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German Pages 155 Year 1986
U L R I C H FOERSTE
Grenzen der Durchsetzung von Verfügungsbeschränkung und Erwerbsverbot i m Grundstücksrecht
MÜNSTERISCHE BEITRÄGE ZUR RECHTSWISSENSCHAFT Herausgegeben i m Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen
Dr. H e l m u t Kollhosser
Band 19
Dr. Jürgen Welp
Grenzen der Durchsetzung von Verfügungsbeschränkung u n d Erwerbsverbot i m Grundstücksrecht Grundbuchsperre und gutgläubiger Erwerb
Von Dr. Ulrich Foerste
DUNCKER
&
HUMBLOT
/
BERLIN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Foerste, Ulrich: Grenzen der Durchsetzung von Verfügungsbeschränkung und Erwerbsverbot im Grundstücksrecht : Grundbuchsperre u. gutgläubiger Erwerb / von Ulrich Foerste. — Berlin : Duncker und Humblot, 1986. — 154 S. (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft ; Bd. 19) ISBN 3-428-06055-5 NE: GT
D 6 Alle Rechte vorbehalten © 1986 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Hermann Hagedorn, Berlin 46 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06055-5
Meiner Mutter und dem Gedenken meines Vaters
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Sommersemester 1985 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen worden. Die Gegenstände der Untersuchung liegen sämtlich im Grenzbereich von Sachen- und Verfahrensrecht, über den gesagt werden darf, daß er gegenwärtig jedenfalls nicht im Zentrum des wissenschaftlichen Disputes steht. Andererseits hat die Brisanz des Verhältnisses von Gutglaubensschutz und grundbuchamtlicher Tätigkeit in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.2.1986 ( W M 1986,617f.) noch kürzlich Ausdruck gefunden. Während aber in dem dort gegebenen Fall der redliche Erwerb schon daran scheiterte, daß versehentlich nicht erst der nichtberechtigte Verfügende, sondern sogleich der Erwerber ins Grundbuch eingetragen worden war, geht meine Untersuchung der Frage nach, ob das Grundbuchamt gutgläubigen Erwerb noch nach dessen Einleitung verhindern darf. Angeregt wurde die Arbeit von Herrn Prof. Dr. Wolfgang Harms, dem ich für ihre Betreuung, für wertvolle Hinweise und die Erstkorrektur danke. Dem Rektor der Westfälischen Wilhelms-Universität, Herrn Prof. Dr. Wilfried Schlüter, danke ich für die Begutachtung als Zweitberichterstatter. Zu Dank verpflichtet bin ich schließlich Herrn Prof. Dr. Helmut Kollhosser, durch dessen Vermittlung die Dissertation in die Schriftenreihe „Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft" aufgenommen worden ist. Göttingen, im Mai 1986 Ulrich Foerste
Gliederung Einleitung
13
A. Terminologìe, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
16
I. Terminologie
16
1. Verfügungs- und Veräußerungsverbote
16
2. Verfügungsverbot und Verfiigungsbeschränkung
17
3. Verfligungsmacht, -berechtigung und -befugnis
18
II. Abgrenzung und Wirkungsweise
der Verfiigungsbeschränkung
18
III. Die absolute Verfiigungsbeschränkung
20
1. Definition
20
2. Die Konkurseröffnung (§6 I KO)
21
IV. Die Unwirksamkeit
nach §§135, 136 BGB als relative
Verfiigungsbeschränkung
1. Der Meinungsstand
22
2. Stellungnahme
23
a) Kritik der Erklärungsversuche des Schrifttums
23
b) Die Dogmatik der relativen Unwirksamkeit und ihre Bedeutung für die Verfugungsmacht aa) Theorie der Duplizität des Rechtssubjekts bb) Theorien des unvollkommenen Rechtserwerbs cc) Die Auswirkung des Theorienstreits auf die Verfügungsmacht... dd) Entscheidung des Theorienstreits
24 25 26 28 28
B. Zulässigkeit der Durchbrechung des Reihenfolgeprinzips bei Verfügungsbeschränkungen
36
I. Zurückweisung eines Eintragungsantrags als Verstoß gegen §17 GBO
wegen vermeintlicher
II. Die Voreintragung einer Verfiigungsbeschränkung Erwerbs
Mangelhaftigkeit 36
zur Verhinderung gutgläubigen 37
1. Die Praxis der Grundbuchämter und ihre Aufnahme in der Lehre
37
2. Die Bedeutung des Reihenfolgeprinzips angesichts der beschränkten Reichweite des sachenrechtlichen Verkehrsschutzes
38
3. Die Anwendbarkeit des § 17 GBO auf Verfügungsbeschränkungen
43
a) Die Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO
44
b) Analogien zu §§ 18 I I 1, 53 I, 23 I 1 GBO
44
c) Der Rechtsgedanke des §929 I I I 1 ZPO
45
d) Eintragung von Verfügungsbeschränkungen Behörde (§38 GBO)
auf Ersuchen einer 46
22
Gliederung
10
aa) Das generelle Verhältnis von §38 GBO zu § 17 GBO bb) §938 I ZPO als Ermächtigung des Richters zur Suspendierung des Prioritätsprinzips C. Auswirkungen mangelnder Verfügungsmacht auf die Durchsetzbarkeit der Eintragung ins Grundbuch I. Das Phänomen der Grundbuchsperre
46 47
50 50
1. Der Begriff
51
2. Rechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
52
II. Verfahrensrechtliche
Kriterien
für die Versagung der Eintragung
1. Der Einfluß absoluter Verfügungsbeschränkungen
54 54
a) Die Bewilligung nach § 19 GBO aa) Die Bewilligung als Verfügung bb) Minderung der „Bewilligungsmacht"
54 54 57
b) Das materielle Konsensprinzip (§20 GBO)
59
2. Folgen relativer Verfügungsbeschränkungen
61
3. Die Feststellung einer Grundbuchsperre durch den Grundbuchrichter..
65
III. Die Vereinbarkeit
der sog. Grundbuchsperre
mit dem materiellen Recht
1. Der Meinungsstand und erste Kritik
76 78
2. Der Einfluß des § 878 BGB auf die Eintragungsvoraussetzungen
85
3. Die Vollständigkeitsfiktion des Grundbuchs
87
a) Grammatikalische Auslegung
88
b) Funktionelle Auslegung
88
c) Historisch-teleologische Auslegung
89
d) Systematisch-wertende Auslegung
92
e) Anwendungsbereich der lnteressenjurisprudenz
96
f) Der Erwerberschutz im österreichischen und schweizerischen Recht.
97
g) Würdigung
99
4. Erwerberschutz und Grundbuchrecht IV. Die Zwischeneintragung
100
eines Amtswiderspruchs
und §892 II BGB
104
1. Risiken für den redlichen Erwerber
104
2. Vereinbarkeit des Amtswiderspruchs mit dem Gutglaubensschutz
107
a) Der Meinungsstand
107
b) Der Einfluß des § 53 GBO auf Begründung und Schranken des Gutglaubensschutzes 108 aa) Folgen der Ausschaltung des Reihenfolgeprinzips 108 bb) Der Interessengegensatz von Fiskus und Erwerber D. Das richterliche Erwerbsverbot
114
I. Der Meinungsstand II. Die Wirksamkeit
des verbotswidrigen
109
115 Erwerbs
1. Verfügung des Erwerbers i. S. der §§ 135, 136 BGB
122 122
Gliederung 2. Analoge Anwendung der §§ 135, 136 BGB auf das Erwerbsverbot III. Grundbuchrechtliche
123
Konsequenzen des Verbots
132
1. Die Bindung an „Eintragungsverbote"
132
2. Die Auswirkungen der zivilrechtlichen Sanktion
134
a) Der Eintragungsantrag des Erwerbers
134
b) Die Prüfung der Auflassung nach § 20 GBO
135
c) Das Rechtsschutzbedürfnis
136
3. Die suspendierte Auflassung als Eintragungshindernis nach § 20 GBO . 137 Zusammenfassung Literatur
143 146
Abkürzungen AGBG AllgHypO ALR BayZRpfl BGE BL DFG DJ DJZ E GBVfg Gruchot HRG HRR HSF HSS JFG JhJb JSSTV JW KEHE KGJ KKW LZ MIR MK MKU OLGE Recht RheinZ RJA SächsArch BürgRPr SächsArch RPfl SeuffBIRa ZB1FG ZCP ZGB
Allgemeines Grundbuchgesetz (Österreich) v. 2. 2. 1955 Allgemeine Hypothekenordnung (Preußen) v. 20.12.1783 Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Baumbach/Lauterbach Deutsche Freiwillige Gerichtsbarkeit Die Justiz Deutsche Juristenzeitung Entwurf des Gesetzes Grundbuchverfügung v. 8. 8. 1935 (RMB1 637) Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begr. von Gruchot Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte Höchstrichterliche Rechtsprechung Hesse/Saage/Fischer Haegele/Schöner/Stöber Jahrbuch für Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit Jherings Jahrbücher für Dogmatik Jauernig/Schlechtriem/Stürner/Teichmann/Vollkommer Juristische Wochenschrift Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann Jahrbuch der Enscheidungen des Kammergerichts Keidel/Kuntze/Winkler Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Meikel/Imhoff/Riedel Münchener Kommentar Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Das Recht Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozessrecht Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts, herausgegeben vom Reichsjustizamt Sächsisches Archiv für Bürgerliches Recht und Prozeß Sächsisches Archiv für Rechtspflege Seufferts Blätter für Rechtsanwendung Zentralblatt für freiwillige Gerichtsbarkeit und Notariat (u. Zwangsversteigerung) Zeitschrift für Civilprozeß Zivilgesetzbuch der Schweiz
Einleitung Wer ein Grundstücksrecht erwerben will und deshalb die Berechtigung des Verfügenden festzustellen hat, vertraut regelmäßig auf die Richtigkeit des Grundbuchs. Die Gefahr einer Buchunrichtigkeit ist für ihn besonders groß, wenn die sog. Verfügungsbefugnis des Rechtsinhabers beschränkt wird; denn hierzu kann es auch noch kommen, nachdem die Umschreibung des Rechts beantragt ist, da Verfügungsbeschränkungen vielfach weder der Eintragung bedürfen noch durch § 878 BGB entkräftet werden. Waren sie dem Erwerber unbekannt, so genießt er zwar Gutglaubensschutz; dieser unterliegt nach herrschender Meinung und der Grundbuchpraxis jedoch einigen folgenschweren Risiken, deren Zulässigkeit in dieser Arbeit überprüft werden soll. Erfahrt z.B. der Grundbuchrichter vor der Eintragung einer beantragten Rechtsänderung, daß der Verfügende seine volle Rechtsmacht nicht mehr besitzt, so hat er nach herrschender Ansicht die Eintragung kraft Grundbuchverfahrensrechts abzulehnen1. Die Praxis bevorzugt die Begünstigten einiger Verfügungsbeschränkungen auch dadurch, daß sie spätere Anträge auf deren Eintragung ohne Rücksicht auf frühere Anträge eines Rechtserwerbers vollzieht 2 . Nicht minder gefahrlich ist es für den redlichen Erwerber, wenn vor seiner Eintragung noch ein Amtswiderspruch nach § 53 GBO eingetragen wird 3 . All diese Verfahrensweisen können dazu führen, daß ein redlicher Erwerbswilliger das Grundbuch prüft und dem Verfügenden die Gegenleistung erbringt, aber trotzdem nicht erwirbt. Das überrascht insofern, als er sich auf den Rechtsschein des Grundbuchs verlassen und nach Einsicht der Grundakten alles ihm Mögliche getan hat, um Erwerbshindernisse auszuschließen; gerade die Intervention des Grundbuchrichters war für ihn unabwendbar. Dennoch hindert sie einen Erwerb, weil nach herrschender Meinung der Grundbuchrich-
1 Arnheim, § 19 Ν 16; R G R K I Augustin, § 892 Anm. 125; Soergelj Baur, § 892 Rz. 17; Güthe/Triebet, § 19 A 33; Herold, SächsArchRpfl 1, 493; Horber, § 19 Erl. 5Ca, b; M I R , Bern. 134 vor § 13; Liebers 88; Planck ! Strecker 227; Rahn, DJ 1966, 258 f.; Schönfeld, JZ 1959, 41; Schönke/Baur, § 55 I I 3a (1); Staudinger ! Seufert, § 892 Bern. 58; KG, KGJ 27 A 9; OLG Düsseldorf, MittRhNotK 1975, 6, 8. — Anders Eickmann, Rpfl 1972, 78 ff.; Erti in K E H E § 19 Rdn. 98,100; Habscheid, § 41 I I I 1; Harms, SaR, 274; Ripfel, DJ 1966, 51 ff.; M K / Wacke, § 892 RdNr. 70; im Erg. auch Reinicke 16. 2 Z.B. Grundbuchamt Münster bei Eintragung von Versteigerungsvermerken lt. Auskunft vom 18.10. 1979; ebenso das K G (JFG 18, 206) zur Eintragung eines Konkursvermerks. 3 Dies befürwortete Weber, Gruchot 53,378 f.; anders Erti (in K E H E § 19 Rdn. 95) und Kretzschmar, Gruchot 49, 5.
14
Einleitung
ter über das „wahre" Recht wacht, solange das neue Recht noch nicht eingetragen ist. Es fragt sich, ob der Grundbuchrichter hierzu autorisiert ist. Die herrschende Meinung stützt sein Recht und seine Pflicht zur Intervention regelmäßig auf eine „Grundbuchsperre". Deren Herleitung ist allerdings umstritten. Nach einer Ansicht führen Verfügungsbeschränkungen zwangsläufig zur Grundbuchsperre: Da die grundbuchrechtliche Bewilligung voraussetze, daß der Bewilligende die „Bewilligungsmacht" besitze, und da diese von der materiellrechtlichen Berechtigung abhänge, entfalle mit der Verfügungsmacht auch eine Eintragungsvoraussetzung 4. Andere schreiben dem § 135 BGB zwar die Wirkung einer Grundbuchsperre zu, behaupten aber nicht oder bestreiten, daß relative Unwirksamkeit die Verfügungsmacht beseitige5. Weitergehend wurde im älteren Schrifttum teilweise bezweifelt, daß überhaupt eine Verfügungsbeschränkung vorliege, soweit § 892 I 2 BGB eine Verfügung an Gutgläubige ermögliche 6 ; inwiefern § 878 BGB Verfügungsmacht verleiht, wird nicht diskutiert, obgleich ein durch diese Vorschrift geschützter Erwerber nach allgemeiner Ansicht einzutragen ist. Soweit die Unzulässigkeit der Eintragung gutgläubiger Erwerbswilliger auf eine Verfügungsbeschränkung zurückgeführt wird, kann jedoch nicht offen bleiben, unter welchen Umständen die Verfügungsmacht eingeschränkt ist. Die Untersuchung wendet sich in Teil A daher zunächst einer Abgrenzung und Definition der Verfügungsbeschränkung zu, sodann der Sonderfrage, ob Konkurs und relative Unwirksamkeit die Verfügungsmacht beseitigen. In Teil Β soll geprüft werden, ob die sog. Grundbuchsperre und die Praxis sofortiger Eintragung von Beschränkungen das Reihenfolgeprinzip (§17 GBO) verletzen. Durch Gegenüberstellung von Rechtsschein und Erwerbssicherheit in Mobiliar- und Grundstücksrecht wird zunächst der Bedeutung jenes Prinzips nachgegangen. Seiner vollen Anwendung auf Verfügungsbeschränkungen könnten Besonderheiten dieser Institute entgegenstehen. Teil C soll klären, ob es mit dem grundbuchrechtlichen Legalitätsprinzip vereinbar ist, wegen einer Verfügungsbeschränkung den gutgläubigen Erwerb zu verhindern. Nach einer Definition der Grundbuchsperre wird in einem ersten Schritt untersucht, ob die materiellrechtliche Verfügungsbeschränkung stets auch die Fähigkeit entfallen läßt, grundbuchrechtliche Verfahrenshandlungen 7 vorzunehmen; die entsprechende Hypothese der herrschenden Meinung wird auf ihre Vereinbarkeit mit § 135 BGB überprüft. Wirkt eine Beschränkung eintragungs4 5 6 7
Güthe/Triebe!, § 19 A 33; M I R § 19 Bern. 70. KEHE/Erti, § 19 Rdn. 110; Horber, § 22 Erl. 7 C a. Herold, SächsArchRpfl 1, 491; Kretzschmar, Gruchot 49, 4, 6. Sachlich handelt es sich um Prozeßhandlungen, vgl. K E H E /Erti,
Einl. A 20.
Einleitung
15
hindernd, so fragt sich weiter, wann der Grundbuchrichter sie beachten muß und welcher Entscheidungsspielraum ihm zusteht. Soweit er die Eintragung kraft Verfahrensrechts zu verweigern hat, kommt schließlich in Betracht, daß dieses Recht dem materiellen Recht widerspricht und daher zurücktritt. Einen Anhalt für das Verhältnis von Verfahrensrecht und materiellem Recht bietet möglicherweise § 878 BGB, dessen Wirkung zu unterlaufen dem Grundbuchrichter unstreitig untersagt ist 8 . Es folgen die Interpretation des § 892 BGB und der Versuch, sein Verhältnis zu den Eintragungsvoraussetzungen der Grundbuchordnung zu bestimmen. Auch die Zwischeneintragung eines Amtswiderspruchs berührt den Gutglaubensschutz. Soweit dessen Geltungsbereich durch das Reihenfolgeprinzip mitbestimmt wird, scheint er freilich durch § 53 GBO eingeschränkt zu werden, da der Amtswiderspruch jenem Prinzip nicht unterliegt; auch bezweckt der Amtswiderspruch vor allem den Schutz des Fiskus vor der Staatshaftung. Beides scheint Anlaß zur Revision einer Auslegung zu geben, die sich für § 892 BGB auf das Verhältnis von Rechtswahrungs- und Verkehrsinteressen beschränken konnte. Das Problem, inwiefern relative Unwirksamkeit die Rechtsmacht beseitigt oder sogar einer Eintragung des Erwerbers entgegensteht, ist auch für die Wirkungsweise des in Teil D behandelten richterlichen Erwerbsverbots bedeutsam. U m diesem eine konstruktive Grundlage zu geben, plädiert die herrschende Lehre nämlich seit langem für die unmittelbare oder zumindest analoge Anwendung der §§ 135,136 BGB: Entweder „verfüge" auch der Erwerber 9 , oder sein „Erwerbsrecht" stehe der Verfügungsmacht gleich, die durch ein Verfügungsverbot beeinträchtigt werde 10 . Infolgedessen soll ein verbotener Erwerb trotz §§ 878,892 BGB scheitern; in diesem Fall dürfe der Grundbuchrichter auch nicht eintragen 11 . Die Untersuchung behandelt zunächst die Frage, ob ein Erwerbsverbot den Erwerb sachenrechtlich hindert. Dann wird den grundbuchrechtlichen Folgen des Verbots nachgegangen. Sie sind um so bedeutsamer, als selbst eine zivilrechtliche Sanktion des Verbots letztlich ausbliebe, wenn (außer der Auflassung) die Eintragung als solche ausreichte, den Formmangel des Grundstücks-Kaufvertrags nach § 313 Satz 2 BGB zu heilen und so dem Erwerbsverbot die Grundlage zu nehmen. Läßt das Erwerbsverbot nicht schon von sich aus Eintragungsvoraussetzungen, wie die Auflassung oder das Rechtsschutzbedürfnis, entfallen, so kommt doch in Betracht, daß der Richter die dingliche Einigung durch einen zusätzlichen Gestaltungsakt beseitigt.
8
M I R , Bern. 134 vor § 13; M K j Wache, § 878 RdNr. 8 a.E., 11. Grimm 32, 37, 39; Hubernagel, Gruchot 73, 40. 10 Ostermann 47, 52, 54; Weng 28 f., 32. 11 S. nur R G R K / Augustin, § 888 Anm. 24; Beer 172 Fn. 12; Erman/Brox Rdz. 15; O L G Hamm, OLGZ 1970, 438, 440f.; BayObLG, Rpfl 1978, 306. 9
§§ 135, 136
A. Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen Nach der Systematik des deutschen Privatrechts ist der Inhaber eines Rechts grundsätzlich sowohl fähig als auch befugt, über das Recht zu verfügen. Will der Gesetzgeber Verfügungen einer bestimmten Art oder im Einzelfall verhindern, so kann er sie schlicht verbieten. Regelmäßig wird er für Verbotsverstöße aber zugleich Sanktionen vorsehen, ζ. B. Ordnungswidrigkeits- 1 oder Straftatbestände 2 oder auch sachenrechtliche Unwirksamkeit; nur diese zivilrechtliche Sanktion soll im folgenden behandelt werden.
I. Terminologie 1. Verfügungs- und Veräußerungsverbote Die Verbotsgesetze werden entweder als „Verfügungs"- oder als „Veräußerungsverbote" bezeichnet3, wobei die jeweilige Wortwahl kaum einmal erläutert wird. Für diese Arbeit wird dem Begriff Verfügungsverbot der Vorzug gegeben, weil die in ihr behandelten Sanktionen jede Art von Verfügung erfassen. Letzteres gilt auch für § 135 1 1 4 ; obwohl hierin der Verstoß einer „Verfügung . . . gegen ein . . . Veräußerungsverbot" vorausgesetzt ist, dem Wortlaut nach also offenbar gerade die Veräußerung verboten sein muß, wird dies heute allgemein als unstimmig empfunden, da kein Grund bestehe, die übrigen Verfügungen besserzustellen5. Daß § 135 nicht nur Veräußerungsverböte meinte, erweist auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Denn einige Partikularrechte verstanden unter Veräußerung auch die Belastung eines Rechts 6 ; obwohl schon in der Begründung zum 1. BGB-Entwurf der Unterschied zwischen Veräußerung und Verfügung hervorgehoben wurde 7 , ging er in den gesetzlichen Sprachgebrauch nicht durchweg ein.
1 2 3 4 5 6 7
Ζ. B. §§ 71 AußenwirtschVO, 33 I I A W G bei Exportverboten. Z.B. §266 1 F a l l i StGB. Erman/Brox, §§ 135, 136 Rdz. 1; M K / Mayer - Maly, § 135 RdNr. 2. §§ ohne Gesetzesangabe sind solche des BGB. SoergelIHefermehl, §§ 135, 136 Rz. 1; Larenz, AT, §23 IV; Klostermann 3 ff. Vgl. Mugdan I, 422. Mugdan I, 470.
I. Terminologie
17
2. Verfügungsverbot und Verfügungsbeschränkung Der Unterschied zwischen Verfügungsverbot und -beschränkung als der zwischen rechtlichem „Dürfen" und „Können" ist heute überwiegend anerkannt 8 . Bisweilen werden diese Bereiche aber auch terminologisch vermischt 9 . Härtung z.B. zählt zu den Verfügungsverboten nur solche Normen, die eine Verfügung ausdrücklich verbieten 10 . Schon im nächsten Satz aber führt er aus, zu diesen Verboten gehörten auch Gesetze, die (nur bestimmten Personen gegenüber) den Verfügungserfolg eintreten lassen; hier also soll es nicht auf den Verbotsausspruch, sondern auf seine Folgen ankommen. Nach Raape, dem heute noch Fahland 11 folgt, geht von dem relativen Verfügungsverbot in Wirklichkeit kein „Verbot" aus, sondern „bloß" eine Verfügungsbeschränkung. Das absolute Verbot hingegen untersage nicht nur die Verfügung, sondern mache sie auch unwirksam (§ 134); Verfügungsverbote seien daher als „durch Verbote mehr oder minder unterstützte . . . Lähmungen der . . . Verfügung" zu definieren 12 . Ähnlich formuliert Raible: „Veräußerungsverbot ist Nichtkönnen und Nichtdürfen" 13 . Beer hält die „Kann-nicht-Darfnicht-Formel" für verkürzend 14 und die Unterschiede zwischen Verbot und Beschränkung für eher graduell 15 . In der Tat bewirken die Verfügungsverbote häufig, daß der Verfügungserfolg ausbleibt, dies jedoch nicht von sich aus. Die sachenrechtliche Sanktion wird erst durch weitere Vorschriften verhängt: Es sind die §§ 134, 135 usw., die den Verfügungserfolg u.U. hindern, falls ein Verbot existiert 16 . Ferner schließt ein auf § 938 ZPO gestütztes („relatives") richterliches Verfügungsverbot — entgegen Raape — gerade auch das „Dürfen" aus; dies wird dadurch bestätigt, daß bei einem Verbotsverstoß (repressive) Ordnungsmittel festzusetzen sind (§§ 890, 928, 936 ZPO). Andererseits gibt es eine Reihe von Vorschriften, die Verfügungen für unwirksam erklären, ohne sie zu verbieten oder ihr Verbot vorauszusetzen 17. Schon das Gesetz unterscheidet also zwischen dem Verbot
8 S. statt vieler Krüger-NielandIZöller in RGRK § 134 Anm. 8 - 22; M K / Mayer-Maly, § 135 RdNr. 6; BGHZ 13, 179, 184. 9 Staudinger ! Coing § 134 Bern. 9. Böttcher faßt sie als „Verfügungsbeeinträchtigungen" zusammen, Rpfl 1983, 53. 10 35. 11 16f. 12 82 f. 13 25. 14 88 f., 92, 122.
15
122.
16
Dies erkennt auf S. 83 auch Raape an: „Relative Unwirksamkeit ist eine Modifikation des Verfügenkönnens, nicht etwa des Verbots." 2
Foerste
18
A. Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
und der — von diesem nicht immer abhängigen — Unwirksamkeit einer Verfügung. Systematisch wie terminologisch empfiehlt sich daher, als Verfügungsverböte allein die Untersagungen zu bezeichnen, die vom Gesetz oder von zuständigen Stellen als solche ausgesprochen werden und nur Anknüpfungspunkt einer etwaigen, dinglich wirkenden Beschränkung sind. Dagegen sollen diejenigen Anordnungen, die den Verfügenden hindern, den Verfügungserfolg kraft des ihm zustehenden (Sachen-)Rechts herbeizuführen, als Verfiigungsbeschränkungen bezeichnet werden.
3. Verfügungsmacht, -berechtigung und -befugnis Gegenstand jener Beschränkungen ist die aus der Rechtsinhaberschaft fließende Verfügungsmacht. Die abweichende Terminologie Eickmanns 18, nach welcher der Oberbegriff „Verfügungsberechtigung" in eine nur der Inhaberschaft zugeordnete „Verfügungsmacht" 19 und eine daraus folgende „Verfügungsbefugnis" zerfallt, überzeugt nicht. Denn einerseits hängt die rechtlich zugestandene „Macht", den Verfügungserfolg herbeizuführen, bereits von der davon unterschiedenen „Befugnis" ab; diese Macht sollte daher nicht unabhängig von der „Befugnis" bejaht werden. Zum anderen suggeriert der letztgenannte Begriff falschlich, die (rein sachenrechtliche) Berechtigung sei daran gebunden, daß die Verfügung erlaubt sei. Hingegen ist die Berechtigung als Oberbegriff sachenrechtlichen Könnens vom Gesetz (z.B. §§ 816, 185) vorausgesetzt. Sie erfordert Inhaberschaft und Verfügungsmacht; letztere soll hier auch Rechtsmacht genannt werden.
II. Abgrenzung und Wirkungsweise der Verfügungsbeschränkung 1. Eine Verfügungsbeschränkung liegt demnach erst vor, wenn der Beschränkte nicht verfügen kann, obwohl er Rechtsinhaber ist. Schon die Inhaberschaft aber ist u. U. beeinträchtigt, falls die Rechtsordnung das Sachenrecht des Verfügenden derart beschränkt, daß er „non plus iuris transferre potest, quam ipse habet". Ob eine Beschränkung so weit geht, ist bisweilen schwer zu erkennen, wenn im Ergebnis nur die Ungültigkeit der Verfügung vorgesehen ist. Beispiele einer Rechtsbeschränkung dürften §§399\ 719 I Hs. 1 Fall 2 2 sein, die letzte Vorschrift jedenfalls insofern, als sie zwingende Folge der Gesamthandsberechtigung ist. 17
Vgl. nur §§ 161, 1365; klar unterscheiden auch SchönerI Stöber (in HSS, Rdn. 96 q) und früher schon die Motive, Mugdan III, 121. 18 5. Kap. § 3 I I I 1; ihm folgt Böttcher, Rpfl 1983, 50. 19 Der BGH spricht von der „Verfügungsmöglichkeit überhaupt", BGHZ 56,275,280. 1 2
Heute ganz h.M., BGHZ 40, 156, 160; M K j Roth, § 399 RdNr. 33 Fn. 48 m.w.N. So auch Krüger-Nieland ! Zöller in RGRK § 135 Anm. 5.
II. Abgrenzung und Wirkungsweise der Verfügungsbeschränkung
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Eine Abgrenzung im Sinne der Ker/wgw«gsbeschränkung ermöglicht jedenfalls nicht Raapes Kriterium der „Singularität". Diese hielt Raape für das Kennzeichen jedenfalls der durch Verbote ausgelösten Beschränkungen; singulär sei, daß der Rechtsinhaber, „trotzdem alle Voraussetzungen hierfür gegeben sind", ausnahmsweise nicht verfügen könne 3 , während fehlendes „Verfügungsrecht" und Unübertragbarkeit eines Rechts „reguläre" Beschränkungen darstellten 4. Indessen ist die „Singularität" im Sinne der Unfähigkeit zur Verfügung schon deshalb schwer nutzbar zu machen, weil letztlich jede Beschränkung der Verkehrsfähigkeit gesonderter Anordnung bedarf 5 . Richtiger scheint es, jeweils durch Auslegung zu ermitteln, ob Verfügungsmacht oder Inhaberschaft begrenzt werden. Deutliche Hinweise auf Verfigungsbeschränkungen sind in der Regel Verweisungen auf Vorschriften über Gutglaubensschutz; ihrer bedürfte es nämlich nicht, wenn solcher Schutz bereits wegen (partiell) fehlender Inhaberschaft gewährt werden müßte. 2. Liegt eine Verfügungsbeschränkung vor, so kann sie auf zweierlei Weise wirken. Entweder verweigert sie dem Verfügenden die sachenrechtlichen Mittel, die für den gewünschten Transfer bzw. die Belastung konstitutiv sind (Typenzwang des Sachenrechts 6), oder sie gewährt diese Mittel zwar grundsätzlich, erklärt aber das auf ihren Gebrauch gerichtete Rechtsgeschäft für unwirksam. Dieser letzten Gruppe wird am ehesten noch § 134 zuzuordnen sein, der Verfügungen nur dann für nichtig erklärt, wenn das Verbot, dem sie zuwiderlaufen, nichts Abweichendes bestimmt. Welche Rechtstechnik den übrigen Beschränkungen zugrundeliegt, wird sich jedoch kaum feststellen lassen, aus dem erwähnten Grund insbesondere nicht mit dem Kriterium der „Singularität", das Raape in anderem Zusammenhang vorschlug. 3. Äußerlich lassen sich Verfügungsbeschränkungen danach unterscheiden, ob sie Sanktionen für die Verletzung eines Verbotes sind (z. B. §§ 134-136; § 231 1 ZVG) und welcher Art diese Sanktionen und Verbote sind, oder ob sie auf einer selbständigen Anordnung beruhen (z.B. §§ 161, 514 Satz 1, 1365, 1369 I Fall 1,2113, 2211). 4. Weiter gibt es Beschränkungen, die ausnahmslos wirken, und solche, die gegenüber gutgläubigen Erwerbern versagen (z.B. §§ 161, 2113, 2211; §§ 7, 15
KO). Es fragt sich, ob diese Vorschriften die Verfügungsmacht nicht überhaupt erst beschränken, wenn der Gutglaubensschutz ausgeschlossen ist. Zum Grund3
22ff., 28, ihm folgte du Vinage 52. 23-26. 5 Etwas anderes wird für Sachen gelten, denen schon die Fähigkeit fehlt, überhaupt Gegenstand des Rechtsverkehrs zu sein; das BGB enthält keine Regeln über die res extra commercium (vgl. Mugdan I, 14 f.). 6 Heck (87) spricht von dem „Willen, den dinglichen Rechtsschutz nur bei geschichtlich anerkannten Bedürfnissen zu gewährleisten". 4
2*
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. Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
stücksrecht vertrat z.B. Herold die Auffassung, wegen § 892 I 2 entstehe eine Verfügungsbeschränkung erst mit ihrer Ersichtlichkeit im Grundbuch 7 . Auch Kretzschmar meinte, der Nichtinhaber sei insofern berechtigt, als er bis zur Eintragung der Beschränkung an Gutgläubige veräußern könne 8 . Wie Raible 9 hielten Herold und Kretzschmar offenbar für ausreichend, daß in jenem Fall erfolgreich verfügt werde. Rechtsmacht ist jedoch, soll sie als sachenrechtlicher Begriff über die Zuordnung Auskunft geben, auf das subjektive dingliche Recht zu beziehen. Nur soweit dieses noch zu Verfügungen befähigt, besteht also Rechtsmacht zu deren Vornahme 10 . Für die Ausstattung jenes dinglichen Rechts ist der alte Streit, ob der Redliche originär erwirbt oder Rechtsnachfolger des Veräußernden wird 1 1 , nicht maßgebend; denn beide Deutungen setzen für den Erwerb eine Berechtigung voraus, an der es fehlen würde, wenn das Gesetz sie nicht in §§ 892, 932 usw. fingierte. Ist eine Schwäche des Rechts aber erst durch Sonderregelung auszugleichen, so ermangelt es der natürlichen Qualitäten anderer Rechte. Verfügt ein Nichtberechtigter wirksam, so befähigt ihn hierzu also nicht sein eigenes Recht. Außerdem verbieten systematische Gründe, bei gutgläubigem Erwerb eine Verfügungsmacht zu unterstellen. Denn anderenfalls müßte der Verfügende auch im Rahmen der §§ 816 1 1, 823 als „Berechtigter" gelten, was den wahren Berechtigten hindern würde, sich an ihm schadlos zu halten. Gibt demnach die Möglichkeit redlichen Erwerbs dem Verfügenden keine Verfügungsmacht, so kann sie auch einer Verfügungsbeschränkung nicht entgegenstehen.
I I I . Die absolute Verfügungsbeschränkung 1. Definition Als absolute Verfügungsbeschränkung soll jede gesetzliche Bestimmung bezeichnet werden, die — außer im Falle gutgläubigen Erwerbs — das Verfügungsgeschäft sachenrechtlich vollständig (absolut) scheitern läßt, so daß der in seiner Verfügungsmacht Beschränkte gegenüber jedermann Rechtsinhaber bleibt. Beispiele solcher absoluten Beschränkungen sind § 134 und §§ 161 I, I I 1 , 13652, 13693, 2113 I 4 , 2205 Satz 3 5 , 2211 I 6 . Den Auswirkungen des § 6 I KO auf die Verfügungsmacht wird im folgenden nachgegangen. 7 8
Herold, SächsArchRpfl 1, 491.
Gruchot 49, 4, 6; a.A. υ. Lübtow, Festschrift 41. Deutscher Juristentag, 176 (la). 9 18f. 10 Im Erg. ebenso Flume (§ 11,5 c) und Kuhlmann 70 ff.; v. Tuhr (II 1,379 f.) betonte, der gute Glaube schütze nur, ohne zu gestatten. A u f ein Dürfen kommt es aber auch nicht an. 11 Hierzu Staudinger j Seufert, § 892 Bern. 67 m.N. in Fn.
III. Die absolute Verfügungsbeschränkung
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2. Die Konkurseröffnung (§ 61 KO) Die noch immer herrschende Meinung entnimmt dem § 6 K O eine absolute Verfügungsbeschränkung, weil der Gemeinschuldner dem Wortlaut nach die „Befugnis" verliere, über sein zur Konkursmasse gehöriges Vermögen „zu verfügen"; das „Verfügungsrecht" übe laut Absatz 2 der Konkursverwalter aus; diese Rechtsfolge werde durch §§711,15 Satz 1 KO, wonach die Unwirksamkeit „den Konkursgläubigern gegenüber" eintritt, lediglich auf deren Interesse und den Verfahrenszweck begrenzt 7. Nach anderer, heute wieder 8 zunehmend vertretener Ansicht sind Verfügungen des Gemeinschuldners nach Verfahrenseröffnung zunächst nur relativ unwirksam 9 . Geschlossen wird das insbesondere aus §§711,15 Satz 1 KO und deren Entstehungsgeschichte; der § 7 K O a. F. habe nämlich mit der Änderung des Begriffs Nichtigkeit in „Unwirksamkeit" an § 135 11 angepaßt werden sollen 10 . Die Entziehung der Verfügungsbefugnis führe zudem noch nicht zur Vedügungsunfähigkeit 11. Eine relative Unwirksamkeit genüge auch den Zwekken des Konkurses 12 . Die Äußerungen in den Motiven zur Konkursordnung 13 sprechen in der Tat für eine relative Unwirksamkeit. Gesetzlichen Anhalt findet diese aber allenfalls 1 Trotz anderer Bezeichnung: StaudingerjDilcher, § 161 Rz. 1, 10; Flume , §39, 3 a; M K / / f . P. Westermann, § 161 RdNr. 7. 2 Staudinger / Felgentraeger, § 1365 Bern. 99; Soergelj Hefermehl, § 136 Rz. 11; BGHZ 40, 218, 219 f. 3 Palandt/Diederichsen, § 1369 Anm. 1. 4 Beer 188; Palandt/Keidel, § 2113 Anm. l a aa; BGHZ 52, 269f. 5 Soergelj Hefermehl, § 136 Rz. 10; K G , KGJ 33 A 164, 172. 6 Beer 188; Palandt/Keidel, § 2211 Anm. l a ; BGHZ 56, 275, 279f.; RGZ 87, 432ff.; Motive, Mugdan V, 122f., 669. 7 BöhleIStamschräder, § 7 Anm. 3; Staudinger/Dilcher, § 135 Rz. 8; Flume, § 17, 6b; Harms, SaR, 252; Soergelj Hefermehl, §§ 135, 136 Rz. 14; Jaeger/ Henckel, § 7 Anm. 2, 17 ff; M K /Mayer-Maly, §135 RdNr. 29; Mohrbutter, §70111; Jaeger / Weber, §113 Anm. 9; RGZ 71, 38, 40f.; 157, 294f.; OLG Düsseldorf, MittRhNotK 1975, 6f. 8 Aus der älteren Literatur vgl. Turnau/Förster 1,131; Wendt, AcP 89,43 f.; ausführlich auch das K G , OLGE 14, 72ff; KGJ 22 A 129, 131 f. 9 StaudingerI Coing, § 135 Bern. 17; Horber, Erl. 6 C c vor § 13; Lehmann/Hübner, § 27 I I d ß; LentI Schwab, §151112; Enneccerus/ Nipperdey, §202 I I I ; Uhlenbruck, Rdz. 555 und in M K U § 6 Rdn. 2; Erman/H. Westermann, 6. Aufl., §§ 135, 136 Rdz. 6. 10 Wendt, AcP 89, 43 f.; K G , ZBIFG 7, 787, 789. 11
Uhlenbruck in M K U § 6 Rdn. 3; RGZ 29, 29, 33; wohl auch K G , KGJ 22 A 129,
131 f. 12 Erman/H. Westermann, 6. Aufl., §§ 135, 136 Rdz. 6, differenzierend jetzt Brox, Rdz. 5. 13 Diese klären einerseits, daß mit Verfügungsbefugnis i.S. des § 61 K O die Verfügungsfähigkeit gemeint ist (Hahn, KO, 60 ff.). Ebenso deutlich „stellt der Entwurf die Beschränkung nur subjektiv in Ansehung des Gegenstandes auf 4 (Hahn, KO, 62).
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. Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
in §§ 7,15 KO, die zudem gegenüber § 6 K O eine ergänzende Regelung für die Rückabwicklung unwirksamer Rechtsgeschäfte darstellen könnten. Der Wortlaut des § 6 I K O geht jedenfalls als geltendes Recht vor; da er dem Gemeinschuldner die „Verfügungsbefugnis" entzieht und diese Maßnahme überflüssig wäre, wenn sie nicht über §§ 7,15 K O hinausginge, entfällt also — unabhängig von diesen Vorschriften — die Verfügungs/mzcA/: Schon die Konkurseröffnung bewirkt eine Verfügungsbeschränkung.
IV. Die Unwirksamkeit nach §§ 135, 136 BGB als relative Verfügungsbeschränkung 1. Der Meinungsstand Eine klare Feststellung, daß § 135 die Verfügungsmacht beschränke, findet sich, soweit ersichtlich, nur in vereinzelten Gerichtsentscheidungen 1; die Begründungen 2 beschränken sich im wesentlichen auf den Hinweis, rechtswidrige Verfügungen seien nicht erlaubt. Spärlich sind auch die Stellungnahmen im Schrifttum. Güthe / Triebet sahen die Grundlage einer Beschränkung in § 135 II, der den Verbotsbetroffenen hindere, die auf den Ersterwerber folgenden Erwerber an das Verbot zu binden 3 ; Herold bezeichnete relative Beschränkungen einerseits als Verfügungsbeschränkungen 4 , verneinte aber andererseits ihre dingliche Wirkung, die er den „Verfügungsmachtbeschränkungen" beimaß 5 . Neuerdings wird bezweifelt, daß relative Unwirksamkeit eine Verfügungsbeschränkung bewirke 6 . Eickmann führt dafür an, daß das Gesetz bei Entziehung der Verfügungsmacht diese anderen Personen hätte übertragen müssen und daher stattdessen eher eine Unwirksamkeit mit Heilungsmöglichkeit (wie in § 185) angeordnet hätte. Eine Entziehung würde ferner zur Anwendung des §185 führen, so daß eine Verfügung nach einer Aufhebung des Verbots erst ex nunc unangreifbar wäre (analog § 185 I I 1 Fall 2), obwohl sie gemäß § 135 von Anfang an (relativ) wirksam sein solle; auch nach den Motiven müsse die Unwirksamkeit erst geltend gemacht werden 7 . Enneccerus / Nipper dey schienen 1
BayObLG 1954, 97, 99; O L G Köln, KTS 1971, 52; so wohl auch O L G Düsseldorf, MittRhNotK 1975, 6, 8. 2 Ohne Begründung allerdings OLG Köln, KTS 1971, 51, 52. 3 A 70 vor § 13; gerade das ist aber nicht Verfügungsziel. 4 SächsArchRpfl 1, 497; ebenso Fahland (19) im Hinblick auf die „Rechtsnatur" des Verbots. 5 SächsArchRpfl 1, 485; für eine Minderung der Verfügungsmacht jedoch Ostermann (47, 52, 54) und Weng 28 ff. 6 Erman/Brox, §§ 135, 136 Rdz. 9; Staudinger / Dilcher, § 135 Rz. 10, anders Rz. 2; KEHEJ Erti, § 19 Rdn. 110; früher schon Raape 78. 7 5. Kap. §3 IV 1.
IV. Relative Unwirksamkeit als Verfügungsbeschränkung
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dem Verbotsbetroffenen die Rechtsmacht deshalb zu bestreiten 8, weil seine Verfügung letztlich keinen Bestand hat, falls nicht ausnahmsweise der Erwerber gutgläubig ist. Nach einer Formulierung des RG bleibt die Verfügungsmacht trotz des Verbots „an sich" erhalten 9 . Der BGH bemerkte in einer Entscheidung aus dem Jahre 1956, § 135 entziehe die Verfügungsmacht „nicht schlechthin" 10 .
2. Stellungnahme a) Kritik der Erklärungsversuche des Schrifttums
Eickmann ist entgegenzuhalten, daß die Motive nicht von Geltendmachung, sondern von einem „Widerspruch" zum „Rechte des Geschützten" sprachen und überdies einen „Rechtsmangel in der Person des Berechtigten" konstatierten 1 1 . Würde weiterhin das Fehlen von Verfügungsmacht zur Anwendung des unpassenden § 185 I I 1 Fall 2 führen, so wäre diese zu überdenken 12 ; an der Verfügungsbeschränkung könnte sie jedenfalls nichts ändern. Der Gesetzgeber wäre auch nicht gehalten gewesen, eine dem Verbotsbetroffenen entzogene Verfügungsmacht anderen zu übertragen; andererseits ist nicht auszuschließen, daß er sie zugunsten des Geschützten diesem übertrug oder dem Verbotsbetroffenen beließ. Erst recht entbindet die Vermutung Eickmanns, der Gesetzgeber hätte einer Verfügungsbeschränkung eine von § 135 abweichende Form gegeben, nicht von der Prüfung, ob schon infolge der jetzigen Regelung die Verfügungsmacht beschränkt wird, ob also der Verbotsbetroffene gehindert ist, auf sein Recht durch Verfügung (unmittelbar) einzuwirken. Indem Enneccerus / Nipper dey hierzu hervorhoben, der Verfügungserfolg könne von dem Geschützten beseitigt werden, setzten sie einen Verfügungsbegriff voraus, der auf dauerhafte Einwirkungen beschränkt ist; gegen ihn bestehen Bedenken. Freilich kann nicht entscheidend sein, daß er die (wenn auch nur vorübergehende) Änderung der Rechtszuständigkeit nicht berücksichtigt. Denn einem temporären Verfügungsbegriff wäre umgekehrt entgegenzuhalten, er übergehe die Ungewißheit, ob die Verfügung Bestand haben wird. Die Beschränkung der Verfügung auf dauerhafte Einwirkungen führt jedoch zu Abgrenzungsschwierigkeiten. Genügt es nämlich, daß der Verfügungserfolg 8
§ 144 I 2. RGZ 105, 73, 76. 10 BGHZ 19, 355, 359. 11 Mugdan I, 470. 12 Α. A. wohl Flume, § 58. Jedoch dient die Versagung der Rückwirkung im Normalfall den Interessen des Berechtigten; zeigt nun die Aufhebung des Verbots, daß dem Gläubiger gar keine Sicherung zustehen soll, bedarf er keines Schutzes. 9
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. Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
irgendwann durch einen dinglich wirksamen Zugriff beseitigt werden kann, so führt dies zu einer Reihe neuer „Verfügungsbeschränkungen". Beschränkt würde der Eigentümer ζ. B. einerseits durch ein Pfandrecht, andererseits durch die Herausgabepflicht nach § 822 sowie eine begrenzte Haftung wegen Vermögensübernahme (§419); denn auch diese beiden Ansprüche sind trotz ihrer schuldrechtlichen Natur nicht selten gegenständlich beschränkt 13 , so daß sich in solchen Fällen stets auf ein Manko individueller Rechtsmacht zurückschließen ließe. Der Gesetzgeber aber sah ζ. B. die Unfähigkeit des Veräußerers, die Kaufsache frei von Rechten Dritter zu verschaffen, nicht als Mangel der Verfügungsmacht an. Vor der anderenfalls gegebenen Verfügungsbeschränkung hätte den Erwerber nämlich schon § 892 I 2 geschützt, so daß kein Anlaß bestanden hätte, den öffentlichen Glauben zusätzlich durch § 892 1 1 auf die Vollständigkeit der Bucheintragung, also ζ. B. auf das Fehlen nicht eingetragener Grundpfandrechte, zu erstrecken. Ein restriktiver Verfügungsbegriff, wie er von Enneccerus / Nipper dey vorausgesetzt wurde, hätte zugleich den Schutzbereich des § 878 erheblich ausgeweitet: Grundpfandrechte 14 , die entgegen § 17 GBO vor einem Grundstückserwerber eingetragen wurden, hätten diesem nicht mehr entgegengehalten werden können, da sie als „Verfügungsbeschränkungen" erst nach seinem Eintragungsantrag entstanden. Wenn § 878 auch bezweckt, die Eintragung des Erwerbers keinen Zufälligkeiten auszusetzen15, gehen die Gesetze doch davon aus, daß vor mehrfachen Verfögungen das Reihenfolgeprinzip hinreichend schützt 16 ; eine ergänzende Absicherung des Erwerbers durch § 878 wäre hiermit unvereinbar 17 . Es ist daher nicht haltbar, die Verfügungsmacht von dem Bestand der dinglichen Einwirkung abhängig zu machen. Verfügungsmacht hat der Verbotsbetroffene folglich schon dann, wenn er auf das dingliche Recht derart einwirken kann, daß es auf Seiten des Erwerbers unversehrt zur Entstehung gelangt und deshalb aus eigener Schwäche niemandem gegenüber nachgibt. b) Die Dogmatik der relativen Unwirksamkeit und ihre Bedeutung für die Verfügungsmacht
Ob eine solche Einwirkung trotz relativen Verbots möglich ist, hängt von der rechtstechnischen Ausformung seiner Folgen ab, die weder den §§ 135,136 noch 13 Im Rahmen des § 822 bis auf die Fälle des § 818 I, II, IV; gemäß § 419 II, soweit die Haftung nicht Surrogate ergreift. 14 Zu der Frage, ob die Vormerkung Verfügungsbeschränkung ist, s. Knöpfle (JuS 1981, 157 f.) und andererseits RG, RGZ 113, 403, 407 ff. 15 Mugdan I I I , 106f. 16 Vgl. Mugdan I I I , 125; die Gefahr einer fehlerhaften Antragsbehandlung hielt der Entwurf für gering. 17 Schöner jStöber in HSS, Rdn. 96q a.E.
IV. Relative Unwirksamkeit als Verfügungsbeschränkung
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§ 888 I I klar zu entnehmen ist. Seitdem die relative Unwirksamkeit im BGB eigene Konturen gewonnen hat, streitet man sich um ihre gesetzliche Einbettung wie um ihre Durchsetzung. aa) Theorie der Duplizität des Rechtssubjekts Die heute herrschende Meinung legt § 135 11 wörtlich aus. Dem Passus „ist sie nur diesen Personen gegenüber unwirksam" sei zu entnehmen, daß der Erwerber durch die verbotswidrige Verfügung gegenüber jedermann Rechtsinhaber werde; nur für den Geschützten bleibe weiterhin der Verbotsbelastete, also der Verfügende, Inhaber 18 . Da zugleich Erwerber und Verfügender Rechte hätten, spricht man auch von der Duplizität des Rechtssubjekts19. Hat der Verfügende verbotswidrig eine bewegliche Sache an den Erwerber übereignet, soll er das Eigentum gemäß § 931 dem Geschützten übertragen können 20 ; dem Erwerber wird versagt 21 , sich nach § 986 I I auf seinen Verschaffungsanspruch zu berufen. Zeitweise wurde dem Geschützten zusätzlich ein Anspruch gegen den Erwerber auf Zustimmung zur geschuldeten Verfügung analog § 888 I I zugestanden22. Die ganz herrschende Lehre hält dies jedoch für überflüssig und sieht in § 888 wie bei der Vormerkung nur eine grundbuchverfahrensrechtliche Erleichterung 23 . Der Theorie doppelter Rechtszuordnung hat man Widersprüchlichkeit und Fiktivität vorgeworfen, aber auch Unfähigkeit, die von ihr behaupteten Ergebnisse sachenrechtlich zu erklären. Voß äußerte eine seinerzeit verbreitete Ansicht, wenn er sagte: „Es ist schlechterdings unmöglich, daß eine und dieselbe Verfügung in betreff des einen gilt, in betreff des anderen nicht" 2 4 . Oertmann bezeichnete die Vorstellung einer Rechtsspaltung als theoretisch ebenso anstößig wie praktisch unsinnig 25 . A n dem Vorschlag zur Rechtsdurchsetzung über
18 Biermann, Allg. Lehren, 179; Brox, Rdn. 302; Collier 114f.; Diederichsen, Nr. 346ff.; Erman/Brox, §§ 135,136 Rdz. 7, 9; Fahland 18f.; JSSTV/Jauernig, §§ 135,136 Anm. 3a; Krüger-Nieland ! Zöller in R G R K §135 Anm. 12 f.; Köhler, § 22 IV; Lehmann 166 („Januskopf"), anders S. \69; Palandt/Heinrichs, § 135 Anm. USoergel/Hefermehl,§ 136 Rdz. 18, 26; Staudinger/ Coing, § 135 Bern. 2, 11; v. Tuhr I I 1, 330; Weimar, M D R 1969, 202; RGZ 71, 38, 40; s. auch BGHZ 13, 179, 183. 19
Kritisch hierzu, aber in der Sache nicht anders Flume, § 17, 6d. S. nur Ruhwedel, JuS 1980, 167. 21 Sojedenfalls Enneccerus/Nipperdey, § 144 Fn. 19. 22 Palandt/Heinrichs (bis zur 40. Aufl.), §135 Anm. 2; RGRKIKrüger-Nieland, 11. Aufl., §135 Anm. 6. Heinrichs (Fn.18) wendet § 888 I I heute aber noch im Grundstücksrecht an. 23 Planck \Flad, AT, 356; Soergel/Hefermehl,§ 135 Rz. 26f.; Staudinger jDilcher^ 135 Rz. 16; näher Mehrtens 30. 20
24 25
JhJb 60, 305. JhJb 66, 245.
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. Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
§ 931 kritisierte er 2 6 ebenso wie Knoke 27, daß dem Verfügenden der erforderliche Vindikationsanspruch gegen den Erwerber fehle. bb) Theorien des unvollkommenen Rechtserwerbs Angesichts solcher Bedenken suchte besonders die ältere Literatur nach anderen Deutungen der relativen Unwirksamkeit. (1) So meinten Strohal 28, Voß 29 und Flad 30, das Verbot schwäche die Verfügungsmacht derart ab, daß zu Lasten des Geschützten gar nicht verfügt werden könne. Dem Verfügenden verbleibt demnach stets soviel Rechtsmacht, wie er braucht, um die geschuldete Eigentumsverschaffung noch vornehmen zu können 31 . Infolgedessen erhalte der Erwerber nur auflösend bedingtes Eigentum, das an den Veräußerer zurückfalle, wenn der Geschützte sein Recht geltend mache. An die deutschrechtlichen Gegensätze von Ober- und Untereigentum 32 anknüpfend, sprach Voß von einem „Schutzeigentum" des Veräußerers, das das „Verkehrseigentum" des Erwerbers überwinden soll 3 3 . Nach J. Kohler wird dem Erwerber zwar unbedingtes und ungeteiltes Eigentum übertragen. Es sei jedoch mit einem positiven Recht des Geschützten belastet, das ähnlich einem Pfandrecht wirke. Im Liegenschaftsrecht soll dem Geschützten dagegen ein obligatorischer Anspruch auf Rechtsübertragung zustehen, „aber mit der Wirkung einer actio in rem scripta" 3*. (2) Auch Raape, dem Lieven 3Sund heute Eickmann 36 folgen, unterstellte einen (zunächst) vollen Eigentumserwerb. Jedoch zeigten §§ 23, 26 Z V G 3 7 exemplarisch, daß das Gesetz sofort den erforderlichen Ausgleich vornehme, um den Geschützten nicht zu schädigen: „Relative Unwirksamkeit ist absolute Wirkung mit relativer Gegenwirkung" 38 . Der Veräußerer behalte daher die
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JhJb 66, 253 f. Festgabe Güterbock, 408. 28 51. 29 JhJb 60, 305. 30 In Planck, seit der 4. Aufl., dort S. 354f. 31 Strohal 51; so im Erg. neuerdings auch Larenz, AT, § 23 IV. 32 Hierzu z.B. Hagemann in HRG, Bd. I, Sp. 892f. 33 JhJb 60, 326. 34 Josef Kohler 158 f. Die,actio in rem scripta' war eine persönliche Klage mit dinglicher Wirkung. Sie richtete sich gegen jeden, der zu der Sache in einem bestimmten Verhältnis stand, wie noch heute die Exhibitionsklagen gemäß §§ 809, 810 gegen den Besitzer. 35 24 ff. 36 KTS 1974, 204; ebenso Raible 22 ff. 37 Bei Veräußerung des beschlagnahmten Grundstücks wird der Erwerber Eigentümer, aber jene „hat auf den Fortgang des Verfahrens . . . keinen Einfluß". 38 Raape 50. 27
IV. Relative Unwirksamkeit als Verfügungsbeschränkung
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Befugnis, zugunsten des Geschützten zu verfügen, der dann Rechtsnachfolger des Erwerbers werde 39 . Die dem Veräußerer von dieser Ansicht zugestandene Macht, über fremdes Eigentum zu verfügen, widerspricht nach Knoke dem sachenrechtlichen Typenzwang 40 . Nicht einmal eine Ähnlichkeit zum Pfandrecht liege mehr vor, da der Erwerber einer damit belasteten Sache noch an jeden beliebigen veräußern könne. Im Grundstücksrecht sei es wegen der erforderlichen doppelten Auflassung auch zu umständlich, den Erwerber nur zur Rückübertragung an den Verfügenden zu verpflichten. Der Geschützte müsse daher verlangen können, daß der Erwerber der (nichtberechtigten) Verfügung an den Geschützten nach § 185 zustimme; dieser Anspruch sei, da mit Wirkung gegen Dritte ausgestattet, ein obligatorisches Recht zur Sache41. Hat der Erwerber eine bewegliche Sache in Besitz, soll er sie dem Geschützten aus praktischen Gründen direkt übertragen 42 . (3) Ähnlich ist das „Absicherungsrecht" des Geschützten konstruiert, das nach Beer 43, Bücher 44 und Mayer-Maly 45 gegen den Erwerber wirkt 4 6 . Dem Geschützten soll nämlich — ergänzend zu seinem Verschaffungsanspruch gegen den Verfügenden — ein Anspruch gegen den Erwerber auf Verwirklichung seines Absicherungsrechts zustehen, ein „Mitwirkungsrecht". Wie sich aus § 772 ZPO, § 888 47 und aus Regreßüberlegungen ergebe, enthalte dieses sowohl schuldrechtliche als auch dingliche Elemente 48 . Eine bloße Duldungshaftung des Erwerbers, wie sie die Duplizitätslehre gewähre, sei abzulehnen 49 . Die dingliche Natur des Mitwirkungsrechts widerspreche nicht dem numerus clausus der Sachenrechte, da dieser hier nach den Grundsätzen der Interessenjurisprudenz überwunden werde 50 . 39
Raape 50ff., 69. Festgabe Güterbock, 417 f. 41 Knoke, Festgabe Güterbock, 417 ff. Es wurde schon in das A L R übernommen, welches, ohne das Trennungssystem zugrundezulegen, Eigentum erst mit Hingabe der Kaufsache übergehen ließ (I 19, §§ 4, 5); I 19 § 5 lautete: „Kann aber der Besitznehmer überführt werden, daß ihm das zu derselben Sache erlangte persönliche Recht des andern zur Zeit der Besitzergreifung schon bekannt gewesen sey: so kann er sich seines durch die Uebergabe entstandenen dinglichen Rechts gegen denselben nicht bedienen."; vgl. auch I 19 § 6,1 10 § 25 A L R sowie Wieling, JZ 1982, 839. 40
42 43 44 45 46 47
Knoke, Festgabe Güterbock, 428. 164 ff. StaudingerIDilcher, § 135 Rz. 11. In M K § 135 RdNr. 39. Kritisch hierzu Larenz, AT, § 23 IV, Fn. 63; s. auch Fahland 19. Die Anwendbarkeit des § 888 im Mobiliarrecht wird nur knapp begründet, vgl. Beer
171 f. 48 49 50
Beer 155ff., 159ff.; vgl. auch Enneccerus / Nipper dey , § 144 Fn. 11. Beer 161 ff. Beer 152 ff.
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A. Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
cc) Die Auswirkung des Theorienstreits
auf die Verfügungsmacht
Die unter aa) dargestellte Duplizität beläßt einen Teil der Rechtsmacht, der gegen den Erwerber wirkt, bei dem Verfügenden. Auch Strohal, Voß und Flad zufolge bleibt die im Interesse des Geschützten benötigte Rechtsmacht bei dem Verfügenden. Dieser kann dem Erwerber also von vornherein nur ein unvollkommenes Recht verschaffen, das sich bei der Verfügung an den Geschützten als dem Restrecht unterlegen erweist. Beide Ansichten führen damit zur Verfügungsbeschränkung. Demgegenüber revidiert das Absicherungsrecht (Beer) den Erwerb erst mit Hilfe eines von dem Geschützten auszuübenden Interventionsrechts, auf das verzichtet werden könnte, würde schon der Rechtserwerb selber als unvollkommen angesehen; das gleiche gilt für den von Knoke gewährten Zustimmungsanspruch. Die Gegenwirkungstheorie (Raape) erkennt ausdrücklich an, daß die Verfügung für eine logische Sekunde das volle Recht verschafft. Auf der Grundlage dieser Theorien läßt sich somit nicht feststellen, daß das dem Erwerber vermittelte Recht aus eigener Schwäche nachgibt. Der Meinungsstreit ist daher zu entscheiden. dd) Entscheidung des Theorienstreits (1) Die Duplizitäts-Lehre steht vor der Schwierigkeit, bei der Auslegung des § 135 11 den Typenzwang des Sachenrechts zu wahren und dieses — auch über den Erwerbsvorgang hinaus — sinnvoll auf die gespaltenen Rechte anzuwenden. Der numerus clausus der Sachenrechte wird allerdings durch eine Rechtsteilung als solche nicht gesprengt, ist es doch systemkonform, daß Regeln des Allgemeinen Teils über Fragen der Rechtszuordnung mitentscheiden. Ebensowenig kommt es zu einer Gegenläufigkeit der geteilten Rechte, sofern diesen unterschiedliche Funktionen gegeben werden 51 . In §1351 aber wird eine solche Zuteilung entgegen der herrschenden Meinung bei wörtlicher Auslegung nicht angeordnet. Ist eine Verfügung nur dem Geschützten gegenüber unwirksam, so bleibt zwar für ihn statt des Erwerbers noch der Verfügende Rechtsinhaber. Daß auch der Erwerber den Verfügenden als Inhaber betrachten müßte, besagt das Gesetz aber gerade nicht. Der Erwerber kann sich also für allein berechtigt halten, so daß z.B. Vindikationen gegen ihn ausgeschlossen sind. Setzt sich demnach das bei dem Verfügenden verbleibende dingliche „Recht" aus eigener Kraft nicht gegen den Erwerber durch, so fehlen ihm die sachenrechtlichen Essentialia: Da es nicht 51 So schon Pufendorf (IV, IV § 2 Nr. 43) für das dominium utile; gegen die Vorstellung, das Eigentum lasse sich unter Zuweisung jeweils bestimmter Eigentümerbefugnisse „theilen", aber die 1. Kommission (Mugdan III, 145).
IV. Relative Unwirksamkeit als Verfügungsbeschränkung
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einmal „relative" Qualitäten hat, kann von einer doppelten Rechtszuordnung keine Rede sein. Dem Geschützten gleichwohl einen nachvollziehbaren Weg zur Realisierung seines Rechts zu geben, bemühte sich nun die erwähnte Mindermeinung 52 mit dem Zustimmungsanspruch nach § 888 II. Gesteht man diesen Anspruch aber zu, so bleibt der Verfügende sachenrechtlich imstande und deshalb — mangels Unvermögens — auch verpflichtet, an den Geschützten zu leisten. Es besteht also kein Bedarf, den Verfügenden mittels Duplizität zugunsten des Geschützten auch noch als Rechtsinhaber hinzustellen: Die relative Unwirksamkeit wird überhaupt entbehrlich, für ihre Anhänger ein unbefriedigendes Ergebnis. Konsequenter ist der Standpunkt, der die dem Verbotsverstoß nachfolgende Verfügung an den Geschützten auch gegen den Erwerber wirken läßt, indem er diesem — bei Veräußerung von Mobiliar — die exceptio rei venditae et traditae gegen eine spätere Vindikation des Geschützten versagt 53 . Aus der Sicht des Erwerbers allerdings kann der Geschützte nicht einmal mehr Eigentümer werden, nachdem ihm selber die Sache von dem Verfügenden übereignet wurde, den er als berechtigt ansehen konnte (s. o.). Eine Eigentumsübertragung an den Geschützten scheitert aber auch deshalb, weil die Übereignung nach § 931 einen Herausgabeanspruch des Verfügenden gegen den Erwerber voraussetzt; entsprechende Schuldrechte, die statt Eigentums ausreichen würden, fehlen. Schließlich beläßt § 986 I I dem Erwerber seine Einwendungen: Sollte sein Verschaffungsanspruch wegen Erfüllung erloschen sein 54 , so lebt er jetzt wieder auf. Er könnte jedenfalls analog § 986 I I auch dem dinglichen Herausgabeanspruch entgegengehalten werden, wenn man dessen Zession überhaupt für möglich hält; denn daß jene Vorschrift nach dem Zweck des § 135 im Verhältnis des Geschützten zum Verfögenden unanwendbar sein könnte, gestattet nicht, ihren Schutz dem Erwerber zu versagen. Ohnehin ist für § 931 kein Raum, wenn eine Forderung abgetreten 55 oder in anderer Weise als durch Veräußerung verfügt wird. Welchen Weg man auch wählt, eine funktionsgerechte Erklärung der Duplizität müßte über den Wortlaut des § 135 11 hinaus das Sachenrecht ergänzen, indem sie davon zugelassene Gegenrechte abschneidet oder von ihm nicht vorgesehene Übertragungstatbestände schafft. Den Motiven würde das nicht widersprechen; sie überließen es der Auslegung, ob bei verbotswidriger Verfügung nur ein Duldungs- oder ein Mitwirkungsanspruch gegen den Erwerber bestehe56. Andererseits bricht die Duplizität mit der sachenrechtlichen 52 53
Vgl. S. 25.
Vgl. Ruhwedel, JuS 1980, 167. 54 Das hängt gerade davon ab, ob der Erwerber Volleigentum erhalten hatte. 55 Hierzu Ruhwedel (JuS 1980,167): M i t der zweiten Zession (des Beschränkten an den Geschützten) verliere der Erwerber „unmittelbar seine Gläubigerposition". Dies setzt aber wiederum voraus, daß auch für den Erwerber — während dieser zweiten Zession — der Verfügende als Inhaber gilt.
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Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
Systematik. Dies ist nur hinzunehmen, wenn andere Konstruktionen unterlegen sind. (2) Das Absicherungsrecht (Beer) entzieht sich dadurch, daß es entsprechend den jeweiligen Erfordernissen der Interessenjurisprudenz teils auf schuldrechtliche, teils auf dingliche „Elemente" gestützt wird, einer sachenrechtlichen Kategorisierung von vornherein und damit noch mehr als die immerhin im Gesetz angelegte Duplizität. Ein Absicherungsrecht ist daher erst anzuerkennen, wenn alle anderen Erklärungsversuche versagen. (3) Der Theorie Strohais über den resolutiv bedingten Erwerb halten Beer 51 und Flume 58 mit Recht entgegen, daß kein Anlaß besteht, dem Verfügenden zugunsten des Geschützten seine volle Rechtsmacht zurückzugeben. Das aber ließe sich nicht vermeiden, wenn ihm durch auflösende Bedingung gerade die Position zufiele, die der Erwerber bisher innehatte. (4) Gegen den Ausgangspunkt von Raapes Gegenwirkungstheorie spricht zunächst, daß es methodisch unzulänglich ist, aus der besonderen Fassung der §§23, 26 ZVG allgemeine Schlüsse für ein Rechtsinstitut zu ziehen, das auch zahlreichen anderen Gesetzen zugrunde liegt. Ferner wird durch die „relative Gegenwirkung" nicht erklärt, wie sich das geschützte Recht durchsetzen soll, was Raape59 selber sah, wenn er § 888 I I auf die Besitzverschaffung analog anwenden wollte. (5) Knokes Vorschlag, einen Zustimmungsanspruch mit materiellrechtlicher Wirkung zu gewähren, besticht durch seine klare Konstruktion, wenn auch keine Notwendigkeit besteht, die Verbotsfolgen an andere sachenrechtliche Institute 60 anzulehnen: Daß diese Folgen atypisch sind, schließt ihre Anerkennung durch das Sachenrecht noch nicht aus. Hinzu kommen systematische Vorzüge. Durch Rückgriff auf die Zustimmung würde der mit der relativen Unwirksamkeit angestrebte Schutz in Mobiliar- und Liegenschaftsrecht durch gleichartige Konstruktionen verwirklicht; auch wäre ein einheitliches Verständnis der Unwirksamkeit i.S. der §§ 135 1 1, 883 I I 1 gesichert. Entgegen der herrschenden Meinung 6 1 ist die in § 888 vorgesehene 56
Vgl. im einzelnen Mugdan I, 471. 135 f. 58 § 17, 6 Fn. 49; gegen Strohal auch v. Tuhr I I 1, 331 f. 59 59. 60 Die Aufnahme eines ,ius ad rem 4 in das BGB wurde übrigens ausdrücklich abgelehnt, um die Grenze zwischen Schuld- und Sachenrechten zu wahren (Mugdan III, 2); von der relativen Unwirksamkeit unterscheidet es sich freilich nur für diejenigen, die dem durch sie Geschützten — anders als das ,ius ad rem 4 — einen direkten Anspruch gegen den Erwerber versagen, so im Erg. zutreffend Jürgen Kohler (JZ 1983, 586 f.) gegen Wieling (JZ 1983, 592 f.). 61 Ihrzufolge enthebt die Zustimmung nur den Grundbuchrichter der Feststellung, daß das Recht des Dritten relativ unwirksam ist (statt vieler Westermann, § 84 IV 4 c); zur 57
IV. Relative Unwirksamkeit als Verfügungsbeschränkung
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Zustimmung mit Harms 62 und Seufert 63 nämlich als materiellrechtliches Erfordernis zu deuten; anderenfalls wäre eine gutgläubig erworbene Vormerkung nach Buchberichtigung nicht gegen den wahren Rechtsinhaber durchzusetzen6 4 . (6) Die Konstruktionsjurisprudenz 65 bedarf jedoch der Ergänzung. Prüfstein aller systematischen Argumente muß insbesondere sein, welche Theorie über die Erklärungnies Erwerbsvorgangs hinaus auch auf anderen Regelungsebenen des Sachenrechts zutreffende Ergebnisse ermöglicht. Nachfolgend werden daher die praktisch bedeutsamsten Sekundäransprüche zwischen dem Geschützten (G), dem Verfügenden (V) und dem Erwerber (E) untersucht. Schadensersatz G ist ζ. B. daran interessiert, Ersatz für einen von E nach der verbotswidrigen Verfügung verursachten Schaden auch von E zu erlangen. Manche geben G einen direkten Anspruch aus § 823 I 6 6 . Derartige Rechte einem durch Vormerkung Geschützten zuzugestehen, lehnte Seufert 67 ab, da die Vormerkung nur vor Verfügungen schütze, nicht vor tatsächlichen Verschlechterungen; gegen diese Unterscheidung spricht freilich, daß der konkrete Schaden des G erst durch die Verfügung des V möglich wurde. Andererseits käme ein direkter Anspruch des G seinem Eigentumserwerb zuvor. Bis zu dessen Vollendung entspricht es relativer Unwirksamkeit vielmehr, zugunsten des G von einer Vindikationslage zwischen V und E auszugehen und dem V gegen E einen Anspruch aus §§ 989,990 68 zu geben, der allerdings auf den Zweck seiner dem G geschuldeten Zession zu beschränken wäre 69 .
entsprechenden Intention des Gesetzes vgl. Protokolle (Mugdan I I I , 569) und ibs. die Denkschrift (.Mugdan I I I , 970). 62 SaR, 284 f. 63 In Staudinger, § 883 Bern. 48 und § 888 Bern. 4b. 64 Vgl. Harms, SaR, 296 f. Die Gegenmeinung glaubt, auch gegen den wahren Rechtsinhaber mit Analogie zu § 888 I vorgehen zu können, was zwar über das Fehlen von „Verfügung" (§ 883 I I 1) und „Erwerb" (§ 888 I) hinweghilft, nicht aber den dieser Vorschrift zugestandenen Zweck erweitert. 65 Als „ K i n d der Begriffsjurisprudenz" bezeichnet Fahland (16) den Streit um die relative Unwirksamkeit. 66 Palandt ! Bassenge, § 888 Anm. 3 b bb; Beer behandelt das „Absicherungsrecht" als sonstiges Recht i.S. des § 823, JA 1976, 217; s. auch Baur, § 20 IV 1 e. 67 In Staudinger, § 888 Bern. 7; ebenso PalandtI Bassenge bis 39. Aufl., dort §888 Anm. 3 b. 68 Von der Bösgläubigkeit des E wird wegen des sonst ohnehin — bei Nichtersichtlichkeit der Beschränkung — eintretenden gutgläubigen Erwerbs ausgegangen. 69 Konstruktiv bietet sich hierfür eine teleologische Reduktion des § 135, jedenfalls aber eine Analogie zu §§ 399 Fall 1, 412 an.
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. Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
Dieser Lösungsweg ist jeder Ansicht verschlossen, die dem E Volleigentum zuerkennt, also auch Knoke. Nutzungsersatz Bei Annahme von Rechtsduplizität besteht zugunsten des G in der Schwebezeit, also bis zur Erfüllung des gesicherten Anspruchs, ein Eigentümer-BesitzerVerhältnis des V zu E. V stünden demnach gemäß §§ 987 I, 9901 die von E in dieser Zeit gezogenen Nutzungen zu, wenn auch nur zum Zweck der Zession dieses Anspruchs an G. Durch dieses Ergebnis würde G zwar über das Sicherungsziel hinaus begünstigt 70 , falls E sich nicht schon in Verzug befand; immerhin ist es durch teleologische Reduktion auszuschalten. Die Vollrechts-Theorien aber hätten Schwierigkeiten, überhaupt einen Anspruch zu erklären; denn wenn V dem E Eigentum verschaffen konnte, schlösse dieses Leistungsverhältnis Bereicherungsansprüche auch des G nach §§ 812 11 Fall 2, 818 I als subsidiär aus. Verwendungsersatz E ist seinerseits an Verwendungsersatzansprüchen gegen G interessiert. Solche gegen den Vormerkungs-Gläubiger 71 zu gewähren, lehnte der BGH zunächst ab, da seine spätere Eigentümerstellung nicht zurückwirke 72 ; nunmehr wendet er die §§ 994ff. aber analog an 7 3 . Blieb indes jedenfalls V infolge von Rechtsduplizität auch dem E gegenüber Eigentümer, soweit das der Schutzzweck des § 135 gebietet, so bestand von Anfang an eine Vindikationslage. Da E im Falle einer Unkenntnis des Verfügungsverbots zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (§ 135 II), erhält er nach §§ 994 II, 683 Ersatz für seine Aufwendungen zwar nur dann, wenn sie dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des V entsprachen; einen solchen Anspruch könnte E aber auch der Vindikation des G entgegenhalten (§§ 1000 Satz 1, 999 II). Für die Vollrechts-Theorien dagegen fehlt schon eine Vindikationslage. Sie können E, der ein objektiv fremdes Geschäft nicht besorgte, auch nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag ansehen. E wäre somit auf §§ 812ff. verwiesen, wonach V bzw. G allenfalls (§§818 III, 819 I) den häufig niedrigeren Wert der Bereicherung zu erstatten hätte.
70
Anders wohl Beer, JA 1976, 216. Dessen Situation ist der des G nach der Rechtsprechung vergleichbar, da diese § 888 I nur grundbuchrechtliche Bedeutung beimißt, vgl. BGHZ 75, 288, 292. 72 NJW 1961, 2350 f. 73 BGHZ 75, 288, 291 ff. 71
IV. Relative Unwirksamkeit als Verfügungsbeschränkung
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Konkurs des V Zu untersuchen bleiben die konstruktiven Folgen für die Stellung des G in einem Fremdkonkurs. Keine Probleme treten auf, wenn V in Konkurs fallt, nachdem er verbotswidrig an E und danach (vertragsgemäß) an G verfügt hat; denn G wird dann Eigentümer und kann aussondern 74. Fällt V in Konkurs, bevor er an E verfügt hat, wirkt sich der Unterschied zur Vormerkung aus: Nach § 13 K O ist im Interesse der Konkursgläubiger das Verfügungsverbot ihnen gegenüber unwirksam. Weniger klar sind die Rechte des G, wenn V in Konkurs gerät, nachdem er verbotswidrig verfügt hat. Teilweise wird hier § 13 K O entsprechend angewandt, da das Verbot dem G nicht das Insolvenzrisiko abnehmen solle 75 . Gerhardt dagegen schließt aus § 7 KO, daß der Vorrang der Konkursgläubiger nach einer Verfügung des Gemeinschuldners ende 76 . Für Henckel ist entscheidend, daß der Gegenstand, über den V verfügt hat, „haftungsrechtlich" nicht mehr zur Konkursmasse gehört 77 . Auch Beer 78 bevorzugt G, da dieser nach der Verfügung an E Gefahr laufe, sein Recht an einen weiteren (gutgläubigen) Erwerber zu verlieren, und damit „weitaus gefährdeter als zuvor" sei. Letzteres ist insofern nicht einsichtig, als das Recht des G schon bei Gutgläubigkeit von Ersterwerber E untergegangen wäre. Auch ist die von Beer aufgezeigte Gefahr nicht einmal konkursspezifisch: Gehört die Sache nämlich wegen eines Resteigentums des V noch zur Masse, so wird der Konkursverwalter sie von E kaum später vindizieren, als V selber dies — zum Zwecke seiner Verfügung an G — getan hätte. Gerhardt scheint zu übersehen, daß §§ 6, 7,15 K O nur die Interessenkollision zwischen E und den Konkursgläubigern entscheiden, nicht aber deren Verhältnis zu G regeln. Der Hinweis auf diese Vorschriften macht andererseits deutlich, daß die Konkursgläubiger des V bei analoger Anwendung des § 13 K O gegenüber G (und E) besser stünden, als wenn das Verfügungsverbot nie existiert hätte. Das wäre mit der Wertung des § 13 KO unvereinbar; denn er soll nur die Nachteile eines Verfügungsverbots aufheben. Das Recht des G hat demnach Vorrang. Dessen Durchsetzung wäre für Knoke problemlos. Aber auch nach der Duplizitätslehre könnte ein dem V verbliebenes Teilrecht nicht für die Masse beansprucht werden 79 ; denn die Konkursgläubiger wären als Dritte außerstande, die nur relative Unwirksamkeit der Verfügung an E geltend zu machen. 74 75 76 77 78
3
Dies gilt natürlich auch, wenn nach der Verfügung des V an G der E in Konkurs fallt. Flume , § 17, 6d a.E.; Jaeger I Lent, § 13 Anm. 14; v. Tuhr, I I 1, 221 Fn. 22. Festschrift Flume, 531 Fn. 18. Jaeger I Henckel, § 13 Anm. 23. 1 33, anders aber in JA 1976, 216f.; im Erg. ebenso Voß, LZ 1909, 755.
Foerste
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. Terminologie, Arten und Fälle der Verfügungsbeschränkungen
Konkurs des E Fällt E in Konkurs, bevor G sein Recht durchgesetzt hat, so sollte der Konkursverwalter nach früherer Ansicht von Flume analog § 13 K O berechtigt sein, die Sache zu verwerten; denn das Verbot könne im Konkurs des E nicht stärker sein als in dem des V 8 0 . Mit Beer 81 und Henckel 82 ist G jedoch ein Aussonderungsrecht zu geben. § 13 K O beschränkt sich ausdrücklich auf den Konkurs des V und beruht offenbar auf der Wertung, ein den Gemeinschuldner treffendes Verfügungsverbot sei zu unbedeutend, um eine Durchbrechung des Solidarprinzips zu rechtfertigen. Ist aber E, an den V verbotswidrig verfügt hat, der nachmalige Gemeinschuldner, so war dessen Erwerb nicht verbotswidrig, sondern bereits relativ unwirksam. Gegen Flumes Ansatz spricht aber auch, daß dem Schutz des G — nach einer Verfügung des V — selbst im Konkurs des V Vorrang zu geben ist (s. o.). Die Verbotsfolgen im Konkurs des E abzuschwächen, besteht kein Anlaß; auch hier verdient G also Schutz. Diesen gewährt die Duplizität ohne weiteres, da ein dem V verbleibendes Teilrecht die Sache schuldnerfremd macht. Der von Knoke gewährte Zustimmungsanspruch aber wäre erst über konstruktive Umwege zu privilegieren. Früchte der verbotsbetroffenen
Sache
Einen Nachteil der Duplizität sieht Beer auch in der mit ihr verbundenen Zuordnung von Nutzungen; daß V trotz seiner Verfügung an E noch das Eigentum an Früchten erhalte (§ 953), widerspreche dem Gebot, V zu diesem Zeitpunkt keine Rechte mehr zu geben 83 . Indessen ist § 953 nur beschränkt anwendbar; die Duplizität beläßt dem V sein Recht ja nur in dem Umfang, der zur Durchsetzung des geschützten Anspruchs erforderlich ist. Schließt dieser nicht (bestimmte) Früchte ein, so erwirbt E daran Volleigentum. I m Gegenfall gilt für die Früchte nicht anders als für die Muttersache, daß V kraft seines relativen Rechts hierüber nur zugunsten von G verfügen kann 8 4 . Hingegen würde sich der Zustimmungsanspruch (Knoke) auf die von E getrennten Früchte erst mittels Analogie zu §§ 1120ff, 1212 erstrecken. (7) Insgesamt zeigt sich somit eine zweckgemäße Rechtsduplizität der Annahme eines Vollerwerbs mit Zustimmungspflicht überlegen. Läßt man daher in teleologischer Auslegung des § 135 11 das Recht des V auch gegen E 79 Dennoch gehört es formal zur Masse (§ 1 KO), so daß G Erfüllung vom Konkursverwalter verlangen muß (Jaeger / Henckel, § 13 Anm. 23). 80 2. Aufl., § 17, 6d a.E.; anders die 3. Aufl. ebenda. 81 JA 1976, 216 f. 82 83 84
Jaeger ! Henckel, § 13 Anm. 24; ebenso schon Jaeger / Lent, Anm. 15. Beer 132 f. Hierzu schon S. 31 Fn. 69.
IV. Relative Unwirksamkeit als Verfügungsbeschränkung
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fortwirken, soweit dies dem Geschützten „gegenüber" erforderlich ist, bedarf es auch keiner außergesetzlichen Institute wie des „Absicherungsrechts" von Beer. Verbleibt demnach aber stets ein relatives Recht bei dem Verbotsbetroffenen, so ist er zur Verschaffung absoluter Rechte außerstande, also unfähig, entsprechend der Einigung zu verfugen. Immerhin rechtfertigt die spezifische Wirkungsweise des § 135 11, ihn als relative Verfügungsbeschränkung von den übrigen absoluten zu unterscheiden. Ergebnis Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten: Verfügungsbeschränkungen sind keine Verfügungsverbote, sondern Beschränkungen der Verfügungsmacht. Diese werden von entsprechenden Zivil-Gesetzen bewirkt, insbesondere von §§ 134-136; in Anlehnung an die Bezeichnung der dort genannten Verfügungsverbote ist von absoluten und relativen Beschränkungen zu sprechen. Absolute Beschränkungen werden auch von verbotsunabhängigen Vorschriften ausgelöst, etwa von § 6 I KO. Eine Verfügungsbeschränkung entfallt nicht bei der Möglichkeit, an Redliche wirksam zu verfügen; sie besteht daher schon vor der Eintragung der Beschränkung (des Verbots) im Grundbuch.
Β. Zulässigkeit der Durchbrechung des Reihenfolgeprinzips bei Verfügungsbeschränkungen Geht ein Antrag auf Eintragung einer Verfügungsbeschränkung ein, so scheint das Prioritätsprinzip stets verletzt zu sein, wenn der Grundbuchrichter einen vorher präsentierten Antrag auf Rechtseintragung überhaupt nicht 1 oder erst nach Eintragung der Beschränkung erledigt. Dies gilt auch bei Zurückweisung des ersten Antrags als unzulässig, mag sie zu Recht erfolgen oder nicht; im ersten Fall entstünde dem Erwerber allerdings kein Schaden, da seine Eintragung auch bei rechtzeitiger Bearbeitung hätte abgelehnt werden müssen. Dagegen bedeutet es keinen Verstoß, wenn der erste Antrag wegen Unzulässigkeit sofort und rechtmäßig zurückgewiesen und somit i.S. des § 17 GBO erledigt wird 2 .
I. Zurückweisung eines Eintragungsantrags wegen vermeintlicher Mangelhaftigkeit als Verstoß gegen § 17 GBO A n einem Verstoß scheint es auch dann zu fehlen, wenn die Abweisung zwar sofort, aber zu Unrecht erfolgt, weil in Wirklichkeit alle Eintragungsvoraussetzungen erfüllt waren. Anderer Auffassung sind offenbar Erti 3, Habscheid 4, Rademacher 5, Schöner I Stöber 6 und Wache 1 ; denn sie8 sehen § 17 GBO generell verletzt, falls das Grundbuchamt es unter Hinweis auf eine Verfügungsbeschränkung ablehnt, den früheren Antrag eines gutgläubig Erwerbenden zu vollziehen. Gegen diese Ansicht bestehen Bedenken. § 17 GBO verlangt nämlich allein eine Erledigung des Antrags, die nicht nur durch Vollziehung nach § 18 I 1 GBO, sondern auch durch Zurückweisung erfolgen kann 9 . Welche Erledigungs-
1
Wird dem Antrag nicht sogleich stattgegeben, so ist er immer nach § 18 GBO zu erledigen, vgl. K E H E I Herrmann, § 18 Rdn. 46. 2 Horber, § 17 Erl. 3 A c. 3 In K E H E § 19 Rdn. 98, 100; MittBayNotV 1975, 307. 4 ZZP 1977, 200 u. FGG, § 41 I I I 1. 5 MittRhNotK 1983, 90. 6 In HSS, Rdn. 102c a.E. 7 In M K § 892 RdNr. 70. 8 Ebenso früher L G Mainz, ZB1FG 6, 425 Nr. 473 a; s. auch Schachian 148 f. 9 BayObLG, Rpfl 1983, 101.
II. Voreintragung einer Verfügungsbeschränkung
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form jeweils rechtmäßig ist, ergibt sich jedenfalls nicht aus § 17 GBO. Diese Vorschrift wird daher nur mißachtet bei fehlender oder verspäteter Erledigung des früheren Antrags auf Rechts-Eintragung.
II. Die Voreintragung einer Verfügungsbeschränkung zur Verhinderung gutgläubigen Erwerbs 1. Die Praxis der Grundbuchämter und ihre Aufnahme in der Lehre Solche Anträge auf Rechts-Eintragungen werden aber gerade gegenüber späteren Anträgen auf Eintragung von Verfügungsbeschränkungen gelegentlich zurückgestellt, ohne zugleich in der Form des § 18 GBO erledigt zu werden. Hierfür scheinen nicht Mängel des ersten Antrags maßgeblich zu sein, die auf die Beschränkung zurückgehen und eine „Grundbuchsperre" auslösen könnten. Vielmehr werden jedenfalls Beschränkungen, die auf Verfügungsverboten von Behörden beruhen oder auf deren Ersuchen einzutragen sind, nach der Praxis einiger Grundbuchämter stets sofort eingetragen 1. Es kann also zu folgender Situation kommen: V veräußert sein Grundstück an E, der seine Eintragung beantragt. Nachdem die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des V beantragt wurde, erläßt der Konkursrichter gegen V ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 1061 3 KO und ersucht das Grundbuchamt um dessen sofortige Eintragung (§ 113 I, I I KO). Der Grundbuchrichter entspricht dem, bevor er E einträgt: Dessen Erwerb scheitert nach § 892 I 2. Das Schrifttum zum Grundbuchrecht steht jener Praxis bemerkenswert neutral gegenüber. Ausdrückliche Zustimmung findet sie zwar selten. Wohl nur Weber läßt sich so verstehen, daß der Konkursvermerk ohne Rücksicht auf frühere Anträge einzutragen sei 2 ; deutlicher verlangen dies Mohr but ter / Drisch1er 3 und Zeller I Stöber* für den Zwangsversteigerungsvermerk, da zwischen diesem und einer zuvor beantragten Umschreibung des Eigentums kein Rangverhältnis i. S. des § 879 bestehe. M i t Nachdruck gegen eine Bevorzugung der Beschränkungen wenden sich andererseits nur Böttcher 5, Eickmann 6, Gurowski 7, Hagemann 8 und Uhlenbruck 9, nachdem das K G 1 0 es in einer 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Vgl. S. 13 Fn. 2. in Jaeger, § 113 Anm. 7 („sofort nach Erlaß des Eröffnungsbeschlusses"). 83; Mohrbutter, KTS 1975, 135. § 19 Rdnr. 3. Rpfl 1983, 55. KTS 1974, 209. Eickmann ! Gurowski 18, 29. In Steiner/Eickmann/Hagemann/Stör ζ /Teufel, § 19 RdNr. 13. In M K U §113 Rdn. 4 a. E.
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Β. Durchbrechung des § 17 GBO bei Verfügungsbeschränkungen
Entscheidung aus dem Jahre 1932 als Verfahrensverstoß bezeichnet hatte, einen Antrag auf Eintragung eines Verfügungsverbots vor dem Gesuch um Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu erledigen. Diese eher schwache Reaktion verwundert insofern, als sie auf den ersten Blick den Eindruck vermittelt, eine Privilegierung behördlicher Verbote bzw. Eintragungsersuchen werde — etwa im öffentlichen Interesse — hingenommen. Bisher jedenfalls wurde, soweit ersichtlich, von keiner Stelle auch nur in Erwägung gezogen, die Anwendung des § 17 GBO auf solche Rechte zu beschränken, die nach § 879 rangfahig sind. Schon der Entwurfsbegründung zum Reihenfolgeprinzip war allein maßgeblich, daß die Entscheidung des Grundbuchrichters über den früheren Eintragungsantrag Einfluß auf die Begründetheit des späteren Antrags haben könne 11 . Im folgenden soll untersucht werden, ob die Eigenart der Verfügungsbeschränkungen die Durchbrechung des § 17 GBO rechtfertigt.
2. Die Bedeutung des Reihenfolgeprinzips angesichts der beschränkten Reichweite des sachenrechtlichen Verkehrsschutzes Hierfür erscheint es zweckmäßig, zunächst die Rolle zu betrachten, die das Reihenfolgeprinzip im System des Gutglaubensschutzes nach § 892 spielt — vor allem gegenüber dem Mobiliarrecht. a) Vertraut der Käufer einer beweglichen Sache auf das Eigentum eines Nichteigentümers, so erwirbt er es infolge des Rechtsscheins, den entweder die Sachherrschaft 12 des Veräußerers setzt (§ 932 I I ) , dessen frühere Sachherrschaft (§ 932 I 2) oder dessen Fähigkeit, die Herausgabe durch bestimmte Dritte zu veranlassen (§§ 933, 934 Fall 2). In §§ 932 I 2 und 934 Fall 2 wird bei Verschaffung mittelbaren Besitzes zwar auf Herausgabe verzichtet 13 ; Rechtsschein bleibt aber auch hier die (dem Mittler) eingeräumte Sachherrschaft. §§ 932 ff. selber erfassen jedoch nicht den guten Glauben an die Verfügungsmacht, weder an die des Eigentümers noch an die eines Nichteigentümers 14 . Freilich sind die Schutzvorschriften häufig kraft Verweisung anzuwenden, und zwar gegenüber absoluten Beschränkungen in den dort jeweils genannten Fällen 15 , gegenüber relativen Beschränkungen stets (§ 135 II). 10
JW 1932, 2441. Motive GBO, 87f.; ebenso die Rechtsprechung seit O L G Dresden, JFG 2, 446f. 12 Einen Überblick geben H. Westermann, JuS 1963, 1 ff.; Ehrenberg, JhJb 47, 282ff. 13 Der Veräußerer muß seinen Besitz aber völlig aufgeben, vgl. BGHZ 50, 45, 49. Bei Identität von Besitzmittler und Vorveräußerer sollen noch Boehmer (32 ff.) und Harms (SaR, 159 f.) systematische Erwägungen einen Erwerb ausschließen. 14 Ist eine Verfügung infolge der Verletzung eines absoluten Rechts nichtig, so bleibt der Erwerber ohnehin schutzlos, gleich, ob er über Existenz oder Voraussetzungen des Verbots irrte. 15 Vgl. S. 19. 11
II. Voreintragung einer Verfügungsbeschränkung
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Nach dem klaren Wortlaut des § 932 1 1 muß der Erwerber bis zu dem Zeitpunkt redlich sein, in dem er von einem Berechtigten erworben hätte. Dies ist insofern gerechtfertigt, als das alte Eigentum möglichst lange erhalten werden soll 1 6 und die Parteien es in der Hand haben, Einigung und Übergabe zu der ihnen genehmen Zeit vorzunehmen 17 . Bildet die Herrschaftsmacht des Nichtberechtigten die Grundlage des Rechtsscheins, so muß jene notwendig bis zu der für § 932 erforderlichen Sachübergabe fortdauern oder zu dieser Zeit wiederhergestellt sein. Da dies regelmäßig der Fall ist, birgt die vorzeitige Zerstörung des Rechtsscheins im Mobiliarrecht keine Probleme. b) Im Liegenschaf brecht gibt das Grundbuch wesentlich zuverlässiger Auskunft über die Inhaberschaft des Verfügenden und den Inhalt seines Rechts als die bloße Sachherrschaft. Anders als §§932 ff. schützt §89212 außerdem unmittelbar den guten Glauben an das Nichtbestehen von Verfügungsbeschränkungen zugunsten bestimmter Personen 18. Dieser Schutz vor Beschränkungen wird andererseits gegenüber §13511 i.V.m. §§ 932 ff. in einer Weise durchbrochen, die für das Verständnis des § 17 GBO entscheidend ist und deshalb näher betrachtet werden soll. Der gutgläubige Erwerb scheitert nämlich, wenn die Beschränkung aus dem Grundbuch hervorgeht, wie auch § 892 1 1 das Vertrauen auf die Rechtsinhaberschaft nur schützt, sofern hiergegen nicht ein Widerspruch eingetragen ist. Diese Ausnahmen sind nur Ausprägungen des allgemeinen Prinzips, wonach für einen mehraktigen Erwerbstatbestand erforderlich ist, daß die früher gegebenen Voraussetzungen noch bei Eintritt der letzten vorliegen 19 . Seine uneingeschränkte Anwendung hätte im Grundstücksrecht erhebliche Folgen gehabt: Da zwischen den Eintragungsanträgen der kontrahierenden Teile und der Vollziehung der Eintragung eine vom Erwerber nicht beeinflußbare Zeitspanne liegen kann, wäre ein gutgläubiger Erwerb dem Risiko ausgesetzt geblieben, daß in der Zwischenzeit der Rechtsschein zerstört würde oder der Erwerber von dessen Unrichtigkeit Kenntnis erhielte. Diese Gefahren nahm der erste Entwurf des BGB bewußt h i n 2 0 , und zwar mit Rücksicht auf den Grundsatz, daß der mit der Eintragung abgeschlossene 16
Vgl. Mugdan III, 545. Andererseits gestatten die Entstehungsgeschichte des § 932 und sein systematischer Vergleich mit §§933,934, den Verkehrsschutz bei nur bedingter Einigung schon mit deren Erklärung zu gewähren (ganz h.M., s. BGHZ 10, 69, 73 f.). 18 Dies berechtigt jedoch — ebensowenig wie im Mobiliarrecht — nicht dazu, den Schutz vor absoluten Beschränkungen bereits aus § 892 I 1 abzuleiten; andernfalls würde der vom Gesetz vorausgesetzte Unterschied zwischen den Beschränkungen von Recht und Verfügungsmacht (hierzu schon S. 18 f.) verwischt. Α. A. wohl Weber (DNotZ 1907, 244) und Herold (SächsArchRpfl 1, 487); auch die 1. Kommission hielt es für überflüssig, die absoluten Beschränkungen in Satz 2 zu erwähnen (Motive, Mugdan I I I , 122). 17
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arg. § 878 näher dazu S. 89 ff.
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Β. Durchbrechung des § 17 GBO bei Verfügungsbeschränkungen
Rechtserwerb nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt; wenn der Erwerber erst nachträglich von Eintragungshindernissen erfahre, sei diese Kenntnis daher ebensowenig zurückzubeziehen. Auch müßte es „dem natürlichen Rechtsgefühl . . . höchst bedenklich erscheinen, wenn das Gesetz den Rechtserwerb gestattete, obschon dem Erwerber die durch das Grundbuch verdeckte Sachlage . . . vor Vollendung der Rechtsänderung bekannt geworden wäre". Ohnehin bleibe der redliche Erwerber „immer der Gefahr ausgesetzt", durch ein früheres, ihm unbekanntes Eintragungsgesuch benachteiligt zu werden 21 . Vervollständigt werden sollte der Schutz, wie eine Anmerkung zu E I § 840 (§ 879) 22 ergibt, aber immerhin durch das — in die GBO aufzunehmende — Reihenfolgeprinzip, das den Erwerber vor zwischenzeitlicher Zerstörung des Rechtsscheins durch spätere Anträge (auf Eintragung eines Widerspruchs usw.) bewahrte; von früheren Anträgen dieser Art konnte der Erwerbsinteressent rechtzeitig erfahren — und daher durchaus für den von der ersten Kommission vermißten Schutz sorgen —, da § 12 I 2 GBO sein Einsichtsrecht auf die noch nicht erledigten Anträge erstreckte. Die zweite Kommission ging darüber hinaus. Sie hielt es für nötig, den in Norddeutschland vorherrschenden Brauch abzusichern, die Valuta alsbald nach Vertragsschluß und Antragstellung auszuzahlen, und zog daher den für die Unkenntnis des Erwerbers relevanten Zeitpunkt auf den der Antragstellung vor 2 3 . Allgemein wollte man den guten Glauben so weit schützen, „als es das Bedürfnis des Verkehrs erfordere" 24 . Ein anderer Antrag, der den Zeitpunkt der Redlichkeit folgerichtig auf die Auszahlung der Valuta legen wollte, wurde nur wegen fehlender Bestimmtheit dieses Moments „aus Zweckmäßigkeitsgründen" verworfen 25 . Die bisherige Erwerbsvoraussetzung, wonach bis zur Umschreibung weder Beschränkung noch Widerspruch eingetragen sein durften, der Rechtsschein also ungeschmälert fortdauern mußte, wurde dennoch beibehalten. War aber eine solche Eintragung nicht vorauszusehen, weil sie entgegen §17 GBO c erfolgte, und schlägt der Erwerb infolgedessen fehl, so wird entgegen der in den Protokollen selbst erwähnten Absicht dem Verkehrsschutzbedürfnis nur teilweise entsprochen. c) Es fragt sich, was für diese Abweichung maßgebend war. Der Gesetzgeber hätte den Schutz nämlich wirksamer gestalten können, wenn er die Eintragung 20 Zu optimistisch war daher die Annahme der Entwurfsbegründung, die Prüfung des Buchinhalts verschaffe dem Erwerber „vollständige Sicherheit", Mugdan III, 193. 21 S. Mugdan III, 123. 22 23 24 25
Mugdan III, 125. § 810 I I des 2. Entwurfs, Mugdan III, S.X. Mugdan III, 545. Mugdan I I I , 545 f.
II. Voreintragung einer Verfügungsbeschränkung
41
bei Eingang des Antrags fingiert 26 oder doch eine dem § 892 I I wirkungsgleiche Vorschrift geschaffen hätte. aa) Ein gemeinsamer Wirkungszeitpunkt von Antrag und Eintragung für den Gutglaubenserwerb hätte allerdings allein im Sachenrecht zu mehrfacher Unstimmigkeit geführt: § 878 wäre in seiner jetzigen Form überflüssig geworden, die Rangbestimmung des § 879 hätte ihre Verbindlichkeit eingebüßt; da der Zeitpunkt der itocAeintragung seine Bedeutung verloren hätte, wären entgegen aller Systematik auch die Grundakten Gegenstand des guten Glaubens geworden. bb) Wäre die Antragszeit indessen lediglich für den Rechtsschein maßgebend gewesen, so hätte nur § 878 an Funktion verloren. Insbesondere wäre die exnunc-Wirkung der Eintragung für den Rechtserwerb entgegen der Befürchtung der Entwurfsbegründung 27 ebensowenig abgeschwächt worden, wie dies nach heutiger Rechtslage infolge des § 892 I I der Fall ist. Wie von § 873 verlangt, wäre der Erwerb auch spätestens mit der Eintragung eingetreten; denn selbst bei mehrfacher Veräußerung wäre der redliche Erwerber mit dem frühesten Eintragungsantrag Rechtsinhaber geworden. Nach der Antragstellung dieses Erwerbers hätte freilich auch der mit ihm konkurrierende Erwerber seine Eintragung beantragt und, da die seinem Antrag erst nachfolgende Eintragung des Ersterwerbers nicht mehr gegen ihn gewirkt hätte, auf dessen Kosten das (früher) auf den Veräußerer lautende Recht mit der eigenen Eintragung erworben. Diese Möglichkeit, den früheren Erwerber durch späteren Antrag zu verdrängen, hätte das Posterioritäts-Prinzip eingeführt. (1) Auf ihm beruht zwar stets der gutgläubige Erwerb selbst. Seine Erstreckung auf das Verhältnis mehrerer Erwerber untereinander hätte jedoch dem Erwerber bis zu seiner Eintragung jede Sicherheit genommen; und selbst jene hätte ihm erst bei Ausbleiben zwischenzeitlicher Anträge Gewißheit verschafft. Demgegenüber beschränkt das geltende Recht das Risiko des Ersterwerbers nach Durchsicht von Grundbuch und Grundakten, einschließlich der noch nicht erledigten Anträge, auf ein Versagen des Grundbuchamts und damit erheblich stärker. (2) Die Nachteile jener Posteriorität hätten sich freilich nur in dem Fall eingestellt, daß der nachfolgende Antrag auf Rechtserwerb gerichtet ist. Bezweckt er nämlich — was de lege lata aber gleichfalls schadet — nur die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung oder eines Widerspruchs, so hätte selbst die verfrühte Vollziehung einer solchen Eintragung den Rechtserwerber nicht mehr betroffen, da dieser mangels konkurrierender Erwerber alleiniger Nutznießer der Rechtsscheinsverkürzung gewesen wäre. 26
Dies forderte Förster (Recht 1903, 353 f.) bereits de lege lata; gegen ihn mit Recht Endemann II, 374 Fn. 24. 27
Mugdan III, 123.
42
Β. Durchbrechung des § 17 GBO bei Verfügungsbeschränkungen
cc) Den Wirkungszeitpunkt des Rechtsscheins insoweit vorzuverlegen, wäre also ohne Nachteil möglich gewesen28. Die gesetzliche Regelung nimmt hierauf keine Rücksicht; sie scheint daher undifferenziert zu sein und den gutgläubigen Erwerb an Liegenschaften gegenüber dem Mobiliarerwerb, der durch vorzeitige Rechtsscheinszerstörung praktisch nicht in Frage gestellt wird 2 9 , unnötig zu gefährden. Seinen inneren Grund findet dies u.U. in einem „Veranlassungsprinzip", das jedenfalls im Mobiliarrecht dem Eigentümer die Verantwortung für den Rechtsschein zuweisen soll 3 0 , den sein zurechenbarer Verzicht auf die alleinige Sachherrschaft ermöglicht habe; denn eine solche Verantwortung legt nahe, dem Eigentümer die Befugnis zu geben, den veranlaßten Rechtsschein rechtzeitig wieder zu zerstören. Eine Unrichtigkeit des Grundbuchs gefährdet das wahre Recht zwar auch dann, wenn der Berechtigte zu ihr nicht aktiv beigetragen hat 3 1 . Andererseits erhält er, von Verstößen gegen § 17 GBO abgesehen, schon durch §§ 894, 899 sowie § 22 GBO rechtliche Mittel zum Selbstschutz, der aufgrund der Mitteilungspflichten des Grundbuchrichters nach §§ 55 GBO, 39 GBVfg bisweilen sogar angeregt wird. Jedenfalls in solchen Fällen ist der Berechtigte daher mitverantwortlich für den Verlust seines Rechts, wenn er nichts unternahm, um dessen Gefährdung zu vermeiden 32 . Seine Chance, einen Buchrechtsschein abzuwenden, ist dennoch nicht gleichwertig. Bewahrt nämlich § 935 den Bestand des Rechts gerade vor (Folgen von) Angriffen, die mit besonders qualifizierten Mitteln erfolgen, so schützt das Grundstücksrecht, wenn die Eintragung wenigstens wirksam ist, den guten Glauben auch bei einem Irrtum des Grundbuchrichters oder bei Urkundenfälschung; diese Benachteiligung des Berechtigten erklärt sich durch das hohe Maß an Verläßlichkeit, welches das staatlich geführte Grundbuch garantiert, nicht aber durch eine „Veranlassung". Die Möglichkeit, den Rechtsschein durch Berichtigung oder Widerspruch zu zerstören, ist ohnehin eine allgemeine Vorsichtsmaßnahme, der im Mobiliarrecht nur die vorzeitige Vindikation der Sache durch den mittelbaren Besitzer entsprechen würde. Käme dieser dem Herausgabeverlangen nicht nach, so 28
Dies übersah Endemann II, 374 und Anm. 24; bemerkenswerterweise scheint auch der BGH in seiner Entscheidung zum maßgeblichen Zeitpunkt gutgläubigen Vormerkungserwerbs ernsthaft zu erwägen, einen Nacherbenvermerk außer acht zu lassen, falls er erst nach dem Antrag auf Eintragung der Vormerkung eingetragen wird (NJW 1981,446, 447,4.). 29 Vgl. S. 38 f. 30
Vgl. etwa Η. Westermann, JuS 1963, 6ff.; kritisch Rebe, AcP 173, 198ff.; Canaris
473 ff. 31
Gegen ein Veranlassungsprinzip in § 892 daher Harms, HaR, 84. Anders Kuhlmann (65), der über § 892 hinaus eine Rechtspflicht zum Handeln fordert. 32
II. Voreintragung einer Verfügungsbeschränkung
43
stünde das späterem redlichen Erwerb jedoch nicht entgegen; schon hieran zeigen sich die gesetzlichen Grenzen der „Veranlassung". Wie die Vindikation aber erst recht scheitern würde, wenn infolge der Veranlassung der Erwerber bereits Besitz erlangt hätte, sollte auch die Rechtsscheinsbeseitigung im Grundbuch den Erwerb nach Antragstellung nicht mehr hindern können. Demnach lassen sich für die undifferenzierte und dem Mobiliarrecht gegenüber unharmonische Regelung des § 892 keine einleuchtenden Gründe anführen. Hierdurch gewinnt die Pflicht des Grundbuchrichters, Eintragungsanträge nur entsprechend ihrer Reihenfolge zu behandeln, an Bedeutung. Dem gutgläubigen Erwerber gibt § 17 GBO nämlich die Möglichkeit, durch Einsicht der Grundakten wenigstens solche Rechtsscheinszerstörungen abzusehen, die auf früher gestellte Eintragungsanträge zurückgehen 33 . In diesem Teilbereich also gleicht das Reihenfolgeprinzip den unvollkommenen Schutz des § 892 aus und dient damit zugleich der materiellen Gerechtigkeit; es nimmt folglich eine Ersatzfunktion wahr.
3. Die Anwendbarkeit des § 17 GBO auf Verfügungsbeschränkungen Erwirbt der Gutgläubige einer Verfügungsbeschränkung zuwider, so kann jene Funktion freilich nur zum Tragen kommen, wenn Beschränkungen überhaupt dem Reihenfolgeprinzip unterfallen. Bei wörtlicher Auslegung des § 17 GBO erscheint dies zweifelhaft. Denn die Eintragung einer Beschränkung ist für diese regelmäßig nicht konstitutiv; sie „betrifft" daher weniger das für den Beschränkten eingetragene Recht als das hiermit konkurrierende. Dieser Wortlaut knüpft jedoch nur exemplarisch an den typischen Fall an, daß mehrere eintragungsbedürftige Rechte konkurrieren. Schon die dem § 17 GBO nach materiellem Recht zugedachte Aufgabe 34 ergibt klar, daß er auch Beschränkungen und Widersprüche erfassen sollte 35 . Die Vorschrift ist allgemein dann anwendbar, wenn von zwei beantragten Eintragungen die eine die Zulässigkeit der anderen ausschließen würde 36 . Solchen Einfluß hätte die Eintragung der Beschränkung insofern, als sie nach § 892 I 2 gutgläubigen Erwerb hindern würde; denn aus diesem Grunde würde die nachfolgende Vollziehung des Erwerberantrags das Buch unrichtig machen; sie müßte daher abgelehnt werden 37 . Die Einschlägigkeit des § 17 GBO bei Verfügungsbeschränkungen wird denn im Prinzip auch zugestanden38.
33 34 35 36
Vgl. schon S. 40. Vgl. S. 40. Ebenso Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, Horner, § 17 Erl. 2 Β b ß.
§ 19 RdNr. 13.
44
Β. Durchbrechung des § 17 GBO bei Verfügungsbeschränkungen
In Betracht kommt daher nur, daß andere Normen, die der Eigenart der Verfügungsbeschränkungen Rechnung tragen, das Reihenfolgeprinzip einschränken. a) Die Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO
Keinesfalls läßt sich das § 22 GBO entnehmen. Vielmehr besagt Abs. 1 dieser Vorschrift nur, daß auch die Nichteintragung einer — eintragbaren — Verfügungsbeschränkung ins Grundbuch dieses unrichtig macht; hier kann die Bewilligung nach § 19 GBO durch den Nachweis der Unrichtigkeit ersetzt werden. Von den Voraussetzungen eines (Berichtigungs-)Antrags und seiner Erledigung nach dem Reihenfolgeprinzip wird dagegen nicht suspendiert. Auch für ein Berichtigungsverfahren, das der Geschützte nach §§13 II, 22 GBO ohne Mitwirkung des Beschränkten einleitet, bleibt somit die Schranke des § 17 GBO bestehen. b) Analogien zu §§ 18 I I 1, 53 I, 23 11 GBO
Da das Reihenfolgeprinzip aber nicht für Widersprüche gilt, die von Amts wegen einzutragen sind 3 9 , ist eine analoge Anwendung der §§ 18 I I 1,53 1,23 1 1 GBO in Betracht zu ziehen. Allerdings scheidet § 18 I I 1 von vornherein als analogieunfähig aus. Denn diese Vorschrift will die Nachteile vermeiden, die daraus entstehen würden, daß bei längerer Verzögerung der Eintragung die späteren Antragsteller von dem ersten Antrag abhängig wären 40 ; wenn hier daher zugunsten dieses Antrags Widerspruch oder Vormerkung eingetragen werden sollen, so dient das letztlich der Praktikabilität des Reihenfolgeprinzips selbst. Demgegenüber hilft § 53 I GBO dem Berechtigten, indem ein Amtswiderspruch einzutragen ist, falls das Grundbuch infolge einer unvorschriftsmäßigen Eintragung unrichtig wurde. Dadurch soll zwar in erster Linie der Staat vor Ansprüchen aus Amtspflichtverletzungen bewahrt werden 41 ; daß die Vorschrift 37
Dieses unstreitige (s. nur Horber, Erl. 78 vor § 13) Ergebnis ist allerdings nur auf das Fehlen von Bewilligungsmacht (des Beschränkten) oder Rechtsschutzbedürfnis (des Antragstellers) zu stützen; hierzu näher S. 61 ff., 63 f. 38 Eickmann, 8. Kap. § 212.1 b, Rpfl 1972,77,79, in K E H E § 45 Rdn. 8; Güthej Triebet, § 17 A 8 (5. Aufl.); Horber, § 17 Erl. 2 B a; HSF § 17 Anm. I I 1; Kretzschmar, ZB1FG 2, 817 f. Steht dem Erwerberantrag ein Eintragungshindernis entgegen, so wird § 17 GBO allerdings nicht gewahrt, wenn der Grundbuchrichter diesen Antrag durch Eintragung eines Rangvermerks gemäß § 18 I I GBO „erledigt", bevor er die Beschränkung einträgt; denn auch hierdurch würde ein redlicher Erwerb ausgeschlossen (§ 892 I 2). Das ist nur zu vermeiden, indem die Eintragung der Beschränkung bis zur Eigentumsumschreibung zurückgestellt wird (vgl. Steiner / Eickmann / Hagemann / Stor ζ / Teufel, § 19 RdNr. 13). 39 § 17 GBO ist nur auf „beantragte" Eintragungen anwendbar. 40 Eickmann, 7. Kap. § 1 I I I 2.2 a.
II. Voreintragung einer Verfügungsbeschränkung
45
aber auch dem Individualschutz dient, folgt daraus, daß sie auf ein Verschulden des Grundbuchbeamten — und damit auf ein Erfordernis der Staatshaftung — verzichtet. Wiederum anders strukturiert ist § 23 I GBO. Hiernach ist von Amts wegen ein Widerspruch desjenigen einzutragen, dem als Nachfolger in ein Recht, welches auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt war, möglicherweise Leistungsrückstände zustehen. Gemeinsam ist beiden Vorschriften, daß mit der Eintragung von Amts wegen einer Gefahr für die jeweils Berechtigten begegnet wird, die das Gesetz für inadäquat hält. Sie entsteht entweder aufgrund fehlerhaften Verhaltens des Grundbuchamts, oder sie ist Folge der durch § 22 GBO geschaffenen Möglichkeit, Rechte selbst dann ohne Bewilligung des Betroffenen löschen zu lassen, wenn sie trotz zeitlicher Begrenzung noch Anspruch auf Rückstände gewähren. Der Analogieschluß setzt voraus, daß eine dieser Interessenlagen in der Person eines Beschränkungs-Geschützten ihre Entsprechung findet. Indessen haben die in §§ 53, 23 GBO bedachten Gefahrdungen ihre Ursache allein in Eigenheiten des Grundbuchverfahrens; solche spielen keine Rolle, wenn ein Beschränkter verfügt. Ohnehin käme das Anliegen des Geschützten, sich gegen gutgläubigen Erwerb abzusichern, nur insoweit zum Tragen, wie dem Interesse an einer Rechtsscheinszerstörung allgemein Vorrang zuerkannt wird. Dies beurteilt sich nach § 892 I 2 i.V.m. § 17 GBO. Daß die Einhaltung des § 17 GBO gerade bei Verfügungsbeschränkungen auch aus Gründen der Gerechtigkeit unbedingt geboten ist, wurde auf S. 40-43 dargelegt. Selbst der Konkurs gibt keinen Anlaß, hiervon zugunsten einer breiteren Masseverteilung abzuweichen; denn §§ 7 und 15 KO, die den Konflikt zwischen Individualinteresse und Gläubigermehrheit regeln, verweisen ausnahmslos auf die allgemeinen Vorschriften des Liegenschaftsrechts. Es fehlt daher schon an einer „planwidrigen Unvollständigkeit" 42 der auch für Verfügungsbeschränkungen geltenden §§13, 17 GBO. Für Analogien zu §§ 53 I, 23 I GBO bleibt nach allem kein Raum. c) Der Rechtsgedanke des § 929 I I I 1 ZPO
Nach § 929 I I I 1 ZPO kann eine yl/resivollziehung schon erfolgen, bevor der Arrestbefehl dem Schuldner zugestellt ist. Auch diese Ausnahme ist aber mangels einer Regelungslücke nicht auf die Eintragung von Verfügungsbeschränkungen zu erstrecken. Zweierlei kommt hinzu. Aufgrund einstweiliger Verfügungen ergehende Verbote sind — anders als der Arrest (§§ 930 ff. ZPO) — schon dann „vollzogen", wenn sie dem Schuldner zugestellt werden 43 . Und selbst wenn man aufgrund der von § 936 41 42
BGHZ 25, 16, 25f.; s. aber auch S. 105ff. Elze 3 ff.
46
Β. Durchbrechung des § 17 GBO bei Verfügungsbeschränkungen
ZPO angeordneten Gesetzesanalogie noch die Eintragung als „Vollziehung" auffaßte, so wäre sie nach § 929 I I I 1 ZPO doch allenfalls „vor der Zustellung" der Verbotsverfügung zulässig 44 , nicht aber vor Erledigung des früheren Antrags gemäß § 17 GBO. Eine andere Behandlung bedürfte einer allgemeineren Regel, etwa des Inhalts, daß Arrestbefehle überhaupt Vorrang genießen. Dies dem § 929 I I I 1 ZPO zu entnehmen, verbietet aber dessen Entstehungsgeschichte: Absatz 3 wurde durch das Gesetz vom 30.4.1886 eingefügt; er sollte die Schwierigkeiten beseitigen, die deutschen Kaufleuten daraus erwuchsen, daß sie Vermögen von Ausländern nicht im Inland mit Arrest belegen konnten, wenn innerhalb der früheren Frist des Absatzes 2 (zwei Wochen) keine Zustellung nach Übersee möglich war 4 5 . Eine Bevorzugung von Arrestbefehlen ist ferner nach § 932 I ZPO ausgeschlossen, der eine Abweichung von dem üblichen Grundbuchverfahren nicht vorsieht. d) Eintragung von Verfügungsbeschränkungen auf Ersuchen einer Behörde (§ 38 GBO)
Soll eine Verfügungsbeschränkung aufgrund des Ersuchens einer Behörde eingetragen werden, so ist die Verbindlichkeit des Reihenfolgeprinzips aus zwei Gründen zweifelhaft. Zum einen setzt § 17 GBO „beantragte" Eintragungen voraus; andererseits könnten §§ 938 I, 941 ZPO dem Richter einstweilige Verfügungen gestatten, die zugleich eine sofortige Eintragung anordnen. aa) Das generelle Verhältnis
von § 38 GBO zu § 17 GBO
Nach allgemeiner Auffassung ersetzt das rechtmäßige Ersuchen einer Behörde um Eintragung u. a. den Antrag des Betroffenen 46 . Für wörtliche Auslegung, d. h. für die Nichtanwendung von § 17 GBO spricht das nur dann, wenn der dort geforderte „Antrag" technisch-regulative Bedeutung hat. Dies ist zweifellos der Fall, soweit das Grundbuchamt nicht aus eigener Initiative eintragen soll, was sich schon dem Antragsprinzip in Verbindung mit §§18 II, 22 I, 53 GBO als Regel entnehmen läßt. Im übrigen aber scheint eine wertende Auslegung des § 17 GBO geboten. Dessen ratio ergibt, daß jede nicht der Offizialmaxime unterliegende Eintragung nur in der Reihenfolge vorzunehmen ist, welche die jeweils erforderlichen Erwirkungsakte bilden. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb ζ. B. der Zwangsversteigerungsvermerk zu einem besseren Rang verhelfen sollte als ein früher eingetragenes Pfandrecht. Schon die Entwurfsbegründung zur GBO
43
Furtner, M D R 1955,136; Stein/Jonas/Grunsky,
44
§ 938 Rdnr. 30; RGZ 51,129,132.
Schon dies ist umstritten, vgl. K E H E / Herrmann (§ 38 Rdn. 11) und Furtner, M D R 1955, 136 ff. 45 Vgl. Stenogr. Ber. der Reichstags-Verh., Bd. 88, 1877 f. 46
K E H E j Herrmann, § 38 Rdn. 67.
II. Voreintragung einer Verfügungsbeschränkung
47
zählte daher das Reihenfolgeprinzip zu den Regeln, die für Eintragungsersuchen von Behörden „ebenmäßig" gelten würden 47 . Einhellig wird § 17 GBO denn auch auf solche Ersuchen unmittelbar angewendet4®. bb) § 9381 ZPO als Ermächtigung des Richters zur Suspendierung des Prioritätsprinzips Anders zu verfahren ist möglicherweise bei Verfügungsverboten, die durch einstweilige Verfügung ausgesprochen werden und laut dieser sofort einzutragen sind. Denn § 938 I ZPO überläßt es ausnahmsweise dem „freien Ermessen" des Richters zu bestimmen, welche Anordnungen zur Rechtssicherung erforderlich sind. Wie der eingangs geschilderte Fall zeigt, kann aber gerade eine Eintragung entgegen § 17 GBO allein geeignet sein, die Realisierbarkeit eines Rechts zu wahren. Die Qualität des § 938 I ZPO als Ermächtigung des Richters zur Suspendierung des Prioritätsprinzips ist mit den anerkannten Interpretationsmethoden zu untersuchen. Nach § 938 I I ZPO kann zwar nur die Verfügung selber untersagt werden, auch ist das Verbot an den „Gegner" zu richten; beides ist jedoch, da Absatz 2 die möglichen Anordnungen nur beispielhaft aufführt 49 , für die grammatikalische Auslegung nicht zu berücksichtigen. Hingegen ist § 941 Hs. 1 ZPO mehrdeutig, wenn er davon ausgeht, daß die Grundbucheintragung „auf Grund der einstweiligen Verfügung" zu erfolgen hat; zunächst aber sollte hiermit wohl die Regel eingeschränkt werden, wonach der Gläubiger die im Rahmen der Zwangsvollstreckung erforderlichen Anträge selber zu stellen hat (§§ 867 1 1, 931 VI, 932 I I ZPO). Zu dem heutigen § 38 GBO bemerkte Predari, daß Behörden Eintragungen auch abweichend von den allgemeinen Normen des Grundbuchrechts begehren könnten, soweit sich eine solche Befugnis „ermitteln" lasse50. Dies soll den Motiven zu entnehmen sein, die jedoch nur von der Befugnis sprachen, überhaupt eine „und gerade die bezeichnete Eintragung" zu verlangen 51 ; zugleich erklärten sie E § 49, dessen Absatz 1 das Reihenfolgeprinzip anordnete, ausdrücklich für anwendbar 52 . Nach der Entwurfsbegründung zur ZPO können die im Rahmen des — heutigen — § 938 ZPO zulässigen Mittel „bis zu den äußersten Grenzen der Zwangsvollstreckung" gehen 53 . Diese aber sieht Eingriffe in das Grundbuchrecht nicht vor. 47 45 49 50 51 52
Motive GBO, 91. KEHE/Herrmann, § 38 Rdn. 81; Horber, § 38 Erl. 4 A, 6b; M I R § 38 Bern. 14. S. auch Habscheid, Festschrift Schiedermair, 252. Predari, § 39 Bern. 1. Motive GBO, 90. Motive GBO, 91.
48
Β. Durchbrechung des § 17 GBO bei Verfügungsbeschränkungen
Hiermit sind Bedenken in systematischer Hinsicht schon angedeutet. Sie ergeben sich daraus, daß in einem Zivil-Rechtsstreit grundsätzlich keine Gerichtsentscheidung gegen unbeteiligte Dritte ergehen kann; für einstweilige Verfügungen gilt nichts anderes 54. Ein Recht des Prozeßrichters zur Anweisung von Behörden würde zudem ohne konkrete Grundlage in den Bereich der Exekutive übergreifen, die Anweisung eines Grundbuchrichters in dessen funktionelle, nicht einmal von §§ 71 ff. GBO durchbrochene Zuständigkeit. Die §§ 38 GBO, 941 ZPO würden an Zweck einbüßen; denn die Eintragung des Verbots wäre dann rationellerweise stets durch eine an den Antragsgegner und das Grundbuchamt gerichtete „DoppeP'-Verfügung zu erwirken. Da diese sich weder als Ersuchen darstellen noch den Antragsvoraussetzungen genügen würde, müßte man der einstweiligen Verfügung zugleich grundbuchrechtliche Bedeutung beimessen. Anordnungen des Prozeßrichters an Verfahrensfremde wie den Grundbuchrichter hält die herrschende Meinung daher für unzulässig 55 . Lediglich Güthe / Triebel schienen das Grundbuchamt als möglichen Adressaten einer (gebietenden) einstweiligen Verfügung zu betrachten, wenn sie sagten, es könnten „alle Eintragungen" mit Ausnahme einer vollständigen Sperre „angeordnet werden" 56 ; jedoch sprachen sie sich an anderer Stelle 57 gegen ein Recht aus, das Grundbuchamt zu einer Eintragung anzuweisen. Eine Anordnung des Prozeßrichters, das ausgesprochene Verfügungsverbot 58 sofort einzutragen, müßte aus teleologischer Sicht schließlich an der besonderen Rolle des § 17 GBO scheitern. Denn die Entwurfsbegründung zu § 892 verwies ausdrücklich auf die Verfügungsbeschränkungen kraft einstweiliger Verfügung 59 . Die hierdurch gesicherten Ansprüche scheinen auch keineswegs besonders schutzwürdig, bedenkt man, daß der verbotsbewehrte Anspruch erst nach dem des Erwerbers entstanden sein kann und daß selbst Konkursgläubiger benachteiligt sind, wenn zu spät um die Eintragung des Konkursvermerks nachgesucht wird. Die für die Einhaltung des Reihenfolge-Prinzips sprechenden Wertungen 60 gelten daher auch gegenüber dem Rechtsschutz des summarischen Verfahrens unvermindert.
53
Hahn, CPO, 478. Jauernig, ZZP 1966, 325: Sie müssen sich „ i m allgemeinen Rahmen gerichtlicher Entscheidungen" halten. 55 SteinI Jonas/Grunsky, §938 Rdnr. 19; BL/Hartmann, §938 Anm. 3; HSS, Rdn. 742; Ostermann 15 f.; RG, JW 1927, 2205; RGZ 120, 118 ff.; K G , JFG 5, 298, 302; L G Düsseldorf, BB 1960, 226. 56 § 19 A 127. 57 § 38 A 2. 58 Dessen Zustellung an den Schuldner sei hier vorausgesetzt; zu dem Streit um ihre Erforderlichkeit vgl. Furtner, M D R 1955, 136 ff. 59 Mugdan I I I , 121. 54
60
Vgl. S. 40-43.
II. Voreintragung einer Verfügungsbeschränkung
49
Trotz der allgemein gehaltenen Formulierung des § 938 I ZPO schließt dessen Interpretation somit eine Ermächtigung des Prozeßrichters aus, Eintragungen entgegen § 17 GBO vornehmen zu lassen. Solche Ermächtigungen werden heute auch nicht mehr „erteilt" 6 1 . Die Praxis der Voreintragung mancher Verfügungsbeschränkungen ist demnach mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig.
61
Ausdrücklich dagegen L G Wuppertal (MittRhNotK 1961, 264) und K E H E / Herrmann, § 18 Rdn. 19 a.E. 4
Foerste
C. Auswirkungen mangelnder Verfügungsmacht auf die Durchsetzbarkeit der Eintragung ins Grundbuch I. Das Phänomen der Grundbuchsperre In der Praxis wird der redliche Erwerber aber weit weniger mit Verstößen gegen das Reihenfolgeprinzip rechnen müssen als damit, daß seine Eintragung abgelehnt wird, sobald eine Verfügungsbeschränkung wirksam bzw. — gemäß §17 GBO — eingetragen ist. Für die Berechtigung, den Erwerb auf diese Weise zu hindern, werden die unterschiedlichsten Gründe angeführt: § 892 schütze nur den vollendeten Erwerb, das Grundbuchamt dürfe das Grundbuch nicht bewußt unrichtig machen, § 892 binde nicht das Grundbuchamt, dessen Aufgabe sei es nicht, dem Verfügungsempfänger zum Rechtserwerb zu verhelfen, und der Erwerber habe keinen Anspruch auf gutgläubigen Erwerb 1 . In der Regel bleibt es aber bei dem mehr oder weniger erläuterten Hinweis, die betreffende Verfügungsbeschränkung oder deren Eintragung bewirke eine „Grundbuchsperre" oder nicht: „Durch die Eintragung der Konkurseröffnung wird eine\{jrundbuchsperre verhängt" 2 .
...
„Weitere Folge der Eintragung des Konkursvermerks ist die sog. Grundbuchsperre" 3 . „Das konkursrechtliche Grundbuchs" 4 .
Verfügungsverbot
bewirkt
ferner
eine Sperrung des
„Ist die (relative, Verf.) Verfügungsbeschränkung hingegen eingetragen, so bewirkt sie, da ein gutgläubiger Erwerb alsdann ausgeschlossen ist, grundsätzlich keine GB-Sperre. Ausnahmen gelten... bei Konkurs, Nachlaßverwaltung und Testamentsvollstreckung, weil hier der Berechtigte nicht mehr verfügungsfähig ist" 5 . „Eine sog. Sperre des Grundbuchs wird durch die Eintragung einer relativen Verfügungsbeschränkung i.d.R. nicht bewirkt" 6 . „Die . . . absoluten Beschränkungen bewirken . . . eine . . . GB-Sperre" 7 .
1 2 3 4 5 6 7
Näher dazu unter C I I I 1. M K U § 113 Rdn. 4. Böhle I Stamschräder, § 113 Anm. 4. Soergel/ Hefermehl, § 136 Rz. 14. Horber, § 22 Erl. 7 C a. Staudinger /Seufert, § 892 Bern. 84. KEHE/£W/, § 19 Rdn. 102, einschränkend aber Rdn. 100.
I. Das Phänomen der Grundbuchsperre
51
„Konkurs, Testamentsvollstreckung und Nachlaßverwaltung nehmen dem Rechtsinhaber die Verfügungsmacht; diese verlautbarende Vermerke sperren das Grundbuch für weitere Verfügungen durch ihn. Eingetragene relative Veräußerungsverbote bewirken dagegen keine Grundbuchsperre" 8 .
Die Aussagekraft und dogmatische Richtigkeit dieser Sätze soll im folgenden geprüft werden.
1. Der Begriff In den Gesetzen selber findet die Grundbuchsperre keine Erwähnung. Die Motive zum Sachenrecht bringen mit der „Sperre" in Zusammenhang, „daß Eintragungen, die einer eingetragenen Verfügungsbeschränkung zuwiderlaufen würden, vom Grundbuchamt nicht vorgenommen werden dürfen" 9 . Nach Schöner I Stöber berechtigt die Sperre das Grundbuchamt, „später beantragte Eintragungen . . . ab(zu)lehnen" 10 . Ähnlich betonte das K G bei Sperrung des Grundbuchs die Pflicht des Amts, den Eintragungs-„Antrag zu beanstanden und notfalls zurückzuweisen" 11 . Gegen den Terminus Grundbuchsperre hat sich dezidiert Eickmann ausgesprochen 12 : „Es gibt kaum einen unpräziseren und verwirrenderen Begriff als diesen; in meiner langjährig^ ^Lehrtätigkeit habe ich nichts kennengelernt, was auch nur annähernd ähnliche Verheerungen in den Gehirnen des juristischen Nachwuchses hervorzurufen in der Lage war wie dieser ebenso nebulose wie banale Begriff . . . Es gibt keine ,Grundbuchsperre 4 ! "
Berechtigt ist diese Kritik insofern, als der fragliche Begriff rein deskriptiv ist, wenn er lediglich die tatsächliche Situation kennzeichnet, die in der Aussicht besteht, daß der Grundbuchrichter bestimmte Eintragungen ablehnen mrd\ denn bei solchem Verständnis wäre die Frage, ob die Eintragung zu Recht verweigert wird, ohne Bedeutung. Für den Befund, daß Grundbucheintragungen aus irgendwelchen Gründen abgelehnt werden, einen besonderen Begriff zu prägen, erscheint in der Tat wenig sinnvoll. Wie die bisher zitierten Äußerungen zur Grundbuchsperre zeigen, wird sie üblicherweise aber weitergehend, nämlich dahin verstanden, daß in ihrem Fall Eintragungen nicht mehr erfolgen dürfen, zumindest jedoch nicht erfolgen müssen 13 . Nur diese gleichzeitige Aussage zur 8
M K / Wacke, § 892 RdNr. 67, unter RdNr. 69 und § 878 RdNr. 22 freilich für Vorrang des Erwerberschutzes. 9 Mugdan III, 121; s. auch Mugdan I, 470. 10 In HSS, Rdn. 698 b. 11 K G , JFG 18, 205, 207. 12 5. Kap. § 3 I I I 3.3 d bb. 13 Ausdrücklich stellt Wacke dem Rechtsbegriff „Grundbuchsperre" die (nur) „faktische Grundbuchsperre" gegenüber, vgl. M K § 892 RdNr. 44. 4*
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Rechtmäßigkeit der Sperre berücksichtigt auch, daß jede Entscheidung des Grundbuchrichters seiner Bindung an Recht und Gesetz zu entsprechen hat 1 4 . Schließlich legen die negativen Folgen der Sperre nahe, sie aus der Perspektive des Erwerbers zu kennzeichnen, der seine Eintragung betreibt. Die Sperre kann daher wie folgt definiert werden: Eine Grundbuchsperre ist die auf rechtmäßiger Weigerung des Grundbuchrichters beruhende Unmöglichkeit, eine dem sperrenden Umstand zuwiderlaufende Eintragung zu erwirken.
Hiernach bleibt freilich offen, wann eine solche Weigerung rechtmäßig ist. Das erscheint insofern bedenklich, als die hierfür maßgebenden Umstände vielfaltig und problematisch sein können, so daß sich ohne ihre Kenntnis eine „Grundbuchsperre" gar nicht feststellen läßt. Wie die auf S. 50f. wiedergegebenen Stellungnahmen zeigen, besteht nicht einmal Einigkeit darüber, welche Verfügungsbeschränkung unter welchen Voraussetzungen und aus welchem Grund Eintragungen unterbindet. Dies beruht zunächst auf der unsicheren Einordnung einzelner Beschränkungen 15, ihrer Folgen und der Folgen ihrer Kennzeichnung im Grundbuch. Ob sich der Grundbuchrichter von einer Eintragungsvoraussetzung überzeugen kann, hängt weiter davon ab, welche Erkenntnisquellen man ihm zugesteht16. Endlich ist unklar, in welchem Umfang das materielle Recht die Zulässigkeit einer Eintragung mitbestimmt: Die Auswirkung des § 878 ist anerkannt 17 , die des § 891 schon umstritten 18 ; sollte § 892 insofern irrelevant sein, so verstünde sich das jedenfalls nicht von selbst. Gerade die Rechtmäßigkeit der einer Verfügungsbeschränkung nachfolgenden Eintragung kann also äußerst zweifelhaft sein. Wenn auch u.U. im Einzelfall als „Grundbuchsperre" festzuhalten ist, daß die Eintragung verweigert werden kann oder muß, so interessiert doch die Begründung dieses Ergebnisses nicht minder. Wer sich dennoch, wie manche der auf S. 50 f. Zitierten, auf die Behauptung einer Sperre beschränkt, läuft daher Gefahr, den wohl auch von Eickmann befürchteten Eindruck zu erwecken, er überschätze die Aussagekraft jenes Begriffs.
2. Rechtliche Kriterien fur die Versagung der Eintragung Nach allem besteht eine Grundbuchsperre nicht, soweit der Vollzug einer Eintragung vorgeschrieben ist. Eine solche Vollzugsanordnung enthält nach einer Meinung 1 9 § 19 GBO, wonach „eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von 14
Die Entscheidungen des Grundbuchrichters sind Rechtsprechung, vgl. Habscheid, NJW 1967, 230. 15 Zu der terminologischen Unsicherheit s. schon S. 16ff. 16 S. unter C I I 3; Überblick bei KEHE/ Erti, Einl. C 54ff., 61. 17 Vgl. Horber, § 13 Erl. 3 C a. 18
73 f.
Zu seiner Widerlegung bzw. Geltung für Verfügungsbeschränkungen s. S. 67 und
I. Das Phänomen der Grundbuchsperre
53
ihr betroffen wird". Erti entnimmt die Eintragungspflicht den §§ 13, 18 GBO bzw. §§ 873, 875 20 . Indessen begründen §§ 873, 875 als materielles Recht keine (öffentlich-rechtlichen) Pflichten des Grundbuchrichters. Klar kommt dagegen in §§ 13,19,29 und 39 GBO zum Ausdruck, daß unter den jeweils erforderlichen Voraussetzungen die Eintragung auch zu erfolgen hat 21; diese Anweisung ist für den Grundbuchrichter nach Art. 20 I I I , 97 I GG und § 25 I RiG bzw. § 4 I RpflG verbindlich. Jene Verpflichtung, eine Eintragung immer, aber auch nur bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen vorzunehmen, wird von der Lehre überwiegend als Legalitätsprinzip bezeichnet22. Im älteren Schrifttum 23 dagegen wurde die Ansicht vertreten, kraft dieses Prinzips sei in erster Linie die sachenrechtliche Wirksamkeit der der Eintragung vorausgehenden Rechtsgeschäfte zu prüfen; da das Grundbuchrecht diese Wirksamkeit aber nur ausnahmsweise voraussetze (§ 20 GBO), werde der Legalitätsgrundsatz durch das (formelle) Konsensprinzip eingeschränkt. Auch habe der Grundbuchrichter das Antragsprinzip (§13 GBO) zu beachten, welches ihm im Regelfall verbiete, das Grundbuch mit der wahren Rechtslage in Einklang zu bringen 24 . Schließlich sei das Grundbuchamt durch das Publizitätsprinzip, nämlich durch §§ 891, 892, gehindert, mittels eigener Prüfung die materielle Richtigkeit der Eintragung sicherzustellen, da dies allein Aufgabe der Beteiligten sei 25 . Zu einer Beschränkung des Legalitätsprinzips auf § 20 GBO zwingt das Gesetz jedoch nicht. Der Inhalt des Prinzips ist daher dessen Wortlaut zu entnehmen 26 : Legalität bedeutet Übereinstimmung mit geltendem Recht. Da dieses alle Normen umfaßt, verbietet sich mithin, dem Legalitätsprinzip nur einzelne Normen zu unterstellen und ihm das übrige Recht entgegenzusetzen27.
19
Kretzschmar, Gruchot 49, 1; Landauer, ZB1FG 12, 379; Weber, Gruchot 53, 354. KEHE/Erti, Einl. C 52. 21 Vgl. KEHE/£W/, Einl. C 43; Löscher, § 25; Riedl 117; KG, DNotZ 1972,173,175 f. 22 Arnheim, § 18 Ν 2; R G R K / Augustin, Bern. 23 vor § 873; Güthe/ Triebet, Einl. A 20 und Vorbem. 2. Abschnitt A 91; Landauer, ZB1FG 12, 322; Ripfel 44; Strecker 86; TurnauIFörster II, 168; wohl auch Riedl 13, widersprüchlich S. 11. 23 Oberneck, Gruchot 43, 691 f., 694 f.; Weber, Gruchot 53, 352 ff.; s. auch StaudingerI Seufert, Vorbem. 15 zu § 873. 24 Weber, Gruchot 53, 354f. 25 Weber, Gruchot 53, 356ff. 26 Vgl. Riedl 11 f. . 20
27 Dies ist im Grunde auch gegen das Legalitätsprinzip der StPO einzuwenden, von dem Roxin (§14 A I ) sagt, daß es seine „ursprüngliche theoretische Basis" teilweise verloren habe. Daß der Begriff sich dort als Gegenstück zum Opportunitätsgrundsatz völlig durchgesetzt hat, ist aber insofern verständlich, als das dem Staatsanwalt eröffnete (pflichtgemäße) Ermessen zur Anklageerhebung eine Ausnahme von den grundsätzlich genau festgelegten Pflichten darstellt, entweder anzuklagen oder hiervon abzusehen.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Maßstäbe der Legalität sind daher auch § 13 GBO, formelles bzw. materielles Konsensprinzip und Publizitätsgrundsatz. In welchem Verhältnis diese Regeln untereinander und zu anderen Prinzipien stehen, ist eine Frage ihrer Auslegung, z.B. auch des Zusammenspiels von Verfahrensrecht und materiellem Recht. Damit eng verknüpft ist das Problem der Reichweite des Prüfungsrechts, dessen der Grundbuchrichter bedarf, um dem Legalitätsprinzip genügen28 und insbesondere die Voraussetzungen einer Grundbuchsperre erkennen zu können. Zunächst soll geklärt werden, ob die jeweiligen Verfügungsbeschränkungen die Fähigkeit des Verfügenden oder des Erwerbers mindern, die Eintragungsvoraussetzungen zu erfüllen, die aus rein grundbuchrechtlicher Sicht bestehen.
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung Bei dieser — auch als „formelles Legalitätsprinzip" bezeichneten — Prüfung werden die §§ 19 bzw. 20 GBO als zentrale Voraussetzungen im Vordergrund stehen; sofern sie auf materielles Recht Bezug nehmen, ist es schon dort zu berücksichtigen.
1. Der Einfluß absoluter Verfügungsbeschränkungen a) Die Bewilligung nach § 19 GBO
§ 19 GBO setzt für die Eintragung voraus, daß „derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird". Diese — von § 13 GBO abweichende — Formulierung legt nahe anzunehmen, daß von mehreren Betroffenen nicht jeder allein bewilligen kann, sondern nur alle zusammen. Dann ist die Wirksamkeit der Bewilligung eines in seiner Verfügungsmacht Beschränkten in mehrfacher Hinsicht fraglich. Einmal kann ihm die Bewilligungsmacht fehlen; ist sie zwar vorhanden, würde von einer Eintragung aber auch der Geschützte betroffen, so ist zusätzlich zu prüfen, ob dieser gleichfalls bewilligen muß. Für beide Fragen wiederum kann bedeutsam sein, ob der Verfügende die Bewilligung vor oder nach Wirksamwerden seiner Beschränkung erklärte. aa) Die Bewilligung als Verfögung Von sich aus hindert die absolute Beschränkung nur Verfügungen. Ob die Bewilligung i.S. des § 19 GBO auch privatrechtliche Verfügung ist, wird bis heute unterschiedlich beurteilt. Arnheim 1 und Preclari 2 nahmen dies unter Betonung des rein materiellrechtlichen Charakters der Bewilligungserklärung an; von letzterem gehen auch die 28 1
Zur Ableitung des Prüfungsrechts aus dem Legalitätsprinzip s. Löscher 145. § 19 Ν 2, unter Hinweis auf § 873 II, letzter Fall.
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
55
Motive zum 1. Entwurf des BGB 3 und zur G B O 4 aus, jetzt wohl nur noch Ripfel 5. Für die Verfügungseigenschaft der Bewilligung soll sprechen, daß diese auch dem Zweck diene, die für den Erwerb konstitutive Eintragung zu erreichen 6. Belege für die rechtsgeschäftliche Natur der Bewilligung sahen das R G 7 und Arnheim 8 zudem in §§ 873 I I und 875; dem RG zufolge wird die Bewilligung dann Bestandteil der Einigung, „wenn sie in einer den Vorschriften der Grundbuchordung entsprechenden Form ausgestellt, dem anderen Teile ausgehändigt und von ihm angenommen worden ist". Nach verbreiteter Ansicht ist die Bewilligung sowohl prozessuale Erklärung als auch Rechtsgeschäft 9. Heute wird ihr als „Bewirkungshandlung" aber ganz überwiegend rein verfahrensrechtliche Bedeutung beigelegt10. Die materiellrechtliche Theorie stand offensichtlich unter dem Eindruck des 1. BGB-Entwurfs, dessen § 828 I I besagte: „Der Vertrag erfordert die Erklärung des Berechtigten, daß er die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewillige, und die Annahme der Bewilligung von Seiten des anderen Theiles". Entsprechend formulierte die Kommission, daß das Eintragungsverfahren zu erleichtern sei durch Verzicht auf den Nachweis der „Annahme der in der Eintragungsbewilligung liegenden Offerte" 11 . Die Begründung zu §20 des 1. Entwurfs der GBO wandte sich gegen die Aufstellung einer solchen „Regel" sogar deshalb, weil ihr Inhalt schon materielles Recht sei und man dessen Vermischung mit dem formellen Recht befürchtete; die Bewilligung gehöre nur jenem an 1 2 . Jedoch wurde E I § 828 I I von der 2. Kommission abgeändert, die glaubte, er regele nicht den Fall einer Eintragung, welcher die dingliche Einigung erst nachfolge 13 . Ob jene Änderung nötig war, ist hier nicht zu erörtern. Ihre 2
§13 Bern. 3. Mugdan III, 103. 4 54 f. 5 63; s. auch Eickmann/ Gurowski 100. 6 Predari, § 19 Bern. 12. 7 RGZ 54, 378, 384. 8 § 19 Ν 2; kritisch hierzu Erti (in K E H E § 19 Rdn. 23) und E. Wolf, § 9 D IV b. 9 FuchsIArnheim, § 19 Ν 3; Güthe\Triebel, § 19 A 7f.; Landauer, ZB1FG 8, 757; RGZ 54, 378, 384; von der neueren Literatur Horber, § 19 Erl. 3 A a; wohl auch Wolff I Raiser, § 33 III. 10 Baur, § 16 I I I 4; Habscheid, §41 I I 2; HSS, Rdn. 56 b; Kuntze, Erti, Herrmann, Eickmann in K E H E § 19 Rdn. 17ff.; ausführlich Erti , DNotZ 1964, 274ff., 281 f.; Nieder, NJW 1984, 331; M. Wolf, RdNr. 336; früher schon Heidecker, ZB1FG 13, 615ff.; v. Tuhr I I 1, 159; offen gelassen in BGHZ 84, 202, 206 f. 11 Mugdan III, 103. 12 Motive GBO, 54f. 3
13
Mugdan III, 524.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Vornahme zeigt aber, daß ein Auseinanderfallen von verfahrensrechtlicher Bewilligung und konsensualer Erklärung für möglich gehalten wurde. Damit ist eine eigene Rechtsnatur der Bewilligung i.S. des § 19 GBO vorausgesetzt; sie bleibt auch dann gewahrt, wenn Auflassung und Bewilligung äußerlich zu einer Erklärung zusammengefaßt sind 14 . Das schließt nicht aus, daß die Bewilligung zugleich eine Verfügung darstellt. Den §§ 873 II, 875 ist dies freilich nicht zu entnehmen. Selbst wenn man der Ansicht des RG folgte, könnte die Bewilligung nur bei bindender Einigung usw. deren „Bestandteil" werden; in den übrigen Fällen müßte sich daher ihre Rechtsnatur wandeln. Vor allem aber ist nicht ersichtlich, was die — nach § 873 I I eintretende — Unwiderruflichkeit zweier Willenserklärungen an deren Inhalt zu ändern vermag. Wohl kann sie ein Erfolg sein, den das Gesetz vorsieht, weil er gewollt ist; gerade dem Bewilligenden aber, der doch nur die Auflassung als solche schuldet, wird kaum an seiner Bindung gelegen sein. Auch erfolgt die spätere Eintragung nicht wegen der Unwiderruflichkeit, sondern auf die einmal abgegebenen Erklärungen hin. Überhaupt äußert sich die Wirkung der Bindung nicht, bevor der Verfügende die Auflassung zu widerrufen sucht. Die Rechtsfolge des § 873 I I hat daher keinen Einfluß auf die Bewilligung. Deren Verfügungscharakter läßt sich ebensowenig auf die Annahme stützen, Zweck der Bewilligung sei auch die Eintragung des Erwerbers. In der Regel ist nur schwer auszumachen, ob der Bewilligende in erster Linie die grundbuchrichterliche Tätigkeit oder aber deren Folgen anstrebte, wie stets, wenn Mittel und Zweck nebeneinanderstehen. Will man hier über Spekulation hinauskommen, ist deshalb objektiven Kriterien der Vorzug zu geben. Auf das Rechtsgebiet abzustellen, welches Voraussetzungen und Wirkungen der Erklärung regelt, hilft indes auch nicht weiter, da hierfür formelles wie materielles Recht in Betracht kommen. Damit bleibt nur übrig, entsprechend der Rechtsgeschäfts-Lehre 15 die Unmittelbarkeit der Verknüpfung von Erklärung und gesetzlichem Erfolg zu fordern; Gleiches setzt ja auch die Verfügung voraus. Zu fragen ist also nach der Nähe der Bewilligung zu den Erfordernissen, die das Liegenschaftsrecht für die materielle Rechtsänderung aufstellt. Und zwar bemißt sich die Nähe richtigerweise nach dem Gewicht, welches das Gesetz jenen Erfordernissen zuweist. Da als solche in § 873 selber Einigung und Eintragung genannt sind, mag man die Einigung 16 als Rechtsgeschäft und Verfügung auch dann ansehen, wenn ihr die Eintragung erst nachfolgt 17 . Die Bewilligung aber trägt aus materiellrechtlicher
14 Häufig wird dies bei der Aufhebungserklärung nach § 875 I der Fall sein, die gegenüber dem Grundbuchamt abgegeben wird, vgl. Soergel/ Baur, § 875 Rz. 2; s. auch KEHE/ Erti, § 19 Rdn. 13. 15 i?. Tuhr I I 1, 154. 16 Für die nach § 875 ausreichende Aufhebung hätte gleiches zu gelten.
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
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Sicht zur Rechtsänderung nichts bei, ebensowenig, wie es die Bevollmächtigung zur Auflassung täte; wollte man im Gegenteil die Bewilligung noch als unmittelbar für die Rechtsänderung ansehen, so ließe sich auch die Bevollmächtigung zur entsprechenden Erklärung als Verfügung bezeichnen: Vom Zweck der Rechtsbeschränkung, die sich mit der Entziehung sachenrechtlicher Geltung begnügt, wäre beides nicht mehr gedeckt 18 . Eine unmittelbare Rechtseinwirkung fehlt demnach 19 ; hieran ändert auch nichts, daß die von dem Bewilligenden ermöglichte Eintragung seine Rechtsstellung direkt verschlechtert 20 und von „größte(r) Wichtigkeit für die privaten Rechtsbeziehungen der Beteiligten" 21 ist. Nach allem ist eine Eintragungsbewilligung, die ein Verfügungsbeschränkter abgibt, aus materiellrechtlichen Gründen nicht unwirksam; das gilt erst recht, wenn die Beschränkung erst nach der Bewilligung eintritt. bb) Minderung der „Bewilligungsmacht" A u f verfahrensrechtlicher Seite kann aber die „Bewilligungsmacht" des Verfügenden gemindert sein. Bewilligen muß der Betroffene, also der, dessen Recht durch die zugestandene Eintragung nicht nur tatsächlich oder wirtschaftlich beeinträchtigt wird 2 2 . Demnach ist Betroffener nicht allein 23 der Verfügungsberechtigte, sondern auch der in seinem Verfügungsrecht beschränkte Inhaber. Zugleich ist — als Kern der „Grundbuchsperre" — anerkannt, daß der Bewilligende überhaupt fähig sein muß, über sein Recht nach materieller Norm zu verfügen, strebt er nicht gerade eine Buchberichtigung an 2 4 ; diese Regel soll insbesondere nicht von der streitigen 25 Frage abhängen, ob die Bewilligung ihrer Rechtsnatur nach dem materiellen Recht unterfallt. 17
So auch Wacke (ZZP 1969, 402), der § 15 K O als einziger Verweisung auf § 878 entnimmt, daß der Gesetzgeber die Eintragung nicht einer Rechtshandlung des Verfügenden zurechnet, die schon von § 7 K O erfaßt worden wäre; s. ferner S. 60 f. 18 Im Erg. ebenso Baur, § 16 I I I 4e; KEHE/ Erti, § 19 Rdn. 23. 19 Ebenso Bernhöft (31, 33), v. Tuhr (II 1, 154). 20 So Wolff/Raiser, § 33 III. 21 So Predari, § 19 Bern. 12.' 22 Horber, § 19 Erl. 5 B. 23 So aber offenbar Güthe/Triebel, § 19 A 33; richtig Imhoff / Riedel in M I R § 19 Bern. 70. 24 Böttcher, Rpfl 1983,189 („verfahrensrechtlicher Parallelbegriff'); Brand/Schnitzler, §§ 45,52; Eickmann, 5. Kap. § 3 I I I 1; Güthe/Triebet, § 19 A 33; Heuer 38; HSS, Rdn. 56e; HSF § 19 Anm. I I I 1 a; M I R § 19 Bern. 70; im Grundsatz nicht anders KEHE/£W/, § 19 Rdn. 73 (irreführend Rdn. 49 und Einl. Β 15); Nieder, NJW 1984, 337; RGZ 71, 38, 40; K G , RJA 9, 125; KGJ 23 A117f.; BGHZ 35, 135, 139; Denkschrift zur GBO, Hahn/Mugdan V, 156. Vorder Anpassung des § 19an§ 13 I I GBO forderte E I § 211 noch die Bewilligung des „Berechtigten".
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
(1) Nur früher nahm man vereinzelt an, „betroffen" würden nur die eingetragenen Rechte 26 ; ebenso könnten die Motive zum B G B 2 7 verstanden werden. Hiergegen sprechen aber die Entwicklung des Prüfungsrechts wie auch § 19 GBO. Auf die partikularrechtliche Tradition der Anspruchsprüfung, zumal in Preußen 28 , nahm die Entwurfsbegründung wie selbstverständlich Bezug 29 . Die weitreichende Publizität des heutigen Grundbuchs macht die Legitimationskontrolle mehr denn je zu einem strukturellen Grundsatz. Er sollte in § 19 GBO eingehen, wie auch der deutlich verschiedene Wortlaut des § 39 GBO erkennen läßt. Das formelle Konsensprihzip verzichtet für Verfügungen minderer Bedeutung auf den Nachweis der dinglichen Einigung, um Kreditverkehr und Buchführung zu erleichtern. Von der Fähigkeit, diese Rechtsänderung herbeizuführen, wird hiermit nicht abgesehen. Da jene aber nur aufgrund des Verfahrensrechts überprüft werden kann, ist die Wirksamkeit der Bewilligung prinzipiell analog der materiellen Rechtsmacht zu beurteilen 30 . Fehlt diese bei Verfügungsbeschränktheit, scheint also auch die Bewilligungsmacht zu entfallen, wenn die Beschränkung eintritt, bevor bewilligt wird. (2) Die Bewilligungsmacht kann allerdings auch verlieren, wer erst nach seiner Bewilligung beschränkt wird; denn die grundbuchrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen müssen bis zur Eintragung vorliegen 31 . (3) Möglicherweise bleibt die Bewilligungsmacht aber erhalten, wenn die Verfügungsbeschränkung ins Grundbuch eingetragen wird. So nimmt eine verbreitete Ansicht für das relative Verfügungsverbot an, daß nach seiner Eintragung auch etwaige Erwerber eingetragen werden können 32 . Da Ursache hierfür sein soll, daß die Eintragung einen redlichen Erwerb ausschließt, ist jene Auffassung auch dort zu beachten, wo eine absolute Beschränkung Gutglaubensschutz vorsieht; und in der Tat wird etwa zu §§ 6, 7, 15 K O entsprechend argumentiert 33 . 25 Hierzu oben aa); zu den Folgen für die Anwendbarkeit des § 185 s. allerdings Nieder, NJW 1984, 332, 4. 26 Bernhöft 51 ff.; Kretzschmar, Gruchot 49, 6 („nach dem Stande des Grundbuchs"); ähnlich Landauer, ZB1FG 12, 359; Weber, Gruchot 53, 368, 370; wenig klar Turnau/Förster II, 110. 27 Mugdan III, 102: Bewilligung des „eingetragenen Berechtigten", deutlicher noch S. 104; vgl. auch Motive GBO, 56. 28 Vgl. A L R 120 §§ 429,430 und noch § 4611 GBO v. 5. 5.1872; näher dazu Liebers 6 ff. 29 Motive GBO, 86; ebenso die Denkschrift, Hahn/Mugdan V, 156. 30 Direkte Bezugnahme fordern die Denkschrift zur GBO (Hahn/Mugdan V, 156) sowie — ohne methodische Reflexion — Brand/ Schnitzler (§ 45), Eickmann (5. Kap. § 3 I I I 3.1 a) und Heuer 38; scheinbar auch BGHZ 35, 135, 139. 31 KEHE/Erti, Einl. C 63. 32 Güthe/Triebet, 70 vor § 13; Horber, § 22 Erl. 7 C a; s. auch Soergel/Baur, § 892 Rz. 17; KG, HRR 1934, Nr. 1095ff. m.w.N.
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
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Offen bleibt nach dieser Ansicht jedoch, wie sich die Tatsache, daß der Geschützte nach einer Eintragung der Beschränkung hinreichend gesichert ist, grundbuchrechtlich auswirken kann. (a) Denn daß infolge dieser Sicherung auch die Bewilligungsmacht wieder auflebe, wird nicht behauptet. Deren Wiederherstellung wäre auch nicht mit einem Fortfall der Verfügungsbeschränkung zu begründen, denn deren Eintragung ändert ja nichts an dem Bestand der Beschränkung 34 . (b) Die vorherige Eintragung einer Beschränkung schließt eine Sperre also nur dann aus, wenn sie eine Ausnahme schon von dem Prinzip gestattet, daß sich die Bewilligungsmacht nach der Verfügungsmacht richtet. Hiergegen spricht jedoch schon das Interesse des Geschützten, dem auch daran liegt, seine Rechtsverfolgung bei widriger Verfügung des Beschränkten auf diesen zu begrenzen, statt gegen weitere Erwerber auf Grundbuchberichtigung klagen zu müssen. Andererseits hat der Erwerber ein Interesse daran, bei späterer Genehmigung der Verfügung durch den Geschützten seinen Rang zu wahren; es verliert freilich dadurch an Gewicht, daß ein Einverständnis des Geschützten in der Regel schon vorher feststellbar sein wird. Die Gegner einer Grundbuchsperre widersprechen sich, wie Eickmann zutreffend bemerkt 35 , obendrein insofern, als sie eine Verpflichtung des Grundbüchrichters betonen, das Grundbuch nicht wissentlich unrichtig zu machen; denn dem neu Eingetragenen würde die materielle Berechtigung offensichtlich fehlen, da sein redlicher Erwerb nach § 892 I 2 ausgeschlossen ist. Absolute Verfügungsbeschränkungen lassen die Fähigkeit zu wirksamer Bewilligung folglich ohne Rücksicht auf die Eintragung der Beschränkung entfallen. b) Das materielle Konsensprinzip (§ 20 GBO)
Falls der Verfügungsbeschränkte sein Grundstück veräußert oder ein Erbbaurecht bestellt, überträgt oder in seinem Inhalt verändert, fragt sich, ob die Voraussetzungen des § 20 GBO eingehalten sind. aa) Es könnte schon die „erforderliche Einigung" i.S. dieser Vorschrift fehlen. Da der Verfügende kraft eigenen Rechts nicht verfügen kann, ist seine Einigungserklärung unwirksam, wenn ihr eine Verfügungsbeschränkung vorausgeht und wenn über ein Grundstücksrecht schon vor dessen Eintragung „verfügt" werden kann. 33 Kretzschmar 114; Staudinger I Seufert, § 892 Bern. 84; widersprüchlich Weber, DNotV 1907, 255 ff.; zum Nacherbschaftsvermerk Fuchs ! Arnheim (§19 Ν 10 f.) und Schönerj Stöber, HSS, Rdn. 1778, 1779. 34 35
S. 19 f. 5. Kap. § 3 IV 1.2.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Letzteres ist streitig. Gegen einen Verfügungscharakter der Auflassung wird angeführt, daß § 873 die Rechtsänderung unmittelbar erst mit Eintragung eintreten läßt 3 6 . Auch Fuchs / Arnheim betonten, daß diese als behördliche Handlung der Einwirkung der Beteiligten entzogen sei; die Einigung sei durch die Eintragung aufschiebend bedingte Verfügung 37 . Bassenge38 und Baur 39 dagegen nennen die Auflassung 40 uneingeschränkt Verfügung. Die letztgenannte Ansicht widerspricht dem Wortlaut des § 873 nicht unbedingt, umschreibt er doch nur den Verfügungser/ö/g. Einen Anhalt findet sie offenbar auch in der Entwurfsbegründung. Denn zu der nachträglichen Heilbarkeit unbefugter Verfügungen (Konvaleszenz)41 heißt es in den Motiven zum Sachenrecht, nach dem Entwurf sei Konvaleszenz sowohl vor als auch nach Vollziehung der Eintragung möglich, die aufgrund der Bewilligung eines Nichtberechtigten erfolgen könne; juristisch seien beide Fälle nicht verschieden 4 2 . Bedenkt man die damalige Bedeutung der Bewilligung als Erklärung der Einigung, so kann das nur heißen, daß schon diese als Verfügung betrachtet wurde. Jedoch führt die Einigung, da sie regelmäßig vor der Eintragung erklärt wird, die Rechtsänderung kaum einmal unmittelbar herbei; hätte sie dennoch als Verfügung zu gelten, würde das also den in der Lehre anerkannten Verfügungsbegriff erweitern. Dies ist jedoch hinzunehmen, wenn andere Aspekte überwiegen. Zunächst wäre die Einschränkung der Unmittelbarkeit kein Einzelfall. Auch im Mobiliarrecht ist eine beschränkungswidrige Verfügung schon dann anzunehmen, wenn unter aufschiebender Bedingung verfügt wurde, will man nicht bequeme Umgehungsmöglichkeiten schaffen. Ferner kann ζ. B. der Konkursverwalter ein berechtigtes Interesse daran haben, schon vor der sich verzögernden Eintragung des Erwerbers diesem gegenüber feststellen zu lassen (§ 256 ZPO), daß zu Lasten der Konkursmasse keine wirksame Einigung zustande kam. Schließlich ist die besondere Stellung der Auflassung nicht zu übersehen. Als alleinige Voraussetzung materieller Rechtsänderung neben der Eintragung hebt sie sich von deren verfahrensrechtlichen Voraussetzungen klar ab. Die Eintragung selber aber steht als hoheitliche Maßnahme in nur schwacher Beziehung zu dem — wenn auch nicht allein — privatrechtsgestaltenden Akt des Verfügenden.
36 Rosenzweig, JhJb 58, 403 ff.; Staudinger/ Coing, Einl. vor § 104 Bern. 63; vgl. auch Westermann, § 77 I. 37
§ 20 Ν 9; s. auch Arnheim, § 20 Ν 9. In Palandt (40. Aufl.), § 873 Anm. 3. 39 In Sorget, § 873 Rz. 3; ebenso Predari, § 20 Bern. 4b. 40 Zur Bestellung eines Erbbaurechts s. BGHZ 52,269 f. („Einigung über die Bestellung . . . als Verfügung"). 41 Im 1. Entwurf in § 310 geregelt. 42 Mugdan III, 105. 38
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
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Mithin ist bereits die Auflassung Verfügung. Folglich kommt die nötige Einigung zwischen Beschränktem und Erwerber nicht zustande 43 , falls sie nach der Verfügungsbeschränkung erklärt wird. bb) Infolge seiner fehlenden Verfügungsmacht ist der Verfügende überdies auch nicht „Berechtigter" i. S. des § 20 GBO, und zwar unabhängig davon, ob seine Beschränkung vor oder nach der Einigung eintritt. Daß es an der „Einigung eines Berechtigten" fehlt, ist zwar ein sachenrechtlicher Befund. Dieser ist nach § 20 GBO jedoch als solcher zu beachten; das gilt auch dann, wenn man der Auflassung im Rahmen der GBO rein verfahrensrechtliche Bedeutung beimißt 44 . Demnach führt die absolute Verfügungsbeschränkung bei Auflassung wie bei anderen Verfügungen zum Wegfall von Eintragungsvoraussetzungen.
2. Folgen relativer Verfügungsbeschränkungen Ob der Grundbuchrichter einem Antrag nachzukommen hat, dessen Vollzug einem relativen Verfügungsverbot widersprechen würde, ist seit langem umstritten. Das abnehmende Interesse der Lehre an dieser Frage ist wohl mitursächlich dafür, daß hierzu noch in den neueren Auflagen einiger Großkommentare Widersprüchliches 45, günstigenfalls Apodiktisches 4 * zu finden ist; die Argumentation erschöpft sich häufig in Hinweisen auf die bekannte Grundbuchsperre. War das Verfügungsverbot noch nicht eingetragen 47, so hält vor allem das Schrifttum zum Grundbuchrecht und zu § 106 K O den späteren Antrag nicht für vollziehbar 48 . Auf gleicher Linie lagen ältere Entscheidungen des K G 4 9 , denen 43 Ob außerdem die Bewilligung des Beschränkten fehlt, hängt von der Anwendbarkeit des § 19 neben §20 GBO ab. Für diese spricht, daß die Beteiligten ohne das weitere Erfordernis einer Bewilligung gehindert wären, nach der zur Bindung nötigen notariellen Auflassung doch den grundbuchmäßigen Vollzug der Rechtsänderung hinauszuschieben. Auch §§11 I I , 1413 ErbbauVO und §§41, 7 I I I , IV WEG setzen die Bewilligung offensichtlich voraus. 44
So KEHE/ Erti, §20 Rdn. 4 und Einl. A 40. Indessen ist die Auflassung nur Rechtsgeschäft (ohne Diskussion ebenso: HSF § 20 Anm. III; M I R § 20 Bern. 6). Denn daß § 873 die Einigung erwähnt, kennzeichnet sie weit mehr als Verfügung denn als prozessuale Erklärung. Gegen eine Doppelwirkung aber spricht § 20 GBO selber, der dem Grundbuchrichter expressis verbis die Prüfung materiellen Rechts auferlegt. Die Pflicht zur Beachtung materiellen Rechts diversifiziert noch nicht dessen Charakter. 45
Soergelj Baur, § 892 Rz. 17; Soergelj Hefermehl, § 135 Rz. 18; näher S. 62f. Staudinger jSeufert, § 892 Bern. 84; Jaeger/ Weber, § 113 Anm. 11. 47 Vgl. hierzu schon S. 19 f. 48 Brand/Schnitzler, § 44,2; KEHE/ Erti, § 19 Rdn. 110 a.E.; Güthe/Triebel, A 70 vor §13; Horber, §22 Erl. 7 C a; HSF §19 Anm. I I I a α, ε; M I R , Bern. 122 vor §13; Jaeger /Weber, § 113 Anm. 11; M K U § 13 Rdn. 4; aber auch R G R K /Augustin, § 888 Anm. 23; Kretzschmar 114; Palandt/ Bassenge, § 892 Anm. 5 b; Staudinger/ Coing, § 135 Bern. 10; anders aber Turnau/ Förster II, 87; Weng 57 ff. 46
62
C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
das BayObLG 5 0 1954 gefolgt ist. Die Begründungen sind unterschiedlich: Der Geschützte habe ein dingliches Recht, das durch die Eintragung betroffen werde 51 ; eine verbotswidrige Eintragung würde das Grundbuch unrichtig machen, und im Falle der einstweiligen Verfügung sei ein „Gegeneinanderarbeiten" zweier Behörden zu vermeiden 52 ; jedenfalls habe es sich in der Praxis „bewährt", keine Eintragungen mehr vorzunehmen 53 . Eine richterliche Anordnung nach § 106 K O stelle zwar auch nur ein relatives Verbot dar, wirke aber dennoch anders als sonstige Verbote dieser A r t 5 4 . Maßgebend sei die Unerlaubtheit verbotswidriger Verfügungen 55 . Zweifelsfrei befürwortet wird heute eine Eintragung trotz relativen Verbots von Beer 56, Brox 57, Dilcher 58, Eickmann 59, Gerhardt 60, Schöner/Stöber 61 und Mayer-Maly 62. Auf ihr bestand in früheren Beschlüssen auch das R G 6 3 , dem das K G 6 4 im Jahre 1920 und das BayObLG 6 5 1933 folgten. Gleicher Meinung waren gewichtige Stimmen der damaligen Literatur 6 6 , häufig unter Berufung auf die Entwurfsbegründung 67 . Argumentationsansatz ist in der Regel, daß das relative Verbot nicht die Verfügungsmacht nehme. Weber bestritt dem Grundbuchamt die Kompetenz, über die Verbotswirkungen zu entscheiden; deren Geltendmachung sei den Beteiligten vorbehalten 68 . Andere Stellungnahmen sind unklar. Hefermehl verneint eine Sperre des Grundbuchs, läßt den Richter jedoch vor Eintragung des Verbots anderweitige 49
OLGE 14, 72, 75; KGJ 44, 174, 179; JFG 18, 205, 207 f. BayObLG 1954, 97, 99. 51 HSF § 19 Anm. I I I l a s . 52 K G , JFG 18, 205, 208; H R R 1934, Nr. 1095. 53 M K U § 113 Rdn. 4. 54 Jaeger / Weber, § 113 Anm. 11 i.V.m. § 106 Anm. 4; eine Grundbuchsperre aber ist nicht dargetan, insbesondere nicht durch den Verweis auf § 106 Anm. 4. 55 K G , JFG 18, 205, 207 f. 56 110 Fn. 74. 57 In Erman, §§ 135, 136 Rdz. 9. 58 In Staudinger, § 135 Rz. 10, anders noch die Voraufl. 59 5. Kap. §3 IV 1.2. 60 Festschrift Flume, 529. 61 In HSS, Rdn. 740. 62 In M K § 135 RdNr.42. 63 RGZ 71, 38, 40 (1909); 105, 71, 76 (1922). 64 KGJ 52, 125, 130; zuvor schon KGJ 22 A 129, 132. 65 BayZRpfl 1933, 248 f. 66 Arnheim, § 18 Ν 9; Bernhöft 63; Herold, SächsArchRpfl 1, 498; Planck/ Strecker 114 f.; Predari, § 19 Bern. 16; Raape 78; Turnau)Förster II, 87; offenbar auch Voß, JhJb 60, 327. 50
67 68
Vgl. Mugdan III, 121 f. Weber, DNotV 1907, 252.
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
63
Anträge zurückweisen 69 . Baur betont, daß die Eintragung (!) des Verbots keine Sperre herbeiführe; eine verbotswidrige Eintragung habe der Grundbuchrichter aber zu verweigern 70 . Die Ablehnung einer Eintragung wegen Verstoßes gegen ein relatives Verfügungsverbot ist indessen nur rechtmäßig, wenn dieses eine im Grundbuchrecht enthaltene Eintragungsvoraussetzung beseitigt. Nach dem bisher Gesagten trifft der Ausgangspunkt der herrschenden Meinung, die Bewilligungsmacht falle mit der Verfügungsmacht, grundbuchrechtlich zu. Indem auch §§ 135,136 eine Verfügungsbeschränkung darstellen 71 , scheinen sie daher eintragungshindernd zu wirken. U m so mehr fallt auf, daß die Entwurfsbegründung selber verbotswidrige Eintragungen ausdrücklich für zulässig hielt. Sie sah in der Sperre einen Widerspruch zu dem Grundsatz der Beteiligtenherrschaft und befürchtete inkompetente und vorschnelle Interventionen des Grundbuchbeamten 72 . Außerdem sollte weiterer Geschäftsverkehr nicht ausgeschlossen werden; dem Schuldner dürfe trotz Konkurseröffnung (sie!) oder Zwangsversteigerungsverfahrens nicht die letzte Möglichkeit zur Gläubigerbefriedigung genommen werden 73 . Dem entspricht, daß selbst der stärkere Schutz der Vormerkung die Verfügungsfreiheit des Schuldners nicht einschränken sollte 74 . Bei Annahme einer Sperre hätten die Zustimmungsansprüche des § 888 auch nur die Funktion, grundbuchrichterliches Fehlverhalten zu korrigieren; für eine solche Sinngebung fehlt jeder Hinweis. Demgegenüber verwies das K G auf die „Gefahr", daß das Grundbuch bei Eintragung eines bösgläubigen Erwerbers unrichtig wird 7 5 . Tatsächlich ist als ungeschriebener Verfahrensgrundsatz anerkannt, daß der Grundbuchrichter das Buch nicht wissentlich unrichtig machen darf 7 6 ; das „Legalitätsprinzip" verbiete ihm, zu einer Divergenz von Buch und Recht selber beizutragen 77 . Gestattet ist dies freilich in bestimmten Ausnahmefällen 78 , die nach der hier befürworteten Definition 79 ebenfalls dem Legalitätsprinzip unterfallen würden. 69
In Soergel, § 136 Rz. 18. In Soergel, § 892 Rz. 17 (selber zweifelnd); wenig deutlich auch KEHE/ Erti, § 19 Rdn. llOff., gegenüber Rdn. 113. 71 Vgl. S. 22ff., 35. 72 Mugdan III, 121; I, 470. 73 Mugdan III, 122. 74 Mugdan III, 570. 75 H R R 1934, Nr. 1095. 76 R G R K / Augustin, Anm. 23 vor § 873; KEHE/ Erti, Einl. C 66ff.; O L G Hamm, Rpfl 1973, 137. Ebenso wurde § 46 PreußGBO ausgelegt, vgl. Turnau/Förster II, 112. 77 Eickmann, 6. Kap. § 1 I 1.4b und Rpfl 1973, 346. 78 Z.B. Eintragung einer Hypothek vor Auszahlung der Valuta; s. auch M I R § 18 Anh. 141 zur Vormerkung. 79 Vgl. S. 53 f. 70
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Statt auf die Unzulässigkeit unrichtiger Eintragungen ist daher besser auf das „Rechtsschutzbedürfnis" der Beteiligten als weitere Eintragungsvoraussetzung abzustellen 80 . A n ihm aber fehlt es nicht, solange die mit der Eintragung begehrte Rechtsfolge des gutgläubigen Erwerbs noch eintreten kann. Dieser scheitert an einer Kenntnis des Erwerbers nur dann, wenn sie vor Antragstellung erlangt war (§ 892 II) und im streitigen Verfahren von dem Berechtigten nachgewiesen würde, § 892 I 2. Sollte der Grundbuchrichter solchem Beweis vorgreifen können, so müßte er zumindest Anhalt für Bösgläubigkeit haben; deren allgemeine „Gefahr" aber rechtfertigt eine Ablehnung der Eintragung ebensowenig wie das generelle Risiko, daß eine Eintragungsvoraussetzung irrtümlich als gegeben erachtet wird. Wie sonst könnte auch Außenstehenden gegenüber der Verfügungserfolg eintreten, zu dessen Zweck die Unwirksamkeit eben nur relativ sein sollte? In seltener Klarheit bestätigt damit die historisch-teleologische Auslegung des § 135 11 seinen Wortlaut: Die Beschränkung der Unwirksamkeit auf den (Rechtsstandpunkt des) Geschützten hat nicht nur die auf S. 31ff. dargelegten, für ihn günstigen Konsequenzen, sondern hindert zu seinem Nachteil auch Außenstehende, auf die Unwirksamkeit abzustellen; der Grundbuchrichter bildet keine Ausnahme. Zu der demnach gesetzlich erstrebten Schwäche des relativen Verbots scheint der Befund über die fehlende Rechtsmacht des Verbotsadressaten in Widerspruch zu stehen. Da für § 135 sogar die Entwurfsbegründung einen „Rechtsmangel in der Person des Berechtigten" konstatierte 81 , sollte der Widerspruch zwischen gesetzlicher Absicht und konstruktiver Folge aber nicht im Sinne der herrschenden Meinung entschieden werden. Diese verharrt in der Gewohnheit, sachenrechtliche Tatbestände auf grundbuchrechtliche Voraussetzungen, wie die Bewilligung des Betroffenen, zu übertragen, ohne die damit geschaffene Lage auf Unverträglichkeiten mit der übertragenen Norm zu überprüfen. Der traditionelle Grundsatz des Verfahrensrechts, den Betroffenen nach materiellem Recht zu ermitteln, hat bei Mc/tfberechtigung des Betroffenen eine innere Rechtfertigung nämlich nur dort, wo das Sachenrecht den Übertragungsmechanismen ihren Erfolg nicht nur im Ergebnis versagt, sondern schon ihren äußeren Ablauf hemmt; eine solche Absicht mag z.B. mit § 134 verfolgt werden. Läßt sich jener Regelungszweck dagegen nicht feststellen, so birgt die Orientierung am materiellen Recht die unmittelbare Gefahr einer Fehlentscheidung. Hierfür ist der Eingriff in Handlungen, deren Erfolg einem relativen Verbot widerspräche, beredtes Beispiel. Denn dem Verbotsadressaten fehlt die Verfügungsmacht ja nur deshalb, weil er aus technischen Gründen ein relatives Recht behalten muß. Diese aber stehen in keinerlei Zusammenhang mit der gesetzli80 81
So auch wohl erstmalig Eickmann, 6. Kap. § 1 II. Mugdan I, 470; ebenso Ostermann 35.
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
65
chen Absicht, Verfügungsversuche bis hin zur Eintragung zu ermöglichen. Schon materiellrechtlich zwingt dies dazu, den mit der Beschränkung an sich gegebenen Mangel an „Berechtigung" bei § 873 nur differenziert zu berücksichtigen; denn anderenfalls bliebe mangels Erfüllung der gesetzlichen Erfordernisse das Recht in seiner Gesamtheit bei dem Verbotsbetroffenen, die Relativität also nur ein Wunsch des Gesetzgebers. Das nimmt auch die herrschende Meinung nicht hin, während sie im Verfahrensrecht die Eigenheiten der §§ 135,136 außer acht läßt. Das Verfahren, sachenrechtliche Kategorien schematisch auf Eintragungsvoraussetzungen des Grundbuchrechts zu übertragen, fallt methodisch jedenfalls in die überwundene Konstruktionsjurisprudenz zurück — zu Lasten von Interessen, die nach gesetzlicher Erfassung nicht mehr zur Disposition stehen. Technisch gleichartige Probleme treten auch bei der Vormerkung auf 8 2 . Daß man sie dennoch nicht durch eine Grundbuchsperre für vormerkungswidrige Eintragungen „unterstützt", sondern dem § 888 I eine Eintragungspflicht entnimmt 83 , obwohl diese Vorschrift doch auch für Verfügungsverbote gilt (§ 888 II), muß nach dem Gesagten wohl eher auf dem richtigen Rechtsgefühl beruhen. Jedenfalls erlaubt das relative Verbot keine andere Behandlung: Eine analoge Berücksichtigung materieller Rechtsmacht im Grundbuchrecht verbietet hier deren funktionelle Verschiedenheit. Der Grundbuchrichter hat daher auch Eintragungen vorzunehmen, die einem Verbot i.S. der §§ 135, 136 widersprechen, und zwar unabhängig von dessen Eintragung. Die gegenteilige Praxis entbehrt der Rechtsgrundlage.
3. Die Feststellung einer Grundbuchsperre durch den Grundbuchrichter Daß — in den übrigen Fällen — mit der Verfügungsmacht eine Eintragungsvoraussetzung entfallt, kann der Grundbuchrichter auf vielerlei Weise erfahren. Vielleicht sah er Anlaß zu eigenen Nachforschungen. Der Verfügende (Bewilligende) oder der Geschützte mag ihn informiert haben. Aber auch der Richter, welcher gerade den Konkurs über das Vermögen des Bewilligenden eröffnet hat, kann dem Grundbuchrichter hiervon Kenntnis geben, sei es durch das Eintragungsersuchen gemäß § 113 K O oder schon vorher im privaten Gespräch. Schließlich wird sich eine Beschränkung, auch wenn sie nicht eintragbar ist, gelegentlich aus den vorliegenden Urkunden der Beteiligten oder aus den Grundakten (§ 24 GBVfg) ergeben.
82 Ihre Wirkungsweise sollte der des relativen Verbots entsprechen, Mugdan III, 564; vermutlich deshalb wurde der für das Verfügungsverbot formulierte Hinweis, eine Grundbuchsperre trete nicht ein (Mugdan III, 121 f.), bei Erläuterung der Vormerkung nicht wiederholt. 83
5
RGRK/Augustin, § 888 Anm. 1; RGZ 132, 419, 424.
Foerste
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Die derart — amtlich oder privat — erlangte Kenntnis kann den Richter überzeugen; oft wird sie aber nur Anlaß sein, an der Verfügungsmacht zu zweifeln. Da ein gutgläubiger Erwerber in der Praxis mit der Abweisung seines Eintragungsantrags rechnen muß, falls auf eine Verfügungsbeschränkung erkannt wird, ist für ihn von besonderer Bedeutung, welchen Anforderungen die richterliche Meinungsbildung unterliegt und ob ihren Mitteln Grenzen gesetzt sind. Das Gesetz gibt auch insofern nur Grundlinien vor. Nach § 12 FGG hat das Gericht „von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen". § 29 I 2 GBO verlangt für alle Eintragungsvoraussetzungen bis auf die erforderlichen Erklärungen Offenkundigkeit bei dem Grundbuchamt oder den Nachweis durch öffentliche Urkunden. a) Hier beginnen die Unklarheiten. Die Motive zu § 39 des 1. Entwurfs 84 — § 29 der GBO—sahen es als selbstverständlich an, daß das Grundbuchamt seine Eintragung nur auf das mit dem Antrag „vorgelegte oder . . . als vorliegend in Bezug genommene Urkundenmaterial" zu stützen habe; die darin enthaltenen Tatsachen könne das Amt nicht aufgrund anderen, nicht „vorgebrachten" (vorgelegten 85) Materials als „entkräftet" behandeln. Nach früherer, hauptsächlich auf diesen Passus gegründeter Ansicht war der von § 29 GBO verlangte Nachweis nicht nur für (positive) Eintragungsvoraussetzungen zu erbringen, sondern auch für Umstände, die eine derart nachgewiesene Voraussetzung widerlegen 86 ; aber nicht allein Anhänger dieser Auffassung stritten darüber, ob eine Tatsache nur bei amtlich 87 erlangter Kenntnis „offenkundig" ist 8 8 . Heute wird § 29 GBO nicht auf Umstände bezogen, die gegen eine Eintragungsvoraussetzung sprechen, da ein abweichender Standpunkt der Motive jedenfalls im Gesetz keinen Niederschlag gefunden habe 89 ; auch das K G verzichtete für den Nachweis zumindest der Nichtberechtigung auf die Form des § 29 G B O 9 0 . Eintragungshindernisse können hiernach auch mit anderen Mitteln belegt werden. So hielt Landauer für entbehrlich, daß die betreffende Urkunde gerade von einem Beteiligten vorgelegt wurde 9 1 ; das K G ließ genügen, daß der 84
S. 73 f. Diese Bedeutung ergibt sich aus dem nachfolgenden Satz (Motive, 74). 86 Weber, Gruchot 53, 362ff., 374f.; O L G Karlsruhe, JFG 1, 286, 288f. 87 M I R (§ 1 Bern. 16 b) lassen insofern auch frühere Amtsgeschäfte anderer Art genügen. 88 So — heute — M I R § 29 Bern. 69; Güthe/ Triebel (§ 29 A 124) erkannten privates Wissen an, ebenso Riedl 74 f. 89 Eickmann, Rpfl 1979,172; Nieder, NJW 1984,335,2; wohl auch Staudinger/Seufert, § 892 Bern. 84; BayObLG 1954,286,288 und 292; 1967,13,17; 1974,336,339f.; mittelbar auch BGHZ 35, 135, 138 f. 90 KGJ 23 A 117, 119. 85
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
67
Grundbuchrichter von dem Hindernis „in beglaubigter Form" dienstlich erfahren hatte 92 . Neuere Entscheidungen lösen sich ganz von der Form des § 29 GBO: Die Eintragung sei schon bei amtlicher 93 oder sonstiger 94 Kenntnis zu verweigern. Der BGH sah schon 1961 — anläßlich einer Entscheidung zu § 1365 — einen Sachverhalt als widerlegt an, wenn „dessen Unrichtigkeit dem Grundbuchamt bekannt ist oder bei gehöriger Prüfung erkennbar (!) gewesen wäre"; hierfür reichten Erfahrungsregeln aus 95 . Nach gefestigter Rechtsprechung des BayObLG hat der Grundbuchrichter schon bei konkreten und berechtigten Zweifeln abzuweisen96. Strengere Anforderungen an Kenntnis bzw. Nachweis — jedenfalls — fehlenden Eigentums des Bewilligenden werden häufig mit der Vermutung des § 891 begründet 97 ; diese binde auch den Grundbuchrichter 98 . Weit über den Bereich des § 891 hinaus scheint heute Einvernehmen darüber zu bestehen, daß es Eintragungsvoraussetzungen gibt, die nicht dem § 29 GBO unterfallen, also auch nicht offenkundig zu sein brauchen 99 . Ansätze zu dogmatischer Fundierung sind selten. Für du Chesne regelte § 29 GBO nur, wie, nicht aber wann zu beweisen sei 100 . Jetzt betont man, daß sich viele Tatsachen gar nicht oder nur schwer nachweisen lassen, so daß ein Festhalten am Beweis den Grundstücksverkehr beeinträchigen müßte, während andererseits auch die Lebenserfahrung 101 oder Rechtsgrundsätze 102 einen Beweis erübrigten; das R G bemühte die Natur der Sache 103 , anderen genügt eine „tatsächliche 91 92
ZB1FG 12, 379. K G J 25 A 117ff.; 23 A 117, 119; ZBIFG 3, 365f.
93 O L G Hamm, Rpfl 1973, 137 (Eintragungsunterlagen, Grundakten); ebenso KEHE/ Erti, Einl. C 57; Riedl 36. 94 BayObLG, Rpfl 1974, 396; K G , DNotZ 1972, 173, 176; Rpfl 1968, 224f.; HSS, Rdn. 78 b; KEHE /Erti, Einl. C 61; früher Fuchs / Arnheim (§ 18 Ν 16) und Güthe/Triebel (§ 19 A 33); uneinheitlich Staudinger/Reimann, § 2205 Rz. 38, Rz. 60 vor §§ 2197ff. 95 BGHZ 35, 135, 139; ebenso HSS, Rdn. 61; s. auch KG, Rpfl 1968, 224f., mit Beschränkung auf amtliche Kenntnis. 96 BayObLG, Rpfl 1971, 429f.; 1974, 396; 1975, 348f. (Zwischenverfügung); s. auch O L G Frankfurt, Rpfl 1977, 102 f. 97 Liebers 30; Riedl 37. 98 RGRK/Augustin, §891 Anm. 19; Soergel/Baur, §891 Rz. 13 m.w.N.; HSS, Rdn. 99; KG, NJW 1973, 56, 57 f. 99 RGRK/Augustin, § 891 Anm. 30; Eickmann, 5. Kap. § 5 I I I 2, 9. Kap. § 2 III; HSS, Rdn. 61; Horber, § 29 Erl. 9; Staudinger / Remann, § 2205 Rz. 38; KG, DNotZ 1973,620, 625f.; O L G Hamm, Rpfl 1969, 349; früher schon Arnheim, § 29 Ν 4, 5; Brachvogel, Gruchot 50, 84; KGJ 33 A 164, 171 ff. 100 RheinZ 5, 223. 101 K E H E /Herrmann, § 29 Rdn. 135; Horber, § 29 Erl. 9; Nieder, NJW 1984, 335, 4; OLG Celle, Rpfl 1974, 433. 102 Habscheid, §41 I I 6; K G , DNotZ 1973, 620, 625 f. (zur Verfügungsmacht, die „regelmäßiger Ausfluß der Eigentümerstellung" sei).
5*
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Vermutung" 1 0 4 . Eickmann entnimmt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, daß die den Antragsteller treffende Beibringungspflicht sich z.B. nicht auf das Fehlen von Verfügungsbeschränkungen erstrecke; die richterliche Prüfungspflicht werde entsprechend eingeschränkt 105 . „Nebenumstände", d.h. die mittelbaren Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Erklärung, seien ebensowenig nach § 29 I 2 GBO, wohl aber durch Anscheinsbeweis zu belegen 106 . Entkräftet sieht man solche Vermutungen entweder schon durch Zweifel 107 oder erst durch konkrete Anhaltspunkte 108 . Sind rechtshindernde Voraussetzungen — wie eine Verfügungsbeschränkung — nicht zu beweisen, so trifft die Feststellungslast nach Eickmann den Antragsgegner; wer von einem Nichtberechtigten erwerbe, sei wegen § 8921 2 einzutragen, falls nicht die Bösgläubigkeit feststehe 109. Auch dem K G zufolge wird ein gutgläubiger Erwerb vermutet, jedoch aufgrund des § 891 und deshalb erst nach einer Eintragung des Erwerbers 110 . Nach verbreiteter Ansicht 1 1 1 sind (positive) Vermutungen — zu Lasten des wahren Berechtigten — aber nur in Form des § 29 GBO zu widerlegen, um diese Vorschrift nicht zu unterlaufen und weil § 31 GBO zeige, daß jedes Handeln des Grundbuchamts auf eine sichere Stufe gestellt werden solle 112 . Verfügungsbeschränkungen müssen sich nach Meinung des K G aus Grundbuch oder Eintragungsunterlagen ergeben 113 . Ein Recht zu eigenen Ermittlungen wurde dem Grundbuchrichter bisher fast allgemein bestritten, da § 12 FGG im Antragsverfahren des Grundbuchrechts nicht gelte 114 ; dieses enthalte Sonderregelungen 115. Schon Arnheim hatte jedoch ein Ermittlungsrecht bei konkretem Anlaß zugestanden 116 ; solchen sieht jetzt Habscheid z.B. bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit gegeben 117 . Eickmann 103 RGZ 69,257,260; ebenso K G (JFG 7,284,287) und O L G Hamm (Rpfl 1969, 349: „Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten"). 104 RGRK/Augustin, § 891 Anm. 30. 105 Rpfl 1979, 170; 5. Kap. § 5 I I I 2. 106 Eickmann, Rpfl 1979, 172 f. 107 K G , KGJ 33 A 164, 175; zur Verfügungsbeschränkung BayObLG (Rpfl 1975, 348 f.) und Heuer 37 f. 108 Eickmann, Rpfl 1979, 170; KEHE/Herrmann, § 29 Rdn. 136; Riedl 37. 109 Rpfl 1979, 174f.; s. auch Habscheid, § 41 III. 110 NJW 1973, 56, 57f. 111 du Chesne, RheinZ 5, 230; KEHE/Herrmann, §29 Rdn. 132; s. auch Landauer, ZB1FG 12,359; Dieckmann, Festschrift Schiedermair, 115 Fn. 69 (durch „Urkunden- und Aktenmaterial"). 112
K E H E ! Herrmann, § 29 Rdn. 132. DNotZ 1973, 620, 626; 301, 305 (dienstlich bekannt gewordene Urkunden). 114 S. nur Nieder, NJW 1984,334 und Fn. 99; K G , KGJ 27 A 110,112; BGHZ 35,135, 139; HSS, Rdn. 78 b; für ein Verwertungsverbot K G , Rpfl 1968, 224 f. 115 Bernhöft 72; Eickmann, 2. Kap. § 2 IV 1; M I R § 1 Bern. 16 a. 116 § 19 Ν 22. 113
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
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will „Elemente des Amtsermittlungsgrundsatzes" allgemein im Rahmen eines „grundbuchrechtlichen Beibringungsgrundsatz(es)" berücksichtigen 118 . b) Leider enthalten sich die meisten dieser Äußerungen einer Bezugnahme auf das Gesetz, häufig überhaupt einer Begründung. Das erschwert ihre Beurteilung. Zunächst steht unter der Geltung des Rechtsstaatsprinzips freilich außer Frage, daß das Grundbuchamt bei Beurteilung der Eintragungsvoraussetzungen — also auch der Verfügungsmacht — nicht mehr Rechte als Pflichten h a t 1 1 9 ; ist ζ. B. nach den Beweisregeln davon auszugehen, daß die Bewilligungsmacht fehlt, so kann sich das Grundbuchamt darüber nicht hinwegsetzen, indem es den Erwerber dennoch einträgt. Problematisch ist, ob das Grundbuchrecht auch vom Ermittlungsgrundsatz beherrscht wird. Dieser, zumindest aber die allgemeine Prüfungspflicht, könnten sodann durch Formzwang oder andere Beweisregeln konkretisiert werden. aa) Dem Wortlaut der §§ 1 FGG, 1 11 GBO nach gilt das FGG an sich auch im Grundbuchrecht; ferner regelt insbesondere § 12 FGG unstreitig 120 nicht etwa nur den Amtsbetrieb. Zur Begründung seiner Meinung, diese Vorschrift passe nicht auf Grundbuchsachen, verwies das K G 1 2 1 auf das Preußische Gesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit. Dessen Art. 1 sah die Anwendung bestimmter Vorschriften des entsprechenden Reichsgesetzes auf solche Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vor, die ein Landesgesetz den ordentlichen Gerichten zuwies, darunter die Grundbuchsachen. § 12 FGG war hiervon ausgenommen, da er nicht mit § 29 GBO vereinbar sei, welcher den Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen zur „Sache der Beteiligten" mache; dies zeige auch § 13 G B O 1 2 2 . Jedoch schließt das Antragsprinzip nicht aus, die Gesetzlichkeit des Antrags von Amts wegen zu erforschen. § 29 GBO entzieht, indem er den Nachweis durch öffentliche Urkunden vorschreibt, der Überprüfung des Grundbuchrichters allein die positiven Eintragungsvoraussetzungen 123, und auch diese nur vorbehaltlich zumindest 124 des § 415 I I ZPO; daß außerhalb dieses Rahmens eine Ermittlungstätigkeit unzulässig ist, besagt § 29 GBO — im Unterschied zur Entwurfsbegründung 125 — nicht. Zugleich scheint das öffentliche Interesse an 117 118 119 120 121 122 123
§ 41 I I 7. In K E H E § 1 Rdn. 32; näher Rpfl 1979, 169, 2.1. Vgl. hierzu schon S. 53 Fn. 21. S. nur K K W § 12 Rdz. 12. KGJ 27 A110, 112. Materialien Preuß. Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit, 39.
So schon die Motive zur GBO, 73 a.E.; näher unten S. 71. Nach h. M . lassen schon „auf Tatsachen gestützte Zweifel" den Urkundsbeweis entfallen, vgl. K E H E / Herrmann, § 29 Rdn. 80 m.w.N. 125 Motive GBO (73 f.) unter Hinweis auf ein Verwertungsverbot. 124
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
der Richtigkeit des Grundbuchs die Anwendung des § 12 FGG zu fordern, soweit die Fünktionsfahigkeit des Grundbuchamts aufgrund der Beibringungspflicht gewahrt bleibt. Andererseits ist aber zu vermerken, daß die Nichtanwendbarkeit des § 12 FGG auf Antragssachen der GBO seit Jahrzehnten fast einhellig von der Lehre angenommen 126 und von der Rechtsprechung durchgesetzt wurde 1 2 7 . Damit hat sich, da für § 12 FGG ein direkter Geltûngsbefehl nicht besteht, entsprechendes Gewohnheitsrecht gebildet, das nach Art. 2 EGBGB verbindlich ist, bis Praxis oder opinio iuris sich ändern. Die wenigen anfangs zitierten Autoren 1 2 8 haben dies nicht bewirkt. Von den gesetzlichen Ausnahmen det Amtsermittlung abgesehen, gilt also im Grundbuchrecht der Beibringungsgrundsatz. Er hindert den Grundbuchrichter selbstverständlich nicht, Erkenntnisse zu verwerten, die dieser ohhe eigene Nachforschungen über eine Beschränkung gewinnt. bb) Formalisiert § 29 I 2 GBO gar den Nachweis der Verfügungsmacht bzw. - beschränkung, so sind außerdem die sie belegenden Urkunden zu prüfen. (1) Soweit die Bewilligungsmacht von der Verfügungsmacht abhängt, gehört auch diese zu den „Voraussetzungen der Eintragung"; bei wörtlicher Auslegung des § 29 I 2 GBO ist die Verfügungsmacht daher durch öffentliche Urkunden nachzuweisen, falls sie nicht offenkundig ist. (2) Es fragt sich, ob das gleiche für Umstände gilt, die gegen die Verfügungsmacht, also für eine Beschränkung, sprechen. (a) Angesichts des Wortlauts von § 29 I 2 GBO verwundert zunächst, daß von Lehre und Rechtsprechung z.T. so beharrlich zwischen Umständen unterschieden wird, die für bzw. gegen die Eintragung sprechen 129 ; denn jeder Umstand, der eine Voraussetzung negiert, steht ja zugleich ihrerii positiven Nachweis entgegen, der jedoch dem Gesetz nach unstreitig der Urkundsform unterfallt. Verantwortlich für jene Unklarheiten ist allerdings schon die im Zentrum des Meinungsstreite stehende Begründung zu § 39 des GBO-Entwurfs 1 3 0 , die nicht durch Urkunden belegte „entkräftende" Tatsachen für unbeachtlich erklärte, ohne deren Verhältnis zu den begründenden aufzuhellen. Das K G meinte, Anhaltspunkte dafür zu sehen, daÖ die Motive unter „entkräftenden" Tatsächen nur Anfechtungen von Willenserklärungen verstan116 S. S. 68 Fn. 114, 115 und KEHKjErtl, Einl. C 54, § 1 kdn. 32; HSS, Rdn. 78b; Horber, § 1 Erl. 5 G; Löscher 145; M I R § 1 Bern. 16a; TuMau/Förster II, 178; einschränkend Arnheim, § 19 Ν 22. 127
KÒJ 20 A 277,281; 27 A 110,112; Rpfl 1968,224f.; BGHZ 30,255,258 ff.; 35, 135, 139; BayObLG 1971, 252, 257. 128 Habscheid, § 41 I I 7; Eickmann, Rpfl 1979,169, 2.1, beide ohfiehin differenzierend. 129 Vgl. jetzt KEHE/Herrmann, § 29 Rdn. 130ff. 130 Im einzelnen S. 66.
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
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den, nicht aber „nichtige, die Unrichtigkeit des Grundbuchs ohne weiteres ergebende Akte"; jedenfalls folge aus § 53 GBO, daß der Grundbuchrichter nicht wider besseres Wissen von dem Buchrechtsstand ausgehen dürfe 1 3 1 . — Eine solche Unterscheidung kommt jedoch in den Motiven 1 3 2 nicht zum Ausdruck; sie wäre auch wenig sinnvoll gewesen. § 53 GBO aber setzt eine Normverletzung voraus, die wiederum erst feststeht, wenn das Wissen des Richters maßgebender ist als der Buchrechtsstand; hierzu sagt § 53 nichts. (b) Den Motiven ist jedoch aus anderem Grund nicht zu folgen. Die subjektiv-historische Auslegung nämlich ist methodisch nachrangig, wenn das Gesetz selber—unter Berücksichtigung des in § 133 enthaltenen Grundsatzes— klar und gegensätzlich formuliert. (aa) § 29 I 2 GBO sieht den Urkundsnachweis nurför „ . . . Voraussetzungen der Eintragung" vor. Umstände, die gegen eine Eintragung sprechen, sind nicht deren Voraussetzungen, bedürfen also nicht der Form. (bb) Systematisch wird dies durch § 31 GBO gestützt, dessen Einfügung man für nötig hielt, um die Rücknahme des Antrags und den Widerruf einer Antrags Vollmacht der Form des § 2911 GBO zu unterstellen 133 ; dem entspricht, daß es zu § 39 des Entwurfs (§ 29 GBO) zusammenfassend hieß, er weise das Grundbuchamt an, seine Überzeugung, „daß die Eintragung begründet sei", nur aus zuverlässigen Quellen zu schöpfen 134 . Jenen Vorrang des Gesetzes erkannte auch Landauer an, wenn er aus diesem Grund eine Beschränkung des Nachweises auf Urkunden der Beteiligten 135 ablehnte 136 . (cc) Daß Landauer diesen Weg nicht konsequent ging, hatte seinen Grund offenbar in der von ihm betonten Rechtssicherheit des Urkundenprinzips 137 . Auch dem OLG Karlsruhe schien eine möglichst hohe Zuverlässigkeit aller Eintragungsgrundlagen geboten, weil die Eintragung von großer Bedeutung für die Vorschriften des Gutglaubensschutzes sei; und nicht anders als die Eintragung bewahre auch deren Nichtvornahme den Schein der Richtigkeit und begründe guten Glauben 138 . — Zum Zwecke der Rechtssicherheit sollen also die Erschwerung unrichtiger Eintragungen den wahren Berechtigten vor Verlust 131
KGJ 23A 117, 119; im Erg. ebenso Liebers 81 f.; a. A. FuchsI Arnheim, § 18 Ν 16. S. S. 66. 133 Zwar hätte man sich für die Antragsrücknahme auch mit der durch § 29 11 GBO qualifizierten Prüfung des Antrags begnügen können; dies hätte den Antragsteller jedoch in dem Risiko belassen, Zweifel des Grundbuchrichters an der Fortgeltung seines Antrags mit immer neuen Anträgen ausräumen zu müssen. 134 Motive, 75; allein diese Formulierung läßt der dort auf S. 186 erwähnten Prüfungspflicht eine Bedeutung. 135 So die Motive, 73 f. 136 ZB1FG 12, 379. 137 ZB1FG 12, 441. 138 JFG 1, 286, 288 f. (1923); s. auch Weber, Gruchot 53, 363. 132
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
schützen, die verschärften Anforderungen an hemmende Merkmale aber den gutgläubigen Erwerber. Beiden Zielen ist zuzustimmen. Nur wird der wahre Berechtigte vollkommener geschützt, wenn das Fehlen einer Voraussetzung für die Eintragung eines anderen auch formlos zu beweisen ist; dem gutgläubigen Erwerber hingegen schadet ein Nachweis der Unzulässigkeit seiner Eintragung auch dann, wenn dieser durch öffentliche Urkunden erfolgt. Beide Interessen stehen eben im Spannungsverhältnis zueinander. Deshalb kann der Urkundsnachweis ihnen auch nicht gleichermaßen gerecht werden; er stellt nur einen Kompromiß dar, der sich an der Einschätzung dessen orientiert, was begründend und was hemmend ist. Demgegenüber ist die Abwägung der Interessen an Rechtswahrung und -verkehr nicht Aufgabe des Grundbuchrechts, sondern des materiellen Rechts, das hierfür verständlicherweise nicht auf Beweisfragen abhebt, wie sie von § 29 GBO aufgeworfen werden. Entsprechend abwegig ist es, solche Beweisfragen umgekehrt mit materiellrechtlichen Erwägungen—wie mit einem hierauf gestützten Vorrang der Rechtssicherheit — zu beantworten. Herrmann begründet seine Forderung nach Anwendung des § 29 I 2 GBO auf negativa damit, daß anderenfalls entgegen § 31 GBO „die unbewiesenen, gegenüber einer wirksamen Eintragungsbewilligung vorgebrachten Tatsachen" letztlich höher bewertet würden als die formgerechte Eintragungsbewilligung. Hinzu komme das Haftungsrisiko, falls sich nachträglich die materielle Richtigkeit der vorliegenden Eintragungsunterlagen erweise 139 . — Ob eine Eintragungsbewilligung wirksam ist, hängt aber gerade von der negativen Tatsache ab. Über ihr Vorliegen besagt die Form der Bewilligung nichts. Erweist sich eine negative „Tatsache" indes nachträglich als unrichtig, so entgeht der Grundbuchrichter der Amtshaftung jedenfalls dann, wenn er anhand der dargestellten, rechtsverbindlichen Kriterien entschieden hatte. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß der vom Wortlaut vorgegebene Anwendungsbereich des § 29 I 2 GBO nicht auf negative Eintragungsvoraussetzungen erweitert werden darf. Insbesondere eine etwaige Verfügungsbeschränkung ist also auch dann zu berücksichtigen, wenn sie nicht in Form des § 29 I 2 GBO nachgewiesen wurde. (3) Darüber hinaus wird — bezüglich der positiven Eintragungsvoraussetzungen — mit Recht eine Einschränkung dieser Vorschrift befürwortet. Denn der Nachweis aller denkbaren (Unter-)Voraussetzungen allein der §§ 13,19, 39 GBO mit öffentlichen Urkunden würde den Grundstücksverkehr nicht nur erheblich belasten, sondern wäre ζ. B. hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit, also auch Vertretungsfahigkeit, der Fortdauer einer Vollmacht, der Rechtsinhaberschaft und insbesondere der Verfügungsmacht kaum zu erbringen. Da die Rechtsordnung dem Antragsteller nicht Unmögliches auferlegen darf und auch die Verhältnismäßigkeit zu wahren hat, sind deshalb andere Beweismittel zuzulassen. 139
In K E H E § 29 Rdn. 132.
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
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Ihrer bedarf es zwar nicht, wenn die betreffende Tatsache offenkundig ist. Da aber jedenfalls die Verfügungsmacht dem Grundbuchrichter nur in seltenen Fällen zweifelsfrei bekannt sein wird, nützt dies Verfügendem wie (gutgläubigem) Erwerber wenig. Hier zwingt die Fünktionsfahigkeit des Grundbuchrechts zur Aufstellung von Beweisgrundsätzen 140. (a) So soll der Richter an die Vermutung des § 891 gebunden sein. In der Tat gilt diese Norm gegenüber jedermann, da ihre Wirkung nur so geltend gemacht werden kann. Zu widerlegen wäre die Vermutung freilich erst durch den vollen Beweis des Gegenteils 141 ; bis zur Überzeugung von einer Verfügungsbeschränkung müßte der Grundbuchrichter also eintragen. Diese Rechtsfolge stößt auf die gleichen Bedenken, die oben zur Ablehnung zumindest der urkundlichen Beweisform für negativa bewogen. Fraglich ist aber schon, ob § 891 sich überhaupt auf die Verfügungsmacht erstreckt. Der BGH formulierte beiläufig, vermutet werde die dingliche „Berechtigung" des Eingetragenen 142 . Nach früheren Entscheidungen des K G sollte ein Vermerk der Testamentsvollstreckung für das Vollstreckerrecht 143 , ein solcher nach § 51 GBO dagegen nicht für das Nacherbenrecht sprechen 144 . Ohne Begründung beziehen Oberneck us und heute noch Imhoff! Riedel 146 die Vermutung auf die Verfügungsmacht. — Anderer Ansicht ist die herrschende Meinung 1 4 7 . Für sie bemerkt Augustin zu Recht, daß in § 891 selber nur von dem „Recht" des Eingetragenen die Rede ist 1 4 8 ; nichts anderes hatten die Motive im Auge 1 4 9 . Endlich besteht auch kein Anlaß, die Vermutung dem von §§ 892, 893 geschützten Rechtsschein gleichzustellen, bezweckt sie doch lediglich prozessuale Erleichterungen. Ebensowenig wird sie ergänzt durch § 903, wonach der Eigentümer mit seiner Sache beliebig verfahren „kann". Denn diese Norm stellt nur klar, daß das Eigentum keinen anderen Beschränkungen als denen der Gesetze und Rechte Dritter unterworfen ist 1 5 0 ; es schließt jedoch, wie auch die
140
Z.B. § 286 ZPO, vgl. Eickmann, 5. Kap. § 5 I I I 2. Nach Habscheid (§ 41 I I 6, 7) unterliegen die rechtserheblichen Tatsachen weitgehend dem Freibeweis. 141 142 143 144 145
Soergelj Baur, § 891 Rz. 15. Rpfl 1970, 201. KGJ 40 A 196, 199 f. KGJ 52 A 166, 168.
SeufïBlRa 72, 462. In M I R § 18 Bern. 86; wohl auch Rahn, DJ 1966, 258. 147 Planck! Strecker 212; Staudinger ! Seufert, § 891 Bern. 17; Wolff / Raiser , § 44 I; KG, DNotZ 1973, 620, 624. 148 In R G R K § 891 Bern. 27. 149 Mugdan III, 85 f., 520 f. 150 Mugdan III, 577. 146
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Protokolle betonten, begrifflich nicht das Recht ein, „über die Sache zu verfügen" 151 . (b) Daß dieses Recht in der Regel mit der Rechtsinhaberschaft einhergeht, setzt das BGB aber an anderen Stellen voraus: Wo verbal der „Eigentümer" sein Recht übertragen, der „Gläubiger" seine Forderung samt Sicherheit abtreten (§§ 398, 401,1153) und der „Miterbe" über seinen Anteil verfügen kann, ist die Rechtsmacht unterstellt. Auf den ersten Blick gibt dies allen Verfügungsbeschränkungen Ausnahmecharakter 152 , eine Beweislastregelung scheint greifbar. Tatsächlich drückt das Gesetz jedoch nur selten klar aus, was es als speciale ansieht. A m ehesten ist das von der Konkurseröffnung zu sagen, mit der § 6 I K O ausdrücklich den Verlust der Verfügungsmacht verbindet. Schon bei der Beschränkung des § 1365 hingegen läßt sich die Bindung des Vermögensgroßteils nicht nur als Ausnahme von § 1364 153 , sondern auch als güterstandstypisch ansehen. Zweifelhaft sind ferner die Fälle von Testamentsvollstreckung (§ 22111) und Nacherbschaft. Die in § 2112 normierte Verfügungsmacht des Vorerben gibt den Grundsatz an, die Beschränkung auf Mobilien (§ 2113) die Ausnahme. Stellt aber die Befreiung von dieser den Grundsatz des § 2112 wieder her, oder ist sie Ausnahme von der Ausnahme? Die meisten dieser Fragen sind auch für die streitige Gerichtsbarkeit noch keineswegs geklärt. Andererseits ist die Zuweisung der non-liquet-Folgen im Grundbuchrecht ungleich wichtiger, können doch hier z.B. dem Beschränkungsgeschützten die Gelegenheit, den Beteiligten auch noch das Interesse fehlen, einen (Gegen-)Beweis anzutreten. Ist eine Beweislast einmal festgelegt, so kann ihr nur entsprechen, wer den Grundbuchrichter zu überzeugen vermag; dies wird angesichts des spärlichen Beweisstoffs mehr denn je vom Zufall anhängen, will man nicht die „Lebenserfahrung" und den Anscheinsbeweis strapazieren. (c) U m diese Nachteile des starren Beweislast-Schemas zu vermeiden, ist der Weg der Rechtsprechung vorzuziehen. Auch sie läßt Zweck und Gewicht der jeweiligen Beschränkung in die Beweisanforderungen eingehen, im übrigen aber den Grundbuchrichter eine Eintragung ablehnen, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die nach seiner Erfahrung Zweifel an der Verfügungsmacht begründen. Hierfür private Kenntnis zu verwerten, ist dem Grundbuchrichter freilich versagt, soweit dadurch das rechtliche Gehör eines Beteiligten verletzt würde. Gestattet Art. 103 I G G 1 5 4 es schon nicht, von einer Anhörung des Antragstellers deshalb abzusehen, weil dieser die für die Antragsablehnung maßgebenden Tatsachen selber vorgetragen habe 1 5 5 , so sind alle Beteiligten erst recht zu hören, 151 152 153 154
Mugdan III, 578. Vgl. schon Inst. I I 8 pr.: „Accidit aliquando, ut qui dominus sit alienare non possit." So die h.M., s. Palandt / Diederichsen, § 1365 Anm. 7. Zu seiner Bedeutung in der freiwilligen Gerichtsbarkeit Kollhosser, 80 ff.
II. Verfahrensrechtliche Kriterien für die Versagung der Eintragung
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wenn die Sachentscheidung auf eine neue Grundlage gestellt werden soll; Gelegenheit zur Stellungnahme kann auch durch eine Zwischenverfügung i.S. des § 18 GBO gegeben werden. Auf dieser Basis ist der Befreiung eines Vorerben zu entsprechen, wenn er die Entgeltlichkeit seiner Veräußerung durch Vorlage eines Kaufvertrages belegt, der für eine verdeckte Schenkung keinen Anhalt gibt 1 5 6 . Ein Ehegatte ist . imstande, über sein — relativ? — wertvolles Grundstück zu verfügen, falls er dem Grundbuchrichter, der von der Ehe auf die Zugewinngemeinschaft schließen kann, für eine Verfügung über das „Vermögen im ganzen" aber konkreten Anhalt haben muß, die Vermögensverhältnisse näher darlegt 157 . Wer von einem Gerneinschuldner erwirbt, ist ins Grundbuch einzutragen, solange der Grundbuchrichter keinen Anlaß hat, eine Grundbuchsperre anzunehmen. Sofern diese von der Konkurseröffnung ausgelöst wird, muß ihm die Mitteilung der Eröffnung durch den Konkursrichter Anlaß genug sein, auch wenn sie vor dem Antrag auf Eintragung des Vermerks und etwa in der Kantine erfolgt. Das gleiche gilt für zufallige, aber vertrauenswürdige Andeutungen Dritter. Krisengerüchte reichen dagegen nicht aus. Ohne Bedeutung ist für den Grundbuchrichter in diesem Zusammenhang der § 892 I 2; denn die Möglichkeit, von dem Gemeinschuldner gutgläubig zu erwerben, stellt dessen Verfügungsmacht nicht wieder her und vermag somit — nach bisheriger Erkenntnis — an der Grundbuchsperre nichts zu ändern. Bleiben dem Grundbuchrichter in diesen Fällen hinreichende Zweifel an der vollen Verfügungsmacht, so droht dem Antragsteller bei Zurückweisung u. U. ein Rechts- bzw. Rangverlust. Wenn die Verfügungsmacht in Wirklichkeit nicht fehlt, ist die Unzumutbarkeit dieser Folgen nur durch Erlaß einer Zwischenverfügung zu vermeiden. Diese ist gemäß § 18 I GBO zwar zulässig; daß hiernach ein „Hindernis" der Eintragung vorausgesetzt ist, könnte aber darauf schließen lassen, daß der Grundbuchrichter von ihm zunächst überzeugt sein muß, es also nicht nur für möglich halten darf. Unter welchen Umständen eine Eintragung abzulehnen ist, richtet sich indes nach dem Verfahrensrecht in seiner Gesamtheit. Läßt dieses schon fundierte Zweifel genügen, besteht mithin auch ein Hindernis, so daß § 18 GBO unmittelbar Anwendung findet.
155
Eickmann, 2. Kap. § 2 V 2. Das O L G Hamm glaubt, dasselbe Ergebnis durch Annahme von „Offenkundigkeit" der Entgeltlichkeit erreichen zu können (Rpfl 1969, 349); auch Eickmann setzt zur Definition der Offenkundigkeit bei einer „vernünftigen Würdigung der Sachlage" an (in K E H E § 51 Rdn. 24). Damit verliert der Begriff jedoch seinen Ausnahmecharakter auf Kosten der Beweiswürdigung. 156
157
BGHZ 35, 135, 139ff.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Ergebnis Als Befund der bisherigen konstruktiv-verfahrensrechtlichen Prüfung bleibt demnach festzuhalten: Im Hinblick auf fehlende Verfügungsmacht dürfen Eintragungen nur versagt werden, wenn der Verfügende einer absoluten Verfügungsbeschränkung unterliegt. Hiervon kann der Grundbuchrichter schon dann ausgehen, wenn nach seiner Erfahrung konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen; er hat insoweit Zweck und Gewicht der Beschränkung mit einzubeziehen. Bei weniger starken Anhaltspunkten ist dem Antragsteller nach § 18 GBO eine angemessene Frist zur Ausräumung der Zweifel zu geben 158 ; darüber hinaus müssen die Verfahrensbeteiligten vor jeder Ablehnung eines Antrags Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, also nicht nur nach einer — zulässigen — Ergänzung der Entscheidungsgrundlage durch privates Wissen des Grundbuchrichters.
III. Die Vereinbarkeit der sog. Grundbuchsperre mit dem materiellen Recht M i t dieser Maßgabe scheint der Grundbuchrichter — von relativen Verfügungsverboten abgesehen — folglich gehalten, dem Erwerber die Eintragung zu versagen, wann immer der Einzelfall ihm Anhalt für eine Beschränkung des Bewilligenden gibt. Ist die Verfügung wegen Verletzung eines absoluten Verbots nichtig, muß dies dem Erwerber gleichgültig sein, da auch seine Eintragung ihm kein Recht verschaffen würde. Ein denkbares Interesse, dennoch an gutgläubige Dritte weiterverfügen zu können, wäre deliktisch und nicht zu beachten. Durch die Zurückweisung des Antrags wird also nur die spätere Buchberichtigung erspart. Die gleiche Praxis wirft bei den verbotsunabhängigen Beschränkungen jedoch Probleme auf, da vor jenen regelmäßig — auch — § 878 sowie die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs schützen sollen. Wie sich die „Grundbuchsperre" der herrschenden Meinung auf diese Erwerbstitel auswirkt, läßt sich anhand einiger typischer Beispiele veranschaulichen; hiervon ausgehend soll untersucht werden, ob jene Folgen mit dem materiellen Recht in Einklang stehen und was sich daraus für das grundbuchrechtliche Legalitätsprinzip ergibt. Ein praktisch wichtiges Beispiel der absoluten Verfügungsbeschränkung ist § 6 1 K O 1 ; zugleich wird derjenige, der von dem Gemeinschuldner in Unkenntnis der Konkurseröffnung erwirbt, aber umfassend geschützt:
158 Entsprechendes gilt bei denkbarer Genehmigung durch den Berechtigten, Horber, §18 Erl. 3 A d ß. 1 Vgl. S. 21 f.
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem Recht
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Der nachmalige Gemeinschuldner Gs ist Inhaber einer 2?«cÄhypothek, die er zur Sicherung eines Sanierungsdarlehens an den E abtreten will. E beantragt seine Eintragung und zahlt dem Gs das Darlehn aus. Es erfolgten die Einigung am 1.1., Antragstellung und Einreichung der von Gs dem E ausgehändigten Bewilligung am 2.1., die Konkurseröffnung über das Vermögen des Gs am 8.1., die Eintragung des E am 9.1. um 10 Uhr, Eingang des Antrags auf Eintragung der Konkurseröffnung um 11 Uhr.
Hier konnte die Konkurseröffnung den Erwerb des E wegen §15 Satz 2 K O i.V.m. §§ 878, 873 I I Fall 4 nicht mehr beeinträchtigen. E ist daher gemäß §§1154 III, 1192 I neuer Hypothekengläubiger geworden. — Händigte Gs seine Bewilligung nicht an E aus, so kommt § 878 nicht zur Anwendung; falls E gutgläubig war, erwirbt er jedoch nach §§15 Satz 2 KO, 892 I 2, sofern der Grundbuchrichter nicht entgegen § 17 GBO den späteren Antrag auf Eintragung des Konkursvermerks vorzog. Kam dagegen auch die Einigung erst nach Konkurseröffnung zustande, so ist sie unwirksam, da dem Gs die Verfügungsmacht fehlte 2 ; wiederum erwirbt E aber gutgläubig, diesmal nach §§712 KO, 892 I 2. Sollte der gutgläubige E eine i?ne/hypothek erhalten und wurde ihm der Brief samt beglaubigter Abtretungserklärung erst nach Konkurseröffnung übergeben, so erwirbt er ebenfalls (§§712 KO, 892 I 2,1155 Satz 1). Seine Eintragung ins Grundbuch erfolgt demnach nur zur Berichtigung. Erfahrt der Grundbuchrichter indessen jeweils 10 Minuten vor Eintragung des E durch telefonischen Hinweis eines honorigen Konkursgläubigers von der Konkurseröffnung, so muß er nach den bisherigen Ausführungen bei jeder Gelegenheit gutgläubigen Buchtrwerbs den Eintragungsantrag des E zurückweisen, wenn auch nur — bis zur sicheren Kenntnis — durch Zwischenverfügung. E hat also sein Geld eingebüßt, ohne im Konkurs des Gs absondern zu können. Für den letzten Fall gilt dies freilich nicht. Statt einer Berichtigungsbewilligung des Gs braucht E hier nur die ihm erteilte Abtretungserklärung vorzulegen (§§ 22 1 1,29 1 1 GBO). Infolge des gutgläubigen Erwerbs, von dem nach §§ 891, 1155 auch der Grundbuchrichter auszugehen hat 3 , ist sie taugliche Eintragungsgrundlage; denn weder Gs noch die Konkursgläubiger würden jetzt noch in einem materiellen Recht „betroffen" 4 . Gs ist zudem voreingetragen. Folglich wird E auch im Grundbuch als Hypothekar ausgewiesen.
2
Auch die h. M. müßte die Unwirksamkeit aus § 61 K O schließen, nicht erst aus § 711
KO. 3
Vgl. K G , NJW 1973, 56, 57f. Zur Ermittlung des „Betroffenen" bei Eintragung des wahren Berechtigten s. Horber, §19 Erl. 5 A c . 4
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Ebenso ist E im ersten Fall nach allgemeiner Ansicht einzutragen. Denn § 878 verpflichtet den Grundbuchrichter, von der Verfügungsmacht des Gs auszugehen. Dem Erwerber muß diese Behandlung in mancher Hinsicht ungereimt erscheinen: Er erleidet seinen Verlust durch die unkalkulierbare Intervention eines Dritten; solchen Zufallen ist er selbst nach bindender Einigung und Antragstellung ausgesetzt, wenn der Konkurs schon vorher eröffnet worden war. Schließlich tritt der Verlust nur bei Erwerb von Buchpfandrechten ein, obwohl E in öffentliche Bücher bisher immer mehr Vertrauen gesetzt hatte als auf den Besitz privater Urkunden.
1. Der Meinungsstand und erste Kritik Die herrschende Meinung findet hierfür durchaus vielfaltige Erklärungen. Zeitweise berief man sich darauf, der Grundbuchrichter dürfe das Buch nicht bewußt unrichtig machen 5 . Da es jedoch einerseits (schon) vor der Eintragung des Gutgläubigen unrichtig war und andererseits gerade durch sie wieder richtig würde, ist an jenem Argument nur bemerkenswert, daß es von dem O L G München 6 aufgegriffen wurde. In einem Beschluß aus dem Jahre 1906 hob das K G darauf ab, daß den Konkursgläubigern „ die Möglichkeit gewahrt bleiben" müsse, ihr Recht auch gegenüber etwaigen gutgläubigen Erwerbern geltend zu machen; das erfordere, solange der Konkursvermerk noch nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sei, die Ablehnung des Erwerberantrags 7. Vielfach beschränkt man sich aber darauf, den Handlungsspielraum des Grundbuchrichters abzustecken. Das K G 8 und Arnheim 9 verboten ihm, bei einer Schädigung des Berechtigten (durch gutgläubigen Erwerb) mitzuwirken; Heuer stellte ihm diese Mitwirkung frei 1 0 . Nach Schönfeld hat der Grundbuchrichter einen „sachlich unberechtigten Rechtserwerb" gemäß § 892 zu verhindern 11 . Das K G hielt ihn für verpflichtet, Eintragungen zu verhindern, die ein „ i n Wahrheit" nicht gültig begründetes Recht ausweisen; der „unrichtige Inhalt" des Grundbuchs dürfe nicht „zur Begründung eines wirklichen Rechts miß-
5
S. etwa Liebers 88; im Ansatz auch das K G , KGJ 28 A 94, 96. JFG 16, 144, 149. Aber auch M. Wolf betont, das Gruchbuchamt müsse unrichtige Eintragungen „vermeiden" (RdNr. 336), und selbst Wacke bemüht sich, diesen Grundsatz einzuschränken (in M K § 892 Fn. 160). Zutreffend dagegen O L G Düsseldorf, MittRhNotK 1975, 6, 8; s. auch S. 63 f. 6
7
K G , OLGE 14, 72, 75. JFG 18, 205, 208. 9 §19 Ν 16. 10 37 f. 11 JZ 1959, 141, 2b. 8
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem Recht
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braucht" werden 12 . In seinem Beschluß von 1972 zählt das K G es nicht zu „den Aufgaben" des Grundbuchamts, zu gutgläubigem Erwerb zu verhelfen 13 . In früheren Entscheidungen14 bestritt es — wie heute ausdrücklich noch Augustin 15 — dem Erwerber einen Anspruch auf Vollendung seines Erwerbs entgegen der Beschränkung. Schöller gab dem Erwerber „nur eine Aussicht" hierauf 16 , während Liebers bemerkt, der Erwerber habe doch stets damit zu rechnen, daß sein Antrag aus irgendeinem Grund zurückgewiesen werde 17 . Andere Begründungen haben dogmatischen Anspruch. Während Imhoff/ Riedel 18 pauschal meinen, §§ 892,893 seien im Grundbuchverkehr nicht anwendbar, wird ganz überwiegend betont, diese schützten erst den vollendeten Erwerb, so heute 19 noch von Augustin 20, Baur 21, Rahn22 und Seufert 23. Hierauf berief sich in ständiger Rechtsprechung 24 auch das K G , das seine Ansicht schon 1903 in einer Grundsatzentscheidung dargelegt hatte. Danach soll es bereits Standpunkt der Motive gewesen sein, den Erwerber erst mit seiner Eintragung zu schützen 25 . Hieran habe die Vorverlegung des für die Gutgläubigkeit maßgeblichen Zeitpunkts in § 892 I I nichts ändern sollen; eine Zurückbeziehung des Erwerbs auf die Antragstellung sei nicht erfolgt 26 . Die Gegenmeinung mache auch § 878 überflüssig 27 . Abschließend wurde bemerkt, insofern sei der Schutz allerdings unvollständig, so daß ein Erwerber vor Eintragung auf eigene Gefahr zahle 28 . M i t dieser Feststellung begnügte sich auch Strecker 29. Auf ihn beruft sich Rahn unter Hinweis darauf, daß § 892 I I eine Eintragungspflicht des Grundbuchrichters nicht ausspreche und sie „als Bestimmung des materiellen Rechts aus systematischen Gründen auch gar nicht bestimmen" könne 3 0 . 12
KGJ 28 A 94, 96. DNotZ 1973, 301, 304. 14 JFG 18, 205, 208; KGJ 27 A 97, 101. 15 In R G R K § 892 Anm. 112, 125. 16 DJZ 1902, 166. 17 87. 18 M I R § 18 Anh. Bern. 86; anders Bern. 134 vor § 13 (zu §§ 7, 15 KO). 19 Früher insbesondere von Arnheim, § 19 Ν 16; Brand/ Schnitzler, § 45; Güthej Triebet, § 19 A 33; Herold, SächsArchRpfl 1, 493; PlanckI Strecker 227. 20 In R G R K § 892 Anm. 125. 21 In Soergel, § 892 Rz. 17, selbst zweifelnd; s. auch Schänke/Baur, § 55 I I 3 a (1), (3). 22 DJ 1966, 259. 23 In Staudinger, § 892 Bern. 58. 24 KGJ 27 A 97, 99; 30 A 266, 269; NJW 1973, 56, 58. 25 KGJ 27 A 97, 99. 26 Ebenso Herold, SächsArchRpfl 1, 493. 27 KGJ 27 A 97, lOOf. 28 KGJ 27 A 97, 101; ebenso Arnheim, § 19 Ν 16. 29 Planck/Strecker 221. 13
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Daß § 878 entgegengesetzt wirkt, unterstellt diese Meinung als selbstverständlich 3 1 . In einer Entscheidung des Jahres 1972 formuliert das K G negativ, die Fiktion des § 892 gelte für das Grundbuchamt nicht 3 2 . In einem anderen Beschluß des K G aus demselben Jahre heißt es einerseits, der Grundbuchrichter dürfe nur einen vollzogenen gutgläubigen Erwerb berücksichtigen, andererseits, im Grundbuchverfahren könne — bis zum Nachweis der Bösgläubigkeit — von gutgläubigem Erwerb nur dann ausgegangen werden, wenn er bereits durch Eintragung vollzogen sei und deshalb § 891 eingreife 33 . Das OLG Düsseldorf bemerkt, § 892 ändere nichts an der Prüfungspflicht des Grundbuchbeamten 34 . Imhoffj Riedel beschränken sich auf die Erwähnung von § 878, „da diese (!) Vorschrift unberührt gelassen ist, § 15 K O " 3 5 . Weitere Unterscheidungen bleiben aus. Lediglich gegenüber der Vermutung des § 891 wird hervorgehoben, daß die Fiktionen der §§ 892, 893 nur zugunsten des gutgläubigen Erwerbers bestünden; um ein solches Recht habe sich das Gjrundbuchamt „kraft seiner der Wahrung der wirklichen Rechtslage dienenden Amtspflicht . . . nicht zu kümmern", solange der gutgläubige Erwerb nicht nachgewiesen sei 36 . Auch Liebers vermerkt einen „erhebliche(n) Unterschied" zwischen §§ 891 und 892: Anders als der Redlichkeitsschutz, der nur bestimmten Personen zustehe und der wirklichen Rechtslage widerspreche, richte sich § 891 an den Grundbuchrichter, da dieser durch seine Eintragungsverfügung einen „allgemeingültigen Rechtszustand" schaffe 37. Der dargelegten und fast ausnahmslos praktizierten Ansicht haben Ripfel 38 1966, Eickmann 39, Erti 40, Habscheid* 1, Harms 42, Wacke 43, Schöner/ Stöber 4*, Böttcher 45 und Rademacher 46 in den vergangenen dreizehn Jahren widerspro30 31 32 33 34 35 36
DJ 1966, 259 bzw. 258. S. nur Soergelj Baur, § 878 Rz. 6, 8; Horber, § 13 Erl. 3 C a. DNotZ 1973, 620, 624. K G , NJW 1973, 56, 57 f. MittRhNotK 1975, 6, 8. M I R , Bern. 134 vor § 13. K G , KGJ 40 A 265, 266f.; ebenso Güthe/Triebel, § 19 A 33, unklar dagegen A 37
a. E. 37
Liebers 32. DJ 1966, 51 f. 39 5. Kap. § 3 I I I 3.4 a, b aa; Rpfl 1972, 78 ff. 40 MittBayNotV 1975, 204ff.; in K E H E § 19 Rdn. 98, 100; Rpfl 1980, 44f. 41 §41 I I I 1. 42 SaR, 256 f.; zweifelnd auch Canaris , JuS 1969, 83, insbesondere Fn. 27. 43 In M K § 892 RdNr. 69f. Entgegen Wacke (a.a.O. Fn. 159) folgte das BayObLG (BayZRpfl 1933, 248 f.) dieser Ansicht aber nur im Ergebnis für den Fall der relativen Verfügungsbeschränkung, da diese keine Grundbuchsperre auslöse. 44 In HSS, Rdn. 102c. 45 Rpfl 1983, 190 f. 38
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem
R e c h t 8 1
chen, zum Teil 47 mit Nachdruck, aber erfolglos. Wohl ohne dies realisiert zu haben, befinden sie sich damit in der Tradition von Kretzschmar 48 und Weber 49, denen schon 65 Jahre zuvor das gleiche Schicksal widerfuhr. Und noch vor deren Abhandlungen erkannte das L G Mainz im Jahre 1904 auf eine Eintragungspflicht des Grundbuchrichters zur Vollendung des gutgläubigen Erwerbs, da jener sonst in der Lage wäre, „die Bestimmungen der §§ 891-893 BGB außer Kraft zu setzen" 50 . Dabei sollte es bleiben. Für eine Pflicht der Grundbuchämter, § 892 schon vor Abschluß des Erwerbs zu beachten, haben diese Autoren eine Reihe von Gründen genannt, deren verschiedene Formulierungen hier nicht auszusparen sind. Verbreitet ist zunächst die Annahme, die Nichteintragung verletze das Reihenfolgeprinzip 51 ; sie wurde schon auf S. 36f. widerlegt. Habscheid sieht an die Fiktion des § 892 auch den Grundbuchrichter gebunden 52 . Erti fragt, warum dieser sie nur unbewußt „vollziehen" dürfe. Er bestreitet, daß die Fiktionen der §§ 878, 892 verschiedene Zeitpunkte zugrunde legten; das Argument, § 892 schütze nur den vollendeten, nicht den werdenden Erwerb, treffe doch auch für § 878 zu 5 3 . M i t Eickmann 54 bemerkt Erti 55, wenn man den „nasciturus" und die Gründungsgesellschaft für eintragungsfahig halte, müsse für den gutgläubigen Erwerber Gleiches gelten. Typische Aufgabe des Grundbuchamts sei es gerade, im Rahmen der Gesetze „ i n die Zukunft schauend durch den staatlichen Hoheitsakt der Grundbucheintragung dingliche Rechte (zu) schaffen oder (zu) verändern" 56 . Ripfel behauptet ausdrücklich einen Schutz der „Entwicklung zum vollendeten Erwerb" 5 7 . Nach Eickmann 58 und Erti 59 erfordert auch der Sinnzusammenhang zwischen §§ 878, 892 eine Gleichbehandlung sich darauf stützenden Erwerbs. Dem Argument, das Grundbuchamt dürfe zu einem sachlich unberechtigten Erwerb nicht beitragen, 46
MittRhNotK 1983, 89f. Ohne nähere Begründung freilich Rademacher und Schöner / Stöber, letztere — wie Erti — auch nur für den Fall, daß der Erwerber selber den Eintragungsantrag stellt. 48 Gruchot 49, Iff.; SächsArchBürgRPr 11, 175f. 49 Gruchot 53, 352 ff. 50 ZB1FG 6, 425 Nr. 473 a. 51 KEHE/ Erti, § 19 Rdn. 98, 100; Habscheid, ZZP 1977, 200f. und FGG, § 41 I I I 1; Rademacher, MittRhNotK 1983,90; UK/Wacke, § 892 RdNr. 70; L G Mainz, ZB1FG 6, 425 Nr. 473 a. 52 §41 I I I 1. 53 MittBayNotV 1975, 208. 54 5. Kap. § 3 I I I 3.4a, 2. Kap. § 2 I I I 1. 55 MittBayNotV 1975, 207; ihm folgt Böttcher, Rpfl 1983, 191. 56 MittBayNotV 1975, 208. 57 DJ 1966, 51. 58 5. Kap. § 3 I I I 3.4a. 59 MittBayNotV 1975, 208. 47
6
Foerste
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
hält Böttcher entgegen, der gutgläubige Erwerb sei „weder schlechter noch besser als jeder andere Rechtserwerb" vom Berechtigten 60 . Erti 61, Harms 62, Ripfel 63 und Wacke 64 sehen durch die Ablehnung der Eintragung § 892 I I bzw. dessen Zweck unterlaufen. Rademacher entnimmt dem „ausdrücklichen Wortlaut" dieser Vorschrift, daß der Erwerber nach seiner Antragstellung zu schützen sei 65 . Weber meinte, das Gesetz könne „dem Grundbuchrichter unmöglich gestatten, den Erwerb lediglich dadurch zu vereiteln, daß er den im festgesetzten Zeitpunkt vorhanden gewesenen Glauben nachträglich ausschaltet". Im Umkehrschluß sei auch § 53 GBO zu entnehmen, daß der Erwerber mit einer Zurückweisung seines Antrags wegen Unrichtigkeit nicht mehr rechnen solle, wenn er sich auf dessen Bestand verlassen habe. Anderenfalls müßte der Grundbuchrichter, so Weber, auch befugt sein, die Eintragung eines außerhalb des Grundbuchs vollzogenen Erwerbs „wegen Unrichtigkeit des Buchs" zu verweigern 66 . Der Erwerber bedürfe deshalb eines Anspruchs auf Eintragung, so daß allein der J5wcAberechtigte als „betroffen" i. S. des § 19 GBO gelten müsse 67 . Wacke betont, die „Beseitigung von Unrichtigkeiten", die das Grundbuchamt nicht zu vertreten habe, sei ausschließlich Sache (les unrichtig Eingetragenen 68. Habscheid hält den Grundsatz der „Einheitlichkeit der Rechtsordnung" für verletzt 69 , Eickmann gar das Verfassungsrecht, da die Eintragung verweigert werde, obwohl die Verfahrensvoraussetzungen „sämtlich erfüllt" seien 70 ; wenig später jedoch räumt er ein, daß die Verfügungsmacht fehle, hält dies allerdings für belanglos, da der zugrundeliegende sachenrechtliche Mangel nach der gesetzlichen Intention mit Eintragung geheilt werde 71 . Deren Ablehnung durchbricht nach Ansicht von Kretzschmar den Grundsatz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs, „wie er vom BGB ausgebildet worden ist", in bedenklicher Weise 72 . — Wenn der Grundbuchrichter durch die Ablehnung der Eintragung diese materielle Rechtslage ausschalte und das Vertrauen auf die „Zuverlässigkeit des Rechtsscheins" mißachte 73 , überschreite
60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72
366 ff.
Rpfl 1983, 191. MittBayNotV 1975, 207. SaR, 256 f., 290 f. DJ 1966, 51. In M K § 892 RdNr. 70. MittRhNotK 1983, 90. Gruchot 53, 367 f. Gruchot 53, 370; hierzu schon S. 58. In M K § 892 RdNr. 70. §41 I I I 1. 5. Kap. § 3 I I I 3.4a. 5. Kap. § 3 I I I 3.4 b aa; ebenso jetzt Böttcher, Rpfl 1983, 190f. Gruchot 49,7; ebenso Eickmann, 5. Kap. § 3 I I I 3.4a; ähnlich Weber, Gruchot 53,
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem Recht
83
er, so wird weiterhin vorgebracht, die Funktion des Grundbuchverfahrensrechts 74 . Die Pflicht, das Grundbuch „richtig" zu halten, diene allein dem Verkehrsschutz und habe sich daher dem Erwerberschutz unterzuordnen 75 . Wenn der Gutglaubensschutz unvollständig sei, beruhe dies nicht auf materiellem Recht, sondern auf der Grundbuchpraxis 76 , welche nach Wacke 77 die Rechtssicherheit in untragbarer Weise erschüttert. Erti begründet seine Ansicht, der Erwerber verdiene nur Schutz, wenn er seine Eintragung selber beantragt habe 78 , mit der entsprechenden Judikatur des BGH zum Anwartschaftsrecht des Auflassungsempfängers und mit § 878, den er in gleicher Weise auslegt 79 ; über die hierfür maßgebenden Gründe dürfe man sich „in Fällen des § 892 Abs. 2 nicht einfach hinwegsetzen". Diese Ausführungen beider Seiten überzeugen indes größtenteils nicht. Ob der Grundbuchrichter einzutragen oder abzuweisen hat, ist gerade die Frage und ohne Begründung nicht darzutun. Das Argument der herrschenden Meinung, daß es einen „sachlich unberechtigten Rechtserwerb" zu verhindern gelte, besagt angesichts des § 892 nichts, solange die Art der Nichtberechtigung offen bleibt. Da das Gesetz den redlichen Erwerber zumindest im Ansatz so behandelt, als erwerbe er vom Berechtigten, kann es auch nicht selbstverständlich sein, daß er statt eines Rechts nur eine Aussicht auf seine Eintragung haben soll. Ähnlich fehl geht das Bemühen des K G um den Nachweis, daß der Eigentumserwerb nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirke; denn diese Tatsache steht außerhalb der Diskussion. Und selbst wenn hierzu eine konträre Ansicht existierte, ließe sie entgegen dem K G § 878 nicht überflüssig werden, da auch eine ex-tunc-Wirkung in jedem Fall eine Eintragung voraussetzt, die das K G ohne § 878 gerade ablehnen würde. Daß der Gutglaubensschutz unvollständig ist, ergibt schon § 892 I 2, der den Erwerb bei Ersichtlichkeit der Verfügungsbeschränkung ausschließt. Hiervor kann sich der Erwerber aber durch Einsicht in die Grundakten schützen. Nur wenn der Grundbuchrichter entgegen § 17 GBO, also rechtswidrig, einträgt, zahlt der Erwerber vorher auf eigene Gefahr. Ob sie aber durch ein Recht auf Ablehnung der Eintragung vergrößert werden sollte, ist die Frage. Wenn Rahn sagt, nach materiellem Recht „müsse" der Grundbuchrichter nicht eintragen, ist
73
So M K j Wacke, § 892 RdNr. 70. Eickmann, 5. Kap. §3 I I I 3.4a; Habscheid, §41 I I I 1; Harms, SaR, 256f., 291; Kretzschmar (Gruchot 49, 6) sprach von „engen Wechselbeziehungen" der Gesetze. 75 M K /Wacke, § 892 RdNr. 70 Fn. 160; Habscheid, § 41 I I I 1. 76 Eickmann, 5. Kap. § 3 I I I 3.4a. 77 In M K § 892 RdNr. 70. 78 Rpfl 1980, 44. 79 Rpfl 1980, 44 1. Sp. 74
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
ihm zuzustimmen 80 ; doch kann nicht ausgeschlossen werden, daß das materielle Recht insofern das Verfahrensrecht beeinflußt. Ferner ist der Gegensatz zwischen den „Fiktionen" der §§ 878, 892 nicht so einsichtig, wie die herrschende Meinung glaubt. Ihr ist zwar zuzugeben, daß § 878 die Unschädlichkeit einer Verfügungsbeschränkung allgemein klarstellt, während nach § 892 I 2 der Buchinhalt nur „dem Erwerber gegenüber" als richtig gilt 8 1 . Daß diesem das schaden soll, ist aber weniger klar. Die Annahme jedenfalls, mit jenem sprachlichen Unterschied hätten mittelbar dem Grundbuchrichter Verhaltensweisungen erteilt werden sollen, noch dazu differenziert nach den jeweiligen Verfügungsbeschränkungen, unterstellt dem Gesetzgeber zuviel Weitsicht. Wenn Liebers betont, der Grundbuchrichter schaffe mit einer Eintragung, die er auf eine an § 89i orientierte Berechtigungsprüfung hin vornehme, endgültige Rechtsverhältnisse, so übersieht er, daß dies allein von den Erwerbsvoraussetzungen abhängt, insbesondere von § 892 also, dessen Anwendung Liebers dem Richter aber gerade versagt. Die Prämisse des K G , der Grundbuchrichter habe stets die wirkliche Rechtslage zu wahren, steht außerhalb des Grundbuchrechts. Wohl verweist dieses grundsätzlich auf die Verfügungsmacht; ob sie ausnahmslos maßgeblich ist, bedarf indes weiterer Prüfung. Sie wird auch von den Vertretern der Gegenansicht nur im Ansatz durchgeführt. Der Hinweis Ertls, die herrschende Meinung sei inkonsequent, wenn sie den „werdenden" Erwerb nicht auch im Falle des § 878 ohne Schutz lasse, trifft insofern zu, als § 892 wie § 878 den Erwerb erst mit Einigung und Eintragung eintreten lassen. In Betracht kommt aber einerseits, daß (nur) im Falle des § 878 die Verfügungsmacht besteht, welche — als Bewilligungsmacht — eine Eintragungspflicht mitbegründet. Andererseits scheint diese Norm durch ihre allgemeine Fiktion auch den Grundbuchrichter zu binden und damit die dem Erwerber günstigere Fassung zu enthalten. Auch ein von § 878 beherrschter „Sinnzusammenhang" mit § 892 ist deshalb erst anzunehmen, wenn jener Unterschied keinen Regelungszweck verfolgt. Widerlegen läßt sich ein solcher Zweck jedenfalls nicht mit dem Hinweis auf die Eintragungsfahigkeit entstehender Rechtssubjekte. Denn für jene mögen der Rechtsgedanke der §§ 1912,1913,2101,2162 II, 2178 und praktische Bedürfnisse sprechen 82; jedoch tangiert die Eintragung werdender Subjekte nicht ohne weiteres die Interessen anderer. Die Eintragung des redlichen Erwerbers hingegen vernichtet stets das wahre Recht. 80
Die Eintragungspflicht ist im Verfahrensrecht begründet, vgl. S. 53. Eine sachenrechtliche Relativität sollte damit sicher nicht zum Ausdruck gebracht werden. 82 Zur Bestellung einer Hypothek für den „nasciturus" RGZ 61, 355 ff.; zur Eintragungsfahigkeit der Gründungsgesellschaft als GmbH vgl. BGH, DNotZ 1967, 381, 386; s. auch KEHE /Erti, § 20 Rdn. 67 f. 81
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem Recht
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Lehnt der Grundbuchrichter die Eintragung des Gutgläubigen ab, so berührt dies nicht den von der unrichtigen Eintragung ausgehenden Rechtsschein; auch das Vertrauen auf dessen „Zuverlässigkeit" kann daher — entgegen Wacke — nicht verletzt werden. Daß ferner, worauf Böttcher abhebt, der redliche Erwerb „weder schlechter noch besser" als derjenige vom Berechtigten ist, besagt noch nicht, daß an dieser Wertung auch schon der Erwerbs Vorgang Teil hat. Ob nun das Grundbuchamt mehr „in die Zukunft" zu schauen oder eher das Bestehende zu wahren hat, hängt möglicherweise davon ab, an welcher materiellrechtlichen Position sich das Verfahrensrecht orientieren muß. Eine wandlungsfreundliche Haltung des Sachenrechts ist jedenfalls dem § 53 GBO nicht zu entnehmen, da er nur den nachträglichen Wegfall der Eintragung vermeidet, was erst bei vollendetem gutgläubigen Erwerb Sinn gibt. Wenn Weber weiter zur Grundlage seines Gegenschlusses macht, daß auch die Eintragung grundbuchexternen Erwerbs abgelehnt werden müßte, übersieht er deren berichtigenden Charakter. Die Einheitlichkeit der Rechtsordnung endlich ist nur dann beeinträchtigt, wenn das Grundbuchrecht erstens zu anderen Ergebnissen führt als das Sachenrecht und diesem zweitens der Vorzug gebührt. Erst dann kann auch die Gesetzesbindung des Grundbuchrichters relevant werden. Hier muß die Untersuchung ansetzen. Dabei könnte § 878 ersten Aufschluß über die Eignung der Verfügungsmacht geben, das materielle Recht im Grundbuchverfahren zu verwirklichen; denn daß der Grundbuchrichter dort eine Eintragung nicht mangels Verfügungsmacht ablehnen darf, ergibt der unbestrittene Zweck der Vorschrift, den Erwerber so zu stellen, als erwerbe er von dem bei Antragstellung noch Berechtigten. Daran anknüpfend soll geklärt werden, wie weit die Richtigkeitsfiktion des Grundbuchs reicht. Steht sie in Widerspruch zu der bisher nur auf Verfahrensrecht gestützten „Grundbuchsperre", so wird dieser zu begründen oder aufzulösen sein.
2. Der Einfluß des § 878 BGB auf die Eintragungsvoraussetzungen Außer dem lapidaren Satz, daß der Grundbuchrichter § 878 zu beachten habe, finden sich Überlegungen zu dessen verfahrensrechtlichen Auswirkungen nur selten 83 . Nach den bisherigen Erkenntnissen hängt die Wirksamkeit der rechtsändernden Bewilligung von der Rechtsmacht desjenigen ab, der bewilligt. Ob ihm § 878 die erforderliche Rechtsmacht verleiht, ist jedoch fraglich. a) Unter den dort genannten Voraussetzungen wird eine „ i n Gemäßheit der §§ 873, 875, 877 abgegebene Erklärung... n i c h t . . . unwirksam". Diese Fiktion ist aber bereits der gewünschte Rechtserfolg. Ihn herbeizuführen, gibt es 83 S. etwa Arnheim (§ 19 Ν 23), Böttcher (Rpfl 1983,189), Wacke (in M K § 878 RdNr. 8 a.E., 11) und die prägnante Darstellung von Schöner / Stöber, in HSS, Rdn. 961.
86
C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
theoretisch mehrere Möglichkeiten, von denen die Lehre auch drei erwogen hat: § 878 kann Ausnahme von dem Grundsatz sein, daß die Verfügungsmacht zur Zeit des letzten Erwerbsakts vorhanden sein muß 8 4 . Überwiegend heißt es, § 878 mache die Verfügungsbeschränkung insoweit unwirksam bzw. wirkungslos 85 . Denkbar ist aber auch, daß ihre Wirkung nur umgangen werden soll, indem eine Verfügungsmacht fingiert wird 8 6 . Im ersten Fall würde schon die frühere Verfügungsmacht oder die (fortwährende) Rechtsinhaberschaft zur Verfügung befähigen. Im zweiten wird die Rechtsmacht gar nicht beeinträchtigt; mangels sachenrechtlicher Hindernisse tritt der Verfügungserfolg somit nach allgemeinen Grundsätzen ein. Müßte die Verfügungsmacht dagegen erst fingiert werden, so wäre § 878 — nicht anders als § 892 87 —gesetzlicher Ausgleich einer Rechtsschwäche; wegen dieses Unvermögens, den Verfügungserfolg kraft eigenen Rechts herbeizuführen, würde hier die Rechtsmacht fehlen; aus ihr wären daher — entgegen Schöner/ Stöber 88 — weder Antrags- noch Bewilligungsmacht abzuleiten. b) Welches dieser Modelle dem § 878 zugrundeliegt, ist kaum festzustellen, nach dem Zweck der Vorschrift 89 auch sekundär. Nur gibt zu denken, daß derart spekulative Konstruktionen letztlich Eintragungserfordernisse sollen steuern können. Hiervon unbeeindruckt, meinte denn auch nur Bernhöft 90, die Eintragung sei sogar dann abzulehnen, wenn die materiellen Erklärungen nach § 878 gültig seien. Kuntze 91 und Erti 92 schließen sich dem für den Fall an, daß die Eintragung von dem Verfügenden beantragt ist 9 3 , da dessen ^iragsfahigkeit durch § 878 nicht wiederhergestellt werde; sie müssen sich fragen lassen, weshalb
84 So RGRK/Augustin, § 878 Anm. 15; Baur, §19 Β I I I 2 d; Erti, Rpfl 1980, 44; JSSTV / Jauernig, §878 Anm. 2 a, b; M K j Wacke § 878 RdNr. 3; O L G Düsseldorf, MittRhNotK 1975, 6, 7f.; wohl auch Rahn, BWNotZ 1967, 269f. 85 Wiederum (!) JSSTV/Jauernig, § 878 Anm. l a aa; Planck/Strecker 152; Staudinger/Seuf er t, § 878 Bern. 10; wohl auch Erman/Hagen (§ 878 Rdz. 6) und Reinicke (NJW 1967, 1253), ebenso die Motive, Mugdan III, 106. 86 So ausdrücklich Schöner / Stöber (in HSS, Rdn. 96, 961, 96 r) für Antrags- und Bewilligungsmacht; s. auch Rahn, BWNotZ 1967, 269f.; Böttcher, Rpfl 1983, 189. 87 Hierzu S. 19 f. 88 Vgl. Nachw. in Fn. 86. 89 Nach den Motiven zu E I § 831, der den Schutz vor Beschränkungen (anders als § 878) nicht einmal an die Unwiderruflichkeit der Einigung knüpfte, sollte der Geschützte „ darauf rechnen können, daß die Eintragung nur durch den Widerruf des anderen Theiles ausgeschlossen werden kann" (Mugdan III, 107). 90
66; andererseits soll die Eintragung des Bewilligenden den Eintragungserfordernissen genügen (52, 74)! Ähnlich auch Rahn, BWNotZ 1967, 271, 1. 91 In K E H E § 17 Rdn. 7, § 19 Rdn. 90; mit der Konkurseröffnung entfalle auch die Antragsberechtigung des Verfügenden. 92 Rpfl 1980, 41. 93 Gegen diese Ansicht mit Recht Schöner I Stöber in HSS, Rdn. 961.
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem Recht
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sie die Bewilligungsmacht abweichend behandeln — und so die Funktionsfahigkeit des § 878 im übrigen erhalten. c) Die Annahme, diese Vorschrift stelle nach bindender Einigung und Antragstellung die Verfügungsmacht wieder her, ist überdies bedenklich, weil sie eine Haftung des Verfügenden nach § 816 11 ausschließen würde. Dieser steht nicht entgegen, daß der Verfügende seine Rechtsmacht überhaupt erst nach bindender Einigung usw. verlor, die VerfügungsHandlung also ohnehin noch als Berechtigter vornahm. Denn die Berechtigung entfaltet ihre sachenrechtlichen Folgen erst und nur dann, wenn sie bei Abschluß der Verfügung, insbesondere also bei Eintragung 94 des Erwerbers, vorliegt 95 . Dies wäre ohne die Fiktion des § 878 nicht möglich. Allein ihretwegen — und wenn sie gerade die Rechtsmacht zurückgibt — ist der Verfügende folglich als „Berechtigter" 96 anzusehen. Ihn deshalb von der Herausgabepflicht des § 816 11 freizustellen, ist jedoch nicht gerechtfertigt; denn diese Norm enthält nicht etwa deliktische Ansprüche, sondern Fälle der Eingriffskondiktion, die nur der Abschöpfung von Bereicherung dient, ohne eine „Schuld" des Schädigers vorauszusetzen 97. Der § 878 aber soll nur den Erwerber schützen, den Verfügenden allenfalls vor der Rechtsmängelhaftung, die ohne Korrektur der Nichtberechtigung eintreten würde. d) Somit ergibt sich zweierlei. Die Vertreter der herrschenden Meinung müßten schon aus systematischen Gründen auch für § 878 an der Verfügungsbeschränktheit festhalten. Zumindest ist nicht zweifelsfrei nachzuweisen, daß diese Vorschrift überhaupt eine — aus dem Recht des Inhabers fließende — „Verfügungsmacht" schafft. Diese ist folglich ungeeignet, durch ihre Umsetzung ins Verfahrensrecht dem Erwerber die Eintragung zu sichern, die § 878 unstreitig fordert. U m so mehr sind Zweifel daran berechtigt, ob eine solche „Grundbuchsperre" den Gutglaubensschutz mindern darf. Dem geht die folgende Untersuchung nach.
3. Die Vollständigkeitsfiktion des Grundbuchs A n der Bestimmung des § 873 I, daß Buchrechte erst mit Eintragung erworben werden, ändern weder § 878 noch § 892 etwas. Fraglich ist aber, ob der 94
Daß schon die Auflassung als „Verfügung" anzusehen ist (vgl. S. 61), berührt nicht den Grundsatz, daß die Voraussetzungen des Erwerbs bis zu dessen Eintritt fortdauern müssen. 95
Vgl. PalandtIHeinrichs, § 185 Anm. 1 c bb; MK/Thiele, § 185 RdNr. 27. Diese Bezeichnung wählt auch Erti, in K E H E § 19 Rdn. 99. 97 Ohne Begründung beschränkt Flume (§11, 5 c) die „Nichtberechtigung" in § 816 überhaupt auf den Nicht-Inhaber; demnach hätte ein Verfügungsberechtigter bei Verfügungen des (nur) beschränkten Inhabers an Gutgläubige (gemäß §§ 892 I 2; 161 I I I usw.) keinen Herausgabeanspruch nach § 816 I 1. Dessen Wortlaut derart zu verengen, besteht aber kein Anlaß. 96
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Gutglaubensschutz schon vor dem Erwerb einsetzt und wogegen er sich hier richtet. a) Grammatikalische Auslegung
Der Wortlaut des § 892 gibt darüber wenig Aufschluß. Daß Absatz 1 den Grundbuchinhalt allein für denjenigen als richtig und vollständig fingiert, der ein „Recht . . . erwirbt", weist entgegen Liebers 98 zunächst nur darauf hin, daß ohne die regulären Erwerbsbedingungen auch guter Glaube nichts bewirkt. Dem Zeitpunkt der Antragstellung gibt Absatz 2 erwerbserleichternde Bedeutung nur insofern, als die nachfolgende Kenntnis von einer Beschränkung nicht mehr schaden soll. Für den Zeitraum vor der Eintragung ist § 892 im übrigen nur zu entnehmen, daß ein Schutz nicht stattfindet, wenn der Rechtsschein währenddessen entkräftet wird. Im Vergleich zu § 878 ist die Fiktion des § 892 1 1,2 insofern enger gefaßt, als sie allein „dem Erwerber gegenüber" gilt. Diese Einschränkung dient ersichtlich vor allem dazu, die übrigen am Rechtsverkehr Beteiligten, die noch keinen Bucherwerb eingeleitet haben, von dem öffentlichen Glauben auszuschließen; auch dem Grundbuchamt „gegenüber" bleiben Beschränkungen freilich wirksam. Dennoch folgt daraus kein sachlicher Unterschied zu § 878. Dessen Schutz ist nämlich auf das Wirksamwerden der Einigung gegründet und nicht—was die gleiche Wirkung gehabt hätte — auf die Fiktion, eine der Antragstellung nachfolgende Verfügungsbeschränkung sei unwirksam. Dank der ersteren Konstruktion bleibt der Verfügende für die an der „Einigung" nicht Beteiligten ohne weiteres nichtberechtigt; wäre dagegen die letztere Konstruktion in § 878 eingegangen, so hätte auch dessen Fiktion nur „gegenüber dem Erwerber" gelten dürfen. Der unterschiedliche Wortlaut in §§ 878, 892 kann daher auch redaktionelle Gründe haben. b) Funktionelle Auslegung
Indes entscheidet das Sachenrecht nur bedingt über den Erwerberschutz. In Teil Β I I 2 wurde gezeigt, daß es in sehr beachtlicher Weise durch das Grundbuchrecht ergänzt wird und sich so erst entfaltet. Dessen Beiziehung ergibt ein differenziertes Bild. Der Gutglaubensschutz nämlich wird durch die Möglichkeit des Erwerbers, mit Einsicht der Grundakten von latenten Eintragungshindernissen zu erfahren, um einen weiteren Schritt auf den Antragszeitpunkt vorverlegt. Kein Schutz besteht freilich, von der Amtshaftung abgesehen, vor Verstößen des Grundbuchrichters gegen das Reihenfolgeprinzip. Sie würden im Falle des 98
87.
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem Recht
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§ 878 nur Rechtsverluste an konkurrierende Erwerber bewirken, womit bei § 892 noch zusätzlich zu rechnen ist. Jedoch erschließt der Vergleich von Schäden, die ohnehin nur bei Verletzung einer Norm eintreten, nicht deren Schutzbereich; maßgebend ist also die als befolgt gedachte Anordnung des Gesetzes. Geht man aber von der Einhaltung des Verfahrensrechts aus und sieht man von der offenen Frage der (endgültigen) Grundbuchsperre ab, so gewährt § 892 nach Antragstellung umfassenden Schutz: Trotz Verfügungsbeschränkung ist der Rechtserwerb gesichert. c) Historisch-teleologische Auslegung
Zu §§ 878 und 892 bemerkt Schönfeld mit Recht, daß sie systematisch verschiedenen Ursprungs sind". Nach dem oben Gesagten 100 kann zwar für § 878 nicht ausgeschlossen werden, daß er die Rechtsmacht (erst) fingiert und damit — wie § 892 — einen Erwerb vom Nichtberechtigten ermöglicht. Gleichwohl entspricht allein § 892 I dem Vertrauen auf den Grundbuchinhalt, in Satz 2 dem auf die Vollständigkeit der Eintragungen. Wie ebenfalls dargelegt 101 , verbürgte dieser Rechtsscheinstatbestand im 1. Entwurf dem Erwerber erst mit dessen Eintragung letzte Sicherheit, da zwischenzeitliche Bösgläubigkeit schadete; gegen eine Vorverlegung des hierfür maßgeblichen Zeitpunkts hatte man systematische Bedenken. Bei diesem Stand der Gesetzgebung kam § 878 hervorragende Bedeutung zu. Denn schon bei Beantragung der Eintragung bot er dem Erwerber die Gewähr, daß ihm jedenfalls nachträgliche Beschränkungen des Verfügenden nicht mehr schaden würden; insbesondere ein Konkurs konnte den Erwerb nicht mehr hindern. Für diese Privilegierung schienen der Kommission mehrere Gründe entscheidend. Zum einen glaubte man, daß es nicht dem Wesen der Verfügungsbeschränkung entspreche, bereits getroffene Verfügungen unwirksam zu machen; selbst widerrufliche Erklärungen sollten deshalb — so der 1. Entwurf — nach ihrer Einreichung beim Grundbuchamt Verfügungsbeschränkungen standhalten (E I §§ 828 I I I , 831). Denn für ausschlaggebend hielt man die Zäsur, welche mit Einigung und Antragstellung gesetzt werde. Nachdem die Beteiligten alles für die Eintragung Erforderliche getan hätten, sei deren Verzögerung für sie ein Zufall, aus dem ein Dritter nicht mehr Nutzen ziehen könne 1 0 2 ; dieser solle versuchen, dem Antrag mit einem Veräußerungsverbot zuvorzukommen. Anderes wäre „in hohem Maße unbillig" gegenüber dem Erwerber, der nur noch mit dem „Widerruf des anderen Theiles" (!) zu rechnen habe 1 0 3 . 99
JZ 1959, 141. Vgl. S. 85 ff. 101 Vgl. S. 39 f. 100
102 103
Mugdan III, 106 f. Mugdan III, 107.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Gern hätte man sogar die Eintragung auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückbezogen. Nur glaubte man, die Folgen einer solchen, auch dem Partikularrecht fremden Lösung nicht zu übersehen; sie hätte nach Ansicht der Kommission zahlreiche Streitfragen nach sich gezogen und insbesondere Ausnahmen für zwischenzeitlich gutgläubig Erwerbende erforderlich gemacht 1 0 4 . — In der Tat wäre damit § 878 überflüssig und ein verkehrserschwerendes Posterioritätsprinzip eingeführt worden 1 0 5 . Die in § 878 schon früh formulierte Absicht, den Erwerber ab Antragstellung vor Beschränkungen zu schützen, ging im 2. Entwurf auch in die Regelung des gutgläubigen Erwerbs ein und wurde dort zugleich auf jede Buchunrichtigkeit ausgedehnt. Freilich war der Beweggrund ein anderer. Anstelle von Billigkeitserwägungen hatte man die Verkehrserleichterung im Auge. U m der regional üblichen Geschäftspraxis zu entsprechen, die Valuta alsbald nach Einigung und Einreichung des Eintragungsantrags auszuzahlen, „könne man doch nicht umhin, wenigstens den Umstand, daß die Geschäftslage des Gerichtes eine dem Einflüsse der Parteien gänzlich entzogene Verzögerung herbeiführen könne, zugunsten des Erwerbers außer Betracht zu lassen" 106 . Ziel der gesetzlichen Regelung war also wie in § 878, den Erwerber vor Nachteilen zu schützen, die aus der praktischen Unmöglichkeit der Grundbuchämter entstehen, jedem Eintragungsantrag sofort zu entsprechen. Zu Unrecht spricht Liebers 107 daher lediglich von der Absicht, eine „gewisse Sicherheit" zu geben. Jenes Vorhaben ist dem Gesetz nach nur in dem Fall beeinträchtigt, daß der Grundbuchrichter gegen § 17 GBO verstößt. Da sich aber selbst diese Ausnahme als unnötig erwies 108 , verdient das prinzipielle gesetzliche Anliegen ungeschmälerte Beachtung. Lag nun dem Gesetzgeber lediglich daran, solche Nachteile zu vermeiden, die infolge einer Verzögerung der gerichtlichen Arbeit eintreten, so scheint es andererseits richtig, den Schutz bei sofortiger Bearbeitung des Antrags auszusetzen. Sinnvoll wäre dies u. U., wenn der Erwerber zu persönlicher Antragstellung gehalten wäre und bei dieser Gelegenheit vor der Valutierung von der ablehnenden Bescheidung erführe. Ein solches Verfahren ist freilich weder nach der Rechtslage noch in der Geschäftspraxis jedenfalls städtischer Grundbuchämter möglich; bei Einreichung des Antrags durch Dritte, etwa den Notar oder die Post, weiß der Erwerber ja häufig nicht einmal, wann sein Antrag bei dem Amt eingeht. Diesen Moment kann er aber immerhin abschätzen. Praktische Bedeutung erhält der gesetzliche Erwerberschutz demnach erst dann, wenn man ihn stets 104 105 106
107 108
Mugdan III, 105 f. Vgl. S. 41. Mugdan III, 545.
88. Vgl. S. 41 ff.
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem
R e c h t 9 1
mit Eingang des Antrags beim Grundbuchamt beginnen läßt. Hiervon gingen wohl auch die Protokolle aus, wenn sie pauschal die „Einreichung des Antrages" als wünschenswerten Zeitpunkt (der norddeutschen Praxis) bezeichneten109. Bereits der schwächere Schutz aber würde vereitelt, falls der Grundbuchrichter eine Ablehnung des Antrags auf die dem Erwerber unbekannte Nichtberechtigung des Verfügenden stützen könnte. Das war offenbar auch Standpunkt der Entwurfsbegründung. Nach dem 1. Entwurf war die Eintragungsbewilligung noch Mittel der Verfügung über ein Grundstück oder ein Grundstücksrecht. Ähnlich dem heutigen § 185 regelte E I § 830 die Wirksamkeit der von einem Nichtberechtigten erteilten Bewilligung. Zu dieser Vorschrift bemerkten die Motive, bei ordnungsgemäßem Verfahren werde es aufgrund einer solchen Bewilligung zu einer Eintragung praktisch kaum kommen. Dennoch wurde ein Bedürfnis angenommen, bei Zustimmung des Berechtigten die Bewilligung des Nichtberechtigten für wirksam zu erklären; dessen Eintragung müsse nämlich erfolgen, wenn sie von dem bewilligt werde, der falschlich als Berechtigter eingetragen sei 1 1 0 . Wenn Liebers betont, der Erwerber habe doch stets damit zu rechnen, daß sein Antrag aus irgendeinem Grunde zurückgewiesen werde, so übersieht er, daß das genannte Hindernis das einzige ist, auf welches ein Antragsteller keinen Einfluß hat. Will der Gutglaubensschutz die ihm zugedachte Aufgabe erfüllen, muß er sich folglich auch gegen Eintragungserfordernisse richten, die an die Nichtberechtigung anknüpfen. Zeitlich äußert sich der Schutz demnach schon vor Vollendung des Erwerbs, in der Tat mithin zugunsten des „werdenden Erwerbs". In Einklang damit hieß es in den Motiven, geschützt werde der „sich vollziehende Erwerb" 1 1 1 . Ihre Entsprechung findet diese Haltung in den Motiven zur Konkursordnung. Wie der heutige § 15 11 K O hinderte schon § 12 des Entwurfs Erwerbungen von dem Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung. Der Begründung zufolge sollte aber „§ 12 auch in den Gebieten, in denen das Absonderungsrecht erst mit der Eintragung entsteht, die Vornahme der Eintragung nicht ausschließen" 112 . Denn zunächst müsse der Gemeinschuldner selber die Eintragung gegen sich wirken lassen, was einerseits eben ihren Vollzug voraussetzt und andererseits die Vorstellung 113 , die Verfügung sei nur relativ unwirksam. Unter Umständen könne die Eintragung — so heißt es weiter in den Motiven — aber auch „anderen Personen" entgegengesetzt werden; dies sei nach den jeweiligen bürgerlichen und Hypothekengesetzen zu beurteilen, die auch für die Frage eines gutgläubigen Erwerbs bestimmend seien 114 . 109 110 111 112 113
Mugdan III, 545. Mugdan III, 104. Mugdan III, 117. Hahn, KO, 78. Zu ihr schon S. 21 f.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
All diese Bemerkungen — und sie allein — befinden sich in einem Abschnitt der Begründung. Es ist daher anzunehmen, daß das erste Zitat auch dem Gutglaubensschutz Rechnung trägt. Durch eine Ablehnung des Eintragungsersuchens sollte der Schutz also nicht relativiert werden. d) Systematisch-wertende Auslegung
Systematisch im engeren Sinne ist das Argument des O L G Düsseldorf, § 878 sei als Ausnahmeregelung eng auszulegen115. Anhaltspunkte hierfür sind jedoch weder § 878 zu entnehmen noch dem Grundsatz, daß die Berechtigung bis zum Verfügungserfolg fortdauern muß. Welche Bedeutung das Gesetz den §§ 878, 892 (II) beimißt, ist mit den klassischen Auslegungsmethoden zuverlässiger festzustellen als mit dem Topos, die Ausnahme weiche dem Prinzip. Er kann jedenfalls so lange nicht den Ausschlag geben, wie den anerkannten Interpretationsmitteln noch Anhaltspunkte bleiben. aa) Schon oben wurde bemerkt, daß die Ansicht, nach der erst der vollzogene Erwerb den Schutz des § 892 erlangt, bei Zessionen von Buch- und Briefpfandrecht zu verschiedenen Ergebnissen führt. Das zusätzliche Risiko beim Erwerb eines Buchrechts ist für die herrschende Meinung natürliche Folge der Einschaltung des Grundbuchrichters als letzten Kontrollorgans für die Verfügung des Nichtberechtigten. Daß dieser sich nicht zuvor über sein Buchrecht einen Brief ausstellen ließ (§1116 III), wird danach für den wahren Berechtigten zur glücklichen Fügung. Ob sie dem Gesetz entspricht, erscheint indes fraglich. Sind auf tatsächlich, zumal wirtschaftlich gleichartige Sachverhalte unterschiedliche Rechtsinstitute anzuwenden, die ihrerseits divergierende Rechtsfolgen auslösen, so hat dies nur dann seine Berechtigung, wenn die Abweichungen sich auf typische und arteigene Unterschiede jener Institute zurückführen lassen. So gesehen reflektiert die Kontrolle des Grundbuchrichters über Verfügungen immerhin die spezifische Entstehungsweise von Buchrechten: Anders als bei Abtretung des Briefrechts zieht sich die Verfügung hier zumeist unvermeidbar hin; die richterliche Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen schützt die Buchrechte aber auch, indem sie — zumal in den Fällen des § 20 GBO — unrichtigen Eintragungen allgemein vorbeugt, und damit gutgläubigem Erwerb auch dann, wenn er noch nicht eingeleitet wurde oder in der Hand des ersten Erwerbers an dessen Bösgläubigkeit scheitert. Diese Eigenheiten sind freilich zunächst nur Voraussetzungen der diskutierten Praxis, die das redliche Erwerben hindert. Ein normatives Gewicht kommt ihnen, und somit den Unterschieden im Gutglaubensschutz, erst zu, wenn das Gesetz die Annahme einer über den Zufall hinausgehenden Typik stützt. Indessen zeigt § 1155, daß die Briefrechte hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs wie die Buchrechte behandelt werden sollten. Zu den über sie ausgestellten 114 115
Hahn, KO, 78. MittRhNotK 1975, 6, 8.
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem Recht
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Briefen äußerten schon die Motive, es übertrage sich „der Glaube des Grundbuchs ohne weiteres auf diese Urkunden", das bedürfe keiner weiteren Rechtfertigung 116 . Mußte nun die Grundlage des Rechtsscheins beim Briefrecht notwendig eine andere sein, so sollte sich im übrigen offenbar kein Unterschied ergeben, falls nicht ein Widerspruch bzw. die Verfügungsbeschränkung im Grundbuch eingetragen war. Zwar wirkt gemäß § 1139 Satz 2 ein Widerspruch gegen die Entstehung einer Briefhypothek mangels Valutierung sogar zurück; dies kann der Erwerber aber abwenden. Die Absicht einer Schlechterstellung folgt auch nicht aus § 1116 I, I I 1, der die verkehrsfreundlichere Briefhypothek als Regelfall betrachtet; denn hiermit wollte man lediglich der — erwarteten — Einbürgerung der Briefrechte entsprechen 117 . Für eine Stärkung des Schutzes vor (redlichem) Bucherwerb spricht ebensowenig, daß die dem Schuldner sichereren Pfandformen als Buchrechte konzipiert sind; hierfür war nämlich allein das deutlich geminderte Zirkulationsbedürfnis maßgebend 118 . — Die gesetzliche Regelung erfüllt somit durchaus die Erwartung der Entwurfsbegründung, die Buchpfander würden „gleichwerthig neben der Briefhypothek stehen" 119 . Sollte deren Übernahme in das BGB demnach nur Gelegenheit geben, die praktischen, insbesondere die zeitlichen Nachteile des Bucherwerbs zu vermeiden 1 2 0 , so spricht das gegen die Annahme, eine Benachteiligung des Berechtigten sei nur zugunsten der mit den Briefrechten bezweckten Verkehrserleichterung gewollt und beim Bucherwerb nicht gerechtfertigt. Die durch die herrschende Meinung nahegelegte Meidung des Bucherwerbs ist zudem unvereinbar mit der Absicht des Gesetzes, partikularrechtlich begründete Präferenzen für die eine oder andere Pfandform beizubehalten 121 . Im sächsischen Recht führte der Grundsatz formaler Rechtskraft der Eintragung dazu, daß die Rechtsänderung unabhängig vom Rechtsgeschäft erfolgte 122 ; er schützte bei Redlichkeit überhaupt nur den Buchrechtserwerber. Die heutige Praxis kehrt in diese Zeiten zurück, benachteiligt aber das stärkere Vertrauen, das dem Rechtsschein öffentlich geführter Bücher zuteil wird. bb) Zugleich macht sie die Sicherheit gutgläubigen Erwerbs von der Art der Verfügungsbeschränkung abhängig; denn das relative Verbot steht ja — ungeachtet seiner dogmatischen Würdigung — weiteren Eintragungen nicht entgegen 123 . Nun sind relative und absolute Beschränkungen zwar durchaus 116 117 118 119 120
Mugdan III, 421. Protokolle, Mugdan I I I , 869. Vgl. Motive, Mugdan III, 427 (zu E I § 1127). Mugdan III, 344 f. Zu den Vorteilen der Briefrechte beim Zwischenkredit s. Rimmelspacher, JuS 1971,
15 ff. 121 122 123
Vgl. Mugdan III, 344. Näher Heuer 3, 17, 22 ff. Vgl. S. 63 ff.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
verschieden konstruiert, wobei letztere auch die stärkere Wirkung besitzen; hierdurch mag ihre Durchsetzung erleichtert werden. Daß aber die absolute Beschränkung stets das stärkere Gewicht haben soll, ist damit nicht gesagt. Kaum anzunehmen ist das jedenfalls, soweit das Gesetz die — kraft welcher Beschränkung auch immer — Berechtigten benachteiligt, um redliche Erwerber zu schützen. Für diese ist es nämlich sekundär, welche Art von Beschränkung ihren regulären Erwerb hindert, steht der gute Glaube doch jeder Spezifizierung entgegen. Dementsprechend sind schon in den Motiven zu §§ 878, 892 heutiger Fassung relativ und absolut wirkende Verbote in einem Zuge genannt 124 . Für den Bereich des Verkehrsschutzes also werden die Unterschiede in der konstruktiven Gewichtung suspendiert. cc) Dem Gutglaubensschutz liegt, wie gezeigt, der Zweck zugrunde, dem Erwerber auch dann ohne Risiko die Valutierung zu ermöglichen, wenn ein Nichtberechtigter verfügt hat. Möglicherweise ist diese Wertung nur Ausfluß eines allgemeinen Gedankens, der in anderen Instituten wiederkehrt. So ist es herrschende Meinung, daß die Haftung wegen Vermögensübernahme nur eintritt, wenn dem Übernehmer bekannt war, daß das erworbene Grundstück praktisch das gesamte Vermögen des Verfügenden darstellte 125 . In dieser Hinsicht findet also auch bei § 419 ein Schutz des guten Glaubens statt. Zu seinem Beginn heißt es in einer BGH-Entscheidung von 1970 126 , wenn der gewöhnliche Grundstücksverkehr nicht unnötig gefährdet oder erschwert werden solle, müsse der Käufer nach Antragstellung ohne Haftungsrisiko leisten können. Soweit ersichtlich, ist diese Entscheidung bisher — bemerkenswerterweise — nicht auf Kritik gestoßen 127 . Ähnlich wird teilweise die sog. subjektive Theorie zu § 1365 I formuliert 128 : Wer entgegen dieser Vorschrift von dem Ehegatten ein Grundstück erwerbe, werde geschützt, falls er zur Zeit der Antragstellung nicht wisse, daß dieses der Vermögensgroßteil sei. Schließlich soll nach vordringender Auffassung der Konkursverwalter nicht mehr berechtigt sein, die Erfüllung des Vertrags über ein Grundstücksrecht gemäß § 17 K O abzulehnen, wenn nach bindender Einigung die Umschreibung des Rechts beantragt wurde 1 2 9 . Dann soll ferner eine Anfechtung der Verfügung wegen Gläubigerbenachteiligung (§42 KO) ausgeschlossen sein 130 . In allen
124
Mugdan III, 107 und 120f. Enneccerus/Lehmann, § 86 I I 1 b; RGZ 134, 121, 125f. 126 BGHZ 55, 105, 108 ff. 127 Zustimmend Fikentscher, §59 IV; Palandt j Heinrichs, §419 Anm. 3 c; Larenz, SchuR, § 35 I I Fn. 28. 125
128 Futter, NJW 1976, 551 f.; MK/Gernhuber, § 878 RdNr. 29; Tiedtke, FamRZ 1975, 66 Fn. 11; M K / Wacke, § 878 RdNr. 19 und Fn. 51; L G Oldenburg, FamRZ 1979,430f.; a. A. jetzt O L G Saarbrücken, FamRZ 1984, 587 f. mit abl. Anm. von Bosch. 129 Müller, JZ 1980, 556; M K / Wacke, § 878 RdNr. 23.
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem R e c h t 9 5
Fällen ist Ausgangspunkt der Überlegungen aber entweder § 892 I I oder § 878; die hiernach indizierte Vorverlegung des Schutzes soll verkehrsfeindliche Vorschriften systematisch einschränken oder andere Rechtsscheinstatbestände stärken. Enthalten diese also selber keine Anhaltspunkte für eine solche Perfektion, so ist ihre an §§ 878, 892 I I orientierte Auslegung doch immerhin Beleg der Bedeutung, welche man dieser Wertung beimißt. dd) Die weitestmögliche Ausschaltung von Erwerbshindernissen nach Antragstellung ist noch in anderer Beziehung von erheblichem systematischem Vorteil. Nur so nämlich läßt sich die Gleichstellung mit dem Erwerb beweglicher Sachen erreichen. Während es hier die Vertragspartner fast vollständig in der Hand haben, Wirkungshemmnisse gutgläubigen Erwerbs — nicht abhandengekommener Sachen — auszuschließen, ist diese Möglichkeit im Grundstücksrecht eingeschränkt, da das BGB der Eintragung eine konstitutive Wirkung beilegt. Diese künstliche Divergenz sollte wenigstens in ihren Rechtsfolgen abgeschwächt werden. Aus ganz anderen Gründen fallen im französischen Recht seit über 170 Jahren die Erwerbschancen bei beweglichen und unbeweglichen Sachen auseinander. Wenn diesem, dort viel kritisierten 131 Zustand noch immer nicht abgeholfen ist, mag das an der Notwendigkeit legislativen Einschreitens liegen. In einem hochentwickelten Wirtschaftssystem ist es jedoch schwerlich hinzunehmen, wenn der sichere Leistungsaustausch dadurch verzögert wird, daß er auch Immobiliarrechte zum Gegenstand hat. ee) Die herrschende Meinung unterstellt dem Gesetz folgende Wertung: Ein Erwerb ist zu schützen, wenn dem Grundbuchrichter die Nichtberechtigung verborgen bleibt, jedoch zu verhindern, falls für sie ein Anhalt besteht. Demnach wird der Erwerb generell mißbilligt, nur eine ausdrücklich dem Zufall anheimgestellte Eintragung trägt ihn. Diese entscheidet also nicht nur über den Zeitpunkt des Erwerbs, sondern sie „heilt" zugleich dessen Rechtsfehler. Gleichwohl findet diese Rechtsfolge in den Vorschriften über die Heilung von Formmängeln — etwa in §§ 313 Satz 2,51811 — keinerlei systematische Stütze; denn diesen Regelungen liegen ersichtlich ganz andere Erwägungen zugrunde 1 3 2 . Da ein formnichtiger Vertrag nicht dazu berechtigt, den Eintragungsantrag zurückzuweisen, fehlt es schon an struktureller Ähnlichkeit. ff) Zu prüfen bleibt, ob die Vorverlegung des Schutzes wegen § 878 auf die Fälle zu begrenzen ist, in denen die Eintragung vom Erwerber beantragt wird. Erste Voraussetzung dafür wäre, daß diese Vorschrift bei Anträgen des Verfögenden keine Wirkung entfaltet. Erti nimmt das an, da z. B. der Konkurs130 So überzeugend Wacke (ZZP 1969, 396 ff. und in M K §878 RdNr. 23) sowie Reinicke, NJW 1967, 1252ff.; anders die h.M., s. nur BGHZ 41, 17ff. 131 Mazeaud/ Juglart II, n. 1619; Piédelìèvre 140: „illogique, elle n'apporte pas une sécurité suffisante". 132 Hierzu auch S. 130 ff.
96
C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Verwalter den Entragungsantrag des Gemeinschuldners zurücknehmen könne; die Vollziehung eines von diesem gestellten Antrags würde auch das Grundbuch unrichtig machen, da § 878 erfordere, daß bis zur Eintragung der Antrag wirksam, die Antragsmacht also erhalten bleibe 133 . — Indes könnte die bloße Befugnis 134 des Konkursverwalters, den Antrag zurückzunehmen, an dessen Wirksamkeit nichts ändern. Daß diese aber auch infolge der Verfügungsbeschränkung nicht entfallen soll, ergeben die Motive 1 3 5 und das Gesetz selber: § 878 hebt nicht darauf ab, von wem „der A n t r a g . . . gestellt worden" ist. Durch Verfügungsbeschränkungen sollte der Erwerber (schon) deshalb nicht mehr gefährdet werden, weil er auf seine Eintragung keinen Einfluß mehr nehmen kann, wenn sie — von wem auch immer — beantragt ist; dieser Zweck würde unsachgemäß relativiert, wollte man den Schutz an die Person des Antragstellers binden. Fehl geht auch der Hinweis Ertls, die Rechtsprechung 136 erkenne ein Anwartschaftsrecht des Erwerbers nur dann an, wenn dieser die Eintragung beantragt habe. Denn diese Definition soll die sachenrechtliche Qualität des Anwartschaftsrechts erweisen, das außergesetzlich und schon gar nicht in § 878 zugrunde gelegt ist. Aber selbst wenn die Auslegung Ertls dieser Norm gerecht würde, könnte sie den § 892 nicht systematisch einschränken; denn dessen Fiktion ist —jedenfalls materiellrechtlich — von der Wirksamkeit des Eintragungsantrags unabhängig. Im Ergebnis spricht also auch die systematische Auslegung gegen eine Verhinderung gutgläubigen Erwerbs durch den Grundbuchrichter. e) Anwendungsbereich der lnteressenjurisprudenz
M i t dem bisherigen Ergebnis der Interpretation des § 892 ist der Standpunkt, bis zur Eintragung des Erwerbers habe der Schutz des Berechtigten Vorrang, also nicht vereinbar. Die Annahme einer solchen Priorität ist freilich nicht die einzige Prämisse der herrschenden Meinung. Das K G formulierte einerseits, der Grundbuchrichter dürfe nicht dabei mitwirken, daß der Berechtigte „geschädigt" werde 137 , andererseits, der Richter könne verhindern, daß über ein Scheinrecht „wie über ein wirklich bestehendes Recht verfügt und dadurch der unrichtige Inhalt des Grundbuchs möglicherwei-
133
Rpfl 1980, 44 1. Sp. Sie ist umstritten; für sie die h. M. (s. nur Horber, § 13 Erl. 8 c; HSS, Rdn. 96 k), a. A. sind Wacke (in M K § 878 RdNr. 8) und Müller, JZ 1980, 558, 5 a.E. 135 Es sollte verhindert werden, daß eine „Verfügungsbeschränkung Wirksamkeit gegen einen zur Zeit des Einganges beim Grundbuchamte begründeten Eintragungsantrag" erlangt, Mugdan III, 107. 134
136 137
S. etwa BGHZ 49, 197, 200ff. JFG 18, 205, 208.
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem R e c h t 9 7
se unter Verletzung der Rechte Dritter zur Begründung eines wirklichen Rechtes mißbraucht" werde 138 ; Gerhardt folgt dem „vom praktischen Ergebnis her" 1 3 9 . Solche Haltung entbehrt nicht einer konservierenden Tendenz. Gerade mit den Belangen des Verkehrs ist eine Regel, die in unbewußter Anlehnung an ärztliche Ethoi die Erhaltung von Rechten zum höchsten Ziel erklärt, jedoch unvereinbar. Immerhin trifft sie eine klare Entscheidung für das Bestands- und gegen das Erwerbsinteresse. Den methodischen Rang sog. Interessenjurisprudenz erreicht diese aber erst, wenn sie jene gesetzlich anerkannten Interessen tatsächlich gegenüberstellt. M i t der Rechts-Bewahrung ohne Rücksicht auf das für den Verkehr wesentliche Zeitmoment ist dies nicht getan. Ohnehin wird der Begriff Interesse heute mehr den Vorstellungen der Parteien zugeordnet und von den gesetzlichen ,Wertungen 4 unterschieden; das unterstreicht, daß Interessen, die in die Gesetzgebung eingegangen sind, deshalb noch nicht zur Disposition des Interpreten stehen. Rechtsprechung ist „dem Wesen nach Anwendung der gesetzlichen Wertungen, im Gegensatz zur selbständigen Bewertung" 140 . Dem Richter ist also untersagt, die betreffenden Interessen in einer Weise abzugrenzen, die erkennbaren Wertungen widerspricht. Selbstverständlich ist hiermit eine Äußerung des Gesetzes vorausgesetzt. Ob sie vorliegt, entscheiden aber die klassischen Auslegungsregeln. Diese lassen hier keinen Freiraum, der mit überpositiven Kriterien zu füllen wäre. Von § 892 sich lösende Maßstäbe, insbesondere die Ersetzung der dort zugunsten des Verkehrs getroffenen Entscheidung durch eine „statische" Einstellung 141 , sind daher unbeachtlich. f) Der Erwerberschutz im österreichischen und schweizerischen Recht
Der Gutglaubensschutz im Liegenschaftsrecht und das Prüfungsrecht des Grundbuchrichters können nur dort kollidieren, wo die Register-Eintragung konstitutiv für den Erwerb ist. Entsprechende Systeme ausgebildet haben außer dem deutschen vor allem das österreichische Recht sowie das Zivilgesetzbuch und einzelne kantonale Rechte der Schweiz. In Österreich steht der Erwerb vom Nichtberechtigten von vornherein unter der — viel kritisierten — Voraussetzung, daß der wahre Berechtigte nicht innerhalb von 90 Tagen bzw. drei Jahren Löschungsklage erhebt 142 . Praktisch zahlt der Erwerber also auf eigene Gefahr, wenn das Buch schon vor dem Erwerbsgeschäft unrichtig war. Zugleich ist nach herrschender Meinung ein 138
KGJ 28 A 94, 96. Festschrift Flume, 534. 140 H. Westermann, Wesen und Grenzen, 21. 141 Habscheid (ZZP 1977, 201) kritisiert, daß die Meinung, die Interessen des wahren Eigentümers seien „letztlich schutzwürdiger" als der Rechtsverkehr, nicht nur „privatim", sondern als Rechtsstandpunkt geäußert wird. 142 §§ 61-64, 122ff. AGBG. 139
7
Foerste
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Mangel an Verfügungsfahigkeit ζ. B. des Gemeinschuldners — ausnahmsweise — auch dann zu berücksichtigen, wenn sie sich nicht aus Grundbuch oder vorgelegten Urkunden ergibt 1 4 3 . Andererseits entscheidet für die Beurteilung eines Eintragungsansuchens sein Zeitpunkt, § 93 AGBG; spätere Kenntnis der Buchunrichtigkeit soll daher nicht schaden 144 . Aber auch ein nachträglicher Wegfall der Berechtigung ist vom Grundbuchrichter nicht mehr zu beachten 145 ; so ordnet § 13 ÖsterrKO i. V.m. § 29 I A G B G an, Eintragungsansuchen zu vollziehen, die vor Konkurseröffnung gestellt werden. Hier bliebe selbst eine Löschungsklage ohne Erfolg, da sie die Verletzung schon eingetragener Rechte erfordert, § 6 1 1 1 AGBG. Wird der Erwerber demnach auch nicht vor schon existenten Mängeln der Berechtigung geschützt, so kann er doch wenigstens darauf vertrauen, daß seine Erwerbsaussicht nach dem Eintragungsansuchen nicht mehr verschlechtert wird. Das schweizerische Recht geht hierüber noch hinaus. Art. 973 ZGB schützt den, der „sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat". Eine dem § 892 I I entsprechende Vorschrift fehlt zwar; auch versagt der gute Glaube gegenüber Verfügungsbeschränkungen, zumal im Konkurs 1 * 5 . Aber Art. 972 I I ZGB ordnet an, die Wirkung von im ,Hauptbuch' eingetragenen Rechten auf den Zeitpunkt ihrer Einschreibung im ,Tagebuch' zurückzubeziehen. Diese Fiktion vermeidet weitgehend die bei vorzeitiger Rechtsscheinszerstörung durch § 892 I bewirkten Nachteile. Man entnimmt ihr mehrerlei. Zunächst soll es genügen, wenn der Erwerber zur Zeit des Tagebuch-Eintrags gutgläubig war 1 4 7 . Aber auch der spätere Fortfall sonstiger Buchungsvoraussetzungen, etwa Tod, Handlungsunfähigkeit oder Konkurs, hindert nach hçrrschender Lehre 1 4 8 den Erwerb nicht. Das Prüfungsrecht des Grundbuchrichters entsprechend zu begrenzen, bereitet keine Schwierigkeiten, da es schon im ZGB selber festgelegt ist, womit jeder Ansatz für ein dem materiellen Recht zuwiderlaufendes Verfahren fehlt. U m so auffälliger erscheinen die Folgen, welche die systematische Trennung öffentlich- und privatrechtlicher Folgen nach hiesigem Verständnis auslöst. Darüber hinaus soll sich die nach Art. 965 ZGB vorzunehmende Prüfung der Berechtigung des Verfügenden auf die Feststellung seiner Identität mit dem ÄwcAinhaber beschränken 149 .
143 144 145 146 147 148 149
Vgl. Klang 352 und Fn. 175. Klang 348 m.w.N. Klang 352f. Vgl. BGE 55 I I I 167. Homberger, Art. 973 Ν 18. Vgl. Homberger, Art. 966 Ν 5 m.w.N.; Art. 972 Ν 10. BGE 53 I I 213.
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem Recht
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Obwohl die ausländischen Nachbarrechte somit im Ergebnis den Stand des vom BGB gewährten Erwerberschutzes nicht erreichen, lassen auch sie es nicht zu, daß die Erwerbschancen noch während des Eintragungsverfahrens verschlechtert werden. Insoweit also sind die Regelungen kongruent. g) Würdigung
Demnach äußert die Fiktion des § 892 I 2 mehrere Wirkungen. Bei Eintragung des gutgläubigen Erwerbers verschafft sie ihm das unbeschränkte Recht. In Verbindung mit dem Grundbuchrecht enthält sie zugleich eine allgemeine Wertentscheidung, nach der dem gutgläubigen Erwerber mit Antragstellung Priorität vor dem Bewahrungsinteresse des Berechtigten gebührt. Dieser Entscheidung widerspricht es, die Eintragung des Erwerbers zu einer bloßen Chance zu machen: Die Durchsetzung der Eintragung muß — wie im Falle des § 878 — in seiner Hand liegen. Hieran fehlt es, wenn der Grundbuchrichter aufgrund der Nichtberechtigung des Verfügenden zur Abweisung des Antrags berechtigt ist. Bei den Eintragungsvoraussetzungen auf die Verfügungsmacht abzustellen, führt folglich bei § 878 zu zweifelhaften, bei dem Gutglaubensschutz zu falschen Ergebnissen. Schon die Grundbuchsperre, welche nach unzutreffender 150 Ansicht von der relativen Unwirksamkeit ausgeht, hat ihren Grund in der unüberlegten Übertragung des Kunstbegriffs Verfügungsmacht auf § 29 GBO, eine Norm, die mit den Funktionen dieses Begriffs zunächst nichts gemein hat 1 5 1 . Noch deutlicher wird die Unzulänglichkeit solcher Übertragung in dem Fall, daß das Sachenrecht bei redlichem Erwerb — zugunsten des Erwerbers — das Fehlen der Verfügungsmacht übergeht, ohne daß es diese — zugunsten des Verfügenden — wiederherstellt; denn letzteres kann den Erwerb, welchen das Sachenrecht trotz der Nichtberechtigung anstrebt, nicht wegen dieser Nichtberechtigung (an § 29 GBO) scheitern lassen. Die abweichende, pandektistische Argumentation rührt in erster Linie daher, daß das Prüfungsrecht des Grundbuchrichters von seinen berechtigten Zwecken gelöst wurde und erstarrte; es konnte sich daher, obwohl das Prozeßrecht „Diener des materiellen Rechts" ist, „zu dessen Herren aufschwingen" 152 . „Etwas so ungereimtes ist" in der Tat „nur bei einer Jurisprudenz denkbar, die grundsätzlich vom Wort ausgeht und dann nur hinterher am praktischen Ergebnis probt, ob sie sich nicht verirrt h a t " 1 5 3 .
150 151 152 153
7*
Vgl. S. 63 ff. Vgl. S. 64f. Pohle 212 f. Ernst Fuchs, Die Gemeinschädlichkeit der konstruktiven Jurisprudenz, 71.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
4. Erwerberschutz und Grundbuchrecht Das gewonnene materiellrechtliche Ergebnis ist für den Grundbuchrichter allerdings nicht ohne weiteres bindend. Grundlage seiner Beurteilung ist das Verfahrensrecht. Nur soweit dieses anhand des materiellen Rechts auszulegen ist, verpflichtet ihn das Legalitätsprinzip, auch solches zu berücksichtigen. Dievon§ 878 1 5 4 und§ 892 155 normierten Fiktionen gelten unmittelbar nur für den Erwerber, nicht für den Grundbuchrichter. Auch die dort ausgesprochene Wertentscheidung zugunsten des Erwerbers ist nur privatrechtlicher Natur. Öffentlichrechtliche Anordnungen wie die des § 925 a finden sich im BGB zu selten, als daß eine entsprechende Auslegung von Normen zivilrechtlicher Provenienz zulässig wäre 1 5 6 . Durchzusetzen ist der Erwerberschutz somit allein, wenn er das Grundbuchrecht im erforderlichen Umfang modifiziert. a) Erste Voraussetzung hierfür ist der Vorrang des materiellen Rechts. Für die Praxis offenbar heute noch verbindlich, befand hierüber 1906 der Grundbuchrichter Brachvogel 157 : „Gewiß gilt für den Grundbuchrichter der § 892, in allererster Linie hat er sich aber nach den Verfahrensvorschriften der Grundbuchordnung zu richten". — Für deren Unterordnung unter das materielle Recht plädieren dagegen fast sämtliche Autoren, die auch die Verhinderung des gutgläubigen Erwerbs kritisieren. So betont Eickmann, wie die ZPO bezwecke auch die GBO Durchsetzung und Schutz subjektiver Rechte 158 . Nach Erti dient das Grundbuchrecht letztlich der Verwirklichung des materiellen Rechts, dem es sich daher unterzuordnen habe, wenn es diesen Zweck nicht mehr erreichen könne 1 5 9 . Kretzschmar sah die GBO als Ergänzung des BGB a n 1 6 0 . Zur Wahrung materieller Rechtspositionen fordert Habscheid eine weite Auslegung des § 18 I I 1 G B O 1 6 1 . Landauer bemerkte, daß die Eintragung noch nicht valutierter Hypotheken nur durch das — insoweit unstreitige — Nachgeben des Grundbuchrechts möglich sei 1 6 2 . Nach der viel zitierten Entscheidung des RG von 1927 163 sind Prozeßvorschriften „ nicht um ihrer selbst willen geschaffen worden, sondern soll(en) dem 154 Vgl. S. 86 Fn. 89; auf die Dogmatik dieser Fiktion (dazu S. 85 ff.) kommt es hier nicht an. 155 Vgl. S. 87 ff., 99. 156 Insofern zutreffend also Rahn, DJ 1966, 259 bzw. 258. 157 Recht 1906, 666. 158 6. Kap. § 1 I 1.3. 159 In KEHE, Einl. A 14. 160 SächsArchBürgRPr 11, 167. 161 NJW 1967, 228 ff. 162 ZB1FG 8, 749; 12, 355 f.; s. auch Riedl 81 f. 163 RGZ 115,411,413.
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem Recht
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materiellen Rechte und der Gerechtigkeit dienen". Dies ist Standpunkt auch der heutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung 164 . Inwiefern Eickmann in der Gleichsetzung der Funktionen von Zivil- und Grundbuchverfahren gefolgt werden kann, ist hier nicht allgemein zu erörtern. Die besondere Rolle des Grundbuchrechts zeigt sich jedenfalls an einem markanten Unterschied zum Zivilprozeß. Hauptaufgabe der GBO ist es nämlich, bei der Schaffung von Liegenschaftsrechten mitzuwirken, was der Zivilrichter nur ausnahmsweise über § 894 ZPO vermag; Anhaltspunkte für eine dem Sachenrecht konträre Schutz-, gar Rechtsschutzfunktion 165 des Grundbuchverfahrens finden sich nicht. Dient die GBO insofern der Durchsetzung vertraglich angestrebter Rechtsgestaltung, so ist sie Werkzeug des Privatrechts. Der Zivilprozeß hingegen realisiert und schützt in der Regel bereits bestehende Rechtsverhältnisse; er ist nur Behelf des Privatrechts. Vermag er äußerstenfalls Vollstreckung oder Schutz subjektiver Rechte zu unterbinden, so kann das Grundbuchrecht sogar deren Entstehung hindern. — Beansprucht das bürgerliche Recht aber die abschließende Entscheidung über Entstehung und Untergang von Rechten, so folgt daraus bei teleologischer Auslegung, daß ihm das Grundbuchverfahrensrecht untergeordnet sein muß. Die Entstehungsgeschichte der GBO bestätigt das: Während die Motive 1 6 6 formulierten: „Die Zulässigkeit der Eintragung nach materiellem Rechte bedingt nach dem Zwecke des Grundbuchs, daß die Eintragung auch geschehen soll", hieß es in der Denkschrift 167 , die GBO diene der „Durchführung der Vorschriften des BGB". Diese Unterordnung bedeutet allerdings nicht, daß eine grundbuchverfahrensrechtliche Norm immer dann zurücksteht, wenn ihre Beachtung zu einem Ergebnis führen würde, das dem materiellen Recht widerstrebt; denn mit dieser Begründung könnte ein Antragsteller jede Ordnungsvorschrift in Frage stellen, zumal seine Pflicht zum Nachweis der Eintragungsvoraussetzungen. Entscheidendes Kriterium kann nur sein, ob der Zweck der Verfahrensvorschrift gegenüber der Wertentscheidung materiellen Rechts im Einzelfall nicht mehr ins Gewicht fällt. Unter diesem Aspekt sind die grundbuchrechtlichen Regeln zu betrachten, daß jeder nach materiellem Recht von einer Eintragung „Betroffene" diese bewilligen muß und daß der Grundbuchrichter (auch) eine Auflassung daraufhin zu prüfen hat, ob sie von dem Berechtigten erklärt und insofern wirksam ist. Außer Betracht bleiben können dabei die mittelbar betroffenen Dritten, deren Zustimmung das materielle Recht selbst (§§ 876, 880 I I 2, 1180 I I I usw.) fordert; denn hier weisen Privat- und Verfahrensrecht in die gleiche Richtung.
164 165
166 167
BGHZ 19, 185, 191; L M Nr. 9 zu § 209 ZPO; BGHSt 14, 233, 238. Hierzu Eickmann, 1. Kap. § 1 I I 4, 5. 5 5
Hahnj Mugdan V, 149.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Würdigt man aber den Teil des Prüfungsrechts, der auf die Ermittlung des wahren Berechtigten abzielt, so kommen hierfür ausschließlich drei Motive in Betracht. Eines folgt aus dem institutionellen Wert des Grundbuchs, der durch (überflüssige) Unrichtigkeit geschmälert würde; das zweite kann die Absicht sein, im Interesse des Berechtigten auszuschließen, daß zwar — etwa mangels Redlichkeit — nicht der Ersterwerber, wohl aber ein späterer Erwerber gutgläubig erwirbt. Ein um so wichtigerer Zweck wird bekanntlich darin gesehen, einen Rechtsverlust zu verhindern, der gerade durch die zu kontrollierende Verfügung an den redlichen (Erst-)Erwerber eintreten könnte. Falls die Unwirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts nicht behebbar ist, haben die beiden erstgenannten Erwägungen ihren Sinn 1 6 8 . Greift indessen § 878 ein oder besteht die Möglichkeit gutgläubigen Ersterwerbs, so wird das Grundbuch durch die neue Eintragung nicht unrichtig, sondern richtig. Eben deshalb kann der vormals „wahre" Berechtigte erst recht durch zukünftige Verfügungen nicht mehr geschädigt werden; somit entfallt auch das zweite Motiv. Das dritte Argument ist (ebenfalls) nicht Verfahrens-, sondern materiellrechtlicher Art und überdies, wie unter C I I I 3 dargelegt, unzutreffend. Steht also gutgläubiger Erwerb unmittelbar bevor, so ist der Grundsatz, daß die Eintragungsvoraussetzungen in der Person des nach materiellem Recht „Berechtigten" erfüllt sein müssen, von keinem verfahrensrechtlichen Zweck getragen. Der Vorrang gebührt hier folglich dem materiellen Recht 1 6 9 . b) Dessen „Fernwirkung" 1 7 0 ist dennoch verfahrensrechtlich zu charakterisieren, um auch auf dieser Ebene die Rechtsklarheit zu sichern. Für die grundbuchrechtliche Verankerung sind mehrere Wege denkbar. Zum einen ließe sich als „Betroffener" i.S. des §19 GBO auch der Buchberechtigte verstehen. Dies wurde früher z.T. prinzipiell befürwortet 171 , von Bernhöft sogar zur Eliminierung „von Zufallen, z.B. der zufalligen Kenntnis" des Grundbuchrichters 172 . — A u f diese Weise erhielte der Rechtsschein des § 892 auch dem Grundbuchrichter gegenüber direkte Geltung. Andererseits würde dies nicht die Bindung des Richters an § 878 erklären, dessen Schutz vom Buchinhalt gelöst ist, und mithin keine einheitliche Deutung ermöglichen. Vor allem könnte eine solche Auslegung nicht darüber hinweggehen, daß § 20 GBO erstens eine (wirksame) Einigung fordert, an der zweitens der Berechtigte mitgewirkt haben soll; für Grundstücksveräußerungen usw. wären
168 Maßgebend jedoch sind sie u.U. nicht. So scheint § 892 I 1 vorauszusetzen, daß Eintragungen selbst dann erfolgen, wenn zuvor ein Widerspruch eingetragen wurde, dessen Berechtigung ein Zivilprozeß bestätigt hat. 169 170 171 172
macht.
Ebenso Harms, SaR, 256. Reinicke, NJW 1967, 1253. Vgl. S. 58 Fn. 26, 27. 52; auf S. 65 f. postulierte er aber wiederum eine „verfahrensrechtliche" Verfügungs-
III. Die Vereinbarkeit von Grundbuchsperre und materiellem R e c h t 1 0 3
also weitere Ausnahmen zu formulieren. Überhaupt wirkt es künstlich, das Betroffenwerden mit der ganz anderen Frage des Erwerberschutzes zu verknüpfen. Eine plausiblere Lösung legt das österreichische A G B G nahe; nach dessen § 93 1 7 3 ist der Zeitpunkt, in dem ein Ansuchen bei dem Grundbuchgericht eingeht, „für die Beurteilung dieses Ansuchens entscheidend". Daraus ist freilich nicht zu schließen, daß die Stellung des Ansuchens eine Rechtsmacht voraussetzt, die, gäbe es nicht den § 93 ÖsterrAGBG, bei einer Verfügungsbeschränkung stets entfiele; denn in diesem Fall hätte es des schon erwähnten 174 § 13 ÖsterrKO nicht bedurft. Allerdings sah auch der 1. Entwurf der GBO in § 20 vor: „Eine beantragte Eintragung ist anzuordnen, wenn zur Zeit des Antrages die Thatsachen vorliegen, von welchen die Zulässigkeit der Eintragung abhängig ist". Jedoch zeigt einerseits die Begründung 175 , daß diese Tatsachen auch über jenen Zeitpunkt hinaus feststellbar sein sollten. Andererseits würde bei einer Vorverlegung des Beurteilungszeitpunktes dem § 892 nur hinsichtlich solcher Beschränkungen entsprochen, die der Antragstellung folgten, insbesondere also im Falle des §15 KO; bereits bei Antragseingang vorliegende Hindernisse nämlich wären weiterhin zu beachten. Wie gezeigt, erfordert wirksamer Erwerberschutz jedoch, eine Zurückweisung von Anträgen generell zu unterbinden, wenn sie sich nur auf die Verfügungsbeschränkung stützt. Soweit eine Rückbeziehung der richterlichen Prüfung den Erwerber aber schützen könnte, ginge sie — drittens — über dieses Ziel hinaus; denn dann könnte auch die zwischenzeitliche Eintragung einer Beschränkung dem Antrag des Erwerbers nicht entgegengehalten werden, obwohl sie dessen gutgläubigen Erwerb ausschließen würde 1 7 6 . Der materiellrechtlich gebotene Schutz des redlichen Erwerbers läßt sich demnach in angemessener Form nur erreichen, indem man die Anwendung der relevanten Verfahrensnormen systematisch und teleologisch beschränkt: Dem Grundbuchrichter ist allgemein untersagt, bei Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen solche Mängel zu berücksichtigen, deren Ursachen das materielle Recht bei Eintragung heilt. Da der Grundbuchrichter insofern rein materiellrechtlich zu subsumieren hat, gilt für ihn ohne Einschränkung auch die Redlichkeitsvermutung des § 892 I 2 letzter Hs. Weniger klar ist, ob er diese als widerlegt ansehen kann, wenn nach seiner „Überzeugung" der Erwerber vor Antragstellung Kenntnis von der Beschränkung hatte. Eickmann 111, Ripfel 178 und Wacke 179 scheinen das anzu173 174 175 176
Vgl. schon S. 98. S. 98. Motive GBO, 55. Gleichwohl dürfte im Erg. einzutragen sein, vgl. Fn. 168.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
nehmen. Indessen ist dem Erwerber nicht zuzumuten, bei einer Zurückweisung 1 8 0 seines Antrags erst das Beschwerdeverfahren einzuleiten. Bis zu dessen rechtskräftigem Abschluß nämlich würde sein durch die Eintragung bedingter Erwerb hinausgezögert und daher gefährdet, wenn der Grundbuchrichter die an die Kenntnis i.S. des §892 zu stellenden hohen Anforderungen verkannte. Ohnehin soll das Grundbuchamt mit der Beurteilung komplexer Sach- und Rechtsprobleme nicht belastet werden, schon um freie Hand für die rasche Geschäftserledigung zu behalten 181 . Einen Ausweg stellt auch nicht der Vorschlag Wackes dar, bei Bedenken gegen die Redlichkeit möge der Grundbuchrichter außer dem Erwerber auch einen Amtswiderspruch eintragen und jenem anheimstellen, das Berichtigungsverfahren nach § 894 einzuleiten 182 . Denn derartige „Bedenken" berechtigen nicht zu einem Amtswiderspruch. Genügt für ihn zwar, daß die Buchunrichtigkeit glaubhaft ist, so muß doch die Gesetzesverletzung feststehen 183. Sie aber ist im Gegenteil regelmäßig auszuschließen, weil die maßgebliche Redlichkeits^rwwtung durch Bedenken keineswegs widerlegt wurde. Scheitert der Erwerb tatsächlich an Bösgläubigkeit, so bleibt andererseits auch der Berechtigte nicht ohne Schutz; denn ihm steht es frei, kraft — durch § 899 I I 2 erleichterter — einstweiliger Verfügung einen Widerspruch gegen das Erwerber-Recht eintragen zu lassen. Der Grundbuchrichter darf eine Eintragung folglich auch nicht wegen Bösgläubigkeit des Erwerbers ablehnen.
IV. Die Zwischeneintragung eines Amtswiderspruchs und § 892 I I BGB 1. Risiken für den redlichen Erwerber Gegenstand der bisherigen Erörterung war die Ausschaltung des § 892 durch die „Grundbuchsperre". Weitere Gefahr droht dem gutgläubigen Erwerber jedoch durch § 892 I 2 i. V.m. Satz 1: Wird eine Verfügungsbeschränkung nicht im Grundbuch vermerkt, so ist es unrichtig; auch hier kann daher ein Widerspruch eingetragen werden, der gutgläubigen Erwerb ausschließt, arg. §§ 894 H s . l , 899 I 1 . Sofern das Reihenfolgeprinzip eingehalten wird, bleiben 177
Rpfl 1979, 175, insbesondere 5.2. DJ 1966, 51 f. 179 In M K § 892 RdNr. 70 und Fn. 165 („kann"). 180 Eine Zwischen Verfügung wäre hier nicht zulässig, da sich das Eintragungshindernis aus der Sicht des Grundbuchrichters nicht beheben ließe, vgl. HSS, Rdn. 1389; K E H E ! Herrmann, § 18 Rdn. 51. 181 Vgl. Motive Sachenrecht, Mugdan III, 98. 182 M K § 892 Fn. 165. 183 S. nur Horber, § 53 Erl. 6 B. 1 Hierzu R G R K / August in, § 899 Anm. 5. Erst recht gilt dies bei Erwerb gemäß §892 1 1. 178
IV. Die Zwischeneintragung eines Amtswiderspruchs und § 892 I I BGB
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zwar entsprechende Anträge des Geschützten ohne Folgen; denn selbst ein Eintragungsersuchen aufgrund einstweiliger Verfügung wäre erst nach dem Eintragungsantrag des Erwerbers zu erledigen 2. Ungeachtet des §17 GBO ist aber ein Amtswiderspruch (§53 GBO) denkbar, da er keinen Antrag voraussetzt. Hinsichtlich seiner Wirkung auf den Gutglaubensschutz sind zwei Fälle zu unterscheiden. Ist der Erwerber bereits eingetragen, so schadet ihm ein nachfolgender Widerspruch nicht, unabhängig von der hierfür ausschlaggebenden Gesetzesverletzung3. Kritisch ist die Position des Erwerbers nur in der Zeit zwischen seinem Antrag und seiner Eintragung, nämlich dann, wenn in der Veräußererkette V 2 — V I — Erwerber ein fehlerhaftes Übertragungsgeschäft den Erwerb schon des V 1 hinderte. Für dessen Nichtberechtigung spielt es dann keine Rolle, ob sie gerade auf eine Verfiigungsbeschränkung (Nichtberechtigung) des V 2 oder auf andere Ursachen zurückgeht. War V 2 etwa entmündigt und deshalb nicht nur seine Auflassung an V 1, sondern auch seine Bewilligung unwirksam, wurde V 1 unter Verstoß gegen §§ 13,19,20 GBO unrichtig eingetragen. Stellt dann der Erwerber den Eintragungsantrag und ist dieser, wie dargetan, trotz Nichtberechtigung des V 1 zu vollziehen, so kann der gutgläubige Erwerb allein unterbunden werden, wenn vor seiner Vollendung ein Amtswiderspruch eingetragen wird. Indessen fragt sich, ob die Nichteinhaltung der betreffenden Verfahrensvorschrift stets auch eine Gesetzesverletzung i.S. des § 53 GBO darstellt. Klar ist dies bei zuverlässiger Kenntnis des Grundbuchrichters von Geschäftsunfähigkeit, Bösgläubigkeit etc. wie auch ζ. B. bei Mißachtung des Reihenfolgeprinzips. Diskutiert wird die Behandlung solcher Umstände, die dem Grundbuchamt bei Eintragung nicht bekannt sein konnten. Die herrschende Meinung betont zwar, daß für § 53 GBO eine „objektive Gesetzesverletzung" ausreiche, setzt aber zugleich voraus, daß die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des unterbreiteten Sachverhalts dem Grundbuchrichter bei gehöriger Aufmerksamkeit bekannt geworden wäre 4 ; der BGH formuliert: „Der Grundsatz, daß es für die Frage der Gesetzesverletzung auf ein Verschulden nicht ankomme, besagt nicht, daß der Gesichtspunkt des Verschuldens stets ohne Bedeutung sei" 5 . Demgegenüber bestanden Wolff / Raiser darauf, daß die — objektive — Rechtsverletzung sogar unabhängig von dem verfügbaren Material ausreiche 6. 2
Vgl. S. 46ff., 49. Ein Verstoß gegen §§ 19, 20 GBO wegen „Nichtberechtigung" des Verfügenden scheidet nach richtiger Ansicht ja ohnehin aus. 4 Vgl. OLG Frankfurt, Rpfl 1979, 106f.; OLG Hamm, Rpfl 1960, 405; OLG Düsseldorf (JMB1NW 1967, 222 f.) und früher das K G , KGJ 40 A 167, 170 ff.; Eccius, Gruchot 50, 487; KEHE/Eickmann, § 53 Rdn. 7; Horber, § 53 Erl. 6 Β b; Ripfel 161. 5 BGHZ 30, 255, 259. 6 § 36 I 2 b und Fn. 5; beispielsweise werden Eintragungen aufgrund gefälschter Urkunden und aufgehobener Urteile genannt. 3
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Die Worte des § 53 11 GBO geben in der Tat wenig Anhalt für zusätzliche Verschuldenserfordernisse. Die herrschende Meinung beruft sich vielmehr auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. E I § 54 war im Ergebnis ähnlich weit formuliert wie die heutige Fassung. Dennoch hielt die Kommission einen Amtswiderspruch nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit der Eintragung oder bei einer „unrichtigen rechtlichen Beurtheilung" für zulässig7. Auch die im 2. Entwurf erfolgte Ergänzung des § 53 um die Worte „unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften" scheint hauptsächlich Subsumtionsfehlern gegolten zu haben. In der Denkschrift hieß es jedenfalls zu dem Beispiel der Eintragung aufgrund unrichtigen Erbscheins, daß es in derartigen Fällen den Beteiligten überlassen bleiben könne, die Eintragung eines Widerspruchs herbeizuführen 8; daß hierfür das Ausbleiben der Amtshaftung entscheidend war, ergeben die weiteren Ausführungen. Angesichts des ziemlich eindeutigen Wortlauts von § 53 11 GBO sind diese historischen Vorstellungen indessen kaum zu berücksichtigen. Obwohl die Motive dem Grundbuchrichter „schleunige Gegenmaßregeln" ausdrücklich zur Vermeidung einer Amtshaftung gestatten wollten 9 , verlangt denn auch niemand, den für diese in § 839 spezifizierten Verschuldensmaßstab auf den Amtswiderspruch auszudehnen. Anhalt für dessen restriktive Handhabung bieten aber u.U. §§ 899, 894, die bei Buchunrichtigkeit die Eintragung eines Widerspruchs im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes ermöglichen. Denn der Amtswiderspruch gibt zwar gegenüber dem streitigen Verfahren den schnelleren Schutz; umgekehrt nimmt aber die Gelegenheit, einen Amtswiderspruch zu erwirken, dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zur Eintragung eines Widerspruchs das Rechtsschutzbedürfnis 10. Jede extensive Auslegung des § 53 GBO schmälert also den Anwendungsbereich des § 899, bis hin zu solchen Unrichtigkeiten, die ohne jedes Zutun des Grundbuchamtes eintreten. Den Bestrebungen, die Zivilgerichte zu entlasten, kommt das ebenso entgegen wie den jeweils Berechtigten. Nicht vereinbar ist es aber mit der beschränkten Aufgabenzuweisung an den Grundbuchbeamten. Er soll mit der Untersuchung komplexer Sachverhalte möglichst wenig belastet werden, um freie Hand für die rasche Geschäftserledigung zu behalten. Zur Aufklärung zweifelhafter Sachfragen ist vorrangig die streitige Gerichtsbarkeit berufen 11 , selbst wenn ihr nur ein summarisches Verfahren zur Verfügung steht. 7
Motive GBO, 94. Hahn I Mugdan V, 169. 9 Motive GBO, 92 f. 10 Soergel /Baur, § 894 Rz. 2. 11 Nach einer Entscheidung des K G (RJA 3, 253), der das RG (RGZ 61, 228, 234) folgte, sollte der Grundbuchrichter sogar von der Beurteilung der Verfügungsmacht des befreiten Vorerben als einer „dem materiellen Recht zugehörigen Entscheidung" entbunden sein. 8
IV. Die Zwischeneintragung eines Amtswiderspruchs und § 892 I I BGB
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Damit scheint eine zweckentsprechende Reduktion des § 53 GBO geboten zu sein, wenn auch wegen seiner mehrfach beibehaltenen, weiten Fassung wiederum nicht auf Fälle richterlichen Verschuldens. Wohl aber sollte — und insoweit ist auch die Entstehungsgeschichte heranzuziehen — von Amts wegen nur auf solche Gesetzesverletzungen reagiert werden, die ihre Ursache in der Sphäre des Grundbuchamts hatten. Nicht nur die Zuordnung zu dieser Sphäre, sondern auch die Würdigung eines früher falsch beurteilten Sachverhalts als komplex bedürfen wertender Betrachtung. Der Unsicherheitsfaktor ist evident, für den gutgläubigen Erwerb aber ausschlaggebend: Trägt das Grundbuchamt unter den auf S. 105 genannten Umständen und in Übereinstimmung mit § 53 GBO einen Amtswiderspruch ein, bevor es den Antrag auf Umschreibung des Rechts erledigt, so scheitert der redliche Erwerb.
2. Vereinbarkeit des Amtswiderspruchs mit dem Gutglaubensschutz In bekannter Schärfe stellt sich damit auch hier die Frage nach dem Verhältnis von Verfahrensrecht und Gutglaubensschutz. a) Der Meinungsstand
Das Schrifttum scheint die Auswirkungen des Amtswiderspruchs für wenig problematisch zu halten; Äußerungen hierzu sind spärlich 12 . Und selbst Weber als engagierter Bekämpfer der „Grundbuchsperre" 13 ging offenbar davon aus, § 53 GBO gebe dem öffentlichen Interesse Vorrang 14 . Eickmann bezeichnet die — dem Amtswiderspruch ausgesetzte — Buchrechtslage einerseits als „unsicher", weil sie wegen der Gesetzesverletzung jederzeit zur Disposition des Grundbuchamts stehe; es müsse bei Unrichtigkeit sofort eingreifen. Da seit diesem Zeitpunkt die Eintragung eines Amtswiderspruchs beansprucht werden könne, sei in ihr „weder ein Verstoß gegen die Grundprinzipien der §§ 17,45 noch gegen die des § 892 Abs. 2 BGB" zu sehen15. Später wird die Zerstörung des Gutglaubensschutzes durch den Widerspruch eine schwerwiegende Folge genannt, deretwegen „wohl der Rechtsgedanke des § 17" anzuwenden sei; und zwar habe das Grundbuchamt seine Entscheidung über den Widerspruch aktenkundig zu machen, alle früheren Anträge aber hiervon unbelastet zu vollziehen. Denn wenn es um die Anwendung des § 892 gehe, „schwebt dem Gesetzgeber immer primär der Schutz des Dritten vor". Ihn
12 Immerhin bemerkten GütheI Triebet zum Ausschluß eines Widerspruchs: „bloßer Eingang des EintrAntrags genügt natürlich erst recht nicht", § 53 A 22. 13 Vgl. S. 81 f. 14 Gruchot 53, 378 f. 15 5. Kap. § 3 I I I 3.4 b bb.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
dem Belieben des Grundbuchamts zu überlassen, verbiete die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes 16. Für den Schutz des Erwerbers plädieren eindeutig nur Kretzschmar, Wacke und Erti Diesem zufolge widerspricht eine Amtseintragung dem Zweck der §§ 878, 892 I I und „stört" das Reihenfolgeprinzip der GBO 1 7 . Kretzschmar meinte, der Erwerber solle sich nach Antragstellung unbedingt auf seinen Rechtserwerb verlassen können; das staatliche Interesse habe dem sich aus § 892 I I ergebenden „Rechte" des Erwerbers „auf die beantragte Eintragung" nachzustehen18. Wacke stellt fest, daß der Amtswiderspruch die gleiche Wirkung wie ein nach § 899 veranlaßter Widerspruch habe, für den jedoch die Eintragungsreihenfolge der §§ 17, 45 GBO einzuhalten sei. Da Veräußerer wie Erwerber über das Buchrecht schon mit dem Eintragungsantrag disponierten, sei ein diesem nachfolgender Amtswiderspruch deshalb unzulässig, sofern nicht glaubhaft gemacht werde, daß der Erwerber die Unrichtigkeit bei Antragstellung gekannt habe 19 . b) Der Einfluß des § 53 GBO auf Begründung und Schranken des Gutglaubensschutzes
Entgegen Wacke besteht die Besonderheit des § 53 GBO aber gerade in der Unabhängigkeit des Amtswiderspruchs vom Reihenfolgeprinzip. Ob dessen Unanwendbarkeit auch materielhechtliche Konsequenzen für die Auslegung des Gutglaubensschutzes hat, wird daher zunächst zu klären sein. Sollte sich der Schutz nicht auf § 17 GBO stützen, so könnte sein Primat doch an dem über § 899 hinausgehenden, fiskalischen Zweck des § 53 GBO scheitern. aa) Folgen der Ausschaltung des Reihenfolgeprinzips Die Beeinträchtigung des Reihenfolgeprinzips schlägt durch auf die funktionelle Auslegung des § 892, die unter I I I 3 b) die Vorverlegung des Gutglaubensschutzes auf den Antragszeitpunkt indiziert hatte. Damit bahnt sich ein Gegensatz dieser Interpretation zur historisch-teleologischen sowie zur systematischen Betrachtung an, soweit diese Unterschiede zum Mobiliarerwerb vermerkte 20 . Es ist also notwendig, die Rangordnung der Auslegungskriterien zu bestimmen.
16 17 18 19
9. Kap. § 4 I 4.2. In K E H E § 19 Rdn. 95 bb. Gruchot 49, 5.
M K I Wacke, § 892 RdNr. 70 a.E. Vgl. S. 89ff., 95. Dagegen entfällt der auf S.92f. festgestellte Unterschied bei Zessionen von Buch- bzw. Briefpfandrechten; denn der Erwerb jedes dieser Rechte scheitert an der Eintragung eines Widerspruchs, die im Falle des Briefrechts i.d.R. ohne Briefvorlegung möglich ist, vgl. §§ 53 I I 1, 41 I 2 GBO. 20
IV. Die Zwischeneintragung eines Amtswiderspruchs und § 892 I I BGB
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Deren Abstufung allgemein festzuschreiben, erklärt sich die herrschende Meinung außerstande; vorbehaltlos werden nicht einmal relative Prioritäten gesetzt21. Tatsächlich rechtfertigt sich die Bevorzugung einer Auslegungsregel nur dann, wenn allein diese nach Abwägung der betreffenden Kriterien im Einzelfall zu sachgemäßer — und damit gesetzmäßiger — Entscheidung führt. I m Bereich des Gutglaubensschutzes steht von ihrem Gewicht her weniger die systematische als die historisch-teleologische Auslegung der (hier abweichenden) funktionellen Interpretation gegenüber. Bei letzterer handelt es sich um nichts anderes als um die Zusammenschau mehrerer Normbereiche, die ursprünglich deshalb geboten war, weil im Regelfall das Verfahrensrecht den § 892 I I ergänzt. Verliert § 17 GBO diese Fähigkeit seinem Wortlaut nach, falls ein Amtswiderspruch einzutragen ist, so kann dies gegenüber der historisch-teleologischen Auslegung aber erst dann ins Gewicht fallen, wenn das Reihenfolgeprinzip nicht nur Mittel, sondern Voraussetzung des angegangenen Normziels ist. Indessen zeigt die Entstehungsgeschichte des § 892, daß dem Ziel, Verzögerungen bei dem Grundbuchamt „zu Gunsten des Erwerbers außer Betracht zu lassen", weniger rechtstechnisches Denken als Wertentscheidungen zugrundelagen: Die für Norddeutschland beklagten Fälle „schwerer Schädigung" des Erwerbers sollten ausgeschlossen werden 22 ; aus der Dauer des Eintragungsverfahrens dürften Dritte keinen Nutzen ziehen, da dies „ i n hohem Maße unbillig gegen den Erwerber" wäre 23 . Der demnach angestrebte Schutz wird, wie schon auf S. 39ff. dargelegt, unnötig durchbrochen, wenn der Grundbuchrichter — was § 892 1 1,2 vorsieht — eine Verfügungsbeschränkung oder einen Widerspruch einträgt; für den Amtswiderspruch gilt nichts anderes. Das Ziel, dem Erwerber die Valutierung nach Antragstellung zu ermöglichen, sollte mit dem Reihenfolgeprinzip also nicht gerechtfertigt, sondern lediglich durchgesetzt werden. Dessen Zusammenwirken mit dem materiellen Recht kommt folglich keine eigenständige Bedeutung zu, die sich von dem historischen Zweck des § 892 entfernte; es dient vielmehr der Realisierung der von der zweiten Kommission befürworteten Erwerbssicherheit. Dann aber muß sich die funktionelle Auslegung der teleologischen unterordnen. Auch die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach Antragseingang steht somit dem materiellen Recht entgegen. bb) Der Interessengegensatz von Fiskus und Erwerber Dieser materiellrechtliche Befund vermag das Verfahrensrecht jedoch nur zu verdrängen, wenn der von § 53 GBO verfolgte, eigenständige Verfahrenszweck, Amts- bzw. Staatshaftung zu vermeiden, hier gleichfalls zurücktritt. 21 Fikentscher, Methoden, Kap. 29 I I I 7; Lorenz, Methodenlehre, Teil II, Kap. 4, 2f a.E.; Siebert (13) hält beliebige Austauschbarkeit für erforderlich. 22 Protokolle, Mugdan I I I , 545. 23 Motive, Mugdan III, 107.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
(1) Wäre der Gegensatz zwischen materiellem Recht und § 53 GBO permanent, so müßte sich diese Vorschrift zweifellos gegenüber § 892 behaupten, soll die Verhinderung redlichen Erwerbs doch gerade die Staatshaftung abwehren. Obwohl für diese gemäß § 839 I I 2 4 schon leichte Fahrlässigkeit ausreicht, tritt ein Konflikt mit § 892 aber nur unter zwei Voraussetzungen auf: Die Vermutung der Gutgläubigkeit des Erwerbers darf nicht widerlegt sein, und er muß seine Eintragung schon beantragt haben. Würde § 53 GBO unter diesen Umständen zurücktreten, so verbliebe ihm also in den übrigen Fällen ein beachtlicher Anwendungsbereich. (2) Ob das fiskalische Interesse nun dem gutgläubigen Erwerb weichen soll, ist § 53 GBO selbst nicht zu entnehmen. Vor allem das K G vertrat die Meinung, die Vorschrift habe ihrem (zu engen) Wortlaut nach einen Behelf nur für den Regelfall geben wollen, daß die Gesetzwidrigkeit einer Eintragung kurz nach dieser — und damit vor einer Verfügung über das falsch eingetragene Recht — erkannt werde 25 . Gegen eine solche Auslegung spricht, daß der in den Motiven zu § 53 GBO bedachte § 118 Preuß. GBO, wonach eine versehentlich gelöschte Post von Amts wegen wieder einzutragen war, hiervon in Satz 2 zugunsten redlicher Erwerber eine Ausnahme machte. Von derartigen Vorbehalten glaubte die Kommission für die Reichsgrundbuchordnung (1889) offenbar absehen zu können. Vor Vollzug der Eintragung sah sie das Grundbuchamt nicht gehindert, die als rechtswidrig erkannte Eintragungsanordnung zurückzunehmen: „denn einer solchen Anordnung ist im Gesetze keine rechtliche Wertung beigelegt . . . und stößt deshalb das Grundbuchamt bei der Zurücknahme der Anordnung nicht auf einen der Antastung entzogenen Rechtszustand" 26 . — Diese letzten Worte sind über den Kontext hinaus aufschlußreich für die historisch-teleologische Auslegung. Sie lassen erkennen, daß das Ziel, Amtshaftung zu vermeiden, nicht um jeden Preis verfolgt werden sollte; es sollte begrenzt sein durch unantastbare Rechtspositionen, augenscheinlich die vom Entwurf des BGB geschützten. Dies bestätigt die spätere Verweisung auf E I § 826 (§ 891): U m die von der fehlerhaften Eintragung ausgehende Vermutungswirkung nicht zu zerstören, hielt man allein den Vermerk einer „Vormerkung" (Widerspruch) für zulässig 27 . Daß der heutige § 892 trotz materiellrechtlich größerer Bedeutung unerwähnt blieb, erklärt sich daraus, daß man seiner Fiktion zu jener Zeit erst nach Eintragung des Erwerbers Wirkung beimaß. Nachträglich vermerkte Widersprüche moch24
Richtern und Rechtspflegern des Grundbuchamts kommt das Richterprivileg des § 839 11 nicht zugute, weil Eintragung und Entscheidung i.S. des §18 GBO die erforderliche materielle Rechtskraft (hierzu BGHZ 51, 326, 329) fehlt, vgl. KEHE/£W/, Einl. C 47, A 61. 25 K G , KGJ 31 A 271, 274; JFG 13, 228, 230. 26 Motive GBO, 92. 27 Motive GBO, 93.
IV. Die Zwischeneintragung eines Amtswiderspruchs und § 892 I I BGB
111
ten demnach zwar der Richtigkeit des Grundbuchs widerstreiten und einen Erwerbsvorgang abbrechen, einen Erwerb aber berührten sie nicht. Aus damaliger Sicht bestand somit kein Anlaß zu einschränkender Auslegung des §541 GBO a.F. 2 8 . Daß diese Vorschrift nur auf den Gutglaubensschutz des ersten BGBEntwurfs Bezug nehmen konnte, mindert aber zugleich ihre Verbindlichkeit für die heutige Rechtsauslegung. Denn der Fiskus sollte, wie gezeigt, grundsätzlich nicht auf Kosten sachenrechtlich geschützter Güter privilegiert werden. Verlegte nun der zweite BGB-Entwurf den Gutglaubensschutz auf den Antragszeitpunkt vor, ist folglich der Anwendungsbereich von § 53 GBO entsprechend zurückzunehmen. Die historisch-teleologische Interpretation dieser Vorschrift rechtfertigt deren Restriktion. Objektiv-teleologische Argumentation muß zusätzlich das Risiko einer Staatshaftung dem Ausmaß der materiellen Rechtsumgehung gegenüberstellen. Dabei hat die fiskalische Einschätzung nach der Wahrscheinlichkeit zu fragen, daß noch nach Antragstellung eines weiteren (gutgläubigen) Erwerbers die Unrichtigkeit des bisherigen Buchstandes samt der Rechtsverletzung zutage tritt. Zwar mag der Grundbuchrichter durch diesen Antrag häufig veranlaßt werden, noch einmal ältere Grundakten einzusehen; ihre Prüfung wird aber weit weniger kritisch verlaufen als vor der zurückliegenden Eintragung. Eher ist denkbar, daß der Berechtigte den Grundbuchrichter zu amtlichem Widerspruch anhält; auch dies wird allerdings, falls nicht die Verfügungsintervalle kurz sind, in der Regel noch vor der Antragstellung späterer Erwerber geschehen. Ohnehin ist die Haftungsgefahr entscheidend gemindert durch die gebotene restriktive Auslegung der „Verletzung gesetzlicher Vorschriften" 29 . Liegt eine Amtspflichtverletzung vor, so haftet der Staat in dem Ausgangsfall 3 0 für einen Schaden des V 2 ohnehin nur bei Vorsatz des Grundbuchbeamten oder insoweit, wie V 2 nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag (Art. 34 GG i.V. m. § 839 I 2); V 2 wäre hier insbesondere auf seine Ansprüche gegen V 1 aus § 816 11 und §§ 989, 990 bzw. 823 verwiesen. Könnte V 2 sich wegen dieser Forderung nicht befriedigen, hätte er sie der in Anspruch genommenen Anstellungskörperschaft abzutreten, § 255; in diesem Umfang bliebe dem Staat also auch ein Regreß gegen V 1. Auf der anderen Seite steht der Erwerberschutz, der im Prinzip ebenso selten durchbrochen würde, wäre der Widerspruch nur bei Haftungsgefahr einzutragen. Das ist aber nicht der Fall 3 1 . Zudem hat die zeitliche Vorverlegung des Schutzes nur einen Sinn, wenn sie den Verkehr tatsächlich erleichtert, den Rechtserwerbern also Anlaß ist, bereits nach Antragstellung zu valutieren. 28 29 30 31
Dessen Fassung wurde in § 53 I GBO übernommen. Hierzu schon S. 107. S. 105. Vgl. S. 106.
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C. Folgen der Verfügungsbeschränkung für Eintragungspflicht
Hierzu wiederum wird es nur kommen, wenn die Erwerber sich für vollends gesichert halten. Von großer Bedeutung ist insofern das Ansehen der Grundbuchämter; das Risiko rechts widriger Antragsbehandlung nimmt der Verkehr aber auch deshalb in Kauf, weil der Staat den Schaden ersetzen würde. Muß der Notar dem Darlehnsgeber hingegen sagen, daß dessen Erwerb zwar höchstwahrscheinlich, bei Zusammentreffen bestimmter, seltener Umstände aber auch legal zu verhindern sei, so wird die Furcht vor einem Verlust der regelmäßig beträchtlichen Vermögenswerte ihn eher die Verzögerung dem Risiko vorziehen lassen. Eine Gefahr muß eben nicht plausibel sein, um den Geschäftsverkehr beeinflussen zu können. Daher ist es im Liegenschaftsrecht sinnlos, Risiken an mehreren Stellen abzubauen, ohne sie doch gänzlich zu beseitigen. Letzteres ist aber das gesetzliche Ziel. Daß es anderenfalls in seiner Gesamtheit in Frage gestellt würde, dies eine Staatshaftung aber nur ausnahmsweise hindern könnte, berechtigt zu der Benachteiligung des Fiskus, der obendrein, wie dargelegt, nicht stets den vollen Schaden zu tragen hat. Wie sehr dem Schrifttum des Grundbuchrechts in anderen Bereichen an vollständigem Gutglaubensschutz gelegen ist, zeigt die früher kontroverse Frage, ob ein Amtswiderspruch auch noch nach (!) einem vollendeten (gutgläubigen) Erwerb eingetragen werden kann 3 2 . Teilweise lehnte man dies ab, da jener den § 899 nicht erweitern, sich also ebenfalls nur gegen unrichtige Eintragungen richten solle, und weil der Gutglaubensschutz anderenfalls durch § 53 GBO verdrängt würde; ein redlicher Erwerber dürfe nämlich nicht mit wirkungslosen Eintragungen belastet werden 33 ! Bedenkt man, daß demgegenüber hier lediglich der frühere Beginn des Schutzes verkannt wurde und dies viel gravierendere Nachteile für den hoffnungsvollen Erwerber hat als die Notwendigkeit, einen unbegründeten Widerspruch äußerstenfalls mittels Zivilklage zu entfernen 34 , so wirkt die heutige gängige Versteifung auf das Verfahrensrecht ungereimt. Im Ergebnis steht also die Entscheidung des materiellen Rechts, einen gutgläubigen Erwerb nach Antragstellung nicht mehr (legal) zu verhindern, einem späteren Amtswiderspruch entgegen. Die rechtstechnischen Folgen dieses Grundsatzes sollen wegen der absoluten Wirkung des Widerspruchs mit folgendem Unterschied formuliert werden: 1. Hat ein Nichtberechtigter über ein Recht in seiner Gesamtheit verfögt, so ist ein Amtswiderspruch gegen dasselbe nur zulässig, wenn noch kein Eintragungsantrag zugunsten des Erwerbers eingegangen ist.
32 So die damals h. L., s. Predari, § 54 Bern. 9; TurnauIFörster II, 270; ebenso K G , JR 1952, 31. 33 Frey, ZB1FG 2, 306f.; Kretzschmar, Recht 1903, 329; K G , KGJ 31 A 271,274f.; im Erg. auch FuchsI Arnheim, § 54 Ν 13. 34 Hierzu H. Westermann, § 73 I I I 5.
IV. Die Zwischeneintragung eines Amtswiderspruchs und § 892 I I BGB
113
2. Hat ein Nichtberechtigter nur über den Teil eines Rechtes oder über ein Recht an einem solchen Recht verfügt, so wirkt ein gegen dieses eingetragener Amtswiderspruch nicht zu Lasten des gutgläubigen Erwerbers, dessen Eintragung zuvor beantragt worden war. Soweit hiernach ein Amtswiderspruch eingetragen werden kann, hindert er den redlichen Erwerb also nicht; er läßt folglich auch die auf S. 103 f. formulierte Eintragungspflicht des Grundbuchrichters unberührt.
8
Foerste
D. Das richterliche Erwerbsverbot Unter einem Erwerbsverbot versteht man das — in der Regel durch einstweilige Verfügung ergehende — richterliche Verbot, einen bestimmten Gegenstand zu erwerben oder eine zum Erwerb führende Handlung vorzunehmen. — Den Gutglaubensschutz berührt das Verbot insofern nicht, als es sachenrechtliche Fähigkeiten allenfalls bei dem Erwerber beeinträchtigt, nicht aber bei dem Veräußerer; in enger Beziehung steht es dagegen zur materiell- und grundbuchrechtlichen Wirkungsweise des Verfügungsverbots, so auch zu deren Beschränkung durch § 878. Die in den ersten Teilen der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse können daher Ausgangspunkt der Prüfung sein, ob die dem Erwerbsverbot zugesprochenen Rechtsfolgen nur gewohnheitsrechtlich gelten1 oder auch gesetzlich herzuleiten sind. Seine Entstehung verdankt das Erwerbsverbot den Schwarzkauf-Prozessen der Inflationszeit. Hier konnte der Grundstücksverkäufer die WertzuwachsSteuer sparen, wenn er in Einverständnis mit dem Käufer einen niedrigeren Kaufpreis beurkunden ließ, als man vereinbart hatte. War dann später die Auflassung vorgenommen, so hatte der Verkäufer wegen des gesunkenen Markwertes oft ein Interesse daran, zu höherem Preis zu verkaufen. A n den notariellen Kaufvertrag war er nicht gebunden, weil dieser als Scheinvertrag nach § 117 nichtig war; der verdeckte Vertrag aber war mangels Beurkundung nichtig (§§125, 313 Satz 1). Der Käufer erlangte die Auflassung also ohne Rechtsgrund, so daß der Verkäufer sie regelmäßig kondizieren konnte, solange der Formmangel nicht durch Eintragung des Erwerbers gemäß § 313 Satz 2 geheilt war. Diese Eintragung auch gegen den Willen des Verkäufers durchzusetzen, war für den Erwerber freilich nicht schwer; denn die Auflassung an ihn enthielt durchweg auch die Bewilligung, und den Antrag konnte er selber stellen. Der Verkäufer war damit in einem Dilemma. Widerrufen konnte er weder die Eintragungsbewilligung 2 noch seine beurkundete Auflassungserklärung, § 873 II. Eine Vormerkung zur Sicherung seines Kondiktionsanspruchs ließ sich zwar aufgrund einstweiliger Verfügung anordnen, § 885 I; mangels Voreintragung des Käufers konnte sie aber nicht eingetragen, also wirksam werden. Nach Eintragung des Käufers wiederum fehlte ein vormerkungsfahiger Anspruch. 1
So mit Recht Beer 172 Fn. 13; zu den wenigen ablehnenden Autoren vgl. S. 121 f. Fn. 83-88. 2 YLEHE/ Erti, § 19 Rdn. 174; Horber, § 19 Erl. 9 A a.
I. Der Meinungsstand
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In dieser Situation half die Rechtsprechung mit Eintragungs-, später mit Erwerbsverboten. Die gleiche Rechtslage ergibt sich heute häufig, wenn die Vertragspartner durch Angabe eines niedrigeren Preises Grunderwerbssteuer 3 oder Notargebühren sparen 4 oder einen Preisstopp umgehen wollen; die Angabe eines zu hohen Preises kann den Zweck haben, einen Vorkaufsberechtigten, ζ. B. die Gemeinde (vgl. §§ 24 ff. BBauG), von der Ausübung seines Rechtes abzuhalten. — § 814 schließt eine Kondiktion nur selten aus; er ist nämlich unanwendbar, wenn die Leistung zwar in Kenntnis der Nichtschuld, aber in Erwartung der Heilung oder in der Annahme erbracht wird, der Vertragspartner werde seine Gegenleistung bewirken (condictio indebiti) 5 . § 815 Fall 2 aber steht dem Bereicherungsanspruch nur dann entgegen, wenn der Verkäufer die Auflassung—mit Wissen des Käufers — gerade zum Zwecke der Heilung des Formmangels leistete (causa data, non secuta), diesen Erfolg dann jedoch treuwidrig vereitelt 6 ; letzteres kann freilich im Einzelfall auch durch Erwirkung eines Erwerbsverbots geschehen.
I. Der Meinungsstand 1. Zur Wahrung der Kondiktion des Verkäufers hielten es das R G 7 sowie teüweise auch das K G 8 und das BayObLG 9 in den zwanziger Jahren für zulässig, die Eintragung des Erwerbers dem Grundbuchrichter selbst zu untersagen. Das BayObLG berief sich dabei auf Fuchs 10, der ebenso wie Ricks 11 ein „Eintragungsverbot" empfahl; um dessen nähere Begründung bemühte sich aber wohl nur Ostermann 12. Sein Ausgangspunkt war, daß über die „materiellen Voraussetzungen" der Eintragung in erster Linie der Prozeßrichter zu entscheiden habe; an dessen Feststellungen sei der Grundbuchrichter gebunden 13 . Hierfür spreche auch die geschichtliche Entwicklung des Legalitätsprinzips. Das preußische Recht habe 3
§ 10 I GrEStG v. 29. 3. 1940 (RGBl. I 585): „Die Steuer wird vom Wert der Gegenleistung berechnet". 4 Vgl. BGHZ 54, 56, 62 f. 5 Palandt/Thomas, § 814 Anm. 2c; BGH, JZ 1971, 556; BGHZ 73, 202, 205f. 6 Zu einem solchen Fall BGH, NJW 1980, 451 f. Die Einzelheiten können hier nicht vertieft werden, näher dazu Grimm 10 f. 7 Die Entscheidungen wurden offenbar nicht veröffentlicht; vgl. die Hinweise von Fuchs, JW 1923, 762. 8 24. Zivilsenat (JW 1923, 306f.) und 31. Zivilsenat (zit. bei Fuchs, JW 1923, 762). 9 BayObLGZ 22, 164, 165 (zulässig seien Eingriffe in die „grundbuchamtliche Behandlung des Antrags"). 10 JW 1923, 42. 11 JW 1923, 1023. 12 20 ff. 13 Ostermann 21. 8*
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D. Das richterliche Erwerbsverbot
die Prüfungspflicht des Grundbuchrichters auch auf die Gültigkeit des zugrundeliegenden obligatorischen Geschäfts erstreckt. Daß dieser Grundsatz 1872 duch das formelle Konsensprizip ersetzt worden sei, habe nicht den Zweck gehabt, eine Untersuchung des Verpflichtungsgeschäfts gänzlich zu unterbinden. Das Prüfungsrecht habe nur vom Grundbuchrichter auf den Prozeßrichter übergehen sollen 14 . Weitere Stützen des Eintragungsverbots sah Ostermann in § 829 ZPO 1 5 gegeben und in einer Analogie zu § 16 I I H G B 1 6 , wonach eine Eintragung ins Handelsregister nicht erfolgen darf, wenn ihr jemand widerspricht, der eine rechtskräftige oder vollstreckbare Entscheidung des Prozeßgerichts erwirkt hat, welche die Eintragung für unzulässig erklärt; vollstreckbare Entscheidungen in diesem Sinne sind auch einstweilige Verfügungen 17 . 2. Der 1. Zivilsenat des K G 1 8 und — später — auch das R G 1 9 hielten „Eintragungsverbote" für unzulässig. Beide Gerichte nahmen aber an, daß eine (nur) an den Käufer gerichtete einstweilige Verfügung auch vom Grundbuchamt zu beachten sei; in einer Entscheidung des Jahres 1927 20 sprach das RG erstmals vom „Erwerbsverbotnachdem das O L G Dresden 21 und das K G 2 2 schon Argumentationsansätze geliefert hatten. Heute ist die eintragungshindernde Wirkung eines — großzügig ausgelegten23 — Erwerbsverbots ständige Rechtsprechung 24 und herrschende Meinung 2 5 . Die dogmatischen Grundlagen allerdings sind nach wie vor unklar. a) Das gilt zunächst für die sachenrechtliche Wirkung des Verbots. Während man sie schon früh richterlicher Rechtsfortbildung zuschrieb, betonen andere 14 15 16 17 18 19
Ostermann 22. lOf. 22 f. Vgl. Baur, ZGR 1972, 423. JW 1923, 763f.; KGJ 32 A 185ff.; OLGE 43, 65, 67f.
RGZ 120, 118 f. RGZ 117, 287, 292. 21 SächsOLG 30, 64; JFG 3, 301, 304ff. 22 JW 1923, 763. 23 S. nur O L G Hamm, OLGZ 1970,438,440; dort ging die Anordnung des L G dahin, „den Antrag auf Eintragung als Eigentümer . . . zurückzuziehen". 24 Vgl. K G , M D R 1977, 500 und DNotZ 1962,400f.; O L G Hamm, OLGZ 1970,438, 440 f.; BayObLG, Rpfl 1978, 306. 25 S. nur R G R K / Augustin, § 888 Anm. 24; Baur, § 15IV 2 c und in Soergel, § 873 Rz. 6, 30;HSS, Rdn. 740, 1388e; KEHE/Herrmann, § 18 Rdn. 19; Horber, § 19 Erl. 6g; Ostermann 55f.; Staudinger/Dilcher, §136 Rz. 8; Weng 67ff.; Zöller/ Vollkommer, §938 Anm. 13. — Anders offenbar nur Eickmann, 5. Kap. § 3 IV 2, 2. Kap. § 2 II; Flume, §17, 6e; Habscheid, Festschrift Schiedermair, 248 ff., 254; Häsemeyer 256; Larenz, AT, § 23 IV a.E.; M K / Wacke, § 888 RdNr. 24; im Erg. auch Reinicke 16; früher Marcuse, JW 1923, 42. 20
I. Der Meinungsstand
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ein entsprechendes Bedürfnis 26 . Daneben wird häufig auch die Herleitung aus dem Gesetz versucht. aa) Besonders früher glaubte man, §§ 135, 136 unmittelbar anwenden zu können 27 . Ausgangspunkt dieser Ansicht ist, der Erwerber verfüge über das Recht des Veräußerers, indem er den Eintragungsantrag stelle 28 , die Auflassung ausnutze 29 , jedenfalls aber mit Herbeiführung der Eintragung 30 . Diese Verfügung sei nicht schon wegen der Nichtberechtigung des Erwerbers unwirksam, denn die Auflassung an ihn bringe regelmäßig auch die Einwilligung des Veräußerers zum Ausdruck 31 . Grimm hielt 1933 diesen Weg nur deshalb für möglich, weil der Erwerber nach unwiderruflicher Auflassung bereits einen verfahrensrechtlichen Anspruch auf Eintragung, also ein „subjektives Erwerbsrecht", habe 32 . Dieses könne — anders als die „Erwerbsfähigkeit", die Ausfluß der Rechtsfähigkeit sei — auch durch Richterspruch eingeschränkt werden; denn mit der Ausübung des Erwerbsrechts werde verfügt 33 . Münzel sah in dem Erwerbsverbot eine Beschränkung der „Handlungsmacht". Da sie zum Schutze Einzelner unzulässig sei, empfahl er ein Verfügungsverbot gegen den Erwerber 34 . bb) Nach überwiegender Ansicht stellt eine Handlung des Käufers aber selbst dann keine Verfügung dar, wenn sie zum Rechtserwerb führt 3 5 . Rechtsprechung und herrschende Lehre wenden §§ 135, 136 deshalb nur ihrem Sinn nach oder entsprechend an 3 6 . Die Begründungen für diese Analogie sind vielfaltig. Das RG ging von § 938 ZPO aus; der Katalog der in Absatz 2 genannten möglichen Anordnungen des Verfügungsrichters sei nicht abschließend, so daß auch der Erwerb verboten werden könne. „Dann fehlt es aber an jedem inneren Grunde, die bürgerlichrechtlichen Wirkungen, die an Zuwiderhandlungen
26
RGZ117,287,291; Güthe/Triebeiii, 1741; Rosenberg (JW 1927,2456) interpretierte die Jurisdiktion als „kühne, aber begrüßenswerte Fortbildung". 27 Grimm 32, 39; Hubernagel, Gruchot 73,40 f.; Münzel, DNotV 1928, 290; Oberneck, DNotV 1923, 160. 28 Grimm 34, 37. 29 Grimm 30, 32. 30 Hubernagel, Gruchot 73, 40f.; Münzel, DNotV 1928, 287f. 31 Münzel, DNotV 1928, 287 f. 32 34 f. 33 27 ff. und 36 ff. 34 JW 1929, 108, 4. 35 Grimm 24, anders S. 37; Soergel/Hefermehl, § 136 Rz. 31; Larenz, AT, §23 IV Fn. 69. 36
OLG Hamm, OLGZ 1970, 438, 440; OLG München, OLGZ 1969, 196, 198; RGZ 117,287,292; 120,118,120; R G R K / Λ μ ^ Μ 888 Anm. 24 \ Soergel ! Baur,§ 873 Rz. 30; Beer 172 Fn. 13; Fuchs, JW 1923, 762; Enneccerus/Nipperdey, § 144 I I I ; Ostermann 54.
118
D. Das richterliche Erwerbsverbot
gegen gerichtliche Veräußerungsverbote geknüpft sind, nicht sinngemäß auch auf gerichtliche Erwerbsverbote zu übertragen" 37 . I m Anschluß an Enneccerus 38 untersuchte Ostermann im Jahre 1930 den Terminus Verfügungsverbot auf seine Analogiefahigkeit. Zum Zwecke der Gesetzesanalogie stellte er dann Verfügungs- und Erwerbsmacht gegenüber, verneinte aber eine Rechtsähnlichkeit, da in der Regel nur der Verfügungsmacht ein subjektives Recht zugrundeliege 39. Wie — im Jahre 1933 — mit anderem Ansatz auch Grimm, ordnete er die Erwerbsmac/tf der Rechtsfähigkeit zu. Diese sei wegen § 1 prinzipiell unbeschränkbar; Ausnahmen seien in Art. 86, 88 EGBGB vorgesehen, für das BGB aber nur in der nicht analogiefahigen Sondervorschrift des §456 4 0 . Andererseits müsse ein der Verfügungsmacht ähnliches Recht wie jene „Rechtsänderungsrecht" sein 41 ; ein solches, nämlich ein „Erwerbsrec/tf", erhalte der Erwerber (erst) nach bindender Auflassung als „unwiderrufliche Ermächtigung zum Eigentumserwerb" 42 . Und es folgt der Analogieschluß: „Die Regeln, die für bestimmte subjektive Rechte bestehen, können sinngemäß auf (andere) subjektive Rechte derselben Art übertragen werden" 43 . Auch das O L G Hamm sieht den Grund der Analogie darin, daß in die „durch Auflassung angebahnte Befugnis" zur Eigentumsverschaffung eingegriffen werde 44 . Ähnlich definiert Weng die Erwerbsmacht als Fähigkeit, ein bestimmtes Recht zu erwerben. Die Möglichkeit ihrer Beschränkung folgert er aus § 456, die Sanktion relativer Unwirksamkeit rechtfertigt er mit der dem Veräußerungsverbot gleichen Zielsetzung 45 . Das K G dagegen lehnte eine Analogie ab, da das Erwerbsverbot anders als §§ 135,136 nur das Innenverhältnis der Vertragsparteien betreffe und daher eine „bloß relative" Wirkung nicht äußern könne 40 . cc) Es hatte als Ursache der eintragungshindernden Wirkung des Verbots stets die Beschränkung der Erwerbsbefugnis angesehen47. Indes wurde dieser Begriff weniger technisch als im Schrifttum gehandhabt 48 ; er diente auch nicht 37
RGZ 117, 287, 292.
38
Vgl. Enneccerus / Nipper dey, § 144 I I I 4. 37 f. 38 ff.; ebenso später Grimm 26 ff. 53 f. 47, 52 f. 54; Ergänzung von Verf. OLGZ 1970, 438, 440; ebenso Soergelj Baur, § 873 Rz. 6, 30. 28 f , 32. JFG 2, 320, 323. K G , JFG 1, 379, 381 f.; 2, 320, 322f.; 18, 192, 194; Rpfl 1962, 117f.
39 40 41 42 43 44 45 40 47 48
In JFG 18, 194 ist auch von „Erwerbsmöglichkeit" die Rede.
I. Der Meinungsstand
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dazu, die gesetzliche Verbotswirkung zu erweitern. Ablehnen dürfe der Grundbuchrichter eine verbotswidrige Eintragung aber, da das Verbot die „Voraussetzungen für die Vollendung des Erwerbes" beseitige49. — Vergleichbar argumentiert das BayObLG 5 0 . Ostermann bemerkte, die Prüfung einer gültigen Auflassung erstrecke sich auch darauf, ob deren „Ausübung" durch ein „prozeßrechtliches Verbot" eingeschränkt sei 51 . dd) Andere Deutungen sind schwer einzuordnen. Das O L G Dresden begnügte sich mit dem Hinweis, der Erwerber dürfe auf seiner—wann auch immer beantragten — Eintragung nicht bestehen, sofern ihm dies geboten werde 52 . Herrmann hält mit der „prozessuale(n) Verfügungsbefugnis" auch die Antragsberechtigung für beseitigt 53 . Erti untersagt dem Grundbuchrichter, das Buch bewußt und dauernd unrichtig zu machen 54 , was möglich werde, wenn dem Betroffenen „materiellrechtlich der Rechtserwerb und die GB-pintragung verboten" seien 55 . Fuchs sah durch das Verbot u.a. den „Konsens" der Beteiligten zerstört 56 ; dessen ungeachtet erklärte er die Verbotswirkungen mittels Analogie zu § 135. Horber zufolge beseitigt das „sachliche" Erwerbsverbot die „Erwerbsfahigkeit" 57 . Mayer-Maly hält zwar einen Eingriff in die Erwerbsbefugnis für gegeben, ein Erwerbsverbot aber nur bei „schutzwürdige(m) Absicherungsinteresse" eines Verkäufers für zulässig; dann sei es nicht Pendant zum Verfügungsverbot, sondern selbständiges Institut 5 8 . Heck bezeichnete den Schutz des Verkäufers durch einstweilige Verfügung als angemessen59 und fügte hinzu, verbotswidriger Erwerb sei relativ unwirksam. Bei dieser Feststellung bleibt es häufig 60 . b) Sind die Beteiligten an die Auflassung gebunden und hat der Erwerber seine Eintragung beantragt, so kommt die Anwendung des § 878 auch für ein späteres Erwerbsverbot in Betracht; dessen etwaige dingliche Wirkungen wären dann hinfallig. Das nahm Münzel in der Tat an; mit der dadurch begünstigten Heilung nichtiger Verträge gemäß § 313 Satz 2 glaubte er zugleich der Rechtsunsicherheit entgegenzutreten 61. Auch Wacke folgert aus § 878, daß der Schutz des 49
JFG 2, 320, 323. Rpfl 1978, 306. 51 55 f. 52 JFG 3, 301, 304f. 53 In K E H E § 18 Rdn. 19. 54 In K E H E § 20 Rdn. 70; so wohl auch M I R § 18 Bern. 21. 55 K E H E § 20 Rdn. 70, 72. 56 JW 1923, 307. 57 §19 Erl. 6g. 58 M K jMayer-Maly, § 136 RdNr. 9f. 59 165; GütheI Triebet (II, 1740f.) sprachen von einem „Verkehrsbedürfnis". 60 PalandtjBassenge, § 888 Anm. 5b; Staudinger/ Ditcher , § 136 Rz. 8; JSSTV/Jauernig, § 888 Anm. 6; Wieczorek/ Schütze, § 938 Anm. Β I I a 2. 50
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D. Das richterliche Erwerbsverbot
Käufers nicht von dem Zufall abhängen dürfe, ob das Grundbuchamt mit der Eintragung schneller sei, als der Verkäufer ein Erwerbsverbot erwirke und zustellen lasse62. — Nach herrschender Ansicht ist § 878 hier jedoch unanwendbar, da er sich nur auf Beschränkungen des Veräußernden beziehe63, nur für VerfägungsvQrbote gelte 64 oder mit der Interessenlage nicht vereinbar sei 65 . Andere meinen, die Bindung nach § 873 I I werde vorläufig ausgesetzt66. 3. Auch unter denjenigen, die aus dem Erwerbsverbot eine Grundbuchsperre ableiten, ist die Behandlung des Eintragungsantrags streitig. Ein Teil des älteren Schrifttums 67 und das OLG Hamm 6 8 stellen in das Ermessen des Grundbuchrichters, ob er eine Zwischenverfügung erläßt und so den Erwerber schützt, falls das Verbot später aufgehoben wird; Münzel sprach von einer „Ermessenspflicht" zum Erlaß einer Zwischenverfügung 69. Habscheid 70, Herrmann 71 und Schöner / Stöber 12 halten die Zurückweisung eines Antrags allgemein nur ausnahmsweise und dann für zulässig, wenn sie zwingend geboten ist; das soll aber bei einem Erwerbsverbot der Fall sein 73 . Eine Mindermeinung bezieht ihren Standpunkt, wonach relative Unwirksamkeit keine Grundbuchsperre auslöse, auch auf das Erwerbsverbot; es soll in der Regel zusammen mit dem Erwerberrecht eingetragen werden, wovon man sich den Schutz beider Teile verspricht 74 . Überwiegend wird die Eintragbarkeit des Verbots aber verneint 75 , zumindest für den Fall, daß der Erwerber nicht nach § 39 GBO voreingetragen ist 7 6 .
61
JW 1929, 108,5. In M K § 878 RdNr. 25. 63 Grimm 42f.; Hubernagel, Gruchot 73, 48. 64 Quardt 43; Habscheid, Festschrift Schiedermair, 250 f. 65 Baur, § 19 Β I I I 2 d a.E.; s. auch HSS, Rdn. 96q. 66 Soergel/Baur,§ 878 Rz. 10; Staudinger/Dilcher,§ 136Rz. 8; KEHE/Herrmann,§ 18 Rdn. 19; RGZ 120, 118, 120; K G , DNotZ 1962, 400f. 67 Fuchs, JW 1923, 307; Münzel, DNotV 1928, 291; a.A. Ostermann 56. 68 OLGZ 1970, 438, 442 f. 69 DNotV 1928, 291 f. 70 NJW 1967, 230 f. 71 In K E H E § 18 Rdn. 32 a.E., 43ff. 72 HSS, Rdn. 1388 e. 73 KEHEIHerrmann, § 18 Rdn. 19; Weng 69f.; früher auch Hubernagel (Gruchot 73, 42f.: Ungewißheit des Hauptprozesses schließe Fristsetzung aus) und das K G , JFG 1,379, 382. 74 Hubernagel, Gruchot 73,45; Erman/Ronke, § 925 Rdz. 34; s. auch Grimm 45; Bosch, FamRZ 1969, 152; Wieczorek/Schütze, § 938 Anm. Β I I a 2. 75 KEHE/£W/, §20 Rdn. 70; Habscheid, Festschrift Schiedermair, 249; KL I Hartmann, § 938 Anm. 1 C; HSF § 19 Anm. I I I 1 b (mangels dinglicher Beziehung des Verbots zum Grundstück); K G , JFG 18, 192, 194ff.; O L G München, FamRZ 1969, 152. 76 Soergel! Baur, § 873 Rz. 6. 62
I. Der Meinungsstand
121
4. Habscheid sieht in der Annahme relativer Unwirksamkeit verbotswidriger Eintragungen einen Verstoß gegen § 313 Satz 2, der die Heilung—außer von der Auflassung — nur von der Eintragung als solcher abhängig mache 77 . Eine eintragungshindernde Wirkung bestreitet er: Das Verbot beeinträchtige weder den Antrag als Verfahrenshandlung noch die Wirksamkeit einer Eintragung. Ferner sei es nicht eintragbar und daher den Verfügungsbeschränkungen nicht vergleichbar, deren dingliche Wirkung erst mit ihrer Eintragung entstehe78. Überhaupt sei die Annahme einer besonderen Erwerbsbefugnis bedenklich, während es allgemein der Konzeption von BGB und GBO widerspreche, das Grundbuchamt zum Wächter über subjektive Rechte zu machen 79 . Stattdessen entnehmen Habscheid 80 und Eickmann 81 dem § 938 ZPO die Möglichkeit, die Wirksamkeit der Auflassung vorläufig auszusetzen. Dies wiederum hält Wacke für unzulässig, da es an der insoweit erforderlichen materiellrechtlichen Ermächtigung fehle. Ohnehin gestatte § 938 ZPO nur Anordnungen an den Antragsgegner, und zwar gegenüber dem Käufer auch nur solche, die ihn davor bewahrten, durch Zwischenverfügungen des Verkäufers irreparable Rangverluste zu erleiden, falls sich im späteren Hauptverfahren die einstweilige Verfügung als unbegründet erweise; diese könne daher allenfalls das Gebot enthalten, beim Grundbuchamt „anzuregen", den schon gestellten oder noch zu stellenden Eintragungsantrag vorerst nicht zu erledigen 82 . 5. Aus anderen Gründen lehnt Wacke einen Verkäuferschutz jedoch gänzlich ab: Nach der sich aus §§ 878, 892 I I ergebenden Wertung solle das Eintragungsverfahren „unweigerlich" seinen Lauf nehmen; Verzögerungen dürften nicht zu Nachteilen des Käufers führen. Nach dessen Eintragungsantrag könne ein Erwerbsverbot daher keine Wirkung mehr entfalten 83 . — Auch Reinicke schließt aus jenen Vorschriften, daß dem Erwerber nach Antragstellung „ nichts mehr passieren können" soll; außerdem sei dem Eigentümer die Kondizierung der Auflassung als widersprüchliches Verhalten verwehrt 84 . Brox will den „gutgläubigen" Erwerber sogar analog § 135 I I schützen 85 . Bei Flume heißt es bündig: „Wie der Erwerb mit der Verfügung auf einen Nenner gebracht werden soll, ist schlechterdings unerfindlich". Nach der Antragstellung habe der Käufer nichts mehr zu tun, so daß auch ein möglicher Verbotsinhalt nicht mehr denkbar 77
Festschrift Schiedermair, 248 f. Festschrift Schiedermair, 249. 79 Festschrift Schiedermair, 250 f. 80 Festschrift Schiedermair, 254. Schon Seufert scheint dies erwogen zu haben, vgl. Staudinger, Bern. 46 b. 81 5. Kap. §3 IV 2 a.E. 82 M K / Wacke, § 888 RdNr. 24 Fn. 37, 43. 83 M K j Wacke, § 888 RdNr. 24; s. auch Marcuse, JW 1923, 42; a. A. Weng 44, 47. 84 Reinicke 16. Auch für Wacke (in M K § 888 RdNr. 24) ist dieses Verhalten „(r)echtsethisch weit bedenklicher". 85 In Erman, §§ 135, 136 Rdz. 15 a.E. 78
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D. Das richterliche Erwerbsverbot
sei. I m übrigen werde ein Erwerbsverbot weder vom Reihenfolgeprinzip noch vom Wortlaut oder Sinn des § 313 Satz 2 gedeckt; danach solle die Heilung ja gerade eintreten können 86 . Larenz zufolge kennt die Rechtsordnung kein dem Verfügungsrecht entsprechendes Erwerbsrecht. Auch werde durch Stellung des Antrags nicht mehr verfügt. Zumindest nach Antragstellung versage diese Konstruktion 8 7 . Häsemeyer kritisiert, daß das Verbot bei eintragungshindernder Wirkung das Abstraktionsprinzip beeinträchtige 88 . Diese ablehnenden Standpunkte haben sich jedoch — soweit ersichtlich, auch in der Praxis — nicht durchsetzen können. Eine Bewertung jener Meinungen soll anhand der Untersuchung erfolgen, ob das Erwerbsverbot einen verbotswidrigen Erwerb entweder sachenrechtlich oder schon durch eine Grundbuchsperre hindert.
II. Die Wirksamkeit des verbotswidrigen Erwerbs 1. Verfügung des Erwerbers i.S. der §§ 135, 136 BGB Die Ansicht, nach der ein verbotswidriger Erwerb fehlschlägt, weil neben dem Veräußerer zugleich auch der Erwerber verfüge, kann darauf verweisen, daß dessen Verfügung (gemäß § 185) jedenfalls wirksam wäre, wenn sich die erforderliche Zustimmung der Auflassungserklärung des Verkäufers entnehmen ließe. Zu einer solchen Auslegung würde sich freilich der Erwerber selber nach §§ 133, 157 kaum einmal veranlaßt sehen, da die Auflassung allein für seinen Erwerb durchaus genügt; zu einer Verfügung an sich benötigt er also gar keine Ermächtigung, und zwar auch dann nicht, wenn er schon vor seiner Eintragung an Dritte weiterveräußern will. Hinzu kommt, daß ihm die zusätzliche Ermächtigung sogar zum Schaden gereichen soll! Mangels Zustimmung wäre eine Erwerbsverfügung demnach regelmäßig unwirksam. Darüber hinaus würde eine Mit-Verfügung des Erwerbers nicht infolge der §§ 135, 136 fehlschlagen. Sie wäre nämlich, da schon die Verfügung des Veräußerers den sachenrechtlichen Erfolg bewirkt, ein nutzloses Zusatzgeschäft, dessen Bedeutung bei relativer Unwirksamkeit der Erwerberverfügung nicht erhöht würde.
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Flume, § 17, 6 e. Larenz, AT, § 23 IV und Fn. 69. Häsemeyer 256.
II. Die Wirksamkeit des verbotswidrigen Erwerbs
123
2. Analoge Anwendung der §§ 135, 136 BGB auf das Erwerbsverbot Die analoge Anwendung der §§ 135, 136 setzt voraus, daß hierdurch eine planwidrige Lücke ausgefüllt würde und daß diese Vorschriften analogiefähig sind. a) A n einer planwidrigen Lücke fehlt es, wenn dinglich wirkende Eingriffe in den Erwerb nach dem Eintragungsantrag entweder unzulässig sind (aa-ff) oder statt durch §§ 135,136 auch bei unmittelbarer Anwendung anderer Rechtsnormen erfolgen können (gg). aa) Den §§ 935,938 ZPO ist nicht zu entnehmen, daß das Erwerbsverbot nur mittelbar — durch Zwangsandrohung gemäß §§ 888, 890 ZPO — durchsetzbar sein soll. Allerdings wäre es vordergründig, die Wertung auf die einstweilige Verfügung zu beschränken. Diese dient ja nur dem Schutz einer bestimmten Kondiktion, die nach § 313 Satz 2 unter der auflösenden Bedingung steht, daß der Erwerber eingetragen wird. bb) Bis zu diesem Zeitpunkt freilich legitimiert sich die Position des Käufers nicht einmal schuldrechtlich; eine — rechtzeitig — gegen ihn erhobene Bereicherungsklage auf Rückgewähr der Auflassung würde dies bestätigen. Dann aber läßt sich ein im Eilverfahren erwirktes, dinglich wirkendes Erwerbsverbot ebensowenig als Verstoß des Eigentümers gegen das ,factum proprium 4 seiner Auflassung mißbilligen; sonst würde der Zeitpunkt der Heilung faktisch vorverlegt. cc) Gerade dies gebieten aber möglicherweise die §§ 878, 892 I I und 135 II, die nach neuerer Lehre 1 eine Analogie ausschließen sollen. In der Tat hat auch derjenige, der auf einen formnichtigen Kaufvertrag hin seine Eintragung betreibt, ein Interesse daran, schon ab Antragstellung gefahrlos zahlen zu können; schließlich kann er selbst dann, wenn er den Formmangel kennt, nicht absehen, ob gegen ihn noch nach dem Eintragungsantrag ein Erwerbsverbot ausgesprochen werden wird. Dennoch ist die entsprechende Anwendung der §§ 878, 892 I I auf eine den §§ 135, 136 entnommene „Erwerbsbeschränkung" — entgegen Habscheid 1 — nicht zwingend. Verfügungs- und Erwerbsverbot unterscheiden sich immerhin dadurch, daß der Erwerber mit ersterem häufig nicht rechnen kann, während letzteres seine Ursache stets in einem Mangel des Grundgeschäfts hat. Besteht dieser etwa in verkannter Geschäftsunfähigkeit des Verkäufers, so ist die Lage zwar äußerlich gleich. Typischerweise ergehen Erwerbsverbote jedoch nur auf Formfehler hin, die der Erwerber praktisch durchweg vermeiden kann; in gleichem Maße reduziert sich aber sein Bedürfnis nach Erwerbssicherheit vor der Eintragung.
1 2
Vgl. S. 119 f. (Fn. 62), 121 f. Festschrift Schiedermair, 251.
124
D. Das richterliche Erwerbsverbot
Gegen die Heranziehung der §§ 878, 892 I I spricht vor allem die ihnen zugrundeliegende Wertung. Der redliche Erwerb zerstört das wahre Recht unmittelbar; verlegte der Gesetzgeber den Erwerberschutz auf den Antragszeitpunkt vor, so versteht sich daher von selbst, daß er die entsprechend frühere Schädigung des Berechtigten hinnahm 3 . Dies läßt sich für die Benachteiligung, die Habscheid dem Verkäufer zumutet, dagegen nicht feststellen. Es besteht kein Anhalt dafür, daß dieser seinen Bereicherungsanspruch nur bis zur Antragstellung des Erwerbers verfolgen können soll, obwohl § 313 Satz 2 jenen Anspruch erst erlöschen läßt, wenn der Erwerber seine Eintragung erlangt. Kommt in Betracht, jene Rechtsverfolgung durch eine Unwirksamkeit verbotswidrigen Erwerbs zu stärken, so stehen dem die §§ 878, 892 also nicht entgegen. Ob dem Erwerber, um mit Reinicke zu sprechen, infolge der Analogie noch etwas passieren kann, hängt wegen der heilenden Wirkung der Eintragung ohnehin von der weiteren Frage ab, ob die relative Unwirksamkeit zur „Grundbuchsperre" führt. dd) Nach Flume verstößt das Erwerbsverbot — und damit auch die Analogie zu §§ 135, 136 — gegen das Prioritätsprinzip 4 . Indessen ist schon zweifelhaft, ob das Erwerbsverbot überhaupt eingetragen werden kann 5 . Zumindest bedarf das Verbot — für welche Wirkung auch immer — keiner Eintragung; sollte es überhaupt grundbuchrechtlich wirken, so könnte dies nur auf eine Grundbuchsperre zurückgehen. Diese aber hat mit dem Reihenfolgeprinzip nichts zu tun 6 . Dessen Verletzung würde materiellrechtliche Bedeutung ohnehin nur erlangen, wenn sie entgegen §§ 878, 892 die Erwerbssicherheit 7 beeinträchtigte; auch davon kann aber, wie unter cc) gezeigt, keine Rede sein. ee) Eine andere Frage ist, ob aus dem Abstraktionsprinzip folgt, daß Mängel des Grundgeschäfts —jedenfalls nach Antragstellung — den Eigentumserwerb nicht mehr hindern dürfen 8 . Jedoch sind gerade §§ 135, 136 Instrumente zur Übertragung schuldrechtlicher Beziehungen auf die sachenrechtliche Ebene. Hält man diese Vorschriften für anwendbar, greift man also systemkonform in das Abstraktionsprinzip ein, und zwar unabhängig davon, wann dies geschieht. ff) Entgegen Habscheid steht einer Analogie auch nicht § 313 Satz 2 selbst entgegen. Hiernach soll der Formmangel im Falle einer Auflassung des Grundstücks zwar in der Tat durch die Eintragung als solche geheilt werden. Dies besagt 3 Denn praktisch „wird der Verfügungstatbestand um das Eintragungserfordernis kupiert" ( M K / Wacke, § 878 RdNr. 3). 4 5 6 7 8
§ 17, 6e. Entgegen § 39 GBO wäre der Erwerber nicht voreingetragen; s. auch S. 120 Fn. 75. Vgl. S. 36 f. Zur Bedeutung des Reihenfolgeprinzips für sie vgl. S. 40 ff. So Häsemeyer (256) ohne spezifische Begründung.
II. Die Wirksamkeit des verbotswidrigen Erwerbs
125
jedoch nur, daß keine weiteren Voraussetzungen für die Heilung bestehen9, nicht dagegen, daß der Käufer auf diese einen Anspruch hat oder daß — was dem gleichkäme — eine Aussicht auf Heilung von irgendeinem Zeitpunkt an nicht mehr beeinträchtigt werden darf. Daß dem Käufer insbesondere kein Vertrauensschutz i.S. der §§ 878, 892 I I zur Seite steht, wurde bereits unter cc) dargelegt. Würde der Verkäufer seinen Bereicherungsanspruch im ordentlichen Gerichtsverfahren verfolgen, so könnte er denn auch im Idealfall die Rückgewähr seiner Auflassung erzwingen 10 , bevor der Käufer mit deren Hilfe (§ 20 GBO) seine Eintragung — und die Heilung — erreicht hätte; dies zieht auch Habscheid nicht in Zweifel. Nichts anderes kann aber gelten, wenn der Verkäufer zur Vermeidung der Verzögerungen, die in Haupt- und Vollstreckungsverfahren zu erwarten sind, um vorläufigen Rechtsschutz nachsucht. gg) Eine Regelungslücke besteht dennoch nicht, wenn sich die Unwirksamkeit verbotswidrigen Erwerbs in einer dem Verkäufer zumutbaren Weise auch ohne Analogie herbeiführen läßt. So kommt in Betracht, daß der wirksame Erwerb eine Erwerbsfahigkeit des Käufers voraussetzt und daß der Verfügungsrichter diese suspendieren kann. (1) Eine Erwerbsfahigkeit wäre ohne weiteres in einem „Erwerbsrecht" enthalten, d. h. in einer der Verfügungsmacht des Veräußerers vergleichbaren Rechtsmacht des Erwerbers. Jedoch kann es sich bei dieser im Gegensatz zur Verfügungsmacht nicht um eine Fähigkeit handeln, die aus einem subjektiv dinglichen Recht fließt. Das gilt auch für ein etwaiges Anwartschaftsrecht des Erwerbers; denn es würde nur zu Verfügungen über die Anwartschaft befähigen, nicht aber dazu, seinen eigenen Wandel zum Vollrecht zu fördern. (2) Ist auf seiten des Erwerbers überhaupt eine Erwerbsfähigkeit vonnöten, kann er sie also nur vom Gesetz erhalten. Sieht man in der Erwerbsfähigkeit lediglich den Niederschlag allgemeiner Rechtsfähigkeit der Subjekte, so bestehen in der Tat Bedenken gegen ihre Beschränkbarkeit; denn die Rechtsfähigkeit ist anerkanntermaßen Fundamentalbegriff des deutschen Privatrechts 11 , der jedenfalls ausdrückliche Einschränkungen nicht erfahrt. Sofern Art. 86, 88 EGBGB und §§ 446f., 458 das Prinzip voller Rechtsfähigkeit durchbrechen, kommt freilich eine analoge Anwendung dieser Vorschriften in Betracht.
9
Hierzu näher S. 130ff. Gemäß §§ 812, 818 I ist der Käufer zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet, durch welche die Auflassung rückgängig gemacht wird (vgl. RGZ 108,329,336); diese Erkärung würde mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gelten (§ 894 ZPO). 10
11
Erman/H. Westermann, Rdz. 1 vor§ 1; Coing I Habermann in Staudinger, Vorbem. 2 vor § 1; zum Konzept des Gesetzgebers Mugdan I, 370.
D. Das richterliche Erwerbsverbot
126
Art. 88 EGBGB bezieht sich auf natürliche Personen und läßt für Ausländer gewisse landesrechtliche Erwerbsbeschränkungen unberührt; über deren Wirkungsweise ist damit jedoch um so weniger gesagt, als das BGB nicht beansprucht, landesrechtliche Normen zu integrieren. § 456 erlegt dem bei einer Zwangsvollstreckung mit dem Verkauf Beauftragten ein Kaufverbot auf; wird es verletzt, so ist der Kauf nach § 458 nur bei Zustimmung desjenigen wirksam, für den verkauft wurde. Würde man hierin — mit Ostermann und Grimm — eine Beschränkung der Rechtsfähigkeit des Erwerbers sehen, so müßte konsequent von schwebender Rechtsunfähigkeit gesprochen werden. Sie wäre auch die Folge des Unvermögens, sich als Ehegatte entgegen § 1365 I zu verpflichten; aber selbst ein Verbot i.S. des § 134 zöge letztlich den partiellen Verlust der Rechtsfähigkeit nach sich. Auf diese Weise würde der Elementarbegriff relativ stark technisiert. Seiner Voranstellung in § 1, jedenfalls aber dem Verständnis des Gesetzgebers 12, entspräche dies nicht. Auch §§ 456 ff. zwingen nicht zur Modifizierung der Rechtsfähigkeit. Im Bedarfsfall soll das BGB zwar aus dem in ihm enthaltenen Rechtssystem ergänzt werden 13 . Dieses ist aber schon in seiner Anlage lückenhaft; für Regeln eigener Art läßt es um so mehr Raum, als sonst die Hierarchie der Begriffe erschüttert würde. Die Rechtsfähigkeit ist demnach nicht einschränkbar. Als Erwerbsfähigkeit sah der Kommissionsbericht über den Allgemeinen Teil die auf Erwerb gerichtete Handlungsfähigkeit an 1 4 . Diese geht jedoch — wie die von ihr mitumfaßte Geschäftsfähigkeit — über die Fähigkeit zu sachenrechtlichen Geschäften, gar zum Erwerb, hinaus. Auch ist sie nicht Voraussetzung für den Erwerb, denn für den Eintritt ζ. B. in die Erbenstellung bedarf es ihrer nicht. Die Erwerbsfähigkeit als sachemtchAichQ Voraussetzung anzusehen, wurde bisher offenbar nicht in Betracht gezogen. Zwar ist der Begriff auch dem Sachenrecht fremd; es erwähnt z.B. die Verfügungsmacht aber ebensowenig, obwohl für sie aufgrund der §§ 137,797 Satz 2 feststeht, daß das BGB ihr neben dem dinglichen Recht eine eigene Bedeutung gibt. Überhaupt rechtfertigt das Schweigen zu allgemeinen Erwerbsvoraussetzungen nicht die Annahme, solche existierten nicht. v. Tuhr verstand unter „Erwerbsmacht" die über die „allgemeine Geschäftsfähigkeit" hinausgehende „Beziehung des Handelnden zu dem Vermögen, das von den Wirkungen seiner Handlung betroffen werden soll" 1 5 ; so könne „zugunsten" eines Grundstücks nur von seinem wahren Eigentümer erworben werden, ein akzessorisches Recht nur von dem Subjekt des Hauptrechts 16 . Jedoch sind 12 Der Kommissionsbericht über den Allg. Teil hielt eine Verwechslung von Rechtsund Erwerbsfahigkeit für ausgeschlossen; ein Antrag, jene als „Rechtspersönlichkeit" zu bezeichnen, wurde daher abgelehnt, Mugdan I, 949. 13 14 15
Mugdan I, 365. Mugdan I, 949. I I 1, 395.
II. Die Wirksamkeit des verbotswidrigen Erwerbs
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Eigentümer- und Gläubigerstellung bereits die konkreten Voraussetzungen, von denen das Gesetz den sachenrechtlichen Erwerb abhängig macht. Gesucht wird dagegen eine allgemeine, möglichst von jedem Erwerbstyp des Sachenrechts verlangte „Erwerbsfahigkeit". Konstruktiv ist sie unschwer vorstellbar. Man könnte sagen, wie ein gewillkürter Rechtsübergang auf der einen Seite die — wenn auch aus subjektivem Recht abgeleitete — Verfügungsmacht erfordere, so müsse auf der anderen Seite eben eine (gesetzliche) Empfangsmacht hinzukommen, um den sachenrechtlichen Konnex zwischen Recht und Erwerber herzustellen. Ist weiter anzunehmen, man habe das Fehlen einer solchen Macht seinerzeit für undenkbar gehalten und nur deswegen von ihrer Determinierung abgesehen, so läßt sich mangels Erwerbsfahigkeit der jeweiligen Verfügung ein Erfolg absprechen. Methodische Bedenken ergeben sich bei diesem Verfahren allerdings, weil es die Rechtssystematik praeter legem verfeinern würde; denn das Gesetz selbst gibt keinen Anhalt dafür, daß es eine Erwerbsfahigkeit voraussetzt. Daß der Verfügungsrichter einen Ordnungsbegriff dieses Namens allein durch eine entsprechende Entscheidung beseitigt, ist zudem ausgeschlossen. Denn § 938 ZPO gestattet außer Ge- und Verboten u. U. auch rechtsgestaltende Eingriffe in Rechtsgeschäfte 17, keinesfalls aber die Außerkraftsetzung von Sachenrecht, dessen Bestandteil eine Erwerbsmacht jedoch wäre. Ebensowenig wie die Verfügungsmacht als solche aufhebbar ist, kann folglich die „Erwerbsfahigkeit" suspendiert werden. Betreibt der Käufer seine Eintragung trotz eines Erwerbsverbots, so besteht aus materiellrechtlicher Sicht nach allem kein Anlaß, den Bereicherungsanspruch des Verkäufers nicht auch zivilrechtlich zu sichern. Ohne diesen zusätzlichen Schutz wären dem Verkäufer bei einer Mißachtung des Erwerbsverbots durch den Käufer praktisch die Hände gebunden; hierdurch würde die Heilung des formnichtigen Vertrags entgegen § 313 Satz 2 auf den Zeitpunkt vorverlegt, in dem der Käufer die Umschreibung des Grundstücks beantragte. Indem das Gesetz dies zuläßt, ist es lückenhaft und steht einer analogen Anwendung der §§ 135, 136 auf das Erwerbsverbot nicht entgegen. b) Die Analogiefahigkeit der §§ 135, 136 hängt davon ab, welche Wertung hinter der dort statuierten Unwirksamkeit steht und ob jene eine Erstreckung auf das Erwerbsverbot rechtfertigt. aa) Gegen die Analogie könnte der Einwand Habscheids sprechen, im Gegensatz zur Verfügungsbeschränkung wirke das Erwerbsverbot schon vor seiner — wenn überhaupt zulässigen — Eintragung. Indessen wirkt ein Erwerbsverbot nicht früher als ein Verfügungsrerio/; aber auch dessen Schutz beginnt nach §§ 135, 136 nicht erst mit seiner Eintragung, sondern schon bei 16
I I 1, 396 f.
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Hierzu näher S. 137 ff.
D. Das richterliche Erwerbsverbot
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(rechtzeitiger) Kenntnis des Erwerbers von dem Verbot. Demgegenüber ist die Eintragbarkeit eines Verbots nur nach § 892 I 2, also für den Gutglaubensschutz, bedeutsam; dieser spielt im Verhältnis des Verkäufers zum verbotsbetroffenen Erwerber keine Rolle. Ostermann fragte ebenfalls „nach dem Grunde" der Unwirksamkeit 18 , und zwar auch bei Erörterung der „Erwerbsmacht, deren Rechtsähnlichkeit mit der Verfügungsmacht er bestritt 19 . Nur ging es ihm nicht um die Legitimität der Sanktion, sondern um die dogmatische Einordnung ihrer Wirkung; diese erklärte er damit, daß die als subjektives Recht verstandene Verfügungsmacht eingeschränkt werde. Daraus wiederum leitete er ab, Voraussetzung relativer Unwirksamkeit sei stets, daß in ein subjektives — dem Erwerber i.d.R. fehlendes—Recht eingegriffen werden könne 2 0 . — Diese Argumentation ist ein weiteres Beispiel dafür, wie übergesetzliche Technizität auf Abwege führt. In §§ 135,136 wird weder von „Verfügungsmacht" noch von deren Beschränkung, sondern von relativer Unwirksamkeit gesprochen. Hat diese zur Folge, daß widersprechende Verfügungen fehlschlagen, daß also die Verfügungsmacht entfallt, so wird letzteres doch nicht zur Voraussetzung der Sanktion. Schon dies spricht dagegen, als Schlüssel der Analogie anzusehen, daß der Erwerber nach Auflassung und Bewilligung zum Grundstückserwerb nicht nur „befähigt", sondern — ähnlich dem Veräußerer — auch „berechtigt" sei 21 . Hinzu kommt, daß der Erwerber in keinem Fall eine Berechtigung hat, die der durch § 135 I geminderten Verfügungsmacht entsprechen könnte. Unter den Umständen, die ein Erwerbsverbot erforderlich machen, steht ihm zwar ein Anwartschaftsrecht zu; auch würde dessen Entwicklung zum Vollrecht durch eine Intervention des Zivilrichters ebenso unterbrochen, wie die Anwartschaft selber infolgedessen enden würde. Doch bleibt der Unterschied zu der von § 135 11 ausgelösten Verfügungsbeschränkung der, daß dort eine Macht limitiert wird, die zur Rechtsänderung notwendig ist. Das Anwartschaftsrecht aber braucht nicht betätigt zu werden, um Vollrecht zu werden. Es ist eben in Wahrheit nichts anderes als die Momentaufnahme einer Rechtsentwicklung, der man nur aus Praktikabilitätsgründen Vollrechtsfunktionen zuerkennt. Ohnehin kann es sich bei einem wie auch immer begründeten Erwerbsrecht im Gegensatz zur Verfügungsmacht nicht um eine Fähigkeit handeln, die aus einem subjektiven dinglichen Recht fließt 22 . Selbst aus der von Ostermann favorisierten konstruktiven Sicht ist es daher bedenklich, Verfügungs- und „Erwerbsrecht" gleichzusetzen.
18 19 20 21 22
Ostermann 35. Näher S. 118. Ostermann 35ff. Vgl. S. 118. S. schon S. 125.
II. Die Wirksamkeit des verbotswidrigen Erwerbs
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bb) Konstruktive Ansätze sind überhaupt verfehlt, wo es auf Wertung ankommt. Sie erledigt sich allerdings nicht mit der Feststellung gleicher „Zielsetzungen" 23 von Verfügungs- und Erwerbsverbot; denn ein Rechtssatz, wonach jeder richterlichen Anordnung durch materiellrechtliche Sanktion zu entsprechen sei, existiert nicht. Eine Betrachtung der relativen Unwirksamkeit hat zu berücksichtigen, daß diese nach §§ 135,136 nur Verfügungen betrifft und letztere Dritten gegenüber vorgenommen sein müssen. A n beidem fehlt es bei Erwerbsverboten; eine entsprechende Anwendung auf sie ist daher nicht möglich, wenn eine jener Voraussetzungen Ausfluß essentieller Motive der Gesetzesregel ist. (1) § 136 erfaßt nach dem Wortlaut des § 135 11 nur Verstöße gegen „Veräußerungsverbote", d.h. Verfögungsverbote 24. Ob damit andere gerichtliche Verbote von zivilrechtlichen Sanktionen ausgenommen werden sollten, ist zu prüfen. Außer Betracht bleiben können freilich Verbote, die dem Schuldner eine Aufnahme schuldrechtlicher Beziehungen zu Dritten untersagen. Sofern solche Beziehungen nicht schon per se unwirksam sind (z.B. nach §§ 134, 138, 312 I, 1365 1 1), gefährdet die bloße Verpflichtung des Schuldners gegenüber Dritten den Gläubiger nämlich kaum einmal derart, daß eine Verbotsverletzung zur Unwirksamkeit jener Obligation führen müßte. Wesentlich stärker gefährdet werden die Interessen des Gläubigers dagegen durch Geschäfte des Schuldners, die unmittelbar auf das Gläubigerrecht einwirken. Als solche sind aber, von dem hier diskutierten Verhalten des Erwerbers mit Verfügungs/ö/ge« abgesehen, praktisch nur „Verfügungen" denkbar. M i t der Anknüpfung der Sanktion an diesen Begriff wird der Gesetzgeber daher eher die Vorstellung verbunden haben, das Gläubigerrecht vor allen direkten Eingriffen zu schützen. Demnach kommt dem Verfügungsbegriff keine „innere Bedeutung" zu. (2) Immerhin könnte von Bedeutung sein, daß die Sanktion dem Gesetz nach eine Handlung trifft, mithin eine äußerliche Auflehnung gegen die richterliche Autorität. Hat der Erwerber seine Eintragung beantragt, so vollzieht sich sein Erwerb nämlich ohne weiteres Zutun, d.h. durch Unterlassen. Dem Erwerber müßte daher ζ. B. die Rücknahme seines Antrags aufgegeben werden; ein davon abgehobenes Verbot, schlechthin zu „erwerben", würde etwas Unmögliches verlangen. Somit fragt sich, ob das Erwerbs verbot auch Gebote beinhaltet oder ob es (insofern) nicht ausschließlich ein—vielleicht sanktionsfreies — Gebot ist. Gegen diese Unterscheidung spricht jedoch, daß ein Gebot das Verbot nur konkretisieren würde. Ferner ist auch in Auslegung der §§ 135,136 wenigstens für richterliche Anordnungen zu berücksichtigen, daß § 938 I I ZPO Ge- und Verbote gemeinsam erwähnt; einer Differenzierung des Zivilrechts nach Han23 24
9
Weng 32. Vgl. S. 16.
Foerste
130
D. Das richterliche Erwerbsverbot
dein und Unterlassen würde hier — anders als im Strafrecht 25 — ein innerer Grund fehlen. (3) Bedeutsam ist eventuell, daß §§ 135, 136 einen Dritterwerber voraussetzen. Denn damit ist die Rechtsfolge auf die Gefahr zugeschnitten, daß die Realisierung eines Anspruchs durch Verfügung an Dritte vereitelt wird. Sollte dieses Risiko typisch für ein Dreierverhältnis, etwa besonders hoch sein, so wäre zu erwägen, das dem Erwerbsverbot zugrundeliegende Innenverhältnis gegenteilig zu behandeln. Die Gefahr für das Veräußererrecht wäre allerdings sogar größer als die aus einer Weiterveräußerung an Dritte, wenn — nach der dem Verbot stets vorausgehenden Auflassung des Grundstücks — die bloße Eintragung des Erwerbers den Formmangel gemäß § 313 Satz 2 heilen und so die Kondiktion zerstören würde. Dies nehmen, wie erwähnt, Flume 26 und Habscheid 27 an. Das RG forderte hingegen eine „rechtswirksame Eintragung" 28 ; auch Häsemeyer 29 und Reinicke 30 betonen in ihren Monographien, die Eintragung müsse Eigentum verschaffen. Die gleiche Ansicht ist den Motiven 3 1 zu entnehmen, während die Protokolle die „Mitwirkung des Grundbuchrichters" als wesentlich erachteten 3 2 . Brox will bei verbotswidrigem Erwerb wegen § 135 I I offenbar auch die Heilung des Kausalgeschäfts von der Gutgläubigkeit des Erwerbers abhängig machen 33 . Eine systematische Betrachtung, etwa der Vergleich mit der in § 873 I vorausgesetzten Bucheintragung, führt nicht weiter. Wenn diese auch zweifellos richtig sein muß, so nennt § 873 I doch nur die Erfordernisse einer Verfügung, ohne zu sagen, wofür eine solche sonst verlangt wird. — Parallelen zur Heilung formwidriger Schenkungen (§ 518 II) verbieten sich schon wegen der dortigen Unklarheiten bei Auslegung der „Bewirkung der versprochenen Leistung" 34 . Erstrangiges Kriterium für die Auslegung einer Formvorschrift ist ihr Zweck; regelt diese zugleich die Heilung des Formmangels, so gilt dafür das gleiche.
25
Die in § 13 I I StGB vorgesehene fakultative Strafmilderung trägt dem mitunter geringeren Schuldvorwurf Rechnung. 26
§ 17, 6e. Festschrift Schiedermair, 248 f. 28 RGZ 117, 287, 294; 120, 118, 120. 29 257. 30 13; ebenso Wieczorek/Schütze, § 938 Anm. Β I I a 2. 31 Der Vertrag werde durch die „nachfolgende Uebertragung des Eigenthumes, dh. Auflassung und Eintragung, gültig" (Mugdan II, 105). 32 Mugdan II, 622. 33 In Erman, §§ 135, 136 Rdz. 15 a.E. 34 Hierzu Reinicke, NJW 1970, 1447 ff. 27
II. Die Wirksamkeit des verbotswidrigen Erwerbs
131
Absicht des Entwurfs war es, mit der notariellen Form neben übergeordneten auch individuelle Belange zu schützen 35 . Generalisierend spricht man heute von der Schutzfunktion, in Form von Warnung und Beratung, sowie von der Rechtssicherheit, die § 313 Satz 1 gewährleiste 36. Zur Warnfunktion bemerkt Reinicke 37 zutreffend, daß sie von der Heilung überspielt wird, falls der Schuldner — etwa der Grundstückseigentümer beim Schwarzkauf — glaubte, zu der sie auslösenden Erfüllung verpflichtet zu sein; hier wird der Schutz reduziert. Diese Pauschalierung ist jedoch hinzunehmen, da nur schwer zu klären wäre, ob der Schuldner die Erfüllung nun aus irriger Furcht vor Verurteilung einleitete, oder um einen Preisstopp zu unterlaufen oder die Hinterziehung von Grunderwerbssteuer zu ermöglichen. — Dieselbe Unsicherheit legt andererseits nahe, zugunsten des Schuldners die Heilung eher an den Eigentumsverlust zu binden. Damit würde die Frage der Gültigkeit des Kaufvertrags von der Eintragung als äußerem Umstand auf ein Rechtsproblem verlagert. In gewisser Hinsicht würde das die Rechtssicherheit mindern, die auch und gerade einen Vorzug des § 313 Satz 2 bildet 3 8 . Andererseits ist es für die Beteiligten zumutbar, zur Klärung ihres obligatorischen Rechtsverhältnisses auf das selbst für Dritte maßgebende Sachenrecht zurückzugreifen. Das kann zwar dazu führen, daß noch nach Jahrzehnten das Kausalgeschäft richterlicher Beurteilung zu unterziehen ist; entsprechende Schwierigkeiten sind aber auch im parallelen Berichtigungs-Streit denkbar. Jedoch würde die Rechtssicherheit noch in anderer Hinsicht gemindert, und zwar ausschlaggebend. Ist nämlich ein Grundstückskaufvertrag nach maximal 30 Jahren rückabzuwickeln, so sind hierbei ganz beträchtliche Schwierigkeiten zu erwarten, sowohl in rechtlicher Beziehung (Verfügung, Parzellierung, Erbfolge, Nutzung) als auch bei der jeweiligen Wertermittlung. Nicht von ungefähr nennen die Motive die Vermeidung derartiger Komplikationen als ersten der Gründe für die Heilung 3 9 . Gleichartige Probleme mögen auch infolge anderer Mängel des Grundgeschäfts auftreten. Selten wird man sie aber so spät entdecken wie den Formmangel eines Vertrags, den beide Teile als gültig ansehen. Das gilt erst recht in dem häufigsten Anwendungsfall des Erwerbsverbots, daß der Vertrag wohl beurkundet wurde, die Vereinbarungen aber unvollständig oder unrichtig bezeichnet sind. Hier versagt nämlich außer der Beratungs- auch die Warnfunktion jedenfalls insoweit, als man für unwahrscheinlich halten kann, daß der Käufer z.B. bei Beurkundung des tatsächlich zugestandenen Preises dieses Angebot zurückgenommen hätte 40 . Dem läßt sich nicht entgegensetzen, die Erwirkung eines Erwerbsverbots schließe gerade aus, daß erst lange 35 36 37 38 39 40
9*
Mugdan II, 104 f. Erman I Battes, § 313 Rdz. 1. 11. Kanzleiter, DNotZ 1973, 524; BGH, NJW 1978, 1577. Mugdan II, 105. Hierzu allgemein BGH, NJW 1978, 1577.
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D. Das richterliche Erwerbsverbot
Zeit später kondiziert werde; denn keineswegs jeder Bereicherungsanspruch ist bekannt oder wird bei Kenntnis verfolgt. Ausnahmesituationen aber können nicht zu einer gespaltenen Auslegung derselben, klaren Formulierung in § 313 Satz 2 fuhren. Ein Formmangel wird von § 313 Satz 2 demnach schon mit Auflassung und bloßer Eintragung der Rechtsänderung geheilt, zu welcher der verdeckte Vertrag verpflichten sollte. Daraus folgt einerseits, daß das Erwerbsverbot nach einer verbotswidrigen Eintragung aufgehoben werden muß, andererseits aber, daß die dem Verkäufer bis dahin als Kondiktionsgläubiger drohende Verlustgefahr mindestens so groß ist wie das in §§ 135, 136 bedachte Risiko einer Verfügung an Dritte. (4) Methodisch ist demnach die Verbindung von doppelter Analogie zu §§ 135 1 1, 136 und analogieähnlichem argumentum a fortiori zulässig: Ist eine verbotswidrige Verfügung sogar einem dritten Erwerber gegenüber unwirksam, so muß der Verfügungserfolg erst recht ausbleiben, wenn der Erwerber selber Verbotsbetroffener ist, und zwar auch dann, wenn der Erwerber ein Gebot mißachtet.
I I I . Grundbuchrechtliche Konsequenzen des Verbots Von dem Grundbuchrichter sind Erwerbsverbote nur im Rahmen des Verfahrensrechts zu berücksichtigen. Entscheidend ist daher, ob sie Eintragungsvoraussetzungen der GBO zu Fall bringen oder den Richter kraft besonderer Anordnung binden.
1. Die Bindung an „Eintragungsverbote44 Gegen die Zulässigkeit der früher vorgeschlagenen Eintragungsverbote spricht freilich schon, daß der damit verbundene Eingriff in die grundbuchrichterliche Kompetenz einer besonderen Ermächtigung bedürfte 1 . Die Forderung Ostermanns, der Grundbuchrichter solle auch das Grundgeschäft in seine Prüfung einbeziehen, scheint von manchen neueren Bestrebungen 2 gestützt zu werden, nicht aber von der Entstehungsgeschichte des Prüfungsrechts. Dessen — übrigens umstrittene — Reichweite nach §§12, 13 AllgHypO stieß schon seinerzeit auf Kritik. Diese rügte nicht nur Verkehrsfeindlichkeit und Unzulänglichkeit jener Kontrollpraxis, sondern empfand sie als „ i n vielfacher Beziehung" schädlich für die Interessenten 3. Da die Abstraktheit rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs an Grundstücken spätestens 1872 ver1
Vgl. S. 48. Eickmann z.B. fordert eine verstärkte AGB-Kontrolle, Rpfl 1973, 346f. 3 So Koch 67; das auch ins A L R eingegangene Prinzip von titulus und modus wurde freilich beibehalten. 2
III. Grundbuchrechtliche Konsequenzen des Verbots
133
bindlich geworden war 4 , entsprang das damalige Prüfungsrecht in der Tat eher fürsorglicher Denkweise, indem es die Beteiligten davor bewahrte, rechtsgrundlose Erwerbungen erst noch kondizieren zu müssen. War demnach die Reduzierung des Prüfungsrechts durch die preußische GBO von 1872 schon systemkonform, so ist sie seit der konsequenten Durchführung der Abstraktion in BGB und GBO zwingend: Das Gegenstück zum formellen Konsensprinzip ist nach heutigem Recht die alleinige Prüfung der dinglichen Einigung (§ 20 GBO). Das stärkste Argument Ostermanns scheint die analoge Anwendung des § 16 I I HGB zu sein; § 16 HGB bezieht sich auch auf konstitutive Eintragungen. Ob der Gesetzgeber eine vergleichbare Vorschrift in das Grundbuchrecht aber nur deswegen nicht aufnahm, weil er ihre Geltung für selbstverständlich hielt, ist fraglich. Zunächst nämlich ist die Gefahr, welche von einem falschen Handelsregister ausgeht, generell größer als die des Grundbuch-Rechtsscheins. Droht hier schlimmstenfalls ein Eigentumsverlust, kann es dort um die unternehmerische Existenz gehen. Auch ist wiederum das Abstraktionsprinzip zu beachten, Kernstück des BGB, zumal des Sachenrechts. Es ist nicht nur seine Konsequenz, sondern es dient auch seiner Wahrung, daß Fehler des schuldrechtlichen Geschäfts erst über eigene Institute ins Sachenrecht umgesetzt werden. Diese Funktion erfüllen vorrangig Vormerkung und Verfügungsverbot 5, welche auch im summarischen Verfahren erwirkt werden können. Das Handelsregister-Recht sieht vergleichbare Schutzformen nicht vor. § 127 Satz 1 FGG ermächtigt das Registergericht nur, eine von diesem zu treffende Verfügung auszusetzen, wenn die Entscheidung „von der Beurteilung eines streitigen Rechtsverhältnisses abhängig ist"; eine Pflicht zur Aussetzung besteht jedoch ebenso wenig, wie eine Entscheidung des Prozeßgerichts bindet 6 : § 16 I I HGB schließt hier eine Regelungslücke. Endlich ist das Risiko, daß schuldrechtliche Ansprüche durch Eigentumserwerb Dritter vereitelt werden, wesentlich geringer als das einer unbegrenzten Haftung infolge falschen Registerinhalts. Bis auf den Fall des § 313 Satz 2 nämlich ist es durch rechtzeitige Erwirkung von Vormerkung bzw. Verfügungsverbot und deren rasche Eintragung zu vermeiden. Einer analogen Anwendung des § 16 I I HGB im Grundbuchrecht stehen somit sachenrechtliche Besonderheiten entgegen. Nach allem bleibt es bei dem Prinzip, daß Inhalt einer einstweiligen Verfügung keine Anordnung an den Grundbuchrichter sein kann, die nicht vom Grundbuchrecht gedeckt ist. Ein „Eintragungsverbot" ist unzulässig.
4
Die von Savigny begründete Lehre verstand unter ,iusta causa4 den Willen zur EigentumsübQTtTSigung, was das Eigentumserwerbsgesetz vom 5. 5. 1872 aufgriff. 5 Zur jeweiligen Anwendung s. Harms, SaR, 291 f. 6 Baur, ZGR 1972, 424.
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D. Das richterliche Erwerbsverbot
2. Die Auswirkungen der zivilrechtlichen Sanktion a) Der Eintragungsantrag des Erwerbers
Die relative Unwirksamkeit verbotswidrigen Erwerbs führt zu einer Grundbuchsperre, wenn sie auch den Eintragungsantrag erfaßt. aa) Dessen Geltung würde infolge der §§ 135, 136 unmittelbar nur berührt, wenn er Verfügung oder — nach früherer Ansicht — materiellrechtliche Erwerbshandlung wäre; er hat indessen rein verfahrensrechtlichen Charakter 7 . — Außerdem könnte eine Sanktion der Verbotsverletzung nur nachfolgen; in der Praxis werden Erwerbsverbote, soweit die Judikatur das erkennen läßt, aber oft erst nach den Umschreibungsanträgen ausgesprochen. Die auf den Verfügungscharakter des Antrags beschränkte 8 Herleitung der Grundbuchsperre ist also auch praktisch unzureichend. bb) Unabhängig von dem Zeitpunkt des Antrags wäre dieser allerdings unwirksam, wenn der Erwerber die Antragsfahigkeit, die bis zur Eintragung fortdauern muß, vor und nach Antragstellung verlöre. Dies wiederum hängt davon ab, ob das Erwerbsverbot auf Seiten des Erwerbers eine Rechtsmacht materiellrechtlicher Art mindert und ob dieser Mangel auf das Verfahrensrecht durchschlägt. Insoweit muß die Verfögungsmacht des Erwerbers freilich außer Betracht bleiben, nachdem sich unter II. 1 gezeigt hat, daß eine Erwerberverfügung, wenn sie überhaupt vorliegt, entbehrlich ist. Auch darauf, ob trotz der auf S. 125, 128 geäußerten Bedenken eine Erwerbsmacht oder -fahigkeit anzuerkennen ist, kommt es hier nicht an. Denn Grundlage der analogen Anwendung von Rechtsmacht auf Verfahrensvoraussetzungen ist, daß das dingliche Recht bzw. sein Derivat auch zu Verfahrenshandlungen hierüber berechtigt. Ein solches dingliches Recht am Grundstück kann dem Erwerber allenfalls in Form der Anwartschaft zustehen. Diese entsteht nach allgemeiner Ansicht 9 nicht, bevor die Einigung der Parteien bindend geworden ist. Die GBO aber erkennt hiervon unabhängig in § 13 I I Fall 2 Anträge des Erwerbers an und lehnt es damit selber ab, deren Wirksamkeit anhand seiner materiellrechtlichen Stellung zu beurteilen. Das gleiche ist daraus zu schließen, daß die Antragsbefugnis des von der Eintragung Begünstigten besonders erwähnt wird; sie ergäbe sich nämlich anderenfalls schon aus dem Betroffensein des Erwerber-„Rechts". Überhaupt enthält die GBO keinen Hinweis darauf, daß für die an die Person des Erwerbers anknüpfenden Eintragungsvoraussetzungen — von Geschäftsfähigkeit usw. abgesehen — das materielle Recht maßgeblich sein soll. Ein Gewohnheitsrecht dieses Inhalts hat sich mangels dahingehender opinio iuris 7 8 9
Allg. Ansicht; vgl. Baur, § 16 I I 1 a; Bertsch, Rpfl 1968, 179. Vgl. Grimm 37 ff. Vgl. BGHZ 49, 197, 200ff. m.w.N.
III. Grundbuchrechtliche Konsequenzen des Verbots
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gleichfalls nicht gebildet; denn die auf S. 116,118 f. zitierten Ansichten stimmen nur im Ergebnis der Grundbuchsperre überein. Die Antragsfähigkeit wird somit auch von den materiellrechtlichen Verbotsfolgen nicht berührt. b) Die Prüfung der Auflassung nach § 20 GBO
Schon terminologisch setzt § 20 GBO wohl für den Veräußerer, nicht aber für den Erwerber eine Berechtigung voraus. Über diese Vorschrift hindert das Erwerbsverbot die Eintragung daher nur, wenn es die „Einigung" entfallen läßt. Jedoch ist nach dem unter II. 1 Gesagten ausgeschlossen, daß die Veräußerung an den Erwerber dadurch fehlschlägt, daß dieser eventuell noch zusätzlich nach § 185 verfügt. In Analogie zu §§ 135,136 gilt der verbotswidrige Erwerb zwar im Ergebnis als unwirksam. Ob diese Sanktion aber gerade die Auflassung erfaßt, erscheint schon deshalb fraglich, weil die Analogie nicht an die Erwerbshandlungen anknüpft, sondern sogar für die Mißachtung eines Gebots gilt 1 0 . Überhaupt bedarf es eines Erwerbsverbots erst nach der Auflassung des Grundstücks, so daß ihr durch §§ 135, 136 die Wirksamkeit gar nicht mehr genommen werden kann 1 1 . Nun soll die Auflassung aber auch daraufhin zu überprüfen sein, ob sie zulässigerweise „ausgeübt" wird 1 2 ; zugleich soll der Erwerber ja durch ihre „Ausnutzung" oder die „Herbeiführung der Eintragung" verfügen können. Unter Ausnutzung verstand Grimm wiederum die ;4«/ragstellung zum Zwecke des Erwerbs 13 . Zu denken ist aber auch daran, daß der Erwerber die schriftlich abgefaßten Auflassungserklärungen dem Grundbuchamt vorlegt. Immerhin steht diese Vorlegung dem Verfügungserfolg zeitlich noch näher als die Auflassungserklärung. Eine Verfügung wäre sie jedoch nur dann, wenn mit ihr ein privatrechtlicher Erfolg angestrebt würde. Ein auf ihn gerichteter Wille trat aber schon bei der Auflassung klar hervor; die Überflüssigkeit seiner weiteren Betätigung spricht dagegen, ihn noch der Vorlegung beim Grundbuchamt zu unterstellen: Als Bewirkungshandlung dürfte die Einreichung allein dem Grundbuchverfahren zugehören. Davon abgesehen, kommt es auf den Verfügungscharakter einer „Ausnutzung" ebensowenig an wie auf den einer — davon etwa verschiedenen — „Herbeiführung der Eintragung", deren Gültigkeit als Skripturakt vom Zivilrecht ohnehin nicht berührt werden könnte 14 . Denn eine unwirksame Verfügung
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Vgl. S. 129f., 132. Ebenso das K G für die (für den Grundbuchrichter maßgebende) Zeit bis zur Eintragung des Käufers, JFG 1, 383, 385. 12 Ostermann 55 f. 13 34, 37; vgl. schon S. 117. 11
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D. Das richterliche Erwerbsverbot
des Erwerbers wäre materiellrechtlich unschädlich. Da sie denn auch vom Grundbuchrecht nicht berücksichtigt wird, ist es dem Grundbuchrichter untersagt, die „Ausübung" der Auflassung zu kontrollieren. Im Ergebnis läßt sich ein „Erwerbsverbot" also nicht unter Hinweis auf Mängel der Auflassung durchsetzen. c) Das Rechtsschutzbedürfnis
Möglicherweise beseitigt das Erwerbsverbot aber das Rechtsschutzbedürfnis der Beteiligten. Das setzt voraus, daß diese an der Eintragung kein berechtigtes Interesse haben. Dieses fehlt dem Verkäufer in der Tat; denn er ist wegen der Unwirksamkeit verbotswidrigen Erwerbs 15 außerstande und wegen der Formnichtigkeit des Kaufvertrages auch gar nicht verpflichtet, dem Käufer Eigentum zu verschaffen. Diese Pflicht würde im Gegenteil mit einer — den Mangel heilenden — Eintragung wieder aufleben. Gerade hieran ist jedoch dem Käufer gelegen, wenn er seine Eintragung weiter betreibt. Ob der Käufer an ihr ein berechtigtes Interesse hat, erscheint allerdings fraglich. Denn einerseits hat er keinen Verschaffungsanspruch, andererseits wurde ihm deshalb sogar ausdrücklich verboten zu erwerben. Freilich unterstellt § 20 GBO nur die dingliche Einigung der Prüfung des Grundbuchrichters; das Grundbuchverfahrensrecht verzichtet überhaupt auf eine Kontrolle der dem Erwerbsgeschäft zugrundeliegenden schuldrechtlichen Abreden 16 . Von diesen soll eine Eintragung also nicht abhängen. Dann sind sie aber auch für das Rechtsschutzbedürfnis ohne Bedeutung. Das richterliche Verbot als solches schließt eine Berechtigung des Erwerberinteresses aus, wenn dieses Interesse mit der Gesamtrechtsordnung vereinbar sein muß. Jedoch dient das Rechtsschutzbedürfnis nicht dazu, die Lücken zu füllen, welche eine spezialgesetzliche Regelung für die Prüfung von Zulässigkeit oder Begründetheit eines Antrags beläßt. Es soll nur verhindern, daß die Gerichte unnötig in Anspruch genommen werden 17 , und fehlt daher erst dann, wenn sich Antrag bzw. Klage als bloße Willkür oder als Schikanierung des Gegners darstellen, weil das angestrebte Ziel entweder einfacher oder gar nicht zu erreichen ist. — Solches kann dem verbotswidrig Erwerbenden nicht entgegengehalten werden. Seine Eintragung würde nämlich den Formmangel — ungeachtet der Verbotsfolgen 18 — heilen und ihm einen Anspruch auf das Grundstück verschaffen. Wegen der Heilung wäre außerdem die Unrichtigkeit 14 15 16 17 18
Vgl. Habscheid, Festschrift Schiedermair, 248 f. Vgl. S. 132. Vgl. S. 132 f. und HSS, Rdn. 1880. Pohle 206. S. 130 ff.
III. Grundbuchrechtliche Konsequenzen des Verbots
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des Grundbuchs nicht von Dauer; denn nach dem Wegfall des dem Verkäufer zustehenden Bereicherungsanspruchs müßte das Erwerbsverbot aufgehoben werden, womit auch die relative Unwirksamkeit entfiele. Demnach beseitigt selbst die Gewißheit der — vorerst — unrichtigen Eintragung des Erwerbers dessen Rechtsschutzbedürfnis nicht.
3. Die suspendierte Auflassung als Ëintragungshindernis nach § 20 GBO Die Eintragung wäre freilich nach § 20 GBO zu unterbinden, wenn der Verfügungsrichter entsprechend dem Vorschlag 19 Habscheids die Auflassung der Beteiligten suspendieren könnte. a) Als Ermächtigungsgrundlage für einen solchen Eingriff kommt nur § 938 ZPO in Betracht. Dessen Abs. 2 zählt die dem Richter gestatteten Anordnungen nur beispielhaft auf. Daraus schließt Habscheid, daß das Gericht jede Maßnahme anordnen könne, die jeweils erforderlich sei; hier komme als einzige die Vereitlung des Rechtserwerbs in Betracht 20 . Unter den in § 938 I ZPO genannten „Anordnungen" scheint der Sprachgebrauch eher Gebote und Verbote zu verstehen; jedoch läßt die Vorschrift selber keinen Zweifel daran, daß Art und Umfang der Anordnung sich aus dem „Zweck" ergeben, dem diese jeweils dient. Auch in der Entwurfsbegründung hieß es, die Gefahr für den Gläubiger könne so mannigfaltig sein, daß sich die Mittel zur Abwehr nicht im voraus bestimmen ließen 21 . Andererseits galt es den Motiven als „selbstverständlich, daß durch dieselben (Verfügungen) . . . in dem materiellen Rechte der Parteien untereinander . . . (nicht) etwas geändert" werde; das folge aus dem „Zwecke der einstweiligen Verfügungen" 22 . Dieser besteht darin, zur Abwehr von Gefahren für den Gläubiger die jeweilige Sach- und Rechtslage zu erhalten; dem letzterwähnten Hinweis der Motive lag daher offenbar die Vorstellung zugrunde, daß eine materiellrechtlich wirkende Verfügung das Rechtsverhältnis der Parteien in einer Weise prägen würde, die dem Hauptprozeß Vorgriffe. Aus dem gleichen Grunde wird auch heute eine Anordnung, die eine Willenserklärung des Antragsgegners zum Inhalt hat, ungeachtet ihrer Form 2 3 häufig für unzulässig 19 Zu ihm steht die gleichzeitige Kritik Habscheids (Fn.14), die h.M. lasse den Grundbuchrichter über subjektive Rechte wachen, allerdings in Widerspruch. 20 Festschrift Schiedermair, 252. 21 Hahn, CPO, 478. 22 Hahn, CPO, 478. 23 Eine neuere Ansicht läßt Verfügungen zu, welche die Geltung der Willenserklärung zeitlich begrenzen: Jauernig, ZZP 1966, 341 f.; Zöller/ Stöber, §894 Anm. 3; O L G Stuttgart, NJW 1973, 908.
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D. Das richterliche Erwerbsverbot
gehalten 24 . — Endgültige Verhältnisse kann eine solche Anordnung aber nur schaffen, wenn schon sie entweder dem Anliegen einer Partei gerecht wird oder zumindest das der anderen gefährdet; beides ist in jedem Einzelfall zu prüfen, spricht jedoch nicht gegen die Zulässigkeit einer rechtsgestaltenden Anordnung. In systematischer Hinsicht ist von Bedeutung, daß Anordnungen i. S. des § 938 ZPO nach der ausdrücklichen Regelung in §§ 135f., 23 ZVG, 106 K O usw. erst kraft derartiger Übertragungsnormen (jedenfalls) sachenrechtliche Wirkung entfalten sollen. Für die Ausgestaltung der Erwerbsverbote aber kann auch dies nicht bestimmend sein; denn der Gesetzgeber rechnete, soweit ersichtlich, nicht mit dem Interesse des Verkehrs an ihnen. Schließlich müßte die Suspendierung der Auflassung mit dem Grundsatz 25 vereinbar sein, daß einstweilige Verfügungen sich in den Grenzen des Vollstreckungsrechts zu halten haben. Überwiegend wird gegen Verfügungsfeschlüsse über die Abgabe einer Willenserklärung eingewandt, daß § 894 ZPO eine rechtskräftige Entscheidung im Hauptprozeß 26 , zumindest aber die formelle Rechtskraft eines Verfügungsurteils 21 voraussetze. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus §§ 885 I, 899 II, da weder Vormerkung noch Widerspruch Wirkungen entfalteten, wenn es an einem zu sichernden Anspruch fehle; nur einer Verfügung, die aufgrund jener Vorschriften ergehe, sei also die gebotene Vorläufigkeit eigen 28 . Die Gegenansicht hält jede Anordnung, die selber nur eine begrenzte Wirkungsdauer beansprucht, für vorläufig und daher für zulässig 29 . — Tatsächlich würde eine bis zum Ende des Hauptverfahrens befristete Willenserklärung immerhin von selbst entfallen. Das besagt jedoch nicht, daß ihre Geltung — entgegen §§ 894,928, 936 ZPO — keiner gesetzlichen Grundlage bedarf 30 . Diese ist den §§ 885 I, 899 I I schon deshalb nicht zu entnehmen, weil die hiernach möglichen einstweiligen Verfügungen die betreffende Bewilligung nicht fingieren, sondern ersetzen. In Betracht kommt aber eine entsprechende Anwendung des § 894 ZPO. Dessen Rechtskrafterfordernis ist zunächst durch die unbegrenzte Dauer der Fiktion bedingt; für befristete Willenserklärungen wäre an ihm daher nicht festzuhalten. Das liefe auch seinem Zweck, den Beklagten bei nur vorläufig vollstreckbarem Urteil vor den Nachteilen einer — wenn auch nur — auflösend 24
BLIHartmann, § 938 Anm. 1 D; Stein/ Jonas/ Grunsky, RdNr. 51 vor § 935; O L G Hamm, M D R 1971,401; a. A. Baur (Studien, 56) für Nebenpflichten aus Gemeinschaftsverhältnissen. 25 Motive ZPO (Hahn, CPO, 478). 26 SteinI Jonas/Grunsky, RdNr. 51 vor §935; OLG Hamm, M D R 1971, 401; Wieczorek/ Schütze, § 938 Anm. Β I I b 1; insoweit auch Jauernig, NJW 1973, 1673, b. 27 O L G Frankfurt, M D R 1954, 686 f. 28 O L G Hamm, M D R 1971, 401. 29 Jauernig (ZZP 1966, 342) und die in Fn. 23 Genannten. 30 So aber Jauernig (NJW 1973,1673, b) und offenbar auch Grunsky (für Maßnahmen, die das Rechtsverhältnis der Parteien „umgestalten") in Stein/ Jonas, § 938 RdNr. 20,6ff.
III. Grundbuchrechtliche Konsequenzen des Verbots
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bedingten Fiktionswirkung zu bewahren 31 , nicht zuwider; denn eine Sicherungsverfügung ist ohnehin nur zulässig, wenn sie das Recht des Schuldners keinen Gefahren aussetzt. Daß in diesem Fall aber zugleich der Gläubiger möglichst weitgehend geschützt werden soll, erweist außerdem § 895 ZPO, der dem Schuldner unschädliche Willenserklärungen schon vor Rechtskraft fingiert. Dann aber ist auch Erklärungen, die durch eine Sicherungsverfügung auf die Dauer des Hauptprozesses befristet sind, analog §§ 894, 895 ZPO Geltung zu verschaffen. Erlangt der Käufer trotz formnichtigen Vertrags die Auflassung, so ist er gemäß §§ 812, 818 I zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet, durch welche die Auflassung „rückgängig" gemacht wird 3 2 . Auch deren — vorläufige — Aufhebung ist daher prinzipiell zulässig. b) Allerdings darf die Sicherungsverfügung keine Maßnahme enthalten, die einer Erfüllung des vorgeblichen Gläubigeranspruchs gleichkommen und endgültige Verhältnisse schaffen würde 33 . Wenn die Auflassung suspendiert wird, steht der Kondiktionsgläubiger materiellrechtlich in der Tat so, als hätte der Erwerber bereits rückaufgelassen. Freilich legitimiert sich der obige Grundsatz nur durch den Regelfall, daß eine — wenn auch nur vorübergehende — Erfüllung den Antragsgegner als vorgeblichen Schuldner dem Risiko aussetzen würde, irreversible Nachteile zu erleiden. Ob ein solches Risiko auch bei der vorliegenden Konstellation besteht, ist nicht ohne weiteres festzustellen. Der Rückauflassung bedarf der Verkäufer nämlich nicht, um sodann an Dritte aufzulassen; das kann er ohnehin. A n der Rückauflassung, eher noch an der Aufhebung der Auflassung, liegt ihm nur, um so auch die Eintragung des Erwerbers sicher auszuschließen. Damit wird er allerdings zugleich in die Lage versetzt, seinerseits die Eintragung eines Dritten zu bewirken, dem er das Grundstück erneut aufließ oder ein Recht daran bestellte; auch bliebe das Grundstück den Gläubigern des Verkäufers als Vollstreckungsobjekt erhalten. Hierdurch würde der Käufer bei Formnichtigkeit des Vertrages lediglich die Chance verlieren, den Formmangel nach § 313 Satz 2 zu heilen; sein — schon existenter — Bereicherungsanspruch wegen des etwa bereits gezahlten Kaufpreises würde sogar gesichert. Wurde das Erwerbsverbot hingegen in Verkennung der Formgültigkeit des Kaufvertrages ausgesprochen, so würde eine Veräußerung an Dritte den Anspruch des Käufers auf das Grundstück vereiteln. Ob diese Gefahr es verbietet, durch Suspendierung den Erfüllungszustand herzustellen, kann dahinstehen, wenn sie abwendbar ist.
31 Eine solche Regelung wurde von der 2. Kommission, die für sie auch keinen Bedarf sah, mehrheitlich abgelehnt, vgl. Protokolle VI, 728 f. 32 RGZ 108, 329, 336. 33 Stein/Jonas/Grunsky, §938 RdNr. 3, 18; KG, M D R 1977, 500: Ausnahmen nur, falls besondere Gründe sie zugunsten des Gläubigers erfordern.
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D. Das richterliche Erwerbsverbot
Sie ergibt sich übrigens bei jedem, wie aucli immer konstruierten Erwerbshindernis. Der Käufer kann sie zwar grundsätzlich vermeiden, indem er gegen den Verkäufer ein Verfügungsverbot erwirkt. Praktisch würde dieser einem solchen Verbot aber häufig zuvorkommen, bedenkt man, daß er sich von dem alten Vertrag nicht selten lösen will, um auf ein günstigeres Angebot einzugehen. Ohnehin könnte der Erwerber einen Verfügungsanspruch schwerlich dem Richter glaubhaft machen, der ihn kurz zuvor mit einem Erwerbsverbot belegt hat, das gerade einen Form mangel voraussetzt. Auch eine Eintragung des Erwerbsverbots, wohl ohnehin mangels Voreintragung des Käufers unzulässig 34 , könnte diesen gerade nicht schützen. Falls gegen das Erwerbsverbot Rechtsbehelfe eingelegt wurden, ist — entgegen Wacke — Abhilfe u. U. dadurch zu schaffen, daß der Grundbuchrichter durch Zwischenverfügung nach § 18 I Fall 1 GBO entscheidet: Dem Antragsteller würde ein Frist gesetzt, binnen welcher er eine rechtskräftige Entscheidung über die Aufhebung des Erwerbsverbots nachzuweisen hätte. — Vollständig ist solcher Schutz aber nur, wenn diese Entscheidungsform nicht lediglich dem Ermessen des Richters überlassen bleibt. Die Ansicht, die als seltenen, aber zwingenden Fall einer Zurückweisung des Antrags das Erwerbsverbot betrachtet 35 , überrascht insofern, als gerade die Aufrechterhaltung der Suspendierung ja vom Ausgang des Hauptverfahrens abhängt und somit keineswegs gewiß ist. Demgegenüber läßt die herrschende Meinung den Grundbuchrichter abwägen zwischen einerseits dem berechtigten Interesse des Antragstellers an der Rangwahrung, andererseits den Interessen späterer Antragsteller und denen der Allgemeinheit an zuverlässiger und klarer Grundbuchdarstellung 36 . Diese Kriterien entsprechen in der Tat den von der GBO insgesamt verfolgten Zielen. Sie haben daher normativen Charakter. Eine Entscheidung, die sich nicht hierauf stützt, ist rechtswidrig. Insoweit unterliegt sie mithin auch richterlicher Nachprüfung 37 . Stehen dem Erwerbsinteresse nur grundsätzliche Erwägungen gegenüber, so wird sich der Grundbuchrichter an der Regel orientieren können, daß eine Zwischenverfügung nur bei Mängeln in Betracht kommt, denen leicht und schnell abzuhelfen ist. Ließe ein Erwerbsverbot aber die Auflassung entfallen, so hätte er weiteres zu berücksichtigen. Zum einen ist die Behebung des Mangels durchaus ungewiß. Andererseits hat der Erstkäufer ein Interesse daran, seinen vorgeblichen Verschaffungsanspruch bei günstigem Ausgang des Rechtsstreits noch durchsetzen zu können. Es bleibt das Interesse des Verkäufers. Dessen Mindestziel ist es, zur Wahrung seines 34
Ausführlich hierzu Weng 64 f. Vgl. die Nachw. auf S. 120 Fn. 73. 36 Horber, § 18 Erl. 4 A a; BayObLGZ 1956, 122, 127; RGZ 126, 107, 111 ff. 37 RGZ 126, 107, 109. In diesen Grenzen ist aber entgegen Herrmann (in K E H E §18 Rdn. 43) sehr wohl ein richterliches Ermessen anzuerkennen, s. auch §§ 144ff. ZPO und Denkschrift zur GBO, Hahn/Mugdan V, 158. 35
III. Grundbuchrechtliche Konsequenzen des Verbots
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Anspruchs die Heilung des Formmangels, d.h. die Eintragung des Erwerbers, überhaupt zu verhindern; um die Veräußerung an den Zweitkäufer zu beschleunigen, ist ihm außerdem an sofortiger Abweisung des Antrags gelegen. Jedoch ist die Rechtslage derart, daß eine Sicherungsverfügung mit grundbuchrechtlicher Wirkung zu seinen Gunsten eben unzulässig wäre, würde sie den Erwerber nicht vor Risiken schützen, die diesem aus der Vorwegnahme der Erfüllung erwachsen. Dem erstgenannten Verkäufer-Interesse kann also ohne gleichzeitigen Schutz des Erwerbers nicht entsprochen werden. Damit sind die Interessen beider Beteiligten auf eine Zwischenverfügung gerichtet. Solange das der Fall ist, müssen aber abstrakte Interessen der Allgemeinheit zurückstehen. Nicht nur bei extensiver Auslegung, sondern auch nach den Grundsätzen der herrschenden Meinung besteht daher in der Regel die Pflicht, den von einem Erwerbsverbot betroffenen Antragsteller mit Zwischenverfügung zu bescheiden; entsprechend dem Gang des Hauptverfahrens wäre ihm auch Fristverlängerung zu gewähren 38 . Damit würden sowohl weitere Verfügungen des Verkäufers über das Grundstück als auch eine Zwangsvollstreckung in dieses ausgeschlossen; denn einem Ersuchen nach § 19 I ZVG um Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks dürfte das Grundbuchamt vor der Eigentumsumschreibung nicht nachkommen 39 . Durch das gemäß § 18 GBO einzuhaltende Verfahren wird der Käufer — als Antragsgegner i. S. der ZPO — demnach hinreichend geschützt. Mittels einstweiliger Verfügung kann also außer dem bloßen Erwerbsverbot auch die vorübergehende Aufhebung der Auflassung ausgesprochen werden. Ein „Erwerbsverbot" könnte demnach folgenden Wortlaut haben: „1. Dem Antragsgegner wird zugunsten des Antragstellers verboten, die Eintragung als Eigentümer des Grundstücks . . . zu beantragen oder in sonstiger Weise zu betreiben. 2. Einen bereits gestellten Antrag hat der Antragsgegner unverzüglich zurückzunehmen."
oder: „Die am . . . von den Parteien erklärte Auflassung des in Ziffer 1 bezeichneten Grundstücks an den Antragsgegner wird aufgehoben, bis über den vorgeblichen Anspruch des Antragstellers auf Rückgewähr dieser Auflassung rechtskräftig entschieden ist."
Ergebnis Das richterliche Erwerbsverbot unterbindet nicht nur gewohnheitsrechtlich, sondern bei richtiger Tenorierung auch kraft Gesetzes die Eintragung des Erwerbers. 38 39
Hierzu Eickmann, 7. Kap. § 1 I I I 1 c. Vgl. S. 44 Fn. 38.
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D. Das richterliche Erwerbsverbot
Beschränkt es sich freilich darauf, Erwerb bzw. Antragstellung zu verbieten oder eine Antragsrücknahme zu gebieten, hat es diese Wirkung nicht. So läßt es einen Eintragungsantrag des Erwerbers unberührt, weil dessen Antragsfähigkeit fortbesteht. Sieht man diese als Derivat seiner Verfügungsmacht an, dann folgt das daraus, daß die Macht nicht beeinträchtigt wird; fließt die Antragsfahigkeit aber aus einer Erwerbsfahigkeit, so verbietet die GBO, hierauf abzustellen. Die von § 20 GBO geforderte Auflassung bleibt als solche gleichfalls wirksam. Ebensowenig entfallt das Rechtsschutzbedürfnis der Beteiligten. Gerade der Erwerber hat nämlich ein berechtigtes Interesse an seiner Eintragung, da sie, wie von § 313 Satz 2 vorgesehen, den Formmangel seines Kaufvertrags heilen und den Verfügungsanspruch des Verkäufers beseitigen würde; die Auslegung jener Vorschrift ergibt, daß diese Heilung unabhängig davon erfolgt, ob die Eintragung den Erwerb herbeiführen kann. Ob dieser infolge der §§ 135,136 unwirksam ist, spielt demnach eine Rolle nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Erwerbsverbot mangels Verfügungsanspruchs wieder aufgehoben wird. So lange ist die analoge Anwendung jener Normen auf das Erwerbsverbot gleichwohl geboten: Kann einem Verbot zuwider nämlich nicht einmal an einen zweiten Erwerber verfügt werden, so muß der Verfügungserfolg erst recht ausbleiben, wenn schon der Ersterwerb verboten war. Dem stehen §§ 878, 892 nicht entgegen. Denn anders als das Interesse des Käufers, sich ab Antragstellung seines Erwerbs sicher zu sein, hat das Recht des Verkäufers, seinen Bereicherungsanspruch bis zur Umschreibung des Eigentums zu verfolgen (§313 Satz 2), im Gesetz verbindlichen Ausdruck gefunden; insofern besteht ein Unterschied zum Schutz vor Nichtberechtigung des Verfügenden. Eine „Grundbuchsperre", die allein die Heilung des Formmangels hindern kann, ist allerdings nur zu erreichen, indem der Verfügungsrichter die zur Eintragung erforderliche Auflassung bis zur Beendigung des Hauptverfahrens suspendiert. Zu dieser Anordnung, die analog §§ 894, 895 ZPO Geltung erhält, ermächtigt § 938 ZPO. Denn das Prinzip, die Sicherungsverfügung dürfe keine Maßnahme enthalten, die einer Erfüllung des Gläubigeranspruchs gleichkommt, ist auf seinen Regelungszweck zurückzuführen: Der Antragsgegner (vorgeblicher Schuldner) soll durch die Erfüllungslage nicht dem Risiko ausgesetzt werden, irreversible Schäden zu erleiden. Letzteres wäre möglich, wenn der Grundstücksverkäufer über das Grundstück verfügen oder einer seiner Gläubiger in dieses vollstrecken könnte, obwohl das Erwerbsverbot in Verkennung der Gültigkeit des Kaufvertrags ausgesprochen wurde. Dies scheitert jedoch vor allem an § 18 GBO; hiernach hat der Grundbuchrichter den Erwerber unter Setzung einer Frist einzutragen, binnen welcher dieser eine rechtskräftige Entscheidung über die Aufhebung des Erwerbsverbots nachweisen kann.
Zusammenfassung Die der Untersuchung vorangestellten Fragen zu Erwerberschutz und Erwerbsverbot lassen sich im Ergebnis wie folgt beantworten: I. Die Eintragung einer Verfögungsbeschränkung hat unter Beachtung des Reihenfolgeprinzips zu erfolgen; denn sie „betrifft" i. S. des § 17 GBO dasselbe Recht wie die Eintragung eines Rechtserwerbers. Zugleich erlangt das Prioritätsprinzip besondere Bedeutung, da § 892 I 2 BGB den Gutglaubensschutz nicht vollständig sichert, sondern unterstellt, daß der Grundbuchrichter jeden Antrag in der Reihenfolge seines Eingangs erledigt. § 17 GBO ergänzt insofern also das Sachenrecht, und zwar um so mehr, als für den Gesetzgeber kein Anlaß bestand, den Schutz jedenfalls vor Verfügungsbeschränkungen derart zu relativieren. Die Praxis der Grundbuchämter, manche Beschränkungen ohne Rücksicht auf frühere Erwerber-Anträge einzutragen, verletzt daher das Prioritätsprinzip; sie ist rechtswidrig. Die herrschende Meinung jedoch, nach der die Verfügungsbeschränkung eine „Grundbuchsperre" auslöst, steht mit § 17 GBO in Einklang; denn ein Eintragungsantrag ist auch dann ordnungsgemäß erledigt, wenn er unter Berufung auf ein (vermeintliches) Eintragungshindernis abgelehnt wird. II. Andererseits hindert eine Verfügungsbeschränkung die Eintragung eines Rechtserwerbers nur sehr bedingt. Zwar führt auch das relative Verfügungsverbot nach § 135 11 BGB zur (relativen) Verfügungsbeschränkung, weil stets ein Teil der Verfügungsmacht, der zur Wiederherstellung der früheren Rechtslage erforderlich ist, bei dem Verfügenden bleibt. Das Legalitätsprinzip verweist den Grundbuchrichter für die Ermittlung von Bewilligungsmacht und Berechtigung jedoch nicht stets auf die Verfügungsmacht des materiellen Rechts. Vielmehr ist dem Grundbuchamt nach Wortlaut, Zweck und Entstehungsgeschichte der §§ 135, 136 BGB untersagt, deren Sanktion dem Erwerbswilligen entgegenzuhalten. Die gesetzliche Möglichkeit, trotz einer Verfügungsbeschränkung an Gutgläubige wirksam zu verfügen, stellt die Verfügungsmacht nicht etwa wieder her; denn sie entspringt keinem subjektiven Recht. Andererseits ergeben funktionelle und historisch-teleologische Auslegung des § 892 I I BGB in Verbindung mit dem Reihenfolgeprinzip, daß das Gesetz die
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Zusammenfassung
Verfügung an Redliche nicht nur ermöglichen, sondern im Interesse des Erwerbers auch sicherstellen will, sobald dessen Eintragung beantragt ist; der Käufer soll dann ohne Verlustrisiko seinen Kaufpreis zahlen können. In systematischer Hinsicht wird dies insofern bestätigt, als anderenfalls der Erwerb eines Buchpfandrechts gegenüber dem eines Briefpfandrechts benachteiligt wäre; zudem würde die absolute Verfügungsbeschränkung gegenüber der relativen aufgewertet, weil die letztere in keinem Fall die Eintragung hindert. Schließlich würde der Grundstücksverkehr gegenüber dem Mobiliarerwerb unnötig erschwert. M i t jener Wertentscheidung des Sachenrechts ist die dem Grundbuchrichter von der herrschenden Meinung zugebilligte „Wächter-Stellung" gegenüber gutgläubigem Erwerb unvereinbar. Nicht einmal dem § 878 BGB läßt sich entnehmen, daß in seinem Anwendungsbereich die Verfügungsmacht wiederhergestellt wird; trotzdem ist hier der Erwerber unstreitig einzutragen. Der allgemeine Schluß von der Verfügungsmacht auf die grundbuchrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen erweist sich damit als unhaltbar. Da er, soweit der Erwerberschutz reicht, keinen beachtlichen Regelungszweck verfolgt, setzt sich die sachenrechtliche Wertung schließlich auch im Grundbuchrecht durch: Rechtsmängel, deren Ursachen das materielle Recht bei Eintragung heilt, rechtfertigen auch keine Grundbuchsperre. Dies gilt selbst dann, wenn der Grundbuchrichter von der Bösgläubigkeit des Erwerbers überzeugt ist; denn dessen Erwerb darf nicht dadurch gefährdet werden, daß die Eintragung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Redlichkeit verzögert wird. Ist die Eintragung des Erwerbers beantragt, so hindert der Gutglaubensschutz ferner die Eintragung eines Amtswiderspruchs. Daß dieser nicht dem Reihenfolgeprinzip unterliegt, berührt zwar die funktionelle, nicht aber die historischteleologische Auslegung von § 892 BGB; denn die Einbeziehung des § 17 GBO in den Erwerberschutz war für den Gesetzgeber nur Mittel zur Durchsetzung des frühen Schutzes, nicht dessen Prämisse. Dem Normzweck gebührt daher der Vorrang, und zwar auch gegenüber § 53 GBO. Dessen Auslegung ergibt, daß das fiskalische Interesse, die Staatshaftung zu vermeiden, nicht auf Kosten sachenrechtlich geschützter Güter privilegiert werden soll, zumal der dem Staat drohende Schaden gering wäre; die Gefahr eines Nichterwerbs dagegen würde die Käufer allgemein davon abhalten, den Kaufpreis schon zu dem in § 892 I I BGB vorgesehenen Zeitpunkt zu zahlen. III. Das richterliche Erwerbsverbot hindert die Eintragung des Käufers kraft Gesetzes nicht schon dann, wenn der Tenor der richterlichen Verfügung den Erwerb usw. — wie häufig — nur „verbietet". Denn §§ 135,136 BGB beseitigen keine Eintragungsvoraussetzung, obwohl sie auf das Erwerbsverbot entsprechend anwendbar sind. Diese Analogie scheitert insbesondere nicht an dem
Zusammenfassung
Grundsatz, den Erwerb nach Stellung des Eintragungsantrags nicht mehr zu gefährden; denn anders als der Berechtigte, dessen Recht von diesem Zeitpunkt an gemäß § 892 I I BGB dem Erwerberschutz weicht, kann der Verkäufer nach §313 Satz 2 BGB seinen Bereicherungsanspruch wegen Formnichtigkeit bis zur Eintragung des Käufers verfolgen, und zwar auch mittels sachenrechtlicher Sanktion. Eine Grundbuchsperre ist aber dadurch zu erzielen, daß der Verfügungsrichter die Auflassungserklärung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen Rückgewähranspruch des Verkäufers aufhebt. Dies ist gemäß § 938 ZPO und analog §§ 894, 895 ZPO möglich. Gegenstand einer Sicherungsverfügung kann nämlich auch eine Willenserklärung sein, wenn deren Geltung auf die Dauer des Hauptprozesses beschränkt wird. Lag dem Erwerbsverbot in Wirklichkeit kein Bereicherungsanspruch zugrunde, so läuft andererseits der Käufer nicht Gefahr, daß sein Verschaffungsanspruch vereitelt wird; er ist insbesondere vor zwischenzeitlichen Verfügungen des Verkäufers geschützt, da ihm nach § 18 GBO zum Nachweis einer Aufhebung des Erwerbsverbots angemessene Fristen zu setzen sind.
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