space (1967) S. 77 ff.; Stadler, Rechtliche Schranken der militärischen Tätigkeiten 1m Weltraum und auf Himmelskörpern in Friedenszeiten (Dissertation 1975) S. 56.

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zung für den gesamten Weltraum oder nur für die Himmelskörper Anwendung findet. Eine Reihe von Autoren6 entnahm der Entstehungsgeschichte der Bestimmung in den Verhandlungen zum Weltraumvertrag, dass der Grundsatz nicht auf den gesamten Weltraum angewendet werden sollte. Beer7 und zuvor KochS berufen sich Dembling/Arons9 folgend auf die travaux preparatoires zu Artikel IV Absatz 2 WRV. Danach haben die USA und die UdSSRIO bewusst eine Anwendung des Artikel IV auf den Welt6 Schweitzer, Die Entmilitarisierung des Weltraums durch den Weltraumvertrag, in BodenschatzlBöckstiegellWeides (Hrsg.), Beiträge zum Luft- und Weltraumrecht, Festschrift zu Ehren von A1ex Meyer (1975) S. 363: "Dies ergibt sich außer aus den Standpunkten der USA und der UdSSR auch daraus, daß beim Entwurf des Weltraumvertrages Abänderungsvorschläge einzelner Länder dahingehend, daß das Gebot der friedlichen Nutzung für den gesamten Weltraum und die Himmelskörper festgelegt werden sollte, nicht angenommen wurden."; ebenso Böckstiegel, Die Nutzung des Weltraums. Allgemeine Grundsätze, in ders. (Hrsg.), Handbuch S. 270; Beer, Fn. 5 S. 125 ff.; Mateesco Matte, Aerospace Law (1969) S. 301; Goedhuis, Fn. 5 S. 28; Cheng, Fn. 5 in ChenglKim (Hrsg.) S. 319; Gorove, Fn. 5 (1977) S. 89; Koch, Fn. 5 S. 84 f.; Hamdt, Fn. 5 S. 75; Verplaetse, Fn. 5 S. 50; Bueckling, Fn. 5 (Weltraumvertrag) S. 39, der als einzige Grenze der militärischen Nutzung des Weltraums die Generalklausel des Artikel I WRV und die Anwendung der VNCharta nach Artikel III WRV sieht. 7 Beer; Fn. 5 S. 127. In der Zusammenfassung seiner Untersuchung zur rüstungskontrollpolitischen Bedeutung des Weltraumvertrages kommt Beer zu dem widersprüchlichen Ergebnis, der Weltraumvertrag habe "auch heute noch ... als die wohl effektivste multilaterale völkerrechtliche Vereinbarung auch auf dem Rüstungskontroll-Sektor zu gelten" (S. 147), während er aber zugleich feststellt (S. 150), dass "der Weltraumvertrag eine allgemein nur marginale Bedeutung hinsichtlich der aktuellen militärischen Nutzung des Alls hat ... ". Wenn Beer zu Recht davon ausgeht, dass der Weltraumvertrag von der internationalen Gemeinschaft als wichtiger Rüstungskontrollvertrag intendiert war und diese Wirkung auch anfangs entfaltete, so sollte in Zweifelsfällen bei seiner Auslegung der ursprünglichen Intention der Vertragsparteien Rechnung getragen werden und dies eben auch Einfluss auf die Feststellung von Anwendungsbereich und Inhalt des Grundsatzes der friedlichen Nutzung in Verbindung mit den anderen grundlegenden Prinzipien des Vertrages gerade auch in Bezug auf aktuell geplante militärische Nutzungen haben. Zur ursprünglichen rüstungsbeschränkenden Intention der Weltraummächte und allemal der internationalen Gemeinschaft s. auch Kries, Die militärische Nutzung des Weltraums, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 329: "Das Bestreben, den Weltraum in vertragliche Rüstungsbeschränkungen einzubeziehen, gab den eigentlichen Anstoß für die VN-Prinzipienresolution von 1963 und den Abschluss des darauf aufbauenden Weltraumvertrages von 1967."; Stares, The Militarization of Space. U.S. Policy, 19451984 (1985) S. 101; McDougal, ... the Heavens and the Earth. A Political History of the Space Age (1986) S. 177 ff. 8 Koch, Fn. 5 S. 84. 9 DemblinglArons, The Evolution of the Outer Space Treaty, Journal of Air Law and Commerce 33 (1967) S. 434. !O Sowohl der Vertragsentwurf der USA wie derjenige der UdSSR sahen die Anwendung des Grundsatzes nur auf den Mond und die anderen Himmelskörper vor; UN Doc. A/AC 105/C 2/SR 62 v. 20. 10. 1966. Als Nachweis zieht Stadler, Fn. 5

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

raum per se abgelehnt. Wie in Kapitel B. I. 2. II ausgeführt, beruhte dies aber auf dem Bestreben, Zweifel an der Zulässigkeit des Durchflugs ballistischer Raketen durch den Weltraum auszuschließen, jedoch nicht auf einer generellen Absicht, den Weltraum aktiven zerstörerischen Nutzungen zugänglich zu machen. Schließlich wird als Argument angeführt,12 die Präambel sowie die Prinzipien der Menschheitsklausel und der Kooperation in Artikel I, III und IX WRV könnten nicht zur Anwendung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung auf den gesamten Weltraum herangezogen werden, da sie "zu vage" seien. Eine große Zahl von Autoren,13 unter den deutschen Weltraumrechtswissenschaftlern, vor allem Alex Meyer l4 und Kries,15 hat demgegenüber S. 60 auch die Erklärungen (s. UN Doc. AlAC. 105/C2/SR 66 v. 21. 10. 1966) von US-Botschafter Goldberg zu Artikel IV: " ... some prohibitions were relevant only to celestial bodies and not to outer space as a whole ... " und des russischen Delegierten Morozow, wonach ,,[al number of questions would, of course, remain to be dealt with after the elaboration of the Treaty, particularly the use of outer space for exclusively peaceful purposes ... " heran, die aber nicht zwingend als pauschaler Ausschluss einer Anwendung des Grundsatzes auf den Weltraum zu verstehen sind. II s. o. Kapitel B. I. 2.; ebenso Beer, Fn. 5 S. 129 unter Verweis auf Chayesl ChayeslSpitzer, Space Weapons: The Legal Context, in LonglHafnerlBoutwell (Hrsg.), Weapons in Space (1986) S. 196: "Offenbar sollten die gerade zum Zeitpunkt der Schlußverhandlungen begonnenen Versuchsreihen mit Prototypen von ICBM's vom Weltraumvertrag nicht beeinträchtigt werden." Nach Christol, The 1966--67 Treaty: A Manifestation of the World Social Complex, in World Peace through Law Center (Hrsg.), World Peace through Law. The Geneva World Conference (1969) S. 143 spielte für die USA auch eine Rolle, Zweifeln an der Zulässigkeit von Reconnaissance-Satelliten keine Nahrung zu geben; ebenso Klinner, Satellitenfemerkundung im Völkerrecht (Dissertation 1987) S. 253 in dortiger Fn. 26, nach dem für die nur teilweise Entmilitarisierung des Weltraums ausschlaggebend war, dass die beiden Großmächte schon über militärische Aufklärungssatelliten verfügten. 12 Beer, Fn. 5 S. 130. 13 International Law Association, Report of the 69 th Conference (London 2000) (Beitrag Cheng) S. 586; Marcoff, Sur L'lnterpretation Juridique de l' Article 4 du Traite Regissant les Activites Spatiales des Etats, Revue general de I'Air 31 (1968) S. 42; ders., Disarrnament and "Peaceful Purposes" Provisions in the 1967 Outer Space Treaty, JSL 4 (1976) S. 11, der die Rechtspflicht zur friedlichen Nutzung des gesamten Weltraums aus der "common interest"-Klausel des Artikels I Absatz 1 WRV herleitet; Fasan, Diskussionsbeitrag, Proc. 10th Colloq. Space Law (1968) S. 115; Herczeg, Introductory Report, Proc. 10th Colloq. Space Law (1968) S. 106; Vlasie, Disarrnament Decade, Outer Space and International Law, Mc Gill Law Journal 25 (1981) S. 135; ders., Space Law and the Military Applications of Space, in lasentuliyana (Hrsg.), Perspectives on international Law (1995) S. 385; Andem, International Legal Problems in the Peaceful Exploration and Use of Outer Space (1992) S. 199; Christol, Fn. 11 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 143; lessuplTaubenfeld, Controls for Outer Space and the Antarctivc Analogy (1959) S. 257; Matte, Fn. 6 S. 268; Vazquez, Cosmic International Law (1965) S. 150; Fawcett, International Law and the Uses of Outer Space (1968) S. 29; Chaumont,

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überzeugend begründet, dass das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung auch für den Weltraum per se gilt. Dies war schon vor der Kodifizierung im Weltraumvertrag in den Vereinten Nationen von den Staaten anerkannt 16 und auch von der International Law Association 17 in einer Weltraumresolution 1958 und erneut 1960 nachdrücklich gefordert worden. Philip C. Jessup und Howard Taubenfeld haben nachgewiesen, dass bereits vor Annahme des Weltraumvertrages ein internationaler Konsens bestand,18 dass der Weltraum nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden soll. Diese Formulierung wird in Anwendung auf den Weltraum per se von der ersten Weltraum-Entschließung der VN-Generalversammlung 1148 vom 14. 11. 1957 19 über die Resolution 1472 vom 12. 12. 19592 welche den Welt-

°,

Le Droit de I'Espace (1970) S. 91; Chowdhury, Legal Aspects of Maintaining Outer Space far Peaceful Purposes, Proc. 31 st Colloq. Space Law (1989) S. 14; Monserrat Filho, Total Militarization of Space and Space Law: The Future of the Article IV of the 67' Outer Space Treaty, Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 358; Tatsuzwana, Some Observations on the Meaning of the Term "Peaceful Use" in Space Law, Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 93; Altemir, EI Patrimonio Comun de la Humanidad. Hacia un regimen juridico international para su gestion (1993) S. 75. 14 Meyer, Die Auslegung des Begriffs "friedlich" im Lichte des Weltraumvertrages, ZLW 18 (1969) S. 39: "Nicht friedliche Tätigkeiten aller Art sind im Weltraum als solchem verboten. Nur friedliche Tätigkeiten sind erlaubt."; ders., Der Begriff "friedlich" im Lichte des Vertrages über Grundsätze der Tätigkeiten der Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und der anderen Himmelskörper (Weltraum vertrag) , abgeschlossen am 27. 1. 1967 in London, Moskau und Washington, ZLW 17 (1968) S. 117-119. 15 Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 335: " ... der Weltraum insgesamt nur zu friedlichen Zwecken und der Mond speziell nur zu ausschließlich friedlichen Zwecken genutzt werden darf ... "; ebenso auch Bueckling, Fn. 5 (ZLW 15) S. 237; Wolter, The Peaceful Purpose Standard of the Common Heritage of Mankind Clause in Outer Space Law, ASILS International Law Journal IX (1985) S. 117. 16 Jenks, Space Law (1965) S. 304; Fasan, Fn. 13 S. 115; Herczeg, Fn. 13 S. 106; Dauses, Bestehen und Inhalt von Weltraumgewohnheitsrecht, ZLW 20 (1971) S. 279; McMahon, Legal Aspects of Outer Space, BYIL 38 (1962) S. 353. 17 International Law Association, Report of the 48 th Conference (1958) S. 329 betonte "the overriding interest of the community of nations in the peaceful and beneficial use of outer space, ... "; dies., Report 49 th Conference (1960) S. 268: "The International Law Association ... 3. Considers that the most important principles which can be formulated at the present time are the following: (a) Outer space and celestial bodies should be utilized only far peaceful purposes to the greatest common profit of all mankind in accordance with the principles of the United Nations Charter ... " 18 JessuplTaubenjeld, Fn. 13 S. 257: "There was universal agreement on confining the use of space to ,peaceful' purposes, a concept already expressed by the General Assembly."; DeSassure, The New Era in Outer Space, Akron Law Review 13 (1980) S. 595: "The Outer Space Treaty clearly mandates that outer space will be used for peaceful purposes only." 19 Fn.2. 20 Abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 597.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

raum-Ad Hoc-Ausschuss, der sich in seinem Namen "Committee on the Peaceful Uses of Guter Space" auf den ganzen Weltraum und nicht nur die Himmelskörper bezieht, einrichtete, über die Resolution 1721 vom 20. 12. 1961 21 mit dem Titel "International Co-operation in the Peaceful Uses of Guter Space" und der Weltraum-Rechtsgrundsätze-Resolution der VN-Generalversammlung 1962 vom 13. 12. 196322 sowie der Resolution 1963 vom 13. 12. 196923 zur internationalen Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung des Weltraums, welche die Mitgliedstaaten auffordert" to continue and to extend co-operative arrangements so that all Member States can benefit from the peaceful exploration and use of outer space", bis zum Weltraumvertrag in allen multilateralen Weltraumdokumenten durchgängig verwendet. Deshalb ist jedenfalls in Bezug auf seine Anwendung auf den ganzen Weltraum auch von einer völkergewohnheitsrechtlichen Geltung des Grundsatzes auszugehen,24 auch wenn hinsichtlich seiner Auslegung von Anfang an unterschiedliche Auffassungen bestanden. Christol, 25 der sich über viele Jahre ausführlich mit dem Gebot der friedlichen Nutzung befasst hat, begründet dessen Anwendung auf den ganzen Weltraum neben der völkergewohnheitsrechtlichen Grundlage auch mit dem besonderen kooperativen Charakter des Weltraumrechts, das eine mit einer nicht-friedlichen Nutzung einhergehende "exclusive control" im ganzen Weltraum ausschließe. Auch eine rechts systematische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere ist der Umkehrschluss aus der ausdrücklich lediglich auf den Mond und die anderen Himmelskörper bezogenen Bestimmung des Artikel IV Absatz 2 WRV, dass der Weltraum als solcher nicht friedlich genutzt werden könne, nicht zutreffend, da dieses Ergebnis der Gemeinwohlverpflichtung des Artikel I Absatz 1 WRV widerspräche. Andernfalls wären sogar militärische Manöver im Weltraum zulässig, was bislang auch die Weltraummächte nie gefordert haben?6 Artikel IV Absatz 2 WRV ist also viel mehr als eine ausdrückliche Bekräftigung des allgemeinen weltraumrechtlichen Grundsatzes der friedlichen Nutzung in Bezug auf die Abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 598. Abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 602. 23 Abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 604. 24 Jenks, Fn. 16 S. 304; Meyer, Fn. 14 ZLW 17 (1968) S. 117-119; Sontag, Der Weltraum in der Rechtsordnung des Völkerrechts (1966) S. 144 ff. 25 Christol, Fn. 11 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 156: "the customary international law of outer space - as confirrned by the Treaty - requires that the moon and other celestial bodies shall be used exclusively for peaceful purposes. It has been the position of this author that the principle of space law is equally applicable to outer space."; ders., S. 153: "Peaceful and shared use, rather than ownership or exclusive contral, has become the dominant theme of the New Law." [Hervorhebung von mir] 26 Meyer, Fn. 14 S. 117. 21

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I. Anwendungsbereich des Rechtsgebots

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Himmelskörper zu verstehen?7 Kriei 8 unterscheidet unterschiedliche Intensitätsgrade zwischen dem Gebot der "friedlichen" Nutzung des Weltraums und der "ausschließlich friedlichen" Nutzung des Mondes und der Himmelskörper. In der Staatspraxis, etwa in Artikel 11 des ESA-Abkommens, wird aber auch der verstärkte Begriff "Nutzung zu ausschließlich friedlichen Zwecken" auf den ganzen Weltraum bezogen. 2. Anwendung des Grundsatzes auf den Weltraum per se in der Staatenpraxis Das Gebot findet also auf den Weltraum per se Anwendung. Dies war auch die US-Position, wie sie vom US-Kongress in Sektion 102 (a) des NASA Act von 1958 mit der Feststellung bekräftigt wurde, wonach alle Aktivitäten im Weltraum [und nicht nur auf den Himmelskörpern] friedlichen Zwecken zum Nutzen der gesamten Menschheit dienen sollten?9 In dem von Präsident Reagan dem US-Kongress vorgelegten Anns Control Impact Statement30 von 1985 zum SDI-Vorhaben heißt es, der Weltraumvertrag "establishes a general nonn for peaceful uses of outer space Allerdings war diese US-Haltung von Anbeginn mit der Einschränkung verbunden, dass dann angesichts der bereits etablierten und von den anderen Staaten widerspruchslos hingenommenen passiven militärischen Nutzungen, insbesondere durch Aufklärungssatelliten und den Durchflug ballistischer Raketen im erdnahen Teilorbit, der Ausdruck "friedlich" im Sinne von "nicht aggressiv" auszulegen sei, damit deren Zulässigkeit nicht in Frage gestellt werden kann. 31 Bis heute haben die USA diese Haltung, dass sich der Grundsatz der friedlichen Nutzung auf den ganzen Weltraum bezieht, in ihrer Gesetzgebung 32 und in der Vertragspraxis, zum Beispiel in den Abkommen zur Zusammenarbeit mit anderen Staaten bei der Errichtung und H.

27 Meyer; Fn. 14 S. 117; Bentzien, Die militärische Nutzung des Weltraums, ZLW 25 (1986) S. 321; Herczeg, Fn. 13 S. 106; Slink, Satellitenfernerkundung zur Verifikation von Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträgen (Dissertation 1996) S.91. 28 Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 353. 29 National Aeronautics and Space Act (NASA Act), Public Law 86-568, 85 th Congress, First Session, H.R. 12575, 29. Juli 1958 S. 5; s. B. I. 1. bb) Fn. 12. 30 Zitiert nach Young, Law and Policy in the Space Stations' Era (1989) S. 294. 31 s. u. Kapitel D. II. 2. b) Reed/Norris, Military Use of the Space Shuttle, Akron Law Review 13 (1980) S. 674; DeSassure, Fn. 18 S. 595; Heintze, Peaceful Uses of Outer Space and International Law, in Bender/Hagen/Kalinowski/SchejJran (Hrsg.), Space Use and Ethics, Bd. 1 (2001) S. 243. 32 Die USA halten auch nach SDI an der offiziellen Unterstützung der "peaceful purposes"-Klausel fest. So heißt es in einem Amendment zum NASA Act v. 16. 7. 1986 zu Section 107: "The civil space station may be used only for peaceful purposes.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Nutzung der Internationalen Weltraumstation, beibehalten. 33 So sieht das Abkommen NASA-ESA vom 29. 9. 1988 34 in Artikel 1 Absatz 1 vor, dass Aufgabe der Partnerschaft sei, " . . . to define cooperation .. . in the development, co operation and utilization of the Space Station for peaceful purposes ... ". Der Einigung auf die "friedliche Nutzung" sind allerdings schwierige Verhandlungen vorausgegangen, da die Partner der USA gegen die Überlegungen in den USA, die Weltraumstation auch im Zusammenhang mit den SV/-Plänen nutzen zu wollen,35 Bedenken vorbrachten. Schließlich wurde mit der Bestimmung des Artikel 9 Absatz 8 (b), wonach der Partner des von ihm bereitgestellten Elements entscheidet, ob die geplante Nutzung mit seiner eigenen Auffassung von "friedlich" im Einklang steht, ein Kompromiss gefunden, der jeder Seite erlaubt, an ihrer Interpretation des Begriffs "friedlich" festzuhalten. In einem Briefwechsel hat die europäische Delegation bekräftigt, dass sie sich bei der Anwendung des Artikel 9 Absatz 8 von Artikel 11 des ESA-Abkommens leiten lässt, wonach die ESA "ausschließlich friedliche Zwecke" verfolgt. 36 Kein Zweifel bestand also auch in diesen jüngeren Verhandlungen, dass sich der Grundsatz auf den Weltraum per se, in dem ja die Weltraumstation stationiert wird, und nicht nur auf die Himmelskörper bezieht.

33 Young, Fn. 30 S. 201; Salin, Satellite Communications Regulations In the Early 21 st Century. Changes for a New Era (2000) und Nachweise in Fn. 34. 34 Kapitel B. 11. 2. h) Fn. 303. 35 Nach Äußerungen des Leiters der USAF's Space Command von 1986 sollte die Weltraumstation in das SDI-Vorhaben einschließlich bewaffneter bemannter Raumfahrt-Überlegungen einbezogen werden: "We are taking a hard look at the role of military man in space and how to make his utilization compatible with new launch vehicles, on-orbit servicing ... We do have the problem of finding and using a platform to explore the utility of man in space for military missions. There may be a need to do that on the space station."; zitiert nach Young, Fn. 30 S. 297; Young, S. 38 sieht in der Prtifung einer "role of the military man in space" durch das US Department of Defense ein "volte-face from the position maintained by the DOD since the space station project was first announced." Die Rechtsberater der Air Force, Major General Reed und Colonel Norris, Fn. 31 S. 571 treten nachdrücklich für eine militärische Nutzung der Space Shuttle ein; O'Brien, The U.S./lnternational Space Station, JSL 15 (1987) S. 41: " these negotiations [werel temporarily suspended ... while the interest in the Space Station by the U.S . Department of Defense was sorted out ... "; Goedhuis, Some Observations on the Attitude of WestEuropean Governments to the Development of Defensive Weapons in Outer Space, JSL 15 (1987) S. 110 meint, dass diese neue US-Haltung auch von dem "Soviet manned military demonstrations on the Salyut 7 space station as monitored by U.S . intelligence agencies" beeinflusst worden sein könnte; zur kanadischen und japanischen Position, auch in Bezug auf die Weltraumstation an der "friedlichen" Nutzung im Sinne von "nicht-militärisch" festzuhalten s. o. Kapitel B. 11. 2. h) S. 75 Fn. 300 u. 301 und Young, Fn. 30 S. 225. 36 Reifarth. Die Weltraumstation, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 544.

11. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots

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3. Fazit Die Frage der Anwendung des Grundsatzes auf den ganzen Weltraum darf nicht mit dem Problem der unterschiedlichen Auslegung des Begriffs und des Demilitarisierungsgrades verwechselt werden. In der Staatenpraxis wird der Grundsatz einheitlich auf den ganzen Weltraum bezogen. Die Anwendung des Gebots der friedlichen Nutzung auf den gesamten Weltraum ist eine folgerichtige Konkretisierung der Allgemeinwohlverpflichtung des Artikel I Absatz 1 WRV und des CHOM-Prinzips, die sich ihrerseits als fundamentale Grundsätze des Weltraurnrechts auf den gesamten Weltraum beziehen. 37 Dies entspricht auch dem Strukturzusammenhang zwischen dem Grundsatz der friedlichen Nutzung und dem Strukturprinzip des CHOM.

11. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraums 1. Der Begriff "friedlich" im Recht der internationalisierten Räume

und weitere Analogien

Der Begriff "friedlich" wird weder in den einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung noch im Weltraum- oder Mondvertrag definiert, weshalb von Anfang an Unklarheiten hinsichtlich des Inhalts und der Reichweite des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung im Weltraurnrecht aufgetreten sind. Die Literatur38 über die Auslegung des Begriffs "fried37 Marcoff, Fn. 13 JSL 4 (1976) S. 11: " ... a new principle implying a fixed obligation to use outer space exclusively for peaceful purposes ... has been introduced into the text of the Treaty '" through the provision ... that the exploration and use of outer space shall be carried out for the benefit and in the interests of all countries. The principle of peaceful purposes has been achieved through a form of circumlocution in which several words are employed rather than the single word ,peaceful'. This has produced aprescription which is a logical derivation and which undoubtedly excludes all military uses· of outer space." 38 Das International Institute of Space Law der International Astronautical Federation hat sich seit Verabschiedung des Weltraumvertrages bis in die jüngste Zeit fast auf jeder Jahrestagung mit dem Problem der militärischen Nutzung des Weltraums und der Auslegungskontroverse um den Begriff "friedlich" befasst; s. Proc. 10th Colloq. Space Law (1968) S. 143 ff.; 12th Colloq. (1970) S. I ff.; 13 th Colloq. (1971); 17 th Colloq. (1975); 25 th Colloq. (1983) S. 69 ff.; 27 th Colloq. (1985); 28 th Colloq. (1986) S. 1 ff.; 29th Colloq. (1987) S. 1 ff.; 30th Collo~. (1988) S. 1 ff.; 31 st Colloq. (1989) S. 1 ff.; 37th Collog. (1995) S. 201 u. 250; 42n Colloq. (2000); 43 rd Colloq. (2001) S. 275 ff.; einen Uberblick zur älteren Literatur geben Koch, Fn. 5 S. 102 ff.; Stadler, Fn. 5 S. 63 ff. und Diederiks-Verschoor, Die Bedeutung des Begriffs "friedlich" im Weltraum vertrag von 1967, in Böckstiegel/BodenschatzIWeides (Hrsg.), Festschrift zu Ehren von Alex Meyer (1975) S. 301; Poulantzas, Zur Problematik der Rüstungskontrolle und internationalen Überwachung nach

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

lieh" im Weltraumrecht ist Legion, ohne dass es zu irgendeiner Annäherung oder gar Lösung der Kontroverse um seinen Inhalt gekommen ist. Für die dem Weltraumvertrag vom 27. l. 1967, in ZLW 17 (1968) S. 122; ders., The Outer Space Treaty of January 27, 1967 - a decisive step towards Arms Control, Demilitarization of Outer Space and International Supervision, Revue Hellenique de Droit International 20121 (1967/68) S. 69; Courteix, Le Traite de 1967 et son Application en Matiere d'Utilisation Militaire de l'Espace, Politique Etrangere 36 (1971) S. 252; Orr, The Treaty of Outer Space: An Evaluation of the Arms Control Provisions, Columbia Journal of Transnational Law (1968) S. 262; zur neueren Literatur unter Berücksichtigung der SDI- und NMD-Debatte s. Galloway, J. E.: The Law and U.S. Policy on National Missile Defense, Proc. 43 rd Colloq. Space Law (2001) S. 292; Andem, International Legal Problems in the Peaceful Exploration and Use of Outer Space (1992) S. 185 ff.; ders, Implications of the 1967 Outer Space Treaty in the New Millenium: ABrief Reflection on the Implications of Proposed Missile Defense Systems, Proc. 43 rd Colloq. Space Law (2001) S. 275; Monserrat Filho, Fn. 13 S. 358; Health, Mahan's Legacy: How Will a New Generation of Weapons Fit into Competing Visions of Outer Space?, Proc. 43 rd Colloq. Space Law (2001) S. 298; Heintze, Fn. 31 in BenderlHagenlKalinowskilScheffran (Hrsg.) S. 243; Vlasie, The Legal Aspects of Peaceful and Non-Peaceful Uses of Outer Space, in Jasani (Hrsg.), Peaceful and Non-Peaceful Uses of Space. Problems of Definition for the Prevention of an Arms Race (1991 UNIDIR) S. 37; ders., Fn. 13 in Jasentuliyana (Hrsg.) S. 385; Reijnen, The Prevention of an Arms Race in Outer Space, in BenkölGraafflReijnen (Hrsg.), Space Law in the United Nations (1985) S. 147; dies., The United Nations Space Treaties Analysed (1995) S. 178; Topping, The Legality of President Reagan's Proposed Space-based Ballistic Missile Defense System, Georgia Journal of International Law 14 (1984) S. 329; Smith, Legal Implications of a Space-based Ballistic Missile Defense, California Western International Law Journal 15 (1985) S. 52; Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 323; ders., Weltraumrechtliche Aspekte der amerikanischen SDI-und ASAT-Programme, ZLW 34 (1985) S. 267; ders., International Space Law Implications of the U.S. SDI and ASAT Programs: The Current Legal Debate, ZLW 35 ~1986), S. 306; ders., SpaceBased Defenses and the Law of Outer Space, Proc. 30t Colloq. Space Law (1988) S. 106; Vitaliy, Strategic Defence Initiative and International Law, Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 15; Wolfrum, The Problems of Limitation and Prohibition of Military Use of Outer Space, ZaöRV 44 (1984) S. 784; Harndt, Fn. 5 S. 75; Jasentuliyana, International Space Law and the United Nations (1999) S. 101; Chayes, AbrahamlChayes Antonia H.lSpitzer, Fn. 11 in LonglHafnerlBoutwell (Hrsg.) S. 193; Fischer, Völkerrechtliche Schranken der Weltraumrüstung, in LabuschlMauslSend (Hrsg.), Weltraum ohne Waffen. Naturwissenschaftler warnen vor der Militarisierung des Weltraums (1984) S. 154; Wiessner, Human Activities in Outer Space: A Framework for Decision-Making, in ZwaanlVrieslTuinderlKuskuvelis (Hrsg.) Space Law: Views of the Future (1988) S. 7; Gorove, Fn. 5 (1991) S. 254 ff.; ders., Fn. 5 ZLW 33 (1984) S. 191; Hurwitz, The Legality of Space Militarization (1986); O'Neill, The Development of International Law Governing the Military Use of Space, in Durch (Hrsg.) National Interest and the Military Use of Outer Space (1984) S. 173; Wiewiorowska, Is the Peaceful Use of Outer Space Still Possible?, Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 111; ZedalislWade, AntiSatellite Weapons and Space Treaty of 1967, California Western International Law Journal 8 (1978) S. 482; Slink, Fn. 27 S. 77 ff.; Bowmann, Preventing an Arms Race in Space: Toward a Verifiab1e Ban on Space Weapons Deployment, in Proc.

11. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots

289

vergleichbaren Bestimmungen bezüglich der Antarktis und in der Satzung der Internationalen Atomenergie-Behörde sind diese Probleme dagegen nicht entstanden, da es in den einschlägigen Verträgen jeweils eine Legaldefinition gibt. Bei der Antarktis konstituiert der Antarktisvertrag 39 den Status einer völligen Entmilitarisierung, indem Artikel I vorschreibt, dass alle Maßnahmen militärischer Art, wie beispielsweise die Errichtung von Stützpunkten, die Durchführung militärischer Manöver und die Erprobung von Waffen verboten sind. Die Satzung der IAEA 40 schreibt in Artikel 11 ausdrücklich vor, dass die ,,friedliche" Nutzung der Atomenergie eine "militärische Verwendung" ausschließt. Für den Meeresboden besteht keine Legaldefinition. Die Bedeutung des Gebots der friedlichen Nutzung des Meeresbodens in Artikel 141 SRK als "nicht-militärisch" ist wegen hartnäckiger gegenteiliger Bestrebungen vor allem der USA41 zu Beginn der siebziger Jahre ebenso wie für den Weltraum weiterhin umstritten. Jedoch wird auf Grund der Errichtung der Meeresbodenbehörde angenommen, dass sich eine völlige Entmilitarisierung in Bezug auf den Meeresboden wird durchsetzen können. 42 Nach Wolfrum 43 ergibt eine vergleichende Zusammenschau der Bestimmungen für internationalisierte Räume, dass dem Charakter als hoheitsfreier Gemeinschaftsraum ein weitgehend entmilitarisierter Status am ehesten entspricht. In Anwendung auf die Hohe See wird demgegenüber der Begriff ,,friedlich" in Artikel 302 SRK entsprechend der überkommenen Praxis einer militärischen Nutzung der Meere allerdings als "nicht-aggressiv" ausgelegt. Es wird daher argumentiert,44 der Weltraum habe im Grunde denselben Status wie die Hohe See, weshalb dieselbe, der Freiheit der Meere entsprechende, grundsätzlich unbeschränkte Freiheit der 30th Colloq. Space Law (1988) S. 17; ders., The Militarization of Space? The Real issue is the Weaponization of Space, Paper submitted to the International Progress Organization, 24. 9. 1984. 39 Washingtoner Abkommen vom 1. Dezember 1959 über die Antarktis, in Berber, Dokumente I S. 857. 40 Satzung der Internationalen Atomernergie-Behörde, BGBI. 195711, S. l357. 41 Merciai, La Demilitarisation des Fonds Marins, RGDIP 88 (1984) S. 51; Wolfrum, Die Internationalisierung staatsfreier Räume (1984) S. 411. 42 Payoyo, Cries of the Sea. World Inequality, Sustainable Development and the Common Heritage of Humanity (1997) S. 3l3; ähnlich schon Virally, Les Utilisations Militaires des Espaces et 1eur Limitation par le Droit International, RGDIP 88 (1984) S. 5. 43 Wolfrum, Fn. 41 S. 411; ebenso Dekanozov, Mankind's Interests and the Use of Outer Space for Peaceful Purposes, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 308. 44 DeSassure, Fn. 18 S. 596; Butler, Peaceful Use and Self Defense in Outer Space, Proc. 24 th Colloq. Space Law (1982) S. 81; s. ausführlich Koch, Fn. 5 S. 125; s. auch allgemein zur Argumentation, der Weltraum sei res communis und nicht CHOM Back Impallomeni, Zur Rechtsstellung von Drittstaaten gegenüber dem Mondvertrag von 1979, ÖZöRVR 33 (1982) S. 267 sowie weitere Nachweise o. Kapitel B. I. 1. b) Fn. 25. 19 Wolter

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Staaten auch im Weltraum gelte und das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung wie bei der Hohen See lediglich als Bestätigung des Aggressionsverbotes zu verstehen sei. Diese Argumentation verkennt jedoch wesentliche Unterschiede in der Entwicklung des Rechts der Hohen See und der des jungen Weltraumrechts. 45 Der Status der Hohen See und die Freiheiten der Hohen See sind geradezu archetypischer Ausdruck des klassischen Völkerrechts als Koexistenzrecht. Sie entstanden zu einer Zeit, als die Völkerrechtsordnung weder der Interdependenz der Staaten noch den Bedürfnissen einer sich konstituierenden internationalen Gemeinschaft Rechnung tragen musste. Die Ordnung für einen hoheitsfreien Raum wie die Hohe See konnte sich daher auf die bloße Abwehr von Hoheitsansprüchen im Sinne des res communis-Status beschränken. Weder waren Nutzungsregeln des Gemeinschaftsraums in Bezug auf die militärische Nutzung oder im Interesse der internationalen Gemeinschaft, die als solche keinerlei völkerrechtliche Bedeutung hatte, erforderlich noch gar materielle Beteiligungsrechte der überseeischen Territorien denkbar, die völkerrechtlich rechtlose abhängige Gebiete der Kolonialmächte waren. Eine ganz andere Ausgangslage nahm dagegen das Weltraumrecht, bei dessen Entwicklung und Festlegung des Status des Weltraums als internationalisierter Gemeinschaftsraum die Entwicklungsländer erstmals maßgeblich beteiligt waren. Ganz anders war auch die Ausgangslage in Bezug auf die Frage der zu berücksichtigenden internationalen Sicherheitsinteressen und der Entwicklung des völkerrecht45 Auf die begrenzte Vergleichbarkeit der Grundsätze des Seerechts und insbesondere der Freiheiten der Hohen See mit denen des Weltraumrechts wiesen schon Jessup/Taubenjeld, Fn. 13 S. 213 hin: "Even in peacetime, outer space is likely to present a different problem on this score, so that the range of technical problems which can be solved by analogy to the regime of the seas is thereby narrowed. The perhaps crucial political and security problems are left to be solved by some other regime for space."; Küchenhoff, G. Rechtsphilosophische Grundlagen des kosmischen Rechts, ASRP (1965) S. 461: "Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß der Weltraum nicht ohne weiteres analog dem freien Meer behandelt werden darf; dies vor allem deshalb, weil die Geschehnisse auf dem freien Meer nur horizontal auf einen Staat, also nur von der Seite her und daher nur indirekt wirken, während die Ereignisse im Weltraum sich vertikal auf den darunterliegenden Staat beziehen."; ebenso Kopal, Analogies and Differences in the Development of the Law of the Sea and the Law of Outer Space, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 154 und Almond, General Principles of Law: An Appraisal of the Correspondence of Principles Relating to the High Seas to Outer Space, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 120. Almond sieht wesentliche Unterschiede insbesondere auch auf Grund des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums: "With the growing development of peaceful activities in outer space, promoted and encouraged among states, the environment of space will shift away from militarization that has presently appeared. Under these changing conditions, the perspectives of states toward their stakes in peaceful activities, toward the fragile nature of space and its vulnerability to explosive devices, and toward the mutual advantages of peaceful enterprise might develop."

II. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots

291

lichen Kriegsverhütungsrechts. Zu einer Zeit, als das Völkerrecht noch ein ius ad bellum anerkannte, konnte von Beschränkungen militärischer Art generell und damit auch in Bezug auf die Nutzung bestimmter Gebiete keine Rede sein. Das Weltraumrecht war demgegenüber - wie ausführlich in Kapitel C. 11. dargelegt wurde - von Anbeginn geprägt von der dem Strukturwandel des Völkerrechts entsprechenden Betonung des Allgemeininteresses auch im Sicherheitsbereich. Es stand insbesondere unter dem Vorzeichen des Bestrebens der internationalen Gemeinschaft, das Überlebensinteresse der Menschheit im Zeitalter der atomaren Vernichtungsgefahr zu sichern und zu verhindern, dass diese auch aus dem Weltraum drohte. Während das Hauptanliegen der Freiheit der Hohen See entsprechend dem "Mare liberum" von Grotius46 darin bestand, die Inbesitznahme durch eine Imperialmacht oder die Aufteilung der Meere unter wenigen Mächten im Interesse des Welthandels und der Freiheit der aufkommenden Seemächte zu verhindern, war das Weltraumrecht von dem Bemühen durchdrungen, aus der Eroberung des Weltalls herrührende militärische Gefahren für die Erde zu verhindern und die friedliche Nutzung des Gemeinschaftsraumes im Interesse der ganzen Menschheit sicherzustellen. Anstatt also eine Analogie aus dem Grundsatz der Freiheit der Hohen See auf den Weltraum herleiten zu wollen, stellt sich vielmehr umgekehrt die Frage, ob die unbeschränkte militärische Nutzung der Hohen See in ihrem überkommenen Verständnis noch den Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft und dem seither eingetretenen Strukturwandel des Völkerrechts entspricht. Dies erklärt auch die andauernden Anstrengungen, die militärischen Nutzungen der Hohen See sei es hinsichtlich der Art und Weise, sei es regional zu begrenzen. 47 Naheliegender als der Vergleich mit der Freiheit und dem Status der Hohen See ist vielmehr die Parallelität zu der völlig entmilitarisierten Antarktis 48 oder den zur seI ben Zeit wie das Weltraumrecht entstandenen Status- und Nutzungsregelungen für den Meeresboden außerhalb nationaler Jurisdiktion. 46 Die Zurückweisung der Aufteilungsansprüche Spaniens und Portugals bezüglich der Meere im Vertrag von Tordesillas von 1494 ist das Hauptanliegen der 1608 von Hugo Grotius anonym veröffentlichten Schrift; s. Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht (8. Aufl. 1994) S. 29 Para. 88. 47 s. die Klage Australiens und Neuseelands gegen die französischen Nuklearwaffentests im Südpazifik vor dem lGH, zu denen das Gericht die vorläufige Aussetzung anordnete; lCJ Reports 1973, S. 99, 135 ff. In der Sache entschied das Gericht auf Grund der einseitigen Verpflichtungserklärung Frankreichs, nur noch unterirdische Kernwaffenversuche vorzunehmen, nicht mehr; ICJ Reports 1974 S. 272, 478 sowie Virally, Fn. 42 S. 5; Szurek, Zones Exemptes d' Armes Nucleaires et Zones de Paix dans le Tiers Monde, RGDIP 88 (1984) S. 114. 48 Im August 1967 verglich Präsident Johnson in seiner United Nations Day Proclamation die Regelung militärischer Nutzungen des Weltraums nicht etwa mit derjenigen der Hohen See, die auch militärisch genutzt werden kann, sondern ausdrücklich mit derjenigen für die völlig entmilitarisierte Antarktis; s. o. Kapitel B. I. Fn. 1. 19*

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Auf den Meeresboden wurde der CHOM-Status erstmals mit der Meeresboden-Grundsatz-Resolution von 1970 angewendet und seine Nutzung in Paragraph 8 "ausschließlich friedlichen Zwecken" im Interesse der Menschheit vorbehalten. Diese Bestimmung verdeutlicht auch den mit der Klausel der "friedlichen Nutzung" verfolgten Zweck der Entmilitarisierung, in dem sie ausdrücklich vorsieht, dass ihre effektive Umsetzung durch einen oder mehrere internationale Verträge erfolgen soll, um das Gebiet vom Wettrüsten auszunehmen. Einen solchen Umsetzungs schritt stellt der Meeresboden-Vertrag vom 11. Februar 1971 49 dar, der Nuklearwaffen oder andere Arten von Massenvernichtungswaffen auf dem Meeresboden und in dessen Untergrund untersagt. Bei der Annahme des Vertragstextes durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen 5o haben mehrere Delegationen ausdrücklich ihr Verständnis bekräftigt, dass der Vertrag lediglich einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer völligen Entmilitarisierung des Meeresbodens darstellt. 51 Das Seerechtsübereinkommen hat in Artikel 141 und 143 Absatz 1 den Grundsatz der ausschließlich friedlichen Nutzung des Meeresbodens bekräftigt und auch die Überprüfungskonferenz beauftragt, an diesem Status festzuhalten. Payoy052 sieht daher in dem Grundsatz der friedlichen Nutzung des Meeresbodens eine Norm des ius cogens, dessen institutionelle Absicherung er zu den Hauptaufgaben der Meeresboden-Behörde nach Artikel 157 SRK rechnet. Entsprechend der Zielsetzung der Pardo-Initiative bezeichnet Payoy053 den Ausschluss des Meeresbodens vom Wettrüsten als "a most significant Jacet oJ the internationalization policy Jor the Area and its resources" und des "programmatory law oJ the Common Heritage oJ Humanity principle ". 2. Die Dichotomie der Auslegung von "friedlich" als "nicht aggressiv" oder "nicht militärisch" im Weltraumrecht a) Uneinheitliche Staatenpraxis der Weltraummächte

Die Staatenpraxis hinsichtlich der Auslegung, nicht der Anwendung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung auf den Weltraum entwickelte sich uneinheitlich. Christol 54 stellte unter Hinweis auf eine entsprechende Erklärung von US-Botschafter Lodge 1957 fest: 49 Vertrag über das Verbot der Anbringung von Nuklearwaffen und anderer Massenvemichtungswaffen auf dem Meeresboden und Meeresuntergrund vom 11. 2. 1971 (Meeresbodenvertrag), BGBI. 1972 11, S. 325; s.o. Kapitel B. I. 1. b) Fn. 54. 50 UN Res. 2660 (XXV) vom 17. 11. 1970. 51 Nachweise bei Payoyo, Fn. 42 S. 315. 52 Payoyo, Fn. 42 S. 318. 53 Payoyo, Fn. 42 S. 319.

11. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots

293

"The Uni ted States has invariably asserted since as early as January, 1957, that outer space must be used ,exclusively ... for peaceful and scientific purposes'." [Hervorhebung im Original].

Nach Goedhuis 55 verstanden anfangs die beiden Weltraummächte unter "friedlicher" Nutzung des Weltraums entsprechend dem naheliegenden Wortsinn "nicht-militärische" Nutzungen. Er wies zu Recht darauf hin, dass die Formulierung Präsident Eisenhowers,56 wonach "outer space should be reserved for peaceful purposes" nur Sinn gibt, wenn damit "nicht-militärisch" und nicht lediglich "nicht-aggressiv" gemeint ist, denn aggressive Handlungen sind bereits nach der VN-Charta weltweit verboten. Dasselbe Verständnis von "friedlich" als "nicht-militärisch" lag dem Brief des sowjetischen Premiers Bulganin 57 vom 10. Dezember 1957 zu Grunde, in dem er den USA versicherte, dass die UdSSR mit dem drei Monate zurückliegenden Start ihres ersten Satelliten rein "friedliche Zwecke" verfolgte, denn auch hier wäre es den USA nicht verborgen geblieben, hätte Moskau mit dem Sputnik-Start aggressive Ziele im Sinn gehabt. Sontag 58 stellte daher 1966 fest: "Die Staatenpraxis scheint daher der Auffassung zuzuneigen, friedlich mit nichtmilitärisch gleichzusetzen."

Seit Anfang der sechziger Jahre haben dann die USA ihre Auffassung geändert und offiziell die Haltung eingenommen, dass unter dem Begriff "friedlich" im Weltraumrecht "nicht-aggressiv" zu verstehen sei. Die USPosition ging allerdings insofern über diese "minimalistische" Auslegung hinaus, als sie - wie ausdrücklich der seinerzeitige Senator und spätere US Vizepräsident Albert Gore 59 vor dem Foreign Relations Committtee anlässlieh der Ratifizierungsdebatte zum Weltraumvertrag hervorhob - den Grundsatz der friedlichen Nutzung mit "non-aggressive and beneficial" gleichsetzte. Diese Betonung des zusätzlichen Elements "beneficial" zeigt 54 Christol, Fn. 11 in World Peace through Law Center (Hrsg.) S. 156 dortige Fn. 13 sowie die Äußerung von US-Botschafter Lodge 1957, Statement to the Political Committee of the United Nations; s. B. I. 1. a) Fn. 7. 55 Goedhuis, Suggestions Regarding the Interpretation and the Implementation of the United Nations Outer Space Treaty 19 December 1966, in World Peace through Law Centre (Hrsg.), World Peace through Law. The Geneva World Conference (1969) S. 143. 56 s. B. I. 1. a) Fn. 10 sowie Statement by President Eisenhower in Support of the Bill Relative to Space Science and Exploration v. 14. 5. 1958; abgedruckt in Reijnen, Fn. 38 (UN Treaties) S. 57 und Erklärung Präsident Eisenhowers vom 22. September 1960 vor der VN-Generalversammlung; zitiert nach Cheng, Fn. 5 in Cheng/Kim (Hrsg.) S. 315. 57 Abgedruckt in Reijnen, Fn. 38 (UN Treaties) S. 40. 58 Sontag Fn. 24 S. 145. 59 Hearings before the Committee on Foreign Relations U.S. Senate, 90th Congress, 1st Session, 7. 3.,13.3. und 12.4.1967 (US Printing Office 1967) S. 59.

294

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

außerdem, dass die Anwendung der Allgemeinwohlklausel auch auf den Sicherheitsbereich selbstverständlich anerkannt wurde. Ein Hauptgrund für die Positionsänderung dürfte der Streit mit der UdSSR über die Zulässigkeit militärischer Reconnaissance-Satelliten gewesen sein. 6o Paradoxer Weise stimmen im Ergebnis eine Reihe von Staaten, insbesondere China und Indien, 61 die am dringlichsten Maßnahmen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum verlangen, mit der minimalistischen Interpretation insofern überein, als sie die bestehenden Bestimmungen wegen der Unsicherheit über die Auslegung des Begriffs "friedlich" jedenfalls für nicht eindeutig genug halten, um der Ausdehnung des Wettrüstens auf den Weltraum Einhalt gebieten zu können. Russland und die EU-Staaten verstehen dagegen unter "friedlicher Nutzung" nicht-militärische Aktivitäten. 62 Die Interpretation als "nicht aggressiv" erlaubt es den USA trotz möglicher Pläne zur Bewaffnung des Weltraums, bis heute an dem Grundsatz der friedlichen Nutzung festzuhalten. Selbst der Bericht der Rumsfeld-Commission 63 enthält ein Lippenbekenntnis zu dem Grundsatz des "peaceful use of outer space ", obwohl er sich gleichzeitig für die Stationierung von Waffen im Weltraum ausspricht und davor warnt, dass sich die USA in multilateralen Verträgen Beschränkungen der militärischen Nutzung auferlegt. Damit ist aber eine völlige Sinnentleerung des Begriffs der friedlichen Nutzung gegenüber seinem ursprünglichen Wortsinn erreicht. b) Die "minimalistische" Interpretation als "flicht aggressiv"

Auch im weltraumrechtlichen Schrifttum haben sich seit Entstehen des Begriffs in den frühen Resolutionen der VN-Generalversammlung zwei Hauptschulen entwickelt, zu der insbesondere in den achtziger und neunziger Jahren eine dritte Schule mit jeweils unterschiedlichen Strömungen und Akzenten hinzugekommen ist. Im frühen Schrifttum64 wurde die minimalisMonserrat Filho, Fn. 13 S. 364. Indien, CD/PV 486 S. 6; CD/PV 484 v. 7. 2. 1989 S. 15; China, CD/579 vom 19. 3. 1985 S.1 und CDI1606 vom 9. 2. 2000: "China's Position and Suggestions for Ways to Address the Issue of Prevention of an Arms Race in Outer Space at the Conference on Disarmament"; s. auch die zu Grunde liegende völkerrechtliche Analyse der weltraumvertraglichen Bestimmungen von He Quizhi, On Strengthening Legal Measures for Prevention of Arms Race in Outer Space, Proc. 27 th Colloq. Space Law (1985) S. 354 sowie Lakshmanan, Prohibition of Weaponization of Outer Space, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 77. 62 s. zu Russland o. Kapitel B. 11. 2. d) u. zu EU o. Kapitel D. I. 1. b) Fn. 34 sowie o. B. III. 2. b) bb) S. 95. 63 s. o. B. 11. 2. a) Fn. 203 u. 2. g). 60 61

H. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots

295

tische Auslegung des Begriffs als "nicht-aggressiv" vor allem damit begründet, dass eine militärische Nutzung des Weltraums seit Beginn der Weltraumfahrt stattfand und die Weltraummächte als Initiatoren des Weltraumvertrages diese Nutzungen nicht untersagen wollten. Ein weiteres Hauptargument ist, dass nach Artikel III WRV mit dem Verweis auf die VN-Charta das Recht auf Selbstverteidigung auch im Weltraum anwendbar ist und dessen Ausübung den Einsatz militärischer Mittel voraussetze. 65 Außerdem wird gerne auf den Vergleich des Weltraums zur Hohen See und die Freiheit der Hohen See verwiesen, die das Recht der unbeschränkten militärischen Nutzung umfasse.66 Eine weitere Argumentation stützt sich auf die systematische Auslegung in Verbindung mit Artikel IV Absatz 1 WRV, in dem ausdrücklich in Bezug auf den Weltraum per se nur Nuklearund andere Massenvernichtungswaffen verboten sind. Wenn die Autoren des Weltraumvertrages darüber hinaus weitere militärische Nutzungen hätten ausschließen wollen, hätten sie dies wie in Artikel IV Absatz 2 WRV für die Himmelskörper ausdrücklich auch für den Weltraum per se regeln müssen. 67 Christol 68 verweist außerdem auf die Aggressionsdefinition der Generalversammlung in Resolution 331469 als Maßstab auch für die Auslegung des Begriffs ,,friedlich". Eine Begründung der extremen Variante der "minimalistischen" Auslegung, wonach auch die Stationierung von Waffen im Weltraum erlaubt ist, hat der während der SDI-Ankündigung Präsident Reagans amtierende Rechtsberater der US Air Force, Lieutenant Colonel A. J. Butle?O, geliefert, 64 Dembling/Arons, Fn. 9 S. 433; Reed/Norris, Fn. 31 S. 674; DeSassure, Fn. 18 S. 595 und anfangs auch Christol, The International Law of Outer Space (Naval War College 1962) S. 271; Kiss, General Principles for International Law of Celestial Bodies, Proc. 7th Colloq. Space Law (1965) S. 289 f.; McMahon, Fn. 16 S. 353; O'Neill, Fn. 38 in Durch (Hrsg.) S. 177; in Deutschland: Meyer, Fn. 14 ZLW 18 (1969) S. 39; Schweitzer, Fn. 6 in BodenschatzlBöckstiegellWeides (Hrsg.) S. 363; Creola, Raumfahrt und Völkerrecht (1967) S. 78; Bueckling, Friedliche Benutzung des Weltraums, NJW (1963) S. 937; ders., Fn. 5 ZLW 15 (1966) S. 237; Koch, Fn. 5 S. 155; Beer, Fn. 5; Bentzien, Militärische Raumfahrt, Vereinte Nationen 15 (1967) S. 6; Wolfrum, Fn. 41 S. 283. 65 Meyer, Fn. 14 ZLW 18 (1969) S. 39; Reed/Norris, Fn. 31 S. 674; DeSassure, Fn. 18 S. 595. 66 Nachweise s. o. Fn. 44. 67 Reed/Norris, Fn. 31 S. 678. 68 Christol, Fn. 11 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 143; gegen die auf die Aggressionsdefinition gestützte Argumentation ausführlich Chowdhury, Fn. 13 S. 14. 69 GV-Resolution 3314 (XXIX) vom 14. 12. 1974. 70 Butler, Fn. 44 S. 81. Der Aufsatz wird vom Autor als " a work 0/ the V.S. Govemment" bezeichnet; ebenso Bridge (Lieutenant Colonel in the US Air Force), International Law and military activities in Outer Space, Akron Law Review 13 (1980) S. 664, der aber anerkennt, dass "space is dedicated to peaceful

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

der zu dem Ergebnis kommt, dass auf Grund der von ihm als nahezu allein ausschlaggebend erachteten Staatenpraxis der bei den großen Weltraummächte mit Ausnahme des ausdrücklichen Verbots von Massenvernichtungswaffen gemäß Artikel IV WRV im Weltraum praktisch alle anderen militärischen Nutzungen auch zerstörerischer Art und unter ausdrücklichem Einschluss von Anti-Satelliten-Waffen erlaubt seien. Seine Behauptung, dass der "actual practice of the two nations that effectively use outer space for military related purpose should be given great weight, if not controlling weight to the definition of such nebulous terms as ,peaceful use' ,,71

steht allerdings im Widerspruch zu der verstärkten Allgemeinwohlbindung, der alle Nutzungen des Weltraums gemäß der Menschheitsklausel in Artikel I WRV unterliegen, und in deren Rahmen die Praxis aller Staaten bedeutsam ist. Selbst wenn es möglich sein sollte, auch in einer Frage der Auslegung einer völkerrechtlichen Bestimmung das sich auf die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht beziehende berühmte Dictum des IGH72 im Nordsee-Festlandsockel-Fall über die Notwendigkeit einer Staatenpraxis "including that 0/ States whose interests are specifically affected" analog zu übertragen, kann doch schwerlich behauptet werden, dass von einer militärischen Nutzung des Weltraums nur die bei den Großmächte und nicht vielmehr alle Staaten, d. h. in den Worten des Weltraumvertrages eben die gesamte Menschheit, gleichermaßen betroffen seien. Bezeichnender Weise geht Butler in seiner Analyse mit keinem Wort auf die Vereinbarkeit militärischer Nutzungen mit der Gemeinwohlklausel des Weltraumvertrages ein. Dass auch der Strukturwandel des Völkerrechts und die besondere Allgemeinwohlbindung im Weltraumrecht völlig unberücksichtigt bleiben, ist als Ausdruck einer sich am überkommenen Völkerrecht orientierenden und von eigenen Interessen der Großmacht geleiteten Analyse hinzunehmen. Jedoch muss der Autor angesichts der entgegengesetzten Entwicklung im Völkerrecht und im Weltraumrecht im Besonderen, was das Verhältnis von einzelstaatlicher Souveränität und Allgemeinwohlinteresse der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf die Nutzung hoheitsfreier Gemeinschaftsräume anbelangt, einen Autor aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, wenn auch mit einem Standardwerk73 , für seine Auffassung zitieren, wonach

uses"; s. auch Schwetje, Protecting Space Assets: A Legal Analysis of "Keep-Out Zones", JSL 15 (1987) S. 131. 71 Butler, Fn. 44 S. 78. Der "nebulöse" Begriff ist allerdings von US-Präsident Eisenhower vorgeschlagen und in den vom US-Kongress am 1958 verabschiedeten NASA Act aufgenommen worden. 72 lCJ Reports 1969 S. 44 Para 71; s.o. C. 1. 2. b) bb). 73 McNair, The Law of Treaties (1938) S. 254.

11. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots

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"any theory of interpretation should be one which is favorable to the freedom of states and places the less restriction on its liberty of action. ,,74

Der Weltraumvertrag sagt dagegen mit der Menschheitsklausel ausdrücklich, dass sich die Nutzung an den Interessen "aller Staaten und der ganzen Menschheit" orientieren muss. Deshalb spielt bei der Interpretation des Begriffs im Rahmen der Staatenpraxis eben auch die jährlich in der Generalversammlung der Vereinten Nationen bekräftigte Auffassung der großen Mehrheit der Staaten eine Rolle, die eine aktive militärische Nutzung des Gemeinschaftsraums für nicht zulässig halten?5 Zur Staatenpraxis gehört auch, dass eine Reihe von Staaten in der CD die Position geltend macht, wonach auf Grund der Allgemeinwohlverpflichtung jede Weltraumaktivität, welche die nationale Sicherheit eines Staates beeinträchtigt, als rechtswidrig anzusehen sei. 76 c) Die "maximalistische" Interpretation als "nicht militärisch"

Die zweite Schule77 versteht "friedlich" entsprechend dem Wortsinn als "nicht-militärisch". Ein früher und wohl der prominenteste Vertreter ist der Butler, Fn. 44 S. 78. s. dazu oben Kapitel B. 11. 1. a) Fn. 129-134 und B. IV. 76 Peru, CD/PV 544 v. 20. 3. 1990; Chile, CD/915 vom 26. 4. 1989 S. 3; Alves, Prevention of an Arms Race in Outer Space: A Guide to the Discussions in the Conference on Disarmament (UNIDIR 1991) S. 59. 77 Hauptvertreter sind Vlasic, Fn. 13 S. l35; ders., Fn. 13 in Jasentuliyana (Hrsg.) S. 391; Goedhuis, Fn. 35 S. 147; Marcoff, Le regime juridique international de l'espace extra-atmospherique, Schweizer Jahrbuch für Internationales Recht 25 (1968) S. 79; ders., Fn. 13 Revue general de l'Air 31 (1968) S. 42; ders., Fn. 13 JSL 4 (1976) S. 11; Cheng, Report of the 50th Conference of the International Law Association 1963 S. 85; ders., Fn. 5 in Cheng/Kim (Hrsg.) S. 320 - allerdings nur in Bezug auf die Himmelskörper; Gdl, Space Law (1969) S. 168; ders., The Peaceful Uses of Outer Space, Proc. 10th Colloq. Space Law (1968) S. 134; Colliard, Fn. 1, in Melanges Dupuy S. 106; Dutheil de la Rochere, La Convention sur l'Intemationalisation de l'espace, Annuaire Fran~ais de Droit International 13 (1967) S. 627; Hashimoto, Reemerging Concepts of International Space Law, in Proc. 42 nd Colloq. Space Law (2000) S. 353; Sontag, Fn. 24 S. 148; Orr, Fn. 38 S. 262; Cocca, Prospective Space Law, JSL 26 (1998) S. 51; ders., Satellite: Warring Weapon, in Proc. 24 th Colloq. Space Law (1982) S. 70; Cocca, M. de las Mercedes Esquivel, Is it Necessary to Redefine Principles and Conceptions of the Outer Space Treaty?, in Proc. 40th Colloq. Space Law (1997) S. 84; Pazarci, Sur le Principe de l'Utilisation Pacifique de l'Espace Extra-Atmospherique, RGDIP 83 (1979) S. 989; sowie die Mehrzahl der sowjetischen Autoren, insbes. Zhukov, On the Interpretation of the Term "Peaceful Use of Outer Space" Contained in the Space Treaty, Proc. 11 th Colloq. Space Law (1969) S. 38 unter Berufung auf die Menschheitsklausel; ders., Towards the New Treaty on Military Space Activity Limitation, Proc. 26 th Colloq. Space Law (1984) S. 371; Vereshchetin, Prevention of an Arms Race in Outer Space (UNIDIR 1986) S. 12; ders., Against Arbitrary Interpretation 74

75

298

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

seinerzeitige Vorsitzende des COPUOS-Unterausschusses für Rechtsfragen und spätere Präsident des IGH Man/red Lachs,78 der an den Verhandlungen des Weltraumvertrages beteiligt war. Seinem Argument, dass für das Verbot lediglich "aggressiver" Nutzungen der Verweis in Artikel III WRV auf die VN-Charta genügt hätte, ist wenig entgegenzuhalten. Insbesondere lehnt diese Schule es ab, von dem Fehlen eines ausdrücklichen Verbots bestimmter militärischer Nutzungen automatisch auf deren Zulässigkeit zu schließen. Wegen des Erfordernisses, dass Nutzungen des Weltraums im Interesse aller Staaten durchgeführt werden müssen, kann nicht von einer unbegrenzten Weltraumfreiheit oder einer "implied authorization" ausgegangen werden. 79 Des Weiteren ist die exakt Artikel 11 Absatz 2 des Antarktisvertrags entlehnte Bestimmung des Artikel IV Absatz 2 Satz 3 WRV, wonach der Einsatz militärischen Personals auf den Himmelskörpern nur zu "wissenschaftlichen oder anderen friedlichen Zwecken" nicht verboten ist, nur sinnvoll, wenn wie im Antarktisvertrag der Begriff "friedlich" als "nicht-militärisch" verstanden wird. Sie zeigt im Umkehrschluss, dass der Einsatz von Militärpersonal in Ausübung seiner üblichen militärischen Tätigkeiten gerade nicht erlaubt ist. 80 Würde "friedlich" lediglich als "nicht aggressiv" verstanden, wäre auch diese Ausnabmeregelung überflüssig, da dann jeder nicht-aggressive Einsatz von Militärpersonal ohnehin erlaubt wäre. 81 Nach Gdl 82 ist unter "friedlich" nicht nur das Nicht-Vorhandensein von Aggression zu verstehen, sondern ein Verhalten, das die friedliche internationale Zusammenarbeit und Verständigung fördert. Damit wird an Artikel III of Some Important Provisions of International Space Law, Proc. 25 th Colloq. Space Law (1983) S. 153; ders., Against the Use of Force in Outer Space and From Space, Proc. 26th Colloq. Space Law (1984) S. 362; Zhukov/Kolosov, International Space Law (1984) S. 51; Kolosov, Non-Use of Force in Outer Space, Proc. 25 th Colloq. Space Law (1983) S. 205; Dekanozov, Fn. 43 S. 308; RusselI, Military Activities in Outer Space. Soviet Legal Views, Harvard International Law Journal 25 (1984) S. 153; aus der jüngeren Literatur vor allem Andem, Fn. 13 S. 205 und ders. Fn. 38 S. 275; Reijnen, Fn. 38 in Benkö/Graajf/Reijnen (Hrsg.) S. 178; Feinrider, Remarks, Panel der Ameriean Society of International Law "Arms Control, And U.S. Poliey: ,Star Wars,' MAD, MX and Pershing lI's", ASIL Proeeedings 79 th Annual Meeting (1985) S. 233; ZedalisIWade, Fn. 38 S. 482; Chowdhury, Fn. 13 S. 15; G6rbiel, Some Observations on the Juridical Essenee of the 1967 Treaty's Article IV, Proe. 25 th Colloq. Spaee Law (1983) S. 166. 78 Lachs, The International Law of Outer Spaee, RdC (1964 III) S. 90 zitiert den P. C. A., The North Atlantie Coast Fisheries Case, Great Britain v. United States, Award 1910, Seott (J. B.) The Hague Court Reports 1916 S. 186: "words in a document ought not to be considered as being without any meaning if there is no specijic evidence to that purpose. " 79 Chowdhury, Fn. 13 S. 15. 80 Monserrat Filho, Fn. 13 S. 364. 81 Dekanozov, Fn. 43 S. 308; GobrieL, Fn. 77 S. 166. 82 Gal, Fn. 77 S. 168; ders., Fn. 77 Proe. 10th Colloq. S. 134.

II. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots

299

WRV angeknüpft. Außerdem wird mit Blick auf die Weltraumfreiheit der anderen Staaten als Kriterium angeführt, dass eine Benutzung zu "friedlichen Zwecken" nur vorliegt, wenn die Sicherheit anderer Staaten nicht beeinträchtigt wird. Der von der 1966 eingesetzten Study Group on Space Law des David Davies Memorial Institute 0/ International Studies ausgearbeitete Entwurf eines Weltraumvertrages 83 geht in seinem Artikel III ebenfalls von der Auslegung des Begriffs "friedlich" in Anwendung auf den ganzen Weltraum als "nicht-militärisch" aus. Tatsuzwana 84 begreift den Begriff "friedlich" im Sinne des erweiterten Sicherheitsbegriffs umfassend als "an embodiement 0/ distributive justice ". Besonders Vlasic 85 und Marcoff86 stellen entscheidend auf den Gesichtspunkt des Gemeinschaftsraums und die Orientierung jeder Nutzung des Weltraums am Gemeinwohl aller Staaten ab, womit militärische Maßnahmen, die ausschließlich nationale Sicherheitsinteressen verfolgen, untersagt seien. Auch G. Küchenhoff 7 folgt dieser Argumentation und sieht im Weltraum jegliche einseitige Machtentfaltung als unzulässig an. Die Herausstellung des Gemeinschaftsstatus des Weltraums bei der Begriffsbestimmung der friedlichen Nutzung entspricht den historischen Vorläuferkonzeptionen des das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung strukturell einbindenden CHOM-Grundsatzes. Dieser knüpft gemäß der Unterscheidung von Richard Falk 88 an eine "Grotian-Vattelian view" des Völkerrechts bezüglich der Einhegung des Krieges an, die im Gegensatz zur "Clausewitzian view" annimmt, dass auch in Bezug auf die staatliche Machtausübung gilt, dass "the state is subject to the law 0/ the international community. " Eine die einseitige Machtentfaltung des Staates im Gemeinschaftsraum bereits unterhalb der Schwelle des allgemeinen Aggressionsverbotes begrenzende Auslegung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung entspricht daher sowohl strukturell als auch materiell dem CHOM-Status des Weltraums. Der Einwand von McDougal, LasweIl und Vlasic,89 die "nicht-militärische" Auslegung sei in der Praxis nicht handhabbar, ist allerdings wegen 83 "The David Davies Draft Treaty on Outer Space, The Moon and Other Celestial Bodies", zitiert nach Goedhuis, Fn. 56 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 143. 84 Tatsuzwana, Fn. 13 S. 98. 85 Vlasie, Fn. 13 S. 135; ders., Fn. 13 in lasentuliyana (Hrsg.) S. 391. 86 Marcoff, Fn. 70 S. 79; ders., Fn. 13 Revue general de l' Air 31 (1968) S. 42; ders., Fn. 13 JSL 4 (1976) S. 11. 87 Küchenhoff, G.: Fn. 45 S. 475; Küchenhoff, G. u. E.: Allgemeine Staatslehre (7. Auf]. 1971) S. 241; ähnlich Chaumont, Fn. 13 S. 96, der als nicht "friedlich" "les activites dont I'objet principal est le developpement de la puissance politique, militaire et strategique" ansieht. 88 Falk, Nuclear Weapons, International Law and the World Court: A Historie Encounter, AJIL 91 (1997) S. 64.

300

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

der "dual use"-Fähigkeit der meisten Weltraumobjekte nicht von der Hand zu weisen. 3. Vermittelnde Auffassungen und neue Wege Eine dritte Schule,9o die aus dem Rechtsgebot der friedlichen Nutzung ein Verbot aktiver militärischer Nutzungen von zerstörerischer Art im Weltraum herleitet, ist hauptsächlich als Reaktion auf die SDI-Ankündigung Präsident Reagans 1983 entstanden. Sie unterscheidet zwischen erlaubtem "military force support" durch Reconnaissance-, Navigations- und Über89 McDougallLasweli/Vlasic, The Law and Public Order in Space (1963) S. 366: ". .. is completely unworkable as a basis for policy as all types of space vehicles have potential capabilities of military values.". 90 Salin, Privatization and militarization in the space business environment, Space Policy 17 (2001) S. 25 bezeichnet eine Bewaffnung des Weltraums als: " ... in total contradiction of the words and spirit of the Outer Space treaties"; Baines, A Variant of a Mandate for an Ad höc Committee on Outer Space within the Conference on Disarmament: A Convention for the Non-Weaponization of Outer Space, in BeierlMataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 66; Cleminson, Banning the Stationing of Weapons in Space Through Arms Contro!: A Major Step in the Promotion of Strategic Stability in the 21 st Century, in BeierlMataila (Hrsg.) S. 36; Poulantzas, Fn. 38 ZLW 17 (1968) S. 122; ders., Fn. 38, Revue Hellenique de Droit International 20/ 21 (1967/68) S. 69; Monserrat Filho, Fn. 13 S. 365; Andem, Fn. 13 S. 205; ders., Fn. 38 S. 281; Hurwitz, Fn. 38 S. 181; Vitaliy, Fn. 38 Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 15; Hasselmann, Weapons of Mass Destruction, Article IV Outer Space Treaty and the Relationship to General Disarmament, Colloq. 24 th Space Law (1982) S. 99; Finch, Magna Charta of Outer Space and S. D. I., in Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 304; Magno, How to Avoid the Militarization of Outer Space, in Proc. 26 th Colloq. Space Law (1984) S. 221; Vlasie, Fn. 13 S. 135; Okolie, Legal Interpretation of the ABM Treaty and its Linkage to the Need for Peaceful Uses of Outer Space, Proc. 31 st Colloq. Space Law (1989) S. 54; Wiessner, The Public Order of the Geostationary Orbit: Blueprints for the Futures, The Yale Journal of World Public Order 9 (1983) S. 263; Wiewiorowska, Fn. 38 S. 111; Wirin, Using Outer Space to Promote Peace, in Proc. 30th Colloq. Space Law 30 (1988) S. 113; Wolter, Fn. 15 S. 141; Doyle, Ci vii Space Systems. Implications for International Security (UNIDIR 1993) S. 193; Rosas, The Militarization of Space and International Law, Journal of Peace Research (1983) S. 359; Agrawala, An Approach to Arms Control in Outer Space, ZaöRV 45 (1985) S. 514; Wollenschlägerl Rothenspieler, Weltfrieden und der Begriff friedlich im Weltraumvertrag vom 27. 1. 1967, in BodenschatzlBöckstiegellWeides (Hrsg.), Festschrift für AIex Meyer (1976) S. 378; s. auch jüngst BunnlRhinelander, Outer Space Treaty May Ban Strike Weapons, Arms Control Today, Vol. 32, No. 5 (Juni 2002) S. 24; Dean, Future Security in Space: Treaty Issues, Information Bulletin des International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation, Nr. 20 (August 2002) S. 16; Wolter, Völkerrechtliche Grundlagen ,Gemeinsamer Sicherheit' im Weltraum, ZaöRV 62 (2002) S. 941.

11. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots

301

wachungssatelliten und verbotener "military force appZication" durch zerstörerische Waffensysteme im Weltraum. 9 I Sie geht zurück auf Paulantzas,92 der friedlich als "nicht bewaffnet" definiert. Diese Haltung führte der ehemalige Referatsleiter im Führungsstab der Streitkräfte, Oberst a. D. Louis-Ferdinand Hartung,93 wie folgt aus: "Unter ,militärischer Nutzung des Weltraums' sollen alle die Weltraumsysteme verstanden werden, die zwar militärisch verwendet werden, aber nicht mit Waffen ausgestattet sind und so dem ,peaceful use' der Präambel des Weltraumvertrages von 1967 entsprechen."

Auch OkaZie,94 kommt unter Anwendung des Weltraumvertrages auf das SDI-Vorhaben und allgemein auf die Stationierung von Waffen im Weltraum zu dem Schluss, dass "Article IV of the Outer Space Treaty of 1967 also bars launching of weapons systems into space. " Dieser dritten Schule ist auch Christol 95 zuzuordnen, da er entsprechend der eine Zeitlang von den USA auch offiziell vertretenen Position96 zwar friedlich zunächst mit nicht-aggressiv gleichsetzt, aber zusätzlich das Element "beneficial" als Voraussetzung einer friedlichen Nutzung ansieht. In einem weiteren Sinn sind dieser Schule auch die Autoren97 zuzurechnen, 91

1. a).

Baines, Fn. 90 in Beier/Mataila (Hrsg.), S. 66 und weitere Nachweise in B. I.

Poulantzas, Fn. 38 ZLW 17 (1968) S. 122. Hartung, Die militärische Nutzung des Weltraums, Europäische Sicherheit 45 (1996) S. 17. 94 Okolie, Fn. 90 S. 59. 95 Christol, Fn. 11 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 156. 96 Senator Gore im US Senat, s. o. Fn. 59. 97 Gorove, Arms Control in Outer Space, 76 th Annual Meeting ASIL, Proceedings ASIL (1982) S. 295; ders., International Space Law in Perspective, RdC (1983 11) S. 353 S. 90; ders., Fn. 5 ZLW (1984) S. 191; Smith, Space Stations. International Law and Policy (1979) S. 144; Young, Fn. 35 S. 239; Guillaume, France and Arms Control in Outer Space. French Proposals Respecting Space Law, in Matte (Hrsg.), Arms Control and Disarmament in Outer Space. Lecture-Seminars given at the Centre for Research of Air and Space Law (1985) S. 81; Matte, Fn. 6; Kopal, Article IV of the 1967 Treaty. Hs Present Meaning and Possibilities of Further Development, Proc. 21 st Colloq. Space Law (1983) S. 120; Chayes/Chayes/ Spitzer, Fn. 11 in Lang/Hafner/Boutwelt (Hrsg.) S. 196; Courteix, Fn. 38 S. 270; Christol, Fn. 11 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 156; Hartung, Fn. 93 S. 17; Boeckstiegel, Prospects of Future Developments in the Law of Outer Space, AASL 8 (1983) S. 312: "One general challenge to space law ... can hardly be overestimated: the growing rnilitarization of outer space ... [I]t is obvious and recognized by both the major space powers as well as by smaller countries, that the potential of aggressive and military activities in outer space present one of the greatest risks to mankind."; Adams, The Outer Space Treaty: An Interpretation in Light of the No-Sovereignty Provision, Harvard International Law Journal 9 (1968) S. 149; Okolie, Fn. 90 S. 59; Hurwitz Fn. 38 S. 126; Reijnen, Fn. 38 in Benkö/Graajf/Reij92 93

302

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

die jedenfalls eine Stationierung von Waffen im Weltraum nicht mehr als im Einklang mit der Gemeinwohlklausel ansehen und deren ausdrückliches Verbot befürworten. Auch Koch 98 kommt in ausführlicher eigener Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass nicht nur aggressive, sondern bereits jede "friedensgefährdende" Tätigkeit im Weltraum durch das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung untersagt ist, was dem Erfordernis kooperativer Sicherheit entspricht. Simone Rosas99 vertritt die Ansicht, dass aus den allgemeinen Prinzipien der einschlägigen bi- und multilateralen Verträge in Verbindung mit dem Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums neben den ausdrücklichen Verboten weitere Verbote und Beschränkungen der militärischen Nutzung des Weltraums abgeleitetet werden können. Tuinder lOO leitet aus der Fähigkeit von Weltraumwaffen zum aggressiven Einsatz eine Pflicht zu ihrem Verbot im Gemeinschaftsraum her. Cou rte ix 10 1 sieht ebennen (Hrsg.) S. 147; Lafferranderie, La notion d'utilisation pacifique dans le droit de l'espace, Revue fran9aise de droit aerien 39 (1985) S. 438; dies., The Term ,Peaceful' in Space Law, Proc. 25 th Colloq. Space Law (1983) S. 145; Galloway, J. E.: Fn. 38 S. 292; He Quizhi, Fn. 62 S. 354; Goedhuis, Some Substantive and Procedural Issues Presently at Stake in Space Legislation, ZLW (1976) S. 198; Jankowitsch, Arms Control in Outer Space: the need for new legal action, in Jasani (Hrsg.), Space Weapons - The Arms Control Dilemma (SIPRI 1984) S. 173; ders., Legal Aspects of Military Space Activities, in Jasentuliyana (Hrsg.), Space Law: Development and Scope (1992) S. 146; ders., From Cold War to Detente in Outer Space: The Role of the United Nations in Outer Space Law, Proc. 40 th Colloq. Space Law (1998) S. 45; Bowman, Fn. 38 S. 20; ders., Fn. 38 Paper submitted to the International Progress Organization, 24. 9. 1984; Kries, Fn. 38 Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 106: "Nuclear space-mines and ballistic missile defense systems components are found to be in contradiction with Art. IV OST."; ders., Fn. 38 ZLW (1985) S. 267; ders., Fn. 38 ZLW (1986) S. 306; Danielsson, Approaches to Prevent an Arms Race in Outer Space, in Jasani (Hrsg.), Space Weapons - The Arms Control Dilemma (1984) S 166; Sgrosso, Demilitarisation of Outer Space, Proc. 35 th Colloq. Space Law (1993) S. 325; Diederiks-Verschoor, Fn. 38 in Festschrift zu Ehren von Alex Meyer (1975) S. 307 hält eine Lösung des Auslegungsstreits im Sinne einer völligen Demilitarisierung des Weltraums nur im Rahmen einer befriedigenden Regelung der allgemeinen Abrüstung für möglich. 98 Koch, Fn. 5 S. 129, 157. 99 Rosas, Fn. 90 S. 359. 100 Tuinder, CBM' s For Outer Space, Proc. 31 st Colloq. Space Law (1989) S. 87 "If space weapons are considered aggressive by nature viz capable of undertaking and accomplishing an attack, they must be considered as a violation of Article IV of the Outer Space Treaty. Starting from these assumptions, a regime prohibiting the testing and deployment of space weapons must be concluded." [Hervorhebung von mir]. Tuinder hielt ein solches Verbotsregime wegen der "political situation" zwischen den Großmächten 1988 noch für utopisch und schlug daher zunächst die Aushandlung von vertrauensbildenden Maßnahmen vor. Das neue kooperative Verhältnis der USA und der NATO zum ehemaligen Gegner Russlands eröffnet im Jahre 2002 dagegen die Chance, beides zu erreichen. 101 Courteix, Fn. 38 S. 270.

H. Unterschiedliche Auslegungen des Rechtsgebots

303

falls die Ausrichtung der Weltraumaktivitäten auf das Menschheitsinteresse als ausschlaggebend und benennt die weiteren Bestimmungen des Weltraumvertrages, auf denen eine Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung aufbauen kann: " ... ce qui compte avant tout dans ce domaine, c'est la finalite des activites et c'est cette finalite qui pourra servir de base a une reglementation. Celle-ci devrait etre fondee sur les principes - maintes fois affirrnes par les resolutions adoptees par l'ONU et le traite lui-meme - d'etablissement et de maintien de la paix, du developpement de la cooperation et de la comprehension internationales et d'exploration et d'utilisation de l'espace dans l'interet de l'humanite toute entiere."

Montserrat Filho 102 sieht die Notwendigkeit, wenn es nicht zum baldigen Abschluss eines Rechtsklarheit schaffenden multilateralen Abkommens zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums kommt, den IGH in Anknüpfung an sein Rechtsgutachten über Nuklearwaffen um eine Stellungnahme zum Grundsatz der friedlichen Nutzung zu bitten. 4. Eigener Ansatz Die im Folgenden entwickelte Konkretisierung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung baut auf der dritten Schule auf. Sie geht von der zutreffenden Feststellung von McDougal/Laswell/Vlasic aus, dass der Gegensatz zivil/militärisch nicht weiterhilft, da fast jede Nutzung des Weltraums auf Grund der "dual use"-Fähigkeiten der Weltraumtechnologien sowohl für zivile als auch militärische Zwecke eingesetzt werden kann und ein Abstellen lediglich auf die subjektive Zielsetzung an der mangelnden Verifizierbarkeit und der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit scheitert. Es wird stattdessen auf der Grundlage der Menschheitsklausel der Versuch unternommen, objektivierbare Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung in einer dem Strukturprinzip des CHOM entsprechenden Weise zu entwickeln, die als Maßstab für die Beurteilung der Zulässigkeit militärischer Weltraumnutzungen heranzuziehen sind. In dieser Weise soll der Ansatz der dritten Schule durch die strukturanalytische Methode rechtstheoretisch fundiert und unter Berücksichtigung der jüngsten Staatenpraxis ergänzt werden. Diese Ergänzung, die alle Dimensionen der friedlichen Nutzung im Lichte der Menschheitsklausel umfassen soll, erfolgt wiederum aus einer strukturadäquaten Auslegung des Rechtsgrundsatzes der friedlichen Nutzung in Verbindung mit den anderen grundlegenden Rechtsgrundsätzen des Weltraumvertrages. Mit diesem Ansatz können neben der Frage einer möglichen Stationierung von Weltraumwaffen auch andere problematische militärische Nutzungsarten wie die Einrichtung sog. "keep out-zones" oder be102

Montserrat Filho, Fn. 13 S. 358.

304

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

mannter militärischer Nutzungen von Weltraumstationen einem kohärenten Standard unterworfen werden. Die Ausarbeitung und nähere Umschreibung der Kriterien passiver/nicht-zerstörerischer und aktiverlzerstörerischer militärischer Weltraumnutzungen sowie der konkretisierenden Rechtsstandards friedlicher Nutzung erlaubt dann eine konkrete Bewertung aktueller Planungen militärischer Nutzungen des Weltraums in ihren Auswirkungen auf das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung und den CHOM-Status des Weltraums. Schließlich soll der Ansatz der dritten Schule um eine Spezifizierung der verfahrensmäßigen und institutionellen Erfordernisse seiner effektiven Anwendung ergänzt werden. Bevor dieser dreifachen Aufgabenstellung nachgegangen wird, ist zunächst auf die Rechtsnatur des Gebots der friedlichen Nutzung einzugehen. Dabei kann weitgehend auf die Darstellung der Rechtsquellengrundlagen des CHOM-Grundsatzes in Kapitel C. I. zurückgegriffen werden, da dessen sicherheitspolitisches Strukturelement sich in Bezug auf den Weltraum mit dem Grundsatz der friedlichen Nutzung deckt und durch diesen konkretisiert wird.

III. Rechtsnatur des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraums Neben der nach herrschender Auffassung 103 völkervertragsrechtlichen Grundlage des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung auf Grund der Präambel, der Allgemeinwohlklausel des Artikel I Absatz I WRV und Artikel IX WRV auch in Anwendung auf den Weltraum per se wird allgemein angenommen, dass der Grundsatz auch völkergewohnheitsrechtliche Geltung beanspruchen kann. Eine völkergewohnheitsrechtliche Geltung ist für die grundlegenden Prinzipien des Weltraumvertrages allgemein anerkannt. 104 Sie wird insbesondere auf die einschlägigen Erklärungen der Weltraummächte und der internationalen Gemeinschaft seit den ersten Satellitenstarts im Jahre 1957 gestützt. Unabhängig von der grundsätzlichen Auseinandersetzung über die Bedeutung von Resolutionen der VN-Generalversammlung bei der Herausbildung von Völkergewohnheitsrecht ist hinsichtlich der jeweils einstimmig verabschiedeten VN-Weltraumresolutionen seit 1957 anerkannt, dass diese die Rechtsüberzeugung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Gültigkeit der darin bekräftigten Grundprinzipien der Menschheitsklausel, der Weltraumfreiheit, der friedlichen Nutzung und des Aneignungsverbots zum Ausdruck brachten. Insofern stellt der Weltraumvertrag eine Kodis. o. Kapitel D. I. a) Fn. l3 u. 14. Christol. Fn. 11 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 153: "The international law of outer space is the product of practices which have been ripened into customary law ... "; Tomuschat. International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century. RdC 281 (1999) S. 332. 103

104

III. Rechtsnatur des Rechtsgebots

305

fizierung bereits vorher allgemein akzeptierter Weltraumrechtsgrundsätze dar. 105 In Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung stellt ChristoZ lO6 fest: " ... there was agreement by 1966 that certain basic principles were applicable to a regime for outer space. ... First, it was accepted that the space environment was to be used only, or exclusively, for peaceful purposes. This principle corresponded with the official position of the United States from as early as 1957."

Allerdings ist in Bezug auf das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums zu berücksichtigen, dass hinsichtlich seiner Auslegung gerade kein Konsens bestand. Deshalb bedarf es zusätzlich zu der bereits unter Kapitel B. I. 2. b) bb) untersuchten Wirkung der einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung in Bezug auf die Staatenpraxis besonderer Prüfung, mit welchem Inhalt das Rechtsgebot als völkergewohnheitsrechtlich anerkannt gelten kann. Insoweit sind auch die parallel zur Einführung des Rechtsgebots in den Vereinten Nationen im Jahre 1957 beginnenden umfangreichen abrüstungspolitischen Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der beiden Weltraummächte und die tatsächlich einsetzende militärische Nutzung für die Feststellung der Staatenübung zu berücksichtigen. Demnach wurden passive militärische Nutzungen durch Kommunikations- und Navigationssatelliten von Anfang an als zulässig anerkannt. Die Nutzung von Reconnaissance-Satelliten war zunächst heftig umstritten, wurde dann aber mit der Weltraum-Prinzipien-Resolution auch von der UdSSR anerkannt. 107 Dagegen kann schon mangels einer bisherigen Praxis aktiver zerstörerischer Nutzungen des Weltraums nicht angenommen werden, dass ein solche Nutzungen zulassendes Verständnis des Grundsatzes der friedlichen Nutzung völkergewohnheitsrechtliche Geltung beanspruchen könnte. Dies wäre auch auf Grund der eindeutigen Haltung der internationalen Gemeinschaft in den einschlägigen Resolutionen der VNGeneralversammlung, in denen sie sich gegen den Übergang zu derartigen militärischen Nutzungen wiederholt ausspricht, nicht möglich. Mithin ist für eine völkergewohnheitsrechtliche Geltung des Grundsatzes der friedlichen 105 s. Nachweise in C. 1. 2. b) bb) Fn. 148; Christo 1, Fn. 11 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 155 betont: " ... since the prior unanimity in the form of UN resolutions and declarations was coupled with an intent to establish principles, standards, and rules of international law, it is submitted that the Treaty did not create an entirely new body of law. It formalized the pre-existing customary law which had al ready formally been declared by the resolutions and declarations to exist."; Chowdhury, Fn. 13 S. 13: " ... the broad principle that the exploration and use of outer space for peaceful purposes is a mandatory obligation under international space law."; Rosas, Fn. 90 S. 361. 106 Christol, Fn. 11 in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 154. 107 s. o. Kapitel B. 11. 1. 3. a) aa) (1) Fn. 154.

20 Wolter

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Nutzung von der Unterscheidung zwischen passiven, nicht-zerstörerischen und aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Art im Weltraum, die auch der" explanation 0/ vote" der USA zu den einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung zu Grunde liegt,108 auszugehen. Zusätzlich zu der Prüfung in Kapitel C. 11., wonach entsprechend der Feststellung des IGH im Golf von Maine-Fall 109 Gewohnheitsrecht auch deduktivaus Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden kann, ist in Bezug auf den Grundssatz der friedlichen Nutzung als weiteres Kriterium der IGH-Rechtsprechung bezüglich der Entstehung von Völkergewohnheitsrecht zu prüfen, ob es sich um eine "norm creating "-Bestimmung handelt. Im NordseeFestlandsockel-Fall II 0 hat der IGH "norm-creating provision" definiert als eine Bestimmung " ... wh ich has constituted the foundation of, or has generated a rule which, while only conventional or contractual in its origin, has since passed into the general international law".

Das Gericht lehnte in Bezug auf die Äquidistanzlinie zur Abgrenzung des Festlandsockels eine solche Qualifizierung ab, weil zu dieser vertraglichen Bestimmung die Möglichkeit von Vorbehalten besteht 1 1 1, und weil die Regelung subsidiär gegenüber einer vertraglichen Vereinbarung der Festlandsokkelabgrenzung ist. Beide einschränkenden Bedingungen des Normcharakters liegen jedoch in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung nicht vor. Weder ist die Möglichkeit eines Vorbehalts dazu im Weltraumvertrag vorgesehen noch die einer abweichenden bilateralen vertraglichen Modifizierung. Auch die Forderung einer Staatenpraxis "including that 0/ States whose interests are specifically aJfected" 112 kann in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums, den die Großmächte selber eingeführt haben, als gegeben festgestellt werden. Der Grundsatz teilt außerdem als zentrales Strukturelement des CHOM-Prinzips auch dessen Rechtscharakter als materiales Strukturprinzip und ist damit auch als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Weltraurnrechts einzustufen. 1 13 Als Fazit ist also von einer völkergewohnheitsrechtlichen Geltung des Grundsatzes in seiner grundsätzlichen Unterscheidung zwischen passiven und aktiven militärischen Nutzungen des Weltraums auszugehen, die allerdings von derselben inhaltlichen Rechtsunklarheit in der Einzelanwendung beeinträchtigt wird, die für die Auslegung des vertraglichen Grundsatzes s. o. Kapitel B. III. 3. Fn. 500. ICJ Reports 1984, S. 246, 299 para. 111. 110 ICJ Reports 1969 Para. 71. 111 ICJ Reports 1969 Para 72, aber Dissenting Opinion Morelli, S. 198; Lachs, S. 223; Sorensen, S. 248. 112 ICJ Reports 1969 Para. 71. 113 s. o. Kapitel C. H. 3. 108

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IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

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kennzeichnend ist. Daher besteht trotz des völkergewohnheitsrechtlichen Ausschlusses aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums im Grundsatz die Unsicherheit wegen des Fehlens ausdrücklicher und genügend konkreter Bestimmungen hinsichtlich neuerer technologischer Entwicklungen, welche die Stationierung von Waffen bzw. weltraumgestützter Systemelemente im Weltraum möglich machen, fort. Diese Unsicherheit unterstreicht die Notwendigkeit einer ausdrücklichen vertraglichen Konkretisierung des Grundsatzes in einer internationalen Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums. Zur Grundlegung einer solchen vertraglichen Spezifizierung werden im Folgenden die strukturellen Grundlagen des Grundsatzes der friedlichen Nutzung als Voraussetzungen der Erfüllung des weltraumrechtlichen Menschheitsinteresses und darauf aufbauend konkretisierende Rechtsstandards und Kriterien für die Übereinstimmung von Weltraumnutzungen im Sicherheitsbereich mit der Menschheitsklausel dargelegt.

IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums als strukturelle Voraussetzung der Verwirklichung des Menschheitsinteresses 1. Die Dimension des Menschheitsinteresses: friedliche Nutzung als Implementierung der Menschheitsklausel im Bereich der Sicherheit

Angesichts der fundamentalen Bedeutung des Menschheitsinteresses nach dem CHOM-Grundsatz als zentralem Strukturelement und Finalitätsprinzip der Weltraumrechtsordnung, die aus dem Status des Weltraums als hoheitsfreier internationalisierter Gemeinschaftsraum folgt, bedarf die Menschheitsklausel der konkretisierenden Implementierung in allen Bereichen. In Bezug auf die Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft im Weltraum obliegt diese Funktion in erster Linie dem Rechtsgrundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums nach Artikel I Absatz 1 WRV in Verbindung mit dem Aneignungsverbot nach Artikel 11 WRV, dem Grundsatz der Förderung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit nach Artikel III WRV, dem Kooperationsgebot nach Artikel IX WRV, dem Rücksichtnahmegebot nach Artikel IX WRV und dem Gebot der Berücksichtigung der Interessen künftiger Generationen. In ihrer Verbindung bilden diese zugleich die strukturellen Voraussetzungen für die Nutzung des Gemeinschaftsraums im Interesse und zum Vorteil aller Staaten und der gesamten Menschheit. Dieser enge Zusammenhang zwischen der friedlichen Nutzung und der Verwirklichung des Gemeinschafts- und Menschheitsinteresses wird im Schrifttum von zahlreichen Autoren 114 betont. Noch vor Be114 Nachweise in Fn. 90, 97 und C. I. 2. a) cc) Fn. 73 sowie Monserrat Filho, Why and How to Define "Global Public Interest", Proc. 43 rd Colloq. Space Law

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

ginn der ersten Weltraumaktivitäten hat die Völkerrechtswissenschaft die Notwendigkeit der Begrenzung einer Nutzung des staatsfreien Raumes für friedliche Zwecke aus der übergeordneten Gemeinwohlbindung des hoheitsfreien Gemeinschaftsraumes entwickelt. 115 Der Franzose Joseph Kroell hat 1952 in seinem von dem Nestor der deutschen Weltraumrechtswissenschaft Alex Meyer übersetzten Beitrag "Einem Weltraum entgegen" 116 in der ersten Ausgabe der Zeitschrift für Luftrecht [später Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht] betont, dass die Nutzung des Weltraums im Interesse der (2001) S. 32; Altemir, Fn. 13 S. 75: " ... el interes de la humanidad, tantas veces proclamado en los instrumentes internacionales relativos al espacio ultraterrestre y a los fondos marin os y oceanicos, exige sin duda que la explorac6n y utilizaci6n de tales ambitos especiales y de sus recursos se realicen exclusivamente con fines pacificos."; Metcalf, Activities in Space - Appropriation or Use? (1999) S. 190; Postyshew, The Concept of the Common Heritage of Mankind. From New Thinking to New Practice (1990) S. 103; Stadler, Fn. 5 S. 54; Stocker, Das Prinzip des Common Heritage of Mankind als Ausdruck des Staatengemeinschaftsinteresses (1993) S. 202; He Quizhi, Fn. 61 S. 354; Zhu Quivu, Some Reflections on the Most Important Principle of Outer Space Law: To the Common Interests of All Mankind, Proc. 32nd Colloq. Space Law (1990) S. 25; Christol, The Province of Mankind Concept, Thesaurus Acrosium of the Institute of Public International Law and International Relations of Thessaloniki, 1981, abgedruckt in Christol, Space Law. Past, Present and Future (1991) S. 70 betont, dass die Menschheitsklausel entsprechend dem Grundsatz der ,province of all mankind' "adds support to the view that the entire space environment, Article 4 (2) to the contrary notwithstanding, ought to be used for beneficial and peaceful purposes."; ders., The Use of Outer Space for Peaceful Purposes. Legal and Political Implications, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 4 betont mit Blick auf die SDI-Pläne "a greater and more urgent need ... to obtain a clarification and common understanding of the meaning of ,peaceful purposes' und " ... of relating the commercial, industrial, scientific, and military uses of the space environment to the goal of peaceful purposes" [Hervorhebung von mir]; Marcoff, Fn. 77 S. 79; ders., Traite de droit international public de l'espace (1976) S. 353; Zhukov/Kolosov, Fn. 77 S. 54; bereits Sontag, Fn. 24 (1966) S. 164 sah das Recht auf präventive Sicherheitsrnaßnahmen durch ein "vorrangiges Gemeinschaftsinteresse ... , das nicht nur auf das Erhalten des status quo der Hinauszögerung einer großen kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Blöcken gerichtet ist, sondern auf das Erringen des permanenten Erhaltens des Friedens" begrenzt und spricht von dem "überzuordnenden Gemeinschaftsinteresse daran, daß keine Situation eintritt, die zu einer Gefahrdung des Friedens führen könnte", woraus er die Zulässigkeit begrenzter, der Frühwarnung dienender militärischer Weltraumnutzung durch Aufklärungssatelli ten schließt. 115 Schachter, Legal Aspects of Space Travel, Journal of the Britisch Interplanetary Society (Januar 1952) S. 15; ders., The Prospects for a Regime in Outer Space and International Organization, in Cohen (Hrsg.), Law and Politics in Space (1964) S. 97; Kroell, Einem Weltraum entgegen, Zeitschrift für Luftrecht 1 (1952) S. 254; Alex Meyer, Legal Problems of Flight into Outer Space, Third Astronautical Congress, Stuttgart 5. 9. 1952; Cocca, Principles for a Declaration with Reference to the Legal Nature of the Moon, Proc. Space Law 1 (1958) S. 36; Jenks, Fn. 16 S.22. 116 Kroell, Fn. 115 S. 253.

IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

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"irdischen menschlichen Gemeinschaft" internationale friedliche Zusammenarbeit zur Sicherstellung einer internationalen Kontrolle der Betätigungen im Weltraum erfordert. Für die beteiligten Staaten ergebe sich die "Notwendigkeit, schon jetzt in internationaler Zusammenarbeit die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die ihnen als natürliches Recht zuerkannte Freiheit [der Nutzung des Weltraums] auf eine ausschließlich friedliche und außerdem vernünftige Ausübung zu beschränken."

KroeU J17 wies außerdem bereits eindringlich auf die Gefahr militärischer Nutzungen des Weltraums hin, die in den Händen eines Staates "eine Herrschaftsmacht begründen könnte, ... um sein Streben nach Weltherrschaft zu befriedigen." Sontag 118 stellte dann 1966 einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Rechtsgebot der friedlichen Nutzung und dem Gemeingebrauch des Weltraums her und meinte unter Bezugnahme auf McDougal,119 dass unmittelbar aus der "Zuweisung des Weltraums an die Völkergemeinschaft zum Gemeingebrauch" eine genauere Abgrenzung zwischen zulässigen und unzulässigen Tätigkeiten erfolgen könne als durch den "elastischen und ideologisch bedingten Begriff ,friedlich' ... " Marcoff120 lieferte die rechts theoretische Begründung für diese Rückbindung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung an das übergeordnete Gemeinwohlinteresse, die zwar nicht ausdrücklich, aber implizit auf den strukturellen Wandel des Völkerrechts zurückgreift. Er weist zu Recht darauf hin, dass bei der Beurteilung, ob eine Maßnahme im Weltraum rechtmäßig ist, nicht nur die ausdrücklichen Verbotsnormen, sondern vor allem das der Weltraumrechtsordnung - im Unterschied zum klassischen Völkerrecht zu Zeiten des Souveränitätsdogmas der Lotus-Entscheidung des StlGH - zu Grunde liegende positive "common interest"-Prinzip des Artikel I WRV, mit dem jede Weltraum aktivität im Einklang stehen muss, zu berücksichtigen ist: "However, lack of prohibition does not mean, under present international law, permission, or authorization. Claiming that a given military, non-aggressive acKroell, Fn. 115 S. 254. Sontag, Fn. 24 S. 149. 119 Me Dougal, The Prospects for a Regime in Outer Space, in Cohen (Hrsg.), Law and Politics in Outer Space (1964) S. 119. 120 Marcoff, Fn. 13 JSL 4 (1976) S. 20; ebenso Kopal in International Law Association, Report of its 63 rd Conference, Warsaw (1988) S. 318: "while celestial bodies have been fully demilitarized by the 1967 Outer Space Treaty (as supplemented by the 1979 Moon Treaty), only some prohibitions of certain military uses have been spelled out in relation to outer space. This does not necessarily mean that all other military activities in outer space are eo ipso permitted, but the situation is not c1ear. Apparently, the situation has been left open by the drafters of the 1967 Outer Space Treaty." 117 118

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

tivity which has not been expressly prohibited in the Space Treaty, is ,permissible' and therefore a ,lawful' one, sets international law back one half a century, to the voluntaristic sentence of the Permanent Court of the Hague in the Lotus case (September 7, 1927). If several military ,defensive' uses of outer space remain yet not prohibited, this does not necessarily mean that they are legal and lawful under space law. As noticed in American space law doctrine, ,international law does not consist of a detailed and all-encompassing set of prohibitions.' Before engaging in space activities, aState should verify not only if the activity may fall within prohibited principles and rules such as those included in both paragraphs of Article IV, but also if they are in harmony with fundamental dispositive rules prescribing specific lines of conduct. Such a rule is the ,common interest' principle of Article I (1) of the Space Treaty. It is the key provision that deterrnines the legal parameters of every activity in space."

Letztlich folgt das Gebot der friedlichen Nutzung zwingend aus dem Gemeingebrauch und ist nichts Anderes als seine Konkretisierung für den sicherheitspolitischen oder militärischen Bereich der Nutzung des Weltraums. Die Konsequenz aus dem CHOM-Status des Weltraums, wonach es entsprechend dem Strukturprinzip des CHOM grundsätzlich keine Vermutung mehr für die Zulässigkeit einseitiger, an einzel staatlichen Interessen orientierter Nutzungen gibt, muss besonders auch im sicherheitspolitischen Bereich der Nutzung des Gemeinschaftsraums gelten, da vom Weltall aus jede militärische Maßnahme potenziell universelle Auswirkung auf der Erde haben und das Überlebensinteresse der ganzen Menschheit tangiert sein kann. Wie die International Law Association 121 bei ihrer Beratung des Weltraumvertrages unterstrichen hat, besteht auch in umgekehrter Richtung ein enges Wechselverhältnis zwischen der Verfolgung des Gemeinwohls einerseits und der Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit im Weltraum als Voraussetzung seiner friedlichen Nutzung andererseits. Die Missachtung des Gemeininteresses führt dagegen zu Spannungen und Konflikten, welche die Aufrechterhaltung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums unterminieren. Sie hat diesen Zusammenhang erneut konkret bei der völkerrechtlichen Beurteilung der SDI-Pläne auf ihren Tagungen 1986 in Seoul 122 und 1988 in Warschau I23 bekräftigt. Beispielsweise stellte C. Q. Christol 124 ohne Weiteres eine direkte Verknüpfung zwischen der Menschheitsklausel und 121 International Law Association, Report of the 54 th Conference, The Hague (1970) S. 427: "The common and real intention of the Parties at the time of the conclusion of the Treaty was to acknowledge that, apart from the specific national interests in the utilization of outer space, there were wider interests which States in their exploitation of outer space are obliged to take into account. It was realized that a sole concentration on purely national interests, thus nullifying the common interest, would lead to serious conflicts and tensions. " [Hervorhebung von mir] 122 International Law Association, Report of the 62 nd Conference, SeouI (1986) S. 385 ff.

IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

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dem Verbot der Stationierung von ASAT-Waffen im Weltraum her. Im selben Sinn bemerkte Almond125 ebenfalls konkret in Bezug auf SDI in einer Paneldiskussion der American Society of International Law 1985, dass Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge den Weltraum betreffend Voraussetzung seien, um die notwendige "security of a minimum public order that ... must be shared among all states" im Weltraum zu wahren. Er unterstrich den engen Zusammenhang zwischen "effective and enforceable arms control agreements" zur friedlichen Nutzung des Weltraums und "the attainment of a greater public order ... dependent upon common interests ... ". Die VN-Generalversammlung hat die Menschheitsklausel bereits in ihrer ersten Bezugnahme auf das "Interesse der gesamten Menschheit" in der Resolution 1721 (XVI) vom 20. 12. 1961 und in der Weltraum-Grundsatz-Resolution 1962 (XVIII) vom 13. 12. 1963, in der es als ein Prinzip des Weltraumrechts genannt wird, unmittelbar mit dem Gebot der friedlichen Nutzung des Weltraums verbunden. Auch in der Staatenpraxis 126 finden sich zahlreiche Bezugnahmen auf den Zusammenhang zwischen dem Gebot der friedlichen Nutzung und der Menschheitsklausel des Artikel I Absatz 1 WRV, wobei sich allerdings insbesondere die Weltraumstaaten in den Verhandlungen des Weltraumvertrages teilweise widersprüchlich verhielten. So trat einerseits die UdSSR 127 für die Beibehaltung der Menschheitsklausel in Artikel I Absatz 1 und gegen ihre Übertragung lediglich in die Präambel ein, lehnte aber zugleich den US- Vorschlag 128 einer Bestimmung zu einer 123 International Law Association, Report of the 63 rd Conference, Warsaw (1988) S. 282 ff. 124 International Law Association, Fn. 123 S. 306 (Diskussionsbeitrag von C. Q. Christoi): "lj the space environment and its natural resources are to be employed for the betterment of mankind there is a need to prohibit the presence of all mass destruction - including nuclear, exotic, and ASAT-type - weapons in outer space, on the moon, and other celestial bodies. The non-presence of ASATs in the space environment should be viewed as an imperative objective. " 125 Almond, Beitrag zu Panel: Arms Control and U.S. Policy: "Star Wars", MAD, MX and Pershing Iis, Proceedings 79 th Annual Meeting ASIL (1985) S. 242. 126 Kanada, UN Doc. A/PV 759; Para. 121 S. 174 (1958); Peru, UNDoc. A/C.lI SR. 1211 Para. 20 S. 276 (1961); Erklärung der Staats-und Regierungschefs von Argentinien, Indien, Mexiko, Tansania, Schweden und Griechenland v. 7. 8. 1986, UN Doc. A/4l1518; Schweden, UN Doc. A/AC.l05/PV.197 S. 22 (1979) und Chile, ibid. Nach Zhukov, The Soviet Viewpoint on the Development of Space Law, in Mac Whinney/Bradley (Hrsg.), New Frontiers of Space Law (1969) S. 76 erfordert Artikel I Absatz 1, dass alle Weltraumaktivitäten dem Frieden und Fortschritt der Menschheit dienen und daher dem Gebot der friedlichen Nutzung des Weltraums entsprechen müssen. 127 UN Doc. A/AC.105/C.2/SR 64, S. 10 (1966) und Artikel I Absatz 1 des sowjetischen Vertragsentwurfs vom 16. 6. 1966, der in den Weltraumvertrag Eingang fand.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

umfassenden Infonnationsverpflichtung der Staaten über ihre Weltraumaktivitäten, der dazu dienen sollte, die friedliche Nutzung des Weltraums und damit die Verwirklichung der Menschheitsinteressen zu garantieren, ab. Ausgangspunkt für die rechtstheoretische Grundlegung des Strukturzusammenhangs zwischen Menschheitsklausel und friedlicher Nutzung des Gemeinschaftsraums ist die im vorhergehenden Kapitel 129 entwickelte Schlussfolgerung, dass aus der Gemeinwohlklausel die rechtliche Verpflichtung folgt, dass bei jeder Nutzung des Weltraums die Interessen der anderen Staaten zu berücksichtigen sind (Artikel IX Satz 2: "... mit gebührender Rücksichtnahme auf die entsprechenden Interessen aller anderen Vertragsstaaten" [Hervorhebung von mir]). Nur durch eine solche Verpflichtung kann das Allgemeinwohl der internationalen Gemeinschaft verwirklicht werden. 130 Diese Verpflichtung gilt auch und besonders für diejenigen Nutzungen, die mittelbare oder unmittelbare Auswirkungen auf die internationale Sicherheit haben, d. h. für den militärischen und sicherheitspolitischen Bereich. Es wäre widersprüchlich, ausgerechnet diesen, die Interessen der internationalen Gemeinschaft essenziell berührenden Bereich aus der Allgemeinwohlbindung ausnehmen zu wollen. Dies ergibt sich sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Menschheitsklausel, dem systematischen Zusammenhang der Bestimmung im Weltraumvertrag als auch aus einer teleologischen Interpretation der KlauselY I Dieses Ergebnis wird außerdem durch eine Interpretation des Gebots der friedlichen Nutzung in seinem strukturellen Zusammenhang zur Menschheitsklausel bestätigt. Danach bedarf die Allgemeinwohlklausel auch in Bezug auf die friedliche Nutzung des Weltraums einer implementierenden Konkretisierung, um eine Rechtsstruktur zu schaffen, die gewährleistet, dass auch im sicherheitspolitischen Bereich die Interessen aller Staaten berücksichtigt werden. Eine solche Konkretisierung im Lichte des Struktur- und Finalitätsprinzips der Menschheitsklausel ergibt in Bezug auf militärische und Rüstungsmaßnahmen im Weltraum zunächst die Notwendigkeit verfahrensmäßiger Gewährleistungen der friedlichen Nutzung. Eine erste verfahrensmäßige Schlussfolgerung ist, dass auf Grund der Gemeinwohlklausel die Fragen militärischer Nutzung des internationalisierten Gemeinschaftsraums multilateral geregelt werden müssen, da nur so sichergestellt werden kann, dass das Interesse aller Staaten und der Menschheit als Ganzes angemessen berücksichtigt wird. UN Doc. A/AC.105/C.2/SR 70, S. 6 (1966). Kapitel C. 1. 3. 130 Nakamura, Community-Interests of International Society, Especially in the Field of Space Law, Proc. 33 rd Colloq. Space Law (1990) S. 232; Diederiks-Verschoor, Implications of Commercial Activities in Outer Space, Especially for the Developing Countries, JSL 17 (1989) S. 125; Chowdhury, Fn. 13 S. 14. 131 s. o. Kapitel B. 1. 3. und Teil C. I. 3. 128 129

IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

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Materiellrechtlich lässt sich nach Auffassung einer Reihe von Autoren, 132 die sich auch auf entsprechende Stellungnahmen einzelner Staaten in der CD stützen können, aus der Allgemeinwohlklausel in Bezug auf den Übergang zu aktiven militärischen Nutzungen bereits unmittelbar eine konkrete Verbotsnorm ableiten, da die Einführung von Waffensystemen im Weltraum in jedem Fall dem Menschheitsinteresse widerspricht. Allerdings wird eine solche unmittelbare Herleitung von Verbotsnormen insbesondere von den USA 133 als unzulässig abgelehnt. Auch die Appelle einer Reihe von Staaten,134 konkrete Verbotsnormen durch einen multilateralen Vertrag erst zu schaffen, könnte als Indiz gewertet werden, dass de lege lata jedenfalls keine Klarheit über das Bestehen einer solchen Verbotsnorm besteht. Umso größere Bedeutung kommt daher der Aufgabe zu, die allgemein als notwendig erachtete Konkretisierung des Gebots der friedlichen Nutzung in seinem strukturellen Zusammenhang zur Menschheitsklausel durch die Entwicklung materieller Standards und Kriterien hinsichtlich der Respektierung des Menschheitsinteresses vorzunehmen. Dazu ist die Menschheitsklausel neben ihrem Zusammenhang zu den anderen weltraumvertraglichen Grundsätzen auch in Bezug zu der auch für den Weltraum geltenden Abrüstungsverpflichtung des Artikel VI NVV 135 zu setzen. 2. Das territoriale Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums zur Gewährleistung des Aneignungs- und Okkupationsverbots nach Artikel 11 WRV Der Ausschluss der Möglichkeit nationaler Aneignung und hoheitlicher Okkupation gemäß Artikel 11 WRV begründet den Status des Weltraums als hoheitsfreier internationalisierter Raum. Friedliche Nutzung des Gemeinschaftsraums und Ausschluss exklusiver Kontrolle stehen in engem strukturellen Zusammenhang zueinander,136 nach Christol bedingen sie sich geNachweise Fn. 90 u. 97. USA, CD/PV 553 v. 19.4. 1990 S. 3; s. auch o. Kapitel B. Ir. 2. f) Fn. 281 u. B. III. 2. c) Fn. 470. 134 s. o. Fn. 61. 135 s. o. B. III. 2. b) aa) und Resolution der VN-Generalversammlung RES/39/59 v. 12. 12. 1984, Fn. 390, welche ausdrücklich die Anwendbarkeit des Artikel VI NVV auf den Weltraum vorsieht. 136 Zahlreiche Autoren betonen den Zusammenhang zwischen Aneignungsverbot und friedlicher Nutzung: Orr, Fn. 38 S. 262; Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 349; Dekanozov, Fn. 43 S. 308; Verplaetse, Fn. 5 S. 50; Poulantzas, Fn. 38, Revue Hellenique de Droit International 20 (1967) S. 66; ders., Fn. 38 ZLW 17 (1968) S. 120; Schweitzer, Fn. 6 in BodenschatzlBöckstiegellWeides (Hrsg.) S. 360 Fn. 31 rechnet das Aneignungsverbot zu den "Entmilitarisierungsbestimmungen im weitesten Sinn". 132

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

genseitig. 137 In der frühen weltraumrechtswissenschaftlichen Diskussion gab es jedoch insbesondere US-amerikanische Stimmen,138 die eine Ausdehnung nationaler Souveränität vor allem aus Gründen der "nationalen Sicherheit" auch auf den Weltraum nicht ausschließen wollten. International setzte sich jedoch die Auffassung durch, dass der Weltraum auf Grund seiner besonderen physischen Gegebenheiten mit potenziell universeller Ausstrahlung jeder Tätigkeit auf alle Staaten,139 welche die Fähigkeit zur einseitigen Beherrschung der Erde eröffnen könnten, als ein staatsfreier Gemeinschaftsraum der ganzen Menschheit zugeordnet ist und dieser Status durch ein Verbot der nationalen Aneignung und Okkupation und durch das Gebot der friedlichen Nutzung des Weltraums völkerrechtlich geschützt werden sollte. 140 Jenks 141 schließt aus der Bekräftigung des Aneignungsverbots in der im Konsens angenommenen Weltraum-Grundsatz-Resolution, 142 dass Christol, Fn. II in World Peace through Law Centre (Hrsg.) S. 156. So der Doyen des Luftrechts in den USA, John C. Cooper, High Altitude Hight and National Sovereignty, International Law Quarterly 4 (1951) S. 411, nach dem sich die territoriale Souveränität bis zu einer Höhe von 161.000 Meilen erstrecken könne, weil eine Rakete erst dort "would leave the earth's area of gravity and pass into the gravitation control of the sun." Als Regel schlug Cooper vor, "that at any particular time the territory of each State extends upward into space as far as then scientific progress of any State in the international community permits such State to control space above it." Als Zwischenzone schlugen einige Autoren (Cooper S. 411 sowie McDougalllLipson, Perspectives for a Law of Outer Space, AJIL 52 (1958) S. 426 sog. "security zones peripheral to territorial airspace" vor; s. auch Brownlie, The Maintenance of International Peace and Security in Outer Space, BYIL (1965) S. 4. 139 Jessupflaubenjeld, Fn. 13 S. 212; Lindsey, Symposium Summary in Beierl Mataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 189: "A dominant feature of space, without paral1el in the other environments, is that satellites in LEO go around the world many times a day, passing over many countries every day." 140 s. die Resolutionen der VN-Generalversammlung 1721 (XVI) Para. I bund 1962 (XVIII) Para. 3; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 598 und 602. In der ersten Diskussion dieser Frage im ersten Auschuss der VN-Generalversammlung 1958 bestand Einvernehmen, dass der Weltraum, der anders als die Hohe See unbegrenzt ist, nicht der territorialen Aneignung unterliegt, s. Report oj the First Committee, UN Doc. A/4009 v. 28. 11. 1958; laut JessuplTaubenjeld, Fn. 13 S. 257 bezeichneten mehrere Delegationen das Konzept usque ad coelum "as ,absurd' with respect to ,ownership' of outer space"; s. auch Korovin, International Status of Outer Space, International Affairs (Moskau) I (1959) S. 53, der das Konzept der nationalen Souveränität im Weltraum als "unscientific geocentrism, areturn from Copernicus to Ptolemy" ablehnte. 141 Jenks, Fn. 16 S. 201. 142 UN Resolution 1962 (XVIII) v. 13. 12. 1963 Para. 3; abgedruckt in Welckl Platzöder, Fn. 3 S. 602. I37

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IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

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"only as regards a possible appropriation by the United Nations acting on behalf of the world community as a whole can the matter be regarded as an open one for the future."

Schon in den frühen weltraumrechtlichen Schriften 143 wird ein Zusammenhang zwischen der effektiven Durchsetzung eines Aneignungs- und Okkupationsverbots im Weltraum und der Notwendigkeit, diesen ausschließlich für friedliche Zwecke zu nutzen, hergestellt. Ohne eine Demilitarisierung des Weltraums wurde befürchtet, dass sich unabhängig vom Ausschluss territorialer Souveränitätsrechte über den Weltraum eine Rivalität um Einflusssphären im Weltraum entwickeln könnte, die der Nutzung des Weltraums im Interesse der Menschheit zuwiderlaufen würde. l44 Vor diesem Hintergrund rief die Resolution der VN-Generalversammlung 1472 vom 12. 12. 1959 zum Weltraum dazu auf, "to avoid the extension of present national rivalries into this new fleld. " Der Strukturzusammenhang zwischen Aneignungsverbot und dem Gebot der friedlichen Nutzung des Weltraums besteht insbesondere darin, dass letztlich nur die friedliche Nutzung des Weltraums gewährleisten kann, dass die Voraussetzungen erhalten bleiben, damit es nicht zu einer territorialen Aneignung oder einer hoheitlichen Okkupation des Weltraums kommen kann. Geschichtlich ist bis heute die militärische Aktivität der Staaten stets mit dem Ziel der Eroberung oder der Kontrolle von Territorien und als Gegenreaktion der Verteidigung gegen solche Eroberungsabsichten verbunden gewesen. Es liegt in der Natur militärischer Operationen und Strategien, dass sie auf die Erzielung von Kontrolle und Überlegenheit des Territoriums angelegt sind. 145 Die Verlautbarungen des US Space Command 146 von der Notwendigkeit, "space control" und "space superiority" zu erlangen, sind daher folgerichtige Konsequenzen einer Entwicklung, welche die Schwelle zu einer Bewaffnung des Weltraums zu überschreiten beabsichtigt. 147 Es ist daher nicht überraschend, dass die Pläne des US Space ComMcDougallLaswelllVlasic, Fn. 89 S. 300. Jessup/Taubenjeld, Fn. 13 S. 266: " ... outer space was still in fact subjected to a struggle over the division into spheres of influence ... ". 145 Lindsay, Fn. 139 in BaierlMataila, (Hrsg.) S. 190: "In the military domain, national armies demand complete control over the land of their country. National navies try to exert sea control and sea denial over their territorial waters, often seek sea control over certain zones of the open ocean (such as sea-Ianes-of-communication between allied countries), and sometimes sea denial. Somewhat less affected by geography, air forces seek to control the air above theatres of operations, perhaps extending into enemy airspace, and may manage to extend air superiority into complete air supremacy." 146 s.o. Kapitel B. 11. 2. a) ee) Fn. 203. 147 Satin, Fn. 33 S. 31 sieht darin Tendenzen zu einer "mare nostrum"-Politik nach dem Vorbild von Manon, dem Strategen der Etablierung amerikanischer Seeherrschaft im 19. Jahrhundert; s. auch o. Kapitel B. 11. 2. a). 143 144

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

mand für eine Kontrolle des Weltraums von diesem auch mit Überlegungen verbunden werden, die Souveränitätsfrage in Bezug auf den Weltraum neu zu stellen. 148 Dies zeigt wiederum den engen Zusammenhang zwischen militärischen Plänen der Bewaffnung des Weltraums und der Gefahr einer militärischen Okkupation von Teilen des Weltraums und einer Aushöhlung des Aneignungsverbots. Ohne eine Beschränkung aktiver militärischer Weltraumaktivitäten von zerstörerischer Qualität durch den Grundsatz der friedlichen Nutzung besteht keine Gewähr, dass eine territoriale Aneignung oder militärische Okkupation mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Insbesondere hätte die internationale Gemeinschaft keinerlei Mittel, bei einer Bewaffnung des Weltraums durch einzelne Staaten das Verbot der nationalen Aneignung verlässlich im Weltraum durchzusetzen, es sei denn, die Vereinten Nationen würden zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Kapitel VII der VN-Charta selber Waffen im Weltraum stationieren oder einzelne Staaten damit beauftragen. Die Vereinten Nationen würden also, um das Okkupationsgebot durchzusetzen, zu einer Vorgehensweise gezwungen, welche die VN-Generalversammlung selber mit ihren jährlichen Appellen entgegengesetzten Inhalts für unzulässig hält.

Vor diesem Hintergrund ist es umgekehrt ebenso folgerichtig, dass mit der Errichtung eines hoheitsfreien internationalisierten Raumes zu dessen Absicherung die Schaffung eines ganz oder teilweise entmilitarisierten Status einhergeht, um damit von vornherein die Möglichkeiten einer militärischen Okkupation auszuschließen. In diesem Sinn ging die völlige Entmilitarisierung der Antarktis damit einher, dass bestehende Souveränitätsansprüche eingefroren wurden. 149 Für die Hohe See entspricht der geringere Entmilitarisierungsgrad einer weniger intensiven Gemeinwohlbindung als derjenigen für die vom CHOM-Grundsatz und dem völkerrechtlichen Strukturwandel geprägten Gemeinschaftsräume des Meeresbodens und des Weltraums. 150 Dieser unterschiedliche Intensitätsgrad der Entmilitarisierung hängt außerdem mit den unterschiedlichen Eigenschaften der Gebiete zusammen. Die territorial begrenzte und nur horizontal nutzbare Hohe See ist mit dem unbegrenzten und vertikal nutzbaren Weltraum, von dem jeder Punkt der Erde erreichbar ist, nicht vergleichbar. 151 Aus dem Vorangehenden ergibt sich außerdem eine weitere Begründung für die rechtliche Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen noch zulässis. o. Kapitel B. II. 2. g). lessuplTaubenjeld, Fn. 13 S. 173; Wolfrum, Die Internationalisierung staatsfreier Räume (1984) S. 62. 150 Nach Wolfrum, Fn. 149 S. 347 ist der Grundsatz der friedlichen Nutzung eines der "Wesensmerkmale der Internationalisierung"; ders., Restricting the Use of the Sea to Peaceful Purposes: Demilitarization in Being?, GYIL 24 (1975) S. 201. 151 lessuplTaubenjeld, Fn. 13 S. 213; Küchenhoff, G.: Fn. 45 S. 461. 148

149

IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

317

gen passiven als eine Fonn von "non-intrusive" Nutzungen und nicht mehr zulässigen aktiven/zerstörerischen militärischen Nutzungen, die "intrusive" sind. Die zweite Kategorie der Nutzungsarten umfasst somit zugleich diejenigen militärischen Nutzungen, die erst die Fähigkeit zu exklusiver, den Zugang Anderer beeinträchtigender Nutzung des Weltraums und letztlich die Fähigkeit zur Kontrolle über den Weltraum schaffen. Den bislang von der internationalen Gemeinschaft hingenommenen passiven Nutzungen wie Reconnaissance und Nachrichtenübennittelung durch Satelliten ist diese Fähigkeit nicht gegeben, weshalb deren Zulässigkeit jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Aneignungs- und Okkupationsverbots auch nicht problematisch ist. Dies gilt aber nicht mehr für die aktiven militärischen Nutzungen des Weltraums, da ihnen die Fähigkeit inhärent ist, den Weltraum unter Beeinträchtigung des Zugangs Anderer zu kontrollieren. In dem Maße, in dem der Grundsatz der friedlichen Nutzung die effektive militärische Kontrolle von Teilen des Weltraums durch einzelne Staaten ausschließt, erweist er sich also als eine strukturelle Grundbedingung und zugleich als rechtliches Instrument für die Sicherung des Verbots der Aneignung oder Okkupation des Weltraums. Daraus folgt wiederum als Gegenstück, dass die Respektierung des Aneignungs- und Okkupations verbots quasi als Kehrseite ein Standard und Maßstab bei der Beurteilung der Zulässigkeit militärischer Maßnahmen ist. So wie die Einhaltung des Gebots der friedlichen Nutzung Bedeutung als Gewähr für die Respektierung des Okkupationsverbots hat, so ist umgekehrt das Verbot der militärischen Okkupation als ein Rechtsstandard der friedlichen Nutzung des Weltraums anzusehen.

Kries l52 spricht zu Recht von der "friedensbestimmenden Weltraumverfassung", die kraft ihrer universellen Trägerschaft ein "nicht zu unterschätzendes Hindernis" gegen Bestrebungen ist, "den Weltraum militärisch zu okkupieren und in ihm eine kriegsentscheidende Streitmacht zu etablieren. Sein Status als hoheitsfreier internationaler Gemeinschaftsraum verbietet nationale Weltraumherrschaft auch zu militärischen Zwecken."

152 Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 349; s. auch Andem, Fn. 13 S. 205: " ... the ongoing programmes concerning the establishment of permanent space weapon systems in outer space by the Superpowers is a tragic negation of the provisions and the spirit (aspirations) of the 1967 Treaty ... " .

318

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

3. Das friedens- und sicherheitspolitische Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums als Voraussetzung des Gebots nach Artikel III WRV zur Erhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und zur Förderung internationaler Zusammenarbeit und Verständigung sowie zur Einhaltung des Gewaltverbots Die Bestimmung des Artikel III WRV erklärt ausdrücklich das Völkerrecht und die Charta der Vereinten Nationen und damit die in Artikel I SVN enthaltenen Ziele der internationalen Gemeinschaft auch im Weltraum für anwendbar. Unter direkter Verwendung der entsprechenden Rechtsbegriffe der VN-Charta sieht die Bestimmung vor, dass alle Weltraumaktivitäten dem Ziel dienen müssen, den "Weltfrieden und die internationale Sicherheit" zu erhalten und die "internationale Zusammenarbeit und Verständigung" zu fördern. Diese auf die VN-Charta (Präambel, Artikel 1 Ziffer 1; Artikel 55 SVN) verweisenden Verpflichtungen stehen in einem unmittelbaren strukturellen Zusammenhang zum Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums und zu den Grundlagen Gemeinsamer Sicherheit entsprechend des weltraumrechtlichen Kooperationsgebotes. Dies wird deutlich, wenn die volle inhaltliche Bedeutung des auf Artikel 1 Ziffer 1 SVN zurückgehenden Begriffspaares "Weltfrieden und internationale Sicherheit" zu Grunde gelegt wird. Neben einem rein abwehrenden Normgehalt in Bezug auf Gefährdungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit enthält die Bestimmung auch eine positive Friedenspflicht. 153 Die Bestimmung stellt damit auch eine Grundlage Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum dar. Dieses Verständnis der Bestimmung als eines aktiven Friedensgebotes ergibt sich an erster Stelle aus der Auslegung des Begriffspaares "Weltfrieden und internationale Sicherheit", dessen sich aus der unmittelbaren oder der zu Grunde liegenden Verwendung in mehreren Artikeln der Charta der Vereinten Nationen, insbesondere ausdrücklich in ArtikellZiffer 1 sowie in Ziffer 2 und 3 und in Artikel 55 SVN, ergebender Gehalt in seinen Grundzügen mit einem erweiterten Sicherheitsbegriff übereinstimmt. 154 Unabhängig von der mit dem Aufkommen der Friedensforschung 155 auch im völkerrechtlichen Schrifttum debattierten Frage,156 ob Nachweise s. o. C. III. 1. Z. B. Präambel; Artikel I Absatz I; Artikel 2 Absatz 3 und 6; Artikel 11 Absatz I; Artikel 12 Absatz 2; Artikel 18 Absatz 2; Artikel 23 Absatz I und Artikel 55 SVN. Das Begriffspaar wurde auch bereits in der Präambel der Välkerbundsatzung verwendet. Laut Verosta, Der Begriff "Internationale Sicherheit" in der Satzung der Vereinten Nationen, in Marcic/Mosler et al. (Hrsg.) Festschrift für Alfred Verdross (1971) S. 536 geht die Formulierung auf Präsident Wilson zurück. 155 Zur politikwissenschaftlichen Diskussion zum Friedensbegriff s. Senghaas, Abschreckung und Frieden. Studien zur Kritik organisierter Friedlosigkeit (2. Auf!. 153 154

IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

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unter "Friede" wie in Artikel 2 Ziffer 4 SVN lediglich die Abwesenheit von Krieg zu verstehen ist oder ob in anderen Artikeln der VN-Charta weitergehend ein positiver Friedensbegriff zu Grunde liegt, besteht jedenfalls im Hinblick auf die Verwendung des Begriffspaares "Weltfriede und internationale Sicherheit" weitgehende Übereinstimmung, dass davon auch Elemente eines positiven, zwischenstaatliche Gerechtigkeit, Entwicklung und Solidarität implizierenden Friedensbegriffs umfasst werden, welche die Nutzung des Gemeinschaftsraums im Interesse der Menschheit im Sinne eines positiven Friedens gewährleisten sollen. 157 Randelzhojer158 sieht die Rezeption des positiven Friedensbegriffs in einigen Artikeln der Satzung der Vereinten Nationen mit dem Prozess der "enorm gesteigerten Ausweitung und Intensivierung der zwischenstaatlichen Beziehungen" seit 1945 begründet. Auch die Übernahme des positiven Friedensbegriffs ist also Folge des Wandels von den reinen Koexistenzbeziehungen zu - den materialen Gehalt der zwischenstaatlichen Kooperation ausmachenden - Interdependenzbeziehungen, welcher wiederum ein wesentliches Element des völkerrechtlichen Strukturwandels ausmacht. 159 Demnach ist es nur folgerichtig, dass auch der Weltraumvertrag als Ausfluss des völkerrechtlichen Strukturwandels in Artikel III diesen positiven Friedensbegriff rezipiert. Strukturell entspricht die aktive Friedenspflicht des Artikel III WRV den positiven Anforderungen des CHOM-Status des Gemeinschaftsraums und der Menschheitsklausel 1972); Czempiel, Frieden und Sicherheit als außen- und innenpolitische Konzepte aus politologischer Sicht, in Delbrück (Hrsg.), Völkerrecht und Kriegsverhütung (1979) S. 77. 156 Grundlegend zur Diskussion im Völkerrecht Delbrück, Rechtsprobleme der Friedenssicherung durch Sicherheitsrat und Generalversammlung, in Kewenig (Hrsg.), Die Vereinten Nationen im Wandel (1975) S. 133; Randelzhofer, Der normative Gehalt des Friedensbegriffs im Völkerrecht der Gegenwart. Möglichkeiten und Grenzen seiner Operationalisierung, in Delbrück (Hrsg.), Völkerrecht und Kriegsverhütung (1979) S. 13. 157 So stellt Wolfrum, Kommentierung zu Artikel 1 Ziffer 1, Rz 6, in Simma (Hrsg.), Charta der Vereinten Nationen. Kommentar (1991) S. 8 fest: "Die Charta verwendet einen positiven Friedensbegriff; die Präambel, Art. 1 Ziff. 1, 2 und 3 belegen, daß der Begriff Frieden nicht nur iS von "kein Krieg" zu verstehen ist. Diese Vorschriften verweisen auf eine evolutionäre Entwicklung der internationalen Beziehungen, die diejenigen Gründe abbauen soll, die möglicherweise zu kriegerischen Auseinandersetzungen führen könnten." 158 Randelzhofer, Fn. 156 in Delbrück (Hrsg.) S. 26. Anstelle von positivem Friedensbegrijf zu sprechen, bevorzugt Randelzhofer die Bezeichnung als "Typus" des positiven Friedens, um die grundsätzliche Offenheit der diesem zu Grunde liegenden Werteentwicklung zum Ausdruck zu bringen. Als wesentliche Wertelemente des "postiven Friedens" der Charta der Vereinten Nationen - gestützt insbesondere auf Artikel 1 Ziffer 2 und 3, Artikel 13 sowie Artikel 55 - werden Gerechtigkeit, Entwicklung, Schutz der Umwelt und Respekt der Menschenrechte gesehen; s. Randelzhofer, Fn. 156 S. 27. 159 s. o. Kapitel C. III. 1.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

einerseits und des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraumvertrages andererseits. Die in der Präambel, der Menschheitsklausel und Artikel III des Weltraumvertrages aufgeführten, die Interessen der Menschheit fördernden Zielsetzungen des kooperativen Weltraumrechts lassen sich nur durch eine friedliche Nutzung des Weltraums erreichen. Auf den Weltraum übertragen bedeutet die positive Friedenspflicht, dass von der friedlichen Nutzung des Weltraums positive Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit sowie auf internationale Zusammenarbeit und Verständigung ausgehen müssen. Dieser positive Normgehalt, der sich im Besonderen auch aus den aktives Tun nahelegenden Formulierungen "Erhaltung" des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und "Förderung" der internationalen Zusammenarbeit und Verständigung in Artikel III WRV herauslesen lässt, gibt zugleich dem Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums einen über eine bloße Abwehrnorm hinausgehenden aktiven Gehalt der kooperativen Förderung gemeinsamer Sicherheit, d. h. kooperativer Sicherheit. Dennoch wurde in der Diskussion über den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums der Bestimmung des Artikel III WRV bislang überwiegend nur die Bedeutung beigemessen, dass durch den Verweis auf die VN-Charta das Gewaltverbot und das Selbstverteidigungsrecht auch für den Weltraum bekräftigt werden,160 während der darin ebenfalls enthaltenen "aktiven Friedenspflicht" 161 keine praktische Relevanz zuerkannt wurde. Diese geringe Berücksichtigung des Artikel III WR V im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit militärischer Nutzungen des Weltraums lässt sich daraus erklären, dass die bisherigen militärischen Nutzungen auf Grund ihrer rein passiven Natur von der Mehrzahl der Autoren 162 nicht als von einer Qualität angesehen wurden, welche bereits für sich genommen zu einer Gefährdung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit führen könnte.163 Auf Grund des drohenden Übergangs zu aktiven militärischen Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art gewinnt die Bestimmung jedoch sowohl in ihrem gegenüber Gefährdungen der internationalen Sicherheit abwehrenden Normgehalt als auch in Bezug auf die darin enthaltene aktive Friedenspflicht an Bedeutung, wird doch in der rüstungskontrollpolitischen Literas. statt aller Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 338. KimminichlHobe, Völkerrecht (2000) S. 61; Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 338. 162 Allerdings hält die Mehrzahl der Vertreter der "maximalistischen Schule" auch bereits passive militärische Nutzungen als mit der Friedenspflicht der Bestimmung für unvereinbar; s. Nachweise in Fn. 77. 163 Lediglich die frühe - mit der Weltraum-Rechtsgrundsätze-Erklärung von 1963 aufgegebene - sowjetische Position behauptete, dass in der "militärischen Spionage" durch Reconnaissance-Satelliten eine Gefährdung des Weltfriedens liege; s. o. Kapitel B. 11. 1. c) aa) (1) Fn. 154. 160 161

IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

321

tur l64 ganz überwiegend vor den die internationale Sicherheit und Stabilität gefährdenden Auswirkungen solcher aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums gewarnt. Auch zwischen dem Gewaltverbot und dem Grundsatz der friedlichen Nutzung besteht ein besonderer Strukturzusammenhang. Der Ausschluss aktiver militärischer Weltraumnutzungen von zerstörerischer Art bietet die beste Gewähr für die Einhaltung des Gewaltverbots in dem hoheitsfreien internationalisierten Gemeinschaftsraum. Eine Bewaffnung des Weltraums könnte dagegen die effektive Gewährleistung des Gewaltverbots beeinträchtigen, da für eine solche Situation die Verfahren der kollektiven Sicherheit nach Kapitel VII VN-Charta gegenwärtig gar nicht wirksam eingesetzt werden könnten. Die internationale Gemeinschaft, vertreten durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, könnte dem Gewaltverbot durch Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII keinen Respekt verschaffen, wenn ein Staat dort über Waffen verfügt, die den anderen Mitgliedern der Vereinten Nationen nicht zur Verfügung stünden. Anders als bei einem Rechtsbrecher des Gewaltverbots auf der Erde wäre die internationale Gemeinschaft bei einer Verletzung des Gewaltverbots oder des Verbots der militärischen Okkupation im Weltraum ohne eigene Rüstungsmaßnahmen seiner Mitglieder im Weltraum nicht in der Lage, die Einhaltung des Gewaltverbots im Rahmen der kollektiven Sicherheit zu gewährleisten. Die wirksame Selbstverteidigung gegen einen Angriff aus dem Weltraum oder im Weltraum würde voraussetzen, dass die betroffenen Staaten oder der Sicherheitsrat selber über Waffensysteme im Weltraum verfügen. Um effektiv gegen einen über Weltraumwaffen verfügenden Rechtsbrecher vorgehen zu können, wäre die internationale Gemeinschaft wie bei der Gewährleistung des Okkupationsverbots also gezwungen, Waffen im Weltraum zu stationieren, obwohl sie eine Bewaffnung des Weltraums selber für mit der Menschheitsklausel unvereinbar hält und verhindern will. Auch dieser Befund bestätigt, dass strukturell ein enger Zusammenhang zwischen den der Friedenserhaltung dienenden Grundsätzen in Artikel III WRV und dem Grundsatz der friedlichen Nutzung besteht, der bei der weiteren Konkretisierung des Rechtsgrundsatzes zu berücksichtigen sein wird. 4. Das wirtschaftliche Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums als Voraussetzung der wirtschaftlichen Nutzung des Weltraumes im Interesse der ganzen Menschheit Die Einbeziehung der wirtschaftlichen Dimension in das sicherheitspolitische Strukturelement des CHOM-Grundsatzes öffnet den Blick dafür, dass 164

s. Nachweise in Kapitel B. 11. 1. a) Fn. 103 u. 104.

21 Wolter

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

die friedliche Nutzung des Weltraums als notwendige Voraussetzung für die Erfüllung des Menschheitsinteresses auch im wirtschaftlichen Bereich anzusehen ist. Diesen Bedingungszusammenhang hat die schwedische VN-Botschafterin Myrdal 165 in Bezug auf den CHOM-Status des Meeresbodens und seiner Ressourcen pointiert herausgestellt: "National militarization and international peaceful exploitation of the riches of the seabed simply cannot coexist."

Dasselbe gilt für den Weltraum. Zwar erscheint die von DörjJer166 gemachte Feststellung, die "benefit 0/ mankind"-Klausel sei "überwiegend im Kontext der militärischen Nutzung" von Bedeutung, als übertrieben, da sich ein Großteil der Kontroverse über deren Auslegung gerade auf die Frage der Verteilung der wirtschaftlichen Erträge aus der Nutzung bezieht. Diese Feststellung ist jedoch ein Symptom für den engen strukturellen Zusammenhang im Rahmen der Menschheitsklausel zwischen friedlicher und wirtschaftlicher Nutzung des Weltraums im Interesse und zum Vorteil aller Staaten, der von Anfang an bei der Einführung des Grundsatzes eine Rolle spielte. Ebenso wie in den einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung 167 wird dieser Zusammenhang auch in der Feststellung des USKongresses in Sektion 102 (a) des NASA Act von 1958 168 deutlich, der die friedliche Zweckbestimmung der Weltraumaktivitäten unmittelbar mit der "benefit 0/ alt mankind"-Bestimmung verbindet. Dem liegt die unstreitige Überzeugung zu Grunde, dass die gemeinsamen Aufgaben der internationalen Gemeinschaft im Weltraum zum Wohle der gesamten Menschheit ohne eine friedliche Nutzung nicht realisiert werden können. 169 Die friedliche Nutzung ist Grundlage und Bestandteil für einen "orderly use" des Gemeinschaftsraumes im wirtschaftlichen Bereich. Diese Voraussetzung ergibt sich unmittelbar aus der Menschheitsklausel, und ihre Erfüllung steht im Zentrum des CHOM-Grundsatzes. l7o Der "orderly use" wird außerdem aus165 Myrdal. No Anns on the Ocean Floor, in Mann-Borgese (Hrsg.), Pacem in Maribus (1981) S. 327. 166 Dörfler, Der rechtliche Rahmen für die wirtschaftliche Nutzung der Bodenschätze des Mondes und anderer Himmelskörper. Rechtslage, völkerrechtliche und theoretische Modelle sowie Gedanken zur weiteren Entwicklung (Dissertation 1998) S. 70 Fn. 197. 167 Nachweise s. o. B. 1. 1. a) Fn. 20-23. 168 Nachweis in B. 1. 1. a) Fn. 29; s. auch U.S. Senate Committee on Aeronautical and Space Science. Report: Documents on international Aspects of the Exploration and Use of Outer Space, 1954-1962, 88 th Congress, 1st sess. 52, 66 (Doc. 18, 1963): " ... activities in space should be devoted to peaceful purposes for the benefit of mankind. " 169 Wollenschläger/Rothenpieler. Fn. 90 in BodenschatzlBöckstiegellWeides (Hrsg.) S. 367. 170 Christo I, Fn. 114 in Christol S. 71 "Through the utilization of the concept mankind would be able to enjoy the peaceful and orderly use of a common re-

IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

323

drücklieh als Element eines Regimes für die Ausbeutung der Ressourcen der Himmelskörper in Artikel 11 Absatz 5 MV genannt. Die konkrete Bedeutung der friedlichen Nutzung für die Verwirklichung des Menschheitsinteressen für das gesamte künftige Nutzungsregime des Weltraums zeigt sich vor allem an dem breiten Anwendungsbereich von "dual use" -Technologien bei der Weltraumnutzung. Eine Reihe von Autoren 171 hat insbesondere auch mit Blick auf neuartige Nutzungen die von Doyle 172 ausführlich begründete Annahme bekräftigt, dass nur die friedliche Nutzung des Weltraums die Sicherheit der enormen Investitionen der Menschheit für die kommerzielle Nutzung des Gemeinschaftsraums und die Sicherheit kommerzieller Satelliten im Besonderen gewährleisten kann. Bereits die so erstrebenswerte Zusammenarbeit bei der wissenschaftlichen Forschung für zivile Weltraumanwendungen wird auf Grund der "dual use"Fähigkeiten der Weltraum technologie durch eine Forcierung militärischer Weltraumnutzung, vor allem, wenn sie in einem antagonistischen Kontext erfolgt, beeinträchtigt. Dies gilt für den gesamten Bereich der Satellitenfernerkundung, der Kommunikation und Wetterbeobachtung, aber insbesondere auch für neuere Anwendungsbereiche mit Blick auf die künftige Ausbeutung extra-terrestrischer Ressourcen etwa durch die Nutzung von Solarenergie und Nuklearenergie. Die Dividende größerer ziviler Vorhaben der internationalen Zusammenarbeit in der Weltraumnutzung zum Vorteil der Menschheit würde durch eine nicht-friedliche Nutzung erschwert oder ganz entfallen. Friedliche Nutzung ist also Voraussetzung der wirtschaftlichen Nutzung im Interesse und zum Vorteil der Menschheit. 5. Das kooperative Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums als Voraussetzung und Ausfluss des weltraumrechtlichen Kooperationsgebotes Zwischen dem Gebot der friedlichen Nutzung und dem Kooperationsgebot besteht eine strukturelle Wechselwirkung derart, dass beide einander bedingen. Ohne die friedliche Nutzung lässt sich auch die Verpflichtung zur source. Exploration and use were to redound to everyone's advantage since such exploration and use should be carried on for everyones's benefit."; Baslar, The Concept of the Common Heritage of Mankind (1998) S. 158; Dekanozov, Fn. 43 S. 308; Postyshev, Fn. 114 S. 105; Metcalf, Fn. 114; Stocker, Fn. 114. 171 Heath, Fn. 38 S. 298; Pop, Security Implications of Non-Terrestrial Resource Exploitation, Proc. 42 nd CoIloq. Space Law (2000) S. 336; Bowman, Fn. 38; ders., Fn. 38 Paper submitted to the International Progress Organization, 24. 9. 1984; Salin, Fn. 33 S. 451; ders. Fn. 90 S. 19; Young, Fn. 35 S. 239. l72 Doyle, Fn. 90 S. 82 ff. 21*

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Kooperation im Weltraum nicht erfüllen. Eine unfriedliche Nutzung des Weltraums stellt zugleich eine Verletzung des Kooperationsgebots dar. Die Erfüllung des Kooperationsgebots im Weltraum schafft ihrerseits im Sicherheitsbereich die Voraussetzungen für die friedliche Nutzung. Die Anwendung des Kooperationsgebots auf den sicherheitspolitischen Bereich der Nutzung des Weltraums bestärkt somit die bereits aus dem Status als Gemeinschaftsraum folgende Konsequenz, dass die Sicherheit der internationalen Gemeinschaft im Weltraum kooperativ, also einvernehmlich hergestellt werden muss. Der enge Strukturzusammenhang zwischen "friedlicher" Nutzung des Weltraums und der Erfüllung des Zusammenarbeitsgebots bei der Erforschung und Nutzung des Gemeinschaftsraums erfordert, dass auch im Sicherheitsbereich die Kooperationspflicht berücksichtigt werden muss. Vereshchetin 173 sieht in der Friedenssicherung sogar den Hauptzweck des weltraumrechtlichen Kooperationsgrundsatzes: ,,[T]he principle of cooperation in space law must be treated above all as the duty of states to cooperate with one another in maintaining international peace and security in outer space".

In diesem Kooperationszusammenhang bildet der Grundsatz der friedlichen Nutzung eine geeignete weltraumrechtliche Grundlage zur Schaffung gemeinsamer kooperativer Sicherheit im Gemeinschaftsraum. Zugleich legt der Zusammenhang zwischen Kooperationspflicht und friedlicher Nutzung nahe, dass ein einseitiger Übergang zu aktiven militärischen Maßnahmen von zerstörerischer Art im Weltraum ohne oder gar gegen den Willen der internationalen Gemeinschaft nicht mehr als friedliche, dem Interesse kooperativer Sicherheit entsprechende Weltraumnutzung angesehen werden kann. Aus dem Kooperationsgebot werden auch unmittelbar Rückschlüsse auf die Auslegung des Begriffs "friedlich" gezogen. So ist Chowdhury174 der Auffassung, dass aus dem Gebot der Zusammenarbeit in Verbindung mit der Menschheitsklausel zwingend folge, dass friedlich als "nicht-militärisch" auszulegen sei: "The objective is to be achieved by broad international cooperation. "

173 Vereschetin/Vasilevskaia/Kamentskaya, Outer Space - Politics and Law (1987) S. 91; Monserrat Filho, About the Legal Definition of International Cooperation in the Exploration and Use of Outer Space, Proc. 35 th Colloq. Space Law (1993) S. 356 hält die Erfüllung dieser Aufgabe der Friedenswahrung im Sinne des erweiterten Sicherheitsbegriffs nur für möglich, wenn das Gebot der Zusammenarbeit weitergehend auch als Verpflichtung zur Schaffung wirtschaftlicher Sicherheit zu Gunsten der Entwicklungsländer verstanden wird. 174 Chowdhury, Fn. 13 S. 14.

IV. Die friedliche Nutzung des Weltraums

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6. Das umweltpolitische Strukturelement: friedliche Nutzung des Weltraums zur Bewahrung der Interessen künftiger Generationen

Wegen der nicht überschau- und noch weniger beherrschbaren Risiken von Umweltbeeinträchtigungen im Weltraum für die Erde ist der weltraumrechtliche Umweltschutzstandard in stärkerem Maße präventiv ausgerichtet als der allgemeine völkerrechtliche Umweltschutz. Über seinen präventiven Charakter ist der weltraumrechtliche Umweltschutz strukturell eng mit dem Grundsatz der friedlichen Nutzung verbunden. Dieser hat ebenfalls vorbeugenden Charakter nicht nur in Bezug auf die Einhaltung des Gewaltverbots, sondern auch auf die Verhinderung von mit zerstörerischen Aktivitäten im Weltraum verbundenen Umweltbeschädigungen. Auch die im CHOMGrundsatz und seiner Menschheitsklausel enthaltene Verpflichtung, den Weltraum als "common public good" 175 für die nachfolgenden Generationen unversehrt zu bewahren, erfordert einen solchen verstärkten präventiven Schutz. Das Gebot der friedlichen Nutzung ist ein unabdingbares Kernelement und zugleich strukturelle Voraussetzung für den gebotenen präventiven Umweltschutz im Weltraum, da jede unfriedliche Nutzung naturgemäß mit schweren Umweltschäden einhergehen würde. Frantzen 176 weist zu Recht auf den engen, dem Grundsatz der friedlichen Nutzung zu Grunde liegenden Zusammenhang zwischen "Umweltschutz und Einschränkung oder Verbot bestimmter gefährlicher Weltraummissionen im Rahmen der militärischen Nutzung des Weltraums" hin. "Abrüstungspolitik ist mithin zugleich Umweltpolitik. "

Bei einer Umweltbeschädigung im Weltraum ist nicht nur das Interesse eines Staates beeinträchtigt, sondern das aller Staaten und der Menschheit insgesamt. Die Beeinträchtigung der Umwelt im Gemeinschaftsraum stellt also eine Rechtsverletzung gegenüber der internationalen Gemeinschaft dar, wenn sie nicht wegen ihres geringfügigen Ausmaßes oder wegen bisher anerkannter Praxis wie bei der gezwungenermaßen hingenommenen Entste175 Vogler, The Global Commons. A Regime Analysis (1995) S. 180; nach Goodwin, Global Commons: Site of Peril, Source of Hope. Introduction, World Development 19 (1991) S. 1 kennzeichnet ,global commons', dass "humankind did not make them and cannot readily replace them", und dass sie daher "our heritage from a world within which we co-evolved" sind; Wassenberg, Principles of Outer Space Law in Hindsight (1991) S. 20 spricht davon, dass " ... when man reached and became active in ,outer space', State sovereignty was limited in the ,international public interest' "; s. auch Report of the Third United Nations Conference on the Exploration and Uses of Outer Space, Wien, 19.-30. 7. 1999, A/Conf.184/6, Kapitel 11. V. H. 2: "The concept of ,public service' and its various manifestations should be developed further, paying particular attention to the global public interest and to the needs of developing countries."; Monserrat Filho, Fn. 114 S. 32. 176 Frantzen, Umweltbelastungen durch Weltraumaktivitäten, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 616.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

hung von Umweltmüll ("space debris"), der mit dem Einsatz von Satelliten verbunden ist, ausnahmsweise deshalb akzeptiert wird, weil der friedliche Einsatz von Satelliten als im Interesse der Menschheit angesehen werden kann. Bei einer unfriedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraumes kann dagegen nicht davon ausgegangen werden, dass die daraus entstehenden Umweltbelastungen als von der internationalen Gemeinschaft akzeptiert betrachtet werden können. Dieser enge Zusammenhang ist beispielsweise im Umweltkriegsübereinkommen von 1977 177 hergestellt, indem das Abkommen in Artikel III ausdrücklich auf das Gebot der friedlichen Nutzung verweist und jede Umweltbeeinträchtigung durch militärische oder anderweitig feindselige Nutzung umweltverändernder Techniken auch im Weltraum verbietet. Durch das Abkommen wird in gewissem Umfang wiederum indirekt Schutz für friedlich eingesetzte Satelliten geschaffen, da es bestimmte nachteilige Veränderungen der Umweltbedingungen für Satelliten im Weltraum untersagt. 178 Würde der Weltraum gar zum Austragungsort militärischer Auseinandersetzungen unter Einsatz weltraumstationierter Waffen, wären die Umweltbeeinträchtigungen und Risiken für die Erde völlig unberechenbar. Anders als bei terrestrischen Militäreinsätzen könnten die Verwüstungen nicht auf das Gebiet des Gegners beschränkt werden, sondern hätten Auswirkungen auf die Erde insgesamt und würden damit die Interessen aller Staaten und der internationalen Gemeinschaft insgesamt beeinträchtigen. Eilene Galloway l79 sieht daher folgerichtig in Bezug auf die Überprüfung der Weltraumverträge mit Blick auf ihre Ergänzung die dringende Notwendigkeit, Umweltschutz- und Rüstungskontrollmaßnahmen zu ergreifen, um den Weltraum als "dependable orderly environment" zu erhalten. Verbreitet wird die Kodifizierung eines umfassenden Weltraumumweltrechts in einem eigenständigen Ausführungsabkommen zu Artikel IX WRV gefordert. 180 177 Übereinkommen vom 18. Mai 1977 über das Verbot der militärischen oder einer sonstigen feindlichen Nutzung umweltverändernder Techniken, BGB!. 1983 I1, S. 126, sog. Umweltkriegsabkommen (ENMOD-Convention), (für D in Kraft seit 22. 2. 1983), abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 79; s. o. Kapitel C. I. 2. a) dd) und Frantzen, Fn. 176 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 617. 178 Alves, Fn. 76 S. 72. 179 Galloway, E.: Guidelines for the Review and Forrnulation of Outer Space Treaties, Proc. 41 sI Colloq. Space Law (1999) S. 250. 180 Zu dem dringenden Bedarf einer Verstärkung der Umweltschutzbestimmugen für den Weltraum s. Williamson, Protection of the Space Environment under the Outer Space Treaty, Proc. 40 th Colloq. Space Law (1998) S. 296; Tan, Towards a New Regime for the Protection of Outer Space as the "Province of All Mankind", Yale Journal of International Law 25 (2000) S. 145; Perek, Collisions in Space and the Environmental Impact of Space Activities, in Jasani (Hrsg.), Outer Space - A Source of Conflict? (1991) S. 119; ders., Space Debris, in Böckstiegel (Hrsg.), Environmental Aspects of Activities in Outer Space, Schriften zum Luft- und Umwelt-

v.

Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

327

7. Fazit Die strukturelle Analyse hat hinsichtlich der Anwendung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung als wesentliches Strukturelement des CHOMGrundsatzes das Ergebnis der entstehungsgeschichtlichen, grammatikalischen, systematischen und teleologischen Auslegung bestätigt, dass der Grundsatz nicht nur auf die Himmelskörper, sondern auch auf den Weltraum per se Anwendung findet. Darüber hinaus macht sie deutlich, dass diese Anwendung nicht nur aus seiner strukturellen Einordnung als Ausfluss der Menschheitsklausel rechtlich geboten, sondern außerdem auch zur Wahrung des Gemeinschaftsstatus des Weltraums und zur Verwirklichung des weltraurnrechtlichen Menschheitsinteresses insbesondere im Sicherheitsbereich unabdingbar ist. Dabei wurde deutlich, dass die unterschiedlichen Dimensionen des Grundsatzes der friedlichen Nutzung jeweils in struktureller Konkordanz zu den anderen grundlegenden Rechtsgrundsätzen des Weltraumvertrages stehen, die wiederum in der Summe den Kern des weltraumrechtlichen CHOM-Grundsatzes bilden und damit zugleich den völkerrechtlichen Strukturwandel in seiner weltraumrechtlichen Ausprägung widerspiegeln. Dieses Ergebnis ermöglicht es, in der Folge eine strukturadäquate Konkretisierung des Normgehalts des Grundsatzes ausgerichtet an der Erfüllung des Menschheitsinteresses vorzunehmen.

v. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung zur Beurteilung der Zulässigkeit militärischer Weltraumaktivitäten 1. Aufgabe und Bedeutung konkretisierender Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

Die Direktorin des International Institute of Space Law, Eilene Galloway, 181 stellt zu Recht die Frage, ob der über dreißigjährige Streit um die Auslegung des Begriffs "friedlich" noch in das neue Jahrhundert fortgeführt oder nicht besser durch präzise Regelungen betreffend einzelner militärischer Nutzungsarten überwunden werden sollte, wobei sie die Hoffnung äußert, dass die bisherige Begrenzung auf "beneficial and nondestructive space activities" fortgesetzt werde. Solange aber solche konkreten neuen Verbots bestimmungen noch nicht multilateral vereinbart sind - und der berecht Bd. 9 (1989) S. 7; Böckstiegel, Preface and Introduction, in Böckstiegel (Hrsg.), Environmental Aspects of Activities in Outer Space (1989) S. 1 und Frantzen, Fn. 176 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 633 treten für eine neue Konvention zur Kodifizierung eines umfassenden Weltraumumweltrechts ein. IBI Galloway, E.; Fn. 179 S. 251.

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O. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

klagenswerte Zustand der Genfer CD-Blockade lässt auf keine schnellen Schritte hoffen - bedarf es dringend 182 der Konkretisierung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung jenseits des nicht lösbaren Auslegungsstreits "nicht-militärisch/nicht-aggressiv", bevor die Schwelle zur Bewaffnung des Weltraums überschritten ist. Nur so besteht eine Chance, dass die "rufe 0/ law,,183 hinsichtlich dieser für den Status des Weltraums als Gemeinschaftsgut essenziellen Frage nicht außer Kraft gesetzt wird. Mehrere Autoren l84 haben Ansätze entwickelt, aus den allgemeinen weltraumrechtlichen Grundsätzen Konkretisierungen des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung in Bezug auf die Zulässigkeit von Weltraumwaffen abzuleiten. Auf diesen Bemühungen aufbauend sollen im Folgenden durch eine Strukturanalyse Standards und Kriterien der friedlichen Nutzung entwickelt werden. Sie könnten dazu beitragen, den unfruchtbaren Auslegungsstreit zu überwinden und durch die Konkretisierung des Gebots der friedlichen Nutzung insbesondere auch die Einhaltung der anderen, zur Verwirklichung des Menschheitsinteresses vorgesehenen Grundsätze des Weltraumvertrages zu sichern, für welche die friedliche Nutzung die strukturelle Voraussetzung bildet. Die Spezifizierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung durch Rechtsstandards und Kriterien soll außerdem einen Beitrag dazu leisten, dass bei sicherheitspolitischen Entscheidungen betreffend einer militärischen Nutzung des Weltraums neben den sicherheitspolitischen Erwägungen auch die völkerrechtlichen Voraussetzungen und Belange der internationalen Gemeinschaft berücksichtigt werden können. Mit Bezug auf die SDIund NMD-Debatte ist leider zu konstatieren,185 dass die Verpflichtungen aus dem Weltraumvertrag in den sicherheitspolitischen Entscheidungen eine allenfalls untergeordnete Rolle spielen. Dies hat sicherlich auch mit der nach wie vor zu beklagenden Strukturschwäche des Völkerrechts und der Zurückhaltung der Staaten, sich multilaterale Beschränkungen im Bereich der nationalen Sicherheit aufzuerlegen, zu tun. Es beruht aber auch darauf, dass das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung nicht in ausreichendem Maße konkretisiert ist. Die hier verfolgte Konkretisierung unter Berücksichtigung der strukturellen Ordnung des Weltraumrechts soll die Anwendung des Rechtsgebots im Einklang mit den strukturellen Voraussetzungen des Menschheitsinteresses und damit die Einhaltung der Menschheitsklausel im 182 Christol, The Use of Outer Space for Peaceful Purposes. Legal and Political Implications, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 4 betont schon mit Blick auf die SOl-Pläne "a greater and more urgent need ... to obtain a clarification and common understanding of the meaning of ,peaceful puposes"'. 183 Menter, Astronautical Law. Industrial College of the Armed Forces (1959) S. 61; zitiert nach Rosenblatt, Law, Peace and Space Resources, Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 76. 184 Nachweise Fn. 90 und 97. 185 s. neben vielen Feinrider, Fn. 77 S. 233.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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Sicherheitsbereich ennöglichen. Sie schafft zugleich Klarheit, dass ein Übergang zur Bewaffnung des Weltraums mit der am Menschheitsinteresse orientierten Strukturordnung des Weltraumvertrages in Widerspruch geraten und damit den Gemeinschaftsstatus des Weltraums untergraben würde. Die Rechtstandards könnten darüber hinaus die Grundlage für ein präzisierendes Ausführungsabkommen zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums de lege ferenda bilden. 186

2. Begriffsbestimmung und Herleitung der Rechtsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums

Eibe Riedel 187 hat in seiner Theorie der Menschenrechtsstandards aus einem Vergleich des anglo-amerikanischen Standarddenkens, des Standarddenkens in der deutschen Topik-Diskussion und den völkerrechtlichen Standards insbesondere im internationalen Wirtschaftsrecht, der internationalen Arbeitsrechtbestimmungen der [LO und des internationalen Menschenrechtsschutzes verallgemeinerungsfähige Elemente völkerrechtlicher "Standards" entwickelt, die sich auf andere Teilbereiche des Völkerrechts übertragen lassen. So spielen die Rechtsstandards auch bereits im internationalen Umweltrecht und Gesundheitswesen sowie bei den von der UNESCO entwickelten Standards des Erziehungswesens eine wichtige Rolle. 188 Kern solcher Standards, deren nonnative Bedeutung erstmals von Jost Delbrück l89 am Beispiel des Standards der Gleichstellung der Rassen entwickelt wurde, ist die Herausarbeitung eines "im Völkerrecht Gestalt annehmenden Maßstabes für das Verhalten der Staaten. ,,190 [Hervorhebung im Original]. Kennzeichnend ist eine "Kombination von rechtlich verbindlichen, programmatischen, ziel orientierten Normen mit unverbindlichen Normen lediglich appellativen Charakters, wie Resolutionen, Empfehlungen, Deklarationen und ähnlichem .. :.191

186 Die Aufgabe, solche Standards durch konkrete Regeln operabel zu machen, betonen UNIDIR, Disarmament: Problems related to Outer Space (1987) S. 135: " ... peaceful uses ... setting a general standard which requires more precise rules in order to be operational ... " und Courteix, Fn. 38 S. 270. 187 Riedel, Theorie der Menschenrechtsstandards. Funktion, Wirkungsweise und Begründung wirtschaftlicher und sozialer Menschenrechte mit exemplarischer Darstellung der Rechte auf Eigentum und auf Arbeit in verschiedenen Rechtsordnungen

(1986) S. 283. 188 Riedel, Fn. 187 S. 74. 189 Delbrück, Die Rassenfrage als Problem des Völkerrechts und nationaler Rechtsordnungen (1971), insbes. S. 38. 190 Riedei, Fn. 187 S. 258. 191 Riedel, Fn. 187 S. 260.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Riedel l92 hebt dabei die eigenständige Bedeutung der Standards hervor, die auch darin zum Ausdruck komme, dass sich in wichtigen Teilbereichen des Völkerrechts ganz spezifische Standards herausgebildet haben. Im internationalen Kontext zeichnen sie sich dadurch aus, "daß sie überall dort zu entstehen pflegen, wo politischer Konsens fehlt oder nur schwer herstellbar ist, als Interimslösungen zur Vorbereitung, Kanalisierung und Präjudizierung künftiger Rechtsentwicklungen. Sie gedeihen oft als Nebenprodukt von langwierigen Verhandlungen, deren Abschluss nicht abzusehen scheint, und stellen Konsensbereiche auf einem weniger verpflichtenden Niveau als in strengen völkerrechtlichen Verträgen her.,,193

Riedel 194 stellt außerdem einen gesonderten Begriff des "Kombinationsstandards" auf, dem er besondere Bedeutung durch die Verbindung normativer und nicht-normativer Elemente als "integrierte" oder "kombinierte" Maßstäbe zumisst. Er weist auf die Vielgestaltigkeit hin, dass Standards sowohl innerhalb als auch außerhalb des rechtssystematischen Zusammenhangs auftreten können. Insbesondere können völkervertrags- und völkergewohnheitsrechtliche Elemente eines Standards "in Form von Deklarationen, Empfehlungen und schlichten Resolutionen ... [welche] die Kanalisierung politischer Entwicklungen [bezwecken] und sich als Orientierungs-, Leitund Ziel maßstäbe an [bieten]" ergänzt werden. 195 Mit dieser "partiellen Positivierung,,196 kommt dem Kombinationsstandard richtungweisende Bedeutung auch für die künftige Rechtsentwicklung in dem jeweiligen Rechtsbereich zu.

Bei der nachfolgenden Nutzbarmachung des Riedeissehen Standardbegriffs zur Konkretisierung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung des Weltraums wird auch die im vorherigen Kapitel dargelegte Strukturanalyse Riede!, Fn. 187 S. 283. Riedei, Fn. 187 S. 310. 194 Riedei, Fn. 187 S. 306. 195 Riedei, Fn. 187 S. 306. 196 Riedei, Fn. 187 S. 310: "Das durch seine Nähe zu faktischen sozialen Gegebenheiten gekennzeichnete Standard-Dach ruht hierbei auf unterschiedlich verdichteten normativen Säulen, die jede für sich genommen kaum geeignet erscheinen, die Dachkonstruktion zu tragen, in ihrem Ensemble jedoch diesen Zweck durchaus erfüllen. . . . Der solchermaßen zusammengesetzte Kombinationsstandard bleibt stets ein von außen an die Rechtsordnung herangetragener fakultativer Maßstab, der sich nur in selteneren Fällen ganz mit verbindlichen Rechtssätzen oder -grundsätzen deckt, viel häufiger dagegen nur in Teilaspekten positivierte Elemente mitenthält. Gerade diese partielle Positivierung ist es jedoch, die dem Kombinationsstandard des Völkerrechts zusätzliche Überzeugungskraft verleiht: Die teilweise Normverfestigung deutet an, daß der Weg zur voll verbindlichen Rechtsnorm immerhin beschritten worden ist und weist völkerrechtssoziologisch damit klar die Richtung für künftige Rechtsentwicklungen." 192 193

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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des Rechtsgebots einbezogen. Danach sind zwei Anwendungskonstellationen zu unterscheiden: • Erstens lassen sich Rechtsstandards der friedlichen Nutzung feststellen, die eine unmittelbare vertragliche Grundlage im Weltraumvertrag haben und direkt die Frage militärischer Nutzungen betreffen. Dies sind die Grundsätze des Gewaltverbots und der Selbstverteidigung sowie der Förderungspflicht von Frieden, internationaler Sicherheit, Zusammenarbeit und Verständigung nach Artikel III WRV sowie die spezifischen Verbote bestimmter militärischer Nutzungen in Artikel IV Absatz 1 und 2 WRV. Insoweit erfolgt der Rückgriff auf den Begriff der Rechtstandards hier vor allem unter rechtssystematischen Gesichtspunkten. Zusätzliche normative Bedeutung gewinnt er allerdings auch bei diesen unmittelbar sicherheitspolitisch relevanten Vertragsbestimmungen dadurch, dass mit seiner Hilfe insbesondere in Bezug auf die Förderpflicht von Frieden und internationaler Sicherheit durch die Einbeziehung der einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung und der Staatenpraxis der spezifische abrüstungs- und rüstungskontrollpolitische Gehalt als ein grundlegender Rechtsstandard der friedlichen Nutzung ermittelt werden kann. • Zweitens lassen sich Rechtsstandards aus den Strukturelementen des Gebots der friedlichen Nutzung ableiten, die zwar ebenfalls unmittelbar auf Bestimmungen des Weltraumvertrags beruhen, die allerdings von allgemeiner Art sind und daher keinen ausdrücklichen konkreten sicherheitspolitischen Regelungsinhalt, sehr wohl aber deduktiv hergeleitete sicherheitspolitische Relevanz in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums haben. Hier kommt der Heranziehung der Theorie der Rechtsstandards neben der systematischen auch eine normativ-inhaltliche Bedeutung in der Weise zu, dass sie durch Herleitung spezifischer Rechtsstandards der friedlichen Nutzung die Konkretisierung dieser allgemeinen Rechtsgebote in Bezug auf die Frage der militärischen Nutzungen ermöglicht. Es handelt sich im Einzelnen um das Aneignungs- und Okkupationsverbot in Artikel 11 WRV, aus dem der Rechtstandard des Verbots der militärischen Okkupation im Weltraum hergeleitet wird, um die Rücksichtnahme-, Konsultations- und Kooperationsgebote der Artikel III und IX WRV und der Registrierungspflicht nach Artikel VII WRV, aus denen unter Rückgriff insbesondere auf die einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung und der Staatenpraxis in der Genfer Abrüstungskonferenz die Rechtsstandards der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und der kooperativen Sicherheit im Weltraum hergeleitet werden, sowie um die Grundsätze der Menschheitsklausel des Artikel I, aus denen der Rechtsstandard des Wohls der Menschheit und des Interesses aller Staaten unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer als ein auch sicherheitsrelevanter Standard der friedlichen Nutzung

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

des Weltraums abgeleitet wird. Schließlich kommt dem aus der Menschheitsklausel des Artikel I WRV und Artikel IX Satz 3 WRV und Artikel 4 Absatz 1 MV sowie dem CHOM-Grundsatz folgenden weltraumrechtlichen Prinzip der Bewahrung der Umwelt im Weltraum für gegenwärtige und künftige Generationen ebenfalls sicherheitspolitische Relevanz zu, die sich zu einem Rechtstandard umweltbewahrender friedlicher Nutzung konkretisieren lässt. Die Herleitung der Rechtstandards der friedlichen Nutzung erfolgt jeweils unter Rückbindung des Rechtsgebots an die mit diesem im Rahmen der Menschheitsklausel strukturell verbundenen weltraumvertraglichen Rechtsgrundsätze des Kooperationsgebotes, des Aneignungs- und Okkupationsverbotes, der Pflicht zur Förderung von Frieden und internationaler Sicherheit, der Konsultations- sowie der Umweltschutzgebote. Damit beruhen die Rechtsstandards unmittelbar auf ausdrücklichen Bestimmungen des Weltraumvertrages, die zudem im Kern völkergewohnheitsrechtlich anerkannt sind. Dabei wird erneut der strukturelle Zusammenhang dieser Grundsätze untereinander als sich gegenseitig verstärkender Strukturelemente des weltraumvertraglichen CHOM-Prinzips deutlich. Die Rechtsstandards der friedlichen Nutzung sind mithin zugleich auch Standards zur Erfüllung des weltraumrechtlichen Menschheitsinteresses im Sicherheitsbereich und damit des weltraumrechtlichen CHOM-Prinzips. Damit leisten sie auch einen Beitrag zu der vielfach konstatierten Aufgabe,197 aus dem CHOM-Grundsatz konkretisierende Rechtssätze abzuleiten.

197 Frühzeitig vor altem Kewenig, Menschheitserbe, Konsens und Völkerrechtsordnung, EA 36 (1981) S. 3; ders., Common Heritage of Mankind, Politischer Slogan oder völkerrechtlicher Schlüsselbegriff, in Münch (Hrsg.), Staatsrecht - Völkerrecht - Europarecht, Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer (1981) S. 385, der darauf hinweist, dass die Kombination von richtungweisender Grundsätzlichkeit und Aexibilität bei der Umsetzung im Einzelfall Grund für die große Bedeutung des Gedankens vom Menschheitserbe ist; Gorove, The Concept of Comrnon Heritage of Mankind: A Political, Moral or Legal Innovation?, San Diego Law Review 9 (1972) S. 402 und Schachter, Sharing the World's Resources (1977) S. 27 ff. vor altem hinsichtlich des wirtschaftspolitischen Strukturelements; Stocker, Fn. 114 S. 205: "Dem Rechtsprinzip sind keine konkreten Regelungen zu entnehmen, sondern Leitlinien für zukünftige Regelungen. In diesem Sinn sind von dem CHOM-Prinzip bereits beträchtliche Wirkungen ausgegangen, wie die Seerechtskonvention zeigt. "; s. auch Kimminich, Völkerrecht und internationale Beziehungen, AVR 16 (1974) S. 140.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

333

3. Ausdrückliche Ge- und Verbote des Weltraum vertrages als Rechtsstandards der friedlichen Nutzung a) Gewaltverbot und Selbstverteidigung im Weltraum

Durch den ausdrücklichen Verweis des Weltraumvertrages in Artikel III auf das Völkerrecht und die Charta der Vereinten Nationen ist nach unstreitiger Auffassung l98 klargestellt, dass auch im Weltraum das allgemeine Gewaltverbot gemäß Artikel 2 Ziffer 4 SVN sowie das Selbstverteidigungsrecht gegen einen bewaffneten Angriff gemäß Artikel 51 SVN gelten. Das Gewaltverbot und der Rechtsgrundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums stehen in einem sich gegenseitig verstärkenden Wechselverhältnis zueinander. Auch wenn nach herrschender Auffassung l99 entsprechend Artikel 1 der Resolution der VN-Generalversammlung über die Angreiferdefinition 200 das Gewaltverbot nur den Einsatz von Waffengewalt verbietet, hat es eine wichtige, den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums in Bezug auf die räumliche Reichweite ergänzende Funktion insofern, als es auch von der Erde ausgehende Gewaltakte gegen Objekte im Weltraum untersagt. Gewaltanwendungen gegen Raumflugobjekte eines Staates sind, da Zweifel bestehen könnten, ob sie gegen die "territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtet" sind, jedenfalls als eine "sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt" im Sinne von Artikel 2 Ziffer 4 SVN anzusehen. Hinsichtlich der Auslegung des Gewaltverbots in Bezug auf Weltraumtätigkeiten sieht Krieio 1 neben dem Verbot der Waffengewalt weitergehend auch andere Formen der Gewaltanwendung physischer und nichtphysischer Art vom Gewaltverbot umfasst und findet dies durch Artikel 3 Absatz 3 MV bestätigt, der auch "jede andere feindselige Handlung oder Androhung einer feindseligen Handlung auf dem Mond" untersagt. Dieses Ergebnis folgt allerdings unabhängig von einer weiten Auslegung des Gewaltverbots auch aus der Gemeinwohlklausel des Artikel I WRV und dem Rücksichtnahmegebot des Artikel IX WRV, denn Gewaltanwendungen gleich welcher Art können nicht als im Interesse anderer Staaten angesehen 198 s. statt Aller Reijnen, Fn. 38 (UN Treaties) S. 102; Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 337. 199 RandelzhoJer, Use of Force, EPIL S. 268; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht. Theorie und Praxis (3. Auflage 1984) S. 293 § 476; speziell in Bezug auf den Weltraum Beer, Fn. 5 S. 196 und Harndt, Fn. 5 S. 81. 200 UN Res. 3314 (XXIX) v. 14. 12. 1974; die Resolution definiert allerdings den Begriff der Angriffshandlung iSd Artikel 39 SVN, welcher die Zwangsmaßnahmen des Sicherheitsrates nach Kapitel VII auslöst und insoweit enger gefasst wird als der Gewaltbegriff nach Artikel 2 Ziffer 4 SVN. 201 Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 338.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

werden. Außerdem wird die Weltraumfreiheit des Startstaates nach Artikel I Absatz 3 WRV verletzt, denn dieser wird durch die Beschädigung seines Satelliten in seinem Nutzungsrecht am Weltraum beeinträchtigt. 202 Das Gewaltverbot hat außerdem eigenständige Bedeutung auch wegen des Ausschlusses der sog. "bewaffneten Repressalie". Während eine Verletzung etwa des weltraumrechtlichen Rücksichtnahmegebots im Wege der Repressalie erlaubt wäre, gilt dies nach herrschender Meinung 203 nicht für eine Gegenmaßnahme, die zugleich gegen das Gewaltverbot verstößt. Um also ein möglichst umfassendes Schutzregime ziviler Nutzungen des Weltraums gegen Gewaltanwendungen auch im Falle von Repressalien zu erreichen, wäre eine möglichst weite Auslegung des Gewaltverbots zweckmäßig. Konkret relevant werden könnte dies etwa in Bezug auf die Störung von Satellitenkommunikation durch "jamming" oder die Beeinträchtigung der Orbitalbahnen anderer Satelliten. Wenn man eine solche Beeinträchtigung als Gewaltanwendung ansieht, wäre sie also nach herrschender Auffassung auch als Repressalie etwa gegen eine völkerrechtswidrige Stationierung von Weltraumwaffen nicht zulässig. In Bezug auf die Möglichkeit von Raumfähren, durch Greifarme feindliche Satelliten einzufangen, kommt Bee?-04 auch bei Anwendung eines restriktiven Gewaltbegriffs lediglich als Waffengewalt zu dem Ergebnis, dass es sich um eine unzulässige Gewaltanwendung handelt, da er den Greifarm unabhängig von seiner Zweckbestimmung als Waffe definiert. Während das Gewaltverbot den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums hinsichtlich seiner territorialen Reichweite ergänzt, geht andererseits dieser weit über das Gewaltverbot hinaus, da er bestimmte militärische Nutzungen von vornherein untersagt, unabhängig davon, ob diese zu Gewaltanwendungen führen oder nicht. Insofern war die Bezeichnung des sowjetischen Vertragsentwurfs über ein "Verbot der Anwendung von Gewalt im Weltraum und vom Weltraum aus gegen die Erde" vom 19. 8. 1983 widersprüchlich, da die eigentliche Zielsetzung und zugleich Kernbestimmung (Artikel 2) des Entwurfs das vollständige Verbot der Stationierung von Weltraumwaffen und nicht lediglich die Bekräftigung des Gewaltverbots war. 20S 202 Wulj. Outer Space Arms Control: Existing Regime and Future Prospects, Proc. 26 th Colloq. Space Law (1984) S. 365. 203 Verdross/Simma, Fn. 199 S. 294 § 480. 204 Beer, Fn. 5 S. 197. 205 Treaty on the Prohibition of the Use of Force in Outer Space and from Space Against the Earth, UN Doc. A/38/194 v. 19. 8. 1983, S. 3, abgedruckt in Welck/ Platzöder, Fn. 3 S. 127; Zhukov/Kolosov, Fn. 77 S. 51; Kolosov, Fn. 77 S. 205; Vereshchetin, Fn. 77 Proc. 26th Colloq. Space Law (1984) S. 362 begründete den Zusammenhang damit, dass die Abrüstungsmaßnahmen "a kind of material guaran-

v.

Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

335

Das Selbstverteidigungsrecht im Weltraum wird verbreitet als Argument für die "minimalistische" Auslegung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung herangezogen. 206 Der Grundsatz der friedlichen Nutzung verfolgt jedoch die auch von den Großmächten anerkannte weitergehende Zielsetzung, den Weltraum nicht zum Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen werden zu lassen. 207 Wenn der Anwendungsfall des Selbstverteidigungsrechts im Weltraum gegeben ist, hat der Grundsatz der friedlichen Nutzung sein eigentliches Ziel, den Weltraum von kriegerischen Auseinandersetzungen freizuhalten, bereits verfehlt. Dennoch geht diese Zielsetzung nicht so weit, dass dadurch das Recht der Staaten auf Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angriff nach Artikel 51 SVN eingeschränkt würde. Dieses Recht auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung bleibt in jedem Fall auch im Weltraum bestehen,20s unabhängig davon, ob es zu einer Bewaffnung oder im Gegenteil einer völligen Entmilitarisierung des Gemeinschaftsraumes kommt, da jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass Weltraumobjekte von der Erde aus angegriffen werden. Angesichts der enorm gestiegenen Bedeutung militärischer Satelliten für terrestrische Militäroperationen ist im Gegenteil die Wahrscheinlichkeit noch gewachsen, dass diese zu den ersten Zielen im Falle einer militärischen Auseinandersetzung oder auch terroristischer Angriffe werden. Der Verweis auf das Selbstverteidigungsrecht ist dementsprechend eines der Hauptargumente der Befürworter einer auch aktiven militärischen Nutzung des Weltraums mit zerstörerischen Fähigkeiten,209 die diese damit begründen, dass zum Zwecke tee for its [the principle of non-use of force] implementation" seien; ebenso Zhukov, Fn. 77 Proc. 26th Colloq. Space Law (1984) S. 371. 206 Butler, Fn. 44 S. 77; Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 337; Hurwitz, Fn. 38 S. 74 mwN; Wulf, Fn. 202 S. 366; Beer, Fn. 5 S. 198; Koch, Fn. 5 S. 130. 207 Jessup/Taubenjeld, Fn. 13 S. 272. 208 Hurwitz, Fn. 38 S. 74 mwN; Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 337; Wulf, Fn. 202 S. 366; Beer, Fn. 5 S. 198; Koch, Fn. 5 S. 130; Jessup/Taubenjeld, Fn. 13 S. 270; weitergehend reklamierte Cooper unter Bezug auf die extra-territoriale Anwendung des Selbstverteidigungsrechts entsprechend der Caroline-Doktrin auch ein "right to individual self-preservation and self-protection ... to the extent deemed necessary" im Weltraum; zitiert naeh Brownlie, Fn. 138 S. 22, der feststellt: "The subjeetivity in this type of doctrine is obvious and it can be summed up as a regression to a discretionary right to act in self-preservation ... ". 209 Butler, Fn. 44 S. 77; s. auch die Auseinandersetzung zwischen Almond, Military activities in outer space (1982) S. 150, der in gewissem Umfang präventive Selbstverteidigung im Weltraum als Reaktion auf einen "immediate attack" für zulässig hält, und Vereshchetin, Fn. 77 S. 13; s. auch Almond, Toward Shared Interpretation of the Critical Poliey Dimensions of Spaee Law, Proc. 26 th Colloq. Space Law (1984) S. 271; ders., Peaceful Purposes and Peaceful Activities in Outer Spaee, Proc. 29 th Colloq. Space Law (1987) S. 1 und Vereshchetin, Fn. 77 Proc. 25 th Colloq. Space Law (1983) S. 153; ders., Fn. 77 Proc. 26 th Colloq. (1984) S.358.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

der Selbstverteidigung Rüstungsmaßnahmen im Weltraum erforderlich seien und daher nicht auf Grund des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums ausgeschlossen werden dürften. Dies gelte umso mehr, als keine Gewähr bestehe, dass sich alle Staaten an den Grundsatz der friedlichen Nutzung halten werden. Mit dieser Argumentation ließe sich aber nur die Stationierung von Weltraumwaffen als Reaktion auf die vorherige Stationierung solcher Waffen durch den potenziellen Rechtsbrecher rechtfertigen, nicht jedoch die ohne konkrete Gefährdung durch Weltraumwaffen eines anderen Staates eingeleitete Bewaffnung im Weltraum. Die Begründung einer Weltraumstationierung von zerstörerischen Systemen zur Abwehr eines Raketenangriffs müsste erst darlegen, dass solche Komponenten zur Durchsetzung des Gewaltverbots unabdingbar sind. Um möglichen Rechtsbrechern im Weltraum überhaupt die Möglichkeit für eine Verletzung des Gewaltverbots durch Weltraum waffen verlässlich zu nehmen, wäre der effektivste Weg, ein verifizierbares multilaterales Verbotsabkommen von Weltraumwaffen zu vereinbaren. Ein solches Verbotsabkommen müsste allerdings auch alle land-, luft- oder seegestützten ASAT-Systeme umfassen, um auch die Möglichkeit eines Angriffs auf Weltraumobjekte von der Erde aus verlässlich auszuschließen. In einem weiteren Schritt führt die Logik der vorbeugenden Rüstungsmaßnahmen zur Reklamierung eines Rechts auf "präventive Selbstverteidigung ",210 dessen Fortgeltung unter Artikel 51 SVN aber ganz überwiegend 211 abgelehnt wird. Pogany,212 der zwar grundsätzlich ein solches Präventivrecht befürwortet, ist der Auffassung, dass in Bezug auf Nuklearwaffen die Bedeutung dieser Frage relativiert werden müsse. Jedenfalls im Verhältnis der bei den großen Nuklearmächte seien wegen deren jeweiliger Fähigkeit zum nuklearen Zweitschlag ("second-strike" capability;zI3 Zweifel angebracht, "whether the doctrine has much relevance to a 210 Dieses beanspruchen ausdrücklich unter Bezug auf den Weltraum Butler, Fn. 44 S. 77 und Almond, Fn. 209 Proc. 26 th Colloq. Space Law (1984) S. 271; ders., Fn. 209 Proc. 29 th Colloq. Space Law (1987) S. 1; s. zu entsprechenden Entwicklungen in der US-Strategie die Analyse der Direktorin des Instiuts für Sicherheitsstudien der Europäischen Union Nicole Gnesetto, Übermilitarisierung amerikanischer Außenpolitik, EA (April 2002) S. 43, die darin Tendenzen zu einer "Mischung aus Raketenabwehrsystemen und der Warnung mit präventiven oder erzwingenden Schlägen gegen die Weiterverbreiter der ,Achse des Bösen'" feststellt, die wiederum der "Mischung aus absoluter Übermilitarisierung amerikanischer Außenpolitik und ungezügeltem unilateralistischen Instinkt" entspringe. 211 Verdross/Simma, Fn. 199 S. 288 § 471; Brownlie, Fn. 138 S. 23; a.A. aber Bowett, Self-Defence in International Law (1958) S. 191; Franck, Who Killed Article 2 (4)?, AJIL 64 (1970) S. 890; weitere Nachweise bei Pogany, Nuclear Weapons and Self-Defence in International Law, in Pogany (Hrsg.), Nuclear Weapons and International Law (1987) S. 63 Fn. 3. 212 Pogany, Fn. 211 in Pogany (Hrsg.), Fn. 211 S. 77.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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nuclear conflict". Dies könnte sich aber durch ein weltraumgestütztes BMD-System ändern, welches im Ergebnis eine Erstschlagsfähigkeit bewir-

ken könnte?14 Wenn die Beanspruchung einer "präventiven Selbstverteidigung" mit einer nuklearen Erstschlagsfähigkeit einhergeht, wäre die Einhaltung des Gewaltverbots allein in das Ermessen der darüber verfügenden Macht gelegt, und die rechtliche Anerkennung der Präventivverteidigung liefe im Ergebnis auf ein ius ad hellum hinaus. Dieses Ergebnis unterstreicht, dass ohne eine multilaterale kooperative Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums das mühsam tarierte Verhältnis von Gewaltverbot und Selbstverteidigung im Falle aktiver militärischer Weltraumfähigkeiten aus dem Lot zu geraten droht. Die Notwendigkeit eines verlässlichen kooperativen Sicherheitsarrangements für den Weltraum wird auch auf Grund der Argumentation von Butle?15 unterstrichen, dass im Falle der Ausübung des Selbstverteidigungsrechts jedwede Beschränkung der militärischen Nutzung des Weltraums einschließlich des ausdrücklichen Verbots der Stationierung von Nuklear- oder anderer Massenvernichtungswaffen in Artikel IV WRVentfiele, da es sich beim Weltraum vertrag um ein Abkommen mit Rüstungsbeschränkung handele, die im Falle kriegerischer Feindseligkeiten automatisch außer Kraft trete. Hierdurch geriete das Recht auf individuelle Selbstverteidigung in 213 Nach Collins, U.S.-Soviet Military Balance, 1980-1985 (1985) S. 305 bedeutet eine "jirst-strike"-Fähigkeit im Rahmen eines Atomkrieges "the ability to eliminate effective retaliation by the opposition". Eine "second-strike "-Fähigkeit wird definiert als" the ability to survive a surprise first strike and respond appropriately"; ders., S. 311. Ein solches ,jirst-strike '-Szenario unter Verwendung von BMD-Systemen sähe nach Camron, Anti-Ballistic Missile Systems and International Law, in Pogany (Hrsg.), Nuclear Weapons and International Law (1987) S. 125 etwa wie folgt aus: Der Nuklearangriff würde gezielt gegen die Nuklearstreitkräfte der Gegenseite zur Beeinträchtigung von deren Gegenschlagsfähigkeiten geführt. Ein BMD-System könnte dann gegen die verbleibenden Nuklearraketen einen wirksameren Schutz bieten und damit die Zweitschlags- und zugleich Vergeltungsfähigkeit der Gegenseite unterminieren. Die UdSSR hat im Zusammenhang mit SDI behauptet, die USA verfolge damit eine "jirst-strike"-Option; s. Star Wars. Delusions and Dangers (Progress Publishrs, Moskau 1985) S. 31; Cameron, S. 126: "The USSR argues that US counter-force weapons could destroy the vulnerable Soviet ICBMs and the layered defence would then be used to destroy the disorganized Soviet SLBM response. In such a situation, the USSR might move towards adopting a ,launch on waming' strategy, controlled by computers linked to sensors, with consequent increased danger of accidentallaunch." 214 Pogany, Fn. 211 in Pogany (Hrsg.) S. 66: "Changes in nuclear weapons technology may, naturally, upset such assumptions. The Strategie Defence Initiative (,Star Wars') would, if effective, provide the United States with a shield against ballistic missile attack. In such circumstances, the United States could, with relative impunity, resort to preventive measures." 215 Butler, Fn. 44 S. 80.

22 Wolter

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

einen schwer auflösbaren Widerspruch zu den Sicherheitsinteressen aller anderen Staaten und der Menschheit als Ganzer. b) Das Verbot der militärischen Okkupation des Weltraums

Das Verbot der Aneignung und Okkupation nach Artikel 11 WRV ist als Rechtsstandard der friedlichen Nutzung mit Blick auf die mögliche Verfolgung partikularer Sicherheitsinteressen durch exklusive, andere Staaten ausschließende Weltraumnutzung von Bedeutung. Der Rechtsstandard schließt Maßnahmen aus, welche auf eine exklusive Nutzung gerichtet sind und dabei die Weltraumfreiheit der anderen Staaten übergebührlich beeinträchtigen. Entscheidend ist dabei nicht auf die Intention, sondern wie für eine territoriale Aneignung auf die tatsächlichen Elemente der effektiven Kontrolle und den Zeitfaktor abzustellen?16 McDougal, LasweIl und Vlasic 217 sehen zwar bei Einhaltung des Gebots der Verhältnismäßigkeit die Ausübung einer "occasional exclusive competence in outer space" als zulässig an, allerdings nur unter der Voraussetzung der "imperatives of clarifying a common interest". Auf Grund der Pläne zur möglichen Stationierung von Waffensystemen im Weltraum hat sich die Notwendigkeit einer näheren Untersuchung dieses Aspekts erheblich verstärkt. Brownlie 218 meinte bereits 1965 zu Überlegungen amerikanischer Völkerrechtler,219 die Möglichkeit der Einrichtung einer "security zone peripheral to territorial airspace " vorzusehen, unter Bezugnahme auf eine entsprechende Stellungnahme der International Law Commission 220 in Bezug auf Sicherheitsrechte in an die Küstengewässer angrenzenden sog. ,contiguous zones ': "Undoubtedly unilateral claims to security zones would increase the likelihood of breaches of the peace. " Er stellte außerdem fest, dass die Einrichtung militärischer Weltraumstationen dazu führen könnte, dass der Betreiberstaat Maßnahmen zu deren Sicherheit ergreift, die einer nationalen de facto Aneignung des Weltraumgebietes, in dem sich die Station befindet, gleichkommt. 221 Einige Autoren 222 sehen sogar bei zivil genutzten Welt2\6 2\7 2\8

Rehm. Das Aneignungsverbot, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 106. McDougal/Laswell/Vlasic. Fn. 89 S. 293. Brownlie, Fn. 138 S. 14; s. auch die Erklärung des Vertreters Indiens im Welt-

raumausschuss, A/AC.105/C.2/SR 22 S. 9. 2\9 Cooper, ASIL Proceedings (1956) S. 85/91. 220 ILC Yearbook (1956 II) S. 295: "The Commission did not recognise special security rights in the contigous zone. It considered that the extreme vagueness of the term ,security' would open the way for abuses and that granting of such rigths was not necessary." 22\ Brownlie. Fn. 138 S. 14. 222 Brooks, Legal Aspects of Lunar Landing, The International Lawyer 4 (1970) S. 425; Mankiewicz. Intervention with Respect to Permanent Stations on the Moon,

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

339

raumstationen die Gefahr, dass ihre permanente Stationierung mit der Tendenz zu einer exklusiven Nutzung des Weltraumgebietes durch einen oder wenige Staaten einhergeht, die mit dem Aneignungsverbot in Widerspruch geraten könnte. Roth223 sieht das Risiko, dass Weltraumstationen unabhängig von der Natur ihrer Nutzung zu einer de facto Okkupation führen und sich das Aneignungsverbot als letztlich zu "fragile" erweisen könnten, um dies zu verhindern. Diese Gefahren bestehen jedenfalls dann, wenn solche Nutzungen zu militärischen Zwecken erfolgen sollen, da diese eo ipso exklusiven Charakter haben. Die seit SDI in den USA vermehrt geführte Diskussion um die Einrichtung sog. Sicherheitszonen, die zuvor vor allem von sowjetischen Autoren 224 gefordert worden waren, geht auf "the growing concern that any space-based weapons systems deployed by the United States could be easily neutralized by Soviet ,space mines' zurück?25 Laut dem U.S. Congress Office of Technology Assessment226 wären für eine weltraumgestützte Raketenverteidigung Hunderte, möglicherweise aber Tausende von Militärsatelliten in erdnahen Umlaufbahnen notwendig, die mit Sicherheitszonen von 100 bis 500 km Umkreis umgeben werden sollen, wobei die Regel gelte, das fremde "satellites trespassing upon keep-out zones may be forcibly prevented from continued trespass ". Colonel A. J. Butler, USAF, schlägt ein zweistufiges System von Sicherheitszonen mit einer engeren Zone, in die ohne vorherige Genehmigung kein Eintritt zulässig wäre, und eine weitere sog. "Space Defense ldentification Zone (SPADlZ)", in der sich nähernde Satelliten identifizieren sollten, vor. 227 T. Blau und D. Goure 228 treten für Proc. Colloq. Space Law (1968) S. 163; Marcoff, Fn. 77 Schweizer Jahrbuch für internationales Recht 25 (1968) S. 72; Roth, La Prohibition de I' Appropriation et les Regimes d' Acces aux Espaces Extra-terrestres (1992) S. 77 weist aber zu Recht darauf hin, dass der oder die Betreiberstaaten im Inneren der Weltraumstation auch exklusive Rechte ausüben dürfen, wobei aber den dritten Staaten auf Grund von Artikel XII WRVein Besuchsrecht zusteht. 223 Roth, Fn. 222 S. 70: "Le droit des Etats d'etablir des installations spatiales pourrait les inciter ades abus en vue de s'assurer le monopole de portion determinees de I' espace. Face a une teIle situation, la prohibition de I' appropriation peut apparaitre trop fragile pour prevenir l'extension a l'espace de ce type de rivalites ,territoriales' (ainsi deguisees)." 224 Sog. Sicherheitszonen (zony bezopastnosti) s. Zhukov/Kolosov, Fn. 77 S. 64; Bordonov, Rights of States as Regards Space Objects, Proc. 24 th Colloq. Space Law (1982) S. 90; Dudakov, On International Legal Status of Artifical Earth Satellites and the Zone Adjacent to Them, Proc. 24th Colloq. Space Law (1982) S. 97. 225 Schwetje, Fn. 70 S. 131; laut Gray, American Military Space Policy (1982) S. 67 "a $3 million space mine could disable or destroy a $5 billion HEL [High Energy Laser] battle station." 226 U.S. CongressOffice of Technology Assessment, Strategie Defense: Anti-Satellite Weapons, Countermeasures and Arms Control (1986) S. 136. 227 Zitiert nach Schwetje, Fn. 70 S. 133. 22*

340

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

die Einrichtung sog. "exclusionary zones ", deren Übertritt eine Vermutung für einen Angriff auslösen würde, ein. Am weitreichendsten sind die Überlegungen von Albert Wohlstetter und Brian Chow,229 da die von ihnen vorgeschlagenen sog. "Space DeJense umes (SDZ)" nicht an einzelne Satelliten gebunden wären, sondern ein ganzes Gebiet betreffen sollen. Kries 230 und Bittlinger31 haben ausführlich begründet, dass die im Zusammenhang mit den Plänen für weltraumgestützte Raketenabwehrsysteme erwogene Einrichtung sog. "keep-out zones" und a Jortiori die weitergehender "space-deJense zones" in der Umgebung der im Weltraum stationierten Komponenten dieser Systeme232 jedenfalls ohne vorherige Konsultationen mit den anderen Staaten gemäß Artikel IX S. 3 WRVeine Verletzung des Aneignungsverbotes nach Artikel 11 WRV darstellen würde, weil diese die Rechte Anderer übergebührlich beeinträchtigen würden?33 Zu Recht stützen sie diese Schlussfolgerung, die Bittlinger34 als überwiegende Ansicht der zu dieser Frage Stellung nehmenden Völkerrechtler bezeichnet, auf den Status des Weltraums als internationalisierter Gemeinschaftsraum, der die Verfolgung einseitiger nationaler Sicherheitsinteressen auf Kosten der anderen Staaten ausschließt. Eine unzulässige militärische Okkupation ist mit der Errichtung von Sicherheitszonen jedenfalls dann gegeben, wenn andere Staaten über einen längeren Zeitraum von der Nutzung ausgeschlossen und dadurch zum Beispiel durch Vereitelung günstiger Startpositionen für Nutzungen des geostationären Orbits in ihrem Recht auf friedliche Nutzung 228

S.39.

Blau/Goure, Military and Diplomatic Issues in Active Space Defense (1980)

WohlstetteriChow, Self Defense Zones in Space (1986) S. 29. Kries, Fn. 38 ZLW (1985) S. 279; ders., Fn. 38 ZLW (1986) S. 314. 231 Bittlinger, Hoheitsgewalt und Kontrolle im Weltraum (Dissertation 1988) S. 147 ff., ders., "Keep-out Zones" and the Non-Appropriation Principle of International Space Law, Proc. 31 st Colloq. Space Law (1989) S. 6. 232 Durch die Sperrzonen im erdnahen Weltraum um weltraumgestützte Komponenten von SDI-Systemen in Umlaufbahnen von 300 bis 1000 km Höhe über der Erdoberfläche werden laut Bittlinger, Fn. 231 (Hoheitsgewalt 1988) S. 150 andere Nutzer etwa 90 bis 110 Minuten von diesen ausgeschlossen, sowie außerdem auch ihre "Startfenster" für Raumfahrtvorhaben beispielsweise im geostationären Orbit entsprechend verringert. 233 Bittlinger, Fn. 231 (Hoheitsgewalt 1988) S. 153; ders., Fn. 231 Proc. 31 st Colloq. Space Law (1988) S. 6; Dalbello, "Rules of the Road": Legal Measures to strengthen the Peaceful Uses of Outer space, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1985) S. 9; Kries, Fn. 38 ZLW (1985) S. 279; ders., Fn. 38 ZLW (1986) S. 314.; Roth, Fn. 222 S. 71: " ... la cn!ation de zones d'exclusion ... n' rest] sans doute pas conformers] a l'esprit sinon a la lettre de l'article 11 du Traite de 1967.". 234 Bittlinger, Fn. 231 (Hoheitsgewalt 1988) S. 150; s. auch Schwetje, Fn. 70 S. 140 zur Haltung im US-amerikanischen Schrifttum: "Most writers have a great deal of trouble reconciling keep-out zones and article 11 of the Outer Space Treaty ... ". 229

230

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

341

beeinträchtigt werden. Da die Verfolgung militärischer Zwecke im Zweifel als nicht im Allgemeinwohlinteresse liegend anzusehen ist, sind hinsichtlich Zeitfaktor und effektiver Kontrolle nur geringe Anforderungen zu stellen. Jede mögliche Beeinträchtigung der Rechte Anderer bei der friedlichen Nutzung führt auf Grund des Vorrangs des Allgemeininteresses gegenüber den partikularen Sicherheitsinteressen eines Staates zur Unzulässigkeit exklusiver Nutzungen. Kries 235 kommt zu dem klaren Ergebnis: "Any proclamation of keep-out zones in outer space would by its very nature constitute a breach of Outer Space Treaty obligations. The more keep-out zones were to become necessary, the more cumulative would be their spatial effects and the more massive the violation of Article 11 of the Outer Space Treaty."

Neben solchen Sicherheits- oder "keep-out zones" für weltraumgestützte Elemente von Waffensystemen zu ASAT- oder ABM-Zwecken könnte auch der Einsatz von Weltraumstationen zur Einrichtung von Sicherheitszonen, die den mit der Größe solcher Stationen verbundenen erhöhten Kollisionsgefahren Rechnung tragen sollen, führen. Nach sowjetischen Autoren 236 sollen die Entsendestaaten in solchen Sicherheitszonen über beschränkte "Souveränitätsrechte" verfügen, die als zulässig anzusehen seien, solange sie nicht mit der Intention der Okkupation verfolgt würden. Auch hier gilt, dass bei einer zivilen Nutzung von Weltraumstationen, die letztlich der ganzen Menschheit zu Gute kommt, Beeinträchtigungen der Nutzung Anderer hinzunehmen sind, soweit diese im Rahmen der Verhältnismäßigkeit als notwendige Begleiterscheinungen der Nutzung erforderlich sind. Bei einer militärischen Nutzung ist jedoch die Ausrichtung auf das Gemeinwohlinteresse in der Regel nicht mehr gegeben. Würde die Nutzung bemannter Weltraumstationen zudem für aktivelzerstörerische Weltraumaktivitäten zugelassen, kämen solche Sicherheitszonen einer militärischen Okkupation gleich, da sie die Fähigkeit schaffen, alle Anderen von der Nutzung auszuschließen. Legt man das Kriterium von McDougal, Laswell und Vlasie zu Grunde, wonach die Ausübung einer exklusiven Kompetenz im Weltraum von der Voraussetzung der "imperatives 0/ clarifying a common interest" abhängt, so ist die Einrichtung von Sicherheitszonen im internationalisierten Gemeinschaftsgebiet des Weltraums in jedem Fall nur zulässig, wenn dazu vorher das Einvernehmen der internationalen Gemeinschaft hergestellt ist. Kries, Fn. 38 ZLW (1986) S. 315. Nach Zhukov/Kolosov, Fn. 77 S. 64 wäre die Einrichtung sog. "safety zones" um Weltraumobjekte keine Verletzung des Aneignungsverbotes; ebenso Rudev, Beitrag auf dem Roundtable on Legal and Technical Implications of Space Stations, IAF Congress (Stockholm, 8. 10. 1985), zitiert nach Kopal, Roundtable on Legal and Technical Implications of Space Stations, IAF Congress, Stockholm, October 8, 1985, JSL 13 (1985) S. 194. 235

236

342

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Je eindeutiger die Stationierung von Weltraumwaffen mit dem strategischen Ziel einhergeht, den Weltraum zu beherrschen,237 desto eher muss in der Einrichtung von Sicherheitszonen ein Schritt zu einer nach Artikel 11 WRV unzulässigen militärischen Okkupation gesehen werden. Monserrat Filho 238 hält eine auf "space control" gerichtete Strategie für generell mit der Weltraumfreiheit der anderen Staaten und dem Aneignungs- und Okkupationsverbot des Artikel 11 WRV unvereinbar. Nach der Strategie des "high ground" und des "control of space" definiert das US Space Command239 die zur Erreichung von "space superiority" notwendige "control of space" als "the ability to assure access to space, freedom of operations within the space medium, and an ability to deny to others the use of space, if required."

Im Jahresbericht des US Department of Defense 240 von 1998 heißt es, "space power has become as important to the nation as land, sea, and air power." Colonel Kloti 41 von der US Air Force macht in einem Aufsatz für den Council on Foreign Relations deutlich, was damit gemeint sein könnte, wenn er unter der Überschrift" The Flag Follows Trade" die Bedeutung der heutigen Weltraumkommunikationswege für die Weltstellung der amerikanischen Informationsökonomie mit den Seeverbindungen der Kolonialzeit und die Kontrolle über den Weltraum mit der Besatzungspolitik 237 s. die Auseinandersetzung von Lawrence/Hansson, American space hegemony: Accident or design?, in Space Policy 14 (1998) S. 1 mit der Position von Logsdon, Viewpoint. The United States, the only space superpower, in Space Policy 13 (1997) S. 273, s.o. Kapitel B. II. 2. a) Fn. 210. 238 Monserrat Filho, Fn. 13 S. 364: "Now, controlling space cannot mean anything else but the act or power of exercising supervision, the domain and certain government over space, overseeing and judging what is or is not done there. This is incompatible with the principles of freedom of access, use and exploration for every country, without discrimination, and the non-appropriation of space in any form or pretext whatsoever. No country has the right to claim control over space." Dagegen sei gegen den Begriff der "space superiority" völkerrechtlich nichts einzuwenden. Dessen bevorzugte Verwendung seitens einiger US-Regierungsmitglieder - so in der Quadrennial Defense Review des Department of Defense vom Mai 1997 - an Stelle des "space control"-Begriffs der Militärs sei daher "a positive sign of recognition of the prevailing internationallegality." 239 Unabhängig von der Begriffswahl ist eine Militärstrategie per se noch kein hinreichend konkreter Tatbestand für eine Verletzung des Aneignungs- und Okkupationsverbots, sondern erst die darauf gestützten konkreten Maßnahmen, wie z. B. die Einrichtung von "keep out-zones"; US Space Command, Vision for 2020 (2 nd Printing 1997); abrufbar unter http://www.spacecom.af.mil Kapitel 5 S. 1; s. o. Kapitel B. II. 1. b). 240 US Department of Defense, Report of the Secretary of Defense to the President and Congress, 1998 S. 67. 241 Klotz, Space, Commerce, and National Security (Council of Foreign Relations, New York 1998); abrufbar unter S. 11.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

343

der British East India Company der britischen Kolonialmacht vergleicht. Mit oder ohne Hissen der Flagge widerspricht jedenfalls die Verweigerung des Zugangs Anderer zum Weltraum sowohl dem Okkupationsverbot nach Artikel 11 WRV als auch der Gemeinwohlklausel in Artikel I Absatz 1 WRV und dem Rücksichtnahmegebot nach Artikel IX WRV. Mit einer solchen Zielsetzung kann die Einrichtung von Sicherheitszonen um weltraumgestützte Waffensysteme in Friedenszeiten nicht mehr als "friedliche Nutzung" des Weltraums angesehen werden, da sie einer unzulässigen militärischen Okkupation gleich kommt. Die im sog. Long Range Plan des US Spaee Command zur Umsetzung der "Spaee Vision 2020,,242 enthaltenen Empfehlungen "to address goals lor spaee sovereignty" und "to establish International Spaee Sovereignty Poliey" in einem "Spaee Faring Nations Treaty", welcher die "proteetion 01 National (eommercial) spaee assets" garantieren soll, zeigen, dass ähnlich wie mit der Kündigung des bilateralen ABM-Vertrages der Versuch unternommen werden könnte, auch die multilateralen Beschränkungen des Weltraumvertrages wegen der Pläne zur Weltraumstationierung von Waffensystemen selbst in solchen grundlegenden Fragen wie der Sicherung des Gemeinschaftsstatus des Weltraums durch den Ausschluss nationaler Souveränität abzuschütteln. Da es sich beim Aneignungs- und Okkupationsverbot jedoch nach allgemeiner Ansicht um völkergewohnheitsrechtliche Grundsätze des Weltraumrechts erga omnes handelt,243 könnte dies nur durch Zustimmung der internationalen Gemeinschaft insgesamt geschehen. c) Der Rechtsstandard positiver Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit sowie auf internationale Zusammenarbeit und Verständigung (Artikel III WRV)

Dieser Rechtsstandard leitet sich unmittelbar aus der Bestimmung des Artikel III WRV ab, welcher unter direkter Verwendung der entsprechenden Rechtsbegriffe der VN-Charta vorsieht, dass alle Weltraumaktivitäten dem Ziel dienen müssen, den "Weltfrieden und die internationale Sicherheit" zu erhalten und "internationale Zusammenarbeit und Verständigung" zu fördern. Neben einem rein abwehrenden Normgehalt in Bezug auf Gefahrdungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit ergibt sich aus der US Space Command, Fn. 239 Kapitel 11 S. 3; s. auch o. Kapitel B. 11. 2. a). s. Nachweise in C. I. 2. b) aa) Fn. 39 sowie Böckstiegel, Grundlagen des Weltraurnrechts, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 28; Bittlinger, Fn. 231 (Hoheitsgewalt) S. 1; Rehm, Fn. 216 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 104 und Roth, Fn. 222 S. 78; Almond, A Public Order in Outer Space for Peaceful Purposes: The Will of the World Cornrnunity and the Constitutive Process, Proc. Space Law (1979) S. 84: "The law in this treaty [Weltraumvertrag] is widely accepted as legally binding on all States even if they are not party to the Treaty." 242

243

344

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Bestimmung in Verbindung mit weiteren Bestimmungen des Weltraumvertrages und einschlägiger Resolutionen der VN-Generalversammlung ein allgemeiner Rechtsstandard mit dem Inhalt, dass von den Weltraumaktivitäten der Staaten auch positive Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit sowie auf internationale Verständigung und Zusammenarbeit ausgehen müssen. Vor dem Hintergrund, dass das Begriffspaar "Weltfrieden und internationale Sicherheit" im Sinne eines positiven Friedensbegriffs und einer auf zwischenstaatlicher Zusammenarbeit und gegenseitiger Verständigung aufbauenden kooperativen Sicherheit zu verstehen ist,244 ist auch der auf dieser Bestimmung gründende Rechtsstandard der friedlichen Nutzung nicht lediglich als pflicht zur Vermeidung einer unmittelbaren Gefahrdung des Weltfriedens zu sehen, sondern auch als eine positive Förderpflicht von Frieden und internationaler Sicherheit im umfassenden Sinn, wobei Frieden insbesondere auch als ein "Prozess . . . der Schaffung einer gerechten sozioökonomischen und politischen Weltordnung,,245 und "internationale Sicherheit" als gemeinsame Sicherheit aufbauend auf zwischenstaatlicher Zusammenarbeit und Verständigung zu verstehen ist. Aus dem Prozesscharakter der positiven Friedenspflicht folgt wiederum die besondere Bedeutung einer verfahrensmäßigen Sicherung der Umsetzung dieser Pflicht zur Förderung von Frieden und Zusammenarbeit bei der Nutzung des Gemeinschaftsraums für die internationale Gemeinschaft. Artikel III WRV bildet außerdem eine wichtige weltraumvertragliche Stütze für den in Kapitel D. V. 4. a) hergeleiteten Rechtsstandard kooperativer Sicherheit im Weltraum, mit dem der Rechtsstandard positiver Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit, internationale Zusammenarbeit und Verständigung daher in einem engen, sich gegenseitig verstärkenden Zusammenhang steht. d) Der Rechtsstandard des Wohles der Menschheit und des Nutzens aller Staaten unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer (Artikel I Absatz I WRV)

Dieser Rechtsstandard der friedlichen Nutzung leitet sich unmittelbar aus der Allgemeinwohlklausel in Artikel I Absatz I WRV her, wonach die Erforschung und Nutzung des Weltraums zum Vorteil aller Länder "ohne Ansehen ihres wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungstandes" durchzuführen ist. Er bedeutet, dass auch die wirtschaftlichen Folgen einer militärischen Nutzung des Weltraums zwingend berücksichtigt werden müssen. Diese müssen zum Wohl der Menschheit sein. Es genügt also nicht, 244 245

s. Kapitel D. IV. 3. insbes. Fn. 158. RandelzhoJer, Fn. 156 in Delbrück (Hrsg.) S. 18.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

345

die Auswirkungen auf einen oder einige wenige Staaten zu beurteilen, sondern es ist eine Bewertung der Wohlstandsfolgen militärischer Maßnahmen im Weltraum auf die internationale Gemeinschaft insgesamt und insbesondere auf die Entwicklungsländer notwendig. So stellte C. Q. Christoz246 in der Erörterung des Themas in der International Law Commission nicht nur eine direkte Verknüpfung zwischen dem Verbot von Weltraumwaffen, insbesondere von ASATs, und der Menschheitsklausel her, sondern auch konkret zur wirtschaftlichen Nutzung des "space environment and its natural resources ... for the betterment of mankind '" ", welche die "non-presence of ASATs in the space environment" zu einem "imperative objective" mache. Ebenso meint Harry H. Almond, Jr. 247 mit Bezug auf den CHOM-Grundsatz: "But the claims of nonspace powers and the lesser developed States are still frusrated by the tensions and the possibilities of armed conflict arising in those States, with the potential of escalating to a world order conflict ... This possibility of a source of conflict can be quieted, in part at least by a genuine enterprisory and cooperative effort among States ... Such a stake and participation has arms control implications in the political sense because cooperating States and peoples find arms, arming and preoccupation with security incongruous with enterprise."

Auch Reijnen248 stellt einen unmittelbaren Bezug zwischen der Allgemeinwohlklausel und der friedlichen Nutzung in Bezug auf die Wohlstandsfolgen her: "It is clear that under present technological developments only peaceful use of outer space can be a common interest for all mankind. As such, we judge disarmament of and in outer space to be an obligation under Article I of the Space Treaty in general and of the common interest clause in particular."

Die Vermeidung negativer Wohlstandsfolgen ist neben der Wahrung der internationalen Sicherheit ein Hauptmotiv für die allgemeine Abrüstungspolitik und die Forderung nach Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum. Auf Bitten der VN-Generalversammlung legte eine VN-Expertengruppe im November 1988 eine Studie über die "Economic and social consequences of the Arms Race and of Military Expenditure ,,249 vor, in der die globalen Auswirkungen des Wettrüstens und der inzwischen allseits anerkannte Zusammenhang zwischen internationaler Sicherheit und wirtschaftlicher Entwicklung betont werden:

246 International Law Association. Fn. 123 S. 306 (Diskussionsbeitrag von C. Q. Christol). 247 Almond. Fn. 243 S. 87. 248 Reijnen. Fn. 38 in Benkö/Graaff/Reijnen (Hrsg.) S. 178. 249 United Nations, UN Disarmament Studies "Economic and social consequences of the Arms Race and of Military Expenditure" (1989) S. 137.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

the anns race, as aglobai phenomenon has a bearing on the security and development of each and every nation ... Qualitative and quantitative expansion of the anns race have a negative impact on international relations and their stability ... disannament can make a direct contribution to both security and development ... land] also facilitate a reaIlocation of human and national resources to prepare the way for further development efforts."

Doyle 250 führt aus, dass sich in Bezug auf die militärische Nutzung die negativen Auswirkungen nicht nur im Maße der enormen Kosten von Weltraumsystemen verstärken, sondern einen zusätzlichen Verdrängungseffekt auf Grund der Beeinträchtigung internationaler Zusammenarbeit bei zivilen Nutzungen haben.

Im Grundsatz wird der Wohlstandsstandard für Rüstungsmaßnahmen auch von den großen Nuklearmächten anerkannt. So legt der amerikanische Arms Control and Disarmament Act von 1961 als eines der langfristigen Ziele der US-Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik fest: "to alleviate societies from the burdens of armaments 251 H.

In Bezug auf militärische Weltraumaktivitäten im Gemeinschaftsraum ist dieser Maßstab kein rein nationaler mehr. Wesentliche Folgerung des Rechtsstandards ist daher, dass die Beurteilung der Wohlstandsfolgen militärischer Nutzungen des Gemeinschaftsraums für die Menschheit nicht in das alleinige einzelstaatliche Ermessen gestellt ist, sondern dass diese in einem multilateralen Rahmen überprüft werden können. Diese Bewertung könnte zum Beispiel im wissenschaftlichen Unterausschuss des VN-Weltraumausschusses sowie von anderen VN-Institutionen wie UN1DIR unter Zugrundelegung von Beiträgen der nationalen Weltraumorganisationen sowie von Forschungsinstitutionen und NROs vorbereitet werden. e) Ausdrückliche Verbote der militärischen Nutzung des Weltraums

Ausdrückliche Verbotsbestimmungen hinsichtlich bestimmter militärischer Nutzungsarten des Weltraums enthalten Artikel IV Absatz 1 und 2 250 Doyle, Fn. 90 S. 25: "The participation of states in joint ownership of civil spaee systems involves important resouree alloeation choiees, and the choiee must, by the size of the investmenst required, affeet other eeonomie interests as weIl as the state treasury's ability to invest in anns .... [So 24] When resourees are devoted to arms and the support of war effort, there is a double loss of real values. As produets, anns are end items with limited intrinsie value unless or until used. Arms not used are wasted in an economic sense ... If anns are put to use, they usually will be instrumental in destroying lives, buildings, fanns, eities, bridges, highways, railroads, or hundreds of other produetive resourees." 251 House Rept. 1263, 87 th Congress 1st Sess. V. 19. 9. 1961; s. First Annual Report of the US Anns Control and Disarmament Agency, 87 th Congress 2 nd Sess. (1962) S. 5.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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WRV und Artikel 3 MV sowie das Abkommen über das teilweise Verbot von Kernwaffenversuchen von 1963 252 und das Umweltkriegsübereinkommen von 1977.253 Artikel IV Absatz 1 WRV, dem Artikel 3 Absatz 3 für den Mond und die Himmelskörper nachgebildet ist, verbietet die Stationierung von Nuklear- und anderen Massenvernichtungswaffen in einer Erdumlaufbahn oder auf Himmelskörpern. Absatz 2, der weitgehend in Artikel 3 Absatz 4 MV übernommen wird, untersagt generell bestimmte militärische Nutzungen, darunter insbesondere die Einrichtung militärischer Stützpunkte, die Erprobung von Waffen und das Abhalten von Manövern, auf dem Mond und den Himmelskörpern. Das Abkommen über ein teilweises Kernwaffenversuchsverbot verbietet jede nukleare Versuchsexplosion im Weltraum (Artikel 1). Das Umweltkriegsübereinkommen verbietet generell unter ausdrücklicher Einbeziehung des Weltraums (Artikel II) den Einsatz umweltverändernder Techniken mit weiträumigen, andauernden oder schwerwiegenden Umweltauswirkungen zu militärischen Zwecken. Die Auslegung des Stationierungsverbots von Kern- und anderen Massenvernichtungswaffen sowie des Verbots von Nuklearversuchen im Weltraum ist mit Blick auf den möglichen Übergang zu aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Art vor allem in Bezug auf nuklear-gespeiste Laserwaffen von Bedeutung. Weder der Begriff Atomwaffe noch der einer Massenvernichtungswaffe werden im Weltraumvertrag definiert. Deshalb wird überwiegend auf andere völkerrechtliche Dokumente zurückgegriffen, die eine solche Definition enthalten. Eine Definition von "Kernwaffe" findet sich in zwei internationalen Abkommen: Nach dem Protokoll Nr. III über die Rüstungsbegrenzung vom 23. 10. 1954254 ist jede Waffe als Kernwaffe anzusehen, die durch Explosion oder andere unkontrollierte Kernumwandlung des Kernbrennstoffes Massenzerstörungen, Massenschäden oder Massenvergiftung hervorrufen kann. Nach Artikel 5 des Vertrages über das Verbot von Kernwaffen in Lateinamerika vom 14. 2. 1967 (Vertrag von Tlatelolco )255 wird als Kernwaffe ein Instrument bezeichnet, das Kernenergie in nicht kontrollierter Form freizusetzen in der Lage ist und darüber hinaus Eigenschaften aufweist, die für kriegerische Zwecke tauglich sind. Nach überwiegender Ansicht ist der Begriff Kernwaffe in den Weltraumverträgen als eine Unterart der Massenvernichtungswaffen anzusehen. Für deren Defi252 Vertrag vom 5. August 1963 über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser (Partieller Teststopp-Vertrag), BGBI. 1964 II S. 907, abgedruckt in WelckiPlatzöder, Fn. 3 S. 53. 253 Fn. 177. 254 UNTS 211 (1955) S. 364, Deutsch in BGBI. 1955 II S. 266: Vertagsparteien sind Belgien, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Italien, Luxemburg, Niederlande und das Vereinigte Königreich. 255 UNTS 634 (1968) S. 282; deutsch in EA 22 (1967) D, S. 165. Vertragsparteien sind die Staaten Südamerikas.

348

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

nition wird auf die Begriffsbestimmung der UN Commission for Conventional Armaments von 1948 zurückgegriffen, welche die VN-Generalversammlung in einer Entschließung von 1997 bekräftigt hat. Danach sind Massenvemichtungswaffen "those which include atomic explosive weapons, radioactive material weapons, lethai chemical and biological weapons, and any weapons developed in the future which have characteristics comparable in destructive effect to those of the atomic bomb or other weapons mentioned above. ,,256

Nach einer Definition des Institut de Droit International vom 9. 9. 1969257 können darunter auch konventionelle Waffen fallen, wenn sie die entsprechende Wirkung haben. Nach überwiegender Auffassung ergibt sich aus Artikel IV WRV und dem Atomtest-Stopp-Vertrag von 1963 auch ein Verbot nuklear-gespeister Laserwaffen. 258 Dagegen legt nach Bee?59 der Begriff "mass" destruction eine quantitative Bewertungsgrundlage und eine unkontrollierbare, unterschiedslose Zerstörungswirkung nahe. Demgegenüber sind ZedalisIWade 260 der Auffassung, dass "the fact that resultant damage may not be as catastrophic as that caused by a larger typical nuclear device is not determinative." Zu diesem Ergebnis kommt auch Kries, 261 der darauf verweist, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Vertragsparteien den 256 UN Doc. S/und Resolution 51/37 v. 7. 1. 1997, in der die VN-Generalversammlung dazu aufruft, "to prevent the emergence of new types of weapons of mass destruction that have comparable characteristics in destructive effect to those of weapons of mass destruction identified in the definition of weapons of mass destruction adopted by the United Nations in 1948" und bekräftigt, "that effective measures should be taken to prevent the emergence of new types of weapons of mass destruction." 257 Annuaire de l'Institut de Droit International 53 (1969 II) S. 360; so auch Koch, Fn. 5 S. 69. 258 Kries, Fn. 38 ZLW (1985) S. 276; ders., Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 344; Reijnen, Fn. 38 in Benkö/Graajf/Reijnen (Hrsg.) S. 165; Danielsson, Fn. 97 in Jasani (Hrsg.) S. 172; so auch die frühe Haltung der US-Regierung laut 0 'Neill, Fn. 38 S. 193 Anm. 39. 259 Beer, Fn. 5 S. 108 S. 115 und S. 117: "die dem Röntgenlaser eigentümliche Zielvorrichtung bewirkt gerade das Gegenteil einer unterschiedlosen, unkontrollierten Feindbekämpfung, wie sie den Kernwaffen der heutigen Tage noch eigen sind." Das im Zusammenhang mit SDI geplante Röntgen-Lasersystem sieht Beer "in seiner bislang bekannt gewordenen Bau- und Wirkungsweise nicht von der Kernwaffenklausel des Art. IV Abs. 1 betroffen ... Röntgenlaser-Stationen benötigen zwar eine Kernexplosion als Katalysator des Abstrahlvorganges, dieser atomare ,Zünder' ist jedoch von Zweckbestimmung und Wirkungsweise her betrachtet nicht als Kernwaffe mit den Auswirkungen einer Massenvernichtungswaffe einzustufen." 260 ZedalisIWade, Fn. 38 S. 465 f. 261 Kries, Fn. 38 ZLW (1985) S. 276; ders., Fn. 38 Proc. Colloq. 1988 S. 106; Vitaliy, Fn. 38 S. 16; ebenso Gorove, Fn. 38 ZLW 3 (1984) S. 195; Fern, AntiSatellite Waepons and the Question of Negotiated Arms Limitations, CWILJ 14 (1984) S. 303.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

349

Begriff Kernwaffe auf die seinerzeit bekannten Atomwaffen beschränken wollten. Nach Cameron 262 würde ein Röntgenlaser eindeutig als MVW einzustufen sein, da er eine Atomexplosion zur Erreichung seines Ziels einsetzt. Er würde damit auch den Atomtest-Stopp-Vertrag von 1963 verletzen. Die UdSSR 263 bezeichneten Hochenergie-Laser und Teilchenwaffen als "space strike weapons", welche dieselbe Zerstörungskraft haben wie Nuklearwaffen. 264 Zu demselben Ergebnis kommen der Berichterstatter zum Weltraumrecht, D. Goedhuis,265 bei der Erörterung des Themas in der International Law Association 1988, der ausführt " ... if the use of ASATs were based on nuclear explosives, such use would violate Art. IV of the Outer Space Treaty of 1967". Auch C. Q. ChristoF66 und Jasani 267 äußern erhebliche Zweifel an der

Zulässigkeit von Röntgenlaserwaffen und anderen Mikrowellenwaffen.

Cameron, Fn. 213 S. 131; ebenso RusselI, Fn. 77 S. 160. Star Wars, Fn. 213 S. 5 u. 9. 264 Die Argumentation von Cameron, Fn. 213 in Pogany (Hrsg.) S. 130, dass die Tatsache, dass die UdSSR ausdrückliche Verbotsvorschläge macht, bedeute, dass sie die Waffen nach gegenwärtiger Rechtslage für zulässig hält, ist nicht überzeugend. Vielmehr geht es bei den Vorschlägen, die von einer großen Zahl von Staaten gemacht wurden, um deren Bemühen, durch ausdrückliche Verbotsnormen Rechtsklarheit zu schaffen, was im Gegenteil ihre generellen Zweifel an der Zulässigkeit bestimmter militärischer Nutzungen bekräftigt. 265 International Law Association, Fn. 123 S. 303 (Einführung des Vorsitzenden des International Space Law Committee D. Goedhuis). 266 International Law Association, Fn. 123 S. 306 (Diskussionsbeitrag von C. Q. Christoi): "The power source employed by an ASAT in outer space will qualify the legality of its use. The 1963 Treaty Banning Nuclear Weapon Tests in the Atmosphere, in Outer Space and Under Water in Article I prohibits nuclear explosions in outer space. It has been suggested that a nuclear power source of considerable magnitude would be required to activate an X-ray laser. The magnitude of such an explosion could render such an explosion unlawful under the 1963 treaty." 267 Jasani, Outer Space a Source of Conflict: An Overview, in Jasani (Hrsg.), Outer Space. A Source of Conflict or Co-operation? (United Nations University Press, 1991) S. 59: "With regard to lasers, it has been suggested that they could be used to start large-scale fires on earth from outer space. This raises an interesting question. Could high-energy lasers and microwave DEWs be regarded as weapons of mass destruction? If so, could they ever be deployed without violating the 1967 Outer Space Treaty, which bans orbiting nuclear weapons and weapons of mass destruction? Also, it may be argued that the treaty has already been violated. Hs Article IX effectively prohibits a party to the treaty from causing harmful effects to another party's peaceful activities in outer space. The United States and the Soviet Union have conducted a number of ASAT tests that have caused debris in outer space. There have been a number of casualties in outer space. Could one be sure that the debris from the ASAT tests has not been the cause of such accidents? As the number of nations using outer space increases, the possibility of accidents also 262 263

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Koeh 268 hält alle futuristischen Waffen wie Laser- und Energiestrahlenwaffen unter Artikel IV Absatz 1 Satz 1 WRV für verboten, da sie "sämtlich als Massenvernichtungswaffen untersagt wären, weil ihre Wirkung nicht auf militärische Ziele beschränkbar oder überhaupt nicht kalkulierbar ist."

Im Ergebnis erkennt ebenso wie Gorove 269 auch Beer270 an, dass der "Kern des Problems einer Einordnung von Röntgenlasern und möglicher Nachfolgesysteme als Kernwaffen . . . in jedem Stadium der waffentechnischen Entwicklung neu zu überprüfen [ist] . . . mögliche Änderungen am Gesamtkonzept der Röntgenlaser könnten auch zu einer abweichenden Beurteilung ihrer ,Kernwaffen' -Qualität führen."

Dasselbe Ergebnis gilt nach Bee?71 auch für die übrigen Laserwaffen wie chemische Langwellenlaser, deren waffentechnisches Merkmal auf der Perforierungskraft gebündelter Strahlung beruht. Auch Solarenergie-betriebene Satelliten (Solar Powered Satellites, SPS) können zu neuartigen zerstörerischen Zwecken wie z. B. als elektromagnetische oder Laserwaffen eingesetzt werden. Folgende militärische Einsatzmöglichkeiten, die nach KOpp272 zu der Qualifizierung als "Weapons 0/ Eleetrieal Mass Destruetion" führen, werden diskutiert: - als sog. elektromagnetische Waffen. Deren "high power mierowaves (HPM)" können zur Störung von elektronischen Systemen, insbesondere von Computern eingesetzt werden mit der Folge "to produee substantial paralysis in any target system, thus providing a deeisive advantage in the eonduet 0/ Eleetronie Combat, Offensive Counter Air and Strategie Air Attaek". Wegen der Abhängigkeit der modemen Gesellschaften von Computersystemen einerseits und deren Fragilität andererseits kann der Einsatz elektromagnetischer Waffen nach Kopp273 katastrophale Ausmaße annehmen; - weitere zerstörerische Nutzungsmöglichkeiten: 274 "offensive uses 0/ SPS: orbital solar mirrors eould be used to intimidate the enemy and to illumiincreases. This makes urgent the need to establish an international or multinational verification system if for no other reason than to observe the compliance with Article IX of the Outer Space Treaty. Lack of such a mechanism could be a source of tension in international relations and even a possible cause of conflict between nations." 268 Koch, Fn. 5 S. 143. 269 Gorave, Fn. 5, ZLW 33 (1984) S. 195. 270 Beer, Fn. 5 S. 118. 271 Beer, Fn. 5 S. 118. 272 Kopp, The Electromagnetic Bomb - A Weapon of Electrical Mass Destruction, USAF CADRE Air Chronicles, October 1996 . 273 Kopp, Fn. 272.

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Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

351

nate the battlefields during an attack; SPS would be able to transmit power to remote military operations anywhere needed on earth ".275 SPS können ebenso wie Nuklearsatelliten auch Laser als Energieübertragungsmedium nutzen. Diese hätten zerstörerische Fähigkeiten auf der Erde wie die Auslösung von Großbränden mittels sog. "orbiting solar mirrors"; denkbar ist auch die Verursachung von Überschwemmungen. 276 Solche Anwendungen wären mit dem Umweltkriegsübereinkommen nicht vereinbar. Eine weitere Streitfrage in der Auslegung von Artikel IV WRV besteht darin, ob vom Wortlaut der Dislozierungsklausel des Artikel IV Absatz 1 1. Alt. und 3. Alt. WRV "in eine Erdumlaufbahn zu bringen" die Absolvierung eines vollen Orbits gefordert wird. Dieser Auslegungsstreit ist für das im Zusammenhang mit SDI und NMD erwogene sog. "pop-up"-Verfahren, bei dem Röntgenlaserwaffen unmittelbar nach der Entdeckung eines gegnerischen Raketenstarts in den Weltraum geschossen würden, um die angreifenden Gefechtsköpfe zu zerstören, von Bedeutung. 277 Röntgenlaser im "pop-up"-Verfahren fallen nach Bee?78 auch nicht unter die dritte Alternative des Artikel IV "im Weltraum zu stationieren", weil "ein längeres Verweilen des bewaffneten Gegenstandes im Weltraum" zu verlangen sei und zwar auch funktional im Sinne ausreichender Geschwindigkeit, "um ohne weiteren Schub und zusätzliche Steuermanöver in eine Umlaufbahn mit zumindest einer Erdumrundung zu gelangen". Die Verwendung von Nuklearenergie zum Betrieb von Weltraumobjekten ist nach den gegenwärtigen Vertragsbestimmungen nicht untersagt. Nach den vom VN-Weltraumausschuss ausgearbeiteten "Principles Relevant to the Use oi Nuclear Power Sources in Outer Space,,279 sind jedoch Einschränkungen vorgesehen. Gemäß Prinzip 3 ist es Ziel "to minimise the 274 Foldes, The Solar Power Satellite - An Overview, in Earth-Oriented Space Activities and Their Legal Implications, Proceedings of the Symposium held on October 15-16 at the Center for Air and Space Law, Mc Gill University (1981) S. 123. 275 Bertelt, Background of the HAARP Project, . 276 Gorove, International Legal Implications of Solar Energy, Proc. 18 th Colloq. Space Law (1976) S. 15. 277 Eine vollen Orbit verlangen Beer, Fn. 5 S. 120; Schweitzer, Fn. 6 in BodenschatzlBöckstiegel/Weides (Hrsg.) S. 361; Gorove, Arms Control Provisions in the Outer Space Treaty: A scrutinizing reappraisal, Georgia Journal ICL 3 (1973) S. 116; Bridge, Fn. 70 S. 65; Harndt, Fn. 5 S. 77; Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 276; Stadler, Fn. 5 S. 103; Goedhuis, An Evaluation of the leading Principles of the Treaty on Outer Space of 27 th January 1967, NTIR 15 (1968) S. 36; Marcoff, Fn. 13 JSL 1976 S. 4; a. A. nur Teilorbit genügt: Poulantzas, Fn. 38 ZLW S. 121; Koch, S. 73 f.; Orr, Fn. 38 S. 274; Bueckling, Fn. 5 (1980) S. 36; Brennan, Arms Control in Outer Space, in Bloomfield (Hrsg.), Outer Space (1968) S. 153. 278 Beer, Fn. 5 S. 122.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

quantity 0/ radioactive material in space and the risks involved", weshalb "the use 0/ nuclear power sources in outer space shall be restricted to those space missions which cannot be operated by non-nuclear energy sources in a reasonable way. " Mit dieser unmittelbar aus der Gemeinwohlverpflichtung folgenden Zielsetzung wäre die Verwendung nuklearbetriebener Weltraumobjekte für zerstörerische Zwecke unvereinbar. Hinsichtlich des Verbots nuklearer Explosionen nach dem Moskauer Test-Stopp-Abkommen von 1963 wird mit Blick auf die mögliche Nutzung nuklearer Energiequellen für zivile Zwecke die Notwendigkeit von Ausnahmen diskutiert, etwa um ihren Einsatz für die Ausbeutung der Ressourcen auf Himmelskörpern oder zur Änderung der Umlaufbahnen von Asteroiden zuzulassen?80 Auch insoweit wären unübersehbare Missbrauchsmöglichkeiten die Folge, weshalb solche Ausnahmeregelungen nur im Rahmen eines umfassenden Abkommens über die Sicherheit im Weltraum möglich sind. Die neuerdings vom US-Verteidigungsministerium281 erwogene Verwendung von nuklearen Gefechtsköpfen auf den "Kill Vehicles" von BMD-Systernen würde im Vergleich zu nukleargespeisten Röntgenlasern sowohl bei einer dauernden Weltraumstationierung als auch in einer "pop-up"-Version in noch stärkerem Maß zahlreiche Zweifelsfragen hinsichtlich ihrer Zulässigkeit nach Artikel IV WRV aufwerfen, wobei auf Grund der unkontrollierten Atomexplosion die vorgebrachten Argumente für die Zulässigkeit von nukleargespeisten Röntgenlasern, die mit einer kontrollierten Nuklearexplosion betrieben werden, nicht mehr greifen würden. Sie würden außerdem im Falle ihres Einsatzes eindeutig gegen das Verbot von "Nuklearexplosionen im Weltraum" nach Artikel I des Teilweisen Atomtest-StoppVertrag von 1963 verstoßen, wobei allerdings wiederum die von Butler282 aufgestellte These des Außerkrafttretens von Rüstungskontrollverträgen im Kriegsfall zu berücksichtigen wäre. Als Ergebnis dieses Überblicks über die Auslegung der ausdrücklichen weltraumrechtlichen Verbotsnormen ist festzuhalten, dass die Fülle der Streitfragen und die herangezogenen physikalischen Differenzierungen, die ausschlaggebend für die Bestimmung der Zu lässigkeit solcher Waffen im Gemeinschaftsraum sein sollen, eine große Unklarheit hinsichtlich der Einordnung geplanter futuristischer Waffen deutlich machen. Vielfach wird an279 Resolution der VN-Generalversammlung 47/68 v. 14. 12. 1992 "Principles Relevant to the Use 0/ Nuclear Power Sources in Outer Space"; abgedruckt in Doyle, Fn. 90 S. 245. 280 Brooks, Dangers from Asteroids and Comets: Relevance of International Law and the Space Treaties, Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 246; Benkö, Nuklearenergie im Weltraum, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 470. 281 s. O . B. H. 1. c) bb) (4) Fn. 192. 282 Butler, Fn. 44 S. 80 u. o. D. V. 3. a).

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Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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genommen, dass wegen ihrer zerstörerischen Auswirkungen exotische Waffensysteme wie Laser- und andere Teilchenwaffen unter die ausdrücklichen Verbotsnonnen des Artikels IV WRV betreffend Massenvernichtungswaffen fallen. Okolie 283 kommt zu dem Schluss, dass jedenfalls in ihrer strategischen Gesamtwirkung "ASAT, SDI and BMD systems together" die Wirkung von Massenvernichtungswaffen haben. Ob eine solche Gesamtschau ausreicht, um jedes einzelne System für sich auch als Massenvernichtungswaffe zu qualifizieren, begegnet Zweifeln. Jedenfalls zeigt sich aber auch insoweit die dringende Notwendigkeit für die Vereinbarung konkretisierender Bestimmungen in einem multilateralen Abkommen zur Gewährleistung der friedlichen Nutung des Weltraums, um die erforderliche Rechtsklarheit zu schaffen. 4. Kombinationsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums Die von Riedel beschriebenen Eigenschaften von Kombinationsstandards und die ihnen zukommende nonnative Bedeutung284 kommen bei der nachfolgenden Herleitung der Rechtsstandards der kooperativen Sicherheit, der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und der umweltbewahrenden Nutzung im Interesse gegenwärtiger und künftiger Generationen zum Tragen. So vereinigt die Nonnenlage hinsichtlich des Rechtsstandards der kooperativen Sicherheit im Weltraum völkervertrags- und -gewohnheitsrechtliehe Elemente wie das Kooperations-, Konsultations- und Rücksichtnahmegebot, Elemente aus zahlreichen Resolutionen der VN-Generalversammlung zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und konkrete Vorschläge aus der Staatenpraxis insbesondere zu vertrauensbildenden Maßnahmen und zu Verifikation und Monitoring im Weltraum mit Leitgedanken des von der VN-Generalversammlung begrüßten sicherheits- und rüstungskontrollpolitischen Konzepts der Gemeinsamen Sicherheit in einer strukturharmonischen Weise zu einem derartigen Kombinationsstandard. Auch die Rechtsstandards der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und der umweltbewahrenden Nutzung verbinden vertrags- und gewohnheitsrechtliche Elemente und Aufforderungen, Appelle und operative Elemente aus Resolutionen der VN-Generalversammlung mit deduktiven Konkretisierungen allgemeiner Grundsätze.

283 OkoZie, Fn. 90 S. 60: "These new weapon systems are capable of mass destruction in space and the near Earth orbit." 284 s. o. Kapitel D. V. 2. 23 Wolter

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

a) Der Rechtsstandard Gemeinsamer/kooperativer Sicherheit im Weltraum (Artikel I in Verbindung mit Artikel IV und IX WRV)

aa) Grundlagen Der Rechtsstandard der kooperativen oder Gemeinsamen Sicherheit im Weltraum kann in erster Linie auf die Menschheitsklausel in Artikel I Absatz 1 WRV, das Kooperationsgebot in Artikel I Absatz 3 und Artikel IX WRV sowie insbesondere Artikel III WRV in Verbindung mit Artikel 1 Ziffer 1 SVN gestützt werden, welche von einem positiven Friedensbegriff285 und einer auf kooperativer Grundlage aufbauenden Sicherheit ausgehen. Dem Begriff der "internationalen Sicherheit" in der VN-Charta, auf den Artikel III WRV verweist, kommt laut Verosta 286 eigenständige Bedeutung neben dem des "Weltfriedens" zu, weshalb die Bestimmung mehr bedeutet als lediglich die Bekräftigung des Gewaltverbots. Der Begriff umfasst objektive und subjektive Elemente, insbesondere ist auch die Förderung des "Gefühls der Sicherheit" der Staaten gemeint. 287 Mit dem positiven Friedensbegriff geht in Bezug auf die "internationale Sicherheit" als dem zweiten Element des Begriffspaares also ein erweiterter Sicherheitsbegriff einher, der Sicherheit nicht nur militärisch zur Abwendung eines Krieges, sondern auch im Sinne eines positiven Friedens als wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie Bewahrung der Umwelt umfassende Sicherheit versteht. 288 Denn ein positiver Friede im Sinne von Gerechtigkeit, Entwicklung, Schutz der Umwelt und Respekt der Menschenrechte lässt sich nur durch eine neben dem rein Militärischen auch Wirtschaft, Umwelt und Entwicklung umfassende, auf Kooperation beruhende Sicherheit herstellen. Woljrum 289 weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die VN-Generalversammlung in Ausfüllung eines der Hauptziele der Vereinten Nationen nach Artikel 1 Ziffer 1 SVN in Bezug auf die Wahrung des "Weltfriedens und der internationalen Sicherheit" die Bedeutung kooperativer Sicherheitskonzepte betont hat. Die von Woljrum 290 zitierte Resolution s. o. Kapitel C. III. 1. und D. IV. 3. Verosta, Fn. 154 in Festschrift Verdross S. 536. 287 Verosta, Fn. 154 in Festschrift Verdross S. 536; Wolfrum, Fn. 157 in Simma (Hrsg.) S. 8. 288 s. Kapitel C. III. 1. 289 Wolfrum, Fn. 157 in Simma (Hrsg.) S. 8. 290 s. die gegenüber der deutschen Ausgabe ausführlichere Darstellung bei Wolfrum, Kommentierung zu Artikel 1 Rz. 6 in Simma (Hrsg.), The Charter of the United Nations. A Commentary (1985): "GA Res. 39/99 called for a comprehensive study of concepts of security, in particular security policies which emphasize cooperative efforts and mutual understanding between States, with a view to preventing the arrns race. The term ,international security' consists of a subjective and an objective element . .. The GA has stated that national and international security 285

286

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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betrifft denn auch den Bericht der unabhängigen Palme-Kommission zur "Gemeinsamen Sicherheit." Dies verdeutlicht, dass ArtikellII WRV in Verbindung mit Artikel 1 Ziffer 1 SVN auch eine unmittelbare weltraumvertragliche Stütze für die dem CHOM-Status des Weltraums entsprechende Verpflichtung auf die Verfolgung kooperativer Sicherheit im Weltraum darstellt. Inhaltlich kann der Rechtsstandard außerdem auf die positiven Aussagen der VN-Generalversammlung zu kooperativer Sicherheit sowie auf Grundelemente der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen 1986 verabschiedeten Konzeption eines "Comprehensive System of International Peace and Security ,,291 zurückgreifen, die wesentliche Prinzipien des Konzepts der "Gemeinsamen Sicherheit" enthält. Die grundlegenden sicherheitsrelevanten Bestimmungen des Weltraumvertrages, insbesondere das Rücksichtnahme- und Kooperationsgebot,z92 die Menschheitsklausel, der Grundsatz der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung aller Staaten unabhängig von ihrem Entwicklungsstand und der umweltschonenden Nutzung und Bewahrung des Weltraums, entsprechen einer solchen umfassenden Sicherheitskonzeption der Vereinten Nationen. Diese Kongruenz ist wiederum Ausfluss dessen, dass der Weltraumvertrag auch in Bezug auf die grundlegenden Prinzipien einer erweiterten Sicherheitskonzeption den Strukturwandel des Völkerrechts widerspiegelt. Der Rechtsstandard der kooperativen Sicherheit greift wesentlich auf diese positiv-rechtlichen Weltraumrechtsprinzipien einer erweiterten Sicherheitskonzeption zurück. 293 Der Standard der Kooperation in Sicherheitsfragen in Bezug auf die Nutzung des Weltraums wird von der internationalen Gemeinschaft seit langem betont. 294 Die Notwendigkeit eines kooperativen Vorgehens war seit Anbeginn das Leitmotiv der europäischen Forderungen in Bezug auf SDI. 295 Der have become increasingly inter-related, which accordingly makes it necessary for states to approach international security in a comprehensive and co-operative manner. Since the unilateral and unrestrained pursuit of national security interests may disturb the balance of power, thus detrimentally affecting international security, it is crucial that nations reconcile possible contradictions between national security interests and the overall interest of international security." [Hervorhebung von mir] 291 VN GV-Res. 41/92 vom 4.12. 1986; VN GV-Res. 42/93 v. 7. 12. 1987. 292 Zum Kooperationsgebot als notwendige Voraussetzung und Folge einer die Globalisierung berücksichtigenden erweiterten Sicherheit s. Vachon, Sovereignty Versus Globalization: The International Court of Justice's Advisory Opinion on the Threat or Use of Nuclear Weapons, Denver Journal of International Law and Policy 26 (1998) S. 696. 293 Kolosov, Role and Place of International Space Law in the Establishment of a Comprehensive System of International Security, Proc. 31 st Colloq. Space Law (1989) S. 45 meint weitergehend, dass die sicherheitsrelevanten Prinzipien des Weltraumrechts außerdem den Nukleus darstellen, aus dem das" Comprehensive System of International Peace and Security" den Rang von ius cogens erhalten werde. 23*

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Standard wird auch von den bei den großen Nukleannächten in zweifacher Hinsicht praktiziert: durch konkrete sicherheitsrelevante Zusammenarbeit in Bezug auf den Weltraum und als Maßstab eines möglichen Strategiewechsels durch die Einbeziehung weltraumgestützter Defensivsysteme in ein neues strategisches Verhältnis. 296 Der Rechtsstandard der kooperativen Sicherheit im Weltraum schließt insbesondere ein einseitiges Vorgehen bei einer den Weltraum umfassenden NMD-Entscheidung aus, wie im Einzelnen bei der Anwendung der Rechtsstandards auf den geplanten Übergang zu aktiver militärischer Nutzung des Weltraums ausgeführt werden wird. 297 Die Schaffung kooperativer Sicherheitsregeln für den Weltraum als Entsprechung der Strukturanforderungen des CHOM-Grundsatzes ist zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung unabdingbar. bb) Die Gebote von Kooperation und Rücksichtnahme und die Einhaltung von Konsultationspflichten Die auf Artikel IX WRV beruhenden Gebote von Kooperation und Rücksichtnahme und die Einhaltung von Konsultationspflichten bilden neben der Menschheitsklausel des Artikel I und dem aktiven Friedensgebot des Artikel III WRV eine weitere unmittelbar weltraumvertragliche Grundlage des Rechtsstandards der kooperativen Sicherheit im Weltraum. 298 Artikel IX WRV lautet: "Bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper lassen sich die Vertrags parteien von dem Grundsatz der Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe leiten und üben ihre gesamte Tätigkeit im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper mit gebührender Rücksichtnahme auf die entsprechenden Interessen aller anderen Vertragsparteien aus. Hat ein Vertragsstaat Grund zu der Annahme, daß ein von ihm oder seinen Staatsangehörigen geplantes Unternehmen oder Experiment im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper eine möglicherweise schädliche Beeinträchtigung von Tätigkeiten anderer Vertragsparteien bei der friedlichen Erfor294

s. die einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung; Kapitel D. 1.

1. a) Fn. 21-23 und Kapitel B. III. 2. c) bb) Fn. 376 u. III. 3. Fn. 486 u. Fn. 497 f. 295 s. o. Kapitel B. H. 2. h). 296 s. o. Kapitel C. III. 3.

s. u. Kapitel D. V. 5. Zum Zusammenhang zwischen Kooperationsgebot und Sicherheit im weiteren Sinn s. Vachon, Fn. 292 S. 696: "New security concerns emanate from global threats to human security such as devastation of the environment, by acting alone, individual nation-states can no longer expect to overcome current national and international problems. This process ... requires greater cooperation among nationstates." 297

298

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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schung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper verursachen könnte, so leitet er geeignete internationale Konsultationen ein, bevor er das Unternehmen oder Experiment in Angriff nimmt. Hat ein Vertrags staat Grund zu der Annahme, daß ein von einem anderen Vertragsstaat geplantes Unternehmen oder Experiment im Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper eine möglicherweise schädliche Beeinträchtigung von Tätigkeiten bei der friedlichen Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper verursachen könnte, so kann er Konsultationen über das Unternehmen oder das Experiment verlangen. " Vereinzelt299 wird angenommen, die Bestimmung des Artikel IX WRV insgesamt oder die in Satz 3 vorgesehene Konsultationspflicht betreffe nur zivile Weltraumaktivitäten oder sogar nur den Umweltbereich. Das Gebot der Rücksichtnahme und Zusammenarbeit in Artikel IX Satz 1 WRV bezieht sich aber ausdrücklich auf die "gesamte Tätigkeit" eines Vertragsstaates im Weltraum. Es besteht also kein Anhaltspunkt, ausgerechnet den für alle Staaten empfindlichen Sicherheitsbereich bei der Nutzung des internationalen Gemeinschaftsraumes aus dem Rücksichtnahmegebot auszunehmen. Auch bei der Bestimmung der "entsprechenden Interessen aller anderen Vertragsparteien", auf die Rücksicht zu nehmen ist, enthält der Vertrag keinerlei Begrenzung auf bestimmte Interessen. Somit sind auch terrestrische Interessen in das Rücksichtnahmegebot einbezogen.3OO In Artikel IX Satz 3 schreibt der Vertrag zur Umsetzung des in Artikel IX Satz 1 für die "gesamte Tätigkeit im Weltraum und auf den Himmelskörpern" festgelegten allgemeinen Rücksichtnahmegebots ein internationales Konsultationsverfahren vor, das von seinem Wortlaut ebenfalls alle Weltraumaktivitäten unter Einschluss von Experimenten umfasst. Deshalb widerspricht auch insoweit eine Beschränkung dieser Konsultationspflicht auf Umweltbelange oder ein Ausschluss militärischer Aktivitäten aus der Konsuitationspflicht 301 sowohl dem Wortlaut der Bestimmung als auch der für alle Weltraumaktivitäten geltenden Gemeinwohlorientierung. 302 Vielmehr ist mit Bittlinger303 anzunehmen, dass das Konsultationsverfahren das 299 So wohl Pritzsche, Natürliche Ressourcen im Weltraum - das Recht ihrer wirtschatlichen Nutzung (1989) S. 111; Herczeg, Introductory Remarks. Provisions of the Space Treaties on Consultations, Proc. Colloq. 16th Space Law (1974) S. 144. 300 Bittlinger, Fn. 231 (Hoheitsgewalt) S. 149; ders., Das Gebot der Rücksichtnahme, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch des Weltraumrechts (1991) S. 119. 301 So aber wohl Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 339. 302 Nakamura, Consultation Regime in Space Law, Proc. 35 th Colloq. Space Law (1993) S. 414, der das weltraumvertragliche Konsultationsverfahren als das typische Verfahren "for avoiding disputes based on ,Community interests'" ansieht. 303 Bittlinger, Fn. 300 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 127; s. auch Gorove, International Legal Implications of Solar Energy, Proc. 18th Colloq. Space Law (1976) S. 15;

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Ziel einer "umfassenden und gerechten Interessenabwägung zur Erfüllung des Rücksichtnahmegebots" verfolgt, also dessen verfahrensmäßiges Pendant darstellt. Aus dem Begriff der "gebührenden Rücksichtnahme" ist jedoch eine gewisse Relevanzschwelle sowie die Notwendigkeit einer Betroffenheit in konkreten Eigeninteressen anzunehmen. Die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen anderer Staaten kann u. U. dazu führen, dass ein Weltraumvorhaben wegen Verstoß gegen das Gebot gebührender Rücksichtnahme als unzulässig angesehen werden muss. 304 Jedenfalls ist eine sorgfältige Abwägung der betroffenen Eigen- und Fremdinteressen erforderlich?05 Im Unterschied zum Rücksichtnahmegebot, dass ausdrücklich die Interessen "aller anderen Vertragsparteien" schützt, besteht die Konsultationspflicht nur gegenüber Vertragsstaaten, welche tatsächlich weltraumbezogene Tätigkeiten durchführen und in diesen beeinträchtigt werden. 306 Rein erdbezogene Interessen genügen hier nicht. Wohl aber sind auch von der Erde aus betriebene Forschungs- und Nutzungsaktivitäten umfasst, wenn sie sich auf den Weltraum richten, wie beispielsweise Teleskop-Forschungen oder der Empfang von Funksignalen aus dem Weltraum. Dagegen gewährt Artikel 15 Absatz 2 MV in genereller Weise jedem Vertragsstaat ein Konsultationsrecht, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass ein anderer Vertragsstaat eine Verpflichtung aus dem Abkommen nicht erfüllt. Bei der Durchführung der Konsultationen darf deren Aufnahme nicht eine bloße Formsache sein. Vielmehr müssen die betroffenen Staaten die Verhandlungs- und Kompromissmöglichkeiten ernsthaft ausschöpfen. 307 Die erhöhte Schwelle des Weltraumvertrages, dass ein Vertragsstaat die Beeinträchtigung in konkret von ihm betriebenen Weltraumaktivitäten besorgen muss, damit das Konsultationsrecht eintritt, mag erklären, warum es bislang noch nicht zu einem derartigen Konsultationsverfahren gekommen ist. In dem Maße, in dem die Nutzung des Weltraums generell und militärische Nutzungen im Besonderen zunehmen, ist jedoch mit einer verstärkten Anwendung dieser Vorschrift zu rechnen. Schwieriger als die Frage der Anwendbarkeit des Rücksichtnahmegebotes auch auf militärische Weltraumaktivitäten wird im Einzelfall die Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen sein, wenn es um die Frage geht, inwieweit nicht nur die tatsächliche Anwendung militärischer Gewalt im Weltraum, die ohnehin nur im Ausnahmefall des Selbstverteidigungsrechts gegen einen seinerseits bewaffneten Angriff zulässig ist, sondern bereits die vorbereitenden RüstungsmaßKolosov, Fn. 293 S. 45; Herczeg, Fn. 299 S. 144; Bueckling, Bemerkungen zur Deutung der Kommunklauseln des Weltraumvertrages, ZLW 25 (1976) S. 100. 304 Pritzsche, Fn. 299 S. 113. 305 Bittlinger, Fn. 300 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 123. 306 Pritzsche, Fn. 299 S. 113. 307 Bittlinger, Fn. 300 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 129.

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nahmen die gebührende Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Vertragsparteien erfordern. Dies soll im Einzelnen im nächsten Kapitel bei der Prüfung aktiver militärischer Nutzungen von zerstörerischer Qualität untersucht werden. Die bestehenden Bestimmungen bieten zwar einen Ansatz für Konsultationsverfahren auch bezüglich von Rüstungsmaßnahmen im Weltraum. Sie sind aber auf Grund ihrer Allgemeinheit nur bedingt geeignet, die im Sicherheitsbereich notwendigen, Konsultationen vorgeschalteten Monitoringund Verifikations anforderungen zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund sah beispielsweise der Vertragsentwurf der UdSSR über die Gewährleistung des Gewaltverbots im Weltraum von 1983 308 in Konkretisierung der allgemeinen weltraumvertraglichen Konsultationspflicht spezielle Vorschriften zu Kooperation und Konsultation sowie deren institutioneller Absicherung durch die Einrichtung eines Standing Consultative Committee nach dem Vorbild der bilateralen SALT/ABM-Verträge vor. ce) Die Pflicht zur Einbindung von Rüstungsschritten in Bezug auf den Weltraum in multilaterale kooperative Sicherheitsarrangements Aus dem Rechtsstandard kooperativer Sicherheit ergibt sich auch die Pflicht, den Gemeinschaftsraum betreffende Rüstungsschriue nur im Rahmen kooperativer Sicherheitsarrangements durchzuführen. Dies kommt in dem seit zwanzig Jahren jährlich von der Generalversammlung für die internationale Gemeinschaft bekräftigten Anspruch zum Ausdruck, einseitige Maßnahmen im Weltraum, die zu einem Wettrüsten beitragen könnten, zu unterlassen ("to strictly comply with bi- and multilateral agreements ... and to refrain from any action contrary to that [aim of preventing an arms race in outer space})".309 Daraus ergeben sich auch Schlussfolgerungen für das Verhältnis bi- und multilateraler Rüstungskontrollverträge betreffend den Weltraum?lO Auch bilaterale Rüstungskontroll-, Abrüstungs-, oder Entmilitarisierungsverhandlungen stehen unter dem universellen Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums und dem Rechtsstandard kooperativer Sicherheit im Weltraum. Okolie 311 hebt zu Recht die Auswirkungen der bilateralen Rüstungskontrollverhandlungen zu dem gesamten Themenkomplex von ICBM's, ASAT, SDI und BMD-Systemen auf die nationale Sicherheit aller Staaten hervor und stellt fest: " ... [t]here exist legal obligations to all s. Kapitel B. I. 1. Fn. 127 u. 128 sowie Kapitel E. I. 1. a) Fn. 13. So die einschlägigen Resolutionen der VN-Generalversammlung zum TOP PAROS, s. o. D. I. 1. Fn. 20-23. 310 s. dazu unten Kapitel D. VI. 311 OkoZie, Fn. 90 S. 60: " ... arms control and the need for peaceful uses of outer space must be considered by lawyers to be a unitary matter." 308 309

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

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states not to use outer space for military purposes ". Daraus leitet er den konkreten Vorschlag ab, ,,(toJlink ASAT, SDI and BMD systems in a single Treaty", der "all exotic space weapons" umfassen soll. b) Der Rechtsstandard der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum (Artikel I in Verbindung mit Artikel III WRV)

aa) Grundlagen Auf Grund der häufigen, beständig wiederkehrenden und eindringlichen Aufforderung der internationalen Gemeinschaft an alle Staaten, insbesondere an die Weltraummächte, ein Wettrüsten im Weltraum zu verhindern, vor allem in den jährlichen Resolutionen der VN-Generalversammlung seit 1981, in der Genfer CD und in COPUOS sowie in zahlreichen einseitigen oder mehrseitigen Erklärungen einer großen Zahl von Staaten stellt sich die Frage, ob die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum als ein eigenständiger Rechtsstandard der friedlichen Nutzung anzusehen ist. Denkbar wäre auch, ihn als einen Unterpunkt im Rahmen der Förderungspflicht von Frieden und internationaler Sicherheit nach Artikel III WRV zu behandeln. Sowohl die substanzielle Bedeutung als auch die unterschiedliche Zielrichtung der primär auf ein Unterlassen zielenden Aufforderung zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum im Gegensatz zu der positiven, grundsätzlich aktives Tun erfordernden Förderungspflicht von Frieden und internationaler Sicherheit sprechen für eine Einstufung als eigenständiger Rechtsstandard. Dies ändert nichts an der Bedeutung, die hinsichtlich seines Verbindlichkeitsgrades dem Umstand zukommt, dass in Artikel III WRV neben der Menschheitsklausel ein weiterer unmittelbarer weltraumvertraglicher Anknüpfungspunkt gegeben ist, der ergänzt durch die Empfehlungen, Entschließungen und Deklarationen insbesondere der VN-Generalversammlung zu seinem verbindlichen Charakter beiträgt. Hinsichtlich seines auch programmatischen und appellativen Inhalts und seines zunächst abstrakten Gehalts trägt der Rechtsstandard aber auch Züge der von RiedeP l2 untersuchten !LO-Standards, denen überwiegend reiner Empfehlungscharakter zukommt. Dank seiner vertraglichen Grundlage in Artikel I Absatz 1 und Artikel III WRV geht der Rechtsstandard aber über eine bloße "Maßstabsfunktion,,313 hinaus. Ihm kommt auch Rechtsverbindlichkeit in Bezug auf die konkrete Beurteilung der Zulässigkeit einer bestimmRiedei, Fn. 187 S. 296. m Riedei, Fn. 187 S. 296: "Aber auch, wenn die ILO-Standards durch die Verwendung abstrakter, unpräziser Abkommensklauseln oder durch schlichte Empfehlungen, Deklarationen oder gar nur durch Entschließungen einen sehr geringen Verbindlichkeitsgrad aufweisen, bleibt ihre Maßstabsfunktion erhalten." 312

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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ten Weltraumnutzung zu. Thomas Adams314 beschrieb den schon mit der Verabschiedung des Weltraumvertrages erzielten Konsens der beiden Großmächte über den Kern eines solchen Rechtsstandards mit treffender Klarheit: "At least the two greatest military powers have been able to reach agreement that outer space and the celestial bodies are strict1y off limits for the arms race."

Die eigentliche Schwierigkeit liegt jedoch in der präzisen Bestimmung seines Inhalts. bb) Inhalt

Dieser Rechtsstandard der friedlichen Nutzung bedeutet zunächst, dass die sicherheits- und rüstungskontrollpolitischen Folgen einer jeden Nutzung des Weltraums von militärischem Charakter zwingend bei der Beurteilung ihrer Zulässigkeit berücksichtigt werden müssen. Diese müssen zur Unterstützung weltweiter Sicherheits-, Rüstungskontroll- und Friedenssicherungssysteme beitragen oder dürfen solchen zumindest nicht entgegenwirken. Insoweit deckt sich der in der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum konkretisierte Allgemeinwohlbegriff im Sicherheitsbereich teilweise mit dem Standard des Artikel III der "Förderung von Frieden und internationaler Sicherheit", macht aber darüber hinausgehend deutlich, dass auch die von der VN-Generalversammlung mehrfach als Menschheitsbelange genannten und vom IGH 315 in seinem Rechtsgutachten zur Rechtmäßigkeit der Nuklearwaffen bekräftigten Anliegen der multilateralen Rüstungskontrolle und Abrüstung mit einzubeziehen sind. Ausgangspunkt der inhaltlichen Konkretisierung ist, dass für die ganz überwiegende Mehrheit der Staatengemeinschaft316 die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum den Abschluss eines Abkommens über das Verbot aktiver militärischer Nutzungen von zerstörerischer Art im Weltraum erforderlich macht. 317 Die Probleme einer einvernehmlichen inhaltlichen Konkretisierung des Rechtsstandards könnten der Begründung einer Rechtspflicht zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum entgegenstehen. Die präzise Bestimmung seines Inhalts wird insbesondere dadurch erschwert, dass das Wettrüsten ein interaktiver Prozess von mindestens zwei Staaten ist, so dass sich schwierige Probleme der Identifizierung des ein Wettrüsten auslösenden 314

Adams, Fn. 97 S. 149.

ICJ Reports 1996 S. 42 Para. 100. s. o. Kapitel B. UI. 3. und u. Kapitel E. H. 1. a). 317 Die USA halten dagegen die bestehenden weltraumvertraglichen Regelungen für ausreichend; s. USA, CD/PV 542 v. 13. 3. 1990 S. 4; CD/PV 553 v. 19. 4. 1990 S. 3; s. auch o. Kapitel B. III. Fn. 500. 315

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Verhaltens ergeben können. Bei der Rechtspflicht geht es aber nicht erst um die Regelung der Interaktion. Sie setzt vielmehr früher an, indem sie diejenigen einseitigen Schritte untersagt, die objektiv und nach Einschätzung der intemationalen Gemeinschaft geeignet sind, zu einem solchen Wettrüsten im Weltraum beizutragen. Insofern kann auch auf die anderen Rechtsstandards und die Kriterien der friedlichen Nutzung zurückgegriffen werden, um den substanziellen Gehalt der Verpflichtung zur Verhinderung eines Wettrüstens auszumachen. Zum Beispiel wird man den Übergang von einer passiven militärischen zu einer aktiven/zerstörerischen Weltraumnutzung als ein das Wettrüsten auslösendes Verhalten ansehen müssen, wie im Einzelnen noch darzulegen sein wird. Ein weiterer möglicher Einwand ist, dass sich letztlich eine solche Verpflichtung in keiner Weise von der Herleitung unmittelbarer Verbotsnormen aus dem Weltraum vertrag unterscheide, die jedoch weder nach der Entstehungsgeschichte des Weltraum vertrages noch nach einer systematischen Interpretation von Artikel I Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 und Artikel IV WRV zulässig sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es sehr wohl sowohl vom Inhalt als auch von der Rechtsnatur her Unterschiede zur Herleitung einer unmittelbaren Verbotsnorm hinsichtlich der Stationierung von Weltraumwaffen gibt. So schließt die Pflicht zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum nicht aus, dass es im Rahmen einer kooperativen Sicherheitsordnung des Weltraums unter der Ägide der Vereinten Nationen oder einer neu zu schaffenden Weltraumorganisation zu einer begrenzten Stationierung von Raketenabwehrwaffen kommt, wenn dies zum Schutz gegen einen potenziellen, sich beharrlich einer Beteiligung an kooperativen Sicherheitsarrangements der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen verweigernden Rechtsbrecher unabdingbar ist. Würde aus der auch als Völkergewohnheitsrecht geltenden Menschheitsklausel dagegen unmittelbar eine Verbotsnorm hergeleitet, so hätte auch ein potenzieller Rechtsbrecher die Möglichkeit, auf der Einhaltung zu bestehen, jedenfalls so lange, bis keine neue gewohnheitsrechtliche Modifizierung der Verbotnorm erfolgt ist. Dagegen ist bei der Pflicht zur Verhinderung eines Wettrüstens maßgebend, dass Rüstungsmaßnahmen, wenn auf sie nicht gänzlich verzichtet werden kann, unter internationaler Ägide gestellt werden, um so die Gewähr zu bieten, einen Rüstungswettlauf im Weltraum auszuschließen. Die Meinungsverschiedenheit bezüglich der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum betrifft also nicht eigentlich das Bestehen der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum, sondern die tatsächlichen Auswirkungen eines bestimmten Tuns im Weltraum auf die Erfüllung dieser Verpflichtung?18 Diese Frage wird aber von 318 Finch, Fn. 90 S. 310: "Despite the US and USSR strategie outer space rivalry, an international consensus exists that the arms race in outer space should

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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der sicherheits- und rüstungskontrollpolitischen Literatur319 ganz überwiegend dahingehend beantwortet, dass einseitige Schritte zu einer aktiven militärischen Nutzung im Weltraum ein Wettrüsten hervorrufen würden. Völkerrechtlich ist es dementsprechend verfahrensmäßiger Ausfluss des Rechtstandards - da es bei der Verhinderung eines Wettrüstens im Gemeinschaftsraum um die Erfüllung einer Allgemeinwohlverpflichtung geht -, dass die internationale Gemeinschaft bei der Bewertung entsprechender Schritte angemessen beteiligt und ihre Auffassung maßgebend berücksichtigt werden muss, zumal, wenn sie ihre Haltung in den Vereinten Nationen mit überwältigender Mehrheit der Mitglieder der internationalen Gemeinschaft immer wieder bekräftigt. cc) Rechtsnatur Zusätzlich zu der in Kapitel C. und D. III. 32o begründeten völkergewohnheitsrechtlichen Geltung des weltraumrechtlichen CHOM-Prinzips und des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums bedarf die Etablierung einer Rechtsverpflichtung der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum einer auf den konkreten Norrngehalt abstellenden Prüfung ihrer Rechtsnatur. Die jährliche Bekräftigung dieser Aufforderung in den Resolutionen der Generalversammlung seit 1981 an die Weltraummächte, ein Wettrüsten zu verhindern, könnte zu seiner völkergewohnheitsrechtlichen Geltung führen. Auch insoweit ist die Feststellung des IGH im Golf von Maine-Fall,321 dass Gewohnheitsrecht auch deduktiv aus Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden kann, Ausgangspunkt der Prüfung. Des Weiteren muss auch das im Festlandsockel-Fall 322 aufgestellte Kriterium des IGH, dass es sich um eine "norm-creating provision" handeln muss, geprüft werden. Wie bereits beim Grundsatz der friedlichen Nutzung festgestellt liegen die vom IGH genannten einschränkenden Faktoren in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung und damit auch in Bezug auf den daraus abgeleiteten Standard der Verhinderung eines Wettrüstens nicht vor?23 Weder ist die Möglichkeit eines Vorbehalts dazu im Weltraum vertrag vorgesehen noch die einer abweichenden vertraglichen Modifizierung. Auch die Forderung einer Staatenpraxis "including that of States whose interests are specifically affected both extensive and virtually uniform ,,324 kann in Bezug auf den Standard der stop. However, there is no consensus on what measures should be taken to prevent an increasing military role for outer space.". 319 s. o. Kapitel B. 11. 1. a) Fn. 104. 320 s. o. Kapitel C. I. 2. b) und Kapitel D. III. 321 ICI Reports 1984, S. 246, 299 para. 111. 322 ICI Reports 1969 Para. 71. 323 s. o. Kapitel D. III. 3. S. 238. 324 ICI Reports 1969 Para 71.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum als erfüllt gelten. So haben sich die beiden Großmächte seit Beginn der SDI-Debatte mehrfach auch in unilateralen oder bilateralen Erklärungen an dem Rechtstandard orientiert. Im Mai 1984 erklärte Außenminister Shultz,325 es sei die grundsätzliche Politik der USA "that the arms competition should not be extended to the space environment" und dass die USA ihre Bemühungen fortsetze, "to identify measures that would ban or limit specijic weapons systems, while meeting our verijication concerns. " Im Januar 1985 kamen die beiden Außenminister Shultz und Gromyko in Genf über die Aufnahme bilateraler Verhandlungen "aimed at preventing an arms race in space and terminating it on Earth" überein. 326 Außerdem muss für die völkergewohnheitsrechtliche Entstehung eine entsprechende opinio juris nachweisbar sein, dass eine Rechtspflicht zur Verhinderung eines Wettrüstens besteht. Insoweit ist neben der jährlichen Bekräftigung der entsprechenden Forderung durch die internationale Gemeinschaft in den Resolutionen der VN-Generalversammlung bedeutsam, dass auch die sich dazu meist der Stimme enthaltende USA 327 in ihrer "explanation 0/ vote" die Pflicht zur Verhinderung eines Wettrüstens implizit anerkennt, auch wenn sie die Auffassung vorbringt, dass für ein solches Wettrüsten keinerlei Anzeichen bestünden. Die USA sind also kein "persistent objector", denn sie erkennen eigentlich an, dass ein Wettrüsten im Weltraum unzulässig ist. Deshalb geben sie wiederholt in den VN und in der CD 328 Stellungnahmen ab, dass ihre Maßnahmen nicht zu einem solchen Wettrüsten führen. Die entsprechende opinio juris lässt sich um so mehr begründen, als die Forderung nach der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum sowohl der allgemeinen Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung 329 entspricht als auch eine unmittelbare Konkretisie325 Secretary of State George Shultz, Realism and Responsibility: The V.S. Approach to Anns Control, Bureau of Public Affairs, V.S. Department of State, Current Policy No. 557 v. 14. 5. 1984 S. 1. 326 NY Times, A7, 9. 1. 1985; s. Christol, Outer Space: Battle-Ground of the Future?, in CohenlGouin (Hrsg.), Lawyers and the Nuclear Debate (1988), abgedruckt in Christol, Space Law. Past, Present and Future (1991) S. 65. 327 US explanation ofvote zu Res. A/C.l/54/1.22 am 1. 11. 1999, s.o. Kapitel B. III. 3. Fn. 500. 328 Fn. 327; nur deshalb kann auch die VN-Generalversammlung ohne Gegenstimme " ... the importance and urgency of preventing an anns race in outer space and the rediness of all States to contribute to that common objective, in confonnity with the provisions of the [Outer Space] Treaty ... " feststellen [Hervorhebung von mir]; zuletzt GV-Resolution A/RES 56/23 vom 21. 12. 2001 (156 Ja-Stimmen o Gegenstimmen - 4 Enthaltungen). 329 VerdrosslSimma, Fn. 199 S. 297 Para 485 weisen darauf hin, dass z. B. die Deklaration über freundschaftliche Beziehungen die " ... Pflicht zur Aufnahme von ernstlichen Verhandlungen (negotiations in good faith) zur Erreichung einer allgemeinen Abrüstung unter effektiver internationaler Kontrolle" niedergelegt hat. Dies ist auch "ultimate objective of their efforts" in Punkt 6 der bilateralen Vereinbarung

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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rung der verstärkten Allgemeinwohlbindung des Weltraumvertrages im Sicherheitsbereich darstellt. 330 Nach Christop31 ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Verpflichtung zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum durch Aushandlung bi- und multilateraler Abrüstungsverträge erfüllt werden müsse, die zudem verifizierbar sein müssen, wozu er die Schaffung einer International Satellite Monitoring Agency unterstützt. Er leitet aus dem Gebot der friedlichen Nutzung zu Recht die Verpflichtung ab, dass "both the United States and the Soviet Union ... must demonstrate by their behavior that they have rejected prospects for making the space environment into a new battlefield. ,,332

Denkbar wären aber auch einseitige Selbstverpflichtungen, die dann entsprechend der IGH-Rechtsprechung im Barcelona Traction- 333 und den Französischen Nukleartest-Fällen 334 auf Grund der Bedeutung der in Frage stehenden Menschheitsinteressen oder der deutlich werdenden Bindungsintention erga omnes gelten würden. Als Fazit ist festzuhalten, dass die Verpflichtung aus Artikel I WRV zur Umsetzung der Allgemeinwohlklausel im Sicherheitsbereich335 durch eine völkergewohnheitsrechtliehe Pflicht zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum verstärkt wird, die angemessen durch die multilaterale Aushandlung eines Verbots von Weltraumwaffen erfüllt werden könnte. Die Weigerung, eine Rüstungsbeschränkung und Fragen einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums in Verträgen zu regeln, widerspräche nicht nur diesem Rechtsstandard, sondern entsprechend dem IGH-Rechtsgutachten zu Nuklearwajfen 336 auch der Abrüstungsverpflichtung des NVV. der USA und der UdSSR vom 29. 5. 1972 "Basic Princip1es of Relations between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics", abgedruckt in AJIL 66 (1972) S. 922. 330 Reijnen, Fn. 38 in Benkö/Graaff/Reijnen (Hrsg.) S. 178. 331 Christol, The Common Interest in the Exploration, Use and Exploitation of Outer Space for Peaceful Purposes: The Soviet-American Dilemma, Proc. 27 th Colloq. Space Law (1985), abgedruckt in Christol, Space Law. Past, Present and Future (1991) S. 19. 332 Christol, Fn. 331 in ders. Space Law S. 65. 333 ICl Reports 1970 S. 32. 334 ICl Reports 1974 S. 267, 472. 335 Marcoff, Fn. 13, lSL 4 (1976) S. 11 S. 19: "The principle of Article I (1) [WRV] is not a ,de lege ferenda' provision; it expresses a fixed treaty obligation addressed to all contracting parties and in particular to all space powers. That obligation is to take all necessary measures including implementing acts to ensure its parctical application. That obligation does ex ist de lege lata, since the Outer Space Treaty is a valid international law document."; s. auch Vereshchetin, Kosmos, Sotrudnischestwo, Pravo [Weltall, Zusammenarbeit, Recht] (1974) S. 21.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

c) Der Rechtsstandard der umweltwahrenden friedlichen Nutzung des Weltraums (Artikel I Absatz I, IX WRV und Artikel 4 und 7 MV)

Der Rechtsstandard der Umweltbewahrung im Rahmen militärischer Weltraumnutzungen leitet sich aus dem Umweltschutzstandard als einem Strukturelement des CHOM-Prinzips einerseits und der Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung in seinem präventiven Gehalt und in Erfüllung der Menschheitsklausel in Bezug auf Umweltschutzgesichtspunkte anderseits her. Der "intertemporäre" Aspekt der Menschheitsklausel, der in Artikel 4 MV ausdrücklich genannt ist,337 erfordert die Bewahrung des Weltraums für jetzige und künftige Generationen. Er schreibt in Absatz 7 vor, bei der Nutzung der Himmelskörper ,,[d]en Interessen gegenwärtiger und künftiger Generationen ... gebührend Rechnung zu tragen." Der Weltraumvertrag enthält in Artikel I WRV zusätzlich zu den konkreten Umweltverträglichkeitsbestimmungen des Artikel IX WRV und Artikel 7 MV "das Grundprinzip des Umweltschutzes: die bestehende Umwelt soll bewahrt bleiben, damit Veränderungen zum Nachteil der Staaten vermieden werden".338 Der Standard wird neben den konkreten Umweltschutzbestimmungen im Weltraumvertrag auch aus in anderen nicht weltraumspezifischen Verträgen enthaltenen, jedoch auch den Weltraum betreffenden Schutz bestimmungen gespeist, wie insbesondere dem Vertrag über ein teilweises Verbot von Nuklearversuchen und dem Umweltkriegsübereinkommen. 339 Diese beschränken jedoch nur bestimmte militärische Nutzungen wie Atomtests, so dass ein allgemeiner Rechtsstandard auch als erforderliche Auffangnorm zum Schutz vor umweltbelastenden Auswirkungen militärischer Nutzungen herhalten kann, solange kein umfassendes Abkommen zur Kodifizierung des Weltraumumweltrechts besteht. 34o

336 337

338 339 340

ICJ Reports 1996 S. 42 Para. 100. s. o. C. I. 2. a) dd). Frantzen, Fn. 176 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 610. s. o. Kapitel D . IV. 6. Fn. 177. s. o. Kapitel D. IV. Fn. 180.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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5. Die Unvereinbarkeit aktiver militärischer Weltraumnutzungen von zerstörerischer Qualität mit den Rechtsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums a) Die Bedeutung des Kriteriums aktiver militärischer Weltraumnutzungen von zerstärerischer Qualität für die Beurteilung der Zulässigkeit militärischer Nutzungen

Anknüpfend an die in Kapitel B. 11. 1. 341 entwickelte Unterscheidung zwischen passiven, nicht-zerstörerischen und aktiven, zerstörerischen militärischen Nutzungen des Weltraums wird diese Unterscheidung im Folgenden als Grundlage für die Prüfung der Vereinbarkeit geplanter neuer militärischer Nutzungsarten mit dem Rechtsgebot und den Einzelstandards der friedlichen Nutzung herangezogen. Soll das auf der Grundlage dieser Unterscheidung definierte Kriterium aktiver militärischer Nutzung von zerstörerischer Qualität342 als ein rechtliches Unterscheidungskennzeichen verstanden werden, dessen Vorliegen als ausreichende Bedingung für die Unvereinbarkeit der betreffenden Nutzung mit den Rechtsstandards der friedlichen Nutzung anzusehen ist, bedarf es zunächst einer Einzelprüfung des Kriteriums in Bezug auf die im vorhergehenden Kapitel entwickelten Rechtsstandards der friedlichen Nutzung. Ergibt sich daraus, dass aktive zerstörerische militärische Nutzungen mit den Rechtsstandards unvereinbar sind, so liegt damit zumindest eine Vermutung ihrer Unvereinbarkeit mit dem Rechtsgebot der friedlichen Nutzung vor. Es handelt sich jedoch um eine widerlegbare Vermutung insoweit, als im Einzelfall die Einhaltung der Rechtstandards durch kooperatives Verhalten und Einbindung in einen multilateralen Prozess der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum möglich ist. Ungeachtet dieser Ausnahmemöglichkeit trägt das Kriterium als ein objektivierbares Unterscheidungsmerkmal und als standardisierter Indikator für die Vereinbarkeit oder die Unvereinbarkeit aktiver militärischer Nutzungen mit dem Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums zu mehr Rechtsklarheit in der Anwendung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung bei. Im Unterschied zu den Definitionsvorschlägen in der CD, welche die Grundlage für ausdrückliche vertragliche Verbotsabkommen bilden sollen, geht es bei der Festlegung des Kriteriums der aktiven, zerstörerischen militärischen Nutzung um die Feststellung, ob die betreffende Nutzungsart de Kapitel B. 11. 1. a). s. o. Kapitel B. 11. 1. b). Die Definition lautet: Eine aktive militärische Nutzung des Weltraums von zerstärerischer Qualität ist "jede Verwendung eines Objekts im Weltraum, welches zu dem Zweck hergestellt wurde, bei einem anderen Objekt eine dauernde physische Beschädigung durch die Projektion von Masse oder Energie herbeizuführen, bzw. dieser Zweckbestimmung entsprechend ausgestattet wurde." 341

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

lege lata als vereinbar mit den Rechtsstandards der friedlichen Nutzung angesehen werden kann. Insofern könnten Zweifel bestehen, Definitionsvorschläge für Abkommen de lege ferenda zur Grundlage eines solchen Kriteriums zu machen. Diese Einwände wären jedoch nur gerechtfertigt, wenn aus den Definitionsvorschlägen gefolgert werden könnte, dass die Einbringerstaaten entsprechende militärische Nutzungen nach gegenwärtiger Rechtslage für rechtmäßig halten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr zielen die Vorschläge darauf, Rechtsklarheit in Bezug auf neue technologische Entwicklungen zu schaffen, indem die als auslegungsbedürftig und insoweit lückenhaft erkannten multilateralen Bestimmungen insbesondere des Weltraumvertrages durch ausdrückliche Verbotsbestimmungen konkretisiert werden sollen. Die Staaten 343 haben aber mehrfach in der CD und im Zusammenhang mit der Verabschiedung der entsprechenden Resolutionen der Generalversammlung ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass die definierten Weltraumnutzungen mit Wortlaut und Geist des Weltraumvertrages nicht übereinstimmen. Dasselbe gilt für die entsprechenden Vorschläge einzelner Autoren 344 im rüstungskontroll- und weltraumrechtlichen Schrifttum. Für die Beurteilung der Vereinbarkeit militärischer Nutzungen mit den Rechtsstandards der friedlichen Nutzung genügt es allerdings nicht, lediglich auf das Element der Stationierung von Weltraumwaffen abzustellen. Vielmehr ist der Begriff der Nutzung weiter als der der Stationierung, so dass bei Vorliegen des Kriteriums der aktiven zerstörerischen Qualität auch bereits Maßnahmen wie die Entwicklung oder Erprobung, soweit sie außerhalb der Laboratorien im Weltraum stattfinden und mit dem Ziel verbunden werden, eine dauernde Stationierung vorzubereiten, mit erfasst sind. Das Kriterium der aktiven militärischen Nutzung zerstörerischer Qualität deckt sich aber im Übrigen weitgehend mit den Vorschlägen für eine Definition von Weltraumwaffen. Wie diese vermeidet es die Frage nach der Intention bei der Verwendung der Objekte, sondern stellt ganz auf die zerstörerischen Fähigkeiten bei ihrer Herstellung oder späteren Funktionsausstattung ab, was zu mehr Rechtsklarheit bei der Beurteilung der Zulässigkeit bestimmter Nutzungsarten führt. 345 343 Nachweise s. o. B. 11. 1. c) aa) (1) Fn. 152; zum Beispiel hat Indien, CD/PV 529 v. 24. 8. 1989 S. 8 die Auffassung bekundet, dass "friedlich" mit nicht-militärisch gleichzusetzen ist, aber dennoch zugleich Entwürfe für Verbotsabkommen vorgelegt, CD/PV 486 v. 14. 2. 1989S. 6; Alves, Fn. 76 S. 12, 79 ff., 101. 344 Fn. 90 und 98; s. dazu auch u. Kapitel E. I. 1. b) ce). 345 Ähnlich Wulf, Fn. 202 S. 367: "Perhaps, the definitional problem could be reduced were military activities to be defined as referring to weapons or weapons systems. Thus, a military spacecraft wou1d be a craft that has weapons on board an armed craft. The term" weapon ", however, is not self-defining and perhaps more specijicity is needed here as weil. Thus, it may be necessary to speak in terms 0/

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Mit dieser Definition lässt sich auch die Frage sog. "non-dedicated-systems" und von" dual-use" -Technologien346 lösen, die häufig als ein Hauptproblem im Zusammenhang mit den Bemühungen um die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum aufgeworfen wird. 347 Dabei geht es ähnlich wie bei der Abgrenzung zu passiven militärischen Nutzungen darum, bestehende Nutzungsarten durch Satelliten oder Weltraumstationen auch dann von der Definition auszuschließen, wenn sie potenziell auch als ASAT- oder BMD-Systeme eingesetzt werden könnten. Unter "non-dedicated capabilities", sei es als "ASAT oder BMD-capabilities", ist die Fähigkeit von Weltraumobjekten zu verstehen, durch ihre Manövrierfähigkeit im Wege der Kollision mit einem anderen Satelliten quasi als Waffe eingesetzt zu werden. Sobald sie aber zum Beispiel mit Abfangvorrichtungen ausgestattet werden, was leicht verifizierbar wäre, wären sie keine "non-dedicated systems" mehr. "Dedicated capabilities refer to systems that have either been tested or deployed" in der jeweiligen Waffenfunktion?48 Zwar haben alle Objekte, die mit einer zum Abfangen einer Rakete im Weltraum ausreichenden Geschwindigkeit gestartet werden, theoretisch auch ABM-Fähigkeiten. Jedoch ist der Einsatz von "non-dedicated systems" als ABM-Waffe ohne vorherige Tests in dieser Funktion sehr unwahrscheinlich, wenn nicht unmöglich. 349 "Non-dedicated systems" fallen also nicht unter das Kriterium. Erst wenn Systeme mit zerstörerischen Fähigkeiten ausgestattet werden, die von der "Projektion von Masse oder Energie" ausgehen, werden sie von der Definition erfasst. Somit fallen sowohl zivil und als militärisch einsetzbare Satelliten ("dual use") nicht unter das Kriterium, solange sie nicht über gezielte zerstörerische Abschusseinrichtungen verfügen. Dabei wird hingenommen, dass der theoretisch denkbare missbräuchliche Einsatz dieser Satelliten als Waffe durch einen Kollisionskurs nicht erfasst wird. Dies ist mit Blick auf die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum unschädlich, da auf Grund der geringen Effektivität ein solcher Einsatz eher unwahrschein-

weapons with the capacity to damage or destroy targets in space or targets on Earth or in the Earth's atmosphere." 346 UNIDIR, Fn. 186 S. 33; Stares, The Problem of Non-dedicated Space Weapon Systems, in Jasani (Hrsg.), Peaceful and Non-Peaceful Uses of Space. Problems of Definition for the Prevention of an Arms Race (UNIDIR 1991) S. 147. 347 s. US-Statement in CD/905 S. 15: "A key problem concems the verification of compliance with such an agreement [ASAT-Verbot]. We do not believe that verification schemes proposed to date are adequate to this purpose. Another problem with a comprehensive ASAT ban concems the legal issue of how anti-satellite weapons are to be defined and categorized. In addition to systems that aState would choose to identify as an anti-satellite weapon, there are many different types of weapon systems that could be used to destroy, damage or disable satellites." 348 UNIDIR, Fn. 186 S. 33. 349 UNIDIR, Fn. 186 S. 37. 24 Wolter

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

lieh ist und damit auch kein Wettlauf bei der Entwicklung solcher Systeme droht. 35o Ein weiterer Vorzug der hier vorgeschlagenen Definition des Kriteriums aktiver militärischer Nutzungen von zerstörerischer Qualität liegt darin, dass die Unterscheidung auf die in ihrem Aussagegehalt zu undifferenzierten bzw. missverständlichen Deutungen zugänglichen Begriffe wie "Militarisierung", "Bewaffnung", "weaponization ,,351 im Zusammenhang mit einer rechtlichen Prüfung der Zulässigkeit bestimmter Nutzungsarten, die auf klar abgrenzbare, objektive Unterscheidungsmerkmale angewiesen ist, verzichtet. Insbesondere die Forderungen nach einem Stopp der "Militarisierung" des Weltraums führen häufig dazu, dass damit verbundene wichtige Vorschläge der Begrenzung der aktiven militärischen Nutzung des Weltraums als unrealistisch abgelehnt werden, da sie als ein Zurückdrehen bereits etablierter passiver militärischer Nutzungen des Weltraums verstanden werden. Die Verwendung dieses Kriteriums vermeidet es andererseits, aus der bestehenden Staatenpraxis hinsichtlich passiver militärischer Nutzungen vorschnell auf die völlige Schrankenlosigkeit jedweder militärischer Aktivitäten im Weltraum unterhalb der Schwelle des Aggressionsverbots schlussfolgern zu müssen. 352 Vielmehr ermöglicht sie, den als unlösbar gewähnten Streit bei der Auslegung des Begriffs "friedlich" zu überwinden. Die unfruchtbare Dichotomie zwischen "nicht aggressiv" und "nicht militärisch" verliert durch die differenzierende Heranziehung des Kriteriums der aktiven militärischen Nutzung zerstörerischer Qualität ihre ausschlaggebende Bedeutung. Wenn sich wie ein roter Faden durch die Argumentation der minimalistischen Interpretation von "friedlich" als "nicht aggressiv" die zutref350 UNIDIR, Fn. 186 S. 33 hält das Problem der "non-dedicated systems" in Bezug auf ein Rüstungskontrollabkommen im Weltraum und dessen Verifikation zu Recht für stark übertrieben: "The military benefits to be attained from ASAT attack by non-dedicated means would be minor, compared with the risks involved." 351 UNIDIR, Fn. 186 S. 19. 352 s. beispielhaft dafür die Argumentation von Hobe, Common Heritage of Mankind - An Outdated Concept in International Space Law?, Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 271, der als Grund für die vermeintliche Anerkennung jeglicher militärischer Nutzung des Weltraums unterhalb der Schwelle des Aggressionsverbotes den Durchflug ballistischer Raketen angibt: "... intercontinental missiles need at least parts of outer space in order to be appropriately [sic] carried on." Diese sind aber eben nicht im Weltraum stationiert und stellen, solange sie nicht abgefeuert werden, keine Nutzung des Weltraums dar, so dass der Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums gar keine Anwendung findet. Wenn sie dagegen in den Weltraum abgefeuert werden, ist der Verweis des Artikel III WRV auf die VNCharta einschlägig. Entweder handelt es sich um einen Akt der Selbstverteidigung, die auch im Weltraum zulässig ist und ebenso wie dem Gewaltverbot auch dem Grundsatz der friedlichen Nutzung vorgeht, oder im schlimmeren Fall um eine verbotene Aggression.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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fende Feststellung zieht, dass bereits bei Abschluss des Weltraumvertrages bestimmte militärische Nutzungen des Weltraums anerkannt waren, rechtfertigt dies jedoch nicht mehr, jede inhaltliche Beschränkung militärischer Nutzungen durch das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung über Bord zu werfen. Dies wird zum Beispiel bei einzelnen Monographien zur Satellitenfemerkundung deutlich, deren Autoren 353 mit dem Hinweis auf die von der Staatenpraxis akzeptierten bisherigen passiven militärischen Nutzungen das Ergebnis stützen, dass jede militärische Maßnahme und daher auch die militärische Femerkundung mit dem Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums vereinbar ist. Dieses für die militärische Femerkundung zutreffende Ergebnis erfordert aber nicht, dass der Begriff "friedlich" minimalistisch als "nicht aggressiv" gedeutet werden muss. Vielmehr ist bei der Anerkennung der Zulässigkeit militärischer Femerkundungs- und Kommunikationssatelliten durch die Staatenpraxis maßgeblich, dass sie als passive, nicht-zerstörerische Nutzung im Gegensatz zu aktiver, zerstörerischer Nutzung zu qualifizieren sind. Der passive Charakter der Femaufklärungssatelliten wird beispielsweise von Slink354 auch ausdrücklich betont, ohne dass er allerdings die Folgerung berücksichtigt, dass damit eine dritte Variante zwischen der Auslegung des Begriffs "friedlich" als "nicht-aggressiv" und "nicht militärisch" eröffnet ist.

353 Klinner, Satellitenfemerkundung im Völkerrecht. Inwieweit existiert ein völkerrechtlicher Datenschutz? (Dissertation 1989) S. 254, der mit der insgesamt friedenserhaltenden Wirkung von Femerkundungsaktivitäten durch Aufklärung von drohenden Überraschungsangriffen und Verhinderung eines auf Fehleinschätzung beruhenden atomaren Schlagabtauschs auch deren Übereinstimmung mit den Kommunklauseln des WRV begründet; Slink, Fn. 27 S. 103; dagegen kommt Classen, Femerkundung und Völkerrecht. Völkerrechtliche Probleme der Femerkundung der Erde aus dem Weltraum (Dissertation, 1987) S. 150 auf Grund einer differenzierenden Argumentation zu Recht zu dem Ergebnis, dass es die Zulässigkeit von militärischer Satellitenaufklärung nicht ausschließt, aktive zerstörerische militärische Maßnahmen als mit dem Gebot der friedlichen Nutzung für unvereinbar anzusehen. 354 Slink, Fn. 27 S. 103: " ... solch passive Maßnahme wie die SFE [Satellitenfemerkundung] ... ". 24*

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

b) Prüfung aktiver militärischer Nutzungen an Hand der Rechtsstandards der friedlichen Nutzung aa) Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit (Artikel III WRV)

( 1) Auswirkungen auf die internationale Sicherheit

Der Begriff der "internationalen Sicherheit" in Artikel III WRV umfasst auch ein subjektives Element im Sinne des Sicherheitsgefühls der Staaten. 355 Es besteht angesichts der zahlreichen Äußerungen einer großen Zahl von Staaten insbesondere in der CD in Gene 56 kein Zweifel, dass sie sich durch das Überschreiten der Schwelle hin zu einer Bewaffnung des Weltraums in ihren Sicherheitsinteressen beeinträchtigt fühlen. Auf Grund der entsprechenden ausdrücklichen Erklärungen der VN-Generalversammlung seit 1981 357 ist offenkundig, dass ein solches Vorgehen dem Sicherheits gefühl der internationalen Gemeinschaft nicht nur nicht förderlich, sondern im Gegenteil äußerst abträglich wäre. Dagegen würde ein multilaterales Abkommen zur Spezifizierung des Gebots der friedlichen Nutzung im Sinne eines ausdrücklichen Verbots von Weltraumwaffen begleitet von internationalen Verifikations- und Monitoring-Mechanismen dieses Sicherheitsgefühl ganz wesentlich fördern. 358 Das Überschreiten der Schwelle zu aktiver militärischer Nutzung des Weltraums hätte gravierende negative Auswirkungen für die internationale Sicherheit. Dies gilt nach der ganz überwiegenden Auffassung im rüstungskontroll- und sicherheitspolitischen Schrifttum sowohl für Antiraketenwaffen als insbesondere auch für die Stationierung von ASAT-Systemen im Weltraum?59 Danach wird unter Bezug sowohl auf die SDI-Pläne von Prä355 Verosta, Fn. 154 in Marcic/Mosler et al. (Hrsg.) Festschrift Verdross S. 536; s. o. Kapitel D. IV. 3. S. 254. 356 s. o. Kapitel B. III. 2. 3. a) une 110 und B. H. 1. a) Fn. 129-133. 357 Nachweise s. o. D. I. 1. Fn. 20-23. 358 Vlasic, in Matte (Hrsg.), Arms Control and Disarmament in Outer Space. Lecture-Seminars given at the Centre for Research of Air and Space Law (1985) S. 201: " ... enhancing the sense of security of all states". 359 Pullinger, Missile Defence in Perspective (ISIS Briefing on Ballistic Missile Defence, Nr. 7, November 2001); Miller, The Flawed Case far Missile Defence, Survival 43 Nr. 3 (Herbst 2001) S. 103; Glaser/Fetter, National Missile Defense and the Future of U.S. Nuclear Weapons Policy, International Security Bd. 26 Nr. 1 (Sommer 2001) S. 64 f.; Mendelsohn, America, Russia and the Future of Arms Control, Current History (Oktober 2001) S. 323; Memorandum. Warnung vor den Raketenabwehrplänen der USA. "Plädoyer für ein europäisches "Diplomatie-Zuerst !"-Konzept, Wissenschaft und Frieden (Heft 1 2001) S. 44; Bielefeld/Neuneck, Raketenabwehr-Optionen für die Bush-Adrninistration: Die technische Dimension,

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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sident Reagan als auch für deren Wiederauflage in den neuen BMD-Plänen der Administration von Präsident Bush Jr. angenommen, dass eine Weltraumstationierung von Waffensystemen im Rahmen der Raketenabwehrpläne im Weltraum schwerwiegende destabilisierende Wirkung hätte und zu einer Verschärfung des globalen und regionalen nuklearen Wettrüstens auf der Erde führen würde. Dies gilt auch für ein begrenztes NMD-System, jedenfalls soweit es eine Raketenabwehr im Weltraum (" midcourse defence") vorsieht und einseitig ohne Kooperation mit Russland und China verfolgt würde?60 Die Notwendigkeit eines kooperativen Vorgehens und die destabilisierende Wirkung auf die internationale Sicherheit bei dessen Fehlen wird auch von Befürwortern361 eines NMD-Systems sowie in den offiziellen Erklärungen der Bush Jr.-Administration362 anerkannt. Sicherheit und Frieden (2/2001) S. 95; Scheffran, Raketenabwehr, Stabilität und präventive Rüstungskontrolle. Von sm zu NMD, Wissenschaft und Frieden 112001 S. 23; Stares, Space and National Security (Brookings 1987) S. 10 weist darüber hinaus nach, dass die Entwicklung von weltraumgestützten Antisatellitenwaffen auch einseitig vom Sicherheitsinteresse der USA betrachtet schädlich wäre: "That course could be catastrophic for the Uni ted States if it ever came to a war with the Soviet Union.", und kommt zu dem Schluss: "With so much at stake, therefore, the United States should seriously reconsider its need for an ASAT system and its current opposition to arms control in space."; aus dem älteren Schrifttum s. Tirman, The Politics of Star Wars, in Tirman (Hrsg.), Empty Promise. The Growing Case Against Star Wars (The Union of Concerned Scientists 1986) S. 1; ders., Is Star Wars Dead? in Tirman (Hrsg.), S. 203; Russett, The Prisoners of Insecurity. Nuc1ear Deterrence, The AmIs Race and Arms Control (1983) S. 182: " ... If either the United States or the Soviet Union should become able to attack each other's satellites, the elimination or threatened elimination of early waming would be very destabilizing .... Competitive antisatellite systems promise the situatuion of the prisoners' dilemma and ... would leave both states worse off than before ... "; Lebow, Assured Strategic Stupidity. The Quest for Ballistic Missile Defense, Journal of International Affairs 39 (1985) S. 57; Stares, S. 178: " ... unconstrained ASAT development also has serious implications for conflict management and crisis stability ... will add new, destabilizing uncertainties ... ". 360 Glaser/Fetter, Fn. 359 S. 72; Miller, Fn. 359 S. 105; Bielefeld/Neuneck, Fn. 359 S. 97; Pullinger, Fn. 359 S. 11; Scheffran, Fn. 359 S. 25; CirincionelWolfsthal, What if the New Strategic Framework Goes Bad?, AmIs Control Today (November 2001) S. 9; Memorandum, Fn. 359 S. 44 sowie die nachfolgenden Ausführungen und Nachweise. 361 Daalder/Goldgeier/Lindsay, Deploying NMD: Not Whether, But How, Survival 42 (2000) S. 14 f.: "The most serious criticism levelled against the proposed missile defence is that it will upset the strategie balance, thereby decreasing rather than increasing American security. Russia and China both oppose US plans for a limited missile defence, as do most European countries ... Russia is the cause of greatest concern. It could retaliate against deployment by refusing to reduce its nuc1ear arsenal further, by retaining its existing multiple-warhead missiles (banned under START III) and building new ones, and by putting its existing nuc1ear forces on higher alert (thereby increasing the chances of accidential launch) ... Russia might retaliate by suspending work on bilateral programmes designed to keep Russian

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Eine aktive militärische Nutzung des Weltraums durch die Stationierung einer weltraumgestützten Raketenabwehr ist aufs Engste mit der Debatte über die nukleare Abschreckung, die das Sicherheitsgefühl der Mehrzahl der Staaten schwer beeinträchtigt, und ein neues strategisches Verhältnis von Defensiv- und Offensivsystemen, das langfristig zu deren Überwindung durch vollständige nukleare Abrüstung beitragen könnte, verbunden. Das Sicherheitsgefühl der internationalen Gemeinschaft würde zusätzlich belastet, wenn ein antagonistisch stationiertes NMD-System die nukleare Abschreckung auf höherem Rüstungsniveau perpetuieren würde. Die insbesondere von Reagan im Zusammenhang mit SDI bekundete Hoffnung, dass Nuklearwaffen durch eine landesweite Verteidigung gegen Nuklearraketen obsolet und damit letztlich auf nukleare Offensivwaffen verzichtet werden könnte, ist abgesehen von den erheblichen technischen Zweifeln an der Realisierbarkeit eines hundertprozentigen Schutzes überhaupt nur realistisch, wenn es zu einer einvernehmlichen Stationierung kommt. Ein grundlegender Strategiewechsel mit dem Ziel der Überwindung der Abschreckung durch ein neues Verhältnis von Defensiv- und Offensiv systemen ist nur in einem kooperativen Umfeld möglich. Dagegen würde die Einführung von Defensivsystemen in einer antagonistischen Strategie der Abschreckung deren Überwindung im Gegenteil durch das Anheizen eines neuen Rüstungswettlaufs von Defensiv- und Offensivsystemen erschweren, im Sinne einer "war-fighting deterrence strategy" verschärfen und sogar zu einer Verkürzung der Frühwarnzeiten zwingen?63 Dies könnte schwerlich als im nuclear materials secure, and by selling nuclear and ballistic-missile technologies to rogue states ... at least as worrisome, is that China will retaliate against deployment of a missile defence by becoming more belligerent and less cooperative on a range of issues that matter to the United States. A particular possibility is that Beijing will refuse to cooperate on non-proliferation matters and become more inclined to seil nuclear and ballistic technology to other countries ... The action-reaction dynamic can be forestalled if the deployment of missile defences occurs in a cooperative manner". 362 USA, "Missile Defense Papers" v. 11. 7. 2001, abrufbar unter www.ceip.org/ files/projects/npp/resources/Embassy/CableNMD.htm.; amerikanisch-russische Erklärung über eine neue strategische Partnerschaft: U.S.-Russia Joint Declaration vom 24. Mai 2002, abrufbar auf der Webseite des US State Department http:// www.state.gov.htm. 363 Batscheider, Star Wars: Das Ende der Abschreckung? Zur Rückführung einer aktuellen Streitfrage auf ihre grundsätzliche Bedeutung (Hamburger Beiträge zur Friedensforschung und Sicherheitspolitik, 1987) S. 125; Daalder, NATO Strategy and Ballistic Missile Defence, Adelphi Papers 233 (1988) S. 77: " ... as long as NATO enjoys a BMD advantage, the war-fighting deterrence strategy would generally be strengthened."; Krepon, Moving Away from MAD, Survival 43 (2001) S. 87: "The planned introduction of limited NMD further complicates matters, if pursued under the logic of MAD. The Clinton administration argued that Moscow need not be concerned about limited defences because Moscow maintained high alert rates and the ability to overwhelm defences."; s. auch o. Kapitel C. III. 4.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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Interesse der Menschheit liegend angesehen werden. Das Ziel der Überwindung der Abschreckung wurde in offiziellen US-Verlautbarungen seit Reagan nicht mehr genannt, sondern im Gegenteil ist von der Verstärkung der Abschreckung durch zusätzliche Defensivsysteme die Rede. 364 Der IGH365 hat in seinem Nuklearwaffen-Rechtsgutachten eine Aussage zur Völkerrechtsmäßigkeit der nuklearen Abschreckungsstrategie ausdrücklich vermieden. Wegen der entsprechenden Praxis einiger Staaten könne eine opinio juris hinsichtlich der Unzulässigkeit nicht eindeutig festgestellt werden. Zugleich ließ das Gericht aber keinen Zweifel, dass es die nukleare Abschreckung für eine schwere Belastung der internationalen Sicherheit hält. Es unterstrich, dass mit Ausnahme einer drohenden eigenen Vernichtung ("in an extreme circumstance of self-defence, in which its very survival would be at stake "p66 ein Einsatz von Nuklearwaffen völkerrechtswidrig ist. 367 Zugleich betonte das Gericht368 , dass durch die andauernde Kontroverse über die nukleare Abschreckung das Völkerrecht und die internationale Ordnung langfristig beeinträchtigt werde und dies die konsequente Erfüllung der Pflicht zur nuklearen Abrüstung um so dringlicher mache. Eine Maßnahme, welche die Überwindung der nuklearen Abschreckung erschwert, wäre mit dieser Sentenz schwer vereinbar. Im Zusammenhang mit der Nutzung des Gemeinschaftsraums ist darüber hinaus ein strengerer Maßstab als bei der vom IGH untersuchten Frage, ob 364 Miller, Fn. 359 S. 103; Missile Defense Papers, Fn. 362; Präsident Bush jr. spricht zwar davon, neue strategische Konzepte finden zu wollen, um das Gleichgewicht des nuklearen Schreckens zu überwinden, aber gleichzeitig sollen diese neuen Konzepte solche der Abschreckung sein, nur dass sie nicht nur auf Offensiv- sondern einem Mix von Offensiv- und Defensivsystemen beruhen sollen, s. seine Rede vor der National Defense University vom 1. Mai 2001, Kapitel B. 11. 2. 7. und dazu Grand, La defense antimissile: un nouveau paradigme strategique?, Politique Etrangere 66 (2001) S. 811 sowie grundlegend Payne/Gray, Nuclear Policy and Defensive Transition, Foreign Affairs 62 (198311984) S. 820 die schon bezüglich sm nur die Möglichkeit sahen "of transfonning, though not transcending, the Soviet-American deterrence relationship". 365 ICI Reports 1996, S. 262 Para 95. 366 ICI Reports 1996, S. 263 Para 97. 367 ICJ Reports 1996, S. 262 Para 95: Im Licht der "overriding consideration of humanity ... methods and means of warfare, which could preclude any distinction between civilian and military targets, or which would result in unnecessary suffering to combatants, are prohibited. In view of the unique characteristics of nuclear weapons ... the use of such weapons in fact seems scarcely reconcilable with respect for such requirements." 368 ICI Reports 1996, S. 263 Para 98: " In the long run, international law, and with it the stability of the international order which it is intended to govern, are bound to suffer from the continuing difference of views with regard to the legal status of weapons as deadly as nuclear weapons. It is consequently important to put an end to this state of affairs ... "

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

eine spezifische völkergewohnheitsrechtliche Verbots norm gegen den Einsatz von Nuklearwaffen ("a customary rule specifically prohibiting the use of nuclear weapons"y369 vorliegt, anzuwenden. Bei der hier behandelten Frage geht es darum, ob eine bestimmte Nutzung des Weltraums dem Menschheitsinteresse entspricht. Insofern stellt sich auch nicht die im Zusammenhang mit der Anwendung des humanitären Völkerrechts und insbesondere des Zusatzprotokolls I von 1977 zu den Genfer Rotkreuzkonventionen von 1949 auf die Nuklearwaffenfrage aufgeworfene Problematik, ob die darin enthaltenen menschenrechtlichen Standards, die dem Schutz des Individuums dienen, wegen der "Mediatisierung" des Einzelnen im Völkerrecht überhaupt zur Beurteilung der Zulässigkeit des Nuklearwaffeneinsatzes zwischen Staaten herangezogen werden können?70 Bei der hier interessierenden völkerrechtlichen Beurteilung der Auswirkungen einer militärischen Nutzung des Weltraums auf die nukleare Abschreckung und Abrüstung ist dagegen entsprechend dem Gemeinschaftsstatus des Weltraums das Menschheitsinteresse nach dem Weltraumvertrag als Maßstab einschlägig. Insoweit besteht eine unmittelbare vertragliche Verpflichtung aus dem Weltraumvertrag, bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Raketenabwehr im Weltraum das Menschheitsinteresse an der Überwindung der nuklearen Bedrohung zu berücksichtigen. Als Fazit lässt sich festhalten, dass auf Grund des Weltraumvertrags eine Raketenabwehr, welche unter Nutzung des Weltraums erfolgt, in einer Weise durchzuführen ist, dass sie zur Überwindung der Abschreckung und damit zur Abrüstung beiträgt. Dies bedeutet, dass deren Stationierung, wenn eine solche für erforderlich gehalten wird, kooperativ und im Einvernehmen mit der internationalen Gemeinschaft erfolgen muss, da sie andernfalls zur Verschärfung des nuklearen Wettrüstens und der Abschreckungsstrategie führen würde. (2) Auswirkungen auf regionale Sicherheit und Stabilität

Als Teil des Rechtsstandards positiver Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit sind auch die Auswirkungen einer neuen militärischen Nutzungsart auf die regionale Sicherheit und Stabilität zu prüfen. Besonders in Asien und im Nahen Osten werden schwere Verwerfungen der regionalen Sicherheit und Stabilität durch ein weltraumgestütztes NMD-System der USA befürchtet. China betrachtet die amerikanischen leJ Reports 1996, S. 255 Para 73. Fischer, Der Einsatz von Nuklearwaffen nach Art. 51 des I. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen von 1949 (1985); Empell, Völkerrecht und nukleare Abschreckung. Die Auseinandersetzung um das I. Zusatzprotokoll zu den Genfer 369

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Konventionen von 1977 und seine Anwendung auf Nuklearwaffen, in Militärpolitik Dokumentation 11 (1988) S. 7.

v.

Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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Pläne als eine direkte Beeinträchtigung seines begrenzten nuklearen Abschreckungspotenzials?71 In seiner eigenen Reaktion wird es auch die Antwort Russlands auf die US-Pläne berücksichtigen, das entweder dem amerikanischen Beispiel folgend ebenfalls weltraumgestützte BMD-Systeme stationieren oder sein nukleares Offensivpotenzial erhöhen wird. Bhupendra Jasani 372 vom Department of War Studies am Londoner King's College beschreibt die zu besorgenden Folgereaktionen in Asien wie folgt: "In either case, China may feel compelled to increase its nuclear weapons to counter any missile defences. This may give rise to concerns from India. It has to be remembered that since the Indo-Chinese border conflict of the 1960s, their relationship has been tense and India's nuclear policy has changed in favour of nuclear weapons. It began vigorously to develop its own nuclear programme, which resulted in Pakistan's renewed interest in developing its nuclear weapons. All of these could start a nuclear arms race at a strategie level as well as at a regional level in the Indian subcontinent."

Grossman 373 berichtet von der Reaktion eines chinesischen Diplomaten in einer Diskussionsveranstaltung zu NMD, der erklärte: " ... if forced to do so, China could move into space militarily. ,But we don't want to'. Rather, China wants to use its resources to educate, house, feed and provide medical care for her billion people."

Auch in Nordostasien wäre mit einer möglichen Verschärfung eines Wettrüstens zu rechnen. 374 Auf den Konfliktherd des Nahen und Mittleren Ostens werden besonders gravierende Auswirkungen einer NMD-Stationierung erwartet. Glaser und Fetter375 führen die Möglichkeit einer verstärkten Bedrohung Israels an, da Iran und Irak in einer Auseinandersetzung mit den USA wegen deren NMD-Schutzes ihre Angriffe auf den amerikanischen Verbündeten leiten könnten. Darüber hinaus würde eine NMD-Stationierung voraussichtlich 371 Jasani, US national missile defence and international security: blessing or blight?, Space Policy 17 (2001) S. 246; Gu, China und die USA. Eine Partnerschaft sucht ein strategisches Fundament, INTERNATIONALE POLITIK (Heft 2, 2002) S. 10; Garrett, The Need for Strategie Reassuranee in the 21 st Century, Arms Control Today (März 2001) S. 9; ders., Facing the China Factor, Arms Control Today (Oetober 2000) S. 14: "In the absence of anything more than verbal assurances that NMD is not aimed at China, adecision to deploy would have confirmed China's suspicions that the o.s. views it as an enemy." 372 Jasani, Fn. 371 S. 246. 373 Grossman, Weapons in Space (2001) S. 33. 374 Glaser/Fetter, Fn. 359 S. 65: "China will increasingly have the capability to build up its eonventional and nuclear forces, which could convince Japan that it needs to rely more heavily on its own military capabilities. This arms race in Northeast Asia could generate substantial tensions within the region and, as a result, reduce o.s. security." 375 Glaser/Fetter, Fn. 359 S. 67.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

auch den Trend zu einem verstärkten Einsatz von "tactical missile defence" gegen sog. "theatre ballistic missiles ",376 die auf dieselben Frühwarnsatelliten und möglicherweise auf weltraumgestützte Sensoren zurückgreifen würde,377 verstärken. Von beidem wird angesichts der starken Bedrohungsperzeption in der Region ein gegenseitiges Aufrüsten in Offensiv- und Defensivsystemen zwischen Israel und den arabischen Staaten, vor allem Syrien, Irak und Iran, aber auch Ägypten 378 befürchtet. Reuven Pedatzur379 rechnet mit einer Verbreitung von ballistischen Raketen in der Region von 2500 bis 3000 bis zum Jahr 2010 ("a cautious estimate"). Israel, Saudi Arabien, Kuweit, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei verfügen entweder bereits über TMD-Systeme oder sind dabei bzw. erwägen, solche zu erwerben?80 Angesichts des ungelösten Nahostkonflikts spricht alles dafür, dass es zu demselben Wettauf von defensiven und offensiven Systemen kommen wird, wie er auf strategischer Ebene im Falle eines einseitigen NMD- Vorgehens erwartet wird.

Pedatzur381 rechnet außerdem mit einer Verstärkung der Rolle von Nuklearwaffen in der Region auf Grund einer NMD-Entscheidung, womit eine Beeinträchtigung nicht nur der Nichtverbreitungspolitik der internationalen Gemeinschaft bezüglich von Trägersystemen, sondern auch der nuklearen Nichtverbreitung verbunden wäre. Er sieht eine erhöhte Gefahr von "preemtive strikes": " ... the deployment of missile defenses in the Middle East would result in increasing the number of deployed missile warheads and launchers above the current level, and in more emphasis on nuclear forces, in order to maintain penetration 376 Zur Unterscheidung zwischen BMD und TMD und den unterschiedlichen technischen Anforderungen s. Lindsey, The Proteetion of Satellites: Problems for Arms Control, in BeierlMataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 113 u. o. Kapitel B. 11. 1. a) Fn. 105. 371 Zu den unterschiedlichen Verwendungen weltraumgestützter Komponenten bei BMD und TMD s. Lindsey, Fn. 376 in BeierlMataila (Hrsg.) S. 114. 378 Pedatzur, Ballistic Missile Defenses in the Middle East - the 1mplications on Regional Stability, in ders. (Hrsg.), Ballistic Missiles in the Middle East. The Next Challenge (2001) S. 81: "There are already indications that regional missile powers are alarmed by the prospective deployment of TMD systems in their neighborhoods. Egypt views 1srael's plan to deploy missile defenses as a strategie threat, which justifies its own acquisition of SCUD C's from North Korea." 379 Pedatzur, Fn. 378 in ders. (Hrsg.) S. 79; s. auch die Zusammenfassung des US National Intelligence Estimate, "Ausländische Raketenentwicklungen und die Bedrohung durch ballistische Raketen bis 2015" (Dezember 2001). 380 Pedatzur, Fn. 378 in ders. (Hrsg.) S. 80: Israel: Arrow-System; Ägypten: ,upgraded' SA-lO-Version; Saudi-Arabien: Patriot; Türkei: Arrow; VAE: SA-12. 381 Pedatzur, Fn. 378 in ders. (Hrsg.) S. 82.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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capability ... [So 83] One of the outcomes of deployment of defenses would be the growing danger of launehing of preemptive wars by countries that attribute significant strategie value to their missile force ... [So 85] ... development of missile defenses, could percipitate regional crises and generate renewed arms races between missile owners and TMD users."

Als Alternative schlägt Pedatzur382 einen regionalen ABM- Vertrag vor. Die internationale Gemeinschaft könnte dazu durch eine aktive Nichtverbreitungspolitik und die Bewahrung der friedlichen Nutzung des Weltraums, welche den Verzicht auf die einseitige Stationierung weltraumgestützter NMD/TMD-Systeme festlegt, beitragen. Auch wenn die geschilderten Auswirkungen teilweise erst durch eine Interaktion mehrerer beteilgter Staaten entstehen, ist doch für die Beurteilung unter dem Rechtsstandard des Artikel III WRV entscheidend, dass der Übergang zu aktiver militärischer Nutzung des Weltraums insbesondere durch eine NMD-Stationierung objektiv und nach Einschätzung der internationalen Gemeinschaft dafür ursächlich wäre. (3) Auswirkungen auf Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung

Als Teil des Rechtsstandards positiver Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit sind auch die Folgen eines Übergangs zu zerstörerischen militärischen Weltraumaktivitäten auf Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu prüfen. Ein solcher Übergang hätte nach nicht widerlegter Auffassung gravierende negative Auswirkungen auf die nukleare Rüstungskontrolle insgesamt, wobei deren Ausmaß, Intensität und Folgewirkungen kaum begrenzbar wären, jedenfalls nicht, wenn die Rüstungsmaßnahmen einseitig ohne oder gar gegen das Einverständnis der internationalen Gemeinschaft erfolgen?83 Der französische Präsident Chirac 384 warnte 1999 vor den destabilisierenden Folgen der Einführung eines nuklearstrategischen Defensivelements durch eine NMD-Stationierung mit folgender Metapher: "If you look at world history, ever since men began waging war, you will see that there is a permanent race between sword and shield. The sword always wins. The more improvements are made in the shield, the more improvements are made to the sword. We think that with these systems we are just going to spur swordmakers to intensify their efforts."

Pedatzur, Fn. 378 in ders. (Hrsg.) S. 85. s. Nachweise in Fn. 359. 384 Zitiert in Craig Whitney, With a ,Don't Be Vexed' Attitude, Chirac Assesses US, New York Times, 17. 12. 1999. 382

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Miller385 beschreibt konkret mit Bezug auf die von der gegenwärtigen Bush jr.-Administration geplante NMD-Stationierung die Auswirkung auf

Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung wie folgt:

"In the past, offence-defence arms-race dynamies operated very powerfully. In response to the first hint of Soviet missile defences in the 1960s, for example, the United States began to contemp1ate the deployment of 50,000 warheads ... Moreover, if relations with the United States sour, Moscow or Beijing could cause mischief by promoting missile proliferation around the world and thereby multiplying the problems for defences. US missile defences may cause the real nudear threats to expand, for the sake of coping with the small hypothetical threats. It is far from dear that this is a desirable trade-off."

Der Bericht des US Office of Technological Assessment des US-Kongresses von 1988386 kommt zu dem Ergebnis, dass " ... to deploy substantial numbers of BMD weapons on the ground or in space, these weapons would greatly increase the anti-satellite threat to the other's space assets. (Space-based weapons themselves would, of course, be among those space assets). Neither side is liable to permit the other the kind of unilateral control of space that such unchallanged ASAT capabilities would provide. Therefore, in the absence of arms control agreements to the contrary, we should expect from the beginning of the BMD space deployments an intense competition between the superpowers for control of near-earth space. [Hervorhebung im Original]"

Kanada 387 hat in mehreren Arbeitspapieren in der CD zur Rüstungskontrolle im Weltraum dargelegt, dass insbesondere die mit ABM-Systemen verbundenen ASAT-Fähigkeiten als destabilisierend zu betrachten sind, da

sie zum Einen die stabilisierende Funktion der zu Verifikations- und Frühwarnung genutzten Satelliten bedrohen und zum Anderen Gegenmaßnahmen sowohl offensiver wie defensiver Art hervorrufen.

Nach Glaser und Fetter388 würde NMD eine aktive Nichtverbreitungsund Abrüstungspolitik erschweren, es sei denn, eine Stationierung erfolgte in einem Rahmen kooperativer politischer Beziehungen. Bei kooperativer Abrüstung der nuklearen Gefechtsköpfe der Großmächte würden dagegen am ehesten auch ballistische Trägerraketen anderer Staaten verboten. NMD wäre aber ohnehin kein geeigneter Schutz gegen "other types of delivery vehicles - combat aircraft, submarines, and ships NMD würde die Unsicherheit der anderen Staaten über die Suffizienz ihrer Rüstungsmaßnahmen H.

Miller, Fn. 359 S. 102. US Office of Technological Assessment des US-Kongresses "SDI: Technology, Survivability and Software" S. 27; ebenso Carter, ASAT and BMD, in Holdren/Rotblat (Hrsg.), Strategie Defense and the Future of the Arms Race, Pugwash Symposium (1987) S. 100. 387 Kanada, CD/320, 26. 8. 1982 u. CD/PV 252, S. 15 v. 22. 3. 1984 u. CD/PV 301 v. 21. 3. 1985 S. 16. 388 Glaser/Fetter, Fn. 359 S. 88. 385

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V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

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erhöhen und sie unwilliger machen gegenüber Nichtverbreitung und Abrüstung. Insoweit wäre NMD eine kontraproduzente Antwort auf die neue Bedrohungsperzeption aus dem Süden. 389 Der Autor des eindringlichen Plädoyers für eine vollständige Abschaffung der Nuklearwaffen "The Abolition ", Jonathan Schell,390 meint, solange das Ziel der nuklearen Abrüstung nur als Lippenbekenntnis verfolgt werde, würde die Glaubwürdigkeitslücke durch eine antagonistische NMDEntscheidung verschärft: "The problem with Bush's program is that his plan for reductions collides with his plans for missile defense. He will not be able to get to his low number if missile defenses stoke nuclear buildups in Russia and China.,,391 bb) Auswirkungen auf die Gemeinsame/kooperative Sicherheit Eine antagonistische NMD-Entscheidung würde den Grundsätzen Gemeinsamer (kooperativer) Sicherheit zuwider laufen und das nukleare Verhältnis weiter von dem Ziel der strukturellen Nichtangriffsfähigkeit entfernen. Die Stationierung von Defensivsystemen ohne Verzicht oder zumindest einschneidende Verringerung der offensiven Nuklearsysteme würde sogar im Gegenteil die Offensivfähigkeit verstärken. Dass BMD-Systemen die objektive Fähigkeit zukommt, eine offensive "first strike "-Option zu ermöglichen,392 wird in der Diskussion um die strategische Funktion von BMDSystemen nicht bestritten, auch wenn ihnen von der US-Administration 393 ausschließlich Defensivaufgaben zugewiesen werden. Eine einseitige NMDStationierung ohne kooperatives Einvernehmen mit der internationalen Gemeinschaft ist daher mit dem Rechtsstandard der Gemeinsamen Sicherheit nicht vereinbar. Dagegen würde die Einbettung in einen kooperativen Rahmen die Möglichkeit eröffnen, Sicherheitsnachteile zu Lasten der internationalen Ge389 Katty Kay, The Times v. 12. 4. 2002 berichtet im Zusammenhang mit den neuen US-Üerlegungen der Verwendung nuklearer Gefechtsköpfe für die Abfangraketen: "In January, a CIA report suggested that a missile attack either by terrorists or by a foreign govemment was not very likely. The intelligence review concluded that the US was more likely to suffer a nuclear, biological or chemical attack from terrorists using lorries, ships or aircraft." 390 Schell, The Abolition (1984). 391 Schell, The Folly of Arms Control, Foreign Affairs 79 (2000) S. 46. 392 s. zu Erstschlagsfähigkeit o. Kapitel D. V. 3. c) aa) Fn. 213 sowie den ausgezeichneten historischen Abriss über die strategischen Implikationen von ABM/ BMD-Systemen von Cameron, Fn. 218 in Pogany (Hrsg.) S. 111. Aus der jüngeren Literatur s. Pullinger, Fn. 359; Krepon, Fn. 363 S. 89; Miller, Fn. 359; Glaser! Fetter, Fn. 359 S. 63; Scheffran, Fn. 359 S. 25; Memorandum, Fn. 359 S. 44. 393 Missile Defense Papers v. 11. 7. 2001, Fn. 362.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

meinschaft zu vermeiden. Die Verfolgung kooperativer Sicherheit läge nach Einschätzung amerikanischer Experten 394 insbesondere mit Blick auf NMD auch im wohl verstandenen Eigeninteresse der USA: "Even though the United States is the dominant global military power, it should nevertheless strongly prefer a world in which all of the major powers are secure ... Increased insecurity would fuel arms competition and a breakdown of cooperation, which would further strain relations and create military dangers ... The key counterargument ... is that the deterrent and damage-limitation benefits of a highly effective NMD would more than offset the dangers that would flow from increased Russian and Chinese insecurity. We believe that under current conditions this case for nuclear superiority is flawed. Given that U.S. relations with Russia and China are in formative transition stages and that cooperative policies might help advance and cement peaceful relations, our judgment is that forgoing large-scale NMD seems preferable to risking what at best would be a new Cold War. This conclusion is reinforced by the near certainty that U.S. efforts to achieve effective NMD against Russia and China would fail, in which case the United States would get all the costs but none of the benefits of full-scale NMD." cc) Auswirkungen auf die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum Das Überschreiten der Schwelle zu einer aktiven zerstörerischen Nutzung des Weltraums wäre der Beginn eines Wettrüstens im Weltraum. 395 Da BMD-Systemen zugleich die Fähigkeit zum Einsatz als ASAT-Waffen396 inhärent ist, wäre ein Wettlauf nicht nur in BMD- und ASAT-Systemen, sondern auch ihren Gegenmaßnahmen, also auch bei Verteidigungs systemen für zivile und militärische Satelliten und die im Weltraum stationierten zerstörerischen Komponenten eines Abwehrsystems die Folge. Angesichts der enormen Kosten solcher Systeme und Maßnahmen im Weltraum müsste mit einem in seinen Ausmaßen ungekannten finanziellen Aufwand gerechnet werden. Der Verzicht auf ein Verbot von Weltraumwaffen würde nach Einschätzung des Rüstungsexperten in der Abrüstungsabteilung des kanadischen Außenministeriums, F. R. Cleminson,397 zu einem "perceived need to develop an ability to destroy ,enemy' satellites and to defend ,friendly' ones" und 394 Glaser/Fetter, Fn. 359 S. 64 f.; Miller, Fn. 359 S. 97; Mendelsohn, Fn. 359 S. 323; Garrett, Fn. 371, Arms Control Today (Oktober 2000) S. 14; ders., Fn. 371, Arms Control Today (März 2001) S. 9; Matlock Jr., Security: The Bottom Line, Arms Control Today (Oktober 2000) Special Section: What Next for National Missile Defense? S. 17; SchwartzerlPerry, Preventive Defense. A New Security Strategy for America (Brookings Institution 1999); Krepon, Fn. 363 S. 90. 395 s. Nachweise in Fn. 359. 396 s. o. Kapitel B. 11. 1. c) bb). 397 Cleminson, Fn. 90 in BeierlMataila (Hrsg.) S. 36.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

383

damit allein für den Schutz von Satelliten zu einer Rüstungssprirale mit folgenden Maßnahmen führen: "This category comprises all the features of a military competition and weapons proliferation in space: (a) mines, directed-energy weapons, kinetic energy weapons, jammers, and electronic countermeasure pods to destroy or fool enemy satellites; (b) defensive escorts for friendly satellites, carrying jammers, decoys, shields, or weapons to fight off anti-satellite weapons (ASATs); and (c) spacetracking and identification sensors for such missions as weil as treaty monitoring." Ein Zurückdrehen einer einmal im Weltraum begonnenen Rüstungsspirale, an der sich alle Staaten, die Schutzinteressen bezüglich ihrer mit großem finanziellen Aufwand unterhaltenen Satelliten haben, zu beteiligen gezwungen sehen könnten, wäre um ein Vielfaches schwieriger als die Ver" hinderung des Überschreitens dieser Schwelle. dd) Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Interessen aller Staaten und das Wohl der Menschheit: negative Wohlstandsfolgen (Artikel I Absatz 1 WRV) Von dem Übergang zu aktiver militärischer Nutzung von zerstörerischer Art im Weltraum würden negative Wohlstandsfolgen für die Menschheit in zweifacher Weise ausgehen. Zum Einen führen die enormen Kosten 398 von Waffensystemen im Weltraum dazu, dass die beteiligten Staaten diese Mittel weder national noch international für zivile Zwecke einsetzen. Die erwarteten sog. "spill over"-Effekte militärischer Weltraumforschung für zi" vile Anwendungen haben dagegen jedenfalls in Bezug auf das SDI-Programm nur in marginalen Maß stattgefunden und sind in jedem Fall geringer, als wenn dieselben Mittel unmittelbar für zivile Programme verwendet würden. 399 398 Heisbourg, Defenses antimissiles: 1'analyse strategique et 1'interet europeen, Politique Etrangere 66 (Juli/September 2001) S. 627 : ..... les depenses d'equipement (R&D compris) ont ete de 93 milliards de dollars pendant l'annee fiscale 2000"; Jasani, in Jasani (Hrsg.) S. 50 mit Abbild 5. 2. S. 51 " ... over the period of 19841989 there is an increase of over fivefold in the budget requested by the SDIO ... Moreover, the projected cost for the research phase is about US $ 33 billion between FY 1985 and FY 1990, which is more than double the predicted cost before March 1983."; Coyle, Rhetoric or Reality. Missile Defense under Bush, Arms Control Today, Mai 2002, abrufbar unter: www.armscontrol.org/actI2002>. 399 Zu der umfangreichen Debatte darüber s. die zusammenfassende Bewertung des eher geringen zivilen Nutzens bei Kubbig, Zivilen Nutzen Schaffen mit Raketenabwehrwaffen? Technologie- und industriepolitische Aspekte der SDI-Diskussion, Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (1986) S. 43; Chowcat, Space Weaponry: The Economic Repercussions, in Colloque internatonal sur la militarisation de l' espace extra-atmospherique, Bruxelles, 28-29 juin 1986 (1998) S. 41; Young, Fn. 35 S. 239, 299; Satin, Fn. 90 S. 24; positive Wirkungen erwarten dagegen RühlelRühe, SDI. Chance, Wunschtraum, Gefahr? (1990) S. 171.

384

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Zum Anderen droht durch eine Aufrüstung im Weltraum auch eine unmittelbare Beeinträchtigung der zivilen Nutzungen des Weltraums. Sie erschwert oder verhindert die internationale Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung des Weltraums. Ein weltraumgestütztes BMD-System hätte zugleich volle ASAT-Fähigkeiten und könnte somit die Sicherheit kommerzieller Satelliten der Mehrheit der Staaten bedrohen. Eine negative Auswirkung auf einen Großteil der zivilen kommerziellen Nutzung des Weltraums ist daher wahrscheinlich. 4oo Heath 401 führt im Einzelnen aus, wie kommerzielle Weltraumnutzungen durch Rüstungsmaßnahmen im Weltraum beeinträchtigt würden. Konflikte würden insbesondere über die Verteilung von Orbitplätzen und Frequenzen sowie über Beschränkungen der Verfügungsfreiheit der Anbieter von Satellitenbildern aus nationalen Sicherheitsgründen entstehen: "Ironically, it is the govemment that is propelling both the military and industry into inadvertent competition ... if the govemment were to develop and field the weapons systems discussed, govemment would be forcing the commercial interests into potential conflict with the military over spectrum allocation, orbital slots, and service continuity. Weapons in space could cause industry more problems in procuring insurance and licenses from the govemment."

Eine weitere konkret befürchtete Negativauswirkung betrifft den möglichen Einsatz von Solarenergiesatelliten, weIcher der Menschheit großen Nutzen bringen könnte, jedoch mit einer ebenso großen Missbrauchsgefahr verbunden ist, da Solarenergie-betriebene Satelliten zu neuartigen zerstörerischen Zwecken als elektromagnetische oder Laserwaffen eingesetzt werden könnten. Ganz überwiegend wird daher angenommen,402 dass ohne die Ausarbeitung eines internationalen Regimes zur Gewährleistung ihrer friedlichen Nutzung der Einsatz entweder unzulässig sein oder jedenfalls ihr Potenzial zum Wohle der Menschheit nicht ausgeschöpft werden könnte. Außerdem 400 Jasani, Fn. 371 S. 247: " ... the ABM interceptors will definitely have a capability for destroying satellites in space. This would threaten many commercial assets in space operated by several countries. " 401 Heath Jr. Fn. 38 S. 30l. 402 Knelman, Solar Power Satellites - Technical, Social and Political Implications, in Earth-Oriented Space Activities and Their Legal Implications, Proceedings of the Symposium held on October 15-16 at the Centre for Air and Space Law, Mac Gill University (1981) S. 196; Dembling/Smith, Solar Power Satellites and Security Considerations: The Case for Multilateral Agreements, JSL 11 (1983) S. 74; Office of Technology Assessment of the United States Congress, Solar Power Satellites (August 1981) S. 157; Finch, E. R. jr.: Energy - Ecospace, Proc. 19th Colloq. Space Law (1976) S. 132 sieht in Solarenergiesatelliten "the most vulnerable and yet the most materially beneficial outer space activities now known", für deren Nutzung friedliche Rahmenbedingungen im Weltraum unabdingbar seien; Dietrich/ Goldstein, Collective trusteeship for near space: the case for UNNESA, Space Policy 14 (1998) S. 12.

V. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

385

könnten nach neueren Forschungen Solarenergiesatelliten zu friedlicher Wetterbeeinflussung wie die Verhinderung von Tornados eingesetzt werden (sog. "Thunderstorm SPS"-Projekt nach Bemard Eastlund 403 ). Diese Wetterbeeinflussung zu friedlichen Zwecken wäre gemäß Artikel III des Umweltkriegsabkommens ausdrücklich zulässig, jedoch sind die Missbrauchsmöglichkeiten des Einsatzes zu zerstörerischen Zwecken ohne die Einbettung in ein internationales Kontrollregimes zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung unübersehbar groß. Eine weitere Beeinträchtigung der kommerziellen Nutzungen entsteht dadurch, dass auf Grund der zunehmenden Verkehrsdichte bei Stationierung von Waffensystemen im LEO oder GEO die Verkehrsregelung zu Gunsten der zivilen Nutzungen erschwert oder sogar unmöglich würde. 404 In einem Appell vom 16. März 2001 haben 370 Abgeordnete des Europäischen Parlaments eindringlich vor den negativen Wohlstandsfolgen einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums gewarnt: 405 "This beginning of a new spiraling anns race will result in more crisis potentials and anned conflicts and deprive humankind of considerable resources that would otherwise be urgently needed for solving the immense global problems in the interest of social and ecological sustainability." ee) Auswirkungen auf die Bewahrung der Umwelt im Weltraum Ein großes Problem bei einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums, auf das zahlreiche Autoren406 hinweisen und das bereits in der Testphase dieser Systeme auftritt, ist die Entstehung von Umweltmüll ("space debris"). Heath Jr. 407 betont, dass ,,[P]lacing weapons in GEO orbit could be disruptive in a variety of ways ... creating substantial amounts of space debris [and] ... a collision risk to other satellites in other orbits (or worse to people on the ground)."

Frantzen 408 und Perek409 berichten, dass es im Zusammenhang mit dem Einsatz starker Laser-Kanonen bei ASAT-Tests bereits zu radioaktiver Ver403 Eastlund, Mesocyclone Diagnostic Requirements For Thunderstonn Solar Power Satellite Project, Proceedings of the Second Conference on the Applications of Remote Sensing and GIS for Disaster Management, January 19-21, 1999 S. 1. 404 Health Jr., Fn. 38 S. 303.

405 Appell von 370 Abgeordneten des Europäischen Parlaments vom 16. März 2001 "We clearly say No to the US plans for a National Missile Defense!", abgedruckt in INESAP Infonnation Bulletin Nr. 18 (September 2001) S. 60. 406 Tan, 180 Fn. S. 151; Williamson, Fn. 180 S. 296; Heath Jr., Fn. 38 S. 303; Reibel, Environmental Law Aspects of Maintining Outer Space for Peaceful Purposes, Proc. 31 st Colloq. Space Law (1989) S. 67. 407 Heath Jr., Fn. 38 S. 303. 25 Wolter

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

strahlung gekommen ist. Auch Hashimoto 41O trug auf dem 43. Colloqium des International Institute for Space Law am 2.-6. 10. 2000 vor, dass die

Umweltbeeinträchtigungen auf Grund von Weltraumwaffen nicht erst mit deren Stationierung, sondern bereits mit ihrer Erprobung im Weltraum einhergehen. Hashimoto 411 stellt außerdem die Frage, wer für die "Räumung" des Weltraum schrotts verantwortlich sei, der bei der Erprobung von Weltraumwaffen in einem in seinen Auswirkungen für die Weltraumumwelt ungekanntem Ausmaß entsteht. Die Umweltauswirkungen im Weltraum wie auf der Erde einer Zerstörung eines Nukleargefechtskopfes oberhalb der Erdatmosphäre im Rahmen einer Raketenabwehr sind unübersehbar. 412 Wenn - wie neuerdings erwogen413 - nun auch die Abfangrakete mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden soll, würden zwei oder mehr Nuklearsprengköpfe miteinander kollidieren. Heath 414 und Reibel415 stellen den schädlichen Umweltauswirkungen mi-

litärischer Nutzungen die positiven Effekte einer friedlichen Zusammenarbeit bei der Bewahrung der Umwelt im Gemeinschaftsraum für künftige Generationen gegenüber. Reibez4 16 empfiehlt: "Expand the debate on the military uses of outer space to include the environmental perspective ... Resources should be directed towards researching the military's role in a non-weapons, international cooperative space environment, which would alleviate the need for a ,space control' policy .... The environmental perspective can provide a context within which to view the current state of human evolution, and the responsibilities of this first space generation to all future generations."

Der bei Tests mit Killersatelliten oder BMD-Systemen zur Zerstörung eines im Weltraum stationiertes Objekts dem Zweck solcher Tests entspreFrantzen, Fn. 176 in Böckstieget (Hrsg.) S. 607. Perek, Fn. 180 in Böckstieget (Hrsg.) S. 18. 410 Hashimoto, Beitrag auf dem 43. Colloqium des International Institute for Space Law am 2.-6. 10. 2000 in Rio de Janeiro (unveröffentlicht), berichtet in JSL 28 (2000) S. 138. 411 Hashimoto, Fn. 410 S. 139. 412 Jasani, Fn. 371 S. 247: "Generally, the incoming warheads are armed with impact fuses so that they explode on landing. The KV [kill vehicle] interceptor is supposed to destroy the incoming warheads by colliding with them. Therefore, the chances are that the adversary's warheads will explode above the atmosphere, thereby spreading the highly toxie plutonium and, perhaps, other radioactive materials. These substances will quickly spread throughout the atmosphere and enter the human body by ingestion or via the food chain when they eventually settle on the earth' s surface." 413 s. o. B. 11. 1. c) bb) (4) S. 52 Fn. 192. 414 Heath Jr., Fn. 38 S. 303. 415 Reihet, Fn. 406 S. 67. 416 Reihet, Fn. 406 S. 67. 408

409

v. Rechtsstandards und Kriterien der friedlichen Nutzung

387

chend gezielt herbeigeführte Umweltmüll kann nicht mehr als eine mit der zivilen Satellitennutzung vergleichbare, notwendiger Weise hinzunehmende Begleiterscheinung einer ansonsten gemeinwohlverträglichen Weltraumnutzung angesehen werden. Das verbietet das für die internationale Gemeinschaft nicht einschätzbare Ausmaß der im Weltraum für Testzwecke zerstörten Objekte, zumal keinerlei verlässliche Angaben gemacht werden, wie viele Tests für die Entwicklung von Weltraumwaffen für erforderlich gehalten werden. Der Rechtsstandard verbietet dies auch in Anerkennung der Verpflichtung zur Bewahrung der Umwelt gegenüber künftigen Generationen. ft) Fazit

Der Übergang zu aktiver militärischer Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Art verstieße gegen alle fünf Rechtsstandards der friedlichen Nutzung und ist daher mit dem Grundsatz der friedlichen Nutzung nicht vereinbar. Ohne eine angemessene Beteiligung der internationalen Gemeinschaft und eine einvernehmliche Einbindung in einen multilateralen Rahmen wäre damit eine Stationierung eines NMD-Systems mit aktiven zerstörerischen Komponenten im Weltraum völkerrechtlich nicht zulässig. Insbesondere ist auch die einseitige Stationierung eines umfassenden NMDSystems zur Bekämpfung von Raketen im Mitflug mit der Verbringung von Waffen im Weltraum als unzulässig anzusehen. Auch soweit eine "midcourse dejense" durch boden-, luft- und/oder seegestützte Abfangraketen erfolgen und lediglich Sensoren als weltraumgestützte Komponenten verwenden soll, bestünden Zweifel an der Zulässigkeit, da jedenfalls die zerstörerische Wirkung des Abfangvorgangs im Weltraum eintritt und somit das Gesamtsystem als eine aktive zerstörerische Nutzung des Weltraums anzusehen ist. Lediglich ein beschränktes NMD-System zur Bekämpfung feindlicher Raketen in der Startphase außerhalb des Weltraums kann vom Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums gesehen als unbedenklich gelten. Wegen seines Rückgriffs auf weltraumgestützte Sensoren und damit der Möglichkeit, das System rasch zu einem umfassenderen weltraumgestützten System auszubauen ("layered dejence"),417 ist jedoch auch insoweit eine kooperative Einbettung angezeigt, um dem Erfordernis des Rechtsstandards positiver Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit gemäß Artikel III WRV gerecht zu werden.

417 25*

s. dazu o. Kapitel B. 11. 2. t).

388

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

6. Durchsetzung und Effektuierung der Verpflichtungen

Ohne den Abschluss eines konkretisierenden Ausführungsabkommens zum Weltraumvertrag mit dem von der Ratifizierung ausgehenden erhöhten Druck der Einhaltung und Anwendung der Rechtsstandards der friedlichen Nutzung wird eine einvernehmliche Umsetzung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums kaum erzielt werden können. Da "die Rechtsdurchsetzung ganz generell eine Achillesferse der internationalen Gemeinschaft bildet",418 droht der Grundsatz durch die Schaffung von Fakten ausgehöhlt zu werden. Die dadurch noch verstärkte Rechtsunsicherheit könnte schwere Konflikte hervorrufen. Da es sich um eine erga omnes- Verpflichtung handelt,419 stünde jedem Staat bei Verletzung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums ein Repressalienrecht zu. In schwerwiegenden Fällen wäre es Aufgabe des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, geeignete Maßnahmen "in Interessenvertretung der Staatengemeinschaft"420 bei einer Verletzung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums zu ergreifen. Er wird aber bekanntermaßen durch das Veto seiner ständigen Mitglieder, die zugleich die Nuklear- und Weltraummächte sind, blockiert. Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII SVN kommen erst bei einer Verletzung des Gewaltverbots in Frage, was bei der bloßen Stationierung von Weltraumwaffen nicht der Fall ist. Auch wird man im Regelfall darin noch keine Gewaltandrohung sehen können, zumal die NMD-Pläne erklärtermaßen defensiven Charakter haben, auch wenn die objektive Wirkung eine andere sein kann. Unter Berufung auf das Recht zur Repressalie könnte ein Staat auf Grund der Stationierung von Weltraumwaffen z. B. die Störung von Sensorsatelliten rechtfertigen. Wollte man in einer solchen Störung bereits eine Gewaltanwendung sehen, könnte der betroffene Staat das - allerdings umstrittene - Recht zu gewaltsamer Repressalie421 geltend machen. Um die Entstehung solcher die internationale Sicherheit gefährdenden Konfliktsituationen zu vermeiden, wäre es zur Schaffung der notwendigen Rechtssicherheit unbedingt angezeigt, auch bei der Stationierung eines NMD-Systems, dessen weltraumgestützte Komponenten auf Sensoren beschränkt wären, kooperativ und im Einvernehmen mit der internationalen Gemeinschaft vorzugehen, um dadurch deren Zulässigkeit außer Streit zu stellen.

418 Tomuschat, Völkerrechtlicher Vertrag und Drittstaaten, in Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 28, (1988) S. 40. 419 s. o. Kapitel D. III. 420 Seidel, Die Völkerrechtsordnung an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, AVR 38 (2000) S. 24. 421 s. dazu u. Kapitel D. V. 3. a) und Verdross/Simma, Fn. 199 S. 294 § 480.

VI. Das Verhältnis der weltraumbezogenen Bestimmungen

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VI. Das Verhältnis der weltraumbezogenen Bestimmungen des ARM-Vertrages zu den erga omnes-Verpflichtungen des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums 1. Die weltraumbezogenen Bestimmungen des ABM-Vertrages Der bilaterale ABM-Vertrag422 steht in einem engen Verhältnis zum multilateralen Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums. Er enthält Bestimmungen zur militärischen Nutzung des Weltraums bzw. ihrer Begrenzung, die unmittelbar den Grundsatz der friedlichen Nutzung im Weltraum vertrag betreffen. Außerdem berührt der das nukleare Gleichgewicht regelnde Vertrag auch das Menschheitsinteresse an Sicherheit vor der nuklearen Katastrophe - wie er es in seiner Präambel selber treffend mit der Feststellung "to avoid nuclear war in the interest 0/ alt mankind" zum Ausdruck bringt - sowie die nukleare Abrüstungsverpflichtung. Der ABMVertrag sieht in Artikel I Absatz 2 vor, dass die Vertragsparteien mit Ausnahme der in Artikel III zugelassenen zwei landgestützten ABM-Systeme keine weiteren, insbesondere keine weltraumgestützten ABM-Systeme423 errichten werden. Dies wurde durch Artikel V ergänzt, wonach ABM-Systerne, insbesondere weltraumgestützte Systeme auch nicht entwickelt, getestet oder stationiert werden dürfen. In Artikel VI wurde außerdem die Entwicklung und Stationierung von zusätzlichen Sensorsatelliten und Radaranlagen untersagt. Diese Bestimmung stellt den konkreten Hauptanlass für die jetzige Kündigung des Vertrages durch die USA dar, denn die NMD- Tests mit Sensorsatelliten und der begonnene Bau neuer Radaranlagen würden gegen diese Bestimmung verstoßen. In der Gemeinsamen Erklärung D, die zum Streitpunkt einer heftigen Kontroverse über die sog. restriktive oder extensive Auslegung innerhalb der US-Regierung,424 ZWl422 Vertrag vom 26. Mai 1972 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion über die Begrenzung der Systeme zur Abwehr ballistischer Flugkörper (ABM-Vertrag), abgedruckt in WelckiPlatzöder, Fn. 3 S. 62. 423 In Artikel 11 werden ABM-Systeme definiert als "a system to counter strategic ballistic missiles or their elements in flight trajectory, currently consisting of: (a) ABM interceptor missiles, which are interceptor missiles constructed and deployed für an ABM role, or of a type tested in an ABM mode; (b) ABM launchers, which are launchers constructed and deployed for launching ABM interceptor missiles; and (c) ABM radars, which are radars constructed and deployed for an ABM role, or of a type tested in an ABM mode." 424 s. die Ablehnung der Neuinterpretation durch den stellvertretenden Rechtsberater des State Department und der SALT I-Delegation lohn Rhinelander, The ABM-Treaty - its Evolution, Interpretation and Grey Areas, and an Official Attempt at Reinterpretation, in Brauch (Hrsg.), Star Wars and European Defence. Implications for Europe: Perceptions and Assessments (1987) S. 373 und Longstrethl PikelRhinelander, The Impact of US and Soviet Ballistic Missile Defense Programs

390

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

sehen den USA und anderen CD-Delegationen425 und in der Wissenschaft426 wurde, war ergänzend vorgesehen, dass im Falle der Entwicklung neuartiger ABM-Systeme "based on other physieal prineiples" diese in spezifischen Konsultationen im Konsultativauschuss nach Artikel XIII des Vertrages begrenzt (" speeijie limitations") und nicht etwa erlaubt werden sollten. 427 2. Auswirkungen des ABM-Vertrages auf das multilaterale Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungsgefüge

Rüstungskontrollpolitisch besteht kein Zweifel, dass die bilateralen amerikanisch-russischen Verhandlungen zum Schicksal des ABM- Vertrages bzw. diese betreffende einseitige Maßnahmen und die Gespräche zu NMD und einer "strategie transition" zwischen Defensiv- und Offensivsystemen unmittelbare Rückwirkungen auf wesentliche Grundlagen des gesamten multilateralen Rüstungskontroll-, Abrüstungs- und Nichtverbreitungsgefüges haben.428 So stellt UNIDIR 429 in seiner Studie zur Rüstungskontrolle im Welton the ABM Treaty (National Campaign to Save the ABM Treaty, 3. Auf!. 1985) S. 23 sowie die Auseinandersetzung auf dem Panel "Srategic Arms Limitation: Treaty Obligations and the Strategie Defense Initiative" beim 80th Annual Meeting der ASIL, Proceedings (1986) zwischen Rhinelander (S. 85) und Chayes (S. 78) einerseits und dem neuen Rechtsberater des State Department Sa/aer (S. 82) andererseits. 425 Russland, China und einige ungebundene CD-Delegationen forderten, an der bestehenden Auslegung festzuhalten; s. o. B. 1II. 2. c) aa) Fn. 442 u. weitere Nachweise bei Alves, Fn. 76 S. 66; Kubbig, NMD kontra ABM-Vertrag. Die Differenzen zwischen den USA und Russland, Wissenschaft & Frieden, (112001) S. 20; Liebert, Dammbruch mit ungeahnten Folgen? Die Bedeutung des ABM-Vertrages für die strategische Stabilität, Wissenschaft & Frieden (112001) S. 16. 426 Rhinelander, Fn. 424 in Brauch (Hrsg.) S. 421; Chayes, Abraham/Chayes Antania H./Spitzer, Fn. 38 in Lang/Hafner/Bautwelt (Hrsg.) S. 197; Liebert Fn. 425 S. 16; Kubbig, Fn. 425 S. 20. 427 Das 1997 zwischen den USA und Russland unterzeichnete Demarkationsabkommen vom 26. 9. 1997 (First Agreed Statement of September 26, 1997, Relating to the ABM Treaty; abrufbar auf der Webseite des US Department of State file:/ / C:\TEMP\first.htm) beruhte nicht auf dieser Erklärung, sondern hatte den Zweck, die fehlende Abgrenzung zwischen verbotenen strategischen Abwehrsystemen und erlaubten taktischen Systemen (TMD) festzulegen; in dem gemäß Artikel VI (a) ABM-Vertrag zur KlarsteIlung der Abgrenzung zwischen erlaubten und nicht-erlaubten Systemen 1997 abgeschlossen Abkommen werden TMD-Systeme als ballistische Raketen mit einer Reichweite unter 3500 km definiert; s. o. Kapitel B. II. 1. a) Fn. 105 u. Heinegg, v.: Der Rücktritt der USA vom ABM-Vertrag: Völkerrechtliche Würdigung unter besonderer Berücksichtigung einer alternativen Anpassung an die Erfordernisse einer multipol aren Welt, Die Friedens-Warte 76 (2001) 417; Alves, Access to Outer Space Technologies: Implications for International Security (UNIDIR 1992) S. 95.

VI. Das Verhältnis der weltraumbezogenen Bestimmungen

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raum fest, dass insbesondere auch der Nichtverbreitungsvertrag und das Abkommen über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen betroffen sind. In der CD hat daher die große Mehrheit der Delegationen43o ebenso wie in den Resolutionen der VN-Generalversammlung auf diesen Zusammenhang mit der Forderung nach strikter Einhaltung sowohl der bi- wie der multilateralen Bestimmungen hinsichtlich einer Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum reagiert. In ihrer Resolution 39/59431 erklärte die VN-Generalversammlung: "In the context of multilateral negotiations for preventing an anns race in outer space, bilateral negotiations between the Soviet Union and the United States could make a significant contribution to such an objective ... the Assembly requested them to advise the CD regularly of the progress of their talks."

Am 1. 12. 1999 nahm die Generalversammlung unter dem Titel "Preservation of and compliance with the Treaty on the Limitation of Anti-Ballistic Missile Systems" eine eigenständige Resolution432 zum ABM- Vertrag an, in der sie das Menschheitsinteresse an der Erhaltung der Verpflichtungen zur Verhinderung eines Wettrüstens erklärt.

428 McFate/Graybeal, The Relationship of the ABM Treaty to Strategie Stability and Outer Space, in BeierlMataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 28 kommen nach einem Vergleich der internationalen Sicherheit mit und ohne ABM-Vertrag zu einem eindeutigen Ergebnis: "When the likely outcomes are weighed, it is clear that maintaining and strenghtening the ABM Treaty is in the national security interests of Russia and the United States, and in the international security interests of alt countries. Avoiding offense/defence arms races is in everyone's interests - politically, militarily, and economically. [Hervorhebung von mir]; Feinrider, Fn. 77 S. 236: "Both the United States and the Soviet Union treat the nuclear arms control and disannament process as a matter to be resolved between themselves, an issue for which they are the only parties directly at interest. Nothing could be further from the truth." Im selben Sinn stellen Bahr/Lutz, Gemeinsame Sicherheit: Einführende Überlegungen, in BahrlLutz (Hrsg.), Gemeinsame Sicherheit - Idee und Konzept. Bd. 1 Zu den Ausgangsüberlegungen, Grundlagen und Strukturmerkmalen gemeinsamer Sicherheit (1. Aufl. 1986) S. 26 fest: "Globale Waffen erfordern globale Regeln." 429 UNlDIR, Fn. 186 S. 87. 430 Nachweise bei Alves Fn. 76 S. 103; ausführlich hat z. B. Pakistan, CD!708 v. 26. 6. 1986 S. 1 in einem Arbeitspapier bis zu einer universellen Lösung als zumindest vorläufige vertrauensbildende Maßnahmen eine Festigung des ABM- Vertrages mit einer klaren Abgrenzung erlaubter und nicht-erlaubter Forschungen und Tests vorgeschlagen. Dies sollte durch eine Verpflichtung aller Staaten ergänzt werden, sich an den ABM-Standard zu halten und keine eigenen über den ABM-Vertrag hinausgehenden Entwicklungsschritte zu unternehmen. 431 Resolution 39/59 v. 12. 12. 1984, abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 611. 432 Resolution 54/54 v. 1. 12. 1999.

392

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

3. Die Frage einer erga omnes- Wirkung des ABM-Vertrages

und das Verhältnis zum multilateralen Grundsatz der friedlichen Nutzung

des Weltraums

Schon lange vor der Aufkündigung des ABM-Vertrages durch die USA am 13. 12. 2001 ist sowohl in der Staatenpraxis als auch in der Völkerrechtswissenschaft433 insbesondere unter Verweis auf die IGH-Entscheidungen im Barcelona Traction-Fall von 1970434 und zu den Französischen Nuklearversuchen 435 von 1974 die Auffassung vertreten worden, dass bilaterale nukleare Abrüstungsverpflichtungen auch Verpflichtungen gegenüber der Staatengemeinschaft darstellen, soweit sie entsprechend der Pflicht zur nuklearen Abrüstung dem nuklearen Wettrüsten Einhalt gebieten sollen. Diese Auffassung erhält durch das Rechtsgutachten des IGH zur Rechtmäßigkeit von Nuklearwaffen 436 von 1996 eine weitere Stütze. Pointiert hat Martin Feinrider437 im Zusammenhang mit einer völkerrechtlichen Bewertung des SDI- Vorhabens vor der American Society 0/ International Law 1985 diesen Standpunkt vertreten. Feinrider begründet die erga omnes-Wirkung des ABM- Vertages vor allem mit der das Überleben der Menschheit insgesamt bedrohenden Wirkung von Nuklearwaffen. In Bezug auf die mögliche Einbeziehung des Weltraums in das nukleare Wettrüsten sieht er zudem wegen des Status des Weltraums als CHOM ein fundamentales Interesse ,,0/ all nations in controlling nuclear weaponry and the peace/ul use 0/ outer space ... Der hochrangige Rüstungsexperte in der Abrüstungsabteilung des kanadischen Außenministeriums, F. R. Cleminson,438 hat in gleichem Sinn auf dem 15. Ottawa Non-Proliferation, Anns Control and Disannament Verification Symposium 1998 die Auffassung vertreten, dass der ABM- Vertrag als ein bewährtes Modell für die Nichtverbreitung neuer Waffensysteme im Weltraum "though bilateral in nature, ... has become multilateral in scope in that it is now recognized internationally as part 0/ a body 0/ treaties and agreements which constitutes ,customary space law"'. Auch die VN-Generalversammlung439 bekräftigt für die internationale Gemeinschaft den Anspruch an die Weltraummächte H.

"to strictly comply with bi- and multilateral agreements ... and to refrain from any action contrary to that aim [of preventing an arms race in outer space]". Feinrider, Fn. 77 S. 236. ICJ Reports 1970 S. 32. 435 ICJ Reports 1974 S. 267,472. 436 ICJ Reports 1996 S. 264. 437 Feinrider, Fn. 77 S. 236: "Nuclear arms control obligations undertaken by the two nuclear superpowers are obligations erga omnes, not merely inter se. "; s. auch Daniellson, Fn. 97 in Jasani (Hrsg.) S. 176. 438 Cleminson, Fn. 90 in BeierlMataila (Hrsg.) S. 36. 439 s. jeweils die Resolutionen zum TOP PAROS, Fn. 294 u. 309. 433

434

VI. Das Verhältnis der weltraumbezogenen Bestimmungen

393

China und Russland 440 haben in der Genfer Abrüstungskonferenz mehrfach die Grundprinzipien des ABM-Vertrages, insbesondere sein Verbot der Stationierung von ABM-Waffen im Weltraum, als Elemente der internationalen Sicherheit bezeichnet, deren Einhaltung auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft geschuldet werde. So wird vielfach seit 1981 in den Resolutionen der VN-Generalversammlung zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum die Erwartung der internationalen Gemeinschaft betont, dass der ABM- Vertrag eingehalten wird. Nur in dieser Erwartung nimmt die internationale Gemeinschaft - allerdings widerstrebend - hin, dass noch kein multilaterales Abkommen zum Verbot von Weltraumwaffen abgeschlossen wurde. Wohl wird man angesichts der von den USA mehrfach angekündigten Überprüfung des ABM- Vertrages keinen rechtswirksamen Vertrauensschutz in dessen unveränderte Beibehaltung annehmen können. Es ist außerdem klar, dass jedenfalls die USA eine solche Begrenzung ihres Handlungsspielraums bezüglich bilateraler oder einseitiger Verpflichtungen im Rüstungskontroll- und Abrüstungsbereich auch in Bezug auf Nuklearwaffen nicht teilen. Es erscheint daher zweifelhaft, dem ABMVertrag insgesamt und in seiner konkreten Ausgestaltung eine erga omnesWirkung zuzuschreiben. 4. Die weltraumbezogenen Bestimmungen des ABM -Vertrages als bilaterale Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums

Dagegen wird man die Kernbestimmungen des ABM- Vertrages als eine zum Zeitpunkt seines Abschlusses angemessene Konkretisierung des für die USA und Russland weltraumvertraglich verbindlichen Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums ansehen können. Aus der erga omnesWirkung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung ergeben sich Folgerungen hinsichtlich der notwendigen Berücksichtigung der Interessen der internationalen Gemeinschaft bei diese betreffenden Maßnahmen der Vertrags440 Joint Chinese-Russian statement adopted on 10 December 1999, übermittelt an die CD in CDI1605 v. 27. 1. 2000. Darin heißt es u. a.: "The two sides consider that the creation, in violation of the Anti-Ballistic Missile Treaty of 1972, of a national anti-ballistic-missile defence system by one of the States which signed that Treaty will have a destructive effect on strategie stability and on the entire structure of key international agreements relating to disarmament and the non-proliferation of weapons of mass destruction and means of their delivery, and will mar prospects for achieving further progress in that direction."; Press Release der Russischen CDVertretung in Genf v. 22. 1. 2002: Der neue russische CD-Botschafter Skotnikov erklärte bei der ersten Plenarsitzung der CD nach der amerikanischen ABM-Kündigung am 22. 1. 2002, die US-Entscheidung reflektiere einen "unilateral approach which runs contrary to security interests of other countries and international security in general."

394

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

parteien. Die nach dem IGH-Rechtsgutachten zu Nuklearwajfen 441 bestehende Pflicht zur Verhandlung eines multilateralen Abkommens über vollständige nukleare Abrüstung umfasst auch den Weltraum. Hinzu kommt, dass Rüstungsmaßnahmen im Weltraum zusätzlich den erga omnes geltenden CHOM-Status sowie die Rechtsstandards der friedlichen Nutzung zu berücksichtigen haben, woraus der internationalen Gemeinschaft in der Tat mehr als nur ein politisches "droit de regard" auch hinsichtlich der einschlägigen bilateralen Abkommen erwächst. Auf Grund der wiederholten Indossierung durch die internationale Gemeinschaft sind die sich auf den Weltraum beziehenden bilateralen Verpflichtungen Teil der normativen Substanz der Kombinationsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums geworden. Die im ABM-Vertrag enthaltene Verpflichtung, keine weltraumgestützten ABM-Systeme zu entwickeln, bekräftigt und konkretisiert also die multilateralen Rechtsstandards der friedlichen Nutzung, die das überragende Gemeinschaftsinteresse an der friedlichen Nutzung des Weltraums verkörpern. Dessen Substanz wird zugleich wiederum auch aus den bilateralen, von der internationalen Gemeinschaft indossierten Regelungsgehalt des ABM-Vertrages mitbestimmt. Die bilaterale Verbotsvorschrift des ABMVertrages, keine ABM-Systeme im Weltraum zu stationieren, korrespondiert also mit dem multilateralen Rechtsstandard der Verhinderung eines Wettrüstens durch Verzicht auf eine Bewaffnung des Weltraums. 442 In dieser Argumentation ist die von Almonct43 nach den verschiedenen Funktionen von Rüstungskontrollverträgen getroffene Unterscheidung nützlich. Je nach dem Grad der Orientierung an den Bedürfnissen der internationalen Gemeinschaft und der Stärkung des "public international order" unterscheidet er Rüstungskontrollverträge, die im Allgemeininteresse der internationalen Sicherheit auf "greater strength and security 0/ a public order" gerichtet sind, und solche, die lediglich als Rahmen dienen für die Fortsetzung eines "competitive process ... in which the two powers continue their own separate militarily oriented or other strategies for achieving their own goals".444

Da sie auch den Gemeinschaftsraum betreffen, müssen jedenfalls die weltraumbezogenen Bestimmungen des ABM- Vertrages dem allgemeinen Sicherheitsinteresse der internationalen Gemeinschaft entsprechen. Insoweit ergibt sich aus dem CHOM-Status und der Menschheitsklausel, dass auch 441

Ie] Reports 1996 S. 42 Para. 100.

Lindsay, Fn. 145 in BaierlMataila, (Hrsg.) S. 190 stellt zu Recht fest: "Since all nations border on space, and most space vehicles fly over most countries, the problems of security are necessarily of a multilateral nature." 443 Almond, Fn. 125, S. 242: "Arms control processes have differing impacts in a ,global war system,' with its emphasis on military strategies and the use of force." 444 Almond, Fn. 125 S. 242: " ... where the commonalities of policy ... are ignored, the basis for future agreements is severely impaired." 442

VI. Das Verhältnis der weltraumbezogenen Bestimmungen

395

die bilateralen Bestimmungen an den Bedürfnissen der internationalen Gemeinschaft ausgerichtet sein müssen. In allgemeiner Form müssen also bilaterale Schritte an diesem Gemeinwohlstandard der internationalen Sicherheit orientiert sein. Die verfahrensmäßige Konsequenz daraus ist, dass einseitige Vorgehensweisen insoweit eingeschränkt sind, als die Verfolgung der nationalen Sicherheitsinteressen im Gemeinschaftsraum nur im Rahmen der Wahrung der internationalen Sicherheitsinteressen zulässig ist. Sieht man den ABM- Vertrag in seinem auf den Weltraum bezogenen Inhalt in diesem Sinn als eine bilaterale Konkretisierung des Gebots der friedlichen Nutzung des Weltraums durch die beiden Weltraummächte und berücksichtigt dessen erga omnes-Charakter, so wird deutlich, dass das Interesse der internationalen Gemeinschaft an der Einhaltung der Weltraumbestimmungen des ABM-Vertrages auch rechtlich begründet ist. Ein zusätzlicher Argumentationsstrang für diese rechtliche Begründung des Allgemeininteresses an der Beachtung der Weltraumbestimmungen des ABMVertrages eröffnet der Hinweis von Feinrider auf die nuklearen Abrüstungsverpflichtungen, dem nach dem IGH-Rechtsgutachten zu Nuklearwaffen noch zusätzliches Gewicht zukommt. Auch insoweit wird man in der Erfüllung dieser das Überleben der Menschheit schützenden Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung ein vorrangiges Allgemeininteresse sehen müssen, dessen Einhaltung gegenüber der internationalen Gemeinschaft als Ganzes geschuldet wird. Wenn der IGH in ihr eine Verpflichtung zum Abschluss (obligatio de concluendo) und nicht nur eine Verpflichtung zur Aufnahme von Verhandlungen (obligatio de negotiando) über einen Vertrag zur vollständigen und umfassenden Abrüstung begründet sieht, dann bedeutet dies für den Weltraum, dass ein entsprechendes Abkommen über die Freihaltung des Gemeinschaftsraumes von allen Waffen auszuhandeln ist, die das nukleare Wettrüsten auf der Erde oder im Weltraum anheizen könnten. In Bezug auf den ABM-Vertrag folgt daraus, dass die Vertragsparteien auch nach der einseitigen Kündigung des Vertrages gehalten sind, seine weltraumbezogenen Kernelemente als Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung in einem neuen Abkommen bi- oder multilateraler Art in einer die Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft bewahrenden Weise neu zu konkretisieren. Dabei sind insbesondere die Rechtsstandards der friedlichen Nutzung als verbindlicher Orientierungsmaßstab einzuhalten.

396

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

VII. Die Notwendigkeit der verfahrensmäßigen Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums durch Schaffung einer internationalen sicherheitspolitischen Weltraumordnung 1. Das Normativbedürfnis einer verfahrensmäßigen Konkretisierung

des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums

a) Das Umsetzungseifordernis des Weltraumvertrags zur Sicherung der Gemeinschaftsinteressen durch internationale Nutzungsordnungen im Allgemeinen

Die verstärkte weltraumrechtliche Allgemeinwohlbindung in Gestalt der Menschheitsklausel, der CHOM-Status des Weltraums entsprechend Artikel I WRV und Artikel 11 MV sowie das weltraumrechtliche Kooperationsgebot bilden den völkerrechtlichen Ausgangspunkt für die Feststellung, dass die Nutzungen des Weltraums einer die Einhaltung des Menschheitsinteresses gewährleistenden internationalen Ordnung bedürfen. Oscar Schachter445 unterstrich bereits 1964 die Notwendigkeit " ... of creating the necessary machinery for dealing with the problems of space ... " und meinte " ... international organizations in general and the United Nations in particular could perform a variety of functions that would clarify the common interests and project policies for the long range development ... and will contribute substantially toward realizing the ideal of a ,~orld community ... "

Auch McDouga~6 betonte die Notwendigkeit der Schaffung eines "Regime of Outer Space" im Interesse der "Zarger community of mankind" mit der Aufgabe "to centralize decision-making in sufficient degree adequateZy to secure the inclusive interests of all peopZes ... ". Bourley447 hat in jünge-

rer Zeit in grundsätzlicher Art dargelegt, dass auf Grund von Artikel I WVR und des weltraumrechtlichen Kooperationsgebots das völkerrechtliche Bedürfnis besteht, solche internationale Ordnungen einschließlich verfahrensmäßiger und - wo angezeigt - institutioneller Vorkehrungen zu schaffen. Rechtstheoretisch ergibt sich dieses verfahrensmäßige Erfordernis insbesondere daraus, dass ein allgemeinverbindliches einheitliches Verständnis des Menschheitsinteresses nicht in jedem Fall angenommen werden kann. 448 Ohne eine verfahrensmäßige Sicherung des Allgemeininteresses 445 Schachter, Fn. 115 in Cohen (Hrsg.) S. 97; ders., Sharing the World's Resources (1977); ders.,Diskussionsbeitrag, Proc. ASIL 80th Annual Meeting (1986) S. 374. 446 McDougal, Fn. 119 in Cohen (Hrsg.) S. 109. 447 Bourely, The Institutional Framework of Space Activities in Outer Space, JSL 26 (1998) S. l. 448 Goodwin, Fn. 175 S. 3: "There is no universally acceptable, definite ans wer to the question ,What is the common good?'"

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

397

wäre die Zurückverlagerung der Beurteilung und Feststellung des Allgemeinwohlinteresses in das alleinige Belieben der Einzelstaaten die Folge. Dies entspräche angesichts des ausdrücklichen Rücksichtnahmegebots des Artikel IX WRV und der verstärkten Allgemeinwohlbindung auf Grund der Menschheitsklausel jedoch weder der Intention des Weltraumvertrages noch dem CHOM-Status des Gemeinschaftsraumes noch dem diesen zu Grunde liegenden Strukturwandel im Weltraumrecht. 449 Außerdem kann es im Konfliktfall zu unlösbar sich gegenüber stehenden widerstreitenden Auslegungen kommen, die nur in einem angemessenen Verfahren im Rahmen einer internationalen Ordnung aufgelöst werden können. Es geht hier allein um die Frage, auf welche Weise das Allgemeininteresse festgestellt und beurteilt wird und noch nicht um die davon getrennt zu behandelnde Problematik der Durchsetzung der Allgemeininteressen. 45o Es geht hier auch nicht darum, eine Institution an Stelle der Staaten zur Sicherung des Allgemeininteresses zu ermächtigen. Vielmehr soll die verfahrensmäßige Sicherung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums gewährleisten, dass die Staaten gemeinsam, anstatt im Alleingang das Allgemeininteresse verwirklichen. Dies ist das herausragende Strukturerfordernis als Ersatz für den auf Grund des Gemeinschaftsstatus erfolgten Ausschlusses staatlicher Souveränität im Weltraum. Wenn also die Notwendigkeit der verfahrensmäßigen Gewährleistung des Menschheitsinteresses unbestreitbar ist,451 bestehen da449 s. o. C. 11. 2. c) aa) und C. 11. 4; Marcoff, Principes Fondamentaux du Droit International de I'Espace, in Constantopoulos (Hrsg.), Air and Outer Space Law: X Thesaurius Acrosium (1981) S. 254 betont die Notwendigkeit "of guaranteeing that the de facto inequality that now exists is neutralized and replaced by the concerted and coordinated action required for the general human good ... "; Bedjaoui, Classicism and Revolution in the Elaboration of the Principles and Rules of Space Law, in lasentuliyana (Hrsg.) Perspectives of International Law (1995) S. 457 spricht von der "obligation to act in the interest of all countries ... Only space activity whose ,declared and actual aim serves all human beings', to use an Charles Chaumont's expression, can be considered by all as conforming to the principle of the general human good, as set forth in the Outer Space Treaty and by resolutions preceding and following the Treaty."; Monserrat Filho, On Private, States and International Public Interests in Space Law, Proc. 38th Colloq. Space Law (1996) S. 242 betont, dass "States, international organizations and private corporations can explore and use outer space only if their programs are according to the international public interest." 450 Bleckmann, Die Entwicklung der Allgemeininteressen aus den Grundrechten und der Verfassung. Zur Staatenzwecklehre des Grundgesetzes und zur Interessenstruktur des Europäischen und des Völkerrechts (1991) S. 33 weist die Aufgabe der Durchsetzung der Allgemeininteressen angesichts der fehlenden Zentralgewalt im Völkerrecht weiterhin den Staaten zu, was zwar in gewissem Widerspruch zu seinem ansonsten konstatierten völkerrechtlichen Strukturwandel steht, aber wiederum mit seiner schwankenden Bewertung dieses Wandels und des Zögerns, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, korrespondiert; s. o. Kapitel C. 11. Fn. 224. 451 Montserrat Filho, Fn. 449 S. 242.

398

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

gegen hinsichtlich des jeweiligen Inhalts der Nutzungsordnung und des Grades der notwendigen institutionellen Absicherung unterschiedliche Auffassungen. 452 Ein weiterer Ausgangspunkt für das Konkretisierungserfordernis und zugleich die Konkretisierungserwartung hinsichtlich der weltraumvertraglichen Menschheitsklausel, des CHOM-Prinzips und des Grundsatzes der friedlichen Nutzung ist jeweils ihr ,generic character,.453 Sie bedürfen notwendigerweise konkreter Umsetzungsschritte, um operabel zu sein. 454 Das weltraumspezifische Umsetzungserfordernis deckt sich mit dem allgemein für das CHOM-Prinzip geltenden Konkretisierungserfordernis, wobei das Prinzip ähnlich wie die weltraum vertragliche Menschheitsklausel und der Grundsatz der friedlichen Nutzung die Leitlinien für die Konkretisierung und Umsetzung selber vorgibt. 455 Postyshev456 begründet das Umsetzungserfordernis in Bezug auf den CHOM-Grundsatz aus einer objektiven Notwendigkeit der Ausweitung des völkerrechtlichen Regelungsbereichs - also unter Rückgriff auf die bereits von Wolfgang Friedmann als ein Hauptelement des völkerrechtlichen Strukturwandels konstatierte "horizontal expansion of international law": "The concept of the common heritage of mankind reflects the objective necessity for extending the sphere of international legal regulation. Correspondingly, the assignment of a CHM status to some object will, even in the most general form, be tantamount to recognising the necessity of elaborating a special legal regime for this objecL" s. dazu u. Kapitel E. III. 1. 2. Brunnee, "Common Interest" - Echoes from an Empty Shell? Some Thoughts on Common Interest and International Environmental Law, ZaöRV 49 (1989) S.794. 454 Vgl. Graf zu Doha, Die Grundprinzipien des Völkerrechts über die freundschaftlichen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten (1973) S. 189, der zur "Friendly Relations "-Erklärung feststellte, dass der Grundsatz "cannot become operational without being elaborated through /urther acts requiring the consent 0/ alt the parties concemed. " 455 Hobe, Die rechtlichen Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Nutzung des Weltraums (1992) S. 106 und 289 bezeichnet die Gemeinwohlklausel treffend als "normative Leitlinie" und eine "näherer bi- und multilateraler vertraglicher Spezifizierung bedürfende Norm rechtlich verpflichtenden Charakters, die als Maßstab für die Ausgestaltung dieser Verpflichtungen im WRV selbst und über ihn hinaus für weitere rechtliche Abkommen im Bereich der Weltraumnutzung anzusehen ist"; ähnlich Stocker, Fn. 114 S. 205: Dem Rechtsprinzip sind keine konkreten Regelungen zu entnehmen, sondern Leitlinien für zukünftige Regelungen. In diesem Sinn sind von dem CHOM-Prinzip bereits beträchtliche Wirkungen ausgegangen, wie die Seerechtskonvention zeigt; vgl. auch König, Durchsetzung internationaler Bestandsund Umweltschutzvorschriften auf Hoher See im Interesse der Staatengemeinschaft (1990). 456 Postyshev, Fn. 114 S. 240 f. 452

453

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

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Das weltraum vertragliche Kooperationsgebot weist dabei die Vertragsparteien an, die Konkretisierung in Bezug auf spezifische Nutzungsfragen in einer kooperativen Ordnung zu suchen. 457 Da es bei der Gewährleistung des Allgemeininteresses in Bezug auf die friedliche Nutzung des Weltraums um die lebenswichtigen Sicherheitsinteressen aller Staaten geht, kann sich mit Blick auf den Inhalt der verfahrensmäßigen Ordnung eine Einengung auf eine bestimmte Vorgehensweise zur Sicherung eines überragenden Menschheitsinteresses ergeben, welches einseitige nationale Lösungen ausschließt. 458 Ein solches übergeordnetes Interesse ist zweifellos die friedliche Nutzung des Gemeinschaftsraums, da von ihr das Überleben der Menschheit abhängen kann. Das Umsetzungs- und Konkretisierungserfordernis in Bezug auf die friedliche Nutzung ergibt sich auch aus der zunehmenden kommerziellen Tätigkeit öffentlicher und privater Unternehmen im Weltraum, denn die Sicherheit ihrer Satelliten ist ohne eine internationale Ordnung, welche ein Schutzregime für friedlichen Zwecken dienende Weltraumobjekte errichtet, auf Dauer nicht mehr gewährleistet. In Bezug auf den Gemeinschaftsraum verbietet sich also der "neoliberale Verzicht auf internationale Regulierung mit Eigengewicht,,,459 weil weder eine angemessene Selbstregulierung stattfindet noch durch eine solche die weltraumvertraglich vorgeschriebene Berücksichtigung der Interessen aller Staaten einschließlich der großen Zahl der Nicht-Weltraummächte gewährleistet wäre. Im Sicherheitsbereich gilt das Umsetzungserfordernis in verstärktem Maß, da ein Überlassen militärischer Nutzungen an die Kräfte der Selbstregulierung automatisch auf eine Anerkennung des Rechts des Stärkeren hinausliefe, welches dem Sicherheitsinteresse der internationalen Gemeinschaft zuwiderliefe. Ohne die Schaffung einer entsprechenden Ordnung im Sicherheitsbereich würde der "Selbst-Marginalisierung des Völkerrechts gegenüber der puren Machtausübung" Vorschub geleistet. 46o Die internationale Gemeinschaft ging bei Verabschiedung des Weltraumvertrages davon aus, dass dieser auch im Sicherheitsbereich durch Spezials. o. Kapitel C. I. 2. a) ff). So Brunnee, Fn. 453 S. 794 in Bezug auf überragende Umweltinteressen: "the notion of ,common interest' may assume another quality where the emerging, shared or coinciding interests are of such intensity that their realization commands action on the international level .. . the interest can be so vital that it permits factually and legally [Hervorhebung von mir] - only one mode of conduct ... there are no national solutions"; Verdross, Jus dispositivum and jus cogens in international law AJIL 60 (1966) S. 58 spricht von "higher interest 0/ the whole international community" und "overriding common interest". 459 Paulus, Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht. Eine Untersuchung zur Entwicklung des Völkerrechts im Zeitalter der Globalisierung (2001) S. 362. 460 Paulus, Fn. 459 S. 362; s. auch Simma, Völkerrecht in der Krise? ÖZAP 20 (1980) S. 280. 457 458

400

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

abkommen ergänzt werden wird. Anders als im Seerecht, wo - allerdings nach mehr als zwei Jahrzehnten - ein umfassendes einheitliches Kodifizierungswerk gelang, sind die Vereinten Nationen im Weltraumrecht den nach überwiegender Einschätzung in den meisten Bereichen erfolgreichen Weg461 gegangen, zunächst mit dem Weltraumabkommen einen Grundvertrag zu verabschieden, der nachfolgend durch Einzelabkommen zu spezifischen Bereichen der Nutzung des Weltraums ausgefüllt werden sollte. Entsprechend dem schrittweisen Kodifizierungsansatz der Vereinten Nationen sind in vielen Bereichen der Weltraumnutzung auch bereits multilaterale Spezialabkommen oder Grundsatzresolutionen der VN-Generalversammlung verabschiedet worden. Das Konkretisierungs- und verfahrensmäßige Umsetzungserfordernis wird auch durch die Konzeption der "globalen öffentlichen Interessen" im Weltraumrecht begründet. Bereits Jenks 462 sprach in Bezug auf den Weltraum von der Notwendigkeit, ein "adequate law 0/ world public services in space" zu entwickeln. Ähnlich hat Wassenberg 463 für den Weltraum den Begriff des "international public interest" geprägt und daraus Schlussfolgerungen für die Begrenzung der staatlichen Souveränität im Gemeinschaftsraum abgeleitet. Dieser Begriff wurde im Schlussbericht464 der UNISPACE llI-Konferenz von 1999 übernommen, in dem eine Fortentwicklung des Weltraumrechts unter besonderer Berücksichtigung dieses Konzepts empfohlen wird. Monserrat Filh0 465 begründet darauf aufbauend in Verbindung mit Artikel I WRVeine Verpflichtung, im Prozess der Regelung, Evaluierung und Kontrolle der Weltraumaktivitäten dem öffentlichen Interesse den Vorrang einzuräumen. Dieser allgemeine Befund bezüglich der Umsetzungserfordernisse des weltraumrechtlichen Menschheitsinteresses wirft konkret in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums die Frage auf, ob der internationalen Gemeinschaft ein Kodifizierungsanspruch erwächst, um die Anwendung und Einhaltung des Grundsatzes in einer internationalen Ordnung für militärische Aktivitäten im Weltraum gewährleisten zu können. Eine derartige Hypothese wird vor allem durch die jüngeren Arbeiten zur "Verrechtlichung" der internationalen Gemeinschaft gestützt. Paulus466 461 Galloway, Agreement Governing the Activities of States on the Moon and Other Celestial Bodies, AASL 5 (1980) S. 507. 462 Jenks, Seven Stages in the Development of Space Law, Proc. 11 th Colloq. Space Law (1969) S. 256. 463 Wassenberg, Fn. 175 S. 20: " ... when man reached and became active in ,outer space', State sovereignty was limited in the ,international public interest'''. 464 Report of the Third United Nations Conference on the Exploration and Uses ofOuterSpace, Wien, 19.-30.7.1999, A/Conf.184/6, Kapitel 11. V. H. 2. 465 Monserrat Filho, Fn. 114 S. 32; ders., Fn. 449 S. 242.

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

401

stellt in seiner umfangreichen völkerrechtlichen Analyse der internationalen Gemeinschaft unter maßgeblicher Berufung auf Wolfgang Friedmanns Arbeit über den völkerrechtlichen Strukturwandel generell eine Erstarkung des Gemeinschaftsinteresses gegenüber den staatlichen Partikularinteressen fest, die sich in der Zuerkennung einer Rechtsträgerschaft der internationalen Gemeinschaft und einer Rechtssetzungsfunktion niederschlägt. In dem Maße, in dem der Weltraumvertrag ohnehin bereits einen verstärkten Gemeinschaftsstatus des Weltraums in Gestalt des CHOM-Prinzips konstituiert, sind die Schlussfolgerungen von Paulus auf den Weltraum als Gemeinschaftsraum a fortiori anzuwenden. Dies gilt insbesondere für die These, wonach die internationale Gemeinschaft sowohl als Träger von Rechten als auch als Rechtssetzer zur Sicherung von überragenden Gemeinschaftsinteressen anerkannt werden kann. Eine Verrechtlichung der internationalen Gemeinschaft bedarf auch einer verfahrensmäßigen Erstarkung der Gemeinschaftsbindung gegenüber den staatlichen Einzelinteressen. In Bezug auf den Weltraum als Gemeinschaftsraum ist eine Verwirklichung der Interessen der internationalen Gemeinschaft gewissermaßen ein Lackmustest der völkerrechtlichen Konstituierung der internationalen Gemeinschaft als Rechtssetzer und Rechtsträger. Die völkerrechtliche These wird durch die politikwissenschaftliche Regimetheorie,467 auf die auch Paulus468 rekurriert, bestätigt. Diese begründet in Bezug auf den Weltraum als einem Paradebeispiel eines "global commons" auf Grund der Effizienzerfordernisse der diese betreffenden Regelungen die Notwendigkeit eines "effective system of governance" zur Verwirklichung der Gemeinschaftsinteressen, wobei zwischen Regelungs- und Implementierungsregimen unterschieden wird. Bevor der Kodifizierungsanspruch der internationalen Gemeinschaft zur Verwirklichung der Rechtsstandards der friedlichen Nutzung im Einzelnen geprüft wird, ist ein Vergleich mit der Umsetzung des Menschheitsinteresses im Bereich der zivilen Nutzungen des Weltraums aufschlussreich. b) Vergleich mit bestehenden internationalen Ordnungen bei der zivilen Weltraumnutzung

Für zivile Nutzungen ist dem Erfordernis verfahrensmäßiger Konkretisierung des Allgemeininteresses und der Menschheitsklausel des Artikel I Absatz 1 WRV durch die Schaffung internationaler Nutzungsordnungen bislang Rechnung getragen worden, wenn auch in den Augen vieler Auto466 467 468

Paulus, Fn. 459 S. 188. Vogler, Fn. 175 S. 180; Goodwin, Fn. 175 S. 1. Paulus, Fn. 459 S. 55.

26 Wolter

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

ren 469 in einzelnen Bereichen nicht frühzeitig und nicht vorausschauend genug. Eine Umsetzung wurde insbesondere für die Nutzung des Weltraums für Kommunikationszwecke erreicht. Diese machte frühzeitig eine Regelung der Verteilung der Radiofrequenzen sowie der zu diesem Zweck geeigneten, jedoch nur beschränkt zur Verfügung stehenden Positionen im geostationären Orbit470 notwendig. Die USA haben hierfür bereits 1961 in einer Erklärung Präsident Kennedys47 I die Schaffung einer internationalen Ordnung vorgeschlagen, aus der dann in Gestalt von INTELSAT eine universell angelegte, funktional auf den Kommunikationsbereich begrenzte Weltrauminstitution hervorging. Zwar nahmen daran zunächst die Warschauer Pakt-Staaten aus überwiegend ideologischen Gründen wegen der maßgeblichen Rolle, welche bei der operativen Umsetzung der als US-amerikanische Gesellschaft etablierten COMSAT472 eingeräumt wurde, nicht teil. Inzwischen hat INTELSAT mit 166 Teilnehmerstaaten universelle Geltung erlangt. Ziel von INTELSAT ist es entsprechend der Präambel des Gründungsabkommens 473 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Allgemeinwohlklausel des Artikel I WRV, "der ganzen Menschheit die leistungsfähigsten und wirtschaftlichsten Fernmeldeeinrichtungen zugute kommen zu lassen" und "zum Weltfrieden und zur internationalen Verständigung" beizutragen. INTELSAT ist einzigartig insoweit es sowohl eine internationale intergouvernementale Organisation als auch ein internationales Unternehmen "operating on a commercial basis and as a public utility service" ist. 474 Auf Grund der Etablierung des CHOM-Status in Bezug auf den Weltraum ergab sich jedoch bald die Notwendigkeit eines Korrektivs zu der im Rahmen von INTELSAT zunächst geübten Praxis "first come, first serve ". Dieses wurde innerhalb der ITU auf mehreren Weltradiokonferenzen zu weitgehender Zufriedenheit der Nicht-Weltraummächte in der Weise 469 Bourley, Fn. 447 S. 3; Tan, Fn. 180 S. 190; DietrichlGoldstein, Fn. 402 S. 12; Gaubatz, Developing and Regulating the Spaceways, Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 55. 470 Zu den besonderen Eigenschaften des geostationären Orbits s. o. Kapitel C. I. 2. a) bb) Fn. 59. 471 Statement by the President on Communication Satelite Policy, 24. 6. 1961, in Public Papers of the Presidents: John F. Kennedy (1961) S. 529. 472 Geschaffen durch den US Communications Satellite Act vom 31. 8. 1962 mit dem Mandat, "to cooperate with other countries, to expeditiously develop an operational system, and to provide services to other countries on agiobai scale. "; s. Salin, Fn. 33 S. 101. 473 Übereinkommen vom 20. August 1971 über die Internationale Fernmeldesatellitenorganisation "INTELSAT" und Betriebsübereinkommen, BGB!. 1973 11 S. 250; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 364. 474 Matte, Institutional Arrangements for International Space Activities, in Jasentuliyana (Hrsg.), Space Law. Development and Scope (1992) S. 100; Salin, Fn. 33 S.102.

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erreicht, dass auch für die potenziellen Nutzer ausreichende Orbitplätze reserviert werden. 475 Damit ist in Bezug auf die Nutzung des geostationären Orbits durch Telekommunikationssatelliten im Rahmen der [TU für den kommerziell bislang wichtigsten Bereich der Weltraumnutzung der vom CHOM-Grundsatz bewirkte Strukturwandel sogar durch Abänderung vorher bestehender Regelungen zu Gunsten der CHOM-Umsetzung vollzogen worden,476 die auch den Interessen künftiger Generationen gerecht zu werden versucht. 477 Nach überwiegender Einschätzung hat INTELSAT auf Grund dieser Anpassungen mit Erfolg die "province 0/ mankind"-Klausel des Weltraumvertrages im Bereich der globalen Satellitentelekommunikation umgesetzt. 4 78 Für den Bereich der wirtschaftlichen Ausbeutung der Ressourcen auf den Himmelskörpern, die lange Zeit als dringlichste Regelungsaufgabe galt, sieht der Mondvertrag in Artikel 11 Absatz 5 ausdrücklich die Schaffung einer "internationalen Ordnung einschließlich geeigneter Verfahren" vor. Die Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft unter Bezug auf die 475 Wolfrum, Geostationäre Umlaufbahn, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 365 meint zu Recht, dass mit Blick auf den geostationären Orbit der Weltraum vertrag selber bereits über die Kommunklausel die Vollziehung des Teilhaberechts vorschreibt. "Unmittelbare Konsequenz dieses Teilhaberechts der Staaten ist es jedoch, daß eine einzelstaatliche, rein an nationalen Interessen orientierte Nutzung des Weltraums als unzulässig anzusehen ist"; Wiessner, Diskussionsbeitrag Proc. ASIL (1986), Treaty Law and Outer Space: Is the United Nations Playing an Effective Role?" bezeichnet den GEO als ", res publica internationlis' ... which would include a system 0/ international administration ... "; ebenso Hobe, Fn. 455 S. 263: "Die faktische Kompetenzausweitung der Organisation, die für die Fälle der a priori-Überplanung von Frequenzen und Orbitpositionen bis zur Zuweisung von Orbitpositionen an Staaten gehen kann, symbolisiert indes eine Tendenz, die Verteilung der Nutzungsrechte einzelstaatlicher Kompetenz zu entziehen und sie nur noch im Rahmen institutionalisierter staatlicher Kooperation vollziehen zu lassen, wodurch die internationale Organisation letztlich von einem Koordinations- zu einem Verteilungsorgan wird" [Hervorhebung von mir]; ders., Fn. 352 S. 271. 476 Hobe, Fn. 355 S. 291; Wolfrum, Fn. 41 S. 312; ders., Fn. 475 in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch Fn. S. 393: " ... Insofern ist von der Entstehung einer internationalen Verwaltung zu sprechen, wie sie z. Zt. nur noch für die Nutzung des internationalen Tiefseebodens angestrebt wird."; Reijnen, Fn. 38 (UN Treaties) S. 11. 477 Nakamura, Review of Article I of the Outer Space Treaty, Proc. 39 th Colloq. Space Law (1997) S. 136: "Therefore, the above-mentioned ITU Regime can be considered a major contribution to international cooperation in sharing benefits from space activities, especially from the viewpoint of equity between present and future generations.". 478 Matte, Fn. 474 in Jasentuliyana (Hrsg.) S. 100: "The fact that INTELSAT has provided such great practical benefits from the use of space technolgy to so many countries and territories makes the organization very important in the development of space law and in the implementation of the fundamental principle enshrined in the 1967 Outer Space Treaty; Galloway, E.: Internationallnstitutions to Ensure Peaceful Uses of Outer Space, AASL 9 (1984) S. 326.

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Menschheitsklausel des Weltraumvertrages (s. Präambelparagraph MV) ausdrücklich die Schaffung eines internationalen Regimes für eine bestimmte Nutzungsart, sobald diese realisierbar werden sollte, vorsah, ist ein weiteres Indiz für die Umsetzungserwartung in Bezug auf die weltraumrechtliche Menschheitsklausel. Der Umkehrschluss, aus dem Fehlen einer solchen ausdrücklichen Vorschrift zur Schaffung eines internationalen Regimes für den Sicherheitsbereich auf dessen Entbehrlichkeit zu schließen, stößt sich dagegen bereits an der zeitlichen Abfolge. Denn die Umsetzungserwartung in Bezug auf den Weltraumvertrag von 1967 ist unabhängig von der erst 1979 im Mondvertrag geschaffenen ausdrücklichen Vorschrift zur Schaffung des internationalen Regimes bezüglich der Ausbeutung der Ressourcen. Sie ist vielmehr bereits vorher strukturell im Weltraumvertrag selber angelegt gewesen. Im Übrigen erweist sich anders als ursprünglich angenommen ein Bedürfnis nach internationaler Ordnung bei anderen zivilen Weltraumnutzungen dringender als für die Ressourcenausbeutung der Himmelskörper. Dies gilt insbesondere für den Schutz der Umwelt,479 für die Nutzung von Nuklear- und Solarenergie im Weltraum 480 sowie angesichts der enorm steigenden "Verkehrsdichte" allgemein für die Notwendigkeit von Verkehrsregeln für Satelliten. 481 Auch in diesen Bereichen besteht jedoch kein Zweifel, dass sich aus der weltraum vertraglichen Allgemeinklausel die Notwendigkeit ergibt, entsprechende Nutzungsordnungen im Allgemeininteresse zu vereinbaren, wobei die meisten Vorschläge zugleich die Notwendigkeit geeigneter institutioneller Vorkehrungen aufzeigen. 482 Das Beispiel der zivilen Nutzungsordnungen zeigt, dass mit einer in den Ausgestaltungsformen flexiblen Umsetzung der Allgemeinwohklausel unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Artikel I WRV jeweils geeignete Nutzungsordnungen im Interesse einer dem Allgemeinwohl dienenden Nutzung des Gemeinschaftsraumes gefunden werden können. Auf dieses Vorbild der Aushandlung von die Allgemeinwohlklausel konkretisierenden Ausführungsbestimmungen sollte entsprechend der Empfehlung von Ei/ene Gallowal83 auch zurückgegriffen werden, wenn es um die notwendige SchafTan. Fn. 180 S. 179 und weitere Nachweise in Kapitel D. IV. 6. Fn. 180. DietrichlGoldstein. Fn. 402 S. 9. 481 Gaubatz. Fn. 469 S. 55; DalBello, Rules of the Road': Legal Measures to Strengthen the Peaceful Uses of Outer Space. Proc. 28th Colloq. Space Law (1986) S. 11. 482 Jasentuliyana. Treaty Law and Outer Space: Can the United Nations Play an Effective Role?, AASL 11 (1986) S. 225 und Tan, Fn. 180 S. 182 sprechen von dem "regime-building approach" der weltraumvertraglichen "province of mankind"Klausel und des CHOM-Grundsatzes. 483 Galloway, E.: Fn. 478 S. 326: "The method of formulating more detailed treaties from the general provisions in the 1967 Treaty on Outer Space has proved successful in the case of four subsequent international agreements. In formulating a 479

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fung einer internationalen Ordnung für die Sicherheit im Weltraum "to ensure conditions essential for maintaining outer space for peaceful purposes including provisions for arms control" geht. Die Besonderheiten des militärischen Bereichs gehen dabei nicht so weit, dass die Notwendigkeit oder Realisierbarkeit einer internationalen Ordnung bestritten werden könnte. Im Gegenteil ist wegen der dargelegten unmittelbaren Betroffenheit aller Staaten von aktiven militärischen Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Qualität in ihren lebenswichtigen Sicherheitsinteressen eine solche Ordnung umso dringender. Auch im Sicherheitsbereich haben die beiden großen Weltraummächte die Notwendigkeit der Errichtung eines multilateralen Regimes in Bezug auf den Weltraum in einem Teilbereich ausdrücklich anerkannt. So sieht das im Zuge der Politik der Clinton-Administration zur Förderung konkreter Maßnahmen kooperativer Sicherheit mit Russland im Juni 2000 vereinbarte bilaterale Memorandum über die Errichtung eines Gemeinsamen Datenzentrums zum Austausch von Daten für die Zwecke der Frühwarnung und Notifizierung von Raketenstarts 484 ausdrücklich vor, dass die darin vereinbarte Einrichtung eines Joint Data Exchange Center (JDEC) zum Austausch von Daten betreffend die Frühwamung und die Notifizierng von Weltraumraketenstarts zu der "possible implementation of a multilateral regime for the exchange of notifications of launches of ballistic missiles and space launch vehicies"

beitragen soll (Artikel 1). In Artikel 4 wird dem JDEC die Aufgabe zugewiesen, die Bedingungen für die Errichtung und Unterhaltung einer einheitlichen Datengrundlage für ein solches multilaterales System zu schaffen. 2. Die unzureichende Berücksichtigung der Interessen der internationalen Gemeinschaft bei der militärischen Nutzung des Weltraums auf Grund des Fehlens einer internationalen Ordnung und geeigneter Verfahren im Sicherheitsbereich

a) Das Fehlen einer internationalen Ordnung für die Sicherheit im Weltraum Das universelle Weltraumrecht enthält mit Ausnahme eines Inspektionsund Besuchsrechtes gemäß Artikel X WRV und Artikel 5 MV für Installationen auf dem Mond und den anderen Himmelskörpern praktisch keine treaty that would ensure conditions essential for maintaining outer space for peaceful uses, inciuding provisions for arms contral, the same method can be adopted but we do not need to confine ourselves to one treaty. Several treaties could be relevant for this purpose." 484 s. o. Kapitel C. III. 3. Fn. 449.

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speziell für militärische Nutzungen vorgesehenen Verfahrensbestimmungen. Zwar gelten - dies allerdings auch nicht unstreitig 485 - das Rücksichtnahme-, Kooperations- und Konsultationsgebot nach Artikel I Absatz 3, IX Satz 1 und Satz 3 WRV und Artikel 5 und 15 MV auch für militärische Nutzungen. Jedoch sind sie von allgemeiner Art und nicht auf die im Zusammenhang mit militärischen Weltraumaktivitäten auftretenden spezifischen Fragen des Monitoring und der Verifikation zugeschnitten, selbst wenn sie bestimmte Folgerungen auch im militärischen Bereich erlauben. 486 Bereits beim Konsultationsgebot nach Artikel IX Satz 3 WRV ist die Berücksichtigung terrestrischer Interessen, also auch die Sicherheitsinteressen eines Staates sein Territorium betreffend, jedenfalls nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht mehr vom Konsultationsverfahren umfasst. In Artikel X WRV ist eine allgemeine Informationspflicht gegenüber dem Generalsekretär der Vereinten Nationen über die gestarteten Weltraumflüge vorgesehen, die insbesondere in Bezug auf wissenschaftliche Ergebnisse auch auf die wissenschaftliche Öffentlichkeit als Berechtigten ausgedehnt wird, aber nicht ausdrücklich auch militärische Forschungen umfasst. Dies war angesichts der in diesem Bereich zur Zeit der Entstehung des Weltraumvertrages vorherrschenden Logik des Kalten Krieges nicht zu erwarten. Auch im Vertrag über ein teilweises Verbot von Nuklearversuchen von 1963 fehlen Verfahrens-, Inspektions- oder Kontrollregeln zu seiner Umsetzung und Überwachung völlig,487 was allerdings dem im Vergleich zu heutigen "arms control" -Verträgen noch wenig entwickelten Stand der Verifikationsbereitschaft und -erfahrungen entsprach. Im Umweltkriegsabkommen von 1977 fehlen ebenfalls Vorschriften zur Durchführungsüberwachung und Verifikation. Immerhin sieht Artikel 5 des Abkommens ein Verfahren der Konsultation und Zusammenarbeit u. a. durch "appropriate international procedures" sowie die Möglichkeit der Einberufung eines Consultative Committee 01 Experts hinsichtlich Fragen seiner Anwendung vor. Angesichts dieses unbefriedigenden Befundes ist allgemein anerkannt, dass ein erhebliches Regelungsdefizit bezüglich militärischer Sicherheit im Weltraum besteht. 488 s. o. Kapitel D. V. 4. a) bb) Fn. 299. Vgl. Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. 2, 2. Aufl. (1975) S. 338, der in Bezug auf die Hohe See aus dem allgemeinen Rücksichtnahmeverbot herleitet, dass Atomwaffentests auf Hoher See nicht zulässig sind; s. auch Dumer, Common Goods. Statusprinzipien von Umweltgütern im Völkerrecht (2000) S. 164. 487 Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 339. 488 Kries, Fn. 7 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 339 spricht von der "Unzulänglichkeit der militärischen Kontrollrechte im Weltraum" und beschreibt das Regelungsdefizit wie folgt: "Vertraglich vereinbarte Rüstungsbeschränkung ohne Kontrollabsprache ist unvollständig und schlimmstenfalls wirkungslos. Dennoch sieht der Weltraumvertrag keine geeigneten Verfahren zur Überwachung der Einhaltung der vereinbarten Militarisierungs- und Waffenverbote vor. Zwar enthalten der Weltraumvertrag (Art. IX-XI) und der Mondvertrag (Artikel 5, 15 Absatz 2 und 3) ge485

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Selbst bescheidene Versuche, die Regelungen der Registrierung von Weltraumflügen durch eine Stärkung der Registrierungspflicht auch am Interesse der internationalen Sicherheit auszurichten, scheiterten jedoch bislang. Artikel X WRV sieht vor, dass die Startstaaten ein nationales Register einrichten, in dem sie alle in den Weltraum gestarteten Objekte registrieren. Mit Ausnahme der USA besteht weitgehend Einigkeit, dass die 1975 als ein Ausführungsabkommen zu Artikel X WRV abgeschlossene Registrierungskonvention489 mit ihrem Artikel IV, der die Staaten zu Angaben über den gestarteten Weltraumgegenstand nur in genereller Weise und nur "sobald praktikabel" verpflichtet, besonders auch mit Blick auf militärische Weltraumstarts völlig unzureichend ist. 49o Bis heute hat kein einziger Startstaat als Funktion seiner Satellitenflüge militärische Zwecke angegeben, obwohl dies anerkanntermaßen bei mindestens 70 % der gestarteten Satelliten der Fall iSt. 491 Sowohl in COPUOS als auch in der CD liegen zahlreiche Vorwisse Informations- und Konsultationsverpflichtungen. Diese beziehen sich jedoch auf eng begrenzte Sachverhalte von primär nicht-militärischer Bedeutung, so insbesondere den Schutz der natürlichen Ressourcen und wissenschaftliche Forschungsvorhaben. Besuchs- und Inspektionsrechte (Artikel XII WRV; Artikel 15 Absatz 1 Mondvertrag) bestehen nur bezüglich Raumfahrzeugen, Anlagen und Einrichtungen auf den Himmelskörpern, nicht hinsichtlich von Raumflugkörpern während ihres Flugs. Insoweit gilt lediglich nach Artikel X WRV die Verpflichtung, Gelegenheit zur Beobachtung des Fluges' zu Bedingungen zu gewähren, die durch Übereinkunft zwischen den beteiligten Staaten festzulegen sind. Von der Besuchs- und Inspektionsregelung sind gleichfalls nicht die Startanlagen auf dem Gebiet der Entsendestaaten erfasst."; s. auch Slowcombe, Approaches to an ASAT treaty, in Jasani (Hrsg.), Space Weapons - The Arms Control Dilemma (1984) S. 148: "The Outer Space Treaty of 1967 bars nuclear weapons and ,weapons of mass destruction' from orbit - not the core of the problem - and in rather complex terms it limits interference with other countries' satellites. These provisions afford satellites some measure of legally protected status against attack. However, this treaty is not aimed at the problem of deliberately hostile activities and it does not even purport to limit or affect development, testing or deployment of means of interference, in contrast to actual interference. Important as it has been in expressing a general aspiration for legal sanctuary for space activities, the particular ruIes of the Outer Space Treaty can hardly be said to render superfluous more precise definition of the status of satellites."; Alves, Fn. 76 S. 78; VN-Studie einer Gruppe von Regierungsexperten (VNStudie) UN Doc. A/48/305: Study on the Application of Confidence-building Measures in Outer Space (1994 Publication Sales No. E 94.lX.6) S. 55; ChipmanlJasentuliyana, Monitoring Outer Space Activities: International Political Issues, in Alves (Hrsg.), Building Confidence in Outer Space Activities: CSBMs and Earth-to-Space Monitoring (UNIDIR 1996) S. 44. 489 Übereinkommen vom 14. Januar 1975 über die Registrierung von in den Weltraum gestarteten Gegenständen (Weltraumregistrierungsabkommen), BGB!. II 1979 S. 651; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 49 (Stand Ratifizierung zum 1. 2. 2001: 47). 490 Alves, Fn. 76 S. 95: "A clearer contrast is to be seen between the positions of the United States and most of the CD delegations."; Young, Fn. 35 S. 290 spricht von einer "moribund convention".

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schläge492 für eine Ergänzung der Registrierungskonvention zur Festlegung einer ausdrücklich auch den militärischen Bereich umfassenden Registrierungspflicht vor. Allerdings schienen die beiden großen Weltraummächte in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber diesen Vorschlägen einig gewesen zu sein. Die USA 493 sind der Auffassung, dass die Registrierungskonvention ihren Hauptzweck, die Konvention über weltraumrechtliche Haftung von 1972494 abzusichern, indem jeder Satellitenstart registriert wird, gut erfülle und deshalb keiner Ergänzung bedürfe. Die UdSSR 495 hatte sich dem zunächst jedenfalls insoweit angeschlossen, als sie eine Behandlung der Registrierungskonvention im rüstungskontrollpolitischen Bereich ablehnte. Dagegen haben eine Reihe von Staaten Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre Vorschläge unterbreitet, die darauf abzielen, das Registrierungsregime zu einem Baustein eines "arms control"-Regime im Weltraum zu machen und entsprechend zu stärken. Dies gilt vor allem für die Vorschläge von Australien und Kanada,496 die in direkter Anlehnung an die Zielsetzung von "arms control"-Regimen einen Mechanismus vorsehen, der zu multilateraler Transparenz der militärischen Satellitenstarts führen soll. Diese Zielsetzung verfolgen in einem weiteren Rahmen auch Vorschläge von Frankreich,497 Deutschlan~98 und Italien 499 für vertrauensbil491 He Quizhi, Towards Legal Control of Space Arms, in Matte (Hrsg.), Arms Control and Disarmament in Outer Space (1985) S. 138; BenkölSchrogl, The 1998 European initiative in the UNCOPUOS Legal Subcommittee to improve the Registration Convention, Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 61 sprechen von der "negligent practice of numerous States to register their space objects"; s. auch die ausführliche Analyse von Perek, The 1976 Registration Convention, ZLW 47 (1998) S. 351; ders., The 1976 Registration Convention, Beitrag auf dem IISLECSL Symposium "Rules of the Outer Space Treaties" am 23. 3. 1998, abgedruckt in Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 378 berichtet von " ... incomplete registering, long and irregular delays of announcements and different formats of announcements, may have adversely affected the usefulness of the Convention and may be among the causes of the reluctance of some States to become parties to the Convention ... The increase of the percentage of unregistered objects is alarming. Attention should be paid to the fact that one collision of two space objects has already occured and that the active object participating in the collision was unregistered at the time of collision." [Hervorhebung im Original]; Alves, Fn. 76 S. 78; VN-Studie, Fn. 489 S. 55; ChipmanlJasentuliyana, Fn. 488 in Alves (Hrsg.) S. 44. 492 s. Überblick bei Alves, Fn. 76 S. 93-96; BenkölSchrogl, Fn. 491 S. 58. 493 In Reaktion auf entsprechende Vorschläge der Mongolei, CD/905 S. 24 vom 21. 3. 1989; zitiert nach BenkölSchrogl, Fn. 491 S. 61. 494 Übereinkommen vom 29. März 1972 über die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände (Weltraurnhaftungsabkommen), BGBl. 1975 11 S. 1210; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 3 S. 42. 495 CD/905 S. 25. v. 21. 3. 1989. 496 Kanada, CD/PV 468 vom 26. 7. 1988, S. 2-5. 497 Frankreich, Prevention of an Arms Race in Space: Confidence-Building Measures and Transparency, CD1l092, 1. 8. 1991, S. 3 und CD/PV 390, v. 19.2. 1987,

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dende Maßnahmen im Weltraum, die alle Bestimmungen zur Stärkung der Registrierungskonvention sowohl mit Blick auf die Verifizierung als auch auf die zu sichernde Immunität von Satelliten enthalten. So sieht der Vorschlag Deutschiands500 vor, dass bei jeder Registrierung Angaben über die mögliche Bewaffnung gemacht werden sollten. Die NiederlandesOl und Pakistan 502 haben vorgeschlagen, dass bereits vor jedem Start die präzise Funktion des Satelliten angegeben werden soll. Der argentinische Vorschlag503 sieht ein Recht - ähnlich dem Inspektionsrecht für Installationen auf den Himmelskörpern - vor, die Funktion eines Satelliten vor Ort an den Abschussvorrichtungen zu überprüfen. Pakistan 504 schlägt dazu eine internationale Inspektionsagentur vor, die sich mit den allgemeineren institutionellen Vorschlägen505 in diesem Punkt decken würde. Auf Grund der hartnäckigen Ablehnung der USA sind die Vorschläge inzwischen bescheidener geworden. So legten die Mitgliedstaaten der ESA,506 dem sich einige osteuropäische EU-Beitrittsländer anschlossen, 1998 im Zusammenhang mit dem "review item" der COPUOS-Agenda erstmals einen gemeinsamen Vorschlag vor, der u. a. als Hauptpunkt eine Stärkung der Registrierungskonvention vorsieht. Zwar wird darin auch Artikel IV Absatz 1 der Registrierungskonvention als ergänzungsbedürftig bezeichnet, jedoch ausdrücklich nur insoweit, als es um den Zeitpunkt der Angaben (Einführung eines Zeitziels) und des Gewichts des gestarteten Weltraumgegenstandes geht. Die USA ließen wissen, "that it would in no case be able to agree on a new agenda item which would lead to the change or amendment of the international treaty." worin Frankreich internationale Konsultationen über "the strengthening of the present regime of declaration established by the 1975 Convention on the Registration of Space Objects, in order to provide more detailed registration information on the specifications and purposes of objects launched so as to improve the possibility of verification" vorschlägt. 498 Deutschland, CD/PV 289 v. 7. 2. 1985, S. 13, in dem ein Schutzregime für Weltraumobjekte u. a. auf der Grundlage einer Verstärkung der Registrierungspflicht vorgesehen wird. 499 Italien, CD/PV 274 v. 19. 7. 1985 S. 7. 500 Fn. 498 sowie CD/PV 318 v. 4. 7. 1985; CD/PV 345 v. 6. 3. 1986 S. 10; CD/PV 516 v. 11. 7.1989 S. 7. 501 Niederlande, CD/PV 481 v. 13.9. 1988 S. 17 und CD/PV 498 v. 28. 3. 1989 S.9. 502 Pakistan, CD/PV 460 v. 26.4. 1988 S. 13. 503 Argentinien, CD/PV 423 v. 21. 7. 1987 S. 7 und 566 v. 19. 7. 1990 S. 10. 504 Fn. 502. 505 s. dazu oben Kapitel E. III. 1. e). 506 Vorschlag der ESA-Staaten, Verstärkung des Weltraurnregistrierungsabkommens, WP UN Doc. A/AC.105/C.2/L.21l/Rev.l v. 30. 3. 1998; abgedruckt in Benkö/Schrogl, Fn. 491 S. 64.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Ob die USA zustimmen werden, stattdessen eine Ergänzung der Registrierungskonvention ohne Vertragsänderung, sondern im Wege der bewährten Verabschiedung einer Resolution der Generalversammlung vorzunehmen, müssen die weiteren Beratungen in COPUOS zeigen. Im Ergebnis erweist sich, dass die verfahrensmäßige Absicherung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung nach dem Weltraumvertrag völlig unzureichend ist. Dem Menschheitsinteresse an ausreichender Transparenz im Bereich der militärischen Satellitenstarts in den Gemeinschaftsraum nach Artikel I Absatz 1 WR V kann nur angemessen durch eine Effektuierung der Registrierungspflicht Rechnung getragen werden. Wenn dies im Konsenswege nicht erreichbar scheint, stellt sich die Frage, ob die internationale Gemeinschaft diese unzureichende Situation länger hinnehmen kann, ohne dass der Gemeinschaftsstatus des hoheitsfreien Weltraums und das Gebot seiner friedlichen Nutzung beeinträchtigt werden. Die Beachtung des Menschheitsinteresses und der Interessen aller Staaten erfordert gerade in dem besonders empfindlichen Sicherheitsbereich ein Offenlegen des Zweckes von in den Gemeinschaftsraum entsandter Objektive gegenüber der internationalen Gemeinschaft, weil nur so beurteilt werden kann, ob und in welcher Weise neben dem nationalen Sicherheitsinteresse des Entsendestaates auch die Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft berücksichtigt sind. Ein entsprechender Anspruch kann auf die Gemeinwohlklausel des Artikel I Absatz I WRV, auf den die Registrierungskonvention Bezug nimmt, in Verbindung mit dem Rücksichtnahmegebot von Artikel IX WRV gestützt werden. 507 b) Das UmsetzungseJfordemis im Sicherheitsbereich

Zu Beginn der Weltraumfahrt herrschte bereits die Überzeugung vor, dass das Freihalten des Weltraums vom Wettrüsten, die Sicherheit der zivilen Raumfahrt und die Auswirkungen etwaiger militärischer Nutzungen auf die Sicherheit auf der Erde eine effektive internationale Regelung und Kontrolle erfordern. 508 Sontag schlug eine internationale Organisation mit einem Überwachungssystem vor, die umfassend und insbesondere auch im Sicherheitsbereich die Interessen der Menschheit wahrnehmen sollte, ein507 Jasani, Fn. 267 in Jasani (Hrsg.) S. 59: "As the number of nations using outer space increases, the possibility of accidents also increases. This makes urgent the need to establish an international or multinational verification system if for no other reason than to observe the compliance with Article IX of the Outer Space Treaty. Lack of such a mechanism could be a source of tension in international relations and even a possible cause of conflict between nations." 508 Sontag, Fn. 24 S. 169; Jessup/Taubenjeld, Fn. 13 S. 267 ff., 278; Jenks, Fn. 462 S. 260; Schachter, Fn. 115 in Cohen (Hrsg.) S. 97; McDougal, Fn. 119 in Cohen (Hrsg.) S. 109.

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

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schließlich auch bereits die Verfolgung des Einhaltens von Abrüstungsvereinbarungen. 509 Zumeist wurde vor allem auch von amerikanischen Autoren vorgeschlagen, diese Aufgaben den Vereinten Nationen zu übertragen. 510 Bemerkenswert ist etwa der Beitrag von Captain Schwartzer,51! der in der von der US Army herausgegebenen Rechtszeitschrift Military Law Review zur Verhinderung einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums vorschlug, die Nutzung des Gemeinschaftsraums in die Treuhand der Vereinten Nationen zu geben. Die anfangs ebenfalls verbreitete Annahme, dass eine völlige Entmilitarisierung des Weltraums entsprechend dem Beispiel der Antarktis erreicht werden könne und deshalb ein besonderes, detailliertes verfahrensmäßiges Regime zur Regelung und Begrenzung militärischer Nutzungen des Gemeinschaftsraums nicht erforderlich wäre, ist nicht mehr realistisch. 512 Auf Grund der vielfaltigen und weitreichenden Auswirkungen neuer militärischer Nutzungen auf das gesamte künftige Nutzungsregime des Weltraums ist daher die Schaffung einer internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums in einem Ausführungsabkommen zum Weltraum vertrag eine zentrale strukturelle Voraussetzung der Verwirklichung des Menschheitsinteresses sowohl konkret im Sicherheitsbereich als auch allgemein für die Sicherheit ziviler Nutzungen des Weltraums. Dieser strukturelle Zusammenhang5 !3 wird dadurch verstärkt, dass die Weltraumtechnologien quasi automatisch "dual use"-Fähigkeiten haben. Die Ehrenpräsidentin des International Space Law Institute der International Aeronautics Federation, Diederiks-Verschoor, 514 hält eine aktuelle Regelung der militärischen Nutzung des Weltraums insbesondere auch wegen der rasanten Entwicklung der Waffentechnologien für dringlich:

509 Sontag. Fn. 24 S. 170: "Ein internationales Überwachungssystem im Weltraum kann nicht nur Schutz vor Überraschungsangriffen gewähren, sondern auch das Einhalten von vertraglichen Abrüstungsvereinbarungen verfolgen ... ". 510 s. Nachweise bei JessuplTaubenfeld. Fn. 13 S. 274 Fn. 40. 511 Schwartzer. National Sovereignty in Space, Military Law Review 15-18 (1962) S. 74: "Also the two major space powers should, by treaty, transfer all their sovereign interests above airspace to the United Nations, thereby giving a basis for United Nations jurisdiction over all the universe and space activities conducted therein. The other nations of the world should follow this example, and in addition submit to the jurisdiction of the International Court of Justice as the judicial body to determine all legal matters pertaining to space and outer space ... this process will establish space as an area for only peaceful operations ... ". 512 s. statt Aller Kries, Fn. 7 in Bäckstiegel (Hrsg.) S. 319. m s. ausführlich Kapitel D. IV. 4. 514 Diederiks-Verschoor. An Introduction to Space Law (1993) S. 133.

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

"It is equally imperative to update the existing body of treaties and agreements in conformity with the latest technological and political developments, as they are rapidly becoming inadequate in their present form."

Ebenso betrachtet es Böckstiegel zu Recht als eine prioritäre Aufgabe der Weltraurnrechtswissenschaft, einerseits für die Klärung der bereits existierenden Rahmenbedingungen zu sorgen und andererseits auch für die Erarbeitung rechtlicher Instrumente Alternativen und mögliche Kompromisse zu erarbeiten, um die militärische Nutzung des Weltraums zu begrenzen und möglichst zu reduzieren. 515 Zusätzliche Dringlichkeit für eine ausdrückliche Regelung militärischer Nutzungen des Weltraums erwächst aus dem Problem einer möglichen militärischen Nutzung bemannter Weltraumstationen. 516 Dazu trug die Änderung Anfang 1987 der Haltung des U.S. Department od Defence 517 bei, das seine Zurückhaltung in Bezug auf eine militärische Nutzung der Weltraumstation aufgab und die Meinung vertrat, diese solle auch militärisch zur Entwicklung der SDI-Systeme genutzt werden, falls erforderlich auch durch bemannte militärische Nutzung. Das International Space Law Committee der International Law Association erörterte nach seiner ersten Beratung der völkerrechtlichen Aspekte des SDI-Programms auf der Konferenz in Seoul 1986518 den Themenkomplex auf seiner Warschauer Konferenz 1988 an Hand eines von seinem Vorsitzenden, D. Goedhius, ausgearbeiteten Fragebogens. In dieser zweiten Beratung stand die Frage nach den völkerrechtlichen Schritten de lege ferenda im Vordergrund. Alle sich dazu äußernden Teilnehmer519 betonten angesichts der sich zuspitzenden ASATProblematik52o im Zusammenhang mit dem SDI-Programm, aber auch der Böckstiegel, Fn. 6 in Böckstiegel (Hrsg.) S. 315. Young, Fn. 35 S. 239; Salin, Fn. 90 S. 25; Vlasie, Fn. 38 in Jasentuliyana (Hrsg.) Fn. S. 385. 517 s. o. Kapitel D. I. 1. Fn. 35 und B. 11. 2. h) Fn. 303; zum sowjetischen bemannten Raumfahrtprogramm und der militärischen Nutzung der Raumstation Mir [russisch, bedeutet Mir Welt, aber auch Friede] gibt es gegensätzliche Angaben, s. Polish Branch in International Law Association, Fn. 123 S. 313: "Insofar as the Soviet Union is concemed, though the Soviets claimed, on several occasions, their space station would only be used for non-military purposes, this assertion has been challenged in a number of American publications." 518 International Law Association, Fn. 123 S. 282. 519 International Law Association, Fn. 123 S. 317: Christol, S. 305 f.; 316 f. u. 332 f.; Kopal, S. 306 f.; S. 318 u. S. 334; Gorove, S.304 f.; S. 317 f. u. S. 333 f.; Cocca, S. 304; S. 315 f. u. S. 331 f.; Williams, S. 309 f. u. S. 326 f. u. S. 342; Polish Branch, S. 308 f.; 319 ff. u. S. 335 ff. 520 International Law Association, Fn. 123 S. 333: "Although the latter [ASATs] are not presently unlawful, they do create an extremely destabilizing situation and raise dangerous possibilities."; dies., S. 305: ASATs sind " .. . offensive in nature, and highly destabilizing ... "; dagegen hält Kopal ASATs bereits nach dem gegen515

516

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

413

sich beschleunigenden Möglichkeit einer bemannten militärischen Nutzung künftiger Weltraum stationen die dringende Notwendigkeit rechtsklarstellender multilateraler Rüstungskontrollabkommen, in denen die Grenze zwischen erlaubten und nicht erlaubten militärischen Nutzungen durch eindeutige Verbotsnormen gezogen werden sollte. D. Goedhuis 521 trat ausdrücklich dafür ein, die Fragen im Zusammenhang mit einer militärischen Nutzung von Weltraumstationen im multilateralen Rahmen der Genfer Abrüstungskonferenz zu behandeln. Im Lichte dieser Beratungen hielt die International Law Association522 neben einer Aufforderung an die bei den Weltraummächte, den ABM- Vertrag zu verlängern, dringende Regelungen zur Begrenzung militärischer Nutzungen von Weltraumstationen für erforderlich. Die Polish Branch der International Law Association523 meinte, dass zwar passive militärische Nutzungen nicht mehr zurückgedreht werden könnten, aber dringend Schritte zur Verhinderung aktiver militärischer Nutzungen unternommen werden sollten. Diese Stimmen verdeutlichen, dass ohne eine internationale Ordnung die Einhaltung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung und des Rechtsstandards der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum auf Dauer nicht mehr zu gewährleisten ist, da alle bisherigen Bemühungen, dies ohne eine derartige Ordnung zu erreichen, nicht erfolgreich waren. 524 Jedoch bestehen unterschiedliche Auffassungen, wie konkret die Verbotsbestimmungen über Weltraumwaffen sein sollen. Während beispielsweise Stephen Gorove 525 für möglichst spezifische Definitionen der verbotenen und erlaubten Nutzungen eintritt, hält Maureen Williams 526 mit Blick auf die rasante technologische Entwicklung zu viele Detailspezifikationen eher für schädlich. wärtigen Weltraumvertrag für rechtswidrig: " ... the development and use of ASAT weapons, if directed against satellites serving the purposes of the exploration and use of outer space for the benefit and in the interests of all countries in the sense of Article I of the Outer Space Treaty, could not be considered as being in harmony with this Treaty and with international space law in general."; ebenso Williams, S. 309: " ... it is still difficult to assert the consistency of ASATs with international law. They are of a highly destabilizing nature and it is hard to see them as defensive."; Cocca, S. 316: "No weapons - including electronic ones - may be operated from space for either offensive or defensive purposes." 521 International Law Association, Fn. 123 S. 331: "The most appropriate forum to discuss this matter appears to be the Geneva Committee on Disarmament." 522 International Law Association, Fn. 123 Entschließung S. 16; s. auch unten Kapitel E. I. 1. b). 523 International Law Association, Fn. 123 S. 340. 524 s. Nachweise in Fn. 97, 368 u. 373. 525 International Law Association, Fn. 123 S. 318: "Since there is no general agreement on the meaning of these terms [,military' and ,peaceful'] by the space powers ... it would appear more productive to identify more precisely the types of prohibited or permissible activities."

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Auch in der rüstungskontrollpolitischen Literatur527 besteht kein Zweifel, dass die mit dem möglichen Übergang zu aktiven militärischen Nutzungen des Weltraums und einer Entscheidung über ein weltraumgestütztes BMDSystem verbundenen Fragen zwingend einer multilateralen Regelung bedürfen, wenn schwerwiegende negative Auswirkungen auf das gesamte Geflecht bi- und multilateraler Rüstungskontroll- und Abrüstungsvereinbarungen, die internationale Sicherheit und die strategische Stabilität verhindert werden sollen. Eine solche internationale Ordnung der militärischen Nutzung des Weltraums wäre auf Grund der unmittelbar die Fragen eines nuklearen Strategiewechsels und das Verhältnis von nuklearen Defensiv- und Offensivwaffen betreffenden NMD-Pläne aufs Engste mit der völkerrechtlichen Regelung der Atomwaffen verbunden. Mark Janis 528 hat in einem Vergleich auf einem "structural spectrum" des Völkerrechts die Völkerrechtsregeln betreffend Nuklearwaffen als "these most frail of international laws" und internationale Vertragskonferenzen als einzige Möglichkeit bezeichnet, den primären völkerrechtlichen Verpflichtungen sekundäre Implementierungsregeln in diesem Bereich hinzuzufügen. Insofern könnte die zu schaffende Ordnung auch den so dringend erforderlichen Beitrag zur Milderung des gravierenden Struktur- und Norrnativdefizits in diesem die Menschheitsinteressen so zentral betreffenden Bereich leisten. In Bezug auf die Einhegung der Nuklearwaffen hat das Rechtsgutachten des IGH das handfeste völkerrechtliche Norrnativbedürfnis eindringlich betont: 529 "In the long run, international law, and with it the stability of the international order which it is intended to govern, are bound to suffer from the continuing difference of views with regard to the legal status of weapons as deadly as nuclear weapons. It is consequently important to put an end to this state of affairs ... ". c) Fazit

Wenn also der Weltraum als Gemeinschaftsraum mit Blick auf seine Nutzung als Teil der "global commons" anzusehen ist, deren Nutzung am 526 International Law Association, Fn. 123 S. 327: "In this task, too many details or specifications in the definitions should be avoided, as this would soon render them outdated as a result of the speedy advances in technology." 527 Pullinger, Fn. 359 S. 10; Jasani, Fn. 371 S. 243: "With the revival of the US national missile defence, there is a danger of jeopardising not only the existing arms control and disarrnament process, but also some of the measures that are on the table in the United Nations for negotiations." 528 Janis, Do ,Laws' Regulate Nuclear Weapons?, in Pogany (Hrsg.), Nuclear Weapons and International Law (1987) S. 6l. 529 leJ Reports 1996 S. 262 Para. 98.

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

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"global public interest" gemessen werden muss, so bedarf es zwingend geeigneter Verfahren im jeweiligen Nutzungsbereich, um die Feststellung und Berücksichtigung des Gemeinschaftsinteresses zu gewährleisten. Eine Minimalvoraussetzung dafür ist die Schaffung einer internationalen Ordnung bezüglich der in Frage stehenden Nutzungsart. Die bestehenden weltraumvertraglichen Regelungen in Bezug auf militärische Nutzungen sind insbesondere in verfahrensmäßiger Hinsicht völlig unzureichend, um die Einhaltung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums zu gewährleisten. Dieses Regelungsdefizit überschneidet sich mit dem vom IGH konstatierten Normativbedürfnis in Bezug auf die Einhegung von Nuklearwaffen. Auf Grund des überragenden Interesses der Menschheit, dass militärische Nutzungen des Weltraums nicht zu einer Verschärfung der internationalen Sicherheitslage und insbesondere der nuklearen Bedrohung, sondern im Gegenteil entsprechend Artikel III WRV zur Förderung des Weltfriedens, der internationalen Sicherheit und internationaler Verständigung und Zusammenarbeit führen, besteht also ein dringendes Erfordernis der Umsetzung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung und des sicherheitspolitischen Strukturelements des CHOM-Prinzips in Bezug auf den Weltraum, um dessen Gemeinschaftsstatus zu erhalten.

3. Die verfahrensmäßige Umsetzung des CHOM-Status des Weltraums im Sicherheitsbereich durch Schaffung einer internationalen Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums a) Der Nonnativanspruch auf Konkretisierung der Allgemeinwohlklausel in Artikel I Absatz 1 WRV im Sicherheitsbereich durch ein Abkommen über das Verbot der aktiven militärischen Nutzung des Weltraums von zerstärerischer Art

Das Umsetzungserfordernis äußert sich konkret in der Forderung der internationalen Gemeinschaft nach dem Abschluss eines multilateralen Abkommens zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum. In seinem bisher letzten Bericht unterstrich der PAROS Ad-hoc-Ausschuss53o nachdrücklich die dringende Notwendigkeit, das bestehende Rechtsregime der militärischen Nutzung des Weltraums zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum zu stärken. Dies reflektierte die nahezu einhellige Ansicht 531 der 530 CDIl271 v. 24. 8. 1994: " ... there is a need to consolidate and reinforce that regime and enhance its effectiveness, and that it is important to comply strictly with existing agreements, both bilateral and multilateral."; s. auch Kapitel B. III. 2. b). 531 UNIDIR, Fn. 186 S. 178 spricht sogar von einem "agreement of all State Members of the CD about the need to , reinforce , the present regime of outer space."

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Mitglieder des Ausschusses, wonach die Bestimmungen des Weltraumvertrages Lücken aufweisen und - wie der deutsche Delegierte532 ausführte insbesondere an die "dynamics of new space weapon technology" angepasst werden müssten. Die VN-Generalversammlung macht seit 1982 den Normativanspruch der internationalen Gemeinschaft auf konkrete rechtliche Schritte im bi- und multilateralen Rahmen zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums geltend. So stellte sie in ihrer mit 160 Ja-Stimmen angenommenen Resolution zum TOP PAROS vom 1. 11. 1999 fest: 533 "The prevention of an arms race in outer space would avert a grave danger for international peace and security. " Auf Grund dieser Feststellung formulierte sie auch in ihren überwiegend im Konsens angenommenen Resolutionen zum TOP "International Cooperation in the Peaceful Use of Outer Space ,,534 den Anspruch an die Weltraummächte, aktiv zu dem Ziel der Verhinderung des Wettrüstens beizutragen, und bezeichnete dies als eine Bedingung für die Bewahrung und Förderung der friedlichen Nutzung des Weltraums. Der langjährige Vorsitzende des COPUOS-Rechtsausschusses, Peter Jankowitsch,535 hat den Normativanspruch treffend aus dem Umsetzungserfordernis des Weltraumvertrages hergeleitet: "There is no doubt therefore that specific new treaty provisions are required to supplement the existing body of law and introduce what is lacking at present in security for conduct of activities in space that serve international peace and security ... [So 180] the broad political and philosophical objectives which should be inherent in new space legislation can already be found in the 1967 Outer Space Treaty, as weil as in the Moon Treaty."

Auch Reijnen536 begründet diesen Anspruch konkret in Bezug auf ein Verbot aktiver militärischer Nutzung des Weltraums zu Recht aus der Rechtsverpflichtung zur Umsetzung der weltraumvertraglichen Allgemeinwohlklausei: CD/PV 318 v. 4. 7. 1985, S. 13. GV/RES/54/53 v. 1. 11. 1999; ebenso Resolution 55/32 vom 3. 1. 2001: 163 Ja-Stimmen. Keine Gegenstimme. 534 Z. B. A/RES/55 Para 36 "Urges all states, in particular those with major space capabilities, to contribute actively to the goal of preventing an arms race in outer space as an essential condition for the promotion of international cooperation in the exploration and use of outer space for peaceful purposes." 535 Jankowitsch, Fn. 97 in Jasani, (Hrsg.) S. 178. 536 Reijnen, Fn. 38 in Benkö/Graajf/Reijnen (Hrsg.) S. 178; s. auch Gorove, Another Look at Arms Control and What May be Agreed Upon, in Arms Control and Disarmament in Outer Space, Bd. 2 (McGill University 1987); erneut abgedruckt in Gorove, Developments in Space Law (1991) S. 263: "One of the major challenges of our time that lawyers, legal technicians and policy makers have to face is to prevent the spread of arms into man's fourth environment." 532 533

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

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" ... we judge, disarmament of and in outer space to be an obligation under Artide I of the Space Treaty in general and of the common interest dause in particular."

Die Konsequenz der Internationalisierung gemäß der Menschheitsklausel in Sicherheitsfragen ist, dass alle den Weltraum betreffenden Rüstungskontrollverträge multilateral eingebettet werden müssen. Natürlich können die bei den großen Weltraummächte weiterhin auch über Weltraumfragen prioritär bilaterale Abrüstungsverhandlungen führen, aber sie müssen in geeigneter Weise in den von der Staatengemeinschaft im Rahmen der VN und der CD vorgegebenen multilateralen Abrüstungsrahmen einfließen und das erga omnes geltende Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums beachten. Zwar kann für die sicherheitspolitisch unmittelbar einleuchtende Feststellung537 "Globale Waffen eifordern globale Regeln der Sicherheit" eine allgemeine völkerrechtliche Verbindlichkeit noch nicht angenommen werden. Wenn es dabei aber um die Nutzung des Gemeinschaftsraums geht, so ist die rechtliche Ausgangslage wegen der weltraumvertraglichen Menschheitsklausel insoweit eine andere. Auf Grund ihrer globalen Auswirkungen ist eine NMD-Entscheidung als konkretester Ausdruck geplanter aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums eine multilaterale Sicherheitsfrage par excellence. Die nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung insgesamt sowie die internationale und regionale Stabilität und Sicherheit sind unmittelbar betroffen. Ein konkretes Beispiel dafür, wie sich NMD auch auf die terrestrische Sicherheit anderer, auch von Nicht-Nuklearstaaten auswirken kann, zeigen Glaser und Fetter538 auf. "Rogues seeking to deter America's deterrent may be more likely to turn to theater missiles, which are small and can be highly survivable when mounted on mobile launchers, as Iraq demonstrated during the Gulf War. A survivable theater missile capability would allow a rogue state to hold V.S. regional allies hostage, threatening to attack them if the Vnited States retaliates. For example, North Korea could threaten to attack South Korea or Japan, and Iraq could threaten to attack Israel or southem Europe, if the United States retaliates."

Dass ein Umsetzungsabkommen in Bezug auf das für die Wahrung des Gemeinschaftsstatus grundlegende Rechtsgebot der friedlichen Nutzung noch immer fehlt und dass ausgerechnet das für die Einhaltung zentraler Grundsätze des Weltraumvertrages strukturell grundlegende Gebot der friedlichen Nutzung noch immer der dringend notwendigen universellen vertraglichen Konkretisierung in einem oder mehreren Spezialabkommen harrt, macht die vertragliche Begrenzung der Rüstung im Weltraum angesichts der drohenden Überschreitung der Schwelle hin zu einer Bewaffnung des Gemeinschaftsraums zu einer Priorität ersten Ranges für die internationale 537 538

Bahr/Lutz, Fn. 428 in Bahr/Lutz (Hrsg.), Fn. S. 17. Glaser/Fetter, Fn. 359 S. 67.

27 Wolter

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

Gemeinschaft bei der Ausfüllung des weltraumrechtlichen Rahmenvertrages. 539 Eilene Galloway54o sieht es als eine Hauptaufgabe unter dem im COPUOS- Rechtsausschuss seit 1998 beratenen Tagesordnungspunkt der Überprüfung der Weltraumverträge an, solche Abkommen über Rüstungskontrollmaßnahmen im Weltraum auszuhandeln. b) Herleitung eines Rechtsanspruchs der internationalen Gemeinschaft auf Schaffung einer internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums

aa) Gemeinwohlklausel und Normierungsanspruch der internationalen Gemeinschaft Ausgehend von dem Prinzipiencharakter der Gemeinwohlklausel und des Rechtsgrundsatzes der friedlichen Nutzung bedarf es weiterer konkretisierender Normelemente, um daraus konkrete Verbindlichkeiten ableiten zu können. Nach Pritzsche 541 kann die Gemeinwohlklausel konkrete Rechtspflichten nur erzeugen, wenn sie durch Normen konkretisiert wird, die Rechtsinhaber, Verpflichteten und Inhalt der Verpflichtung eindeutig festlegen. Diese Voraussetzungen werden im Folgenden in Bezug auf einen Rechtsanspruch zur Schaffung einer internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums untersucht. Dabei ist entsprechend der Feststellung des IGH542 in seinem Rechtsgutachten zu Nuklearwaffen, wonach als verfahrensmäßige Konsequenz aus Artikel VI NVV die Nuklearmächte zum Abschluss von Verträgen über die nukleare Abrüstung verpflichtet sind, vor allem die verfahrensmäßige Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung ins Blickfeld zu rücken. Diese gewinnt mit Blick auf die Rechtsunklarheit hinsichtlich der Auslegung des Begriffs "friedlich" die zusätzliche Bedeutung, dass vor dem Hintergrund des völkerrechtlichen Ef539 s. die jeweiligen Passagen in den Resolutionen der VN-Generalversammlung zum Tagungsordnungspunkt "Prevention of an Arms Race in Outer Space" seit 1982; s. GV-Resolution A/RES 56/23 vom 21. 12. 2001 (156-0-4): "Reaffirms the importance and urgency of preventing an arms race in outer space and the rediness of all States to contribute to that comrnon objective, in conformity with the provisions of the [Outer Space] Treaty ... , [r]eaffirms its recognition ... that there is a need to consolidate and reinforce that regime and enhance its effectiveness ... ; [e]mphasizes the necessity of further measures with appropriate and effective provisions for verification to prevent an arms race in outer space ... ". 540 Galloway, Fn. 179 S. 250: "It would be prudent to codify all the elements necessary to preserve outer space as a dependable orderly environment including measures foe arms contro!." 541 Pritzsche, Fn. 299 S. 146 ff.; ders., Die Nutzung natürlicher Ressourcen, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 570. 542 lCI Reports S. 42 Para. 100.

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

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fektivitätsgrundsatzes nur durch eine solche verfahrensmäßige Konkretisierung die wirksame Gültigkeit des Grundsatzes der friedlichen Nutzung aufrecht erhalten werden kann. Wenn von einer rechtlichen Bindungswirkung der Gemeinwohlklauseln auszugehen ist,543 zugleich aber eine objektive, allseits anerkannte Auslegung des Gemeinwohls nicht für alle Bereiche der Nutzungen des Weltraums erreichbar ist, so kommt gerade der verfahrensmäßigen Umsetzung der Kommunklauseln umso größere Bedeutung zu. Ausgangspunkt ist der allgemeine, aus der Menschheitsklausel folgende Umsetzungsgedanken des Weltraumvertrages, dass für jeweils neue Nutzungsarten des Weltraums zur Verwirklichung des Menschheitsinteresses jeweils dem Anwendungsbereich angemessene Implementierungsverfahren ausgearbeitet werden müssen. Wenn nunmehr der Schritt von der bestehenden passiven militärischen Nutzung des Weltraums hin zu einer aktiven, zerstörerischen Nutzung den Grad der technischen Realisierbarkeit und darüber hinaus der konkreten Planung seitens einzelner Weltraummächte erreicht hat, so müssen entweder schon bestehende verfahrensmäßige Vorkehrungen, soweit sie geeignet sind, angewendet oder neue getroffen werden, um die Einhaltung der Interessen der internationalen Gemeinschaft zu sichern. Eine inhaltliche Konkretisierung des Anspruchs auf Schaffung einer internationalen Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums lässt sich auf der Grundlage der Resolutionen der VN-Generalversammlung zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum, der zahlreichen Vertragsentwürfe in der CD und des Inhalts der einschlägigen Bestimmungen des Weltraumvertrages vornehmen. Rechtsinhaber des Anspruchs ist die internationale Gemeinschaft, Rechtsverpflichteter sind alle Staaten, insbesondere die Weltraummächte, der Rechtsinhalt ist die Schaffung einer internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums. Zentrales Ziel der Ordnung ist die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum. Da es sich bei der Aufforderung der Verhinderung eines Wettrüstens nicht nur um einen politischen Appell, sondern bereits um eine normativem Gehalt zugängliche und völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtspflicht handelt,544 ist die Voraussetzung eines ausreichend konkreten Norminhalts gegeben. Es bleibt die Frage zu untersuchen, wie sich die Rechtsträgerschaft der internationalen Gemeinschaft zu dem Begriff der "Menschheit" in der Menschheitsklausel verhält.

543

544 27*

s. o. Kapitel C. 1. 3. s. o. Kapitel D. V. 4. 2. c).

420

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

bb) Die internationale Gemeinschaft als Rechtssetzer und Rechtsträger des Anspruchs der Menschheit auf Schaffung einer internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums

Normativer Ausgangspunkt für die Rechtsträgerschaft der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf den CHOM-Grundsatz und das Gebot der friedlichen Nutzung des Weltraums ist die Menschheitsklausel in Artikel I Absatz 1 WRV. Mit der Menschheitsklausel macht der Weltraumvertrag die "Menschheit" zum Bezugsobjekt einer zentralen Vertrags bestimmung und spiegelt damit eine allgemeine Strukturentwicklung im Völkerrecht wider, in der eine zunehmende Bezugnahme auf die "Menschheit" als Rechtsbegriff festzustellen ist. 545 Der Vertrag wirft damit unmittelbar die Frage auf, ob die "Menschheit" Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten sein kann. Während eine Mindermeinung546 eine Völkerrechtssubjektivität der Menschheit bejaht, wird dies von der herrschenden Meinung547 neben grundsätzlichen Bedenken gegen die Anerkennung einer nicht von den Staaten abgeleiteten Völkerrechtssubjektivität mit dem Argument abgelehnt, dass eine solch weitgehende Rechtswirkung jedenfalls von den Vertragsparteien des Weltraumvertrages nicht intendiert war. Auch bei der am weitesten entwickelten institutionellen Umsetzung des CHOM-Grundsatzes in der Seerechtskonvention durch die Schaffung der Meeresbodenbehörde in Artikel 137 SRK bleibt die intergouvernementale Struktur grundsätzlich die Grundlage für die Ausübung der Rechte der Menschheit. Sie erfährt jedoch insoweit eine Ausweitung, als juristischen und natürlichen Personen in Artikel 153 Absatz 2 Ziffer b SRK bestimmte Rechte gegenüber der Behörde eingeräumt werden und in Artikel 140 SRK ausdrücklich die Berücksichti545 So spricht etwa die Konvention gegen die Apartheid von 1973 von "Verbrechen gegen die Menschheit"; s. Dupuy, P.-M.: Humanite, Communaute et Efficacie du Droit, in Melanges Dupuy, S. 131; Abi-Saab, ,Humanite' et ,Communaute Internationale' Dans la Dialectique du Droit International, in Melanges Dupuy, S. 1; Paulus, Fn. 459 S. 151 ff. 546 Insbesondere Cocca, Prospective Space Law, JSL 26 (1998) S. 51; ders., Basic Statute for the Moon and Heavenly Bodies, Proc. 5th Colloq. Space Law (1963) S. 36; ders., Fn. 8, S. 15.: " ... the international community ... had recognized the existence of a new subject of international law, namely mankind itself, and creates a jus humanitatis, ... and endowed that new subject of international law - mankind - with the vastest common property (res communis humanitatis) which the human mind could at present conceive of, namely outer space itself, including the Moon and the other celestial bodies"; Baslar, Fn. 170 S. 70. 547 Kamenetskaya, Subjects of International Space Law, Proc. 22 nd Colloq. Space Law (1980) S. 101; Bueckling, Die Freiheiten des Weltraumrechts und ihre Schranken, in Böckstiegel (Hrsg.) Handbuch S. 55; Abi-Saab, Fn. 545 in Melanges Dupuy, S. 10; Dupuy, P.-M., Fn. 545 Melanges Dupuy, S. 134; Conforti, Humanite et Renouveau de la Production Normative, in Melanges Dupuy, S. 113; Paulus, Fn. 459 S. 151 ff.

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

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gung der "Völker, die noch nicht die Unabhängigkeit erlangt haben" vorgesehen ist. Das Beispiel der Meeresbodenbehörde als Handlungsbevollmächtigte und Interessenvertreterin der Menschheit zeigt nach Rene-Jean Dupuy und D. Vignes 548 zum Einen, dass die Menschheit "sujet titulaire d'un droit" sein kann, zum Anderen, dass jedoch "seuls les Etats, en agissant conjointement, peuvent parvenir a la representer. " In der Menschheitsklausel des Weltraumvertrages ebenso wie in Artikel IV WRV, welcher die Astronauten zu "envoys 0/ mankind" erklärt, wird deutlich, dass der Vertrag von einer besonderen Stellung der Menschheit in Bezug auf den Weltraum ausgeht, deren normative Bedeutung sich ähnlich der rechtlichen Verkörperung der Menschheit durch die Meeresbodenbehörde auch hinsichtlich der Rechtsträgerschaft in Bezug auf die Schaffung einer weltraumrechtlichen Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung auswirken sollte. Die normative Bedeutung des Begriffs der "Menschheit", die sich insbesondere in einer Überwindung des Reziprozitätsgrundsatzes des klassischen Koexistenzrechtes äußert,549 muss sich auch im Normentstehungsprozess in Gestalt einer Rechtsträgerschaft in Bezug auf einen Normsetzungsanspruch niederschlagen. Dieser am Allgemeinwohl und nicht mehr an Reziprozitäts- oder einseitigen nationalen Interessen orientierte Normsetzungsanspruch liegt konkret darin begründet, dass die Staaten verpflichtet sind, zur Verwirklichung des Menschheitsinteresses gemeinsam zu handeln (" les Etats, en agissant conjointement"). Nach Dupui 50 obliegt es den Staaten gemeinsam im Interesse der Menschheit zu handeln, solange keine adäquate institutionelle Struktur zur Verkörperung des Menschheitsinteresses besteht. Damit erhalte die Souveränität eine gemeinschaftliche Funktion im Interesse der internationalen Gemeinschaft. Der Prozess der Rechtsträgerschaft ist jedoch noch nicht so weit fortgeschritten, dass die Menschheit unmittelbar als Rechtsträger auftreten kann. Sie kann dies nur vermittelt durch die internationale Gemeinschaft als Staatengemeinschaft. 551 Auch Pellet552 sieht die internationale Gemeinschaft als den Träger der gemeinsamen Interessen der Staaten in einer zunehmend interdependenten Welt: Dupuy, R.-J./Vignes: Traite du Nouveau Droit de la Mer (1988) S. 613. Dupuy, P.-M.; Fn. 545 in Melanges Dupuy, S. 135. 550 Dupuy, La Communaute internationale entre le mythe et et I'histoire (UNESCO 1986) S. 170; Paulus, Fn. 459 S. 150. 551 Dupuy, R.-J./Vignes, Fn. 548 S. 613; Conforti, Fn. 545 in Melanges Dupuy, S. 115: "Sans aucun doute la communaute internationale est encore aujourd'hui une communaute d'Etats ... Mais il est egalement sur que, au-dessous des Etats, I'humanite est toujours moins passive et inerte." und S. 119: "C'est I'Etat individuellement pris qui, etant capable de s'assurer une presence dans l'espace extra-atmospherique, doit la transformer dans une presence constructive pour I'humanite."; Dupuy, P.-M., Fn. 545 in Melanges Dupuy, S. 147. 548 549

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D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

" ... le droit n'est plus seulement le garant de l'independance des Etats, mais est aussi le reflet et le gage de leur interdependance et de leurs interets communs, dont la ,communaute internationale', aussi imparfaite soit-elle, est le depositaire."

Gomez-Robledo 553 meint: ,,[L]e ius cogens n'est que l'expression juridique de la communaute internationale au moment OU, enfin, elle prend conscience d'elle-meme et des valeurs sur la reconnaissance desquelles elle repose et se continue. C'est a I'heure actuelle, en effet, que la communaute internationale est devenue, sei on I' expression de Gros Espiell, ,un veritable sujet de droit international', et non pas comme auparavant un conglomerat d'entites eparses."

Diese Pflicht der Staaten, gemeinsam im Menschheitsinteresse zu handeln, und die dementsprechende Rechtsträgerschaft der internationalen Gemeinschaft sind in Bezug auf den Weltraum unmittelbare strukturelle Folge des Souveränitätsausschlusses im Gemeinschaftsraum, denn das entstehende Machtvakuum kann nur durch eine solche gemeinsame Regelungs- und Ordnungspflicht der Staaten gefüllt werden. Anstelle des Einzelstaates tritt die internationale Gemeinschaft als Garant und Rechtsträger des Menschheitsinteresses auf. In Bezug auf die Sicherheit im Weltraum entsteht daraus eine Pflicht, diese durch Schaffung einer Ordnung kooperativer Sicherheit gemeinsam herzustellen. Dieser Pflicht der Staaten entspricht ein Normativanspruch, dessen Zuordnung als Berechtigten und Verpflichteten die Besonderheit aufweist, dass er nicht von einem Staat alleine, sondern nur der Staatengemeinschaft insgesamt erfüllt werden kann. Vor diesem Hintergrund gewinnt die von Paulus 554 fortentwickelte völkerrechtliche Konzeption der internationalen Gemeinschaft zur Völkerrechtssubjektivität besondere Bedeutung. Die internationale Gemeinschaft als Staatengemeinschaft erweist sich als geeignete Rechtskonstruktion, um dem Menschheitsinteresse rechtlichen Ausdruck in Bezug auf Trägerschaft und Rechtssetzungsbefugnis zu verleihen. Dies gilt besonders auch in Bezug auf das konstatierte Normativbedürfnis einer verfahrensmäßigen Konkretisierung der weltraum vertraglichen Grundsätze des CHOM und der friedlichen Nutzung, deren fehlende institutionelle Umsetzungsvorkehrungen einer rechtlichen Ersatzlösung bedürfen, um ihre normative Wirksamkeit zu erhalten. Mit dem Konzept des ius cogens und der Verpflichtungen erga omnes steigt die internationale Gemeinschaft laut Paulus 555 auf dem Weg zur eigenständigen 552 Pellet, Vive le crime! Remarques sur les degres de I'illicite en droit international in United Nations (Hrsg.), International Law on the Eve of the Twenty-first Century. Views from the International Law Commission (1997) S. 290 f. 553 Gomez-Robledo, Le jus cogens international: Sa Genese, sa Nature, ses Fonctions, RdC 172 (1981 I1I) S. 204. 554 Paulus, Fn. 459 S. 413 ff. 555 Paulus, Fn. 459 S. 362; s. auch bereits Jenks, The Will of the World Community as the Basis of Obligation in International Law, in Hommage d' une Genera-

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

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Rechtspersönlichkeit auf. Ihrer Funktion nach stellt die "internationale Gemeinschaft als Rechtssetzer bzw. Rechtsträger einen (unvollkommenen) Ersatz für das Fehlen entsprechender Gemeinschaftsinstitutionen dar.,,556 Diese Funktion der Rechtssetzung führt die internationale Gemeinschaft in Bezug auf die Gemeinschaftsinteressen und damit zur Verwirklichung des Menschheitsinteresses aus. Paulus 557 beschreibt diesen Zusammmenhang zwischen internationaler Gemeinschaft als Rechtssetzerin und Vertreterin der Menschheitsinteressen treffend wie folgt: "Obwohl nur die Staatengemeinschaft Rechtssubjektivität beanspruchen kann, bleibt die Weltgemeinschaft ihr Bezugspunkt und ihre Daseinsberechtigung. Letztlich dienen diese Normen nicht den Staaten, sondern jener Weltgemeinschaft der Menschheit, der das Recht der internationalen Gemeinschaft verpflichtet ist."

Als wichtigste Funktion dieses Rechts der internationalen Gemeinschaft sieht er ihre Rolle als "Rechtssetzungsorgan,,:558 "Demnach kann die ,international community as a whole' Recht zwingenden Charakters und/oder erga omnes setzen. Dabei handelt sie mit Zustimmung ihrer ,essential components', benötigt aber keine Einstimmigkeit. Dennoch ist das so gesetzte Recht für alle Mitglieder verbindlich, sofern es sich um die Kodifizierung grundlegender Normen ... handelt."

Dies muss umso mehr gelten, wenn es um die Konkretisierung solcher bereits von der Staatengemeinschaft erga omnes akzeptierter grundlegender Normen wie des Grundsatzes der friedlichen Nutzung von Gemeinschaftsräumen geht. Es entspricht also nicht nur den spezifischen strukturellen und inhaltlichen Erfordernissen des Rechtsgrundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums, sondern auch der von Paulus umfassend analysierten Entwicklung des Rechts der internationalen Gemeinschaft, dass diese in der die Sicherheitsinteressen aller Staaten und der Menschheit insgesamt betreffenden Frage der militärischen Nutzung des Weltraums den Anspruch auf Schaffung einer dieses Menschheitsinteresse strukturell und inhaltlich gewährleistenden internationalen Ordnung geltend macht. Sie erhebt diesen Anspruch u. a. in den Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen und in den Forderungen innerhalb der CD nach einem dringenden Verhandlungsmandat für ein PAROS-Abkommen. Die institutionelle Ersatzfunktion der internationalen Gemeinschaft als Rechtsträger und Rechtssettion de Juristes au Pn!sident Basdevant (1960) S. 295, der feststellt: "The will of the world community furnishes a basis of legal obligation which can contribute to making a reality of the universality of international law ... the concensual theory in particular is appropriate, if not only at least primarily, to a ,law between States only and exclusively'. International law as it evolves towards the common law of mankind is no Ion ger of that character ... ". 556 Paulus, Fn. 459 S. 362. 557 Paulus, Fn. 459 S. 329. 558 Paulus, Fn. 459 S. 423.

424

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

zer ist in Bezug auf den Weltraum als hoheitsfreiem Gemeinschaftsraum mehr als nur eine rechtstheoretische Möglichkeit zur Erklärung des normativen Gehalts der Menschheitsklausel in verfahrensmäßiger Hinsicht. Vielmehr erweist sie sich als unerlässlicher normativer Bezugsrahmen für den Anspruch auf Schaffung einer internationalen Ordnung der kooperativen Sicherheit im Weltraum. Im Ergebnis bietet sich mit der völkerrechtlichen Konzeption der internationalen Gemeinschaft eine angemessene Lösung der mit dem Menschheitsbegriff im Weltraumrecht und im Völkerrecht allgemein 559 aufgeworfenen Frage der Rechtsträgerschaft, ohne dass es der Qualifizierung der Menschheit als vollwertiges Völkerrechtssubjekt bedarf. Nur die internationale Gemeinschaft - vermittelt durch die Staaten - kann die Rechte der Menschheit wahrnehmen. Der Rückgriff auf die internationale Gemeinschaft erlaubt auch eine Berücksichtigung der "Völker, die ihre staatliche Unabhängigkeit noch nicht erreicht haben", auf die der Mondvertrag in Artikel 2 durch Bezugnahme auf die Resolution der VN-Generalversammlung vom 24. Oktober 1970 über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit mittelbar verweist. Schließlich ist in diesem Rahmen auch eine angemessene Berücksichtigung der Interessen und Rechte künftiger Generationen gemäß Artikel 4 MV möglich, welche diese in Bezug auf die friedliche Nutzung des Weltraums und die Bewahrung der Umwelt haben. 56o cc) Realisierbarkeit des Rechtsanspruchs

Angesichts der gegenwärtigen hartnäckigen Weigerung der USA, an der Erarbeitung einer internationalen Ordnung betreffend die militärische Nutzung des Weltraums im Allgemeinen und der Aushandlung eines PAROSAbkommens im Besonderen mitzuwirken, stellt sich die Frage, wie die internationale Gemeinschaft ihren Rechtsanspruch durchsetzen kann. Die internationale Ordnung zur Sicherung der friedlichen Nutzung kann mit Wirkung erga omnes durch eine große Mehrheit der Staaten geschaffen werden, wenn gewährleistet ist, dass ein ausreichend repräsentativer Teil der internationalen Gemeinschaft daran mitwirkt,56! wenn sie inhaltlich eine an559 Abi-Saab, Fn. 545 in Melanges Dupuy, S. 11 meint, "le droit international est ainsi condamne a devenir de plus en plus ,le droit interne de l'humanite"'. 560 Weiss, In Fairness to Future Generations. International Law, Common Patrimony, and Intergenerational Equity (1998) S. 48 stellt hinsichtlich der Menschheitsklausel im Weltraumvertrag und des CHOM-Grundsatzes im Mondvertrag fest, dass Berechtigte und Verpflichtete der Rechte künftiger Generationen die Staaten als Teile der internationalen Gemeinschaft und " ... as the entities which represent people in the international community and which exercise sovereignty over their citizens fand] serve as guarantors 0/ these obligations ... " sind.

VII. Die Notwendigkeit der friedlichen Nutzung des Weltraums

425

gemessene Konkretisierung der Allgemeinwohlklausel des Artikel I Absatz I WRV darstellt und wenn die Beteiligten im Interesse aller Staaten und der Menschheit zu handeln beabsichtigen. Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Forderung der internationalen Gemeinschaft nach Aushandlung eines multilateralen Vertrages zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum, um die friedliche Nutzung des Gemeinschaftsraums zu sichern, gegeben. Wenn im VN-Rahmen eine große Mehrheit von Staaten, die alle Weltregionen sowie alle Staatengruppen repräsentieren, sich an der Aushandlung beteiligen, sollte gewährleistet sein, dass es sich bei dem ausgehandelten Abkommen "um ein Regelungswerk handelt, das keinerlei einseitige Interessenabwägung getroffen hat". 562 Ohne Zweifel wäre es wünschenswert, dass sich von vornherein auch die Hauptinteressenten an dem Vorhaben der internationalen Gemeinschaft beteiligen. Dies ist vor allem auch eine Frage der Ausgestaltung der intendierten Ordnung. Ein System kooperativer Sicherheit im Weltraum sollte im wohlverstandenen nationalen Sicherheitsinteresse auch der mächtigsten Staaten liegen. Daher erscheint die Hoffnung nicht unbegründet, dass die Einberufung einer Staatenkonferenz durch die große Mehrheit der internationalen Gemeinschaft zur Aushandlung eines multilateralen Abkommens über die Verhinderung eines Wettrüstens und die Schaffung einer internationalen Ordnung Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum auch Überzeugungskraft in den Staaten gewinnt, die gegenwärtig einen unilateralistischen Kurs zu steuern geneigt scheinen und namentlich in dem Lande, das die Menschheitsklausei, den Grundsatz der friedlichen Nutzung und das Gebot der Freihaltung des Weltraums vom Wettrüsten in den Vereinten Nationen initiiert hat. 563 c) Ergebnis

Der Weltraumvertrag überträgt den Weltraum entsprechend seiner Menschheitsklausel der "Menschheit". Diese wird im gegenwärtigen Stadium der völkerrechtlichen Strukturordnung von der internationalen Gemeinschaft als Staatengemeinschaft verkörpert. Die Staaten sind verpflichtet, gemeinsam zur Verwirklichung des Menschheitsinteresses zu handeln. Die internationale Gemeinschaft tritt auf Grund des einzelstaatlichen Hoheitsausschlusses im Gemeinschaftsraum als Rechtswahrer, Rechtssetzer und Interessenverteter der Menschheit auf. Aus der Menschheitsklausel und dem CHOM-Status des Weltraums erwächst der internationalen Gemein561 562

563

s. o. Kapitel C. 1. 2. b) aa). Tomuschat, Fn. 418 S. 37. s. o. Kapitel B. 1. 1. a).

426

D. Das Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums

schaft ein Normierungsanspruch zur Wahrung des Menschheitsinteresses. Dieser kommt zum Tragen, wenn es zur Ausführung des Weltraumvertrages als Rahmenabkommen wegen neuer technologischer Entwicklungen der inhaltlichen und verfahrensmäßigen Konkretisierung in Bezug auf neue Nutzungsmöglichkeiten bedarf. Dieses Normativ- und Umsetzungsbedürfnis ist angesichts des möglichen Überschreitens der Schwelle zu einer neuartigen militärischen Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Qualität akut in Bezug auf den Sicherheitsbereich gegeben. Zur Wahrung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums besteht daher eine Rechtsverpflichtung der Staaten zur gemeinsamen Schaffung einer internationalen Ordnung im militärischen und Sicherheitsbereich. Deren Erfüllung ist auf Grund des Fehlens einer verfahrensmäßigen Ordnung zur Gewährleistung des friedlichen Nutzung dringend geboten. Diese kann nur durch gemeinsames Handeln der Staaten im Gemeinschaftsinteresse erfüllt werden. Im Sicherheitsbereich bedeutet diese Pflicht zu gemeinschaftlichen Handeln, dass sowohl strukturell als auch inhaltlich eine Ordnung Gemeinsamer Sicherheit geschaffen wird, die das Gemeinschaftsinteresse der friedlichen Nutzung des Weltraums verwirklicht. Verfahrensmäßig könnte der Normierungsanspruch der internationalen Gemeinschaft durch die Aushandlung eines multilateralen Vertrages über Gemeinsame Sicherheit im Weltraum einschließlich seiner institutionellen Absicherung erfüllt werden. Inhaltlich könnte dieser auf die Rechtsstandards der friedlichen Nutzung zurückgreifen, die ihrerseits im Interesse der Rechtssicherheit konkretisiert und durch ausdrückliche Ge- und Verbote ergänzt werden sollten. In Erfüllung ihres Kodifizierungsanspruches gegenüber den Weltraummächten wäre die Ausarbeitung eines multilateralen Abkommens über Gemeinsame Sicherheit im Weltraum die dem CHOM-Status des Weltraums strukturell adäquate Antwort der internationalen Gemeinschaft auf die Herausforderung der Bewahrung des Gemeinschaftsraums für jetzige und künftige Generationen zur friedlichen Nutzung im Menschheitsinteresse. Die Elemente einer solchen multilateralen Rechtsetzung zur Verwirklichung des weltraumvertraglichen Menschheitsinteresses im Rahmen Gemeinsamer Sicherheit sollen im abschließenden Kapitel auf der Grundlage der zahlreichen Vorschläge insbesondere in der Genfer CD im Einzelnen entwickelt werden.

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots der friedlichen Nutzung des Weltraums de lege ferenda: ein multilaterales Abkommen und eine internationale Organisation für "Gemeinsame Sicherheit im Weltraum" The unhappy fact is that, thus far, whenever we (or others) have sought to solve our national security dilemma by technical means, we have in the end only made matters worse. Herbert F. York, 1985 1 Those advocating the aggressive use of space often overlook how the rule of law embodied in verifiable arms control agreements may provide greater levels of national security through reduced levels of threat. P. J. Baines 19982

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots der friedlichen Nutzung und der Menschheitsklausel im Sicherheitsbereich 1. Vorschläge zur vertraglichen Konkretisierung des Gebots der friedlichen Nutzung und zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum

In Anerkennung und Ausführung des Anspruchs der internationalen Gemeinschaft auf Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum3 legten eine Reihe von Staaten aus allen Weltregionen seit den siebziger Jahren in den 1 York, Nuclear Deterrence and the Military Uses of Space, in Daedalus, 114,2 (1985) S. 30; die beiden Sonderbände der Zeitschrift Daedalus zu sm von 1985 sind auch als Buch unter dem Titel LonglHafneriBoutwell (Hrsg.), Weapons in Space (1986) erschienen. 2 Baines, A Variant of a Mandate for an Ad hoc Committee on Outer Space within the Conference on Disannament: A Convention for the Non-Weaponization of Outer Space, in BeierlMataila (Hrsg.), Anns Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 65.

428

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

unterschiedlichen VN-Gremien Vorschläge für eine vertragliche Absicherung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung vor, um die Rechtsunklarheit bei seiner Anwendung zu beseitigen und den hinsichtlich militärischer 3 Aus der Fülle des überwiegend rüstungskontrollpolitischen Schrifttums s. Alves, Prevention of an Arms Race in Outer Space: A Guide to the Discussions in the Conference on Disarmament (UNIDIR 1991); Baines, Fn. 2, in BeierlMataila (Hrsg.) S. 65; Cleminson, Banning the Stationing of Weapons in Space Through Arms Control: A Major Step in the Promotion of Strategic Stability in the 21 si Century, in BeierlMataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 35; lasani, The Arms Control DilemmaAn Overview, in ders. (Hrsg.) Space Weapons - The Arms Control Dilemma (SIPRI 1984) S. 3; Danielsson, Approaches to prevent an arms race in outer space, in lasani (Hrsg.) S. 157; VelikhovlKokoshinlVassiliev, Averting a new round in the militarization of outer space: an urgent problem and goal, in lasani (Hrsg.) S. 185; Feigl, Mehr Sicherheit durch Vertrauensbildung und Verhaltenskontrolle: Zur Konzeption eines umfassenden Schutzregimes für den Weltraum, in Zunker (Hrsg.), Weltordnung oder Chaos? Beiträge zur internationalen Politik. Festschrift zum 75. Geburtstag von Klaus Ritter (1993) S. 509; Osbome, Outer Space and Multilateral Security: Trends and Possibilities, in BeierlMataila (Hrsg.), Arms Control and the Rule of Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 3; aus der völkerrechtlichen Literatur lankowitsch, Arms control in space: the need for new legal action, in lasani (Hrsg.) S. 173; lasentuliyana, International Space Law and the United Nations (1999), S. 101; Kries, Space-Based Defenses and the Law of Outer Space, Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 106; Chayes, Abrahaml Chayes Antonia H.lSpitzer, Space Weapons: The Legal Context, in: LonglHafnerl Boutwell (Hrsg.), Weapons in Space (1986) S. 193; Hurwitz, The Legality of Space Militarization (1986); Fischer, Völkerrechtliche Schranken der Weltraumrüstung, in LabuschlMauslSend (Hrsg.), Weltraum ohne Waffen. Naturwissenschaftler warnen vor der Militarisierung des Weltraums (1984) S. 154; Gorove, Developments in Space Law. Issues and Policies (1991) S. 254 ff.; ders., Arms Control in Space: Issues and Alternatives, ZLW 33 (1984) S. 191; ders., Arms Control Provisions in the Outer Space Treaty: A scrutinizing reappraisal, Georgia Journal of International and Comparative Law 3 (1973) S. 116; Markoff, Disarmament and "Peaceful Purposes" Provisions in the 1967 Outer Space Treaty, JSL 4 (1976) S. 11; Agrawala, Arms Control in Outer Space, ZaöRV 45 (1985) S. 543; Reijnen, The United Nations Space Treaties Analysed (1995) S. 103; dies., The Prevention of an Arms Race in Outer Space, in BenkölGraajflReijnen (Hrsg.), Space Law in the United Nations (1985) S. 147; Vlasic, Space Law and the Military Applications of Space Technology, in lasentuliyna (Hrsg.), Perspectives on International Law (1995) S. 385; ders., The Legal Aspects of Peaceful and Non-Peaceful Uses of Outer Space, in lasani (Hrsg.), Peaceful and Non-Peacefu1 Uses of Space. Problems of Definition for the Prevention of an Arms Race (UNIDIR 1991) S. 37; ders., Disarmament Decade. Outer Space and International Law, Mac GiB Law Journal 25 (1981) S. 135; Christol, The Common Interest in the Exploration, Use and Exploitation of Outer Space for Peaceful Purposes: The Soviet-American Dilemma, Proc. 27 th CoBoq. Space Law (1985), abgedruckt in Christol, Space Law. Past, Present and Future (1991) S. 13; ders., The Use of Outer Space for Peaceful Purposes. Legal and Political Implications, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 4; Magno,

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 429

Weltraumnutzungen als lückenhaft empfundenen Weltraumvertrag zu ergänzen. Diese Initiativen werden in dem Maße stärker und drängender, in dem eine aktive militärische Nutzung des Weltraums näher zu rücken droht. Die Vorschläge wurden jedoch bisher nicht im Einzelnen verhandelt, weil die USA 4 den Standpunkt vertreten, dass ein Wettrüsten im Weltraum nicht bevorstehe und zusätzliche vertragliche Bestimmungen hinsichtlich der militärischen Nutzung des Weltraums überflüssig seien. Die Vorschläge konzentrieren sich auf ein ausdrückliches Verbot aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums durch ein Verbot von Weltraumwaffen, insbesondere von ASAT-Waffen, sowie vertrauensbildende Maßnahmen und Immunitätsvorschriften hinsichtlich der zivilen Weltraumnutzungen. Vor allem in dem 1985 in der CD eingerichteten Ad-hoc-Ausschuss zu PAROS standen zunehmend Vorschläge für vertrauensbildende Maßnahmen im Vordergrund,5 mit denen die Hoffung verbunden wurde,6 dass sie als ein erster Schritt eine nachfolgende Zustimmung der USA zu darauf aufbauenden Verbotsnormen ermöglichen könnten. a) Vertragsentwürje für ein Verbot aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstärerischer Art

aa) Multilaterale Vorschläge und Vertragsentwürfe zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum in den Vereinten Nationen und in der CD Die bisher vorgelegten Vorschläge reichen von gezielten Ergänzungsvorschlägen zum Weltraumvertrag bis zu umfangreichen Vertragsentwürfen für ein eigenständiges Abkommen über die friedliche Nutzung des Weltraums. Mehrere Staaten sahen die vertragstechnisch einfachste Lösung darin, den Artikel IV WRV bezüglich seines Stationierungsverbots von Massenvernichtungswaffen im Weltraum durch eine Ausweitung auf jede Art von Weltraumwaffen zu ergänzen, etwa durch Einfügung von "any kind 0/ weapon" in Absatz 1. Dies schlug Italien 7 bereits 1968 und erneut 1978 8 in der VN-Generalversammlung vor und legte dazu 19799 den Entwurf eines entsprechenden Zusatzprotokolls zum Weltraumvertrag in der CD vor. Dem How to Avoid the Militarization of Outer Space, in Proc. 26 th Colloq. Space Law 26 (1984) S. 221. 4 US-Botschafter Robert Grey in der CD; Press Release der US Delegation to the CD v. 15. 2. 01 S. 5; US explanation of vote Res A/C.l/54/1.22 am 1. 11. 1999, s. o. Kapitel B. III. Fn. 500 u. B. III. 2. c) aa). 5 s. zum bisherigen Verhandlungsablauf in der CD o. Kapitel B. III 2. b) dd) und 2. c). 6 7

So insbesondere Feigl, Fn. 3 S. 513. Italien, OR GA A/7221 v. 9. 9. 1968, s. dazu o. Kapitel B. III. 1. a).

430

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Entwurf liegt die Unterscheidung zwischen passiven militärischen Nutzungen, die weiterhin erlaubt sein sollen (so ausdrücklich Artikel 1 Para. 2 des Entwurfs bezüglich Verifikationssatelliten), und ausdrücklich zu verbietender aktiver militärischer Nutzung von zerstörerischer Art im Weltraum zu Grunde. Das Verbot aktiver Nutzungen in Form eines ausdrücklichen Verbots von Weltraumwaffen soll durch multilaterale Verifikation überwacht werden. Der Entwurf unterstützt dazu den französischen Vorschlag lO zur Errichtung einer International Satellite Monitoring Agency. Auch Venezuela ll schlug 1987 eine entsprechende Ergänzung des Weltraum vertrags vor. Peru l2 hielt zusätzlich auch das Verbot von ASAT-Waffen, die nicht weltraumgestützt sind, für erforderlich. Die Vorschläge Venezuelas und Perus sahen auch das Verbot bereits der Entwicklung, Herstellung und Lagerung von Weltraumwaffen vor, was in Bezug auf den Weltraumvertrag ein Novum darstellte. Ein solches Entwicklungsverbot ist auch in den meisten Vorschlägen für ein eigenständiges Abkommen über das Verbot von Weltraum waffen enthalten. Den Auftakt für ein solches eigenständiges Verbotsabkommen bildete der von der UdSSR 1981 in der Generalversammlung 13 und 1982 in der CD l4 vorgeschlagene "Draft Treaty on the Prohibition of the Stationing of Weapons of Any Kind in Outer Space ". Dieser enthielt in Artikel 1 unter Rückgriff auf den italienischen Entwurfl5 ein generelles Verbot von Weltraumwaffen. Artikel 3 sah ein Verbot "to destroy, damage, disturb the normal functioning of, or change the trajectory of space objects of other States Parties" vor. Der Entwurf war für die USA u. a. auch wegen der zusätzlichen Bestimmung in Artikel 1, wonach die Stationierung von Waffen auf "reusable manned space vehicles" verboten werden sollte, nicht akzeptabel, weil dies als Beeinträchtigung des US-Shuttle-Programms verstanden 8 Italien; AI AC. 187/97 v. 1. 2. 1978. "Additional Protocol to the 1967 Treaty on Principles Goveming Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space, Including the Moon and Other Celestial Bodies". 9 Italien, Vorschlag CD/9 v. 26. 3. 1979; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Weltraumrecht. Law of Outer Space (1987) S. 121.; dazu Magno, Fn. 3 S. 221. 10 s. dazu ausführlich u. Kapitel E. III. 1. e) aa) (1) Fn. 291. 11 CD/PV 398 v. 19. 3. 1987 S. 9. 12 CD/PV 939 v. 28. 7. 1989 S. 2. 13 Letter Dated 10 August 1981 from the Soviet Foreign Minister to the Secretary-General, ORGA A1361192, 20. 8. 1981; zu den sowjetischen Vorschlägen s. Kolosov, The USSR and the 1967 Treaty on Outer Space, Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 14; ders., Non-Use of Force in Outer Space, Proc. 25 th Colloq. Space Law (1983) S. 205; Zhukov, Towards the New Treaty on military Space Activity Limitation, Proc. 26 th Colloq. Space Law (1984) S. 371.; Christol, Fn. 3 in Christol S. 13; ders., Fn. 3, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 4. 14 CD 274 v. 7. 4. 1982 S. 2. 15 s. o. Fn. 9.

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 431

werden konnte. 16 Als zu Missdeutungen führend wurde vielfach auch die Fonnulierung - nicht der Grundsatz selber - betreffend das Prinzip der "non-inteiference" mit anderen Weltraumobjekten bemängeltP Der zweite sowjetische Entwurf von 1983 18 hatte einen breiteren Ansatz, der auch im Titel "Draft Treaty on the Prohibition 01 the Use of Force in Outer Space and from Space Against the Earth" zum Ausdruck kam. Er berücksichtigte eine Reihe der vor allem von westlichen Staaten am ersten Entwurf geäußerten Kritikpunkte 19 und sah insbesondere neben "national technical means" auch internationale Verifikationsmittel vor. 20 Er enthielt auch in stärkerem Maß kooperative Elemente, insbesondere auch ausdrückliche Vorschriften zu Kooperation und Konsultation und den Vorschlag für die Einrichtung eines Consultative Committee entsprechend dem Vorbild der bilateralen SALTIABM- Vertäge. Der Entwurf wurde generell positiver aufgenommen 21 als der Vorgängerentwurf und fand auch innerhalb der Gruppe der westlichen Staaten Unterstützung?2

China 23 legte Anfang 1985 ein weitreichendes Arbeitspapier vor, dass eine umfassende Beschränkung einer "Militarisierung des Weltraums" durch ein Verbot von "space weapons with actual lethal or destructive power and military sateltites 01 alt types" anstrebte. Damit ging es über die meisten anderen Vorschläge hinaus, da auch passive militärische Nutzungen eingeschränkt werden sollten. Auch in seiner aktuellen Haltung 24 bekräftigt China diese Position im Grundsatz: Alves, Fn. 3 S. 97. Frankreich, Working Doc. CD/375 v. 14. 4. 1983: "Prevention of an Arms Race in Outer Space" kritisierte, dass die Formulierung "would have the effect of authorizing states to take the law into their own hands in Outer Space on the basis of their suspicions, thus creating mistrust and insecurity for all ... "; s. lankowitsch, in Fn. 3 lasani (Hrsg.) S. 182; s. auch u. Kapitel E. I. l. b). 18 ORGA A/38/194 v. 23. 8. 1983; CD/476 v. 20. 3. 1984 sowie Schrifttum in Fn. 13. 19 Deutschland, CD/PV 171 S. 10; Niederlande, CD/PV 170 S. 12 und Frankreich, CD/PV 172 S. 17 kritisierten u. a. die Beschränkung des ersten Entwurfs auf nationale Verifikationsmittel. 20 Alves, Fn. 3 S. 100. 21 Alves, Fn. 3 S. 100. 22 Schweden, CD/PV 252, S. 20; Italien, CD/PV 253, S. 17. 23 China, CD/579 vom 19. 3. 1985 S. 1; s. dazu He Quizhi, Towards Legal Control of Space Arms. A Difficult Process, in Matte (Hrsg.), Arms Control and Disarmament in Outer Space. Lecture-Seminars given at the Centre for Research of Air and Space Law (McGill University Montreal 1985) S. 125; ders., On Strengthening Legal Measures for Prevention of Arms Race in Outer Space, Proc. 27 th Colloq. Space Law (1985) S. 354; s. o. Kapitel B. III. 2. b) aa). 24 CD/1606: "China's Position and Suggestions for Ways to Address the Issue of Prevention of an Anns Race in Outer Space at the Conference on Disannament" vom 9. 2. 2000; s. dazu o. Kapitel B. III. 2. c) Fn. 451 und Fn. 469. 16

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

"China has all along maintained that the exploration and use of outer space should only serve to promote the economic, scientific and cultural development of all countries in the world and benefit all mankind. China has always opposed arms race of any kind, including anus race in outer space. This basic position remains unchanged. "

Es sieht aber als Zwischenschritt zu einer völligen Entmilitarisierung eine "de-weaponization 0/ space" als dringlichste Maßnahme, wozu ein neuer Vertrag ausgehandelt werden sollte. 25 Kanada 26 unterbreitete früh ein konzeptionelles Papier zur Rüstungskontrolle im Weltraum und machte wie Frankreich außerdem Vorschläge zur verfahrensmäßigen und institutionellen Seite der Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums,27 legte aber auch Entwürfe 28 für ein Verbot von Weltraumwaffen vor. Das konzeptionelle Papier begründete ausführlich die Unterscheidung zwischen passiven militärischen Nutzungen mit stabilisierenden Wirkungen und destabilisierenden Systemen, wozu es ASAT- und neue Weltraum waffen zählte. Indien 29 trat dafür ein, das von der UdSSR erklärte Moratorium von ASAT-Tests, das auch die USA auf Grund der Vorgaben des Kongresses einhielten, in einem multilateralen Vertrag, der außerdem die Zerstörung bestehender Systeme vorsehen sollte, verbindlich zu vereinbaren. Pakistan 30 schlug eine Multilateralisierung des ABM- Vertrages einschließlich des Entwicklungsverbotes sowie ein Paket vertrauensbildender Maßnahmen darunter Immunitätsregeln für Satelliten vor. Sri Lanka31 sprach sich für ein ASAT-Verbot mit einer Unterteilung in "low-orbit" und "high-orbit"-Systemen aus. Indien 32 bevorzugt dagegen eine Unterteilung in Near-Earth Orbit (NEO), Higher-Earth Orbit (HEO) und Geosynchronous Orbit (GEO).

s. Fn. 24. Kanada, CD/320 v. 26. 8. 1982; CD/PV 252 v. 22. 3. 1984 S. 15; CD/30l v. 21. 3. 1985 S. 16; s. dazu UNIDIR, Disarmament: Problems Related to Outer Space (1987) S. 170; zur aktiven Rolle Kanadas in der CD und insbesondere hinsichtlich des TOP PAROS s. Cleminson, Fn. 3 in BeieriMataila (Hrsg.) S. 35; Baines, Fn. 2 in BeierlMataila (Hrsg.) S. 65. 27 s. dazu ausführlich u. Kapitel E. III. 1. e) bb) (2). 28 Kanada, CD/41O v. 30.4. 1987 S. 12. 29 Indien, CD/PV 486 S. 6; CD/PV 484 v. 7. 2. 1989 S. 15; s. dazu Chowdhury, Legal Aspects of Maintaining Outer Space for Peaceful Purposes, Proc. 31 sI Colloq. Space Law (1989) S. 14; s. auch o. Kapitel B. III. 2. b) aa). 30 Pakistan, CD1708 v. 26. 6. 1986 "Proposal Relating to the Prevention of an Anus Race in Outer Space, International Instrument to Supplement the ABM Treaty" S. 1; s. auch o. Kapitel D. VI. 2. 31 Sri Lanka, CD/PV 325 v. 30. 7. 1985 S. 12. 32 Indien, CD/PV 423, S. 11. 25

26

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 433

Schweden 33 hat konsequent ein umfassendes Verbot von Weltraumwaffen einschließlich der Vernichtung bestehender land- oder luftgestützter ASATSysteme und ihrer Entwicklung oder Herstellung gefordert und dazu zahlreiche Vorschläge unterbreitet. Am 21. 1. 1988 nahmen die Regierungschefs von Schweden, Griechenland, Mexiko, Tansania, Argentinien und Indien eine sog. "Stockholm-Erklärung,,34 an, in der ein solches umfassendes Verbot zur Verhinderung eines vertikalen und horizontalen Rüstungswettlaufs im Weltraum gefordert wird. Frankreich 35 übernahm seit seinem ISMA-Vorschlag von 1978 eine führende Rolle in der Weltraumfrage und legte neben seinen institutionellen Vorschlägen auch Entwürfe zum Verbot von Weltraumwaffen und insbesondere - wie ebenfalls Deutschland36 - einem ausdrücklichen ASAT- Verbot vor. Frankreich 37 hielt aber ausdrücklich ein ASAT- Verbot allein nicht für ausreichend, um die "fundamental principles of the present space regime" der friedlichen Nutzung, der Nicht-Diskriminierung und des Aneignungsverbots zu sichern, sondern schlug dazu auf der Grundlage des "non-interference" -Prinzips einen" code of conduct ,,38 vor. Dabei stützte es sich stark auf die Unterscheidung zwischen passiven und aktiven militärischen Nutzungen?9 Für diejenigen der ungebundenen Staaten,40 die sich gegen jede Militarisierung des Weltraums wenden, war das Prinzip der Immunität für Satelliten nicht unproblematisch, da es alle bestehenden militärischen Nutzungen sanktionieren würde. Deutschland 41 konzentrierte seine Vorschläge auf Definitionsfragen, vertrauensbildende Maßnahmen und ein Immunitätsregime für Satelliten sowie multilaterale Verifikationsfragen. Diese sollten ein zunächst bilateral zwi33 Schweden, CD/PV 516 S. 18; CD/PV 484 v. 7. 2. 1989 S. 15; s. Danielsson, The ABM Treaty: To be or not to be, in Jasani (Hrsg.), Space Weapons and International Security (1987) S. 163; ders.; Fn. 3 in Jasani (Hrsg.) S. 157. 34 CD/807 v. 19. 2. 1988. 35 CD/PV 263, 12. 6. 1984 S. 19; Vorschlag zur Einrichtung einer ISMA; UN Doc. A/S-lO/AC.l/7 vom 1. 6. 1978, abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 9 S. 117; s. allgemein Guillaume, France and Anns Control in Outer Space. French Proposals Respecting Space Law in Matte (Hrsg.), Anus Control and Disannament in Outer Space. Lecture-Seminars given at the Centre far Research of Air and Space Law (McGill University Montreal 1985) S. 67 sowie B. III. 2. 2. 2. S. 95; UNIDIR, Fn. 26 S. 166; s. auch Fn. 17. 36 Deutschland, CD/PV 35 v. 6. 3. 1986 S. 9. 37 Frankreich, CD/PV 390, v. 6. 2. 1987 S. 6. 38 s. dazu u. Kapitel E. III. 1. b). 39 UNIDIR, Fn. 26 S. 166. 40 s. o. Kapitel B. III. 2. b) aa) Fn. 384, 385; UNIDIR, Fn. 26 S. 178. 41 Deutschland, CD/PV 289 v. 7 .2. 1985 S. 9; CD/318 v. 4. 7. 1985, S. 13 und CD/PV 345 v. 6. 3. 1986 S. 9.; UNIDIR, Fn. 26 S. 173; Alves, Fn. 3 S. 110; s. auch Feigl, Fn. 3 in Zunker (Hrsg.) S. 509. 28 Wolter

434

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege Jerenda

schen den USA und der UdSSR auszuhandelndes Verbot von ASAT-Waffen ergänzen. Während die US-Regierung in der CD den Standpunkt vertrat, dass neue multilaterale Abkommen nicht erforderlich seien, legte der US-Kongress 42 seit 1983 bis 1995 der Regierung quasi ein Testverbot für ASAT-Systeme auf, solange sich auch die UdSSR bzw. Russland daran hielten. Das USRepräsentantenhaus verabschiedete bereits im Februar 1983 eine Entschließung,43 welche den Präsidenten anweist, ein umfassendes Verbotsabkommen für Weltraumwaffen einschließlich bereits des Verbots von Tests auszuhandeln. Darin heißt es: "An international agreement to prohibit the introduction of weapons of any kind into space is needed in order to avoid the financial, social and human costs that could result from such an arms race."

Die Initiativen in der CD und in den VN für ein multilaterales Weltraumwaffenverbot und eine Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums verstärkten sich Ende der neunziger Jahre ungeachtet der Weigerung der USA, der Wiedereinsetzung des PAROS-Ad-hoc-Ausschusses zuzustimmen, und halten bis heute an. Russland, China und Kanada legten Anfang 2000 in der CD neue Arbeitspapiere zum Weltraum vor, in denen sie ihre früheren Vorschläge für ein Verbot von Weltraumwaffen und ergänzende vertrauensbildende Maßnahmen bekräftigten und im Lichte der neueren Entwicklung ergänzten. 44 Im chinesischen Papier vom Februar 200045 wird 42 US Congress, Joint Senate Resolution 28 (Senator Tsongas) v. 3. 2. 1983 und Resolution 129 v. 14. 11. 1983 (Senator Pressier), 98 th Congress, Ist Sess. 2., 3. und 11. 7. 1983 sowie House Joint Res. 523 v. 21. 3. 1984, 98 th Congress, 2nd Sess., 21. 3. 1984; s. ausführlich zur Rolle des Kongresses in der ABM-/ASAT-Frage Christo I, Fn. 3 in Christol, S. 31. 43 Joint Resolution of the US House of Representatives, H.J. Res. 120, 2. 2. 1983, 98 1h Congress, 1sI Sess. 44 s. o. Kapitel B. III. 2. c) aa). 45 "China 's Position and Suggestions Jor Ways to Address the lssue oJ Prevention oJ an Anns Race in Outer Space at the ConJerence on Disannament", Fn. 24: "There are indeed several international legal instruments related to outer space issue, such as the 1963 Treaty Banning Nuc1ear Weapon Tests in the Atmosphere, in Outer Space and Under Water, the 1967 Treaty on Principles Governing the Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space, inc1uding the Moon and other Celestial Bodies, the 1972 Treaty between the US and the USSR on the Limitation of Anti-Ballistic Missile Systems, etc. However, all these instruments have failed to efficiently prevent the weaponization of outer space and an arms race in outer space. Some have provided for prohibitions limited in scope and contained many loopholes and ambiguities. Some have not been fully complied with or are facing the danger of being violated, amended or abolished. Therefore, the Chinese delegation believes that the international community, while making efforts to strengthen the existing legal instruments, is also in great need of the negotiation and conc1usion of new legal instruments to achieve the goal of non-weaponization of and

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 435

sowohl die Stärkung der existierenden rechtlichen Instrumente (Weltraumvertrag und ABM- Vertrag) als auch die Schaffung neuer Instrumente durch ein Verbot der Erprobung sowie der Aufstellung von Waffensystemen und deren Komponenten im Weltraum wie auch die Begrenzung des Einsatzes von Satelliten für militärische Zwecke vorgeschlagen, wobei sich China ausdrücklich auf das als dringend bezeichnete Interesse der internationalen Gemeinschaft an der Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum beruft. Im Juni 1999 machte der russische Präsident Putin auf dem G 8-Gipfel in Köln den Vorschlag für die Einrichtung eines "Global Missile and Missile Technologies Non-Proliferation Control System ", das die Bekämpfung des "missile threats" von" rogue states" innerhalb des ABM- Vertrags ermöglichen und damit zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum beitragen sollte. 46 Daran anknüpfend forderte Russland 47 auf der VN-Konferenz zur Verhütung der Militarisierung des Weltraums und zur Förderung der friedlichen Zusammenarbeit im Februar 2001 erneut den Abschluss eines multilateralen Vertrages zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum. Russlands Außenminister Iwanow 48 machte auf der 56. Generalversammlung am 24. September 2001 einen die bisherigen Weltraumentwürfe Moskaus zusammenführenden Vorschlag eines umfassenden Abkommens zur Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum mit dem Verbot von Weltraumwaffen jeglicher Art sowie eines Moratoriums für die Stationierung solcher Systeme im Weltraum. Im Falle der Annahme durch andere führende Weltthe prevention of an arms race in outer space. The new legal instruments to be concluded should contain the following basic elements: the prohibition of testing, deployment and use of any weapon system and their components in outer space and the limitation of the use of satellites for military purposes."; s. o. Kapitel B. III. 2. c) aa). 46 Intervention Russlands in Plenarsitzung am 24. 2. 2000; CD/PV 843 v. 24. 2. 2000.; s. o. Kapitel B. III. 2. c) aa). 47 Russland, Press Release der Ständigen Vertretung Russlands bei der CD v. 22. 3. 2001 S. 3.: "The elaboration, right now, of specific measures to prevent an arms race in outer space would help to avoid these enormous expenditures as would be required to disarm it in the future. We believe that a speedy elaboration of an international legal regime prohibiting deployment in outer space of weapons other than WMD, should become one of the principal tasks of the world community. Russia's initiative is universal in nature ... We proceed from the premise that the contemporary norms of the outer space law contain "blank spots" and do not ensure a comprehensive and effective ban on an arms race in outer space. They limit only certain - if even important - types of military activities of States, particularly those related to testing and launching in outer space of nuclear and other types of weapons of mass destruction ... [So 4] ... building upon a clear-cut legal basis, one should preclude the stationing of any type of weapons in outer space and renounce the use or threat of use of force in outer space, from outer space or towards outer space and prevent an arms race in outer space and, more so, its tuming into a battlefield." 48 Press Release Russian Mission to the UN, New York, 21. 9. 2001. 28*

436

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege lerenda

raummächte wäre Moskau zur Übernahme einer solchen Moratoriumsverpflichtung bereit.

Kanada legte im Februar 1999 und erneut im Februar 2001 Arbeitspapiere "Concerning CD action on outer space" vor, in denen es seinen Vorschlag zur Aushandlung einer "Convention for the non-weaponization of outer space" bekräftigt. Konkret wird vorgeschlagen, "that a CD Ad Hoc Committee on Outer Space be established with the mandate to negotiate a convention for the non-weaponization of outer space ... There is no current multilateral agreement banning the deployment of weapons other than weapons of mass destruction. There is thus need for the international community to address this problem, and to do so multilaterally, particularly in view of the growing number of states with the capacity or near-capacity to place objects into orbit ... We accept the current military uses of outer space for surveillance, intelligence-gathering and communication [Hervorhebung im Original]. Our focus is on the non-weaponization olouter space, i. e. no positioning 01 actual weapons in outer space." [Hervorhebung von mir].49 In den USA hat der demokratische US-Kongressabgeordnete Kucinich 50 im Oktober 2001 einen Gesetzentwurf mit dem Titel "Space Preservation Act" eingebracht, der zugleich einen Impuls für eine internationale Initiative für einen "World Treaty to Ban Space Weapons" geben will. Der Gesetzentwurf wird in der Tradition der ursprünglichen amerikanischen Weltraumpolitik Präsident Eisenhowers und des Weltraum vertrages von der Absicht geleitet "to preserve the cooperative, peaceful uses of space for the

benefit of humankind by permanently prohibiting the basing of weapons in space" (Präambel) und sieht in Sektion 4 vor: "The President shall direct the United States representatives to the United Nations and other international organizations to immediately work toward negotiating, adopting, and implementing a world agreement banning space-based weapons."

Auffallend ist, dass die europäischen Staaten 51 in der CD zwar für die Wiedereinsetzung des PAR OS-Ausschusses eintreten und an ihre früheren Vertragsentwürfe erinnern, aber bislang noch keine neue Initiative gestartet haben. Eine gemeinsame europäische Initiative zur Bewahrung der friedlichen Nutzung des Weltraums würde dem Anspruch der internationalen Gemeinschaft auf Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum einen nachhaltigen Schub geben und dessen Realisierungschancen erheblich verbessern. 49 Kanada, CD, Arbeitspapier "The Non-Weaponization of Outer Space" v. 5. 2. 2001 sowie CD/1569 v. 4. 2. 1999: "Proposal concerning CD action on outer space". so The Space Preservation Act, 107th Congress 1st Session, H. R. 2977 v. 2. 10. 2001. 51 s. o. Kapitel B. III. 2. b) bb) und 2. c) aa).

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 437

bb) Vorschläge von Nichtregierungsorganisationen und einzelnen Autoren Die International Law Association52 verabschiedete in ihrer Entschließung Nr. 1 vom 27. August 1988 neben einer Aufforderung an die beiden Weltraummächte, den ABM- Vertrag zu verlängern, folgende dringenden Vorschläge zur Regelung militärischer Nutzungen des Weltraums de lege ferenda insbesondere auch im Hinblick auf die bevorstehende Indienststellung der Weltraumstation und einer möglichen bemannten Raumfahrt: ,,2. Recognizing the destabilizing nature of the use of ASAT weapons,

stresses the need of reaching, both on a bilateral and multilateral basis, an agreement on an extended ban on the testing of these weapons.

3. Referring to the harmful consequences of the present absence of definite legal

rules regarding the military uses of or on these stations;

Subrnits that there is an urgent need for a definition of unpermissib1e catego-

ries of military uses of or on these stations. [Hervorhebungen im Original]

In den USA legte die Vereinigung der Concerned Scientists dem US Senate Foreign Relations Committee bereits im Mai 1983 einen Entwurf von Gottfried, Garwin, Gayler und Sagan 53 für ein Verbot von Anti-Satellitenwaffen vor. Es handelte sich um einen Vorschlag für ein bilaterales Abkommen, was aus der Sicht der US-Wissenschaftler verständlich war, da es angesichts der akuten ASAT-Entwicklungen in der UdSSR und den USA zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum am dringlichsten war, zunächst ein bilaterales Resultat zu erzielen. Bis in die jüngere Zeit sprechen sich auch Vertreter der US Air Force für ein ausdrückliches Verbotsabkommen von Weltraumwaffen aus. So kommt Major William Spacy l/54 nach einer detaillierten Analyse der Einsatzmöglichkeiten von Weltraumwaffen zu dem Ergebnis, dass die in der Strategie des US Space Command verfolgten Ziele von "space control, defensive counterspace, offensive counterspace, force application" auch durch boden-, luft- oder seegestützte Systeme erreicht werden könnten und es im Interesse der USA liege, auf die Entwicklung von Weltraumwaffen zu verzichten. Er begründet dies ausdrücklich auch mit dem völkerrechtlichen Verbot aktiver militärischer Weltraumnutzungen von zerstörerischer Art und der zu erwartenden internationalen Reaktion auf eine einseitige Stationierung durch die USA. Auch der 52 International Law Association, Report of its 63 rd Conference, Warsaw (1988) S. 16. 53 Union of Concerned Scientists, Draft Treaty Presented to the U.S. Senate Foreign Relations Committee in May 1983, abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 9 S. 125; dazu Gottfried, An ASAT Test Ban Treaty, in Jasani (Hrsg.), Space Wea-

pons - The Arms Control Dilemma, SIPRI (1984) S. 132. 54 Spacey 11, Does the Uni ted States Need Space-Based Weapons?, College of Aerospace Doctrine, Research and Education, Air University (September 1999)

http://research.au.afrnil.

438

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

ehemalige Deputy Assistant Secretary 01 Delence der Reagan-Administration, L. Korb,55 spricht von einer "international nonn prohibiting the weaponization 01 space" und tritt deshalb gegen eine Weltraumstationierung von NMD-Systemen ein.

In Deutschland kommt der Göttinger Initiative von Naturwissenschaftern das Verdienst zu, als erste einen umfassenden" Vertragsentwuif zur Begrenzung der militärischen Nutzung des Weltraums" vorgelegt zu haben. 56 Der Entwurf wurde auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion im Herbst 1984 im Bundestag beraten, stieß aber auf Ablehnung der damaligen Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP. 57 Hauptziel des Entwurfs ist es, militärische Nutzungen des Weltraums auf Aktivitäten mit stabilisierenden Wirkungen zu begrenzen und zugleich die zivilen Anwendungen zu schützen. 58 Deshalb verbietet er jegliche Art aktiver militärischer Nutzung von zerstörerischer Art. Dazu sieht Artikel I ein generelles Verbot der Zerstörung, Beschädigung oder sonstigen Funktionsbeeinträchtigung von Weltraumobjekten vor. Dieses wird in Artikel 2 durch ein Verbot konkretisiert, Waffen oder Waffensysteme, die diesem Zwecke dienen, zu entwickeln und zu testen oder im Weltraum, Luftraum oder auf der Erde zu stationieren. Ergänzt wird dies durch die Verpflichtung, möglicherweise bestehende Antisatellitensysteme zu vernichten. Der Entwurf geht allerdings insofern über ein Verbot aktiver militärischer Nutzungen hinaus, als in Artikel 9 eine Verpflichtung vorgesehen wird, keine Systeme im Weltraum zur direkten Lenkung von Nuklearwaffen zu benutzen. Damit soll zwar nicht die Mehrheit der anerkanntermaßen stabilisierende Wirkung entfaltenden Aufklärungs-, Navigations- und Kommunikationssatelliten, wohl aber die Verwendung präziser Positions- und Geschwindigkeitsbestimmungen durch Satelliten für die direkte Kernwaffenlenkung untersagt werden. Insoweit könn55 Korb/Tiersky, The end of Unilateralism? - Arms Control After September 11, Arms Control Today 31 (Oktober 2001) S. 3. 56 Text mit Kommentierung in Fischer/Labusch/Maus/ScheJJran (Hrsg.), Entwurf eines Vertrages zur Begrenzung der militärischen Nutzung des Weltraums, in Labusch/Maus/Send (Hrsg.), Weltraum ohne Waffen. Naturwissenschaftler warnen vor der Militarisierung des Weltraums (1984) S. 175 sowie in Welck/Platzöder, Fn. 9 S. 129; englische Fassung in Holdren/Rothblat (Hrsg.), Strategie Defences and the Future of the Arms Race, A Pugwash Symposium (1987); s. auch die Erläuterung des Entwurfs von Maus, Prinzipien des Göttinger Vertragsentwurfs, in Labusch/ Maus/Send (Hrsg.) S. 168 und ders., The necessity of a multilateral treaty interdicting the introduction of arms into space, in Colloque internatonal sur la militarisation de l'espace extra-atmospherique, Bruxelles, 28-29 juin 1986 (1998) S. 187. Eine aktualisierte Fassung wurde von dem Mitautor des Entwurfs, Jürgen ScheJJran, am 4. 11. 2000 auf der Göttinger Fachtagung zu Raketenabwehrsystemen vorgestellt (Mimeo). 57 Bundestagsprotokoll, 10. Wahlperiode, 166. Sitzung, 18. 10. 1984, S. 57. 58 Maus, Fn. 56 in Labusch/Maus/Send (Hrsg.) S. 171.

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 439

ten Unterscheidungs- und Verifikationsprobleme zu anderen passiven militärischen Nutzungen auftreten, welche die Initiatoren aber für lösbar hielten. 59 Eine weitere Besonderheit des Entwurfs liegt in der Bestimmung von Mindestabständen zwischen Weltraumobjekten60 in Artikel 4, die zum Einen dem Schutz ziviler Weltraumobjekte dient, zum Anderen die sonst schwer kontrollierbare Stationierung von Weltraumminen verhindern soll. Zur Verifikation wird neben der Verwendung nationaler technischer Mittel auch deren Übertragung an internationale Organisationen vorgesehen, was angesichts des vorgeschlagenen multilateralen Charakters des Vertrages naheliegend ist, denn andernfalls würden die Überwachungsmittel des Vertrages ausschließlich in den Händen einiger weniger Weltraummächte liegen. Auf die Aufnahme einer Bestimmung zu einer in der Sache eigentlich befürworteten Übertragung auch der militärischen Beobachtungs- und Navigationssatelliten unter internationale Kontrolle verzichteten die Autoren des Entwurfs vor dem Hintergrund des damaligen Ost-West-Gegensatzes, "denn allzu weit ist die Bereitschaft und Einsicht der Nationen davon entfernt, einen Teil ihrer Sicherheit und ihrer technischen Errungenschaften internationalen Organisationen anzuvertrauen".61 Aus der Vielzahl der im völkerrechtlichen62 wie im rüstungskontrollpolitischen 63 Schrifttum gemachten Vorschläge einzelner Autoren können nachMaus, Fn. 56 in LabuschlMauslSend (Hrsg.) S. 171. Die Federation oj American Scientists hat konkret einen allgemeinen Sicherheitsabstand von 250 km vorgeschlagen; s. Kommentierung des Entwurfs, Fn. 56 S. 178. 61 Maus, Fn. 56 in LabuschlMauslSend (Hrsg.) S. 172. 62 Gorove, Studies in Space Law - Its Challenges and Prospects (1977) S. 94; ders., Fn. 3 S. 254 ff.; ders., Fn. 3 ZLW 33 (1984) S. 191; ders., Maintaining Outer 59

60

for Peaceful Purposes: Some Specific Proposals for a Modest Headway in Control, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 28; ders., International Law in Perspective, RdC (1983 III) S. 379; Montserrat Filho, Total Militariof Space and S~ace Law: The Future of the Article IV of the 67' Outer Treaty, Proc. 40t Colloq. Space Law (1998) S. 358; Vlasic, Fn. 3 in Jasentuliyana (Hrsg.) S. 385; ders., Fn. 3 in Jasani (Hrsg.) S. 37; ders., Fn. 3, Mac Gill Law Journal 25 (1981) S. 135; Tatsuzwana, Some Observations on the Meaning of the Term "Peaceful Use" in Space Law, Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 93; Heintze, Peaceful Uses of Outer Space and International Law, in BenderlHagenl KalinowskilSchejfran (Hrsg.), Space Use and Ethics, Bd. 1 (2001) S. 243; Jankowitsch, Fn. 3 in Jasani (Hrsg.) S. 173; ders. Fn. 3 in Jasentuliyana (Hrsg.) S. 146; ders., From Cold War to Detente in Outer Space: The Role of the United Nations in Outer Space Law, Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 45; Reijnen, Fn. 3 S. 103; dies., Fn. 3 in BenkölGraajflReijnen (Hrsg.) S. 147; ZedalislWade, AntiSatellite Weapons and Outer Space Treaty of 1967, California Western International Law Journal 8 (1978) S. 454; Zhukov, On the Interpretation of the Term "Peaceful Use of Outer Space" Contained in the Space Treaty, Proc. 11 th Colloq. Space Law (1969) S. 38; ders., Fn. 13 S. 305; Chayes, AbrahamlChayes Antonia H./Spitzer, Fn. 3 in LonglHajnerlBoutweli (Hrsg.) S. 193; Fischer, Fn. 3 in LabuschlMausl

Space Arms Space zation Space

440

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

folgend nur einige beispielhaft hervorgehoben werden. Schon 1977 schlug

Gorove 64 einen Vertrag vor, der anstatt spezifischer Verbotsnormen die er-

laubten militärischen Nutzungen ausdrücklich aufzählen sollte. Dies hätte seines Erachtens den Vorteil, dass bei neuen technologischen Entwicklungen im Militärbereich eine Vermutung gilt, alles, was nicht erlaubt ist, ist verboten. 65 Sanderi 6 schlug in Ergänzung zum ABM- und SALT I-Vertrag ein ASAT- Verbot vor, die zusammen "constitute a new step in arms control for outer space, as for the first time they address themselves not only to the extension of weapon systems existing on Earth to outer space but also to the protection of technologies which - if we assume

Send (Hrsg.) S. 154; Hurwitz, Fn. 3 S. 173; O'Neill, Fn. 3 in Durch (Hrsg.) S. 173; Wiewiorowska, Is the Peaceful Use of Outer Space Still Possible?, Proc. 30th Collog. Space Law (1988) S. 111; Jasentuliyana, Arms Control in Outer Space: A Review of Recent United Nations Decisions, AASL 9 (1984) S. 338; ders., Artic1e I of the Outer Space Treaty Revisited, JSL 17 (1989) S. 129; ders., The Process of Achieving Effective Arms Control, in DahlitziDicke (Hrsg.), The International Law of Arms Control and Disarmament. Proceedings of the Symposium Geneva, 28 February-2 March 1991 (United Nations 1991) S. 179; ders., Fn. 3 S. 101; Agrawala, An Approach to Arms Control in Outer Space, ZaöRV 45 (1985) S. 514; s. auch jüngst BunnlRhinelander, Outer Space Treaty May Ban Strike Weapons, Arms Control Today, 32, Nr. 5 (Juni 2002) S. 24; Dean, Future Security in Space: Treaty Issues, Information Bulletin des International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation, Nr. 20 (August 2002) S. 16; Wolter, Völkerrechtliche Grundlagen ,Gemeinsamer Sicherheit' im Weltraum, ZaöRV 62 (2002) S. 941. 63 Grundlegend Stares, Arms Control in Outer Space: On Trying to Close the Stable Door before the Horse Bolts, Arms Controll (1980) S. 330; Gray, Arms Control Implications of Ballistic Missile Defense, Arms Control 3 (1982) S. 29; Jasani, Introduction, in Jasani (Hrsg.), Peaceful and Non-Peaceful Uses of Space. Problems of Definition for the Prevention of an Arms Race (UNIDIR 1991) S. 3; Baines, Fn. 2 in BeieriMataila (Hrsg.) S. 65; Jasani, Fn. 3 in ders. (Hrsg.) S. 3; Danielsson, Fn. 3 in Jasani (Hrsg.) S. 157; VelikhovlKokoshinlVassiliev, Fn. 3 in Jasani (Hrsg.) S. 185; Feigl, Fn. 3 in Zunker (Hrsg.) S. 509; Gottfried, Fn. 55 in Jasani (Hrsg.) S. 131; JasanilHajner, The Case for a Limited ASAT Treaty, in Jasani (Hrsg.), Outer Space. A Source of Conflict or Co-operation? (United Nations University 1991) S. 234: "A Draft Treaty Limiting High-Altitude ASATs"; Alves, Fn. 3 S. 110; Dahlitz, ASAT and Re1ated Weapons: Proposals for the Prevention of an Arms Race in Outer Space, Arms Control (Dezember 1983) S. 67; neuerdings White, Preserving Space for Peaceful Use: A Case for a New Space Treaty, Centre for Peace Studies, Working Paper of the University of Auckland Nr. 10 (2001), Auszüge in Information Bulletin des International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation, Nr. 20 (August 2002) S. 27 und Moltz, Breaking the Deadlock on Space Arms Control, in Arms Control Today, 32, Nr. 3 (April 2002). 64 s. Gorove, Fn. 62 (1977) S. 171. 65 Gorove, Arms Control in Outer Space, Panel Proc. ASIL 76 th Annual Meeting (1982) S. 295. 66 Sanders, Arms Control in Outer Space, Panel Proc. ASIL 76 th Annual Meeting (1982) S. 289.

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 441

that national technical means of verification includes satellites - are typical for the space environment only."

Rebecca Johnson 67 schlägt einen "Treaty to Prohibit Weapons and War in Space" mit drei Elementen vor: - "a ban on the deployment and use of all kinds of weapons in space, thereby extending and strengthening the 1967 Outer Space Treaty's prohibition on weapons of mass destruction in space; - banning the testing, deployment and use of anti-satellite (ASAT) weapons, whether earth-based or space-based; - establishing a code of conduct for the peace-supporting, non-offensive and nonaggressive uses of space".

Eilene Gallowal 8 schlug 1982 die Einberufung eines internationalen Expertengremiums vor, das angesichts der drängenden Problematik der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum eine inhaltliche Klärung und Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums und der Vertragsbestimmung des Artikel IV WRV vornehmen sollte. Dieser Vorschlag hat an Aktualität nichts eingebüßt. Ein solches Expertengremium könnte im Vorfeld einer internationalen Vertragskonferenz zur Schaffung einer internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums wichtige Vorarbeiten bis hin zur Vorlage eines Vertragsentwurfs leisten. b) Vorschläge für vertrauensbildende Maßnahmen im Weltraum und für die Errichtung eines Schutzregimes für Satelliten

Eine Reihe von Staaten hat insbesondere in der CD und teilweise in COPUOS entweder als Teil von Rüstungskontrollvorschlägen oder als

eigenständiger Beitrag zur Sicherheit im Weltraum zum Teil umfangreiche Vorschläge für vertrauensbildende Maßnahmen im Weltraum vorgelegt. 69 Sie 67 Johnson, Multilateral Approaches to Preventing the Weaponization of Space, Disarmament Diplomacy Nr. 56; wiedergegeben in INESAP Information Bulletin Nr. 18 (September 2001) S. 71. 68 Galloway, E.: Expanding Article IV of the Outer Space Treaty: AProposal, Proc. 25 th Colloq. Space Law (1983) S. 89; dies., Guidelines for the Review and Formulation of Outer Space Treaties, Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 251 verdeutlicht die Zielsetzung, um die es geht: "future provisions controlling selected military matters could be precisely defined as they are in parts of Article IV of the 1967 Outer Space Treaty". 69 Zu Definition und Konzept vertrauensbildender Maßnahmen im Allgemeinen s. o. Kapitel C. III. und Nachweise in Fn. 437 u. 438; speziell in Bezug auf den Weltraum s. die VN-Studie einer Gruppe von Regierungsexperten (VN-Studie) UN Doc. A/48/305: Study on the Application of Confidence-building Measures in Outer Space (1994 Publication Sales No. E 94.IX.6) S. 41 sowie Cleminson, Confidence-Building Measures and Outer Space, in Alves (Hrsg.), Building Confidence in

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

zielen auf die Schaffung von Transparenz, Vorhersehbarkeit, Informationsaustausch und wegen der" dual-use" -Fähigkeit der Weltraumtechnologie bis hin zu kontrolliertem Technologietransfer?O Mit Blick auf die spezifischen Probleme im Weltraum wurden außerdem besondere Immunitätsregime für Satelliten sowie Verkehrsregeln ("rules ofthe road") in Gestalt eines "space code of behavior" vorgeschlagen. 71 Auf Grund der US-Haltung,72 wonach Satelliten bereits durch das Gewaltverbot ausreichend geschützt würden, ist es bis heute zu keiner detaillierten Verhandlung der Vorschläge gekommen. Deutschland73 und Frankreich 74 machten eingehende Vorschläge zu vertrauensbildenden Maßnahmen im Weltraum, die sich als Teil einer kooperativen Sicherheitsordnung für den Weltraum verstehen. So unterstrich Krie/ 5 in einem Vortrag vor der CD zum Thema "Outer Space and Modem Conflict - Some Reflections on Military and Security Related Space Uses and Associated Legal Policy Issues" die Notwendigkeit eines kooperativen Ansatzes bei der militärischen und sicherheitsrelevanten Nutzung des Weltraums im Rahmen zu vereinbarender vertrauensbildender Maßnahmen. In seiner Eigenschaft als "Friend of the Chair" fasste A. V. Voroblev76 die Diskussionen zu vertrauensbildenden Maßnahmen in "Draft Guidelines regarding Measures on Confidence Building and Predictability in Outer Space Activities" zusammen. Voroblev legte die Vorschläge erstmals in Form eines GV-Resolutionsentwurfs vor. Russland verzichtete jedoch auf ein Einbringen des Entwurfs in der Generalversammlung - vermutlich Outer Space Activities: CSBMs and Earth-to-Space Monitoring (UNIDIR 1995) S. 29; s. auch u. Kapitel E. III. 3. d). 70 VN-Studie, Fn. 69 S. 41. 71 Zur Begrifflichkeit s. Alves, Fn. 3 S. 107; Beau, CSBMs and Earth-to-Space Tracking: A General Overview of Existing Proposals, in Alves (Hrsg.), Building Confidence in Outer Space Activities: CSBMs and Earth-to-Space Monitoring (UNIDIR 1996) S. 63; DalBello, ,Rules of the Road': Legal Measures to Strengthen the Peaceful Uses of Outer Space, Proc. 28 th CoIIoq. Space Law (1986) S. 8 und Frankreich, CD/937. 72 Statement by the USA in the Ad Hoc Committee am 2. 8. 1988, CD/905; CD/ OS/WP.28 v. 21. 3. 1989: " ... international legal instruments already exist intended to ensure the immunity of sateIIites. These instruments prohibit the use of force against sateIIites except in cases of self-defence. Indeed, these international agreements go further than the proposals because they also prohibit the threat of the use of force against sateIIites ... "; s. dazu u. Kapitel E. 11. 3. e). 73 Deutschland, German non-paper on CBMs presented at the Ad Hoc PAROS Committee, CD/OS/WP. 62 v. 12. 8. 1991 und CD/PV 318 v. 4. 7. 1985 S. 17; CD/PV 345 v. 6. 3. 1986 S. 10; CD/PV 516 v. 11. 7. 1989 S. 7. 74 Frankreich, CD/OS/WP. 59; CD/OS/WP. 58; CD 1092 v. 1. 8. 1991 "Prevention of an Arms Race in Outer Space: Confidence-Building Measures and Transparency" S. 4. 75 CD/OS/WP.72; CD/OS/WP. 74 Summary of Experts' Presentations. 76

CD/OS/WP. 69.

r.

Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheits bereich 443

um keine Ablehnung seitens der USA zu provozieren, die nach wie vor nicht bereit waren, konkrete Schritte in Richtung auf die Formalisierung von sicherheitsrelevanten Maßnahmen im Weltraum mitzutragen. 77 Deutschland78 schlug 1986 ein multilaterales Immunitätsregime für Satelliten sowie ein Paket weiterer vertrauensbildender Maßnahmen in Ergänzung eines Verbots von Anti-Satelliten-Waffen vor. Vereinzelt79 wird ein Immunitätsregime für Satelliten aber auch als Alternative zu einem ASATVerbot, falls dieses nicht erreichbar sein sollte, gesehen. Zur Verbesserung der Information über Weltraumaktivitäten machte Deutschland 1991 den Vorschlag, dass jeder Startstaat jährlich eine Liste mit allen geplanten Weltraumstarts einschließlich des vorgesehenen Zwecks veröffentlichen sollte. 8o Als Teil eines Schutzregimes "bestowed upon registered objects by international agreement" sollten neben Sicherheitsabständen besonders für Kommunikationssatelliten zum Schutz der Frequenzen als weitere Schutzmaßnahme auch "keep-out"-Zonen erwogen werden. 81 Frankreich 82 schlug 1991 neben einer Verstärkung der Registrierungskonvention und Sicherheitsabständen ebenfalls die Einrichtung von Sicherheitszonen vor, in denen kreuzende Weltraumobjekte einer obligatorischen vorherigen Notifikation unterliegen sollten. Diese Vorschläge für Regeln über Sicherheitszonen im Rahmen von Immunitätsregimen für zivile und passive militärische Satelliten verwenden zwar den Begriff von sog. "keep-out "-Zonen. Sie unterscheiden sich jedoch grundlegend von Vorschlägen für derartige Sicherheitszonen für weltraumgestützte Komponenten von NMD-Systemen, da sie gerade aktive militärische Nutzungen von der Immunität und damit dem Genuss der Sicherheitszonen ausschließen wollen. Anders als bei den diskutierten 83 "keep out"-Zonen für Komponenten von Weltraumwaffensystemen 77 USA, CD/PV 300 v. 19. 3. 1985 S. 22; CD/PV 349 v. 20. 3. 1986 S. 10; s. auch US-Erklärung zur VN-Studie, Fn. 69; der US-Regierungsvertreter trug die Studie unter Hinweis auf bestimmte Vorbehalte, die als ein gesondertes VN-Dokument (Doc. A/48/553 v. 26. 10. 1993) zirkuliert wurden, mit. Darin bekräftigen die USA ihre Haltung, dass "the existing legal regimes for outer space are adequate and that no changes are needed at this time". Zugleich bestätigen sie in Anerkennung des Zieles Kooperative Sicherheit, dass die USA "not opposed to cooperative efforts in outer space including confidence-building measures" sind, sich aber vorbehalten, diese bi- oder multilateral zu vereinbaren.; Alves, Fn. 3 S. 103; Cleminson, Fn. 69 in Alves (Hrsg.) S. 29. 78 Deutschland, CD/PV 345 v. 6. 3. 1986 S. 9. 79 Beau, Fn. 71 in Alves (Hrsg.) S. 64. 80 CD/OS/WP. 62 deutscher Beitrag zu VBM am 12. 8. 1991, Fn. 73; dazu Beau, Fn. 71 in Alves (Hrsg.) S. 61. 81 CD/PV 345, S. 10; CD/PV 318 v. 4. 7. 1985; CD/516, S. 8 s. auch die französischen Papiere, Fn. 74. 82 CDIl092 V. 1. 8. 1991, Fn. 74. 83 s. o. Kapitel D. V. 3. b).

444

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege lerenda

ist mit Sicherheitszonen für zivile Satelliten keine Gefahr einer militärischen Okkupation verbunden. Frankreich 84 und Deutschland85 machten außerdem ausführliche Vorschläge für einen "Space Code 0/ Conduct" mit dem dreifachen Ziel, die Sicherheit von Weltraumaktivitäten zu erhöhen, die Nutzung des Weltraums für feindliche Aktivitäten zu verhindern und ein Immunitätsregime für Satelliten zu schaffen. Die Vorschläge fanden mit Ausnahme der USA breite Unterstützung in der CD. 86 Ein weiteres Anliegen Frankreichs 87 war eine Multilateralisierung der im ABM-Vertrag und in den SALT I und lI-Verträgen zwischen den USA und der UdSSR gegenseitig gewährten " non-interference" für ihre Überwachungssatelliten im Zusammenhang mit den" national technical means 0/ verification ", um damit einen allgemeinen Schutz für militärische Beobachtungssatelliten zu erreichen. Ein solcher Grundsatz sollte auf alle Satelliten angewendet werden, die keine eigenen Fähigkeiten zu einer schädlichen Einwirkung auf andere Weltraumobjekte besitzen. Frankreich 88 schlug außerdem zur verfahrensmäßigen Absicherung des Immunitätsregimes die Einrichtung eines International Trajectory Centre (UNITRACE) sowie eines International Launch Notijkation Centre (ILNC) jeweils unter der Ägide der Vereinten Nationen vor. Das UNITRACE sollte alle relevanten Daten über die geplante Umlaufbahn von Weltraumobjekten zur Kollisionsvermeidung erhalten. Das ILNC sollte als Mechanismus dienen, das von Frankreich und Deutschland vorgeschlagene obligatorische Regime der Notifizierung aller Weltraumstarts von Satelliten und ballistischen Raketen umzusetzen. 89 Die Vorschläge in der CD werden ergänzt durch zahlreiche Überlegungen einzelner Autoren und Institutionen.9o Mit Blick auf den im Folgenden zu Frankreich, CD/937 v. 21. 7. 1989, S. 6; CDIl092 v. 1. 8. 1991, Fn. 74. Non-paper Deutschlands im Ad-hoc-Ausschuss PAROS v. 12. 8. 1991, Fn. 73. 86 Beau, Fn. 71 in Alves (Hrsg.) S. 63; Alves, Fn. 3 S. 111 spricht von einem "general consensus ... that the elaboration of aSpace Code 01 Conduct and Rules 01 the Road would constitute a concrete step towards the development of aspace order." 87 Frankreich, CD/937 v. 21. 7. 1989; Beau, Fn. 71 in Alves (Rrsg.) S. 64; Alves, Fn. 3 S. 111. 88 Frankreich, CD/937 v. 21. 7. 1989 und Intervention Frankreichs vor der 47. VN-Generalversammlung am 23. 9. 1992 und französisches Non-Paper im PAROSAd-hoc-Ausschuss v. 16. 3. 1993; Beau, Fn. 71 in Alves (Rrsg.) S. 69; Alves, Fn. 3 S. 112; Alves, Outer Space Technologies and International Security (UNIDIR 1991) S.102. 89 Beau, Fn. 71 in Alves (Rrsg.) S. 69; Alves, Fn. 3 S. 112; Alves, Fn. 88 S. 102. 90 Alves, General Introduction, in Alves (Rrsg.), CSBM's and Outer Space Activities (UNIDIR 1995) S. 9; Fujita, CSBMs in Outer Space: Some Political Considerations, in Alves (Rrsg.), CSBM's and Outer Space Activities (UNIDIR 1995) S. 73; Beau, Fn. 71 in Alves (Hrsg.) S. 63; DalBello, Fn. 71 S. 8; Macintosh, Confidence Building and Outer Space, in BeierlMataila (Rrsg.), Arms Control and the Rule of 84 85

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 445

entwickelnden Vorschlag eines Vertrages über Kooperative Sicherheit im Weltraum (KSW-Vertrag) wird der Beitrag von Feigl91 hervorgehoben, der im Namen der Stiftung Wissenschaft und Politik in der CD einen deutschen Vorschlag unter dem Titel "Confidence and Security Building in a Protection Regime tor Outer Space, Observance 0/ Behaviour vs. Monitoring Weapons" vorgelegt hat. Dieser sah exemplarisch eine Einordnung vertrauensbildender Maßnahmen im Weltraum in die Konzeption kooperativer Sicherheit vor. Darin werden drei Hauptelemente eines Pakets vertrauensbildender Maßnahmen im Weltraum vorgeschlagen: - Erweiterung der Registrierungs- und Notifizierungsverfahren; - Regelungen für Bahnverhalten im Weltraum ("rules 0/ the road") sowie - Überwachungsmaßnahmen. Der Vorschlag geht ausdrücklich von der Annahme aus, dass unabhängig von einem möglichen Rüstungswettlauf im Weltraum ein dringender Regelungsbedarf besteht, die Lücke hinsichtlich des Schutzes ziviler Weltraumaktivitäten zu schließen. Diese begründet das "Desiderat einer völkerrechtlich verbindlichen Absicherung der Weltraumnutzung und ihrer freien Entfaltung auf der Grundlage multilateraler Verträge".92 Ziel dieses Prozesses eines "schrittweisen Ausbaus einer befriedigenden Sicherheitsstruktur" [Hervorhebung von mir] sind konkrete Maßnahmen, die "ein Rechtsregime für Immunität von Weltraumobjekten ergeben und mehr Sicherheit für Weltraumaktivitäten gewährleisten" und an dessen Ende waffenbezogene Verbotsverträge stünden. 93 Beispielhaft für mögliche Verkehrsregeln (" rules 0/ the road") sind die Vorschläge von Richard DalBell094 vom Office 0/ Technology Assessrnent des US-Kongresses zu nennen, der folgende Maßnahmen empfiehlt:

Law: A Framework for Peace and Security in Outer Space. Proceedings of the Fifteenth Annual Ottawa NACD Verification Symposium (1998) S. 85; Tuinder, CBM's For Outer Space, Proc. 31 st Colloq. Space Law (1989) S. 84; Ondrej, Some Le~al Aspects of Confidence-Building Measures Concerning Outer Space, Proc. 37t Colloq. Space Law (1995) S. 257; Doyle, Confidence Building Measures Using Space Resources, Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 108; Chadbourne, Confidence Building Measures and the Fourth Medium, Proc. 41 st Colloq. Space Law (1999) S. 97. 91 Feigl, Fn. 3 in Zunker (Hrsg.) S. 517 u. CD/OS/WP 48 v. 12.8. 1991. 92 Feigl, Fn. 3 in Zunker (Hrsg.) S. 509. 1993 nahm Feigl a,n, dass "ein neuerlicher Rüstungswettlauf im Weltraum eher unwahrscheinlich ist", da zu Beginn der Clinton-Administration die USA ihre SOl-Pläne für den Weltraum aufzugeben schienen. 93 Feigl, Fn. 3 in Zunker (Hrsg.). S. 515. 94 DalBello, Fn. 71 S. 9.

446

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

- "new, stringent requirements for advance notice of launch activities; - ,keep-out' zones around satellites; - rights of inspection; - minimum separation distance between satellites; - registration on low-orbit overflight; - limitations on high-velocity f1y-bys or trailing; - ,hot line' for space activities".

Die Vereinbarung solcher umfassender vertrauensbildender Maßnahmen und Sicherheitsregeln für die zivile Nutzung des Weltraums könnte das Umfeld vorbereiten, in dem auch eine kooperative Herangehensweise an die Frage einer weltraumgestützten Raketenabwehr, wenn sie dann überhaupt noch für erforderlich erachtet würde, möglich würde. 2. Vorschläge zur gemeinsamen Entwicklung einer globalen Raketenabwehr Als Präsident Reagan 95 1983 die Welt mit dem Vorschlag überraschte, die Ergebnisse von SDI mit dem langjährigen Gegner austauschen und gemeinsam Nuklearwaffen "impotent and obsolete" machen zu wollen, hielten nicht Wenige dies für eine Übung in public relations. Doch die USA 96 legten in der CD einen konkreten Vorschlag vor, dass beide Seiten zu diesem Zweck ihre Forschungslaboratorien für die andere Seite öffnen sollten. Reagan gab damit jedenfalls dem Prozess fundamentaler Überprüfung des strategischen Verhältnisses der Großmächte und der Entwicklung eines neuen kooperativen Sicherheitssystems einen weiteren Impuls, der mit dem Ende des Kalten Krieges - 1992 richteten die bei den Verteidigungsministerien eine "U.S. -Russian Concepts Working Group" zu dem Thema ein - in das Stadium der Realisierbarkeit konkreter Schritte Gemeinsamer Sicherheit gerückt ist. Am weitreichendsten in Richtung eines gemeinsamen weltweiten Defensivsystems ging die Antwort Präsident Jelzins 97 auf das Angebot von Präsident Bush, sich an dem in seiner Zielsetzung begrenzteren SDINachfolgeprojekt GAPL~8 zu beteiligen. Der seinerzeitige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma und spätere russische Botschafter in

s. o. Kapitel B. II. 2. c). USA, CD/PV 349 v. 20. 3. 1986, S. 14; die UdSSR, A/411422 v. 11. 7. 1986, S. 28 antworteten darauf positiv im Zusammenhang mit ihrem Vorschlag für eine WSO. 97 s. o. Kapitel C. III. 3. Fn. 455. 98 s. o. Kapitel B. II. 2. d) Fn. 247. 95

96

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 447

Washington, Vladimir Lukin,99 beschrieb die Motive der russischen Führung wie folgt: "The Uni ted States is extending a hand to us for real alliance in the nuclear sphere and the strategic defense system. If we agree on this, we could be talking about creating a strategic defense system for the whole of mankind - that is, a situation will arise where we, together with the United States, Europe, and all democratic countries, will protect ourselves from people such as Saddam [Hussein] and others capable of destroying mankind ... "

Das dazu von dem Mitglied der russischen Akademie der Wissenschaften Jewgenij Velikhow 100 erarbeitete Konzept sah eine umfassende "cooperative global defense" als Teil eines breiten Nichtverbreitungsregimes mit zunächst bi- dann multilateraler Frühwarnung und Verifikation vor. Das im Jahre 2000 zwischen den USA und Russland vereinbarte gemeinsame Frühwarnsystem lO1 ist ein konkretes Ergebnis dieser Überlegungen. Die russische Vorstellung war, dass das gemeinsame Verteidigungs system unter der Ägide einer internationalen Organisation stehen sollte, was jedoch in den USA auf Bedenken stieß. Außerdem wollte die russische Seite daran festhalten, dass es keine weltraumgestützten Abfangraketen geben sollte. 102 Präsident Putin 103 knüpfte Anfang 2000 als Reaktion auf die Forcierung der NMD-Pläne von Präsident Bush jr. an die Vorschläge seines Vorgängers an, wobei er neben der Errichtung eines globalen Nichtverbreitungsregimes für ballistische Trägertechnologie jedoch vor allem den Europäern eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung einer zunächst auf taktische Systeme begrenzten Raketenabwehr vorschlug. Die amerikanisch-russische Erklärung vom 24. Mai 2002 104 markiert einen deutlichen Schritt zu einer verstärkten bilateralen Zusammenarbeit bei 99 Vladimir Lukin in Radio Rossii am 1. 10. 1991, wiedergegeben in FBIS, Daily Report: Soviet Union,!. 10. 1991 S. 50. 100 Velikhov/Chemyavskiy, From ,Star Wars' to a Global System for the Protection of the World Community: Boris Yeltsin Will Discuss that Topic With George Bush, Nezavissimaya Gazeta, 10.6. 1992 S. 1; s. dazu PaynelVlahos/Stanley, Evolving Russian Views on Defense: An Opportunity for Cooperation, Strategic Review (Winter 1993) S. 65. 101 s. u. Kapitel C. III. 3. Fn. 452. 102 So erkärte Vladimir Kozin von der Abrustungsabteilung des russischen Außernministeriums: "As in the case of SDI, we would not like to see ,space-earth' strike arms deployed in space, space saturated with anti-satellite systems or a refusal encountered to conclude an international agreement on immunity for civil and noncombat (photographic reconnaissance, communications, etc.) military satellites and orbital stations."; zitiert nach PaynelVlahos/Stanley, Fn. 100 S. 68. 103 Fn.46. 104 U.S.-Russia Joint Declaration vom 24. Mai 2002, abrufbar auf der Webseite des US State Department http://www.state.gov.htm. die zu MD insbesondere vorsieht: "The United States and Russia have also agreed to study possible areas for

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

einer möglichen gemeinsamen Entwicklung insbesondere von taktischen MD-Systemen. Die unterschiedlichen Positionen zur Frage einer Weltraumstationierung wurden aber nicht gelöst. Dennoch könnte die Erklärung und die vorgesehene institutionelle Zusammenarbeit im neuen NATO-Russland-Rat eine Überwindung antagonistischer Gefahren im Zusammenhang mit MD ermöglichen, wozu allerdings schon allein wegen des China-Faktors eine angemessene multilaterale Einbettung erforderlich ist. Entsprechende Vorschläge im Schrifttum 105 für eine Internationalisierung der Raketenabwehr werden damit begründet, dass - wenn- ein solches System mit weltraumgestützten Komponenten für erforderlich gehalten wird nur durch eine solche Multilateralisierung das Menschheitsinteresse an der friedlichen Nutzung des Weltraums gewahrt werden kann. So plädiert Edward Fineh lO6 für eine "International Strategie Defense Initiative (ISDI)": "If outer space is to be used for peaceful purposes, any measure adopted to prevent the arms race in outer space must apply to all parties, be verifiable and enhance stability and security ...

Thus what seems to be needed is an International Strategie Defense Initiative (lSDI), which would be used to defend the whole planet, including both superpowers. It appears that space technology would better serve its purpose if it was to be developed with the participation of the international community by means of an international depoliticized agency, which would also be responsible for the operation and control of the ISD1." [Hervorhebung von mir]

Seott Mareh lO7 hat eine gemeinsame Stationierung von SDI und eines sowjetischen BMD-Systems in einem kooperativen Rahmen mit Technologieaustausch als Weg zur gemeinsamen Überwindung der Strategie der nuklearen Abschreckung vorgeschlagen.

Insbesondere wegen des Zusammenhangs zur Nichtverbreitung und der neuen Bedrohungslage aus dem Süden ist MD jedoch eine weit über eine Angelegenheit eines amerikanisch-russischen Duopols hinausgehende Frage. Diese Überlegung führt zu Vorschlägen, ein gemeinsam entwickeltes Defensivsystem unter die Ägide der VN zu stellen. Für den Weltraum gelten die nichtverbreitungspolitischen Erfordernisse wegen der Überschneidungen mit missile defense cooperation, including the expansion of joint exercises related to missile defense, and the exploration of potential programs for the joint research and development of missile defense technologies ... The Uni ted States and Russia will, in the framework of the NATO-Russia Council, explore opportunities for intensified practical cooperation on missile defense for Europe. " 105 March, The Strategie Defense Initiative Debate: An Interdisciplinary Approach, Proc. 28 th Colloq. Space Law (1986) S. 89; Finch, Magna Charta .of Outer Space and S. D. 1., in Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 310. 106 Finch, Fn. 105 S. 310. 107 March, Fn. 105 S. 89.

I. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheits bereich 449

den hochkomplexen zivilen Nutzungsregimen und -technologien in verstärktem Maß. Olivier de Saint Lager lO8 führt die allgemeinen weltraumrechtlichen und die sicherheits politischen Erwägungen zusammen und begründet die Notwendigkeit einer Sicherheitsaufgaben übernehmenden Weltraumorganisation insbesondere mit den gewachsenen Aufgaben der Nichtverbreitungskontrolle sensitiver Technologien, die durch die Militarisierung des Weltraums verstärkt werde und die ohne weltraumgestützte Komponenten wie eine multilaterale Satellitenverifikation nicht mehr auskomme. Im selben Sinn und seinem Anspruch "A Time for New Thinking" folgend schlägt George Paul SlOUp lO9 vor, entsprechend der neuen Bedrohungsperzeption nach Ende des Kalten Krieges dem Problem der Verbreitung sensitiver Technologien für Raketen und Massenvernichtungswaffen aus dem Süden materiell und institutionell durch die Schaffung einer peacekeeping-Fähigkeit unter Einschluss von weltraumgestützten Komponenten und eines internationalen BMD-Systems unter der Ägide des VN-Sicherheitsrates und der VN-Generalversammlung zu begegnen. Wenn diese Vorschläge Manchem auch weiterhin als utopisch anmuten, ist doch der dahinter stehende Gedanke, dass eine Raketenabwehr, wenn sie im Weltraum stationiert werden sollte, nicht nur eine Frage des bilateralen Verhältnisses der Großmächte ist, sondern dem Interesse der ganzen Menschheit dienen muss, zutreffend. Diesen Gedanken könnte die internationale Gemeinschaft im Prozess der Ausarbeitung eines multilateralen Abkommens über die Gemeinsame Sicherheit im Weltraum aufgreifen und die Frage damit aus der bilateralen Sphäre eines möglichen Duopols der Großmächte auf die angemessene multilaterale Ebene holen. Sie würde damit unterstreichen, dass es bei der Frage einer Raketenabwehr im Weltraum um die Zukunft der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums insgesamt, der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen und letztlich um die Berücksichtigung des Menschheitsinteresses in Artikel I Absatz 1 WRV geht.

108 Saint Lager, Should there be a World Space Organisation?, Proc. 34th Colloq. Space Law (1992) S. 163: "Using either its own resources or - preferably - those placed at its disposal - for example, military reconnaissance images -, a WSO could furthermore help reduce the risks inherent in the militarisation of space, reduce worldwide arms proliferation, and uphold collective security. This project is not, of course, in itself a priority. Nevertheless, it could be an important aspect of another, altogether buming and top-priority issue: the control of sensitive technologies, and in particular of the proliferation of missile technology." 109 Sloup, Uni ted Nations Peacekeeping in the Age of Ballistic Missile Defense, Proc. 34th Colloq. Space Law (1992) S. 339. 29 Wolter

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

3. Vorschläge für eine umfassende Sicherheitsordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums Die VN-Generalversammlung llO beauftragte 1990 eine Gruppe von Regierungsexperten (USA, Russland, China, Frankreich, Kanada, Indien, Pakistan, Bulgarien, Ägypten, Argentinien, Brasilien und Zimbabwe) mit der Erarbeitung von Vorschlägen für vertrauensbildende Maßnahmen im Weltraum. In ihrem umfangreichen Bericht 111 geht die Gruppe nicht nur auf vertrauensbildende Maßnahmen im engeren Sinn, sondern auf die Gesamtheit der in der CD gemachten Vorschläge zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum einschließlich verfahrensmäßiger und institutioneller Implikationen ein. Sie weist darauf hin, dass von einer großen Zahl von Staaten ein Verbot von Weltraum waffen als die wichtigste vertrauensbildende Maßnahme angesehen wird. 112 Unter Hinweis auf die Bedeutung umfassender vertrauensbildender Maßnahmen für die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und die Gewährleistung seiner friedlichen Nutzung l13 schlägt die Gruppe vor, folgende Maßnahmen in der CD bzw. in COPUOS zu verhandeln: - Transparenzmaßnahmen betreffend "dual-use" -Technologien zur Sicherstellung ihrer Verwendung ausschließlichen für erlaubte Zwecke,114 - Zugang zu Weltraumtechnologie und -infonnationen,115 - Stärkung der Registrierungskonvention, 116 - Multilaterale Nutzung der Satellitenfernerkundung im Interesse der internationalen Gemeinschaft,117 sowie Einrichtung eines internationalen Frühwarnsystems betreffend Weltraumunfälle, 118 - Erarbeitung von "Verkehrsregeln" einschließlich von Sicherheitsabständen zwischen Weltraumobjekten, 119 - Nutzung der Weltraumtechnologie für präventive Diplomatie, Krisenmanagement, friedliche Streitbeilegung und Konfliktlösung im Rahmen der Vereinten Nationen, 120 GV-Res. 45/55 B v. 4.12. 1990. VN-Studie, Fn. 69; der US-Regierungsvertreter trug die Studie unter Hinweis auf bestimmte Vorbehalte, die als ein gesondertes VN-Dokument (Doc. A/48/553 v. 26. 10. 1993) zirkuliert wurden, mit; s. dazu Fn. 77. 112 Fn. 69, Ziffer 317. 113 Fn. 69, Ziffer 326. 114 Fn. 69, Ziffer 304 und 316. 115 Fn. 69, Ziffer 310. 116 Fn. 69, Ziffer 322. 117 Fn. 69, Ziffer 325; s. dazu ausführlich u. Kapitel E. III. 1. e). 118 Fn. 69, Ziffer 324. 119 Fn. 69, Ziffer 326. 110 111

1. Bisherige Vorschläge zur Umsetzung des Gebots im Sicherheitsbereich 451

- erneute Prüfung der Vorschläge für die Errichtung einer International Satellite Monitoring Agency und einer International Space Monitoring Agency, 121 - Prüfung von Koordinierungsmechanismen einschließlich einer "World Space Organization" zur Förderung vertrauensbildender Zusammenarbeit u. a. bei Satellitenfernerkundung, Umweltmonitoring, Krisenprävention und Vorsorge gegen Naturkatastrophen. 122 Jankowitsch 123 schlägt ebenfalls einen umfassenden, ein Verbot von Weltraumwaffen mit vertrauensbildenden Maßnahmen und einem Immunitätsregime für Satelliten verbindenden Vertrag für eine neue Sicherheitsagenda für den Weltraum vor und spricht dabei auch die Notwendigkeit neuer Sicherheitsgrundsätze an: "A new ,Magna Charta' has to be drafted which not only encompasses wh at has happened in outer space over the last 20 years but which can also avert the imminent danger of an arms race in outer space ... which will also bring a new sense of security to this environment .. . 10 leave the option of peaceful development open."

Die Hauptweltraumakteure müssen nach Jankowitsch 124 dazu in dem Verständnis beitragen, dass "their best interests ... will not be served by the mindless translation of conventional means to achieve security in outer space but by the patient search for a new security agenda which will bear dividends not only for themse1ves but also for the rest of mankind."

In einem im Januar-Heft 2001 der Zeitschrift Wissenschaft und Frieden veröffentlichten Memorandum machen namhafte Vertreter der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler 125 in einem "Plädoyer für ein europäisches ,Diplomatie-Zuerst!' -Konzept" einen drei Dimensionen umfassenden Vorschlag, um der Gefahr eines durch die US-Raketenabwehrpläne befürchteten Wettrüstens auf der Erde und im Weltraum zu begegnen: - Bewahrung des Rüstungskontrollgebäudes und insbesondere des Nichtverbreitungsvertrages durch Erhalt des ABM-Vertrags (inzwischen von den USA gekündigt) und durch glaubwürdiges Bekenntnis von WashingFn. 69, Ziffer 318. Fn. 69, Ziffer 323; s. dazu ausführlich u. Kapitel E. III. l. e). 122 Fn. 69, Ziffer 327 und 328; s. dazu ausführlich u. Kapitel E. III. 123 lankowitsch, Fn. 3 in lasani (Hrsg.) S. 184; s. auch ders., Legal Aspects of Military Space Activities, in lasentuliyana (Hrsg.), Space Law. Deve10pment and Scope (1992) S. 143. 124 lankowitsch, Fn. 3 in lasani (Hrsg.) S. 184. 125 Memorandum. Warnung vor den Raketenabwehrplänen der USA. Plädoyer für ein europäisches "Diplomatie-Zuerst!"-Konzept, Wissenschaft und Frieden (Heft 1 2001) S. 40. 120 121

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

ton, Moskau und Peking, es mit der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen ernst zu meinen; - Ausbau eines internationalen Frühwarn- und Kontrollsystems für ballistische Raketen und Weltraum waffen sowie Maßnahmen der Vertrauensbildung, Risikominderung und rechtzeitigen Meldung von Raketenstarts in einer präventiven Rüstungskontrolle; - eine europäische "Diplomatie Zuerst!"-Initiative gegenüber den Problemländern wie Iran, Irak, Syrien und Libyen in einer graduell nach Süden hin zu erweiternden "Sphäre europäischer Verantwortung". Solche Konzeptionen bilden zusammen mit einem Paket umfassender vertrauensbildender Maßnahmen einen geeigneten sicherheitspolitischen Rahmen für die Aushandlung eines multilateralen Abkommens über Gemeinsame Sicherheit im Weltraum zur Erhaltung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums. Die Elemente eines solchen multilateralen Vertrages, der den völkerrechtlichen Paradigmenwechsel vom einzelstaatlichen zum Menschheitsinteresse im Sicherheitsbereich umsetzen soll, werden im Folgenden entwickelt.

11. Ein multilaterales "Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum (KSW -Vertrag)" als Ausführungsabkommen zum Weltraumvertrag im Sicherheitsbereich 1. Ausgangspunkt und Grundlagen

a) Die Umsetzung des völkerrechtlichen Paradigmenwechsels vom einzelstaatlichen Partikular- zum Menschheitsinteresse im Bereich der nuklearen und der allgemeinen Sicherheit im Weltraum

Der im Weltraumvertrag vollzogene völkerrechtliche Paradigmenwechsel vom einzelstaatlichen Partikular- zum Menschheitsinteresse bedarf der Umsetzung im Sicherheitsbereich, die zur Grundlage für Gemeinsame Sicherheit im Weltraum wird. Dazu sollte ein multilaterales Abkommen über Gemeinsame oder Kooperative Sicherheit im Weltraum (Treaty on Common Security in Outer Space), kurz KSW-Vertrag (CSO-Treaty) ausgehandelt werden. Völkerrechtliche Grundlage dafür ist der Gemeinschaftsstatus des Weltraums als CHOM gestützt auf die Menschheitsklausel in Verbindung mit dem Kooperationsgebot des Weltraumvertrages in Artikel I Absatz I, 11 und III und das Rücksichtnahmegebot in Artikel IX WRV sowie die Verpflichtung der Nuklearmächte, gemäß Artikel VI NVV ein Abkommen über die vollständige Abschaffung der Nuklearwaffen zu vereinbaren. Der KSWVertrag würde die multilaterale Grundlage schaffen, auf der die Nuklear-

11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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mächte die durch NMD aufgeworfene Frage einer "strategie transition" durch Überwindung von MAD zu einer auf "eooperative threat reduetion (CTR)"126 und "strategie reassuranee measures (SRM)"127 beruhenden "Mutual Assured Seeurity", die den Sicherheitsinteressen aller Staaten gerecht würde, lösen könnten. Rüstungskontrollpolitisch ist ein solches Abkommen auch deshalb dringend notwendig, weil mit Ausnahme des bilateralen ABM-Vertrags von 1972, der nun zudem von den USA gekündigt wurde, von dem inzwischen umfangreichen multi- und bilateralen vertraglichen Entmilitarisierungs-, Rüstungskontroll-, Abrüstungs- und Nichtverbreitungsgeflecht, welches alle Arten von Waffen und die verschiedensten Regionen und Gemeinschaftsräume einbezieht, ausgerechnet der vor einer Phase intensivster passiver und nunmehr aktiver militärischer Nutzung stehende Weltraum fast vollkommen ausgenommen ist. 128 Die Anwendung allein der dargestellten Rechtsstandards der friedlichen Nutzung kann nicht den Grad der einvernehmlichen Bindungswirkung und noch weniger der Umsetzung erreichen, den ein ausdrückliches Abkommen über die kooperative Sicherheit im Weltraum erzielen würde. Vielmehr bedarf es auf Grund des engen Zusammenhangs zwischen der Zukunft des gesamten Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungsregimes und einer Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum einer multilateralen Regelung des nuklearen Strategiewechsels. 129 Beides berührt die Interessen der ganzen Menschheit unmittelbar. In beidem spielt die Frage der militärischen Nutzung des Weltraums die zentrale Rolle. Realpolitisch und strategisch hat die USA laut Krepon die Alternative, entweder einen Übergang zu einer auf Bewaffnung des Weltraums und "spaee-warjare eapabilities" beruhenden einseitigen "strategie dominanee" oder eine "eooperative strategie transition ", welche den Weltraum von Krepon, Moving Away From MAD, Survival 43 ( 2001) S. 81. Garrett, The Need for Strategie Reassurance in the 21 sI Century, Arms Control Today 31 (März 2001) S. 9 der sie insbesondere im Zusammenhang mit NMDEntscheidungen für dringlich hält, definiert sie wie folgt: "Strategie mistrust in the post-Cold War era ereates the need for measures to reduee suspieions between and among states about their long-term politieal, military, and eeonomie objeetives that is, their strategie intentions. Broadly speaking, strategie reassuranee measures are steps that one nation takes to address the eoneems of other nations that are suspicious of its broad, long-run intentions. " 128 Vlasie, Fn. 3 in Jasentuliyna (Hrsg.) S. 409. 129 Pullinger, Missile Defence in Perspective (lSIS Briefing on Ballistic Missile Defence, Nr. 7, November 2001) S. 11: "The only effective means of tackling the proliferation of weapons of mass destruction and their means of delivery is through concerted efforts based upon multilateral agreements and international law. Consequently, any new strategie framework that includes missile defence should be established on a multilateral basis."; Jasani, US national missile defence and international security: blessing or blight?, Space Policy (2001) S. 243. 126

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Waffen freihält, zu wählen. Völkerrechtlich hat sie diese Alternative nicht. Der Weltraumvertrag erfordert, dass ein solcher Wechsel unter Berücksichtigung der Menschheitsinteressen kooperativ und ohne Bewaffnung des Weltraums erfolgt. Er erfordert außerdem, sobald die Nutzung des Weltraums berührt ist, eine multilaterale Einbettung des Strategiewandels. Die Multilateralisierung dieser nuklearen Strategiefragen kann nur schrittweise und in vorsichtiger Form erfolgen. Dies müsste auch in den institutionellen Bestimmungen des KSW -Vertrages zum Ausdruck kommen. So könnte ein Standing Consultative Committee, welchem vor allem die Ausarbeitung der SRMs und der CTR-Maßnahmen übertragen würde, in seiner Mitgliedschaft auf die Nuklearmächte - eventuell je nach dem zu behandelnden Thema auch nur in bilateraler Besetzung tagend - begrenzt werden. Die multilaterale Anbindung würde sich zunächst in einer Berichtspflicht erschöpfen, die aber auf die anderen Staaten vertrauensbildend wirken würde. Kuskuvelis 130 hat in einem regimetheoretischen Ansatz dargelegt, dass ein Regimewechsel bei der militärischen Nutzung des Weltraums ohne Kooperation bei der Schaffung und Aufrechterhaltung der neuen Ordnung nicht erfolgreich sein kann: "Whatever the outcome of the arms race for the mastery of space will be, a new equilibrium will be reached wh ich will again require collaboration in order to avert war and co-operation in order to form and maintain a new regime. Would it not be wiser for such co-operation to start now?"

Noch besteht die Chance, diese Zusammenarbeit in einem Vertrag über kooperative Sicherheit im Weltraum mit dem Ziel zu vereinbaren, das Wettrüsten erst gar nicht in den Weltraum zu tragen. Aufgabe des KSW -Vertrages ist es, einseitige oder selektive Sicherheit mit dem Ergebnis kollektiver Unsicherheit durch ein Konzept kooperativer, die gemeinsamen Sicherheitsinteressen aller Staaten berücksichtigender Sicherheit im Weltraum zu ersetzen. l31 Der Vertrag würde durch die Normierung der Rechtsstandards der friedlichen Nutzung und der Prinzipien und Mechanismen kooperativer Sicherheit den Übergang zu aktiven zerstörerischen Nutzungen des Weltraums untersagen und zugleich internationale Abrüstungsmechanismen in Bezug auf den Weltraum schaffen, die schrittweise auch die passiven militärischen Aufgaben der gegenwärtig national durchgeführten und verwerteten Satellitenüberwachung, die strategisch stabilisierende Wirkungen wie die Verifikation und Frühwamung haben, überneh130 Kuskuvelis, The Method of Generic Effectiveness and the Future of the Military Regime of Outer Space, in Zwaan/Vries/Tuinder/Kuskuvelis (Hrsg.), Space Law: Views of the Future (1988) S. 97. 131 Fujita, Fn. 90 in Alves (Hrsg.) S. 74: "A growing consciousness is emerging on the importance of devising a new approach to collective security to replace concepts of se1ective security sought at a cost of collective insecurity."

11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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men könnten. In der Einbettung des Verbots aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums in ein umfassendes Konzept gemeinsamer Sicherheit, das auch einen umfassenden Schutz der zivilen Weltraumnutzung gewährleistet, liegt ein wesentlicher Mehrwert gegenüber den bisherigen Vorschlägen für ein rein waffenbezogenes Abkommen. Damit soll in Ausführung der Rechtsstandards der friedlichen Nutzung und der Verpflichtung zum Abschluss eines multilateralen Abkommens zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum ein Regime der kooperativen Sicherheit im Weltraum errichtet werden, welches den Übergang zu aktiven zerstörerischen militärischen Nutzungen im Weltraum ohne Zustimmung der internationalen Gemeinschaft als Rechtsträger des CHOM wirksam und verifizierbar untersagen kann. Über die Hinführung zu struktureller Nichtangriffsfähigkeit und kooperativer Denuklearisierung würde das System Gemeinsamer Sicherheit auch die Überwindung der nuklearen Abschreckung ermöglichen. Das Abkommen würde außerdem ein umfassendes Schutzregimes für zivile Nutzungen des Weltraums einschließlich sog. "rules 0/ the road" sowie institutionelle Vorkehrungen in Form einer International Satellite Monitorig Agency zur internationalen kooperativen Verifikation enthalten. Die Zusammenführung dieser Elemente führt zu neuen kooperativen Sicherheitsstrukturen im Weltraum, die seinem völkerrechtlichen Gemeinschaftsstatus als CHOM und dessen struktureller Ordnung entsprechen. In der langfristigen Perspektive entspricht dem Gemeinschaftsstatus des Weltraums als CHOM strukturell eine völlige Entmilitarisierung, wie sie bei der Antarktis und den Himmelskörpern bereits erreicht ist. Eine Bemühensklausel zum späteren Abschluss eines Entmilitarisierungsabkommens im Zuge eines erfolgreichen Strategiewechsels und vollständiger nuklearer Abrüstung sollte daher in den Vertrag aufgenommen werden. b) Vergleich eines Verbots von Weltraumwaffen mit dem Chemiewaffenabkommen von 1993 als Präzedenzfall des Verbots einer ganzen Waffenkategorie

Ein Vorbild für den KSW -Vertrag könnte hinsichtlich des Verbots von Weltraumwaffen das Chemiewaffenabkommen von 1993 (CWÜ)!32 sein, das als erstes multilaterales Abkommen mit der Vernichtung einer ganzen 132 Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen v. 13. 1. 1993, BGBI. 1994 11 S. 807; abgedruckt in Fahl, Internationales Recht der RüstungsbeschränkunJ~' Bd. 4 (Loseblattsammlun~. 1992) Nr. 17; s. zu einer ersten Bewertung des CWU Kelle, Das Chemiewaffen-Ubereinkommen und seine Umsetzung - einführende Darstellung und Stand der Diskussion (HSFK-Report 12/1996); Ipsen, Völkerrecht (4. Auf!. 1999) S. 994 Rz. 22 und neuerdings die umfassende völkerrechtliche Analyse der unterschiedlichen multilateralen Verifikations- und

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Waffenkategorie und der Errichtung einer Organisation zu seiner Implementierung einen konzeptionellen Durchbruch erzielte und zugleich durch geeignete Mechanismen bei der Behandlung der "dual-use"-Technologien sicherstellt, dass die Entwicklung der Chemieindustrie für zivile Zwecke nicht beeinträchtigt wird. 133 Das am 29. 4. 1997 in Kraft getretene Abkommen und die auf dessen Grundlage (Artikel 11 Absatz 11 und VIII) geschaffene Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) haben mit dem Beitritt aller Staaten mit bedeutender Chemieindustrie, zu denen auch die Nuklearmächte gehören, sowie von mehr als 120 Staaten aller Weltregionen eine nahezu universelle Mitgliedschaft, wie sie auch für den KSWVertrag anzustreben ist. Das Abkommen verbindet das umfassende Verbot von Chemiewaffen mit der Förderung der Zusammenarbeit im Bereich der friedlichen Nutzung auf chemischem Gebiet. Artikel XI CWÜ ruft die Vertragsparteien dazu auf, Chemikalien, Ausrüstungen sowie wissenschaftliche und technische Infonnationen in Bezug auf erlaubte zivile Tätigkeiten auf chemischem Gebiet möglichst umfassend auszutauschen. Dieses klare Bekenntnis zur "wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung der Vertragsstaaten und der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Tätigkeiten auf chemischem Gebiet" ennöglichte, dass auch die chemische Industrie in den Vertragsstaaten das Abkommen mitträgt. In dieser einem effektiven Verifikationsregime unterliegenden Trennung zwischen dem verbotenen militärischen und dem zu fördernden friedlichen Bereich kommt dem Abkommen besondere Vorbildfunktion für ein Weltraumabkommen zu, bei dem angesichts der weitreichenden "dual-use"-Technologien eine wesentliche Herausforderung darin besteht, das Verbot aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums so zu gestalten, dass die zivile Weltraumnutzung zu friedlichen Zwecken nicht beeinträchtigt wird. Auch im Verhandlungsprozess des CWÜ bestehen Parallelen zur Weltraumwaffenproblematik. Dem Abschluss des multilateralen CWÜ waren auch angesichts der Komplexität der Materie lange, bis zum Biowaffenübereinkommen von 1972 134 zurückreichende Verhandlungen vorausgegangen, die erst nach dem WechDurchführungsregime Dekker, The Law of Arms Contro!. International Supervision and Enforcement (2001). 133 Fujita, Fn. 90 in Alves (Hrsg.) S. 74: "In a different context but in the same trend, the conclusion of the Chemical Weapons Convention in 1992 marked an important conceptual breakthrough in the field of multilateral disarmament, as a possible harbinger of new mentalities. For the first time, a whole category of weapons is to be totally eliminated, on a non-discriminatory basis, under strict international verification, and without hampering the development of the chemical industry for peaceful purposes. The complex but basically equitable architecture of the Convention, as weil as of the Organization for the Prohibition of Chemical Weapons which is charged with its implementation, should encourage a wide-ranging participation of states, large and smalI, thus underscoring its universality. This would constitute an important model for future agreements concerning other categories of weapons."

H. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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seI in der UdSSR unter Gorbatschow und dessen Öffnung für kooperative Verifikation einschließlich Vor-Ort-Inspektionen zunächst im Juni 1990 zu einer bilateralen amerikanisch-sowjetischen Vereinbarung über die Abrüstung ihrer CW-Arsenale führten. 135 Diese bilaterale Verständigung sollte entsprechend ihrem Titel ausdrücklich den Abschluss der multilateralen Vereinbarung erleichtern. Ungeachtet der stärkeren unmittelbaren Betroffenheit aller anderen Staaten von den Fragen der militärischen Nutzung des Weltraums könnten auch im Falle der Aushandlung eines KSW -Vertrages von vorherigen oder parallel laufenden bilateralen Verhandlungen zwischen den USA und Russland, die mit Moskau seit Ende der siebziger Jahre immer wieder in unterschiedlichen Verhandlungssträngen 136 geführt werden, sowie gegebenenfalls zwischen den USA und China positive Impulse ausgehen. In der Präambel wird das CWÜ in den größeren Zusammenhang von allgemeiner und vollständiger Abrüstung gestellt. Dieser Abrüstungskontext wäre bei einem KSW-Abkommen in noch stärkerem Maße gegeben, so dass im Grundsatzteil des Abkommens zum Verhältnis von Defensiv- und Offensivwaffen ebenfalls eine allgemeine Bestimmung im Sinne des Artikel VI NVV über eine starke Reduzierung der Nuklearwaffen bis hin zur vollständigen nuklearen Abrüstung angezeigt wäre. Im CWÜ wurde ein ehrgeiziges, vom Abrüstungsideal her gesehen optimales, unter dem Gesichtspunkt der technologischen Entwicklung und wirtschaftlichen Verwendung 137 jedoch nicht unproblematisches Verbot bereits der Entwicklung und Herstellung von Waffen im Chemie bereich erreicht. Wenn dies im CW-Bereich, in dem immense wirtschaftliche Interessen der chemischen Industrie bestehen, möglich war, sollte dies zumindest als Ziel auch in Bezug auf Weltraumwaffen verfolgt werden. Neben einer Bekräftigung der Reduzierungsverpflichtung in Bezug auf Nuklearwaffen könnte ein KSW -Vertrag damit auch in einem weiteren Bereich an den Kern des CWÜ anknüpfen, der in der umfassenden Vernichtung bestehender Chemiewaffenarsenale besteht. Die in diesem Rahmen von der OVCW gesammel134 Konvention über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung von bakteriologischen (biologischen) und Toxin-Waffen und über ihre Vernichtung vom 10. April 1972, deutscher Text in Fahl (Hrsg.), Fn. 132 Nr. 7. 135 Agreement between the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics on destruction and non-production of chemical weapons and on measures to facilitate the multilateral convention on banning chemical weapons vom 1. Juni 1990, Text in Fahl, Fn. 132 Nr. 17 und Bulletin of Peace Proposals 21 (1990) S. 355. 136 s. o. Kapitel B. UI. 2. b) aa). 137 Das CWÜ enthält mit Artikel VI Absatz 10 und dem Anhang zum Schutz vertraulicher Informationen ("Confidentiality Annex") ausdrückliche Bestimmungen zum Schutz der industriellen Geheimhaltung einschließlich einer institutionellen Sicherung durch die als Hilfsorgan der Staatenkonferenz eingerichtete "Confidentiality Commission"; s. Dekker, Fn. 132 S. 225.

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

ten praktischen Abrüstungserfahrungen könnten bei der Umsetzung einer entsprechenden Vernichtungsverpflichtung in Bezug auf bestehende ASATKapazitäten herangezogen werden. 2. Grundsätze des KSW -Vertrages Der Vertrag sollte in einem Einleitungsteil unter Bezugnahme auf den Bericht der Palme-Kommission zu "Common Seeurity,,138 und den Bericht der VN-Expertengruppe zu vertrauensbildenden Maßnahmen im Weltraum 139 die nachfolgenden Grundsätze als Grundlage der Gemeinsamen Sicherheit im Weltraum aufnehmen. a) Gemeinsame/kooperative Sicherheit

Der KSW -Vertrag beruht auf der Übertragung des Konzepts der "Gemeinsamen Sicherheit,,140 auf den Weltraum. Er setzt damit die weltraumvertragliche Verpflichtung zur Nutzung des Weltraums im Interesse der Menschheit im Sicherheitsbereich um und ermöglicht zugleich durch die multilaterale Unterstützung eines nuklearen Strategiewandels die Erfüllung der nuklearen Abrüstungsverpflichtung der Nuklearmächte nach Artikel VI NVV. Die Konzeption der Gemeinsamen Sicherheit bedarf dazu der spezifischen Ausfüllung durch strategische Elemente wie insbesondere eine Multilateralisierung der amerikanisch-russischen "eooperative threat reduetion programmes" in einer aktiven Nichtverbreitungspolitk und durch "strategie reassuranee measures (SRMs)" sowie kooperative Sicherheitselemente für den Weltraum in Gestalt von Immunitäts- und Sicherheitsregeln für Satelliten. b) Transparenz. Vertrauensbildung und strategische Vertrauensmaßnahmen ("strategic reassurance measures")

Der KSW -Vertrag beruht auf den Grundsätzen der Transparenz und Vertrauensbildung bei der Nutzung des Gemeinschaftsraums im Sicherheitss. o. Kapitel C. III. 1. Fn. 413. s. o. Kapitel E. I. 1. b) Fn. 69. 140 Bahr/Lutz. Gemeinsame Sicherheit: Einführende Überlegungen in Bahr/Lutz (Hrsg.). Gemeinsame Sicherheit - Idee und Konzept. Zu den Ausgangsüberlegungen, Grundlagen und Strukturmerkrnalen gemeinsamer Sicherheit (1. Auf!. 1986) S. 26; Bahr. Gemeinsame Sicherheit: Einführende Überlegungen, in Bahr/Lutz (Hrsg.), Gemeinsame Sicherheit, Bd. 2 (1987) S. 18; Lutz. Gemeinsame Sicherheit das Konzept. Definitionsmerkrnale und Strukturelemente im Verglejch mit anderen sicherheitspolitischen Modellen und Strategien, in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 54. 138

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11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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interesse der Menschheit. Er ergänzt bestehende vertrauensbildende Bestimmungen im Weltraumvertrag und in der Registrierungskonvention insbesondere durch die Einführung einer "pre launch registration " und einer VorOrt-Inspektion von Raketenabschussanlagen. Die klassischen VSBMs werden mit Blick auf einen nuklearen Strategiewechsel ergänzt durch sog. "strategie reassurance measures (SRMs)". Diese strategischen Vertrauensmaßnahmen entfalten ihre vertrauensbildende Wirkung am effektivsten in einem multilateralen Rahmen und wirken damit zu Gunsten einer wirksamen Nichtverbreitung im Menschheitsinteresse. Sie werden in sich gegenseitig verstärkender Weise durch ein globales System von" cooperative threat reduction" ergänzt. c) Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit, kooperativer Strategiewandel und nukleare Abrüstung

Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit als Organisation und Bewaffnung der Streitkräfte, die einen militärischen Angriff nicht zulassen, auf den Weltraum angewendet, bedeutet, dass es keine aktiven militärischen Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Wirkung im Weltraum oder von dort auf die Erde geben darf. Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit im Weltraum wird daher am besten durch ein ausdrückliches Verbot aktiver militärischer Nutzungen, also die Beibehaltung der "Sanktuarisierung" des Weltraums, erreicht. Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit im Weltraum kann aber darüber hinaus auch zu struktureller Nichtangriffsfähigkeit und nuklearer Abrüstung auf der Erde beitragen, indem sie eine Überwindung der nuklearen Abschreckung ermöglicht. 141 Der KSW -Vertrag schafft die Voraussetzung für einen nuklearen Strategiewandel in kooperativer Weise. Der Strategiewandel zielt entsprechend der Menschheitsklausel des Weltraumvertrages auf die Schaffung gemeinsamer Sicherheit für alle Staaten im Interesse der ganzen Menschheit. Er führt zur Überwindung der nuklearen Abschreckung und befreit die Menschheit von der Geißel des nuklearen Schreckens. Er gewährleistet dabei zugleich, dass der Weltraum von Waffen frei bleibt. Eine Raketenabwehr ist auf seiner Grundlage nur als Rückversicherung der internationalen Gemeinschaft gegen Raketenangriffe eines das Nichtverbreitungsregime verletzenden Rechtsbrechers oder gegen versehentliche oder unautorisierte Angriffe erforderlich. Sie steht unter internationaler Ägide und kommt mit 141

S.50.

Bahr, Pn. 140 in Bahr/Lutz (Hrsg.) S. 19; Lutz, Pn. 140 in Bahr/Lutz (Hrsg.)

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Ausnahme der Nutzung von Sensorensatelliten ohne die Stationierung von Waffensystemen im Weltraum aus. 142 Solange die Abschreckung noch nicht vollständig durch ein System gemeinsamer Sicherheit ersetzt ist, ist eine quantitative Beschränkung eines einseitig verfolgten BMD-Systems notwendig, damit die anderen Nuklearmächte in keinem Fall in die Lage kommen, ihre Abschreckungsfähigkeit gegenüber anderen Nuklearmächten durch Erhöhung der Offensivsysteme erhalten glauben zu müssen. 143 Durch eine Beschränkung der Zahl der ICBMs entsprechend Artikel VI NVV würde die Gefahr von unautorisierten und versehentlichen Angriffen erheblich reduziert und damit die Notwendigkeit weltraumgestützter Verteidigungssysteme weiter verringert. l44 Sie führt auf der Zeitschiene zu vollständiger nuklearer Abrüstung, die durch kooperative Verifikation, insbesondere durch zuverlässige Kontrollen vor Ort, überwacht wird. d) Präventive Rüstungskontrolle durch das Verbot aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums

Ein Hauptgrundsatz des KSW -Vertrags besteht in der Bewahrung des waffenfreien Status des Gemeinschaftsraums durch das Verbot aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums. Damit erfüllt er zugleich die Zielsetzungen präventiver Rüstungskontrolle,145 welcher in dem Hochtechnologiebereich der Weltraumtechnologie 146 besondere Bedeutung zuwächst. Die Entwicklung von Weltraum waffen würde sowohl einen quantitativen als auch insbesondere einen qualitativen Rüstungswettlauf auslösen. 147 Durch die Schaffung von Rechtsklarheit über ein Verbot der Entwicklung, Herstellung und Stationierung von Weltraumwaffen würde dem Rüstungswettlauf in beiden Varianten im Sinne präventiver Rüstungskontrolle zum Vorteil 142 Pullinger, Fn. 129 S. 11: "By restricting missile defence to a system that specifically targets only those that flagrantly disregard the obligations of the non-proliferation regime the validity of that regime would be upheld." Neuneck, Defense, Deterrence or Disarmament? The United States, Europe and Arms Control, in INESAP Information Bulletin Nr. 18 (September 2001) S. 52. 143 Pullinger, Fn.129 S. 11: "So long as such [BMD] defences are subject to quantitative limits that prevent them from negating the strategie arsenals of both these countries [Russia and China] they should be acceptab\e." 144 Pullinger, Fn. 129 S. 10: "A good way of cutting the risk of unauthorised use is to further dramatically reduce the number of ballistic missiles held by each side." 145 PetermannlSocherlWennrich, Präventive Rüstungskontrolle bei Neuen Technologien. Utopie oder Notwendigkeit? (Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, 1997) S. 137. 146 Fn. 145 S. 70. 147 s. auch die Unterscheidung zwischen vertikalem und horizontalem Rüstungswettlauf bei Schweden, CD/PV 541 v. 28. 3. 1990 S. 4; Alves, Fn. 3 S. 14. Zu beidem würde die Weltraumwaffenentwicklung beitragen.

11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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der Menschheit vorgebeugt. Selbst wenn sich ein Entwicklungs- und Herstellungs verbot als zu ehrgeizig erwiese, hätte ein vertraglich bekräftigtes Stationierungsverbot ganz erhebliche dämpfende Wirkung auf die Entwicklung von Weltraumwaffen. Petermann, Socher und Wennrich 148 haben in ihrem Gutachten für den Bundestag dargelegt, dass die Schaffung kooperativer Strukturen und politische Zusammenarbeit allein zur Verhinderung des Wettrüstens nicht ausreichen, wenn sie nicht im Technologiebereich durch Maßnahmen präventiver Rüstungskontrolle ergänzt werden. Im Weltraum geht es vorwiegend um die Entwicklung ganz neuer sog. exotischer Waffentechnologien unter Anwendung neuer physikalischer Grundlagen,149 die heute nicht absehbare Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungsprobleme aufwerfen würden, wenn deren Entwicklung nicht präventiv auf zivile Bereiche gelenkt würde. e) Grundsatz der Gleichheit

Die Beachtung des Grundsatzes gleicher Sicherheit entsprechend dem Gleichheitssatz der VN-Charta (Artikel 2 Ziffer 1) ist für den KSW-Vertrag mehr als nur ein formalrechtlicher Gesichtspunkt. Der Hauptzweck des Vertrages besteht darin, die durch eine aktive militärische Nutzung des Weltraums drohende Verschärfung der ungleichen Sicherheit unter den Staaten durch die Schaffung Gemeinsamer Sicherheit zu verhindern. Dies entspricht dem materialen Gleichheitsgedanken des CHOM-Grundsatzes. Zugleich würde der Vertrag in hohem Maße auch die US-Anforderungen l50 an arms control- Verträge, wonach sie "clearly defined, significant, equitable and verifiable" sein müssen, durch ein für alle geltendes, international verifizierbares und eine ganze Waffenkategorie untersagendes, auch strategisch höchst bedeutsames Verbot von Weltraumwaffen erfüllen. 3. Hauptelemente des KSW -Vertrages Die wesentlichen Elemente einer kooperativen Sicherheitsstruktur im Weltraum sind bereits in einigen der in der CD in Genf unterbreiteten Vorschläge oder zum Teil auch in bilateralen amerikanisch-sowjetischen Rüs148 PetermannlSocherlWennrich, Fn. 145 S. 137: "Es wäre deshalb das eine politische Kooperation und internationale Strukturbildung - zu tun, ohne das andere - präventive Rüstungskontrolle bei neuen Technologien - zu lassen." 149 s. dazu ausführlich Kapitel B. 11. 1. c) bb). 150 Der Grundsatz der gleichen Sicherheit wurde jüngst in der U.S.-Russia Joint Declaration vom 24. Mai 2002 bekräftigt, abrufbar auf der Web seite des US State Department http://www.state.gov.htm; s. zu den Anforderngen an Rüstungkontrollabkommen auch USA, CD/PV 349 v. 20. 3. 1986 S. 14.

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

tungskontrollverträgen enthalten oder im Ansatz angelegt. Es geht also vor allem darum, sie als sich gegenseitig verstärkende Elemente eines kohärenten kooperativen Sicherheitssystems zusammenzuführen. Dabei gilt es, vor allem die Grundsätze Gemeinsamer Sicherheit im Gemeinschaftsraum sowohl inhaltlicher als auch verfahrensmäßiger Art festzulegen. Die Hauptelemente des vorgeschlagenen KSW -Vertrages lassen sich in die nachfolgenden fünf Kategorien einordnen. a) Grundsätze der Kooperativen Sicherheit im Weltraum

aa) Abgrenzung zwischen allgemeinen kooperativen Sicherheitsbestimmungen und spezifischen nukiearstrategischen Fragen Wichtig ist, eine Unterscheidung zwischen den allgemeinen kooperativen Sicherheitsbestimmungen und spezifischen nuklearstrategischen Fragen vorzunehmen. Zweifellos liegt im unmittelbar nuklearstrategischen Bereich die Hauptverantwortung für die Ausfüllung der kooperativen Sicherheitsstruktur im bilateralen Verhältnis der USA zu Russland und zu China. Hinsichtlich eines "new strategic framework" und einer "cooperative strategie transition" zu einem neuen Verhältnis von Defensiv- und Offensivwaffen kann es nicht darum gehen, auch nur den Versuch zu unternehmen, diese im Einzelnen in den multilateralen KSW -Vertrag aufzunehmen. Eine solch weitgehende Multilateralisierung der nukiearstrategischen Fragen hat gegenwärtig keine Aussicht auf Akzeptanz für die Nuklearmächte. Es kann nur darum gehen, Grundsätze und Verfahren bezüglich ihrer Einpassung in die allgemeinen Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft vorzusehen, die auch einen flexiblen institutionellen Mechanismus erfordern. bb) Einzelbestimmungen kooperativer Sicherheit im Weltraum 1. Transparenz und Vertrauensbildung

Die Vertragsparteien sollten sich verpflichten, sich bei allen militärischen Maßnahmen im Weltraum von den Grundsätzen der Transparenz und Vertrauensbildung leiten zu lassen. 2. Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit Die Vertragsparteien sollten sich verpflichten, militärische Maßnahmen im Weltraum so durchzuführen, dass sie mit dem Grundsatz der strukturellen Nichtangriffsfähigkeit vereinbar sind. Einzelheiten werden durch den Konsultati vausschuss ausgearbeitet.

11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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3. Nichtverbreitung und Abrüstung Nichtverbreitung und Abrüstung setzen kooperative politische Beziehungen voraus. Die Vertragsparteien sollten sich verpflichten, militärische Maßnahmen im Weltraum an den Zielen der Nichtverbreitung und Abrüstung entsprechend Artikel VI NVV auszurichten.

4. Schutz vor unautorisierten und versehentlichen Raketenangriffen und vor Raketenangriffen unter Verletzung des Nichtverbreitungsregimes für ballistische Raketen und MVW Im Interesse der Rechtsklarheit sollte ausdrücklich die Stationierung von Sensorensatelliten im Rahmen einer kooperativen Errichtung eines NMDSystems zur Bekämpfung von ballistischen Raketen in der Startphase ("boost-phase NMD") gestattet werden. Deren Aufgaben sollten ausdrücklich wie folgt festgelegt und entsprechend begrenzt werden: - Schutz vor unautorisierten und versehentlichen Raketenangriffen, - Schutz vor Raketenangriffen unter Verletzung des Nichtverbreitungsregimes für ballistische Raketen. Die Durchführung und Einhaltung des Systems wäre durch einen multilateralen Monitoring- und Verifikationsmechanismus zu sichern.151 Die Einzelregelung über eine solche einvernehmliche NMD-Stationierung sollte dem Ständigen Konsultativausschuss übertragen werden. ce) Übereinstimmung der allgemeinen kooperativen Sicherheitsbestimmungen mit den Anforderungen an ein bilaterales kooperatives Vorgehen der USA mit Russland und China in der NMD-Frage Die allgemeinen, aus dem Konzept der "Gemeinsamen Sicherheit" folgenden Grundsätze kooperativer Sicherheit im Weltraum finden in den Anforderungen an eine kooperative Herangehensweise in der NMD-Frage und an ein neues nuklearstrategisches Verhältnis der USA und Russlands sowie der USA gegenüber China, wie sie von amerikanischen Rüstungsexperten 152 erhoben werden, eine kongruente Konkretisierung.

s. dazu u. Kapitel E. 11. 3. f) und E. III. 1. e). Im Nachfolgenden wird dies an Hand der Analyse von Glaser/Fetter, National Missile Defense and the Future of U.S. Nuclear Weapons Policy, International Security 26 (Sommer 2001) S. 40, die beispielhaft für die ganz überwiegende rüstungskontrollpolitische Bewertung der NMD-Pläne steht, exemplifiziert; s. außerdem Korb/Tiersky, The end of Unilaterlism? - Arms Control After September 11, Arms Control Today 31 (Oktober 2001) S. 3; Mendelsohn, America, Russia and the 151

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

• Dies gilt an erster Stelle für die Frage, ob ein Raketenabwehrsystem auf die Startphase beschränkt werden SOll,153 was den Verzicht auf einen zerstörerischen Einsatz im Weltraum ermöglicht, oder ob die Abwehr in der Mitflugphase, d. h. mit Zerstörung des gegnerischen Gefechtskopfes im Weltraum, erfolgen soll. Mit einem kooperativen Vorgehen gegenüber Russland und China wird aus einer Vielzahl von Gründen 154 einzig eine beschränkte boost-phase-Verteidigung für vereinbar angesehen. • Dies gilt zweitens auch für das Kriterium der Nichtangriffsfähigkeit. Nach Glaser/Fetter l55 befürchten Russland und China durch ein NMDSystem die Beeinträchtigung ihrer Zweitschlags- und damit eine amerikanische Erstschlagsfähigkeit. "First, Russia may fear that limited NMD would undermine confidence in its retaliatory capability of its current forces."

Ihr Vorschlag für ein kooperatives Vorgehen lautet: "The simplest way to avoid provoking Russia would be to deploy an NMD system that lacked capability against Russian missiles. The key example of such an NMD is a land- or sea-based boost-phase system, which could destroy only missiles launched within a limited distance where it was deployed."

Als Garantie sollten sich die USA verpflichten, kein weltraumgestütztes System einer "layered defence that would add midcourse systems" zu stationieren. 156 Ein solcher Verzicht entspräche den Rechtsstandards der friedlichen Nutzung und könnte in em multilaterales Verbot überführt werden. Auch hinsichtlich der Furcht vor einem "breakout", 157 also einer Aufstockung des zunächst begrenzten NMD-Systems mit der BeeinträchtiFuture of Anns Control, Current History 31 (Oktober 2001) S. 323; Rubin, From Incentives to Preemption: Adjusting Options to Deal with Different States of Concern, Beitrag auf der gemeinsamen Konferenz UNIDIR/Wilton Park (Januar 2002); Miller, The Flawed Case for Missile Defence, Survival 43 Nr. 3 (Herbst 2001) S. 107; Krepon, Fn. 126 S. 85; Cleminson, Fn. 69 in Alves (Hrsg.) S. 35; Garrett, Fn. 127 S. 9; Pullinger, Fn. 129 S. 9; Neuneck, Fn. 142 S. 52; Memorandum, Fn. 125 S. 40. 153 Die zahlreichen grundsätzlichen Einwände gegen die Begründung für die Notwendigkeit eines NMD-Systems gegen ,states of concern' bleiben hier zunächst unberücksichtigt; s. o. Kapitel B. 11. 2. h) Fn. 306. 154 s. vor allem Garwin, A Defense That Will Not Defend, The Washington Quarterly 23 (2000) S. 109; ders., The Wrong Plan, The Bulletin of the Atomic Scientists (März/April 2000) S. 36; Postol, Hitting Them Where It Works, Foreign Policy (Winter 1999/2000) S. 117; Bielefeld/Neuneck, Raketenabwehr-Optionen für die Bush-Adrninistration: Die technische Dimension, Sicherheit und Frieden (2/ 2001) S. 95; Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 90. 155 Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 73. 156 Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 77.

II. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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gung der Zweitschlagsfähigkeit, liegt die Antwort in einer kooperativen Gestaltung des Verhältnisses von Offensiv-/Defensivsystemen in einer verbindlichen Rüstungskontroll vereinbarung: "Russia likely fears that the planned limited deployment would provide the United States with the infrastructure and experience to field a larger and more advanced NMD system in the future.,,158

Diese Furcht würde von der internationalen Gemeinschaft geteilt, da eine solche Ausweitung in jedem Fall mit einer Weltraumstationierung zerstörerischer Systeme einhergehen würde. Die Antwort nach Glaser/Fetter: 159 " ... the United States should pursue cooperative policies to reduce the threat posed by the NMD system it deploys. An arms control agreement that integrated limits on offensive and midcourse defensive forces would reduce, if not eliminate, a number of Russia's key concems. Such an agreement would set a ceiling on the number of deployed warheads plus the number of deployed interceptors."

• Dies gilt drittens auch für das Anliegen der Nichtverbreitung und nuklearen Abrüstung, welche nach Glaser/Fetter im Zusammenhang mit NMD nur durch kooperatives Verhalten ermöglicht werden können. Eine Abrüstung der Gefechtsköpfe und der Trägermittel der bei den Großmächte würde am ehesten der Verbreitung ballistischer Raketen in anderen Staaten entgegenwirken. Bei "deep cuts" im Rahmen eines kooperativen Defensiv-IOffensivmixes würde die Unsicherheit der anderen Staaten über die Suffizienz ihrer Rüstungsmaßnahmen vermindert und ihre Bereitschaft zu Nichtverbreitung und Abrüstung erhöht. • Dies gilt viertens auch für das im US National Missile Defense Act von 1999 genannte Ziel einer beschränkten NMD-Stationierung, Schutz vor Raketenangriffen von Problemstaaten zu schaffen. Auch dieses Ziel wäre nach Glaser/Fetter l60 besser durch kooperatives Vorgehen zu erreichen. Deren Einbindung in einen KSW -Vertrag und insbesondere in ein umfassendes Verifikationsregime würde zu einer erfolgreichen aktiven Nichtverbreitung ballistischer Raketentechnologie beitragen. Vertrauensbildung und Transparenz im Rahmen des KSW-Regimes würden positiv auf die Problemstaaten wirken J61 und damit auch zur Eindämmung der Gefahren beitragen, die von einem Angriff mit anderen Mitteln als ballistischen 157 Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 80: "Once the radars, satellites, and command, control, and communications systems are deployed, integrated, and tested to provide an effective nationwide defense, the United States could quickly expand its NMD to handle larger attacks simply by adding interceptors, and possibly by integrating existing TMD interceptors into the NMD system." 158 Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 74. 159 Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 77. 160 Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 76.

30 Wolter

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Raketen (Einschleusung von Nuklearwaffen; seegestützte Raketen vor der Küste Nordamerikas) ausgehen und die von einem NMD-System, selbst wenn es hundert Prozent wirksam wäre, nicht eingedämmt, im Gegenteil sogar ausgeweitet würden. 162 • Dies gilt fünftens auch für den Schutz vor unautorisierten oder versehentlichen Raketenangriffen ("accidential, erroneous and unauthorized attack"/63 Auch die Erreichung dieses zweiten im US National Missile Defense Ac! von 1999 genannten Zieles einer beschränkten NMD-Stationierung würde durch ein kooperatives Vorgehen erheblich erleichtert, nach verbreiterter Ansicht sogar erst ermöglicht. Ein erster Schritt in diese Richtung stellt die bilaterale amerikanisch-russische Vereinbarung über die Einrichtung eines gemeinsamen Frühwamdatencenters aus dem Jahr 2000 dar, das ausdrücklich die Möglichkeit einer Multilateralisierung vorsieht. l64 Glaser und Fetter 165 legen detailliert dar, dass ein ohne 161 s. die Schlußfolgerung von Rubin, Fn 152 S. 10: "The limited effectivenes of proliferation control measures to date should not discourage the international community; rather, perseverance in maintaining them, and in devising smarter and more effective control measures is mandatory until such time that the world's ,Countries of Concern' rid themselves of their radical regimes and join the family of respectable nations." 162 Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 86; Pullinger, Fn. 129 S. 10; Seheffran, Raketenabwehr, Stabilität und präventive Rüstungskontrolle. Von sm zu NMD, Wissenschaft und Frieden 1/2001 S. 23; ders., Moving Beyond Missile Defense. The Search for Alternatives for the Missile Race, INESAP Information Bulletin Nr. 18 (September 2001) S. 9; Jasani, Fn. 129 S. 246; Neuneck, Fn. 142 S. 52; Rubin, Fn. 152 S. 9 meint demgegenüber, wegen der Neuheit der Frage sei eine endgültige Einschätzung noch nicht möglich: "Passive and active defense against the missiles and WMD of States of Concern is a natural and understandable response of threatened nations, yet its impact on proliferation is controversial, especially that of missile defense .... Critics of the US NMD program maintain that deploying a horne front missile defense will not reduce the missile threat from States of Concern but rather prompt the deployment of more, better and deadlier missiles against the US . . . Proponents of defense, on the other hand, argue that defenses complicate the job of the aggressor, forcing hirn into costly improvements . .. Due to the novelty of the issue, there is no evidence as yet either way." Rubin plädiert im Ergebnis ebenfalls für eine Verstärkung des Nichtverbreitungsregimes. 163 Zu einer Definition s. Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 70. 164 S. o. Kapitel C. III. 3. und zur Multilateralisierung u. Kapitel E. III. 1. e) cc). 165 Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 71: "Cooperative measures could reduce the risk of erroneous or unauthorized use far more effectively than limited NMD. For example, the United States could help Russia improve its attack waming systems or share uncensored data from U.S. sensors. Both countries also could agree to install systems that would allow leaders to destroy missiles launched in error or without authorization . .. The argument that limited NMD would reduce the risk of an erroneous or unauthorized Russian attack is deeply flawed. First, the size of such an attack could greatly exceed the capacity of a limited NMD system ... Second, Russia could respond to the deployment of limited NMD by equipping its missiles with

II. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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kooperative Einbettung stationiertes NMD-System im Gegenteil die Gefahr solcher Angriffe sogar erhöhen würde. b) Verbot der aktiven militärischen Nutzung zerstärerischer Art

Eine Hauptbestimmung des vorgeschlagenen KSW -Vertrags sollte ein ausdrückliches Verbot aktiver militärischer Nutzungen zerstörerischer Art im Weltraum sein, um damit die notwendige vertraglich gesicherte Rechtsklarheit über die Anwendung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung zu schaffen. Dieser Grundsatz sollte durch ein explizites Verbot von Weltraumwaffen, namentlich als Beispiel aufgeführt von ASAT-und BMD-Waffen, konkretisiert werden. Kanada 166 weist zu Recht darauf hin, dass ohne einen generellen "space weapon ban" auf Grund des Gewaltverbots künftig im Falle ihrer Stationierung auch Weltraumwaffen de facta und de jure geschützt würden. Ein solches Ergebnis wäre mit dem Allgemeinwohlgrundsatz der Nutzung des Weltraums nicht vereinbar. In Bezug auf ein Verbot von Weltraumwaffen, insbesondere eines BMD- und ASAT-Verbots, sind vor allem fünf Problemkomplexe zu lösen: 167 l. Definition: Problematik sog. "non-dedicated systems", also die Abgrenzung von zu verbietenden ASAT-Systemen von zivilen Raumflugkör-

pern, die jedoch missbräuchlich, z. B. durch Kollision oder Andocken, als ASAT-System eingesetzt werden könnten;168

2. Verifikation: besonders wegen möglicher Rest-ASAT-Fähigkeit sog. "non-dedicated systems" ist eine effektive internationale Verifikation notwendig, einschließlich von Raketenabschussrampen in situ; 3. Geltung des Verbots auch im Falle von Feindseligkeiten; sophisticated countermeasures ... Third, and most important, Russia would likely respond to the deployment of U.S. NMD in ways that would increase the possibility of an erroneus or unauthorized attack. If Russia believed that NMD heightened its vulnerability to attack, it could compensate by increasing the number of missiles at higher states of launch readiness" [Hervorhebung von mir]; s. auch Frankei. Aborting Unauthorized Launches of Nuclear-Armed Missiles through Postlaunch Destruction, Science and Global Security 2 (1990) S. I. 166 Kanada, Arbeitspapier in der CD v. 5. 2. 2001, Fn. 49. 167 s. ausführlich Scheffran, Fn. 162 S. 52; Gottfried. Fn. 53 in Jasani (Hrsg.) S. 132. Wegen dieser Probleme kommt der seinerzeitige stellvertretende General Counsel der US. Arms Control and Disarmament Agency. Norman Wulf, Outer Space Arms Control: Existing Regime and Future Prospects, Proc. 26 th Colloq. Space Law (1984) S. 369 zu einer differenzierten Bewertung eines ASAT-Verbots: "While it is unreasonable to conclude. as many suggest. that demilitarization of space or a ban on ASA T weaponry are panaceas, it is also unreasonable to conclude that nothing useful can be done in the area of space arms." 168 s. dazu o. Kapitel D. V. 5. a). 30'

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

4. verifizierbare Zerstörung bestehender ASAT-Fähigkeiten. Dies sollte in der Tendenz ergänzt werden durch eine Begrenzung der Anzahl militärischer Satellitenstarts; 169 5. Immunität der Satelliten. Ein ausdrückliches ASAT- Verbot sollte auch nicht-weltraumgestützte ASAT-Systeme verbieten und so eine umfassende Sicherheit der friedlich genutzten, insbesondere auch der kommerzieller Satelliten gewährleisten. Die Vertrags bestimmung könnte anknüpfend an die Definition aktiver militärischer Nutzungen von zerstörerischer Art 170 wie folgt lauten: "Die Vertragsparteien verpflichten sich, jede Stationierung oder Verwendung eines Objekts im Weltraum oder auf der Erde zu unterlassen, welches zu dem Zweck hergestellt wurde, bei einem anderen Objekt im Weltraum eine dauernde physische Beschädigung durch die Projektion von Masse oder Energie herbeizuführen, bzw. welches mit dieser Funktion ausgestattet wurde. Insbesondere ist die Stationierung von BMD- und ASAT-Systemen im Weltraum unzulässig, es sei denn, sie erfolgt zur Durchsetzung eines Nichtverbreitungsregimes und für Zwecke des Schutzes gegen unautorisierte und versehentliche Raketenangriffe auf Beschluss des VN-Sicherheitsrates und der VN-Generalversammlung unter der Ägide der VN."

Im Sinne sowohl präventiver Rüstungskontrolle als auch der Vertrauensbildung und Nichtverbreitung wäre darüber hinaus auch bereits ein Verbot der Entwicklung und Herstellung von Weltraumwaffen sinnvoll. 17l Ein solches Verbot aktiver zerstörerischer Nutzungen des Weltraums deckt sich mit den Anforderungen kooperativen Vorgehens in der NMDFrage. So haben zahlreiche amerikanische Studien 172 dargelegt, dass ein weltraum gestütztes NMD-System zur Raketenabwehr im Mitflug ("midcourse NMD") gegenüber Russland und China nicht als kooperativ, sondern im Gegenteil als destabilisierend anzusehen ist und von diesen als konfrontativ aufgefasst werden müsste. Einzig die Stationierung eines auf die Raketenabwehr in der Startphase begrenzten und auf weltraumgestützte Abfangraketen verzichtenden NMD-Systems wird als mit einem kooperativen Ansatz vereinbare Option angesehen, wenn zusätzlich eine Reihe weiterer Schritte eingehalten werden. Insbesondere müssten Offensiv- und Defensiv169 JasanilHajner, Fn. 63 in Jasani (Hrsg.) S. 234; Jasani, Outer Space - Battlefield of the Future, in Futures (Oktober 1982) S. 435; ebenso Göttinger Entwurf, Fn. 56 S. 178 (Artikel 5). 170 s. B. 11. 1. b). 171 So beispeilhaft für viele Danielsson, Fn. 3 in Jasani (Hrsg.) S 166: "To prohibit the deployment of ASAT systems would, however, not be sufficient. If a weapon had been developed, tested and put into production it would be easy to deploy it rapidly and use it. Therefore, an ASAT ban would have to include a prohibition on the development, testing and production of such weapons." 172 s. o. Fn. 152 u. 154.

Ir. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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systeme zahlenmäßig begrenzt werden, d. h. für ein Defensivsystem müsste jeweils ein Offensivsystem limitiert werden. Allerdings sollten laut Glaser/ Fetter I73 die Risiken, dass ein kooperatives Vorgehen mit Russland oder China oder mit bei den scheitern könnte, nicht unterschätzt werden. Denn von NMD-Befürwortern werden durchaus unterschiedliche Zwecke, darunter auch solche, die gegen Russland und China gerichtet sind, verfolgt. Aus den dargelegten Gründen ist eine vertragliche Absicherung des Verbots von weltraumgestützen BMD-Systemen mit Ausnahme nicht-zerstörerischer Sensoren nicht nur zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums und als Voraussetzung für die Schaffung Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum, sondern auch zur Ermöglichung eines kooperativen Vorgehens in den mit NMD aufgeworfenen nuklearstrategischen und rüstungskontrollpolitischen Fragen unabdingbar. c) Vernichtung bestehender ASAT-Kapazitäten/Arsenale

Bestehende ASAT-Systeme haben nach bisherigen Erkenntnissen nur die Fähigkeit, Satelliten im Near-Earth Orbit (NEO) zu bekämpfen. Die strategisch bedeutsamen Satelliten für Frühwarnung, Navigation und Lenksysteme sind alle im GEO oder auf anderen High-Earth Orbits stationiert und deshalb wohl noch nicht gefährdet. 174 Allerdings führen LEO-Satelliten wichtige Funktionen in Krisensituatuionen wie insbesodere "photoreconnaissance, ocean surveillance and electronic intelligence" aus. Außerdem liefern sie wie im Golfkrieg "real-time intelligence 01 unprecedented quality to all military operations." Deshalb kann es in einer Krise wegen der Befürchtung "that the opponent may at any moment strike one's own satellites" zu einer" irresistible temptation ... to remove such satellites Irom the sky ... ,,175 kommen. Daher ist eine Vernichtung bestehender boden- oder luftgestützter ASAT-Systeme nicht nur aus Gründen der Kongruenz mit dem Verbot weltraumgestützter ASAT-Systeme, sondern auch zur Gewährleistung der Sicherheit im Weltraum und der Krisenstabilität unerlässlich. d) Vertrauensbildende Maßnahmen

Angesichts ihres anerkannten Beitrags zum Aufbau kooperativer Sicherheitsstrukturen I76 besonders auch im Weltraum l77 sollte die Regelung verGlaser/Fetter, Pn. 152 S. 86. Gottfried, Fn. 53 in Jasani (Hrsg.) S. 132: " ... early warning, communications and navigtion satellites that are of critical importance to the strategie forces in wartime are all in GEO or other high orbits, and relatively secure against ASAT attacks. " 175 Gottfried, Fn. 53 in Jasani (Hrsg.) S. 133. 173

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

trauensbildender Maßnahmen im Weltraum ein weiterer Schwerpunkt des vorgeschlagenen KSW -Vertrags sein. Hierzu könnte auf die im Vorhergehenden 178 dargestellten umfangreichen Vorarbeiten innerhalb der CD und die Vorschläge im Schrifttum zurückgriffen werden. Wegen ihrer repräsentativen Besetzung sollte den Vorschlägen der VN-Expertengruppe 179 mit Regierungsvertretern aus allen Weltregionen von 1994 ein besonderer Stellenwert als eine der Verhandlungsgrundlagen eingeräumt werden. Der KSW -Vertrag würde außerdem die Ausweitung und Verstärkung der Kontrollregime von Trägertechnologien für ballistische Raketen und MVW erleichtern, insbesondere die Regelung des Transfers von sensibler Technologie mit militärischen Verwendungsmöglichkeiten etwa durch Stärkung und Ausweitung des MTCR-Regimes (JCoC). Der Einsatz von multilateralen Satelliten-Monitoring könnte dazu beitragen, die bisherige Zurückhaltung einer nicht unbeträchtlichen Zahl von potenziellen Trägertechnologiestaaten, sich solchen Kontrollregimen zu unterwerfen, zu überwinden. Dazu wäre insbesondere die Aussicht auf die Möglichkeit des Erwerbs von Hochtechnologie für zivile Weltraumzwecke, welche sich im Rahmen der kooperativen Sicherheitsordnung eröffnen würde, ein starker Anreiz. 180 Vorbild für weitere konkrete weltraumbezogene vertrauensbildende Maßnahmen könnte wiederum die bilaterale Zusammenarbeit zwischen den USA und Russland mit dem 1982 vereinbarten Bau eines gemeinsamen Femerkundungssatelliten (Russian-American Observation Satellite, RAMOS) sein, der neben zivilen Aufgaben auch im Verteidigungsbereich zu Zwecken der Frühwamung und Verifikation eingesetzt werden soll. Diese Zusammenarbeit ist ohne den Austausch auch sensibler Technologien nicht denkbar. Auf US-Seite wird das Programm von der Ballistic Missile Defence Organization geführt, dessen seinerzeitiger Direktor, Air Force Lieutenant General Ronald Kadish, das Projekt ausdrücklich als ein "confidence-building effort" mit Russland im Zusammenhang mit den NMD-Plänen bezeichnete. 181 Der gemeinsame amerikanisch-russische Satellit könnte den Nukleus einer 176 Gmelch, Verifikation von multi- und internationalen Rüstungskontrollabkommen. Aufgaben, Probleme, Lösungsansätze (1993) S. 69. 177 Chadboume, Fn. 90 S. 97; Doyle. Fn. 90 Proc. 41 st Colloq. S. 108: "Humanity's progress in astronautics now requires that the global community begin to think serious1y about and to organize an institutional structure to provide viable and acceptable confidence building measures addressed to emerging space technologies and the expanding number of space users."; Ondrej, Fn. 90 S. 257. 178 s. o. Kapitel E. 1. 1. a) und 1. 1. b). 179 s. Fn. 69. 180 Fujita, Fn. 90 in Alves (Hrsg.) S. 81. 181 s. o. Kapitel C. III. 3. Fn. 451.

11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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multilateralen Satellitenfrühwamung und -verifikation zu Rüstungskontrollund Abrüstungszwecken bilden. e) Schutzregime für zivile Weltraumobjekte und für passive militärische Nutzungen nicht-zerstörerischer Art

Die Schaffung eines Immunitätsregimes für zivile Weltraumobjekte und Satelliten mit Aufgaben passiver militärischer Art wäre ein wichtiger Bestandteil vertrauensbildender Maßnahmen im Weltraum im weiteren Sinn. Sie ist darüber hinaus auch wegen der spezifisch weltraumrechtlichen Problematik im Zusammenhang mit der unklaren Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit militärischer Nutzungen erforderlich. Durch die Festlegung des Kreises der unter den Schutz des Immunitätsregimes fallenden Satellitennutzungen würde die dringend erforderliche Rechtsklarheit hinsichtlich dieser Nutzungsarten geschaffen. Die USA 182 haben dagegen eingewandt, dass auf Grund des Gewaltverbots ein Schutz bestehender Satellitennutzungen in ausreichendem Maß gegeben sei. Dies lässt allerdings außer Acht, dass eine Reihe von Staaten l83 auch hinsichtlich bestehender passiver militärischer Weltraumnutzungen Einwände gegen deren Rechtmäßigkeit erhoben haben. Dies gilt insbesondere für den Einsatz von Satelliten im Rahmen von Lenksystemen für Nuklearwaffen. Sollte ein Staat die Völkerrechtswidrigkeit einer bestimmten Satellitennutzung geltend machen, wäre mit Blick auf das Repressalienrecht und die Streitfragen um die Rechtmäßigkeit einer gewaltsamen Repressalie l84 eine ausdrückliche KlarsteIlung der Zulässigkeit bestimmter Satellitennutzungen im Rahmen eines Immunitätsregimes ein wichtiger Beitrag zu größerer Rechtsklarheit und damit zur Vertrauensbildung. Ein Immunitätsregime ist umso mehr erforderlich, als durch die "dual-use"-Fähigkeit der meisten Satelliten in einer internationalen Krise befürchtet werden müsste, dass auch zivile Weltraumobjekte zum Ziel von Beeinträchtigungen bis hin zu Angriffen durch ASAT-Waffen werden könnten. 185 Ein Immunitätsregime für Satelliten, das durch die Festlegung von "rules of the road" im Rahmen eines "space code of conduct" konkretisiert würde, wäre außerdem ein wichtiger Beitrag zur "Verkehrssicherheit" im USA, CD/PV 345, S. 12; s. auch Fn. 72. Mexiko, Peru; Venezuela; Ägypten; s. Nachweise o. B. 111. 2. b) aa) Fn. 376 und 384, 385 sowie Alves, Fn. 3 S. 17, 101 f. 184 s. o. Kapitel D. V. 6.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht. Theorie und Praxis (3. Aufl. 1984) S. 294 § 480. 185 Jasani, Security - A New Role far Civil Remote Sensing Satellites, in Benkö/ Kröll (Hrsg.), Liber Amicorum Böckstiegel (2001) S. 344: "As the capabilities of civil and military satellites converge, it is possible that civil spacecraft could become targets for anti-satellite (ASAT) weapons." 182 183

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

erdnahen und im geostationären Orbit, deren Regelung insbesondere auch angesichts der rapide zunehmenden kommerziellen Satellitenstarts dringend erforderlich wird. 186 Ein wichtiger Bestandteil solcher Verkehrsregeln wären Bestimmungen über die Einhaltung eines bestimmten Sicherheitsabstands 187 sowie weitere Vorkehrungen gegen Kollisionen, welche auch unter Umweltschutzgesichtspunkten ("space debris") notwendig sind. Hinsichtlich des Kreises der in ein Immunitätsregime einzubeziehenden Satelliten lässt sich zwischen einem funktionalen Ansatz, der von Deutschland,188 Frankreich,189 Australien l90 und Pakistan 191 bevorzugt wird, und einem von der UdSSR I92 und Polen l93 vorgeschlagenen umfassenden Ansatz, der alle zivilen und passiven militärischen Satelliten einbeziehen will, unterscheiden. 194 Nach der sog. "damage potential"-Methode wären alle Satelliten, welche die Fähigkeit "to interfere actively with other satellites,,195 haben, vom Immunitätsregime ausgenommen. Zur Förderung multilateraler Verifikation im Rahmen kooperativer Sicherheit wären dagegen entsprechend dem Vorschlag von Australien l96 ausdrücklich Monitoringund Verifikationssatelliten in das Immunitätsystem einzubeziehen. f) Mechanismen zur Durchführungskontrolle: Monitoring und Verifikation

Der Vertrag sollte angemessene Durchführungsmechanismen des Monitoring und der Verifikation l97 enthalten. Entsprechend der Unterscheidung s. Dalbello, Fn. 71 S. 8. s. Dalbello, Fn. 71 S. 8. 188 Deutschland, CD/90S S. 10. 189 Frankreich, CD 375, S. 5, s. o. Fn. 17. 190 Australien, CD PV 279 v. 7. 8. 1984, S. 12. 191 Pakistan, CD1708 v. 26. 6. 1986; s. o. Fn. 30; CD/PV v. 3. 7. 1986 S. 13. 192 UdSSR, CD/PV 385 v. 3. 2. 1987, S. 22. 193 Polen, CD/PV 402, April 1989 S. 11. 194 Alves, Fn. 3 S. 104. 195 Australien, CD/PV 374 v. 27. 7. 1976, S. 16; Alves, Fn 3 S. 104. 196 Australien, CD/PV 374 v. 27. 7. 1976, S. 16: "satellites contributing to the preservation of strategie stability which could be instrumental in monitoring arms limitations and disarmament agreements"; CD/PV 279, S. 12. 197 Zum rüstungskontrollpolitischen Schrifttum grundlegend Gmelch, Fn. 176; zum völkerrechtlichen Schrifttum s. Dekker, Fn. 132; speziell zum Weltraum grundlegend Scheffran, Fn. 162 S. 80; Alves, Fo. 3; Gmelch, S. 31; Cleminson/Alves, Space Weapons Verification: ABrief Appraisal, in Sur (Hrsg.), Verification of Disarmament or Limitation of Armaments: Instruments, Negotiations, Proposals, UNIDIR (1992) S. 177 geben einen guten Überblick über die unterschiedlichen Verifikationsmethoden; s. auch Ekblad/Orhaug, Verification of Outer Space Treaties by an ISMA, Proc. 31 st Colloq. Space Law (1989) S. 22; Ekblad, Prospects of Verifying Space Weapons Treaties, Proc. 35 th Colloq. Space Law (1993) S. 346; Ondrej, 186 187

11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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von Alves l98 wird unter Monitoring die generelle Sammlung von Informationen betreffend die Durchführung des Vertrages verstanden. Verifikation meint die konkrete Überprüfung der Einhaltung spezifischer Rüstungskontroll-, Nichtverbreitungs- oder Vernichtungsbestimmungen. 199 Die Bestimmungen im KSW-Vertrag sollten die Überwachung und Einhaltung sowohl des umfassenden Verbots aktiver militärischer Nutzungen von zerstörerischer Art, insbesondere des Verbots von Weltraumwaffen, als auch des Schutzregimes einschließlich der Immunitätsregeln für zu friedlichen Zwecken genutzter Weltraumobjekte vorsehen. Angesichts des beträchtlichen Anwendungspotenzials von "dual-use"-Technologien für zivile, insbesondere auch kommerzielle Zwecke, wird es dabei auch darauf ankommen, Verfahren vorzusehen, die gleichzeitig die Vertraulichkeit und den Schutz berechtigter ziviler Interessen garantieren. 200 Die grundsätzliche Streitfrage der Verifizierbarkeit eines Verbots von Weltraumwaffen kann heute als im positiven Sinn geklärt gelten?OI Bereits in den achtziger Jahren ist im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Vorschlägen vor allem in der CD für internationale Verifikations verfahren, die auf die Mittel der Satellitenaufklärung zurückgreifen, u. a. durch zwei VN-Expertenstudien 202 überzeugend die verlässliche Verifizierbarkeit eines solchen Abkommens nachgewiesen worden. 203 Angesichts der seitdem erzielten technologischen und verifikations politischen Fortschritte besteht heute kein Zweifel mehr an der grundsätzlichen Verifizierbarkeit eines RüsSome Legal Aspects of Verification in and from Outer Space, Proc. 33 rd Colloq. Space Law (1991) S. 338; Kries, Satellite Verification and European Arms Contro1, Proc. 33 rd Colloq. Space Law (1991) S. 375. 198 Alves, Fn. 3 S. 118. 199 s. auch die ausführliche Begriffbestimmung bei Gmelch, Fn. 176 S. 34. 200 PetermannlSocherlWennrich, Fn. 145 S. 129. 201 s. o. Fn. 197. 202 VN-Studie, Fn. 69 S. 41; CleminsonlAlves, Fn. 197 in Sur (Hrsg.) S. 177. 203 Das kanadische Arbeitspapier "The Non-Weaponization of Outer Space" v. 5. 2. 2001, Fn. 49 S. 6 stellt fest: "Ground- and space-based remote sensing technology for verification of a space-based weapon ban has meanwhi1e advanced since the mid-1980's Canadian PAX:SAT studies [PAXSAT steht für den Vorschlag Kanadas in der CD von 1986 für die Errichtung eines multilateralen Verifikationssatelliten s. dazu u. Kapitel E. III. 1. e)], which concluded that such a ban wou1d be verifiable even using then-available technology. Subsequent developments, including improved ground-based sensors, adaptive optics, laser atmospheric turbulence compensation and advanced processing techniques, can all contribute to the verification of a space-based weapon ban. Similar improvements in commercial remote sensing and national reconnaissance satellites' ability to image other satellites plus improved early warning systems which will be able to track space-based objects and ascending launch vehicles, will permit even fuller confidence. Such remote sensing techniques, supplemented where necesary with on-site inspections under managed access rules, could effectively and efficiently verify a space-based weapon ban."

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

tungskontroll- und Nichtverbreitungsregimes für den Weltraum, auch wenn die technische und verfahrensmäßige Umsetzung im Einzelnen höchste Anforderungen stellt. 204 Wichtiger noch als die technologischen sind die verifikationspolitischen Fortschritte seit Beginn der Diskussion eines Weltraumwaffenverbotes zu Beginn der achtziger Jahre. Sie ermöglichen heute, der Zielsetzung kooperativer Sicherheit entsprechend ein umfassendes kooperatives Monitoringund Verifikationssystem ("cooperative monitoring"i05 auszuarbeiten. Mit der Abkehr Gorbatschowi06 von der früheren sowjetischen Verweigerungspolitik insbesondere gegenüber Vor-Ort-Inspektionen und den dadurch möglich gewordenen umfangreichen kooperativen Verifikations regelungen des INF- Vertrages von 1987207 ist ein Durchbruch erreicht worden, der einen ausgezeichneten Ausgangspunkt für die Vereinbarung verlässlicher kooperativer Verifikationsregelungen in einem KSW -Vertrag darstellt. Das Spektrum möglicher Verifikationsmaßnahmen umfasst seitdem - in der Terminologie von Biermann 208 - neben den herkömmlichen "national technical means", mit denen die nationalen militärischen Aufklärungssatelliten gemeint sind, sowohl "passive kooperative" als auch "aktive kooperative" Verifikationsschritte wie insbesondere Vor-Ort-Inspektionen, die sowohl als kontinuierliche Überwachung vor Ort ("continuous monitoring"), Inspektion auf Einladung (" invitational inspections") wie als Verdachtskontrolle ("challenge-inspection "; "anytime-anywhere inspection ") ausgestaltet werden können. Der mit dem INF- Vertrag erreichte hohe Standard kooperativer Verifikationsmaßnahmen im Verhältnis der beiden Großmächte sollte auch in einem künftigen multilateralen Rüstungskontrollabkommen für den Weltraum eingehalten werden. Damit würde auch die Bereitschaft der anderen wichtigen potenziellen militärischen Weltraumakteure, insbesondere Chinas und Indiens, diesen Standard zu übernehmen, getestet. Neben dem bilateralen INF- Vertrag könnten als Vorbild wiederum auch die umfangreichen multilateralen Verifikationsmechanismen des ChemiewaffenübereinkomCleminson/Alves, Fn. 197 in Sur (Hrsg.) S. 187. Baines, Fn. 2 in Beier/Mataija (Hrsg.) S. 81; Biermann, Verifikation durch Kooperation. Probleme und Perspektiven der Verifikation nuklearer Rüstungskontrollverträge (1990); Dekker, Fn. l32 S. 117. 206 Biermann, Fn. 205 S. 1: "Die Sowjetunion hat unter Gorbatschow ihre traditionell starre Haltung in Verifikationsfragen so radikal gewandelt, daß sich völlig neue Perspektiven besonders im Bereich kooperativer Verifikationsmethoden eröffnen, die noch vor wenigen Jahren von fast allen Sachkennern als politisch nicht durchsetzbar bezeichnet wurden." 207 Eine Übersicht über die Inspektionsbestimmungen des INF-Vertrages von 1987 gemäß dem Eliminierungs- und Inspektionsprotokollen des Vertrages gibt Biermann, Fn. 205 S. 122. 208 Biermann, Fn. 205 S. 38. 204

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H. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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mens 209 und des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (Comprehensive Test Ban Treaty, CTBT) vom 24. 9. 1996210 herangezogen werden? I I Eine Besonderheit der Verifikationserfordemisse mit Blick auf den Weltraum besteht darin, dass neben einer vom Weltraum auf die Erde gerichteten Verifikation ("space-to-earth-veriJication H) auch Verifikationsmethoden von der Erde in den Weltraum ("ground-to-space und vom Weltraum in den Weltraum ("space-to-space") in Frage kommen?12 Für das Monitoring des vorgeschlagenen Schutzregimes für zivile Weltraumobjekte wie die Einhaltung der Sicherheitsabstände wäre in jedem Fall eine "space-to-space"Verifikation erforderlich. Diese könnte - wie grundlegend Jürgen Scheffran ausgeführt hat - zusätzlich auch zur Überwachung des Verbots der Weltraumwaffen eingesetzt und durch Inspektionen der Raketenabschussrampen in situ ergänzt werden?13 Die für eine "space-to-space"-Verifikation eingesetzten Satelliten eignen sich nach dem Rüstungsforscher und profunden Kenner der Materie, Bhupendra Jasani,214 optimal als "multilateral technical means (MTM)" zur Verifikation eines Verbots von Weltraumwaffen. Sie könnten außerdem die bislang fehlende multilaterale Verifikation des VerH

)

209 s. Dekker, Fn. 132 S. 233 ff. zum CWÜ und S. 306 ff. zum CTBT sowie das Kapitel über die generalisierende Bewertung der multilateralen Monitoring- und Verifikationsmechanismen. 210 Vertrag vom 24. 9. 1996 über das umfassende Verbot von Nuklearwaffenversuchen, BGBL II 1998, S. 1210: 151 Unterzeichnerstaaten. 211 s. zu den institutionellen Implikationen u. Kapitel E. III. 1. e). 212 Alves, Fn. 3 S. 117; CleminsonlAlves, Fn. 197 in Sur (Hrsg.) S. 188. 213 Seheffran, Fn. 162 S. 72 ff. und jüngst ders., Moving Beyond Missile Defense. The Search for Alternatives to the Missile Race, Information Bulletin des International Network of Engineers and Scientists Against Proliferation, Nr. 18 (September 2001) S. 11: "The case for a regime to control and monitor space launches is greatly strengthened when considered in the context of preventing an arms race in outer space. Such a regime, in fact, could serve the function of verifying a ban on space weapons, in particular anti-satellite (ASAT) weapons. Since manmade objects in orbit would enter space through space rockets, a monitoring system at space launch facilities could not only search for indications of ballistic missile use, but also for the space-weapon usability of the payload. This would provide increased transparency concerning space activities in general, and would effectively exclude the deployment and testing of space weapons using ground-based space launchers. Other types of space weapons, in particular aircraft launch and ground-or air-based beam weapons, require different verification provisions. A combination of the available technologies would provide quite efficient means for verifying an ASAT ban, including a test ban, and the remaining risk would certainly be no higher than if the situation remained uncontrolled." 214 Jasani, Fn. 185 in BenkölKröll (Hrsg.), Liber Amicorum Böckstiegel S. 345; ders., Arms control verification by satellites, International Defense Review 23 (1990) S. 643 und zu den technischen Voraussetzungen ders., Satellites and Arms Verification, Jane's Intelligence Review (August 1992) S. 380.

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

trages über das teilweise Verbot von Nuklearversuchen von 1963 sicherstellen?15 Inzwischen haben auch zivile und selbst kommerzielle Satelliten einen technischen Stand erreicht,216 dass sie für Verifikationszwecke genutzt werden können?17 Der besondere Vorzug kooperativer Verifikationsregelungen in einem Rüstungskontrollvertrag über den Weltraum erschöpft sich jedoch nicht in den auf den Vertrag selbst bezogenen Verifikationsmaßnahmen. Vielmehr wird mit der möglichen Verwendung von Satelliten für internationale Verifikationsaufgaben, sei es durch eigene Verifikationssatelliten einer internationalen Verifikationsagentur, sei es durch Bereitstellen der Verifikationsdaten und -bilder von nationalen Satelliten, seit langem die Hoffnung verbunden, dass damit eine generell für bi- und multilaterale Rüstungskontroll-, Nichtverbreitungs- und Abrüstungsverträge wirksame internationale Verifikation möglich wird. je nach dem Umfang der zur Verifikation vorgesehenen multilateralen Satellitenaufklärungskapazitäten könnte der Monitoring- und Verifikationsimechanismus über die Durchführungskontrolle des KSW -Vertrages hinaus damit auch für die Überwachung weiterer Rüstungskontrollund Nichtverbreitungsverträge, insbesondere des CWÜ und des NVV, und zur Krisenprävention· eingesetzt werden. g) Kodifizierung der weiteren Rechtsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums

In einem weiteren Schritt könnten neben dem Grundsatz der kooperativen Sicherheit und dem Verbot aktiver zerstörerischer Weltraumnutzungen auch die weiteren Rechtsstandards der friedlichen Nutzung in dem KSWVertrag kodifiziert werden. Dadurch würde unter Berücksichtigung der Alves, Fn. 3 S. 118. Die zivilen Fernerkundungssatelliten LANDS AT (USA) und SPOT (Frankreich, Belgien, Schweden) wurden bereits Mitte der achtziger Jahre auch für militärische Aufklärungszwecke verwendet, auch wenn sie mit einem Auflösungsgrad der Optik von 10 bis 20 Meter nicht die Schwelle für besondere taktische Militärzwecke von I bis 2 Meter erreichten; s. Europas Zukunft im Weltraum. Ein gemeinsamer Bericht europäischer Intitute (1988) S. 158. Zum heutigen Stand s. Jasani, Fn. 185 in BenkölKröll (Hrsg.), Liber amicorum Böckstiegel S. 344: "The difference between the capabilities of remote sensing and military reconnaissance is becoming so small that, to some extent, even the former could be used for military surveillance purposes."; zur zunehmenden Verwendung kommerzieller Satellitenbilder auch für militärische Zwecke s. ders.; Commercial Observation Satellites and Verification, in KreponlZimmermannlSpectoriUmberger (Hrsg.), Commercial Observation Satellites and International Security (1990) S. 144. 217 Jasani, Fn. 216 in Krepon u. a. (Hrsg.), Commercial Observation Satellites lind International Security (1990) S. 142 und ders., Fn. 185 in BenkölKroll (Hrsg.), Liber armicorum Böckstiegel S. 345. 215

216

11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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strukturellen Gesamtzusammenhänge des CHOM-Status des Weltraums die Grundlage für die Schaffung einer umfassenden Ordnung zur friedlichen Nutzung des Weltraums unter Einschluss der wirtschaftlichen und Umweltgesichtspunkte im Interesse der internationalen Gemeinschaft zum Vorteil jetziger und künftiger Generationen gelegt. Sollte sich ein solcher umfassender Ansatz in einem ersten Schritt als zu ehrgeizig erweisen, wäre die Aufnahme einer entsprechenden Bemühensklausel als Zielvorgabe für eine Überprüfungskonferenz sinnvoll. 4. Geeignete internationale Gremien zur Aushandlung des Abkommens Seit Beginn der Rüstungsfrage im Weltraum besteht hinsichtlich des geeigneten Verhandlungsgremiums in den Vereinten Nationen Streit, ob diese eher im COPUOS oder in den Abrüstungsgremien zu behandeln iSt. 218 Die westlichen Staaten haben sich gegen eine Behandlung in COPUOS vor allem mit dem Argument der Gefahr einer Politisierung diese Gremiums gewandt. Dagegen haben die ungebundenen Staaten stets auf den engel1 Zusammenhang zwischen einer Beschränkung der militärischen Nutzung und dem Ausbau der Zusammenarbeit bei der zivilen Nutzung des Weltraums hingewiesen und daher die Behandlung der Rüstungsfrage sowohl in der CD als auch in COPUOS verlangt. 219 Inzwischen hat die Frage der militärischen Nutzung weitreichende Bedeutung für die künftigen Nutzungen des Weltraums insgesamt erlangt. Die Auswirkungen eines möglichen Übergangs zu aktiven zerstörerischen Nutzungsarten auf die Sicherheit ziviler, insbesondere auch kommerzieller Nutzungen, wären beträchtlich. Vor allem aber macht die große Bedeutung eines solchen Übergangs für die internationale Sicherheit mit Auswirkungen auf die Nuklearstrategie, das Verhältnis von Defensiv- und Offensivenwaffen und das gesamte bi- und multilaterale Rüstungskontroll-, Nichtverbreitungs- und Abrüstungsregime eine umfassende Behandlung der Frage unter allen ihren Aspekten erforderlich. Vor diesem Hintergrund ersch~int die Einberufung einer eigenständigen internationalen Vertragskonferenz unter VN-Ägide zur Aushandlung des KSW-Vertrages notwendig. Eine solche multilaterale Konferenz von mit umfassenden Verhandlungsvollmachten ausgestatteten Staatenvertretern könnte das erforderliche umfassende multilaterale Vertragswerk mit ausreichender Autorität und Wirkungskraft aushandeln. Dieses sollte anschließend ebenso wie seinerzeit der Weltraumvertrag und die Spezialabkommen zu seiner Durchführung von der Generalversammlung der Staatengemeinschaft zur Annahme empfohlen 218 219

s. Alves, Fn. 3 S. 7. s. o. Kapitel B. III. 2. b) aa).

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

werden. Zu überlegen ist außerdem die frühzeitige Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen und der zahlreichen internationalen wissenschaftlichen Vereinigungen im Bereich der friedlichen Nutzung des Weltraums und der Rüstungskontrolle und Abrüstung. Kanada 220 hat am 5. Februar 2001 seinen Vorschlag erneuert, eine Überprüfungskonferenz zum Weltraumvertrag mit dem Ziel einzuberufen, ein Ergänzungsprotokoll über die militärische Nutzung des Weltraums abzuschließen. In Anlehnung an diesen kanadischen Vorschlag könnte auf einer solchen eigenständigen Konferenz der Vorschlag für einen KSW -Vertrag als Ausführungsabkommen zum Weltraumvertrag eingebracht werden. 5. Wirkung des Abkommens gegenüber Drittstaaten

Der nachfolgenden Untersuchung einer möglichen Drittwirkung221 des vorgeschlagenen KSW -Vertrages auch für Außenseiter ist zur Klarstellung zunächst vorauszuschicken, dass die de lege lata abgeleiteten Konkretisierungen des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums in Kapitel D., insbesondere die Rechtsstandards der friedlichen Nutzung, auf Grund der weltraum vertrags- und völkergewohnheitsrechtlichen Grundlage des Grundsatzes unabhängig von einem neuen Abkommen universelle Geltung beanspruchen können. Insoweit käme dem Vertrag (lediglich) die - auf Grund der Auslegungskontroverse um den Grundsatz der friedlichen Nutzung jedoch eminent wichtige - Rechtsklarheit schaffende Kodifizierungsfunktion eines bereits bestehenden Normbestandes zu. Außerdem ist die Rechtsbefolgung eines ratifizierten Vertrages ungleich aussichtsreicher als die noch so wichtiger, deduktiv entwickelter Rechtsgrundsätze und Rechtsstandards. Die folgenden Überlegungen hinsichtlich einer Drittwirkung des vorgeschlagenen KSW -Vertrages betreffen also nur diejenigen Vorschriften, die über diesen Normbestand hinausgehen, wie insbesondere verfahrensmäßige oder institutionelle Bestimmungen. 220 Kanada, CDI1569 v. 4. 2. 1999 "Proposal conceming CD action on Outer Space" sowie "Working Paper: The Non-Weaponization of Outer Space", revised 5. 2. 2001, Fn. 49; entsprechend der Empfehlung des Space Law Committee der International Law Association, Report of its 69 th Conference London (2000) S. 592 sollte der Weltraum vertrag von 1967 unverändert bleiben. Der hier entwickelte Vorschlag für ein KSW-Abkommen zielt wie der kanadische Vorschlag auf ein selbständiges Abkommen in Ausführung und Ergänzung des Weltraum vertrages im Sicherheitsbereich. 221 s. dazu insbesondere unter den für die hiesige Prüfung maßgeblichen Gesichtspunkten der Gemeinwohlinteressen und der Normativbedürfnisse des Völkerrechts Tomuschat, Völkerrechtlicher Vertrag und Drittstaaten, in Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 28 (1988) S. 9.

11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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Es lassen sich insoweit entsprechend der Konzeption von Tomuschat zwei Hauptgründe anführen, die für eine Bindungswirkung der internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums und des vorgeschlagenen KSW -Vertrages auch gegenüber Außenseitern sprechen, vorausgesetzt, diese erhalten eine genügend breite Zustimmung der Staaten, um als Rechtssetzung der internationalen Gemeinschaft angesehen werden zu können. Zunächst - und hier leigt bereits ein ganz entscheidender besonderer Ankerpunkt und Unterschied zu der allgemeinen Problematik der Drittwirkung völkerrechtlicher Verträge vor - bestehen im Weltraumvertrag selber in der verstärkten Allgemeinwohlbindung des Artikel I Absatz 1 und dem Rücksichtnahmegebot des Artikel XI ausdrückliche Bezugspunkte für eine solche Drittwirkung. Wenn nach der Menschheitsklausel eine Nutzung des Weltraums nur unter Berücksichtigung "der Interessen aller Länder und der Menschheit als Ganzer" erfolgen darf, so bedeutet dies, dass selbstverständlich die Konkretisierung dieses Interesses durch eine große Mehrheit in Bezug auf eine bestimmte Nutzungsart durch die Schaffung einer vertraglichen Ordnung von den anderen Staaten zu berücksichtigen ist. Wenn also die internationale Gemeinschaft Grundsätze wie Transparenz, angemessene Registrierungspflichten und der verlässlichen Verifikation in Bezug auf die militärische Nutzung des Weltraums unter Konkretisierung der Menschheitsklausel und des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums festlegt, so kann sie grundsätzlich deren Einhaltung jedenfalls insoweit gegenüber Außenseitern beanspruchen, als eine Interessenabwägung des Allgemeinwohls gegenüber dem Partikularinteresse nicht ausnahmsweise ein anderes Ergebnis nahe legt. Die zu schaffende Ordnung der friedlichen Nutzung des Weltraums einschließlich eines KSW -Vertrages würde also bereits bestehende weltraumvertragliche Grundsätze sowie die abgeleiteten gewohnheitsrechtlichen Rechtsstandards vertraglich konkretisieren. Sie könnte dabei auch auf gewohnheitsrechtliche Elemente wie die im Sinne des Hinweises des IGH im Golf von Maine-Fa1l 222 deduktiv aus dem Rechtsgebot der friedlichen Nutzung abgeleiteten gewohnheitsrechtlichen Standards der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraums zurückgreifen?23 Wenn wie es Tomuschat formuliert - Verträge mit Wirkung für Dritte "allgemeine völkergewohnheitsrechtliehe Ordnungsgrundsätze konkretisierend entfalten ,,224 können, gilt dies a fortiori, wenn diese Entfaltung sowohl auf einen Grundsatzvertrag wie den die Weltraumverfassung darstellenden Weltraumvertrag als auch zusätzlich auf völkergewohnheitsrechtliche Ordnungsprinzipien wie die Verhinderung eines Wettrüstens im gemeinschaftlichen Weltraum zurückgreifen kann. 222 223

224

JCJ Reports 1984, S. 246, 299 Para. 111. s. o. Kapitel D. V. 4. b). Tomuschat, Fn. 221 S. 28.

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

In dieser unmittelbar im Weltraum vertrag selber liegenden Verankerung liegt auch ein entscheidender Unterschied zu der sich zunächst aufdrängenden Parallele zu der seinerzeit heftig geführten Kontroverse um die Moratoriumsfrage in Bezug auf eine einseitige Ausbeutung der Ressourcen des Meeresbodens vor der Schaffung des neuen Meeresbodenregimes der SRK. 225 Dabei ging es in der Tat um ein völlig neues Regime. Der CHOMStatus des Meeresbodens hatte keinerlei vertragliche Grundlage vor seiner Normierung in der SRK. Vielmehr galt die Freiheit der Hohen See. Demgegenüber knüpfen die verstärkte weltraumrechtliche Allgemeinwohlbindung in Gestalt der Menschheitsklausel und der CHOM-Status des Weltraums an die erstmals bereits in der Weltraum-Rechtsgrundsätze-Erklärung aufgenommenen und im Weltraumvertrag kodifizierten "province of alt mankind"-Bestimmung an. Deshalb ist die Forderung, diese bei dem Übergang zu einer neuen Nutzungsart des Weltraums ebenso wie das Rücksichtnahmegebot des Weltrauvertrages zu beachten, lediglich die Einforderung der Einhaltung bestehenden Rechtes und kein neuartiges Moratoriumsbegehren im Vorgriff auf eine erst noch zu schaffende neue Rechtsordnung. Dabei ist es das Recht der internationalen Gemeinschaft oder - in den Grundsätzen des klassischen Völkerrechts gesprochen - das souveräne Recht jedes Staates, das er gemeinsam mit den anderen Staaten ausübt sein Interesse an einem ordnungsgemäßen Verfahren zur Einhaltung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraumes in Übereinkunft mit einer Vielzahl anderer Staaten in einer internationalen Ordnung der friedlichen Nutzung des Weltraums zu konkretisieren. Diese Konkretisierung liegt auch im Interesse von Drittstaaten, da sie zur Rechtsklarheit beiträgt. Eine zweite Argumentationsgrundlage für die Annahme einer Bindungswirkung gegenüber Drittstaaten ergibt sich daraus, dass im Falle der militärischen Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Qualität "fundamentale Rechtsgüter der internationalen Gemeinschaft,,226 aufs Unmittelbarste berührt sind. Wie bereits ausführlich nachgewiesen,227 würde der Übergang zu einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums von zerstörerischer Art die Sicherheitsinteressen aller Staaten und das Überlebensinteresse der Menschheit sowie das Interesse künftiger Generationen an der Bewahrung der Unversehrtheit des Weltraums aufs Schwerste tangieren. Es lässt sich die auf die Definition von "International Crimes" im ILC-Entwurf von 225 Für die Zulässigkeit einseitiger Schritte repräsentativ Kronmiller The Lawfulness of Deep Seabed Mining (2 Bde 1980); zu der besonders auch auf den CHOMGrundsatz gestützten Gegenposition s. Steinacker; The legal principle of the common heritage of mankind and deep sea-bed mining outside the UN convention on the law of the sea (1985). 226 Tomuschat, Fn. 221 S. 36. 227 s. o. Kapitel D. V. 5. b) aa).

II. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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1980228 zur Staatenverantwortlichkeit rekurrierende Feststellung Tomuschati 29 u. a. in Bezug auf eine "massive Verschmutzung der Atmosphäre oder der Meere" auch auf die vorliegende Konstellation übertragen: "Die inhaltliche Notwendigkeit einer solchen Regelung als Konkretisierung einer gewohnheitsrechtlich geltenden Abwehrnorm gegen gravierende Störungen der internationalen Koexistenz in Verbindung mit verfahrensmäßiger Gerechtigkeit vermag den Schluß auf die Verbindlichkeit des vertraglichen Ordnungsentwurfs auch für den Außenseiter zu tragen."

Paulus 230 hat ausführlich dargelegt, dass eine Hauptfolge des gemeinschaftsorientierten "Rechts der internationalen Gemeinschaft" ihre Befugnis ist, mit Zustimmung ihrer "essential components" ohne Einstimmigkeit zur Kodifizierung grundlegender Normen und Werte Recht mit Verbindlichkeit für alle Mitglieder zu setzen. Demnach würde die Konkretisierung des weltraumvertraglichen Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums durch die internationale Gemeinschaft auf Grund seiner fundamentalen Bedeutung für die internationale Sicherheit und Stabilität auch Drittstaaten binden. Allerdings ließe sich einwenden, dass ein Vergleich mit anderen angeführten schwerwiegenden Störungen fundamentaler Rechtsgüter der internationalen Gemeinschaft wie die Aggression oder die Verletzung elementarer Menschenrechte zeige, dass bereits ein akuter Verletzungstatbestand zu besorgen sein müsse, um die Drittwirkung der Schutznorm zu begründen. In Bezug auf die militärische Nutzung des Weltraums übertragen würde dies bedeuten, dass eine Bindung eines Außenseiters erst hinsichtlich des Verbots des Einsatzes und nicht bereits der Stationierung der Weltraumwaffen eintreten würde. Abgesehen davon, dass dieses Verbot des Einsatzes allerdings ohnehin bereits auf Grund des allgemeinen Gewaltverbotes besteht, geht es hier um die Frage der Bindungswirkung von Ordnungsregeln, die solche Verletzungen gerade vorbeugend verhindern sollen. Deshalb und angesichts der überragenden Bedeutung der in Frage stehenden Menschheitsinteressen ist eine Bindungswirkung auch bereits für die präventiven Ordnungsnormen notwendig. Ein dritter und flankierender Argumentationsstrang lässt sich aus den strukturanalytischen Ergebnissen zum CHOM-Status und zum Rechtsgebot der friedlichen Nutzung des Weltraums als struktureller Voraussetzung der 228 YbILC 1980, Vol. II S. 32, Artikel 19 Absatz 3; vgl. jüngst zum aktuellen Entwurf von 2000 o. Kapitel C. I. 2. b) aa) Fn. 115 sowie zu der Entwicklung des Artikel 19 in den beiden Lesungen ausführlich Paulus, Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht. Eine Untersuchung zur Entwicklung des Völkerrechts im Zeitalter der Globalisierung (2001) S. 387 ff. 229 Tomuschat, Fn. 221 S. 37. 230 Paulus, Fn. 228 S. 423; s.o. Kapitel D. VII. 3. b) bb). 31 Wolter

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Erfüllung des weltraumrechtlichen Menschheitsinteresses 231 herleiten. Wenn sich die von der internationalen Gemeinschaft geschaffene internationale Ordnung der friedlichen Nutzung mit dem Kernelement eines KSW -Vertrages aus den strukturellen Anforderungen des Weltraumvertrages ergibt und dessen Konkretisierung in einem bestimmten Bereich der Nutzung dient, so entspricht die Schaffung dieser Ordnung auch den Intentionen der Väter des Weltraumvertrages. Daher kann diese Ordnung zur Sicherung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraumes auch eine Bindungswirkung entsprechend der Drittwirkung des Weltraumvertrages beanspruchen. 6. Universalitätsanspruch und amerikanische und europäische Interessen Unabhängig von der rechtlichen Drittwirkung kann der KSW-Vertrag seine Aufgabe, im Interesse der Menschheit eine Ordnung Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum zu schaffen, sicherheitspolitisch effektiv nur erfüllen, wenn er auf universelle Geltung angelegt ist und sich vor allem die großen Weltraum- und Nuklearmächte möglichst auch an der zur institutionellen Untermauerung vorgesehenen Umsetzungsorganisation beteiligen. Es wäre daher zu hoffen, dass auch die USA, welche die konkretesten Pläne einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums unterhalten, ihre Sicherheitsinteressen in einer Weltraumordnung Gemeinsamer Sicherheit am Besten aufgehoben sähen und sich einem solchen Vertrag anschließen würden. Da der KSW -Vertrag die Stationierung eines begrenzten NMD-Systems in einem kooperativen Rahmen und ohne weltraumgestützte Abfangraketen nicht verbieten, im Ergebnis allerdings überflüssig machen würde, sollte dies nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass es zu einer Abkehr von der bisherigen, den Multilateralismus ablehnenden Politik der Bush jr.-Administration232 - Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice spricht von der "illusory international community,,233 kommt. Wichtig ist daher vor allem die langfristige Auswirkung, die eine Initiative für eine solche kooperative Sicherheitsordnung im Weltraum, welche Rechtssicherheit und militärische Sicherheit schaffen und die zivilen und kommerziellen Nutzungsmöglichkeiten für Alle wesentlich verbessern würde, auf ein Land haben würde, in dem die Pläne einer Bewaffnung des Weltraums nicht weniger heftig umstritten sind, als sie von der internationalen Gemeinschaft abgelehnt werden. Auch für die größte Macht ist es wichtiger, die Möglichkeit eines Nuklearangriffs durch ein verifizierbares Abrüstungsregime ganz auszuschließen, als einseitig auf Kosten der internationas. oben Kapitel C. 11. 4. und D. IV. 1. Kritisch dazu Korb/Tiersky, Fn. 152 S. 3; Gnesetto, Übennilitarisierung amerikanischer Außenpolitik, EA (April 2002) S. 43. 233 Zitiert nach Mendelsohn, Fn. 152 S. 323. 231

232

11. Abkommen über Gemeinsame/Kooperative Sicherheit im Weltraum

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len Sicherheit den Versuch zu machen, einen Schutzschild zu errichten, der nach allen Erkenntnissen keinen hundertprozentigen Schutz geben kann. Pullinge?34 stellt zu Recht fest: "In other words, of course it is preferable to be able to shoot down a proportion of attacking nuc1ear warheads than none at all. However, as the consequences of even a single warhead landing on a city is so catastrophic one's ability to mitigate an attack is of far less relevance than the overwhe1ming imperative of preventing the attaek in the first place."

Die Verhinderung des Wettrüstens im Weltraum durch einen KSW-Vertrag ist möglicherweise der wichtigste Schritt in einer aktiven Nichtverbreitungspolitik und liegt daher im Interesse gerade auch der Staaten, die von einer nuklearen Proliferation bedroht würden. Zur Beurteilung der amerikanischen Interessen im Zusammenhang mit den NMD-Plänen und der militärischen Nutzung des Weltraums erscheint es angemessen, unmittelbar amerikanische Stimmen sprechen zu lassen. Der Direktor des International Security Programme des Beifer Center for Science and International Affairs an der Harvard Universität, Steven Miller,235 kommt etwa zu folgendem Ergebnis: "At present, the ans wer seems to be that missile defences represent a high-cost remedy to a threat that is speculative, distant in time and uncertain in scale and character. Very expensive and very limited missile-defence capabilities will be aequired at the risk of provoking a variety of adverse diplomatie and strategie consequences. It is not at all c1ear that the net effect will be an improved security order for the United States."

Glaser von der University of Chicago und Fetter von der University of Maryland 236 führen in ihrem Beitrag "National Missile Defense and the Future of U.S. Nuclear Weapons Policy" zur Interessenlage der USA aus: "Even though the United States is the dominant military power, it should nevertheless strongly prefer a world in which all of the major powers are secure ... Increased insecurity would fuel the arms competition and a breakdown of cooperation, which would further strain relations and create military dangers. . .. Although Russia is now too weak eeonomieally to engage in a major buildup, this is unlikely always to be true. In any case, the Uni ted States has important cooperative programs with Russia, designed to improve Russian control over its nuc1ear weapons and weapon materials, that could be interrupted or terminated if the United States pursued NMD ... The key eounterargument to the above analysis is that the deterrent and damage-limitation benefits of a highly effective NMD would more than offset the dangers that would flow from inereased Russian and Chinese inseeurity. We be1ieve that under current conditions this case for nuc1ear superiority is flawed. Given that U.S. relations with Russia and China are in for234 235 236 31*

Pullinger, Fn. 129 S. 4. Mitler, Fn. 152 S. 107. Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 64 f.

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

mative transition stages and that cooperative policies rnight help advance and cement peaceful relations, our judgement is that forgiving large-scale NMD seems preferable to risking what at best would be a new Cold War. This conclusion is reinforced by the near certainty that U.S. efforts to achieve effective NMD against Russia and China would fail, in wh ich case the Uni ted States would get all the costs but none of the benefits of full-scale NMD."

Der ehemalige US-Botschafter in Moskau und jetzige George F. Kennan Professor am Institute for Advanced Study der Princeton University, lack F. Matlock, lr.,237 bewertet die Auswirkungen der neuesten amerikanischen NMD-Pläne wie folgt: ,,[S. 17] ... the concept [of a national missile defense] raises the question of whether such a system, even if technologically feasible, would enhance the security of American citizens ... it is a concept that, at the moment, cannot be justified on either technical or diplomatie grounds ... [So 24] ... America's security depends on the strength of its alliances and the wisdom of its diplomacy as much as it does on capable armed forces. To undermine our alliances and encourage a renewed arms race in pursuit of a still dubious technologie al fix to a largely nonexistent threat would be sheer folly. It would, in fact, undermine many of the benefits we have gained from the end of the Cold War and leave the American people significantly less secure than they are today."

Betrachtet man das europäische und speziell deutsche Interesse, so wäre Deutschland als Nichtnuklearmacht besonders glaubwürdig, wenn es als Teil einer Initiative für eine aktive Nichtverbreitungspolitik, die künftig den Weltraum zwingend mit einschließen muss, den Vorschlag für einen KSWVertrag einbringen würde. Es sollte dies zusammen mit seinen europäischen Partnern, insbesondere dem in Weltraumfragen sehr aktiven Frankreich und mit Italien und Schweden, die beide in der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum mehrfach initiativ geworden sind, tun. Ein Vorschlag für einen multilateralen Vertrag kooperativer Sicherheit im Weltraum entspräche der aus unserer Interessenlage gebotenen Sicherheitspolitik der Förderung kooperativer Sicherheitsstrukturen, unserer auf Stärkung des Multilateralismus gerichteten VN-Politik und unserer die Festigung des Völkerrechts in den internationalen Beziehungen anstrebenden Weltordnungspolitik. Deutschland, das selber keinerlei Pläne für eine aktive militärische Nutzung des Weltraums unterhält, hat auch ein eminentes Interesse an der Schaffung einer verlässlichen Ordnung zur Förderung und zum Schutz der zivilen Nutzung des Weltraums. Dies entspräche unseren wirtschaftlichen Interessen als einer führenden technologischen Mittelmacht und einem Hauptbeitragszahier bei der zivilen Weltraumnutzung durch die ESA. Eine solche Initiative wäre aber nicht nur Interessen-, sondern auch weitsichtige Verantwor237 Matlock, Jr., Security: The Bottom Line, in Arms Control Today (Oktober 2000) Special Section: What Next for National Missile Defense? S. 17.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 485

tungspolitik. Zur Erhaltung des Weltraums für eine friedliche Nutzung und eine gedeihliche internationale Zusammenarbeit im Interesse der Menschheit beizutragen, entspräche dem Auftrag des Grundgesetzes, an einem friedlichen Zusammenleben der Völker aktiv mitzuwirken.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraum organisation zur Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums 1. Bisherige Vorschläge für eine internationale Weltraumorganisation mit Aufgaben im Sicherheitsbereich a) Frühe Vorschläge

Wohl als erster hat bereits vor nunmehr einem halben Jahrhundert und fünf Jahre vor dem Start des ersten Satelliten Joseph KroeU 238 1952 die Schaffung einer internationalen Weltraumkommission, welche durch internationale Kontrolle die ausschließlich friedliche Betätigung im Weltraum sicherstellen soll, vorgeschlagen: "Warum sollte nicht schon heute eine internationale Astronautische Kommission gegründet werden, die auf Grund der Arbeits- und Erforschungsergebnisse der Astrophysiker und der Fachtechniker die ersten Rechtsregeln gleichzeitig für das Stadium der Versuche und dasjenige der Verwirklichung ausarbeiten würde? Ihr erstes Ziel müßte es aber vor allem sein, die Staaten darauf vorzubereiten, daß sie durch ein Abkommen oder durch den Beitritt zu einer internationalen Erklärung die feierliche Verurteilung der Verwendung eines astronautischen oder kosmischen Geräts in einem Angriffs- oder Verteidigungskrieg auszusprechen hätten ... Es wird nicht nur ein Werk zur Erhaltung des Friedens und der Zivilisation sein, sondern des Lebens und der Menschheit überhaupt."

In den USA entwickelten Philip Jessup und Howard Taubenjeld239 zum Auftakt des Weltraumzeitalters drei Möglichkeiten, die notwendige Ordnung für die Nutzung des Weltraums strukturell-institutionell zu untermauern - entweder durch Übertragung in die Treuhand der Vereinten Nationen oder durch die Schaffung einer eigenständigen internationalen Organisation entweder mit direkten exekutiven Funktionen ("direct international administration") oder zumindest mit legislativen Zuständigkeiten "over alt technical, legal, governmental, and security matters in space" [Hervorhebung von mir).24o Eine "organized multinational action in the common interest"

Kroell, Einem Weltraum entgegen, Zeitschrift für Luftrecht (1952) S. 254. Jessup/Taubenjeld, Controls for Outer Space and the Antarctic Analogy (1959) S. 275. 240 Jessup/Taubenjeld, Fn. 239 S. 278. 238

239

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege jerenda

in einer der drei Fonnen hielten sie für die künftige Ordnung des Weltraums insbesondere aus Gründen der internationalen Sicherheit für unabdingbar: "The motivations have been as various as the forms - political, economic, technical, ideological, humanitarian. In recent years a still stronger motivation - human survival - has been added. The need and the incentive have never been greater than now. Steadily the trend on the face of the earth has been toward organized multinational action in the common interest. There will be no reversal of that trend as man moves on into outer space.,,241

Der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Dag Hammerskjöld,242 hat im Mai 1958 das spätere Leitmotiv des Weltraumvertrages als "the overriding interest of the community of nations in the peaceful and beneficial use of outer space" fonnuliert und darauf die Aufforderung gestützt, dass ,,[t]he General Assembly would ... initiate steps for an international machinery to further this end ... of the use of outer space for the benefit of all."

Bezeichnender Weise waren auch die ersten Vorschläge der beiden Weltraummächte aus dem Jahr 1958 sicherheitspolitisch motiviert und auf eine institutionelle Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums gerichtet, zielten sie doch auf die Errichtung eines internationalen "inspection systems".243 Die Mehrheit der frühen Vorschläge im Schrifttum244 sahen überwiegend die Übertragung einer Regelungs- und teilweise auch Durchführungskompetenz in Bezug auf die Weltraumnutzung auf die Vereinten Nationen vor. Insbesondere in den Folgejahren des Weltraumvertrages wurden mit zuneh241 JessuplTaubenjeld, Fn. 239 S. 282. 242 Zitiert nach JessuplTaubenjeld, Fn. 239 S. 275. 243 s. o. Kapitel B. 1. 1. a) Fn. 6. 244 Knauth, Legal Problems of Outer Space in Relation to the United Nations (1958) S. l3: "proposals for legal control in the altitudes above the chosen boundaries have centered round the United Nations, or some other present or proposed international organization, as preferred or even exclusive owner of outer space, operator of spacecraft, prescriber of ,Iaw' for events in space, forum for preparation of an international convention to prescribe such a ,Iaw', or research agency for outer space"; McDougallLipson, Perspectives for a Law of Outer Space, AJIL 52 (1958) S. 412; Jenks, International Law and Activities in Space, International and Comparative Law Quarterly (1956) S. 99, 102-112 mit einer Aufstellung für die von einer internationalen Weltraumorganisation zu regelnden Gegenstände; JessuplTaubenjeld, Fn. 239 S. 282 stellten bereits 1959 fest: "Steadily the trend on the face of the Earth has been toward organized multinational action in the common interest" und sahen (S. 282) in Bezug auf die Weltraumnutzung die Notwendigkeit einer "direct international administration"; Sontag, Der Welraum als Raumordnung des Völkerrechts (1966) S. 172; s. auch die umfangreiche Liste der weltraumbezogenen institutionellen Vorschläge beginnend mit dem Baruch-Plan bei Hurwitz, Fn. 3 S. 173.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 487

mender Intensität Vorschläge für eine institutionelle Zusammenarbeit im Weltraum gemacht, die, soweit sie einen umfassenden Ansatz verfolgten, ganz überwiegend den Sicherheitsbereich ausdrücklich mit einschlossen oder sogar primär oder ausschließlich auf die institutionelle Untermauerung der sicherheits- und rüstungskontollpolitischen Zusammenarbeit im Weltraum abzielten. 245 In der Staatenpraxis stellt der französische Vorschlag 246 auf der ersten Abrüstungs-Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen von 1978 zur Einrichtung einer Internationalen Satellitenagentur (International Satellite Monitoring Agency, ISMA) den Auftakt weiterer gleichgerichteter Vorschläge für die Fruchtbarmachung der Satellitentechnik zu Gunsten rüstungs- und abrüstungspolitischer Ziele dar. Insbesondere mit einer Übertragung von Aufklärungs- und Frühwarnfunktionen von Satelliten an eine internationale Organisation waren schon früh Hoffnungen verbunden, nicht nur zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum, sondern auch zu Abrüstungszielen auf der Erde beitragen zu können. b) Kritik am Institutionalismus und Haushaltszwänge versus sicherheitspolitischer Notwendigkeiten

Die in den achtziger Jahren verstärkt einsetzende neoliberale Kritik am intergouvernementalen, bürokratischen Institutionalismus sowie die budgetären Zwänge in den meisten Industrieländern haben zwar zu Recht zu einer Überprüfung des mit den Vorschlägen einer Institutionalisierung verbundenen Organisationsaufwandes geführt,247 jedoch deren Notwendigkeit als "magnifiers 0/ concern, /acilitators 0/ agreement, and builders 0/ capacity" nicht in Frage gestellt.248 Die Notwendigkeit einer institutionellen Untermauerung insbesondere der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit im Weltraum hat auf Grund des Ausbleibens zufriedenstellender Ergebnisse der Sicherung einer friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums ohne Institutionalisierung noch zugenommen und zu einer Neuauflage entsprechender Vorschläge mit "verschlankten" Organisationsstrukturen geführt. Exemplarisch für diese Tendenz steht die Studie des französischen Centre d'etudes 245

Hurwitz, Fn. 3 S. 174; Sontag, Fn. 244 S. 172.

s. o. Fn. 35 S. 348. s. z.B. Matte, The Common Heritage of Mankind and Outer Space: Toward a New International Order for Survival, AASL (1987) S. 327. 248 Haas/Keohane/Levy, Institutions for the earth: sources of effective international environmental protection (1993) S. 409; Chayes, Abram/Chayes, Antonia H., The New Sovereignty. Compliance with International Regulatory Regimes (1995) S. 271 betonen allgemein die Notwendigkeit von "revitalizing International Organizations" und deren bedeutende Rolle insbesondere auch für die Rüstungskontrolle. 246 247

488

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

et de recherehes sur le droit de l'espace 249 von 1992 unter dem Titel "Faut-il creer une organisation mondiale de I'espace?", die zu dem Ergebnis kommt, dass "I' organisation mondiale de I' espace devrait etre modeste pour garantir son realisme et son efficacite". Im selben Sinn zweifelt Andrew Young an der Erreichbarkeit und Durchsetzbarkeit einer umfassenden internationalen Weltraumbehörde, die er als ein "universalist's pipedream ,,250 bezeichnet, und hofft stattdessen auf konkrete Einzelmaßnahmen wie ein Inspektionsrecht zur Beobachtung von Weltraumstationen. 251 Zugleich hält er aber die Einrichtung spezialisierter globaler Institutionen "which should function to ameliorate the individual excesses of nations operating in space through timely and appropriate legislation " für notwendig. Als quid pro quo für die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf solche Institutionen sollen kommerzielle Nutzungen im Rahmen eines "democratization process" der Weltraumnutzung unter pragmatischer und breiterer Einbeziehung der Entwicklungsländer an den zivilen Nutzungen gefördert werden.

Im Folgenden werden insbesondere die sicherheitsbezogenen Vorschläge im Schrifttum und die in der Genfer CD unterbreiteten Staatenvorschläge daraufhin geprüft, ob sie geeignete Ansätze mit Blick auf die mögliche Errichtung einer Organisation für Kooperative/Gemeinsame Sicherheit im Weltraum (OKSW)/Organiztion for Cooperative/Common Security in Outer Space (OCSO) enthalten. Eine solche sicherheitspolitische Organisation kann außerdem auch an erfolgreiche internationale Organisationsbeispiele der zivilen Weltraumnutzung wie INTELSAT anknüpfen, insofern sie durch die Betonung des kooperativen Elementes aus der friedlichen zivilen Weltraumnutzung Unterstützung erhalten und ihrerseits zu deren Förderung beitragen kann?52 Außerhalb des Weltraumbereichs, aber unmittelbar auf dem Gebiet der Abrüstung liegt mit der 1994 geschaffenen Organisation zur Durchführung des Chemiewaffenabkommens 253 erstmals ein institutioneller 249 Centre d'itudes et de recherehes sur le droit de l'espace, Faut-il cn!er une organisation mondiale de l'espace? Rapport etabli par Bourily/Courteix/Cristelli/ Lajferranderie/Rebillard/Ruzie/Saint Lager (1992) (CNRS-Bericht). 250 Young, Law and Policy in the Space Stations' Era (1989) S. 297. 251 In Anlehnung an DeSaussure, The Impact of Manned Space Stations On the Law of Outer Space, San Diego Law Review 21 (1984) S. 1007, der vorschlägt, im Rahmen eines multilateralen Abkommens über Weltraumstationen jeder Vertragspartei das Recht einzuräumen "to designate observers to carry out inspections . .. [oi] ... all stations, installations and equipment." 252 Matte, Outer Space and International Organizations, in Dupuy, R.-J. (Hrsg.): Manuel sur les organisations internationales (2. Aufl. 1998) S. 583; ders., Institutional Arrangements for International Space Activities, in Jasentuliyana (Hrsg.), Space Law. Development and Scope (1992) S. 97. 253 s. u. Kapitel E. 11. 1. b).

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraurnorganisation 489

Vorläufer vor, der weit über die IAEA-Erfahrungen zur verfahrens mäßiger Sicherung der nuklearen Nichtverbreitung hinaus direkte Aufgaben der abrüstungspolitischen Zusammenarbeit bei der Durchführung eines umfassenden Verbots einer ganzen Waffenkategorie einschließlich der Vernichtung bestehender Arsenale ausführt. c) Weltraumforschungsagentur

Die frühen Vorschläge zur Schaffung einer Weltraumforschungsagentur hatten bereits sicherheitspolitischen Hintergrund, in dem sie mit der vorgeschlagenen Institutionalisierung der friedlichen internationalen Weltraumforschung die Hoffnung verbanden, dass dadurch einseitige militärische Bestrebungen im Weltraum unterbunden werden könnten. So machte der US-Senator von Wisconsin, Wiley,254 am 24. 12. 1957 den Vorschlag, eine internationale Weltraumforschungsagentur einzurichten, welche die ausschließlich friedliche Nutzung des Weltraums sicherstellen sollte. McDougal/Lipson 255 bemerken dazu, dass diese Überlegungen den vom sowjetischen Außenminister Gromyko wenige Monate später in den Vereinten Nationen unterbreiteten Vorschlag beeinflusst hätten, ohne dass sich dieser allerdings darauf berufen hat. Gromyko schlug am 15. 3. 1958 der zwölften VN-Generalversammlung folgenden TOP vor: "The banning of the use of cosmic space for military purposes, the elimination of foreign bases on the territories of other countries, and international cooperation in the study of cosmic space. ,,256

Die im sowjetischen Entwurf vorgesehene Verknüpfung des Verbots militärischer Weltraumaktivitäten mit der Problematik der ausländischen Militärstützpunkte machte diesen jedoch auf Grund der unakzeptablen strategischen Implikationen für die USA und die europäischen Verbündeten unglaubwürdig?57 Die Chance, die mit dem Internationalen Geophysikalischen Jahr 1958 begonnene internationale Zusammenarbeit bei der friedlichen Erforschung des Weltraums zu institutionalisieren, wurde im sich zuspitzenden Kalten Krieg der beginnenden sechziger Jahre für längere Zeit vertan.

254 Wiley, Challenges Old and New in the Space Age: The Need for an International Space Organization, address prepared for delivery at Georgetown University, Washington, D. C., 24. 2. 1958; zitiert nach McDougal/Lipson, Fn. 244 S. 413. 255 McDougal/Lipson, Fn. 244 S. 413. 256 lessuplTaubenfeld, Fn. 239 S. 254 stellen ebenfalls eine "remarkable similarity between the Soviet program and proposals made by Senator Wiley on December 24, 1957" fest. 257 s. o. Kapitel B. I. 1. a) Fn. 36.

490

E. Vorschläge zur Konkretisiemng des Gebots de lege ferenda d) Umfassende Weltraumbehärde

Die Vorschläge zur Schaffung einer umfassenden Weltraumbehörde stellen insbesondere auf die Notwendigkeit einer gesamtheitlichen Regelung der unterschiedlichen Nutzungsbereiche ab, die gleichermaßen ein- und demselben weltraumvertraglichen Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums im Interesse aller Staaten und der Menschheit als Ganzes unterliegen. Wesentliches Begründungselement für einen umfassenden Institutionalisierungsansatz sind auch die Vorteile aus den erhofften Synergieeffekten. Wilfried Jenks 258 hat wiederum ausgehend von dem Gemeinschaftsstatus des Weltraums und seiner Ressourcen als "world public services" die Notwendigkeit einer institutionellen Struktur als Voraussetzung seiner effektiven Nutzung betont. "An effective law of public world services presupposes more than the renunciation of sovereignty in space and the dedication of space for the benefit of all mankind. It presupposes an organized world community taking a major collective responsibility for developments in space." [Hervorhebung von mir]

Zur Vermeidung einer Duplizierung mit bestehenden globalen und regionalen Institutionen vor allem der zivilen Weltraumnutzung wird entweder die Begrenzung der zu schaffenden umfassenden Organisation auf Koordinierungsaufgaben oder die Überführung dieser Organisationen in die neue umfassendere Weltraumorganisation vorgeschlagen. Die seinerzeitige Vorsitzende des Institute 01 International Space Law der International Astronautical Federation, Isabella Diederiks-Verschoor, 259 und der polnische Weltraumrechtswissenschaftler Andrzej G6rbiet2 60 stellten besonders die Notwendigkeit der Koordinierung, welche eine Weltraumorganisation übernehmen sollte, heraus. So betonte Diederiks-Verschoor: 261 "As outer space activities are growing in number and applications are getting many sided, there is a need for new mies and a co-ordinating institution coping with these new situations in outer space."

Horslord262 hält es zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums im Interesse aller Staaten für erforderlich, dass eine Weltraumorgani258 Jenks, Seven Stages in the Development of Space Law, Proc. 11 th Colloq. Space Law (1969) S. 260. 259 Diederiks-Verschoor, Observation on the International Civil Aviation Organization and an International Space Agency, in Proc. 20th Colloq. Space Law (1978) S. 15. 260 G6rbiel, International Organizations and Outer Space Activities (1984) S. 109: " ... the most advisable is to set up a universal international organization or agency aimed at general co-ordination and harmonization, on a world-wide sc ale, of the States' co-operation in all the areas of the space activities." 261 Diederiks-Verschoor, Fn. 259 S. 15.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 491

sation anders als die Internationale Luftfahrtagentur ICAO auch über echte Durchsetzungskompetenzen verfügen sollte "intervening where necessary to police infringements of space law and its own regulations, with powers to do so, vested in a formal Council and Secretariat".

In der frühen Staatenpraxis verfolgten vor allem die blockfreien Staaten das Ziel der Schaffung einer Weltraumorganisation. Auf ihrem Gipfel in Belgrad 1961 sprachen sich die Staats- und Regierungschefs der blockfreien Bewegung263 dafür aus, eine internationale Organisation zur Förderung der friedlichen Zusammenarbeit im Weltraum zu schaffen. 1966 legte die Vereinigte Arabische Republik264 im COPUOS-Unterausschuss für Rechtsfragen einen entsprechenden Vorschlag vor. 1967 erläuterten die Vereinigte Arabische Republik, Österreich und Iran in einem gemeinsamen Papier in COPUOS ihre Überlegungen zur Errichtung einer Weltraumorganisation. lran 265 schlug die Schaffung eines "executive body on the lines of the International Atomic Energy Agency" vor. Vor dem Hintergrund des französischen Vorschlags für die Einrichtung einer ISMA und der beginnenden Pläne für eine aktive militärische Nutzung des Weltraums erneuerten eine Reihe ungebundener Staaten Anfang der achtziger Jahre ihre Vorschläge für eine umfassende Weltraumorganisation. Chile 266 stellte seinen Vorschlag ausdrücklich in den Zusammenhang, "to prevent it fouter space] from becoming militarized. " Dem folgte 1985 als Ergänzung der sowjetischen Vertragsentwürfe für ein Verbot von Weltraumwaffen von 1981 und 1983267 ein breit angelegter Vorschlag der UdSSR 268 für die Schaffung einer World Space Organization, die durch umfassende institutionelle Zusammenarbeit die friedliche Nut262 Horsford, Is I.c.A.O. the Model for an International Space Agency?, Proc. 38 th Colloq. Space Law (1996) S. 203. 263 Zitiert nach Ogunbanwo, International Law and Outer Space Activities (1975) S.205. 264 UNDoc. A/ AC.105/C.2/L.15. 265 UNDoc. A/ AC.105/C.l /SR.45 S. 8; GorounialBahrami, Outer Space Treaty in 21 st Century. A Change of Concept, Proc. 40th Colloq. Space Law (1998) S. 307 bekräftigen den Vorschlag für eine World Space Agency unter der Ägide der Vereinten Nationen. 266 UNDoc. A/AC.105/C.2/SR.362 S. 3; s. weitere Vorschläge von Grenada, UN Doc. A/SPC/33/L.20; A/SPC/33/PV.36; A/SPC/SR.47 ; Bangladesch A/SPC/33/ SR. 20N Doc. A/SPC/33/SR. 20 S. 19; Pakistan UN Doc. A/SPC/33/SR. 20 S. 9; s. G6rbiel, Fn. 260 S. 109 u. Ogunbanwo, Fn. 263 S. 205. 267 s. o. Kapitel E. I .1. a) aa) Fn. 13 u. 18. 268 Abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 9 S. 134; der Vorschlag wurde publizistisch von der sowjetischen Völkerrechtslehre unterstützt, s. Kamenetskaya, Perspectives of Improvement of Mechanism of International Cooperation in the Peaceful Exploration and Use of Outer Space, Proc. 30th Colloq. Space Law (1988) S. 44;

492

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

zung des Weltraums gewährleisten sollte. Er fand neben dem für die USA unakzeptablen Zusammenhang mit den gegen SDI gerichteten Verbotsentwürfen auch wegen des überbordenden Organisationsaufwandes keine nachhaltige Unterstützung außerhalb der Gruppe der sozialistischen und der ungebundenen Staaten und wird im Nachhinein auch von russischen Weltraumrechtlern kritisch beurteilt. 269 1994 sprach sich die "First Asia Pacific Conference on Multilateral Cooperation in Space Technology and Applications ,,270 in Bangkok für die Schaffung einer internationalen Weltraumorganisation aus, die globale Regeln der Sicherheit und "good practices" im Weltraum errichten und Aufgaben von INMARSAT, INTELSAT und der ITU im Bereich der Verteilung von Radiofrequenzen und Orbitalpositionen übernehmen sollte. Durch die Zusammenführung von deren Aufgaben zu einem gemeinsamen Dienst würden Kosten eingespart. Im Schrifttum271 ist in jüngerer Zeit wieder ein stärkeres Interesse an den Überlegungen zur Schaffung einer Weltraumorganisation festzustellen. Mondies., On the Way to a WSO, AASL 12 (1987) S. 337; Postyshev, The Common Heritage of Mankind. From New thinking to New Practice (1993) S. 104. 269 Gorove!Kamenetskaya, Tensions in the Development of the Law of Outer Space, in DamroschlDanilenkolMüllerson (Hrsg.), Beyond Confrontation. International Law for the Post-Cold War Era (1995) S. 242. 270 Zitiert nach Horsford, Fn. 262 S. 202. 271 Ausführlich Doyle, Civil Space Systems: Implications for International Security (1993) S. 171; GorounialBahrami, Fn. 265 S. 307; Emmanouel, Space Policy: Great Power's Business or Everyone's?, Proc. 28 1h Colloq. Space Law (1986) S. 13; Moore, COMEUPS: Conditions Essential for Maintenance of Outer Space for Peaceful Uses, Proc. Colloq. Space Law (1985) S. 347; Yakovenko, World Space Organization: pro et contra, in Proc. of the 3rd Colloq. on International Organisations and Space Law: Their Role and Contributions, Perugia 6-7 May 1999 (ESA SP-422 Juni 1999) S. 374; Salin, Satellite Communications Regulations in the Early 21 si Century. Changes for a New Era (2000) S. 443; Saint Lager, Fn. 108 S. 163; Sloup, Fn. 109 S. 339; Courteix, Towards a World Space Organization?, in Lafferranderie! Crowther (Hrsg.), Outlook on Space Law over the Next 30 Years. Essays published for the Anniversary of the Outer Space Treaty (1997) S. 423; Galloway, E.: Guidelines for the Review and Formulation of Outer Space Treaties, Proc. 41 si Colloq. Space Law (1999) S. 249; DeSausssure, The New Era in Outer Space, Akron Law Review 13 (1980) S. 600 sprach sich mit Blick auf den Beginn der Shuttle-Ära bemannter Raumflüge für die Schaffung einer internationalen Regulierungsbehörde aus: "the first shuttle orbiter ... will hasten the need for some international agency to set standards for manned spacecraft, certify the competence of space crews, propose rules to regulate space traffic, and provide a clearing house for the exchange of information on manned space flight. "; für internationale Organisation auch Stocker, Das Prinzip des Common Heritage of Mankind als Ausdruck des Staatengemeinschaftsinteresses, Schweizer Studien zum Internationalen Recht (1993) S. 173; Monserrat Filho, About the Legal Definition of International Cooperation in the Exploration and Use of Outer Space, Proc. 35 1h Colloq. Space Law (1993) S. 358.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 493

serrat Filh0 272 hält ohne die Schaffung einer WSO die effektive Umsetzung des Kooperationsgebots im Weltraum nicht für möglich. Ähnlich sieht das Mitglied der Greek Astronautical Society und Barrister by the Supreme Court of Greece, Emmanouel,273 das Allgemeininteresse der internationalen Gemeinschaft an "mankind's common space effort" nur auf einer unabhängigen institutionellen Grundlage gewährleistet und hebt die von deren Schaffung ausgehende "contribution to the idea of world peace" hervor. Ribbelink und Tuinde?74 sehen auf Grund der wachsenden Zahl von Weltraumakteuren und widerstreitender öffentlicher und privater Interessen zur Vermeidung einer Paralyse des Rechtssetzungsprozesses für den Weltraum die Notwendigkeit einer diese Funktion übernehmenden World Space Organisation.

Auch mit Blick auf die Bewahrung der Umwelt im Weltraum wird zunehmend die Notwendigkeit der Schaffung einer Regulierungs- oder zumindest Koordinierungsbehörde gesehen. 275 Dabei wird daran angeknüpft, dass als Konsequenz aus den zum Schutz der Allgemeinwohlinteressen der internationalen Gemeinschaft entwickelten Allgemeinwohlrechten verstärkt die Anerkennung einer legislativen Kompetenz spezialisierter internationaler Organisationen für notwendig erachtet wird. 276 Das Mitglied der russischen Akademie der Wissenschaften, Alexander Yakovenko,277 greift in einem Beitrag auf dem von der ESA und dem European Center for Space Law organisierten Colloquium über "International Organisations and Space 272 Monserrat Filho, Fn. 271 S. 358; ebenso bereits Hailbronner, Principles of New International Law and the Emerging Space Law, Proc. 17 th Colloq. Space Law (1975) S. 125: "It is indispensable, therefore, that appropriate organizational structures are created that are not based on the strict notion of state sovereignty but on a more positive approach to the immense benefits that all states and particularly the deve10ping States can derive from future space activities." 273 Emmanouel, Fn. 271 S. 15. 274 RibbelinklTuinder, State Sovereignty and Participation in Law-Making for Outer Space, Proc. 33 rd Collq. Space Law (1991) S. 341. 275 Frantzen, Umweltbelastungen durch Weltraumaktivitäten, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 597; Williamson, Protection of the Space Environment under the Outer Space Treaty, Proc. 40 th Colloq. Space Law (1998) S. 296; Reibei, Environmental Law Aspects of Maintaining Outer Space for Peaceful Purposes, Proc. 31 st Colloq. Space Law (1989) S. 67; Tan, Towards a New Regime for the Protecti on of Outer Space as the "Province of All Mankind", Yale Journal of International Law 25 (2000) S. 145. 276 Riedei, International Environmental Law - A Law to Serve the Public Interest? - An Analysis of the Scope of the Binding Effect of Basic Principles (Public Interest Norms), in Delbrück (Hrsg.), New Trends in International Lawmaking International "Legislation" in the Public Interest (1997) S. 91; Beyerlin, State Community Interests and Institution-Building in International Environmental Law, ZaöRV 56 (1996) S. 603. 277 Yakovenko, Fn. 271 S. 374.

494

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Law" 1999 in Perugia den sowjetischen WSO-Vorschlag wieder auf und spricht sich für dessen Abmilderung im Sinne einer WSO "with limited purposes" aus. Diese solle neben der Förderung internationaler Zusammenarbeit bei großen Weltraumvorhaben der Menschheit wie einer Marsrnission und der Regelung des Technologietransfers insbesondere die Aufgaben von "coordinating environmental monitoring by satellites" und im Sicherheitsbereich alle Fragen im Zusammenhang mit den "dual use"-Fähigkeiten der Weltraumtechnologie übernehmen. Mit der Globalisierung, der weltweiten Informationsverbreitung und der Herausbildung eines "Global village" sei nunmehr die Zeit für ein gemeinsames, institutionell unterstütztes Vorgehen der Menschheit im Weltraum gekommen. 278 Auch Salin 279 hält vor allem zur Koordinierung der zahlreichen Weltraumaktivitäten eine "World Space Organization" mit einer flexiblen Struktur gestützt auf eine "Global Space Activities Regulation" für erforderlich und begründet an Hand u. a. der [TU, dass hinsichtlich der kommerziellen Tätigkeiten kein Gegensatz zwischen "competition" und institutioneller .. cooperation" bestehe. Simone Courteix280 knüpft in einem Beitrag von 1997 anlässlich des dreißigjährigen Bestehens des Weltraumvertrages an die Vorschläge des CNRS-Berichts 281 an und begründet ihr nachdrückliches Plädoyer für eine vom Aufgabenbereich her weitreichende, von der Struktur her aber schlanke Weltraumorganisation zum Einen mit den enormen Chancen und Synergiewirkungen für die friedliche Zusammenarbeit zum Nutzen der Menschheit und zum Anderen mit dem angesichts der Unmöglichkeit der Trennung ziviler und militärischer Technologien dringenden Bedürfnis einer institutionellen Sicherung der friedlichen Nutzung im Sicherheitsbereich. Sie schlägt vor, "that a political drive, at the highest level, should be given to mobilize states to this initiative, possibly taking the form of a solemn statement by heads of states setting out objectives and prospects for the long term."

Auch Eilene Gallowal82 schlägt als ein Thema für eine Überprüfung der Weltraumverträge im Rahmen des entsprechenden Tagesordnungspunktes von COPUOS als Prüfungspunkt die "creation of new international institutions, including a world space agency" vor.

Yakovenko, Fn. 271 S. 372. Salin, Fn. 271 S. 443 f.: "One can only be in agreement with the need to create such a world agency or organization. The whole argument that we have developed in this thesis demonstrates that the very fast development of commercial activities militates in favour of ,doing something' in order to channel the coming flood of new activities." 280 Courteix, Fn. 271 in LafferranderieiCrowther (Hrsg.) S. 423. 281 s. o. Kapitel E. III. I. 2. Fn. 249. 282 Galloway, Fn. 271 S. 249. 278

279

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 495 e) Internationale Satelliten-Monitoring- und Verifikationsagenturen

Im Sicherheitsbereich konzentrierten sich die zahlreichen Vorschläge einer institutionellen Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums auf die Errichtung von multilateralen Satellitenagenturen zu Monitoring- und Verifikationszwecken. 283 aa) Monitoring- und Verifikationsagenturen (J) International Satellite Monitoring Agency (ISMA)

Bereits 1957 schlug Myers S. McDougaP84 insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums die Einrichtung einer internationalen Satellitenagentur vor, bei der jeder Startstaat einen Satellitenstart anmelden und die Bereitschaft zur Unterwerfung unter eine internationale Inspektion erklären sollte, um sicherzustellen, dass die Ausrüstung des Satelliten den Angaben bei der Registrierung des Fluges entspräche. 1958 ergänzte er den Vorschlag dahingehend, dass die über entsprechende Weltraumtechnologie verfügenden Staaten Satelliten im Namen oder als "trustee" der Vereinten Nationen, die dazu eine besondere Agentur gründen sollten, entsenden. Die Satelliten sollten internationale Aufgaben, die von den Vereinten Nationen festgelegt würden, ausführen, darunter insbesondere die Überwachung der friedlichen Verwendung. 285 Vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen technologischen Fortschritte in der Satellitenfernerkundung und -aufklärung konkretisierten Bruce Murray und Merton Daviei 86 1972 die allgemeine Idee der internationalen Überwachung aus dem Weltraum unter Ägide der Vereinten Nationen erstmals in Bezug auf den Einsatz für Zwecke der Abrüstung und Krisenprävention mit detaillierten technischen Vorschlägen für deren Realisierung. Im selben Sinn schlug Jasani 287 im SIPRI-Jahrbuch von 1973 vor, die Satellitenfernerkundung für Zwecke der Rüstungskontrollverifikation einzusetzen. 283 Zur umfangreichen rüstungskontrollpolitischen Literatur s. Dom, The Case for a United Nations Verification Agency. Disarmament under Effective International Control, Canadian Institute for International Peace and Security, Working Paper 26, (1990) und Gmelch, Fn. 176 S. 232 ff. 284 McDougal, "Artifical Satellites: A Modest Proposal, AJIL 51 (1957) S. 77. 285 McDougal/Lipson, Fn. 244 S. 431; ähnlich, wenn auch in sehr allgemeiner Form die Überlegungen von Jessup/Taubenjeld, Fn. 239 S. 224: " .. . the hopeful note that space instrumentalities themselves might be used for international inspection as part of a system for safeguarding peace ... In other words, this might be a matter which could be handled on a shared international basis rather than restricted to national control for reasons of national defense.". 286 Davies/Murray, Space observations, disarrnament and the United Nations, Astronautics and Aeronautics (Sept. 1972) S. 60.

496

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Darauf aufbauend richteten Abram Chayes, William Epstein und Theodore Tay101}.88 auf der 26. Pugwash Conference on Science and World Affairs 1976 einen eindringlichen Appell an die Weltraummächte, die Möglichkeiten der Datengewinnung aus dem Weltraum zur Förderung des internationalen Vertrauens und der internationalen Sicherheit allen Staaten zugänglich zu machen. Sie sahen darin einen Schlüssel zu Rüstungskontrolle und Abrüstung: "The key to arms control and disarmament is openness of information about military activities. Knowledge removes fear and suspicion and creates confidence ... We think it would create a climate of confidence that would contribute to international peace and security if the information from satellite surveillance of military activities was published and universally available to all countries.,,289

Zu diesem Zweck sollte ein Konsortium von zwölf Nicht-Nuklearstaaten aus allen Weltregionen gebildet werden, das ein den Vereinten Nationen berichtendes "satellite system for the surveillance of the military activities of all countries" einrichten sollte. Als mögliche europäische Mitglieder wurden Deutschland, Schweden, Jugoslawien und Polen vorgeschlagen?90 Diese Vorschläge bildeten den Hintergrund für die Initiative Frankreichs in den Vereinten Nationen im Jahre 1978 anlässlich der ersten Sondersitzung der Generalversammlung zu Abrüstungsfragen, das in einem Memorandum291 einen detaillierten Vorschlag für die Errichtung einer inter287

S.73.

Jasani, World Armaments and Disarmament, SIPRI Yearbook 1973 (1973)

288 Chayes/Epstein/Taylor, A Surveillance Satellite for all, Bulletin of Atomic Scientists (1977) S. 7; s. auch Jakhu/Trecroce, International Satellite Monitoring for Disarmament and Development, AASL V (1980) S. 513, wonach die 34. Pugwash Konferenz 1980 vom 14.-18. 4. 1980 einen Vorschlag für "An International Agency for the Use of Satellite Observation Data for Security Purposes" beschloss. Diese sollte folgende Aufgaben übernehmen: "a) Reassurance and confidence-building as an inducement to enter into agreements b) Verification of compliance with international agreements c) Surveillance as a deterrent to violation of agreements d) Conflict anticipation for preventive diplomacy e) Early waming of preparation for possible attack f) Evidence of aggression (border violations, etc.) for adjudication." 289 Chayes/Epstein/Taylor, Fn. 288 S. 7. 290 Chayes/Epstein/Taylor, Fn. 288 S. 7. 291 UN Doc. A/S-lO/AC.117 vom 1. 6. 1978, s. o. Fn. 35; s. dazu Courteix, Les "satellites Bleus" au Service de la Paix et du Desarmement, GYIL 24 (1981) S. 224; Dupuy, R. J.: Les structures et le role d'une agence internationale de satellites de contröle, AASL 6 (1981) S. 333; Jakhu/Trecroce, Fn. 288 S. 509; Almond, The French Proposal for an International Satellite Monitoring Agency, Proc. 25 th Colloq. Space Law (1983) S. 171 erläutert die seinerzeitigen US-Bedenken gegen den Vorschlag; s. Wortlaut der US-Antworten auf die Fragen des VN-Generalsekretariats zum französischen Vorschlag im dortigen Anhang I, S. 179; ausführliche rüstungs-

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 497

nationalen Satellitenagentur (International Satellite Monitoring Agency ISMA) in drei Phasen vorlegte. Die internationale Organisation sollte als Sonderorganisation der Vereinten Nationen im Sicherheitsbereich weitreichende Aufgaben des Monitoring und der Verifikation bestehender und künftiger Rüstungskontrollverträge durch die Nutzung der Satellitenfernerkundung einschließlich einer Schiedskommission zur Streitbeilegung erhalten. Ausdrückliches Ziel der Initiative war es, dass "dans le cadre des efforts de desarmement ... cette nouvelle methode de contröle soit mise au service de la communaute internationale,,?92

In der ersten Phase würde die Agentur nur über ein Datenverarbeitungszentrum verfügen, in der zweiten Phase käme ein Netz von Empfangerstationen hinzu. Erst in der dritten Phase würde ISMA eigene Beobachtungssatelliten erhalten. Der Vorschlag wurde in zwei Gutachten des VN-Generalsekretariats 293 positiv bewertet und erhielt breite Unterstützung in der VN-Generalversammlung?94 Jedoch lehnten ihn die USA 295 aus sicherheitspolitischen und institutionellen Gründen entschieden ab. Insbesondere die sicherheitspolitischen Einwände beruhten eindeutig auf der vom OstWest-Gegensatz bestimmten mangelnden Vertrauensbasis der Großmächte untereinander. 296 Ein völkerrechtlicher Haupteinwand war, dass die vorgeschlagene Institution keine auf die Umsetzung eines spezifischen Vertrages bezogene Verifikationsaufgaben hätte. Die "treaty specificity" wurde jedoch als unabdingbares Element der Schaffung multilateraler Verifikation angesehen. 297 Ein weiterer Haupteinwand, der auch von anderen Industrieländern kontrollpolitische Bewertung des französischen Vorschlags bei Gmelch, Fn. 176 S. 232 ff.; Feigl, Satellitenaufklärung als Mittel der Rüstungskontrolle. Entwicklungsstand und Einsatzmöglichkeiten, EA 34 (1979) S. 535; Feigl/Heisenberg/ Krause, Arbeitspapier: Zum französischen Vorschlag der Errichtung einer Weltagentur für Kontrollsatelliten im Rahmen der Vereinten Nationen, SWP (1979); ausführlich auch Doyle, Fn. 271 S. 171; Agrawala, Fn. 52 S. 516. 292 Fn.29l. 293 UNDoe. A/AC.296/14; Matte, Fn. 247 S. 333 zitiert außerdem eine im Auftrag des kanadischen Außenministeriums erstellte, unveröffentlichte Studie des Centre for Air and Space Law der McGill University unter dem Titel "Enforcement and Verification of Arms Control Treaties in Outer Space" von 1984 mit einem ähnlichen Vorschlag. 294 GV-Res. 33/71/J v. 12. 12. 1978 (Stimmergebnis: 121-0-18) und 34/83/E v. 14. 12. 1979 (124-0-11); s. ausführlich zur Reaktion der VN-Mitglieder Courteix, Fn. 291 S. 226 ff. und Jakhu/Trecroce, Fn. 288 S. 514. 295 UN Doc. A/34/374 v. 27. 8. 1979, s. ausführliche Bewertung der US-Argumente bei Gmelch, Fn. 176 S. 239 u. Almond, Fn. 291 S. 171. 296 Ein Argument lautete, dass ein Technologietransfer von so hoch sensiblen Technologien wie jene, die für hochauflösende PHOTINT-Satelliten notwendig sind, an die Sowjetunion und andere Staaten nicht wünschenswert sei; s. UN Doc. A/34/374 v. 27. 8. 1979 und Gmelch, Fn. 176 S. 240. 32 Walter

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

geteilt wurde, waren die zu hohen Kosten. Die UdSSR äußerten sich zunächst gar nicht,298 legten aber später ähnliche Vorschläge VOr. 299

Frankreich kam erst 1988 auf seinen Vorschlag zurück und reduzierte ihn auf die Schaffung eines lediglich zur Datenverwertung zuständigen multilateralen Zentrums. Außenminister Dumas 300 schlug der Generalversammlung der Vereinten Nationen "initially the constitution, within the United Nations, of an agency for the processing and interpretation of images obtained from space" vor.

Angesichts der weiterhin fehlenden Bereitschaft der militärischen Hauptweltraummacht, daran mitzuwirken, konzentrierten sich die Überlegungen zu Beginn der neunziger Jahre darauf, zunächst durch regionale Satellitenzentren (RSMA) die Grundlage für ein späteres universelles System zu schaffen. Vor dem Hintergrund neuer Verifikationserfordernisse auf Grund des im November 1990 unterzeichneten KSE-Vertrages 301 gründeten die WEU-Mitgliedstaaten302 im Juni 1991 ein regionales Satellitenzentrum mit Sitz in Torrejon bei Madrid. Dieses heute als eine eigenständige Agentur in die EU überführte Zentrum führt die im ursprünglichen französischen Vorschlag vorgesehenen Aufgaben der Verifikation im Sicherheitsbereich aus. Dem ursprünglichen Stufenplan entsprechend hat das Zentrum mit der Ausbildung von Experten zur Auswertung von Satellitenbildern für Verifikationszwecke begonnen. Außerdem beschloss der WEU-Ministerrat, eine Machbarkeitsstudie über die Schaffung eines europäischen Verifikationssatelliten in Auftrag zu gegeben?03 Gemäß dem "Concept Paper for the WEU Satellite Centre ,,304 umfasst der allgemeine Auftrag des Zentrums auch "treaty verification, arms control and proliferation control". Das Zen297 So Prinzip 13 der VN-Studie, Fn. 69 S. 32 Para. 68; Oudraat, International Organizations and Verification, in Sur (Hrsg.), Verification of Disarmament or Limitation of Armaments: Instruments, Negotiations, Proposals (UNIDIR 1992) S. 234. 298 Courteix, Fn. 291 S. 228. 299 s. u. Kapitel E. III. 1. 5. a) bb) Fn. 311. 300 Address by His Excellency Roland Dumas, Minister of Foreign Affairs, at the Fifteenth Special Session of the United Nations General Assembly, 2. 6. 1988. Frankreich spezifizierte den Vorschlag in der CD: CD/937; CD/OS/WP.35 v. 21. 7. 1989 und CD/OS/WP.40 v. 1. 8. 1989. 301 Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa v. 18. 11. 1991; abgedruckt in Fahl, Fn. 132 Nr. 18. 302 WEU-Ministerrats-Kommunique v. 27. 6. 1991; s. auch die Arbeit unter der Ägide der Parlamentarischen Versammlung der WEU, Observation Satellites - a European Means of Verifying Disarmament, Symposium, Rom 27./28. 3. 1990 und die vom schwedischen Defense Research Establishment unternommene Tellus-Studie: A Multinational Verification Satellite? A Preliminary Study (März 1987). 303 WEU -Ministerrats-Kommunique v. 18. 11. 1991. 304 CM (97) 7 rev V.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 499

trum hat bereits entsprechende Aufgaben unter Rückgriff auf Satelliten der ESA und andere kommerzielle Satelliten wahrgenommen. 305 Es könnte in ein umfassenderes, auch Navigationssatelliten einschließendes europäisches Satellitensystem mit vielfältigen Fernerkundungsaufgaben einmünden, die auch Verifikations- und Frühwarnfunktionen übernehmen könnten. Sollten auch andere Regionen - konkrete Pläne dafür bestehen in Lateinamerika und in Asien 306 - ein RMSA entwickeln, könnten diese eine Grundlage für die Errichtung einer universellen ISMA bilden?07 Hashimoto 308 sieht zu Recht die erfolgreiche Arbeit des WEU-Satellitenzentrums insbesondere auch bei der Vertragsverifikation als Grund, erneut die Errichtung einer globalen ISMA anzugehen. In der CD haben sich eine Reihe von Deiegationen 309 im Zusammenhang mit dem TOP Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum mehrfach für eine erneute Prüfung des französischen Vorschlags ausgesprochen. Auch auf der bislang letzten Sitzung des PAROS-Ad-hoc-Ausschusses der CD im Jahre 1994 haben mehrere Delegationen, darunter DeutschLand, angeregt, dem ursprünglichen französischen Vorschlag erneut näher zu treten. Im letzten Abschlussbericht3\O des PAROS-Ausschusses heißt es dazu: "Germany and Algeria feit that the time was right to put into practice the concrete proposals made by France, the former USSR, and Canada, with regard to the setting up of international agencies under the auspices of the UN, entrusting them with monitoring functions in outer space."

(2) InternationaL Space Monitoring Agency

Einen vom Aufgabenbereich her breiteren Ansatz verfolgte der auf der Dritten Sondersitzung der VN-Generalversammlung zu Abrüstungsfragen 305 Hashimoto, Multilateral Verifiction Organizations - Case of WEU Satellite Centre, in Proc. 38th Colloq. Space Law (1996) S. 264. 306 Montserrat Filho, Fn. 52 S. 358; Jasani, Fn. 185 in BenkölKröll (Hrsg.), Liber amicorum Böckstiegel, S. 346; Hashimoto, Fn. 305 S. 264. 307 Jasani, ISMA - will it ever happen?, Space Policy (1992) S. 15: "There is no doubt that to begin with it might be better to establish a number of RSMAs so that the international community could get used to the idea of being watched from space and that the resulting data could be shared with a number of countries. " 308 Hashimoto, Fn. 305 S. 264; für eine solche universelle Agentur unter VNÄgide auch Ekblad, Fn. 197 S. 352; Kries, Fn. 197 S. 378 tritt für einen "European Security Satellite (EUSECSAT)" ein. 309 Statement submitted by the Federal Republic ojGermany, CD/PV 318 v. 4. 7. 1985 S. 16; CD/PV 402 S. 11 (Polen); CD 404 S. 11; s.o. Fn. 73; (Sri Lanka); CD/PV 460 S. 15 (Pakistan); CD/PV 426 v. 3. 7. 1987 S. 12 (Australien); CD/PV 516 S. 19 (Schweden). 310 CD/1271 v. 24. 8. 1994 S. 6. 32*

500

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

1988 unterbreitete sowjetische Vorschlag zur Schaffung einer International Spaee Monitoring Ageney.3lI Die Monitoring- und Verifikationsaufgaben sollten ein breites Spektrum von Rüstungskontrollverträgen nicht nur bezüglich des Weltraums und des nuklearen Bereichs, sondern auch auf konventionellem Gebiet (KSE-Vertrag) und mit Blick auf ein künftiges CW-Abkommen sowie vertrauensbildende Maßnahmen umfassen. Außerdem sollte die Organisation auch Aufgaben der Fernerkundung zur Vorhersage von Natur- und anderer Katastrophen übernehmen. Von der vorgesehenen Struktur als VN-Sonderorganisation her ist er dagegen dem französischen Vorschlag vergleichbar. Anders als dieser spezifizierte der Vorschlag allerdings die Besetzung des als Teil des Sekretariats vorgeschlagenen Spaee Image Proeessing and Interpretation Centre in der Weise, dass ihm nur Experten der Staaten angehören sollten, die der Organisation ihre Kapazitäten der Satellitenfernerkundung zur Verfügung stellen. bb) Reine Verifikationsagenturen

(1) International Spaee Inspeetorate 1987 und 1988 schlug die UdSSR 312 in der CD die Einrichtung eines International Spaee Inspeetorate (ISI) zur ausschließlichen Verifikation eines Weltraumwaffenverbotes vor. Dieses sollte Vor-Ort-Inspektionen von Raketenabschussanlagen durch ein ständiges internationales Inspektionsteam durchführen. Außenminister Shewardnadse erklärte die Bereitschaft der UdSSR, diese im Falle eines vollständigen Verbots von Weltraumwaffen auf "storage facilities, industrial plants, laboratories, testing eentres, ete." auszudehnen. 313 Ein Hauptzweck des ISI sollte die Verifikation von nicht deklarierten Weltraumstarts sein. Dazu sollte jede Vertragspartei einen Anspruch haben, Erläuterungen über jeden Start zu erhalten und im Falle fortbestehender Verdachtsmomente das Recht, eine Verdachtsinspektion durch das Inspektorenteam des ISI zu verlangen. 314

311

A/S-15/34, S. 5, s. die Beschreibung und ein vergleichendes Diagramm bei

Alves, Fn. 3 S. 121 u. 137.

312 CD/385 S.22 und CD/PV 428 v. 6. 8. 1987 S. 9 sowie Letter Transmitting the Text of a Document entitled "Establishment of an International System of Verification of the Non-Deployment of Weapons of any Kind in Outer Space", CD/817 v. 17. 3. 1988. 3I3 CD/PV 428, Fn. 312 S. 10. 314 CD/PV 817, S. 6.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 501

(2) PAXSAT A und B und International Space Data Centre Kanada, das in Fragen der Rüstungskontrolle im Weltraum und der Verifikation in der CD und den VN seit langem eine führende Rolle einnimmt, unterbreitete 1986 nach eingehenden Forschungen einen weithin begrüßten Vorschlag zur Schaffung internationaler Verifikationssatelliten unter dem Namen PAXSAT AlB und einem International Space Data Centre. 315 Während PAXSAT B für die "space-to-ground" Verifikation regionaler konventioneller Rüstungskontrollverträge eingesetzt werden sollte, sah das PAXSAT A-Konzept die Schaffung von "space-to-space" Verifikationssatelliten vor, die vertragsspezifisch unmittelbar die Einhaltung eines auszuhandelnden multilateralen Abkommens über ein Verbot von Weltraumwaffen überwachen sollten. Dabei wurden zwei Optionen untersucht: Nach der einen sollte ein PAXSAT-Satellit nur zum Zweck einer gezielten Verifikationsaufgabe in den Weltraum gestartet werden, während die andere Variante eine dauernde stationäre Parkposition des Satelliten im Weltraum vorsah, was dem Satelliten ermöglichen würde "to co-orbit and keep station with the target over a reasonably lengthy period oftime".316 Nach beiden Varianten sollte es keine dauernde Weltraumüberwachung, sondern quasi eine Inspektion "on challenge " geben, die von einer Treaty Specific Consultative Authority jeweils im Einzelfall beschlossen werden sollte. 317 Dieser würde ein Data Acquisition and Processing Centre zugeordnet, welches die vertraulichen Satellitendaten auswerten würde. Alves318 stellt bewertend fest, dass sich die Vorschläge Frankreichs, Kanadas und der UdSSR ergänzen und in der Zielsetzung und den Aufgabenbeschreibungen übereinstimmen, so dass darauf aufbauend ein zusammenführender Vorschlag entwickelt werden könnte. (3) UN Verification Monitoring Authority

Die Überlegung, eine globale internationale Abrüstungsorganisation mit umfassenden Verifikationsaufgaben unter der Ägide der Vereinten Nationen einzurichten, wurde von den bei den Weltraummächten im Rahmen ihrer Vorschläge für eine vollständige und umfassende Abrüstung Anfang der sechziger Jahre erstmals in der sog. US-Soviet McCloy-Zorin Erklärung unterbreitet. 319 315 CD/PV 367 v. 3. 7. 1986 S. 28 und CD/PV 410 v. 30. 4. 1987, S. 13. 316 Canada, External Affairs: PAXSAT Concept: The Application of Space-Re-

mote Sensing for Arms Control Verification (Verification Brochures No. 2; 1987) S.41. 31 7 Alves, Fn. 3 S. 125. 318 Alves, Fn. 3 S. 128.

502

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege /erenda

"The Uni ted States envisaged the establishment of an international organization to ensure that all obligations were observed during and after implementation of general and complete disarmament; inspectors of the organization would have unrestricted access to all places necessary for the purpose of effecti ve verification.,,320 In dem Maße, in dem das Ziel einer vollständigen Abrüstung in die Feme rückte und durch partielle Rüstungskontrollverträge ersetzt wurde, nahm auch das Interesse an der Idee einer globalen Abrüstungs- und Verifikationsorganisation ab. Stattdessen wurden vertragsspezifische Organisationen bevorzugt mit der IAEA als ein Hauptpräzedenzfall für den Bereich der Überwachung der zivilen Nutzung der Kernenergie. Durch die Möglichkeiten der Satellitenfemerkundung und konkret mit dem französischen ISMA -Vorschlag gewann die Idee einer umfassenden Verifikationsagentur wieder an Bedeutung. Möglicherweise ist die Zeit gekommen, beide Überlegungsstränge in der Weise zusammenzuführen, dass die Satellitenfemerkundung in einem ersten Schritt für die globale und zugleich vertragsspezifische Verifikation eines Weltraumabkommens als wichtigem Beitrag zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und zur nuklearen Abrüstung eingesetzt wird. cc) Völkerrechtliche Bewertung einer multilateralen Satelliten verifikation Eine Multilateralisierung der Satellitenfemerkundung für Verifikationsund Monitoringaufgaben durch die Errichtung einer ISMA ist völkerrechtlich positiv zu beurteilen. Bei einer Beratung des französischen ISMA- Vorschlags auf der 61. Sitzung der International Law Association 321 1984 in Paris haben ohne Ausnahme alle sich äußernden Mitglieder des Space Law Committee auf eine entsprechende Frage des Vorsitzenden, D. Goedhuis, den Vorschlag als wichtigen Beitrag zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum unterstützt. Es bestehen nicht nur keine völkerrechtlichen Bedenken gegen deren Zulässigkeit. Vielmehr wäre eine solche Multilateralisierung eine angemessene Umsetzung der Allgemeinwohlklausel des Artikel I WRV und der von der VN-Generalversammlung im Konsens verabschiedeten Prinzipien zur Satellitenfemerkundung von 1986?22 Grundsatz VI der Prinzipien zur Femerkundung ermutigt die Staaten ausdrücklich, durch in319 Wiedergegeben in First Annual Report 0/ the US Anns Control and Disannament Agency, 87 1h Congress 2nd Sess. (1962) S. 32. 320 Goldblat, Arms Contro\. A Guide to Negotiations and Agreements (1994)

S.323.

321 International Law Association, Report of the 61 sI Conference, Paris (1984) S. 356: Bourley S. 371; Christol, S. 371; Cocca, S. 371; Gorove, S. 372; Marcoff, S. 372; Matte, S. 372; Williams, S. 373.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 503

ternationale Verträge oder Vereinbarungen gemeinsame Fazilitäten zur Datensammlung und -auswertung einzurichten. Zwar wird der Anwendungsbereich des Prinzipienkatalogs überwiegend als auf den zivilen Bereich begrenzt angesehen, da er ausdrücklich nur "positive Ziele" (wirtschaftliche Rohstoff- und Landnutzung, Umweltschutz) nennt (Grundsatz I (a))?23 Anders als der rein nationale Einsatz der Satellitenfernerkundung zu Zwecken der Reconnaissance 324 stellt die multilaterale Satellitenfernerkundung für Abrüstungs- und Nichtverbreitungszwecke jedoch eine nicht-militärische friedliche Nutzung im Allgemeininteresse der internationalen Gemeinschaft dar,325 so dass sie als eine "positive" Tätigkeit im Sinne des Prinzipienkatalogs und deren Übertragung in eine internationale Zuständigkeit als eine verfahrensmäßige Konkretisierung der weltraumrechtlichen Menschheitsklausel des Artikel I WR V anzusehen ist. Zusätzlich lässt sich eine solche multilaterale Übertragung auf den Mondvertrag (Artikel 15 Absatz I) und das Umweltkriegsübereinkommen von 1977 (Artikel V.I) stützten, die beide den seit dem Meeresboden-Vertrag von 1971 in einer Reihe von Rüstungskontrollverträgen aufgenommenen ausdrücklichen Verweis auf die Möglichkeit enthalten, bei der Überwachung des Abkommens durch "geeignete internationale Verfahren im Rahmen der Vereinten Nationen" zu handeln, was nach jüngerer Praxis auch die Einrichtung neuer Verifikationsmechanismen umfasst. 326 Die zum Zeitpunkt der ersten Vorschläge einer Multilateralisierung der Satellitenfernerkundung noch strittige völkerrechtliche Grundsatzfrage,327 ob die Sammlung und insbesondere die Verwertung der Satellitenaufnahmen über ein fremdes Territorium mit dem Souveränitätsprinzip und der 322 Entschließung der VN-Generalversammlung vom 3. Dezember 1986 über Prinzipien zur Fernerkundung der Erde vom Weltraum, UN Res. 41/65; abgedruckt in WelckiPlatzöder, Fn. 9 S. 643. 323 Classen, Fernerkundung und Völkerrecht. Völkerrechtliche Probleme der Fernerkundung der Erde aus dem Weltraum (1987) S. 81; Stink, Satellitenfernerkundung zur Verifikation von Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträgen (1996) S. 182; Malanczuk, Erdfernerkundung, in Böckstiegel (Hrsg.), Handbuch S. 444. 324 Stink, Fn. 323 S. 134 ff. beschränkt sich in seiner Arbeit auf die Darstellung der Rechtsprobleme im Zusammenhang mit nationaler Satellitenfernerkundung zu Reconnaissance- und Veifikationszwecken. 325 Jakhu/Trecroce, Fn. 288 S. 524. 326 Oudraat, Fn. 297 in Sur (Hrsg.) S. 225: "While resort to appropriate international procedures does not exc\ude resort to an existing international organization for instance, to the investigative powers of the UN Secretary General - it has of late tended to be interpreted more along the lines of the establishment of new mechanisms through which consultations on compliance issues can take place" [Hervorhebung im Original]. 327 s. dazu die abgewogenen Ausführungen bei Courteix, Fn. 291 S. 224 und Jakhu/Trecroce, Fn. 288 S. 524.

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Gebietshoheit der erkundeten Staaten vereinbar ist, kann inzwischen auf Grund des Prinzipienkatalogs zur Satellitenfernerkundung von 1986328 als weitestgehend im positiven Sinne geklärt gelten?29 Nach Grundsatz IV ist die Fernerkundung grundsätzlich auch ohne vorherige Zustimmung des erkundeten Staates zulässig, solange sie ihn nicht in seinen berechtigten Interessen und Rechten beeinträchtigt. Nach Grundsatz XII hat der erkundete Staat einen Anspruch auf diskriminierungsfreien Zugang zu den erlangten Daten. 33o Für die internationale, durch zwischenstaatliche Vereinbarung geschaffene Agentur wäre es ebenso wie für Einzelstaaten zulässig, Daten auch über nicht teilnehmende Staaten zu erheben und auszuwerten. Der ISMA wäre gemäß Artikel VI WRV außerdem gestattet, selber Aktivitäten im Weltraum durchzuführen. Die Streitfrage der Zu lässigkeit militärischer Satelliten-Reconnaissance ist bereits früher beigelegt und ihre Zulässigkeit durch die Anerkennung sog. "national technical means" in bi- und multilateralen Rüstungskontrollverträgen durch die Staatenpraxis bestätigt worden. 33 ! Dennoch besteht weiterhin ein Unbehagen vor allem Seitens einiger Entwicklungsländer gegen eine unilaterale Verfügung über Aufnahmen und Daten ihr Territorium betreffend. 332 Die Multilateralisierung würde zum Abbau dieser Vorbehalte beitragen. Es kommt hinzu, dass die verlässliche Verifikation der Nichtverbreitung von Weltraum- sowie von Massenvernichtungswaffen im vitalen Sicherheitsinteresse der internationalen Gemeinschaft liegt. 333 Die MultilaFn.322. Malanczuk, Fn. 323, in Böckstiegel (Hrsg.) S. 445; Classen, Fn. 323 S. 107. 330 Für den Bereich der nationalen militärischen Satellitenfernerkundung ist der diskriminierungsfreie Zugang umstritten; für einen "stufenweisen Zugang" Classen, Fn. 337 S. 208; dagegen Slink, Fn. 323 S. 170, der aber auf Grund des US LandRemote Sensing Commercialisation Act von 1984, US Public Law 98-365, 98 th Congress (15 USC 4202) einen solchen nichtdiskriminierungsfreien Zugang zu entsprechenden Daten ziviler Systeme annimmt; zur wachsenden Bedeutung ziviler Satellitenfernerkundung für Verifikationszwecke s. o. Kapitel E. II. 3. f) Fn. 230. 331 s. o. Kapitel B. II. 1. 3. c) aa) (1) Fn. 154. 332 He Qizhi, Towards Legal Control of Space Arms, in Matte (Hrsg.), Arms Control and Disarmament in Outer Space (1985) S. 132 meint, " ... since the question of space arms control is a matter of serious concern to all countries, most of them are not satisfied to leave the whole process of verification to the ,national technical means' of the two major space powers only" und stellt "increasing demands for wider participation to space arms control matters particularly relating to monitoring and verification through an international monitoring agency" fest. 333 Jakhu/Trecoce, Fn. 288 S. 522 betonen zu Recht, dass aus der "common interest"-Klausel des Weltraumvertrages die Notwendigkeit zu multilateralen, unabhängigen Verifikationsmechanismen folge : " . . . the common interest of the international community that international peace and security be maintained ... must prevail over customarily pleaded national security interests of those who are the participants in and accelerators of the arms race. The common interest of the inter328 329

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 505

teralisierung würde die Bereitschaft der Staaten, sich umfassender Kontrollen einer aktiven Nichtverbreitungspolitik zu unterziehen, fördern. In dem Gründungsvertrag der ISMA würden zu diesem Zweck die allgemeinen Prinzipien zur Fernerkundung von 1986 durch konkretisierende Richtlinien für den Anwendungsbereich der multilateralen Verifikation spezifiziert werden. In Bezug auf die Fernerkundung spricht sich Classen 334 in seiner Monographie von 1987 für die Schaffung einer internationalen Fernerkundungsorganisation unter Einbeziehung des militärischen Bereichs aus und meint, auch bei militärischer Fernerkundung sei dies "die vermutlich beste Lösung ", da sie eine gleichgewichtige Informationsverbreitung sicherstellen 335 und zur Senkung der Rüstungsausgaben auch in den Entwicklungsländern beitragen könne. Im Ergebnis entspräche die Multilateralisierung der Satellitenfernerkundung für Verifikationszwecke und deren institutionelle Ausprägung nicht nur dem allgemeinen rüstungskontrollpolitischen Trend zum verstärkten Rückgriff auf internationale Organisationen zur multilateralen Verifikation. Sie wäre zugleich ein konsequenter Schritt bei der Konstituierung der internationalen Gemeinschaft als Rechtsträger und Interessenwahrer zur konkreten und effektiven Wahrnehmung der Sicherheitsinteressen der Menschheit im Weltraum und bezüglich des Abrüstungs- und Nichtverbreitungsinteresses?36 dd) Fazit

Die Anwendung kooperativer, multilateraler Satellitenverifikation und -monitoring zur Überwachung der Durchführung des vorgeschlagenen KSW -Vertrages insbesondere hinsichtlich des Schutzregimes ziviler Weltraumobjekte und des Verbots aktiver militärischer Nutzungen von zerstörenational community necessitates that disarmament efforts must be undertaken by the community as a whole and not left to the goodwill of some countries ... ". 334 Classen, Fn. 323 S. 227. Dagegen ist Kries, Towards a new remote sensing order?, Space Policy 16 (2000) S. 165 der Auffassung, dass es zu einer noch stärker getrennten Entwicklung der militärischen, öffentlich zivilen und kommerziellen Bereiche der Fernerkundung kommen werde. Die Chancen für eine Multilateralisierung militärischer Fernerkundung beurteilt er skeptisch: "Where military observation is concerned, sensing states will continue to be opposed to any common intelligence gathering rules." 335 Zu dieser Argumentation s. Deudney, Krieg oder Frieden im Weltraum, EA 37 (1982) S. 556: 336 Oudraat, Fn. 297 in Sur (Hrsg.) S. 207: " ... means of verification would be one which is independent and international, controlled and managed by the international community because of the ,common interests' involved."

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

rischer Qualität erfordert einen institutionellen Mechanismus auf der Linie der dargestellten Staatenvorschläge. Die Vorschläge für die Errichtung einer internationalen Agentur für Satelliten-Monitoring- und/oder Verifikation sind eine ausgezeichnete Grundlage für eine verfahrensmäßige und institutionelle Umsetzung des weltraumrechtIichen CHOM-Grundsatzes im Sicherheitsbereich zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums. Sie würden, gegebenenfalls miteinander verbunden, eine gute Verhandlungsgrundlage für die Aushandlung eines KSW -Vertrages in Bezug auf dessen institutionelle Komponente darstellen. 337 Der alte Einwand gegen eine ISMA, sie sei "non-treaty specijic" und daher in ihren Aufgaben nicht klar definierbar, würde mit dieser konkreten Überwachungsaufgabe eines KSW -Vertrages entfallen. Das große Potenzial einer ISMA für die Verifikation weiterer multilateraler Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge in Verbindung mit einer aktiven globalen Nichtverbreitungspolitik könnte zu einer breiten Akzeptanz auch anderer Elemente des Gesamtkonzepts der Gemeinsamen Sicherheit im Weltraum beitragen. Die Überwindung des Kalten Krieges einerseits und die absolute Dringlichkeit einer weltweit akzeptierten Nichtverbreitungspolitik angesichts der neuen Bedrohungen Seitens sog. "states 0/ concern", die mittel- oder langfristig über ballistische Raketen verfügen könnten, müssten die Vorschläge auch für die USA in einem neuen Licht erscheinen lassen. Als notwendiges Instrumentarium und zugleich institutioneller Rahmen von "multilateral technical means" kooperativer Verifikation, die für eine universelle Akzeptanz und Durchsetzung aktiver Nichtverbreitung von WeItraum- und Massenvernichtungswaffen unabdingbar sind, ist die Errichtung einer ISMA Voraussetzung nicht nur der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum, sondern auch eines erfolgreichen Nichtverbreitungsregimes ballistischer Raketentechnologie und von MVW. Aus völkerrechtlicher Sicht wären entsprechende institutionelle Vorkehrungen einer multilateralen Satellitenverifikation ein erster Schritt einer angemessenen verfahrensmäßigen Konkretisierung des weItraumrechtlichen CHOM-Grundsatzes im Sicherheitsbereich und des übergeordneten Sicherheitsinteresses der internationalen Gemeinschaft an einer Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums.

337

Alves, Fn. 3 S. 17.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 507

2. Die institutionelle Umsetzung des CHOM-Status in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums durch Schaffung einer Weltraumorganisation zur Gewährleistung Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum a) Die Unaufschiebbarkeit und die Chancen für eine institutionelle Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums

So wie Friedmann 338 allgemein den institutionellen Charakter in der Struktur des neuen Kooperationsvölkerrechts und besonders im Sicherheitsbereich betont und "the quest for a more effective international order of security" und "the continued pursuit of the creation of an effective international organization able to control and, if necessary, effectively stamp out wars"

festgestellt hat, so gilt für das Strukturprinzip des CHOM entsprechend, dass es seine Umsetzung auch in einer angemessenen institutionellen Struktur findet. Für den Sicherheitsbereich ist diese Umsetzung unaufschiebbar. Tomuschat 339 stellt mit Blick auf die völkerrechtliche Konstituierung der internationalen Gemeinschaft fest: ,,[Ijnstitionalization provides the key to the substance of what is referred to as the international community" und ,,[i]t is obviously much to be preferred to see common interests of mankind handled by institutions duly established for that pUl-pose".

Auch für Simma,340 Paulus341 und Ago342 ist die Institutionalisierung eine entscheidende Komponente der Festigung des sich entwickelnden, gemeinschaftsorientierten "Rechts der internationalen Gemeinschaft". Diese NotFriedmann, The Changing Structure of International Law (1964) S. 14. Tomuschat, International Law: Ensuring the Survival of Mankind on the Eve of a New Century, RdC 281 (1999) S. 89; ders., Obligations Arising for States without or against Their Will, RdC 241 (1993 IV) S. 216, 218, 222, 227. 340 Simma, From Bilateralism to Community Interest in International Law, RdC 250 (1994 VI) S. 248: ,,[Wjhat will be decisive is not the use of the term ,international community' as such ... but rather concrete institutions, principles and ru1es through which commitment to the interests common to humankind can be activated"; s. auch Abi-Saab, EJIL 9 (1998) S. 256: "It is the advent of this institutional element which definitively reveals the existence of a sense of community at the basis of regulation." 341 Paulus, Fn. 228 S. 178 spricht von der "Institutionalisierung der Gemeinschaftsinteressen" und S. 193: "Gemeinschaftliche Werte und Interessen der Menschheit als solcher genießen einen unbedingten Vorrang vor Partikularinteressen. Die Hoffnung wird auf die Weiterentwicklung internationaler Institutionen gerichtet, insbesondere der Vereinten Nationen als Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft. " 342 Aga, Communaute internationale et organisation internationale, in Dupuy, R.-J. (Hrsg.), Manuel sur les organisations internationales (2. Auf!. 1998) S. 8 f.: 338 339

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

wendigkeit trifft umso mehr für einen staats freien Gemeinschaftsraum mit dem Status des CHOM wie den Weltraum zu, als dort die internationale Gemeinschaft auf Grund des Souveränitätsausschusses der Einzelstaaten zugleich eigentlicher Sachwalter des Allgemeininteresses und Rechtssetzer und Garant seiner Umsetzung ist. 343 In Bezug auf den Weltraumvertrag wird daher von einer Reihe von Autoren 344 zu Recht die Notwendigkeit seiner institutionellen Umsetzung betont. Wenn die Sicherheitsinteressen der Menschheit auf dem Spiel stehen, ist nach der Feststellung von Roberto Ago 345 diese Institutionalisierung unabweisbar. Im Sicherheitsbereich stehen dem zugleich schwer zu überwindende nationale Vorbehalte gegenüber. In seiner Darstellung der bestehenden internationalen Organisationen im Weltraumbereich, die er in '" traditional' International Organizations" wie die Vereinten Nationen und die ITU und in ,,,new' operational Organizations" wie INTELSAT, INTERSPUTNIK, INMARSAT und die ESA unterteilt, kommt Matte 346 zu dem Ergebnis, dass " ... si l'on voulait esperer d'eviter a I'humanite un nouveau fleau qui serait encore infiniment plus destructif que ne l' ont ete les deux qui ont frappe la premiere moitie de ce siede, il ne suffisait pas de reiterer des interdictions et des mises au ban ... Ces taches exigent donc une cooperation organisee a I' echelle mondiale et meme, dans un bon nombre de cas, une action con~ue, dirigee et executee directement par des institutions internationales." 343 Der CNRS-Bericht Fn. 249 S. 43 begründet zu Recht die Notwendigkeit für eine Weltraumorganisation mit dem Menschheitsinteresse des weltraumrechtlichen CHOM-Prinzips. 344 Doyle, Fn. 90 S. 178 ff. und ders., Fn. 271 S. 118 begründet besonders mit Blick auf die spezifischen Sicherheitsfragen auf Grund der dual-use-Fähigkeiten im Weltraum ausführlich die Notwendigkeit einer WSO. Während Fawcett, Outer Space. New Challenges to Law and Policy (1984) S. 8 annimmt, dass der Vertrag "contemplates a number of parallel organizations", sieht Ogunbanwo, Fn. 263 S. 75 demgegenüber aus der "province of mankind"-Klausel die Notwendigkeit für eine umfassende Weltraumorganisation: "If outer space is the , province of all mankind " then it is essential that there should be an international body to determine the questions of law and order in the , province , ... Since there is no sovereignty in outer space, the assumption is that such an international regulatory body will have effective control of the ,province' which belongs to mankind."; Unter dem Gesichtspunkt eines effektiven umfassenden Umweltschutzes im Weltraum spricht sich Tan, Fn. 272 S. 190 für "one single international agency" zur Umsetzung der von ihm vorgeschlagenen Space Environment Framework Convention aus; Postyshev, Fn. 268 S. 104 hält speziell zur Umsetzung des CHOM-Grundsatzes eine internationale Organisation für notwendig. 345 Ago, Fn. 342 in Dupuy, R.-J. (Hrsg.) S. 9. 346 Matte, Fn. 252 in Dupuy, R.-J. (Hrsg.) S. 583; s. auch die vergleichende Studie über die bestehenden internationalen und nationalen Weltrauminstitutionen, welche das CNRS zusammen mit dem Centre d'Etudes et de Recherches sur le Droit de I'Espace harausgegeben hat, Courteix (Hrsg.), Le Cadre Institutionnel des Activites Spatiales des Etats. Etude Comparative (1999).

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 509

die Staaten zwar auf überwiegend technischen Gebiet durch die Anerkennung der Verbindlichkeit der Beschlüsse der Organisation und von Stimmengewichtung und Mehrheitsentscheidungen eine "diminution /rom the absoluteness 0/ sovereignty ... as a consequence 0/ the procurement 0/ practical benefis " anerkannt haben. Im politischen Bereich müßten jedoch noch entsprechende Lösungen "in such a way that outer space may be explored and exploited /or the benefit 0/ alt mankind, in order to ensure peace and security ... " gefunden werden. Zumal im sicherheitspolitischen Bereich wird es großer politischer Anstrengungen bedürfen, um die nach wie vor bestehenden Reflexe der Überordnung der nationalen Sicherheit über die internationale Sicherheit und die Weigerung, einen institutionellen Rahmen im Sicherheitsbereich zu akzeptieren, zu überwinden. Dies kann nur erreicht werden, wenn sich die Einsicht durchsetzt, dass im Zeitalter Gemeinsamer Sicherheit ein Gegeneinander von nationaler und internationaler Sicherheit Fehl am Platz ist, und eine institutionelle Stlllktur gefunden wird, die allen Staaten das Gefühl gibt, dass ihre nationale Sicherheit ohne die Gefahr einer Majorisierung am besten in der institutionellen Gewährleistung kooperativer Sicherheit im Weltraum gewahrt wird. Nur wenn es gelingt, eine Form der Institutionalisierung zu finden, in der selbst in Bezug auf die Sicherheit die Staaten ihr nationales Interesse gut aufgehoben sehen, hat sie eine Verwirklichungschance. Nicht nur angesichts bestehender Budgetzwänge, sondern auch im Interesse rascher Entscheidungsfindung sollte eine "schlanke" Organisationsstruktur gewählt werden, die in geeigneten Fällen auch die flexible Einbeziehung des privaten Sektors, z. B. bei der Verwendung kommerzieller Satellitenaufnahmen, der Wissenschaft und Vertreter der zivilen Gesellschaft vorsehen sollte. Den Budgetzwängen der Mitgliedstaaten würde die Organisation kooperativer Sicherheit im Weltraum aber vor allem durch die Einsparung der immensen Kosten eines Wettrüstens im Weltraum entgegenkommen, deren Verhinderung die vornehmste satzungsgemäße Aufgabe der Organisation wäre.

Matte,347 der 1987 zwar die Schaffung einer umfassenden Weltraumorganisation für verfrüht hielt, betont aber zugleich eindringlich die auch unter strukturellen Gesichtspunkten bestehende Notwendigkeit zu einer schrittweisen institutionellen Umsetzung des CHOM-Grundsatzes im We1traumbereich und spricht sich als ersten Schritt für die Einrichtung einer internationalen Agentur für Satellitenfernerkundung aus. "Such an agency could develop as a mechanism for managing specific and operative space-related peaceful uses of outer space, such as environmental protection and even possibly remote sensing activities. In this way, the agency would be 347

Matte, Fn. 247 S. 327.

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

acting as a guardian for peace, as weil as promoting development .. . The major space powers ... should prove their sincerity toward humanity and provide a gradual aerospace system and organization according to the heralded CHOM principie .. . the common effort ... may weil prove to be a gigantic step on the path to establishing a new order of international co-operation - indeed, in this era of total destruction - a new international order for survival" [Hervorhebung von mir].348

Speziell im Sicherheitsbereich lässt sich die institutionelle Untermauerung des mit dem Weltraumvertrag und der Etablierung des CHOM-Grundsatzes geschaffenen Gemeinschaftsstatus des Weltraums nicht länger hinauszögern?49 Sowohl der Stand unmittelbar bevorstehender aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums als auch die dringend erforderlichen vertrauensbildenden Maßnahmen machen eine institutionelle Umsetzung des weltraumrechtlichen CHOM-Grundsatzes erforderlich. Sie ist in dem Moment unaufschiebbar, in dem die Schwelle zu aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Art überschritten werden könnte. Ebenso wie die Schaffung des internationalen Regimes betreffend die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Himmelskörper laut Artikel 11 Absatz 5 MV zu erfolgen hat, "sobald sich die praktische Möglichkeit einer solchen Ausbeutung abzeichnet", erfordert die Wahrung des CHOM-Status im Sicherheitsbereich, dass rechtzeitig vor Überschreiten der Schwelle aktiver, zerstörerischer Nutzungen des Weltraums eine internationale Ordnung der militärischen Nutzung des Gemeinschaftsraumes geschaffen, institutionell abgesichert und umgesetzt wird. Im Sicherheitsbereich liegen mehrere besondere Gründe vor, weshalb eine institutionelle Struktur für die Realisierung des Regelungs- und Umsetzungsanspruchs der internationalen Gemeinschaft zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums unerlässlich ist. Die strukturellen Kernelemente der Sicherheitsordnung friedlicher Nutzung des Weltraums erfordern allesamt eine solche institutionelle Umsetzung. Die Unmöglichkeit der Trennung von militärischer und ziviler Technologie machen eine multilaterale Überwachung "sensitiver" Technologien erforderlich, die ohne eine mit entsprechenden Aufgaben versehene Umsetzungsinstitution schwer vorstellbar ist. Nur in einem solchen institutionellen Rahmen könnte einerseits die Nichtverbreitung aktiver zerstörerischer WeltMatte, Fn. 247 S. 335. Doyle, Fn. 90 S. 108; Postyshev, Fn. 268 S. 104 sieht in der Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums die Hauptaufgabe einer zu schaffenden internationalen Organisation zur Umsetzung des CHOM-Grundsatzes: "To be a success, an organization of this type must take into account the interests of all states ... , and - the most important consideration - guarantee that outer space, including the moon and other celestial bodies, is used exclusively for peaceful purposes."; ebenso Baslar, The Concept of the Common Heritage of Mankind in International Law (1997) S.375. 348 349

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raumtechnologie gewährleistet und andererseits die friedliche Zusammenarbeit für zivile und wissenschaftliche Zwecke effektiv gefördert werden. 35o In der Beratung einer Beschränkung militärischer Weltraumnutzungen in der International Law Association hat die Polish Branch betont, dass entschlossene umfassende Abrüstungsschritte im Weltraum insbesondere eines effektiven institutionellen internationalen Rahmens bedürfen. 351 In vier weiteren Bereichen würde die institutionelle Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Weltraums, welche mit einer multilateralen Zuständigkeit für Satelliten-Fernerkundung einhergehen müsste, die strukturellen Voraussetzungen für die Erfüllung zentraler Strukturelemente des weltraumrechtlichen CHOM-Grundsatzes schaffen: - das Strukturelement der Bewahrung der Umwelt im Interesse gegenwärtiger und künftiger Generationen erfordert eine institutionelle Absicherung der Verhinderung aktiver zerstörerischer Weltraumnutzungen. Die multilaterale Sammlung und Verwertung von Satellitenbildern würde zur Bewahrung günstiger Umweltbedingungen im Gemeinschaftsraum (und auf der Erde) beitragen; 352 - das Strukturelement der Stärkung der internationalen Sicherheit und das Sicherheitsinteresse der internationalen Gemeinschaft würden durch eine Organisation kooperativer Weltraumsicherheit nachhaltig gefördert;353 - der " institution-building " -Prozess hätte in Bezug auf die strukturellen Voraussetzungen für eine effective Gewährleistung der friedlichen Nutzung und insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des Verbots aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art für sich bereits vertrauensbildende Wirkung;354

Courteix, Fn. 271 in LafferranderielCrowther (Hrsg.) S. 426. Polish Branch der International Law Association, Report of the 63 rd Conference, Warsaw (1988) S. 341: " ... the introduction of an ever larger scale of international mechanisms designed to take over some of the functions now performed by military satellites. " 352 Courteix, Fn. 271 in LafferranderieiCrowther (Hrsg.) S. 427: "It [the World Space Organisation] could also have responsibilities for environmental monitoring purposes or, occasionally, on behalf of the UN Security Council at its request." 353 Courteix, Fn. 271 in LafferranderieiCrowther (Hrsg.) S. 427 " ... aseries of advantages could be expected: ... the reinforcement of international security and a fair sharing of the spin-off from space activities by the adoption of international rules on conditions of access to remote sensing data." 354 Oudraat, Fn. 297 in Sur (Hrsg.) S. 207: "The institution-building process is also considered to have a high confidence-building potential; by fixing and capturing in a more permanent form a spirit of cooperation, it may ensure more universal treaty adherence and better compliance." 350 351

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- das Strukturelement der wirtschaftlichen Nutzung zum Vorteil der internationalen Gemeinschaft und insbesondere die Nord-Süd-Zusammenarbeit können mit Blick auf die "dual-use "-Fähigkeit der Weltraumtechnologie nur durch eine Gewährleistung eines institutionellen Umfeldes, in dem aktive, zerstörerische Nutzungen verlässlich ausgeschlossen werden, gefördert werden?55 Mit Blick auf die Aufgabe des KSW-Vertrages, ein Regime Gemeinsamer Sicherheit zu errichten, ergibt sich eine über den spezifisch weltraumrechtllichen Bereich hinausreichende Anknüpfung an die institutionellen Erfordernisse eines globalen Systems Gemeinsamer Sicherheit, wie sie Antonia und Abram Chayes 356 überzeugend dargelegt haben. Sie betonen, dass " ... a robust and vigorous institutional base will be necessary to accomplish the many tasks ... in the context of a cooperative security regime".

Vor allem geht es um die komplexen Managementaufgaben im Zusammenhang der Informationssammlung und -bewertung, der Verifikation, der sorgsam abzustimmenden Schritte von Vertrauensbildung, Transparenz und kooperativer Denuklearisierung. "The case for institutional strength together with continuing party involvement is even stronger in the context of a cooperative security regime [als bei IAEA und ILO]. The starting point - and perhaps the end point - of such a regime is a network of arms control, nonproliferation, and regional security treaties. Coordination among a number of organizations addressing particular facets of the overall problem of cooperative security will be essential. . .. If countries are to be assured not just that threats from a particular source or weapons system have been eliminated but that their security needs overall will not be compromised, the implementing organizations must be capable of cooperation at a technical and expert as weH as at a policy level. .. 357

Die VN-Generalversammlung358 hat sich konkret in Bezug auf die Anstrengungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum anlässlich des nachdrücklich begrüßten Einvernehmens zur Einrichtung des gleichnamigen Ad-hoc-Ausschusses 1985 mit überwältigender Mehrheit und ohne Gegenstimme auch für die Prüfung geeigneter institutioneller Schritte ausgespro355 Courteix, Fn. 271 in Lafferranderie!Crowther (Hrsg.) S. 427: Ein weiterer Vorteil einer Weltraumorganisation wäre " .. . the implementation of more balanced solutions in the framework of North-South technology transfers, especially in the case of ,dual use' technologies." 356 Chayes, A. H./Chayes, A.: Regime Architecture: Elements and Principles, in Nolan (Hrsg.), Global Engagement. Cooperation and Security in the 21 st Century (The Brookings Institution 1994) S. 102; s. auch dies, Fn. 248 S. 282; s. auch Saint Leger, Fn. 108 S. 163 und Sloup, Fn. 109 S. 339, welche die VN zur internationalen Kontrolle von MD einsetzen wollen. 357 Chayes, A. H./Chayes, A., Fn. 356 in Nolan (Hrsg.) S. 103 f. 358 VN-Res. v. 12. 12. 1985 Ziff. 5; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 9 S. 631.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 513 ehen. Der vorgeschlagene KSW -Vertrag müsste diesen institutionellen Umsetzungserfordernissen durch geeignete Bestimmungen über die Einrichtung einer Organisation kooperativer Sicherheit im Weltraum Rechnung tragen. b) Die Tätigkeitsfelder der Organisation

Die Tätigkeitsfelder der Organisation sollten den Kernelementen des KSW -Vertrages entsprechen und deren Umsetzung gewährleisten. aa) Kooperative Sicherheit und Vertrauensbildung Die Strukturelemente der kooperativen Sicherheit erfordern eine institutionelle Absicherung und würden ihrerseits durch sie nachhaltig gestärkt. Dies gilt für die notwendige Transparenz der Aktivitäten im Weltraum ebenso wie für den Vertrauensbildungsprozess durch die Vereinbarung spezieller vertrauensbildender Maßnahmen im Weltraum. Insbesondere ließe sich ein die Interessen aller Mitgliedstaaten berücksichtigender Prozess zur schrittweisen Herstellung struktureller Nichtangriffsfähigkeit und Denuklearisierung am ehesten durch ein Consultative Committee bewerkstelligen, dessen Mitgliedschaft sich zunächst auf die ständigen Sicherheitsratsmitglieder oder die wenigen tatsächlichen militärischen Weltraummächte beschränken würde. Der Ausschuss sollte aber von Anfang an einer universellen Staatenkonferenz berichtspflichtig sein. bb) Monitoring und Verifikation insbesondere der Nichtverbreitung von Weltraum- und Massenvernichtungswaffen In Bereich von Monitoring und Verifikation liegen zweifellos große Potenzialitäten einer internationalen Organisation kooperativer Sicherheit im Weltraum, die sich aus der multilateralen Nutzung der Satellitenfernerkundung und der Frühwarnung ergeben. Dabei zeigen die bisherigen Vorschläge eine Bandbreite von einer verbindlichen Notifizierung von Raketenstarts 359 über die Indienststellung eigener Verifikationssatelliten an die Organisation bis zur bloßen Einräumung der Einsicht in die von den ,national technical means' der Vertragsparteien erlangten Satellitenaufnahmen. Die Frage hat durch die seit Mitte der achtziger Jahre mit dem französischen SPOT-Satelliten erstmals kommerziell frei verfügbaren Satellitenaufnahmen auch im militärischen Bereich eine neue Dimension gewonnen, welche die 359 Horsford. Fn. 262 S. 201: " ... the establishment of a launch notification centre, a task which would fall well within the competence of a projected space agency".

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Notwendigkeit einer internationalen Regelung noch verstärkt. Wenn jeder interessierte Staat auch im sensiblen Sicherheitsbereich Satellitenaufnahmen auf dem freien Markt erwerben kann, wird es erforderlich, den Umgang mit diesen Aufnahmen, die in vielerlei Hinsicht und mit den unterschiedlichsten Absichten verwendet werden könnten, einer die Sicherheitsinteressen aller Staaten gewährleistenden Ordnung zu unterziehen. Mit Blick auf die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum steht die Verwendung als Verifikationsmittel im Rahmen eines Rüstungskontrollabkommens im Vordergrund. Kommerziell erworbene Bilder können aber auch für eigene militärische oder gar aggressive Zwecke verwendet werden. Im Golfkrieg verfügten beide Seiten über kommerzielle Satellitenaufnahmen des Kriegsschauplatzes. Die vorgeschlagene Organisation könnte die Aufgabe einer autoritativen Nutzung von Satellitenaufnahmen zu Monitoring- und Verifikationszwecken im Zusammenhang mit dem KSW-Abkommen und mittelund langfristig im gesamten multilateralen Rüstungskontroll- und Abrüstungsbereich übernehmen. 36o Jedenfalls erfordert das vorgeschlagene umfassende Verbot aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums eine breite Palette der oben beschriebenen passiven und aktiven kooperativen Verifikationsmaßnahmen,361 idealer Weise einschließlich der Möglichkeit der VorOrt-Inspektionen der Satellitenabschussrampen der Vertragsparteien, deren neutrale und ordnungsgemäße Durchführung am ehesten durch die Schaffung einer entsprechenden Umsetzungs- und Überwachungsorganisation gewährleistet würden. Als Vorbild könnten wiederum wie bereits hinsichtlich der materiellen Verifikationsbestimmungen auch die umfangreichen institutionellen Verifikationsmechanismen des Chemiewaffenübereinkommens und des Umfassenden Nukleartest-Stopp-Abkommens dienen, die beide die Einrichtung jeweils einer eigenständigen Umsetzungsorganisation vorsehen?62 Während der Verifikationsmechanismus des CWÜ auf einseitigen Angaben der Vertragsparteien beruht, aber in Umfang und Intensität der Inspektionsrechte wegen der Vernichtungsverpflichtung betreffend bestehender Chemiewaffenarsenale sehr weit geht, ist der Mechanismus des CTBT dagegen 360 So auch der CNRS-Bericht, Fn. 249 S. 49: "Le domaine de la diffusion des images satellitaires pourrait offrir un autre exemple de formes institutionelles souples" mit dem Zusatz, dass der VN-Sicherheitsrat "le droit de filtrer les images et donnees des satellites en creant un corps d'interpretariat assermente" erhalten solle. 36\ s. o. Kapitel E. 11. 3. f). 362 Report and Final Declaration adopted by the "Conference on Facilitating the Entry into Force of the Comprehensive Nuclear Test Ban Treaty", Wien, 6.-8. 10. 1999; Dekker, Fn. 132 S. 308. Das Umfassende Teststoppabkommen wird allerdings entsprechend seines Artikel XIV Absatz 1, der die Ratifizierung von 44 eigens festgelegten nuklearfähigen Staaten verlangt, mangels solcher seitens Indiens, Pakistans und Nordkoreas, die auch die Zeichnung des Abkommens verweigern, und der USA und Chinas, die zwar gezeichnet, aber nicht ratifiziert haben, in absehbarer Zeit nicht in Kraft treten.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 515 zwar lediglich auf das Monitoring des Testverbots gerichtet und im Inspektionsumfang daher begrenzt, aber insoweit weiter entwickelt als der CWÜMechanismus, als er ein echtes internationales Inspektionssystem (ISM) etabliert, zu dem alle Vertragsparteien gemäß Artikel IV und Teil I des CTBTProtokolls insbesondere durch Bereitstellung von seismologischen Stationen beizutragen verpflichtet sind. 363 Die Stationen werden von einem dem Sekretariat unterstehenden International Data Centre (IDS) zu einem globalen Netzwerk zusammengeführt. Die von China und Pakistan vorgeschlagene Einbeziehung von Satellitendaten in das CTBT-System ist aus Kostengründen abgelehnt worden. 364 Das ISM stellt durch "institutional design .. 365 sicher, dass alle erlangten Daten allen Vertragsparteien zur Verfügung stehen. Anders als das ältere, an der strikten Beachtung der einzelstaatlichen Souveränität orientierte IAEA-Safeguards-System ist das ISM also nicht mehr auf eine ad-hoc- Kooperation des zu inspizierenden Staates angewiesen. Dieser Grundsatz eines ISM im Rahmen eines multilateralen Rüstungskontrollvertrages hat Präzedenzcharakter und könnte auf ein System der Satellitenverifikation im Rahmen des vorgeschlagenen KSW -Vertrages übertragen werden. Das KSW-Satellitenverifikationssystem könnte seinerseits das IDS in seinen Aufgaben der Inspektion eines CTBT unterstützten und mit der künftigen CTBT0 366 institutionell zusammenarbeiten, was dem engen Zusammenhang zwischen kooperativer Sicherheit im Weltraum und der Erfüllung der nuklearen Abrüstungsverpflichtung des Artikel VI NVVentspricht, zu der ein vollständiges Verbot von Nuklearversuchen ein unerlässlicher Schritt ist. cc) Frühwarnung und Schutz vor unautorisierten und versehentlichen Raketenangriffen Die OKSW sollte entsprechend der Absichtserklärung im amerikanischrussischen Abkommen über die Errichtung eines Gemeinsamen Datenzentrums zum Austausch von Daten für die Zwecke der Frühwarnung und Notifizierung von Raketenstarts vom 2. September 2000367 ein entsprechendes multilaterales Joint Data Exchange Center (JDEC) erhalten. 363 Dekker, Fn. 132 S. 318; zu einer Bewertung der ersten vier Jahre der CWÜImplementierung und der Abrüstungserfahrungen der OVCW s. Zanders/Hersh/ Simon/Wahlberg, Chemical and biological weapon developments and arms control, in SIPRI Jahrbuch 2001, S. 543, die als positiven Faktor festhalten, dass "all four declared possessor states - India, South Korea, Russia and the Uni ted States - are now in the process of destroying their CW". 364 CD1l387, S. 78; Johnson, CTB-Negotiation - Geneva Update no. 27, Disarmament Policy (März 1996) S. 18. 365 Dekker, Fn. 132 S. 332. 366 Resolution establishing the Preparatory Commission for the Comprehensive Nuclear Test Ban Treaty Organisation, CTBT/MSS/RES 1, 19. 11. 1996.

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

Der Schutz vor "Raketenunfällen" und unautorisierten Angriffen durch in die Hände von Terroristen geratene Raketen ist eine multilaterale Angelegenheit par excellence. Durch ein multilaterales Datenzentrum sowie weitere kooperative Vorkehrungen wie die Vereinbarung von "postlaunch destruction"-Maßnahmen könnte auch ohne die Stationierung eines NMDSystem ein entsprechender Schutz der Nuklearrnächte, aber auch sonstiger gefährdeter Staaten, erzielt werden. 368 Wenn darüber hinaus die USA dennoch eine zusätzliche NMD-Verteidigung für erforderlich halten, wäre ein begrenztes, kombiniertes BMD/TMD-System ähnlich dem von der ClintonAdministration geplanten GASPL-System ausreichend, das ohne weltraumgestützte zerstörerische Systeme auskommt. 369 Die Abfangraketen wären boden- oder/und luftgestützt. Die multilaterale Einbindung könnte in der Weise erfolgen, dass unter der Ägide der OKWS ein Netzwerk von weiterhin durch die Mitgliedstaaten geführten Frühwamsatelliten eingerichtet werden, das eine weltweite Frühwarnung gewährleisten würde. Die Daten würden in dem IDEe, das dem Technischen Sekretariat unterstellt wäre und zusätzlich zu den internationalen Mitarbeitern mit entsandten Militärs der Mitglieder des Konsultativausschusses besetzt wäre, gesammelt und ausgewertet. Die Abfangraketen würden weiterhin der nationalen Zuständigkeit der sie stationierenden Vertragsparteien unterstehen. Auch die Entscheidung über deren Aktivierung würde wegen der Notwendigkeit einer unverzüglichen Reaktion weiterhin diesen zustehen. Die operative und technische Funktionsweise des Frühwarnsystems könnte sich im Einzelnen eng an das bilaterale Frühwarnabkommen zwischen den USA und Russland vom September 2000 anlehnen. Der Vorteil der multilateralen Einbindung durch die hier vorgeschlagene Anbindung an die OKSW bestünde in Zweierlei. Erstens würde die Stationierung des Systems keinem Staat als Vorwand dienen können, mit der Behauptung, der Stationierungsstaat wolle eine Erstschlagsfähigkeit erreichen, offensive Gegenmaßnahmen oder gar den Ausbruch aus den Nichtverbreitungsregimen zu unternehmen. Damit würde der Hauptzweck der OKSW, ein Wettrüsten im Weltraum zu verhindern, erreicht. Zweitens könnte das internationale Netzwerk der Frühwamsatelliten auch Staaten in den Genuss der Frühwarnung bringen, die alleine nicht die Fähigkeit zur Unterhaltung solcher Frühwarnsatelliten hätten, und damit zur Förderung der internationalen Sicherheit gemäß Artikel III WRV beitragen.

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s. o. Kapitel C. UI. 3. Fn. 452. Glaser/Fetter, Fn. 152 S. 40. s. o. Kapitel B. 11. 2. d) Fn. 247.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 517 dd) Weitere durch den Konsultativausschuss und COPUOS vorzubereitende Aufgaben im Bereich militärischer und ziviler Weltraumsicherheit Weitere wichtige Aufgaben der Organisation lägen im Bereich der aktiven globalen Nichtverbreitungspolitik, die durch den Konsultativausschuss unter Hinzuziehung weiterer Experten bestehender Kontrollregime vorbereitet werden könnten. Für die Ausarbeitung der Details für das Immunitätsregime für Satelliten und die Verkehrs- und Sicherheitsregeln sollten Vorarbeiten auf die beiden Fachausschüsse des COPUOS übertragen werden, die Vorschläge für Ausführungsbestimmungen und -verfahren an die OKSW richten würden, die für die Umsetzung und Überwachung der Immunitäts- und Verkehrsbestimmungen verantwortlich wäre. ee) Längerfristig einzubeziehende Aufgaben der Organisation Die Schaffung der OKSW wäre ein wichtiger Schritt zur institutionellen Umsetzung des CHOM-Grundsatzes im Bereich der Sicherheit im Weltraum und würde damit dessen bisher auf den Meeresboden beschränkte institutionelle Ausprägung im Weltraumbereich ergänzen. Im Schrifttum mehren sich die Stellungnahmen,37o die eine institutionelle Umsetzung des CHOMGrundsatzes in seinem gesamten Anwendungsbereich oder zumindest in weiteren Einzelbereichen für erforderlich halten. Dabei wird zunehmend an die Reformdiskussion über den Treuhandrat, der nach dem Bericht der Commission on Global Govemance 371 eine Gesamtverantwortung "for the govemance of the global commons" übernehmen könnte,372 angeknüpft. In 370 Baslar, Fn. 349 S. 375, der neben einer "Common Heritage Authority" auch eine "Common Heritage Force" zum Schutz der Gemeinschaftsressourcen vorschlägt - allerdings mit der wohl zutreffenden Einschätzung (S. 379), dass "this proposal could be seen too premature in a world where there is lack of strong solidarity and cooperation". In der Seerechtsliteratur hat Elisabeth Mann-Borgese schon 1968 eine institutionelle Umsetzung des Menschheits-Grundsatzes vorgeschlagen; s. dies., The Ocean Regime. A Suggested Statute for the Peaceful Uses of the High Seas and the Sea-Bed Beyond the Limits of National Jurisdiction, Center for the Study of Democratic Institutions (1968) und später eine Ausweitung auf andere Bereiche als Ausduck von "new forms of governance" gefordert; s. dies., Ocean Governance and the United Nations (1995) S. 173 und S. 244 in Bezug auf den Weltraum. 371 Commission on Global Govemance, Our Global Neighbourhood (1995) S. 251; s. auch den Vorschlag von Malta, A/50/142, wonach dem Treuhandausschuss die Verantwortung "to deal with the common heritage of mankind and issues such as the environment" übertragen werden soll. 372 In Bezug auf den Weltraum wurde das Konzept der Treuhandschaft vor allem von Jessup/Taubenjeld, Fn. 239 S. 239 und Küchenhoff, Rechtsphilosophische

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege jerenda

Bezug auf den Weltraum wird eine solche Umsetzung für den Umweltbereich als dringlich angesehen. 373 Dies entspricht auch der allgemein im Umweltvölkerrecht für dringend empfundenen Vergemeinschaftung der Verantwortung für den Umweltschutz?74 Die Einbeziehung von Umweltschutzaufgaben in die OKSW würde dem erweiterten Sicherheitsbegriff und dem Aufruf der Commission on Global Govemance 375 in Bezug auf das KonGrundlagen des kosmischen Rechts, Archiv für Rechts- und Sozial philosophie 1965 S. 467 vertreten: "Demgemäß ist die alte Rechtsfigur des Treuhänders mit neuern, den Weltraumverhältnissen angemessenem Inhalt zu versehen und weiterhin zu füllen: Wenn ein Vertreter des Staates oder einer anderen organisierten Menschengruppe sich in den Kosmos erheben, so bedienen sie sich der Erkenntnisse und Fähigkeiten, welche die gesamte Menschheit im Laufe ihrer Geschichte erarbeitet hat. Entsprechend ihrer Vorleistung müssen auch die Ergebnisse der Aus- und Durchführungshandlungen konkret gewordener Leistungen der gesamten Menschheit zuteil werden ... Aus diesen Gedanken folgt allgemein, daß der Treuhänder die kosmische Herrschaftssphäre allen interessierten Staaten, Menschen und Menschengruppen zugänglich zu machen hat. ... Schließlich sind vom Treuhänder auch wirtschaftlich nutzbare Güter im Weltraum der gesamten Menschheit zugänglich zu machen ... nach dem Grundsatz der Solidarität zum Gemeinwohl der Menschheit ... Hierbei sollen Staaten, deren Angehörige den Mindeststandard menschlicher Existenz noch nicht erreicht haben, nachhaltig bevorzugt werden."; s. auch WollenschlägerlHablitzel in Festschrift für Küchenhoff (1972) Bd. 11 S. 877 und Riedei, Menschenrechte der dritten Dimension, EuGRZ 1989 S. 19 "an international equalization fund"; Kiss, Patrimoine commun de l'humanite, RdC 175 (1982 11) S. 99; Bueckling in Böckstiegel (Hrsg.) Handbuch S. 87: Handeln von Staaten in Repräsentanz der Menschheit; und neuerdings DietrichlGoldstein, Collective trusteeship for near space: the case for UNNESA, Space Policy 14 (1998) S. 9 mit Blick auf die Nutzung der Solarenergie im Weltraum; generell für den internationalen Umweltschutz Birnie/Boyle, International Law and the Environment (2002) S. 144: " ... common heritage is important ... in providing one of the most developed applications of trusteeship or fiduciary relationship in an environmental context ... ". 373 Tan, Fn. 275 S. 180; Hashimoto, National Missile Defense and International Law: Environmental Perspectives, Beitrag auf dem 43. Colloq. Space Law, Rio de Janeiro 2001; berichtet in JSL 28 (2000) S. 114; Okolie, Solar Energy Bank for Mankind in Contemporary International Space Law, in Proc. 22nd Colloq. Space Law (1980) S. 11 schlägt zur Umsetzung des CHOM-Grundsatzes im Wirtschaftsund Umweltbereich eine "International Solar Energy Bank" vor; s. auch Wijkmanl Wihlbourg, Global Use and Regulation of Space Activities Under the Common Heritage Principle, in Space Activities and Implications S. 127: "an International Space condominium in which each nation would possess an explicitly specified ownership share"; Stocker, Fn. 279 S. 173. 374 Delbrück, Wirksames Völkerrecht oder neues "Weltinnenrecht". Perspektiven der Völkerrechtsentwicklung in einem sich wandelnden System, in Dicke u. a. (Hrsg.), Delbrück: Die Konstituierung des Friedens als Rechtsordnung. Zum Verständnis rechtlicher und politischer Bedingungen der Friedenssicherung im internationalen System der Gegenwart (1996) S. 348; Hobe, Die Zukunft des Völkerrechts im Zeitalter der Globalisierung. Perspektiven der Völkerrechtsentwicklung im 21. Jahrhundert, AVR 37 (1999) S. 281. 375 Commission on Global Governance, Fn. 371 S. 253.

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 519

zept einer "eco-security" entsprechen, "to acknowledge that the security oi the planet is a universal need to which the UN system must cater". Auch der enge strukturelle Zusammenhang der friedlichen Nutzung des Weltraums mit dem Strukturelement der Bewahrung der Umwelt lässt eine gemeinsame institutionelle Aufgabenwahrnehmung sinnvoll erscheinen. Neben der "space debris"-Problematik im Zusammenhang mit Tests von Weltraumwaffen376 wären die zahlreichen sicherheits- und zugleich umweltrelevanten Fragen im Zusammenhang mit der Nutzung von Solar- und nuklearer Energie im Weltraum377 direkte Anknüpfungspunkte für eine solche einheitliche Aufgabenwahrnehmung. c) Institutionelle Struktur der Organisation

Angesichts der dargestellten primären Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungsaufgaben der vorgeschlagenen OKSW bietet sich auch hinsichtlich der Organisationsstruktur eine Anlehnung an institutionelle Lösungen bestehender Vertragsregime in diesem Bereich, insbesondere an die OVCW378 an, wobei allerdings spezifische Erfordernisse der Regimebildung kooperativer Sicherheit im Weltraum weiterreichende Ansätze erfordern können. Ebenso wie bereits die IAEA und die geplante CTBT0 379 gliedert sich die OVCW nach Artikel VIII CWÜ in eine einmal jährlich tagende Konferenz aller Vertragsparteien, einen aus 41 Mitgliedern bestehenden Exekutivrat und ein Technisches Sekretariat. Diese Grundstruktur wäre auch für die OKSW vorzusehen. 38o Die Mitglieder des Exekutivrates werden entsprechend Artikel VIII CWÜ von der Konferenz der Vertragsstaaten nach einem regionalen Schlüssel sowie als weiteren Selektionskriterien nach der "Bedeutung der chemischen Industrie sowie der politischen und Sicherheitsinteressen" gewählt. Diese stärkere Berücksichtigung der in der chemischen Industrie engagierten Industrieländer ließe sich auf den Weltraumbereich übertragen und würde eine besondere Berücksichtigung der Weltraummächte in der Organisationsstruktur rechtfertigen. Für eine solche Vorzugsbehandlung böte Artikel 11 MV, der ausdrücklich die besondere Berücksichtigung der von den Weltraummächten vorgenommenen Investitionen s. o. Kapitel D. V. 5. c) fi). s. o. Kapitel D. V. 378 Chayes. Abram/Chayes. Antonia H.: Fn. 256 S. 285 begfÜssen die Einrichtung der OVCW, die "may simply reflect the higher degree of seriousness with which the international system approaches arms control issues, but perhaps it is also an indication of a new awareness of the organizational requirements for effective international regimes." 379 s. die vergleichende Darstellung bei Dekker, Fn. 132 S. 219 ff. 380 Vgl. Dupuy. R.-J., Fn. 291 S. 337 in Bezug auf den französischen ISMA-Vorschlag. 376 377

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E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda

vorsieht, auch bereits einen vertraglichen Anknüpfungspunkt. Sie könnte sich wie beim Gouverneursrat von INTELSAT381 auch in einer stärkeren Stimmengewichtung im Exekutivrat der OKSW niederschlagen. Im Bereich der internationalen Handelsschifffahrt und des maritimen Umweltschutzes stellt die zwischenstaatliche Beratende Seeschifffahrts-Organisation (InterGovemmental Maritime Consultative Organization - IMCol 82 ebenfalls ein Beispiel für eine Vorzugsbehandlung einzelner Mitgliedstaaten in der institutionellen Struktur der Organisation dar. In den Rat der Organisation werden Staaten je nach ihrer besonderen Betroffenheit oder ihrem Gewicht in Fragen des internationalen Seehandels und Schifffahrtsverkehrs gewählt. Mit Blick auf die weiterreichenden regimebildenden Aufgaben der vorgeschlagenen OKSW zur Schaffung einer kooperativen Sicherheitsordnung und der Gewährleistung der zivilen Sicherheit im Weltraum ist im Unterschied zu den begrenzten Aufgaben der OVCW sowohl eine stärkere Management- und Expertenunterstützung als auch eine stärkere Einbeziehung der Parteien selber bei der Aufgabenerfüllung erforderlich. Als Vorbild für eine institutionelle Untermauerung eines "cooperative security regime", die sowohl "expert management and staJf and extensive party involvement at a high level" in flexibler Weise gewährleistet, sehen Antonia und Abram Chayes 383 die internationalen Finanzinstitutionen, namentlich Weltbank und IWF, deren "distinguished senior management, professional staJf of high quality, and large-seale involvement of responsible officials of member states" auch als Standard für die hohen Anforderungen einer Organisation Gemeinsamer Sicherheit heranzuziehen wären. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Finanzkraft der Mitgliedstaaten bei der Organisationsstruktur der IFIs entspricht der Differenzierung hinsichtlich des Chemiepotenzials bei der OVCW. Eine solche Differenzierung bei der OKSW sollte analog hinsichtlich der Weltraum- und Nuklearkapazitäten bei der Stimmengewichtung und auch bei der Auswahl der Mitglieder des begrenzten Exekutivrats und eines Ständigen Konsultativausschusses sowie bei der 381 Artikel IX Übereinkommen vom 20. 8. 1971 über die Internationale Fernmeldesatellitenorganisation "INTELSAT" und Betriebsübereinkommen; BGB!. 1973 11 S. 250; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Fn. 9 S. 364. 382 Gründungsabkommen der IMCO v. 6. 3. 1948 (in Kraft getreten am 17. 3. 1958); Text in BGB!. 1965 11 S. 313. Die IMCO wurde 1975 durch Satzungsänderung in die International Maritime Organization (IMO) umgewandelt. 383 ChayeslChayes, Fn. 356 in Nolan (Hrsg.) S. 103, Yakovenko, Fn. 191 in Proc. of the 3rd Colloq., S. 373 schlägt für die von ihm befürwortete WSO mit begrenzten Aufgaben eine die Interessen der Weltraummächte und deren "space industry" besonders berücksichtigende Struktur vor bestehend aus einem "Board of Directors, comprising a limited number of member states, and the highest governing body - a General Conference, which is convened, say, once a year and attended by all the members of the organization."

III. Vorschlag für die Errichtung einer internationalen Weltraumorganisation 521

Besetzung des Sekretariats angewendet werden. Ergänzend sollte die flexible Möglichkeit der Betrauung von Ad-hoc-Auschüssen und nationalen Experten mit besonderen Aufgaben nach Bedarfsfall vorgesehen werden. Neben einer jährlich tagenden Vertragskonferenz, dem Exekutivrat und dem Sekretariat sollte unter dem KSW -Vertrag ein von der Mitgliedschaft auf die Nuklearmächte begrenzter Ständiger Konsultativausschuss (Standing Consultative Committee) eingerichtet werden, in dem insbesondere die nuklearstrategischen Fragen im Zusammenhang mit der Ausarbeitung globaler CTR- und SRM-Schritte behandelt werden. Er würde der KSW-Vertragsstaatenkonferenz berichten. Je nach Thematik, insbesondere bei Fragen der aktiven Nichtverbreitung nuklearer Trägerraketen, würden auch die potenziell nuklearfähigen Staaten miteinbezogen. Der Konsultativausschuss könnte je nach Thematik auch nur in bi- oder trilateraler Besetzung tagen (USA/Russland/China). Der KSW-Vertrag würde eine entsprechende flexible Ausgestaltung der Organisationsstruktur vorsehen. Entscheidend für die kooperative Sicherheitsstruktur für den Weltraum ist, dass eine angemessene Balance zwischen der multilateralen Einordnung der den Weltraum betreffenden strategischen Fragen und der nötigen Flexibilität für die überwiegend bilaterale Neuordnung des strategischen Verhältnisses gefunden wird. Beides ist jedoch nicht voneinander zu trennen, da die nuklearstrategische Neuordnung und ein neues Verhältnis von Defensiv- und Offensivwaffen zwingend die Regelung der Sicherheit im Weltraum erfordert, die wiederum alle Staaten betrifft. Für einen solchen multilateralen Konsultativausschuss besteht bereits ein Vorbild in dem zudem auch den Weltraum und darüber hinaus sowohl den Sicherheits- als auch den Umweltbereich betreffenden Umweltkriegsabkommen. 384 Dem Sekretariat sollte ein Internationales Datencenter angeschlossen werden, das die Raketennotifizierungen betreut und die Sammlung und Analyse der Verifikationsdaten übernimmt. In einem weiteren Schritt sollte der Organisation eine dem erfolgreichen WEU- Getzt EU-)Satellitenzentrum nachgebildete ISMA zugeordnet werden, die in der Perspektive über eigene Verifikationssatelliten nach dem Vorbild des kanadischen PAXSAT- Vorschlags verfügen sollte.

384 Abkommen über das Verbot des Einsatzes umweltverändernder Techniken vom 5. 10. 1978; s. o. Kapitel D. IV. 6. Fn. 177. Dieser Gedanke der Übertragung des Consultative Committee in einem multilateralen Kontext auf den Bereich der Überwachung eines Weltraum-Rüstungskontrollvertrages geht zurück auf Jasani, Fn. 216 in Krepon u.a. (Hrsg.) S. 147, der dies im Zusammenhang mit der Errichtung einer ISMA vorschlägt.

522

E. Vorschläge zur Konkretisierung des Gebots de lege ferenda d) Fazit

Angesichts des aufgezeigten engen strukturellen und materiellen Zusammenhangs zwischen der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum und der Förderung der zivilen Nutzungen des Weltraums mit erheblichen positiven Synergieeffekten wäre langfristig eine diese CHOM-Bereiche einbeziehende umfassende Weltraumbehörde sinnvoll. Dies entspräche auch dem ursprünglichen Ansatz von Cocca 385 und Pardo 386 in Bezug auf die Nutzung des Meeresboden, wonach das internationale Regime und die einzurichtende internationale Institution neben der Ausbeutung der Ressourcen auch die Umsetzung der Prinzipien der staatlichen Nicht-Aneignung und der friedlichen Nutzung im Interesse der Menschheit gewährleisten sollten. Zugleich wäre die Weltraumorganisation auch Vorbild für eine in der Langfristperspektive zu schaffende internationale Organisation für Gemeinsame Sicherheit, die im VN-Rahmen angesiedelt würde. Das internationale Umfeld ist mit der Überwindung des Kalten Krieges einerseits und dem Abschweifen überzogener dirigistischer Bestrebungen und einer Hinwendung zu einem pragmatischeren Nord-Süd-Dialog andererseits für ein solches Vorhaben günstiger denn je. Wenn es dennoch gegenwärtig keine realistische Aussicht auf eine universelle Beteiligung an einer solchen umfassenden Weltraumorganisation zu geben scheint, ist jedenfalls ein schrittweises Vorgehen durch Schaffung einer zunächst auf den engeren Sicherheitsbereich beschränkten Organisation notwendig, da im Sicherheitsbereich die erforderliche institutionelle Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums keinen Aufschub duldet. Der Normierungsanspruch der internationalen Gemeinschaft zur Schaffung einer internationalen Ordnung über die friedliche Nutzung des Weltraums kann im Sicherheitsbereich in einer dem CHOMStatus des Weltraums gerecht werdenden Weise am ehesten durch ein institutionell ausgeprägtes Regime "Gemeinsamer Sicherheit" im Weltraum erfüllt werden.

385 Cocca, Principles for a Declaration with Reference to the Legal Nature of the Moon, Proc. Space Law 1 (1958) S. 36; ders., Protocol to the Space Treaty on the Common Heritage of Mankind, Proc. 34th Colloq. Space Law (1992) S. 161; ders. The Advances in International Law through the Law of Outer Space, JSL 9 (1981) S. 15; ders., Historical Precedents for Demilitarization, in Jasentuliyana (Hrsg.), Maintaining Outer Space for Peaceful Purposes, S. 29; ders., Prospective Space Law, JSL 26 (1998) S. 51; s.o. Kapitel C. I. 1. b) 130 Fn. 18. 386 Pardo, Note Verbale Maltas v. 17. 8. 1967, s. o. C. I. 1. b) Fn. 26; s. dazu Altemir, EI Patrimonio Comun de la Humanidad. Hacia un n!gimen juridico international para su gestion (1993) S. 24.

F. Ergebnis und Schlussbetrachtung Wie die Wasser der sichtbaren Ströme wenig sind im Vergleich zu denen, die unterirdisch dahinfluten, so auch der sichtbar werdende Idealismus im Vergleich zu dem, den die Menschen unentbunden oder kaum entbunden in sich tragen. Albert Schweitzer 1

Die militärischen Nutzungen des Weltraums beschränken sich bislang auf solche passiver Qualität durch Satelliten ohne zerstörerische Wirkung im Gemeinschaftsraum. Zur Zeit sind noch keine Waffen im Weltraum stationiert. Dies stellt eine eindeutig und klar definierbare Schwelle dar, bis zu der die internationale Gemeinschaft bisher nolens volens bereit ist, die militärische Nutzung des Gemeinschaftsraums hinzunehmen. Hinsichtlich der sich nunmehr konkret abzeichnenden Möglichkeit des Übergangs zu aktiven militärischen Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art erhob die internationale Gemeinschaft dagegen von Anfang an schwerwiegende Bedenken und berief sich dabei auch auf dessen Status als "Gemeinsames Erbe der Menschheit" entsprechend der Menschheitsklausel in Artikel I Absatz 1 WRV. Vor allem in der Genfer CD und der VN-Generalversammlung macht sie die Forderung geltend, aktive militärische Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art, die zu einem Wettrüsten im Weltraum führen könnten, zu unterlassen. Eine große Zahl ungebundener Staaten möchte darüber hinaus auch die passiven militärischen Nutzungen durch Satelliten untersagen, insoweit diese zu zerstörerischen Wirkungen auf der Erde beitragen und weil sie diese für geeignet halten, das nukleare Wettrüsten in den Weltraum zu tragen. Aus dem Fehlen förmlicher Proteste gegen einzelne Tests zur Entwicklung möglicher zerstörerischer Weltraumsysteme kann noch keine Akzeptanz dauernder aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art im Gemeinschaftsraum seitens der Staatengemeinschaft geschlossen werden, solange diese Tests nicht mit der erklärten Absicht verbunden sind, die Ergebnisse für die dauernde Stationierung von zerstörerischen Systemen im Weltraum zu verwenden. Die Tests im Zusammenhang mit den gegenwärtigen, erklärtermaßen begrenzten NMD-Plänen der Rush jr.-Administration könnten zwar zu einer Stationie1

Schweitzer, Aus meinem Leben und Denken (1954) S. 80.

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F. Ergebnis und Schlussbetrachtung

rung in den nächsten zehn Jahren führen. Es ist jedoch von der US-Administration bislang nicht eindeutig erklärt worden, ob die geplanten MD-Systeme mit Ausnahme von Sensoren aktive zerstörerische Weltraumkomponenten enthalten sollen. Die internationale Gemeinschaft hat in allgemeiner Form wiederholt bekräftigt, dass sie Maßnahmen, die zu einem Wettrüsten im Weltraum führen, für unzulässig erachtet. Einzelne Staaten, insbesondere China und Russland, haben daher auch Tests im Weltraum verurteilt. Der strukturprägende Einfluss des weltraumrechtlichen CHOM-Grundsatzes wird insbesondere auch in Bezug auf den Grundsatz der friedlichen Nutzung und damit in sicherheitspolitischer Hinsicht bedeutsam. Zum Einen führt das Prinzip zu einer Vermutung zu Gunsten der Interdependenz der Staaten an Stelle einer Präponderanzvermutung zu Gunsten staatlicher Souveränität. Anders als im herkömmlichen Völkerrecht sind die Staaten im Gemeinschaftsraum nicht frei, ausschließlich ihre eigenen Interessen zu verfolgen, sondern sie müssen dabei auch zur Realisierung des Allgemeinwohlinteresses der Völkerrechtsgemeinschaft handeln. Der CHOM-Grundsatz als materiales Strukturprinzip des Weltraumrechts ist verbindlicher Auslegungsmaßstab, der bei der rechts setzenden Lückenfüllung de lege ferenda, bei Verfahrens- und institutionellen Folgerungen und bei der Abwägung von Staatengemeinschafts- und einzelstaatlichen Interessen zwingend berücksichtigt werden muss. Aus den strukturprägenden Folgerungen der Menschheitsklausel des CHOM-Grundsatzes auf den Sicherheitsbereich ergeben sich in Verbindung mit dem weltraumrechtlichen Kooperationsgebot die universellrechtlichen Grundlagen Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum. Diese sind auf einer allgemeinen Ebene im Verhältnis der großen Nuklearmächte anerkannt. Sie legen den Weltraummächten die Pflicht auf, kooperative Lösungen in Bezug auf die militärische Nutzung des Gemeinschaftsraums im Interesse der Sicherheit aller Staaten, d. h. im Sinne Gemeinsamer Sicherheit zur Verwirklichung der Sicherheitsinteressen der internationalen Gemeinschaft und in Erfüllung der nuklearen Abrüstungsverpflichtung zu suchen. Die strukturelle Analyse hat hinsichtlich der Anwendung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung als wesentliches Strukturelement des CHOM-Prinzips außerdem deutlich gemacht, dass die unterschiedlichen Dimensionen des Grundsatzes jeweils in struktureller Konkordanz zu den anderen grundlegenden Rechtsgrundsätzen des Weltraumvertrages stehen, die wiederum in der Summe den Kern des weltraumrechtlichen CHOM-Grundsatzes bilden. Sie spiegeln damit zugleich den völkerrechtlichen Strukturwandel in seiner weltraumrechtlichen Ausprägung wider. Eine strukturadäquate Konkretisierung des Normgehalts des Grundsatzes unter Berücksichtigung der Staatenpraxis führt des Weiteren dazu, dass die Verpflichtung aus Artikel I WRV

F. Ergebnis und Schluss betrachtung

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zur Umsetzung der Allgemeinwohlklausel im Sicherheitsbereich durch eine völkergewohnheitsrechtliche Pflicht zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum verstärkt wird. Diese kann angemessen durch die multilaterale Aushandlung eines Verbots von Weltraumwaffen und eines Schutzregimes für friedliche Nutzungen des Weltraums erfüllt werden. Die Weigerung, Fragen einer aktiven militärischen Nutzung des Weltraums in multilateralen Verträgen zu regeln, widerspräche entsprechend dem IGH-Rechtsgutachten zu Nuklearwaffen außerdem der auch auf den Weltraum anzuwendenden Abrüstungsverpflichtung nach Artikel VI NVV. Daraus folgt, dass eine Stationierung eines NMD-Systems mit aktiven zerstörerischen Komponenten im gemeinschaftlichen Weltraum völkerrechtlich nur zulässig ist, wenn sie unter angemessener Beteiligung der internationalen Gemeinschaft und einvernehmlicher Einbindung in einen multilateralen Rahmen erfolgt. Dementsprechend ist eine einseitige bzw. antagonistische Stationierung eines umfassenden NMD-Systems zur Bekämpfung von Raketen im Mitflug mit der Verbringung von Waffen in den Weltraum als unzulässige Nutzung des Gemeinschaftsraums anzusehen. Dies ergibt sich verfahrensmäßig auch daraus, dass die Nutzung des Weltraums auch in sicherheitspolitischer Hinsicht am "global public interest" zu messen ist. Daher bedarf es zwingend geeigneter Verfahren, um die Feststellung und Berücksichtigung des Gemeinschaftsinteresses im Sicherheitsbereich zu gewährleisten. Eine Minimalvoraussetzung dafür ist die Schaffung einer internationalen Ordnung bezüglich der in Frage stehenden Nutzungsart. Da die bestehenden weltraumvertraglichen Regelungen in Bezug auf militärische Nutzungen insbesondere auch in verfahrensmäßiger Hinsicht völlig unzureichend sind und darüber hinaus seit nunmehr über dreißig Jahren die Auslegung des Gebots der friedlichen Nutzung kontrovers ist, besteht ein Regelungsdefizit, um den Inhalt des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraums festzulegen und seine Einhaltung zu gewährleisten. Dieses überschneidet sich mit dem vom IGH allgemein in Bezug auf die Einhegung von Nuklearwaffen festgestellten dringenden Norrnativbedürfnis. Auf Grund des überragenden Interesses der Menschheit, dass militärische Nutzungen des Weltraums nicht zu einer Verschärfung der internationalen Sicherheitslage und insbesondere der nuklearen Bedrohung, sondern im Gegenteil entsprechend Artikel III WRV zur Förderung des Weltfriedens, der internationalen Sicherheit und internationaler Verständigung und Zusammenarbeit führen, besteht eine dementsprechende Rechtsverpflichtung der Staaten zur gemeinsamen Schaffung einer internationalen Ordnung im militärischen und Sicherheitsbereich, welche die Einhaltung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung prozedural und inhaltlich gewährleistet. Deren Erfüllung erfordert verfahrensmäßig die Aushandlung eines multilateralen Vertrages über Gemeinsame Sicherheit im Weltraum einschließlich seiner institutionellen Absicherung. Inhaltlich

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F. Ergebnis und Schluss betrachtung

könnte ein solches Abkommen auf die strukturell und materiellrechtlich entwickelten Rechtsstandards der friedlichen Nutzung zurückgreifen, die ihrerseits im Interesse der Rechtssicherheit konkretisiert und durch ausdrückliche Ge- und Verbote ergänzt werden sollten. Es handelt sich um die Rechtsstandards Gemeinsamer/kooperativer Sicherheit im Weltraum, der Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum, des Verbots militärischer Okkupation, des Verbots der Stationierung von Nuklear- und anderer Massenvernichtungswaffen im Weltraum sowie der vollständigen Entmilitarisierung der Himmelskörper, des Wohles der Menschheit und des Nutzens aller Staaten unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer (Artikel I Absatz 1 WRV), der umweltwahrenden friedlichen Nutzung des Weltraums (Artikel I Absatz 1, IX WRV und Artikel 4 und 7 MV) und des Rechtsgebots, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit sowie die internationale Zusammenarbeit und Verständigung (Artikel III WRV) zu fördern. Zur Gewährleitung der friedlichen Nutzung des Weltraums erhebt die internationale Gemeinschaft den auf den Weltraumvertrag von 1967 gestützten Rechtsanspruch, dass sich die Weltraummächte zwingend an der Ausarbeitung einer internationalen Ordnung zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum beteiligen. Eine solche Ordnung ist zur Konkretisierung des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums und zur Wahrung seines Gemeinschaftsstatus entsprechend dem CHOM-Grundsatz dringend erforderlich. Mit der seit der Entstehung der Menschheitsklausel im Weltraum vertrag zu beobachtenden zunehmenden "Verrechtlichung" der internationalen Gemeinschaft lässt sich eine konkretisierende Auslegung des Rechtsgebots der friedlichen Nutzung als einer Verpflichtung gegenüber der internationalen Gemeinschaft zur Schaffung einer internationalen Ordnung zur Gewährleistung der friedlichen Nutzung des Gemeinschaftsraumes und zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum begreifen. Diese Verpflichtung ist Ausfluss der Menschheitsklausel und des Gemeinschaftsstatus des Weltraums. Sie gründet darin, dass die volle Reichweite des Grundsatzes der friedlichen Nutzung des Weltraums aus der Menschheitsklausel als einem zentralen Element des CHOM-Grundsatzes zu entwickeln ist. Dieser stellt ein allgemeines Strukturprinzip des Weltraumrechts dar, das den Status des Weltraums als "gemeinsames Erbe der Menschheit" konstituiert. Mit der wiederholten ausdrücklichen Bezugnahme auf den CHOM-Grundsatz im Rahmen der aktuellen Verhandlungen in der Genfer Abrüstungskonferenz im Zusammenhang mit der Forderung der internationalen Gemeinschaft nach unverzüglicher Aufnahme multilateraler Verhandlungen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum hat sich in der Staatenpraxis auch bereits die opinio juris entwickelt, dass aus dem Status des Weltraums als CHOM Rechtswirkungen entstehen, die zu einer Rechtspflicht gegenüber der internationalen Gemeinschaft führen, solche Maßnahmen zu unterlassen, die ein Wettrüsten im Weltraum hervorrufen würden.

F. Ergebnis und Schluss betrachtung

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In Erfüllung dieses Kodifizierungsanspruches gegenüber den Weltraummächten wäre die dem CHOM-Status des Weltraums strukturell adäquate Antwort der internationalen Gemeinschaft auf die Herausforderung der Bewahrung des Gemeinschaftsraums für jetzige und künftige Generationen zur friedlichen Nutzung im Menschheitsinteresse die Aushandlung eines multilateralen Abkommens über Gemeinsame/kooperative Sicherheit im Weltraum, kurz ein KSW -Vertrag. Kernelemente einer solchen multilateralen Rechtsetzung zur Verwirklichung des weltraumvertraglichen Menschheitsinteresses im Rahmen Gemeinsamer Sicherheit sollten sein: - Grundsätze der Kooperativen Sicherheit im Weltraum; (1) Transparenz und Vertrauensbildung;

(2) Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit und schrittweise Denuklearisierung; (3) Nichtverbreitung und Abrüstung; (4) Schutz vor unautorisierten und versehentlichen Raketenangriffen und vor Raketenangriffen unter Verletzung des Nichtverbreitungsregimes; - Verbot der aktiven militärischen Nutzung des Gemeinschaftsraums von zerstörerischer Art; - Vernichtung bestehender ASAT-Kapazitäten/Arsenale; - Vertrauensbildende Maßnahmen; - Schutzregime für zivile Weltraumobjekte und passive militärische Nutzungen nicht-zerstörerischer Art, insbesondere der Früherkennung und Verifikation; - Mechanismen zur Durchführungskontrolle: Monitoring und Verifikation, insbesondere durch Errichtung einer International Satellite Monitoring Agency; - Kodifizierung der weiteren Rechtsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums. Das sich in dem völkerrechtlichen Strukturwandel entwickelnde gemeinschaftsorientierte Recht der internationalen Gemeinschaft und der Kooperation im Sicherheitsbereich bietet in Bezug auf die friedliche Nutzung des Weltraums die Chance, eine effektive Ordnung präventiver Friedenssicherung durch die Grundlegung Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum zu schaffen. Dieser Perspektive steht ein an den überkommenen Strukturen des klassischen Völkerrechts orientiertes Verständnis staatlicher Nutzungsfreiheit des Weltraums als "last frontier" im antagonistischen Wettstreit der Staaten gegenüber. Bei einer Fortsetzung und möglichen Ausdehnung des Wettstreits unter Missachtung der sich nach der Überwindung des Kalten Krieges ergebenden Möglichkeiten kooperativer Sicherheit auch auf den

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F. Ergebnis und Schlussbetrachtung

hoheitsfreien Gemeinschaftsraum stünde die internationale Gemeinschaft an der Schwelle eines neuen Wettrüstens im Weltraum, das auch die Hoffnungen auf ein Beenden des Wettrüstens auf der Erde zunichte zu machen drohte. Dem quantitativen Wettrüsten würde ein qualitatives Element eines Hochtechnologiewettlaufs hinzufügt, das vom finanziellen Aufwand her ein nie gekanntes Ausmaß erreichen würde. Diese Mittel könnten direkt für die Förderung der Ziele, die sich die internationale Gemeinschaft für die friedliche Nutzung des Weltraums im Weltraumvertrag im Interesse der ganzen Menschheit gegeben hat, verwendet werden, anstatt auf einen im Vergleich marginalen "spill over" des militärischen Wettstreits für zivile Verwendungen zu hoffen. Die vom IGH in seinem Nuklearwaffen-Gutachten 1996 bekräftigte Verpflichtung der Nuklearmächte, die vollständige Beseitigung der Atomwaffen zu vereinbaren, erfordert den Verzicht auf eine Ausweitung des Rüstungswettlaufs in den Weltraum. Wenn die Einbeziehung von Defensivsystemen im Weltraum Teil eines Strategiewechsels sein soll, der auf eine Abkehr von der Strategie der nuklearen Vergeltung und den Übergang zu einem für die nukleare Rüstungskontrolle und Abrüstung förderlicheren strategischen Umfeld abzielt, so kann dies allein durch technologische Lösungen nicht erreicht werden. Eine Chance für einen solchen Strategiewechsel besteht nur in einem kooperativen Rahmen, der zugleich gewährleisten könnte, dass es zu aktiven militärischen Nutzungen zerstörerischer Art im Weltraum erst gar nicht kommt. Dieser kooperative Rahmen muss auf Grund des CHOM-Status des Weltraums entsprechend der Weltraumverfassung von 1967 zwingend multilateral sein, da alle Staaten von der militärischen Nutzung des Weltraums in ihren Sicherheitsinteressen betroffen sind. Abrüstung bzw. die Verhinderung der Rüstung im Weltraum haben nur in einem kooperativen Umfeld eine Realisierungschance. Eine solche internationale Ordnung der Nutzung des Gemeinschaftsraums entsprechend dem CHOM-Status des Weltraums und der Strukturordnung des Weltraumsrechts könnte Vorbild sein für die sich festigende Strukturordnung des kooperativen Völkerrechts, das eine stärker auf Gemeinschaftsinteressen gründende internationale Ordnung ermöglicht, welche die mit dem CHOM-Grundsatz in Entsprechung des erweiterten Sicherheitsbegriffs verfolgten Gemeinschaftswerte von Abrüstung, wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratisierung der internationalen Beziehungen fördert? Insoweit wäre die Begründung Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum, welche 2 Fujita, CSBMs in Outer Space: Some Political Considerations, in Alves (Hrsg.), CSBM's and Outer Space Activities (UNIDIR 1995) S. 89: "There is nowadays a widely shared perception that if we are to succeed in building a new structure of international security, its foundations must be laid upon broadly shared values of development, disarmament and democratization of international relations. Their in-

F. Ergebnis und Schlussbetrachtung

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der zivilen Nutzung des Gemeinschaftsraums im Interesse der Menschheit zugute kommt, auch ein wesentlicher Schritt zu einem "law 0/ international welfare ". Ob es zu einer Ordnung Gemeinsamer Sicherheit im Weltraum kommt, wird Aufschluss darüber geben, welchen Stellenwert die Weltraummächte der "rule 0/ law" auch in Fragen der Sicherheit zumessen. Zugleich wird an der Wegscheide zu einer qualitativ neuen militärischen Nutzung des Weltraums deutlich werden, ob der Anspruch des Weltraumvertrages, den Weltraum als Gemeinschaftsraum der Nutzung im Interesse der ganzen Menschheit vorzubehalten, aufrecht erhalten bleiben und strukturell gestärkt werden kann oder ob er im Gegenteil einer ungezügelten Beherrschung durch einzelne Staaten Platz machen muss. Die Bestrebungen einer einseitigen Kontrolle über den Weltraum würden den Gemeinschaftsstatus des hoheitsfreien Raumes unterminieren und den - mangels einer institutionellen Untermauerung durchaus fragilen und reversiblen - Strukturwandel der internationalen Ordnung im Weltraum durch die Etablierung einer "space power hierarchy" mit der Tendenz zur Reklamierung von "space sovereignty" wieder rückgängig machen. Die internationale Gemeinschaft steht vor der Alternative, die Grundlagen des völkerrechtlichen Strukturwandels in Bezug auf den Gemeinschaftsraum durch eine gemeinsame Ordnung der friedlichen Nutzung des Weltraums zu sichern oder in die Ära Mahans einer ungezähmten Mächterivalität zurückzufallen und zuzulassen, dass diese auf den Weltraum ausgedehnt wird. Der Strukturwandel des Völkerrechts und seine in der Konzeption des Rechts der internationalen Gemeinschaft zum Ausdruck kommende stärkere Gemeinschaftsbezogenheit werden durch die Bestrebungen der Erlangung einseitiger Weltraumkontrolle einer Bewährungsprobe unterzogen, die, wenn sie erfolgreich bestanden wird, die Hoffnung der Menschheit auf eine Pax cosmica beflügeln wird. Die internationale Gemeinschaft sollte nach Überwindung des Kalten Krieges in ihren Ambitionen bezüglich einer friedlichen Nutzung des Weltraums nicht hinter die von den bei den Weltraummächten sogar während des Kalten Krieges anerkannten Standards, keine Waffen im Weltraum zu stationieren, zurückfallen. Dagegen wäre es nicht nur für die Zukunft der Rüstungskontrolle und der internationalen Sicherheit, sondern auch für die gemeinschaftsorientierte Entwicklung des Völkerrechts ein kaum wiedergutzumachender Rückschlag, wenn sie wegen des mit einseitigen militärischen "space control"-Ambitionen verbundenen Übergangs zu aktiven militärischen Nutzungen von zerstörerischer Wirkung

terrelationships may be either directly correlated or complexly permutable according to the conjuncture, but the trinominal equation remains constant." 34 Wolter

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F. Ergebnis und Schluss betrachtung

im Weltraum dessen Status als friedlichen Gemeinschaftsraum aufgeben müsste. Das modeme Völkerrecht hat die "rechtliche Indifferenz gegenüber dem Krieg" des früheren klassischen Völkerrechts zu Recht aufgegeben? Es ist aufgerufen, zur präventiven Friedenssicherung durch Vermeidung eines Wettrüstens im erdumspannenden Gemeinschaftsraum und zur Vorbeugung eines Krieges beizutragen, in dem es die strukturellen Grundlagen des weltraumrechtlichen Gemeinschaftsstatus festigt und so die Durchsetzung des Gebots der friedlichen Nutzung des Weltraums ermöglicht. Der Weltraumvertrag hat mit der Menschheitsklausel in weitsichtiger Weise die Grundlage dazu geschaffen, dass die Menschheit am Beginn des neuen Millenniums den Weg einer auf Gemeinsamer Sicherheit im Gemeinschaftsraum beruhenden friedlicheren Welt wählt. Die Rolle des Völkerrechts, "at the heart 0/ which is the overriding consideration 0/ humanity ", - so die Formulierung des Haager Gerichtshofes4 -, ist die des Schutzes des Gemeinsamen Erbes der Menschheit und des Gemeinschaftsstatus des Weltraums. Der Abschluss eines Abkommens und die Errichtung einer internationalen Organisation über die Gemeinsame Sicherheit im Weltraum könnten dazu einen Beitrag leisten. Dies wäre eine Antwort auf die Frage des amerikanischen Diplomaten und Friedenspreisträgers des Deutschen Buchhandels, George F. Kennan: "Can we not at long last cast off our preoccupation with sheer destruction, a preoccupation that is costing us our prosperity and preempting the resources that should go to the solving of our great social problems?"s

3 Simma, Völkerrecht in der Krise? ÖZAP 20 (1980) S. 280; ders., Völkerrecht und Friedensforschung, Die Friedens-Warte 57 (1974) S. 71 unter Berufung auf Wolfgang Friedmann: "An der Errichtung einer derartigen nach Wohlfahrts gesichtspunkten orientierten völkerrechtlichen Infrastruktur, auf deren Grundlage dann auch das Gewaltverbot einen befriedigerenden Effektivitätsgrad erreichen kann, wird heute auf vielfältige Art und Weise gearbeitet." [Hervorhebung von mir] 4 ICJ Reports 1969 S. 262 Para. 95. 5 Rede von George F. Kennan, zitiert nach Schell, The Abolition S. 162.

Anlage I. Bi- und multilaterale Verträge betreffend den Weltraum oder den Weltraum einbeziehend mit Auswirkungen auf die militärische Nutzung des Weltraums Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper vom 27. Januar 1967 (Weltraumvertrag), BGBI. 1969 11 S. 1969; abgedruckt in WelcklPlatzöder, Weltraumrecht. Outer Space Law. Textsammlung S. 25 Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten auf dem Mond und anderen Himmelskörpern (Mondvertrag), in WelcklPlatzöder, S. 30 Übereinkommen vom 14. Januar 1975 über die Registrierung von in den Weltraum gestarteten Gegenständen (Weltraumregistrierungsabkommen), in WelcklPlatzöder, S.49 Übereinkommen vom 22. April 1968 über die Rettung und Rückführung von Raumfahrern sowie die Rückgabe von in den Weltraum gestarteten Gegenständen (Weltraumrettungsabkommen), BGBI. 1971 II S. 238 in WelcklPlatzöder, S. 39 Übereinkommen vom 29. März 1972 über die völkerrechtliche Haftung für Schäden durch Weltraumgegenstände (Weltraurnhaftungsabkommen), BGBI. 1975 II S. 1210 in WelcklPlatzöder, S. 42 Entschließung vom 3. Dezember 1986 von Prinzipien zur Fernerkundung der Erde vom Weltraum (VN Res. 41/65), in WelcklPlatzöder, S. 643 Vertrag vom 5. August 1963 über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser (Partieller Teststopp-Vertrag), BGBI. 1964 II S. 907, in WelcklPlatzöder, S. 53 Übereinkommen vom 18. Mai 1977 über das Verbot der militärischen oder einer sonstigen feindlichen Nutzung umweltverändernder Techniken (Umweltkriegsübereinkommen), BGBI. 1983 II, S. 126, in WelcklPlatzöder, S. 79 Vertrag vom 26. Mai 1972 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion über die Begrenzung der Systeme zur Abwehr ballistischer Flugkörper (ABM-Vertrag), abgedruckt in WelcklPlatzöder, S. 62 Interimsabkommen vom 26. Mai 1972 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion über bestimmte Maßnahmen hinsichtlich der Begrenzung strategischer Angriffswaffen (SALT I-Vertrag), abgedruckt in WelcklPlatzöder, S. 70 34*

532

Anlage

11. Bisherige Vorschläge zur Verhinderung eines Wettrüstens und für vertrauensbildende Maßnahmen im Weltraum 1. Vertragsentwürfe für ein Verbot aktiver militärischer Nutzungen des Weltraums von zerstörerischer Art in den Vereinten Nationen und in der Genfer Abrüstungskonferenz (CD) a) Vorschläge zur Ergänzung von Artikel IV WRV durch eine Ausweitung auf jede Art von Weltraumwaffen (Einfügung von "any kind of weapon" in Absatz 1) Italien 1968 und erneut 1978 in der VN-Generalversarnrnlung, Official Records of the General Assembly A/7221 v. 9.9.1968; A/AC.187/97 v. 1.2.1978;

1979 in der CD (CD/9 v. 26.3.1979), "Additional Protocol to the 1967 Treaty on Principles Governing Activities of States in the Exploration and Use of Outer Space, Including the Moon and Other Celestial Bodies"; Venezuela 1987: CD/PV 398, 9 v. 19.3.1987; Peru 1983: CD/PV 939, v. 28.7.1989, 2;

Die Vorschläge Venezuelas und Perus sahen auch das Verbot bereits der Entwicklung, Herstellung und Lagerung von Weltraumwaffen vor, was in Bezug auf den Weltraumvertrag ein Novum darstellte.

b) Vorschläge für ein eigenständiges Abkommen über das Verbot von Weltraumwaffen UdSSR 1981: "Draft Treaty on the Prohibition of the Stationing of Weapons of Any Kind in Outer Space" (Letter Dated 10 August 1981 from the Soviet Foreign Minister to the Secretary-General, ORGA A/36/192, 20.8.1981) und 1982 in der CD (CD 274 v. 7.4.1982, 2);

1983: "Draft Treaty on the Prohibition of the Use of Force in Outer Space and from Space Against the Earth" (ORGA A/38/194 v. 23.8.1983; CD/476 v. 20.3.1984); Russland Februar 200 1: Moskauer VN-Konferenz zur Verhütung der Militarisierung des Weltraums und zur Förderung der friedlichen Zusammenarbeit; Press Release der Ständigen Vertretung Russlands bei der CD v. 22.3.2001;

24. September 2001 in der VN-Generalversammlung: Vorschlag zum Abschluss eines multilateralen Vertrages zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum sowie eines Moratoriums für die Stationierung solcher Systeme im Weltraum. Im Falle der Annahme durch andere führende Weltraummächte wäre Moskau zur Übernahme einer solchen Moratoriumsverpflichtung bereit; Press Release Russian Mission to the UN, New York v. 21.9.2001;

11. Bisherige Vorschläge zur Verhinderung eines Wettrüstens

533

China 1985: CD/579 vom 19.3.1985, 1;

2000: "China's Position and Suggestions for Ways to Address the Issue of Prevention of an Arms Race in Outer Space at the Conference on Disarmament" vom 9.2.2000; CD1606 v. 9.2.2000 u. CD/PV 843 v. 24.2.2000; Kanada seit 1982: konzeptionelle Papiere zur Rüstungskontrolle im Weltraum; Vorschläge zur verfahrensmäßigen und institutionellen Seite der Sicherung der friedlichen Nutzung des Weltraums (CD/320 v. 26.8.1982; CD/PV 252 v. 22.3.1984; 15; CD/301 v. 21.3.1985, 16); Vorschlag für ein Verbot von Weltraumwaffen: Kanada, CD/410 v. 30.4.1987, 12;

5. Februar 2001: Kanada legte ein Arbeitspapier zu PAROS vor, in dem es vorschlägt, "that a CD Ad Hoc Comrnittee on Outer Space be established with the mandate to negotiate a convention for the non-weaponization of outer space ... There is no current multilateral agreement banning the deployment of weapons other than weapons of mass destruction. There is thus need for the international community to address this problem, and to do so multilaterally, particularly in view of the growing number of states with the capacity or near-capacity to place objects into orbit ... We accept the current military uses of outer space for surveillance, intelligence-gathering and communication. Our focus is on the non-weaponization of outer space, i. e. no positioning of actual weapons in outer space. "; CD, Arbeitspapier "The Non-Weaponization of Outer Space" v. 5.2.2001 sowie CD/1569 v. 4.2.1999: "Proposal Concerning CD Action on Outer Space". Indien 1989: Vorschlag, das von der UdSSR erklärte Moratorium von ASATTests, das auch die USA auf Grund der Vorgaben des Kongresses einhielten, in einem multilateralen Vertrag, der außerdem die Zerstörung bestehender Systeme vorsehen sollte, verbindlich zu vereinbaren (CD/PV 486 S. 6; CD/PV 484 v. 7.2.1989, 15); Pakistan 1986: Vorschlag, den ABM-Vertrag einschließlich des Entwicklungsverbotes zu multilateralisieren sowie ein Paket vertrauensbildender Maßnahmen, darunter Immunitätsregeln für Satelliten, abzuschließen (Pakistan, CD1708 v. 26.6.1986, 14); Sri Lanka 1985: ASAT-Verbot (CD/PV 325 v. 30.7.1985,12); Schweden 1989: Vorschlag für ein umfassendes Verbot von Weltraumwaffen einschließlich der Vernichtung bestehender land- oder luftgestützter ASAT -Systeme und ihrer Entwicklung oder Herstellung (CD/PV 516 S. 18; CD/PV 484 v. 7.2.1989, 15);

21. Januar 1988: "Stockholm-Erklärung" der Regierungschefs von Schweden, Griechenland, Mexiko, Tansania, Argentinien und Indien, in der ein solches umfassendes Verbot zur Verhinderung eines vertikalen und horizontalen Rüstungswettlaufs im Weltraum gefordert wird (CD/807 v. 19.2.1988);

534

Anlage

Frankreich 1978: Vorschlag zur Errichtung einer International Satellite Monitoring Agency; UN Doc. A/S-lO/AC.l/7 vom 1.6.1978, abgedruckt in: Welck! Platzöder, 117;

1984: Vorschlag für ein Verbot von Weltraumwaffen und insbesondere ein ASATVerbot (CD/PV 263, 12.6.1984, 19) und für einen "code of conduct"; Deutschland 1985/1986: Vorschläge für vertrauensbildende Maßnahmen und ein Immunitätsregime für Satelliten sowie multilaterale Verifikationsfragen. Diese sollten ein zunächst bilateral zwischen den USA und der UdSSR auszuhandelndes Verbot von ASAT-Waffen ergänzen (CD/PV 289 v. 7.2.1985, 9; CD/318 v. 4.7.1985, 13, und CD/PV 345 v. 6.3.1986, 9); USA: Während die US-Regierung in der CD den Standpunkt vertritt, dass neue multilaterale Abkommen nicht erforderlich seien, legte der US-Kongress von 1983 bis 1995 der Regierung quasi ein Testverbot für ASA T-Systeme auf, solange sich auch die UdSSR bzw. Russland daran hielten;

1983: Joint Resolution of the US House of Representatives (HJ. Res. 120, 2.2.1983, 98 th Congress, 1st sess.) sieht in der Präambel vor, dass "an international agreement to prohibit the introduction of weapons of any kind into space is needed in order to avoid the financial, social and human costs that could result from such an arms race." Section 1 weist den Präsidenten an, ein umfassendes Verbotsabkommen für Weltraumwaffen (bereits Verbot von Tests) auszuhandeln. Der demokratische US-Kongressabgeordnete Kucinich brachte im Oktober 2001 einen Gesetzentwurf mit dem Titel "Space Preservation Act" (The Space Preservation Act, 107 th Congress 1st Session, H. R. 3616 v. 2.10.2001) und einen "World Treaty to Ban Space Weapons" ein. Der Gesetzentwurf steht in der Tradition der ursprünglichen amerikanischen Weltraumpolitik Präsident Eisenhowers und des Weltraumvertrages und wird von der Absicht geleitet "to preserve the cooperative, peaceful uses of space for the benefit of humankind by permanently prohibiting the basing of weapons in space" (Präambel). Er sieht in Sektion 4 vor: "The President shall direct the United States representatives to the Uni ted Nations and other international organizations to immediately work toward negotiating, adopting, and implementing a world agreement banning space-based weapons." c) Vorschläge von Nichtregierungsorganisationen

USA: Vereinigung der Concerned Scientists, Mai 1983 Entwurf von Gottfried, Garwin, Gayler und Sagan für ein Verbot von Anti-Satellitenwaffen: Draft Treaty Presented to the U.S. Senate Foreign Relations Comrnittee in May 1983 by the Union of Concerned Scientists, abgedruckt in: WelckiPlatzöder, 125; dazu Gottfried, An ASAT Test Ban Treaty, in: Jasani (Hrsg.), Space Weapons - The Arms Control Dilemma, SIPRI (1984), 132. Deutschland: Göttinger Initiative von Naturwissenschaftern "Vertragsentwurf zur Begrenzung der militärischen Nutzung des Weltraums"; Bundestagsprotokoll, 10. Wahlperiode, 166. Sitzung, 18.10.1984, 57; Text mit Kommentierung in: Fischer!

H. Bisherige Vorschläge zur Verhinderung eines Wettrüstens

535

LabuschlMauslSchefjran, Entwurf eines Vertrages zur Begrenzung der militärischen Nutzung des Weltraums, in: LabuschlMauslSend (Hrsg.), Weltraum ohne Waffen. Naturwissenschaftler warnen vor der Militarisierung des Weltraums (1984), 175 sowie in WelcklPlatzöder, 129; englische Fassung in: HoldrenlRothblat (Hrsg.), Strategie Defences and the Future of the Arms Race, A Pugwash Symposium (1987); s. auch die Erläuterung des Entwurfs von Maus, Prinzipien des Göttinger Vertragsentwurfs, in: Labusch/Maus/Send (Hrsg.), 168 und ders., The Necessity of a Multilateral Treaty Interdicting the Introduction of Arms into Space, in: Colloque internatonal sur la militarisation de l' espace extra-atmospherique, Bruxelles, 28-29 juin 1986 (1998), 187. Eine aktualisierte Fassung wurde von dem Mitautor des Entwurfs, Jürgen Schefjran, am 4.11.2000 auf der Göttinger Fachtagung zu Raketenabwehrsystemen vorgestellt (Mimeo). 2. Vorschläge für vertrauensbildende Maßnahmen im Weltraum und für die Errichtung eines Schutzregimes für Satelliten

Eine Reihe von Staaten haben insbesondere in der CD und teilweise in COPUOS entweder als Teil von Rüstungskontrollvorschlägen oder als eigenständiger Beitrag zur Sicherheit im Weltraum zum Teil umfangreiche Vorschläge für vertrauensbildende Maßnahmen im Weltraum vorgelegt. Sie zielen auf die Schaffung von Transparenz, Vorhersehbarkeit, Informationsaustausch und wegen der dual-use-Fähigkeit der Weltraumtechnologie bis hin zu Technologietransfer. Mit Blick auf die spezifischen Probleme im Weltraum wurden außerdem besondere Immunitätsregime für Satelliten sowie Verkehrsregeln ("rules of the road") in Gestalt eines "space code of conduct" vorgeschlagen. Deutschland 1986: Vorschlag für ein multilaterales Immunitätsregime für Satelliten sowie ein Paket weiterer vertrauensbildender Maßnahmen, das ein zunächst bilateral auszuhandelndes Verbot von Anti-Satelliten-Waffen zwischen den USA und der Sowjetunion ergänzen sollte (CD/PV 345 v. 6.3.1986, 9); 1985-1991: Vorschlag, dass jeder Startstaat jährlich eine Liste mit allen geplanten Weltraumstarts einschließlich des vorgesehenen Zwecks veröffentlichen sollte (CDI PV 345, 10; CD/PV 318 v. 4.7.1985; CD/516, 8; CD/OS/WP. 59); 1991: ausführliche Vorschläge für einen "Space Code of Conduct" mit dem dreifachen Ziel, die Sicherheit von Weltraumaktivitäten zu erhöhen, die Nutzung des Weltraums für feindliche Aktivitäten zu verhindern und ein Immunitätsregime für Satelliten zu schaffen (Non-paper im Ad-hoc-Ausschuss PAROS v. 12.8.1991); Vorschlag von Feigl, CD/OS/WP 48 v. 12.8.1991, der im Namen der Stiftung Wissenschaft und Politik in der CD einen deutschen Vorschlag unter dem Titel "Confidence and Security Building in a Proteetion Regime for Outer Space, Observance of Behaviour vs. Monitoring Weapons" vorgelegt hat. Darin werden drei Hauptelemente eines Pakets vertrauensbildender Maßnahmen im Weltraum vorgeschlagen: - Erweiterung der Registrierungs- und Notifizierungsverfahren; - Regelungen für Bahnverhalten im Weltraum ("rules of the road") sowie - Überwachungsmaßnahmen.

536

Anlage

Frankreich 1991: Vorschlag für eine Verstärkung der Registrierungskonvention und der Einführung von Sicherheitsabständen sowie von Sicherheitszonen, in denen kreuzende Weltraumobjekte einer obligatorischen vorherigen Notifikation unterliegen sollten; 198911992: Vorschlag für einen "space code of conduct" (CD/937 v. 21.7.1989, 6; CDI1092 v. 1.8.1991);

1989: Vorschlag für eine Multilateralisierung der im ABM-Vertrag zwischen den USA und der UdSSR und in den SALT I und lI-Verträgen gewährten gegenseitigen "non-interference" für ihre Überwachungssatelliten im Zusammenhang mit den "national technical means of verification". Ein solcher Grundsatz sollte auf alle Satelliten angewendet werden, die keine eigene Fähigkeit zu einer schädlichen Einwirkung auf andere Weltraumobjekte besitzen (CD/937 v. 21.7.1989); 198911992: Vorschlag zur verfahrensmäßigen Absicherung des Immunitätsregimes, die Einrichtung eines International Trajectory Centre (UNITRACE) sowie eines International Launch Notification Centre (ILNC), jeweils unter der Ägide der Vereinten Nationen. Das UNITRACE sollte alle relevanten Daten über die geplante Umlaufbahn von Weltraumobjekten zur Kollisionsvermeidung erhalten. Das ILNC sollte als Mechanismus dienen, das von Frankreich und Deutschland vorgeschagene obligatorische Regime der Notifizierung aller Weltraumstarts von Satelliten und ballistischen Raketen umzusetzen (CD/937 v. 21.7.1989 und Intervention Frankreichs vor der 47. VN-Generalversammlung am 23.9.1992 und französisches Non-Paper im PAROS-Ad-hoc-Ausschuss v. 16.3.1993);

1978: französischer Vorschlag für die Errichtung einer International Satellite Monitoring Agency; UN Doc. A/S-lO/AC.I/7 v. 1.6.1978; Europa 1998: erstmals gemeinsamer Vorschlag der ESA-Staaten in COPUOS: Verstärkung des Weltraurnregistrierungsabkommens, WP UNDoe. AI AC. 105/C.21 L.211/Rev.l v. 30.3.1998. 3. Vorschläge zur gemeinsamen Entwicklung einer globalen Raketenabwehr USA

1983: Vorschlag Präsident Reagans, die Ergebnisse von SDI mit dem langjährigen Gegner auszutauschen und gemeinsam Nuklearwaffen "impotent and obsolete" zu machen. Die USA, CD/PV 349 v. 20.3.1986, S. 14 legten in der CD einen konkreten Vorschlag vor, dass beide Seiten zu diesem Zweck ihre Forschungslaboratorien für die andere Seite öffnen sollten. Russland

1992: Positive Antwort Präsident felzins auf das Angebot von Präsident Bush, sich an dem amerikanischen GAPLS zu beteiligen. Der seinerzeitige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma und spätere russische Botschafter in Washington, President Yeltsin's Statement on Arms Control, TASS, 29. 1. 1992 (0425 est); Vladimir Lukin, beschrieb die Motive der russischen Führung wie folgt:

11. Bisherige Vorschläge zur Verhinderung eines Wettrüstens

537

"The Uni ted States is extending a hand to us for real alliance in the nuclear sphere and the strategie defense system. If we agree on this, we could be talking about creating a strategie defense system for the whole of mankind - that is, a situation will arise where we, together with the United States, Europe, and all democratie countries, will protect ourselves from people such as Saddam [Hussein] and others capable of destroying mankind ... "; Vladimir Lukin in Radio Rossii am 1. 10. 1991, wiedergegeben in FBIS, Daily Report: Soviet Union, 1. 10. 1991 S. 50.

USA-Russland: Gemeinsame Erklärung über eine neue strategische Partnerschaft vom 24. Mai 2002: Gemeinsame Beobachtung von MD-Tests und Austausch der Ergebnisse.

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US-amerikanisch-Kanadisches Schiedsgericht, Trail Smelter-Fall, v. 11. 3. 1941, RIAA 3, 1965 (1935) 4. Nationale Gerichte

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Stichwortverzeichnis ABM-Vertrag 50,389 ff. Abrüstung - atomare Abrüstung 379 ff., 459 - und Rüstungskontrolle 49,359 - Verhandlungspflicht 131, 152 f. Allgemeine Rechtsgrundsätze 203 ff., 254 ff. Allgemeinwohl siehe Gemeinwohlprinzip Aneignungsverbot 177 ff. Anerkennung, von Waffentests im Weltraum 161 ff. Antarktis-Vertrag 38, 289 Antiraketensysteme siehe BMD Antisatellitenwaffen 76 ff., 195 Atomwaffen - atomare Gefechtsköpfe auf BMD-Systernen 386 - IGH-Gutachten über Rechtmäßigkeit 142, 361, 365 - strategie transition 273 ff., 459 ff. - Verbot der Stationierung im Weltraum 49,346 Ballistic Missile Defence - Pläne der Bush jr.-Administration 102 ff. - Tests 77, 82, 99, 163 bodengestützte ABM-Systeme 76 ff. bona fides, Verhandlungspflicht zu allgemeiner und vollständiger Abrüstung 131, 152 f.

- Vorbild für Verbot von Weltraumwaffen 455 ff., 474 ff. CHOM siehe Gemeinsames Erbe der Menschheit Cocca, Alfred - Begründer des CHOM-Prinzips im Weltraumrecht 170, 172 Fn. 23, 186 Fn. 80 - Theorie des Weltraurnrechts 170 Consensus 171 COPUOS siehe Weltraumausschuss Demilitarisierung - des Mondes und anderer Himmelskörper 279 - des Weltraums per se 47 ff., 249 ff. Denuklearisierung siehe Atomwaffen "Dual use"-Technologien 369 f., 471 f. Effektivität - völkerrechtlicher Grundsatz der 26 Entkolonialisierung - und Normentstehungsprozess 243 ff. - und völkerrechtlicher Strukturwandel 235 ff. equitable sharing 79 ff., 235 ff., 343 ff., 383 ff. Estoppel-Grundsatz 162 Friede - negativer Friedensbegriff 318

CD siehe Genfer Abrüstungskonferenz Chemiewaffenabkommen - OVCW siehe internationale Organisationen

- positiver Friedensbegriff 318 ff. - Rechtsstandard der Förderung des Weltfriedens und internationaler Sicherheit 318 ff., 343 ff.

Stichwortverzeichnis Friedliche Nutzung - Anwendungsbereich des Grundsatzes 279 ff. - Entstehungsgeschichte des Grundsatzes 184 ff. - hoheitsfreier Räume 290 - Strukturelemente des Grundsatzes 307 ff. Friedmann, Wolfgang - und völkerrechtliche Strukturanalyse 217 ff. - Weltfrieden und internationale Sicherheit 318 - Weltraumrecht 224 f. Gemeinsame Sicherheit - Grundlagen 258 ff. - sicherheitspolitisches Konzept 264 ff. - Strukturelemente 264 ff. Gemeinsames Erbe der Menschheit - Anwendungsbereich 169 ff. - Rechtsgrundsatz 203 ff. - Rechtsnatur 193 ff. - Strukturelemente 177 ff., 232 ff. Gemeinwohlprinzip - Spannungsverhältnis zu Partikularinteressen 60 ff. - Vorrang 232 ff. Genfer Abrüstungskonferenz 127 ff. Gewaltverbot - im Weltraum 333 ff. - und Selbstverteidigung 335 ff. global commons 325 f. Göttinger Vertragsentwurf über Verbot von Weltraumwaffen 438 ff. Hohe See - Status der 287 ff. - Unterschied zu Weltraum 290 f. IMCO siehe IMO IMO als Vorbild für Weltraumorganisation 520 Internationale Gemeinschaft 38 Wolter

583

- als Rechtsträger 420 ff. - Recht der 230 ff., 415 - und CHOM 222 ff. Internationale Organisationen - Organisation für Kooperative/Gemeinsame Sicherheit im Weltraum, OKSW 507,512 ff. - Organisation zur Durchführung des Chemiewaffenabkommens, OVCW 519,514 - für allgemeine Abrüstung 502,512 - für Umweltschutz im Weltraum 472 Internationale Satellitenagentur 495 ff. ISMA siehe internationale Satellitenagentur Ius cogens und CHOM 206 ff. Jenks, Wilfried - International community 490 - Weltraumrecht 256 ff., 400 "Keep out"-Zonen 178, 339 ff. Konstitutionalisierung siehe Verfassung Konsultationspflichten - nach Weltraum vertrag 169 ff. - und Gemeinsame Sicherheit 356 ff. Kooperationspflichten - als Strukturelement des CHOM-Prinzips 189 ff. - nach Weltraumvertrag 189 ff., 323 ff. - und Gemeinsame Sicherheit 356 ff. Kooperative Sicherheit siehe Gemeinsame Sicherheit künftige Generationen, Rechte 187 f. Luftgestützte ABM-Systeme 76 f. Luftraum, Abgrenzung zum Weltraum 178 f. MAD siehe Nukleare Abschreckung Menschheit - als Völkerrechtssubjekt 420 ff.

584

Stichwortverzeichnis

- und internationale Gemeinschaft 420 ff. Menschheitsinteresse - im Sicherheitsbereich 405 ff. - und Gemeinsame Sicherheit 258 ff., 277 Menschheitsklausel 209 ff. Militärische Nutzung des Weltraums 64 ff. Mondvertrag 174 ff. Multilaterale Verifikation 472 ff. Multilateralisierung - nuklearer Sicherheit 275, 462 ff. - Raketenabwehr 462 ff., 272 ff. - Satellitenverifikation 513 Nichtverbreitung - von Atomwaffen siehe nukleare Nichtverbreitung - von Massenvernichtungswaffen 266, 459, 513 NMD siehe Ballistic Missile Defence "non-dedicated" systems 467 Nukleare Abschreckung - und Gemeinsame Sicherheit 272 - und IGH 361, 414 f. - und Raketenabwehr 272 ff. - Überwindung der 462 ff. Nukleare Nichtverbreitung 60, 459, 513 Okkupation - militärische Okkupation 177 ff., 338 ff. - Okkupationsverbot und friedliche Nutzung 313 OKSW siehe internationale Organisationen Orbit - geostationärer 181 ff. - Lower Earth Orbit 469 ff. Pardo, Alfredo 172 Fn. 23 - und CHOM-Initative im Seerecht 186 Fn. 80

PAROS siehe Wettrüsten im Weltraum Passive militärische Nutzungen des Weltraums, Unterscheidung zu aktiven Nutzungen zerstörerischer Art 64,75 ff. Pax cosmica und Gemeinsame Sicherheit 531 PAX:SAT 501 ff. Peaceful Use of Outer Space siehe friedliche Nutzung Peacekeeping und Raketenabwehr 449 Präventive Rüstungskontrolle 460 Präventi ve Verteidigung 271 Protest, völkerrechtlicher und raumwaffentests 162, 524 Raketenabwehr siehe Missile Defence

auch

Welt-

Ballistic

- im Weltraum 272 ff., 462 ff. - und Gemeinsame Sicherheit 272 ff. Rechtsquellen siehe Völkerrechtsquellen Rechtsstandards der friedlichen Nutzung des Weltraums 232 Rechtstatus 279 ff.

des

Weltraums

47 ff.,

Regime, Theorie der internationalen 325 ff., 454 Regional Satellite Monitoring Agency, RSMA 498 f. remote sensing erkundung

siehe

Satellitenfern-

Repressalie 333 ff., 471 mies of the road siehe Verkehrsregeln Satelliten - Fernerkundung 371, 502 ff. - Immunität von zivilen 471 - Reconnaissance- 504

sm, Strategie Defence Initiative

93

Selbstverteidigung im Weltraum 335 ff.

Stichwortverzeichnis Sicherheit siehe auch Gemeinsame Sicherheit - erweiterter Sicherheitsbegriff 259, 262 - internationale 252, 260, 318 ff., 372 f. Souveränität - Lotus-Prinzip 257 - Verhältnis zu Allgemeinwohlbindung 253 ff. Staatengemeinschaft siehe internationale Gemeinschaft Star Wars siehe sm strategie transition siehe auch Atomwaffen - und nukleare Abschreckung 459, 462 ff. - und Verhältnis von Defensiv- und Offensivwaffen 459 Strukturelle Nichtangriffsfähigkeit 265, 459 f. Strukturprinzip - Definition 215 ff. - und Rechtsquellen 254 ff. Strukturwandel - des internationalen Systems 226 ff. - des Völkerrechts 232 ff. - und Normentstehungsprozess 243 ff.

Tests von Weltraumwaffen 78 ff., 95, 98 Teststoppabkommen, Vertrag über teilweisen Teststopp 47 ff. Transparenz, Maßnahmen im Weltraum 458 Treuhand - Treuhandrat und CHOM 517 f. Fn. 372 - und hoheitsfreie Räume 517 Umweltkriegsübereinkommen 189 f. Umweltschutz 38*

585

- Rechtsstandard der Wahrung der Umwelt im Weltraum 187 ff., 366 ff., 385 ff. - Strukture1ement des CHOM-Grundsatzes 325 Umweltvölkerrecht 240 ff. UN-Charta siehe VN-Charta UN-Resolutionen siehe VN-Generalversammlung US National Security, Bericht der Rumsfeld Commission über Space Management and Organisation 86, 103f. US Space Command - Bericht "Vision for 2020" 86 Fn. 203 - und space sovereignty 106 ff. Verfassung - der internationalen Gemeinschaft 230 ff., 415, 420 ff. - Weltraum- 51 Verhaltenskodex - im Weltraum 471 ff. - und Vertrauensbildung 469 ff. Verifikation - co-operative verification 474 - durch internationale Satellitenagentur 476 - multilaterale 475,513 Verkehrsregeln - deutsch-französische Vorschläge 441 ff. - im Weltraum 471 ff. Vertragsentwürfe - über kooperative/gemeinsame Sicherheit im Weltraum 450 ff. - über Verbot von ASAT-Waffen 429 ff. - über Verbot von Weltraum waffen 427 ff. Vertrauensbildende Maßnahmen - Definition 458 - im Weltraum 469 ff. Vertrauensschutz 162

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Stichwortverzeichnis

VN -Generalversammlung - Angreiferdefinition 295 - Resolutionen über die freundschaftlichen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen Staaten 261 VN-Studie - über die Realisierbarkeit einer internationalen Satellitenagentur 473 - über die Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum 450 - über vertrauensbildende Maßnahmen im Weltraum 450 ff. Völkergewohnheitsrecht - und CHOM 198 - und der Grundsatz der friedlichen Nutzung 304 f. Völkerrechtlicher Strukturwandel siehe Strukturwandel Völkerrechtsquellen - und CHOM 193 - und der Grundsatz der friedlichen Nutzung 304 ff. Völkervertragsrecht - und CHOM 193 ff. - und der Grundsatz der friedlichen Nutzung 305 f. Waffen siehe Weltraumwaffen Weltraum - province of all mankind 167, 173, 175 - Rechtsstatus als CHOM 224 ff. - Vergleich mit Hoher See 287 ff.

Weltraumausschuss 42 ff. Weltraumfreiheit 60 ff. Weltraurnhaftungsabkommen 44 Fn. 25 Weltraurnregistrierungsabkommen 44 Fn. 25 Weltraurnrettungsabkommen 44 Fn. 25 Weltraumorganisation - allgemein 490 - für kooperative/Gemeinsame Sicherheit 507 - für Umweltschutz 473 Weltraumverfassung 51 Weltraumvertrag 51 Weltraumwaffen - exotische Waffen 461 - kinetische Waffen 81 - Laserwaffen 79 - radiologische Waffen 80 - Teilchenwaffen 79 - weltraumgestützte ABM-/ASAT-Systerne 102 Wettrüsten - Resolutionen der VN-Generalversammlung 129 - Verhinderung im Weltraum 121 ff., 129 ff. Wohlstandsfolgen, negative einer NMDStationierung 383 ff. Zwingendes Völkerrecht siehe ius cogens