Gnade spricht Gott: Amen mein Colt 9783963171


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Gnade spricht Gott: Amen mein Colt
 9783963171

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GNADE SPRICHT GOTT – AMEN MEIN COLT

Michael Striss, geb. 1962 in Berlin, arbeitete in mehreren Berufen, bis er eine theologische Fachschulausbildung absolvierte und ein Universitätsstudium der Evangelischen Theologie anschloss. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet er als evangelischer Pfarrer im Rheinland. Seine zahlreichen cineastischen Leidenschaften sind zumeist in den 60er und 70er Jahren angesiedelt. Dazu zählen vor­rangig das stilbildende italienische Genrekino, aber auch der englische Hammer-Film sowie amerikanische und britische Kultserien jener Zeit. Er ist ebenfalls Autor des Buches »Columbo – Der Mann der vielen Fragen«.

MICHAEL STRISS

GNADE SPRICHT GOTT – AMEN MEIN COLT Motive, Symbolik und religiöse Bezüge im Italowestern

Besuchen Sie uns im Internet: www.buechner-verlag.de

ISBN (Print) 978-3-96317-123-9 ISBN (ePDF) 978-3-96317-620-3 Copyright © 2018 Büchner-Verlag eG, Marburg Satz und Umschlaggestaltung: DeinSatz Marburg Bildnachweis Umschlag: DVD Keoma  – Melodie des Sterbens, Studiocanal 2003.

Trotz ausführlicher Recherchen konnten die aktuellen Rechteinhaber der Coverabbildung nicht ermittelt werden. Falls durch die Verwendung Rechte verletzt wurden, bitten wir deswegen um Kontaktaufnahme mit dem Verlag: [email protected]

Das Werk, einschließlich all seiner Teile, ist urheberrechtlich durch den Verlag geschützt. Jede Verwertung ist ohne die Zustimmung des Verlags unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

INHALT

Vorspann: Sergio, Ennio und ich – Mein langer Ritt nach Almería

13

Einleitung: Vom italienischen Western zum Italowestern – Entstehung und Charakteristik eines Filmgenres

21

Geschichte 21 * Charakteristik 28 * Das Paradebeispiel 34 * Musik 37

I. Kapitel : Die Protagonisten

41

1. The Good: Der relativ Gute

41

Der Antiheld 41 * Der Diener zweier Herren 42 * Nihilismus 45 *  Der Außenseiter 47 * Il straniero 49 * Der Mann ohne Namen 50 *  Beziehungsprobleme 52 * Kommunikationsstörungen 53 *  Bindungsangst 55 * Umfassende psychische Störungsbilder 56 *  Körperbehinderung 58 * Biblisches Menschenbild 62 * Lebende Tote 65 * Gibt es Hoffnung? 66

2. The Bad: Der teuflisch Böse

68

Konversion von Gut und Böse 69 * Der Böse ist noch böser 70 *  Der mexikanische Brandstifter 72 * Der nordamerikanische Biedermann 75 * Unheilvolle Allianzen 82 * Sadist, Schöngeist, Herrenmensch 84 * Hybris 89 * »Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen  …« 91

3. The Ugly: Der unberechenbare Dritte Sidekicks 96 * Buddies 98 * Tuco Benedicto Pacifico Juan Maria Ramirez 100 * Dreiecksgeschichten 103 * »Wollt ihr auch weggehen?« 108

96

II. Kapitel: Die weiteren Mitwirkenden

113

1. Reverend Colt: Geistliche

113

Die Institution Kirche 114 * Wölfe im Talar 118 * Gauner im Priesterrock 120 * Echte Gottesmänner und bekehrte Sünder 125 *  Märtyrer 130 * Befreiungstheologen 131 * Ordensleute 134 *  Religiöse Gemeinschaften 136

2. Mein Körper für ein Pokerspiel: Frauen

143

Leone: ein Frauenfeind? 143 * Opfer oder Täterin 146 * Huren und Handelswaren 151 * Bitte keinen Sex! 154 * War Django homosexuell? 158 *  Die Heilige Jill von Sweetwater 161 * Starke Frauen 163

3. Sein Steckbrief ist kein Heiligenbild: Kopfgeldjäger

167

Von irgendetwas muss der Mensch ja leben 167 * Ein notwendiges Übel 170 * Jeder Kopf hat seinen Preis 171 * Dead! Or alive? 173 *  Einige Vertreter der Zunft 174 * Der Judaslohn 179 * Umschulung ist möglich 182

4. Eine Bahre für den Sheriff: Gesetzeshüter

183

Nur ein toter Sheriff ist ein guter Sheriff 183 * Der desillusionierte Alkoholiker 186 * Der korrumpierte Pragmatiker 187 * Der Bock als Gärtner 189 * Luis Induni 190 * Die exekutierte Exekutive 192

5. Die Totengräber warten schon: Bestatter

194

Something to do with death 195 * Der alte Mann und sein Lieferant 196 * Franco Pesce 198 * Ein blühendes Gewerbe 200

6. Es geht um deinen Skalp, Amigo: Ärzte und Barbiere

202

Desinfiziert von außen und innen 202 * Gefahrenzone barber shop 205

7. Ein Zirkus und ein Halleluja: Fahrendes Volk

208

Zirkusleute 209 * Schausteller 212 * Zufluchtsort Planwagen 214

III. Kapitel : Topographie

219

1. Willkommen in der Hölle: Städte und Dörfer

219

Grenzsituationen im Niemandsland 220 * Lebensfeindlicher Ort 223 *  Geisterstädte 227 * Hölle und Apokalypse 230

2. Mögen sie in Frieden ruhen: Sakralbauten und Friedhöfe

233

Kirchen 234 * Klöster und Missionen 235 * Ruinen 237 * »Hügel der Stiefel« 240

3. Unbarmherzig wie die Sonne: Klimatische Bedingungen

243

Leones Hitze, Corbuccis Kälte 243 * Sintflutartige Niederschläge 247 *  Indienstnahme der Naturgewalten 249

IV. Kapitel : Konfliktfelder

253

1. Hass war sein Gebet: Rache und Vergeltung

253

Vendetta 254 * Rückblenden: Bilder im Kopf 257 * »Die Rache ist mein!« 260 * Biblische Racheengel 263 * Apokalyptische Reiter 267 *  Exemplarische Vorwegnahme des Endgerichts 270

2. 100.000 verdammte Dollar: Gier nach Gold und Geld

271

Worshipping gold 271 * Die Wurzel allen Übels 276 * Lossagung 278 *  »Motten und Rost« 280

3. Und Gott sprach zu Kain: Familienprobleme

282

La famiglia 283 * Klassische Familiendramen 284 * Der verlorene Sohn 286 * Ungleiche Brüder 290 * Kain und Abel 293 * Der ältere Sohn heißt Kain 296

4. Mein Name ist Nobody: Lehrer-Schüler-Rivalitäten

298

Lee van Cleef: Übervater und Gesetzgeber 299 * Noch mehr Regeln 302 * Meisterschützen und ihre Schützlinge 304

5. Lasst uns töten, Companeros: Klassenkampf und Revolution

306

Zapata-Western 306 * Raubtierkapitalismus 308 * Moloch Eisenbahn 310 * Revolution und Konfusion 312 * Mexikaner und Yankees 314 * Mexikaner und Europäer 318 * Theologie der Befreiung 321 * Der garstige Graben zwischen Kopf und Hintern 323

6. Der Mörder des Klans: Rassismus 327 John, Pierre und Gojko 327 * Die Passionsgeschichte der Ureinwohner 331 * Die ungeliebten Nachbarn 338 * Einmal Sklave, immer Sklave 341 * Die gelbe und andere Gefahren 344

7. Andere beten – Django schießt: Konfliktlösungen 346 Die Grenzen des Pazifismus 347 * Gesinnungs- oder Verantwortungsethik? 351 * Töten kreativ 354 * Showdown 359 * Triell 363  * Manchmal geht es auch anders 365

V. Kapitel : Requisiten und Rituale

369

1. Jetzt sprechen die Pistolen: Waffen 369 Die Legende vom Phallussymbol 369 * Hieb- und stichfest 370 *  Nur der Colt war sein Freund 372 * Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod 374  * 1.000 Kugeln für ein Halleluja 375 * Seine Waffe war Dynamit 378 * Vielseitig und originell 379 * Was letztlich zählt 383

2. An seinen Stiefeln klebte Blut: Kleidung und Körperhygiene

384

Schwarz und Weiß 385 * Ponchos, Staubmäntel und rosa Strampler 386 *  Behütet und beschirmt 389 * Aquaphobie 391

3. Melodie in Blei: Musikinstrumente und Spieluhren

394

Die Mundharmonika 394 * Weiteres Instrumentarium 396 *  Die Orgel 398 * Zeig mir das Spielzeug des Todes 400

4. Ein Sarg voll Blut: Särge

402

Die Bestellung als öffentliche Bekanntmachung 402 * Es steckt nicht immer drin, wen man vermutet 404 * Zuflucht am Ort des Todes 406

5. Poker mit Pistolen: Glücksspiel

408

»Pray, don’t play!« 409 * Irgendwer spielt immer falsch 410 *  Spiel(k)arten 414

6. Friss oder stirb: Völlerei

416

Spencer und Hill: All you can eat 416 * Weitere gute (Bohnen-) Esser 419 * Jesus versus Paulus? 421 * Symbol der Gier 425 *  Was reingeht, muss auch wieder raus 427 * Alkohol 429 * Nikotin 432

7. Der Kleine und der müde Joe: Trägheit Slow Hill 436 * Indolenz 438

436

VI. Kapitel: Spezifisch christliche Themen und Traditionen

445

1. Die letzte Kugel traf den Besten: Erlösergestalten

445

Savior in the saddle 447 * Messias und leidender Gottesknecht 448 *  Die Geburt des Erlösers und die Heilige Familie 453 * Stellvertretendes Opfer 458 * Passion 461 * Kreuzigung 463 * Auferstehung 466 * Silence: Der leidende Gottesknecht 468 * Keoma, Jonathan, Django: Die JesusIkonen 471 * Espedito, Cuchillo, Tepepa: Der revolutionäre Jesus 477 *  Leon Alastray: Messias wider Willen 482 * Der Heilige Geist und andere Hoffnungsträger 485 * »Alles nur Angeld« 491

2. Die Bibel ist kein Kartenspiel: Die Heilige Schrift

491

Die Bibel als Drehbuch 492 * Ein Buch wird zur Waffe 495 *  Bibelleser wissen mehr 498 * Schriftgelehrte 499 * Zwischen Gericht und Feindesliebe 504 * Das Alte Testament 507 * Gebote und Psalmen 508 * Das Neue Testament 510 * Was angeblich noch alles in der Bibel steht 511 

3. Bete, Amigo: Das Gebet

515

»Plappern wie die Heiden« 516 *  Das Gebet des Gerechten 518 *  Vaterunser, Ave Maria und Rosenkranz 519 * »Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast  …« 521

4. Noch warm und schon Sand drauf: Sakramente und Kasualien

523

Taufe 524 * Abendmahl 526 * Beichte 528 * Trauung 532  * Bestattung 534

5. Bekreuzige dich, Fremder: Weitere Symbole und Riten

540

Kreuz und Kreuzzeichen 540 * For whom the bell tolls 544 *  Kirchliches Interieur und hölzerne Heilige 546

VII. Kapitel: »Erlöse uns von dem Bösen« – Versuch einer Bilanz »Wir lehnen ab!« 557 * Das Böse existiert 561 * Ein »christliches« Genre ?  563  *  Oder doch nur Blasphemie? 565 * Calvinistisch, katholisch  … oder gar lutherisch? 569 * Zehn Thesen 573

557

VIII. Kapitel: »Zuerst sterben die Zeichen  …« – Schlussgedanken

577

Anhang

583

1. Anmerkungen

583

2. Filmtitel mit religiösem Bezug

606

3. Fünfzig und mehr: persönliche Favoriten

612

4. Literaturverzeichnis

615

Film 592 * Theologie 597 * Film und Theologie 598 *  Sonstiges 600 * Filmdokumentationen 601

5. Personenregister 

627

6. Titelregister 

640

7. Verzeichnis der Abbildungen 

669

»Es gibt Möglichkeiten, sich in einem Western anders auszudrücken als bisher. Ich habe die Hauptgestalten des Western wie Symbole behandelt. Für mich sind es Archetypen wie die homerischen Sagengestalten.« Sergio Leone »Ich bin kein Schüler der Bibel, doch ich war stets von der Mytho­logie dieser biblischen Geschichten fasziniert, und wie eng diese mit der Mythologie des Western verbunden sind.« Clint Eastwood »Und ich sah, und siehe, ein fahles Pferd; und der darauf saß, dessen Name war der Tod; und die Hölle folgte ihm nach.« Offenbarung 6,8a

Abb. 1: Der Niemand mit den Engelsflügeln: Henry Fonda und Terence Hill in Mein Name ist Nobody

VORSPANN: Sergio, Ennio und ich – Mein langer Ritt nach Almería

Mein Großvater war schuld. Er ging ins Kino. Warum er das tat, vermag ich nicht zu sagen. Die Frage kommt vierzig Jahre zu spät. Ich erinnere mich jedenfalls nicht, dass er – von Beruf Packer und Sohn eines »Cigarrenarbeiters« – durch besonders cinephile Neigungen aufgefallen wäre. Vermutlich nutzte er Gelegenheiten, der engen Anderthalb-Zimmer-Wohnung im Herzen Berlins, in der Ackerstraße, zu entkommen. In der Ackerstraße wohnten früher die Ärmsten der Armen, hier reihten sich Kneipen und Bordelle aneinander. Heinrich Zille fand dort seine Motive, George Grosz malte gar den Lustmord in der Ackerstraße. Populär wurde Anfang des 20. Jahrhunderts Das Mädchen aus der Ackerstraße, ein »Sittenroman« von Ernst Friedrich, der 1920 vom später emigrierten Reinhold Schünzel erfolgreich verfilmt wurde. Vieles später widmete der Schriftsteller Klaus Kordon den Bewohnern dieser Straße seine Trilogie der Wendepunkte, die sogar zur Schullektüre avancierte. Wenn auch von jenen Tagen in den 60er Jahren nicht mehr viel zu spüren war, so war dies doch mein Kiez, mein Zuhause. Ich wohnte mit den Eltern am einen Ende der Straße, meine Großeltern am anderen. Obwohl: »Ende« trifft es nicht ganz. Ich spreche hier nur von der einen Hälfte der Straße. Denn in der Mitte war sie durch eine Mauer getrennt, wie viele andere Straßen im Umkreis ebenso. Erst als Heranwachsender sollte ich erkennen, dass es mich auf die unvorteilhafte Seite verschlagen hatte. Es war das Land der ungemein begrenzten Möglichkeiten, von dem hier die Rede ist. Das galt natürlich auch für die Teilhabe an Kultur, Literatur, Musik oder Film. Immerhin gab es das Kino. So nahm der Großvater seinen Enkel mit in die traditionsreichen »Oranienburger-Tor-Lichtspiele« (OTL) im Herzen Ostberlins. Hier lernte ich die große Leinwand

14  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

kennen, wenn auch zunächst häufig in Form von russischen Filmen während der Nachmittagsvorstellungen für Rentner. Doch selbst die zogen mich in ihren Bann: z. B. Zemlya Sannikova (Sannikowland, 1973): ein Lost-World-Streifen mit augenfälligen Trashanteilen, der ähnlichen Produkten amerikanischer und britischer Herkunft kaum nachstand. Noch mehr beeindruckte mich Chelovek Amfibiya (Der Amphibienmensch, 1962); ein aus heutiger Sicht wunderbar nostalgischer Film, dessen eindrucksvolles, weil höchst tragisches Ende mir jahrelang nicht aus dem Kopf ging. Auch andere »Bruderländer« hatten für Heranwachsende etwas zu bieten: So kannte meine Generation zwar keinen Harry Potter, dafür aber Saxana, das Mädchen auf dem Besenstiel aus dem gleichnamigen tschechischen Film von 1972 (Divka na kosteti). Dabei handelte es sich um die Geschichte eines weiblichen Zauberer-Azubis, die mit ihrem naiven Charme ungleich mehr faszinierte als die Hochglanzverfilmungen Rowlingscher Bücher. Durch solche und andere Erlebnisse wurde ich gänzlich eingenommen von der Welt der bewegten Bilder. Selbst auf dem Rummelplatz war ich nicht bei den Karussells zu finden, sondern warf lieber zehn Pfennig in altertümliche Geräte, in denen Fotos aus Großmutters Zeiten nach dem Prinzip eines Daumenkinos mittels einer Kurbel in Bewegung gesetzt wurden. Dann gab es noch das Fernsehen. Ich rede hier von der Zeit großer Geräte mit kleinem Bildschirm, die man pünktlich einschalten musste, da sie einige Minuten zum Aufwärmen benötigten. Auch hier waren die Möglichkeiten begrenzt: Es gab wahlweise den Kanal Fünf (DDR-Fernsehen) oder den Kanal Sieben (»Westfernsehen«, sprich: ARD). Auf Letzterem konnte ich als Kind schon Gunsmoke (Rauchende Colts, 1955–75) oder Bonanza (1959–73) sehen. Später gab es sogar ein »Zweites Deutsches Fernsehen«, das nur mittels zusätzlicher Gerätschaften zu empfangen war. Damit konnte man dann gemeinsam mit der Besatzung des Raumschiff Enterprise (Star Trek, 1966–69) in Welten vordringen, die nie ein Mensch – vor allem kein Ostdeutscher – zuvor gesehen hatte. Noch wichtiger waren die Spielfilme. Ich sah, was das Fernsehen hergab. Manchmal musste ich für das Vormittagsprogramm die Schule schwänzen. Saß ich abends zusammen mit meinem Vater vor dem Bild-



Vorspann: Sergio, Ennio und ich – Mein langer Ritt nach Almería 15

schirm, konnte er mich schwer beeindrucken mit seinem Spruch, er hätte diesen Film schon »vor ’61« im Westberliner Kino gesehen. Damit hatte er meiner Generation etwas voraus. Dankbar erinnere ich mich aber daran, dass zu jener Zeit für die »Schwestern und Brüder« aus dem Osten, denen der Zugang zu einer Fernsehzeitschrift verwehrt war, in der ARD fürsorglich samstags die Programmvorschau für die Woche gesendet wurde – ganz langsam zum Mitschreiben. Das half ungemein. Auch traf es sich, dass Filme, die mich interessierten, zu Zeiten ausgestrahlt wurden, in denen ich nach Ansicht meiner Eltern längst schlafen sollte. Illegal und heimlich machte ich deshalb nachts die Bekanntschaft mit einer Art von Filmen, die mich mit einer liebevollen Ausstattung und viel Atmosphäre begeisterten. Später lernte ich, dass diese Streifen von einer britischen Produktionsfirma stammten, die sich »Hammer« nannte. Es war womöglich mein Einstieg in die liebenswerte Welt des Low Budget-Films, der fehlende Geldmittel durch Ideenreichtum und Originalität wettmachen muss. Die Gesichter, die ich dort zu später Stunde zu sehen bekam, gehörten in der Regel Peter Cushing und Christopher Lee. Größer aber als die Angst vor Dracula und Frankenstein war die vor der Entdeckung durch meinen Vater. Irgendwann gab es dann den Luxus eines »3. Programms«, das bewusstseinserweiternd wirkte: Da warb der stets gutgelaunte Dénes Törcz mit Jazzmusik im Hintergrund für den direkt folgenden Film. Entwicklungsfördernd war für mich das »Gruselkabinett«, das zu Beginn schaurig-flüsternd »Mumien, Monstren, Mutationen« versprach. Dort machte ich Bekanntschaft mit großen Tieren wie in Them (Formicula, 1954), Tarantula (1955) oder Gojira (Godzilla, 1954). Im sozialistischen Kino beschränkte sich die Aufführung von Filmwerken des Klassenfeindes auf streng ausgewählte Streifen. Schließlich kostete ihr Einkauf Devisen, von denen die Genossen nie genügend besaßen. Immerhin gab es hin und wieder Lichtblicke, wie z. B. den Kultfilm Vanishing Point (Fluchtpunkt San Francisco, 1971) von Richard C. Sarafian, der in der DDR unter dem Titel Grenzpunkt Null lief. Dieses bedeutende road movie traf ab 1975 auch den Nerv der ostdeutschen Jugend. Anstatt in den Protest gegen die im Film kritisierte böse US-amerikanische Staatsmacht einzustimmen, erkannten wir unsere eigene Obrigkeit wieder. Außerdem kam der Gedanke auf: Ein System,

16  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

in dem es möglich ist, solche Filme zu produzieren, konnte so repressiv nicht sein – jedenfalls längst nicht so totalitär, wie sich das eigene Regime tagtäglich offenbarte. Es existierte auch eine Nische im DDR-Lichtspielwesen, die sich mir ab dem 14. Lebensjahr erschloss: die Mitgliedschaft im Filmclub des »Studio Camera«, wie das bereits erwähnte Kino am Oranienburger Tor, mit dem meine Leidenschaft begann, nunmehr hieß. Dort liefen die Aufführungen des »Staatlichen Filmarchivs« der DDR: alte Schätze, die man sonst nirgendwo zu sehen bekam. Diese Vorstellungen waren berühmt wie berüchtigt, vor allem aus einem Grund: Da die Filme in Originalfassung liefen, es aber keine Untertitel gab, hörte der Zuschauer aus dem Off die Stimme eines Menschen, der fortwährend simultan übersetzte – was ihn jedoch regelmäßig an den Rand seiner Möglichkeiten brachte und dem Publikum Anlass zu häufigen Unmutsbekundungen gab. Immerhin wurde es mir dadurch möglich, mein Grundwissen bezüglich der Klassiker zu erweitern. Hier sah ich erstmals berühmte Western wie Cecil B. de Milles The Plainsman (Held der Prärie, 1937), John Fords Stagecoach (Höllenfahrt nach Santa Fe, 1939) oder My Darling Clementine (Faustrecht der Prärie, 1946), aber auch A Midsummer Night’s Dream (Ein Sommernachtstraum, 1935) von Max Reinhardt, The Magnificent Ambersons (Der Glanz des Hauses Amberson, 1942) von Orson Welles, Underworld (Unterwelt, 1927) von Josef von Sternberg, San Francisco (1936) von W. S. van Dyke oder Kiss of Death (Der Todeskuss, 1947) von Henry Hathaway – und schließlich auch Fritz Langs bahnbrechenden M (1931). Mit großem Eifer versuchte ich mich durch entsprechende Fachbücher weiterzubilden. Allerdings waren auch die Möglichkeiten, an Filmliteratur zu gelangen, sehr begrenzt. Der ungarische Filmwissenschaftler Béla Balázs stellte für einen gerade Heranwachsenden schon harte Kost dar, aber seine Werke waren wenigstens verfügbar. Schwieriger zu bekommen war das Lexikon Filmschauspieler A–Z von Joachim Reichow und Michael Hanisch. Ich schrieb es daher in monatelanger Kleinarbeit per Hand aus einem Bibliotheksexemplar ab. Zur Aktualisierung der Filmographien diente mir Hellmut Langes Sendung Kennen Sie Kino?. Hier wurden neue Filme vorgestellt, von denen ich zwar wusste, dass ich sie auf absehbare Zeit nicht würde sehen können, die ich aber akribisch



Vorspann: Sergio, Ennio und ich – Mein langer Ritt nach Almería 17

meinem Lexikon hinzufügte. Natürlich nahm ich vom Wohnzimmer aus auch am Rategeschehen teil. Gern wäre ich einmal gegen den legendären Hans-Werner Asmus angetreten, der zwischen 1979 und 1982 elfmal als Kandidat teilnahm, wenn mich nicht auch daran die deutsch-deutsche Problematik gehindert hätte. Nur folgerichtig – wenn auch gewagt – wählte ich 1979 im Prüfungsaufsatz im Fach Deutsch meiner schulischen Abschlussprüfungen keine Analyse eines künstlerischen Werkes des »sozialistischen Realismus« als Thema, sondern einen amerikanischen Spielfilm: Rage (Die Rache ist mein, 1972) von und mit George C. Scott. Da es sich hierbei zumindest oberflächlich um einen Streifen mit gesellschaftskritischer Botschaft handelte, ging die Sache irgendwie doch noch gut für mich aus. Zu jener Zeit meinte ich in meiner Naivität, ich hätte tatsächlich schon alles Wichtige gesehen. Das war ein von menschlicher Hybris geleiteter Irrglaube. Ich wurde schließlich eines Besseren belehrt, als am 24. Juli 1981 ein Film in den ostdeutschen Kinos anlief, der so völlig anders war als alles, was mir bis dahin begegnet war: C’era una volta il west (Spiel mir das Lied vom Tod, 1968). Mit einer Verspätung von 13 Jahren nach seiner Entstehung1 durften dank der Partei nun erstmals auch DDR-Bürger das Werk von Sergio Leone begutachten. In den folgenden Monaten lief der Film ununterbrochen im stets ausverkauften Ostberliner Erstaufführungskino »Kosmos«. Dort sah ich ihn zunächst etwa ein Dutzend Mal. Was mich daran so faszinierte, ist selbst nach so vielen Jahren noch schwer zu beschreiben. Hier nahm sich jemand Zeit, eine Geschichte in langen Einstellungen und wunderbaren Bildern zu erzählen; dies mit einer visuellen Kraft, die es erlaubte, Dialoge auf ein Mindestmaß zu beschränken. Eine neue Filmsprache war hier entstanden, die zudem eine einzigartige Synthese von Bild und Musik hervorbrachte. Denn es wurde mir sofort deutlich, dass der Komponist Ennio Morricone einen enormen Anteil an der emotionalen Wirkung des Films hatte. Von da an ließen mich diese beiden Namen nie mehr los. Trotzdem dauerte es noch längere Zeit, bis ich mit Once upon a Time in America (Es war einmal in Amerika, 1984) ein weiteres Werk dieses Gespanns zu sehen bekam. Das war etwa 1986 in einem Potsdamer Kino. Zu dieser Zeit hatte ich jedoch ganz andere Sorgen. Inzwischen lebte ich in

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Umständen, die mich veranlassten, alles dafür zu tun, um dem »Arbeiterund Bauernstaat« für immer den Rücken kehren zu können. Das aber ist eine andere Geschichte. Einer der Vorteile der bald darauf unter Mühen gewonnenen Freiheit war die Möglichkeit, die Filme sehen zu können, die ich wollte. Westliche Technologie hatte mittlerweile sogar eine Erfindung hervorgebracht, die es jedem ermöglichte, Spielfilme selbst aufzunehmen, zu archivieren oder im Kaufhaus zu erwerben und somit zu jedem gewünschten Zeitpunkt anzuschauen! Das klang zunächst wie ein Märchen. Auch wenn meine eigene Filmsammlung nun langsam wuchs, dauerte es noch einige Jahre, bis mir der Italowestern als Genre vollends ins Bewusstsein rückte. So lernte ich sie dann alle kennen und viele schätzen: the good, the bad und auch the ugly. Seither ist meine Freude ungebrochen2, wenn in meinem abgedunkelten Fernsehzimmer per DVD die heiße Sonne Almerías aufgeht (in dieser spanischen Provinz wurden die meisten dieser Streifen gedreht). Später erschloss sich mir nach und nach das gesamte Universum des italienischen Genre-Films: Der giallo (der italienische Psychokrimi), der poliziottesco (der italienische Polizeifilm), der italienische Endzeitfilm und der italienische Horrorfilm solcher Herren wie Argento, Bava und Freda. Selbst mit einer Reihe von Werken Lucio Fulcis habe ich mittlerweile meinen Frieden geschlossen. Heute ziehe ich jeden noch so unvollkommen erscheinenden, politisch unkorrekten, aber angesichts schmaler Budgets mit viel Charme und Ideenreichtum ausgestatteten Italo-Streifen der 60er bis 80er Jahre dem Mainstream häufig steriler, am Computer entworfener Hollywood-Blockbuster vor. Dabei ist der western all’ italiana mein Favorit geblieben. Da ich jedoch nicht nur Filmfreund, sondern auch Christ und Theologe bin, wurde mir von Beginn meiner Beschäftigung mit dem Italowestern an deutlich klar: Kein Filmgenre weist derart viele religiöse Bezüge auf. Die biblische Überlieferung, theologische Grundthemen, christliche Traditionen, Rituale und Bräuche bis hin zum gehäuften Auftreten kirchlicher Amtsträger – all dies findet sich in den Filmen eines Genres wieder, das vor christlicher Symbolik überbordet. Die religiösen Motive kommen zwar häufig gebrochen bis säkularisiert, nicht selten auch parodiert vor; kaum aber werden sie der Lächerlichkeit preisgegeben, vielmehr mitun-



Vorspann: Sergio, Ennio und ich – Mein langer Ritt nach Almería 19

ter durchaus ernsthaft behandelt. Es lohnt sich daher, die christliche Ikonographie, die offenbar zum Italowestern zu gehören scheint, näher zu betrachten. Dies jedenfalls ist eines der Hauptanliegen des vorliegenden Buches. Michael Striss

Anmerkung: Für die vorliegende Untersuchung wurden ca. 480 Italo- und Eurowestern3 gesichtet. Bei erstmaliger Erwähnung im Text werden Originaltitel, deutscher Titel und Entstehungsjahr genannt. Später wird der Film nur noch mit deutschem Titel bezeichnet. Bei mehreren deutschen Alternativtiteln entscheide ich mich für den nach meiner Auffassung gängigsten. Filme ohne deutschen Titel werden entsprechend gekennzeichnet: o. dt. T.

Abb. 2: Brüder im Geiste: Sergio Leone und Ennio Morricone

EINLEITUNG: Vom italienischen Western zum Italowestern – Entstehung und Charakteristik eines Filmgenres

Der Autor der vorliegenden Untersuchung wird im Freundes- und Bekanntenkreis, in dem niemand seine zahlreichen Leidenschaften teilt, manchmal gefragt, was denn ein »Italowestern« sei. Er kommt dann in Erklärungsnotstand. Womöglich sagt er, es handle sich um Western, die in Italien entstanden seien; wohl wissend, dass dieser Definitionsversuch mehr als unzureichend ist. Das Kriterium des Herkunftslandes mag dafür ausreichen, einen Film als »italienischen Western« zu benennen – als »Italowestern« hingegen bezeichnet man den Vertreter eines bestimmten Genres, dessen Kennzeichen in diesem Buch beschrieben werden sollen. Als Genrefilm aber wäre ein solches Werk theoretisch nicht einmal an die italienische Herkunft gebunden, sondern könnte überall entstehen. Ein gutes Beispiel dafür ist Sam Raimis The Quick and the Dead (Schneller als der Tod, 1995). Geschichte Italienische Western hat es in der Filmgeschichte sporadisch immer wieder gegeben. Im Jahr 1913  – also zehn Jahre nach dem zwölfminütigen The Great Train Robbery (Der grosse Eisenbahnraub, 1903) von Edwin S. Porter, der als erster wirklicher Western der Filmgeschichte gilt  – entstand in Italien La Vampira Indiana. Der Regisseur hieß Vincenzo Leone, die Titelrolle verkörperte seine Frau Edvige Valcarenghi, die als Schauspielerin unter dem Namen Bice Walerian bekannt war. Auch Leone selbst, der sich in der Folge zu einem der führenden italienischen Regisseure der Stummfilmzeit entwickelte, benutzte für diesen Film ein Pseudonym: Da der Western zu der Zeit kein respektables Genre für einen ernsthaften Künstler darstellte, nannte er sich »Roberto Roberti«. Gleichwohl blieb Leone dem Genrefilm ver-

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bunden: So drehte er wenige Jahre später auch den ersten peplum mit dem Helden Maciste. Am Ende der 50er bis Anfang der 60er Jahre war der peplum, der sogenannte »Sandalenfilm« das vorherrschende Kinogenre in Italien. Cinecittà stellte zu jener Zeit das größte Studio Europas dar. Neben den Werken des Neorealismus, die seit dem Ende des 2. Weltkrieges ihr Publi­ kum vor allem unter Intellektuellen fanden, wurden dort auch die am Vorbild des amerikanischen Monumentalfilms orientierten Antikstreifen mit starken Männern wie Herkules, Maciste, Ursus und Samson gedreht. Im Zeitraum von 1958–1965 entstanden so rund 170 Filme dieser Art. Erstmalig wurde hier nach einem Rezept verfahren, das fortan den italienischen Genrefilm bestimmen sollte: Man nehme ein in Hollywood erprobtes und dort finanziell erfolgreich vermarktetes Sujet und kopiere es mit möglichst geringen Kosten, dafür aber mit vordergründiger, exploitativer Zurschaustellung von Action, Gewalt und Sexualität. Die gegenüber den Vorbildern erheblich geringeren Budgets machte man durch Ideenreichtum in der Ausstattung und einer eigenen, originellen Filmästhetik wett, in der nicht selten die Form vor dem Inhalt rangierte. Letzteres, nämlich die Herausbildung einer eigenen Stilistik, war in den italienischen Sandalenstreifen noch wenig zu erkennen. Folgerichtig kam es bereits Anfang der 60er Jahre zu Ermüdungserscheinungen. Produzenten suchten nun nach einer neuen und noch preiswerter umzusetzenden Thematik. Immerhin fielen bei den pepla regelmäßig größere Kosten für eine genretypische Ausstattung mit antiken Bauten (wenn auch überwiegend aus Pappmaché) und Massenszenen an. In dieser Situation ging der Blick nach Deutschland. 1962 war dort der Produzent Horst Wendtland und seine nur wenige Jahre zuvor gegründete »Rialto-Film« mit der neben den Edgar-Wallace-Filmen erfolgreichsten deutschen Filmreihe gestartet: Fünfzig Jahre nach dem Tod des meistgelesenen deutschen Autors verfilmte er einen Stoff von Karl May. Der Schatz im Silbersee unter der Regie von Harald Reinl war der Vorstoß in ein Genre, das nicht gerade zu den urdeutschen Domänen gehörte. Dementsprechend unterschied sich dieser Teutonen-Western deutlich von den amerikanischen Originalen, wie denn auch die Phantasiewelt Karl Mays sich grundlegend unterschieden hatte von der amerikanischer Autoren wie Zane Grey oder Louis L’Amour. Diese Eigenständigkeit machte



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wohl auch den Erfolg dieser Filme aus – zumindest in Deutschland und Europa. Zudem wurde mit den Bergen Kroatiens auch eine gänzlich neue, optisch sehr ansprechende Landschaft entdeckt, die Filmschaffende motivierte, sich von da an mehr dem europäischen Western zuzuwenden. Der Schatz im Silbersee wurde der finanziell erfolgreichste Film der Saison 1962/1963 in Deutschland und so zum Beginn einer neuen Reihe, an deren Produktion sich neben Horst Wendtland später auch sein Ziehvater und anschließender Konkurrent Artur Brauner beteiligte. Aus praktischen Erwägungen heraus ergaben sich fortan auch häufiger Koproduktionen, vorrangig zwischen Deutschland, Italien und Spanien. Neben Kroatien etablierte sich schnell auch die südspanische Provinz Almería als idealer Drehort für derartige »Euro-Western«. Die italienischen Produzenten waren trotz des Erfolges der Karl-May-Verfilmungen zuerst noch nicht von der Idee begeistert, Western zu drehen. In den Jahren bis 1964 hatte es bereits etwa 25 eigene Versuche gegeben. Die Streifen waren jedoch wenig erfolgreich gewesen, da sie – wie schon im Sandalen-Genre – lediglich nur das US-Vorbild mehr schlecht als recht kopierten. Gleichzeitig war der Western selbst in seinem Mutterland in eine Krise geraten. Amerikaner konnten mittlerweile täglich unzählige Western-Serien im Fernsehen verfolgen, während das Kino dem Genre außer einem elegischen Abgesang mit Werken wie Ride the high country (Sacramento, 1962) von Sam Peckingpah nichts Innovatives hinzuzufügen hatte. Sollten nun ausgerechnet Europäer den Western retten? Die Antwort auf diese Frage wurde im Jahr 1964 gegeben. Zu dieser Zeit wurde mit deutscher, italienischer und spanischer Beteiligung in Almería zeitgleich ein Western-Doppelpack gedreht. Die größere dieser beiden Produktionen hieß Le pistole non discutono (Die letzten Zwei vom Rio Bravo). Regie führte Mario Caiano, die Hauptrollen spielten der amerikanische B-Schauspieler Rod Cameron (der später auch als Old Firehand in einem Karl-May-Film auftauchen sollte) und der Deutsche Horst Frank. Der zweite Film galt als ein Nebenprodukt. Er firmierte zunächst unter Arbeitstiteln wie »Der geheimnisvolle Fremde« oder »Joe, der Fremde«, wurde innerhalb von nur sieben Wochen gedreht4, aber ging bald darauf in die Filmgeschichte ein als Per un pugno di dollari (Für eine Handvoll Dollar).

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Mit der Regie dieses Films war Sergio Leone betraut worden. Hier schließt sich der Kreis zum Anfang, denn es handelte sich dabei um den 1929 in Rom geborenen Sohn des Vincenzo Leone alias Roberto Roberti. Sergio, durch seine Eltern ins Filmgeschäft hineingeboren, arbeitete seit Ende der 40er Jahre zunächst als Statist, später als Drehbuchautor, Regieassistent und Second-Unit-Regisseur  – Letzteres u. a. für berühmte Amerikaner wie Mervyn LeRoy, Robert Wise, William Wyler, Fred Zinnemann und Robert Aldrich, die große Teile ihrer Monumentalfilme in Cinecittà drehten. Seinen ersten wirklich eigenen Film hatte Leone 1961 mit dem peplum Il colosso di Rodi (Der Koloss von Rhodos) vorgelegt. Leone, der von je her ein Freund und Bewunderer der großen amerikanischen Western und ihrer Regisseure gewesen war, nahm gern das Angebot an, selbst einen Western zu drehen. Innerhalb von fünf Tagen hatte er ein Skript verfasst. Er zeichnete sich in seiner Arbeit dadurch aus, dass er jede zu drehende Einstellung zuvor deutlich im Kopf hatte. Das Drehbuch basierte auf dem drei Jahre zuvor entstandenen Yôjinbô (Yojimbo – Der Leibwächter, 1961) von Akira Kurosawa, der Leone später deshalb verklagte. Daraufhin wurden dem Kläger und seinen Autoren 15 Prozent aller Einnahmen, die der Leone-Film erwirtschaften würde, zugesprochen. Für eine Handvoll Dollar wurde in der Tat für nicht viel mehr als diese, nämlich für ein Budget von 190.000 Dollar im Schatten von Caianos Film gedreht. In einem späteren Interview betont Leone: Der Hauptdarsteller von Die letzten Zwei vom Rio Bravo, Rod Cameron, habe »mehr als meine ganze Besetzung zusammen«5 gekostet. Als Kulissen dienten u. a. einige Bauten, die vom Dreh früherer »Zorro«-Filme übriggeblieben waren. Da der italienische Western bis dahin noch keine eigene Prägung besaß, sondern als amerikanisches Produkt erscheinen sollte, wurden den Machern einmal mehr Pseudonyme verordnet. So wurde aus Sergio Leone »Bob Robertson« – eine Hommage an seinen Vater (»Robert Robertis Sohn«). Ennio Morricone, der sowohl für Caianos Film als auch für Leone die Musik geschrieben hatte, wurde in den credits sogar unter verschiedenen Namen geführt: Während die internationale Fassung den Komponisten als »Dan Savio« auswies, machten die deutschen Koproduzenten aus ihm einen deutsch klingenden »Emil Morik«. Das alles sollte sich bald ändern. Schon ab dem Nachfolgestreifen konn-



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ten sich die Beteiligten mit ihnen nunmehr arrivierten eigenen Namen sehen lassen. Gemeinhin gilt der 27. August 1964 als die Geburtsstunde des Genres »Italowestern«. An diesem Tag selbst dürfte davon jedoch noch wenig zu spüren gewesen sein, denn seine Premiere erlebte Leones Film damals unbemerkt von der Kritik in einem kleinen Vorortkino am Rande von Florenz. Doch innerhalb weniger Wochen hatte sich allein durch Mundpropaganda herumgesprochen, dass man es hier wohl mit einem Werk zu tun habe, das Aufmerksamkeit verdiene. Daraufhin wurde im September mitten in Rom eine erneute »Premiere« angesetzt. Nun war sein Siegeszug nicht mehr aufzuhalten: Für eine Handvoll Dollar entwickelte sich in der Folgezeit zu einem der erfolgreichsten Werke der italienischen Filmgeschichte; Sergio Leone wurde zum »Vater des Italowestern« – ein Titel, den er nie gern hörte.6 Kommerzieller Erfolg war das Kriterium für das italienische Studiosystem, nach dem man entschied, was in der Folgezeit produziert werden würde. Erfolgloses wurde schnell verworfen, Kassenträchtiges hingegen wieder und wieder kopiert, um den Erfolg möglichst oft zu wiederholen. Leone hatte durch seinen Western-Erstling eine filmische Formel gefunden, die ein Genre begründete, das zumindest für die nächsten acht Jahre das italienische Kino beherrschen sollte. In dieser Zeit entstanden weit über 500 western all’ italiana, wie sie im Mutterland selbst genannt werden. Allein zwischen 1966 und 1968, nachdem Leone erfolgreich seine »Dollar-Trilogie«7 beendet hatte, wurden 200 Filme dieser Art gedreht. Sergio Corbucci, Sergio Sollima, Enzo G. Castellari und Tonino Valerii waren neben Leone die Schöpfer der besten und einflussreichsten Italowestern. Während Leone 1968 mit C’era una volta il West (Spiel mir das Lied vom Tod) sein Meisterstück ablieferte, erlangte Sergio Corbucci zwei Jahre zuvor unsterblichen Ruhm mit dem Mann, der einen Sarg hinter sich her zog: »Django«, der Archetyp des Italowestern-Protagonisten, der in der Folgezeit zum Vorbild unzähliger mehr oder minder gelungener Kopien wurde (Django, 1966, I Abb. 6). Der neuartige Zynismus im Western, den Leone bereits begründet hatte, wurde bei Corbucci noch gesteigert und erlebte seinen Höhepunkt 1968 in Il grande silenzio (Leichen pflastern seinen Weg), in dem sein Regisseur dem Publikum konsequent jegliches Happy-End verweigert.

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Dem dritten Sergio, dem eher sozialkritischen Regisseur Sollima, verdankt das Genre die »Cuchillo«-Trilogie (1966–1968)8 um den gleichnamigen mexikanischen underdog, die  – zusammen mit Quién sabe? (Töte, Amigo, 1966) von Damiano Damiani  – den erfolgreichen Auftakt für das Subgenre »Revolutionswestern« bildete. Die Hauptrolle in den drei Filmen Sollimas spielte der Kubaner Tómas Milián, der durch seine beeindruckende Präsenz nicht nur im Italowestern zu einem der erfolgreichsten Darsteller avancierte, sondern Anfang der 70er Jahre auch mühelos Anschluss im sich anschließenden Genre, dem poliziottesco fand. Zu weiteren Stars wurden Franco Nero, der den Django-Mythos begründete, aber neben ernsten Rollen ebenso in überdrehten Westernkomödien bestehen konnte; außerdem »Angel Face« Giuliano Gemma (Ringo), der in Dalmatien geborene John Garko (Sartana), der Uruguayer George Hilton (Halleluja) und der brasilianischstämmige Anthony Steffen. Neben dem amerikanischen Jungstar Clint Eastwood, der in Für eine Handvoll Dollar sein Italiendebüt gefeiert hatte, wurden aber ebenso Hollywood-Veteranen revitalisiert, von denen man  – meist fälschlich  – glaubte, sie hätten ihren Zenit bereits überschritten. Neben Jack Palance, Cameron Mitchell oder John Ireland betraf dies vor allem Lee van Cleef, dessen Charaktere häufig distinguierte, erfahrene und überlegt handelnde Personen darstellten. Van Cleef war, bevor ihn Leone 1965 erstmals nach Rom holte, nach einem schweren Autounfall längere Zeit gesundheitlich angeschlagen gewesen und hatte zudem ein Alkoholproblem. Nun aber startete er im Italowestern eine zweite, sehr erfolgreiche Karriere, wie es seine erste trotz Mitwirkung in US-Klassikern wie High Noon (Zwölf Uhr mittags, 1952) oder The Man who shot Liberty Valance (Der Mann, der Liberty Valance erschoss, 1962) nie gewesen war. Nach der Produktion unzähliger, oft gleichartiger und sich schließlich selbst wiederholender Streifen binnen weniger Jahre, sowie kurzlebigen Versuchen, dem Genre durch Kreuzungen (z. B. dem Kung-FuWestern) neue Impulse zu geben, war irgendwann die Zeit gekommen, da der meist betont ernste, von Pathos und Manierismus durchdrungene Italowestern sich selbst parodieren musste. In Deutschland wird in dieser Hinsicht oft ausschließlich an die Filme von Terence Hill und Bud Spencer gedacht. Dabei wird allerdings vergessen, dass bereits ab 1964 das in Italien seit den 50er Jahren enorm erfolgreiche Komikerduo



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Franco Franchi und Ciccio Ingrassia mit ihren Westernparodien in Erscheinung trat, die sich direkt und zeitnah vor allem auf die Filme Leones bezogen.9 Dies geschah also bereits Jahre bevor 1970 der frühere Kameramann Enzo Barboni unter dem Pseudonym E.B. Clucher mit Lo chiamavano Trinità (Die rechte und die linke Hand des Teufels) filmisch eine neue Epoche des Genres einläutete. Mit diesem Film und dem Nachfolger …continuavano a chiamarlo Trinità (Vier Fäuste für ein Halleluja, 1971) installierte Clucher mit Terence Hill und Bud Spencer ein Darstellergespann, das in der Folgezeit im nunmehr von der commedia dell’arte beeinflussten komödiantischen Typus des Italowestern dominierte und Kultstatus erreichte. Zwar waren beide bereits zwischen 1967 und 1969 zusammen in drei Filmen von Giuseppe Colizzi aufgetreten10, doch waren diese noch von der ernsthafteren Art gewesen und erhielten erst nach dem Durchbruch der Komiker Hill und Spencer eine neue, nun auch auf Klamauk getrimmte Synchronisation. Auf liebevolle, wenn auch wehmütige Weise wurde die Ablösung des ernsthaften durch den komödiantischen Italowestern 1973 in Il mio nome è Nessuno (Mein Name ist Nobody) verarbeitet. Hier trifft der mit aller Last der Tradition sowohl des klassischen Hollywood-Western als auch des ernsthaften Italowestern beladene Henry Fonda auf einen ihm gegenüber zwar respektvollen, aber auch unbeschwerten Terence Hill, der längst in den Startlöchern steht, um seine Nachfolge anzutreten. Bezeichnend ist, dass dieser von Tonino Valerii inszenierte Film auf einer Grundidee von Sergio Leone basiert, dessen filmische Handschrift auch zu erkennen ist (u. a. führte er bei der Anfangsszene selbst Regie). Der komödiantische Italowestern bescherte ihren Schöpfern noch einmal einen großen finanziellen Erfolg. Dieser konnte aber nicht da­ rüber hinwegtäuschen, dass der western all’ italiana an sein Ende gekommen war. Die Ehre, dem Genre zwei bedeutsame Spätwerke beschert zu haben, gebührt Enzo G. Castellari und seinem Hauptdarsteller Franco Nero: Keoma (Keoma – Das Lied des Todes, 1976) und Jonathan degli orsi (Die Rache des weissen Indianers, 1993) stellen zwei Genre-Perlen dar, von denen der erste mittlerweile gar eine Würdigung im New Yorker »Museum of Modern Art« erfahren hat. Ab etwa 1972 löste der poliziottesco den Italowestern schleichend ab bzw. stellte seine Fortsetzung am anderen Ort, im modernen, urbanen

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Milieu dar. Wie im Italowestern blieben auch in dieser italienischen Art des Polizeifilms die resignative Sicht der Dinge und die moralisch uneindeutige Charakterzeichnung der Protagonisten erhalten. Gegeneinan­der gekämpft wurde nun aber nicht mehr in den heißen Gegenden des amerikanischen Südwestens, sondern im stickigen Dschungel der Großstädte Rom, Turin oder Mailand. Dies sollte für die nächsten Jahre die aktualisierte und offensichtlich zeitgemäßere Variante des Western werden. Doch der Italowestern ist nicht völlig tot. Er hat in der Folgezeit zahlreiche Epigonen hervorgebracht: Stanley Kubrick, Sam Peckingpah und Arthur Penn bekannten sich als Verehrer. Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, John Woo und Takeshi Kitano zeigten sich von ihm beeinflusst. Clint Eastwoods Western sind ohne den persönlichen Einfluss, den diese Gattung auf den Regisseur ausübte, nicht denkbar.11 Quentin Tarantino, ohnehin ein Kenner und Bewunderer des italienischen Genre­ kinos, kopiert den Italowestern stilistisch und verwendet als Referenz in seinen Werken immer wieder die Musik von Ennio Morricone und anderen italienischen Filmkomponisten jener Zeit. Zudem ist es seit der Verbreitung des Mediums DVD gerade auch im deutschsprachigen Raum erfreulicherweise zu vielen Veröffentlichungen gekommen, die nicht nur langjährigen Aficionados zum Teil erstmals vollständige Versionen beliebter Italo-Klassiker präsentieren, sondern auch neue Freunde dafür gewonnen haben dürften. In keinem Genre war zuvor – vor allem in Deutschland – derart viel gekürzt worden wie in diesem; und zwar nicht nur aufgrund von Gewaltszenen, sondern häufig auch aus anderen, heute im Einzelnen nicht mehr nachvollziehbaren Gründen.12 Der Italowestern ist nach langer Zeit, in der er als ausschließlich billig, trivial und exploitativ galt und hierzulande kaum ernsthafter Kritik für würdig befunden wurde, heute als wichtiges Kulturgut anerkannt. Er hat zudem die ihm nachfolgende Filmgeschichte und -ästhetik maßgeblich beeinflusst. Charakteristik Zurück zur Ausgangsfrage: Was charakterisiert einen Italowestern? Was unterscheidet ihn vom traditionellen amerikanischen Vorbild? Vorauszuschicken ist der Hinweis, dass es sich im folgenden um Beobachtungen handelt, die aufgrund der Vielzahl der existierenden italienischen



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Western selbstredend nicht in jedem dieser Streifen gleichermaßen auszumachen sind. Hier ist von Merkmalen auszugehen, die größtenteils zuerst von Sergio Leone entwickelt oder angestoßen wurden und danach von den besten Vertretern des Genres aufgenommen, wiederholt, variiert oder später gar persifliert wurden – die also den »puren« Italowestern ausmachen. Hierbei muss zwischen inhaltlichen und filmstilistischen Aspekten differenziert werden. Da die inhaltlichen Besonderheiten ohnehin den Hauptgegenstand der vorliegenden Untersuchung bilden, sollen sie an dieser Stelle zunächst nur grob skizziert werden. Zunächst fällt auf, wie sehr in der Welt des Western, wie er in Almería oder Cinecittà gezeigt wird, moralische Werte Mangelware geworden sind. Eine eindeutige Differenzierung von »gut« und »böse« ist kaum mehr möglich. Dieses moralische Chaos verstört. Traditionelle Werte sind auf den Kopf gestellt. Es wundert daher nicht, dass die meisten Amerikaner dieses Genre nie verstanden und es bald auch als spaghetti western abwerteten. Der Italowestern bildet in dieser Hinsicht die Antithese nicht nur zum amerikanischen Western, sondern ebenso zu seinem unmittelbaren Vorgänger, dem netten, harmlosen und moralisch familientauglichen Karl-May-Film deutscher Prägung. Da der Protagonist des Italowestern nicht durch innere Werte von sich reden machen kann, fällt er konsequenterweise mehr durch Äußerlichkeiten auf. Mimik und Gestik sind stets bedeutungsschwer und müssen das Gespräch ersetzen, zu dem sich die handelnden, eher introvertierten Hauptpersonen selten und nur ungern durchringen oder aber kaum in der Lage sind. Stattdessen soll die Kleidung Zeichen setzen, ebenso die Wahl der Waffen, die zur Schau getragen werden. In der Ausstattung herrscht ein regelrechter Fetischismus vor. Der vor allem von Leone eingebrachte Manierismus kommt natürlich irgendwann an Grenzen, wo er nur noch ironisch gebrochen werden kann. Der Meister selbst hat es daher wie kein anderer verstanden, auch und gerade Ironie in dramatischen Situationen erstehen zu lassen – während der US-Western sich stets schon zu Beginn entscheiden muss, ob er als ernsthaftes Drama oder als Komödie daherkommen will. Der Italowestern ist zudem geschichtslos. Die großen Themen des amerikanischen Western (Besiedlung des Westens, Indianerkriege, Bürgerkrieg), der sich als Nationalepos und oft auch als Geschichtslektion

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versteht, finden hier keine oder nur am Rande Beachtung. Sie sind nicht wichtig, denn die Protagonisten des Italowestern sind unhistorisch, sind Archetypen, die auch zu jeder beliebigen anderen Zeit leben könnten. Das Western-Setting ist nur eines von vielen möglichen, in denen sich die immer gleichen Dramen und Konflikte abspielen. Daher fehlt auch weitgehend die für den Western typische Reiterromantik der amerikanischen Cowboys. Der Held ist seltener im Sattel zu sehen als der US-Kollege. Selbst wenn er einen Sarg mit sich schleppt, ist er zu Fuß unterwegs und trägt schwer an seiner Bürde. Die Hauptfigur bringt keine Vergangenheit mit. Eine Ausnahme kann lediglich die Schilderung eines zurückliegenden Ereignisses sein, das eine mögliche Racheabsicht motiviert. Ohne Vergangenheit und ohne Zukunft  – Letztere ist ebenso längst zerstört worden  – lebt der Handelnde lediglich im Augenblick. Eine über diesen hinausgehende Perspektive oder gar Hoffnung ist nicht zu erkennen. Daher bildet der Italowestern auch keine epochalen Zusammenhänge ab, sondern beschränkt sich zeitlich auf die Darstellung meist weniger Tage. Exemplarisches Beispiel ist Antonio Margheritis E Dio disse a Caino (Satan der Rache, 1969), in dem in weniger als 24 Stunden alles, was getan werden muss, erledigt ist. Aufgrund der fehlenden Historizität ist der Italowestern ebenso wenig ortsgebunden. Zwar spielen viele Filme im Grenzland zwischen den USA und Mexiko; nicht wenige auch vor dem Hintergrund der mexikanischen Revolution ab 1910 – aber auch dies sind austauschbare Folien. Da hier Vorgänge geschildert werden, die über den Einzelfall hinausgehen, ist der Ort von untergeordneter Bedeutung und daher oft nicht lokalisierbar. Es ist eine Art Niemandsland; eine auch geistig-moralische Wüstenlandschaft, in der alle für zivilisierte Ansiedlungen geltenden rechtlichen und sittlichen Normen außer Kraft gesetzt sind. Ebenso interessant sind die mit der Entwicklung des Italowestern einhergehenden stilistischen Innovationen, die zu einer neuen Art der Inszenierung führten, die für das gesamte italienische Genrekino der Folgezeit prägend werden sollten. Als Kurzformel kann man sagen: Die Form steht vor dem Inhalt. Wichtig ist weniger, was erzählt wird, sondern wie es erzählt wird. Filmische Mittel, die im traditionellen Kino möglichst versteckt und dem Zuschauer nicht bewusst werden sollen, treten hier



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aus ihrer Anonymität heraus und bestimmen grell den Vordergrund. Das führt zu einer gänzlich neuen, eigenen Filmästhetik. Im amerikanischen Western sollen die Bilder die Realität möglichst getreu abbilden. Im Italowestern weisen die Bilder über sich selbst und die gezeigte Realität hinaus. Sie wollen mehr darstellen, als oberflächlich zu sehen ist. Sie wollen symbolisch und allegorisch verstanden werden; und das auch nicht versteckt, sondern möglichst überdeutlich. So bricht sich ein manieristischer Stil Bahn, der jede Handlung und jedes Detail bedeutungsschwer werden lässt. Da wird bewusst inszeniert wie auf einer Bühne, werden Bewegungen choreographiert. Es wird nicht mehr etwas nur getan, sondern zelebriert. Traten beispielsweise bisher Gegner zum endgültigen Showdown vor die Kamera, so war ihnen die Bedeutsamkeit des Ereignisses zwar bewusst, aber ihnen gleichfalls anzumerken, dass sie es gern schon hinter sich hätten. Nunmehr aber gerät das Duell – bei Leone auch in der übersteigerten Form des »Triells« – zu einer quasireligiösen Zeremonie, die von den handelnden Personen offensichtlich auch als solche zelebriert wird. Trotzdem fallen die Hauptdarsteller eher durch ihr reduziertes Spiel, ein typisches underacting auf. Sie treten mit einer traumwandlerischen Sicherheit in Erscheinung, die eine Abgeklärtheit und Lässigkeit vermittelt, die ihresgleichen sucht. Es ist daher nicht verwunderlich, dass im Italowestern durchaus auch Darsteller erfolgreich sein konnten, deren schauspielerische Möglichkeiten begrenzt waren (Anthony Steffen, Tony Anthony), oder typische Deadpan-Akteure, deren versteinertes Äußeres sowie eine charakteristische Physiognomie für sich sprachen (Lee van Cleef, Jack Palance, Charles Bronson). Da die Helden zudem alles andere als Schwätzer sind, kommt der Italowestern recht dialogarm daher. Leones Anliegen war es, möglichst auch ohne Sprache verständlich zu sein, also ausschließlich über visuelle Mittel (wie vor ihm Alfred Hitchcock und nach ihm Dario Argento). Damit bekommt das Genre eine Nähe zum Stummfilm. Gleichzeitig gewinnt das Wenige, das aus dem Mund eines schweigsamen Fremden kommt, an Bedeutungsschwere, schon weil es Seltenheitswert hat. Neben den Filmen Leones ist dafür auch Luigis Vanzis Un dollaro tra i denti (Ein Dollar zwischen den Zähnen, 1967) ein exzellentes Beispiel, in dem der Regisseur offensichtlich wesentliche Stilelemente des Meisters kopiert hat. Dazu gehört auch

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eine längere stumme Einleitung: Die ersten sieben Minuten wird kein Wort gesprochen. Leone hat ein Jahr darauf in Spiel mir das Lied vom Tod die Einleitung noch länger ausgedehnt. Er verlangsamt die Handlung bewusst und schwelgt geradezu in den Bildern, die er vor Augen malt. Vordergründig unbedeutenden Handlungen wird viel Zeit zugestanden. Wer sich darauf einlässt, wird belohnt, denn es wird trotzdem nie langweilig.13 Immer gibt es Neues zu entdecken. Dafür sorgen weitere Innovationen, die Leone in das Genre einbrachte. Da sind seine Großaufnahmen: close-ups und extreme close-ups. Leone hat Gesichter als Landschaften entdeckt. Wer einmal Charles Bronsons felsige Gesichtszüge in Spiel mir das Lied vom Tod auf der großen Leinwand sah, weiß, was gemeint ist (I Abb. 3 und 4). Kein anderer Regisseur war je zuvor mit der Kamera so nah am menschlichen Gesicht gewesen. Nicht umsonst wird seither eine solche Einstellung als italian shot bezeichnet. Die Kamera umschwirrt den Menschen und rückt ihm in einer fast unanständigen Distanzlosigkeit auf den Leib. Dem Zoom kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Vor allem Augen (wie die von Bronson oder Fonda) werden herangeholt, soweit es irgend geht. Im amerikanischen Film wäre dies zu jener Zeit undenkbar gewesen, da durch den direkten Blick des Akteurs in die Kamera der Zuschauer selbst mit ins Geschehen hineingenommen wird. Auch wäre in den USA kein derartiger Kult um die einzelne Person betrieben worden. Figuren wurden in die Westernlandschaft eingefügt wie in ein Puzzle, nicht aber so betont in den Mittelpunkt gestellt wie bei Leone, mit der Kamera umfahren oder aus ungewöhnlichen Perspektiven – etwa schräg von unten – aufgenommen. Zu den Großaufnahmen gesellt sich auch die Darstellung vieler Einzelheiten. Durch Detailaufnahmen wird oft Unheil angekündigt. Der langsame Gang, gezeigt durch ein Paar Stiefel, besetzt mit klirrenden Sporen, gehört ebenso dazu wie der Zigarillo, der angezündet wird. In beiden Fällen sind die handelnden Personen zunächst noch nicht zu sehen, sondern werden unheilsschwanger angekündigt. Zudem wird, wo nur Mosaikteilchen gezeigt werden, die räumliche Orientierung erschwert. Gearbeitet wird auch mit der subjektiven Kamera. Das Geschehen wird aus der Sicht einer der agierenden Personen gezeigt. Nicht selten



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handelt es sich um Menschen, die Leid und Schrecken erblicken oder selbst erleben müssen. Diese Technik wurde später vor allem durch Dario Argento (immerhin einer der Autoren von Spiel mir das Lied vom Tod) weiterentwickelt und zu einem Stilmerkmal im giallo, in dem die Kamera nun aber auch die Perspektive des Täters einnimmt. Bei Leone kommt eine innovative Schnitttechnik hinzu: Nahaufnahmen wechseln schnell, manchmal hektisch mit der Totalen (long shot). Im amerikanischen Western wird dieser Wechsel in der Regel durch den Zwischenschnitt einer Halbtotalen (medium long shot) abgemildert. Der Zuschauer soll sich räumlich besser orientieren können. Im Italowestern wird er hingegen eher in Unsicherheit gehalten. Auch interessante Parallelmontagen wurden von Leone und seinen Cuttern geschaffen. Berühmt ist die Schießerei auf dem Friedhof in Für eine Handvoll Dollar: Während zwischen den Grabsteinen auf die Soldaten geschossen wird, klopft Joe auf der Suche nach Gold im Keller der Familie Rojo im Rhythmus dieser Schüsse auf die dort lagernden Fässer. Im Gegensatz zum amerikanischen Film werden Schnitte wie auch andere technische Spielereien nie vor dem Zuschauer zu verbergen versucht. Alles Plakative, alles Vordergründige darf auch als solches zur Geltung kommen. Bekannt ist der Italowestern auch für eine naturalistischere Darstellung von Gewalt, als sie bis dahin üblich war. Wird jemand geschlagen, trägt er auch Wunden davon; wird er erschossen, gibt es selbstverständlich auch ein Einschussloch. Bei amerikanischen Western hatte man sich zuvor oft gefragt, warum Schlägereien dem Teint und der Frisur kaum etwas anhaben konnten. Im Italowestern erfährt der Zuschauer, dass es in Wirklichkeit nicht so ist. Neu ist auch, dass Schuss und Treffer in einer Einstellung zu sehen sein können – etwas, das der amerikanische Motion Picture Production Code, der in Hollywood das Filmwesen bezüglich Sitte und Moral kontrolliert, verbot. Stattdessen forderte er an dieser Stelle zwei separate Einstellungen. Diese Art der plakativen Darstellung ist vom französischen Theater des grand guignol beeinflusst worden. Dabei handelt es sich um eine vor allem seit dem Ende des 19. Jahrhunderts äußerst populäre, aber ebenso als anstößig empfundene Kunstform, in deren Inszenierungen spannender Grusel- und Kriminalstoffe vor allem auf vordergründige  – heute

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würde man sagen: exploitative  – Effekte und Gewaltdarstellungen gesetzt wurde. Der Italowestern hat tatsächlich in dieser Hinsicht bis dahin kaum Gezeigtes auf Zelluloid gebannt. Vieles von dem aber, was in der Zeit seiner Entstehung die Gemüter erhitzte, mutet heute harmlos an, vergleicht man es mit manchen Exzessen im Splatter- oder Folterfilmgenre (torture porn) der Gegenwart. Die Darstellung von Gewalt war allerdings bei Leone und seinen Epigonen gleichzeitig verbunden mit der Entstehung einer neuen Ästhetik. Auseinandersetzungen, Schießereien und Duelle bekamen eine besonders ausgefeilte Choreographie; einen Ballettcharakter, von dem später erfolgreiche Regisseure wie John Woo oder Quentin Tarantino gelernt haben. Verstärkt wurde die Wirkung solcher Szenen durch den häufigen Gebrauch von Slow-Motion-Aufnahmen, für die besonders Enzo G. Castellari bekannt geworden ist. Das Paradebeispiel Als eindrücklichstes Beispiel für den Einsatz der beschriebenen Stilmerkmale kann Leones Spiel mir das Lied vom Tod herangezogen werden. Im Folgenden einige Beobachtungen dazu: Der lange Vorspann erstreckt sich über mehr als zehn Minuten ohne Worte, ohne Musik. Stattdessen sind zu hören: ein quietschendes Windrad, ein knatternder Telegraf, Wassertropfen, knackende Handknochen und eine summende Fliege. Letztgenannte geht auf eine Idee Dario Argentos zurück und illustriert die besondere Detailfreudigkeit, die sich später im giallo fortsetzte. Die Großaufnahmen der Gesichter (Jack Elam, Charles Bronson, Frank Wolff, Henry Fonda, Jason Robards), vor allem bei ihren ersten Auftritten, beeindrucken ähnlich wie die in Stein gehauenen Physiognomien des Mount Rushmore. Bei der Einführung des Killers Frank (Henry Fonda) schleicht sich die Kamera von hinten heran und fährt um ihn herum nach vorn. Das Herauslaufen Timmys aus dem Haus ist perfekt abgestimmt auf den Einsatz der Musik. Der tödliche Schuss auf Timmy geht über in das Pfeifen der Lokomotive und eröffnet die Folgeszene.



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Eine beeindruckende Kranfahrt der Kamera über das Bahnhofsgebäude gibt den Blick über den Ort frei. Unheilvolle Geräusche einer gewaltsamen Auseinandersetzung künden vor dem Eingang zur Poststation akustisch die Ankunft Cheyennes (Jason Robards) an. In der Poststation wird die Öllampe an einem Seil laufen gelassen und erhellt das Gesicht Harmonicas (Charles Bronson). Wieder setzt die Musik punktgenau ein. Bei der Beerdigung der McBains blickt die subjektive Kamera aus dem Grab hinauf. Jill (Claudia Cardinale) wird von der Zimmerdecke durch den Baldachin ihres Bettes hindurch aufgenommen. Als Jill für immer das Haus der Farm verlassen will, steht beim Öffnen der Tür plötzlich und unvermutet Cheyenne vor der Tür: »Ist mein Kaffee fertig?« Bevor Harmonica auf der Farm ins Bild kommt, wird er durch das Spiel seines Instruments angekündigt. Danach zeichnet sich auf dem Heuboden sein Schatten ab. Die subjektive Kamera gibt den Blick von Wobbles (Marco Zuanelli), der von Frank aus dem Zug geworfen wurde, auf Cheyenne wieder, der sich unter dem Zug versteckt hält. Beim Pokerspiel einiger von Franks Handlangern verteilt Morton (Gabriele Ferzetti) Geldscheine in derselben Weise wie Spielkarten. Genauso nehmen die Männer dieses ihnen angebotene Geld auch auf. Morton bietet den Banditen im Zug für den Tod von Frank »500 Dollar«. Die Szene wechselt zum Auktionsraum, jemand sagt wiederum »500 Dollar« und bietet auf die Farm McBains. Vom Dach eines Hauses fällt der Schatten eines Gewehrlaufs wie ein Zeiger auf die an der Wand angebrachte Uhr. Harmonica weist Frank auf die Uhr und damit auf den versteckten Schützen hin: »Schon wieder Mittag.« Während Frank auf der Suche nach Morton das Innere des Zuges inspiziert, fährt die Kamera außen an den Waggons entlang. Die Vielzahl der Leichen vor dem Zug lässt auf die Zustände im Innern schließen. Der sterbende Morton liegt auf dem Boden vor einer Pfütze. Der scharfe Kontrast zwischen seinem unerfüllten Lebenstraum, den Pazifik zu erreichen, und seinem Dahinsiechen vor einem Rinnsal, wird durch ein Wellenrauschen verdeutlicht.

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In der Rückblende vor dem finalen Duell beißt einer der Banditen in dem Augenblick in einen Apfel, in dem Harmonicas Bruder von dessen Schultern fällt. Zum Showdown kommt Harmonicas Gesicht unvermittelt von rechts ins Bild, während die Musik einsetzt. Ein Schuss fällt  – die Szene wechselt unvermittelt: Cheyenne hat sich währenddessen beim Rasieren geschnitten.

Neben den einzigartigen filmsprachlichen Innovationen dieses Klassikers machen zusätzlich auch eine Reihe unvergessener Dialoge seinen Reiz aus. Die am Drehbuch beteiligten Autoren – neben Sergio Donati vor allem die noch am Beginn ihrer Karriere stehenden Dario Argento und Bernardo Bertolucci – ließen hier bereits ihr Können sichtbar werden. Einige Kostproben: Bei seiner Ankunft fragt Harmonica die drei auf ihn wartenden Killer: »Habt ihr ein Pferd für mich?« Jack Elam grinst süffisant: »Wenn ich mich hier so umsehe, dann sind nur drei da. Sollten wir tatsächlich eines vergessen haben?« Harmonica verneint: »Ihr habt zwei zuviel!« Harmonica trifft in der Poststation auf Cheyenne und seine Bande. Er mustert ihre Staubmäntel. »Gefällt Dir der Stoff nicht?«, fragt Cheyenne. »Ich habe schon mal drei solche Mäntel gesehen«, gibt Harmonica zurück. »Sie haben am Bahnhof auf jemanden gewartet. In den Mänteln waren drei Männer. In den Männern drei Kugeln.« »Bis drei zählen kannst du auch noch?«, provoziert Harmonica den Banditen in derselben Szene. Cheyenne lässt seinen Colt sehen und dreht die Trommel: »Sogar bis sechs, wenn es sein muss!« Frank begründet, warum der zwielichtige Wobbles bereits durch seinen Aufzug als wenig vertrauenswürdig auffällt: »Soll ich einem Mann trauen, der sich einen Gürtel umschnallt und außerdem Hosenträger hat? Einem Mann, der noch nicht mal seiner eigenen Hose vertraut?« Auf McBains Bauplatz beginnt Cheyenne Interesse zu entwickeln: »Aus ’ner Stadt, die an einem Bahnhof liegt, da ist schon was zu machen. Hunderttausende von Dollar. Tja, vielleicht auch mehr. Tausend mal Tausend!« – »Das nennt man ’ne Million«, erklärt Harmonica. Am Ende dieses Disputs herrscht Cheyenne seine verdutzten Männer an: »Was steht ihr hier noch ’rum, ihr Strauchdiebe?« – »Was meinst du? Was



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sollen wir denn machen?« – »Was ihr machen sollt? Einen Bahnhof bauen, ihr Idioten! Und wenn das Ding noch so beschissen ist: Mit ’nem Bahnhof fängt alles an.« Harmonica liefert den gesuchten Cheyenne für eine Prämie von 5.000 Dollar dem Sheriff (Keenan Wynn) aus. Cheyenne wirkt zerknirscht: »Soviel ich weiß, hat Judas damals 4.970 weniger erhalten. – »Es gab keine Dollar damals«, korrigiert Hamonica.  – Cheyenne: »Aber Hurensöhne wie dich, die gab`s!« Am Ende dieser Szene wird der inhaftierte Cheyenne vom Sheriff in einen Zug verfrachtet, der ihn ins Gefängnis bringen soll. Zwei von Cheyennes Männer verlangen am Bahnhofsschalter Fahrkarten für eben diesen Zug: »Zweimal bis zur nächsten Station«, sagt der eine (Aldo Sambrell). »Da steigen wir schon wieder aus.« Der andere nickt und grinst. Frank versucht im Saloon mit Drohgebärde, Harmonica seine mit 5.000 Dollar bezahlte Farm wieder abzunehmen: »Hör mal, du hast da neulich 5.000 Dollar für ein Stück Land bezahlt. Hier sind 5.000 – und einer. Ich würde nicht zu viel darüber nachdenken.« Harmonica verschmäht das Geldbündel, nimmt jedoch den Dollar und wirft ihn als Bezahlung in sein Whiskyglas.14 Die Klimax des Films wird mit den Worten über Harmonica eingeleitet: »Er schnitzt was aus ’nem Stück Holz. Aber irgendwann wird er damit fertig werden. Und dann passiert was.«

Musik Eine Beschreibung des Italowestern ist nicht möglich, ohne auf seine Musik einzugehen. Sie wurde im Wesentlichen von Ennio Morricone geprägt. Morricone, 1928 in Rom geboren, begann seine musikalische Laufbahn zunächst, wie sein Vater, als Trompeter. Nach einer Ausbildung in Komposition wandte er sich ab Mitte der 50er Jahre verstärkt der populären Musik zu. Auftragsarbeiten für das Theater, den Hörfunk und das Fernsehen gehörten zu dieser Zeit ebenso zu seinem Schaffen wie viele Kompositionen im Bereich Schlager, Pop und Jazz. Gleichzeitig war er immer auch in der klassischen Musik tätig, vor allem im Bereich der Kammermusik und als Mitglied des einflussreichen Improvisations­ ensembles Nuova Consonanza.

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Sergio Leone hatte für seinen ersten Western zunächst einen Komponisten gesucht, der ihm Musik nach amerikanischen Vorbildern schreiben sollte. Schließlich kannte er nichts anderes. Er traf sich jedoch auf Anraten der Produzenten mit Morricone, der 1961 seine erste Filmmusik geschrieben und mittlerweile auch bereits zwei italienische Western vertont hatte. Wie sich herausstellte, hatten beide als Jungen dieselbe Schule in Rom besucht. Morricone hatte aber offenbar wenig Interesse, lediglich Kompositionen Hollywoods zu kopieren. Er spielte Leone einen Song vor, den er zuvor für den Sänger Peter Tevis arrangiert hatte – mit bis dahin unbekannten, ausgefallenen instrumentalen Effekten. Leone ließ sich darauf ein. Der Rest ist Geschichte (I Abb. 2). So kam es, dass der Italowestern durch zwei Komponenten geprägt wurde: Neben die neuartigen visuellen Ausdrucksweisen Leones trat der ebenso innovative musikalische Stil Morricones. Bild und Ton bildeten fortan eine bis dahin nie gekannte und wohl später auch nie wieder erreichte Synthese. Bis dahin galt Filmmusik als gut und angemessen, wenn sie unauffällig war, Kontinuität und Stabilität vermittelte. Das änderte sich nun völlig. Musik war kein durchlaufender Klangteppich mehr, sondern wurde gezielt eingesetzt, um Emotionen zu erzeugen. Sie bekam eine eigene narrative Funktion, die gleichberechtigt neben den Bildern stand. Sie gestaltete Handlung. Einmal verstärkte sie die Aussage der Bilder, ein anderes Mal schuf sie einen bewussten, manchmal verstörenden Kontrast zur Handlung. Eigene Motive charakterisierten die Hauptfiguren. Musik führte Dialoge. Nicht von ungefähr wurde vielfach die Nähe des Italowestern zur italienischen Oper festgestellt15, in der die Musik ähnliche dramaturgische Funktionen innehat. So trat nun im Film die Musik Morricones in den Vordergrund und gewann stark an Bedeutung. Leone erkannte dies schnell als Gewinn und ließ der Musik in seinen Filmen die notwendigen Entfaltungsmöglichkeiten. Sie entsprach als akustisches Pendant zutiefst dem, was er selbst visuell ausdrücken wollte. Manche seiner Szenen wirken ähnlich choreographiert und stilisiert wie ein Ballett. Auch mit der Instrumentierung betrat Morricone Neuland. Bei ihm gab es naturalistische Geräusche statt eines Sinfonieorchesters: Peitschenhiebe, Schüsse, Glocken, Pfeifen, einen Amboss, Pferdegalopp, Tierlaute – alles findet Verwendung. Ebenso eingesetzt werden die Mundharmonika,



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die Maultrommel, später die Panflöte; schließlich auch die menschliche Stimme, über viele Jahre hinweg kongenial verkörpert durch die Sopranistin Edda Dell’Orso. Morricone operiert mit Mitteln der Experimentalmusik, in der er sich ebenso auskennt wie in der klassischen Musik, die er zitiert (u. a. mit Richard Wagners »Walkürenritt« in Mein Name ist Nobody). Aufbereitet wird die Mixtur aber immer auch so, dass sie als Popkultur durchgehen kann, wodurch Morricone hin und wieder auch vordere Plätze in Hitparaden belegte. Dass die Bedeutung der Filmmusik im Italowestern so groß ist wie in keinem anderen Genre, liegt allein an Morricone. In der Folgezeit wurden alle Italowestern, die etwas auf sich hielten, mit Scores versehen, die sich an seinem Vorbild orientierten. Morricone, der bis heute weit über 500 Filmmusiken geschrieben hat, arrangierte, orchestrierte und nahm – im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen – alles auch selbst auf; lediglich zeitweise unterstützt von seinem Mitarbeiter Bruno Nicolai, der sich später neben Luis Bacalov und Francesco De Masi auch selbst als einer der erfolgreichsten Epigonen des »Maestros« etablieren konnte. Aufgrund all der genannten Komponenten entwickelte sich der Italowestern binnen weniger Jahre zum innovativsten und erfolgreichsten Filmgenre der 60er Jahre. Es lohnt daher, nun einen detaillierten Blick auf die hauptsächlich verwendeten Motive und deren Symbolik zu werfen.

Abb. 3 und 4: Das Gesicht als felsige Landschaft: Charles Bronson in Spiel mir das Lied vom Tod

I. KAPITEL : DIE PROTAGONISTEN

1. The Good: Der relativ Gute Jede Geschichte kennt einen Helden. Der Italowestern kennt keine Helden. Nur Menschen. Und jede Menge Unmenschen. Der »Gute« im Italowestern ist nicht gut im moralischen Sinne. Das Gute am »Guten« ist relativ. Das Gute an ihm ist, dass er möglicherweise in Nuancen »besser« ist als der »Böse«. Danach muss man allerdings oft suchen. Der Antiheld Mit der ersten Szene von Leones Für eine Handvoll Dollar tritt auch der erste dieser Antihelden auf. Ein Mann reitet auf einem Maultier auf ein Dorf zu. Von Beginn an verstört er den Zuschauer. Clint Eastwood hat dies treffend beschrieben: »Ein typischer Western verlief zu diesem Zeitpunkt ungefähr so: Held reitet in die Stadt. Sieht Lehrerin auf Schulbank und Mann, der Pferd auspeitscht. Mischt sich ein. Verprügelt den Mann, der das Pferd auspeitscht. Lehrerin sieht zu. Man weiß, dass zwei Figuren zusammenfinden werden und dass es nicht der Held und das Pferd sein werden. In diesem Film läuft das dagegen so: Sehr schäbig aussehender Mann reitet auf einer alten Mähre in die Stadt. Sieht Mann, der ein Kind verprügelt. Und verzweifelte Frau, die dabei zusieht. Offenbar irgendeine Gefangene. Dann reitet er wieder fort (…) Und sofort sagen Sie sich: Das kann unmöglich der Held sein. Er trägt keinen weißen Stetson und tut auch nicht das Übliche. Man kann das Ende des Films nicht vorhersagen.«16 So war es: Der »Held« tat ab der Anfangssequenz nicht das Übliche. Er unternahm nichts, als eine Familie drangsaliert, ein Kind geschlagen

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wurde. Er blieb unberechenbar und geheimnisvoll in seinen Motiven. Letztere aber sollten nach Auffassung der amerikanischen Verleiher unbedingt deutlich werden. Sie drehten daher vor der US-Ausstrahlung des Films extra einen Prolog: Ein Mann (ein Double Clint Eastwoods) wird aus einem Gefängnis entlassen und von einem Sheriff (Harry Dean Stanton) beauftragt, das Dorf San Miguel vom dort vorherrschenden Banditenunwesen zu säubern. Das gewaltsame Vorgehen des Mannes, das im ursprünglichen Film undurchschaubar bleibt, sollte damit moralisch gerechtfertigt und als von den Justizorganen legitimiert erklärt werden. Zu fremd wirkte für die Amerikaner dieser heruntergekommene Kerl, der von Beginn an zunächst einmal kein Mitleid oder andere hehre Gefühlsregungen erkennen ließ. Doch gerade das war das Neue, das auch das Publikum, zumindest in Europa, schnell faszinierte. Die Zuschauer hatten nach vielen Jahren genug der »Sandalenfilme«, in denen alles so vorhersehbar war, in denen der Held eine mythologische Überfigur war, die niemals einen Kampf verlor und auch moralisch ihren Gegnern stets haushoch überlegen war. Der Diener zweier Herren Der neuartige Protagonist des Italowestern verunsicherte weiterhin: Er wählte die Seiten nach seinem Vorteil. Während der klassische Westerner Hollywoods entweder vor vornherein auf der »richtigen« Seite stand oder sich zumindest im Verlauf der Handlung (manchmal »geläutert«) auf diese schlug, kennt sein schmuddeliger Bruder aus Italien nur seine eigene Seite. Er ist ein Söldner, der für den Meistbietenden arbeitet und tötet. Seine Ehre scheint käuflich zu sein. Auch dieses Motiv hat Leone bereits in seinem ersten Western deutlich herausgearbeitet. Der in das im Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko liegende Dorf San Miguel reitende Fremde findet dort zwei verfeindete Familienclans vor, die um die Vorherrschaft ringen: die Baxters und die Rojos. Er sucht die Aufmerksamkeit beider zu erringen, was ihm durch die Art seines Auftretens problemlos gelingt. Beiden Familien verdingt er sich abwechselnd für Geld: »Ich bin nicht billig.« Mit einiger Hinterlist spielt er die verfeindeten Gruppen gegeneinander aus und erscheint zum Schluss als der lachende Dritte, der sich stets freut, wenn zwei sich streiten.



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Wenn auch Leone damit eines der Standardmotive des Italowesterns einführte – erfunden hat er es nicht. Akira Kurosawas Film Yojimbo – Der Leibwächter, der Leone als Vorlage diente, erzählt von einem Samurai, der in einen Ort kommt, sich den dort ansässigen zwei verfeindeten Banden andient und sie gegeneinander ausspielt. Vor Kurosawa hatte bereits Dashiell Hammett in seinem Roman Red Harvest (Rote Ernte, 1929) die Grundidee verwendet.17 Die Hauptpersonen der genannten Werke agieren als Antihelden in dem Sinne, dass ihnen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen, jedes noch so moralisch fragwürdige Mittel recht ist, sodass auch die Ausübung von Gewalt zu ihrem Standardrepertoire gehört. Leone selbst hingegen hat – während des Prozesses um die Autorenrechte für Kurosawa – die Herkunft dieses Motivs in Italien selbst verortet. Er verweist auf Carlo Goldoni und dessen Komödie Il servitore di due padroni (Diener zweier Herren, 1745)18 und billigt allein dem berühmten italienischen Dramatiker (1707–1793) die Rechte an dieser Geschichte zu. Eine Reihe späterer Genrevertreter hat das Grundmotiv des »Dieners zweier Herren« aufgenommen.19 Wie in Leones Erstling handelt es sich bei den Kontrahenten häufig um verfeindete Clans von Amerikanern (»Gringos«) und Mexikanern, die um die Vorherrschaft im Grenzgebiet beider Staaten kämpfen: In Django von Corbucci sind es die Männer Major Jacksons und die Truppen des Generals Rodriguez. Einem »Sprössling« Djangos geht es ähnlich: In Il figlio di Django (Der Sohn des Django, 1967) steht der Titelheld zwischen den Familien Thompson und Ferguson, die sich beide für seine Dienste interessieren. Auch in Dove si spara di più (Glut der Sonne, 1967) bekämpfen sich mit den Mounters und den Campos Kalifornier und Mexikaner; allerdings fehlt hier der »lachende Dritte«. Der undurchsichtige Billy Walsh in Voltati  … ti uccido (100.000 verdammte Dollar, 1967) spielt konsequent die beiden Verbrechergruppen des Kaufmanns Brady und des Banditen »El Bicho« gegeneinander aus. In Ciakmull, l’ uomo della vendetta (Django – Die Nacht der langen Messer, 1969) ist die Hauptperson zwischen den Caldwells und den

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Rucos hin- und hergetrieben: Die Häupter beider Familien versuchen dem unter Amnesie Leidenden einzureden, er sei ihr Sohn. Auch Bill, der von George Eastman verkörperte Charakter in Bill il taci­ turno (Django tötet leise, 1967) spielt amerikanische und mexikanische Verbrecher gegeneinander aus. In …e venne il tempo di uccidere (Einladung zum Totentanz, 1967) sind es die Banden der Mulligans und der Trianas, zwischen denen der Protagonist erfolgreich agiert. Giuliano Gemma spielt als Gary O’Hara in Un dollaro buccato (Ein Loch im Dollar, 1965) die Verbrecher gegeneinander aus, die hier durch den Bankier und den Sheriff verkörpert werden. Er arrangiert es so, dass sich im finalen Showdown die Banden beider gegenüberstehen. Ein weiteres Beispiel ist Cjamango (Django – Kreuze im blutigen Sand, 1967), in dem die Titelfigur im Kreuzfeuer zweier Banden steht, die beide aus Mexikanern besteht. Schließlich zeigt Tony Anthony, der sich ohnehin seit seinem Erstauftritt im Genre (Ein Dollar zwischen den Zähnen) stark an den Charakteren Eastwoods orientierte, in Lo straniero di silenzio (Der Schrecken von Kung Fu, 1968), dass dieses Motiv auch gut nach Japan zurückzuverlegen ist, woher Leone es nahm. In dieser Mischung aus Samurai-Film und Western arbeitet der »Fremde« abwechselnd für die Clans Mutori und Koweita und lässt sich von beiden gut bezahlen.

Der Akteur des Italo-Western mag den verschiedenen Parteien suggerieren, er sei loyal – tatsächlich aber kennt er nur die Integrität sich selbst gegenüber. »Auf welcher Seite kämpfst du?«, wird Minnesota Clay gefragt, die Titelfigur aus Sergio Corbuccis gleichnamigem Film von 1964. »Auf meiner«, gibt er lakonisch zur Antwort. Deutlich bekundet dies auch Sergej Kowalski, genannt »der Pole« (Franco Nero) in Corbuccis Il mercenario (Mercenario – Der Gefürchtete, 1968): »Ich stehe immer nur auf einer Seite: auf meiner!« Inmitten von Revolutionären, deren Kampf von einer Idee getragen wird, wirkt der Söldner, der sich an sie für 500 Dollar pro Woche verkauft, als Fremdkörper. Während die Armen um ihr Überleben kämpfen, lässt er, der fein gekleidete Stutzer, es sich gut gehen. »Ich weiß«, gibt er zu, »ich bin ein schlechter Mensch. Aber die muss es auch geben.«



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Goldonis Stück bezieht sich im Titel auf ein neutestamentliches Wort. Denn bereits Jesus stellt in der Bergpredigt klar: »Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird an dem einen hängen und den anderen verachten« (Matthäus 6,24). Zwar bezieht er dies auf die im Leben des Menschen widerstreitenden Konkurrenten »Gott« und »Mammon«; trotzdem gilt es für alle Mächte, die um menschliche Gunst werben. Es gilt sich zu entscheiden, da der »Diener zweier Herren« auf Dauer eine Unmöglichkeit darstellt. Am Rande von Leones zweitem Western Für ein paar Dollar mehr wird diese Unmöglichkeit, zwei Herren zu dienen, auf amüsante Art deutlich gemacht: Ein chinesischer Dienstbote soll auf Geheiß Moncos das Gepäck Colonel Mortimers aus dem Hotel zum Bahnhof schaffen. Mortimer beordert ihn jedoch zurück. Beide Kontrahenten, die sich vor dem Hotel gegenüberstehen, geben dem Boten nun im Wechsel gegensätzliche Befehle – bis es dem Chinesen zuviel wird, er das Gepäck fortwirft und das Weite sucht. Nihilismus Der Protagonist des Italowestern hat sich also – vordergründig gesehen – für »seine« Seite entschieden. Die Frage, inwieweit diese Entscheidung eine freiwillige war, bleibt dabei noch offen. Es handelt sich in der Regel um einen vom Leben und seiner Umgebung desillusionierten Menschen. Was ihm widerfuhr, hat ihn zynisch werden lassen, bis hin zu einem ausgesprochenen Nihilismus. Ein Glaube an das »Gute« ist weitgehend verloren gegangen. »Ich glaube nicht mehr an die Menschen«, sagt der Sheriff Cassidy in Lauf um dein Leben zu einem ehemaligen Weggefährten der Revolutionskämpfe. »Von nun an kämpfe ich nur noch für mich selbst.« Bereits in Für eine Handvoll Dollar wird Joe die Frage gestellt: »Sie lieben den Frieden wohl nicht?« – »Wie kann ich etwas lieben, was ich nicht kenne und woran ich nicht glaube?« Die Hauptfigur in Sentenza di morte (Django – Unbarmherzig wie die Sonne, 1967), ein Mann mit dem bezeichnenden Namen »Cash«, antwortet auf die Frage, ob er die Menschen verachte: »Nein, nicht alle.« Wolfgang Luley meint zutreffend, dies sei »für einen Italo-Western eine differenzierte Aussage«20. Aufgrund der Lebenserfahrungen dieser Hartgewordenen gibt es unter

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ihnen auch solche, die von abgrundtiefem Zynismus geprägte Lebensregeln aufgestellt haben, die sie offen kundtun und gelegentlich jüngeren Schülern oder Bewunderern als Lebensweisheiten lehren. Diese Weltsicht entspricht einem Grundaxiom Leones, das in einem berühmt gewordenen Wort von ihm zum Ausdruck kommt, in dem er sich mit seinem wohl größten Vorbild vergleicht: »Wenn bei John Ford einer zum Fenster rausschaut, hat er den Blick in eine strahlende Zukunft. Wenn bei mir einer das Fenster aufmacht, weiß jeder: Der wird jetzt erschossen. Ford ist ein Optimist. Ich bin ein Pessimist.«21 Einige der eindrücklichsten Italowestern zeichnen sich daher durch eine nihilistische Grundstruktur und eine ebensolche Weltsicht ihrer Protagonisten aus. Prägnante Beispiele sind u. a. Töte, Django, das Ausnahmewerk von Giulio Questi, ferner Black Jack (Auf die Knie, Django, 1968) von Gianfranco Baldanello, um einen von Rache in den Irrsinn getriebenen Mann, Quei disperati che puzzano di sudore e di morte (Um sie war der Hauch des Todes, 1969) von Julio Buchs, ein sehr pessimistischer Film mit einer schwermütigen Musik von Gianni Ferrio, schließlich California (Der Mann aus Virginia, 1977) von Michele Lupo, in dem der von Giuliano Gemma gespielte Soldat verbittert feststellen muss: Nach Ende des Bürgerkrieges sind die moralischen Zustände schlimmer als je zuvor. Der Kampf hat sich nicht gelohnt. »Die Welt ist schlecht.« So faßt Keoma, gleichsam die Summe typischer Antihelden des Italowestern, seine Sicht der Dinge in Enzo G. Castellaris Spätwerk zusammen (Keoma  – Das Lied des Todes). Dies entspricht der ihn umgebenden schmutzigen Realität, in der er sich nur durch diese nüchtern-realistische Einschätzung behaupten kann. Verstärkt wird die nihilistische Erzählweise durch die Figur der alten Frau (Gabriella Giacobbe), die in den Ruinen vor der Stadt als eine Art »Mutter Courage der Hoffnungslosigkeit«22 haust. Franco Nero, der Keoma-Darsteller, hatte bereits in den frühen Tagen des Genres als Django festgestellt: »Es gibt nur eines, was wichtig ist: dass man sterben muss«. Christian Keßler spricht hier von einem »Bild von der Welt, das an Pessimismus nicht zu überbieten ist«23. Django-Schöpfer Sergio Corbucci hat diese Sichtweise auch zwei Jahre später in Leichen pflastern seinen Weg weiterverfolgt; hier bis zum konsequenten Ende, an dem das in Klaus Kinski personifizierte Böse den



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Sieg über das Gute davonträgt und den Zuschauer der letzten Hoffnung auf eine nach irgendwelchen ethischen Maßstäben geordnete Welt beraubt. Auch in dem Spätwestern Una donna chiamata Apache (Apache Woman, 1978) von Giorgio Mariuzzo siegt am Ende das Böse in Gestalt eines bigotten Farmers. Der Außenseiter Wie kann ein Einzelner in einer solchen Welt leben? Im typischen Italowestern wird schnell deutlich, dass rechtschaffene Menschen in dieser Umgebung nicht alt werden. Wer überleben will, muss mit den Wölfen heulen. So ist der Antiheld manchmal selbst ein Krimineller oder hat eine solche Vergangenheit. Dies muss – im Gegensatz zum moralisch einwandfreien US-Western – weder begründet noch schöngeredet werden. Der Protagonist selbst tut es auch nicht. Er muss sich nicht rechtfertigen, denn die ihn umgebende zutiefst gestörte Gesellschaft eignet sich kaum zu einem ethischen Gegenentwurf, als dass sie ihn zu einer Änderung seiner eigenen Lebensweise herausfordern würde. Er ist als Räuber oder gar Mörder nicht der Exot, sondern hat sich vielmehr seiner Umgebung angepasst. Im bestens Fall arbeitet er als Kopfgeldjäger, was jedoch auch keine echte Alternative zum Kriminellen ist, da seine Motivation kaum einem ausgeprägten Gerechtigkeitsempfinden, sondern auch hier mehr monetären Interessen entspringt. So gilt als der »Held« eben nicht der, der Recht und Gesetz auf seiner Seite hat, sondern der schneller und besser schießt als seine Gegner.24 Wünschenswert, wenn beides zusammen fallen sollte. Das kriminelle Potential der Akteure wird besonders dort offensichtlich, wo Kommandounternehmen im Vordergrund stehen, die im Stil eines dirty dozen mit Verbrechern und Außenseitern jeglicher Couleur besetzt sind. So arbeiten in Un esercito di cinque uomini (Die fünf Gefürchteten, 1969) ein Dynamitexperte, ein Rinderdieb, ein Messerwerfer, ein Akrobat und ein Bankräuber zusammen. Im Aufgebot von …e vennero in quattro per uccidere Sartana (Sie kamen zu viert, um zu töten, 1969) stehen vier Killer: ein die Peitsche schwingender Sadist, ein Boxer, ein Messerwerfer und ein Scharfschütze. Von der übelsten Verbrechersorte sind auch die sechs »Helden« in Enzo G. Castellaris Ammazzali tutti e torna solo! (Töte alle und kehr allein zurück,

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1969), die nunmehr im Auftrag der Armee der Südstaaten kämpfen. Ähnlich verhält es sich in Una ragione per vivere e una per morire (Sie verkaufen den Tod, 1972): Einige als Plünderer zum Tode Verurteilte werden noch unter dem Galgen für ein Himmelfahrtskommando rekrutiert. Darunter befinden sich mehrere Diebe, ein Mann, der die Frau eines Vorgesetzten verführte, ein Mestize, der einen Mann erschoss, der den Indianern Alkohol verkaufte, und schließlich ein Prediger, der als der »Übelste« bezeichnet wird, da er vor dem Rekrutierungsbüro der Armee »defätistische Reden« geführt hätte. Bezeichnenderweise ist es allein Letzterer, der das Angebot einer Begnadigung ausschlägt, seinem Gott treu bleiben will und somit als einziger gehängt wird. Die Anpassung des Protagonisten an die ihn umgebende moralisch verkommene Gesellschaft gilt jedoch nur eingeschränkt und führt keineswegs zu einer Assimilierung. Das Gegenteil ist der Fall. Hin und wieder müssen wir uns daran erinnern, dass es in diesem Kapitel ja um den »Guten« geht, der sich in seinem Verhalten zumindest graduell von den Verbrechern unterscheiden soll. Zwar ist er in der Wahl der Methoden, die er benutzt, um seine Ziele zu erreichen, ebenso wenig zimperlich wie seine Gegner. Anders würde er nicht überleben. Doch ansonsten ist und bleibt er ein Außenseiter, der quer zum Establishment steht. Dies kann seine Ursache in einer grundsätzlich nonkonformistischen Haltung haben, mit der sich der Held als Individualist inmitten des von einem verbrecherischen System geforderten Kollektivismus zu behaupten sucht. Darin grenzen sich die maßgeblichen Schöpfer des Italowestern trotz mancher linker Sympathien von den totalitären marxistisch-leninistischen Strömungen ihrer Zeit deutlich ab. Das Außenseitertum kann aber auch äußere Ursachen haben, z. B. weil dem Protagonisten die Integration verweigert wird. Er wurde einst – entweder durch ein an ihm verübtes oder von ihm begangenes Verbrechen, aufgrund von Verleumdung oder einer falschen Verurteilung  – von der Gesellschaft selbst ausgestoßen. Nun ist er wieder da, aber kein Weg führt in die Gemeinschaft zurück. Er bleibt nichtsesshaft und unbehaust. Der Protagonist des Italowestern ist nicht mehr einzugliedern. Nach getaner Arbeit reitet er wieder fort, da nichts ihn zum Bleiben bewegen kann. Er hat keine neuen Freunde gefunden, meist auch sonst nichts dabei gewinnen können.



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So ergeht es beispielsweise Scott Baker in Per mille dollari al giorno (Für 1000 Dollar pro Tag, 1965): Er wird aus Rache für seine ermordete Familie zum Revolverhelden. Nachdem er die drei Mörder gerichtet hat, zieht er zum Schluss einsam fort. Weil er nun ein »Pistolero« ist, wird er fortan in ständiger Gefahr vor anderen leben müssen. Eine bürgerliche Existenz ist ihm damit verwehrt. Er kann nicht mehr sozialisiert werden. Jegliche Hoffnung, noch einmal Heimat zu finden, hat er aufgeben müssen. Auch Mannaja, der Titelheld aus Sergio Martinos Spätwerk (Mannaja – Das Beil des Todes, 1977) ist solch ein solitary man, wie es im Titelsong der Brüder Guido und Maurizio De Angelis heißt. Auf das Angebot eines Bürgers am Schluss des Films: »Soll ich Ihnen ein paar Eier in die Pfanne hauen?« reagiert er nicht, sondern verschwindet im Nebel, aus dem er kam. Es könnte ja seine Sesshaftwerdung drohen! Ein typischer Vertreter dieser Entwurzelten und Heimatlosen, der sein Dasein als ein »Geworfensein« in die Welt im existentialistischen Sinne Martin Heideggers erfährt, ist der Titelheld in Keoma – Das Lied des Todes. Er liebe die Heimat und die Menschen, gibt er zu verstehen, aber sie liebten ihn nicht. Als ein Halbblut ist er nirgendwo wirklich angenommen. Auch seine Halbbrüder hassen ihn und beschimpfen ihn als »Bastard«. Christian Keßler schreibt: »Ein Mann wie Keoma, der das Töten gewohnt ist, erscheint als Katalysator für die Schlechtigkeit der Menschen – nicht, weil er aggressiv wäre, sondern weil er einfach anders ist, ein Outsider, der nicht in dieses System passt.«25 Il straniero Dieser Held ist allein. Naheliegend ist deshalb auch das Motiv des Fremden, des gänzlich Unbekannten, der in die bestehende Gruppe he­r­einbricht. Als bezeichnendes Beispiel eines Hollywood-Western, der dieses Motiv aufgreift, kann Shane (Mein grosser Freund Shane) von George Stevens aus dem Jahre 1953 angesehen werden. Dieser Film war im Blick auf die Charakterisierung seines Protagonisten seiner Zeit weit voraus und dürfte damit den Italowestern geprägt haben. Ein unbekannter Held wie jener »Shane« ist in noch größerem Maße mythologisch überhöht als jemand, den man kennt. Er taucht einfach auf; niemand weiß, woher er kam. Keiner wagt zu fragen. Das Unbekannte umgibt ihn

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als Geheimnis; seine Biographie oder Sozialisation bleiben im Dunkel26, ebenso die Motive seines Handelns. Er ist nicht einzuordnen und wirkt dadurch umso furchteinflößender. So wie er ex nihilo kam, wird er zumeist auch wieder zurück ins Nichts entschwinden. Dieser Einbruch des Fremden und Unbekannten in ein Gemeinwesen ist auch das zentrale Thema der von Clint Eastwood inszenierten und am Italowestern orientierten Werke High Plains Drifter (Ein Fremder ohne Namen, 1973) und Pale Rider (Pale Rider  – Der namenlose Reiter, 1985). Der biblische Begriff der »Heimsuchung« erscheint – vor allem im Blick auf den erstgenannten dieser beiden Filme – hier nicht unangebracht. Auf beide Filme wird später noch zurückzukommen sein. Der Mann ohne Namen Die beiden deutschen Titel dieser Klassiker Eastwoods weisen bereits auf einen weiteren Aspekt hin, der auch dem Italowestern von Beginn an eigen war: Das Fremdartige der Bedrohung wird häufig dadurch verstärkt, dass der Eindringling namenlos bleibt. Eastwood selbst hatte bereits bei Leone damit begonnen: »The man with no name« lautete in den USA die von ihm verkörperte Figur der »Dollar«-Trilogie.27 Auch in Italien selbst wurde uomo senza nome schnell zu einem festen Begriff. Weitere Beispiele: Namenlos bleiben die Charaktere der Stranger-Reihe28, verkörpert von Tony Anthony, die stark angelehnt sind an die Figuren Eastwoods in den »Dollar-Filmen«. Yankee wird die Hauptfigur in Tinto Brass’ gleichnamigem Film (1965) genannt. Es ist das Einzige, das man ihm über seine Herkunft ansehen kann. Der mexikanische Waisenjunge, Titelgestalt in Requiescant (Mögen sie in Frieden ruhen, 1966) wird erst später so gerufen, da sein eigentlicher Name unbekannt ist. Auch El Macho (o. dt. T., 1977) gehört zu der Kategorie derer, die ihren eigenen Namen selbst nicht kennen. Dieser Unbekannte wird nach der selbstsicheren Art seines Auftretens benannt. Dumm nur, dass er sich gegen seine Natur für einen anderen ausgeben muss, der bereits tot ist und als großer Feigling bekannt war.



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Der Soldat in Der Mann aus Virginia leiht sich seinen Namen »Michael Ransom« spontan von der Aufschrift einer Tabakkiste. In Mein Name ist Nobody wird schon im Titel deutlich, dass der von Terence Hill verkörperte Charakter nichts anderes sein will als ein nessuno, ein Niemand; denn seiner Erfahrung nach leben diejenigen, die bereits einen (berühmten) Namen haben, gefährlich, da ihnen jeder ans Leder will.

Die Bedrohung durch solcherart Anonymität wird anschaulich im »Rumpelstilzchen-Effekt«29: Auch der Antiheld des gleichnamigen Grimmschen Märchens zieht Macht und zeitweilige Überlegenheit aus der Tatsache, dass sein Name anderen unbekannt ist. Dadurch wirkt er unheimlicher und bedrohlicher, nicht fassbar. Zusammen mit seinem Namen bleiben auch seine Vergangenheit und die Motive seines Handelns im Dunkeln. Es fällt daher umso schwerer, geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen, um ihm Einhalt zu gebieten. Erst mit der Aufdeckung seines Namens fällt der unheimliche Nimbus von ihm ab, und er steht im Licht des Tages da als das, was er eigentlich ist: nur ein lächerlicher Gnom. Weil die Anonymität Macht verleiht, ist der Gegner natürlich bestrebt, dem Namenlosen diesen Trumpf zu nehmen. »Wer bist du?« fragt der Killer Frank in Spiel mir das Lied vom Tod wiederholt seinen Kontrahenten, der nur »Mundharmonika« genannt wird. Dieser antwortet ihm stets mit den Namen von Opfern, die von Frank erschossen wurden. Frank bleibt im Ungewissen über seinen Gegner, muss aber gleichzeitig erkennen, dass dieser über ihn ein ganzes Dossier im Kopf hat. Auch von dem Mexikaner Pecos in Due once di piombo (Johnny Madoc, 1966) will man immer wieder den Namen wissen. Lakonisch gibt er zur Antwort: »Was habt ihr denn davon, wenn ihr tot seid?« Der namenlose Fremde im Western steht mit seiner Anonymität in dieser Tradition des Rumpelstilzchens. Er verkörpert eine dunkle, nicht fassbare Macht. Zur Verdeutlichung dessen kann als Gegenstück ein biblischer Befund beschrieben werden: Der Gott des Alten Testaments zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er in einer Selbstoffenbarung seinen Namen preisgibt (2. Mose 3,13f ). Mose trifft auf dem Berg Horeb auf eine zunächst anonyme Macht in einem brennenden Dornbusch, die sich ihm aber schrittweise enthüllt: zunächst als der »Gott deines Vaters,

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der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs« (V.6), dann aber auf Nachfrage hin auch mit seinem Namen »Ich bin, der ich bin« (hebräisch: JHWH bzw. Jahwe). Mose erhält von Gott den Auftrag, das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten herauszuführen. Er kann diese schier übermenschliche Aufgabe nur angehen, indem er sich der Autorität seines Auftraggebers versichert und seinen Feinden im Namen dieses Gottes entgegentritt, der sich ihm offenbart hat. Es wird damit deutlich, warum das jüdische Volk von je her dieser Selbstoffenbarung des Gottesnamens allergrößte Bedeutung beimaß. »Um seines Namens willen« wird Gott gelobt oder werden Dinge für ihn getan. Der Gott Israels bleibt keine anonyme, abstrakte Größe, sondern wird als Person erkennbar. Dies ist überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass der Mensch nun mit Gott in Beziehung treten kann – weil er ein Gegenüber hat. Beziehungsprobleme Wie der Gott Israels durch die Nennung seines Namens dem Menschen ein unmissverständliches Beziehungsangebot macht, so wird umgekehrt ebenso deutlich, dass der anonym bleibende Antiheld des Italowestern gerade solche Beziehungen verweigert. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass es sich hier vielfach um Menschen mit ausgeprägten Beziehungsstörungen handelt. Häufig hat der Protagonist frühere Bezugspersonen (Eltern, Frau, Kind) durch Gewalttaten verloren. Entweder hatte er eine traumatische Vergangenheit oder gar keine erkennbare. Er wirkt getrieben, handelt wie unter Zwang. Emotionen wie Wut und Zorn werden unterdrückt und lassen sich lediglich in einem oft deutlichen, manchmal auch nur diffusen Rachewunsch kanalisieren. Andere Möglichkeiten bleiben ihm verwehrt, denn Traumatherapeuten waren im alten Westen rar. Menschenfeindlichkeit bestimmt ihn nun. »Vielleicht macht es mir Spaß, andere vor die Brust zu stoßen«, antwortet Django auf die Warnung, sein aggressives Auftreten zu unterlassen. Sein Umgang mit anderen ist von tiefem Misstrauen geprägt. Das beste Beispiel, wie dieses destruktive Sozialverhalten um sich greifen kann, erlebt man in Ognuno per sé (Das Gold von Sam Cooper, 1967) von Giorgio Capitani. »Jeder für sich« lautet der treffende Originaltitel dieses sehr pessimistischen



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Western. Von Beginn an, als nach einem gemeinsamen Goldfund ein Mann seinen Partner zu töten versucht, lautet die Grundbotschaft: »Du kannst niemandem vertrauen.« Der den Anschlag überlebende Goldsucher Sam Cooper (Van Heflin) befindet sich in einer Zwickmühle: Aus berechtigter Angst, betrogen zu werden, darf er eigentlich niemandem von seinem Fund erzählen. Um das Gold zu bergen, werden aber Helfer benötigt. Schließlich ziehen vier Personen zum Fundort, von denen keiner dem anderen über den Weg traut. Allein um des Überlebens willen schließen sie zeitweilige Zweckbündnisse, geradezu unheimliche Allianzen. Coopers Sehnsucht nach einem wirklichen Vertrauten ist jedoch mit Händen zu greifen. Er glaubt, ihn in seinem Ziehsohn Manolo (George Hilton) gefunden zu haben. Der aber hat ein eigentümliches Verhältnis zu dem undurchsichtigen »Blonden«, der – zumal von Klaus Kinski gespielt – nichts Gutes verheißt. Darum nimmt Cooper sogar seinen früheren Feind Mason (Gilbert Roland30) als Schutz mit auf die Reise. Mason argwöhnt, Cooper habe seinen Partner aus dem Weg geräumt. Cooper misstraut Manolo und dem Blonden, diese belauern Mason, nachdem sie bemerken, dass er unter Malaria leidet. In einem ersten Anlauf, die Partner zu beseitigen, versucht der Blonde, den Stollen zum Einsturz zu bringen. Später wird das Chinin gestohlen, das Mason dringend benötigt. Danach versucht der Blonde, Mason zu erschießen, wird aber von diesem selbst getötet; ebenso wie Manolo von Cooper. Auf dem Rückweg wird schließlich auch Mason sein Misstrauen zum Verhängnis: Zwei Killer, die er selbst engagierte, um sich zu schützen, wird er nun nicht mehr los. Auch sie haben es auf das Gold abgesehen. Erst als Mason im Sterben liegt, deutet sich eine Spur von zaghaftem neuem Vertrauen zwischen ihm und Cooper an. Doch da ist es bereits zu spät. Es kann nicht mehr gelebt werden. Cooper zieht weiter, einsam wie zuvor. Hier wird ausführlich dargestellt, was in Johnny Madoc sehr kurz zusammengefasst ist: »Die Toten plündern nicht mehr. Nur vor den Lebenden muss man sich hüten!« Kommunikationsstörungen Wer so, wie geschildert wurde, geprägt ist, gibt auch wenig von sich preis. Der Antiheld des typischen Italowestern ist alles andere als redselig. Sein Innenleben bleibt verborgen, dafür treten Äußerlichkeiten umso mehr

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hervor. Mimik und Gestik werden minimalistisch, dafür aber umso pointierter eingesetzt. Dieser Mann agiert langsam, nie hektisch, aber umso bedeutungsschwerer. Sein nonverbales Auftreten, seine Kleidung und Bewaffnung sind beredter als seine wenigen Worte.31 Darüber hinaus tut er Dinge, die den Zeichenhandlungen nicht unähnlich sind, die von einigen alttestamentlichen Propheten (Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Hosea, Micha) bekannt sind. Zeichenhandlungen bringen eine Botschaft zum Ausdruck, die über das hinausgeht, was sichtbar wahrzunehmen ist. In Spiel mir das Lied vom Tod kommunizieren die Gegner Frank und Harmonica in einer Szene sogar über eine solche Symbolik: Im leeren Saloon legt Frank 5.000 Dollar auf den Tisch, dazu eine einzelne Dollarmünze. Er will Harmonica die gerade für 5.000 Dollar erworbene McBain-Farm »abkaufen«. Der einzelne Dollar stellt an sich eine lächerliche Summe, zugleich aber auch eine unmissverständliche Drohung dar, sich die Farm ansonsten auch gewaltsam anzueignen. Unvergesslich, mit welch lässiger Eleganz Harmonica seinerseits auf die Zeichenhandlung reagiert, indem er das Geldbündel ignoriert, den Dollar aber in sein leeres Glas wirft und damit seinen Drink bezahlt. Wenn der Protagonist des Italowestern entgegen seinen grundsätzlichen Gewohnheiten überhaupt etwas sagt, dann ist er nicht auf den Mund gefallen; doch klärt sein Votum lediglich die Machtverhältnisse und beendet eher die Kommunikation, als dass es ein Gespräch eröffnen würde. Ihm ist nicht nur jeglicher Diskurs fremd, er ist auch unfähig, in einen wirklichen Dialog zu treten. Daher muss der Colt als Mittel der Kommunikation herangezogen werden. Nicht umsonst werden den Waffen verbale Ausdrucksmöglichkeiten zugeschrieben in Filmtiteln wie Gnade spricht Gott – Amen mein Colt oder Sein Colt singt sechs Strophen. Aber ebenso gilt: Le pistole non discutono – Pistolen diskutieren nicht. Auch der Colt redet nur das Notwendigste. Es wundert nicht, dass Sergio Corbucci, als er 1968 die Hauptrolle in Leichen pflastern seinen Weg mit Jean-Louis Trintignant besetzte, ihn – aus der Not heraus, dass der Franzose kaum englisch sprach – problemlos in einen Stummen namens »Silence« verwandeln konnte. Der stumme Revolverheld stellt lediglich die letzte Konsequenz dar aus dem wortkargen Auftreten vieler seiner Kollegen. Er agiert in einer trostlosen Welt, in der Worte überflüssig geworden sind, da sie nichts mehr



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verändern. Daher erinnern einige Protagonisten an Trappistenmönche: abgewandt von der Welt und im Schweigen verharrend. Bindungsangst Sprach- und Beziehungsunfähigkeit, Verletzungen und Misstrauen hindern den Antihelden, tragfähige Bindungen einzugehen. Das prägt auch sein Verhältnis zu Frauen. Im Gegensatz zum amerikanischen Western ist er nicht derjenige, der am Schluss das Mädchen bekommt. Die Romanze findet nicht statt. Sie spielt daher auch keine wesentliche Rolle innerhalb der Handlung. Für Liebesbeziehungen ist in diesem gebrochenen Leben keinen Platz. Das Gefühl des Hasses hat vielfach das Gefühl der Liebe überlagert. Dementsprechend ist der Protagonist auch sexuell kaum aktiv und lebt im Vergleich zu seinen sonstigen amoralischen Verhaltensweisen auffallend keusch. So ist auch im Leben des von Charles Bronson verkörperten Einzelgängers in Spiel mir das Lied vom Tod kein Platz für Jill (Claudia Cardinale). Cheyenne, der Dritte im Bunde, bemerkt Jills Interesse an dem wortkargen Einzelgänger und dämpft ihre Erwartungen, indem er ihr voraussagt, was nach dem Showdown mit Frank geschehen wird: Harmonica wird ohne Erklärung seine Sachen nehmen und gehen. So geschieht es auch. Das Angebot der Frau schlägt er aus. Für eine dauerhafte Bindung müsste ein solcher Mann seinen bisherigen Lebenswandel aufgeben und Verantwortung übernehmen. Das kann oder will er nicht. Er hat Angst vor den dazu notwendigen Veränderungen. Wurde zuvor bereits festgestellt, dass ihm vielfach die Eingliederung in ein bürgerliches Leben von außen verwehrt wird, so ist er doch auch selbst zu keiner Entwicklung mehr fähig, die dazu nötig wäre. Am Schluss, nachdem der Konflikt, der bis dahin all sein Sinnen beherrschte, gelöst ist, im Moment, da es möglich wäre, einen Neuanfang zu wagen – da reitet er fort und entzieht sich somit jeglicher weiterer Verantwortung für andere Menschen. Er »säte den Tod«, deshalb findet er ins Leben nicht mehr zurück. So lässt er Frauen mit ihrer Liebe für ihn zurück; Keoma selbst den schutzlosen, gerade geborenen Säugling, obwohl er angefleht wird, sich seiner anzunehmen (Keoma – Das Lied des Todes). »Wer frei ist, braucht nichts«, ist sein Credo, das er dem neu in diese Welt Getretenen mitgibt. Für ihn selbst gilt das ebenso: »Ich muss es allein

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schaffen – denn ich bin allein.« Nicht anders verhält es sich bei seinem Alter Ego Jonathan in Die Rache des weissen Indianers, der auf die Bitte des Musikanten, ihn begleiten zu dürfen, antwortet: »Ich bin lieber allein.« Was hier wie eine freie Willensentscheidung formuliert ist, spiegelt in Wirklichkeit die Unfähigkeit wider, sich anderen Menschen anvertrauen zu können; eine Bürde, die er seit Kindertagen mit sich trägt, nachdem seine Eltern getötet wurden und sein einziger Vertrauter in der Wildnis ein junger Bär war. An dieser seiner offenkundigen emotionalen Begrenztheit wird auch die Tatsache, dass er am Schluss dieses Films nach einem Moment des Zögerns doch mit seiner indianischen Freundin fortreitet, nichts Grundsätzliches ändern. Der Wunsch nach größtmöglicher Autonomie bestimmt auch Brett (im Original: Hud) in Corbuccis Gli specialisti (Fahrt zur Hölle, ihr Halunken, 1969), der zweimal über sich selbst – in der dritten Person – sagt: »Brett hat keine Freunde.« Vier herumlungernde Hippies bestätigen dies später nochmals. Umfassende psychische Störungsbilder Weitere Beispiele für Menschen mit psychischen Störungen, die sie für menschliche Beziehungen ungeeignet erscheinen lassen: Bill in Da uomo a uomo (Von Mann zu Mann, 1967) ist zwar nach dem Massaker an seiner Familie zum Pistolero geworden, doch im Grunde noch ein Junge, der viel zu schnell erwachsen werden musste. Ähnlich ergeht es Roy Blood in Sella d’argento (Silbersattel, 1978): Sein Vater wird getötet, als er erst zehn Jahre ist. Roy erschießt den Mörder und reitet mit dessen Pferd in die Einsamkeit. So sieht seine Sozialisation aus. Captain Victor Caleb in La spina dorsale del diavolo (Die Höllenhunde, 1970) gehört als eingewanderter Serbe von vornherein nicht zum etablierten Bürgertum. Er findet seine Frau von Indianern derart gefoltert und geschändet vor, dass er ihr selbst den Gnadenschuss geben muss und anschließend von grenzenlosem Hass auf alle Indianer bestimmt wird. Auch Jeremias Bridger in La vendetta è un piatto che si serve freddo (Drei Amen für den Satan, 1971) wird zu einem solchen Indianerfeind, da er glaubt, diese hätten seine Familie getötet. Aus diesem Hass heraus



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verdient er sein Geld mit dem Verkauf von Indianerskalpen. Später sieht er ein, dass er im Irrtum war und sammelt Indianer um sich, um die wahren Mörder zu bestrafen. Aber er findet keine Ruhe und reitet zum Schluss einsam fort. Eine Indianerin würde ihr Leben mit ihm teilen wollen, aber er spürt, dass er aufgrund seiner Vergangenheit auch bei ihr nie Heimat finden könnte. Gleiches gilt für Captain Madison in Mi chiamavano ›Requiescat‹… ma avevano sbagliato (Sing mir das Lied der Rache, 1973), der, weil vor Rache blind und bindungsunfähig, die Indianerin, die ihn einst halbtot fand und pflegte, allein zurücklässt. Black Jack, der ehemalige Chef einer Verbrecherbande in Auf die Knie, Django, dessen Schwester von seinen einstigen Kumpanen vergewaltigt und anschließend skalpiert wurde, hat nach diesem Geschehen offenbar den Verstand verloren. Er lacht schrill bei unpassender Gelegenheit und zahlt in Bezug auf Grausamkeit in gleicher Münze zurück wie seine Widersacher. Alex Mitchell in Due croci a Danger Pass (o. dt. T., 1967) musste als Kind die Ermordung von Vater und Mutter mitansehen. Sein Hass ist derart unbändig, dass er in seinen Gewaltausbrüchen kaum mehr zwischen Freund und Feind, zwischen Schuldigen und Unschuldigen zu unterscheiden vermag. Der Titelheld in John il bastardo (o. dt. T., 1968) leidet psychisch unter seiner ungeklärten Herkunft. Stabile Beziehungen hat er nie kennengelernt. Zu seiner Mutter hat er ein gestörtes Verhältnis, seinen einzigen Freund verstößt er und Frauen benutzt er nur. Als er später seinen Vater kennenlernt, zerstört er dessen Familie ebenso. Jess Bryan in Killer adios (1968) hat sich so wenig in der Gewalt, dass er immer wieder durch Unbeherrschtheit auffällt. Aus seiner Stadt wurde er vertrieben, weil er zu schnell den Colt zog. Später erschießt er wiederum affektiv einen Mann, der ihm Aufklärung über die von ihm untersuchten Verbrechen hätte geben können. Jim Slade in Una pistola per cento bari (Ein Colt für 100 Särge, 1968) war Zeuge Jehovas und Pazifist, ist nach dem Tod seiner Eltern jedoch nur noch von Rachegedanken beseelt. Dies steigert sich bis zur Raserei. Er ist nicht mehr Herr seiner selbst. Als einer der Mörder bereits gehängt werden soll, zerschießt er den Strick, nur um anschließend das Todesurteil selbst an ihm vollstrecken zu können. Er lässt sein Opfer sogar sein Grab selbst ausheben und tötet ihn danach.

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Captain John Warner in Um sie war der Hauch des Todes findet sich von Beginn an auf der Verliererstraße wieder: Als Südstaatler hat er den Krieg verloren (deutlich in der Anfangsszene), als Opfer der Umstände desertiert er, verliert seine Frau, danach sein kurz zuvor geborenes Kind. Als ein vom Wahnsinn Gezeichneter tötet er schließlich alle, die dem kranken Säugling ihre Hilfe verweigerten. Sam Wallash, der Rächer in Era Sam Wallash  … lo chiamavano Così Sia (o. dt. T., 1971) bekommt regelmäßig Tobsuchtsanfälle, wenn er klappende Türen hört und sieht. Sie erinnern ihn an den als traumatisch erlebten Mord an seinen Eltern. Psychisch krank schließlich erscheint auch der namenlose Kopfgeldjäger in L’ odio è il mio Dio (Il Nero – Hass war sein Gebet, 1968). Er hat einen kleinen Hund im Gepäck und tötet jeden, der diesem etwas tun will. Als der Hund jedoch einmal nicht pariert, erschießt er ihn selbst. Die gleiche Behandlung durch ihn widerfährt selbst Familienvätern. Mögen die Honoratioren des Ortes auch allesamt Verbrecher sein, so ist doch der »Held« ein Psychopath.

Körperbehinderung Somit dürften hinreichende Belege dafür erbracht worden sein, um den »Helden«, den vermeintlich »Guten« im Italowestern als einen »Antihelden« definieren zu können. In diesem Zusammenhang muss noch auf einen weiteren Umstand aufmerksam gemacht werden, der es einer Reihe von Protagonisten von vornherein unmöglich machte, ein herkömmliches Heldenimage zu pflegen. Nach den seelisch und psychisch Deformierten, die von Beginn an in großer Zahl das Genre dominierten, war es schließlich eine logische Konsequenz, dass auch Menschen mit körperlichen Behinderungen die Leinwand eroberten. Da sind zunächst einmal die Blinden32 und Sehbehinderten. Als prägnantester Vertreter gilt ohne Zweifel der von Tony Anthony dargestellte Blindman in Ferdinando Baldis gleichnamigem Film (Blindman – Der Vollstrecker, 1971). Auch dieser Held hat seinen Ursprung in Japan, in dem blinden Masseur und Schwertkämpfer Zatoichi, der zwischen 1962 und 1989 in 26 Spielfilmen und einer Fernsehserie von Shintaro Katsu dargestellt wurde.33 Blindman seinerseits ist ein Revolverheld, der einen Vertrag abgeschlossen hat, Bergleuten in Texas fünfzig Frauen zuzuführen (der Blinde als Führer!). Da diese Frauen allerdings inzwischen von



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Banditen entführt wurden, die sie ihrerseits an die mexikanische Armee verkaufen wollen, macht sich der Blinde auf, sie wiederzubekommen. In bemerkenswerter Sturheit wiederholt er immer wieder seine Forderung: »Ich will meine fünfzig Weiber!« Wer derart gehandicapt ist, aber in einer brutalen Welt bestehen will, muss seine ihm verbliebenen Sinne schärfen. So schießt Blindman nach Gehör. Da er natürlich trotzdem nicht so präzise zielen kann wie ein Sehender, schießt er sicherheitshalber ganze Magazine leer oder benutzt Dynamit. Er trägt ein Gewehr mit Bajonett (»Das geht schon los, wenn man es scharf ansieht«) und lässt sich von seinem Pferd führen. Nach außen hin gibt er sich als Unschuldslamm, grüßt »Friede, Brüder!«, bevor er austeilt. Auf die Frage eines der Banditen, wer seine Männer getötet habe, antwortet er: »Keine Ahnung, ich kann ja nichts sehen.« Seine Philosophie lautet: »Wenn man nicht sehen kann, ist man nur ein halber Mensch. Wenn man nicht sehen kann und kein Geld hat, ist das eine Schweinerei.« Daher bemüht er sich wenigstens um Geld. Gegen Ende verliert zwar auch sein ärgster Gegner Domingo sein Augenlicht, aber Blindman verliert seine Frauen wiederum an einen Dritten und steht am Schluss genauso betrogen da wie zu Beginn (I Abb. 7). Sheriff Ringo in Tre colpi di Winchester per Ringo (Drei Kugeln für Ringo, 1966) verliert sein Augenlicht, als er einen Jungen aus einem brennenden Haus rettet. Er ist nun seinem früheren Freund ausgeliefert, der sich selbst zum Sheriff aufschwingt, gleichzeitig aber kriminelle Geschäfte macht. Nachdem seine Mutter ermordet und er selbst zusammengeschlagen wird, gewinnt Ringo durch den Schock sein Augenlicht wieder. Er hält dies jedoch erst noch geheim bis zur Endabrechnung. Unter einer zeitweiligen Erblindung leiden auch die Titelhelden in Mannaja  – Das Beil des Todes sowie Per pochi dollari ancora (Tampeko – Ein Dollar hat zwei Seiten, 1966). Letzterer wird in seiner Hilflosigkeit von seinen Gegnern derart geschlagen und gedemütigt, dass es an neutestamentliche Passionsberichte erinnert: »Die Männer aber, die Jesus gefangen hielten, verspotteten ihn und schlugen ihn, verdeckten sein Angesicht und fragten: Weissage, wer ist’s, der dich schlug?« (Lukas 22,63f; vgl. Matthäus 26,68). Schließlich ist da noch Minnesota Clay (Cameron Mitchell): ein entflohener, zuvor zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilter Sträfling,

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der einst als »bester Schütze der Staaten« galt, nun aber häufiger Sehprobleme hat, meist in Form von Doppelbildern. Auch er lernt es, zunehmend mehr nach seinem Gehör zu schießen. Zwar bekommt er später eine Brille verordnet, kann sich damit aber wohl nicht anfreunden und zerschießt sie am Schluss. Behindert ist auch der Stumme, wenn auch weit weniger als der Blinde, da – wie bereits ausgeführt – der echte Held eines Italowestern ohnehin meist nonverbal kommuniziert. Dem Revolvermann Silence in Leichen pflastern seinen Weg wurden bereits als Kind von den Mördern seiner Eltern die Stimmbänder zerschnitten, um ihn »mundtot« zu machen. Er rächt sich auf seine Weise, indem er Kopfgeldjägern, die Jagd auf arme Ausgestoßene machen, ebenfalls behindert, indem er ihnen die Daumen abschießt. Taubstumm ist der Kundschafter Erastus »Deaf« Smith (Anthony Quinn) in Los amigos (Das Lied von Mord und Totschlag, 1972). Seine Behinderung bringt für ihn Probleme mit sich: Als er sich in ein Fort schleicht, verraten ihn beinahe die kleinen Glöckchen, die er bei sich trägt, selbst aber nicht hört. In einer stockfinsteren Höhle ist er umso mehr gehandicapt. Er weiß sich aber zu helfen: Damit er nachts unwillkommene Gäste bemerkt, knüpft er eine Schnur an den Türknauf seines Zimmers und verbindet sie mit seinem Finger. Schlecht dran ist ein Revolverheld ebenso, wenn er seine Hände nicht mehr gebrauchen kann. So erging es am Ende des Films Django, dem die Hände zerschlagen wurden. Andere teilen dieses Schicksal: Captain Madison in Sing mir das Lied der Rache werden die Hände zerschossen. Auch er muss sich wie Django eine Waffe so herrichten, dass sie seiner Behinderung Rechnung trägt. Richard Martin in Bandidos (1967) ist ein ehemaliger Kunstschütze, dem ebenfalls die Hände zerschossen wurden. Seiner Verbitterung ist anzumerken, dass er sich seiner Männlichkeit beraubt fühlt. Er lernt einen Schüler an, der künftig den Colt für ihn führen soll. Clay McCord in Un minuto per pregare, un istante per morire (Mehr tot als lebendig, 1967) leidet  – wie schon sein Vater  – unter einem Tremor, einer krampfartigen Lähmung des Armes. Noch stärker hat es Joshua Tracy in Il tempo degli avvoltoi (Die Zeit der Geier, 1967) getroffen: Er krankt unter epileptischen Anfällen – was deutschen



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Zuschauern allerdings bis zur DVD-Veröffentlichung einer ungeschnittenen Fassung verborgen blieb. Genannt sei auch ein Gehbehinderter: Dem ohnehin schon psychopathischen Black Jack in Auf die Knie, Django werden von seinen Gegnern die Beine zerschossen. Er behält ein steifes Knie zurück und muss am Stock gehen. Ein Leiden, das zwar keine unmittelbaren körperlichen Folgen nach sich zieht, den von ihm Betroffenen aber ebenfalls stark beeinträchtigen kann, ist die Amnesie. Darunter leidet der Protagonist in Django – Die Nacht der langen Messer, der anfangs sogar in der Forensik einer Irrenanstalt untergebracht ist. Er verlor sein Gedächtnis bei einem Brand und steht nun zwischen den Fronten rivalisierender Gruppen, die ihn alle für sich benutzen wollen. Ähnlich ergeht es dem Bürgerkriegsteilnehmer Davy Flanagan in Il suo nome gridava vendetta (Django spricht das Nachtgebet, 1968), der nach einer Verletzung unter Amnesie leidet. Auch er gehört von Beginn an zu den Verlierern: In seinem Heimatort wird er gemieden. Selbst Kinder haben vor ihm keinen Respekt mehr, zünden das Stroh unter dem Schlafenden an und schlagen ihn. Seine Frau hat einen anderen geheiratet und ist zur Alkoholikerin geworden. In Lo chiamavano Mezzogiorno (Der Mann aus El Paso, 1973) ist es ein Fenstersturz, der die Amnesie eines Geschäftsmannes verursachte. Fortan lebt er gezwungenermaßen unter der Identität eines Berufskillers weiter. Eines ist diesen Personen gemeinsam: Sie sehen sich permanenten Angriffen ausgesetzt, kennen nicht die dahinterstehenden Motive und müssen aus dem Geflecht von Lügen, die ihnen von verschiedenen Seiten erzählt werden, die Wahrheit herausfinden. Der ehemalige Soldat Bryan in I vigliacchi non pregano (Schweinehunde beten nicht, 1968) erleidet die völlige Amnesie infolge eines Gewaltaktes, bei dem seine Frau ums Leben kam. Durch diese Traumatisierung entwickelt er sich nun selbst zu einem skrupellosen Gewalttäter, der kaum mehr Herr seiner selbst ist. Neben Behinderungen können auch schwere Krankheiten beeinträchtigen: So ist der Protagonist in Odio per odio (Die gnadenlosen Zwei, 1967) ein Bankräuber, der sich im Straflager eine todbringende Malaria zugezogen hat und daher keine Zukunft mehr hat. Ebenfalls haben viele der »Helden« massiv mit dem Alkoholismus zu kämpfen.

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Eine körperliche Behinderung allein für sich genommen berechtigte sicher noch nicht, den betroffenen Personenkreis hier in einen Zusammenhang mit den Menschen zu stellen, die durch seelische Verwundungen verbittert wurden, mit psychischen Problemen belastet sind oder durch eine amoralische Lebensweise auffallen. Die dargestellten Beispiele dürften jedoch hinreichend belegen, dass die körperlichen Gebrechen mancher Italowesternhelden nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern im Kontext einer allumfassenden Gebrochenheit dieser Charaktere zu sehen sind. Die Betroffenen selbst leiden zumeist darunter und empfinden ihr Handicap als »Pfahl im Fleisch« (2. Korinther 12,7). Schließlich handelt es sich bei ihnen nicht um normale Mitglieder einer bürgerlichen Gesellschaft, sondern um Außenseiter im ständigen Überlebenskampf, die darum in besonderer Weise auf alle Sinne und Körperfunktionen angewiesen sind. Ihre körperlichen Defizite sind daher nur ein weiterer Beleg dafür, dass wir es im typischen Italowestern mit Protagonisten zu tun haben, die sich auf der Verliererstraße befinden. Biblisches Menschenbild An dieser Stelle soll gefragt werden, welches Menschenbild der Italowestern vermittelt. Ist es übertrieben negativ, zu destruktiv, zu nihilistisch? Die Grundthese, die hier vertreten werden soll, lautet: Es entspricht dem biblischen Menschenbild. Werfen wir dazu zunächst einen Blick nach Amerika. Wolfgang Luley hat in einem Aufsatz die Erzählperspektive des klassischen US-Western als die der sog. White Anglo-Saxon Protestants (WASP) gedeutet. Er macht dies fest an den theologischen Themen der Exodus- und Landnahmetradition, der Prophetie des »Neuen Jerusalem«, der Erlösergestalten sowie der universellen Heilsgeschichte.34 Alle diese Motive lassen sich im amerikanischen Western tatsächlich finden. Ist diese Sichtweise aber ebenso übertragbar für das im Italowestern vermittelte Bild des Antihelden, das sich von dem, wie Hollywood seine Helden beschreibt, doch erheblich unterscheidet? Hier bestehen in der Tat gravierende Differenzen, die erklärbar werden durch einen Blick auf die Theologie der »weißen angelsächsischen Protestanten«. Sie haben ihren Ursprung zu einem großen Teil in den vom



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Calvinismus geprägten reformierten Kirchen wie den Presbyterianern, Kongregationalisten oder Baptisten. Zu den theologischen Grundaxiomen des Calvinismus gehört auch die Lehre von einer »doppelten Prädestination«. Danach hat Gott bereits am Anbeginn der Zeiten das Schicksal aller Menschen vorherbestimmt, die einen zum Guten und zur Seligkeit erwählt, die anderen zum Bösen und zur ewigen Verdammnis. Der Einzelne ist damit willkürlich determiniert und dieser Entscheidung Gottes ausgeliefert. Neben manchen anderen fragwürdigen Konsequenzen dieser Lehre ignoriert sie damit auch die entscheidende Heilsbedeutung der Inkarnation und des Kreuzestodes Jesu: Der Sohn Gottes kam in die Welt, »damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben« (Johannes 3,16).35 Könnte es sein, dass die Lehre von der doppelten Prädestination in einem ursächlichen Zusammenhang steht mit der im klassischen US-Western viel deutlicher als im Italowestern vorgenommenen Einteilung von Gut und Böse, der klareren Abgrenzung von Helden und Schurken? Dann wäre der Held aus Hollywood der brave Vertreter eines calvinistisch geprägten Bürgertums, der sich zwar nach evangelischer Lehre nicht das Reich Gottes verdienen kann (in Form einer Werkgerechtigkeit), nach dem Verständnis der Prädestination aber sehr wohl gehalten ist, sich durch Fleiß, Askese, Tugendhaftigkeit und ein moralisch einwandfreies Leben Gewissheit darüber zu verschaffen, ob er zu den von Gott Erwählten gehört. Wo aber ist dann der moralisch indifferente Antiheld aus Italien theologisch zu verorten? Hier lässt sich sagen: Er verkörpert wie keine andere Gestalt eines Genrefilms eine tatsächlich biblische Anthropologie. Zum Verständnis eines biblischen Menschenbildes muss dieses aber zunächst unterschieden werden von einem landläufig seit der Aufklärung und dem damit einhergehenden Fortschreiten der Säkularisierung häufig gleichgesetzten »christlichen« Menschenbild, das eher dem des Humanismus entspricht als dem der biblischen Botschaft. Zu denken ist da an die prägende Anschauung eines »edlen, hilfreichen und guten« Menschen Johann Wolfgang von Goethes. Konkret heißt es im Gedicht Das Göttliche: »Edel sei der Mensch, hilfreich und gut! Denn das allein unterscheidet ihn von allen Wesen, die wir kennen. Heil den unbekannten höhern Wesen, die wir ahnen! Ihnen gleiche der Mensch! Sein Beispiel lehr’ uns jene glauben.«

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Beschrieben wird hier mehr das griechische Menschenideal als die Realität, in der wir leben. Es ist der auch heute viel beschworene »Gutmensch«, den selbst Goethe mehr zu postulieren als realiter anzutreffen scheint. Zudem versucht der Dichter vom Menschen her auf Gott zu schließen, vom Geschöpf auf den Schöpfer. Wer jedoch ein »höheres Wesen« lediglich »ahnen« kann, stochert im Nebel herum und verkennt den Offenbarungscharakter der Bibel, in der sich Gott selbst mitteilt. Dieses Wort Gottes ist die Quelle, die in Bezug auf den Glauben einzig sowohl über Gott als auch den Menschen Auskunft geben kann. Was die Beschaffenheit des Menschen betrifft, zeichnet die Bibel durchgehend ein sehr nüchternes und desillusionierendes, gleichwohl aber realistisches Bild. Biblische Anthropologie erklärt nicht den Menschen an sich, sondern sieht ihn immer in seiner Beziehung zu Gott (coram Deo). Zwar ist er nach dem Ebenbild Gottes (imago Dei) geschaffen worden und lebte zunächst gemäß seiner Bestimmung in der Gemeinschaft mit Gott (status originalis oder integritatis), doch ist von diesem Ursprung nach dem Sündenfall (1. Mose 3) nicht viel übriggeblieben (status peccatoris oder corruptionis).36 Ausgelöst wurde diese Trennung von Gott durch den Wunsch des Menschen nach größtmöglicher Autonomie, auch und gerade gegenüber seinem Schöpfer. Der Protagonist des Italowestern ist eine vortreffliche Illustration dieser Existenz nach der Vertreibung aus dem Paradies: Der Mensch lebt nun den Überlebenskampf innerhalb einer gefallenen Schöpfung. Er sieht zuerst auf seinen eigenen Vorteil.37 Da seine Beziehung zu Gott beschädigt ist, ist auch seine Beziehung zum Nächsten gestört. Er neigt zur Gewalt. Nicht von ungefähr schildert die Bibel direkt nach dem Ausschluss aus dem Garten Gottes als erste Handlung des nunmehr auf sich gestellten Menschen einen Mord (1. Mose 438). Bereits in 1. Mose 8,21 muss Gott selbst feststellen: »Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.« Keoma hätte dies nicht besser formulieren können (Keoma – Das Lied des Todes). Fortan durchziehen die gesamte Bibel hindurch Geschichten, die die Existenz des Menschen in diesem korrumpierten Zustand veranschaulichen und belegen. Es gehört zweifellos zu den großen Stärken der biblischen Überlieferung, dass sie an dieser Stelle realitätsbezogen bleibt und sich jeder Beschönigung widersetzt. Selbst wenn Gott als



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Folge des immer wiederkehrenden Abfalls der Menschen von seinen Geboten auch Gericht verhängt, so bleibt er doch grundsätzlich seinen in verschiedenen Bundesschlüssen verkündeten Verheißungen treu. Daher gibt er als ultimatives Liebesangebot sich selbst in seinem Sohn Jesus hin, der für die Sünden aller Menschen am Kreuz stirbt. Dieser Tod wäre sinnlos, wenn es nicht de facto viel an Sünde gäbe, was sich in der Beziehung zwischen Gott und Mensch und zwischen Mensch und Mensch angehäuft hätte. Auch der Apostel Paulus rekurriert auf dieses Bild des Menschen, wenn er die Bedeutung des Kreuzestodes Jesu betrachtet: »Sie (die Menschen – M. S.) ermangeln alle des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten.« (Römer 3,23; vgl. Psalm 14,2f ). Weiterhin macht er eine Feststellung, die für unsere weitere Betrachtung von Interesse sein kann: Er schreibt, Gott habe »auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht« (Epheser 2,5; vgl. Kolosser 2,13). Lebende Tote Wenn Paulus damit zu verstehen gibt, dass der Mensch trotz seiner physischen Existenz aufgrund der Sünde eigentlich tot ist, so ist dies eine Aussage, die sich im Italowestern leicht verifizieren lässt. Seine Protagonisten sind in der Tat Menschen, die sich zwar noch den Anschein Lebender geben, aber eigentlich längst gestorben sind. Mit Recht haben Laurence Staig und Tony Williams selbst den Helden aus Sergio Leones größtem Westernepos Spiel mir das Lied vom Tod als »one of the walking deads of the Old West«39 bezeichnet. Für eine ganze Reihe anderer Personen gilt diese Einschätzung ebenfalls. Häufig wissen sie darum, manche sprechen es selbst aus: Bereits Corbuccis Django ist solch ein Toter. Auf die Frage, ob in dem von ihm mitgeführten Sarg jemand läge, antwortet er: »Ja, und der Name ist Django.« Als seine Frau getötet wurde, starb er mit ihr. Giulio Questis Ausnahmewestern Töte, Django beginnt mit einem »toten« Helden, der durch die Weisheit oder auch Magie zweier Indianer zurück ins Leben gebracht wird. Man hat aber den Eindruck, dass er den gesamten Film über nicht wieder richtig lebendig wird.

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Der schon mehrfach erwähnte Black Jack in Auf die Knie, Django trennt sich von seinem Mädchen und schickt es fort: »Den Mann, den du geliebt hast, gibt es nicht mehr.« Manuel, der Einzelgänger aus Une corde, un colt  … (Friedhof ohne Kreuze, 1968) haust allein in der toten Umgebung einer Geisterstadt, spielt mit sich selbst Roulette im Saloon. So ist es nur konsequent, dass er sich am Ende erschießen lässt. Auch er war längst tot. Der ganz in schwarz gekleidete Rächer in Django il bastardo (Django und die Bande der Bluthunde, 1969) ist ebenfalls ein Mann ohne Zukunft. Am Schluss will ihn eine Frau mit Geld zum Bleiben überreden: »Das wird für ein ganzes Leben reichen.« Seine Antwort: »Ich habe schon ein Leben gelebt.« Keoma sagt über sich selbst: »Tote brauchen vor nichts mehr Angst zu haben« (Keoma – Das Lied des Todes).

Ein Toter hat tatsächlich nichts mehr zu verlieren – aber auch nichts mehr zu gewinnen. Er kann am Schluss nicht mit einem Happy-End rechnen. Sein Kampf wird weitergehen, da er sich in seinem Innern abspielt. Gibt es Hoffnung? Ist also der Italowestern ausschließlich resignativ? Ändert sich niemals etwas zum Guten? Manchmal hat man diesen Eindruck. Auch hierzu zwei Beispiele: Kein Requiem für San Bastardo handelt von einem ehemaligen Revolutionär, der einst einen Priester tötete. Doch inzwischen hat er – offensichtlich geläutert – dessen Stelle eingenommen. Lange Zeit arbeitete er an der Reparatur einer Engelsfigur in seiner Kirche, die sein Vorgänger damals im Sterben herabriss. Als er den endlich heilen Engel wieder an seinen Platz hängen will, wird er just an derselben Stelle erschossen. Wiederum ist alles zerstört. In Un uomo chiamato Apocalisse Joe (Spiel dein Spiel und töte, Joe, 1970) wird als Motto zu Beginn ausgegeben: »Hier muss jeder sehen, wie er zu seinem Recht kommt – in einem Land, in dem es kein Gesetz gibt.« Der »Apokalypse-Joe« aus dem Originaltitel macht seinem biblischen Namen zunächst alle Ehre, indem er Gericht über eine Ban-



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de hält, die sich widerrechtlich eine Mine angeeignet hatte. Am Ende jedoch scheint Joe nicht besser zu sein als seine Gegner, denn er rät seinem Freund, der nunmehr die Mine ausbeuten soll: »Damit das Unternehmen richtig läuft, engagierst du ein paar Revolverhelden und einen Sheriff, der beide Augen zudrückt. Und wenn mal irgendwelche Leute kommen, die dir ans Leder wollen – die werden einfach umgelegt. Das klappt immer.« Alles bleibt also beim Alten.40 Zweifellos hatten sich die meisten der relevanten Filmemacher dieses Genres, obwohl nicht wenige von ihnen dem linken Spektrum entstammten, schon damals resignativ von innerweltlichen Utopien verabschiedet. Ihre Antihelden tragen sicherlich dazu bei, dass sich die Verhältnisse ändern  – aber stets nur punktuell und für einen kurzen Zeitraum. Allenfalls werden Symptome kuriert, nicht aber die Ursachen. Selbst in den Revolutionswestern gibt es kaum Hoffnung auf Dauer. Auch deren Protagonisten ist klar, dass bald schon die Revolution ihre Kinder fressen wird. So wie die Verhältnisse dargestellt werden, bleibt der Mensch weiterhin des Menschen Wolf (homo homini lupus). Hilfe kann also allein von außen kommen. In Die Höllenhunde gibt es einen dem Film vorangestellten Spruch: »Es gibt nur zwei gute Menschen: Der eine ist tot, der andere muss noch geboren werden.«41 Wer kann gemeint sein? Ist »der eine« der in diesem Kapitel dargestellte Mensch, der »tot ist in seinen Sünden«, »der andere« hingegen der in einem Stall in Bethlehem Geborene, der wie kein anderer in der Weltgeschichte die Hoffnung verkörpert, die von außen zu uns kommt? Jesus als der »Menschensohn«, der »wahre Mensch« erweist sich als die einzige Alternative in einer Welt, die in keinem anderen Filmgenre so schonungslos als erlösungsbedüftig dargestellt wird. Georg Seeßlen schreibt: »Der Italo-Western war das Genre der Resignation und musste schon deshalb verschwinden, weil Resignation keine dauerhafte Botschaft abgeben konnte.«42 Er hat insofern recht, als dass der Mensch ohne Gott sich dem dort vermittelten Weltbild nicht auf Dauer aussetzen kann, ohne daran verzweifeln zu müssen. Für den, der keinen Gegenentwurf kennt, bliebe allein die Hoffnungslosigkeit. Christlicher Glaube bietet eine Alternative an – jenseits aller Ideologien allein in der Person von Jesus Christus. In ihm verwirklicht sich eine zweifache Hoffnung:

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1. In seinem irdischen Dasein bewirkte er dramatische Lebensveränderungen bei denen, die ihm begegneten. In der Folge erfuhren dies gleichermaßen bis heute unzählige Menschen, die sich an ihn hielten. Durch seinen Tod am Kreuz wurde er für sie zum Retter aus den Verstrickungen des Todes. 2. Bei seiner zu erwartenden Wiederkehr am Ende der Zeiten ist er als Richter verheißen und verkörpert so die Hoffnung auf eine höhere Gerechtigkeit, die bis dahin noch aussteht und die auch durch menschliche Bemühungen allein nicht durchzusetzen ist. Die Protagonisten des Italowestern scheinen von diesen Zusammenhängen mehr zu wissen oder zu ahnen, als es auf den ersten Blick scheint. Sie teilen zumindest die nüchterne Bestandsaufnahme der Bibel in Bezug auf diese Welt. Sie sind illusionslos und glauben keinen Utopien. Gleichwohl aber verweigern sie sich dem gänzlich Bösen und wirken in ihrem Handeln nicht selten sogar mythologisch überhöht, als ob sie selbst Vollstrecker göttlicher Gerechtigkeit seien. Diese Auffälligkeit wird später noch zu betrachten sein. Wenn Georg Seeßlen, bezogen auf den Italowestern, meint: »(…) was die Italiener abgeschafft haben, ist die Welt des Guten«43, so sei dem jedenfalls widersprochen: Nicht die Italiener, sondern der Mensch als solcher ist schuld an der Misere. Zum Beweis werfen wir im Folgenden einen Blick auf einige besonders niederträchtige Exemplare dieser Gattung.

2. The Bad: Der teuflisch Böse Im traditionellen Western entsteht idealtypisch ein Konflikt, indem »Gut« und »Böse« von entgegengesetzten Polen aus als Antagonisten aufeinander treffen. Der Italowestern ist auf eine solche Bewegung nicht beschränkt. Hier verschwimmen die Grenzen von Gut und Böse. Die Interaktion der Beteiligten zielt nicht mehr nur ausschließlich auf eine Klimax, die in einem finalen Showdown mündet. Statt einer klaren Abgrenzung der gegnerischen Parteien kann es sein, dass sie sich im Verlauf der Handlung durchaus immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen begegnen. Sie bewegen sich also nicht nur linear und konfrontativ aufeinander zu, sondern ihre Wege kreuzen sich mitunter, können sogar in zeitweiligen



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Zweckbündnissen aufgrund von gleichen Interessen münden. Da ihr Gegensatz in Fragen der Ehre und Moral längst nicht so grundsätzlich unterschieden ist wie im amerikanischen Western, kann es auch dazu kommen, dass sie sich gegenseitig beeinflussen. Konversion von Gut und Böse Einen besonderen Fall solcher Beeinflussung, die beide Protagonisten in ihrem Denken und Handeln verändert und beide je für sich zu einer Umkehr führt, zeigt Sergio Sollima in Von Angesicht zu Angesicht. Der Regisseur, der sich stets auch als Transporteur politischer Botschaften verstand, hat damit nicht nur einen »Soziologiewestern«44 geschaffen, sondern schildert diese conversio auch als ein quasi-religiöses Geschehen. Zu erinnern ist, dass »Umkehr« das Hauptthema der Verkündigung Jesu und seines Wegbereiters Johannes des Täufers darstellte: »Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe« (Matthäus 3,2; 4,17 u. ö.)45. In der Theologie wird beim Thema der »Umkehr« oder »Bekehrung« unterschieden zwischen den Möglichkeiten eines einmaligen, häufig datierbaren oder eines länger andauernden, prozesshaften Geschehens. Letzteres ist in Sollimas Film zu erleben. Hier treffen zwei Charaktere aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Der Geschichtsprofessor Brad Fletcher (Gian Maria Volontè) muss seine Lehrtätigkeit aufgeben und zur Kur nach Texas reisen, da er unter Tuberkulose leidet. Er erscheint als ein humanistischer Intellektueller mit hohen moralischen Ansprüchen, der sich selbst Liebesgefühle zu der Lehrerin Elizabeth nicht gestattet. Er trifft während seiner Reise auf den gefangenen Banditen Solomon »Beauregard« Bennet (Tomás Milián), der eine menschliche Geste Fletchers zur Flucht nutzt und dabei angeschossen wird. Von nun an sind beide aufgrund widriger Umstände miteinander verbunden. Fletcher lernt in dem Ort, in dem Bennet mit anderen Gesetzlosen lebt, eine für ihn völlig neue Welt kennen. Was der intellektuelle Schöngeist an dem Banditen zuerst an Primitivität und Rohheit verabscheute, gewinnt für ihn zusehends an Faszination. Mit der Zeit verändern sich die Rollen: Während Fletcher durch einen zunehmenden Machtgewinn korrumpiert wird, fühlt sich Bennet mehr und mehr von dieser Macht und wie sie von seinem neuen Gefährten missbraucht wird, abgestoßen. Fletcher konnte zunächst nicht einmal einen Hasen töten,

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verliert jedoch nun immer mehr an Skrupel. Einen Mann, dessen Frau er vergewaltigte, bringt er fast um. Er steigt im Ansehen seiner Umgebung. Das Gefühl, nun kein »Niemand« mehr zu sein, verführt ihn. Er wird zum »Gehirn« der Bande und tritt somit in Konkurrenz zu Bennet. Schließlich nimmt sein Verhalten Züge Machiavellis an, wenn er in einer Diskussion mit Bennet diesem auszureden versucht, es gäbe so etwas wie »Gerechtigkeit«. Selbst der Bandit, der seinerseits zu Beginn noch ohne jegliche moralische Skrupel erschien, beharrt nun darauf und beginnt ein Gewissen zu entwickeln. Beide haben sich am Ende radikal gewandelt. Das erkennt selbst Siringo (William Berger), ein Pinkerton-Detektiv, der lange Zeit auf Bennets Fährte war. Er lässt den »geläuterten« outlaw laufen; Fletcher hingegen muss sterben als derjenige, von dem letztlich die größere Gefahr ausging. Der Böse ist noch böser Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass »Gut« und »Böse« als voneinander unterscheidbare Kategorien im Italowestern grundsätzlich ausgedient haben. So einfach und offensichtlich wie bisher treten die Unterschiede der handelnden Personen nicht zutage. Gleichwohl bleibt aber die Aufgabe, zwischen ihnen in irgendeiner Weise differenzieren zu müssen. Wenn im Italowestern »der Gute« nicht wirklich gut ist, kann das nur zur Konsequenz haben, dass »der Böse« umso böser sein muss. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Protagonisten kaum durch feinsinnige Charakterzeichnungen porträtiert, sondern vorrangig über ihr Handeln definiert werden. Wie den Helden lernt demnach der Zuschauer auch den Schurken bei dessen Taten – hier mehr bei seinen Untaten – kennen. Hat man dem Italowestern in der Vergangenheit häufig eine lediglich plakative und exploitativ-selbstzweckhafte Zurschaustellung von Gewalt vorgeworfen, könnte womöglich hierin ein Grund liegen, warum die im traditionellen Western meist nur angedeuteten Verbrechen nunmehr explizit dargestellt werden: Der Böse muss als wirklich böse gezeigt werden. Seine Brutalität und Skrupellosigkeit tritt in seinem Tun offen zutage; die verheerenden Auswirkungen seines Handelns auf Individuen wie auf die Gesellschaft als Ganzes werden überdeutlich. Darum wird der Darstellung gewalttätiger Exzesse, Folterungen oder Vergewaltigungen breiteren Raum gegeben, als es sonst im Film der sechziger Jahre üblich war.



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Dies ist eine inhaltliche Begründung für das Gezeigte. Die andere, die sich auf den künstlerischen Aspekt bezieht, ist diese: Während es im US-Western oft nur angedeutete Gewalt zu sehen gab und das Zeigen von Toten lange Zeit gänzlich verboten war, rekurriert der Italowestern neben dem grand guignol vor allem auf die commedia dell’arte, das große italienische Volkstheater, das seine Blütezeit im 17. und 18. Jahrhundert erlebte. Eine plakative Vergröberung statt feinsinniger Problembearbeitung, die starke Typisierung der Akteure durch das Spiel mit immer wiederkehrenden Masken und die zynisch-drastische Darstellung von Leid und Tod waren die Stilmittel dieser Kunstrichtung. So wird erklärbar, warum Joe in Für eine Handvoll Dollar derart zusammengeschlagen wird, dass man dem Helden erstmals in einem Western die Folgen tatsächlich ansah, mit denen er auch bis zum Schluss zu kämpfen hatte (I Abb. 5). Corbuccis Django erging es nicht besser. In der Folgezeit wurden Menschen immer wieder brutal geschlagen, ausgepeitscht, mit Messern geritzt, in sengender Sonne bis zum Hals eingegraben, an Gliedmaßen aufgehängt oder mit Fackeln traktiert. Sie werden mit kochendem Wasser übergossen, im Wasser untergetaucht, oder es wird ihnen Wasser eingeflößt (wahlweise auch Whisky). Ein hungriger Maulwurf oder eine Körner pickende Taube werden Männern auf den nackten Bauch gebunden. Einem Mann werden brennende Streichhölzer in die Ohren gesteckt, einem anderen die Hand in Kohlenglut versengt. Diese Taten stehen dabei jedoch nicht isoliert für sich, sodass man ihnen einen rein exploitativen Charakter unterstellen könnte; vielmehr illustrieren sie, was Immanuel Kant das »radikal Böse« genannt hat: Der Mensch ist nicht böse, weil er böse Handlungen begeht, sondern weil diese Handlungen so beschaffen sind, dass sie auf grundsätzlich böse Maximen, die den Menschen bestimmen, schließen lassen. Eine grundsätzliche Verhaltensänderung zum Guten durch Buße und Umkehr – wie im obigen Beispiel von »Beauregard« Bennet – ist für den wirklich Bösen nicht mehr zu erwarten. Deshalb endet ein solcher Unmensch im Italowestern auch nicht im Strafvollzug, um sich womöglich Resozialisierungsmaßnahmen zu unterziehen, sondern wird getötet: »Der Tod ist der Sünde Sold« (Römer 6,23a). Das Böse tritt in vielfältiger Gestalt in Erscheinung. Hauptsächlich aber findet es sich in zwei Ausformungen immer wieder.

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Der mexikanische Brandstifter Konfliktträchtig ist das Leben im amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet, in dem typische Italowestern spielen. Die Landschaft des sonnigen Almería legte diesen Schauplatz nahe und setzte daher Mexikaner an die Stelle der zu einem Hollywood-Western als villains gehörenden Indianer; zumal an echten amerikanischen Ureinwohnern in Europa naturgemäß ein Mangel herrscht und spanische Schauspieler besser als Mexikaner einzusetzen waren. Ein einzelner Mexikaner mag harmlos sein, kann sogar als Held des Films bestehen, wie in Sollimas »Cuchillo«-Trilogie« oder diversen Revolutionswestern. Tritt er jedoch in der Masse auf, verkörpert er im Genre in der Regel eine besonders rohe und ungebändigte Form des Bösen. So schließen sich eine Reihe von Kleinganoven und Gewaltverbrecher, von Tauge- und Habenichtsen aus dem Lumpenproletariat, die allein nie auf einen grünen Zweig kommen würden, zu kriminellen Gemeinschaften zusammen. Gemeinsam ist ihnen die Gier nach dem schnellen Geld; häufig gepaart mit einem sozial bedingten Hass auf weiße Amerikaner (»Gringos«). Angeführt werden diese Banden nicht unbedingt immer von ihrem fähigsten Kopf, aber garantiert von dem Schlimmsten unter ihnen. Für die Darstellung dieses Bandenchefs steht wie kein Zweiter der Spanier Fernando Sancho (1916–1990), der zu den meistbeschäftigten Schauspielern im Genre überhaupt gehörte. Unzählige Male variierte er denselben Typus: Ein kleiner dicklicher, meist schnauzbärtiger Kerl mit umso größerem Mundwerk, aufgesetzten Gesten, selbstverliebt und triebgesteuert, vor allem was die Nahrungsaufnahme betrifft. Auffällig ist seine Art des Schießens: Häufig »sticht« er auf theatralische Weise mit dem Colt in die Luft, als müsse er der Kugel zusätzliche Schubkraft verleihen. Die äußere, oft grotesk anmutende Erscheinung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sanchos Charaktere ohne jegliche Skrupel agieren und jedes Mal ungerührt über eine Vielzahl von Leichen gehen. Nicht selten schmücken sie sich mit Titeln und Orden, breiten Patronengurten quer über dem Leib oder mit revolutionären Ambitionen; doch wohl weniger, um ihr Handeln zu rechtfertigen, sondern aus blankem Narzissmus. Hier einige Beispiele:



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In Minnesota Clay gibt Sancho als »General Ortiz« 1964 eine Frühversion seiner folgenden Charaktere ab; ebenso im selben Jahr als »Pancho« in Sfida a Rio Bravo (Schnelle Colts für Jeannie Lee, 1964). In der Franco-und-Ciccio-Komödie Due mafiosi nel Far West (Zwei Mafiosi im Wilden Westen, 1964) ist er als »Rio« mit seiner Bande hinter einer Goldmine her. In Una pistola per Ringo (Eine Pistole für Ringo, 1965) heißt Sancho tatsächlich »Sancho«. Er hinterlässt bei einem Banküberfall viele Tote, erschießt Geiseln oder auch einen der eigenen Männer, als dieser nicht spurt. In L’uomo dalla pistola d’oro (Der Mann, der kam, um zu töten, 1965) tritt er als »General Pablo Reyas« auf; eine geistlich überhöhte Gestalt, wenn man bedenkt, dass er seine Leute selbst per Schnelltrauung verheiratet und seine zwei engsten Untergebenen auf die Namen »Epifanio« (Erscheinung) und »Anastasio« (Auferstehung) hören. In 7 Dollari sul rosso (Django – Die Geier stehen Schlange, 1966) ist er »El Chacal«; ebenfalls ein sehr übler Bandenboss, der auch Kumpane umlegt, wenn seine eigene Ausbeute dadurch größer wird. Sein Credo lautet: »Größter Gewinn bei kleinstem Einsatz«. In Per il gusto di uccidere (Lanky Fellow  – Der einsame Rächer, 1966) heißt Sancho »Sanchez« und ist ein Analphabet, der einen Geld­ transport überfällt und alle Zeugen tötet. In 100.000 verdammte Dollar trägt er den bezeichnenden Namen »El Bicho« (»der Hinterlistige« oder auch »das Vieh«) und ist selbstredend auch der Kopf einer Mörderbande. In Arizona Colt (1966) befehligt er als »Gordon Watch« die »Bande der blutigen Peitsche«. Sein Name erklärt sich so: Der Vater besaß eine goldene Uhr, in die Gordon vernarrt war. Zum Sohn sagte der Vater: »Wenn ich mal sterbe, gehört sie dir.« Gordon erklärt später stolz: »Fünf Sekunden später war sie mein.« Auch seine Methode, neue Leute für seine Bande zu rekrutieren, ist rüde: Er befreit Häftlinge aus dem Gefängnis, um sie dann mit einem Brandzeichen als sein Eigentum zu kennzeichnen. Wer das nicht will, wird erschossen. Er ist stolz darauf, dass sein Kopfgeld auf 25.000 Dollar angewachsen ist, und meint: »Manchmal habe ich Lust, mir selbst über die Gurgel zu fahren bei soviel Geld« (I Abb. 8). In Un uomo e una colt (Der Colt in Gringos Hand, 1967) ist Sancho der Bandenboss »Pedro«, der unter der Fuchtel seiner Mutter steht.

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In Killer Kid (Chamaco, 1967) gibt er den Bandenführer Vilar, der in Waffenschmuggel verstrickt ist. In Little Rita nel West (Blaue Bohnen für ein Halleluja, 1967) schlüpft Sancho in die Rolle des berühmten Pancho Villa. In Ciccio perdona  … io no (o. dt. T., 1968) treibt »El Diablo« sein Unwesen. 10.000 Dollar sind auf ihn ausgesetzt. In Réquiem para el gringo (Requiem für Django, 1968) heißt der mexikanische Bandenführer »Porfirio Carrancha«, hat einen pathologischen Hass auf »Gringos«, lässt aber auch reihenweise peones aufhängen. In Tutto per tutto (Zwei Aasgeier, 1968) ist der Name des Banditen und Goldräubers nur unwesentlich in »Carranza« geändert. In Sangue chiama sangue (o. dt. T., 1968) heißt Sancho »Sancho Rodriguez« und führt eine Bande an, die Mönche tötet, um an den Kirchenschatz zu gelangen. Auch vor dem Mord an seinen Kumpanen schreckt er hier wiederum nicht zurück. In La caza del oro (Zwei ausgekochte Halunken, 1972) terrorisiert er als Bandit Rojas mit seinen Leuten ein mexikanisches Dorf. In Attento Gringo  … è tornato Sabata! (o. dt. T., 1973) gibt es einen »Carrancho«. Diesmal ist Sancho nicht der Boss, aber dessen (verräterische) rechte Hand. In Storia di karatè, pugni e fagioli (Fäuste, Bohnen und  … Karate, 1973) nennt er sich »Espantero« und entführt eine Bankierstochter, um Lösegeld zu erpressen.

Neben Fernando Sancho gaben einige andere Darsteller ebenso ihr Bestes für das Böse in Gestalt mexikanischer Banditen: Aldo Sambrell, dessen unverkennbares Gesicht in unzähligen Streifen auftaucht, z. B. in Navajo Joe (Kopfgeld: 1 Dollar, 1966); José Bódalo, typisch vor allem in Django, oder auch Leo Anchóriz, der in 7 pistole per i MacGregor (Die 7 Pistolen des MacGregor, 1965) einen Bandenchef gibt, der Sanchos Darstellungen in nichts nachsteht. Einen üblen Vertreter dieser Sorte gibt auch José Jaspe in I senza Dio (Rache in El Paso, 1972) als Corbancho: Er zählt stets erst bis fünf, bevor er einen Mann erschießt.



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Der nordamerikanische Biedermann Wenn im Italowestern mexikanische Horden an die Stelle der Indianer getreten sind, die das Böse als das Fremde, Wilde und Archaische in die bürgerliche Gesellschaft hineintragen, so zeigt sich doch sehr schnell, dass dies kaum noch nötig ist – denn das Böse ist längst in der Mitte dieser Gesellschaft angekommen; ja es erwächst sogar aus ihr. Die Konflikte werden dadurch nicht etwa geringer, sondern vielmehr grundsätzlicher. Ungeschönt wie kaum in einem amerikanischen Western zeigt das italienische Pendant deutlich, wie verkommen das bürgerliche Gemeinwesen hinter einer biederen Fassade eigentlich ist: Das Böse ist allgegenwärtig und allumfassend. Gesetz und Ordnung sind außer Kraft gesetzt. Nach außen hin honorige Bürger, Rancher, Bankiers, selbst Richter und Sheriffs bringen Terror und Schrecken über ganze Städte und Territorien. Es gibt keinen Schutzraum mehr, keine helfende Instanz. Alle sind korrumpiert, verdorben, allein auf Macht, Geld oder die Vermehrung ihres Grundbesitzes aus. Farmer werden mit Gewalt von ihrem Land vertrieben, Stadtbewohner müssen Steuern und Schutzgelder zahlen. Steht der mexikanische Bandit aus soziologischer Perspektive mehr für direkte Gewalt, so legt der Italowestern in seiner Charakterisierung der Schurken zusätzlich ein Schwergewicht auf Verbrecher der Oberschicht oder des Bürgertums, deren hauptsächliches Mittel die rigorose Anwendung struktureller Gewalt ist. In alledem zeigt sich eine deutliche Kapitalismuskritik, wie sie der Entstehungszeit der Filme und der politischen Überzeugung mancher ihrer Schöpfer eigen war. Gleichzeitig entspricht die Darstellung auch hier dem theologischen Axiom, dass das Böse in allen Menschen steckt. So sagt Jesus: »Es gibt nichts, was von außen in den Menschen hineingeht, das ihn unrein machen könnte; sondern was aus dem Menschen herauskommt, das ist’s, was den Menschen unrein macht« (Markus 7,15). Dem moralischen Verständnis des US-Western entsprach es, dass böse Menschen von außen in das heile Gemeinwesen einbrechen und daher erfolgreich bekämpft werden müssen. Letzteres gelingt auch zum Schluss. Normalität wird wieder hergestellt. Nun aber ist gerade das Böse zu dieser Norm geworden, zu einer die bürgerliche Existenz dominierenden Größe. Das ist ein deutlicher Unterschied mit weitreichenden Konsequenzen. War zuvor der Verbrecher der Außenseiter, so wird nun ver-

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ständlich, warum sich im Italowestern die Verhältnisse umgekehrt haben und stattdessen der im vorigen Kapitel beschriebene »Held« vielfach als ein solcher Außenseiter wahrgenommen wird. Er ist häufig nicht Bestandteil der bürgerlichen Gesellschaft, der irgendwelche Eindringlinge bekämpft, sondern selbst der Fremdkörper inmitten einer verdorbenen Umgebung, da er sich womöglich einen Rest von Moral bewahrt hat und sich auch nicht vereinnahmen lässt. Hier kommt der »Gute« von außen und bricht in die Welt des Bösen ein, während es traditionell bisher genau umgekehrt war. Als herausragender Darsteller distinguierter Schurken und Machtmenschen aus der Oberschicht kann auch hier wieder ein Spanier genannt werden: Eduardo Fajardo (*1924). Der hochgewachsene Schauspieler, der durchaus gelegentlich auch als mexikanischer Schurke oder als buddy des Protagonisten besetzt werden konnte, zeigte seine eindrücklichsten Leistungen als nordamerikanischer Landbaron, Geschäftsmann, Bürger oder als sadistischer Vertreter einer Militärmacht, der die herrschenden Unrechtsverhältnisse zu stabilisieren sucht. Auch hier einige Beispiele: In Gli eroi di Fort Worth (Vergeltung am Wichita-Pass, 1964) spielt Fajardo seine erste Rolle in einem Western: den Südstaaten-Colonel Bonnet, der sich für seine Pläne gegen den Norden der Apachen bedient. In Django erschafft Fajardo einen Archetypen seiner späteren Rollen: Sein Major Jackson ist ein Rassist, der eine Art Ku-Klux-Klan mit roten Kapuzen anführt und Schießübungen auf Mexikaner veranstaltet. In La grande notte di Ringo (o. dt. T., 1966) gibt es bereits eines der später typischen Verbrecher-Trios, die aus honorigen Bürgern bestehen: Bürgermeister (Fajardo), Sheriff (José Bódalo) und Saloonbesitzer (George Rigaud). In Gentleman Jo  … uccidi (Gentleman Joe  – Der Rächer bin ich, 1967) stellt er zwar einen Mexikaner dar, der allerdings als Colonel Ferreras deutlich dem Rollenmuster des Alleinherrschers über eine Stadt entspricht. Er schikaniert sogar Frauen und hängt eine davon an den Handgelenken auf. Ein halbwüchsiges Mädchen nimmt er als Geisel. In Uno straniero a Paso Bravo (Der Fremde von Paso Bravo, 1967) ist Fajardo als Acombar wiederum ein mexikanischer town boss. Weil er etwas hinkt, nennt ihn eine junge Schwarze, die mit anderen auf seiner Ranch als Sklaven gehalten werden, einen »verkrüppelten Teufel«.



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In Sette pistole per un massacro (Das Todeslied von Laramie, 1967) ist Fajardo ein sadistischer Bandenchef namens Tilly, der eine ganze Stadt als Geisel nimmt. Er ist ein Freund von kurzen Prozessen: Als sich zwei Männer streiten, nimmt er eine Münze, fragt die Kontrahenten nach »Kopf oder Zahl«, wirft die Münze und erschießt den Verlierer. Das nennt er »Streit schlichten«. In O Cangaceiro (Viva Cangaceiro, 1969), der in Südamerika spielt, gibt Fajardo als Gouverneur der Provinz Acqua Branca ein typisches Beispiel für seine Militärs. Hier ist er verantwortlich für Massaker an der Bevölkerung und versinkt zum Schluss im Erdöl. Auch in Spiel dein Spiel und töte, Joe ist er ein typischer town boss, der Menschen von ihrem Land vertreibt und Minenarbeiter tötet. Er zündet Streichhölzer an und bläst sie aus, wie er es auch mit Menschenleben tut. Seine Überzeugung: »Ich kann hier alles.« In Shango la pistola infallibile (Shangos letzter Kampf, 1970) ist er der Südstaaten-Major Droster, der die Realitäten nicht wahrhaben will: Auf die aktuelle Meldung eines Telegrafisten, der Bürgerkrieg sei beendet, erschießt er den Mann und sagt: »Der Krieg ist nicht aus!« In Anda muchacho, spara! (Knie nieder und friss Staub, 1971) ist er als Großgrundbesitzer erneut Herrscher über eine Mine. Er lässt auch eigene Leute beseitigen. Seine Arbeiter nehmen ihre Sombreros ab, wenn er erscheint – nicht als Zeichen des Respekts, sondern aus purer Angst (I Abb. 9). In Tedeum (Tedeum  – Jeder Hieb ein Prankenschlag, 1972) heißt Fajardo zwar »Grant«, sonst aber hat sich nicht viel geändert: Wiederum ist er hinter einer Mine her. In Che c’entriamo noi con la rivoluzione? (Bete, Amigo!, 1973) leitet er als Colonel Herrero schon in der Anfangsszene Massenerschießungen im Auftrag der mexikanischen Regierung. Zudem sammelt er abgehackte Hände missliebiger Personen, für die er Prämien zahlt. In Tequila! (Fuzzy, halt die Ohren steif!, 1973) herrscht Fajardo wiederum über eine ganze Stadt und bringt als Bankier Cowan die Leute um ihr mit Hypotheken belastetes Land.

Auffällig ist die häufige Zusammenarbeit Fajardos mit Anthony Steffen als seinem Kontrahenten. Wenn man Steffen als derjenige unter den Hauptdarstellern des Genres bezeichnen muss, der am häufigsten Schlägen und Folterungen ausgesetzt war, wird deutlich, wem er dies oft zu verdanken hatte.

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Exemplarische Vertreter der Gattung des Verbrechers hinter der biederen Fassade des Geschäftsmannes verkörperten weiterhin häufig vor allem der feiste Gianni Rizzo und der aalglatte Franco Ressel, die sogar als Doppel zusammen in Ehi amico  … c’è Sabata, hai chiuso! (Sabata, 1969) brillierten; öfter auch Piero Lulli, der in Django – Die Gier nach Gold einen Ausbeuter par excellence verkörpert, der seine eigenen Gold­ transporte ausrauben lässt. Die im Italowestern dargestellte Gesellschaft ist so beschaffen, dass sie es einem fast verwehrt, es auf ehrliche Weise zu etwas zu bringen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass möglicherweise hinter jedem reichen und einflussreichen Mann ein Verbrecher stecken kann. In Pancho Villa (Drei Halleluja für vier heisse Colts, 1972) stellt ein General konsequenterweise fest: »Jeder Mann, der es zu was gebracht hat, war irgendwann einmal ein Bandit.« Um dies zu untermauern, hier noch weitere Beispiele ausgesuchter Bösewichte aus Kreisen der »besseren Gesellschaft«: Bereits in dem Frühwerk Due contro tutti (o. dt. T., 1962) wird eine ganze Stadt von Banditen terrorisiert, die vom scheinbar ehrbaren Bürgermeister befehligt werden. In Brandy, el sheriff de Losatumba (Gesetz der Bravados, 1963) sind es Honoratioren wie der Bürgermeister und der Bankier, die als »Versicherungsgesellschaft« ungeniert Schutzgelder erpressen. Der Bankier in Jim il Primo (Das letzte Gewehr, 1964) kooperiert mit Banditen. In Ein Loch im Dollar besteht eine unheilige Allianz dreier ehemaliger Gangster, die nun Bankier, Sheriff und Saloonbesitzer sind. In Django spara per primo (Django – Nur der Colt war sein Freund, 1966) beherrscht der Bankier Cluster die Stadt Silver Creek. In I due figli di Ringo ist der Bürgermeister mit dem Mexikaner El Indio und seinen Leuten verbrüdert. In Thompson 1880 (Schneller als 1000 Colts, 1966) ist es der reiche Händler Brady, der mit Hilfe seiner Desperados die Stadt Desert Spring kontrolliert und alle geschäftlichen Konkurrenten systematisch in den Ruin zu treiben versucht.



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In La vendetta è il mio perdono (Django  – Sein letzter Gruss, 1967) begehen vier ehrenwerte Bürger maskiert Überfälle. In Mögen Sie in Frieden ruhen saugt der ehemalige Südstaatenoffizier Ferguson die Bevölkerung aus. Er hat den Bauern ihr Land gestohlen und tötet selbst Familienmitglieder ohne Skrupel. Seine Komplizen sind der Bürgermeister, der Richter und der Arzt. In Dio perdoni la mia pistola (Django – Gott vergib seinem Colt, 1969) stecken sämtliche Honoratioren der Stadt mit dem verbrecherischen Clanton unter einer Decke. Hier einmal bildet der Sheriff die löbliche Ausnahme. Auch in El Rojo (El Rocho – Der Töter, 1966) ist es so: Die vier angesehensten Bürger der Stadt (u. a. Piero Lulli und Franco Ressel) bauten ihre Macht und ihren Reichtum auf dem gemeinschaftlich verübten Mord an einer Siedlerfamilie auf. Der Bürgermeister und der Polizeichef machen in La notte dei serpenti (o. dt. T., 1969) gemeinsame Sache mit Verbrechern. Nochmals der Bürgermeister: In Wanted (Wanted – Für drei lumpige Dollar, 1967) hat er sich mit Viehdieben zusammengetan. Gemeinsam haben sie sämtliche Viehzüchter der Gegend zugrundegerichtet. Der Bürgermeister Colonny in Sie kamen zu viert um zu töten ist identisch mit dem Kopf einer maskierten Bande von Entführern. Ein Mörder namens Talbot, der inzwischen reich und mächtig geworden ist, kandidiert in Con lui cavalca la morte (Tödlicher Ritt nach Sacramento, 1967) für einen Senatorenposten. »Aber gewählt wird er für den Galgen«, meint ein Soldat, der ihn verhaften will. Ebenfalls ein Senator steckt in Joe l’implacabile (Vier Halleluja für Dynamit-Joe, 1967) hinter Überfällen auf Goldtransporten. In Von Mann zu Mann sind alle vier Mitglieder einer früheren Verbrecherbande wohlangesehene Geschäftsmänner und Bankiers geworden. Ebenfalls ein Bankier (typisch: Franco Ressel) lässt in T’ammazzo!… Raccomandati a Dio (Django  – Wo steht dein Sarg?, 1968) von Strohmännern die eigene Bank ausrauben. Er will sowohl das Geld als auch die Versicherungssumme kassieren. Auch in Django sfida Sartana (o. dt. T., 1969) ist ein Bankier namens Singer verantwortlich für den Überfall auf seine eigene Bank.

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Wiederum ein Bankier beherrscht die Stadt in Starblack (Django  – Schwarzer Gott des Todes, 1966), unterstützt vom Richter und vom Sheriff. Die verbrecherischen Bosse in La legge della violenza (o. dt. T., 1969), die die Stadt Red Rock beherrschen, sind der Bürgermeister, der Bankier und der Präsident der Eisenbahngesellschaft. In Leichen pflastern seinen Weg herrscht unumschränkt Pollicutt (Luigi Pistilli) im Ort; ein ehemaliger brutaler Killer, der sich nun als seriöser Geschäftsmann gebärdet. Er nimmt sich alles, was er will, selbst die widerstrebende Frau. Daneben fungiert als sein ausführendes Organ »Loco, der Verrückte« (Klaus Kinski): ein Buchhalter des Todes, der die Namen der von ihm getöteten Opfer gewissenhaft in ein Notizbuch einträgt und somit nicht von ungefähr an Adolf Eichmann erinnert. In Spiel mir das Lied vom Tod führt Sergio Leone mit der Figur des »Morton« (Gabriele Ferzetti) ein Musterbeispiel eines Großkapitalisten ein. Am Anfang stand bei ihm einmal der Traum, das Land vom Osten zum Westen mit der Eisenbahn zu verbinden. Doch auf dem Weg zu diesem Ziel muss er immer rücksichtlosere Mittel anwenden. Dazu gehört auch Frank, der Killer  – ein Geist, den er rief, aber dann nicht mehr loswurde. Morton selbst ist todkrank (der Name klingt nach morte) und bietet so eine eindrucksvolle Illustration des von Lenin so genannten »sterbenden, faulenden Kapitalismus«. In Quanto costa morire? schwingt sich Scafe (Bruno Corazzari) zum Herrscher eines Ortes auf, nachdem er den Sheriff erschossen hat. Die Bewohner müssen dessen Sterben mit ansehen. Scafe verkündet: »Mutige Männer müssen sterben, Feiglinge dürfen leben.« In Il prezzo del potere (Blutiges Blei, 1969) sind es ausnahmslos honorige Bürger, die ein Attentat auf den US-Präsidenten initiieren. In Una lunga fila di croce (Django und Sartana – Die tödlichen Zwei, 1969) halten sich Kapitalisten ganze Schlepperbanden, die Mexikaner als billige Arbeitskräfte ins Land schmuggeln. Werden diese von Soldaten ertappt, stürzen die Verbrecher lieber einen ganzen Wagen mitsamt den Insassen in eine Schlucht, als Zeugen zu hinterlassen. In Hügel der blutigen Stiefel leitet der feiste Fisher (Victor Buono) eine Gesellschaft, die systematisch Goldgräber verjagen oder töten lässt, um ihr Land zu übernehmen. Der Anwalt dieses Unternehmens sieht aus wie Hitler; Fisher selbst geriert sich sogar als Bürgermeister.



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In Satan der Rache herrscht der mächtige Acombar mit Terror über die Stadt Clayton. Sein erstes Wort im Film gilt seinen Feinden: »Bringt sie um!« In I vendicatori dell’ Ave Maria (Ein Zirkus und ein Halleluja, 1970) lässt der einflussreiche Minenbesitzer Parker den Sheriff töten, versucht den Mexikanern den Mord anzulasten und schwingt sich selbst, vom Gouverneur gedeckt, zum Sheriff auf. In Sei una carogna  … e t’ammazzo (o. dt. T., 1971) spielt Pierre Brice (!) den Landlord Barrett, der mit Terror und Mord andere Siedler um ihr Land bringt. In El retorno de Clint el Solitario (Ein Einsamer kehrt zurück, 1972) werden Siedler vom Landbaron Scranton mit Hilfe einer Gangsterbande systematisch von ihrem Land vertrieben. Dasselbe versucht auch der ebenso mächtige wie lächerliche »Lupo« in Alleluja e Sartana: figli di  … Dio (100 Fäuste und ein Vaterunser, 1972), indem er seine Leute jede Nacht im Ort ein Geisterspektakel aufführen lässt, das die Bürger das Fürchten lehren und zum Wegzug bewegen soll. In Un animale chiamato  … uomo! (o. dt. T., 1972) verjagt der Stadtboss Foster die Einwohner von Silver City zwar nicht, erpresst von ihnen jedoch hohe Schutzgelder. In Mannaja – Das Beil des Todes ist der im Rollstuhl sitzende McGowan (Philippe Leroy) ein weiterer Vertreter des kranken, hier auch bigotten Ausbeuters. Auch er bedarf der Hilfe von Desperados unter der Führung des rücksichtslosen Waller (John Steiner), der schließlich selbst die Macht übernimmt. In Die Rache des weissen Indianers ist John Saxon als ein Musterexemplar eines rücksichtslosen Kapitalisten und Ausbeuters zu erleben. Sein Name ist »Goodwin« (d. h. guter, maximaler Gewinn). Er und seine vier äußerst gepflegt gekleideten Killer sind weit schlimmer als der bisher der Ort beherrschende einheimische Abschaum unter Führung von Maddock (David Hess), der als Konkurrent auch bald erschossen wird. Goodwin macht populistische Versprechungen, um das Gewissen der Leute zu kaufen: »Das schwarze Gold wird euch reich machen.«

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Unheilvolle Allianzen Potenziert wird die Gefahr mitunter dadurch, dass sie nicht nur von einer einzelnen Tätergruppe ausgeht. Mexikanische oder andere Banditen auf der einen Seite und mächtige Landbarone und Geschäftsleute auf der anderen Seite können Zweckbündnisse eingehen. Die Banditen, die als outlaws ohnehin keinen Ruf zu verlieren haben, sind dann für das Grobe zuständig, während die honorigen Bürger im Hintergrund bleiben. Gleich und Gleich gesellt sich gern, um sich im nächsten Augenblick wieder zu bekriegen. Schnell kann sich das Blatt wenden. Dann versuchen die einen sich der anderen Kooperationspartner wieder zu entledigen. Nichts ist klar, keine Konstellation ist sicher. Leidtragende sind in jedem Fall immer die kleinen Leute, sei es auf mexikanischer oder amerikanischer Seite. Sie werden zwischen den Fronten aufgerieben und haben in dem sie umgebenden gesetzesfreien Raum keine Lobby. Instanzen, die ihnen zum Recht verhelfen könnten, existieren nicht oder sind weit entfernt. Integre Gesetzesvertreter sind rar; Sheriffs sind korrupt, feige oder haben schlicht kapituliert. Einige Beispiele für derart unheilige Allianzen: Bereits in dem frühen Streifen Schnelle Colts für Jeannie Lee kooperiert der Mexikaner Pancho mit seiner Bande mit dem Minenbesitzer Williams. Er überfällt in dessen Auftrag Silbertransporte, wird aber von dem Gringo hintergangen und erschossen. Der selbst gar nicht in Erscheinung tretenden Bankier aus El Paso, von dem in Gott vergibt  … wir beide nie! die Rede ist, setzt den skrupellosen Banditen Bill San Antonio direkt auf seine Goldtransporte an, um die Versicherungssummen zu kassieren. Auch in Seminò la morte  … lo chiamavano ›Il Castigo di Dio‹ (Er säte den Tod, 1972) arbeitet der Bankier Scott beim Raub seiner eigenen Geldtruhe mit einer mexikanischen Bande zusammen. Der reiche Kaufmann Brady benutzt die Bande von »El Bicho« in 100.000 verdammte Dollar, um für ihn schmutzige Aufträge durchzuführen. Der vom Banditen zum Geschäftsmann aufgestiegene Lash Bogart in Buckaroo (Buccaro – Galgenvögel zwitschern nicht, 1967) kooperiert lange Zeit mit dem Mexikaner Montero, überwirft sich schließlich aber mit ihm.



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In Uno dopo l’altro (Von Django – mit den besten Empfehlungen, 1968) überfällt der Bankier Jefferson seine eigene Bank, um den Raub den Mexikanern anzulasten. Wer ist schlimmer? Die mexikanische Bande unter der Führung des berüchtigten Espartero oder die »braven« Amerikaner unter Jefferson, die auch vor Folter nicht zurückschrecken, ein mexikanisches Dorf verwüsten und viele Einwohner töten? Verbrecherische Gringos und Mexikaner machen gemeinsame Sache in La morte sull’alta collina (Der Tod droben auf dem Hügel, 1969). Die Amerikaner übermitteln Anweisungen für einen Überfall auf großformatigen Zeichnungen (nach Art der »Neuruppiner Bilderbögen«), der mexikanische Anführer erklärt damit seinen Leuten wie ein Moritatensänger die geplante Aktion.

Das vielleicht extremste Beispiel für eine schier inflationäre Häufung von Verbrechern unterschiedlichster Couleur bietet Töte, Django: Da sind Hoages und seine Bande: amerikanische Goldräuber, die sich zusätzlicher Mexikaner bedienen, die sie nach erfolgreichem Überfall aus dem Weg räumen. Selbst diese verrohten Männer finden noch ihren Meister in der Bevölkerung der Stadt, in der die Bande arglos Unterschlupf sucht. Die biederen Bürger, die die Räuber grausam lynchen, stellen sich unter der Führung des Saloonbesitzers Templar und des Händlers Hagerman in ihrer moralischen Verkommenheit als mindestens ebenbürtig heraus. Als sei dies noch nicht genug, gibt es auch noch den Mexikaner »El Zorro«: ein ebenso reicher wie skrupelloser Rancher, der eine Schar homosexuell wirkender Revolvermänner befehligt, die in schwarzen Uniformen gekleidet sind. Eine größere Ansammlung entfesselter Mächte des Bösen als in diesem neuzeitlichen Sodom ist kaum mehr vorstellbar. Die mit einem solchen Wirrwarr verbundene Rollenkonfusion wird in El precio de un hombre (Ohne Dollar kein Sarg, 1966) deutlich: Tomás Milián gibt die interessante Figur des José Gomez: ein bekannter Bandit, der in seinem Heimatdorf zunächst noch geliebt wird, weil er einer der ihren ist. Die Einwohner müssen mit der Zeit jedoch schmerzhaft am eigenen Leibe erkennen, dass er durch und durch schlecht ist. Der bis dahin von ihnen zum Feindbild stilisierte amerikanische Kopfgeldjäger (Richard Wyler) wird schließlich für sie zum Retter. So sind es diese zunächst gefürchteten und gemiedenen Einzelgänger, die letztlich für eine gewisse Ordnung sorgen müssen. Angesichts

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der dargestellten Verhältnisse wird aber nochmals deutlich, dass – anders als in Hollywood – im Italowestern keine grundsätzliche Änderung oder gar die Wiederherstellung friedvoller Zustände erreicht werden kann. Hier werden lediglich Symptome kuriert. Das mag desillusionierend wirken, entspricht aber wiederum dem menschlichen Leben innerhalb einer gefallenen Schöpfung. Sadist, Schöngeist, Herrenmensch Es wurde bereits deutlich, warum sich der Italowestern in seiner expliziten Darstellung von Gewalt von seinem amerikanischen Vorgänger unterscheidet. Zu ergänzen ist dies durch folgende Beobachtung: Der traditionelle Western drückt die Verschiedenheit seiner Antagonisten in der Regel auch dadurch aus, dass der Gute zumeist optisch attraktiv ist, während der Böse durch Hässlichkeit auffällt. So schreibt Gabriele Jofer: »Das Bild des Schurken im amerikanischen Film gleicht in gewisser Weise dem mittelalterlicher Tafelbilder, denen eine Schönheitstheorie zugrunde liegt, die besagt, dass die äußere Schönheit ein Ausdruck innerer Schönheit ist, das heißt, wer schön ist, ist auch gut. Abweichungen von einem bestimmten Schönheitsideal (…) waren das äußere Zeichen gewisser innerer, das heißt moralischer Mängel. Im Hollywoodfilm gibt es ebenso ganz bestimmte Normen der Physiognomie, die darüber Auskunft geben, ob wir uns einem Guten (dem Helden) oder einem Bösen (dem Schurken) gegenübersehen«.46 Dementsprechend kommt sie zu dem Fazit: »Bis Mitte der sechziger Jahre ist es vor allem im Western ein Leichtes, die Guten von den Bösen zu unterscheiden. Man muss ihnen nur ins Gesicht schauen.«47 Zu ergänzen ist: Die von der Autorin beobachteten Auflösungserscheinungen dieses starren Rollenklischees in Hollywood fällt in die Zeit des aufstrebenden Italowestern, der zwar in Amerika stets unverstanden und daher ungeliebt blieb48, dessen Einflüsse jedoch auch dort nicht gänzlich ignoriert werden konnten. Jofers Ausführungen stammen aus einem Beitrag über Lee van Cleef, einen Darsteller, dem durch den Italowestern – vor allem aufgrund der visionären Vorstellungen Sergio Leones – mühelos der Rollenwechsel vom Schurken zum »Helden« gelang. Der amerikanische Western hatte bis dahin mit einer selbstauferlegten Begrenzung zu kämpfen: Der Böse konnte seine Niedertracht



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nicht völlig ungezügelt vor der Kamera ausleben. Er musste daher zusätzlich durch äußerliche Hässlichkeit stigmatisiert werden, wenn der Zuschauer ihn wirklich als den identifizieren sollte, der er war. Sein italienisches Pendant kennt diese Probleme nicht. Wenn in Johnny Yuma (1966) ein Mann einen kleinen mexikanischen Jungen zusammenschlägt, um aus ihm Informationen herauszupressen, und ihn anschließend zu Tode tritt, wird das Aussehen dieses Täters zweitrangig. Jeder weiß aufgrund seiner Taten, was er von einem solchen Menschen zu halten hat. So können sich Sadisten innerhalb dieses Genres ausleben. Bereits in Für ein paar Dollar mehr liefert Gian Maria Volontè eine archetypische Studie eines solchen Vertreters, der wahllos tötet, u. a. die Frau und den anderthalbjährigen Sohn eines seiner Kumpane, der ihn verriet; anschließend auch diesen selbst. Hier nur einige weitere Beispiele einer Liste, die endlos fortgesetzt werden könnte: In Texas addio (Django, der Rächer, 1966) verüben Soldaten ein Massaker an den Bewohnern eines mexikanischen Dorfes. Der Anführer, ein selbsternannter »Alcalde« lässt stets genüsslich den Korken seiner Flasche knallen, als Zeichen zum Feuern für seine Leute. In Carogne si nasce (Die Stunde der Aasgeier, 1968) wird ein Siedler von einer Bande so gehängt, dass er sich noch Augenblicke mit den Händen halten kann. Sein Bruder erhält ein Messer und die Erlaubnis, den Hängenden abzuschneiden. Er gleitet jedoch immer wieder am glatten Stamm des Galgens ab, bis es zu spät für eine Rettung ist. Jack Palance spielt in Mercenario – Der Gefürchtete den schwarzgelockten Killer Ricciolo (»Locke«), der auf ein mexikanisches Brüderpaar trifft. Er fragt den einen: »Wer von euch ist der Chef?« Der antwortet: »Ich. Das hier ist mein Bruder.« Ricciolo zu einem seiner Handlanger: »Ich will gern mit dem Chef allein sein.« Der erschießt daraufhin den Bruder. Eine solche Untat wiederholt sich in abgewandelter Form in Sei bounty killers per una strage (Zahl und stirb, 1973): Eine mexikanische Bande überfällt eine Kutsche, um die Frau und die Tochter des Gouverneurs zu entführen. Die begleitenden Soldaten werden sämtlich erschossen. Einer der beiden Kutscher wird von einem Banditen gefragt: »Wer von euch kann am besten reiten?« Der Angesprochene deutet auf den anderen. »Gut«, sagt der Bandit, »dann wirst du nicht mehr gebraucht.« Er

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erschießt den Mann und schickt den anderen mit Lösegeldforderungen fort. In Garringo (Garringo, der Henker, 1969) hat Johnny (Peter Lee Lawrence) einen psychopatischen Menschenhass entwickelt. In einem Stall zwingt er einen Mann zur Unterschrift unter ein Dokument. Da er keinen Stift zur Verfügung hat, reißt er einem Huhn eine Feder aus. Da ihm die Tinte fehlt, schlachtet er das Huhn, um mit dessen Blut unterschreiben zu lassen. In Più forte sorelle (Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle, 1973) wird der Schurke »Katapult« genannt: Er bestückt missliebige Personen mit Feuerwerkskörpern und lässt sie per Katapult in die Luft schleudern, wo sie explodieren. Als Sadist entpuppt sich auch Tomás Milián in Lucio Fulcis I quattro dell’apocalisse (Verdammt zu leben – verdammt zu sterben, 1975) gegenüber seinen zeitweiligen Reisegefährten: Einen quält er physisch, den anderen demütigt er, die Frau wird von ihm vergewaltigt. Alle werden von ihm zusätzlich unter Drogen gesetzt.

Angesichts derartiger Gräueltaten wird nochmals deutlich, dass es auf die Physiognomie der Täter wahrlich nicht ankommt. Der Italowestern nimmt an dieser Stelle vielmehr das Jesuswort ernst: »An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen« (Matthäus 7,16.20). Hier zählen allein die Taten eines Menschen und die Folgen, die daraus erwachsen; nicht aber seine äußere Erscheinung. Im Gegenteil: Das Erschrecken über die häufig ohne Vorwarnung gezeigten Gewaltexzesse kann noch gesteigert werden, wenn sie von Personen ausgehen, die gleichzeitig attraktiv, ehrbar und kultiviert erscheinen. Es verunsichert und verwirrt, wenn sich gefühlskalte Mörder auch als Kunstliebhaber herausstellen und schöngeistigen Interessen hingeben. Das ist jenes Grauen, das einen bei manchen Berichten über KZ-Schergen befällt, die gleichermaßen als liebende Ehegatten, treusorgende Familienväter oder  -mütter und musisch begabte Menschen geschildert werden. Der Vergleich erscheint nicht abwegig; schließlich fällt die Blütezeit des Genres in die Phase der Studentenunruhen Ende der 60er Jahre, in der die Jugend auch dadurch gegen die ältere Generation rebellierte, dass sie erstmals nach der Verantwortlichkeit für Krieg und Holocaust fragte; in Deutschland ebenso wie in Italien.



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So machen im Italowestern vor allem musikalisch begabte Schurken von sich reden, wie der österreichische Baron und Leutnant von Schulenberg (dargestellt von dem Deutschen Gérard Herter) in Sergio Sollimas Der Gehetzte der Sierra Madre. Für ihn gehört das Töten zum Alltag (»33 Duelle, 33 Witwen«); er vermag aber ebenso hingegeben Beethovens Pour Elise am Klavier zu interpretieren. Auf einem Klavier spielt auch der Deutsche von Krassel (Umberto Raho) in Sie kamen zu viert um zu töten, der eine Agentur für Profikiller leitet. Als Pianist zeigt sich weiterhin der Detektiv (Bruno Corazzari) in Il mio copro per un poker (Mein Körper für ein Pokerspiel, 1968), während seine Leute einen Mann foltern. In Le colt cantarono la morte e fu  … tempo di massacro (Django  – Sein Gesangbuch war der Colt, 1966) beherrscht der alte Scott zusammen mit seinem Sohn Jeff die Stadt, veranstaltet Treibjagden auf Menschen und erschießt sie auf offener Straße. Beide aber, Vater und Sohn, spielen auch Harmonium. Cisco Delgado, ein Schurke in Django, der Rächer, beherrscht ebenfalls das Harmonium, foltert aber gleichfalls Söhne vor den Augen ihres Vaters mit Brenn­eisen oder veranstaltet Scheinhinrichtungen. Ein weiterer Harmoniumspieler ist der böse Burton (Aldo Sambrell) in Uccidi Django  … uccidi per primo! (o. dt. T., 1970). Henry Silva verkörpert in seinem einzigen Italowestern Un fiume di dollari (Eine Flut von Dollars, 1966) einen brutalen Mexikaner, der nicht nur wie wahnsinnig lachen, sondern auch schmachtende Lieder singen kann. Schließlich ist Eduardo Fajardo zu erwähnen, der sich mehrfach als Theater- und Opernliebhaber zu erkennen gibt. Als Colonel Garcia in Mercenario – Der Gefürchtete hört er eine Grammophonaufnahme von La donna è mobile aus Giuseppe Verdis Oper Rigoletto. In der Anfangsszene von Bete, Amigo! leitet er eine Massenerschießung und lässt dabei eine Aufnahme von Vincenzo Bellinis Freiheitschören aus der Oper I puritani abspielen. Zwangsläufig drängen sich durch die Art der Darstellung Vergleiche mit Gräuel­taten der SS während des 2. Weltkriegs auf. Dieser Zusammenhang wird ebenso deutlich, wo einige dieser Unholde mit einer ausgesprochenen »Herrenmensch«-Attitüde auftreten. Als ein solcher erscheint der Großkapitalist Ferguson in Mögen sie in Frieden ruhen. Er stuft sowohl Schwarze und Mexikaner als auch Frauen als weit unter ihm stehend, als »minderwertige Wesen« sowie gebo-

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rene »Sklaven« und »Diener« ein. Rassismus und eine Herabwürdigung als – zumeist mexikanische – »Untermenschen« werden in vielen Filmen als latent oder offen vorhanden gezeigt und kritisiert. Nicht wenige Ausbeuter halten wie in Que viva Carrancho! (Die Todesminen von Canyon City, 1965) peones wie Sklaven in ihren Arbeitslagern gefangen und herrschen über Leben und Tod der Menschen (so auch in Quanto costa morire?). Die ideologische Basis für diese Weltsicht liefert der biedere Bürger und skrupellose Verbrecher Stengel (einmal mehr Franco Ressel) in Sabata, der bei der Lektüre des Buches Inequality is the Basis of Society von Thomas R. Dew (1802 – 1846), eines Befürworters der Sklaverei, gezeigt wird. Stengel wird daher von Christian Keßler zu Recht als »Sozialdarwinist«49 tituliert. Einen besonderen Ausdruck findet solche Verachtung des Lebens in einem häufig verwendeten Motiv: der Jagd auf Menschen. Diese hat jedoch nichts mehr gemein mit der eher sportlich-romantisch anmutenden Variante aus Ernest B. Schoedsacks Klassiker The most dangerous game (Graf Zaroff  – Genie des Bösen, 1932), dem Urahn aller Manhunt-Filme50, sondern reduziert sich auf ein bloßes Zielschießen, bei dem Menschen auf den Wert von leeren Whiskyflaschen oder alten Konservendosen herabgesunken sind. In ihrer filmischen Umsetzung ähneln die entsprechenden Szenen eher der Darstellung des »Schlächters von Plaszow« Amon Göth auf dem Balkon seiner Villa, wie sie später in Steven Spielbergs Schindler’s List (Schindlers Liste, 1993) gezeigt wurde. Genauso macht es der Diktator Rodriguez in Viva Maria! (1965) vom Fenster seines Palastes aus, wobei er eine Grammophonaufnahme der Oper Die weiße Dame von Francois-Adrien Boieldieu abspielen lässt. Ebenso sieht man in Django Major Jackson, den rassistischen Anführer der Ku-KluxKlan-Gruppe beim Töten von Mexikanern. Wie es auch zu Göths Vorlieben gehörte, werden gleich zu Beginn von Django – Sein Gesangbuch war der Colt Menschen, die zuvor aus Käfigen gelassen wurden, von Hunden zerrissen. In Odia il prossimo tuo (Hasse deinen Nächsten, 1968) ist es Horst Frank als Landbaron, der gefangene mexikanische Arbeiter zwangsweise zu tödlichen Schaukämpfen gegeneinander antreten lässt. Ein Wettschießen auf menschliche Zielscheiben veranstalten außerdem Slim Kovacs, ein Gangsterboss und Vergewaltiger in Sonora (Für ein paar Leichen mehr, 1968), der Rancher Spencer in Il mio nome è



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Shanghai Joe (Der Mann mit der Kugelpeitsche, 1973) oder der Ungar Orlowski in Django 2: Il grande ritorno (Djangos Rückkehr, 1987). Der »General« Mongo in Vamos a matar, companeros (Zwei Companeros, 1970) lässt seine Feinde dazu auf einen Pfahl klettern, dreht ihnen den Rücken zu und schießt so mit Hilfe eines Spiegels auf sie. Besonders spezialisiert auf diese perfide Art des Vergnügens sind mehrere von dem deutschen Schauspieler Gérard Herter dargestellte Charaktere: Da ist der erwähnte Baron von Schulenberg in Der Gehetzte der Sierra Madre, der zusammen mit dem reichen Geschäftsmann Brockston, einem passionierten Jäger (Walter Barnes), die Suche nach dem der Vergewaltigung und Ermordung einer Minderjährigen verdächtigen Cuchillo als regelrechte Treibjagd inszeniert. Die Szenen mit von Schulenberg sind in der deutschen Fassung allerdings fast alle der Schere zum Opfer gefallen. Wolfgang Luley macht in seiner Analyse der verschiedenen Schnittfassungen deutlich, dass im italienischen Original weit mehr als in der verstümmelten deutschen Version das »Herrenmenschentum« der Weißen gegenüber den Mexikanern hervortritt.51 Letztere werden häufig als »Schweine« bezeichnet und pauschal zu Tieren herabgesetzt. In Uno di piu all’inferno (Django – Melodie in Blei, 1968) wird Herter als Ernest Ward erneut aktiv, indem er Mexikaner in Fässer stecken lässt und mit einem Kürbis auf dem Kopf zum Abschuss freigibt. In Indio Black, sai che ti dico: Sei un gran figlio di  … (Adios, Sabata, 1970) schließlich ist er wiederum ein österreichischer Oberst namens Schimmel, der demselben grausamen Hobby frönt. Möglicherweise ist diese Nationalität nicht willkürlich gewählt, sondern soll Erinnerungen an einen gewissen österreichischen Gefreiten wecken. Hybris Im schlimmsten Fall kommen in dem Schurken eines Italowestern mehrere Faktoren zusammen, die ein schreckliches, monströses Geschöpf formen: eine ausgeprägte Herrenmenschen-Ideologie, gepaart mit übersteigertem Selbstbewusstsein und Narzissmus sowie berauschenden Allmachtsphantasien, die sich auf die bereits erworbene absolutistische Willkürherrschaft stützen und in ihr uneingeschränkt ausgelebt werden können. In einem solchen Egomanen erlebt man menschliche Hybris in Reinkultur.

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Mit der »Hybris« aber betreten wir wiederum den theologischen Bereich der Sünde. Sofern unter der »Grundsünde« die Entfremdung und Trennung des Menschen von Gott verstanden wird, äußert sich diese in verschiedenen Ausprägungen. Die altkirchliche Tradition sprach in diesem Zusammenhang von einem Dreiklang: »superbia, Unglaube, concupiscentia«52. Dabei wird superbia innerhalb der katholischen Lehre von den sieben Todsünden – die uns in dieser Untersuchung immer wieder begegnen werden – beschrieben als »Hochmut«, und ist dabei vergleichbar mit der hybris; ein Begriff, der alternativ vor allem von Paul Tillich gebraucht wurde.53 Die Hybris ist der Versuch des gefallenen und von Gott entfremdeten Menschen, sich selbst zum Zentrum seiner Welt zu machen. Er will seine Endlichkeit nicht anerkennen und sucht daher nach einer Überlebensgröße, die ihn Gott gleichstellt. Er erhöht sich selbst und will einen Platz einnehmen, der allein seinem Schöpfer gebührt. Dabei ist er sich selbst Gesetz, da eine höhere Autorität, der gegenüber er sich zu verantworten hätte, ausfällt. Die Folge dieser Selbstanmaßung hat Fjodor M. Dostojewski in dem bekannten Satz benannt: »Wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt.« Der Italowestern liefert einige anschauliche Beispiele für derartige Figuren, die sich als »gottgleich« verstehen: In Yankee regiert der größenwahnsinnige »Große Concho« (Adolfo Celi): ein Egomane reinsten Wassers, der sich einen Hofmaler hält, der natürlich ausschließlich ihn zu malen hat, und der gleichzeitig Philosoph ist. Die Kirche, in der er lebt, ist statt mit Heiligenbildern mit Conchos Porträts angefüllt. Zudem ist er Pyromane, möchte Kaiser Nero nachahmen und lässt ein ganzes Dorf niederbrennen: »Wenn du nicht verbrannt werden willst, verbrenne!« Mit dieser Attitüde beherrscht er den Ort, von dem es heißt: »Hier gehört sogar die Luft dem Großen Concho!« Die Kamera zeigt ihn oft von unten; aus dem Blickwinkel der Menschen, die zu ihm aufzuschauen gezwungen sind. In Sette magnifiche pistole (Sancho  – Dich küsst der Tod, 1965) lässt sich der Banditenboss Rodriguez (Fernando Sancho) mit »Exzellenz« anreden und sagt von sich: »Ich bin der Größte!« und »Das Gesetz bin ich!« In Ein Dollar zwischen den Zähnen lässt sich der skrupellose Aguilar (Frank Wolff) stets wiederholt in quasi-liturgischem Wechselgesang selbst



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lobpreisen, indem er ruft: »Was bin ich für ein Mann?«, und einer seiner Leute stellvertretend für die »Gemeinde« antwortet: »Ein fairer Mann!« In Tre pistole contro Cesare (Drei Pistolen gegen Cesare, 1966) regiert ein absolutistischer Despot (Enrico Maria Salerno), der sich »Julius Caesar Fuller« nennt, mit einer Toga bekleidet ist und in einer altrömischen Villa mit Dampfbad residiert. Dort lässt er sich mit allem Prunk inmitten weiblicher Gespielinnen als Imperator feiern. Er befehligt eine Armee von schwarzgekleideten Revolvermännern und hat einen Professor in seinen Diensten, dessen Aufgabe lediglich darin besteht, ihm aus Cae­ sars De bello Gallico vorzulesen. »Durch die Beschäftigung mit Geschichte gestalten wir unsere eigene«, ist er überzeugt. In der gekürzten deutschen Fassung fehlen leider die Anspielungen auf den römischen Kaiser wiederum fast völlig. Scansati  … a Trinità arriva Eldorado (Pokerface auf krummen Touren, 1972) kann mit einem besonders skurrilen Vertreter dieser Gattung aufwarten: Der Bandenboss »El Dorado« (Craig Hill) reitet stets in Uniform und mit einem Sonnenschirm auf seinem Pferd, an dem sogar ein Lenkrad (!) befestigt ist. Die »Untertanen« seines Ortes müssen bei seinem Anblick niederknien, da er sich für gottgleich hält. Wie Schneewittchens böse Stiefmutter befragt er einen Spiegel nach dem Ausmaß seiner Größe. In Sing mir das Lied der Rache ist der Schurke ein renegater Südstaatler (William Berger), der zwar als Sadist auffällt, gleichwohl in absoluter Selbstverkennung von sich behauptet: »Ich bin doch von Natur aus ein liebenswerter Mensch.« Mr. Shark (John Ireland) ist in Noi non siamo angeli (Wir sind die Stärksten, 1975) der unumschränkte Herrscher der Stadt Highfalls. Hält er eine Rede, so sorgen seine Schergen dafür, dass die Bevölkerung applaudiert. Mit Sprüchen wie »Progress is regress« verwendet er »Neusprech« nach Art von George Orwells 1984.

»Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen …« Es ist eine weit verbreitete Illusion, der Mensch könne, indem er sich von Gott trennt, zur Autonomie gelangen. Martin Luther schreibt dazu 1525 in seiner Schrift Vom unfreien Willen, der Mensch sei wie ein Ross – er werde entweder von Gott geritten oder vom Teufel, aber er solle sich nicht der Illusion hingeben, er sei völlig autonom.54 Demzufolge verkennt, wer sich von seinem Schöpfer trennt und selbst zum Gott machen will, die Situation und die Folgen dieser Tat. Er gewinnt dadurch

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gerade nicht die gewünschte Freiheit und Selbstbestimmung, sondern gerät aufgrund dieses Entschlusses unter eine neue Herrschaft: die der widergöttlichen Macht. Durch die Sünde gewinnt vielmehr der Teufel ein Anrecht auf den Menschen und hält ihn gefangen. Wer sich nicht mehr von Gott abhängig weiß, ist nun in eine neue Abhängigkeit geraten und dient einem anderen Herrn. Darum kann es nicht verwundern, dass im Italowestern einige unter den Bösen mit dem Satan persönlich identifiziert werden oder sich gar selbst als dieser zu erkennen geben; schließlich heißt es in Kein Requiem für San Bastardo: »Der Teufel hat die größte Gemeinde.« Einige Beispiele: Ein Priester bezeichnet den grausamen Maldonado in Sette donne per i MacGregor (Eine Kugel für MacGregor, 1967) als den »Antichristen«. In Fahrt zur Hölle, ihr Halunken nennt sich der von Selbstüberschätzung gekennzeichnete Bandit, der sogar einen eigenen Biographen beschäftigt, »El Diablo« (Mario Adorf). So heißen auch der titelgebende Unmensch in 30 Winchester per el Diablo (30 Winchester für El Diablo, 1965) und der Bandit in Ciccio perdona  … io no!. Nochmals Yankee: Concho sagt zu dem Amerikaner zum Abschied: »Entweder wir sehen uns wieder oder du gehst zum Teufel.« Die Antwort: »Ich sehe da keinen Unterschied.« In Lo chiamavano Tresette  … giocava sempre col morto (Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blühn?, 1973) ist der Verbrecher einmal mehr der Bankier, der bei einem Kostümfest als Teufel erscheint. Seine Männer tun es ihm gleich. Nicht nur im deutschen Titel von Satan der Rache finden sich Anklänge an den Teufel; auch der reiche Acombar hat etwas von dieser Gestalt: Der letzte Versuch, den eigenen Sohn auf seine Seite zu ziehen, indem er ihm alle seine Reichtümer zeigt und anbietet, erinnert an die Versuchungsgeschichte in der Wüste, in der sich Jesus dem gleichen Angebot Satans ausgesetzt sah (Matthäus 4,8–10; Lukas 4,5–8). Über Slander, den Bandenchef in Per una bara piena di dollari (Adios Companeros, 1971), heißt es: »Er besitzt eine große Gewalt über jeden. Er ist ein Satan, der jeden verhext, der ihn ansieht.«



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Ein prägnantes Beispiel schließlich ist abermals der Ungar Orlowski (Christopher Connelly) in Djangos Rückkehr: Der Herrenmensch und Schmetterlingssammler, der die von ihm als Sklaven gehaltenen Menschen auf derselben Stufe wie Mulis ansiedelt, wird von seinen Opfern »der Teufel« genannt und ist sogar auf diese Bezeichnung stolz.

Der Teufel ist im Neuen Testament der diabolos, im Wortsinn der »Durcheinanderbringer«. Das Perfide seines Wirkens zeigt sich nicht immer in offensichtlicher Bosheit, sondern viel häufiger darin, dass er Verhältnisse und Maßstäbe verdreht und somit eine Verwirrung stiftet, in der nicht mehr deutlich wird, was »gut« und was »böse« ist. Er ist ein Verführer, dessen oberstes Ziel darin besteht, den Menschen einzureden, dass er gar nicht existiere.55 Dazu tarnt er sich; nicht selten auch durch religiöses Gebaren. Religiosität ist zu allen Zeiten leicht mit echtem christlichem Glauben verwechselt worden. Erst Karl Barth arbeitete neu den Unterschied heraus, in dem er »Religion« als die Bemühung des Menschen definierte, zu Gott zu gelangen – was er faktisch als Unglauben verstand, da Gott sich allein durch Selbstoffenbarung dem Menschen zu erkennen gibt.56 Es kann daher nicht verwundern, dass sich im Italowestern auch mancher Teufel als religiöser Mensch tarnt. Im ersten Sartana-Film Mille dollari sul nero (Sartana, 1966), in dem der Titelheld – anders als in den weiteren Filmen dieser Reihe – noch der Schurke ist, terrorisiert er zwar einen ganzen Ort, küsst aber gleichzeitig als Ritual stets ein frommes Medaillon, bevor er jemanden erschießt. Über das Geschäftsgebaren anderer urteilt er: »Das ist nicht christlich!« In Preparati la bara! (Django und die Bande der Gehenkten, 1968) ist Horst Frank als David Barry ein Verbrecher, der nach außen hin als Familienvater, mächtiger Politiker, später sogar als Gouverneur lebt und sonntags nie den Besuch des Gottesdienstes versäumt. Auch der Bandit »El Condor« in Dai nemici mi guardo io! (Mein Leben hängt an einem Dollar, 1968) besucht regelmäßig den Gottesdienst und geht zur Beichte. Auch auf sein Tischgebet ist er stolz. Schließlich ist da noch der rothaarige Ire Joe McIntock in È tornato Sabata  … hai chiuso un›altra volta (Sabata kehrt zurück, 1971): Mit Terrormaßnahmen erpresst der Herrscher des Städtchens Hobsonville von den Bewohnern Zwangssteuern für alle möglichen und

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unmöglichen Vergnügungen, zeigt sich aber gleichzeitig als Wohltäter, indem er eine Kirche und eine Schule bauen lässt. Im heimischen Wohnzimmer hat er eine kleine Hauskapelle mit Altar und Ambo eingerichtet. Nach seiner Teilnahme an einem Gottesdienst schlägt er in der Kirche einen seiner Männer. Zuvor wendet er jedoch das Kruzifix auf dem Altar um, damit Jesus es nicht sehen soll. Bewusst entzieht er sich dem Anspruch Gottes auf sein Leben. In einigen Filmen ist deutlich wahrzunehmen, dass der Kampf gegen das Böse eine geistliche Dimension angenommen hat. Der Verbrecher ist längst nicht mehr ein nur ein roher, im Leben zu kurz gekommener Mensch, der es auf das Geld anderer Leute abgesehen hat; vielmehr verkörpert er in persona die böse, widergöttliche Macht, die es auf die Ausbreitung ihres Einflussbereichs und ihrer absoluten und territorialen Herrschaft abgesehen hat. Dem kann nun nicht mehr nur mit menschlichen Möglichkeiten, geschweige denn mit dem Bestehen auf Recht und Gesetz begegnet werden. Ein solcher geistlicher Kampf muss mit geistlichen Mitteln geführt werden. Paulus sprach in diesem Zusammenhang in Epheser 6, 11-17 von der »Waffenrüstung Gottes«. Dort ist u. a. die Rede vom »Panzer der Gerechtigkeit«, dem »Schild des Glaubens«, dem »Helm des Heils« und dem »Schwert des Geistes«. Paulus begründet ihren Einsatz so: »Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel« (Epheser 6,12). Der Apostel wusste etwas davon, dass manche Konflikte nicht nur weltimmanent zu betrachten, geschweige denn zu lösen sind. Manche Figuren im Italowestern haben dies auch begriffen und erkennen den Teufel, wenn sie ihm begegnen: In Die Zeit der Geier tut sich der Held Kitosch mit einem berüchtigten Revolverhelden, dem »Schwarzen Tracy« zusammen, wird aber von einem Pater vor diesem gewarnt: »Er ist vom Teufel besessen.« Ein Priester ist einer, der es wissen sollte. Er wird konsequenterweise dann auch von Tracy erschossen. Als regelrechter Antichrist zeigt sich in Pecos è qui: prega e muori (Jonny Madoc rechnet ab, 1967) der mexikanische Bandit, der sich »El Supremo« (der Allerhöchste!) nennt. Er hält sich selbst für göttlich und wird von einem eingeschüchterten Mönch auch so bezeichnet. Er



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setzt sich somit an die Stelle Gottes, indem er sich anbeten lässt und den einfachen Bauern droht: »Man wird es euch schon abgewöhnen, an den alten Gott zu glauben!« Über ihn wird gesagt: »Wenn Luzifer noch einen Teufel bräuchte, würde er sich El Supremo holen. Er würde es später bedauern, ihn angestellt zu haben.« Auch im deutschen Untertitel von Lola Colt (Lola Colt  – Sie spuckt dem Teufel ins Gesicht, 1967) wird etwas von dieser geistlichen Dimension deutlich: Wiederum wird hier ein Bandenchef als »Satan« identifiziert. Ein Pfarrer predigt gegen »Diablo«, der die Stadt beherrscht und Geiseln in die Luft sprengt. Diablo, der sich gottgleich als »Vater« der Bewohner versteht, brennt daraufhin die Kirche nieder. Eine einzelne Frau ist es, die schließlich die verängstigten Männer in den Kampf gegen das Böse führt. Zum Schluss ist es der »Teufel« selbst, der brennen muss (vgl. Offenbarung 20, 10), während die Sieger das berühmte Spiritual Swing Low, Sweet Chariot von Wallace Willis anstimmen und das Geld des Besiegten zum Neubau der Kirche benutzen. Assoziationen zu dem vor allem in den johanneischen Schriften im Neuen Testament beschriebenen überirdischen Kampf zwischen Licht und Finsternis drängen sich in Schweinehunde beten nicht auf: Zunächst findet ein Duell in einem stockdunklen Stall statt, in dem man nur auf Verdacht schießen kann. Der Showdown in einem ebenfalls finsteren Eisenbahntunnel endet symbolträchtig damit, dass der »Gute« den sterbenden »Bösen« hinaus ans Tageslicht zerrt. So wird das Widergöttliche, dass nur im Finsteren gedeiht, ans Licht gebracht, wo es seine Macht verliert (vgl. 1. Korinther 4,5). Wer in einem solchen geistlichen Kampfes gegen das Böse steht, kann daran reifen: Als Django in Djangos Rückkehr 21 Jahre nach seinem ersten Auftritt noch einmal sein einst vergrabenes Maschinengewehr gegen den »Teufel« Orlowski in Stellung bringt, haben sich zwar seine Mittel nicht wesentlich geändert, wohl aber seine innere Haltung: Die von ihm nun ausgeübte Gewalt erkennt er deutlich als ultima ratio. Er ist nun nicht mehr der einstige Revolverheld des ersten Films, der von Rache getrieben wurde. Er ist der nachdenkliche, als Mönch gereifte Django, der zuvor in jahrelanger christlicher Gemeinschaft die lebensverändernde Kraft des Evangeliums erfahren durfte, aber gerade deshalb auch etwas weiß von der geistlichen Dimension des Bösen, dem er sich entgegenstellt.

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3. The Ugly: Der unberechenbare Dritte Eli Wallach, berühmter Filmschauspieler und Strasberg-Schüler (1915– 2014), sagte in einem Interview: »Ich glaube, dass man einmal auf meinem Grabstein lesen wird: the ugly.«57 Trotz seines umfangreichen Oeuvres dürfte diese Vermutung nicht völlig unbegründet gewesen sein – verkörperte Wallach doch in Zwei glorreiche Halunken einen Charakter, mit dem Sergio Leone eine völlig neue Dynamik in die bisher gewohnte Personenkonstellation einbringen sollte: den »Dritten«, der allerdings längst nicht immer auch als der »Dritte im Bunde« bezeichnet werden kann. Sidekicks Weggefährten und Helfer des Helden hat es immer schon gegeben. In der Literatur werden sie zuweilen respektlos idiot friend genannt. Sie stehen nicht selten mit ihren intellektuellen Ressourcen und körperlichen Möglichkeiten hinter der Hauptfigur zurück, fungieren für sie als Stichwortgeber, um deren Fähigkeiten in einem noch besseren Licht dastehen zu lassen. Dadurch wirken sie manchmal aber auch menschlicher als der überdimensionierte Held. Im traditionellen Western ist diese Figur der sidekick: ein gutmütiger und wohlwollender, meist älterer Freund, der mit dem Helden reitet und mit ihm die Schurken bekämpft. Er ist darin – als eine Art »Sancho-Pansa«-Charakter – zuverlässig und loyal bis hin zur absoluten Ergebenheit und Selbstaufopferung. Das legt ihn allerdings auch fest, lässt ihm wenig Spielraum in der Entwicklung. Es besteht gar die Gefahr, dass er eindimensional, wenn nicht gar langweilig erscheint. Dem entgeht er allenfalls partiell durch eine expressive Originalität: Er ist häufig etwas kauzig und daher für das komische Element zuständig; eine gute Ergänzung zum eher ernsthaften Helden. Klassische sidekicks vor allem im Western waren Al »Fuzzy« St. John und George »Gabby« Hayes; später auch Darsteller wie Walter Brennan, Arthur Hunnicutt, Slim Pickens, Dub Taylor und – mit Abstrichen – auch Ward Bond. Diesen Typus gibt es auch im Italowestern. Da ist zum Beispiel der gebürtige Portugiese Chris Huerta, ein schnell aufbrausender Dicker, der als »Bambi« in Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blühn? und



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Di Tresette ce n’è uno, tutti gli altri son nessuno (Dicke Luft in Sacramento, 1974) mit »Tresette« George Hilton unterwegs war. In Uomo avvisato mezzo ammazzato  … Parola di Spirito Santo (Ein Halleluja für Spirito Santo, 1971) ritt er als unlängst bekehrter Christ an der Seite des von John Garko gespielten Titelhelden, in Fäuste, Bohnen und  … Karate! zusammen mit Dean Reed. Roberto Camardiel, ein anderer in dieser Riege, war ein fröhlicher und trinkfreudiger Geselle mit Namen »2-Flaschen-Whisky« in Arizona Colt und Arizona si scateno  … e li fece fuori tutti! (An den Galgen, Hombre, 1970) an der Seite von Anthony Steffen. Beide Darsteller sind auch in Fuzzy, halt die Ohren steif! ein Paar; allerdings zeigt sich hier, wie bereits in Arizona Colt, ein Unterschied zum herkömmlichen Verständnis dieser Personenkonstellation: Beide sind nicht etwa schon immer zusammen, sondern müssen sich bewusst zur Partnerschaft entscheiden und zusammenraufen. In Arizona Colt wechselt Camardiel dazu erst die Seiten, in Fuzzy, halt die Ohren steif! versucht er zunächst, Steffen umzubringen, um ein Kopfgeld zu kassieren. Erst als dieser Versuch scheitert, tun sich beide zusammen. Zu weiteren Darstellern, die für sidekicks prädestiniert waren, zählen Pedro Sanchez (als Gefährte Sabatas, der zuweilen gern ungefragt dessen Ruhm in Lobeshymnen preist), Sal Borgese (häufig als Stummer) oder Steffen Zacharias (der Kauzige). Hervorzuheben ist im Zusammenhang dieses Rollentyps auch José »Pepe« Calvo, obwohl er selten an der Seite des Helden ritt, sondern einen festen Standort bevorzugte. Bekannt wurde er vor allem als Wirt Silvanito58 in Für eine Handvoll Dollar oder als Bergarbeiter Josélito in Knie nieder und friss Staub. In beiden Filmen wird er um des Helden willen gefoltert, was mitunter zu den weniger schönen, aber nicht untypischen Begleiterscheinungen gehört, will man ein echter sidekick sein. In Der Fremde von Paso Bravo schließlich entwickelt sich Calvo vom erst ortsansässigen Händler (der für alles Mögliche und Unmögliche einen Dollar verlangt) zu einem echten sidekick, der dem Helden beisteht und schließlich auch mit ihm fortreitet. Erwähnt sei zudem der Typ des »alten Zausels«, der gelegentlich auch zum sidekick avancieren kann, überwiegend jedoch als running gag seine eigene Funktion als Nebenrolle einnimmt. Von der Physiognomie am ehesten mit »Fuzzy« verwandt, handelt es sich hierbei um den kleinen

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alten Mann mit zerknautschtem Gesicht und asthmatischer Stimme (im Deutschen nicht selten von Gerd Duwner gesprochen), der vorrangig im Saloon herumlungert; auf der Suche nach jemandem, der ihm einen Drink ausgibt. Mancher wird auch unsanft aus dem Saloon hinausgeworfen, wo sich dann der Held seiner annimmt, dem er von da an zu Diensten ist. Buddies Im Unterschied zur Konstellation »Held und sidekick« ist das buddy movie zu betrachten. Hier sind nicht »Ritter« und »Knappe« unterwegs, sondern zwei gleichgestellte Personen im Kampf gegen die Widersacher. Waren sich in der zuvor betrachteten Personenkonstellation beide Partner in der Regel grundsätzlich in Sympathie verbunden, muss das hier nun längst nicht der Fall sein. Im Gegenteil: Die Dynamik entwickelt sich häufig aus einem Aufeinandertreffen höchst unterschiedlicher, wenn nicht gar gegensätzlicher Charaktere. Man denke nur an das klassische »ungleiche Paar« Jack Lemmon und Walter Matthau. Die Akteure sind lediglich aufgrund eines über sie hereingebrochenen Ereignisses, einer gemeinsam zu lösenden Situation, also aufgrund partieller Interessensgleichheit aneinander gebunden. Im Italowestern ist dieses Interesse meist monetärer Art, kann aber auch in einem gemeinsamen Rachewunsch an derselben Person begründet liegen. Das berühmteste Paar dieser Art sind im Italowestern zweifellos Terence Hill und Bud Spencer. Ausgehend von den drei erwähnten Filmen Giuseppe Colizzis, in denen sie als »Cat« und »Hutch« firmierten, fanden sie ab Die linke und die rechte Hand des Teufels unter E. B. Clucher59 als sehr gegensätzliches Brüderpaar Trinità und Bambino zu ihrem eigenen, unverwechselbaren Stil, der in der Folgezeit zwar zu kopieren versucht wurde (z. B. durch Michael Coby und Paul Smith), ohne jedoch das Original zu erreichen. Aber auch in anderen Filmen fanden sich solche Paare zusammen: In Amico, stammi lontano almeno un palmo (Ben und Charlie, 1971) sind die Titelhelden zwei ebenso gegensätzliche Typen: Giuliano Gemma der Übermütige, George Eastman der Besonnene. Sie sind in Hassliebe miteinander verbunden; trennen sich zwar häufig, indem einer bewusst die Gegenrichtung des anderen wählt, treffen aber doch immer wieder



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zusammen. Auch die skurrile Titelfigur in La vita a volte è molto dura, vero Provvidenza? (Providenza!  – Mausefalle für zwei schräge Vögel, 1972) und der Bandit Hurricane Kid sind Rivalen, die nicht voneinander loskommen. Gar »Blutsbrüder« sind Bud (in deutsch »Momo«) und der Indianer »Adlerauge« in Occhio alla penna (Eine Faust geht nach Westen, 1981), nachdem einer vom anderen einmal eine Bluttransfusion erhielt. Echte buddies sind ebenso »Deaf« Smith, der taubstumme Kundschafter und der Spanier Juanito, genannt »das Schlitzohr« in Das Lied von Mord und Totschlag: Der eine ist nur auf seinen Auftrag fixiert, der andere nur auf Sex (was in einem Italowestern eher selten vorkommt). Weitere Beispiele: In Ringo, il volto della vendetta (Es geht um deinen Kopf, Amigo, 1966) sind die sonst häufig als Antagonisten auftretenden Anthony Steffen und Eduardo Fajardo als Ringo und Tim ein Gespann im Kampf gegen »Tricky« (Frank Wolff). In Un treno per Durango (Der letzte Zug nach Durango, 1967) sind es Steffen und Enrico Maria Salerno, die gegen einen üblen Mark Damon antreten müssen. George Hilton ist der aalglatte, geschniegelte, George Eastman der zerlumpte Spieler in Un poker di pistole (Poker mit Pistolen, 1967), die sich im Kampf gegen den Geldfälscher Masters zusammenschließen. Allerdings stellt sich hier am Ende auch Hilton als übler Geselle heraus. In Django  – Ein Sarg voll Blut arbeiten die beiden Revolverhelden Lord und Bull (Hilton und Walter Barnes) als Team: »Wo die auftauchen, beginnt das große Sterben.« Giuliano Gemma (Jim) und Mario Adorf (Larry) sind die in Hassliebe verbundenen Partner in …e per tetto un cielo di stelle (Amigos  – Die {B}Engel lassen grüssen, 1968). Larry ist die tragische Figur: ein ewiger Verlierer, der von Jim immer wieder betrogen wird. Doch beide können nicht voneinander. Als Jim zum Schluss fortreitet, fragt ihn Larry: »Wo willst du hin?« – »Weiß ich nicht.« – »Warte, da muss ich auch hin.« Zu einem freundschaftlichen Bündnis kommt es in Abre tu fosa, amigo  … llega Sábata (Zwei Halleluja für den Teufel, 1971) zwischen dem mexikanischen Banditen Pompero (Fernando Sancho) und Steve (Richard Harrison), dem Sohn eines Ranchers, der den Mörder seines Vaters sucht.

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In Die Todesminen von Canyon City ist es ebenfalls Sancho als Mexikaner, der nun mit Luis Dávila als Gringo durch das gemeinsame Häftlingsschicksal verbunden ist – das Motiv aus The defiant Ones (Flucht in Ketten, 1958). In Todesmelodie tragen John (James Coburn) und Juan (Rod Steiger) zwar gleiche Namen, werden in ihrer mühsam zustande gekommenen Partnerschaft aber von unterschiedlichen Motiven geleitet: Während der Ire, obwohl eigentlich längst desillusioniert, sich doch um der Sache willen den Revolutionären andient, geht es dem Mexikaner lediglich um Geld. In Pokerface auf krummen Touren sind zwei Tagediebe namens Jona­ than und Sebastian als fliegende Händler unterwegs, die ein »Lebenselixier« verkaufen. In Zwei ausgekochte Halunken sind der Gringo Trash und der Mexikaner Paco hinter einem Goldschatz her. Ihre Uneinigkeit wird originell verdeutlicht: Banditen binden ihnen je eine Stange Dynamit vor den Mund und zünden diese an. Durch ein Seil, das um einen Pfahl geschlungen ist, sind beide miteinander verbunden. Einige Meter vor ihnen steht ein Wasserfass, in dem sie die Lunten löschen könnten – sofern nur einer dem anderen den Vortritt ließe. Da sie jedoch beide gleichermaßen am Seil zerren, gelingt es keinem von ihnen. Ein Paar wider Willen bilden auch der extrovertierte Schauspieler Guido Guidi und der eher zurückhaltende Pater Albino in Bete, Amigo!. Beide werden höchstens durch das Band der gemeinsamen Verfolgung durch Colonel Herrero zusammengehalten.

Kurz hingewiesen sei auf die Partnerschaften zwischen Mexikanern und Yankees bzw. Europäern innerhalb des Subgenres der »Revolutionswestern«, die aufgrund ihrer speziellen Eigenart in Kap. IV.5.: »Klassenkampf und Revolution« untersucht werden: Tomás Milián und Franco Nero, Franco Nero und Tony Musante, Tomás Milián und Gian Maria Volonté, Gian Maria Volonté und Lou Castel und andere. Tuco Benedicto Pacifico Juan Maria Ramirez Beide, den sidekick wie auch den buddy, gab es im Western schon immer. Doch ein »Dritter« neuen Typs betritt in der Italo-Variante 1966 die Szenerie: der erwähnte, von Eli Wallach in »Zwei glorreiche Halunken« porträtierte »ugly« (der »Hässliche« oder auch »Verschlagene«).



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Tuco Benedicto Pacifico Juan Maria Ramirez (I Abb. 10), in dessen Namensliste »der Gesegnete« und »der Ruhige« enthalten sind, ist weder das eine noch das andere. Er ist ein Sünder par excellence. Ihm gebührt die zweifelhafte Ehre, über das längste Verbrechensregister der Filmgeschichte zu verfügen. Er wird in vierzehn Provinzen steckbrieflich gesucht wegen »Mordes, räuberischen Überfalls auf Zivilpersonen, auf Banken und Postanstalten, Diebstahls von Kircheneigentum, Brandstiftung in einem Staatsgefängnis, falscher eidlicher Aussage, Bigamie, böswilligem Verlassen der Ehefrau, Aufforderung zur Prostitution, Raub mit anschließender Erpressung, Hehlerei, Falschmünzerei, Falschspiel mit gezinkten Karten und präparierten Würfeln, schwerer Körperverletzung, begangen an Privatpersonen, Justizangestellten und Beamten des Kreises, der Provinz und des Staates, (…) bewaffnetem Raubüberfall, Vergewaltigung einer Jungfrau weißer Hautfarbe, Herbeiführung einer Zugentgleisung zwecks Beraubung der Reisenden, Ausbruch aus vier Staatsgefängnissen, illegalem Handel mit Waffen und Sprengstoff aus dem Besitz der Armee, versuchtem Mord, unerlaubtem Waffenbesitz, Erpressung, Bedrohung und Beraubung von Reisenden, Viehdiebstahl und Fälschung von Brandzeichen, Wiederverkauf der Tiere an den Bestohlenen, Landfriedensbruch, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beleidigung von Staatspersonen, Verleitung Dritter zu Straftaten, Weigerung, geregelter Arbeit nachzugehen« und anderem mehr. Was soll man von einem solchen Menschen halten? Tuco steht in einem Dreiecksverhältnis60 zum »Blonden« und zu Sentenza. Der Blonde wird als »der Gute« eingeführt (woran man leicht zweifeln kann), Sentenza als »der Böse« (woran keinerlei Zweifel aufkommen). Zwischen ihnen gilt es sich zu behaupten, was Tuco schwerfällt. Er ist bisher vom Leben nicht verwöhnt worden und musste lernen: »Es gibt zwei Kategorien von Menschen.« Ihm ist klar, dass er im Grunde zur unterlegenen Kategorie gehört. Er ist darum mit sich selbst uneins, aufbrausend, fahrig, redet und flucht ständig, während die beiden anderen auf eine eher stoische Weise in sich zu ruhen scheinen. Wechselnde Partnerschaften, von denen er sich Vorteile verspricht, bestimmen Tucos Weg. Zunächst lässt er sich mit dem Blonden auf ein lukratives Geschäft ein: Dieser liefert ihn für ein Kopfgeld dem Sheriff aus. Tuco wird zum Tod durch den Strang verurteilt. Der Blonde befreit ihn vom Galgen, teilt die Belohnung mit Tuco und übergibt ihn dem

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nächsten Sheriff – für ein nun noch höheres Kopfgeld. Als Tuco einmal seinen Partner auf sein erheblich größeres Risiko bei diesem Vorgehen anspricht, weist dieser ihn deutlich in die Schranken: »Es gibt zwei Kategorien von Menschen: die einen mit dem Strick um den Hals und die anderen, die ihn abschneiden.« Unvermittelt kündigt der Blonde die Partnerschaft auf und lässt Tuco hilflos in der Wüste zurück. Enttäuscht und wütend sucht sich Tuco einige Mitglieder seiner früheren Bande, um sich am Blonden zu rächen: »Es gibt zwei Kategorien von Menschen: solche, die Freunde haben, und solche, die einsam sind.« Tuco will endlich einmal zur ersten Kategorie gehören. Es geling ihm ein erstes und einziges Mal, obenauf zu sein, als er seinerseits den nun gefangenen, fast verdurstenden Blonden durch die Wüste treibt. Er kostet dieses seltene Gefühl der Überlegenheit reichlich aus. Durch die komplizierte Situation, dass beide dabei zufällig an Teilinformationen gelangen, die nur zusammen zum Versteck eines Goldschatzes führen, sind die Gegner jedoch bald wieder gezwungen, ihre Partnerschaft erneut aufleben zu lassen. Tuco ist eine der wenigen Charaktere in einem Italowestern, von dem man einiges aus seinem früheren Leben erfährt. Das Gespräch mit seinem Bruder, der als Priester eine Missionsstation leitet, ist erhellend: In armen Verhältnissen geboren, durfte der Bruder studieren, während Tuco im Elend blieb. »Du hast deinen Weg gewählt und ich den meinen. Mein Weg ist der härtere.« So herrscht Tuco den Bruder an; innerlich wohl wissend, dass er tatsächlich nie eine Wahl hatte. In der Folge bewegt sich Tuco weiterhin auf der Verliererstraße. Im Kriegsgefangenenlager wird er von Sentenza gefoltert, während der Blonde unbeschadet bleibt und einfach den Partner wechselt. Als Tuco dieses aktuelle Gespann in einer verlassenen Stadt aufspürt, erneuert der Blonde wiederum die alte Allianz. Tuco bleibt stets nur der Spielball zwischen den Kontrahenten. Er ist alles andere als ein »Verschlagener«. Naiv und ehrlich gibt er dem Blonden seine Information über den Friedhof weiter, auf dem sich das Versteck des Goldes befindet. Gleichermaßen glaubt er dem anderen, als der ihm den vermeintlichen Namen der betreffenden Grabstelle mitteilt. Eigentlich sind es drei, die auf das Gold versessen sind, aber nur einer muss über den Friedhof laufen, um das Grab zu finden. Drei wollen den Schatz heben, aber nur einer muss den Spaten in die



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Hand nehmen, um ihn auszugraben. Denn hier gilt wiederum: »Es gibt zwei Kategorien von Menschen: Die einen haben einen geladenen Revolver, die anderen buddeln.« Tuco gehört erneut zur benachteiligten Sorte, ist selbst beim Showdown übertölpelt worden und findet sich schließlich abermals mit einem Strick um den Hals wieder. So schließt sich nicht nur die Schlinge, sondern auch der Kreis zum Ausgangspunkt des Films. Mit der Figur des Tuco springt buchstäblich – durch das Fenster in der Anfangsszene – ein bis dahin noch nicht gesehener Charakter mitten in den Westen und den Western hinein. Tuco bringt eine ungeheure Lebendigkeit in das Geschehen und dominiert damit innerhalb des Trios deutlich die Szenerie. Es ist vor allem Eli Wallachs schauspielerischer Präsenz und seiner Expressivität zu verdanken, dass dies so gelingt; dazu natürlich auch Leones Visionen und seiner Schauspielerführung. Wallach spielte später noch ähnliche Charaktere unter anderen Regisseuren (Colizzi, Tessari, Corbucci), allerdings ohne dass ihm dabei nochmals eine so intensive und prägende Darstellung gelang. In Vier für ein Ave Maria ist er neben Terence Hill und Bud Spencer zu erleben. Er stellt einen Griechen namens Cacopolous dar, der fünfzehn Jahre wegen Bank­raubs im Gefängnis saß. Die zwei Männer, die ihm zur Flucht verhelfen, erschießt er und stiehlt einem von ihnen noch die Schuhe. In Viva la muerte  … tua! (Zwei wilde Companeros, 1971) ist er der Bandit Losoya neben Franco Nero als dem »Guten« und Eduardo Fajardo als dem »Bösen«. Nach einem Beichtgespräch bekennt er, lieber in die Hölle zu wollen als in den Himmel. Bei einer militärischen Aktion meint er: »Zwanzig Leute reichen dafür auf jeden Fall. Auch Gott ist nur mit zwanzig Engeln in die Hölle hinuntergestiegen.« Biblisch verifizierbar ist diese Aussage wohl nicht. Il Bianco, il giallo, il nero (Stetson – Drei Halunken erster Klasse; 1975) schließlich spielt zwar mit seinem Originaltitel auf Leones Klassiker an; Wallachs Rolle als Sheriff aber unterscheidet sich von seinen sonstigen Figuren. Dreiecksgeschichten Wie so vieles, was Leone zum Italowestern beitrug, ist auch dieser Typ des »Dritten« für das Genre stilbildend geworden.61 Es mag sein, dass einer Gründe für eine stärkere Ausprägung einer weiteren Figur zwischen dem Guten und dem Bösen darin bestand, dass Frauen für diese

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Rolle im Italowestern weitgehend ausfallen. Darüber wird später noch zu sprechen sein. Leone, der für diese Grundentscheidung vorrangig verantwortlich zeichnet, musste sich daher etwas einfallen lassen, um den Mangel wettzumachen. So stockte er das Personal innerhalb seiner »Dollar«-Trilogie auf: Stand im ersten Film noch ein Einzelner dem Bösen gegenüber, gab er mit dem von Lee van Cleef gespielten Colonel Mortimer dem Helden im Nachfolgefilm bereits einen weiteren Charakter an die Seite – wobei diese Konstellation am ehesten noch dem buddy movie zuzuordnen ist, da es sich um durchaus gleichwertige Partner handelt, die sich aufgrund eines gemeinsamen Anliegens wohl oder übel zusammenraufen. Zum Abschluss der Trilogie tritt nun Tuco auf den Plan. Mit seinem Eintritt in den Kreis der Handelnden löst sich die klassische und bisher Sicherheit vermittelnde Zweierkonstellation von Gut und Böse auf. Sie erweist sich als nicht mehr tragfähig; ja auch hinfällig zur moralischen Bewertung der Akteure. Dramaturgisch neu ist hier vor allem: Der Dritte ist nicht mehr nur ein Anhängsel. Er ist eine eigene, facettenreiche Person. Eine Welt, die sich, anders als im traditionellen amerikanischen Western, grundsätzlich von allen moralischen Werten verabschiedet hat, kann von ihm, der meist zur unterprivilegierten Schicht gehört, ebenfalls weder Ehrlichkeit noch Loyalität erwarten. Wenn bereits der »Gute« als allein das Seine suchend beschrieben wurde, gilt das für den zwischen allen Stühlen sitzenden Dritten erst recht. Da weder der Gute noch der Böse moralisch eindeutig identifiziert werden konnten, gelingt es bei dem Dritten noch weniger. Er bleibt von den drei Protagonisten derjenige, der am schwersten einzuschätzen ist. Eine Partnerschaft mit ihm ist daher auch nur zeitweilig und unter Vorbehalt möglich. Er ist unberechenbar und gibt auch seine Motive selten zu erkennen. Niemand kann sich seiner sicher sein. Es scheint jederzeit möglich, dass er die Seiten nach seinem eigenen Vorteil wechselt. Vertrauen und Freundschaft zu ihm können sich daher als trügerisch herausstellen. Als »untrustworthy alliances«62 bezeichnet Howard Hughes diese Verbindungen. Einige weitere solcher Dritter, die sich mit der Figur des Tuco vergleichen lassen, sind:



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Carrancho in El ranch de los implacables (Die Gejagten der Sierra Nevada, 1964). Er wirkt zunächst, als könne er die Rolle des buddy verkörpern. Aber man darf ihm nicht trauen. Obwohl er vom Protagonisten Jeff in der Wüste vor dem Verdursten gerettet wurde, stiehlt er ihm Pferd und Geld. Chapaqua, ein Gauner in L’oro dei bravados (o. dt. T., 1970). Er ist ebenso wie Tuco auf seinen wenig vertrauenswürdigen Partner »Doc« Harrison angewiesen, da jeder von ihnen nur den halben Weg zu einem Goldschatz kennt. der mexikanische Bandit »Spirito Santo« in Er säte den Tod. Dieser hat gar nichts Heiliges an sich, redet höchstens immer von der »heiligen Revolution«, der er sich verpflichtet fühle und in der er eine wichtige Rolle spiele. Der Held Django weiß nicht, was er von ihm zu halten hat, zumal sich der Mexikaner häufig als Feigling erweist. Zuletzt aber tritt er Django im Kampf gegen den verbrecherischen Bankier Scott an die Seite (»Komm raus, Django, du wirst vom Heiligen Geist beschützt!«). Diese seine erste Heldentat bezahlt er allerdings mit dem Leben. In einem Epilog sagt Django über ihn: »Unter all den Banditen war er der einzige, der an was geglaubt hat: an seine Revolution. In der neuen Kirche von Silver City werden wir für dich beten.« der von Geoffrey Lewis verkörperte »Snake«, ein zunächst äußerst unsympathisch wirkender Leichenfledderer in Silbersattel. Er taucht immer dort auf, wo sich der Held Roy Blood befindet. So vermittelt er ihm sogar einen Mordauftrag an einem Kind oder schreibt ohne Roys Wissen in dessen Namen Lösegeldforderungen und belastet ihn damit. Auch er stellt sich erst mit seinem Tod als integer heraus.

Der Dritte bildet mit den beiden anderen ein differenziertes Dreiecksverhältnis. Für Leone ist in Zwei glorreiche Halunken das Dreieck die beherrschende Figur, die sich bis zum »Triell« am Schluss durchzieht. So auch in den früheren Filmen: Bereits in Für eine Handvoll Dollar ging Joe wechselnde Partnerschaften mit den Familien der Rojos und der Baxters ein (denen dort beiden der Part der Bösen zugeschrieben wird), um sie gegeneinander auszuspielen. In Für ein paar Dollar mehr ist es das Verhältnis zwischen Monco und Mortimer gegen Indio, das erst mit Mühe entsteht und sich immer wieder bewähren muss.63 Das Dreiecksverhältnis der Protagonisten wird in Spiel mir das Lied vom Tod fortgesetzt. Neben Harmonica und Frank ist Cheyenne der

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typische Dritte. Über Franks Charakter gibt es ab seinem ersten Auftritt keinen Zweifel. Selbst bei dem geheimnisumwitterten namenlosen Mann mit der Mundharmonika wird schnell deutlich, dass er Franks Antagonist ist. Doch wer ist Cheyenne? Sein Ruf ist der des übelsten Verbrechers in der Gegend. Im Verlauf der Handlung wird jedoch immer mehr deutlich, dass er das empfindsamste Herz innerhalb des Trios besitzt. Dieses wird ihm schließlich zum Verhängnis, als ihn der kranke Morton tödlich verwundet: »Ich kann nun mal nicht auf Krüppel schießen«, gibt Cheyenne zu – und begründet es so: »Das wäre so, als würde man auf den Pfarrer schießen.« Bewusst dürfte sich Leone dafür entschieden haben, als Partner stets einen Vertreter des underplaying mit einem mehr expressiven Charakter zusammenzustellen: Eastwood und Wallach, Bronson und Robards, schließlich auch James Coburn und Rod Steiger (Letzterer ebenso wie Wallach ein method actor) in Todesmelodie. Auch der irische Terrorist und der mexikanische Bandit müssen sich erst zusammenraufen. Dafür entwickelt sich schließlich aber ein Freundschaftsverhältnis, das Tuco und der Blonde nie erreichten. Bezüglich der Zahl »Drei« gilt auch: Bevor sich in Leones Filmen drei finden, müssen in der Regel mindestens drei sterben. In Zwei glorreiche Halunken eröffnen die drei Männer den Reigen, die hinter Tuco her sind. Danach werden in gleicher Weise Sentenza und der Blonde eingeführt, die beide ebenfalls je drei Personen töten. In Spiel mir das Lied vom Tod sind es die drei Handlanger Franks, die am Bahnhof warten (Jack Elam, Woody Strode, Al Mulock64). Nimmt man noch Leones Western-Erstling hinzu, so bestellt hier Joe zu Beginn beim Schreiner drei Särge für drei Männer der Baxters (»Get three coffins ready!«). Dass daraus vier werden, ergibt sich ungeplant (»My mistake: four coffins!«). Auch in Mein Name ist Nobody, dessen Anfangsszene Leone gedreht haben soll, sind es wiederum drei Killer, die es mit Jack Beauregard aufzunehmen versuchen. Leones Beispiele der Dreierkonstellation haben Schule gemacht. In Sollimas Von Angesicht zu Angesicht gibt es die Wechselbeziehungen zwischen Fletcher, Beauregard und Siringo: Der Professor fühlt sich von der Lebenswelt des Banditen angezogen, der Pinkerton-Detektiv jagt den Banditen, der Bandit entfremdet sich zunehmend vom Professor, der De-



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tektiv nimmt schließlich Partei für den Banditen. Weitere Beispiele für derartige Trio-Western: In Drei Pistolen gegen Cesare stellen sich ein Amerikaner, ein Franzose und ein Japaner als Halbbrüder heraus, die gemeinsam das Erbe einer Goldmine antreten sollen. Auf dem naturgemäß schweren Weg, an die Mine zu kommen, finden sie sogar noch eine einst adoptierte Halbschwester. In Professionisti per un massacro (Ein Stossgebet für drei Kanonen, 1967) sind ein ehemaliger Priester, ein Pferdedieb und ein Bankräuber gemeinsam als Waffenschieber tätig. In Gott vergibt  … wir beide nie!, der bezeichnenderweise zunächst »Il cane, il gatto, il volpe« (Der Hund, die Katze und der Fuchs) heißen sollte, stellen Bud Spencer den »Hund«, Terence Hill die »Katze« und der windige rothaarige Frank Wolff den »Fuchs« dar. In Enzo G. Castellaris I tre che sconvolsero il West (Die Drei, die den Westen erschütterten, 1968) sind ein als Reverend verkleideter Schauspieler, ein Gauner und ein Spieler hinter viel Geld her, tricksen sich gegenseitig aus, verteidigen aber auch die Beute gemeinsam gegen Mitbewerber. In Tre croci per non morire (o. dt. T., 1968) treffen der Kopfgeldjäger Reno, der Schürzenjäger Jerry und der mexikanische Pferdedieb Paco im Gefängnis aufeinander. Sie werden gemeinsam engagiert, Beweise der Unschuld zugunsten eines jungen Mexikaners zu beschaffen, dem wegen Mordes und Vergewaltigung der Strick droht. Hier schaffen es tatsächlich einmal drei unterschiedliche Charaktere, sich zu einem Team zusammenzuraufen. In Arriva Sabata! (Galgenvögel sterben einsam, 1970) treffen Garringo und sein mexikanischer Kumpan Mangosta bei einem Bankraub auf den Kassierer Peter, der seinerseits schon das Geld an sich gebracht hat. Zu dritt begehen sie nun weitere Überfälle. Alle sprechen stets von Vertrauen, aber keiner kann es sich den anderen gegenüber wirklich leisten. Erst setzt sich Mangosta von den anderen ab, dann wendet sich auch Peter gegen Garringo. Zum Schluss landet der Rest des Geldes im Feuer, die Kontrahenten bringen sich gegenseitig um. In Stetson – Drei Halunken erster Klasse treffen »der Weiße, der Gelbe, der Schwarze« (Il Bianco, il Giallo, il Nero) bei der Suche nach einem gestohlenen Pferd aufeinander: Der Weiße ist der stets weiß gekleidete

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»Schweizer« (halb Schweizer, halb Italiener), der Gelbe der japanische Diener eines Samurais, der Schwarze ein Sheriff, der nur so genannt wird, weil er immer schwarz sieht.

»Wollt ihr auch weggehen?« Harald Steinwender spricht im Zusammenhang mit der auffälligen Häufung derartiger Dreieckskonstellationen (vor allem innerhalb der »Dollar«-Trilogie) von einem bewusst zugrunde gelegten »christlichen Prinzip der Dreifaltigkeit«65. So gern man ihm innerhalb einer Untersuchung zustimmen möchte, die sich zum Ziel gesetzt hat, möglichst umfassend religiöse Bezüge im Genre herauszuarbeiten, so entbehrt doch diese Deutung jeder Grundlage. Welche Eigenschaften oder Verhaltensweisen dreier sehr unterschiedlicher und vor allem sehr menschlicher Charaktere sollten irgendeine Entsprechung bei den drei Personen der Trinität finden? Weder innerhalb der in der Trinitätslehre formulierten opera ad extra (Handlungen der drei göttlichen Personen nach außen, auf die Schöpfung und den Menschen gerichtet) als auch der opera ad intra (Verhalten der Personen untereinander) lassen sich dafür Bezugspunkte finden. Zudem stehen Vater, Sohn und Heiliger Geist in einer einzigartigen Weise beieinander und durchdringen sich, wie es in der Formel der griechischen Theologie des Ostens mia ousia – treis hypostasis und ähnlich in der westlichen Theologie als una substantia – tres personae (nach Tertullian) ausgedrückt wurde: eine Wesensart, die sich in drei Weisen entfaltet. Davon kann bei den menschlichen, ja allzu menschlichen Antagonisten eines Italowesterns schwerlich die Rede sein.66 Weder der Verweis auf die Trinität noch weitere in diesem Zusammenhang vorgebrachte Deutungen67 können überzeugen. Sucht man schon nach religiösen Bezügen zu der in diesem Kapitel dargestellten Dreierkonstellation, insbesondere im Hinblick auf den »Dritten«, so wird man wohl am ehesten im Neuen Testament fündig. In den Evangelien kommt der »Dritte« gleich im ganzen Dutzend vor, nämlich in der Gestalt der zwölf Jünger Jesu. Auch sie stehen zwischen dem »Guten« und dem »Bösen«, zwischen ihrem Lehrer auf der einen, seinen zahlreichen Gegnern auf der anderen Seite. Nach johanneischer Tradition stehen sie gar im Kampf zwischen Licht und Finsternis: zwölf höchst unterschiedliche Charaktere, vom hitzigen Petrus bis hin zum



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nachdenklich-skeptischen Thomas. Jesus hatte sie einst gerufen, ihm zu folgen. Mit ihm, der nichts hatte, »wo er sein Haupt hinlege« (Matthäus 8,20; Lukas 9,58) waren sie rund drei Jahre unterwegs. Währendessen konnte er sich ihrer Loyalität zu ihm und auch untereinander nie uneingeschränkt sicher sein. Da sind Johannes und Jakobus, die Söhne des Zebedäus, die sich gegenüber den Mitbrüdern einen Vorteil sichern wollen (Matthäus 20,20–24; Markus 10,35–41). Petrus ist derjenige, der am lautesten seine Treue Jesus gegenüber kundtut (Matthäus 26,33), ihn im Garten Gethsemane sogar mit dem Schwert zu verteidigen sucht (Johannes 18,10), im entscheidenden Moment aber doch versagt, als er sich zu ihm bekennen sollte (Matthäus 26,69–75; Markus 14,66–72; Lukas 22,54–62; Johannes 18,16–18.25–27). Thomas ist ein Skeptiker mit Hang zum Fatalismus (Johannes 11,16) und muss mit deutlich sichtbaren Beweisen bei der Stange gehalten werden (Johannes 20,24–29). Schließlich ist da Judas, der ihn verrät; wobei die Motive für sein Handeln bis heute nicht eindeutig geklärt sein dürften. Auch dazu später mehr (Kap. II.3.: Kopfgeldjäger). Jesus weiß um diese unsicheren Kandidaten. Als sich viele Menschen von ihm abwenden, muss er seine Jünger deshalb fragen: »Wollt ihr auch weggehen?« (Johannes 6,67). Dies ist keine rhetorische Frage. Im hohepriesterlichen Gebet gilt seine Hauptsorge ihnen, vor allem, dass »sie alle eins seien« (Johannes 17,21). Dieses Anliegen ist bis heute aktuell. Wenn, wie bereits erwähnt, eine wesentliche Folge des Sündenfalls darin besteht, dass der Mensch in seinen Beziehungen zu Gott und zu seinen Mitmenschen erheblich gestört ist, so kann es nicht verwundern, dass der »Dritte« darin keine Ausnahme bildet. Man kann also jede gelungene Freundschaft zwischen Menschen nur als Geschenk Gottes annehmen, sich daran freuen und sie feiern – möglicherweise zusammen mit solchen Freunden bei Bier und Wein und dem gemeinsamen Anschauen eines guten Italowestern.

Abb. 5: Der erste vieler Antihelden: Joe (Clint Eastwood) in Für eine Handvoll Dollar

Abb. 6: Der einzig wahre Django: Franco Nero (Django)

Abb. 7: Held mit Schwerbehinderung: Tony Anthony als Blindman, der Vollstrecker

Abb. 8: Der mexikanische Brandstifter: Fernando Sancho als Gordon Watch in Arizona Colt

Abb. 9: Der nordamerikanische Biedermann: Eduardo Fajardo als Redfield in Knie nieder und friss Staub

Abb. 10: Eli Wallach als Tuco Benedicto Pacifico Juan Maria Ramirez, auch »Schwein« genannt, in Zwei glorreiche Halunken

II. KAPITEL: DIE WEITEREN MITWIRKENDEN

1. Reverend Colt: Geistliche Eine Szene aus dem Film Per qualche dollaro in meno (Irren ist tödlich, 1966) von Bruno Corbucci, dem Bruder Sergios: Zwei Männer entdecken zwei Mädchen, die sich auf ihrem Planwagen versteckt hielten. Die Mädchen wollen geheiratet werden. Die Männer versuchen sich herauszureden: »Im Wilden Westen gibt es keine Priester.« Doch weit gefehlt: Wie aus dem Nichts erschienen stehen plötzlich mitten in der Prärie ein Priester und ein Ministrant mitsamt einem reich geschmückten Altar. Die Männer waren tatsächlich einem Irrtum aufgesessen. In keinem anderen Genre begegnet man einer solchen Vielzahl von Klerikern verschiedenster Konfessionen wie im Italowestern. Priester und Pfarrer, Mönche und Nonnen, ehrliche Christen und falsche Propheten gehören ebenso zum Stammpersonal wie Gauner und Verbrecher in frommer Verkleidung. Allein ihr gehäuftes Auftreten würde eine Untersuchung wie die vorliegende rechtfertigen. In Killer calibro 32 (Stirb oder töte, 1967) wollen die Honoratioren der Stadt einen professionellen Killer als Begleitschutz ihrer gefährdeten Goldtransporte engagieren. Ein besorgter Bürger äußert Bedenken: »Ist Ihnen klar, dass Sie da einen Mörder bezahlen?« Einer der Verantwortlichen entgegnet: »Soll ich die Sache dem Pfarrer übergeben?« Warum eigentlich nicht? Theologen sollten um Gut und Böse wissen. Wurde der Italowestern bisher als ein Genre beschrieben, in dem das Reich des Bösen nicht selten diabolische Ausmaße annimmt – wer wäre dann besser geeignet als ein Geistlicher, sich diesem zu stellen? Eine Voraussetzung bestünde allerdings darin, dass er auch bereit und fähig

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sein müsste, einen notwendigen »Exorzismus« mit dem Colt in der Hand vorzunehmen. Ist das so schwer vorstellbar? In manchen Köpfen steckt wohl ein Klischeebild vom sanften Hirten, vom weibischen Charakter geistlicher Amtspersonen. So stellt der Banditenboss Meredith (Django – Melodie in Blei), nachdem er den im Pfarrhaus aufgewachsenen Johnny alias »Django« kennen- und respektieren gelernt hat, bedauernd fest: »Da trifft man mal ’n richtigen Mann – und dann steckt ’n Pfarrer in ihm!« Die Institution Kirche Zu unterscheiden ist die Darstellung der Kirche als Institution von der des einzelnen christlichen Individuums. Während der einzelne Christ oder auch Geistliche durchaus differenziert in seinen Überzeugungen und Motiven dargestellt werden kann, erfährt die Amtskirche als solche eine durchweg negative Beurteilung. Das kann jedoch nicht überraschen. Zunächst erwächst die Kritik aus der generellen Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, wie sie die Kirche Christi spätestens seit der Konstantinischen Wende begleitet. Die Zeiten der neutestamentlichen Urgemeinde waren noch geprägt gewesen von ihren pfingstlichen, geistgewirkten Anfängen, in denen sich christlicher Glaube gegenüber seiner Umwelt als ausgesprochen attraktiv erwies. Seine Anhänger gingen anders miteinander um und übten Liebe und Barmherzigkeit im diakonischen Handeln gegenüber jedermann. Dass nicht wenige Christen auch angesichts eines drohenden Martyriums an ihren Überzeugungen festhielten und in ihrem Leiden sogar noch gestärkt wurden durch eine Kraft, die nicht nur aus ihnen selbst heraus erklärbar war, verschaffte ihnen zusätzliche Achtung. Mit dem Aufstieg zur Staatsreligion im Jahr 380 gewann die Kirche zunehmend an Macht und Einfluss, was dem Christentum nicht immer zum Vorteil gereichte, sondern viel häufiger zum Missbrauch dieser Macht führte und dadurch auch die Botschaft Jesu in ihr Gegenteil verkehrte. Im Italowestern wird in diesem Sinne vorrangig kritisiert, was der französische katholische Kirchenhistoriker Alfred Loisy (1857–1940) in seinem vielzitierten Bonmot zusammenfasste: »Jesus hat das Reich Gottes verkündigt; gekommen aber ist die Kirche.« Generelle antichristliche oder atheistische Tendenzen sind im Italowestern aber nicht erkennbar.68 Jesus und sein Evangelium werden kei-



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nesfalls in blasphemischer Absicht geschmäht, Glaubensinhalte durchaus ernst genommen. Bezeichnend für die differenzierende Sicht auf Kirche und Glauben ist eine Szene aus Tepepa: Bei der geplanten Hinrichtung des Titelhelden, an der auch ein Bischof auf der Zuschauertribüne teilnimmt, tritt ein Mönch mit einem Kreuz auf den Verurteilten zu, um ihm die Absolution zu erteilen. Tepepa begehrt das Kreuz, den Mönch aber stößt er weg. Nicht allen dieser Delinquenten, die häufig unter Mitwirkung von Geistlichen vom Leben zum Tode befördert werden, gelingt in ihrer letzten Stunde eine solche  – wenn auch drastische  – Differenzierung zwischen dem angebotenen Heil und dem Spender im Sinne eines ex opere operato (aus dem Vollzug heraus wirkend, unabhängig von dem, der es vermittelt). Oft weisen sie beides von sich weg. Das mag in Bezug auf ihr ewiges Heil tragisch wirken, jedoch verdenken kann man es ihnen nicht – angesichts der Rolle, die der Klerus bei diesen Hinrichtungen spielt. Kritisiert wird nicht christlicher Glaube an sich, sondern vielmehr Heuchelei und Machtstreben von Amtsträgern oder die Bigotterie einzelner, oft noch selbsternannter Prediger. Dabei wird deutlich, dass als Amtskirche fast ausschließlich die römisch-katholische Kirche wahrgenommen wird, was auch dem katholischen Kirchenverständnis entspricht. Ihre Vertreter sind nicht ohne Anbindung an ihre Kirche, die als »Ursakrament« verstanden wird, zu denken. Protestantische Geistliche hingegen verkörpern in der Regel einen mehr individualistischen Typus, der sich daher eher für einen sympathischen Charakter anbietet als sein katholischer Kollege. Konkretisiert wird diese grundsätzliche Kritik an der Amtskirche in der häufig abstoßend dargestellten, gleichwohl berechtigten Ablehnung einer zu großen Staatsnähe, wie sie Jahrhunderte lang im Bündnis von »Thron und Altar« zum Ausdruck kam. Deutlich wird diese Thematik vor allem in den in Mexiko spielenden Revolutionswestern. Gemäß den regionalen Gegebenheiten ist es hier wiederum die römisch-katholische Kirche, die als machtstabilisierender Faktor meist auf Seiten der herrschenden Klasse gegen das unterdrückte Volk steht. Diktatoren umgeben sich gern mit Vertretern des Klerus, die gegenüber den einfachen und im traditionellen Glauben verwurzelten Bauern die göttliche Legitimation der Regierenden im Sinne von Römer 13 vertreten. Eine

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lutherische »Zwei-Reiche-Lehre«, die zwischen Staat und Kirche zwar nicht grundsätzlich trennt, aber sehr wohl unterscheidet, ebenso auch der Macht der Obrigkeit klare Grenzen setzt, ist dieser Kirche fremd. So wird sie im Italowestern manches Mal zum Handlanger verbrecherischer Systeme und lässt sich korrumpieren. Sergio Leone deutet die enge Verbindung von Kirche und Kapital in Todesmelodie an, indem er anfangs einen Geistlichen in der Kutsche platziert, deren Insassen einen Querschnitt der herrschenden Klasse darstellen und sich in dem überdimensionalen Gefährt deutlich vor dem Proletariat abschotten. In dem in Brasilien spielenden Viva Cangaceiro sitzen hochrangige Kirchenvertreter mit am Verhandlungstisch, als die Regierung die Erdölausbeutung des Landes durch ausländische Konzerne beschließt. Für den Bischof wird eigens ein Fest organisiert, bei dem er zugleich Waffen segnen soll. Sein Credo gründet sich auf das Sprichwort: »Willst du den Frieden, bereite den Krieg vor.« (Si vis pacem para bellum). Dazu zitiert er Jesus: »Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern den Krieg.« (vgl. Matthäus 10,3469). Die geplante sakramentale Handlung wird jedoch auf originelle Weise vereitelt: Der Revolutionär Espedito mischt heimlich Nitroglyzerin unter das Weihwasser, sodass sich der Bischof selbst mitsamt den zu segnenden Kanonen und dem General in die Luft sprengt. Reaktionäre Kirchenvertreter nehmen deutlich Stellung gegen revolutionäre Bestrebungen und werten sie theologisch als »Geist von unten«. In Kein Reqiuem für San Bastardo läuten die Glocken zum Gottesdienst, während der Pfarrer Regierungssoldaten ausdrücklich für die Tötung von Aufständischen lobt. Letztere, so sagt er, würden außerhalb der Friedhofsmauern begraben werden, wo es keine Erlösung gebe: »Das höllische Feuer erwartet sie!« Das Handeln solcher »Gottesdiener« steht im krassen Widerspruch zum verkündigten Evangelium. In Ben und Charlie predigt der Pfarrer darüber, dass »Geben seliger ist denn Nehmen« sei (Apostelgeschichte 20,35) und man »die Nackten kleiden« solle (Jesaja 58,7; Hesekiel 18,7.16; Matthäus 25,36). Ben und Charlie, die selbst halbnackt sind, nehmen ihm und seinem Begleiter daraufhin die Kleidung ab. Infolgedessen werden ihnen Pinkerton-Detektive auf die Spur gehetzt, denn: »Die beiden haben die heiligsten Güter unserer Nation angegriffen: das Kapital und die Religion.«



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Besonders schlimm treibt es die Kirche in Viva Maria!70: Hier flieht der brutale Diktator Rodriguez in den Schoß der Kirche, genauer in ein Kloster. Die dortigen Padres arbeiten eng mit den Militärs zusammen und werden daher auch Ziel eines Angriffs der Revolutionäre. »Ihr Herren, ihr Pfaffen«, so heißt es mit Bezug auf Matthäus 7,20, »die Schrecken des Krieges, sie sind eure Saat – und die Früchte sind wir!« Daraufhin nehmen die Kirchenvertreter den Militärs gar die Sache aus der Hand und entführen die beiden Protagonistinnen, die die Revolution anführen, um sie einer Inquisition zu unterwerfen. Sie sollen ihre »Irrtümer widerrufen«. Dazu wird sogar die Folter angewandt – nur erweisen sich die Werkzeuge dafür als zu morsch, da sie lange nicht mehr in Gebrauch waren. Auch gegenüber Abweichlern aus den eigenen Reihen ist diese Kirche unerbittlich, so in La Bataille de San Sebastian (San Sebastian, 1967): Nachdem Pater Joseph, der greise Vorsteher eines Klosters, dem Rebellen Leon Alastray Kirchenasyl gewährt hat, wird er dafür von seinen Vorgesetzten gescholten und strafversetzt. Im selben Film findet sich auch eine kritische Darstellung des Christentums bezüglich seiner Verwobenheit mit dem Kolonialismus und Imperialismus vor allem in Mittel- und Südamerika: »Es ist immer dasselbe (mit den Christen – M. S.): Sie bauen sich ein Haus, und bald kommt irgendein Priester und baut eine Kirche. Und schnell wächst um die Kirche ein Dorf. Und nach dem Priester kommen immer die Soldaten. Sie hissen eine Fahne und sagen: ›Das gehört jetzt uns‹. Sie stehlen dir die Nahrung, die Pferde – und mehr noch: Sie nehmen dir die Frauen weg und züchten eine Rasse von Bastarden.« So spricht Teclo, als Mestize selbst ein solcher »Bastard«, der mit seiner Identität und Lebensgeschichte zutiefst hadert und darüber zum Christenverfolger geworden ist. Versucht man mit Begriffen der altprotestantischen Orthodoxie zu beschreiben, was im Italowestern kritisiert wird, so ist es nicht die ecclesia invisibilis (die unsichtbare, geglaubte Kirche) als die geistliche Gemeinschaft der durch den Glauben an Christus untereinander verbundenen Christen, sondern vorrangig eine ecclesia falsa (die falsche Kirche) als Teil der ecclesia visibilis (der sichtbaren Kirche in ihren menschlich-institutionalisierten Ausprägungen). Kennzeichen dieser »falschen Kirche« ist, dass in ihr die notae ecclesiae (konstitutive Kennzeichen der Kirche) im

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Sinne des Augsburgischen Bekenntnisses (CA 7), also »Wort« und »Sa­ krament«, nicht im Sinne Christi verwaltet werden. Das gilt vor allem für die Verkündigung. Wo Kirchenvertreter Wasser predigen, heimlich aber Wein trinken, wird der Finger in die Wunde gelegt. Wo die Sakramente systemstabilisierend missbraucht werden, sich die Kirche eins macht mit Unterdrückern und Ausbeutern jedweder Art, wo sie nach weltlicher Macht und Besitz strebt, wird der Widerspruch zu den Anliegen und der Lebensweise ihres Gründers deutlich wahrgenommen. Dazu schließlich noch ein Beispiel, in dem die Anfälligkeit für materielle Güter selbst bei denen, die einst Armut gelobten, humorvoll karikiert wird: In Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle verbergen sich unter der Ordenstracht die berüchtigten »Jackson Sisters«. Nachdem der Protagonist mit dem Namen »Amen« (sic!) die drei als unecht durchschaut hat, fragen sie ihn: »Wie sind Sie uns auf die Schliche gekommen?« Er antwortet: »Ihr wart mir zu sehr hinter dem Geld her.« Die Frauen wehren ab: »Das ist der Klerus auch. Das ist kein Beweis.« Wölfe im Talar Im Zusammenhang mit einer Kritik an den ethisch-moralischen Verirrungen der Amtskirche werden im Italowestern auch zahlreiche Geistliche vorgestellt, die ihren Herrn längst gewechselt haben: Sie sind Gottesdiener im Dienste des Teufels und benutzen die Religion einzig zu ihren eigenen, verbrecherischen Zwecken. Bereits Jesus hatte darauf hingewiesen: »Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel« (Matthäus 7,21). Längst nicht unter jedem Talar oder jeder Mönchskutte steckt daher ein wirklicher Diener Gottes (vgl. Matthäus 7,15). Ein klassisches Beispiel für diesen unangenehmen Typus ist »Bruder Jonathan«, der Prediger in Django. Er treibt für den rassistischen Major Jackson Schutzgelder ein und dient ihm auch als Spion  – wofür ihm bezeichnenderweise von den Mexikanern ein Ohr abgeschnitten wird. Ein anderer rassistischer Prediger ist in La parola di un fuorilegge  … è legge! (Einen vor den Latz geknallt, 1975) zu erleben. Prädestiniert für schmierige Geistliche war Adolfo Lastretti (*1937), der bezeichnenderweise später mit demselben Gestus Kleinganoven in



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diversen poliziottesci spielte. In Joe  … cercati un posto per morire! (Ringo, such dir einen Platz zum Sterben, 1968) spielt er den Wanderprediger Riley, der sich einer Gruppe zur Rettung eines verletzten Geologen anschließt. Während des Ritts liest er in der Bibel, hat aber gleichzeitig ein Auge auf die Frau des Geologen geworfen. Zu den Mitreisenden sagt er: »Das Gewand, das ich trage, hindert mich nicht daran, ebenso ein Mann zu sein wie ihr.« Er macht fromme Sprüche, aber es steckt nichts dahinter; sodass ihn Ringo, der auch um die Zuchthaus-Vergangenheit Rileys weiß, fragt: »Wo hast du Vogelscheuche eigentlich Theologie studiert?« Dieser Prediger kann eine Beerdigung ebenso gestalten wie auch die Folterung eines verletzten Mannes übernehmen. Schließlich wird Riley von dem Banditen Gomez erschossen  – und fragt ihn sterbend: »Warum?« – »Warum nicht?« fragt Gomez zurück. »Ich bin doch schon lange aus der Kirche ausgetreten.« In Das Lied von Mord und Totschlag ist Lastretti ein Priester, der die Menge in fanatischer Weise auf den verbrecherischen General Morton einschwört, der den Staat Texas von den USA abspalten will. Er führt später auch Truppen an und findet den Tod in einem Bordellbett. Einen anständigen Geistlichen spielt Lastretti einzig in Verdammt zu leben  – verdammt zu sterben. Einige weitere Beispiele diabolischer Geistlicher: Ein selbsternannter »Diener des Herrn« ist der Totengräber Morton in Johnny Madoc. Er hat seine Bibel immer dabei, zitiert aber auch frei aus ihr. Trotzdem arbeitet er mit den brutalen Banditen zusammen und verrät den Protagonisten Pecos an sie. Dieser sagt zu ihm: »Deine frommen Reden mit der Bibel in der Hand können mich nicht täuschen.« In »Django – Unbarmherzig wie die Sonne« spielt Adolfo Celi »Bruder Baldwin«, einen Prediger, der seine Terrorherrschaft mit angeblicher »göttlicher Vollmacht« legitimiert. Er wie auch seine Männer sind nach Art des Klerus schwarz gekleidet. Bei Hinrichtungen, die er anordnet, bekreuzigt er sich. Ebenso als »Werkzeug Gottes« versteht sich der Laienprediger Douglas in Ein Colt für hundert Särge: Er will »das Wort des Herrn verkündigen«, kann aber auch sehr gut schießen und Schach spielen. Das Urteil des Bestatters Ben über ihn lautet: »Ein falscher Prophet.« Tatsächlich stellt er sich schließlich als der Hauptschurke heraus.

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In Il venditore di morte (1.000 Dollar Kopfgeld, 1971) zeigt sich der Pfarrer wenig barmherzig, als er sich weigert, eine Prostituierte zu beerdigen. Am Ende erweist er sich gar als ihr Mörder, da er sich als »rächender Arm Gottes gegen die Verworfenheit« versteht. Noch in der Zelle singt er selbstbewusst: »Glory, Glory, Halleluja«. José Torres spielt in E lo chiamarono Spirito Santo (o. dt. T., 1971) einen geistig gestörten Priester. Er ist nicht nur leidenschaftlicher Organist, sondern auch Experte für Maschinengewehre. Mit sadistischer Freude erschießt er reihenweise Soldaten: »Das fünfte Gebot sagt: Du sollst nicht töten. Aber ich mag keine Zeugen.« Zu erwähnen ist schließlich auch ein Küster in La notte dei serpenti, der ebenfalls aus der Bibel zitieren kann, aber gleichzeitig auch an einem Mordkomplott beteiligt ist. Er raubt zudem die Gaben aus dem Opferstock der Kirche; gibt aber auch zu erkennen, dass er bereits um die Verlorenheit seiner Seele weiß.

An den genannten Beispielen solcher Wölfe im Schafspelz bzw. im Talar werden verschiedene Charaktere und Motive erkennbar. Unter ihnen sind: • Fanatiker, die Verbrechen aus einem verqueren »göttlichen« Sendungsbewusstsein heraus begehen und von der Legitimität ihres Handelns überzeugt sind; • diabolische Schurken, die im Sinne des »Durcheinanderbringers« Gut und Böse auf den Kopf stellen; • Opportunisten, die sich den Mächtigen angedient haben, um an deren Macht zu partizipieren; • Menschen, die ihre einstigen Werte über Bord geworfen, sich der Welt und ihren Verlockungen hingegeben haben und aus reiner Habgier handeln. Gauner im Priesterrock Der Übergang ist fließend von derartigen Falschpropheten zu solchen, die weit davon entfernt sind, jemals ein geistliches Amt ausgeübt zu haben, sondern Talar, Messgewand oder Mönchskutte nur als Verkleidung oder Tarnung benutzen. Solcherlei Bekleidung wirkt zwar nicht gerade unauffällig, steht aber allgemein für die Arg- bzw. Harmlosigkeit ihres Trägers.



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Kleider machen auch hier Leute. Seriosität und Vertrauenswürdigkeit sind die Eigenschaften, die Gauner aller Art oder gesuchte Verbrecher auszustrahlen versuchen, wenn sie sich tarnen. Geistliche Gewänder sind daher für sie ungemein hilfreich, vermitteln sie doch dem Gegenüber das Gefühl, hier komme jemand mit lauteren Absichten. Deshalb ist auch der Pfarrer in 100 Fäuste und ein Vaterunser so verzweifelt, als ihm die Amtstracht gestohlen wird: »Ich bin doch nur ein halber Pfarrer ohne Kleidung.« Womöglich steht dahinter die pastoraltheologische Einsicht, dass das Amt die Person trägt und nicht umgekehrt. Nackt in einem Fass steckend, betet er nun unablässig, der Herr möge ihm zumindest Unterhosen schenken. Der dänische Theologe und Philosoph Sören Kierkegaard, der zugleich auch ein scharfer Kritiker der amtlich verfassten Kirche und ihrer Verweltlichung war, deutete den Ornat auf seine ganz eigene Weise: »Aber da nun doch einmal lange Kleider die Standeskleidung der Pfarrer geworden sind, so kann man auch sicher sein, dass das etwas bedeutet (…) Lange Kleider bringen unwillkürlich auf den Gedanken, dass man etwas zu verbergen habe.«71 In der Tat: Unter Talar oder Kutte kann man manches verstecken, z. B. Waffen aller Art. So handhabt es der Titelheld in Spiel dein Spiel und töte, Joe: Als er den Colt unter der Kutte hervorzieht, bleiben als Resultat fünf Tote zurück. Er selbst wird danach ungläubig gefragt: »Sind Sie denn wirklich ein Pater?« Er ist es nicht, sondern ein Schauspieler in diversen Rollen. Ein anderer Schauspieler ist Kean in Die Drei, die den Westen erschütterten. Auch er ist als falscher »Reverend« unterwegs. Wo immer er auftaucht, hört man Orgelmusik. Kean predigt auf der Straße und ruft zur Umkehr auf. Hier, wie auch bei einer Trauerfeier, die zu übernehmen er genötigt wird, vermischen sich in seiner Verkündigung Jesusworte mit Zitaten aus den ihm offensichtlich mehr vertrauten Shakespeare-Werken. Beliebt ist die geistliche Amtstracht, wenn es darum geht, jemanden aus der Gefängniszelle zu befreien. Niemand schöpft Verdacht, wenn ein Seelsorger einen Häftling besucht. Django (George Hilton) verhilft so Monetero (Gilbert Roland) in Leg ihn um, Django zur Flucht. In El Desperado (Escondido, 1967) rettet auf diese Weise der falsche »Pfarrer Jonathan« einen Pferdedieb vor dem Strick. Dem Flüchtenden gibt er mit auf den Weg: »Die zehn Gebote vornehmen, das Vaterunser beten!«

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In W Django! (Ein Fressen für Django, 1971) beraubt der Protagonist einen Mönch seiner Kleidung, um bei einer geplanten Hinrichtung den Verbrecher Carranza befreien zu können. Auch Bankräuber tarnen sich gern als Geistliche. In Ein Halleluja für Django ist es David, der kreative Kopf einer Bande Gesetzloser, der als falscher Pater mit einer Statue des heiligen Abélard auf einem Wagen herumfährt. Er redet und predigt salbungsvoll und nutzt die Statue für einen raffinierten Überfall auf eine Bank, bei dem die Goldmünzen aus einem vergitterten Fenster direkt in die über jeden Verdacht erhabene hohle Heiligenfigur geschüttet werden. Auch Ben und Charlie im gleichnamigen Film begehen einen Überfall in der Kleidung, die sie zuvor dem Pastor und dessen Begleiter gestohlen haben. Ihr Kumpan Smith erkundet in einer Mönchskutte die Verhältnisse in einer Bank. Franco Nero spielt in Zwei wilde Companeros Dimitri Orlowski, genannt »der Russe«. Dieser angebliche Großfürst sagt von sich: »Früher habe ich auf den Zaren geschworen, heute auf Ford« – und damit ist garantiert nicht der Regisseur gleichen Namens gemeint. Orlowski verkleidet sich zeitweise als protestantischer Pfarrer. Eine misstrauische Frau äußert Kritik: »Die frommen Kirchenherren haben eine gute Nase für Geschäfte.« Schließlich wird der »Pastor« vom Banditen Losoya als falsch erkannt: »Ein echter Pfarrer könnte gar nicht so schnell denken.« In Posate le pistole reverendo (Pizza, Pater und Pistolen, 1972) wird der italienische Pizzabäcker Geremia angestiftet, sich als Priester zu verkleiden, um das Vertrauen eines Bankiers zu gewinnen und ihm in der Beichte das Geheimnis um einen Schatz zu entlocken. Schnell avanciert er zu »Geremia the Saint«, da er Wunder vollbringen kann: Zunächst wird von ihm im Saloon ein spastisch Gelähmter »geheilt« (vgl. Matthäus 9,2; Markus 2,3–5; Lukas 5,18–20), der jedoch niemand anderes ist als sein Kumpan Slim »the Dirty«. Danach beschwört Geremia in einem Gottesdienst eine Sonnenfinsternis herauf  – die allerdings zuvor von einem Astronomen vorausgesagt wurde. Schließlich kommt es gar zur »Auferstehung« des angeblich toten Wundermannes: Nachdem auf ihn geschossen wurde, stellt er sich tot, erscheint dann aber nachts wieder in der Kirche. Seine Methoden sind dubios: Er heilt unter Handauflegung, aber mit Sprüchen wie »Abrakadabra«. Den Gottesdienst in der ihm zugewiesenen Kirche hält er mehr schlecht als recht



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und predigt Gericht: »Die Hölle wird ständig unter Dampf gehalten.« Nachdem der besagte Schatz aufgefunden worden ist, wird Geremia zum »Ortsheiligen« ernannt und soll den Reichtum für die Stadt verwalten. Gleichfalls verehrt wird »Hochwürden O’Connor«, der falsche Pfarrer in 100 Fäuste und ein Vaterunser, nachdem es scheint, als hätte auch er eine Totenauferweckung vollbracht. Zuvor war er noch auf Skeptiker gestoßen, von denen einer meinte: »Mir ist noch nie so richtig klar geworden, wozu Pfarrer eigentlich da sind.« Dann aber trifft »Halleluja« – denn so wird der Gauner genannt, der im geistlichen Gewand steckt – auf eine lebendige Kirchengemeinde, die sich unter der Leitung der rührigen Organistin Mrs. Gibbons (Uschi Glas) in Ermangelung einer eigenen Kirche sonntäglich auf einer Wiese zum Open-Air-Gottesdienst versammelt. Die über einen längeren Zeitraum gesammelte Kollekte für den Kirchenneubau nimmt er gern in Verwahrung. Auch heilt er einen alten Mann auf dem Totenbett mit einem selbstgemischten alkoholischen Gebräu, während sich dessen Familie vor der Tür zur Fürbitte versammelt hat. … curati Die Protagonisten in Partirono preti, tornarono   (o. dt. T., 1972) sind die beiden als Priester verkleideten, steckbrieflich gesuchten Gauner Sam und John, die sich während der Revolutionswirren auf einer Reise nach Vera Cruz befinden, wo sie sich Reichtum erhoffen. Sie erleben eine Gebetserhörung, als sie von Banditen befreit werden. Ihr Retter, der Revolutionsführer Miguel, ist Katholik und weiß, dass Töten Sünde ist. Seine Entschuldigung: Er konnte nicht mitansehen, wie »Protestanten« die zwei Geistlichen behandelten. Dafür sprechen ihm Sam und John die Vergebung zu. In diesem Film bringt die Kostümierung jedoch nicht nur Vorteile. So wird John vor dem Bezug eines Hotelzimmers gewarnt, der Besitzer hasse Priester. Als dann auch noch Sam an der Rezeption auftaucht, meint die Empfangsdame: »Was ist das hier? Ein Konvikt?« Einige weitere Beispiele falscher Pfarrer: Alan Burton und der Mestize Hondo überfallen in Mein Leben hängt an einem Dollar als Priester verkleidet den Banditenboss »El Condor« während eines Gottesdienstes. Dieser zeigt sich empört ob der Gotteslästerung, hält er doch nach eigenen Angaben viel von Gottesdienst und Gebet.

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In Sabata lauert ein falscher »Pater Brown« in einer Kirche auf den Titelhelden; angeblich, um ihn zur Rede zu stellen, warum er so viele Leichen produziere – doch in Wahrheit, um diesen eine hinzuzufügen. Der namenlose Soldat in Il giorno di giudizio (Zeig mir das Spielzeug des Todes, 1971) schlüpft mehrfach in verschiedene Verkleidungen. Als Pastor predigt er im Saloon über das ihm am Herzen liegende Thema des Jüngsten Gerichts und fordert zur Umkehr auf: »Warum betet ihr nicht?« Der falsche Pfarrer in Prima ti suono e poi ti sparo (Der kleine Schwarze mit dem roten Hut, 1975) ist in Wahrheit der Bandit »El Moro«, der die Bewohner einer Stadt um eine Goldmine bringen will, die sich schließlich jedoch als wertlos herausstellt. In Un genio, due compari, un pollo (Nobody ist der Grösste, 1975) läuft der Gauner Bill alias »Lokomotive« im Priestergewand umher, das er – zusammen mit dem Abendmahlsgeschirr – einem Geistlichen gestohlen hat. Als dieser ihn schließlich aufstöbert, ist er überrascht über Bills feurige Predigt und vermutet bei ihm ein Damaskuserlebnis. Dazu singt Miou-Miou im Saloon einen Gospel über den verlorenen Sohn (Lukas 15). In der israelisch-italienischen Koproduktion »Ekdach Haelohim« (Der Colt Gottes, 1976) schlüpft ein Revolvermann in die Soutane seines ermordeten Bruders, um ihn zu rächen.72

Schließlich bleibt noch der seltene Fall zu erwähnen, dass jemand aufgrund seiner Kleidung für einen Geistlichen gehalten wird, obwohl er diesen Eindruck ansonsten gar nicht zu vermitteln sucht. So widerfährt es dem Titelhelden in Una nuvola di polvere  … un grido di morte … arriva Sartana (Sartana kommt, 1970) gleich zu Beginn: Drei Männer töten einen Richter. Sartana kommt (wie der deutsche Titel schon sagt) vorbei. Die Mörder meinen, da der Ankömmling in schwarz gekleidet ist: »Da kommt ein Priester.« Es ist ein Fehlurteil, das tödlich für sie ist. Eine gewisse Affinität zum Geistlichen ist jedoch nicht zu leugnen, wenn man bedenkt, dass sich Sartana in diesem Streifen als bibelfest und obendrein als guter Organist erweist, der somit ein Gewinn für jede christliche Gemeinde wäre. Ebenso wird irrtümlich William Berger in Django und Sartana – Die tödlichen Zwei für einen Priester gehalten. Seine Rolle heißt nur in der deutschen Fassung »Sartana«, im Original treffender »biblia«. Auch er ist in schwarz gekleidet und ergeht sich in frommen Redensarten wie



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»Mögen Sie in Frieden ruhen!« oder »Gott sei dir gnädig!«. In seiner Bibel, die er unter dem Arm trägt, bewahrt er Steckbriefe auf, da er kein Menschenfischer, sondern Kopfgeldjäger ist. Echte Gottesmänner und bekehrte Sünder Nach soviel Scheinheiligkeit in es an der Zeit, sich tatsächlichen Geistlichen zuzuwenden. Neben vielen schwarzen Schafen gibt es auch echte, bisweilen sogar gute Hirten. Eindrücklich wird dies gezeigt in Reverendo Colt (Bleigewitter, 1970): Der Pfarrerssohn Dan Miller wurde einst unter dem Eindruck der Ermordung seines Vaters zum Kopfgeldjäger. Mittlerweile hat er  – auch aufgrund schlechter Erfahrungen in diesem Gewerbe – umgesattelt und den Beruf des Vaters ergriffen. Er kommt als evangelischer Pfarrer73 in seine Heimatstadt und möchte sich dort dem Neubau einer Kirche ebenso widmen wie dem missionarischen Gemeindeaufbau. Seine ersten Aktivitäten sind vielversprechend: Das Opfer eines Überfalls, dem sich Miller als Notfallseelsorger zuwendet, meint: »Ich habe mich noch nie so über den Besuch eines Pfarrers gefreut.« Sein seelsorgerliches Wirken zeigt Früchte: Der Frau eines Ermordeten hatte er zugeredet: »Lassen Sie den Hass nicht Ihr Leben vergiften!« Später bekennt die Frau, sie habe ihren Gram überwunden. Einem Banditen verhilft Miller zur Bekehrung. Er gründet eine Familie, nachdem der Pfarrer ihm zusichert, er werde über seine Vergangenheit schweigen. Ebenso nimmt Miller Einfluss auf das Leben eines Berufsspielers, der als Farmer ehrlich werden will. Zum Schluss steht die neue Kirche, erbaut mit Mitteln aus der Belohnung für die Ergreifung eines Banditen. Für den Eröffnungsgottesdienst wird sogar der Saloon geschlossen. Nun heißt es Antreten zum Beten, wie ein Alternativtitel dieses Films lautet (I Abb. 11). Dass außerdem durch Miller auch eine ganze Verbrecherbande zur Strecke gebracht wird, gerät dabei fast zur Nebensache. Der »Reverend Colt« wird gespielt von dem Amerikaner Guy Madison, der eine ähnliche Rolle bereits drei Jahre zuvor in Der Sohn des Django verkörperte. Auch der dort agierende Pfarrer Fleming war einst ein Revolverheld, der dann den Colt gegen das Wort Gottes tauschte. »Meine Waffe ist die Bibel«, sagt er zu Jeff Tracey, einem jungen Mann, der den Mord an seinem Vater nicht verwinden kann. »Damit erreiche

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ich mehr als Sie mit Ihrem Revolver.« Trotzdem fühlt er sich genötigt, zwischenzeitlich den Revolvergürtel wieder umzuschnallen. Damit verhilft er dem Recht zur Geltung, obwohl ihm zuvor drohend zum Stellenwechsel geraten wurde: »Ich würde mir schnellstens eine andere Gemeinde suchen. Das ist gesünder.« Doch am Schluss legt er den Colt wieder fort und widmet sich erneut der Gemeinde  – zusammen mit Jeff, der geläutert wurde. William Berger stellt in Il giustiziere di Dio (o. dt. T., 1972) den ehemaligen Revolverhelden Tony Land dar, der nach dem tragischen Tod seines Sohnes Pfarrer wurde und sich in einer Missionsstation um Kinder kümmert. Nachdem die Mission von Banditen überfallen und seine Schützlinge getötet werden, greift er erneut zum Colt. Nachdem er die Mörder dingfest gemacht hat, eröffnet er wiederum eine Mission. Einem Protagonisten zur Seite steht auch der als »Prophet« bezeichnete Prediger in Western-Jack. Bei ihm wird nicht deutlich, ob er eine vocatio externa (äußere Berufung, vor allem durch eine Glaubensgemeinschaft) erfahren hat; eine vocatio interna (innere Berufung) bringt er auf jeden Fall mit. Er predigt vor allem apokalyptische Themen, jedoch ohne viel Zuspruch. Auch soll er für den Helden beten. Zu den Freunden des Helden in E poi lo chiamarono il magnifico (Verflucht, verdammt und Halleluja, 1972) gehört der Prediger »Holy«, der ebenfalls mit dem Colt in der Hand Gericht predigt. Gleich Jesus betitelt er die Leute als »Otterngezücht« (Matthäus 23,33), achtet aber auch darauf, dass gemäß dem Ruhetagsgebot (2. Mose 20,8 par 5. Mose 5,12) sonntags niemand umgebracht wird. Auch anderen Geistlichen ist der Umgang mit dem Colt vertraut; so Pastor Andrews in Gesetz der Bravados. Zwiespältig wirkt der Pfarrer in Arizona Colt, der seinen Sohn schlägt und aus dem Saloon jagt (in der deutschen Fassung geschnitten). Er ermutigt zwar den Helden zum Kampf: »Du wirst sie strafen wie der Erzengel Michael«, ist aber verständlicherweise erbost, als der »Engel« für seine Dienste eine Nacht mit der Tochter des Saloonbesitzers fordert. Später greift auch dieser Pfarrer zum Gewehr und erschießt einen Banditen, nicht aber ohne gleichzeitig um Vergebung zu bitten. In Die Höllenhunde spielt Chuck Connors den Kaplan eines Forts, der von Hause aus Sprengstoffexperte ist. Überhaupt zeichnen sich man-



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che Pfarrer durch eine zweite Profession aus, wie es ja auch der Apostel Paulus als Zeltmacher vorgelebt hat: In Rache in El Paso ist der Pater ebenso auch als Barbier tätig und wird während der Rasur eines Kunden zu den Sterbesakramenten gerufen. Reverend »Oremus« (sic!) Smith in Così sia (Dein Wille geschehe, Amigo, 1972) und in der Fortsetzung Oremus, Alleluja e Così Sia (o. dt. T., 1972) ist gleichzeitig Hufschmied. In der Stadt Westland begrüßt der Sheriff Neuankömmlinge freundlich mit »Der Herr sei mit euch!«, denn er ist gleichzeitig auch Ortsgeistlicher – so in Si può fare  … amigo! (Halleluja  … Amigo, 1971). Klaus Kinski erscheint in Giu la testa  … hombre (Ich will deinen Kopf, 1971) als der undurchsichtige Reverend Cotten, der sich zum Schluss als »inoffizieller Mitarbeiter« der berühmten Pinkerton-Detektei herausstellt. Auch Richard Harrison in Anche nel West c’era una volta Dio (o. dt. T., 1968) ist ein Priester, der als Agent inkognito hinter der Beute aus einem Kirchenraub her ist.

Zu den bekanntesten Katholiken im Italowestern zählt Pater Albino (Paolo Villaggio) in Bete, Amigo!. Er ist der Sekretär eines Kardinals, der zur Visitation kommt. So gerät er mitten in die Wirren der mexikanischen Revolution. Um seinen Partner wider Willen, den Schauspieler Guido Guidi (Vittorio Gassman) zu retten, muss der Gottesmann, der zugleich auch Catch-Champion (!) seiner Diözese ist, einen Soldaten mit einem Holzkreuz niederschlagen. Guidi revanchiert sich, indem er Albino vor dem Erschießen rettet – aus einem Flugzeug heraus mit einem Lasso. Der Priester ist verwirrt ob der Hilfe aus dem Himmel und fragt: »Herr, bist du es?« Nicht nur verkleidete Geistliche, sondern auch ein echter Pater rettet einen zum Tode Verurteilten aus der Zelle: In Un hombre vino a matar (Django  – Unersättlich wie der Satan, 1967) tauscht er mit dem unschuldig angeklagten Sergeant Garnett die Kleidung, um ihm die Flucht und die Aufdeckung der Wahrheit zu ermöglichen. Es kommt – theologisch gesprochen – zur »Stellvertretung« für den »Sünder« durch den »Gerechten«.

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Doch nicht alle Priester werden ihrer Berufung auch gerecht. Der dicke Pater in Glut der Sonne bedauert den ihm auferlegten Zölibat und versucht ihn durch übermäßige Fresserei zu kompensieren. Auch andere werden von menschlichen Problemen überwältigt: Aufgrund der seelischen Belastung durch die Herrschaft des Gangsters Cavanaugh (Von Mann zu Mann) wurden ein Pfarrer und seine Frau zu heruntergekommenen Alkoholikern. Dasselbe Schicksal teilt auch der Amtskollege in Sabata kehrt zurück. Dass ehemalige Verbrecher nach einer erlebten Bekehrung zu tiefgläubigen Christen und von Gott gesegneten Verkündigern werden, ist jedoch auch keine Seltenheit. Der bereits erwähnte »Hochwürden Smith« in Dein Wille geschehe, Amigo war in seinem früheren Leben ein Safe­knacker. Die Beute aus einem Raub hat er in den Bau einer Kirche investiert, der er nun selbst vorsteht, nachdem er seinem sterbenden Vorgänger das Versprechen gab, in seine Fußstapfen zu treten. Kenntnisse aus seinem früheren Gewerbe wendet er nur noch einmal auf Bitten der Bank an, nachdem ein Angestellter verstorben ist, der die Tresorkombination mit ins Grab nahm. Auch der Prediger Yancy Hobbit in Là dove non batte il sole (In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner, 1974) ist ein früherer Straftäter. Unehrenhaft aus der Armee entlassen, ist er nach seiner Bekehrung nun als reisender Evangelist mit einer großen fahrbaren Kirche unterwegs, die von acht Pferden gezogen wird. Er ist hinter einem Schatz her, weil auch er eine richtige Kirche bauen möchte. Doch niemand möchte seine Predigten hören. Er zitiert viel aus der Bibel, vor allem Gerichtsworte. Diesen lässt er auch Taten folgen, wenn er »Sünder« mit dem Colt richtet: »Ich übe Rache im Namen des Herrn!« Jenseits aller Albernheiten wird eine differenzierte und gleichzeitig anrührende Geschichte eines solchen ehemaligen Sünders in San Sebastian erzählt. Anthony Quinn als Bandit Leon Alastray hat daran maßgeblichen Anteil. Der gesuchte Räuber wird von einem alten Priester aus der Stadt geschmuggelt. Zusammen kommen sie in das Dorf San Sebastian. »Ein gottverlassener Ort«, meint Leon. Der Pater korrigiert: »Es gibt keinen gottverlassenen Ort.« Doch es sieht danach aus, denn eine grausame Bande beherrscht den Flecken. Der Priester wird erschossen. Wider Willen wird Leon von den Dorfbewohnern selbst zum Priester



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stilisiert und bald auch für einen Heiligen gehalten (ausführlicher dazu in Kap. VI: Erlösergestalten). Eine innere Wandlung, deren Ausmaß jedoch unscharf bleibt, erlebte offensichtlich auch der von Robert Shaw verkörperte ehemalige Revolutionär in Kein Requiem für San Bastardo. Einst war er geradezu berüchtigt dafür, immer wieder Priester zu töten und Kirchen zu verwüsten. Nunmehr restauriert er mühevoll eines dieser zerstörten Gotteshäuser, in dem er offenbar auch lebt. Von den Dorfbewohnern wird er als Geistlicher angesehen. Er hält Beerdigungen und spricht mit einem ehemaligen Kampfgenossen (Martin Landau) über Sünde und Vergebung. Es wäre sicher zuviel gesagt, würde man ihn als bekehrten Christen bezeichnen, doch ist er auf der Suche nach Gott und versteht sein jetziges Leben durchaus als Reue und Sühne. Wie aus Verbrechern Pfarrer werden, können leider auch aus Priestern Banditen werden. Ein ehemaliger Priester und Mönch schließt sich in Um sie war der Hauch des Todes der Bande um den Ex-Soldaten John Warner an. Eine Farmersfrau ist über ihn alles andere als begeistert: »Lass dein papistisches Gerede! Hier sind wir Presbyterianer.« In Quindici forche per un assassino (Die schmutzigen Dreizehn, 1968) ist es der frühere Pfarrer und jetzige Bandit Benny, der beim Anblick der hübschen Pfarrfrau Mrs. Ferguson seiner einstigen Berufung nachtrauert. Ein ehemaliger anglikanischer Geistlicher in Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie (o. dt. T. 1972) zog aus seiner »Berufung für die Frauen« die Konsequenz, sein Amt niederzulegen. Er endet im Bordell. Ein eingewanderter Russe führt in Roy Colt & Winchester Jack (Drei Halunken und ein Halleluja, 1970) eine Räuberbande an. In seiner Heimat weilte der ehemalige Pope zuvor nach eigenen Angaben zwanzig Jahre lang in einem Predigerseminar. George Hilton spielt in Ein Stossgebet für drei Kanonen den Waffenschieber Tim Dooley, der als Priester wegen »unwürdigem Verhalten« aus seiner Kirche ausgeschlossen wurde. Trotzdem ist er nicht gänzlich von Gott verlassen, denn als er vor seiner drohenden Hinrichtung um Rettung betet, wird er erhört: Die Armee braucht den Strolch nebst seinen Kumpanen für einen Spezialauftrag.

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Märtyrer Unter den unzähligen Gottesmännern im Italowestern74 finden sich auch christliche Märtyrer. Für die Klassifizierung eines gewaltsamen Todes eines Pfarrers oder Priesters als »Martyrium« erscheint es sekundär, ob dieser eine unmittelbare Folge einer dezidiert christlichen Verkündigung des Geistlichen war, oder schlicht der Tatsache geschuldet, dass sich ein Hirte qua Amt als Anwalt seiner Gemeinde exponierte und somit in den Fokus von Gewaltherrschern geriet. In Satan der Rache wird ein unliebsamer Priester von dem mächtigen Acombar in der Kirche erschossen. Interessant ist ein dem Mord vorausgehender Dialog zwischen dem auf Rache an Acombar sinnenden Gary Hamilton und dem Priester. »Sie haben ja diesen ausgefallenen Job, bei dem man um Verzeihung bittet. Ich bitte nie um Verzeihung.« Hamilton sieht dafür keinen Anlass, war er doch jahrelang unschuldig zur Zwangsarbeit verurteilt. Trotzdem hat er das Bedürfnis, mit dem Seelsorger sprechen und sich rechtfertigen zu können – selbst wenn er es nicht zugibt und sich verächtlich äußert (I Abb. 21). Der Tod des Priesters durch den gemeinsamen Gegner macht ohne weitere Worte deutlich, dass die Kirche hier nicht auf der Seite der Mächtigen steht. Weitere Geistliche werden u. a. in Ein Dollar zwischen den Zähnen oder Django – Melodie in Blei getötet. In Tierra de fuego (Vergeltung in Catano, 1965) stellt ein Pfarrer Banditen zur Rede. Daraufhin wird er selbst zusammengeschlagen und sein Sohn erschossen. In Kopfgeld: 1 Dollar wird der von Fernando Rey dargestellte evangelische Pfarrer von dem Banditen Duncan erschossen. Letzterer hat die gesamte Einwohnerschaft des Ortes als Geiseln genommen. Der Pfarrer bringt das stellvertretende Opfer. Er zieht den Zorn Duncans auch aus persönlichen Gründen auf sich: Wie der Bandit in einer Lebensbeichte bekennt, war sein Vater ebenfalls protestantischer Geistlicher, er selbst aber nur dessen »Fehltritt«. Der katholische Priester in Der Colt Gottes ist ein ehemaliger Scharfschütze. Das nutzt ihm allerdings nichts, als der Bandenboss Clayton ihn umbringt, um seine neu erworbene Herrschaft über die Stadt zu sichern. Auch Priester, die einer Missionsstation vorstehen, werden Opfer von Gewalttaten: In Die Zeit der Geier wird Pater Quintero von dem



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psychopathischen Tracy erschossen, als er in einem Entführungsfall vermittelt und die Übergabe des Lösegeldes scheitert. In einer Missionsstation lebt auch Pater Santana in Mehr tot als lebendig. Weil er sich des Gesetzlosen Clay McCord annahm, wird er von zwei üblen Kopfgeldjägern gedrängt, dessen Aufenthaltsort preiszugeben. Unter zynischer Auslegung des Bibelwortes »Klopfet an, so wird euch aufgetan!« (Matthäus 7,7; Lukas 11,9) wird er zusammengeschlagen und schließlich von einem der Männer erschossen. Der andere meint zwar: »Das bringt Unglück, Priester zu töten«, erhält jedoch zur Antwort: »Ein Priester, der sich mit Gesetzlosen einlässt, wird von mir exkommuniziert, kraft meines Amtes!« Befreiungstheologen Als solche »Priester, die sich mit Gesetzlosen einlassen«, sind auch diejenigen unter der Geistlichkeit verfemt, die mit der mexikanischen Revolution sympathisieren – jedenfalls aus der Sicht der regierenden Militärs und der kapitalistischen Oberschicht. Wenn sich auch die offizielle Amtskirche zu oft den Mächtigen andiente, so gab es doch auch stets einzelne Priester, die sich an die Seite der Verfolgten, Rechtlosen und Ausgebeuteten gestellt wussten. Das entspricht der Intention Jesu: Wer ihm nachfolgt, hat seinen Platz nicht im Bischofspalast, sondern nahe bei denen, die verloren sind und Rettung brauchen (vgl. Lukas 19,10). Es gilt: »Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.« (Lukas 5,31). Oder mit einem Wort des französischen, von seiner Kirche nicht immer geliebten katholischen Bischofs Jaques Gaillot gesagt: »Wer bei Gott eintaucht, taucht neben den Armen wieder auf.« Es kann daher nicht verwundern, dass im Italowestern auch dieser Typus des Geistlichen vertreten ist – vornehmlich in den Revolutionswestern. Hier wird ohne Zweifel die »Theologie der Befreiung« abgebildet, die zwar zur Zeit der mexikanischen Revolution (ca. 1910–1920) als solche noch nicht existierte, wohl aber im Entstehungszeitraum der Italowestern ab dem Beginn der 1960er Jahre deutlich an Einfluss gewann und als moderne Strömung innerhalb der Theologie auch über die Grenzen kirchlicher Kreise hinaus populär wurde. Die »Theologie der Befreiung« (der Begriff leitet sich vom Titel des 1971 erschienenen Buches Teología de la liberación von Gustavo Gutiérrez ab) entstand aus der Not der Menschen in Lateinamerika heraus, die zu diesem Zeitraum

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nicht nur unter jahrhundertealten ausbeuterischen Bedingungen lebten, sondern zusätzlich in verschiedenen Ländern auch unter erstarkten Militärdiktaturen. Diesen meist armen Bauern mussten neue Antworten aus dem Evangelium gegeben werden, sollte die biblische Botschaft für sie eine Alltagsrelevanz bekommen. So wurden die sozialen Aspekte des Redens und Handelns Jesu stärker als zuvor betont und zentrale theologische Kategorien wie »Heil« und »Erlösung« nicht mehr nur individuell und eschatologisch verstanden, sondern vor allem innerweltlich, sozial und auf das diesseitige Leben bezogen. So verständlich und notwendig diese Überlegungen waren, gegenüber einer bloßen Innerlichkeit des christlichen Glaubens die gesellschaftliche Verantwortung der Christen und ihrer Kirche herauszustellen, so sehr wurde auch bald deutlich, dass weite Teile dieser Bewegung in das andere Extrem zu verfallen drohten: Die Wirklichkeit Gottes, das Vertrauen auf sein Handeln und die Gebundenheit an ihn wich zunehmend mehr diesseitig orientierten, nicht selten an sozialistische und kommunistische Ideologien anknüpfenden Heilslehren. Trotz vieler wichtiger und notwendiger Impulse dieser Theologie konnte sie daher auf Dauer nicht die Kraft entwickeln, die sie womöglich gehabt hätte, wenn in ihr eine im Wort Gottes gegründete innerliche Frömmigkeit organisch mit einem christlichen Wirken für gerechte gesellschaftliche Strukturen beieinander gehalten worden wären. Bei einigen von der Befreiungstheologie beeinflussten katholischen Priestern ging das politische Engagement so weit, dass sie auch aktiv am bewaffneten Kampf gegen die herrschenden Regierungen teilnahmen. Auch das spiegelt sich im Italowestern wider. Das wohl eindrücklichste Beispiel dafür liefert Klaus Kinski in Töte, Amigo von Damiano Damiani; einem Regisseur, dessen Filme häufig politisch intendiert waren.75 Kinski spielt »El Santo« (»der Heilige«), einen Priester im Gefolge seines Halbbruders, des nicht ganz uneigennützig agierenden Rebellenführers »El Chuncho«. Dieser »Heilige« hat seine ganz eigenen theologischen Überzeugungen. So trifft er auf einen Amtsbruder, der sich um sterbende Regierungssoldaten kümmert. Dieser äußert El Santo gegenüber Unverständnis: »Wer bist du? Ein Geistlicher, der unter Banditen lebt?« Er erhält eine barsche, sich an der Befreiungstheologie orientierende Antwort: »Hast du vergessen, dass Christus zwischen zwei Banditen starb? Gott ist



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mit den Armen und den Gedemütigten.« Am Ende dieses kurzen theologischen Diskurses wird der Gesprächspartner erschossen. El Santo predigt oft und ist das moralische Gewissen der Rebellen. Er vertritt die Meinung, der ihnen vorgesetzte General Elias (sic!) sei von Gott gesandt. Als sein Halbbruder durch den General zum Tode verurteilt wird, weil er ein Dorf schutzlos den Feinden überließ, zögert El Santo daher auch nicht, sich als Vollstrecker des Urteils anzubieten: »Gott ist gnädig, aber ich nicht.« Zu den unvergesslichen Bildern des Films zählt schließlich der berühmte Handgranatenwurf: Der Priester erscheint auf der Mauer eines Forts, ruft den Feinden biblische Gerichtsworte zu und wirft in einem quasi-liturgischen Akt mit einem trinitarischen Votum (»Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«) drei Sprengkörper in die Menge der Feinde – eine in diesem Zusammenhang wie die zynische Umkehrung des gottesdienstlichen Segens wirkende Handlung (I Abb. 12). Die Figur dieses Geistlichen könnte durchaus als eine überzeichnete Darstellung bekannter zeitgenössischer Priester wie Camilo Torres oder Manuel Pérez Martínez verstanden werden, die als Führer der kolumbianischen Guerillabewegung Ejército de Liberación Nacional (ELN) berühmt wurden. Torres starb bei einem Gefecht mit Regierungs­ truppen zu Beginn des Jahres 1966, in dem auch Töte, Amigo gedreht wurde. Bezeichnenderweise spielt Pier Paolo Pasolini, Filmemacher und ehemaliges Mitglied der Kommunistischen Partei Italiens (KPI), in Mögen sie in Frieden ruhen den Priester Don Juan (dessen Rolle leider in der deutschen Fassung kaum zum Tragen kommt, da sie wesentlich geschnitten wurde). Er kämpfte früher unter Pancho Villa und leitet nun die Bauern im Kampf gegen den Ausbeuter und Mörder Ferguson. In Zorro il ribelle (Das Finale liefert Zorro, 1966) führt der schlagkräftige Pater Carmelo die peones an, die sich gegen den schurkischen Gouverneur auflehnen. Der erwähnte Ortsgeistliche in Kein Requiem für San Bastardo war früher einmal Revolutionär und tötete Priester. Zum Schluss wird er selbst zum Opfer. In Tepepa wird ein Priester als Sympathisant des titelgebenden Revolutionsführers gehängt. Auch in Man nennt mich Halleluja befindet sich ein Priester unter den Aufständischen; im Nachfolgefilm Il West ti va stretto, amico  …

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è arrivato Alleluja (Beichtet, Freunde, Halleluja kommt, 1972) ist unter den Revolutionären des Generals Ramirez erneut ein Pater. Er hat die Aufgabe, dem Anführer regelmäßig motivierende »Losungen« in Erinnerung zu bringen (und das sind hier nicht die bekannten Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine). Ordensleute Zu dem im Italowestern vertretenen geistlichen Personal gehören auch Angehörige katholischer Orden, die als Mönche oder Nonnen überwiegend in klösterlichen Gemeinschaften, vor allem in den im Südwesten der USA zu jener Zeit weit verbreiteten Missionsstationen leben. Ein bekanntes Beispiel ist Pater Pablo Ramirez, der Bruder Tucos aus Zwei glorreiche Halunken, der in St. Antonio (Texas) als Vorsteher eine solche Station leitet. Bandit und Mönch als Brüderpaar sind auch in Vendo cara la pelle (Zum Abschied noch ein Totenhemd, 1968) zu erleben. Hier allerdings wurden einst beide zu Mördern an einer Familie; aber einer kam zur Reue und Umkehr, die ihn ins Kloster führten. Er findet so auch Vergebung bei dem Helden, der seine Familie rächen will, stirbt aber durch die Kugel des eigenen Bruders. In Sangue chiama sangue rächt Andrew White den Tod seines Bruders, der ebenfalls als Mönch lebte, und mit dem ihn ein herzliches Verhältnis verband. Immerhin ist auch der originale Django Corbuccis – eine Hauptfigur des Genres schlechthin – nach einem Leben voller Gewalt Mönch geworden und lebt als »Pater Ignazio« in klösterlicher Abgeschiedenheit. So erfährt man es in Djangos Rückkehr. Wenn er dort von sich selbst sagt: »Django ist tot«, so ist dies im Sinne von Epheser 4,22 zu verstehen: »Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet.« Sein Vorleben drängte ihn offenbar zu einer geistlichen Umkehr, für die er einen angemessenen Rahmen in klösterlicher Gemeinschaft fand. Wenn er auch seinem zunächst geäußerten Vorsatz »Ich nehme nie wieder eine Waffe in die Hand« nicht treu bleiben kann, so ändert das nichts an seiner grundsätzlich neuen, anderen Gesinnung. Nach der für ihn gewissensmäßig notwendig gewordenen gewaltsamen Intervention zieht es ihn schnellstmöglich wieder zurück in die geistliche Gemeinschaft der Mitbrüder.



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Als ehemaliger Revolverheld gibt sich auch ein Mönch in einem Kloster zu erkennen, in dem Kopfgeldjäger Corbett (»Der Gehetzte der Sierra Madre«) kurze Rast macht. In einem Gespräch mit Corbett (leider in der deutschen Fassung wiederum geschnitten) redet der Bruder davon, wie er einstmals vor sich selbst floh und im Glauben Zuflucht fand. »Schießeisen verändern Menschen«, weiß er zu sagen. Und: »Nicht immer ist der das Opfer, der vor der Pistole steht.« Eine andere Auffassung vertritt der Padre einer Missionsstation in Silbersattel. Dieser ist sehr wohl bewaffnet und sieht darin auch kein Problem: »Wissen Sie, wer das Schießpulver erfunden hat?«, fragt er Roy Blood, der ein Kind in die Obhut des Klosters gibt. »Ein Mönch, ein einfacher Pater wie ich.« Später zeigt sich aber, dass auf Waffen doch kein Verlass ist, denn alle Brüder werden von mexikanischen Banditen umgebracht. Diese Erkenntnis, gekleidet in die Worte Jesu »Wer durch das Schwert tötet, wird durch das Schwert umkommen« (vgl. Matthäus 26,52) hat in Un dolár para Sartana (Sando Kid spricht das letzte Halleluja, 1971) einen hinkenden Stotterer zum Mönch werden lassen. Trotzdem bildet er den Titelhelden im Schießen aus, der seinerseits auf das Matthäus-Wort zu erwidern weiß: »Dass sie (die Verbrecher – M. S.) jemand erledigen wird, sagt auch die Heilige Schrift.« Im letztgenannten Film ist zudem auch ein falscher Mönch vertreten, der ebenfalls recht frei die Bibel zitiert. Falsche Ordensbrüder gibt es ebenso wie falsche Pfarrer. In Ein Dollar zwischen den Zähnen tarnen sich so die Banditen, um Soldaten zu täuschen, die ihnen daraufhin zum Opfer fallen. Die Bande des »heiligen Kutten-Joe« (Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blühn) lebt sogar in einem alten Kloster verborgen; der Bandenchef wird als »Prior« geführt. Diese falschen Mönche bekommen Besuch vom Helden Tresette, der in typischer Rainer-Brandt-Synchronisation meint: »Ich habe gehört, dass die warmen Brüder niemandem eine fromme Suppe verweigern.« Ebenso tarnen sich der Baske und der Schwede in Zwei Companeros als Mönche, um den aus einem Gefängnis befreiten Professor Xantos in einem Sarg an einem Truppenstützpunkt vorbeizuschmuggeln. Auch in Vier Fäuste für ein Halleluja treffen die beiden bekannten Protagonisten in einer Mission auf Mönche, deren Gebaren ihnen recht weltlich erscheint. Trinità mutmaßt: »Vielleicht ist das ein be-

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sonders radikaler Zweig des Heiligen Stuhls?« Es stellt sich heraus, dass »falsche Brüder« die Missionsstation als Umschlagplatz für geschmuggelte Waffen nutzen  – natürlich gegen den Willen der echten Ordensleute. Ein besonderes Exemplar der Gattung falscher Mönche stellt Jack Palance in Te Deum – Jeder Hieb ein Prankenschlag dar. Der ehemalige Zuchthäusler nutzt die Kutte, um so Kollekten für »Gestrauchelte« sammeln zu können. Dafür erhalten die Spender von ihm Madonnenoder Heiligenbilder. Einen Sheriff grüßt er mit »Friede sei Eurer Asche!« Trotzdem frönt er der Völlerei, und auf ein erwünschtes Tischgebet muss man ihn erst aufmerksam machen. Auf die Frage, wer unter der Geistlichkeit heiraten darf, gibt er die Auskunft: »Protestanten heißen so, weil sie heiraten dürfen und hinterher protestieren.« Da Frauen im Italowestern generell unterrepräsentiert sind, kommen auch Nonnen seltener vor als Mönche. In Il ritorno di Zanna Bianca (Die Teufelsschlucht der wilden Wölfe, 1974) baut eine Ordensschwester eine Krankenstation auf. Sie stirbt aber, als sie einen Jungen aus einem brennenden Haus rettet. Nonnen bevölkern ein Kloster in Nonnen, Gold und Gin. Sie leben allerdings nicht ausschließlich kontemplativ, sondern teilen auch Prügel an Banditen aus, wenn es nötig ist. Sie reiten auf Eseln und halten einmal eine Postkutsche an – worauf ein pikierter Reisender meint: »Eine merkwürdige Art, die Kirchensteuer einzutreiben.« Unecht sind in Man nennt mich Halleluja sowohl die Klosterbrüder, die eine Reihe von Soldaten massakrieren, als auch die als »Pinguin« bezeichnete Nonne. Unter der Tracht steckt eine Agentin der US-Regierung, die ein Morsegerät im Strumpfband ihrer Nylons versteckt trägt. Sie soll in einer Wäscherei lebendig in einen Ofen geworfen werden, was an die alttestamentliche Geschichte der drei Männer im Feuerofen erinnert (Daniel 3). Religiöse Gemeinschaften Die Geschichte der USA ist kaum zu denken ohne die Einwanderung vieler um ihres Glaubens willen verfolgter Christen aus Europa, die in der »neuen Welt« Zuflucht suchten und fanden. Berühmtestes Beispiel waren die sog. »Pilgerväter«: vor allem calvinistisch geprägte Kongrega-



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tionalisten, die mit dem Schiff Mayflower 1620 von Plymouth aus nach Massachusetts kamen. Die Ausbreitung der Reformation im 16. Jahrhundert hatte auch zur Folge, dass sich verschiedene Glaubensrichtungen und -strömungen entwickelten, wie sie unter dem Alleinvertretungsanspruch einer römisch-katholischen Weltkirche zuvor undenkbar gewesen waren. Seit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 stand in Zentraleuropa einem jeweiligen Landesherrn das Recht zu, die geltende Konfession in seinem Machtbereich nach dem Grundsatz cuius regio, eius religio (»wessen die Region, dessen die Religion«) selbst festzulegen. Gleichzeitig damit wurde Andersgläubigen jedoch auch das ius emigrandi, das Recht zur ungehinderten Emigration (allerdings gegen eine eigens dafür erhobene Steuer) zugestanden. Dies galt jedoch zunächst nur für Katholiken und Lutheraner. Reformierte Christen, Mennoniten und andere Taufgesinnte, in England auch Puritaner und Quäker, wurden häufig weiterhin verfolgt. Viele von ihnen wählten daher den weiten und beschwerlichen Weg nach Amerika; in der Hoffnung, dort frei ihre Glaubensüberzeugungen leben zu können. Aus dieser Geschichte heraus erklärt sich die Religionsfreiheit der Vereinigten Staaten, aber ebenso auch die dort anzutreffende Vielfalt religiöser Gruppierungen. Anders als in solchen Ländern Europas, die von einem Jahrhunderte langen Staatskirchentum geprägt sind, können sie in den USA auch nicht von wenigen großen Amtskirchen dominiert oder einfach als »Sekten« deklassiert werden. Wenn in einem von italienischen Katholiken geprägten Filmgenre häufig Angehörige unterschiedlicher christlicher Konfessionen und Gemeinschaften auftauchen, so ist dies angesichts des römisch-katholischen Kirchenverständnisses durchaus bemerkenswert und nicht selbstverständlich. In der Regel werden solche Christen durchaus positiv dargestellt. In einer ausgesprochen rohen und gewalttätigen Welt, wie sie im Italowestern vornehmlich gezeichnet wird, erscheinen kleine, überschaubare und eher geschlossene kommunitäre Gemeinschaften als alternative Lebensentwürfe. Gleichzeitig sind sie aber ständig auch bedroht, und ihre Mitglieder, die oft als Pazifisten leben, werden nicht selten zu Opfern gewalttätiger Willkür. Eine Gruppe solcher Exulanten sind die offensichtlich reformierten Schweizer Pilger in Lucio Fulcis Verdammt zu leben, verdammt

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zu sterben. Sie nennen sich »Frohe Kirche des lebendigen Christus« und sind auf der Fahrt ins »gelobte Land«. Als ihre wichtigsten Zielsetzungen formulieren sie »Beten, Arbeiten, Lobpreis«. Waffen tragen sie nicht, denn ihre Waffen sind nach eigenem Bekunden »das Wort Gottes, Gebete, Vertrauen und das Evangelium« (Bezug nehmend auf die »Waffenrüstung Gottes« in Epheser 6,17). Später werden die Pilger überfallen und sämtlich abgeschlachtet. Am Boden liegen bleibt ihre »Waffe«, eine nunmehr blutverschmierte Bibel. Eine konfessionell nicht näher benannte Gemeinschaft frommer Siedler findet sich in Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel. Ihr Anliegen ist es, den Bau ihrer Kirche fertig zu stellen. Jedoch drohen Schulden dies zu verhindern. Als die Glocke im Turm befestigt werden soll, regnet es Dollars, da sich dort eine versteckte Geldsumme befand. Die Christen freuen sich des »Wunders Gottes«. In Beichtet, Freunde, Halleluja kommt nennt sich eine Gemeinschaft »Kirche der Kinder Abrahams«. Geleitet wird sie von einem Brüderpaar, die sich nicht besser zu verstehen scheinen als Kain und Abel. Frustriert sind sie auch darüber, dass den Mitgliedern bisher nur weibliche Nachkommen geschenkt wurden. Von den in den USA selbst entstandenen Glaubensgemeinschaften finden sich im Italowestern am häufigsten die Mormonen wieder, also die 1830 von Joseph Smith gegründete »Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage« (The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints). Da auch sie sich häufiger Verfolgung ausgesetzt sahen, kam es ab 1846 unter der Führung des charismatischen Brigham Young, des Nachfolgers von Smith, zu einer großen Wanderbewegung der Mormonen in Richtung Westen. Am Ende dieses Mormon Trail stand die Gründung der Stadt Salt Lake City im heutigen Utah, das auch gegenwärtig noch Zentrum dieser Gemeinschaft ist. In der Tat erscheinen die an ihrer typischen schwarzen Kleidung leicht erkennbaren Mormonen im Italowestern durchweg als Opfer von Anfeindungen und Progromen. Der Ruf »Auf in die neue Heimat!« ertönt in Der Gehetzte der Sierra Madre, als sie aus ihren bisherigen Wohnort vertrieben werden. Wolfgang Luley beschreibt ihre bisherige Situation so: »Die Einwohner von Willow Creek missgönnen den Mormonen die Polygamie, haben aber selbst eine Hure im Ort.«76



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Auch in Lo sceriffo di Rockspring (o. dt. T., 1971) existieren Ressentiments zwischen Protestanten und Mormonen, bis hin zur Saloonschlägerei beider Gruppen. Die Spannungen lösen sich erst dadurch auf, dass man gemeinsam einen Banditen zur Strecke bringt. Hier gibt es ein untypisches versöhnliches Ende, da der Film, der mit Kindern als Protagonisten aufwartet, offensichtlich auf ein jüngeres Publikum abzielt. Die Zeitungsschlagzeile lautet zum Schluss: »Protestants and Mormons: now friends!«. So glimpflich geht es selten ab. Protestanten sind für die Verfolgung und ein Massaker an Mormonen in John il Bastardo verantwortlich. Hier aber wissen sich die Bedrängten zu wehren: So befreien sie ihre Leute mit Waffengewalt aus einem Zug. Außerdem ist in ihrem Auftrag ein von Gordon Mitchell verkörperter Killer unterwegs, der dem mormonischen Geheimbund der »Daniten« angehört, einer tatsächlich existierenden und einst von der Kirchenführung selbst ins Leben gerufenen Organisation, die vor allem Abtrünnige und Feinde zu bekämpfen hatte. In der Fernandel-Komödie Dynamite Jack (Dynamit-Jack, 1961) trauern sieben Mormonenwitwen um denselben ermordeten Ehemann. Ein ganzer Treck von Mormonen (mitsamt Kindern) wird in Dos hombres van a morir (Ein Schuss zuviel, 1968) von der Anderson-Bande ermordet. Die Verbrecher sind auf der Suche nach einem sicheren Versteck. Sie ziehen die Kleidung der Getöteten an und übernehmen so deren erst kürzlich erworbene Ranch, die ihre Opfer selbst nie lebend erreichen sollten. In Sie kamen zu viert um zu töten entpuppt sich der stets maskierte, unechte »Mormone« ebenfalls als Übeltäter. Auch in Ciccio perdona  … io no erweist sich der Trauerzug von Mormonen als Horde von Bankräubern. Leichtfüßiger wird das Thema in dem Spencer-Hill-Klassiker Die rechte und die linke Hand des Teufels angegangen. Auch hier werden Mormonen terrorisiert, damit sie ihr Land verlassen. Zu ihren Gegnern zählen sowohl der »Major«, der sich den Besitz für seine Pferdezucht einverleiben möchte, als auch der Mexikaner Mescal und seine Bande. Auch die Mormonen betreiben Viehzucht. Als Brandzeichen ihrer Rinder haben sie eine Darstellung der beiden mosaischen Gesetzestafeln gewählt. Diese Mormonen erscheinen als bibeltreu, pazifistisch und Antialkoholiker. Trotz aller komischen Aspekte, für die sie auch herhalten müssen, werden sie – allen voran ihr Anführer Tobias – sympathisch und

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durchaus liebenswert porträtiert. Ihre alternative Lebensweise nötigt Respekt ab. Sie beten dafür, dass sich Trinità ihnen anschließen möge. Dieser ist zunächst nicht einmal abgeneigt, sein unstetes und unmoralisches Leben von Grund auf zu ändern – auch wenn seine Motivation in erster Linie von seiner Zuneigung zu zwei jungen Frauen der Gemeinschaft bestimmt wird. Er kneift jedoch, nachdem ihm während dieser Gebetszeit der Brüder deutlich wird, welche Konsequenzen das harte und einfache Leben der Mormonen für ihn als ausgemachtem Faulpelz haben würde. Zwei sehr unterschiedliche Stiefbrüder stehen in Mittelpunkt von Jesse e Lester, due fratelli in un posto chiamato Trinità (Ein Halleluja für zwei linke Brüder, 1972). Der eine ist Mormone und Pazifist, der andere ein Revolver- und Frauenheld. Von einer zu erwartenden Erbschaft will der eine die Kirche, der andere ein Bordell errichten lassen. Zuerst steht das Freudenhaus, doch wird es später in die Luft gesprengt. Zuletzt ist es doch das Gotteshaus, das gebaut wird. Auch in Attento Gringo  … è tornato Sabata! spielt eine Gemeinschaft von Mormonen eine Rolle. Sie haben eine Kirche, halten Beerdigungen ab und lesen in der Bibel. Einen gefundenen Goldschatz übergeben sie gutgläubig an zwei Gauner, die sich als Bundesagenten ausgeben. Ebenso haben die gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen »Zeugen Jehovas« (früher auch: Bibelforscher-Vereinigung) ihre Vertreter in den Italowestern entsandt. Sie kommen thematisch in den beiden einzigen Streifen vor, die Regie-Allrounder Umberto Lenzi in diesem Genre drehte.77 In Ein Colt für 100 Särge ist es Jim Slade, der als Soldat während des Bürgerkrieges aus Glaubensgründen den Dienst an der Waffe verweigert und deshalb zur Zwangsarbeit verurteilt wird. Als er nach seiner Rückkehr Mutter und Vater ermordet vorfindet, kauft er sich eine Pistole, lernt schießen, wird zum Racheengel und entlarvt sogar noch einen falschen Gottesmann als Verbrecher. Und als seien hier noch nicht genügend Gläubige versammelt, tauchen zudem auch noch Mormonen auf, die aber nicht echt sind. In Zwei Aasgeier, dem anderen Lenzi-Film, warnt Goofo, einer der beiden Helden, den anderen vor den Frauen. Johnny fragt zurück: »Bist du etwa ein Zeuge Jehovas?« – »Kann sein«, lautet die Antwort des ganz in schwarz gekleideten Goofo. Zu erwähnen sind ebenso die auf den Engländer George Fox zurückgehenden »Quäker«, eine auch in den USA verbreitete Erweckungsbewe-



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gung. In dem frühen Western »Il terrore dell’ Oklahoma« (Terror in Oklahoma, 1959) gibt es eine Quäkerfamilie, die dem Helden zur Seite steht, um Banditen unschädlich zu machen – was nicht einfach ist, wenn man von Haus aus Pazifist ist.78 Eine andere Familie von Quäkern nimmt in Due croci a Danger Pass den Waisenjungen Alex auf, der von unbändigen Rachegedanken getrieben wird. Interessant gestalten sich hier die Auseinandersetzungen mit seinem gewaltlos lebenden Ziehbruder, der versucht, Alex vor dem Untergang zu bewahren. Von den vorgenannten Religionsgemeinschaften muss die von dem methodistischen Pfarrer William Booth gegründete Heilsarmee (Salvation Army) als eine evangelische Freikirche unterschieden werden. Da in ihr Frauen und Männer schon immer gleichgestellt zusammenarbeiten, verwundert es nicht, dass einer der Hauptfiguren in Sergio Sollimas Lauf um dein Leben ein weiblicher Leutnant der Heilsarmee namens Penny Bannington ist. Sie hat gerade ihren Adjutanten beerdigen müssen und nimmt dafür den Dieb und Taugenichts Cuchillo in ihren Dienst. Lieutenant Bannington predigt über moralische Sünden, während Cuchillo mit zunehmender Länge der Predigt anderer Meinung ist als sie. Im Anschluss an den Gottesdienst wird Suppe ausgeteilt – getreu dem Heils­ armee-Motto »soup, soap, salvation« (Suppe, Seife, Seelenheil). In Call of the Wild (Ruf der Wildnis, 1972), der internationalen Koproduktion von Ken Annakin, rufen im von der Gier nach Gold bestimmten Dawson City Heilsarmisten mit einem Transparent auf: »Return to the ways of the Lord«. Gleichfalls missioniert die Heilsarmee in Il richiamo del lupo (Der Ruf des Wolfes, 1974). In Vivi o preferibilmente morti (Friss oder stirb, 1969) engagiert sich die Heilsarmee im Kampf gegen das zunehmende Glücksspiel in der Stadt Flattown. In der frühen Komödie I gemelli del Texas werden zwei männliche Zwillingspaare nach einem Überfall getrennt. Zwei Jungen wachsen als Ziehsöhne eines Bandenchefs auf, die anderen beiden als Journalisten und Angehörige der Heilsarmee. Zu erwähnen bleibt, dass nichtchristliche Religionen im Italowestern so gut wie keinen Niederschlag finden. Auch das ist ein Beleg dafür, wie sehr das Genre vom Christentum in all seinen Facetten geprägt ist. Die Macher haben genug damit zu tun, sich mit den Wurzeln und Traditionen der eigenen Herkunft und Kultur auseinanderzusetzen.

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Als Ausnahmen seien zwei Beispiele genannt: In Campa carogna  … la taglia cresce (Vier Teufelskerle, 1973) spielt John Garko einen Moslem, der im Original »Corano« heißt (in der deutschen Fassung leider nur »Aladin«), da er stets einen Koran mit sich führt und auch daraus zitieren kann. Er arbeitet als Armeescout und Kopfgeldjäger, reitet mit einem Sonnenschirm und trägt merkwürdigerweise eine Art von Kippa. Außerdem trinkt und raucht er, ist also ein recht liberaler Moslem. Untypisch ist auch die indianische Naturreligion und Mystik, die sich im Zuge des weltweiten Erfolges von Kevin Costners Dances with Wolves (Der mit dem Wolf tanzt, 1990) anschließend auch in Enzo G. Castellaris Spätwestern Die Rache des weissen Indianers niederschlug. Hier erscheint die »Mutter Erde« als göttlich. Mit der Natur solle man im Einklang leben, so die Botschaft.79 Der Held pflegt eine enge Beziehung zu einem Bären und gibt populäre, quasireligiöse Aussagen von sich: »Der Mensch kann nie die Erde besitzen. Die Erde besitzt den Menschen.« Interessant ist die zynische Reaktion der Weißen auf diesen Glauben: Da ereifert sich einer der im Dienst des Ausbeuters Goodwin stehenden Desperados (in den credits als »religious mercenary« geführt!): »Götzenverehrer! Der Zorn des Herrn soll euch treffen! Das reine Sodom und Gomorrha!« Die Worte fallen während des Massakers an den Indianern und sollen deren Abschlachtung noch eine religiöse Legitimation liefern. An den Beispielen dieses Kapitels dürfte deutlich geworden sein, dass Pfarrer, Priester und andere Christen als Personen und auch mit ihren Glaubensinhalten im Italowestern eine wesentliche Rolle spielen. Sie ist erheblich größer als im amerikanischen Original. Dort treten Geistliche weniger in Erscheinung; möglicherweise seltener als ein Hufschmied und viel seltener als der Saloonwirt. Denn diese beiden werden im Westen immer benötigt, während der Pfarrer höchstens zur Trauung oder Beerdigung gerufen wird. Seine Aufgaben sind dort rein funktional. Der US-Western versucht Historie darzustellen; der Italowestern hingegen ist daran völlig uninteressiert, sondern bildet ein mythologisches Geschehen ab, das über ein rein immanentes Geschehen hinausweist. Dies aber ist nicht denkbar ohne theologische Reflektionen. Mögen diese oft auch oberflächlich oder verballhornend daherkommen – eine Welt ohne christlichen Glauben, ohne Gott und auch ohne sein menschliches Bodenpersonal ist in diesem Universum undenkbar.



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2. Mein Körper für ein Pokerspiel: Frauen Mehrfach ist der Italowestern im Blick auf die Darstellung und die Rolle von Frauen sehr allgemein mit dem Attribut »misogynistisch« belegt worden.80 Dies gilt ebenso für das italienische Genrekino überhaupt, insbesondere den giallo. Es ist daher zu fragen: Ist die Einschätzung gerechtfertigt, der Italowestern sei in besonderer Weise frauenfeindlich? Leone: ein Frauenfeind? Wie fast alles, was den Italowestern ausmacht, wird auch die Frauenfeindlichkeit auf Sergio Leone zurückgeführt. Von ihm kursieren in diesem Zusammenhang verschiedene Zitate: »Ich habe außerdem das Experiment gewagt, die Frau aus dem vitalen Zentrum des Western zu streichen. Vor allem, weil die Protagonisten meiner Meinung keine Zeit für sie hatten und sich mit dem Problem des Überlebens herumschlagen mussten.«81 Leone möchte, dass sich die Handlung stringent auf das Wesentliche konzentriert: »Ich war der erste, der Western ohne Frauen drehte. Ich habe sechs Monate nach der Beendigung von ›Für eine Handvoll Dollar‹ gelitten (…), weil es Leute gab, die, nachdem sie das Treatment gelesen hatten, es für einen komischen Film hielten und sich fragten, wie man einen Film ohne Frauen machen könnte. Ein großer Unternehmer (…) sagte mir: ›Lieber Leone, Sie haben einen Film gemacht, der keinen Erfolg haben wird, denn es ist absurd, dass die einzige Frau im Film eine Art Statistenrolle spielt.‹ Und ich antwortete ihm, dass es gerade meine Absicht war, einen Film ohne Frauen zu drehen und dass alles seine Berechtigung hätte. Ich habe den ausgezeichneten Film ›Zwei rechnen ab‹ von Sturges gesehen (…) und mich gefragt, weshalb Rhonda Fleming mitspielte. Sie hielt den Rhythmus des Films auf. Wenn man ihren Part herausgeschnitten hätte, wäre der Film seriöser geworden.«82 Leone geht es dabei nicht um die grundsätzliche Frage nach dem Einsatz von Frauen im Film, sondern um die dramatische Funktion von Personen, gleich welchen Geschlechts. Er findet es eher verlogen, aus kommerziellen Gründen hier Zugeständnisse zu machen: »Ich habe nichts gegen Frauen im Western. Im Gegenteil. Nur müssen die Personen in der richtigen Weise eingesetzt werden und nicht wie man das

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bisher gemacht hat: um dem Publikum sein kleines Vergnügen zu verschaffen. Wenn die Frau keine psychologisch ganz genaue Funktion hat, verzögert sie nur die Handlung. (…) Die Amerikaner setzen die Frau ein, weil Errol Flynn eine schöne Frau an der Seite haben muss. Der Film hält an, wir schauen uns ein paar amouröse Exkurse an, die mit dem Film überhaupt nichts zu tun haben, um dann nach einer Viertelstunde fortzufahren. Ich finde das ziemlich blöd.«83 Auf die Frage »Do you have anything against women?« antwortete Leone 1984 nach der Veröffentlichung von Es war einmal in Amerika nochmals: »I have nothing against women, and, as a matter of fact, my best friends are women. What could you be thinking? (…) I even, imagine this, married a woman and, besides having a wretch of a son, I also have two women as daughters. So if women have been neglected in my films, at least up until now, it’s not because I’m misogynist or chauvinist. That’s not it. The fact is, I’ve always made epic films and the epic, by definition, is a masculine universe.«84 Spielen also Frauen im Italowestern generell eine marginalere Rolle als im amerikanischen Western  – oder lediglich eine andere? Warum wurde nicht auch der US-Western mit dem Verdikt der Misogynie belegt, sofern er Frauen in der Regel lediglich die Funktion eines schmückenden Beiwerks zubilligte? Es könnte sein, dass Leone und die italienische Western-Variante auch an dieser Stelle ehrlicher sind als das Original, indem sie das Westerngenre als das zeigen, was es ist: eine Männerdomäne. Ort der Handlung ist eine Männerwelt. Das einzugestehen, gereicht dem männlichen Geschlecht wahrlich nicht zur Ehre, denn dieses maskuline Universum ist durch und durch verkommen, gewalttätig und gefühlskalt – vielleicht u. a. gerade aufgrund der Abwesenheit von Frauen an den entscheidenden Schaltstellen. Auch der US-Western ist männerdominiert; aber es gibt zum harmonisierenden Ausgleich ebenso die tugendhafte Bürgersfrau, die vornehme und charmante Tochter des Richters oder des reichen Ranchers. Es gibt sie deshalb, weil sie dazugehören, sofern eine Gesellschaft in ihren Grundfesten funktionieren soll. Sie repräsentieren zudem das Bild der White Anglo-Saxon Protestants. Harald Steinwender vermerkt dazu: »Im klassischen amerikanischen Western nahmen die Frauen zumeist eine zivilisierende Funktion ein. (…) Die Frau stand als Lehrerin aus dem Osten für das Versprechen der



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Zivilisierung oder als Ehefrau für die Fruchtbarkeit des Landes und der Gesellschaft. Aus diesem Grund drängt Leone sie aus der Handlung; die große Erzählung von der Zivilisierung des Landes ist bei ihm gescheitert.«85 Das ist also nur konsequent. In der Welt des Italowestern, in diesem Vorhof der Hölle, stapfen Männer ohne jegliche Sozialkompetenz in schweren Stiefeln durch Unrat und Morast und tun das, was Männer eben tun (oder angeblich tun sollen)  – und sei es noch so sinnlos. So müsste jede Frau dankbar sein, damit nichts zu schaffen zu haben und auch nicht dafür verantwortlich zu sein. Dass ihr in diesem Zusammenhang keine entscheidende Rolle zukommt, spricht nur für sie. Unter diesen Lebensumständen kann es auch nicht verwundern, dass verkommene Männer keine guten Worte für Frauen finden. So meint der Banditenboss in Django  – Die Geier stehen Schlange: »Frauen? Schlimmer als Rothäute!« In Einladung zum Totentanz vertritt der Sheriff, ein Trinker und Zyniker, die Auffassung: »Wenn eine Frau so was Gutes wäre, hätte der liebe Gott sicher auch eine. Der weiß schon, warum er keine hat.« Ein angeblicher »Reverend« in Il tredicesimo è sempre Giuda ist überzeugt: »We know that women are usually demons without a soul«. Er schränkt jedoch im Blick auf eine Ermordete, die zu Grabe getragen wird, ein: »But not Mary Belle. She were different.« Derartige Äußerungen sind jedoch eher selten und keinesfalls die Regel. Auch dass die Frau des zwielichtigen Predigers Yancy Hobbit (In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner) einen Keuschheitsgürtel tragen muss, wird eher als Absurdität dargestellt. Mühe macht eher eine Aussage des Halbfranzosen Etienne in Drei Pistolen gegen Cesare, denn hier handelt es sich um einen »positiven« Charakter: »Frauen sind im Allgemeinen ganz gut zu gebrauchen. Manchmal sind sie dumm, manchmal amüsant und manchmal können sie sogar nützlich sein  – wenn man ihnen nicht auf den Leim geht.« Wertschätzend ist das beim besten Willen nicht zu nennen; ebenso wenig wie das Urteil des Pfarrers MacGregor in Django  – Melodie in Blei: »Frauen sind die Hölle: Wollust und Verderbnis!« Dezidiert kritikwürdig lässt sich vor allem der Großgrundbesitzer Ferguson über Frauen aus (in Carlo Lizzanis »Mögen sie in Frieden ruhen«, zu erleben allerdings nur

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in der Originalfassung). Seinem Vertrauten und Handlanger Dean Light gibt er den Rat: »Vergiss die Frauen! Sie halten einen Mann vom Denken ab. Ein Mann muss konstruieren, kommandieren, Dinge erschaffen. Er darf sich nicht von minderwertigen Wesen ablenken lassen. Frauen sind nämlich minderwertige Wesen, verstehst du? Ihr einziger Zweck besteht darin, der Fortpflanzung zu dienen.« Allerdings wird auch hiermit kein Votum der Filmemacher abgegeben. Das Gegenteil ist der Fall: Ferguson wird als ein wahrer Teufel dargestellt, und seine Auslassungen über Frauen sind kaum exklusiv misogynistisch, als vielmehr allgemein rassistisch einzuordnen. Sie sind im Kontext mit weiteren Äußerungen Fergusons zu betrachten, in denen der sich selbst als Herrenmensch stilisierende Egomane in gleicher Weise auch Mexikaner und Schwarze als »minderwertig« einstuft.86 Opfer oder Täterin Frauen werden im Italowestern häufig zum Opfer. Auch das ist konsequent, denn sie haben in der dargestellten Welt keine Überlebenschance, keinen Raum, keine Zukunft. Warmherzige, keusche, liebende, bürgerlich-anständige Frauen haben dem Bösen kaum etwas entgegenzusetzen und werden daher regelmäßig im ersten Viertel des Films getötet, manchmal nach vorheriger Vergewaltigung. Die männlichen Täter kennen keinerlei Schuldbewusstsein. Tepepa, der Revolutionsheld in Giulio Petronis gleichnamigem Film, rechtfertigt noch auf dem Sterbebett eine von ihm begangene Vergewaltigung mit dem Argument, Gott habe die Frauen für den Sex erschaffen. Und er fügt hinzu: »Was ist eine Frau im Vergleich zur Revolution?« Leone hatte bereits in Für eine Handvoll Dollar seiner »Marisol« (Marianne Koch) eine klassische Opferrolle zugewiesen: Sie ist gezwungenermaßen die Gespielin Ramons, während ihr Kind und ihr Ehemann als Geiseln ihre Gefügigkeit garantieren sollen. Frauen sind der Gewalt noch weit mehr als Männer ausgeliefert. Sie zerbrechen daran oder erhalten im besten Fall männlichen Schutz, um überhaupt überleben zu können. In Django erfährt die bereits zu Beginn von Männern ausgepeitschte Maria (Loredana Nusciak) diese Protektion durch den Titelhelden; ebenso Liza (Olga Karlatos) in Keoma – Das Lied des Todes. Der Held bringt in beiden Fällen die aus den Händen



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von Übeltätern befreite Frau in den nächsten Saloon, um ihr Obdach zu geben. Dort versucht man sie sogleich hinauszuwerfen, was wiederum allein der Mann zu verhindern weiß. Unter männlichem Schutz stehend glaubt sich auch das Vergewaltigungsopfer in Lo chiamavano King (o. dt. T., 1971). Im Haus des Sheriffs wähnt sich die Frau sicher, hat jedoch nicht mit dessen Deputy gerechnet. Dieser vergewaltigt sie erneut. Von seinem Vorgesetzten dafür zur Rede gestellt, meint er achselzuckend, das hätten vor ihm ja drei andere Männer auch schon getan. In Knie nieder und friss Staub wird die Frau von allen benutzt und hat nur eine Zukunft, weil der Held sie – entgegen üblicher Gepflogenheiten im Genre – zum Schluss mit sich nimmt. Ohne diesen männlichen Schutz sind Frauen meist zum Untergang verdammt. Dies zeigt sich in Deguejo (Für Dollars ins Jenseits, 1965): Hier wird eine ganze Gruppe von Frauen Opfer von Gewalt. Ihre Männer wurden sämtlich ermordet oder verschleppt, sie selbst müssen allein in einer Geisterstadt hausen. In einer ähnlichen Lage befinden sich die sieben Frauen in der überwiegend österreichisch geprägten Koproduktion Las siete magníficas (Frauen, die durch die Hölle gehen, 1966): Alle Männer ihres Siedlertrecks wurden durch Indianer getötet. In diesem atypischen Streifen wissen sich die Frauen jedoch selbst zu helfen und setzen ihren Weg allein fort. Trotzdem sind sie froh, als sie schließlich einen verletzten Soldaten finden, der ihnen von nun an sagt, wo es langzugehen hat. Selbst dort, wo die Frau eine größere, entscheidende Rolle spielt, kommt sie ohne Hilfe oft nicht aus: Maria (Michèle Mercier) in Friedhof ohne Kreuze muss mit ansehen, wie ihr Mann gehängt wird. Sie begräbt ihn und bittet ihren ehemaligen Geliebten Manuel um Hilfe. Sie will Rache nehmen, braucht dazu aber den Mann als Vollstrecker. Ebenso Shanda, die Tänzerin in dem Rape-and-Revenge-Streifen Testa o croce (Blutrache einer Geschändeten, 1968): Sie wird durch zwei Hilfsshe­riffs und einen Herumtreiber vergewaltigt. Ein Gesetzloser bewahrt sie vor dem Tod, pflegt sie gesund und macht sich daran, ihre Rache zu vollziehen. Nicht viel anders verhält es sich in der Personenkonstellation zwischen Pauline (Vonetta McGee) und Silence in Leichen pflastern seinen Weg. Auffällig ist, dass in allen drei Fällen

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die helfenden Männer ihr Engagement für die Frauen mit dem Leben bezahlen müssen. Frauen werden auch Opfer ihrer Liebe: Misanu, die Saloonbesitzerin in 10.000 blutige Dollar (Loredana Nusciak) liebt Django, wird aber in einer Postkutsche vom Banditen Manuel Vasquez erschossen. Liebe und Zuneigung zum jeweiligen Filmhelden sind ein ahnungsvolles Zeichen dafür, dass die Frau das Ende wohl kaum erleben wird. Die Opferrolle spiegelt aber nur eine Seite der Frau wieder. Darüber wird häufig vergessen, dass Frauen ebenso auch häufig zu Täterinnen werden. In diesem Rollenfach erscheinen sie im Italowestern auch weitaus emanzipierter als im amerikanischen Original. Hier können sie sich ungehemmter als in Hollywood als bad girl profilieren. Sie sind darin durchaus ernst zu nehmen und stehen dann auch den Männern in nichts nach: Anna Carrasco (Luciana Paluzzi), die Frau eines Generals in Seine Kugeln pfeifen das Todeslied lässt ihren Ehemann töten und zettelt ein Massaker an, um ihre eigene Tat zu vertuschen. Die Nymphomanin bedient sich jedes Mannes, dessen sie habhaft werden kann, um ihn danach wieder von sich zu weisen. Die Saloonbesitzerin Trixi (Erika Blanc) erweist sich in Django  – Die Gier nach Gold als die »Gierigste nach dem Gold« und schließlich als die wahre Übeltäterin. Kitty (María Martín), in I crudeli (Die Grausamen, 1967) die einzige Frau in der Gruppe um Colonel Morrison, ist derart hinter dem Geld aus der geraubten Kriegskasse her, dass sie mit niemandem teilen will und allein mit der Beute durchbrennt. Samantha Felton (Rosalba Neri), die Tante von Johnny Yuma ließ ihren Mann durch ihren Bruder töten, um ihn beerben zu können. Der Revolverheld Carradine ist trotzdem blind vor Liebe für sie, bis sie auf ihn schießt und in die Wüste flieht. Mit letzter Kraft kann der Betrogene ihre Wasserflaschen zerschießen, so dass sie ein böses Ende in der Hitze findet. Die gerissene Mexikanerin in Uno sceriffo tutto d’oro (Töte, Ringo, töte, 1966) spielt für Gold sämtliche Männer gegeneinander aus: den Ehemann, den Liebhaber und den Sheriff. Eine andere Mexikanerin, Paquita in Il lungo giorno del massacro (Das Gesetz der Erbarmungslosen, 1968), ist eine Gangsterbraut übelster Sorte und grausamer als die sie umgebenden Männer.



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Die Bankiersfrau Jessica Cluster (Evelyn Stewart) in Django – Nur der Colt war sein Freund ist schlimmer als ihr Ehemann, der die Stadt beherrscht. Um des eigenen Vorteils willen bedient sie sich jedes Mannes und weist sie dann alle ab. Auch in Django sfida Sartana steht hinter dem skrupellosen Bankier Singer eine mindest ebenso verdorbene Ehefrau. Mrs. Reed in Quien grita venganza? (An den Galgen, Bastardo, 1968) lässt ihren Ehemann aus dem Hinterhalt erschießen. Regina (Loni von Friedl), die vorgebliche Tochter eines Südstaatengenerals in Django – Ein Sarg voll Blut sitzt im Rollstuhl. Es stellt sich aber heraus: Sie ist gar nicht besagte Tochter, sondern die ehemalige Pflegerin der inzwischen längst toten Regina. Sie hatte es nur auf Gold abgesehen, das ihr nicht gehört; und laufen kann sie ausgezeichnet. Evelyn Holman in … Se incontri Sartana prega per la tua morte (Sartana – Bete um deinen Tod, 1968) betrügt ihren Mann mit dessen Geschäftspartner. Nachdem sie sich im Besitz seines Goldes wähnt, erschießt sie den Ehemann kaltblütig. Schließlich stellt sich zudem heraus, dass sie ebenfalls die Geliebte des Abenteurers Lasky ist, mit dem sie sich die Beute teilen will. Dieser denkt jedoch nicht daran, sondern tötet sie, nachdem sie keinen Nutzen mehr für ihn hat. Die Verbrecherbande in Una pistola per cento croci (Django – Eine Pistole für hundert Kreuze, 1971) wird von einer in schwarzem Domina-Look gekleideten, schweigsamen Frau angeführt, die mit einer Peitsche bewaffnet ist, die sie auch eifrig benutzt. Julia in I quattro pistoleri di Santa Trinità (o. dt. T., 1971) umgarnt aus reiner Geldgier den Protagonisten George, um später auf ihn zu schießen. »She’s a monster!« warnt ein sterbender Marshal vor ihr. Die von den Männern begehrte Alicia (Gina Lollobrigida) in … y seguian robandose el millon de dolares (Matalo, 1971) betrügt jeden ihrer Partner aus Habgier. Über sie heißt es: »Das Einzige, wovor sie Angst hat, ist arm zu sein.« Janet Barrett (Erica Blanc), die Bankiersfrau in Rache in El Paso, plant und organisiert einen großangelegten Raub einer Goldladung, die ihrem Mann gehört. Dann lässt sie den Gatten durch ihren Geliebten, den Sheriff beseitigen, um mit ihm ein neues Leben zu beginnen. Deborah, die Tochter des mächtigen McGowan in Mannaja – Das Beil des Todes übertrifft in ihrer Hinterlist noch den Vater. Sie treibt der

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Geldgier wegen ein falsches Spiel mit ihm und verbündet sich dabei mit dem skrupellosen Waller.

Die Beispiele zeigen: Böse Mädchen und Schwarze Witwen kennt der Italowestern zur Genüge. Wer darin einen Ausdruck von Gleichberechtigung sieht, dass Frauen die gleiche Unmoral wie Männern zugestanden wird, kann in diesem Genre durchaus emanzipatorische Züge erkennen. Zuweilen kommt es vor, dass zwei entgegengesetzte Frauentypen aufeinandertreffen. In Lauf um dein Leben sind es die eher abgeklärte blonde Penny von der Heilsarmee und die aufbrausende schwarzhaarige Dolores, die ständig hinter Cuchillo her ist. Wolfgang Luley hat hier die klassische Konstellation zwischen Grace Kelly und Katy Jurado in 12 Uhr mittags erkannt.87 Auch dafür gibt es noch mehrere Beispiele: In Il ritorno di Ringo (Ringo kommt zurück, 1965) sind es die Hure und Wahrsagerin Rosita sowie die madonnengleich dargestellte Ehefrau des Helden. Die Hure reitet zum Schluss auf einem Esel weg. Für sie gibt es im Ort nichts mehr zu tun. In Töte, Django besetzt die von ihrem eigenen Mann hinter vergitterten Fenstern gefangen gehaltene Elizabeth die klassische Opferrolle, bis hin zur Selbstverbrennung als Fanal. Dagegen steht die Saloonsängerin Flori, Geliebte des Wirts Templer, die alles Böse aktiv vorantreibt. In Schneller als 1.000 Colts ist die aufrechte Kaufmannstochter Sheila die Einzige, die sich gegen den Einfluss des alles beherrschenden Brady wehrt, während auch hier die Sängerin aus dem Saloon als dessen Geliebte in seine Verbrechen verstrickt ist. In An den Galgen, Hombre macht Paloma, die reiche Tochter eines Haziendabesitzers, gemeinsame Sache mit dem Erzfeind ihres Vaters. Ganz anders Sheila, die Geliebte des Helden Arizona: Sie opfert sich auf und denkt noch im Todeskampf an seine Rettung. In Töte, Amigo treffen die Gegensätze unmittelbar aufeinander, wenn Adelita, die Revolutionärin, darauf besteht, dass die vornehme Donna Rosaria von den Männern vergewaltigt werden soll – so wie sie selbst es einst durch deren Ehemann erleiden musste.



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Ein besonderer Fall dieser Art liegt im schon erwähnten Film Blut­ rache einer Geschändeten vor. Dort stehen sich in Plata City ganze Gruppen von Frauen antagonistisch gegenüber. Da sind einerseits die Saloongirls um Shanda: leichtlebige Mädchen mit lockerer Moral, da­rüber hinaus aber gutmütig. Auf der anderen Seite steht ein christlich-puritanischer Frauenkreis, angeführt von Miss Philipps, der Schwester des Ortspfarrers. Diese hetzt die Bevölkerung gegen die Tänzerinnen auf. Sie untermauert dies mit Bibelworten visionären Charakters, die Jesus an die Jünger richtete: »Ich habe den Satan vom Himmel fallen sehen wie einen Feuerball. Ich habe euch alle Macht gegeben, Schlangen und Skorpione zu zerstören« (vgl. Lukas 10,18f ). Die Autorität, die Jesus seinen Jüngern verleiht, bezieht Miss Phillips unmittelbar auf sich und ihre Mission, in deren Folge die verhaßten Mädchen von einem Lynchmob gejagt, geteert, gefedert und ausgepeitscht werden. Zum Schluss sind groteskerweise die Tänzerinnen im Saloon durch Männer ersetzt, die in einem lächerlichen gestreiften Dress auftreten. Nebenbei stellt sich die Bankiersfrau Sybil Burton, die zu diesem Frauenhilfskreis zählt, nicht nur als Mörderin heraus, sondern auch als masochistisch veranlagt. Sie kommt schließlich in einem Feuer um, das zweifellos läuternden Charakter haben soll. Denn, so lautet hier die Botschaft: Eine solche Läuterung haben hier nicht die verfemten Tänzerinnen nötig, sondern die pharisäerhaften Frommen, die hier weit mehr als nur einen ersten Stein werfen. Huren und Handelswaren Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn eine Frau im Italowestern als anständiger Mensch nicht überleben kann, aber auch nicht zur Verbrecherin werden will? Es gibt dann für sie nur eine Alternative: In jener Welt, in der keine moralischen Werte mehr existieren und es nur noch um Geld geht, muss sie sich selbst und ihren Körper verkaufen. Männer tun dies, indem sie sich und ihren Colt als Söldner oder Killer auf dem Markt feilbieten. Frauen müssen einen Weg wählen, der weitaus entwürdigender ist. Wie sehr dies zu einer Reduzierung ihrer Persönlichkeit in der öffentlichen Wahrnehmung führen kann, zeigt das Beispiel der Pros­ tituierten Yvette in Un animale chiamato  … uomo!: Sie ist eigentlich Ärztin (!), wird aber als solche von niemandem ernst genommen.

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Weil es einen Drang zur Selbsterhaltung gibt, ist der Western italienischer Prägung von Huren, Animierdamen und leichtlebigen Tänzerinnen bevölkert. Das älteste Gewerbe der Welt bietet ein Auskommen und in der Stadt eine weit größere Überlebenschance, als sie die einzelne ehrbare Ehefrau auf einer einsam gelegenen Farm hat. Zudem wird ihr Beruf im Kontext der geschilderten gesellschaftlichen Verhältnisse weit weniger anrüchig betrachtet als in jedem amerikanischen Pendant. Das zeigt sich in I lunghi giorni dell’odio (Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod, 1967), wo zwei seriöse Brüder wie selbstverständlich zwei Prostituierte lieben. Oft sogar zeigen sich in diesem Jammertal Huren als die besseren Menschen. In Leichen pflastern seinen Weg sind sie die einzigen, die gegen die Willkürherrschaft in Snow Hill ihre Stimme erheben. Ihre Wortführerin wird dafür sogar erschossen. Auch in anderen Corbucci-Filmen sind Prostituierte Frauen mit großen Herzen: so die leichten Mädchen in Django (auch wenn sie sich manchmal gegenseitig in den Haaren liegen), oder die von Karin Schubert gespielte Zaira in Zwei Companeros. Ein Mönch kann sogar angesichts des allseits bedauerten Todes einer Prostituierten in Sando Kid spricht das letzte Halleluja augenzwinkernd die Fürbitte formulieren: »Herr, nimm Mabel auf! Sie hat allen Herren dieser Gemeinde treu gedient.« Dienen können leichte Mädchen mitunter auch der Revolution. So kommen sie in Ein Halleluja für Spirito Santo in einem Treck in das Fort des Generals Ubarte. Während man dort der Meinung ist, die Damen seien zur Unterhaltung der Truppe erschienen, bildet ihr Wagen das Versteck für Rebellen, die sich des Forts bemächtigen wollen. In der englischen Fassung wird hier treffend von »trojan whores« gesprochen. In Vivo per la tua morte (Ich bin ein entflohener Kettensträfling, 1968) hilft eine Hure namens »Encarnacion« (!) dem gesuchten Mike Sturges und versteckt ihn vor den Soldaten. Die von Rosalba Neri gespielte Frau hat ein Kruzifix über ihrem Liebeslager zu hängen und gleicht der alttestamentlichen Rahab (Josua 2,1–21), die wegen einer ähnlichen Tat selbst im Neuen Testament wertgeschätzt wird (Hebräer 11,31). Vielfach heißen Frauen im Italowestern Maria; auch die von Rada Rassimov gespielte Prostituierte in Zwei glorreiche Halunken. Sie ist ein typisches Beispiel für viele Mädchen gleichen Namens in ihrem



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Gewerbe. Dies mag zum einen den regionalen Gegebenheiten und der Häufigkeit des Namens im spanischen Sprachraum geschuldet sein, verweist zum anderen aber auch auf die kirchliche Tradition: Die neutestamentliche Maria Magdalena ist im Laufe der Kirchengeschichte zu einer Art »Stammmutter« der Prostituierten geworden, obwohl der biblische Befund dies so nicht belegt. Offenbar wurde dabei die in Lukas 7,36–50 beschriebene, namentlich unbekannt bleibende »Sünderin« (hamartolos) mit der unmittelbar im Anschluss in Lukas 8,2 genannten »Maria, genannt Magdalena« (Maria hae kaloumenae Magdalenae) gleichgesetzt. Das erscheint nicht unbedingt logisch und erst recht nicht zwingend, doch hat sich diese Sichtweise in der Folgezeit durchgesetzt, vor allem in der katholischen Tradition, die im Italowestern die maßgebliche ist. Maria Magdalenas Bedeutung als Jüngerin hingegen ist nicht zu unterschätzen. Die Evangelien zeugen von ihrer Anwesenheit an den bedeutsamsten Stellen wie der Kreuzigung (Matthäus 27,55f; Markus 15,40.47) und dem Geschehen um das Grab am Ostermorgen (Matthäus 28,1–10; Markus 161f; Johannes 20,1) mit dem explizit geschilderten Auftrag, der an sie ergeht, die Botschaft der Auferstehung den männlichen Jüngern auszurichten (Matthäus 28,10; Markus 16,9f; Lukas 24,10; vor allem Johannes 20,11.18). Der Kirchenvater Hippolyt nannte sie daher später gar »Apostel der Apostel«. Neben den Prostituierten, die sich selbst verkaufen oder verkaufen müssen, gibt es auch solche Frauen, die von anderen verkauft werden. Sie sinken herab zur Handelsware. Auch dies ist nicht per se frauenfeindlich dargestellt, sondern gerät vielmehr zur Anklage und wirft ein entlarvendes Licht auf die moralische Verkommenheit von Männern, die innerhalb patriarchalischer Strukturen in einen derartigen Handel involviert sind. Blindman, der Vollstrecker ist solch ein Film mit vielen Frauen, die wie Vieh behandelt und später in der Wüste vergewaltigt und massakriert werden. Der Titelheld ist daran am wenigsten schuld. Er hat lediglich die Aufgabe, seine »50 Weiber« zu Minenarbeitern in eine entlegene Gegend zu führen, wo sie verheiratet werden sollen. Eine derartige Praxis unter der Voraussetzung beiderseitigen Einverständnisses war zu jener Zeit durchaus üblich. Nachdem die Frauen jedoch von der Bande um Domingo in ihre Gewalt gebracht worden ist, geht es nur noch

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darum, sie an den Meistbietenden zu verschachern. In dem vom selben Team (Ferdinando Baldi und Tony Anthony) zehn Jahre später gedrehten Comin’ at ya! (Alles fliegt dir um die Ohren, 1981) geht es erneut um solche Banditen, die mit geraubten Frauen Handel treiben. In Django, der Rächer werden Frauen von Gehöften geraubt und zu Sklavinnen gemacht. In Un buco in fronte (Ein Loch in der Stirn, 1967) werden bei einem Waffenhandel drei geraubte Frauen einfach wie Ware mit dem Kaufpreis verrechnet. Der Waffenschieber Walcom in Drei Kugeln für Ringo hat keine Probleme damit, selbst die eigene Tochter den rohen mexikanischen Geschäftspartnern als Pfand bzw. Geisel zu überlassen, wenn er gerade Lieferschwierigkeiten hat. Trauriger Höhepunkt ist wohl die Pokerpartie in Django – Unbarmherzig wie die Sonne, bei der ein Mann kurzerhand die eigene Frau als Einsatz für einen Gegenwert von zehn Dollar setzt. Es zeigt sich, dass Frauen nicht selten zum Besitz gerechnet werden. Selbst der berühmte Django Corbuccis macht da keine Ausnahme: Er hat nichts Besseres zu tun, als die zunächst von ihm beschützte Frau dem mexikanischen Banditen Hugo zurückzubringen, der sie als sein Eigentum betrachtet. Diesem Anspruch widersetzt sich auch Django nicht. Bitte keinen Sex! Die Rolle der Frau im Italowestern kann nicht vollständig beschrieben werden, ohne einen Blick auf ihre Sexualität zu werfen. Diese wiederum ist größtenteils bestimmt durch die des Mannes. Es ist geradezu auffällig, wie asexuell es in diesem Genre zugeht. Der Italowestern steht hier völlig quer zum Zeitgeist der späten 60er Jahre, in denen die »freie Liebe« propagiert wurde und eine bis heute anhaltende Sexualisierung der Gesellschaft ihren Anfang nahm. Während anderswo bereits Liebesgrüsse aus der Lederhose auf der Kinoleinwand flimmerten, behielten Django, Ringo, Sabata und Sartana ihre Beinkleider selbst im Bett an. Der Italowestern mutet damit fast konservativ an und unterschied sich darin beispielsweise vom giallo, in dem nackte Haut zum Standard gehört, nicht selten eine sexuell aufgeheizte Stimmung herrscht und oft auch der Täter unter dem Einfluss sexueller Triebe agiert. Leone hat hier schon recht: Der Held im Westen italienischer Vorstellung ist



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mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Er sieht sich entweder angeblich höheren Dingen verpflichtet (seiner Rache) oder wird statt von der Libido von anderen Trieben gesteuert (seiner Geldgier). Hinzu kommt seine bereits beschriebene Beziehungsunfähigkeit. Oftmals ist er daran nicht einmal selbst schuld. Häufig hat er die einst geliebte Frau durch Gewalt verloren. Sie lebt danach lediglich in der Erinnerung des traumatisierten Helden weiter, dessen Wunschvorstellung von einer bürgerlichen Existenz mit Frau und Kindern sich als tragische Illusion herausgestellt hat. Dem Mann bleibt dann tatsächlich nur noch seine Rache. Andere Frauen, denen er später begegnet, können keinen Platz mehr in diesem Leben einnehmen. Typisch ist die Schlussszene von Der Fremde von Paso Bravo: Der von Anthony Steffen gespielte Held reitet statt mit einer Frau lieber mit seinem buddy José Calvo fort. Der Grund: Seine Frau ist seit vier Jahren tot – und damit auch er selbst. Sowohl seine Schwägerin als auch das Saloongirl haben sich daher vergeblich Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft gemacht. Auch der explosive Titelheld in Vier Halleluja für Dynamit-Joe, um den sich ebenfalls zwei Frauen bemühen, sucht zuletzt lieber zusammen mit seinem ältlichen Kumpan das Weite. Aufschlussreich ist sein Schlusssatz: »Ich fürchte mich vor Himmel und Hölle nicht, aber zwei Weiber zugleich, davor habe ich Angst.« Noch unerwarteter erfolgt der Abgang des Billy Walsh in 100.000 verdammte Dollar: Nach längerem Aufenthalt auf dem Anwesen der jungen Susan, die sich nicht unberechtigt Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft machte (sie wurde zwischendurch auch einmal von Billy geküsst), schwingt er sich auf sein Pferd und reitet fort, da sein Auftrag, einen Verbrecher ausfindig zu machen, erledigt ist. Susan bleibt zurück und muss einen bisher unbeachteten Mitbewerber heiraten. Billy verzichtet sowohl auf die attraktive Frau als auch auf die ihr gehörende ergiebige Goldmine. Ein solches Verhalten hätte sich in Hollywood kein echter Westernheld leisten können. Aufschlussreich ist auch die wortlose Schlussszene in Requiem für Django: In der Totalen sieht man am Horizont den Helden nach vollzogenem Gericht davonreiten. Die Mexikanerin, die ihn offensichtlich liebt, läuft ihm nach. Eines ist sicher: Der Mann wird nicht halten, geschweige denn umkehren.

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Dementsprechend bemerkt Anatol Weber treffend: »Die Rolle der Frau im Italowestern lässt sich leicht definieren: Entweder sie stirbt für ihn oder lebt ohne ihn.«88 Der Mann, den sie begehrt, ist meist heimatlos, zieht umher und wird morgen wieder im Nirgendwo verschwunden sein. So verlässt »Banjo« in Sabata das Mädchen Jane, mit der er zuvor angebändelt hatte, mit der lapidaren Bemerkung: »Ich habe es dir ja gesagt: Ich war nur auf der Durchreise.« Wird sexuelles Handeln überhaupt visualisiert, so ist es das der Übeltäter und geschieht kaum je ohne Gewaltanwendung. Harald Steinwender muss folgerichtig feststellen, sexualisierte Gewalt »erscheint als einzige Art und Weise, wie Männer auf Frauen reagieren können«89. Hier zeigt sich ein Unterschied zwischen dem sexuell eher wenig interessierten Helden und dem Charakter des Verbrechers und Bösewichts, der weitaus ungehemmter und triebgesteuerter lebt, und der es gewohnt ist, sich Macht, Geld und Frauen zu nehmen – mit besonderer Genugtuung auch gewaltsam. Liebe und Erotik fehlen völlig; es zählt lediglich die augenblickliche Triebbefriedigung. In der differenzierten Darstellung Professor Fletchers in Von Angesicht zu Angesicht zeigt sich, wie die allmähliche charakterliche Wandlung einhergeht mit einer veränderten Beziehung zur Sexualität: Zeigte sich bei ihm im Verhältnis zur Lehrerin Elizabeth anfangs noch eine verklemmte Haltung, die keine Liebesbeziehung zuließ, so nimmt er sich nach vollzogener Konversion zum Verbrecher und Machtmenschen später sogar die Frau eines anderen mit Gewalt. Lediglich Sergio Leone erlaubt sich, auch diese Konvention zu brechen, indem er in Todesmelodie nicht etwa einen rundweg negativen Charakter, sondern seine Hauptfigur Juan gleich zu Beginn sexuell übergriffig werden lässt. Allerdings erscheint die betroffene Frau nicht ausschließlich als Opfer. Die zur Bourgeoisie gehörende Dame hatte sich zuvor durch Kommentare über angebliche inzestuöse Ausschweifungen der Bauern unsympathisch gemacht, die offenbar ihrer eigenen, unbefriedigten sexuellen Phantasie entsprangen. Insofern bleibt in der Frage, wie sie selbst den Übergriff Juans erlebt, wie so oft bei Leone ein Deutungsspielraum – zumal die Kamera ausblendet, bevor sich der Zuschauer darüber und über die Schwere der Tat endgültige Gewissheit verschaffen kann. Eine besondere Rolle nimmt auch Corbuccis Die rote Sonne der Rache ein: Die an das Verhältnis zwischen »Bonnie und Clyde« ange-



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lehnte Geschichte behandelt eine fast sadomasochistische Beziehung zwischen dem Banditen Jed Trigado und seinem Mädchen Sonny. Jed behandelt Frauen schlecht, Sonny im Besonderen. Er sieht bei ihr lediglich deshalb von einer Vergewaltigung ab, weil sie noch Jungfrau ist. Hier tobt ein Geschlechterkampf, den die Frau niemals gewinnen kann. Im Allgemeinen gilt jedoch für den Protagonisten: Er erscheint als Asket auf sexuellem Gebiet.90 Er meidet eher die Frauen. Sein oft verdrecktes Äußeres macht deutlich, dass er auf Abwehr körperlicher Kontakte eingestellt ist. »Damen interessieren mich nur auf Spielkarten«, vermerkt selbst Frauenschwarm Terence Hill mit grimmigem Blick, als er während einer Pokerrunde eine üppige Schönheit roh von sich stößt (Gott vergibt  … wir beide nie). Es ist bezeichnend, dass Hill, der höchstens in seinen besonders komödiantischen Rollen mit jungen Damen anbändelt, selbst während eines Schäferstündchens noch mit dem Colt herumspielt (Vier Fäuste für ein Halleluja). Nicht wenige Frauen holen sich daher bei dem Mann ihrer Träume einen Korb: So ergeht es der Saloonbesitzerin in Spiel dein Spiel und töte, Joe, die Joe Clifford ein eindeutiges Angebot macht. Berühmt für ihre Erfolglosigkeit trotz üppig zur Schau gestellter Reize wurde die Schauspielerin Mara Krup. Als Hotelbesitzerin in Für ein paar Dollar mehr würde sie zu gern Joe auf sein Zimmer folgen. Dass es dazu nicht kommt, liegt am Regisseur. Erwiesenermaßen existierten Aufnahmen, die beide zusammen im Bett zeigen. Sie wurden von Leone entfernt, der damit nur seinen eigenen Prinzipien folgte.91 Mara Krup wiederholte die Rolle der triebgesteuerten Hotelbesitzerin später in Sartana kommt  – und bleibt dort bei John Garko ebenso erfolglos: Sartana kommt eben nicht. Auch die Revolution lässt keinen Raum für amouröse Abenteuer. In Mercenario  – Der Gefürchtete haben die zwei männlichen Hauptdarsteller angesichts einer nackten Hinterfront einer Frau nichts Besseres im Sinn, als an ihrem Körperbau die politischen Probleme des Klassenkampfs zu demonstrieren. In diesem Film möchte sich Columba (Giovanna Ralli), ein ausgesprochen attraktives Bauernmädchen, der Gruppe um Paco Roman anschließen. Während anderswo Männer sofort eine Chance wittern würden, weist Paco sie nur an, sie solle sich »nützlich machen« – und meint damit alles andere, nur nichts Sexuelles.

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Selbst der sonst großmäulige »Pole« kneift, als er mit Columba schlafen soll. Nachdem sie schließlich Paco geheiratet hat, umgibt die Szene der Hochzeitsnacht eine geradezu kindliche Scheu beider Frischvermählten voreinander. Ähnlich verhält es sich in Django – Wo steht dein Sarg?: Die Darstellung intimer Zweisamkeit zwischen Glenn und Liz besteht darin, dass beide minutenlang beim Essen gezeigt werden. Close-ups ihrer Münder ersetzen hier die Darstellung eines sexuellen Aktes. Es wundert dann auch nicht, dass tendenziell nymphomanisch veranlagte Frauen diesen Männern mitunter mehr Angst machen können als eine Übermacht von Banditen. Die aufdringliche Person, die in Carambola filotto  … tutti in buca (Vier Fäuste und ein heisser Ofen, 1975) selbst hinter dem dicken, wenig attraktiven Butch her ist, lässt diesen Reißaus nehmen. Der sonst so souveräne Jonathan Corbett in Der Gehetzte der Sierra Madre fühlt sich sichtlich unwohl auf einer Ranch, die von einer nymphomanisch veranlagten Frau beherrscht wird, die jeden Mann in ihr Bett lockt. In ähnliche Gefahr gerät Lee Calloway, der Protagonist in Sartana nella valle degli avvoltoi (Der Gefürchtete, 1970): In der Wüste trifft er auf die Kutsche einer Rancherin, die ihn rettet und bei sich aufnimmt. Als Dank erwartet sie Sex von ihm, will ihn anschließend jedoch mit Hilfe ihrer Landarbeiter festsetzen, um das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld zu kassieren. Bei den beiden letztgenannten Beispielen handelt es sich um einen Typus sexuell selbstbestimmter, emanzipierter Frauen, der im klassischen Western selten ist. Daher sind selbst harte Kerle von freizügigen Frauen, auch von Prostituierten, eher verwirrt und verunsichert, als dass sie deren Offerten folgen würden. So bekennt der Held in Mannaja – Das Beil des Todes, dass er keine käuflichen Frauen mag, äußert sich aber gleichwohl gegenüber einem Fräulein vom Ballett: »Auch ich bin nicht gern allein.« War Django homosexuell? Es ist heute modern geworden, aus der Zurückhaltung bis Gleichgültigkeit der Protagonisten gegenüber Frauen zu mutmaßen, sie seien womöglich dem eigenen Geschlecht mehr zugetan.92 Deshalb muss an dieser Stelle auch auf dieses Thema eingegangen werden. Seitens einer



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in den letzten Jahrzehnten immer stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückte Homosexuellen-Bewegung werden nicht selten Versuche unternommen, in der Geschichte, der Kunst und der Literatur Hinweise auf versteckte Gleichgeschlechtlichkeit zu entdecken bzw. in sie hineinzuinterpretieren. Selbst die Bibel ist von dieser Suche betroffen, wenn z. B. das Verhältnis zwischen David und Jonathan, zwischen Ruth und ihrer Schwiegermutter Naomi, ja selbst das zwischen Jesus und seinem Jünger Johannes unter einem interessegeleiteten Blickwinkel betrachtet wird. Was liegt da näher, als auch dem Satteltramp im Western, der die Frau, die ihn liebt, zurücklässt, um lieber mit dem buddy fortzureiten, ein homoerotisches Verhältnis anzudichten? Unter diesem Verdacht standen bereits Chuncho und Nino in Töte, Amigo oder der auffällig frisierte Ricciolo in Mercenario – Der Gefürchtete, ohne dass das Verhalten einer dieser Männer irgendeinen stichhaltigen Hinweis darauf gegeben hätte. In einer immer stärker sexualisierten Gesellschaft scheinen tiefe Freundschaften zwischen Menschen gleichen Geschlechts heute offenbar kaum mehr ohne erotischen Aspekt denkbar zu sein. Nach dieser Lesart müsste der Italowestern mit seiner Vielzahl unterschiedlichster Männerbeziehungen, seinen buddies und sidekicks von Homosexuellen bevölkert sein. Das Gegenteil aber ist der Fall: Beziehungen zwischen Männern werden hier eher defizitär und als fragile, meist emotionslose Not- oder Zweckgemeinschaften dargestellt, die niemals eine aus unterschiedlichsten Gründen verwehrte Zweisamkeit zwischen einem Mann und einer Frau ersetzen können. Zudem ist offen erkennbare Homosexualität im Italowestern meist negativ konnotiert. Gerade dieser Umstand ruft heute erneut die Kritiker auf den Plan. Wie in vielen gesellschaftlichen Bezügen ist auch im Zusammenhang mit dem Italowestern schnell von »Homophobie« die Rede.93 Das Modewort ist längst zu einem Kampfbegriff gegenüber Andersdenkenden geworden; zur ernsthaften Diskussion taugt es nicht. Da eine »Phobie« im medizinisch-psychologischen Kontext eine krankhafte Angststörung bezeichnet, werden mit der Verwendung dieses Begriffes all jene pathologisiert, die nicht anzuerkennen bereit sind, dass eine Verbindung Gleichgeschlechtlicher qualitativ dasselbe sein soll wie die zwischen Mann und Frau. Dass mit der heute vielfach kritisierten Auffassung des

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Primats der Heterosexualität noch keineswegs etwas über den Wert eines homosexuell empfindenden Menschen ausgesagt ist, wird dabei nur selten wahrgenommen. Manchmal haben es in der Vergangenheit allerdings auch Christen (als solche, die vorrangig eine solche Überzeugung vertreten) versäumt, in ihren Worten und Taten diese Unterscheidung deutlich werden zu lassen. Die Schöpfer der Italowestern waren von solchen ideologischen Kämpfen noch völlig unberührt. Sie stammen aus einer Zeit, in der italienische Genrebeiträge grundsätzlich eine unbekümmerte politische Unkorrektheit ausstrahlten.94 In jenen Jahren wurden in Cinecittà reihenweise Filme gedreht, wie sie heute kaum mehr möglich wären. Vielleicht erklärt sich zum Teil auch daraus das Faszinosum, das sie bis heute ausüben. So ist es zeitgeschichtlich nur verständlich, dass Homosexualität im Italowestern nicht als eine normale Verhaltensweise behandelt wird. Im Gegensatz zum Hollywood-Klassiker, in dem aufgrund der früheren Entstehungszeit, vor allem aber eines weitaus strengeren Moralkodexes über sexuelle Aspekte meist gänzlich geschwiegen wurde, finden im italienischen Ableger, dem bekanntlich nichts Menschliches fremd ist, auch Homosexuelle Erwähnung. Vor allem in einigen Komödien werden sie mit bewusst übertriebenem Gestus dargestellt, z. B. in C’era una volta questo pazzo pazzo west (o. dt. T., 1972). Manchmal tauchen sie als komische Nebenfiguren auf, wie die beiden Hilfssheriffs in Cipolla Colt (Zwiebel-Jack räumt auf, 1975). In Whisky e fantasmi (Whisky and Ghosts, 1974) fährt ein älterer homosexueller Reisender mit einem Zug. Ein Transvestit reist in Dein Wille geschehe, Amigo in einer Postkutsche. Ihm gefällt es, wenn ihm jemand den Colt an sein Hinterteil hält. An einem Überfall auf einen Goldtransport in Bratpfanne Kaliber 38 wirkt ein schwuler Indianer mit, der sich über die Unbilden einer solchen Aktion beschwert, aber mit offensichtlichem Behagen Schläge empfängt. Einzig in Nonnen, Gold und Gin stehen mit dem Pärchen Bob und Dave zwei Homosexuelle auch im Zentrum der Handlung. Die beiden Abenteurer, die in der deutschen Fassung häufig als »Hinterlader« bezeichnet werden, finden zunächst auf der Flucht vor Banditen in einem Nonnenkloster Zuflucht, zuletzt jedoch ihre Erfüllung als Mitglieder in einer Damentanzgruppe.



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Neben diesen Beispielen, in denen Homosexuelle eher dazu dienen, sie der Lächerlichkeit preiszugeben, gibt es wenige andere, in denen Homosexualität ernsthafter angedeutet wird. Doch gerade diese Beispiele bleiben letztlich im Bereich der Spekulation. Auf auffälligsten wirkt das undurchsichtige Verhältnis der von Klaus Kinski und George Hilton verkörperten Männer in Das Gold von Sam Cooper. Kinski hat dabei offensichtlich den maskulinen Part inne, während Hilton einen hörigen, unselbständigen Eindruck vermittelt. Eine merkwürdige Beziehung verbindet auch Sheriff Cooper und den Mexikaner Rodrigo Campos in Glut der Sonne miteinander. Einst standen sie gegeneinander und duellierten sich. Dabei trafen sich die beiden Kugeln und verschmolzen symbolträchtig ineinander. In Pokerface auf krummen Touren gibt sich Craig Hill als gottgleicher Herrscher über eine Stadt, wirkt aber vom ganzen Auftreten her ebenfalls homosexuell. In Sando Kid spricht das letzte Halleluja tritt ein ebensolcher Wirt und Hotelier namens »Kent« auf. Erwähnt werden müssen schließlich auch die berühmt-berüchtigten Männer im Gefolge des Ranchers El Zorro in Töte, Django. In diesem ohnehin symbolbeladenen Werk Giulio Questis entziehen sich auch diese in schwarzes Leder gekleideten Desperados einer letztgültigen Interpretation. Zu konstatieren bleibt lediglich eine gesteigerte bedrohliche Wirkung, die hier von der Verbindung zwischen gewalttätigem Handeln und homosexuellem Habitus ausgeht. Abschließend bleibt festzustellen: Was heute in der Öffentlichkeit oft in den Mittelpunkt gerückt und in den Rang einer Bekenntnisfrage erhoben wird, erscheint im Italowestern noch als das, was es eigentlich ist: ein Randthema, das eine Minderheit betrifft. Als solches kommt männliche Homosexualität höchst selten vor und wird unaufgeregt abgehandelt. Lesbische Beziehungen werden hingegen gar nicht erwähnt. Damit können wir uns nun wieder den Frauen zuwenden, denen dieses Kapitel eigentlich gilt. Die Heilige Jill von Sweetwater Nach vielen weiblichen Opfern und Randfiguren sollte es ausgerechnet der als »Frauenfeind« apostrophierte Sergio Leone sein, der 1968 in Spiel mir das Lied vom Tod eine überlebensgroße und damit die wohl bedeutendste Frauenfigur des Genres in den Mittelpunkt stellte. Über ihre

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Bedeutsamkeit lässt er dabei von Beginn an keinen Zweifel aufkommen, wenn er den Namen Claudia Cardinales im Vorspann noch vor den der amerikanischen Stars Henry Fonda, Jason Robards und Charles Bronson setzt. Leone folgt darin nur konsequent seiner bereits oben erwähnten Selbstaussage, nach der eine Figur eine klare dramaturgische Funktion haben muss. In diesem Film ist eine solche gegeben: Leone will einen elegischen Abgesang auf den »alten Westen«, wie er ihn verstand, kreieren. Verantwortlich für das Aussterben des Pioniergeistes vergangener Tage sind für ihn die zunehmende Industrialisierung durch einen vorwärtsdrängenden Kapitalismus (versinnbildlicht im Eisenbahnbau Mortons), aber offensichtlich auch das weibliche Moment: »Es ging um den Untergang der letzten Ära in der amerikanischen Geschichte, in der Männer noch richtige Kerle waren, und darum, wie der Westen dem Matriarchat weichen musste. Amerika ist das Land, in dem die Frauen die Hosen anhaben.«95 Angesichts einer solchen Aussage mag man John Bleasdale verstehen, der davor warnt, das Verdikt des »Frauenfeindes« gegen Leone aufgrund der Zentralstellung der von Cardinale verkörperten Jill McBain vorschnell aufzuheben. Dies sei nun wahrlich keine »feministische Rolle«.96 Jill sei eine Frau, die ständig auf der Suche nach Schutz bei den Männern sei und selbst in der Schlusseinstellung lediglich die Männer bediene. Niemand macht jedoch Leone gleich zum Exponenten der feministischen Bewegung, wenn er feststellt, dass mit der Figur der Jill tatsächlich eine starke Frau in die Männerdomäne des Italowestern eingebracht wurde. Sie ist ganz offensichtlich vom Leben nicht verwöhnt worden und musste auch ihren Körper verkaufen. Das hat sie jedoch nicht gebrochen. Wenn sie schließlich den Wunsch hatte, ihr Leben zu ändern, d. h. theologisch gesprochen »umzukehren«, indem sie Ehefrau eines ehrbaren Farmers und Stiefmutter seiner Kinder zu werden suchte, ist ihr dies kaum zu verdenken. In gegenwärtigen Zeiten, in denen das Bild einer viele Jahrhunderte lang normativen, aber ebenso bewährten und eine menschliche Gesellschaft stabilisierenden Ehe zwischen einem Mann und einer Frau zunehmend belächelt oder offen bekämpft und ihr per Gesetz ihre Exklusivität genommen wird, erscheint diese Sehnsucht manchem als



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rückschrittlich. Die Alternative wäre für Jill jedoch, als Prostituierte alt und einsam zu sterben; verbraucht, aber niemals wirklich gebraucht. Jill wird dieses angestrebte bürgerliche Leben jedoch verwehrt. Es wird brutal zerstört, bevor es begonnen hatte. Doch sie gibt nicht auf und behauptet sich zwischen den Männern. Sie muss sich nicht durch sie definieren, sondern es ist geradezu umgekehrt: Die Männer werden durch ihre Beziehung zu Jill definiert: »There were three men in her life: One to take her, one to love her, and one to kill her« – so heißt demzufolge der amerikanische Werbeslogan zum Film. Nachdem alle anderen Personen tot oder im Nirgendwo verschwunden sind, wird Jill noch die bleibende Konstante im neu entstehenden Ort Sweetwater sein und zu einer »Mutter Amerikas«97 avancieren, die »mit den Arbeitern wie mit einem Heer von Söhnen umgeben ist«98 (I Abb. 13). Bei Jill McBain hat sich damit der Übergang von der Hure zur Heiligen vollendet. Hier vereinigen sich die beiden Pole der Darstellung von Frauen im Italowestern, in der sich das »dichotome Frauenbild des Patriarchats von Heiliger und Hure«99 widerspiegelt. Deshalb beziehen sich längst nicht alle der bereits erwähnten zahlreichen Frauen namens »Maria« auf die Jüngerin Jesu aus Magdala, sondern hin und wieder auch auf die Gottesmutter. Das prägnanteste Beispiel stammt auch hier wieder von Leone: Es ist Marisol in Für eine Handvoll Dollar, der durch Marianne Koch ein wahrhaft madonnengleiches Antlitz verliehen wird. In ihrer Trauer um das eigene schwere Schicksal, aber auch in der Sorge um Kind und Ehemann wird sie gleichsam zur »Schmerzensmutter« (mater dolorosa) und gleicht in ihrer ikonographischen Darstellung einer pietà. Starke Frauen Spätestens seit Jill McBain, möglicherweise aber auch bedingt durch eine Stärkung der Frauenbewegung im Zuge der 68er-Bewegung, verzeichnete der Italowestern auch starke Frauen als Protagonistinnen.100 Frauen treten nun auch im männlich dominierten Western aus der Passivität heraus und lassen sich beispielsweise an einer »Academy for the spiritual defense of Women’s rights« an der Waffe ausbilden – so in Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der einzige von einer Frau inszenierte Film des Genres. 1967 drehte die später arrivierte

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Lina Wertmüller unter dem Pseudonym »Nathan Wich« den Film Mein Körper für ein Pokerspiel, bei dem sie gleichzeitig für das Drehbuch verantwortlich zeichnete. Im Mittelpunkt steht »Belle Starr« (eigentlich Mirabelle Shelley), eine von Elsa Martinelli gespielte Pokerspielerin, die wegen Mordes gesucht wird. Ihr missratener Vater, der ihre Mutter tötete und sie selbst an einen alten Mann zwangsverheiraten wollte, stellte auch seiner indianischen Dienerin nach. Als diese ihn abweist, will er sie hängen lassen. Bei einer Befreiungsaktion für die Indianerin erschießt Belle den Sheriff und ist seither auf der Flucht. Es ist offensichtlich, dass Belle ständig unter dem Zwang steht, sich in einer Männerwelt behaupten zu müssen. Sie tritt in schwarzer Männerkleidung auf, die langen Haare unter einem Hut verborgen. Sie raucht Zigarren, schießt und kann auch zuschlagen. Tritt die Frau als Heldin in Erscheinung, bleibt meist wenig Platz für feminine Züge. So verhält es sich auch im wohl einzigen Italowestern-Musical Blaue Bohnen für ein Halleluja, einem Star-Vehikel für die damals populäre Sängerin Rita Pavone. Sie spielt »Big Little Rita«, die »berühmteste Revolverheldin des Wilden Westen«. Dementsprechend macht sie zunächst Jesse James samt seiner Bande unschädlich; ebenso wird von ihr das Sakrileg begangen, die männlichen Italo-Heroen Django und Ringo zu töten. Allerdings hat sie von ihrer Statur her kaum etwas Weibliches an sich und wird häufig als »Bürschchen« angesprochen. Nichtsdestotrotz ist sie ein Unikum: Sie erschießt Männer am laufenden Band, trällert dabei unbekümmert ihre Liedchen und kriegt zum Schluss sogar noch Terence Hill. Im selben Jahr (1967) wurde ein weiterer Western mit einigen Musikeinlagen produziert, der nicht nur eine starke Frau als Titelheldin aufzuweisen hat, sondern dazu noch eine farbige: Lola Colt – Sie spuckt dem Teufel ins Gesicht. Lola Falana verkörpert die schwarze Sängerin und Tänzerin, die mutig den Kampf gegen den gefährlichen »El Diablo« aufnimmt. Sie schafft es, durch ihr eigenes Beispiel und viel Geduld schließlich auch die Einwohner der Stadt zum aktiven Widerstand zu bewegen. Gleich zwei Frauen spielen die Hauptrollen in Una donna per Ringo (6 Kugeln für Gringo, 1966): Die Zwillinge Jenny und Sally sind versierte Kunstschützinnen, aber aus Geldnot auch als Tänzerinnen



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tätig. Die eine ist (vor allem Männern gegenüber) störrisch und eigensinnig, die andere zahm. Wie der Originaltitel bereits andeutet, steht hier jedoch nicht die Selbstbehauptung der Frau im Vordergrund, sondern lediglich die Frage, wie beide am besten unter die Haube gebracht werden können. Ganz anders, nämlich als eine die Männer dominierende femme fatale erscheint Tina Aumont in der »Carmen«-Adaption L’uomo, l’orgoglio, la vendetta (Mit Django kam der Tod, 1967). Sie treibt den Offizier José fast in den Wahnsinn. In einer Art verzweifelter Hassliebe kommt er nicht von ihr los, gibt sich selbst auf, tötet sie und wird schließlich selbst erschossen. Den Colt im Strumpfband trägt Lulu (Nicoletta Macchiavelli) in Giarrettiera Colt (o. dt. T., 1967). Als eine für die mexikanische Revolution tätige Agentin kann sie auch damit umgehen und zeigt sich ebenso am Pokertisch begabt. Auch Sergio Corbuccis Revolutionswestern warten mit einprägsamen Frauengestalten auf: In Mercenario – Der Gefürchtete ist es die bereits erwähnte Columba (Giovanna Ralli), zwei Jahre später in Zwei Companeros Lola (die junge Iris Berben). In Damiano Damianis Töte, Amigo hat diesen Part Adelita (Martine Beswick) inne, die den Namen einer legendären mexikanischen Revolutionsgestalt trägt, die auch zu einer Symbolfigur der feministischen Bewegung geworden ist. Adelita heißt gleichfalls die zu den Revolutionären gehörende junge Kämpferin in Partirono preti, tornarono  … curati. Erwähnenswert sind ferner zwei Koproduktionen mit starkem französischen Einfluss, die beide von der Mitwirkung der berühmtesten Schauspielerinnen ihrer Zeit profitierten: in Viva Maria! sind es Brigitte Bardot und Jeanne Moreau, die als Terroristentochter und Tänzerin nicht nur den Striptease erfinden, sondern auch zu Heilsbringerinnen und Ikonen der mexikanischen Revolution avancieren. In Les Pétroleuses (Petroleum-Miezen, 1971) dominieren Brigitte Bardot und Claudia Cardinale die Männerwelt. Erstere führt als »Frenchie King« eine Bande weiblicher Zugräuberinnen an und wird aufgrund ihrer Maskierung für einen Mann gehalten: »ein großgewachsener Kerl, vor allem mit einem mächtigen Brustkasten«. Letztere führt als Rancherin Maria Sarrazin das uneingeschränkte Kommando über ihre zahlreichen Brüder.

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Den wirklichen Frauenwestern schuf schließlich 1975 Volker Vogeler mit Das Tal der tanzenden Witwen. Handelt es sich dabei auch mehr um einen deutschen Autorenfilm als um einen Italowestern, so ist er doch zumindest mit spanischem Geld koproduziert und kann mit etlichen aus dem Genre vertrauten Darstellern aufwarten (u. a. Eduardo Fajardo, Chris Huerta, Luis Induni, George Rigaud, Daniel Martín). Der Inhalt: Nachdem Soldaten der Südstaaten nach Ende des Bürgerkrieges in ihre Heimatstadt zurückkehren, haben sich ihre Ehefrauen in der Zwischenzeit längst emanzipiert und kommen gut allein zurecht. Daher töten sie einige der Männer. Die Überlebenden flüchten zurück zur Armee, da ihnen Krieg nunmehr weniger gefährlich erscheint als ein Leben innerhalb dieser matriarchalischen Gesellschaft. Lediglich einer von ihnen, »Crazy Butch« (Thilo Prückner) bleibt am Ort. Er muss sich jedoch als Frau kleiden, um Eingang in die Gemeinschaft finden zu können. Was ist als Fazit aus all diesen Beobachtungen zu ziehen? Die Rolle der Frau bleibt im Italowestern insgesamt zweifellos marginal. Das unterscheidet ihn jedoch nur auf den ersten Blick vom amerikanischen Western, denn auch dort werden der Frau lediglich beschränkte Möglichkeiten offeriert. In der italienischen Variante eröffnen sich ihr – neben zugegebenermaßen häufigen Opferrollen  – durchaus auch Möglichkeiten eines gegenüber Hollywood erweiterten Rollenspektrums: Sie darf hin und wieder auch böser, verruchter, eigensinniger, lauter oder exzen­ trischer sein als die brave Bürgersfrau an der Seite amerikanischer Helden. Wer allerdings in einem abenteuerlichen Unterhaltungsfilm, zumal in einem italienischen, feministische Botschaften sucht, geht mit falschen Erwartungen an diese Kunstgattung und wird enttäuscht werden. Man kann Leones Überzeugungen bezüglich der Rolle der Frau in diesem Genre ablehnen oder auch als konsequent und ehrlich hinnehmen. Der Western ist kein Liebesfilm oder Melodram, die selbstverständlich Männer und Frauen gleichermaßen benötigen. Der Italowestern handelt von einer brutalen, maskulin dominierten Welt, die den handelnden Männern wahrlich kein gutes Zeugnis ausstellt. Wenn hier kaum anständige Männer auftreten, warum sollten es anständige Frauen tun? Außerdem ist das Genre auch Kind seiner Zeit und kann nicht sachgerecht mit heutigen Maßstäben beurteilt werden. Auch in Hollywood

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brauchte es noch lange, bis eine andere Frauengeneration nicht nur krampfhaft aufgesetzt, sondern wirklich überzeugend in aktionsbetonten Genres brillieren konnte. Es wird schnell vergessen: Sigourney Weaver ging erst ab 1979 auf Alienjagd, Jodie Foster legte sich erst 1991 mit dem eindrücklichsten Serienkiller der Filmgeschichte an, und Milla Jovovich stellt sich sogar erst seit 2002 erfolgreich dem Kampf gegen Untote. Erwähnt werden darf auch, dass die wohl liebenswerteste amerikanische Hommage an den Italowestern ebenfalls erst 1995 mit einer durchsetzungsstarken Sharon Stone in der Hauptrolle gedreht wurde: Schneller als der Tod von Sam Raimi. Mögen die Darstellerinnen im Italowestern auch nie den Ruhm solcher Weltstars genossen haben, so verneigt sich der Freund des western all’ italiana gern vor Rosalba Neri, Evelyn Stewart, Loredana Nusciak, Erika Blanc, Nieves Navarro, Rada Rassimov, Femi Benussi, Nicoletta Machiavelli, Mónica Randall, Liz Barrett, Gabriella Giorgelli oder Krista Nell und dankt ihnen für eine vergangene Zeit, in der Frauen noch nicht nach Gender-Maßstäben beurteilt wurden, sondern einfach Frauen sein durften.

3. Sein Steckbrief ist kein Heiligenbild: Kopfgeldjäger Die attraktive Alicia (Gina Lollobrigida) lernt in Matalo den Bankräuber Roy King (Lee van Cleef ) kennen. Nichts über seine Profession wissend, ahnt sie jedoch: »Sie müssen ein sehr wichtiger Mann sein.« – »Ja«, bestätigt King, »im Westen hängen überall Bilder von mir.« Von diesen weitverbreiteten Porträts bzw. der Jagd nach den auf ihnen abgebildeten Männern leben Kopfgeldjäger. Von irgendetwas muss der Mensch ja leben Was fängt ein Mann mit seinem Leben an, der sich in die raue Wirklichkeit eines Italowestern geworfen sieht? Die Lebensbedingungen sind hart. Sich eine gesicherte Existenz als Farmer oder Rancher aufzubauen, scheint kaum möglich, falls man nicht bereits als reicher Sohn eines solchen geboren wurde. Es ist nicht nur ein mühsames Geschäft, »im Schweiße seines Angesichts sein Brot zu essen« (vgl. 1. Mose 3,19); viel mehr ist es eine Gesetzmäßigkeit, dass man ständig damit rechnen muss,

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dass ein anderer einem das Land mit unlauteren Mitteln nehmen will. Starrsinnige Weigerungen, sich dem zu beugen, muss man in der Regel mit dem eigenen gewaltsamen Tod oder dem nächster Angehöriger bezahlen. In der Stadt sieht es nicht viel besser aus. Immer gibt es einen, der sie allein beherrschen will und neben sich keine anderen lukrativen Geschäfte duldet. Zwangssteuern und Schutzgelder werden erhoben; trotzdem regiert der Terror auf offener Straße. Ganz zu schweigen von den unangemeldeten Besuchen auswärtiger Gesetzloser, die immer eine gute Nase dafür haben, wo es etwas zu holen gibt. Aus diesen Gründen sind bürgerliche Existenzen höchst fragile Gebilde; weit mehr als im amerikanischen Western, wo gerade sie durch law and order geschützt und grundsätzlich garantiert werden. Ein klassischer Hollywood-Western erzählt daher meist die Geschichte eines Sonderfalles, in dem Recht und Gesetz partiell für einen begrenzten Zeitraum von einigen wenigen bösen Menschen außer Kraft gesetzt werden. Er endet damit, dass diese Störung aus der Welt geschafft, gleichsam repariert ist, um den Bürgern weiterhin Lebensbedingungen gemäß des American way of life zu ermöglichen. In einem Italowestern hingegen sollte man bekanntlich keinesfalls darauf hoffen. Recht, Ordnung und Moral haben einen maximalen Tiefpunkt erreicht. Jeder muss sich selbst zu helfen wissen. Eltern tun daher gut daran, ihre Kinder neben dem ABC und den Grundrechenarten ebenso den Gebrauch des Colts zu lehren. Sie tragen damit nicht nur zum Selbstschutz bei, sondern eröffnen vor allem den männlichen Nachkommen möglicherweise auch Chancen für einen späteren Broterwerb. Wer gut mit dem Colt umzugehen gelernt hat, dem erschließen sich mehrere Möglichkeiten. Er könnte ein professioneller Killer werden, der punktuell als selbständiger Dienstleister für jene tätig wird, die verbrecherische Ziele verfolgen, sich selbst aber die Hände nicht schmutzig machen wollen. Diese Berufsgruppe kommt im klassischen Western zweifellos häufiger vor als im Italowestern. Das hat seinen Grund: In Ersterem muss der Auftraggeber in der Regel den Schein der Ehrbarkeit wahren und tritt daher nicht gern selbst in Erscheinung, sondern delegiert die hässlichen Seiten der Machtausübung an gedungene Mörder. Die Mächtigen im Italowestern haben solcherart Zurückhaltung meist nicht nötig.

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Ihr Terrorregime ist für alle offenbar. Auswärtige Killer erübrigen sich, wo sich die großen Bosse zur Durchsetzung ihrer Interessen einer privaten Armee von Desperados und Halsabschneidern versichern, die ihnen blind gehorsam sind. Sich bei ihren zu verdingen, ist für einen einzelnen Mann aber wenig lukrativ, denn der einzelne Söldner ist hier nur einer unter vielen und letztlich dazu verdammt, dem Helden des Films als Kanonenfutter zu dienen. Was bleibt also einem Revolverhelden? Er wird bounty hunter (Kopfgeldjäger). Die vielen meist vor oder in einem Sheriff’s Office aushängenden Steckbriefe, auf denen hohe Belohnungen für die Ergreifung von Verbrechern ausgelobt werden, sind für ihn lukrative Inserate. Angesichts der allgegenwärtigen Kriminalität findet der arbeitsuchende Kopfgeldjäger so stets Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit. Hin und wieder kommt jemand auch weniger aufgrund einer zielstrebigen Karriereplanung als durch Zufall zu dieser Profession. Clem Garwin in Django – Nur der Colt war sein Freund trifft auf einen Mann, der gerade Garwin senior getötet hat, auf dessen Kopf 5.000 Dollar standen. Clem erschießt den bounty hunter und kassiert nun seinerseits die Prämie für den eigenen Vater. Bill Cannon in Che botte, ragazzi! (Zwei durch dick und dünn, 1974) ist eigentlich Händler. Der Bandit Pedro Gomez jedoch, der im Sterben liegt, bittet ihn, nach seinem Ableben das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld zu kassieren – als Dank dafür, dass er ihm geholfen und für ihn gesorgt hat. Der weitaus größere Teil der bounty hunter geht dieser Arbeit allerdings hauptberuflich nach. Für den, der sich auf seine Schießkunst verlassen kann, ist es ein idealer Broterwerb. Der Kopfgeldjäger ist der freie, ungebundene und unabhängige Killer mit Legitimation. Er tritt dort in Aktion, wo die normalen Möglichkeiten Justitias nicht mehr greifen. Und das ist sehr häufig der Fall. Diese Praxis ist im übrigen nicht aus der Luft gegriffen: In den USA war es ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchaus üblich, dass staatlicherseits ausgesetzte Prämien für die Ergreifung von Straftätern eine zunehmende Zahl privater Jäger auf den Plan riefen, die in Konkurrenz zur amtlich bestellten Ordnungsmacht traten.

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Ein notwendiges Übel Die Beziehungen zwischen dem selbständigen Freiberufler und den offiziellen Gesetzeshütern wirken daher im Italowestern häufig angespannt. Kopfgeldjäger und Sheriff treffen meist aufeinander, wenn der eine die Ware liefert und der andere ihn auszuzahlen hat. Der Sheriff wird dabei (sofern er nicht längst korrumpiert ist) schmerzlich daran erinnert, dass es eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre, den Verbrecher dingfest zu machen. Vielfach handelt es sich um ältere Männer, die längst resigniert und vor der Gewalt kapituliert haben. Sie werden in Gegenwart eines dynamischen und durchsetzungsfähigen Charakters ihrer eigenen Begrenzungen gewahr. Nicht selten ist auch Neid im Spiel: Während der Sheriff qua Amt tagtäglich für einen Hungerlohn den Kopf hinhalten soll, kassiert die Honorarkraft für einen einzelnen Auftrag hohe Summen. Den Unterschied erfährt das bounty hunter-Duo Johnny und Fred in An den Galgen, Bastardo am eigenen Leib. Sie werden zu Hilfssheriffs ernannt und stellen erstaunt fest: Wofür sie bisher saftige Prämien kassierten (nämlich Banditen umzulegen), dafür erhalten sie nunmehr lediglich ein »Butterbrot«. In Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle hingegen ist der Jäger derart erfolgreich, dass der Sheriff ihn bitten muss, seine Betätigung einzustellen, da die Gemeindekasse soviel Prämiengelder nicht mehr hergäbe. Manchmal trennt Sheriff und Kopfgeldjäger auch, dass der eine aus Überzeugung für das Recht eintritt und der andere offensichtlich nur aus monetären Gründen. Der zynische Titelheld in Sergio Corbuccis Johnny Oro (Ringo mit den goldenen Pistolen, 1966) kommt darüber mit dem Sheriff Bill Norton ins Gespräch. Dieser fragt: »Weißt du, was Prinzipien sind?« Ringo antwortet: »Ja, das ist ein Wort, das man oft auf Grabsteinen liest: Hier liegt ein Mann mit festen Prinzipien.« Auch sonst wird den Ausübenden dieses speziellen Gewerbes die gesellschaftliche Anerkennung verwehrt. Sie stehen in dem Ruf, dass ihnen ein Menschenleben nicht viel gilt, dass sie die gleichen Mittel anwenden würden wie ihre Opfer und stets der Tod in ihrem Gefolge reite. Kopfgeldjäger werden abgelehnt und bleiben Außenseiter, die man notgedrungen braucht, aber nicht liebt:

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In Lanky Fellow – Der einsame Rächer rechnet jemand aus, dass sich aufgrund der hohen Todesrate von Banditen (wofür der titelgebende bounty hunter verantwortlich ist) die durchschnittliche Lebenserwartung der Einwohner der Stadt Omaha City um ganze drei Jahre verringt hätte! Das sorgt für Ärger. In Django kennt kein Erbarmen gibt sich der Titelheld zur Vorsicht als Sheriff aus, da im Staate Montana, in dem er legitim im Auftrag einer Bergwerksgesellschaft ermittelt, Kopfgeldjäger derart unbeliebt sind, dass sie sogar aufgehängt werden. Auch Brandon und Murdock in Django und Sartana – Die tödlichen Zwei werden von den sie beauftragenden Armeeangehörigen wenig geschätzt, obwohl sie ihnen die Schmutzarbeit abnehmen. Allerdings sind sie auch solche, die schnell einmal die Seiten wechseln, sofern ihnen ein verlockendes Angebot gemacht wird. In Passa Sartana  … è l’ombra della tua morte (Sartana – Im Schatten des Todes, 1969) ist auf den Titelhelden selbst ein Kopfgeld ausgesetzt; jedoch wird er in Ermangelung anderer fähiger Kräfte von den Honoratioren der Stadt trotzdem notgedrungen zur Banditenbekämpfung eingesetzt. Luke Chilson, der berüchtigte Kopfgeldjäger in Ohne Dollar keinen Sarg ist im Dorf aufgrund seiner Tätigkeit zunächst nur verachtet. Später, als ihn die Einwohner nötig haben, rufen sie nach ihm und beschweren sich, dass er nicht da sei. Zum Schluss wird er als Held gefeiert.

Jeder Kopf hat seinen Preis Sergio Leone beginnt seinen zweiten Western mit einem Motto: »Wo das Leben keinen Wert hat, hat der Tod manchmal seinen Preis. Das ist der Grund, weshalb die Kopfgeldjäger erschienen.«101 Die Aussage macht deutlich, dass das Aufkommen dieses speziellen Berufs die Konsequenz bestimmter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen innerhalb einer gefallenen Schöpfung darstellt. Möglicherweise – überliefert ist es nicht – erschienen bounty hunter erstmals in der Menschheitsgeschichte im Anschluss an Kains Brudermord; jedenfalls keineswegs zuvor. Zum Schutz vor ihnen erfindet Gott gar das »Kainsmal« (vgl. 1. Mose 4,14f ). Die bei Leone erwähnten »Preise« für den Tod können erheblich differieren. In 100 Fäuste und ein Vaterunser unterhalten sich zwei Gauner über die Höhe ihrer Kopfprämien. Einer meint: »Man muss heu-

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te wenigstens 5.000 Dollar wert sein, sonst ist man out.« – »Ja«, stöhnt der andere, »immer dieser Leistungsdruck!« Verbrecher haben es in dieser Hinsicht nicht immer leicht. Zudem leiden manche unter einem übersteigerten Ego. Sie beobachten auf Steckbriefen aufmerksam ihren aktuellen Marktwert und zeigen sich gekränkt, wenn sich ihre angebliche Bedeutsamkeit nicht auch in der Höhe des auf sie ausgesetzten Kopfgeldes widerspiegelt. Die Prämienhöhe spielt auch für einige ihrer Kontrahenten eine erhebliche Rolle. Ihnen geht es nicht darum, dem Recht zum Sieg zu verhelfen. Es ist daher auch nichts Persönliches, wenn sie jemanden erschießen. Vielmehr ist das Einkommen ausschlaggebend. So gibt der Jäger in Kopfgeld für Chako zu verstehen, er sei nicht an der Wahrheit über sein Opfer, sondern lediglich an der Belohnung interessiert. Etymologisch wahrscheinlich nicht haltbar, könnte sich der Begriff »Kopfgeldjäger« der Sache nach auch darauf zurückführen lassen, dass es sich hierbei um Männer handelt, die nur Geld im Kopf haben. Einigen etablierten Vertretern der Zunft verbietet der Stolz, sich um Verbrecher zu mühen, deren Marktwert ihnen nicht oder noch nicht hoch genug erscheint. So verfährt der von George Hilton verkörperte Fremde in Leg ihn um, Django nach dem Motto des italienischen Originaltitels: »Ich gehe hin, leg’ ihn um und komme zurück«. Dabei wartet er aber zunächst geduldig, bis der Todeskandidat ihm genügend einbringt. Ebenso verfahren die Kopfgeldjäger Ringo (Ringo mit den goldenen Pistolen), Lanky Fellow (Lanky Fellow – Der einsame Rächer) und Latimore in Manos torpes (o. dt. T., 1970). Der schwarzgekleidete Minnesota in Rache in El Paso wird erst ab 10.000 Dollar tätig. Manchmal macht es aber auch die Menge: Hat er mehrere Verbrecher erschossen, die insgesamt die genannte Summe erbringen, lädt er diese auf einen Wagen und liefert sie en gros ab. Minnesota stellt sich zum Schluss zwar als Bundesagent heraus, die Regeln des Kopfgeldjägergewerbes hat er jedoch verinnerlicht. Den Abtransport größerer Stückzahlen hat er sich offensichtlich bei Clint Eastwood abgeschaut, der in der Schlussszene von Für ein paar Dollar mehr ebenso verfährt. In 10.000 dollari per un massacro (10.000 blutige Dollar, 1967) sitzt Django zunächst noch mit seinem potentiellen Opfer Manuel Vasquez am Pokertisch. Dieser wird für ihn erst ein ernstzunehmender

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Gegner sein, wenn er hoch genug eingestuft ist. Bisher beläuft sich die Prämie für ihn auf lediglich 3.000 Dollar. »Du befindest dich in ganz schlechter Gesellschaft«, mokiert sich Django und stachelt den Kontrahenten zu neuen Untaten an. Es wird deutlich, dass sich Kopfgeldjäger und Verbrecher nicht wesentlich unterscheiden. Manuel fragt Django, warum er Menschen umbringe und beantwortet sich die Frage gleich selbst: »Weil du Geld willst.« Dead! Or alive? Steckbriefe weisen in aller Regel darauf hin, dass ein gesuchter Verbrecher sowohl tot als auch lebendig (»Wanted: dead or alive«) abgeliefert werden kann. In nicht wenigen amerikanischen Western bringt daher ein aufrechter Gesetzeshüter einen Großteil der ihm zur Verfügung stehenden Filmlänge damit zu, einen eingefangenen Schurken in einen zivilisierten Ort zu schaffen, um ihn der richterlichen Gewalt zu übergeben. Er trotzt dabei heroisch vielen Gefahren: Tag und Nacht muss er hellwach bleiben, um eine Flucht zu verhindern. Wetterunbilden und die ausgedörrte Wüste erschweren das Unterfangen zusätzlich. Nahrung und begrenzte Wasservorräte muss er mit dem Delinquenten teilen, der seinerseits jeden Augenblick auf eine Gelegenheit wartet, seinem Gegner die Gurgel durchzuschneiden. Der amerikanischen Justiz mag an einem ordentlichen Prozess für den Straftäter gelegen sein; den Kopfgeldjäger italienischer Prägung hingegen interessiert das nicht. Er liefert seine Opfer aus pragmatischen Gründen viel lieber tot ab. Das spart ihm enorme Mühe und der Stadt die Verfahrenskosten. Der von Klaus Kinski gespielte Scott in Ein Einsamer kehrt zurück  – ein Profi in seinem Gewerbe, aber eigentlich durchaus gutmütig – bevorzugt diese Verfahrensweise: »Man bewegt sich ungestörter, und ernähren muss man sie auch nicht mehr.« Auch der Kopfgeldjäger Slade in Der Mann, der kam, um zu töten ist, wie der Titel schon offenbart, dafür bekannt, nur tote Verbrecher abzuliefern. In Django  – Sein letzter Gruss wird deutlich, dass andere Verfahrensweisen dem Überbringer unter Umständen sogar zum finanziellen Nachteil gereichen können: Dem Sheriff Durango, der sich als bounty hunter ausgibt, wird von einem Bankbeamten geraten, Gesuchte auf jeden Fall lieber tot als lebendig abzuliefern, da ihm ansonsten die Kosten für deren

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Hinrichtung von der Prämie abgezogen würden. Dazu solle er aber möglichst Zeugen beibringen, um nachweisen zu können, dass er das Opfer auch selbst getötet habe. Dieser Praxis kommt entgegen, dass die gestellten Verbrecher meist selbst kein Interesse zeigen, sich ihrem Jäger zu ergeben. Sie bevorzugen eine endgültige Klärung mit dem Colt an Ort und Stelle, die für sie in der Regel mit dem Tod endet. Manchem aber wird nicht einmal diese Wahl gelassen: Der bereits erwähnte Minnesota (Rache in El Paso) erschießt in der Anfangsszene direkt aus großer Distanz einen steckbrieflich Gesuchten, ohne jeglichen Kontakt zu ihm gesucht zu haben. Er macht damit deutlich, was für die meisten seiner Berufskollegen gilt: Ein Kopfgeldjäger macht keine Gefangenen. Einige Vertreter der Zunft Sergio Leone hatte eine Vorliebe für Kopfgeldjäger.102 In Für ein paar Dollar mehr begegnet der Zuschauer gleich zwei Männern, die diesem Handwerk nachgehen. Erleben sie sich zu Beginn noch als Konkurrenten, finden sie schließlich doch zu einer Kooperation, als deutlich wird, dass ihre Motivation eine unterschiedliche ist: Monco ist ausschließlich am Geld interessiert, während Colonel Mortimer das Gewerbe nur betreibt, um einem ganz bestimmten Verbrecher auf die Spur zu kommen, mit dem er eine persönliche Rechnung zu begleichen hat. Auf dieser Basis kann ihre Zusammenarbeit funktionieren, zumal Monco zum Schluss den Gesamtgewinn für sich verbuchen darf. Dass er im Gegensatz zu seinem Geschäftspartner von persönlichen Gefühlen gegenüber seinen Gegnern völlig frei ist, zeigt sich in der Schlussszene: Als ein »Buchhalter des Todes« zählt er akribisch alle auf seinem Wagen gestapelten Leichen; jedoch nicht nach Personen, sondern in erwirtschafteten Dollars. Anhand der errechneten Endsumme, nicht etwa aufgrund der Personenzahl, wird ihm klar, dass ihm noch ein Mann fehlt. Als dieser aus dem Hinterhalt erscheint, stellt Monco die Bilanz umgehend richtig. Im Nachfolgefilm Zwei glorreiche Halunken haben sich Jäger und Gejagter für eine zunächst fruchtbare und für beide Seiten ergiebige Kooperation zusammengefunden. Der Blonde übergibt Tuco dem Gesetz, dieser wird verurteilt, bei der Hinrichtung aber von seinem Partner befreit, der den Strick des Galgens zerschießt. Das geschieht lediglich,

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damit Tuco anschließend wiederum ausgeliefert werden kann. Die Idee ist so originell wie geschäftstüchtig, garantiert sie doch beiden Beteiligten ein regelmäßiges Einkommen durch eine konstante Auftragslage. Außerdem erhöht sich die auf Tuco ausgesetzte Prämie stetig. Leider endet die Partnerschaft bald. Als der Blonde später dieselbe Methode mit einem anderen Kompagnon anwendet, wird er von Tuco daran gehindert, den Strick des Verurteilten zu zerschießen. Damit endet das Geschäft. Ebenso bedienen sich auch die ungleichen Brüder Travis und Moses in Botte di natale (Die Troublemaker, 1994) dieser Methode: Zunächst gelingt es Travis noch, Moses vom Strick zu schießen, obwohl ihm dabei ein aufdringlicher kleiner Köter um die Beine streicht. Beim wiederholten Mal jedoch stört der Hund ihn derart, dass er nicht zum Schuss kommt. Nur gut, dass der Balken bricht, an dem Moses’ Schlinge befestigt ist. Dieses Motiv wurde noch häufiger verwendet: In Irren ist tödlich, einer Parodie auf die beiden »Dollar«-Filme, treibt Bill bewusst das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld in die Höhe, um es später, nachdem sein Partner Jack ihn ausgeliefert hat, mit ihm teilen zu können. In I due figli di Ringo, einer weiteren Leone-Parodie, verdienen Franco und Ciccio ihr Geld ebenfalls damit, dass der eine sich als Revolverheld aufspielt und der andere den Kopfgeldjäger mimt. Einer »erschießt« den anderen und lässt sich von den erleichterten Dorfbewohnern reichlich belohnen. Auch in Ein Fressen für Django liefert der Titelheld den Banditen Carranza nur zum Schein dem Sheriff aus. Er benötigt Geld – und außerdem den Kriminellen noch für andere Zwecke. Ebenso verhält es sich in Spiel mir das Lied vom Tod, als Harmonica Cheyenne ans Messer liefert. In Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel beherrscht der originelle Held genauso das Spiel, einen Verbrecher zuerst dem Sheriff zu übergeben und ihm anschließend zur Flucht zu verhelfen – mit dem Unterschied, dass sein Opfer davon nicht informiert ist. Dieser Kopfgeldjäger zeichnet sich zudem darin aus, dass er die gesamte amerikanische Kriminalgeschichte auswendig kennt, inklusive aller je veröffentlichten Steckbriefe. Kopfgeldjäger der ganz anderen Art beherrschen Sergio Corbuccis Film Leichen pflastern seinen Weg. Klaus Kinski führt eine ganze Bande von ihnen an, die per Gesetz beauftragt sind, Arme und Hungernde zu jagen, deren vorrangiges Verbrechen darin besteht, notgedrungen

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Lebensmittel zu stehlen, um nicht zugrunde zu gehen. Die Jäger sind hier nicht mehr Individualisten, sondern brutale Handlanger des Kapitals. Sie töten ihre Opfer reihenweise wie Vieh und berufen sich ständig auf die Legitimation ihres Handelns. Auch in Sergio Sollimas Der Gehetzte der Sierra Madre wird das klassische Verhältnis zwischen dem Jäger und dem Gejagten in Frage gestellt. Der unschuldige Mexikaner Cuchillo beklagt desillusioniert, die ganze Welt sei in diese zwei Gruppen geteilt. Er selbst finde sich immer nur unter den Gejagten wieder. Jonathan Corbett, der Jäger, hat die Gewinnerseite gewählt. Er war einst Sheriff, aber offensichtlich nicht aus Idealismus, da er später umsattelte: »Mein Saloon mit seinen Spieltischen brachte mir mehr ein.« Sein jetziger Job als Kopfgeldjäger, in dem er berühmt wie berüchtigt ist, erscheint offenbar noch lukrativer. Schon ist er im Gespräch für einen möglichen Posten als Senator. Der Zwiespältigkeit seines Wesens kommen deutsche Zuschauer nur im Original auf die Spur, da die verstümmelte deutsche Fassung Corbett weitaus positiver darstellt.103 Im Nachfolgefilm Von Angesicht zu Angesicht versteckt sich Siringo als Agent der Detektei Pinkerton hinter der Legende eines bounty hunter. Um diese aufrecht zu erhalten, erschießt er auch Unschuldige. »Our bounty killers are the best!« Mit diesem Slogan wirbt die North Western Bank in Sono Sartana, il vostro becchino (Sartana – Töten war sein täglich Brot, 1969) um das Vertrauen ihrer Kunden. In der Tat sieht sich der Titelheld, auf den ungerechtfertigterweise ein Kopfgeld ausgesetzt wurde, mehreren Profis gegenüber, die an ihm etwas verdienen möchten. Da sind: Deguello (Gordon Mitchell), der pompös auf einem Anwesen lebt und sich von einem schwarzen Lakaien bedienen lässt; der Indio »Shadow« (José Torres), der bald das Zeitliche segnet; »Hot Death« (Klaus Kinski), eine sympathische, fast tragische Figur, da er im Spiel ständig verliert. Als Kopfgeldjäger hat er seine ganz eigene Vorgehensweise: Eine Kammer seines Revolvers bleibt immer leer. »Dadurch habe ich Zeit, mir die Sache zu überlegen. Ich bin so impulsiv.« Wie nebenbei erschießt Kinski einmal einige Postkutschenräuber und lässt sie in gleicher Weise auf eine Kutsche laden, wie er es schon als »Loco« in Leichen pflastern seinen Weg zu tun pflegte.

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Gleich vier Mischungen aus Kopfgeldjäger und Killer werden auf den chinesischen Protagonisten in Il mio nome è Shanghai Joe (Der Mann mit der Kugelpeitsche, 1973) angesetzt. Sie alle bleiben erfolglos und sterben auf kreative Weise: »Pedro, der Kannibale« (Robert Hundar): Er wird in einer Waschschüssel ertränkt. »Sam, der Totengräber« (Gordon Mitchell): Er findet sich von Pfählen aufgespießt in der von ihm selbst angelegten Fallgrube wieder. »Tricky, der Falschspieler« (Giacomo Rossi Stuart): Ihm werden die Augen ausgestochen. »Skalp-Jack« (Klaus Kinski): Er trägt mehrere Messer direkt unter der Jacke am Körper, was ihm zum Verhängnis wird.

Weitere erwähnenswerte Beispiele: Laurence Jerome Carradine (Johnny Yuma) ist eigentlich ein bezahlter Killer. Doch als er nach einem Auftragsmord einen Steckbrief für den Verblichenen entdeckt, überantwortet er die Leiche direkt dem Gesetz und kassiert somit doppelt. Der Amerikaner (Yankee) hat ein Faible für die Porträts auf Steckbriefen. Er hat sich zum Ziel gesetzt, eine recht große Bande auszulöschen. Da es viele werden, transportiert er die Leichen mit einer Lore ab. Hinter Clay McCord (Mehr tot als lebendig) sind einige Kopfgeldjäger her. Während er sich der ersten beiden noch erwehren kann, verfolgen ihn weitere bis zum Schluss und töten ihn. Dies geschieht, obwohl er bereits amnestiert worden war. Davon halten bounty hunter verständlicherweise gar nichts. Einer beschwert sich: »Wenn das mit der Amnestie so weitergeht, muss ich noch Büffeljäger werden!« Der heruntergekommene Davy Flanagan (Django spricht das Nachtgebet) war früher einmal Kopfgeldjäger, sieht sich nunmehr aber in seiner Heimatstadt dem eigenen Steckbrief gegenüber. Als übereifrig zeigt sich ein anderer bounty hunter (Ein Schuss zuviel): Er erschießt am Schluss den Bruder seines Partners, den dieser lieber noch auf den Pfad der Tugend zurückzubringen versucht hätte. Pedro Sanchez macht es sich als Barrica in Chiedi perdono a Dio  … non a me (Django – Den Colt an der Kehle, 1968) leicht: Er hetzt den

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rachedurstigen Django auf die Spur diverser Banditen. Dieser tötet sie, während Barrica später nur die Leichen einsammeln muss und sie auf eigene Rechnung dem Sheriff verkauft. Garringo, der Henker (Anthony Steffen) soll einen psychopathischen Soldatenmörder finden. Der Auftrag besagt ausdrücklich, ihn lebend zu bringen, obwohl es dem »Henker« persönlich lieber wäre, den Mann tot abzuliefern. Ebenso spielt Steffen auch in Ein Fressen für Django einen Kopfgeldjäger. Hier verbucht er große Einnahmen, obwohl er doch eigentlich nur hinter den Mördern seiner Frau her ist. Der Kopfgeldjäger in Ancora dollari per i MacGregor (o. dt. T., 1970) ist derart besessen von seiner Tätigkeit, dass er sich nicht scheut, die eigene Ehefrau als Köder für Verbrecher zu missbrauchen. Das kann auf Dauer nicht gut gehen und endet daher mit ihrem gewaltsamen Ende. Einmal mehr gibt Gordon Mitchell in dem Fidani-Western Adios Companeros den bounty hunter – diesmal einen stotternden. »Ich mache das nicht aus Menschlichkeit.« So wehrt in Un Bounty Killer a Trinità (Kopfgeld für einen Killer, 1972) der in seinem Beruf sehr gefragte Alan Boyd jeglichen Dank eines von ihm geretteten Menschen ab. Er hat einen Kontrakt, nach dem er »pro Leiche« bezahlt wird. In Sei bounty killers per una strage (Zahl und stirb, 1973) wird gleich eine Gruppe von sechs Kopfgeldjägern engagiert, um die Frau und die Tochter eines Gouverneurs, die entführt wurden, zu befreien. Bob Whittaker in Der Mann aus Virginia ist, obwohl in offiziellem Auftrag der Nordstaatenarmee unterwegs, ein besonders übler Schurke. Er sucht nach versprengten Südstaatlern und macht dabei keine Gefangenen. Der Titelheld in Mannaja – Das Beil des Todes schlägt dem gesuchten Burt Craven bei der Festnahme mit seinem Wurfbeil die Hand ab. Da er in Suttonville jedoch keinen Sheriff findet, der ihm die Belohnung auszahlen könnte, lässt er ihn wieder laufen. »Wenn ich Geld brauche, fange ich dich wieder ein.«

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Der Judaslohn Gelegentlich wird die Handlungsweise von Kopfgeldjägern mit einem Hinweis auf den neutestamentlichen Judas Iskarioth verknüpft.104 Bezugspunkt ist dabei die Deutung der Kopfprämie als sprichwörtlichen »Judaslohn«. Das bekannteste Beispiel ist der kurze Dialog in Spiel mir das Lied vom Tod, als Harmonica den steckbrieflich gesuchten Cheyenne für 5.000 Dollar an den Sheriff ausliefert, um mit diesem Geld die Farm McBains kaufen zu können. Cheyenne meint: »Soviel ich weiß, hat Judas damals 4.970 weniger kassiert.« Harmonica: »Es gab keine Dollar damals.« Cheyenne: »Aber Hurensöhne wie dich  – die gab’s!« Ähnlich verhält es sich in Zwei Companeros: Der »Schwede« gesteht Xantos, dem Revolutionsführer, dass er ihn an seinen Feind General Mongo verkaufen will. Er erhält zur Antwort: »Auch Judas hat 30 Silberlinge bekommen.« In Ein Fressen für Django warnt der Bandit Carranza den ihn dem Gesetz ausliefernden Django: »Der Judaslohn wird dir kein Glück bringen!« Noch deutlicher wird die Thematik in Wanted – Für drei lumpige Dollar zur Sprache gebracht: Im Mittelpunkt steht Gary Ryan (Giuliano Gemma), ein Sheriff auf der Flucht, der aufgrund einer Intrige wegen Mordes gesucht wird. Das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld von 5.000 Dollar weckt bei den verarmten Einwohnern eines mexikanischen Dorfes verständlicherweise Begehrlichkeiten. Sie wollen sich das Geld verdienen. Ein Alter meint im Blick auf Ryan: »Den hat die Vorsehung zu uns geschickt«, und untermauert dies biblisch: »Und der Herr sprach zu Moses: Siehe, ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen, und das Volk soll hinausgehen und es sammeln« (2. Mose 16,4). Der Flüchtige sei ihnen also wie das himmlische Manna in die Hände gegeben. Nun lebt im Dorf auch Pater Carmelo (eine ungewöhnliche Rolle für Nello Pazzafini). Er gewährt Ryan Kirchenasyl. Die Dorfbewohner dringen auf ihn ein: »Wir wollen die Belohnung christlich unter uns aufteilen.« Doch der Priester vergleicht den Sprecher mit Judas: »Auch du willst das Leben dieses Fremden für 30 Silberlinge verkaufen?« – »Nicht für 30, für 5.000 Dollar!«, erhält er zur Antwort. Doch Carmelo ruft die Leute appellativ zur Buße auf und schickt sie nach Hause. Seinem Schützling schenkt er ein Kreuz, das ihn schützen soll; zusätzlich, auf den skeptischen Blick des Beschenkten hin, auch noch einen Colt.

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Um zu entscheiden, ob derartige Vergleiche angebracht sind, muss ein Blick auf die Beweggründe geworfen werden, die Judas Iskarioth veranlassten, Jesus an die damalige religiöse Obrigkeit auszuliefern. Doch gerade in dieser Frage ist die christliche Theologie bis heute nicht zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt. Was waren seine Motive? War es tatsächlich reine Geldgier (»Was wollt ihr mir geben?«, Matthäus 26,15) eines Mannes, der nach dem Johannesevangelium als »Dieb« dargestellt wird und der innerhalb der Jüngerschaft offenbar auch die Finanzen verwaltete (Johannes 12,6; 13,29)? Die berühmten »30 Silberlinge« (so Luther in der Übersetzung von Matthäus 26, 15b u. ö. – im Urtext: triakonta argyria, möglicherweise römische Denare), waren jedenfalls keine Summe, von der ein damaliger Zeitgenosse reich werden konnte. War es vielmehr die Absicht, Jesus durch eine Zwangslage zu sichtbaren Zeichen seiner Macht zu zwingen? Nach dieser Auffassung war Judas Mitglied oder mindestens Anhänger der militanten Bewegung der Zeloten, deren Messiasvorstellung sich vor allem auf den irdisch-politischen Aspekt der Befreiung von den römischen Besatzern konzentrierte. Diesen Hoffnungen hatte Jesus nicht entsprochen, sondern vom Reich Gottes als einem geistlichen Gebilde gesprochen. Oder war Judas nur ein Werkzeug der widergöttlichen Macht (vgl. Lukas 22,3) bzw. ein solches zur Erfüllung des göttlichen Heilsplans zur Erlösung aller Menschen (vgl. Apostelgeschichte 1,16f ) und demnach mehr oder weniger ohne eigene Entscheidungsgewalt und Verantwortung? Eine eindeutige Antwort muss offen bleiben. Klar dürfte jedoch sein: Als biblischer Prototyp oder gar Schutzheiliger aller Kopfgeldjäger taugt Judas nur bedingt. Der einzige wirkliche Bezugspunkt zwischen beiden besteht darin, dass auch der Jünger Jesu einen Menschen der Justiz auslieferte und dafür eine Prämie erhielt. Mehr hat er mit dem bounty hunter nicht gemein. Im Gegensatz zum vielschichtigen Charakter des Judas bestehen hinsichtlich der Motive eines Kopfgeldjägers zumeist keinerlei Zweifel. Er will das Geld. Die biblische Gestalt des Judas lässt sich jedoch nicht auf einen monetären Aspekt reduzieren. Das große existentielle Thema, das seine Person ausmacht, ist vielmehr das des Verrats. Dieses Motiv soll hier nur kurz erwähnt werden, da es sich nicht unmittelbar oder nur am Rande mit dem Thema des Kopfgeldjägers verbindet:

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Es sind zwei Vertreter des Kopfgeldjäger-Gewerbes, die in Zwei glorreiche Halunken darüber sinnieren: Der Blonde wird in der Herberge von Tuco gestellt und als »Judas« bezeichnet. Angesichts des deutlich vernehmbaren Kanonenlärms meint er: »Als Judas den Verrat an seinem Herrn beging, bumste es auch.« Der Blonde korrigiert: »Damals hat’s gedonnert, aber das hier sind Geschütze.« Offenbar versuchen sich beide in ihrer Bibelkenntnis zu übertreffen. Auch Todesmelodie ist die Geschichte eines Verrats. John wird von seinem irischen Freund verraten, Juan und seine Familie von Dr.  Villega. Wie Judas nimmt sich Villega unter der Last seiner Schuld das Leben. In Kein Requiem für San Bastardo beschimpft der verbrecherische Don Carlos den Priester des Ortes als »Judas«. Später fällt dieses Urteil auf ihn selbst zurück, als ihn eine alte Frau, deren Angehörige er aufhängen ließ, ebenso bezeichnet. In Sartana  – Töten war sein täglich Brot wirft der Titelheld Geldstücke in die Wanne, in der gerade der Sheriff badet: »30 Silberlinge, wie auch Judas bekommen hat.« Es ist ein deutlicher Bezug auf die Tatsache, dass dieser Gesetzeshüter ein falsches Spiel treibt. In Um sie war der Hauch des Todes wird John Warner wie Jesus von einem seiner eigenen Männer, einem einäugigen Sexualverbrecher, an seine Häscher verraten. In Adios Sabata soll der Verräter Garcia von Oberst Schimmel 30 Goldstücke erhalten. Als er sich das Geld auf dessen Anweisung hin aus einer Schublade nehmen will, treffen ihn tödliche Schüsse aus einem Schiffsmodell auf der Kommode. In Eine Pistole für Ringo erzählt das Mädchen Ruby dem Jungen Chico die Geschichte vom Verrat des Judas im Blick auf den anwesenden Ringo, der sich den Banditen angedient hat. Dieser vertritt die These, es wäre damals anders verlaufen, wenn die Jünger Waffen gehabt hätten. Ruby antwortet, die Waffen der Christen seien andere (ein erneuter Verweis auf die »geistliche Waffenrüstung« in Epheser 6,11–17). Il tredicescimo è sempre Giuda verrät bereits im Titel: »Der Dreizehnte ist immer ein Judas«. Ned Carter verriet als Soldat im Bürgerkrieg seinen Vorgesetzten und erschoss viele Kameraden wegen 200.000 Dollar in Gold. Erst als er auch seine Verlobte ermordet, werden seine Verbrechen aufgedeckt.

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Umschulung ist möglich Das Geschäft eines Kopfgeldjägers ist nicht nur lukrativ, sondern stellt auch vor Herausforderungen: Man muss flexibel sein und fähig zu einer guten Selbstorganisation, ebenso ortsungebunden oder bereit zu häufigen Dienstreisen. Nicht geleugnet werden kann das hohe Berufsrisiko durch permanente Gefährdungen für Leib und Leben, die dem Gewerbe naturgemäß eigen sind. Schließlich kann die dauernde Herbeiführung gewaltsamer Tode auf Dauer auch Belastungen des Gewissens mit sich bringen; selbst wenn solche in einem Italowestern eher nachrangig sind. Dieses Kapitel schließt mit einigen, wenn auch wenigen hoffnungsvollen Beispielen von Männern, die daher ihren Beruf aufgaben und neue Perspektiven für ihr Leben fanden: In Ballata per un pistolero (Rocco – Der Einzelgänger von Alamo, 1967) treffen zwei Kopfgeldjäger aufeinander, die schließlich herausfinden, dass sie Brüder sind. Der ältere, erfahrenere von ihnen bringt zum Schluss den jüngeren von seinem tödlichen Geschäft ab, sodass dieser seinen Revolvergurt abschnallt. Der Pistolero Stark in Spara, gringo, spara (Im Staub der Sonne, 1967) hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich: Er ist ein entflohener Sträfling, der sich dann als bounty hunter verdingte. Am Ende jedoch ist auch er fertig mit diesem Job. Er will fortan kein Schießeisen mehr anfassen und wird bürgerlich. Ein mutmachendes Beispiel für eine erfolgreiche Umschulungsmaßnahme ist Dan Miller in Bleigewitter: Als er zwei Mörder seines Vaters stellte, starb im Kugelhagel ein kleiner Junge. Der bis dahin berühmte Kopfgeldjäger zog daraus die Konsequenzen, tat Buße und wurde evangelischer Pfarrer.

So gibt selbst der Italowestern hin und wieder Anlass zur Hoffnung: Veränderung ist möglich. Und Gott kann auch auf krummen Lebenslinien gerade schreiben.

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4. Eine Bahre für den Sheriff: Gesetzeshüter Der Sheriff ist eine bedeutsame Figur. In Hollywood. Mit blankgeputztem Stern an der Brust sorgt er für das Recht. Er setzt sich ein, ist verlässlich. Er bringt die Dinge wieder ins Lot. Im Italowestern landet so mancher Sheriffstern im Dreck. Sein Träger gehört keineswegs zu den wichtigen Rollenfiguren. Er ist vielmehr obsolet, überflüssig, unnütz oder gar hinderlich bei der Durchsetzung von Recht und Ordnung. Manchmal ist er nur insofern ein »Gesetzeshüter«, als dass er das Gesetz hütet vor seiner Inanspruchnahme. Für einen Sheriff gibt es hier nur wenige Alternativen: • • • •

Er ist integer, nimmt sein Amt ernst und lebt daher nicht lange. Er hat resigniert und gibt eine jämmerliche, verlachte Gestalt ab. Er ließ sich korrumpieren und versucht damit zu leben. Er hat bewusst die Seiten gewechselt und das Recht in Unrecht verkehrt.

Nur ein toter Sheriff ist ein guter Sheriff Viele Städte und Dörfer sind derart von Unrecht, Terror und Gewalt beherrscht, dass ein Sheriff hier als Fremdkörper wirken muss. Deshalb gibt es erst gar keinen, oder es gibt ihn nicht mehr oder gibt ihn nicht lange. In solchen Gemeinwesen gilt die Devise: Nur ein toter Sheriff ist ein guter Sheriff. Umgekehrt gilt folglich auch: Ein guter Sheriff ist bald ein toter Sheriff. Das deutet sich bereits 1963 in Gesetz der Bravados an: Dort sieht man einen äußerst freundlichen Sheriff, der in seinem Büro sogar Gitarre spielt und singt. Eine Minute später ist er tot. Schwarz sehen muss man auch für die Stadt »Black City« in Quel maledetto giorno d’inverno  … Django e Sartana all’ultimo sangue (o. dt. T., 1970): Hier ist das Sheriff’s Office verwaist, heruntergekommen, die Tür vernagelt. Offensichtlich wurde es bereits länger nicht genutzt. Wo es kein Gesetz gibt, ist der Gesetzesvertreter überflüssig. Wo es einer trotzdem wagt, es durchsetzen zu wollen, muss er die Konsequenzen tragen:

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In Django und die Bande der Bluthunde sagt der Sheriff: »Ich vertrete das Gesetz.« Daraufhin wird er ohne Zögern von Luke (Luciano Rossi) erschossen, der unter hysterischem Lachen deutlich macht: »Und schon ist das Gesetz tot!« Im Städtchen Suttonville (Mannaja – Das Beil des Todes) hat man den Posten dementsprechend ganz abgeschafft. In einem anderen Ort gilt die auf Erfahrung basierende Regel, dass ein neuer Sheriff binnen 24 Stunden stirbt (Black Killer, 1971). In dem verlassenen Kaff in Johnny Madoc lautet das Motto: »Jeder Schuss ein Sheriff.« In der Stadt »Poker Falls« heißt es, dass ein ehrlicher Sheriff stets auf den Friedhof lande (Sartana – Töten war sein täglich Brot). In Red Rock (La legge della violenza) wurde der zuletzt amtierende Sheriff zu Tode gepeitscht. Der nächste soll leichter zu handhaben sein. Auch in Der kleine Schwarze mit dem roten Hut leben Sheriffs nicht lange, da sie sämtlich von der Bande El Moros getötet werden. Dabei stellte die Amtszeit des letzten Stelleninhabers mit ganzen sechs Wochen bereits einen Rekord dar. Der neue Sheriff wird hier übrigens in einem Gottesdienst eingeführt. In Tucson wird ein Sheriff zur Abschreckung für alle Bewohner mitten auf der Straße erschossen und dort liegengelassen; niemand darf sich ihm nähern (Per un dollaro a Tucson si muore, Blutige Rache in Tucson, 1964). In Spiel dein Spiel und töte, Joe wird die Leiche des erschossenen Sheriffs von einem Pferd durch die Stadt geschleift, um deutlich zu machen, dass mit ihm auch Recht und Ordnung den Tod gefunden haben. »Einen Tag lang war er stolz«, wird über den Ermordeten gesagt, »dafür ist er gestorben.«

Es kann daher nicht verwundern, dass manche Suche nach einem Sheriff vergeblich bleibt. In der Farce Il Bang Bang Kid (Bang Bang Kid, 1967) erleben dies die Einwohner von Limerick, Montana. In ihrer Ausschreibung steht bereits vorsorglich: »Die Bewerbung schlechter Schützen ist zwecklos.« Bald melden sich einige Kandidaten. Sie bekommen jedoch keinen Fuß auf den Boden, da sie bei Ankunft sofort aus dem Sattel geschossen werden. Wo menschliche Möglichkeiten versagen, soll es schließlich die moderne Technik richten: Ein Sheriff-Roboter (!) wird



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in Dienst genommen. Er schießt zwar schneller als die Verbrecher, ist aber auch vor technischen Störungen nicht gefeit. Die Komiker Franco und Ciccio wiederum lassen sich in Zwei Mafiosi im Wilden Westen lediglich aufgrund ihrer Einfältigkeit als Sheriffs wählen. Alle anderen möglichen Kandidaten sind bereits tot. Ist ein Gesetzeshüter integer, wird er umgehend ermordet. So trifft es den alten Sheriff in Ein Zirkus und ein Halleluja, beinahe auch seinen Nachfolger. Ehrlich, aber machtlos zeigt sich Sheriff Burnett in Leichen pflastern seinen Weg. Er steht von Beginn an auf verlorenem Posten. So hatte er bereits vergeblich dem Gouverneur zu erklären versucht, für sein großes Territorium sei ein Marshal allein zu wenig. Die Maßnahmen des Politikers sind jedoch nur kosmetischer Natur und nicht wirklich gewollt. So findet auch dieser Gesetzesvertreter ein tödliches Ende105, weil ihm jegliche Unterstützung fehlt. Hier ist ein Grundmuster angedeutet: Der Sheriff ist in der Regel der einsamste Mensch am Ort. Die Bürger stellen zwar viele Ansprüche an ihn (falls sie nicht auch längst resigniert haben), sind jedoch aus Feigheit zu keinerlei Unterstützung bereit. »Wir wollen Sie nicht stören, wenn Sie Ihre schwierige Aufgabe erfüllen«  – mit diesen Worten suchen die Einwohner das Weite, nachdem sie einen Dummen für den selbstmörderischen Posten gefunden haben (Bang Bang Kid). Es gibt einen Zusammenhang zwischen der eigenen Dispensierung von jeglicher Verantwortung für den Erhalt ihres Gemeinwesens und der gleichzeitigen starken Projizierung hoher Erwartungen auf eine einzelne Person. So bleibt der Sheriff allein und wird gemieden, denn er stellt das personifizierte schlechte Gewissen derer dar, die aufgeben haben oder seine Dienste nur noch konfliktverschärfend erleben. In Wanted – Für drei lumpige Dollar ist Sheriff Gary Ryan von Beginn an einigen Bürgern (angeführt vom verbrecherischen Bürgermeister) ein Dorn im Auge. Daher bezichtigen sie ihn sogleich des Mordes und zwingen ihn zur Flucht. So steht ein Sheriff, der sein Amt ernst nimmt, oft sogar zwischen zwei Fronten und wird dabei aufgerieben. Es ist daher selten, dass ein solcher Mann das Ende eines Italowestern erleben darf.

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Der desillusionierte Alkoholiker Das Amt eines Sheriffs ist nicht geachtet, wird schlecht bezahlt und ist zudem lebensgefährlich. Es wundert daher nicht, dass viele Gesetzeshüter trotz anfänglicher hoher Ideale resigniert und sich der Gewalt um sie herum gebeugt haben: In Für ein paar Dollar mehr sind die Sheriffs durchweg feige (geworden?) und beschränken ihre Aktivitäten auf die Auszahlung von Kopfgeldern an mutigere Männer. In Sartana – Töten war sein täglich Brot leidet der von Sal Borgese dargestellte Sheriff von Poker Falls darunter, dass er keinerlei Einfluss nehmen kann: »Ein ehrlicher Sheriff landet hier auf dem Friedhof.« Auch in Blaue Bohnen für ein Halleluja beklagt sich der Gesetzeshüter darüber, dass er sich nicht durchsetzen kann und ihn niemand ernst nimmt. In Ein Einsamer kehrt zurück ist der Sheriff vollkommen eingeschüchtert. Ebenso ist die Reaktion des Gesetzeshüters in Sartana auf den ihn umgebenden Terror. In Der Sohn des Django schließt sich der Sheriff in seinem Büro ein, während draußen die Hölle losbricht. Erst als der Pfarrer eingreift, fragt er diesen: »Darf ich vielleicht mitmachen?« In Verdammt zu leben – verdammt zu sterben stöpselt sich der Sheriff (Donal O’Brien) sogar die Ohren zu, um die Aktivitäten eines Lynchmobs nicht hören zu müssen. Einst gefürchtet als Revolverheld war der Sheriff Ernest Novak in Ohne Dollar keinen Sarg. Nun ist er im Ruhestand und gibt zu, dies gern auch noch eine Weile lebend bleiben zu wollen.

Daher findet sich in dieser Berufsgruppe eine nicht geringe Anzahl von Alkoholikern. Sie haben jeden Glauben an Recht und Gesetz verloren und betäuben sich. Als Trinker ist der Sheriff in Dallas (Fäuste wie Dynamit, 1974) bekannt. In O tutto o niente (o. dt. T., 1968) steht der alte, stets alkoholisierte Sheriff unter der Knute des Banditen Buseba. Der Amtskollege in Schneller als 1.000 Colts teilt sein Los mit dem Richter, den die gleichen Beweggründe zur Flasche treiben. Beiden gelingt es



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zum Schluss dennoch, sich gegen den mächtigen Stadtbeherrscher Brady zu stellen und ihre Sucht zu überwinden. Ein tragischer Fall ist der als »Tequila-Joe« verspottete Zyniker in Einladung zum Todestanz, der des Vorbildes eines jungen Idealisten bedarf, um sich aus seiner Sucht zu befreien. Auch der Trinker in Ringo kommt zurück wird zum Schluss durch den Titelhelden ermutigt, mit anderen Männern zusammen gegen das Unrecht Widerstand zu leisten. Gleiches geschieht in Schnelle Colts für Jeannie Lee: Der desillusionierte Sheriff gibt zunächst nichts mehr auf das Gesetz, da es ohnehin niemand achte. Als Alkoholiker wird er verlacht, wächst aber schließlich über sich hinaus, wird trocken und bringt zusammen mit dem berühmten Wyatt Earp alle Verbrecher zur Strecke. Zum Lohn bekommt er ausgerechnet die nette Saloonbesitzerin. Wenn das nur gut geht! Die Absurdität der Verhältnisse wird vollends deutlich in Gesetz der Bravados: Hier geht es nicht um einen Sheriff, der zum Alkoholiker wurde, sondern umgekehrt um einen stadtbekannten, verspotteten Saufkopf, der zum Sheriff gekürt wird. Dies geschieht, weil »Brandy« aufgrund seiner Trunksucht als der harmloseste Kandidat erscheint, mit dem die Verbrecher die wenigsten Probleme zu haben glauben. Die Relevanz des Sheriffsamtes für ein Gemeinwesen ist hier an einem Tiefpunkt angelangt: Es ist völlig belanglos geworden, ob und wer es ausübt. An den Zuständen ändert es gar nichts. Der korrumpierte Pragmatiker Wer nicht sterben, aber auch nicht depressiv werden will, versucht mit den Wölfen zu heulen. Manche Sheriffs haben daher ihr Gewissen betäubt und versuchen ein Stück vom großen Kuchen abzubekommen. Es sind vor allem solche, die sich vom Kapital kaufen lassen: In Django  – Die Totengräber warten schon wird der Sheriff vom mörderischen Claude Hamilton geschmiert. Er endet dafür mit einem tödlichen Schuss, der durch seinen von ihm herabgewürdigten Stern hindurchdringt. In Der Tod zählt keine Dollar ist der Ort in der Gewalt der Lester-Bande. Der Sheriff ist mit von der Partie, während der zuvor bestochene alkoholkranke Richter zur Umkehr findet.

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Über den Sheriff in Fuzzy, halt die Ohren steif wird gesagt: »Der ist für ’nen Apfel und ’n Ei zu haben.« In Sartana – Im Schatten des Todes gibt es einen bestechlichen Sheriff mit nervösem Zucken um die Mundwinkel. Auch Horst Janson als Sheriff mit dem steifen Nacken106 in Zwei wilde Companeros ist korrupt: Er ermöglicht Gefangenen gegen Geldzahlung die Flucht. In Vier Fäuste für ein Halleluja lässt sich der Sheriff von dem Waffenschieber Parker schmieren und hält seine Hand über die von diesem gedungenen Mörder. Im Dienste des Kapitals steht eindeutig auch der Sheriff in Zwiebeljack räumt auf, der Dessous und Strapse trägt, sehr zum Wohlgefallen seiner beiden deputies.

Andere Sheriffs haben sich aus blanker Furcht oder niederen Motiven den Mächtigen angedient und sind nun nicht mehr als deren Marionette: So legitimiert der Sheriff in Sando Kid spricht das letzte Halleluja die Terrorherrschaft des Landbarons Grayton. Sheriff Kinley (Vergeltung in Catano) war früher selbst ein Gesetzloser, gilt nunmehr als feige. Er hat Frau und ein kleines Kind und baut sich ein Haus. Konflikten möchte er daher aus dem Weg gehen. Der von Piero Lulli in Glut der Sonne dargestellte Gesetzeshüter deckt die Machenschaften der Familie Campos, da er die Tochter des Hauses heiraten möchte. In Straniero  … fatti il segno della Croce! (Bekreuzige dich, Fremder, 1968) ist der Sheriff die Marionette des die Stadt beherrschenden Carson Donovan. In Rache für Rache kuscht der Sheriff vor dem mächtigen Major Bower. In Ringo del Nebraska (Nebraska-Jim, 1966) steht der Sheriff unter dem Bann des Mörders Bill Carter, wird darüber zum Trinker und schließlich von einem der Desperados Carters erschossen.



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Der Bock als Gärtner Bereits diese Beispiele zeigen, wie wenig mit den Hütern des Gesetzes zu rechnen ist, wenn es darum geht, ihren Aufgaben nachzukommen. Vollends werden Recht und Ordnung auf den Kopf gestellt, wenn sich Sheriffs als die eigentlichen Übeltäter herausstellen. So ist im Italowestern der Sheriff weit häufiger der Mörder als anderswo der Gärtner: Sheriff Corbett in Gringo (Drei gegen Sacramento, 1963) ist Anführer einer Killerbande. Ein Sheriff und seine Leute bilden zusammen mit dem Bankier und dem Saloonbesitzer eine Bande, die Siedlern ihr Land abjagt (Ein Loch im Dollar). In Töte, Ringo, töte entpuppt sich der Sheriff als Goldräuber eines Schatzes, zu dessen Schutz er eingesetzt ist. In Zeig mir das Spielzeug des Todes war der Sheriff einst Rädelsführer bei einem Mord an einer Indianerin und ihrem Sohn. Er stachelte andere dazu an, da zuvor seine Annäherungsversuche von der Frau zurückgewiesen worden waren. Ein Sheriff, der zunächst für die Verurteilung eines Unschuldigen sorgte, stellt sich als Verbündeter der eigentlichen Zugräuber heraus (Ich bin ein entflohener Kettensträfling). Als Partner eines zwielichtigen Ranchers ist der Sheriff in An den Galgen, Bastardo in Mordtaten verwickelt. In Blutiges Blei sind es ausgerechnet der Sheriff und seine deputies, die einen Mordanschlag auf den US-Präsidenten anzetteln, den sie eigentlich verhindern sollen. Drahtzieher eines großangelegten Waffenschmuggels und heimlicher Kopf der dazugehörenden Verbrecherbande ist in Lo chiamavano King der elegant gekleidete Sheriff Foster. Da er von Klaus Kinski verkörpert wird, muss der Zuschauer solches von Beginn an befürchten. Der Sheriff mit den häufig wiederkehrenden Kopfschmerzattacken in Rache in El Paso hat ein Verhältnis mit der Bankiersgattin. Er ersticht den Nebenbuhler und will mit ihr und einem Goldschatz ein neues Leben beginnen. Als der unter einer Maske sein Unwesen treibende Mörder wird in Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie der Sheriff entlarvt.

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Der Sheriff in Hai sbagliato  … dovevi uccidermi subito! (o. dt. T., 1973) entpuppt sich als ein Bankräuber, der seine Kumpane aus dem Weg räumte. Als Kopf einer Bande, die Siedler von ihrem Land vertreibt, stellt sich auch der Sheriff in Eine Faust geht nach Westen heraus.

Diese und andere Gesetzeshüter107 nutzen bewusst ihre Stellung als Deckmantel, um in ihrem Schutz Verbrechen aus Geldgier, vereinzelt auch aus Leidenschaft zu begehen. Aufgrund ihrer Aussagen werden Unschuldige verdächtigt, verurteilt oder hingerichtet. So bleiben sie selbst unverdächtig und behalten eine weiße Weste. Ihnen beizukommen gestaltet sich oft besonders schwer. Sie gleichen »falschen Hirten«, denn ihnen ist eigentlich die besondere Fürsorge für die Menschen ihres Gemeinwesens anvertraut, die sie nicht nur sträflich vernachlässigen, sondern in ihr Gegenteil verkehren. Es sind solche, vor denen bereits mehrere alttestamentliche Propheten warnten (u. a. Jesaja, Jeremia, Hesekiel), deren Mahnungen nicht nur geistlichen Führern galten, sondern ebenso den für soziale Belange Verantwortlichen. Wirksame Mittel, sich solcher Verbrecher auf legalem Weg zu entledigen, gibt es in der Regel nicht. Eine Ausnahme dürfte daher das Verfahren in Buccaroo – Galgenvögel zwitschern nicht sein: Hier wird der korrumpierte Sheriff von einigen braven Bürgern kurzerhand abgesetzt. So etwas kann wohl nur in einem Film geschehen, in dem der klassenkampferprobte Dean Reed die werktätigen Massen anführt. Luis Induni Die Rolle des Sheriffs im Italowestern ist untrennbar verbunden mit dem Schauspieler Luis Induni, der 1920 in Italien geboren wurde und 1979 in Spanien starb, wo er bis dahin fast ausschließlich gewirkt hatte.108 Mit seinen ca. 200 Filmen etablierte er sich als einer der typischen Nebenrollen-Darsteller im europäischen Genrekino. So taucht sein Gesicht häufig auf, die Person dahinter bleibt aber oft unscheinbar. Als klassischer, durchsetzungsfähiger Sheriff wäre Induni daher wohl eher fehlbesetzt gewesen; als Gesetzeshüter im Italowestern brachte er hingegen alle Voraussetzungen mit, die für diese Rollen erforderlich waren. Wer Induni als Sheriff besetzte, erwartete kaum größere Präsenz oder konsequentes Durchsetzungsvermögen der Figur. Viel eher wirkt er wie ein



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ältlicher Durchschnittsbürger, der nette Nachbar von nebenan oder ein väterlicher Freund. Trotz des ihm übertragenen Amtes strahlt er in diesen Rollen eine gewisse Unsicherheit aus und erweckt deshalb nicht gerade Vertrauen in seine Fähigkeiten. Er war daher der ideale Sheriff in der Welt des Italowestern und u. a. in folgenden Filmen als solcher zu sehen: La tumba del Pistolero (o. dt. T., 1964): höchstwahrscheinlich Indunis erste Rolle als Gesetzeshüter. I quattro inesorabili (Die vier Geier der Sierra Nevada, 1965): Induni als Sheriff mit auffällig großem Stern am Revers, der wohl über sein begrenztes Durchsetzungsvermögen hinwegtäuschen soll. Aber er ist gutmütig und bewahrt durch eine List einen unschuldig Verurteilten vor dem Strick. Per un pugno di canzoni (Lass die Finger von der Puppe, 1966): ein nur bedingt als Western einzustufender Musikfilm. 100.000 dollari per Ringo (100.000 Dollar für Ringo, 1966): Der Sheriff ist integer. Das ist der Grund, warum er nicht lange lebt. 6 Kugeln für Gringo: Der Sheriff scheint eine ehrliche Haut, dabei aber nicht der hellste Kopf zu sein. In Wahrheit ist er Drahtzieher aller Verbrechen. 100.000 verdammte Dollar: Der Sheriff ist dem Minenbesitzer Shaw hörig. Desperado – Der geheimnisvolle Rächer: Der integre Sheriff ist allein gegen das Verbrechen machtlos, da der Richter des Ortes auf der falschen Seite steht. Killer adios: Hier steht nicht der von Induni gespielte Sheriff im Zen­ trum der Verbrechensbekämpfung, sondern der zum deputy ernannte Jess Bryan (Peter Lee Lawrence). Dieser wird von einem Geschäftsmann gefragt: »Du warst doch in Dodge City die rechte Hand des Sheriffs?« – »Ja, und nachdem er erschossen wurde, bekam ich den Job.« – »Wer hat ihn denn erschossen?« – »Ich. Er war an einem Bankraub beteiligt.« Sartana kommt: Während der eigentliche Sheriff von Massimo Serato gespielt wird (er und seine zahlreichen Hilfssheriffs versuchen ständig, Sartana umzubringen), erscheint Induni zu Beginn als weiterer »Gesetzeshüter«, der mit zwei Kumpanen einen Richter tötet. Auffällig ist in diesem Film, dass fast jeder Verbrecher einen Stern trägt.

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Sartana – Noch warm und schon Sand drauf: Wieder ein Sheriff, der erfolglos zu sein scheint; in Wirklichkeit ist er Partner des mörderischen Bankiers (I Abb. 14). El Zorro justiciero (Zorros Rache, 1969): Induni wirkt als Sheriff einfältig, während sein Hilfssheriff für die Verbrecher arbeitet. Un par de asesinos (… und Santana tötet sie alle, 1970): Induni tritt als ehrlicher Sheriff Laughton auf. Zwei Halleluja für den Teufel: Ein korrupter Sheriff ist von dem Landbesitzer Miller abhängig, der auch vor Mord nicht zurückschreckt. Ben und Charlie: Während einer Pokerrunde entpuppt sich Induni als Sheriff (das hätte man ahnen müssen!). Unter dem Sakko hat er seinen Stern verborgen, während der Protagonist Ben unter dem seinen einige Spielkarten versteckt hält. Daneben treten hier noch als weitere Sheriffs auf: Aldo Sambrell (unterschlägt wiederbeschafftes Geld aus einem Bank­ raub) und Roberto Camardiel (hält sich am liebsten aus allem heraus). Dio in cielo  … Arizona in terra: Wieder einmal steht der Sheriff im Sold eines die Stadt beherrschenden Kriminellen. Angewidert reißt ihm der Held Arizona den Stern vom Jackett. Tu fosa será la exacta  … amigo (Meine Kanone, mein Pferd  … und deine Witwe, 1972): Induni spielt Sheriff Appleton, an dem einzig seine Erfolglosigkeit erwähnenswert ist. Fäuste, Bohnen und  … Karate: Hier wird der Hund des Sheriffs in einem asiatischen Restaurant mit »verbraten«.

Anzumerken bleibt, dass Induni darüber hinaus weiterhin in einer Vielzahl von Italowestern zu sehen war; wenn nicht als Sheriff, dann als Rancher, zwielichtiger Geschäftmann oder in ähnlichen Rollen. In La vera storia di Frank Mannata (Die wahre Geschichte des Frank Mannata, 1969) übertrug er seine typische Rolle als »Gesetzeshüter« mühelos in die Neuzeit: Im Chicago der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts stellt er einen korrupten Polizeichef dar. Die exekutierte Exekutive Man sollte es kaum glauben, dass es unter den gegebenen Bedingungen im Italowestern überhaupt noch Gesetzesvertreter gibt, die ihrem Stand zumindest noch in gewissem Maße zur Ehre gereichen. Da ist der



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von Joseph Cotten gespielte Sheriff Logan in Comanche Blanco (Rio Hondo, 1967), der den Überblick über die ihm anvertraute Stadt noch nicht verloren hat: An einem Pfosten vor seinem Büro ist ein Spiegel befestigt, in dem er auch von drinnen schon erkennen kann, wer in den Ort geritten kommt. In Die Stunde der Aasgeier verbirgt sich hinter der Fassade des schwarz gekleideten Killers »Donkey« der resolute Sheriff Arthur Ballantine (Gordon Mitchell). Lee van Cleef kann ohnehin nur durchschlagskräftige Charaktere darstellen. Dazu gehört der zum Sheriff gekürte Cudlip in Die letzte Rechnung zahlst du selbst: ein geläuterter Gauner, der weiß, wie man mit Verbrechern umzugehen hat. Ein interessantes Beispiel bietet Das Gesetz der Erbarmungslosen: Hier steht tatsächlich ein erfolgreich durchgreifender Sheriff im Mittelpunkt  – was aber den Einwohnern auch nicht recht ist. »Der Sheriff bringt Nachschub für den Friedhof!« So spricht man abfällig im Saloon über Joe Williams (Peter Martell), wenn er von der Verbrecherjagd heimkehrt. Resolut kommt er seinem Dienstauftrag nach, liefert daher Banditen immer tot ab. Resozialisierung ist bei ihm nicht vorgesehen. Von denen, die ihn angestellt haben, wird er für seine Vorgehensweise gerügt. Treibende Kraft dabei ist der Richter des Ortes, der sich offensichtlich daran stört, dass hier die Judikative übergangen wird.109 Williams wird daher seines Amtes enthoben, zusätzlich verleumdet und schließlich sowohl von Banditen als auch von den braven Bürgern gejagt. In einem Gewissenskonflikt steht sein Hilfssheriff Evans. Er vertraut noch immer auf das Gesetz, während Williams auf seinen Colt deutet und sagt: »Das ist mein Gesetz!« Vom Glauben an Gerechtigkeit beseelt ist anfangs ebenso der Sheriff in Für 1.000 Dollar pro Tag. Er versucht seinen Freund Scott Baker von der eigenmächtigen Rache für den Mord an seiner Familie abzuhalten. Es gelingt ihm sogar, den letzten der Mörder (die übrigen hatte Baker bereits selbst erledigt) vor Gericht zu bringen. Dort wird dieser aber freigesprochen, weil sein Geständnis »unter Zwang« erfolgt sei. Nun verliert auch der Sheriff seinen Glauben an das Recht. Einmal mehr hat sich erwiesen, dass allein die Eigeninitiative nach der Art Bakers zum Ziel führt. Wiederum wird zum Schluss aber auch deutlich, dass der Mann, der mit dem Colt lebt, auch wieder einsam fortreiten muss.

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Desillusionierung auf der ganzen Linie ist alles, was im Blick auf das Amt des Gesetzeshüters bleibt. Mancher Sheriffstern landet deshalb zum Schluss im Staub (z. B. in Eine Bahre für den Sheriff ). Die Werte, für die er einst stand, existieren nicht mehr. Er ist zu einem Stück Blech herabgesunken. Seine Träger haben längst jegliche Autorität verloren. Sheriffs werden daher auch von den vielen »Freischaffenden«, den Kopfgeldjägern oder Vigilanten nur mit Verachtung angesehen oder lächerlich gemacht. Von ihnen allein, die die Zeichen der Zeit erkannt haben, kann noch Hilfe kommen. Es ist eine Bankrotterklärung eigener Machtlosigkeit, wenn Justiz­ organe und selbst die Armee häufig Einzelgänger und zwielichtige Individuen mit Aufträgen betrauen, die mit herkömmlichen, legalen Mitteln offenbar nicht zu lösen sind. Die durch Hollywoodfilme über die Pionierzeit des Westens stets genährte Hoffnung, am Ende würde am Horizont schließlich doch noch die rettende Kavallerie erscheinen, ist nunmehr vollständiger Ohnmacht und Resignation gewichen. Ein Fortschrittsoptimismus aus Tagen der Besiedlung des Landes hat dem Eingeständnis Platz machen müssen, dass sich der Mensch bereits in der biblisch vorausgesagten Endzeit befindet. Unterm Strich bleibt die ernüchternde Erkenntnis: Hilfe bei der Durchsetzung von Recht und Gesetz ist von den dafür vorgesehenen Institutionen nicht zu erwarten. Die Exekutive ist längst exekutiert worden.

5. Die Totengräber warten schon: Bestatter Die Luft in der Stadt ist bleigeschwängert. Ein Mann, der sich weigert, im Saloon einen überteuerten Preis für ein Bier zu bezahlen, wird dezent nach draußen gebeten und von mehreren Schützen auf offener Straße erschossen. In dem Moment, im dem sein Körper zu Boden sinkt, läuft eine Gestalt auf ihn zu. Es ist ein Chinese im schwarzen Anzug. Er hat ein Maßband in der Hand und misst die Körpergröße des Leichnams, der gerade eben noch lebendig war. So ist es zu erleben in der Anfangsszene von Schneller als 1.000 Colts. Am Ende taucht der Chinese nochmals auf. Das ist nur zu verständlich, denn es handelt sich um den undertaker, den Bestatter, der



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naturgemäß am Ende eines Italowestern noch einmal besonders viel zu tun bekommt. Something to do with death Der Tod ist im Italowestern allgegenwärtig. Er folgt einer sündhaften Welt auf dem Fuße, denn »der Tod ist der Sünde Sold« (Römer 6,23). Dementsprechend finden sich dort viele Männer, denen der Geruch des Todes anhaftet. Sie alle haben »something to do with death«110, wie es bereits Cheyenne (Spiel mir das Lied vom Tod) lehrte. Zu ihnen gehören einsame Rächer ebenso wie Kopfgeldjäger, Killer, Sheriffs, Revolverhelden, Banditen und Desperados aller Art – und ganz besonders auch Bestatter. Vertreter dieses Gewerbes kommen im klassischen amerikanischen Western selten vor. Hier wird eher ausgeblendet, was explizit auf den Tod hinweisen könnte. Tote Körper werden kaum gezeigt, Einschusslöcher noch weniger. Erschießungen werden in separaten Einstellungen gefilmt, als ob Täter und Opfer kaum etwas miteinander zu tun hätten. Die hässliche Fratze des Todes bleibt oft unsichtbar. Daher besteht auch kein Interesse daran, Menschen zu zeigen, deren Geschäft darin besteht, sich der Toten anzunehmen. Hier zeigt sich der Italowestern wiederum ehrlicher, indem er deutlich macht, dass Mord und Totschlag Folgen haben. In dieser Welt ist der becchino, der Totengräber, meist der einzige (neben dem Wirt), dessen Geschäft floriert. Er übersteht auch manchen Exodus der übrigen Bevölkerung, da es für ihn immer genügend zu tun gibt. Als »Händler des Todes« könnte es ihm anderswo gar nicht besser gehen. Je schlimmer die Zustände sind, umso mehr freut sich der Totengräber: »Dann blüht mein Geschäft« (Sartana). Auch der zwielichtige Morton in Johnny Madoc fühlt sich unter diesen Umständen wohl und ist sich sicher: »Früher oder später kommt ihr doch alle zu mir«. Sollte wider Erwarten doch einmal eine kurzzeitige Flaute im Gewerbe herrschen, so ist der Sargtischler der Erste, der sich darüber beschwert, dass niemand mehr umgebracht und kein Saloon mehr zertrümmert wird (Verflucht, verdammt und Halleluja). In der Regel haben die Vertreter dieser Zunft ein Gespür dafür, wo es für sie etwas zu holen gibt – ähnlich wie Aasgeier. In Gli fumavano le colt  … lo chiamavano Camposanto! (Ein Halleluja für Campo-

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santo, 1971) reist ein Bestatter in einer Postkutsche nach Harlington. Dort will er eine Sargtischlerei eröffnen, denn in dieser Stadt herrsche eine »Epidemie der Colts«. Der alte Mann und sein Lieferant Trotz seines meist schon vorgerückten Alters bei gleichzeitiger guter Auftragslage führt der Bestatter seinen Betrieb fast immer allein und ist zugleich auch Sargtischler und Totengräber. Mancher läutet auch zusätzlich zu bestimmten Zeiten die Friedhofsglocken (Fahrt zur Hölle, ihr Halunken). Andere sind gleichzeitig auch als Barbiere oder Mediziner tätig. Als findiger Geschäftsmann hat der Bestatter gleichwohl ein gutes Gespür für Menschen, die ihm als Partner bzw. vor allem als Zulieferer dienen könnten. Mit untrüglicher Nase wittert er den Tod und bemerkt vor allen anderen Einwohnern als erster jenen Mann, der neu in den Ort reitet und für eine Konjunktur seines Gewerbes sorgen wird. Bei der Ankunft des Revolverhelden oder Kopfgeldjägers ist er dessen erster Ansprechpartner. Er versucht sein Vertrauen zu gewinnen und wird den Todesschützen von nun an zu Höchstleistungen anspornen. Wiederum war es Leone, der diese Art der Kooperation erstmals darstellte. In Für eine Handvoll Dollar trifft Joe in dem verlassen wirkenden Ort auf Piripero (Josef Egger), der geschäftig an einem Sarg arbeitet, gleichzeitig aber den Fremden und seine Körpermaße sofort taxiert. Als Joe kurz darauf herausfordernd die Straße hinunter auf einige der Männer der Baxters zugeht, fallen mit einem kurzen Seitenblick auf den eifrigen Tischler die berühmten Worte: »Get three coffins ready!« (dt.: »Mach mal drei von deinen Kommoden einstiegsbereit!«). Nachdem sich die Zahl der von Joe Getöteten allerdings unerwartet auf vier erhöht hat, korrigiert Joe auf dem Rückweg den Auftrag: »My mistake: four coffins!« (dt.: »Gratuliere zum guten Geschäft! Wir brauchen vier.«). In Anche per Django le carogne hanno un prezzo (Auch Djangos Kopf hat seinen Preis, 1971) beauftragt der Held den Tischler ebenfalls mit der Bereitstellung von vier Särgen. In Zeig mir das Spielzeug des Todes kauft ein Fremder dem Sargmacher sogar sämtliche vorrätigen Modelle ab und sagt: »Mach weiter, bis ich dir sage, du sollst aufhören.« Das gestaltet sich derart profitabel für den Handwerker, dass er sogar einen Gehilfen anstellen muss, um die Nachfrage befriedigen



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zu können. In Joko invoca Dio  … e muori (Fünf blutige Stricke, 1970) hat der Totengräber sogar einen Exklusivvertrag mit dem Banditenboss Laredo. Weil es sich auszahlt, ermutigt der Bestatter in An den Galgen, Bastardo, der den Namen »Happy« trägt, immer wieder die beiden Kopfgeldjäger Johnny und Fred zu ihrer Arbeit, um damit auch sein Geschäft anzukurbeln. Kirchner, der Kopfgeldjäger in Für ein paar Leichen mehr ist beauftragt, einen Ort von drei Schutzgelderpressern zu befreien. Er ruft den Bestatter zu sich. Dieser soll den drei Halunken im Saloon seine verschiedenen Sargmodelle offerieren, unter denen sie sich die eigene künftige Heimstatt auswählen sollen. Also preist der Unternehmer seine Leistungen an: Die Särge seien aus bestem Holz, etwas »für die Ewigkeit«. Auch Namen könnten eingraviert werden. »Wer möchte nicht darin liegen?« Die Delinquenten können (oder wollen) sich nicht entscheiden, bis Kirchner sie erschießt und ihnen die Wahl abnimmt. Ähnlich geht es in Von Django – mit den besten Empfehlungen zu: Der alte, kauzige Bestatter wittert sofort ein gutes Geschäft, als Stan Ross alias Django in die Stadt kommt. Er schlägt ihm vor, »Hand in Hand« zu arbeiten und bietet an, ihn mit 20 Prozent des Gewinns für jedes Begräbnis zu beteiligen. Stan lehnt dies zwar ab, bestellt jedoch immerhin gleich neun Särge. Der Alte ist freudig überrascht: »Ist eine Epidemie im Anzug?« Er bekommt den Auftrag, einen der Särge in den Saloon zu liefern, woraufhin ein Verbrecher auch direkt erschossen wird. »Das nenne ich eine prompte Bedienung«, freut sich der Geschäftsmann; zumal der Todesengel nun einen Sarg nach dem anderen bezahlt und dann auch füllt. »Lieferung frei Haus  – ein angenehmer Kunde!« Von zwei verfeindeten Seiten erhält der Totengräber in Django – Die Totengräber warten schon seine Aufträge: Der Protagonist Johnny weist ihn an, auf dem Friedhof ein Grab für seinen verbrecherischen Onkel Claude Hamilton auszuheben und dazu auch ein Holzkreuz anzufertigen. Vorsichtshalber besteht der Totengräber aber auf Vorauszahlung, da Hamilton seinerseits ebenfalls ein Grab für Johnny bestellt hat: »Aber ein Holzkreuz ist dabei nicht vorgesehen.« Zum Schluss macht er jedoch ein besseres Geschäft als erwartet. So bittet er Johnny, dieser möge sich

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doch seiner Dienste erinnern, falls er demnächst noch irgendwo anders mit Verbrechern aufzuräumen gedenke. Die Nähe zwischen Revolverheld und Bestattungsunternehmer kann gelegentlich aber auch gefährlich für den Geschäftsmann werden. In Djangos Rückkehr fährt Django selbst mit einem Leichenwagen umher. Sein Gegner Orlowski macht daher Jagd auf sämtliche Bestatter. Einer von ihnen beschwert sich daraufhin bitterböse, dass sein Berufsstand so wenig geachtet werde. Django muntert ihn auf: »Komm morgen in den Ort. Es gibt eine Menge Arbeit für dich.« In Leichen pflastern seinen Weg werden Bestatter gar an ihrer Arbeit gehindert. Die Leichen sollen nicht beerdigt werden, bevor Loco und seine Bande nicht das Kopfgeld kassiert haben. So werden sie pietätlos unter den Schneemassen versteckt. Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang schließlich noch Arde Baby, arde (Lucky Johnny, 1975), eine späte mexikanisch-italienische Koproduktion. Hier stehen der Bestatter und sein Gewerbe ganz im Mittelpunkt. John Appleby ist ein fahrender Totengräber, ein offizieller Leichenbestatter mit einer Lizenz des Gouverneurs. Er reist von Ort zu Ort, um Tote zu begraben und bekommt dafür schriftliche Bestätigungen, die ihm später sein Geld einbringen. Da es in der öden Wüstengegend, in der er unterwegs ist, offenbar kaum Männer gibt, die ihm Leichen verschaffen könnten, löst er das Problem des Nachschubs auf seine eigene, konsequente Weise: Er schickt seinen Ziehsohn John jr., den er einst als Waise aufnahm und großzog, stets voraus in die Orte, durch die er zieht. Der Sprössling dezimiert dann die im Saloon versammelte männliche Bevölkerung, sodass der Alte die Leichen nur noch einsammeln muss. Trotzdem bleibt ihr Geschäft wenig lukrativ. Beide träumen vom Reichtum, der es ihnen ermöglichen würde, ein eigenes Bestattungsinstitut eröffnen zu können. Dabei entwickeln sie innovative Ideen, die heutiger Sepulkralkultur nahe kommen. Franco Pesce Der Typus des Bestatters im Italowestern ist nicht zu denken ohne den neapolitanischen Schauspieler Franco Pesce (1890–1975). Er kam schon früh zum Film und arbeitete zunächst vor allem als Kameramann, bevor er ab den 40er Jahren zur Schauspielerei wechselte. Im Italowestern wur-



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de er aufgrund seines Alters und seiner Statur vorrangig zum bejahrten, kauzigen Bestatter; ein gutmütiges kleines Männchen mit verschmitztem Blick und lockeren Sprüchen auf der Zunge. Mit dem Helden verbindet ihn ein fast großväterliches Verhältnis. Ihm geht es nicht nur um seinen Gewinn. Er ist dem Helden auch persönlich zugetan und spart nicht an guten Ratschlägen. Mit seinen Darstellungen wurde Pesce beispielhaft für dieses Rollenfach, in dem er in folgenden Filmen auftrat: Por qué seguir matando? (Jetzt sprechen die Pistolen, 1965): Pesce als Bestatter Sam, der sagt: »Ich bin die einzige Respektsperson in diesem Ort. Ich schreibe auf, wer geboren wird und streiche aus, wer gestorben ist.« Non aspettare Django, spara (Django – Dein Henker wartet, 1967): Hier versucht der Sargtischler wiederholt vergeblich, einen finanziellen Vorschuss auf seine Arbeit zu erhalten. Entnervt beklagt er sich: »Immer auf die kleinen Handwerker! Zuletzt sind wir die Dummen.« Ein Colt für hundert Särge: Auch als »Old Ben« zeigt er sich manchmal melancholisch: »Mit meinem Geschäft will keiner zu tun haben!« Django  – Den Colt an der Kehle: Nach eigenen Angaben ist er »ein alter Hase, mehr als vierzig Jahre im Geschäft«. Daher gibt er auch nicht einfach eine Leiche heraus, auf die eine Belohnung ausgesetzt ist; es sei denn, man zahlt ihm etwas dafür. Sartana – Bete um deinen Tod: Der Bestatter heißt »Dusty«. Im Mittelpunkt der Handlung stehen viele seiner Särge, in denen angeblich oder auch tatsächlich Gold transportiert wird (I Abb. 15). Sartana – Noch warm und schon Sand drauf: An der Tür des Beerdigungsinstituts hängt ein Zettel: »Bitte mit dem Sterben zu warten – bin gleich wieder da.« Sartana produziert für den Inhaber Leichen am laufenden Band und übernimmt oft sogar die gesamten Beerdigungskosten.

Daneben sei auf Sartana – Töten war sein täglich Brot verwiesen. Sein Originaltitel lautet: Sono Sartana il vostro becchino (dt.: Ich bin Sartana, euer Totengräber). Wo Sartana diese Aufgabe höchstpersönlich übernimmt, bleibt für Franco Pesce kein Platz am Grab. Er spielt deshalb hier den Bürgermeister  – wie auch in weiteren Filmen Ärzte, Bankdirektoren, Doktoren, Fotografen, Wissenschaftler, Spieler, Goldgräber – oder einfach alte Männer.

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Ein blühendes Gewerbe Bestatter und ihre Arbeit bringen immer ein Stück Abwechslung und vor allem eine Note morbiden Humors in die Handlung ein, die der Grundtendenz dieser Filme entspricht. Von den zahlreichen Vertretern eines stets blühenden Gewerbes seien auch hier einige genannt: Vier Brüder übernehmen in I magnifici Brutos del West (o. dt. T., 1964) ein Bestattungsunternehmen ihres verstorbenen Onkels. In Für 1.000 Dollar pro Tag begibt sich der Totengräber mit einem Sarg zur Clark-Ranch, dem Wohnsitz mehrerer Brüder, die für den Tod einer Familie verantwortlich sind. Der Sarg sei bereits bezahlt, gibt der Überbringer zu verstehen. Die auszurichtende Botschaft lautet: »Lon Clark, in drei Tagen bist du tot!« So geschieht es dann auch. Als nächstes erscheint eine Trauergesellschaft auf der Ranch mit der Nachricht, Wayne Clark sei gestorben. Auch dies erfüllt sich. Zuletzt erhält Jason Clark die schriftliche Mitteilung, nun sei er dran. Überflüssig zu erwähnen, dass auch dies so geschieht. Der Bestatter in Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern ist eine unangenehme Gestalt. Er paktiert mit den Verbrechern im Ort und erweist sich als Konkurrenz zum Arzt: Dessen Patienten landen direkt bei ihm, noch bevor es ihnen möglich war, eine medizinische Behandlung in Anspruch zu nehmen. Gonzalvo in Yankee ist sowohl Bestatter als auch Barbier. So kommt er über die Runden, denn: »Kunden, die du als Barbier verlierst, gewinnst du als Totengräber wieder.« Der Totengräber »Scratchy« in El Cisco (1966) wohnt direkt auf einem Höhlenfriedhof, wo er mit den Toten redet (u. a. mit Abraham Lincoln, der dort liegen soll). Der chinesische Bestatter in Django – Sein Gesangbuch ist der COLT ist ebenso als Schmied, Saloonpianist und Blasrohrschütze aktiv. Er zitiert Konfuzius, weiß immer alles besser und möchte für jede noch so geringe Auskunft Geld sehen. Auch in 1.000 Dollar Kopfgeld ist der Bestatter ein Chinese. Er kennt den berüchtigten Revolverhelden Silver vom Hörensagen durch seine Berufskollegen und weiß daher: »Der bringt immer gute Geschäfte.« Ein dritter Chinese im Gewerbe ist Chang in Stirb oder töte. Er ist stets besorgt darum, dass für seine Leistungen auch gezahlt wird.



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In Mein Leben hängt an einem Dollar verstecken sich Alan Burton und der Mestize Hondo auf ihrer Flucht aus der Stadt in Särgen. Der Totengräber gibt sich daraufhin zerknirscht: »Das ist mir in fünfzig Jahren nicht passiert! Wenn ich einen in der Kiste hatte, blieb er auch drin.« Der in der deutschen Fassung leicht sächselnde Sargtischler in Gott vergibt  … wir beide nie! arbeitet gleichzeitig auch als Uhrmacher, da die Nachfrage nach seinen Produkten spürbar zurückging, nachdem eine Bande von Desperados seinen Ort verlassen hatte. Duke, der Bestatter in Hasse deinen Nächsten trinkt aus einer Schnapsflasche, die in einem Minisarg lagert. Ein Schild mit der Aufschrift »Back soon« hängt an der Tür seiner Tischlerwerkstatt – wahlweise aber auch an einem seiner Särge. Der engagierte Sargtischler in All’ovest di Sacramento sieht aus wie Charlie Chaplin und taxiert mögliche Klienten stets mit fachmännischem Blick. Der Bestatter in Una colt in mano al diavolo (o. dt. T., 1973) ist verängstigt, da die Leute des mächtigen Bosses Warner ihn an der Arbeit hindern. Doch bald bekommt er dank der »Aufräumarbeiten« Roy Kosters zahlreiche neue Kunden. Willy, ein für dieses Gewerbe recht junger Mann (Kopfgeld für einen Killer) liegt gern einmal im selbstgefertigten Sarg. Über seine Profession sagt er: »Des einen Leid ist des anderen Freud.« In Il suo nome er a Pot  … ma  … lo chiamavano Allegria (Sein Name war Pot – aber sie nannten ihn Halleluja, 1971) verrichtet ein alter Totengräber seine Arbeit, indem er Sprengstoff verwendet, um Gräber auszuheben. Über seinen Beruf sagt er: »Das ist ein sicherer Job. In dieser Gegend gibt es immer was zu tun.« Der Totengräber Timotheus in Der kleine Schwarze mit dem roten Hut lässt sich sofort die Maße jedes fremden Ankömmlings geben, vor allem die des neuen Sheriffs. Im Gegensatz zu anderen Einwohnern wäre er gar nicht froh darüber, wenn der Bandit »El Moro« gefasst würde. Dies würde sein Geschäft ruinieren. Vier Fäuste und ein heisser Ofen kann mit einem besonders engagierten Sargtischler aufwarten, der mit Überzeugung seine einzelnen Modelle anpreist. Daraufhin wird er genötigt, selbst in einen davon zu steigen. Er wehrt sich aus zwei Gründen: weil er nachtblind wäre und weil das gewählte Modell ausgerechnet das billigste sei.

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Eine erwähnenswerte Ausnahme bildet der griesgrämige Totengräber in Una forca per un bastardo (Eine Kugel für den Bastard, 1968); handelt es sich hier doch um einen recht unmotivierten, stets überforderten Vertreter der Zunft. Das Wetter ist ihm zu heiß, um Gräber auszuheben. Lieber klagt er im Saloon dem Postboten sein Leid: »Du kommst wenigstens mit Leuten zusammen. Ich nur mit Leichen.« Drohen Tumulte, verdrückt er sich: »Besser, ich gehe jetzt. Ich komme sonst nicht mehr nach.« Die besondere Rolle des Bestatters ist zweifellos eine Eigenheit des Italo- bzw. Eurowestern. Spätere Filme wurden davon offenbar beeinflusst. Bereits ein Jahr nach Für eine Handvoll Dollar erhielt der Leichenbestatter eine größere Rolle in Carry on Cowboy (Ist ja irre – der dreiste Cowboy, 1965), der Westernpersiflage innerhalb der britischen Carry-on-Filmreihe. Auch er nimmt ständig Maß bei zahlreichen Toten und wartet sogar vor dem Saloon auf potentielle Neukunden. In manchen späteren Hollywoodfilmen, die sich als Hommage an dieses Genre zu erkennen geben, taucht diese Berufsgruppe ebenfalls wieder auf: so in Walter Hills Last Man Standing (1996) oder in Sam Raimis Schneller als der Tod – hier in Gestalt des alten Woody Strode in seiner letzten kleinen Rolle.

6. Es geht um deinen Skalp, Amigo: Ärzte und Barbiere Bei Bestattern kann man nicht unbedingt davon ausgehen, bei Sheriffs möglicherweise schon eher, bei Medizinern ungleich mehr: Sie haben ihren Beruf einstmals nicht zuletzt aus idealistischen oder altruistischen Motiven ergriffen. Aufgrund dessen wirken Ärzte wie Fremdkörper im Universum der Italowestern. Sie müssen daher ebenso wie aufrechte Gesetzeshüter die für sie schmerzliche Erfahrung machen, dass ihre Anwesenheit und ihr medizinisches Geschick obsolet geworden sind. Desinfiziert von außen und innen Die beruflichen Herausforderungen für einen Arzt sind in diesem Genre nicht groß: Viel zu flicken gibt es nicht. Die Protagonisten leisten ganze Arbeit und lassen meist nur Leichen zurück. Der Arzt erscheint dann erst post mortem, um lediglich wortlos, aber bedeutungsschwer den Kopf zu

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schütteln und den Totenschein auszustellen. Noch deprimierender: In Django – Wo steht dein Sarg? wird der Doktor mitten in der Nacht zum Patienten gerufen und muss feststellen, dass dieser verschwunden ist – bereits begraben! Oder aber die Angehörigen eines Schwerkranken verzichten aus Kostengründen darauf, einen Arzt zu rufen, um das Geld lieber in das ohnehin zu erwartende Begräbnis zu investieren (Eine Kugel für den Bastard). Oft scheint es auch gar nicht geraten, sich in die Hände von Medizinern zu begeben. Nicht wenige von ihnen haben längst vor der sie umgebenden todbringenden Gewalt kapituliert und sich ebenso wie zahlreiche Sheriffs dem Alkohol ergeben. Dazu zählt Doc Russell (José Calvo) in Due volte Giuda (2x Judas, 1968), Dr. Higgins (Lionel Stander) in Giubbe rosse (Die Rotröcke, 1975) oder der Arzt an der Bar in Für eine Handvoll Blei, der seine Rechnung nicht mehr bezahlen kann. Der verbittert-zynische Mediziner in Per un dollaro di gloria (o. dt. T., 1966) trinkt auch zuviel, wird aber von einer Frau auf den rechten Weg zurückgebracht. Bevor solche gescheiterten Existenzen Wunden mit Whisky desinfizieren, müssen sie erst selbst einen kräftigen Schluck aus der Flasche nehmen. Mancher von ihnen wächst trotzdem im Laufe der Handlung über sich hinaus. Der Arzt und Trinker in Blutiges Blei hat zu Beginn noch große Angst vor den Verbrechern, sagt aber später gegen sie aus. Selbst sterbend holt er noch die Kugel eines Steckschusses aus dem Arm des Helden. Im Mittelpunkt des Films Der Mann, der kam, um zu töten steht ein ehemaliger Chirurg, der sein Dasein nun als Alkoholiker und Falschspieler fristet. Als bei einer Schießerei jedoch ein Junge schwer verletzt wird, sieht er sich gezwungen, ihn zu operieren und findet wieder zu sich selbst. Auch Terence Hill als Titelgestalt in Doc West (Doc West – Nobody ist zurück, 2009) und Triggerman (Doc West – Nobody schlägt zurück, 2009) verdient sein Geld nicht mehr mit dem Skalpell, sondern mit den Spielkarten. Bei ihm handelt es sich – aus theologischer Perspektive – um einen, der Buße tut. Als er einst in alkoholisiertem Zustand eine Frau operierte, starb die Patientin. Seither sorgt er für den Unterhalt der durch ihn zur Waise gewordenen Tochter. Da also die Tätigkeit als Mediziner allein keine großen Entfaltungsmöglichkeiten bietet, müssen Nebenbeschäftigungen her:

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In der frühen, vorrangig deutsch geprägten Koproduktion Die Flusspiraten vom Mississippi (1963) arbeitet der Arzt zugleich als Totengräber – nach dem Motto: »Eine Hand wäscht die andere.« Dr. Curtis in Quel caldo maledetto giorno di fuoco (Django spricht kein Vaterunser, 1968) ist nicht nur Dentist (der einem Patienten den falschen Zahn zieht), sondern auch Agent der Pinkerton-Detektei. Umgekehrt verhält es sich mit »Professor« Tom Cooper in Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern: Einst der beste Mann bei Pinkerton, bildet er inzwischen Frauen an der Waffe aus oder ist inkognito als Arzt in Snake Valley tätig. Da man seine Anwesenheit dort jedoch nicht schätzt, werden seine Patienten systematisch vergrault oder segnen noch vor einer möglichen Behandlung das Zeitliche. Der Zahnarzt Trevor in Eine Kugel für MacGregor handelt, zumal er als fahrender Mediziner unterwegs ist, auch mit Arzneien und Tinkturen. Zwei älteren Herren verrät er, dass er auch Hilfsmittel gegen Impotenz im Angebot habe. Der stets mit lateinischen Sentenzen um sich werfende Arzt in Drei Amen für den Satan ist sowohl Zahnarzt als auch Veterinärmediziner. Ob er allerdings entsprechende Berufsabschlüsse besitzt, erscheint fraglich angesichts dessen, dass er zeitweilig ebenso als Mönch oder Senator unterwegs ist. In Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle ist der wenig vertrauenerweckende »Denty« Zahnarzt, Schmied und Totengräber zugleich. Dr. Janus Saxon in Meine Kanone, mein Pferd  … und deine Witwe praktiziert schon lange nicht mehr, sondern hat ein anderes Talent entdeckt: Er lebt vom fachmännischen Öffnen von Banktresoren. Eine Blinddarmoperation kann er dennoch, wenn unbedingt nötig, durchführen. Als besonders vielseitig muss Dr. Clamm in Spiel dein Spiel und töte, Joe bezeichnet werden: Er ist Arzt, Barbier, Veterinär, Totengräber, Geldwechsler – und Trinker. In der Bibel kennt er sich ebenfalls aus. Zudem erweist er sich als ein guter Schütze im Kampf gegen eine Verbrecherbande. Der Mediziner in Im Staub der Sonne ist vorrangig als Tierarzt tätig. Als solcher empfiehlt er im Fall eines kranken Schweins die Amputation eines Beins. Es solle dann durch ein Holzbein ersetzt werden. Nebenher muss der Veterinär jedoch auch Kugeln aus Menschen entfernen.

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Wie überall gibt es auch unter Ärzten gute und schlechte Menschen. Erstere müssen ihr Engagement regelmäßig mit dem Tod bezahlen. Gutes zu tun zahlt sich in dieser Welt eben nicht aus. In Der Mann mit der Kugelpeitsche ist der Doktor der einzig gute Weiße. Getreu dem Hippokratischen Eid hilft er inmitten einer rassistischen Umgebung unentgeltlich der mexikanischen Freundin des Chinesen Shanghai-Joe. Dafür wird er später von Klaus Kinski skalpiert. In Satan der Rache ist der zum Krüppel geschossene Arzt der Einzige, der dem – hier »guten« – Kinski hilft. Der zunächst verängstigte Mediziner in Keoma – Das Lied des Todes wird ermutigt, gegen den Willen der den Ort beherrschenden Bande seinen Patienten dringend benötigte Medikamente gegen Pocken zu verschaffen. Auch in Johnny Madoc gibt es einen integren Arzt. Der Bandit Tyne zerschlug ihm einst die Hände – aus Wut darüber, dass bei einem seiner Männer jegliche medizinische Hilfe zu spät kam. Auch dieser Mediziner muss am Ende sterben. Hingegen lebt Dr. Lynn in Kopfgeld: 1 Dollar nach außen hin zwar ehrbar, ist aber in Wahrheit ein früherer Bandit, der die Tochter eines Bankiers nur ehelichte, um an Geld zu gelangen. Der Arzt in Mögen sie in Frieden ruhen spielt lieber Poker im Saloon, als einer Bitte um Hilfe für eine schwer erkrankte junge Frau nachzukommen. Möglicherweise aus Mangel an guten Ärzten muss mancher Laie selbst Hand anlegen; vor allem wenn es darum geht, Kugeln aus dem eigenen oder dem Körper anderer zu entfernen. Einen Höhepunkt derartiger medizinischer Eingriffe bildet die Operation, die Halleluja (Man nennt mich Halleluja) an einem Verwundeten vornimmt: Er entfernt eine Kugel mittels Korkenzieher. Gefahrenzone barber shop Eng verwandt mit dem Berufsbild des Arztes ist das des Barbiers. Er hat zwar nicht studiert, aber kümmert sich ebenfalls um das körperliche Wohlbefinden seiner Kunden. Er frisiert, rasiert, zieht manchmal auch Zähne. Manche Barbiere betreiben zusätzlich öffentliche Badeeinrichtungen, nicht selten mit Dampfbad. Die Aufmerksamkeit des Helden im Italowestern gilt zwar nicht vorrangig seiner Körperpflege; trotzdem sucht er hin und wieder den Barbier auf, vorzugsweise um sich rasieren zu lassen.

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Auch in diesem Metier haben wir es mit Mehrfachbegabungen zu tun. Auffällig ist die Kombination von Barbier und Totengräber: so in Sansone e il tesoro degli Incas (Samson und der Schatz der Inkas, 1964), Yankee und Blutrache einer Geschändeten. In Rache in El Paso ist der Barbier gleichzeitig der Priester. Angesichts der Tatsache, dass Friseuren bis heute häufig die Rolle säkularisierter Seelsorger und Beichtväter angetragen wird, passt diese Kombination durchaus. Es bleibt noch Dr. Clamm in Spiel dein Spiel und töte, Joe, dessen vielfältige Talente bereits genannt wurden. Wer sich näher mit dem Italowestern beschäftigt, wird eine erstaunliche Feststellung machen: Im Barbiergeschäft lauert ständig Gefahr! Die Platznahme im Frisiersessel gleicht jener auf einem elektrischen Stuhl. Dem Rasiermesser an der Gurgel muss mit höchster Alarmbereitschaft begegnet werden; denn was gemeinhin als ein friedlicher Ort der Körperpflege und des Wohlbefindens gilt, kann sich blitzschnell als Todesfalle herausstellen. Damit wird abermals deutlich, dass ein geschützter Ort im Western italienischer Prägung eben nirgendwo zu finden ist. Das ist in fast jeder Szene zu beobachten, die in einem barber shop spielt: In dem Frühwerk I gemelli del Texas wird ein Salon, in dem gleich vier Barbiere ihrem Handwerk nachgehen, von Banditen überfallen. Diese können jedoch in die Flucht geschlagen werden. Der aus dem Gefängnis entflohene Ted Barnett (Der lange Tag der Rache) sieht aus wie der Graf von Monte Christo nach seinen vierzehn Jahren im Château d’If. Darum geht er schleunigst zum Barbier. Dabei handelt es sich um den Mexikaner Gomez, der mitschuldig ist an der Einkerkerung des Unschuldigen. Barnett muss daher während der Rasur sehr auf seinen Hals aufpassen und erschießt den Barbier nach getaner Arbeit. Tinto Brass’ Yankee geht gleich dreimal im Film zur Rasur. Jedes Mal ist es gefährlich. Gleich zu Beginn erschießt er durch einen Frisierumhang hindurch einen Banditen, der Schutzgelder kassieren will. Beim zweiten Mal wird er von einem der Männer des Banditen Concho mit dem Rasiermesser bedroht und genötigt, ihm zu folgen. Während der dritten Rasur will man ihn erschießen, was er selbstverständlich nicht duldet (I Abb. 16). O’Bannion (Bud Spencer) sitzt vorsorglich bereits mit gezogener Waffe bei dem sichtlich nervösen Barbier (Heute ich  … morgen du!).

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Der dicke »Portugiese« wird vom Barbier eingeseift, als plötzlich der »Colonel«, sein Rivale um die Beute aus einem Bankraub, mit dem Rasiermesser hinter ihm steht (Django  – Wo steht dein Sarg?). Damit nicht genug, entpuppt sich der Kunde auf dem Nebenstuhl als Glenn, der Dritte im Bunde, der den Colt unter dem Frisierumhang trägt. Er sperrt die beiden anderen samt dem Barbier ins Dampfbad und wirft den Schlüssel fort. Ebenfalls in einem chinesischen Dampfbad wird Sartana von mehreren Killern angegriffen (Sartana kommt). Diese bringen sich allerdings im undurchsichtigen Nebel teilweise gegenseitig um. Für Sartana wird es auch im Frisierstuhl brenzlig – mehr aber noch für seinen Herausforderer (Sartana – Töten war sein täglich Brot). Nochmals Sartana: Als er beim Barbier sitzt, nähert sich dem Geschäft ein Wagen mit drei Särgen, aus denen sich drei Gewehrläufe auf ihn richten (Sartana – Noch warm und schon Sand drauf ). Er zieht am Hebel des Frisierstuhls und geht so in der Waagerechten in Deckung. Ein eingeseifter Kunde eines Barbiers erschickt, als er Sartana in die Stadt reiten sieht (Django sfida Sartana). Ein anderer Kunde sieht sich während seiner Rasur plötzlich von Django statt vom Barbier eingeseift. Der Revolverheld möchte Informationen und setzt das Rasiermesser ein, um seiner Bitte Nachdruck zu verleihen (Quel maledetto giorno d’inverno  … Django e Sartana all’ultimo sangue). Der auf Reinlichkeit bedachte Agent Pinkerton (Hai sbagliato  … dovevi uccidermi subito!) sucht mehrfach den Barbier auf. Diesem zittern derart die Hände, dass man Mut braucht, um sich von ihm rasieren zu lassen. Während des zweiten Besuchs im Salon wartet ein Attentäter auf Pinkerton, der aber nur den Barbier trifft und ihn so von seinem Tremor erlöst. Der Sheriff kann nichts mehr für ihn tun, außer ihm die Hände zusammenzulegen, die nun für immer ruhen. Der österreichische Waffenhändler Johannes Krantz wird ausgerechnet während seiner Rasur von Halleluja empfindlich gestört, der ihm das Rasiermesser an die Kehle setzt (Man nennt mich Halleluja). Der Barbier Manolo (Luciano Pigozzi) erbleicht urplötzlich, als sein Kunde Roy während der Rasur den Namen seines toten Freundes erwähnt: »Einen Gruß von Emiliano!« Von schlechtem Gewissen getrieben greift er zur Waffe – allerdings zu spät (Knie nieder und friss Staub). Die Angst, die sich daraufhin im Ort breitmacht, nahm im Barbierladen ihren Anfang.

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Die Quintessenz zu diesem Motiv lieferte einmal mehr Sergio Leone 1973111 in Mein Name ist Nobody. Bekanntlich wirkte er hier nicht nur als Produzent, sondern drehte in diesem ansonsten von Tonino Valerii verantworteten Film die Anfangsszene beim Barbier, die mit der Schlussszene (ebenfalls beim Barbier) korrespondiert. Die jeweiligen Geschäftsinhaber spielen dabei allerdings gar keine Rolle, sondern sind stets durch Killer ersetzt worden, die ihren Opfern an die Kehle wollen. Für den alternden, erfahrenen Jack Beauregard ist es jedoch keine Frage, dass er dem sich seinem Hals nähernden Rasiermesser nur mit entsichertem Colt begegnet. Bei Nobody in der analogen Szene zum Schluss ersetzt der gestreckte Zeigefinger den Revolverlauf. Denn von seinem Lehrmeister empfing er zuvor eine der wichtigsten Überlebensregeln im Italowestern: »Solltest du einmal bei einem Barbier sein, vergewissere dich, dass in dem Kittel auch immer der Richtige steckt!«

7. Ein Zirkus und ein Halleluja: Fahrendes Volk Bürgerliche Werte, Normen und Verhaltensweisen sind der Welt des Italowestern abhanden gekommen. Weil ein funktionierendes Gemeinwesen nicht mehr existiert, kann es den Menschen weder Schutz oder Geborgenheit noch Heimat geben. Aus diesem Grund tummeln sich in diesem Genre viele Entwurzelte und Heimatlose. Dazu gehören vagabundierende Banditen oder Söldner ebenso wie Kopfgeldjäger auf der Suche nach dem nächsten Opfer; gleichfalls auch der ruhelose Rächer, dem Frau und Heim gewaltsam genommen wurden. Sie alle sind die letzten Ausläufer einer großen Völkerwanderung, die ihren Ursprung in der Pionierzeit nahm, in der Siedler aus vielen Ländern unter großen Strapazen nach Amerika kamen, um dort wiederum unter dem Wahlspruch »Go west!« weiterzuziehen und sich neuen Lebensraum zu erschließen. Nicht wenige von ihnen waren christliche Pilger, die in ihren europäischen Heimatländern verfolgt wurden und fliehen mussten. Sie erfuhren oft schmerzhaft am eigenen Leib, was es real bedeutet, dass in der Bibel sowohl das von Gott erwählte Volk Israel als auch später die Gemeinde der Christen (vor allem im Hebräerbrief ) als das »wandernde Gottesvolk« bezeichnet werden. Weil Menschen, die sich im Glauben mit Gott verbunden wissen, zwar »in dieser Welt, je-



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doch nicht von dieser Welt« sind (in Anlehnung an Stellen wie Johannes 15,19; 17,16 u. a.), können sie sich nie vollständig in der diesseitigen Welt einrichten, sondern bleiben ein Leben lang auf dem Weg zu ihrer ewigen Heimat: »Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir« (Hebräer 13,14). Diese Überzeugung mag manche getröstet und gestärkt haben, die unter oft großen Entbehrungen mit Siedlertrecks den amerikanischen Westen erschlossen. Im Italowestern sind diese Zeiten längst vorüber. Nordamerika nennt sich nun »zivilisiert«. Die Ureinwohner werden in Reservaten domestiziert. Im Zuge der Entwicklung des Kapitalismus hält der technische Fortschritt Einzug, der das Leben erleichtern soll. Allein der Mensch ist derselbe geblieben und erweist sich auch unter den veränderten Lebensbedingungen weiterhin als Raubtier. So kommt es, dass aus Profit- und Machtgier wiederum Menschen Haus und Hof verlassen müssen. Der Italowestern zeigt dabei ein ungeheures Gewaltpotential auf, das Menschen reihenweise zwingt, nach einem mühevollen Prozess der Sesshaftwerdung ihre oft über Generationen hinweg aufgebauten Farmen und Gehöfte aufzugeben und erneut einer unsicheren Zukunft entgegenzuziehen. Auch sie reihen sich ein in die große Schar der umherziehenden Heimatlosen, deren Schicksal systembedingt ist. Neben solchen, die aufgrund äußerer Umstände heimatlos geworden sind, gibt es diejenigen, die von je her ein Nomadendasein führen, da es genuin zu ihrem Beruf gehört. Zu dieser Gruppe zählen Zirkusleute und Schausteller, Angehörige von Ballettgruppen oder Wanderbühnen ebenso wie fahrende Händler, Quacksalber und Scharlatane jeder Art. Sie alle sind stets auf der Durchreise, versuchen mehr schlecht als recht ihren Lebensunterhalt zu verdienen, um schnellstmöglich weiterzuziehen. Die Verhältnisse, die sie vor Ort antreffen, können sie ohnehin nicht zum Bleiben reizen. Zirkusleute Wie das italienische Genrekino überhaupt setzt auch der Italowestern auf visuelle Effekte und Schauwerte. Auf die in einer Vielzahl beschäftigten Stuntmen kamen hier bedeutsame Aufgaben zu. Nicht wenige von ihnen hatten bereits umfangreiche Erfahrungen im Sandalenfilm gesammelt und schafften mühelos den Übergang zum Italowestern, der sie wiede-

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rum ein Jahrzehnt lang ernähren konnte. Zu nennen sind hier Männer wie der maestro d’armi Nazzareno »Neno« Zamperla, ebenso Riccardo Pizzuti, Pietro Torrisi, Nello Pazzafini, Franco Fantasia oder Sal Borgese, denen im Laufe der Zeit neben ihrer eigentlichen Profession auch schauspielerische Aufgaben zuwuchsen, die sich in mehr oder weniger umfangreichen Rollen niederschlugen. Selbst einige spätere Protagonisten des Genres wie Giuliano Gemma, Fabio Testi oder Peter Martell hatten ursprünglich einmal als Stuntmen begonnen und ersparten den Produzenten später oft den Einsatz von zusätzlichen Doubles. Von Schauwerten lebt ebenfalls die Welt des Zirkus. Es lag also nahe, Motive und spektakuläre Aktionen aus diesem Milieu auch dem Italowestern hinzuzufügen. Dazu kommt der Umstand, dass eine größere Anzahl dieser im italienischen Film tätigen Stuntleute ursprünglich vom Zirkus kamen und gelernte Artisten und Akrobaten waren. Vereinzelte Beispiele dieser Herkunft kannte auch Hollywoods Kino. Zu erinnern ist dabei an den »singenden Cowboy« Ken Maynard und seinen Bruder Kermit, aber ebenso an einen später großen Charakterdarsteller wie Burt Lancaster, der zunächst als ausgebildeter Akrobat arbeitete. Dabei trat er zusammen mit seinem Partner Nick Cravat auf, der später auch als sidekick in einigen Filmen an seiner Seite spielte (in Rollen, wie sie in Italien auch der ihm ähnlich sehende Sal Borgese übernahm). Im Blick auf den Italowestern sind vor allem die Familien Ukmar und Dell’Acqua zu nennen. Franco Ukmar und seine fünf Brüder Bruno, Clemente, Giancarlo, Giovanni und Sergio gehörten zu den meistbeschäftigten Stuntmen. Ebenfalls vom Zirkus kamen die elf (!) Geschwister Dell’Acqua, von denen Alberto, Arnaldo, Enzo, Ottaviano, Roberto, aber auch die Schwester Fernanda ab Mitte der 60er Jahre als Stuntleute arbeiteten. Alberto trat dabei auch zunehmend als Darsteller größerer Rollen in Erscheinung: zunächst als »Cole Kitosch«, später unter dem zugegebermaßen großspurig klingenden und durch nichts zu rechtfertigenden Pseudonym »Robert Widmark«. Man kann daher in einigen Filmen zirzensische und akrobatische Einlagen erleben, ohne dafür sogleich ein Subgenre des »Zirkuswestern« konstatieren zu müssen. Dazu gehören vor allem Werke von Giuseppe Colizzi und Gianfranco Parolini (alias »Frank Kramer«).



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Bereits in Colizzis Vier für ein Ave Maria tritt mit Brock Peters als Seiltänzer ein Zirkusakrobat auf, der mit Frau und Wagen von Ort zu Ort zieht und seine Talente nebenher auch für einen Einbruch nutzt. Der Nachfolgefilm Hügel der blutigen Stiefel spielt nun gänzlich im Zirkusmilieu. Lionel Stander stellt den Direktor des Unternehmens dar, der auch als Wahrsager tätig ist. Woody Strode ist der ehemalige Revolverheld Tom, der mittlerweile als Artist arbeitet. Es gibt eine Akrobatengruppe, ein aus Kleinwüchsigen bestehendes Orchester und ein Damenballett. Der Zirkus gastiert in einer Stadt, die von dem skrupellosen Kapitalisten Fisher beherrscht wird. Den Höhepunkt des Films stellt eine Zirkusvorstellung dar, die zu einem Tribunal gerät: In einer Pantomime stellen die Künstler unverblümt die Machenschaften Fishers und seiner Company dar: Goldsucher, auf deren Grundstücke es die Spekulanten abgesehen haben, werden geschlagen; die Namen von Getöteten werden aufgezählt. Abwechselnd mit der Spielszene zeigt die Kamera die wahren Täter, die im Publikum sitzen und gezwungen sind, das sie entlarvende Schauspiel mit anzusehen. Die Bewohner des Ortes werden dadurch ermutigt, gegen ihre Unterdrücker vorzugehen. Während Colizzi – zumindest in dem letztgenannten Film – auch eine soziale Botschaft vermitteln will, steht bei Parolini der Unterhaltungswert zirzensischer Darbietungen im Vordergrund: In Sabata kommen die Talente der Akrobatentruppe »Virginian Brothers« Gangstern beim Einbruch in eine Bank zugute. Die Artisten werden jedoch bald als Mitwisser beseitigt. Sabata selbst hat neben dem Messerwerfer Carrincha auch einen stummen Artisten im Gefolge. Gleich zwei Akrobaten begleiten den Helden sowohl in Adios Sabata als auch in Sabata kehrt zurück. Im letztgenannten Streifen hat sich der Titelheld sogar selbst einem Zirkus angeschlossen. Er tritt in Showvorstellungen als Kunstschütze auf. In folgenden Filmen sind weitere Zirkusleute zu erleben: Viva Maria!: Der Mischung aus Zirkus und Varieté ist die Erfindung des Striptease zu verdanken. Die Artisten zeigen überdies ausgiebig ihr Können bei der Einnahme der Stadt San Miguel. Ein Zirkus und ein Halleluja: »Circus Splendor« ist ein aus Europa stammender Wanderzirkus. Unter der Leitung des Vaters (Spartaco

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Conversi) sorgen die drei Brüder (Tony Kendall, Pietro Torrisi, Alberto Dell’Acqua) handfest für Gesetz und Ordnung. Zeig mir das Spielzeug des Todes: Hier betreibt Craig Hill als Direktor einen Wanderzirkus. Il Pistolero segnato da Dio: Nello Pazzafini spielt den Zirkusdirektor, Anthony Steffen den traumatisierten Kunstschützen Gary McGuire, der gegen die Bande von Owl Roy kämpfen muss. Akro­baten, geschminkte Clowns und andere Zirkusleute helfen ihm dabei. Oremus, Alleluja e Così Sia: Die drei Titelhelden helfen einer jungen Frau, ihren geerbten Zirkus zu retten. Tutti per uno  … botte per tutti (Alle für einen – Prügel für alle, 1973): Der deutsche Baron von Gruppen unterhält den »Von Gruppen International Circus«, zu dem diverse Jongleure und Clowns gehören, die per Zug von Ort zu Ort reisen. Dicke Luft in Sacramento: Dante Maggio betreibt als »Drakeman« einen Ein-Mann-Zirkus. Amore, piombo e furore (China 9, Liberty 37, 1978): Die Protagonisten Clay und Catherine treffen bei ihrer Flucht auf einen Kleinwüchsigen, der sie zu seinem Zirkus führt.

Schausteller Neben den Zirkuskünstlern bereichern auch Schausteller und ein buntes Jahrmarktstreiben die Szenerie. Nicht selten finden sich die Filmhelden inmitten dieser Vergnügungen wieder, um ihre Kräfte unter Beweis zu stellen. In Django – Die Nacht der langen Messer wartet die Kirmes mit Attraktionen wie dem Feuerschlucker »Flammender Bill« oder einem Hünen namens John auf, der gegen Woody Strode im Tauziehen antritt und verliert. Auch bei einem Schaukampf im Boxen hat der Gegner keine Chance, wenn der Herausforderer Bud Spencer heißt (Vier für ein Ave Maria). Öffentliche Boxkämpfe gibt es auch in Sie kamen zu viert um zu töten; dazu einen Künstler, der, die Peitsche schwingend, eine Dame von ihrer lästigen Oberbekleidung befreit. Bekannt ist der Jahrmarkt in Mein Name ist Nobody: Hier erweist sich der riesige Stelzenläufer als Kleinwüchsiger. Es gibt »Karl den Kahlen« für das Boxvergnügen, ein Spiegelkabinett und ein »Horror House«. Rassistischen Gefühlen kann der Besucher an einem Stand Ausdruck ver-



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leihen, an dem schwarzen Männern Eier, Melonen und ganze Kuchen ins Gesicht geworfen werden. Der Initiator dieses makabren Schauspiels wird denn auch prompt schmerzhaft von Nobody abgestraft. Im Westen dürfen natürlich auch die Kunstschützen nicht fehlen. Dieses Gewerbe steht im Mittelpunkt von Massimo Dallamanos Bandidos. Es ist die Geschichte des Richard Martin (Enrico Maria Salerno), dem die Hände, die sein Kapital darstellten, zerschossen wurden. Er kann nun nicht mehr selbst als Schütze auftreten, sondern muss sich für seine Darbietungen, deren Gewinn kaum für das eigene tägliche Brot ausreicht, einen talentierten Schüler suchen. Neben dem bereits erwähnten Sabata lassen sich weitere Kunstschützen ausfindig machen: In Execution (Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel, 1968) tritt der Held John Coler als ein solcher auf. Anthony Steffen verkörpert einen im Zirkus auftretenden Schützen, der unter einem Trauma leidet (Il pistolero segnato da Dio). In 6 Kugeln für Gringo betreiben die Zwillinge Jenny und Sally zusammen mit Ihrem Großvater dieses Geschäft. In einem Genre, das auf die commedia dell’arte rekurriert, kann auch einmal eine Theatertruppe erscheinen. Bekanntestes Beispiel dafür ist Spiel dein Spiel und töte, Joe. Der Protagonist ist ein Schauspieler, der vorrangig mit Shakespeare-Stücken (Hamlet und Macbeth) im Westen unterwegs ist. Inmitten des Hamlet-Monologs erschießt er mehrere Männer durch einen Totenschädel hindurch. Ein Pater, der ihn nach seinen Theaterstücken befragt, zeigt sich nicht glücklich über das Repertoire dieser Wanderbühne. In Der Colt Gottes wiederum werden die Anfangs- und die Schlussszene durch ein Puppentheater hindurch gefilmt. In männerdominierten Ortschaften sind auch durchreisende weibliche Ballettgruppen gern gesehen; so in Das Todeslied von Laramie, Vier Halleluja für Dynamit-Joe oder Nonnen, Gold und Gin. In Zwei Trottel im Wilden Westen ist die Tanzgruppe um einige Schauspieler ergänzt, die ebenfalls Shakespeares Hamlet beherrschen. In Mannaja  – Das Beil des Todes wird die Gruppe »Johnny und seine Mädchen« von einem ehemaligen Damenschneider aus dem Osten geleitet. McGowan, der bigotte Herrscher des Ortes, will die Tänzerinnen auspeitschen lassen und vertreiben. Mannaja ringt ihm das Zugeständnis ab, dass die Frauen einen Saloon eröffnen dürfen. Doch schließlich wird der Saloon verwüs-

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tet und der Impressario erschossen. Der erboste McGowan ist entschlossen: »Ich eröffne hier kein Sündenbabel!« Seriöse fahrende Händler wie Horatio, den Spezialisten für Damenkleidung (O tutto o niente) sieht man selten. Dafür versuchen verschiedene umherziehende Quacksalber ihr Glück damit, Wundertinkturen (Un dollaro di fifa, o. dt. T., 1960; Django sfida Sartana) oder gar ein »Lebenselixier« (Das Gesetz der Erbarmungslosen) zu verkaufen. Die Aufschrift am Wagen des »Doktors« in Der lange Tag der Rache lautet: »Medicine Show«. Das trifft insofern zu, als dass der Scharlatan nicht nur falsche Medizin verkauft, sondern zusätzlich seine ungleich attraktivere Nichte als Sängerin auftreten lässt. Wundermittel verspricht auch der kauzige Gewerbetreibende in El Rocho  – der Töter; ein ehemaliger Revolutionär, der bereits unter Giuseppe Garibaldi (1807–1882) kämpfte. Der reisende Quacksalber Bill (Zwei durch dick und dünn) hilft mit seinen Essenzen nach eigenen Angaben »Christen, Negern oder Heiden«. Als Wünschelrutengänger erhält er den Auftrag, in einem mexikanischen Dorf nach Wasser zu suchen. Während die Frauen des Ortes für seinen Erfolg beten, findet Bill zwar kein Wasser, dafür aber eine Ölquelle. Die Mexikaner sind über diesen Ausgang des Unternehmens jedoch nicht begeistert: »Immer diese leeren Versprechungen! Typisch amerikanisch!« Zufluchtsort Planwagen Eine interessante Auffälligkeit lässt sich im Blick auf das Verhältnis der beschriebenen Personengruppe zum jeweiligen Helden entdecken. Letzterer, nicht selten von Gegnern verfolgt oder gar verwundet, findet häufig Versteck und Unterschlupf bei dem herumziehenden Gauklervolk. Das hat durchaus seine nachvollziehbaren Gründe. Zirkusleute und Schausteller leben als »Nichtsesshafte« in relativer Freiheit und Unabhängigkeit. Sie sind daher nicht in das repressive System eingebunden, das in den Orten, die sie aufsuchen, zumeist vorherrscht. Anders als die Einwohner können sie jederzeit weiterziehen und sind nicht den Zwängen unterworfen, die auf jenen lasten, denen aufgrund familiärer Bindungen und vor allem wegen ihres Grundbesitzes diese Alternative verwehrt ist. Daher wagen es die fahrenden Künstler auch eher, Verfolgten Schutz und Pflege angedeihen zu lassen. Auf diese Weise wird mancher Zirkuswagen



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oder der Planwagen eines fliegenden Händlers zum rettenden Versteck. Dort kann der Held genesen, um danach wieder gestärkt in Aktion zu treten – nicht selten auch unter Mithilfe der neu gewonnenen Freunde. So ergeht es den Protagonisten mehrerer Italowestern, von denen einige in diesem Kapitel bereits Erwähnung fanden: Brigitte Bardot wird in Viva Maria! als Tochter eines Terroristen gesucht und im rollenden Heim Jeanne Moreaus aufgenommen. In Hügel der blutigen Stiefel wird der Protagonist Cat (Terence Hill) während einer Zirkusvorstellung von Killern angeschossen und versteckt sich in einem der Wohnwagen. Der steckbrieflich gesuchte Sheriff Joe Williams findet Unterschlupf bei Alan und Laura, einem Geschwisterpaar, das herumreist und Heilmittel verkauft (Das Gesetz der Erbarmungslosen). Der aus dem Gefängnis entflohene Ted Barnett wird von einem Quacksalber in seinem Wagen versteckt (Der lange Tag der Rache). Solcher Hilfe bedarf auch der angeschossene Django in 10.000 blutige Dollar. Er findet sie bei Fidelio, einem Fotografen, der auch reisender Händler ist. Sam und John, die Protagonisten in Partirono preti, tornarono  … curati, verstecken sich vor Verfolgern in der Menge des Publikums in einem Zirkuszelt. Nach einem Kampf mit Banditen wird Mannaja von den Damen der Ballettgruppe verborgen und gesund gepflegt (Mannaja – Das Beil des Todes).

Zirkusleute, Schausteller und reisende Händler gelten selbst als Außenseiter der bürgerlichen Gesellschaft und haben daher eine natürliche Affinität zum einsamen Helden, der vom herrschenden System als Feind wahrgenommen wird. Sie sind noch nicht domestiziert. Ihnen ist zudem eine Außenwahrnehmung der Verhältnisse möglich, mit der sie Repressionsstrukturen deutlicher erkennen. Sie gehören daher zu den seltenen fast ausschließlich positiv konnotierten Figuren im Italowestern.

Abb. 11: Pfarrer Dan Miller lässt „antreten zum Gebet“: Guy Madison in Bleigewitter

Abb. 12: Kinski, der Zorn Gottes: El Santo beim »trinitarischen« Handgranatenwurf in Töte, Amigo

Abb. 13: Die Heilige Jill spendet Wasser: Claudia Cardinale in Spiel mir das Lied vom Tod

Abb. 14: Der Sheriff als tragische Figur: Luis Induni in Sartana – Noch warm und schon Sand drauf

Abb. 15: Der vielbeschäftigte Bestatter: Franco Pesce in Sartana – Bete um deinen Tod

Abb. 16: Ein Yankee beim Barbier: Philippe Leroy bekommt Ärger (Yankee)

III. KAPITEL : TOPOGRAPHIE

1. Willkommen in der Hölle: Städte und Dörfer Um Unterschiede zwischen Western herauszuarbeiten, muss niemand erst über den großen Teich blicken. Wer wissen will, wie ein Italowestern nicht funktioniert, der wähle den deutsch-spanischen Euro­western Sie nannten ihn Gringo aus dem Jahre 1965 als Lehrbeispiel. Dort kann man vieles erleben, das dem Italowestern-Puristen fremd erscheint: Ort und Zeit des Geschehens werden anfangs klar benannt: »Dakota 1895«. Die »Rangers« singen während des Vorspanns das recht teutonisch klingende Lied »Sie nannten ihn Gringo«. Damit ist aber nicht etwa der Pro­tagonist gemeint, sondern eine Nebenfigur, die wiederum überhaupt nicht wie ein »Gringo« aussieht. Ein Fremder namens »Mace« (Götz George), der in die Stadt Silver Springs kommt, wird freundlich willkommen geheißen und bald darauf bereits zum Sheriff ernannt. Der bisherige Sheriff war bis zu seinem Tod vollkommen integer. Mace ist recht leutselig und redet ständig darüber, was er tun will (vgl. dagegen Tucos Regel in Zwei glorreiche Halunken: »Don’t talk, shoot!«). Die Verbrecher können hier keineswegs schalten und walten, wie sie möchten. Sie sind gezwungen, den Schein zu wahren und ihre Aktivitäten zu vertuschen, denn es handelt sich um einen anständigen Ort. Der Schurke Denton handelt nicht aus den gängigen Motiven der puren Geldgier oder des blanken Sadismus heraus, sondern aufgrund posttrau-

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matischer Verletzungen, wonach ihm nach bundesdeutschem Recht mit Sicherheit mildernde Umstände zugebilligt würden. Die junge Lucy sagt zu Mace: »In Silver Springs lässt es sich wunderbar leben, da können Sie sogar Ihr Misstrauen verlieren.« So zeigt es sich dann auch: Als im Saloon der Einzelne von mehreren angegriffen wird, stehen ihm beherzte Einwohner zur Seite. Auch bei einem Überfall auf eine Ranch erhalten die Opfer Hilfe durch die Bürger.

Die dargestellte Idylle erinnert den Betrachter eher an die Verhältnisse in einem kleinen Ort im Schwarzwald als an den rauen Westen, wie er normalerweise im Western italienischer Prägung präsentiert wird. Der »Evangelische Filmbeobachter« kann daher beruhigt über den Streifen urteilen: »Formal durchaus gelungen und ohne unangenehme Übertreibungen. Für jugendliche Western-Freunde ab 14 deshalb gut möglich.«112 Grenzsituationen im Niemandsland Dem Italowestern entspricht die beschriebene Ortschaft Silver Springs ganz und gar nicht. Er kennt ja kein funktionierendes Gemeinwesen mehr. Georg Seeßlen grenzt ihn sowohl vom klassischen Original als auch von Hollywoods Spätwestern ab: Der klassische Western beschwor Amerika aus der Sicht der Weißen als den »Garten Eden«113, verklärte und mystifizierte das Land. Desillusioniert erzählte danach der Spätwestern der 60er Jahre von der »Zerstörung des Westens«114, der Italowestern hingegen bereits vom »zerstörten Westen«115. So ist es in der Tat: Die »gute alte Zeit« der Pioniere – sofern es sie je gab – ist längst vergangen. Es scheint, als hätten Unrecht und Gewalt in den nunmehr entwickelten Städten unter brachial-kapitalistischen Verhältnissen weit mehr zugenommen, als dies die früheren Konflikte mit den indianischen Ureinwohnern zuvor je vermochten. Bezeichnend dafür ist das Dilemma einiger alt gewordener Westerner in Verflucht, verdammt und Halleluja: Sie wollen dem sogenannten »Fortschritt« ausweichen, indem sie immer weiter nach Westen ziehen. Im Schlussbild stehen sie schließlich ratlos am Strand des Pazifiks. Es ist eng geworden für sie im »Land der unbegrenzten Möglichkeiten«. Jack Beauregard (Mein Name ist Nobody) emigriert aus dem gleichen Grund direkt nach Europa.



III. Topographie | 1. Willkommen in der Hölle: Städte und Dörfer   221

Der Italowestern zeigt in der Art der Darstellung von Ortschaften und Gemeinwesen todkranke Strukturen auf. Wenn beispielsweise ein Ort der Handlung »Melacabata« (dt.: Faulapfel) heißt (Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blüh’n), so wird deutlich, dass es sich um eine Parabel handelt. Die Motive für diese Herangehensweise können unterschiedlich sein: Mancher Regisseur möchte seine grundsätzliche Systemkritik in einem Unterhaltungsfilm unterbringen; ein anderer gefällt sich womöglich einfach in einer unbekümmerten Demontage der vorgeblichen Werte, die im amerikanischen Vorbild vertreten wurden. Daher erklärt sich auch, warum der Ort der Handlung in der Regel nicht lokalisierbar und meist auch kein historischer Kontext erkennbar ist. So fragt Joe Clifford (Spiel dein Spiel und töte, Joe) unwissend nach einem Ort: »Landberry – wo liegt denn das?« Die Frage bleibt offen, denn sie ist irrelevant. Es handelt sich einfach nur um irgendein Kaff, ein Niemandsland; eine Marginalie, die aufgrund ihrer Bedeutungslosigkeit nicht näher beschrieben oder bezeichnet werden muss. Die geschilderten Konflikte des Films könnten an jedem beliebigen Ort der Welt ebenso auftreten. In der Regel haben die Protagonisten weder ein Interesse noch einen Blick für die ihnen dargebotenen Landschaften. Es sind austauschbare, verkommene Ansiedlungen, die es offenbar nicht wert sind, sich dort längerfristig zu engagieren oder gar niederzulassen. Es herrscht Ödnis überall. Brigitte Desalm kennzeichnet dies treffend: »In dieser Gegend gibt es nichts, was Kameraabschweifungen rechtfertigen könnte.«116 Filmkritikern früherer Zeiten blieb die mangelnde Lokalisierbarkeit als Axiom des Italowesterns zunächst meist verborgen. Sie erwarteten von einem Western einen Historienfilm, aber kaum eine Parabel auf menschliche (oder unmenschliche) Verhaltensweisen. Dementsprechend bemängelt Franz Everschor in seiner zeitgenössischen Kritik über Für eine Handvoll Dollar: »(…) eine Lokalisierung und Datierung der Handlung, die das Geschehen zumindest historisch glaubhaft hätte machen können und auf die amerikanische Western auch bei erfundenen Stoffen großen Wert legen, findet nicht statt.«117 Die völlig neue Herangehensweise Leones an das amerikanische Erbe musste Kritiker zu damaliger Zeit zwangsläufig überfordern, da sie den italienischen Ableger zunächst allein auf der ihnen bekannten Folie des Originals zu beurteilen vermochten. Eine Akzeptanz und Würdigung der Andersartigkeit

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und Eigenständigkeit dieses Genres ist wohl nur aus dem Abstand heraus möglich, wenn heute auch das Gesamtwerk, das der Italowestern hervorbrachte, zur Kenntnis genommen wird. Nur wenige haben dies bereits in seiner Entstehungszeit erkennen können. So antwortet Werner Kließ auf eine ähnliche Kritik an Leone bezüglich der Sinnfälligkeit seiner Schauplätze treffend: »Was als Unvermögen des Regisseurs deklamiert wird, definiert das Genre.«118 Dennoch lassen sich einige topographische Standards ausmachen. Der typische Italowestern spielt nicht in den ansonsten gängigen Landschaften wie Montana oder Wyoming, sondern in den südlichen Bundesstaaten Texas, New Mexico, Arizona bzw. in den angrenzenden mexikanischen Gebieten. Bekanntlich waren dafür zunächst kaum inhaltliche Gründe ausschlaggebend, sondern rein pragmatische. Produzenten europäischer Western konnten aus Kostengründen unmöglich in den USA selbst drehen lassen. Während darum deutsche Filmgesellschaften für ihre Karl-May-Adaptionen die weiten Landschaften Kroatiens und Montenegros für sich entdeckten, boten sich für die überwiegend mit Spanien koproduzierten Italowestern die Gefilde in Almería an. Diese mediterrane Landschaft konnte jedoch nur als Äquivalent für den Süden der USA oder Mexiko genutzt werden, nicht für Gegenden im Westen oder im Zentrum Nordamerikas. Gleichzeitig konnten spanische oder italienische Darsteller passable Mexikaner abgeben und ersetzten damit die für einen Western normalerweise bedeutsame Ethnie der Indianer. Der Italowestern kann daher auch weniger als »Western«, sondern vielmehr als »Southern« bezeichnet werden. Die Region, die zunächst aus rein produktionstechnischen Gründen gewählt worden war, stellte bald einen festen Bestandteil des Italowestern dar. Aus einem Grenzgebiet ließ sich etwas machen. Die frontier als solche ist bereits höchst konfliktträchtig. An ihr stehen sich mindestens zwei Gruppen oder Völker gegenüber: oft feindlich, zumindest aber immer fremd. Zwischen den kleinen Städten und Dörfern hüben wie drüben bestehen ständige Spannungen und Rivalitäten. Da gibt es Streit um Land und Herrschaft. Manche Italowestern handeln von Ortschaften, die politisch einmal zu Mexiko, später zu den USA (oder umgekehrt) gehörten.119 Die Einwohner stehen zwischen den Fronten, werden zum Spielball der Mächtigen und zwischen ihnen aufgerieben. Zusätzlich



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wird die Gegend zum Sammelbecken für gesuchte Verbrecher aller Art, die sich bei Bedarf jederzeit über die Grenze hinweg absetzen können, wenn ihnen Gefahr droht. Das Aggressionspotential durch diese komplexe Ausgangssituation ist also enorm hoch. Ein Beispiel dafür bietet Gentleman Joe  – der Rächer bin ich: Ort der Handlung ist die Grenzstadt Douglas irgendwo im Niemandsland. Auf einer Konferenz soll entschieden werden, ob weiterhin amerikanische oder künftig mexikanische Truppen dort stationiert werden. Als die US-Army schließlich abzieht, entsteht ein kurzzeitig herrschaftsfreier Raum; ein Machtvakuum, das sofort von einer mexikanischen Bande gefüllt wird. Lebensfeindlicher Ort Solche Orte laden nicht zum Urlaub ein. Touristen sind auch nicht erwünscht. Das merkt der Neuankömmling schon bald. Eine aggressiv-bedrohliche Grundstimmung schlägt ihm entgegen. Auf dem Wegweiser zum erwähnten Landberry (Spiel dein Spiel und töte, Joe) wird die Richtung statt mit einem Pfeil durch den Lauf eines Colts symbolisiert. Die Mündung zeigt an, wo es langgeht. In Lauf um dein Leben dient die Leiche eines Soldaten mit einem ausgestreckten Arm als ein solcher Wegweiser. Häufig wird dem Fremden bereits am Ortseingang unmissverständlich deutlich gemacht, wie unerwünscht er ist: »If you ai’nt wanted, Mister, you ain’t wanted« – mit diesem Wortspiel klärt ein Schild vor dem Dorf Escondido darüber auf, welche Sorte Mensch hier allein erwünscht ist (Mehr tot als lebendig). Es handelt sich um einen Ort voller Gesetzloser, in dem Mario Brega mit seiner Bande herrscht. In Petroleum-Miezen verkündet ein ähnliches Schild, hier werde nur englisch gesprochen, wenn es unbedingt nötig sei. Die Stadt erscheint als eine Art französischer Enklave, in der nur Frankophile willkommen sind. Blindman, der Vollstrecker reitet zu Beginn in ein Dorf, dessen Ortseingangsschild offenbar gesponsert ist und ebenfalls keinen sicheren Aufenthalt verspricht: »Have fun with your gun – Big Inch Rifle Association«. In Colorado Charlie (1965) kündet ein solches Schild ganz gegensätzlich: »Welcome to Little River – in this town no one wears a gun«; doch bekommt den Einwohnern ihre friedfertige Einstellung nur solange, bis die erste Gangsterbande die Stadt heimsucht.

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Auch das Motiv der Ankunft des einzelnen in einem fremden Ort ist von Sergio Leone in Für eine Handvoll Dollar erstmals stilbildend zelebriert worden. Wo dem Samurai im Vorbild Kurosawas (Yojimbo – Der Leibwächter) ein Hund mit einer menschlichen Hand in der Schnauze begegnet, kommt Joe, der zunächst unter einem Galgen hindurch reitet, ein Toter auf einem Esel entgegen, der ein Schild mit der Aufschrift »Adios, Amigo!« um den Hals trägt. Anschließend klärt der Glöckner den straniero kurz über die Verhältnisse in San Miguel auf. Schließlich warnt der Wirt ihn vor dem Bleiben. Joes Fazit gilt für die meisten Orte im Italowestern: »Ich habe noch nie so eine tote Stadt wie die gesehen.« Anderen Reisenden ergeht es nicht besser: In Yankee kommt der Held in ein Dorf, dessen Straße von Gehängten gesäumt ist. Er begegnet einem Mönch, der ihn vor dem Weiterreiten warnt. Als Cuchillo in ein Dorf kommt (Lauf um dein Leben), gerät er direkt mitten in ein Erschießungskommando hinein. Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern wird in dem ungastlichen Snake Valley empfangen, indem man ihm den Zylinder vom Kopf schießt. Der Fremde von Paso Bravo betritt ebenfalls einen gefährlichen Ort, in dem ihm geraten wird, eine Waffe zu tragen. Frauen werden hier auf offener Straße angegriffen und belästigt, ohne dass es irgendjemanden interessiert. Ringo kommt zurück in das mexikanische Grenzstädtchen Mimbres. Als erstes sieht man, wie ein Mann, der einfach nur die Straße überquert, aus dem Hinterhalt erschossen wird. Es war der Richter. Mit ihm ist auch die letzte Hoffnung auf Recht gestorben. Wer jetzt nicht kehrtmacht, ist selbst schuld; zumal auch das Schild am Salooneingang wenig einladend erscheint: »Eintritt verboten für Hunde, Gringos und Bettler!« Betritt ein Fremder trotzdem einen Saloon, kann es sein, dass er als erstes verhöhnt und verprügelt wird; so in Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern. Später äußert sich die Wirtin Rocco gegenüber: »Alle Fremden, die hergekommen sind, verfaulten, bevor man sich an ihre Gesichter gewöhnt hatte.« Derlei Äußerungen tragen nicht gerade dazu bei, dass die Hotelbranche – sofern überhaupt vorhanden – boomt: In Bang Bang Kid muss der Manager dem Gast bekennen, dass alle seiner 22 Zimmer frei sind.



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Das kann nicht überraschen, denn in diesen Orten, für die die alttestamentlichen Städte Sodom und Gomorrha Pate gestanden zu haben scheinen, herrscht die rohe und ungezügelte Gewalt. Ausgiebig wird sie zelebriert. Niemand muss sie im Verborgenen ausüben. Sie ist offensichtlich und allgegenwärtig. In Django und die Bande der Bluthunde trägt die Stadt den gleichfalls kaum den Tourismus fördernden Namen »Dirty City«. Hier kann ein Sheriff vor aller Augen niedergeschossen werden, ohne dass es Konsequenzen für den Täter hätte. Dabei handelt es sich um eine gängige Praxis in vielen Filmen. Topeka in Der Sohn des Django ist, so der Wirt, ein »Ort, an dem Menschen verschwinden. Man findet sie nur als Inschrift auf Grabsteinen wieder«. Überhaupt ist es häufig jener alte Mann hinter der Theke, der Neuankömmlingen rät, in ihrem eigenen Interesse schnell weiterzureiten – von Leones Erstling angefangen bis zu Requiem für Django und anderen. Zur Abschreckung werden stumme Zeugen der Gewalt gezeigt: In dem mexikanischen Kaff El Viento (Von Mann zu Mann), das als Quartier von Banditen dient, staken eine Reihe von Totenschädeln aus der Erde. »La Puerta« (dt.: das Tor, die Pforte) heißt der Ort in Ein Fressen für Django, in dem nur noch Banditen leben. In Zahl oder stirb gilt die Stadt Abilene ganz offiziell als Wohnort für Verbrecher aller Art. Dementsprechend ist die Welt dort gänzlich auf den Kopf gestellt: Beispielsweise werden Kopfgeldjäger zum Tode verurteilt wegen des »Verbrechens«, Banditen verhaften zu wollen. Dieser Ort steht unter einer derart totalitären Führung, dass abends die Tore verschlossen werden, um die Einwohner drinnen zu halten. In Keoma – Das Lied des Todes werden die Bewohner ebenfalls von dem mächtigen Caldwell (Donal O’Brien) eingeschlossen. Er lässt nicht einmal Medikamente in die Stadt. Erschreckend nüchtern wird darüber hinaus deutlich gemacht, wie schnell ein solches Klima des Terrors auf die Gesamtbevölkerung abfärben kann. Die Gewalt geht dann eben nicht mehr nur von einigen Berufsverbrechern allein aus. Es kann sich ihr kaum jemand entziehen. Dabei bietet die Praxis der Lynchjustiz auch den normalen Bürgern Möglichkeiten des Aggressionsabbaus. Hier geben sie die selbst erlittene Gewalt an andere weiter:

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In El Desperado (Escondido – Die im Staub verrecken, 1967) versuchen zu Beginn Männer wie Frauen einen Pferdedieb zu lynchen. Dem protestierenden Pfarrer entgegnen sie: »Wir wollen auch unseren Spaß!« In Fäuste, Bohnen und  … Karate werden Menschen von einem Mob direkt im Saloon gehängt. Hier rechtfertigt der Pfarrer diese Praxis, aber macht auch deutlich: »Unsere Kinder sollen das nicht mit ansehen.« Diese aber spielen derweil auf der Straße bereits selbst »Hängen« – mit Puppen. Zwei rivalisierende Banden von »Rum- und Viehtreibern«120 werden in Die schmutzigen Dreizehn fälschlicherweise des Mordes an drei Frauen bezichtigt. Sofort ist ein Lynchmob unter der Leitung von Aldo Sambrell hinter ihnen her. Es drängt sich hier die Frage auf: Wer ist schlimmer? Zudem: Taucht Sambrell auf, ahnt man ohnehin, dass niemand anders als er selbst für die Morde verantwortlich ist. Nach der Entdeckung eines Mordes greifen sich die Bürger von Jacksonville den erstbesten Fremden, um ihn aufzuknüpfen (Eine Kugel für den Bastard). Hier kann der Sheriff noch eingreifen. In La legge della violenza wird ein unschuldiger Mann gelyncht, ohne dass es der Sheriff verhindern kann. »Brave Bürger« mit an den Ku-Klux-Klan erinnernden Kapuzen veranstalten in Verdammt zu leben, verdammt zu sterben nachts Hetzjagden auf alle, die ihnen missfallen.

Besonders skurril wird die Allgegenwart der Gewalt in Ein Halleluja für Camposanto herausgestellt: In der Stadt Harlington, in der nach Angaben der Einwohner eine »Epidemie des Colts« herrscht, zeigt sich selbst eine alte Dame im Umgang mit dem Revolver bewandert, während auch Kinder Krieg spielen und schon das Baby statt am Schnuller an einer Patronenhülse saugt. Wenn in einem ansonsten sehr typischen Italowestern dennoch von diesen Mustern der Gewalt abgegangen wird, so ist gesundes Misstrauen angebracht: In Der Tod ritt dienstags trägt der Sheriff ein leeres Halfter, denn »in Clifton ist schon Jahre kein Schuss mehr abgegeben worden«. Er vertraut dem Stern mehr als dem Colt. Das überrascht nur solange, bis man gewahr wird, welch subtiler Terror unter den biederen Bürgern herrscht, den sie vor allem an dem jungen Scott Mary auslassen. Schließlich kann auch nicht mehr verwundern, dass alle »Saubermänner« der Stadt in Verbrechen verstrickt sind und die Stadtidylle eine große Illusion ist.



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Geisterstädte Auffällig ist: Die Orte im Italowestern wirken wie leergefegt. Bereits in Für eine Handvoll Dollar wird das deutlich: Allein die Angehörigen zweier verfeindeter Familien leben in San Miguel, zuzüglich des Saloonwirts, des Sargmachers und des Glöckners. In La Puerta (Ein Fressen für Django) treiben sich nur die Banditen, der Saloonbesitzer und ein Mönch herum. Corbuccis Welt sieht genauso schlimm aus. In Django herrscht die pure Tristesse: ein leerer Saloon, einige gelangweilte Prostituierte, die nichts anderes mit sich anzufangen wissen, als sich im Dreck zu prügeln, dazu das traurige und schrecklich falsche Geigenspiel des Wirts, und wiederum zwei verfeindete Terrorgruppen, die den Ort wechselweise heimsuchen. Eine funktionierende Infrastruktur existiert in solchen Siedlungen längst nicht mehr: verlassene Kirchen, kaum Läden, weder Geselligkeit noch Nachbarschaftstreffen. Vertrauensvolle Handelsbeziehungen haben Seltenheitswert. In einem Laden macht ein Schild deutlich: »In God we trust. All others pay cash« (Django – Ein Sarg voll Blut). Lediglich im Saloon versuchen einige Übriggebliebene die Hoffnungslosigkeit ihres Daseins zu ertränken, oder ihre Aggressionen brechen sich Bahn in wüsten Schlägereien. Wer konnte, hat sich daher längst aus dem Staub gemacht. Manchmal verlassen die Menschen aus blanker Furcht in Scharen ihr bisheriges Zuhause (Il grande duello, Drei Vaterunser für vier Halunken, 1972). Häuser sind verwaist, Fenster vernagelt. Die Bauten zeugen von Niedergang und Verfall. Wie in Castellaris Spätwerk Die Rache des weissen Indianers besteht der Ort häufig nur aus einer Ansammlung maroder Baracken. »Eine abscheuliche Stadt, eine einzige Kloake«, schimpft eine Prostituierte, um dann noch anzufügen: »Aber es ist Geld zu machen.« Die Produzenten konnten sich aus diesen Gründen die Kosten aufwändiger Massenszenen mit vielen Statisten sparen. Sie passen nicht hierher. Man sieht erheblich weniger Menschen auf den Straßen als im billigsten US-Western. Sie trauen sich nicht mehr hinaus, denn auf der Straße lauert der Tod. Darum steht der einzelne Streiter gegen das Verbrechen stets einsam und isoliert mitten auf der Straße. Er hat sie für sich allein, denn die verbliebenen Einwohner haben sich verbarrikadiert,

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wollen nichts sehen und nichts hören. Sie wehren sich längst nicht mehr, sondern versuchen nur noch zu überleben, wenn auch unter Verlust jeglicher Würde.121 Häufig ist der Betrachter überrascht, wenn (z. B. in Töte, Ringo, töte) plötzlich nach einer Schießerei die Bürger in Scharen auf die Straße gelaufen kommen, während man zuvor den Eindruck haben musste, der Ort sei völlig ausgestorben. In vielen Filmen geht es zu wie in Der Mann, der kam, um zu töten: Zwei Männer müssen allein gegen eine fünfzigköpfige Bande antreten, während die Bevölkerung sich erst sehen lässt, als die Schlacht längst geschlagen ist. Es wäre daher zu vermuten, das »Leben« der Bürger spiele sich mehr innerhalb der eigenen vier Wände ab. Aber auch das ist nicht der Fall. Der Italowestern zeigt wenige Innenaufnahmen. Wohnhäuser, eigentlich Symbole von Schutz und Geborgenheit, erscheinen mehr als Fassade, gleichen mehr Potemkinschen Dörfern als wirklich bewohnten Räumen. Die Mehrzahl der Menschen zeigt sich »unbehaust«. Farmen als letzte Refugien werden niedergebrannt. Allerorten zeigen sich Zerstörung, Verfall, Ruinen. In Django  – Die Gier nach Gold heißt die Stadt »Cementerio« (Friedhof ). In der Tat ist es stets nur ein kleiner Schritt von einem dieser heruntergekommenen und verödeten Flecken hin zu dem Ort, in dem jegliches Leben erloschen ist. Verlassene Geisterstädte machen daher einen nicht geringen Teil der Handlungsorte aus. Es sind Nekropolen, in denen die Allgegenwart des Todes besonders augenfällig wird. Oft haben lediglich Banditen dort Unterschlupf gefunden. Ansonsten lebt hier nichts und niemand mehr. Einige Beispiele: Ein Dollar zwischen den Zähnen: Der Held findet die letzten Bewohner tot oder in einer Kirche eingesperrt. Die einzige Ausnahme bildet eine Frau mit ihrem Säugling – ein Zeichen letzter Hoffnung? Yankee: Der Protagonist lockt Concho und seine Bande in eine bizarr anmutende Ruinenstadt, von der nur noch die Grundmauern stehen. Per 100.000 dollari ti ammazzo (Django, der Bastard, 1967): Eine Stadt ist als Folge des für den Süden verlorenen Bürgerkriegs ausgestorben. Einzig ein alter, versoffener Sheriff harrt noch aus.



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Escondido – Die im Staub verrecken: Zwei Soldaten warten in einer verlassenen Ortschaft auf einen Goldtransport. Hier leben nur ein Blinder und eine junge Frau, die für ihn sorgt. Friedhof ohne Kreuze: Manuel lebt als einziger in der verlassenen Wüstenstadt, nachdem alle anderen Bewohner vertrieben wurden. Seine ihn erdrückende Einsamkeit ist mit Händen zu greifen. Matalo! (Willkommen in der Hölle, 1970) spielt fast ausschließlich in einer allein von einer alten Frau bewohnten Geisterstadt und wirkt daher wie ein Kammerspiel. Manos torpes: Vier Banditen betreten eine ausgestorbene Stadt. Es ist eine Flagge gehisst, die auf eine Seuche hinweist. Zombieähnliche Gestalten erscheinen. Es sind Todkranke, die um Wasser betteln. Sie werden sämtlich erschossen. Sing mir das Lied der Rache: Hier findet der Showdown in einem verlassenen Ort statt, nachdem alle ehemaligen Bewohner ermordet wurden. Ehi amigo  … sei morto! (o. dt. T., 1970): Burnett und seine Bande verstecken sich nach einem Postkutschenüberfall in einer menschenleeren Stadt. Attento Gringo  … è tornato Sabata!: Luke Morton und seine Leute hausen nach einem Banküberfall in einem verlassenen Ort und warten auf bessere Zeiten. Vier Fäuste und ein heisser Ofen: Toby und Butch kommen in eine Geisterstadt: »Eines kannst du nicht abstreiten«, sagt einer zum anderen, »es ist eine friedliche Stadt.« Ein Schild vor einem Laden verkündet: »I will come back soon.« Auf der Rückseite steht: »I will never come back.« Nonnen, Gold und Gin: Hier finden sich ähnliche Aufschriften an einem Geschäft: zunächst »torno subito«, dann »non torno piu«. Verdammt zu leben, verdammt zu sterben: Ein Quartett auf der Flucht gelangt in eine verlassene Stadt. Der angeschossene Alkoholiker Clem wird hier sterben, der psychisch Kranke Bud verschwindet einfach. Das Paar Stubby und Bunny setzen ihren Weg allein fort. Get mean (Time Breaker, 1976): Zu Beginn wird ein Mann hinter einem Pferd bis in eine Geisterstadt geschleift. Sturm kommt auf, eine Glocke läutet, das Pferd fällt tot um. Selbst das Tier hatte hier keine Überlebens­ chance.122

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Hölle und Apokalypse »Purgatory City« (dt.: Stadt des Fegefeuers) heißt der Ort in Von Angesicht zu Angesicht. Mittlerweile sollte deutlich geworden sein: Die handelnden Personen sind tatsächlich bereits in der Hölle angelangt.123 Hier stoßen wir auf Vorstellungen sowohl aus dem Judentum als auch dem Christentum. Der alttestamentliche Begriff sheol bezeichnet das Reich der Toten in der Unterwelt, einen »Ort des Dunkels, der Verhüllung, des Halblebens«124. Im Neuen Testament, vor allem in der Verkündigung Jesu, entspricht er der gehenna. Während beide Begriffe vor allem einen bestimmten Ort bezeichnen, definiert christlicher Glaube die »Hölle« vor allem als den Zustand des Getrenntseins des Menschen von Gott. Ohne Gott leben zu müssen – das ist die Hölle. Somit ist die Hölle nicht etwa die Strafe eines rachsüchtigen Gottes für Sünden, sondern ein letztlich selbst gewähltes Schicksal des Menschen. Einzig derjenige, der sich Gott zu Lebzeiten verweigert, wird auch nach seinem Tod ohne ihn leben müssen. Er wird die Gottverlassenheit in letzter Konsequenz erfahren, für die er sich zuvor bereits selbst entschieden hatte. C. S. Lewis, der englische Literaturwissenschaftler und Autor der »Narnia«-Bücher, formuliert dies so: »Am Ende gibt es nur zwei Arten von Menschen: die, die zu Gott sagen: ›Dein Wille geschehe‹, und die, zu denen Gott am Ende sagt: ›Dein Wille geschehe‹.«125 Hölle ist also der Ort oder Zustand, wo Gott nicht ist. Für die Unterscheidung von amerikanischem und italienischem Western ist dies von großer Bedeutung: Während der Erstere den Mythos von God’s own country besingt, spielt Letzterer an von Gott verlassenen Orten. Er ist dort schlicht nicht mehr zu finden. War der klassische Western »von Anbeginn auch ein religiöses Gleichnis auf die Christianisierung von ›Gottes eigenem Land‹«126, in dem Siedler und Pioniere das Paradies für sich zurückeroberten, so ist Letzteres im Italowestern längst verloren gegangen und hat sich in das Gegenteil, in Devil’s own country verwandelt. Bei aller Kritik des Italowestern an korrupten und degenerierten Ausformungen institutionalisierter Religion ist in ihm also gleichzeitig auch eine offenkundige Mahnung erkennbar, wohin eine gottlose Gesellschaft führen kann; wenn nicht gar ein impliziter Ruf zur Buße, zur Umkehr. Denn diese endzeitliche Welt wird in drastischen Bildern beschrieben. Viele Filme des Genres wirken wie eine Illustration von Dantes Inferno.



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Den wohl »höllischsten« Ort präsentiert Giulio Questi in Töte, Django. Während in einem normalen Western ankommende Banditen zur Gefahr für eine Stadt werden, ist es hier umgekehrt: Nicht die Stadt ist bedroht durch das Auftauchen von Hoages’ Bande, sondern die Neuankömmlinge selbst. Die Bürger zeigen sich weit schlimmer als die übelsten Verbrecher. In der Indianersprache wird der Ort »Feld des Schreckens« genannt. Der erste Eindruck von den Einwohnern: Menschen, die sich übergeben, Streitende, ein Mann, der ein Kind quält. Eine Frau wird von ihrem Ehemann als Gefangene hinter Gittern gehalten. Selbst über die Sängerin im Saloon wird gesagt: »Sie hat etwas Böses an sich.« Es beginnt eine Hetzjagd auf die Banditen: Sie werden erschlagen, ersäuft, erhängt, erschossen. Die Leichen werden gefleddert und öffentlich zur Schau gestellt. Die Begründung: Angeblich diene es der Abschreckung. Man sei hier in einem Ort mit »ehrlichen Leuten«. Es herrscht Pogromstimmung: »Wir sind Familienväter, wir halten auf Ordnung und Sauberkeit.« Rational erklärbar sind die Untaten nicht, höchstens geistlich: Es ist die Hölle, es regiert der Herr der Finsternis. Die Frage eines Mörders an Django: »Kommst du aus der Hölle?« verkennt daher die Realität. Die Menschen befinden sich bereits am Ort der Verdammnis. Zum Schluss sind viele der Einwohner tot; einige müssen brennen im »feurigen Pfuhl« (Offenbarung 20,15, I Abb. 17). Gewonnen ist dadurch nichts. Django beobachtet vielmehr in der Schlussszene zwei kleine Kinder aus dem Ort bei sadistischen Spielen, die sie von den Erwachsenen gelernt haben. Darum heißt es von ihm zuletzt: »Und da wandte er sich ab und ging dorthin, woher er gekommen war.« Das erinnert an Jesus, als er weinte im Blick auf die Stadt Jerusalem (Lukas 19,41). Die Hölle ist da, wo Werte und Normen auf buchstäblich diabolische Weise in ihr Gegenteil verkehrt werden. Sergio Corbucci zeigt dies konsequent in Leichen pflastern seinen Weg. Man muss sich vor Augen führen, dass hier alle gezeigten Untaten per Gesetz legitimiert sind. Wenn Killer legal töten, wenn Kinski am Ende lächelnd sagen kann: »Wir haben nichts getan, was ungesetzlich ist«  – dann ist man in der Hölle angelangt. Ebenso ist die Hölle der Ort der tiefsten Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Illustriert wird dies in Der Mann aus Virginia: Es zählt das blanke Überleben, allein die Nahrungssuche. Der zunächst namen-

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lose Protagonist (Giuliano Gemma) hat eine Katze. Ein anderer will sie ihm abkaufen, um sie zu essen. Aus demselben Grund jagen Menschen im Schlamm nach Fröschen. Jemand wirft ein Brot in den Dreck. Gemma kann sich keine Selbstachtung mehr leisten und greift danach. Obwohl Terror und Gewalt in der so geschilderten Welt bereits allgegenwärtig sind, verdichtet sich das Bild der Hölle nochmals dort, wo die Handlung in Gefangenenlagern spielt. Diese bilden allerdings in Form eines Mikrokosmos nichts anderes ab als das, was auch außerhalb der Gefängnismauern gang und gäbe ist. Leone zeigt ein Beispiel in Zwei glorreiche Halunken: Im Kriegsgefangenenlager mit dem ironischen Namen »Betterville« herrscht die Armee der Nordstaatler127 mit harter Hand über ihre Gegner. Assoziationen mit nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern werden deutlich, wenn ein Häftlingsorchester im Freien zu spielen hat, während Sentenza (Lee van Cleef ) in der Baracke Männer foltern lässt. Wenn sich Soldaten in der Pose der Herrenmenschen fotografieren lassen, so orientierte sich Leone dabei nach eigenen Angaben zwar an den Werken des Kriegsfotografen Mathew B. Brady (1822–1896); gleichzeitig erinnert dies aber auch an bekannte Bilder von SS-Angehörigen an Stätten der Massenvernichtung. Arbeitslager, vor allem in Steinbrüchen und mit sadistischem Wachpersonal sind in Italowestern nicht selten anzutreffen.128 Wer dieser Hölle entkommen kann (z. B. in Minnesota Clay, Satan der Rache, Der lange Tag der Rache) ist daher besonders auf den Gedanken der Rache und des Gerichts fixiert. Hölle ist schließlich auch der Ort, an dem der Tod die Macht hat. Um sie war der Hauch des Todes erzählt in zutiefst pessimistischen Bildern vom vernichtenden Krieg. Ein Soldat bricht einem toten Gegner die Zähne heraus, Opfer werden in Massengräbern verscharrt, die Cholera grassiert. In Keoma – Das Lied des Todes sind es die Pocken. Der Bericht über ein Massaker in Knie nieder und friss Staub weckt erneut Assoziationen mit Massenvernichtungsaktionen der SS in Babi Jar und anderswo: Ein Mann versteckt sich unter den Leichen und überlebt. Auch die Protagonisten selbst sind dem Tode verhaftet. Sie werden oft sogar mit dem Tod identifiziert. Aus diesem Grund fühlen sich die Totengräber zu ihnen hingezogen wie die Geier zum Aas. Keoma sagt über sich selbst: »Tote brauchen vor nichts Angst zu haben« (Keoma  –

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Das Lied des Todes). Daneben symbolisiert in diesem Film noch deutlicher die ältere Frau in der Ruinenstadt den Tod. In Djangos Rückkehr fährt der Held als der personifizierte Tod mit einem Leichenwagen herum. Die Mutter seiner Tochter sagt zu ihm: »Die Welt da draußen ist noch böser als die, die du (beim Rückzug in ein Kloster – M. S.) verlassen hast.« Und in Django, der Bastard heißt es: »Der Weg zur Hölle führt bei mir vorbei!« Mit der Vorstellung der Hölle untrennbar verknüpft sind apokalyptische Motive. Im Italowestern ist die Endzeit längst angebrochen, die von Jesus vorausgesagte »große Trübsal« (thlipsis, Matthäus 24,21) wird ausführlich illustriert. Georg Seeßlen spricht von der »volkstümliche(n) Apokalypse«129. Keoma (Keoma – Das Lied des Todes) erscheint ebenso als mystische Gestalt der Apokalypse wie der Racheengel in Django und die Bande der Bluthunde. Joe in Für eine Handvoll Dollar wurde häufig mit dem Erzengel Gabriel verglichen. Die Hauptperson in Spiel dein Spiel und töte, Joe heißt nicht von ungefähr im Original »Apocalisse Joe« (dt.: Apokalypse-Joe). »Die Vier der Apokalypse« (so die Übersetzung des Originaltitels von Fulcis Verdammt zu leben, verdammt zu sterben) erinnern, wenn auch stark gebrochen, an die vier Reiter in Offenbarung 6,1–8. So orientiert sich der Italowestern – ob gewollt oder unwissentlich – immer wieder auch am biblischen Heilsplan.

2. Mögen sie in Frieden ruhen: Sakralbauten und Friedhöfe Ein Blick auf die »Landkarte« eines Italowestern zeigt, dass sich in den Städten und Dörfern grundsätzlich ähnliche Gebäude und Orte finden, die auch ein klassischer Western aufzuweisen hat. Nicht jeder dieser Örtlichkeiten wird jedoch die gleiche Bedeutung und Aufmerksamkeit beigemessen wie im Original. Das Sheriff’s Office steht aufgrund der häufigen Abwesenheit von Recht und Gesetz und der eher marginalen Bedeutung des Amtsträgers in Cinecittà weit weniger im Blickpunkt als in Hollywood. Ein Bahnhof hat nicht die gleiche Relevanz wie in manchen Klassikern (z. B. Zwölf Uhr mittags), denn ein Zug kann kein größeres Übel in die Stadt bringen als jenes, das längst dort ist. Der drugstore oder ähnliche Geschäfte, die als Zeichen einer funktionierenden Infrastruktur gedeutet werden könnten, sind ebenfalls rar. Lediglich

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die Bank als gefährdetes Objekt der Begierde verschiedener Interessenten ist unverzichtbar. Daneben existiert nur noch der Saloon als der zen­ trale Ort, an dem sich die Laster der Trunkenheit und des Glücksspiels manifestieren und in denen sich handfeste Gewalt, vor allem Fremden gegenüber, entlädt. Kirchen Zu den wenigen Baulichkeiten, die unverzichtbar zum Italowestern gehören und gleichzeitig eine ausgeprägte Symbolik in sich tragen, gehören Sakralbauten verschiedener Art. Sie sind in ungleich größerer Anzahl anzutreffen als im amerikanischen Pendant. Zwar wird auch im klassischen Western die »Kirche im Dorf gelassen« (als Teil einer überwiegend protestantischen Gesellschaft), doch wird ihr darüber hinaus selten eine größere Bedeutung beigemessen. Allerhöchstens dient sie hin und wieder als Ort einer Trauung. Im Italowestern spielt sich in Kirchen weit mehr ab. Sie nehmen ohnehin im Bewusstsein und der Tradition der Italiener eine zentrale Rolle ein. Wichtige Lebenssituationen werden in und durch die Kirche begleitet. Zudem spielen viele Filme im Umfeld einer katholischen Volksfrömmigkeit, die vor allem in den mexikanischen Handlungsorten prägend ist. Auch diesem Umstand wird entsprechend Rechnung getragen. So fungieren Kirchen häufig als Orte, an denen etwas geschieht. Allerdings werden längst nicht nur sakrale Handlungen gezeigt. Vielmehr ist auffällig: Die Gotteshäuser, einst gebaut zur Ehre Gottes und zur Verkündigung einer Leben spendenden Botschaft, werden in der Realität nicht selten ins Gegenteil verkehrt und somit zu Orten des Todes: In Der letzte Ritt nach Santa Cruz (1964), einem österreichisch-deutsch produzierten, aber stilistisch bereits »italienisch« anmutenden Frühwerk, flüchtet der Bandit José (Klaus Kinski) in eine Kirche. Der ortsansässige Priester verwehrt den Verfolgern unter Berufung auf ein »Kirchenasyl« den Zutritt, wird selbst aber beim Betreten von José niedergeschossen. In Django und die Bande der Bluthunde versucht der von Luciano Rossi gespielte Psychopath, Django in der Kirche des Ortes zu erdrosseln. Ein Mitglied der Murdock-Bande beschwert sich bei seinem Boss über ihn: »Ihr Bruder ist vielleicht ein Christ! Er hat mich zusammengeschlagen, nur um in die Kirche zu kommen.«

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In Satan der Rache wird ein Killer am Glockenseil erhängt, ein weiterer von der Kirchenglocke erschlagen. Gary Hamilton schießt vom Kirchturm herab oder debattiert mit dem Priester. Sein Gegner Acombar verhört später den Gottesmann und erschießt ihn. Andere Getötete liegen im Gang herum. In Für ein paar Leichen mehr stören Kovacs und seine Killer einen Gottesdienst, um den Sheriff zu holen und zu töten. Der Bandit Reyes endet ebenfalls als Erhängter am Glockenseil. In Sartana – Noch warm und schon Sand drauf flieht ein verbrecherischer Hilfssheriff in die Kirche, wo jedoch Sartana bereits auf ihn wartet. In Sledge (Der Einsame aus dem Westen, 1970) verschanzen sich Banditen in einer Kirche, um dort ihrem ehemaligen Kumpan Sledge aufzulauern. In Kopfgeld für einen Killer warten zwei Schurken in der Kirche auf ihr Opfer, den Kopfgeldjäger Boyd. Der erschießt beide und beendet die kurze Zeremonie mit »Amen«. In Adios Companeros hat sich der als »Satan« bezeichnete Slander während des Schlusskampfes in das Gotteshaus zurückgezogen und feuert vom Kirchturm herab auf seine Widersacher. In Keoma – Das Lied des Todes flüchtet der Protagonist im Kampf gegen eine Übermacht in den Kirchturm und setzt sich dort zur Wehr. In Bianco Apache (Der weisse Apache, 1986) werden in der Kirche gar Indianerinnen vergewaltigt und getötet. Der Krieger »Leuchtender Stern« wendet sich daraufhin verzweifelt zum Kruzifix, um Jesus anzuklagen: »Hast du das nicht gesehen? Hast du weggeschaut?«. Dann wirft er einen Stein nach ihm. In Die Rache des weissen Indianers versteckt sich Jonathan zusammen mit seinem Mädchen im Kirchturm, wird jedoch entdeckt und anschließend dort auch »gekreuzigt«.130

Klöster und Missionen Zu unterscheiden von den Kirchen innerhalb eines Ortes sind die häufig abseits liegenden Klöster und Missionsstationen, die zu jener Zeit tatsächlich über den gesamten eher katholisch geprägten Südwesten der USA verteilt waren. Berühmtestes Beispiel ist zweifellos die von Tucos Bruder geleitete Mission in Zwei glorreiche Halunken. Aber auch andere Orte monastischen Lebens stehen häufig im Mittelpunkt:

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Ein Loch in der Stirn beginnt und endet in einem Kloster. Die Mönche sind offensichtlich Franziskaner, denn der Pistolero Bill Blood führt dort mit ihnen ein Gespräch über Franz von Assisi und im Plenum werden Franziskus-Legenden vorgelesen. Später werden die Mönche massakriert, da sich unter den Stufen des Altars ein von Banditen begehrter Goldschatz befindet. Nach dem blutigen Finale richten die verbliebenen Mönche die Klosterkirche wieder her und erhalten dafür von Blood zwei Drittel des Schatzes. Ebenso ist in Vamos a matar, Sartana! (o. dt. T., 1971) eine Missionsstation Schauplatz einer Schatzsuche, an der unterschiedliche Parteien beteiligt sind. In Il giustiziere di Dio muss ein Pfarrer mit ansehen, wie die von ihm geleitete Mission zerstört wird, weil auch dort nach Gold gesucht wird. Als ehemaliger Revolverheld rächt er den Frevel. Das Kloster »Unserer lieben Frauen« wird in Das Finale liefert Zorro zu einer Zufluchtsstätte für die verfolgte Donna Isabel. Allerdings wird es aus diesem Grund später auch von Banditen angegriffen. Kitosh und Tracy müssen sich in Die Zeit der Geier in einer Mission (u. a. in einem Glockenturm) verschanzen und werden dort belagert. Auch der Yankee muss sich vor seinem Gegner Concho in einem Glockenturm verstecken. In Adios Sabata existiert ein von Mönchen geleitetes Waisenhaus, für deren Arbeit der berühmte Revolvermann (Yul Brynner) ein gerade erwirtschaftetes Kopfgeld spendet. Im Kloster in Bete Amigo! gibt es eine Babyklappe. Dort herrscht ein reger Betrieb, da Pater Albino mehrere Säuglinge aus der Hand der Revolutionäre rettet. In Vier Fäuste für ein Halleluja wird eine Missionsstation von falschen Missionaren für den Handel mit Waffen missbraucht. Falsche Mönche hausen auch in Man nennt mich Halleluja im Kloster. Zwei Gauner (Dean Reed und Chris Huerta) bitten in Fäuste, Bohnen und  … Karate im Kloster um Essen. Um überhaupt eingelassen zu werden, müssen sie allerdings versichern, dem Orden beitreten zu wollen. Es stellt sich dann jedoch heraus, dass Novizen zuvor drei Tage fasten müssen! Um Unterkunft und Verpflegung im Kloster bitten auch die vier »Helden« in Lo chiamavano Verità. Sie erhalten, was sie wünschen – und

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erleichtern zusätzlich die gutgläubigen Mönche durch Glücksspiel noch um einige Maulesel. Andere Protagonisten suchen ebenfalls in Klöstern und Missionen Unterkunft, so z. B. Johnny West und zwei Mexikaner (Zwei Aasgeier) oder Cucillo auf der Flucht (Der Gehetzte der Sierra Madre). Eine Gruppe von Männern, die in Bratpfanne Kaliber 38 einen Gold­ transport eskortieren, wollen in einer Kirche Unterschlupf finden. Dem ehemaligen Klosterschüler Jessy (genannt »Jerusalem«) fällt dabei ein: »Ich habe schon eine Woche lang keine Messe mehr besucht!« In Sangue chiama sangue fallen die Mönche des Klosters »Virgen de la Luz« einem Gemetzel zum Opfer. Eine mexikanische Bande hat es auf ein wertvolles Diadem abgesehen, welches das Haupt der Heiligen Jungfrau über dem Altar schmückt. Auch Garrincha (Aldo Sambrell) und seine Bande überfallen in Silbersattel eine Mission und töten die Mönche. Der Bandit brüstet sich damit, bereits früher einmal ein Kloster eingenommen zu haben. Dabei habe er eine Nonne gekreuzigt, da sie ihm nicht zu Willen sein wollte, sondern bekannte, nur Jesus zu lieben. Der alternde Held aus Djangos Rückkehr kommt aus einem Kloster und geht zum Schluss wieder dorthin. In der Zwischenzeit spielt sich dort ein »geistlicher Kampf« ab: Der »Teufel« Orlowski überfällt das Kloster, Mönche werden gefoltert und gekreuzigt.

Ruinen Kirchen sind Symbole sowohl für eine moralische Instanz als auch ein wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Gemeinschaft. Wo jedoch jegliche Werte und Normen abgeschafft sind, auch kein intaktes Gemeinwesen mehr existiert, verkommen die Ortschaften zu »gott-verlassenen« Geisterstädten. Das bedeutet: Gott wurde aus ihnen vertrieben, der Antichrist hat das Zepter übernommen. Wie in jedem totalitären System wird auch in den mit Terror beherrschten Städten des Italowestern die Kirche als letzter möglicher Hort des Rechts, der Freiheit und Unabhängigkeit zur bevorzugten Zielscheibe der Mächtigen. Auch mexikanische Revolutionäre, die Gotteshäuser als Symbole der Reaktion ansehen, beteiligen sich häufig an deren Zerstörung (Kein Requiem für San Bastardo, Zwei Companeros u. ö.).

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Längst vorbei sind die Zeiten, in denen ein Banküberfall auf den Termin eines Traugottesdienstes gelegt wurde, da die Räuber davon ausgehen durften, dass jedermann in der Kirche sei (so noch in Der Tod droben auf dem Hügel). Wo es bisher geistliches Leben gab, wird es nun systematisch ausgelöscht. In Duell vor Sonnenuntergang (1965) verlassen die Gemeindeglieder nach und nach den Gottesdienst, nachdem ein Gangster herausfordernd die Kirche betritt. In Die letzte Rechnung zahlst du selbst probt im Gottes­haus der Kirchenchor, als Burton (Gordon Mitchell) hereinstürmt und Frauen und Kinder als Geiseln nimmt. Auch in Kopfgeld: 1 Dollar und Ein Dollar zwischen den Zähnen werden die Einwohner in der Kirche in Geiselhaft gehalten. Gleiches gilt für die Menschen in Das Todeslied von Laramie. Für sie zitiert der mit ihnen festgehaltene Pfarrer Trostverse. Eine andere Geisel empört sich darüber, ausgerechnet in der Kirche eingesperrt worden zu sein: »Ich bin Freidenker!«. Der Mann wird von einem der Geiselnehmer zynisch zurechtgewiesen: »Ein Leben nach den Geboten Gottes schadet nichts.« Die heiligen Räume werden zunehmend von Verbrechern okkupiert, entweiht und säkularisiert. Der »Große Concho«, der eine Kirche zu seinem Quartier »umgewidmet« hat, residiert dort gottgleich auf einem Thron (Yankee). Gemalte Porträts von ihm ersetzen die Bilder der Heiligen. Was sich in den Klöstern an materiellen Gütern fand, wurde geraubt (Anche nel West c’era una volta Dio). Sakrale Gebäude dienen nunmehr als Waffenlager für Banditen (Ein Fressen für Django) oder die mexikanische Armee (Matalo). Jedoch nicht nur die ekklesia als Gemeinschaft der Gläubigen wird zerstört, sondern in der weiteren Konsequenz auch die Gebäude selbst. Daher verwundert es nicht, dass ehemalige Sakralbauten in ihrer Mehrzahl nur noch als Ruinen existieren. Trostlose, oft verbrannte Mauerreste versinnbildlichen, dass christliche Werte einem untergegangenen Äon angehörten und die Endzeit bereits angebrochen ist. Einstige Stätten des Gebets und der Erbauung sind tot. Weil gläubige Menschen aus ihnen vertrieben wurden, dienen die Überreste nunmehr lediglich als Unterschlupf für gottlose Gesellen. So haben Indio und seine Bande ein Versteck in einer verfallenen Kirche gefunden (Für ein paar Dollar mehr) und planen dort ihre nächsten Untaten. Eine vergleich-

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bare Szene gibt es in La taglia è tua  … l’uomo l’ammazzo io (El Puro, 1969), als Bandenmitglieder an einem solchen Ort vor ihrem Anführer knien, der messiasgleich zu ihnen spricht. »El Condor« aus Rimase uno solo e fu la morte per tutti! (Schwur des Geächteten, 1971) bezieht ebenfalls Quartier in einer Kirchenruine  – mit der biblischen Begründung: »Im Haus des Herrn ist viel Platz« (offenbar in Missdeutung von Johannes 14, 2a). Viele andere Gesetzlose tun es ihm gleich.131 Doch auch ganz andere Menschen finden in verlassenen Klöstern ein Refugium, einen Zufluchtsort. Der ansonsten umtriebige Arizona Colt sucht Kontemplation und Einkehr zum »Nachdenken«, wie er sagt. Auch der Rächer Cash in Django – Unbarmherzig wie die Sonne zieht sich in ein verfallenes Kloster zurück. Nachdem Shane, die Witwe Mrs. Bennett und ihr Sohn auf der eigenen Ranch nicht mehr sicher sind, verstecken auch sie sich in einer alten Missionskirche (Zum Abschied noch ein Totenhemd). Eine von Komantschen zerstörte Missionsstation dient einigen Menschen als Übernachtungsquartier (Soleil rouge, Rivalen unter roter Sonne, 1971). Selbst die zerstörten Gotteshäuser haben mitunter noch eine geistliche Ausstrahlungskraft, die menschliche Regungen wecken kann: So findet der Blonde kurz vor dem Finale in Zwei glorreiche Halunken in einer Kirchenruine einen jungen sterbenden Soldaten, den er – ähnlich dem Heiligen Martin – mit seinem Mantel bedeckt und mit dem er die Zigarre teilt. Da somit Klosterruinen zum Anziehungspunkt für unterschiedliche, auch sich antagonistisch gegenüberstehende Gruppierungen und Einzelpersonen werden, bleibt es nicht aus, dass es vor dieser Kulisse erneut zu Auseinandersetzungen kommt. Nicht selten finden hier Schießereien oder gar der Showdown statt: In Django, der Bastard hat der Antiheld gleich zu Beginn vier Männer in das verlassene Kloster »Sankt Tomaso« bestellt. Während die Glocken läuten, sterben sie im Kugelhagel. In Sartana – Töten war sein täglich Brot übernimmt die Orgel die musikalische Umrahmung dieses Finales. In Viva Cangaceiro steht der Revolutionär Espedito während der Schießerei auf der Kanzel und feuert. In Saranda (Dein Leben ist keinen Dollar wert, 1970) tötet der Mestize Saranda seinen Gegner im Endkampf in einer Kirchenruine.132

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Nur selten keimt Hoffnung auf, dass nach Zeiten maßloser Zerstörung auf den hinterlassenen Trümmern ein Neues wachsen kann (vgl. Jesaja 43,19): In 100 Fäuste für ein Vaterunser engagieren sich viele Bürger für einen Kirchenneubau. Und auch die Kirche, die in Lola Colt – Sie spuckt dem Teufel ins Gesicht durch den bösen »Diablo« niedergebrannt wurde, kann nach dessen Feuertod mit seinem Geld wieder neu errichtet werden. »Hügel der Stiefel« Es macht manches zynische Sprichwort die Runde über das rasche Ableben von Männern, die sich zuviel zutrauten: »Der Friedhof ist voll von Leuten, die keine Angst hatten«, sagt der Bösewicht Denton (Sie nannten ihn Gringo). »Die Friedhöfe sind voll von Leuten, die wussten, wie man schießt«, meint ganz ähnlich Minnesota Clay, der zudem bekennt, gern solche letzten Ruhestätten aufzusuchen. Poetischer formuliert der Pole Kowalski seine Weisheit: »Idealismus ist der Dünger für Friedhöfe« (Mercenario  – Der Gefürchtete). Das italienische Wort für »Friedhof« ist camposanto, also »heiliger Ort«, Gleichzeitig ist es der Name des Titelhelden in Ein Halleluja für Camposanto. Er wird so genannt, weil er viel dafür tut, Friedhofsgräber zu füllen. In Django – die Gier nach Gold trägt die Stadt den spanischen Namen »Cementerio«. Wo also ganze Orte bereits den Geruch des Todes atmen, wo Leichen wie schlafend an Hauswänden gelehnt sitzen (Ein Dollar zwischen den Zähnen), da liegt es nahe, dass auch der Friedhof selbst zu einem bevorzugten Ort der Handlung wird. Manchmal umrahmt er die Geschehnisse: In Django beginnt und endet alles auf dem »Hügel der Stiefel« (la collina degli stivali), wie der Friedhof in Italien umgangssprachlich genannt wird. Gleiches bringt der englische Ausdruck Boot Hill zum Ausdruck: Es ist der meist auf einer kleinen Anhöhe gelegene Ort, an dem echte Männer in ihren Stiefeln begraben werden, in denen sie nicht selten zuvor auch gestorben waren.133 Der erste Gang eines Neuankömmlings im Ort führt manchmal auf den Friedhof. An den Namen auf den Grabkreuzen lässt sich ablesen, warum er gekommen ist. In Der Fremde von Paso Bravo besucht der Protagonist Gary bei seiner Ankunft das Grab seiner Frau – und trifft dort

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seine Schwägerin. Letztere wird auch zum Schluss wieder an derselben Stelle sitzen, während der Held am Horizont entschwindet. Auch Marianne Koch steht in Wer kennt Johnny R.? (1966) sowohl am Anfang als auch am Ende am Grab desselben Mannes. Zu Beginn nahm man an, er sei tot; zum Schluss ist er es definitiv. Den Titelhelden aus Joaquín Murrieta (Murietta – Geissel von Kalifornien, 1964) zieht es ebenso immer wieder an das Grab seiner ermordeten Frau, wo ihn schließlich sein Verfolger erwartet. Es dauerte eine Woche, bis Soldaten der spanischen Armee für Zwei glorreiche Halunken den großen Friedhof von Sad Hill aufgebaut hatten. Die Arbeit lohnte sich. Sergio Leone ließ auf dem beeindruckenden Areal eine der berühmtesten Sequenzen seines Schaffens drehen: Tucos Suche nach dem Grab von »Arch Stanton«. Großen Anteil am Erfolg dieser eindrücklichen Szene hatte Ennio Morricones Hymne L’estasi dell’oro, die für Bands wie »The Ramones« oder »Metallica« über viele Jahre hinweg Bestandteil ihrer Konzerte wurde und eine ganze Reihe von Coverversionen hervorbrachte. Die Suche nach dem Grab, das »Triell« zwischen den drei Kontrahenten und die Ausgrabung des Goldes nehmen 20 Minuten des Films ein und bringen das Epos zum Abschluss. So wird der Friedhof zum Ort des großen Finales, bis Sentenza, tödlich getroffen, direkt in das frisch ausgehobene Grab fällt. Seither fand der Showdown noch öfter vor der passenden Kulisse eines Friedhofs statt: z. B. in den beiden Tony-Anthony-Filmen Blindman, der Vollstrecker und Western-Jack, in Umberto Lenzis Ein Colt für hundert Särge oder in Enzo G. Castellaris Die Satansbrut des Colonel Blake. In Django und die Bande der Gehenkten tritt der Held aus einem naheliegenden Grund auf dem Friedhof gegen die Verbrecher an: Er muss zunächst sein dort vergrabenes Maschinengewehr reaktivieren. Auf einem Friedhof findet auch die Schießerei in Für eine Handvoll Dollar statt, für die zwei tote Soldaten als Kugelfang zwischen die Grabsteine gesetzt werden; ebenso in Django – Die Nacht der langen Messer ein nächtliches Duell zwischen dem Helden und seinem Vater, die nichts voneinander wissen. Auf einem Höhlenfriedhof wird schließlich auch das Ende des bösen »Manassas Jim« durch Sartana besiegelt (Sartana kommt).

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Es ist beliebt, weil praktisch, dass potentielle Opfer solcher Gewalttaten sich zuvor ihr Grab an Ort und Stelle selbst schaufeln. Dazu werden einige Mexikaner in Töte, Django ebenso genötigt wie Western-Jack, der misshandelte Django in Django und Sartana  – Die tödlichen Zwei oder Cash in Django  – Unbarmherzig wie die Sonne. Ungewöhnlich ist es hingegen, wenn Django diese Arbeit einem seiner Opfer abnimmt, bevor er es erschießt (Django und die Bande der Bluthunde). Shane (Zum Abschied noch ein Totenhemd) begräbt einen Sheriff lebendig in einer Grube, die für einen gelynchten Mexikaner vorgesehen war. Aus einer anderen Perspektive agiert Chris Tanner (Django spricht kein Vaterunser): Er ist angeblich tot und soll begraben werden. Aus dem Grab heraus erschießt er seine zwei Totengräber. Gern werden Grabstellen zweckentfremdet, um Schätze auf dem Friedhof zu vergraben: Wenn morgens um sechs Uhr die Sonne durch ein Loch in der Friedhofsmauer fällt, bezeichnet dies die Stelle, an dem Geld versteckt ist (Fahrt zur Hölle, ihr Halunken). Ähnliches gilt für einen Goldschatz in Drei Halunken und ein Halleluja: Man muss in der richtigen Weise durch das tote Auge eines die Gräber zierenden Schädels blicken, um den präzisen Fundort zu ermitteln. Auf einem alten Indianerfriedhof wird nach einer vergrabenen Kriegskasse gesucht (Die Satansbrut des Colonel Blake). Auch in Pizza, Pater und Pistolen birgt ein Grab eine wertvolle Beute. Ein Totengräber verbirgt seine eigenen Habseligkeiten in einem Friedhofsgrab (Johnny Madoc). In Töte, Django zieht die Wahl des Verstecks besonderes Unheil nach sich: Der gesamte Friedhof wird in widerlicher Weise geschändet, da aus Habgier alles umgepflügt wird, um das Gold zu finden.

Die Schändung von Grabstätten durch ignorante Weiße trifft in Die Rache des weissen Indianers das Volk der amerikanischen Ureinwohner. Während der nach Öl suchende Kapitalist Goodwin derartige Aktionen gutheißt (»Sie werden vom Fortschritt überrollt«), erweisen sich die als »Wilde« verschrienen Indianer als Kulturträger, denn sie wissen: »Wer die Toten entehrt, für den gibt es nur eine Strafe!« Es ist der Tod.



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Wie in einer Kirche sucht auch mancher Zuflucht auf einem Friedhof. Im Höhlensystem eines alten Indianerfriedhofs verbirgt sich Gary Hamilton (Satan der Rache). Zurück zu einem solchen Höhlenfriedhof zieht es auch mehrfach Johnny in Django – Die Totengräber warten schon.134 Der einfältige Bud in Verdammt zu leben, verdammt zu sterben redet auf dem Friedhof mit den Toten. Der Quacksalber Napoleon B. Higgins (Whisky and Ghosts) trifft in einer solchen Grabhöhle auf den ruhelosen Geist des berühmten amerikanischen Helden Davy Crockett. Dieser will noch nicht ins Paradies eingehen, daher soll Napoleon gefälligst auch nicht für ihn beten. Mehr über solche Verblichenen, die auf Friedhöfen der Auferstehung harren, verraten Inschriften auf Grabsteinen. In Ein Colt für hundert Särge finden sich obskure Bezeichnungen wie »Bearded Mexican« oder »Blond Bandit«; und auf dem Friedhof in Mein Name ist Nobody findet sich bekanntlich gar Sam Peckinpah noch vor der Zeit bestattet (neben beeindruckenden Namen wie »Nevada Kid« und »Rosika Pallingpock«). Selbst der berühmte Django hat eine letzte Ruhestätte und einen Grabstein mit seinem Namen: Das ist möglich in Djangos Rückkehr, einem Film, der mehr als viele andere von einer Atmosphäre des Todes überschattet wird. »Django ist tot«, sagt der Held über sich selbst und holt das MG aus diesem Grab. Er erschießt direkt vor Ort eine Anzahl von Männern, die eine junge Witwe zu vergewaltigen drohten. Requiescant in pace!

3. Unbarmherzig wie die Sonne: Klimatische Bedingungen Für den Italowestern gilt: »Der Held hält sich nicht mehr an die Regeln, die Bösen halten sich nicht mehr an die Regeln, und nicht einmal das Wetter hält sich an die Regeln.«135 Leones Hitze, Corbuccis Kälte Das war anders, als Horst Wendtland noch im Reiche Titos für das Bilderbuchwetter der Karl-May-Filme sorgte. Was wären Lex Barker und Pierre Brice gewesen ohne die häufigen Totalen und Panoramaschwenks bei strahlend blauem Himmel auf die Berge der kroatischen National-

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parks, die beträchtliche Schauwerte boten und daher mit zum Erfolg der Filme beitrugen? Im Italowestern korrespondieren klimatische Bedingungen und meteorologische Erscheinungen mit den bisher beschriebenen gesellschaftlichen Verhältnissen. Hier gibt es erheblich weniger schöne Landschaften, mit denen der Mensch wie seinerzeit im Garten Eden im Einklang leben könnte. Sergio Leones bevorzugtes Terrain ist die ausgedörrte Wüste, die eine lebensfeindliche Umgebung symbolisiert. Die Steppen Almerías boten ihm dazu Material genug. Zudem besaß Leone eine Leidenschaft für surrealistische Malerei (z. B. von René Magritte), deren Stilmittel er filmisch umsetzte: Man sieht weite, oft trostlose Landschaften mit kleinen Menschen, die darin deplatziert und verloren wirken (I Abb. 18). Während er diese weiten Horizonte als extreme Totale (extrem long shot) filmte, tauchen dazwischen stets unvermittelt Menschen in close-up-Einstellungen auf (z. B. zu Beginn von Zwei glorreiche Halunken) oder werden dazwischen geschnitten. So sieht man Gesichter und Halspartien, auf denen sich Hitze- und Angstschweiß vermischen und die damit zu eigenen zerklüfteten Landschaften werden. Die handelnden Personen sind der Wüste mit ihrer brennenden Sonne ausgeliefert. Die Wirkung dieses Klimas auf den Menschen lässt sich am deutlichsten auf dem verbrannten Gesicht des »Blonden« ablesen, nachdem ihn Tuco durch die Wüste getrieben hat. Auch die vorhergehenden Filme der »Dollar-Trilogie« etablieren von Beginn an die Wüste und die sengende Sonne als herrschende Kräfte der Natur. Im Staub der Sonne spielt nicht nur der Streifen gleichen Namens, sondern auch viele weitere. Oft wird der glutheiße Feuerball direkt ins Bild gebracht (z. B. in Sartana). Auch werden gern Männer im kochenden Wüstensand bis zum Hals eingegraben und ihr verbleibender Rest der Sonne preisgegeben. Nachdem Leone für Spiel mir das Lied vom Tod die Möglichkeit erhielt, im Monument Valley zu drehen, brachte er aus der dortigen Wüste roten Sand mit nach Hause, um ihn in der Szene, als Cheyennes Bande in die Poststation gestürmt kommt, durch die Tür blasen zu lassen. Offenbar gefiel ihm dieser Sand besser als der in Almería vorherrschende gelbfarbene. Dieser Wüstensand dringt durch alle Ritzen; kein Mensch



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kann sich vor ihm schützen. Ähnlich deutlich wird dies in Enzo G. Castellaris Töte alle und kehr allein zurück: Chuck Connors betritt den Schankraum eines Forts und sagt: »Es macht Durst, die Wüste zu durchqueren.« Der Wirt antwortet: »Ja, du hast die Hälfte mitgebracht.« Überhaupt ist Durst ein Hauptproblem in diesem Film mit seiner lebensfeindlichen Umgebung, die nur karge Felsen zu bieten hat. Mitten in der Wüste warten Soldaten des Forts sehnsüchtig auf die Ankunft eines Wagens mit einem Trinkwassertank. Später im Gefangenenlager schreien Männer vor Durst. Der heiße Wüstenwind hat ebenfalls seine Bedeutung. Bekanntlich weht der Wind, »wo er will« (Johannes 3,8), aber im Italowestern häufig an ganz bestimmten Stellen. Vor allem verleiht er dem Showdown damit eine metaphysische Komponente. So lässt der starke Wind in Von Django – mit besten Empfehlungen die Fensterläden auf- und zuschlagen; Heu fliegt umher und die Glocken läuten. Auch in Für ein paar Leichen mehr schwillt der Wind merklich an, je mehr sich das Finale nähert. In Keoma – Das Lied des Todes herrscht meist ein Sturm, wenn der Titelheld in Erscheinung tritt; er erreicht aber ebenfalls seinen Höhepunkt beim Endkampf in der Geisterstadt. Ebenso gilt dies für Ringo kommt zurück oder Django, der Bastard. In Colorado Charlie hingegen fegt der Wind zu Beginn durch den Ort, ähnlich wie in Ein Dollar zwischen den Zähnen. Sergio Corbucci setzte in bewusster Abgrenzung von Leone in seinen Hauptwerken (außer den Revolutionsfilmen) auf ein anderes Klima: Statt Sonne, heißen Staub und Wüstensand gibt es bei ihm einen verhangenen Himmel, Dauerregen und jede Menge Schlamm. Vor allem in Django bleiben die von Niederschlägen komplett aufgeweichten Straßen des ohnehin verödeten und verkommenen Ortes in Erinnerung. Corbucci musste dazu nicht nach Spanien reisen, sondern fand sein Wetter bereits vor den Toren Roms. Allerdings half er etwas nach, indem er die kleine Westernstadt unter Wasser setzen ließ. Panoramen weiter Landschaften sind bei ihm nicht zu entdecken. Er verzichtet auf die Totale; die Kamera vermittelt vielmehr eine Engführung, die zwangsläufig im Morast und Dreck endet, in dem sich sogar Frauen sudeln. Der Zustand dieser kaum als »Straßen« zu bezeichnenden Wege illustriert die allgemeinen Auflösungserscheinungen und Heruntergekom-

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menheit der hier dahinvegetierenden Menschen (I Abb. 20). Der modrige Gestank scheint fast von der Leinwand herunter zu strömen. Hauptdarsteller Franco Nero machte einmal die Bemerkung, er habe anfangs gar geglaubt, der Name »Django« leite sich vom italienischen fango ab, was »Schlamm« bedeutet – da es am Drehort wirklich nichts anderes gab. Corbucci schuf ein Klima der Kälte, das in seinem nächsten, bahnbrechenden Werk seinen Höhepunkt erreichen sollte. Leichen pflastern seinen Weg ist der bedeutsamste »Schneewestern« des Genres. Gedreht wurde er vor allem in und um den italienischen Wintersportort Cortina d’Ampezzo (I Abb. 19). Der Regisseur zeigt allerdings lediglich im Vorspann, untermalt von einem romantischen Thema Morricones, eine malerische Winterlandschaft. Das weckt Erwartungen, die sich schnell als trügerisch herausstellen, denn in dem vorgestellten Ort Snow Hill möchte niemand gern Skiurlaub machen. Auch hier ist der Himmel verhangen, der Schnee hat sich in eine dreckige Masse verwandelt. Hinzu kommt eine klirrende Kälte, die den Betrachter frösteln lässt. Alles ist kalt in diesem Film. Die Wüste Leones hat hier ihr Pendant in einer öden Schneewüste gefunden, die menschliche Ansiedlungen von jeglichem Leben abgeschnitten hat. Quentin Tarantino hat die Atmosphäre dieses Klassikers 2015 in The Hateful Eight zu kopieren versucht. Als weitere bedeutsame Schneewestern (einige italienische Jack-London-Verfilmungen nicht mitgerechnet) sind Quanto costa morire? und Condenados a vivir (Todesmarsch der Bestien, 1972) zu nennen. Bei dem erstgenannten Streifen, der einzigen Regiearbeit des ansonsten als Produzent hervorgetretenen Sergio Merolle, handelt es sich um ein in den Abruzzen gedrehtes Drama, das wiederum in der Abgeschlossenheit eines kleinen Ortes spielt, für die die Witterungsverhältnisse verantwortlich sind. Eine Bande von Viehdieben (unter Führung des »eiskalten« Bruno Corazzari) sieht sich gezwungen, den über sie hereingebrochenen Winter dort zu verbringen, bis die Schneeschmelze eine Weiterreise ermöglicht. So warten sowohl die Verbrecher als auch die von ihnen terrorisierten Einwohner innerhalb dieses abgeriegelten Mikrokosmos sehnsüchtig auf ein »Tauwetter«, was durchaus symbolisch zu verstehen ist. Sofern hier nicht gerade auf Menschen geschossen wird, dienen bei Schießübungen – witterungsbedingt ein Novum im Genre – Schneemänner und Schneebälle als Ziele.



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Todesmarsch der Bestien von José Romero Marchent nähert sich aufgrund entsprechender Anteile dem Splatterfilm. Ein Armeesergeant soll sieben Schwerverbrecher durch eine winterliche Berglandschaft in ein weit entferntes Gefängnis überführen. Seine Tochter begleitet ihn. Schnell wird deutlich, dass dies nicht gut gehen kann. Neben den skrupellosen Halsabschneidern werden Klima und Witterung zusätzliche Feinde in einer wahrhaft trostlosen Einöde. Die Tour wird zur Tortur. Konsequenterweise überlebt sie niemand. Deutlich wird: Im typischen Italowestern herrschen stets extreme Witterungsbedingungen. Ausnahmen bestätigen nur die Regel und deuten auf ein schmales Budget sowie mangelnde Ambitionen oder Fähigkeiten des Regisseurs hin. Deutlich wird dies z. B. in den zahlreichen Werken des Trash-Filmers Demofilo Fidani: Seine Filme wirken stets so, als hätte das Geld nur für eine Fahrt bis in einen Stadtwald vor den Toren Roms gereicht (wo er auch das »Cave-Studio« des von ihm häufig besetzten Gordon Mitchell nutzte), um dort eine Vielzahl von Personen augenscheinlich unmotiviert hin und her reiten zu lassen. Für Fidanis Wetter gilt dasselbe wie für die anderen Integrienzien seiner Produktionen: Es spielt einfach keine Rolle. Sintflutartige Niederschläge Bis auf typische Revolutionswestern oder solche Streifen, in denen Sonne und Hitze ihre eigene dramaturgische Funktion haben, zeichnet sich ein genrekonformer Italowestern dadurch aus, dass entweder durchweg ein wahres »Sauwetter« herrscht oder zumindest die bedeutsamen Vorgänge von sintflutartigen Regengüssen begleitet werden; nicht selten gepaart mit Gewitter und Stürmen. Die Niederschläge können als dramaturgisches Achtungszeichen betrachtet werden. Belege dafür finden sich viele: Zu Beginn in Von Mann zu Mann findet ein Massaker an einer Familie im strömenden Regen statt. Ein schweres Gewitter liegt über der Stadt, als Django in 10.000 blutige Dollar auf Menschenjagd geht. Er trägt daher sogar ein Regencape. Escondido – Die im Staub verrecken handelt von Menschen, die eher im Regen und Schlamm verrecken als im Staub.

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Viele aufgeweichte und morastige Straßen finden sich auch in Django und die Bande der Gehenkten. Der Endkampf zwischen Vater und Sohn findet in Django – Die Geier stehen Schlange bei strömendem Regen statt. In Das Gold von Sam Cooper treten gewitterartige Regenfälle an dramaturgischen Höhepunkten auf, z. B. bei der unheildrohenden Ankunft Klaus Kinskis in der Stadt. Der beschwerliche Wüstenritt wird dagegen von stetigen Winden begleitet. Der Schrecken von Kung Fu wartet mit durchweg anhaltenden, starken Niederschlägen in Japan auf. Der depressiv-pessimistische Charakter des Films Um sie war der Hauch des Todes wird dadurch unterstrichen, dass sich fast alles Wesentliche bei strömendem Regen abspielt. Ein Banküberfall, bei dem der komplette Geldschrank entwendet wird, findet in Sabata während eines Gewitters statt. In Leones Todesmelodie wird die Massenhinrichtung der durch den Verräter Villega ans Messer gelieferten Regimegegner während eines sintflutartigen Wolkenbruchs durchgeführt. Starke Unwetter (Blitz und Donner, Regen und Sturm) begleiten in Dieci bianchi uccisi da un piccolo Indiano (Zehn Cowboys und ein Indianerboy, 1974) sowohl den Mord an dem jungen Ben Webster als auch die Jagd und Hinrichtung von Ringo. In Mannaja – Das Beil des Todes haben sich durch anhaltende Regenfälle riesige Pfützen gebildet. Ein Faustkampf findet im Schlamm statt, ein undurchdringlicher Nebel liegt über allem. Vollends in Schlamm und Morast waten auch die Menschen in Der Mann aus Virginia nach einem verlorenen Krieg, der aber auch nichts heil ließ.

Es handelt bei diesen und anderen Beispielen136 um mehr als um bloße Launen der Natur, sondern im Kontext der gesellschaftlichen Gegebenheiten und sittlich-moralischen Verhältnisse um deutliche Anklänge an die biblische Sintflut (1. Mose 6,5 – 9,17). Es ist sekundär, ob man den deutschen Begriff »Sintflut« etymologisch von »sin« für »immerwährend« oder (was wahrscheinlicher ist) von »Sünde« herleitet – die Ursache dafür ist vom biblischen Befund her klar: »Als aber der Herr sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten



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ihres Herzens nur böse war immerdar, da reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden« (1. Mose 6,5–6a). Die im Italowestern geschilderten Verhältnisse gleichen denen, die Gott von je her »bekümmerten (…) in seinem Herzen« (1. Mose 5,6b). So heißt es weiter: »Die Erde war verderbt vor Gottes Augen und voller Frevel« (1. Mose 6,11), wobei das alte Wort »Frevel« am ehestens mit »Gewalt« zu umschreiben ist. Dementsprechend sind im Italowestern häufig und anhaltend die Schleusen des Himmels geöffnet: weil hier genau dieselben Voraussetzungen gegeben sind. Die Regenfälle sind Vorboten der Apokalypse, wie sie auch Jesus in der matthäischen Endzeitrede voraussagt: In Matthäus 24, 37–39 nimmt er Bezug auf das alttestamentliche Geschehen um Noah, um dann hinzuzufügen: »So wird es auch sein beim Kommen des Menschensohns« (vgl. Lukas 17,26f ). Rechnet man die zahlreichen als Messiasgestalten oder apokalyptische Racheengel konnotierten Protagonisten hinzu (vgl. Kap. IV.1: Rache und Vergeltung sowie VI.1: Erlösergestalten), die offenbar unter solchen Witterungsbedingungen am liebsten agieren, so ergibt alles zusammen ein Bild biblisch-endzeitlicher Verhältnisse. Bezeichnenderweise beginnt auch die Geschichte um Il Pistolero segnato da Dio, den »von Gott gesandten Schützen« direkt mit einem Kamerablick zum Himmel und einem einsetzenden Gewitter. Und selbst Enzo G. Castellari, der dem Italowestern einige der schönsten Landschaftsaufnahmen hinzufügte (vor allem in den Spätwerken Keoma – Das Lied des Todes und Die Rache des weissen Indianers) lässt es wie aus Kannen gießen, wenn Keoma christusgleich an ein Wagenrad gebunden wird. Indienstnahme der Naturgewalten In diesem Zusammenhang sei zuletzt noch auf zwei Beispiele hingewiesen, in denen Protagonisten sich der Mithilfe von Naturgewalten bedienen und damit den Eindruck erwecken, als sei ihr Rachewerk ein Ausdruck himmlischer Gerechtigkeit und göttlich legitimiert. In Requiem für Django geht der Titelheld nicht nur versiert mit dem Colt um, sondern ist gleichzeitig auch Hobby-Astronom. So macht er sich eine von ihm berechnete Sonnenfinsternis zunutze, um im Schutz der für alle anderen unvermutet einsetzenden Dunkelheit eine Bande von Verbrechern aufzureiben. Das macht großen Eindruck und lässt

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ihn als mit übernatürlichen Gaben ausgestattet erscheinen, als er diese Natur­erscheinung voraussagt und sie auch prompt eintritt.137 Gleichfalls kann er auch genau ein Gewitter vorhersagen. Die Sonnenfinsternis gilt nach Matthäus 24,29 (par Markus 13,24), bezogen auf Amos 8,9, als ein Zeichen der Endzeit und passt daher durchaus in den Kontext einer Gerichtserzählung. Gary Hamilton in Satan der Rache ist ohnehin mit der Attitüde des übernatürlichen Racheengels behaftet. Die Mächte scheinen ihm untertan zu sein. Christian Keßler beschreibt dies so: »(…) die Stadt selbst, sie spricht: Der pfeifende Wind des aufkommenden Tornados (der mit Kinskis Wiederkehr koinzidiert), das erschreckende Zuschlagen von Fenstern, das nervige Quietschen von Türen, das unerklärliche Dröhnen der Kirchenglocke«138. Hamilton rechnet damit, die Naturgewalt in seinen Dienst nehmen zu können: »Ich warte auf den Tornado. Er wird mein bester Freund sein.« Somit bekommt seine Figur Anklänge an Jesus, den Beherrscher der Natur, über den gesagt wurde: »Was ist das für ein Mann, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind?« (Matthäus 8,27b; par Markus 4,41b; Lukas 8,25b).

Abb. 17: Das Böse vergeht im »feurigen Pfuhl« (Töte, Django)

Abb. 18: Leones Hitze (Zwei glorreiche Halunken)

Abb. 19: Corbuccis Kälte (Leichen pflastern seinen Weg)

Abb. 20: Allgemeine Auflösungserscheinungen (Django)

IV. KAPITEL : KONFLIKTFELDER

1. Hass war sein Gebet: Rache und Vergeltung Der Italowestern ist kein Historienfilm, sondern ein Drama. Er betreibt daher keine Geschichtsschreibung. Seine Themen sind nicht die Unabhängigkeitskämpfe, Indianerschlachten oder die Besiedelung des amerikanischen Westens. Er benutzt solche Sujets höchstens dazu, um allgemein-menschliche Konflikte darzustellen, die so oder ähnlich zu jeder Zeit an jedem Ort stattfinden könnten. Daher geht es auch nicht um große gesellschaftliche oder kollektive Vorgänge, sondern um das auf sich selbst zurückgeworfene Individuum, das sich in seinen jeweils eigenen existentiellen Konflikten zu bewähren hat. Weil dem so ist, konnten im Italowestern auch problemlos klassische Stoffe adaptiert werden. Die Dramen Homers und Shakespeares mit ihren zeitlosen Konflikten eigneten sich dafür besonders. Sergio Leone war der Meinung, Homer sei der größte Westernautor überhaupt gewesen.139 Auch die Werke Alexandre Dumas’ d. Ä. wurden in ein Westerngewand gekleidet. Neben Bruno Corbuccis komödiantischer Version des Klassikers Die drei Musketiere unter dem Titel Alle für einen – Prügel für alle ist vor allem eines der berühmtesten literarischen Racheepen zu nennen: Der Graf von Monte Christo. Als Italowestern verfilmt wurde der Stoff 1965 von Alfonso Balcázar unter dem Titel 4 dollari di vendetta (Keine Gnade für Verräter). Anleihen bei dem Roman nahm ein Jahr später auch der bekanntere Streifen Der lange Tag der Rache von Florestano Vancini. Hier wie dort war nochmals die Geschichte eines unschuldig Verurteilten mitzuerleben, der nach langen Jahren der Kerkerhaft seine Rache plant und durchführt an jenen, die ihm Ehre, Freiheit und auch das Mädchen nahmen – nur im Südwesten der USA statt in Frankreich.

254  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Vendetta Rache ist ein zeitloses Phänomen. Der Wunsch nach Rache gehört zu den stärksten menschlichen Affekten. Jemand, dem Leid widerfahren ist, kann ein solches Gefühl entweder diffus oder aber konkret gegenüber einer oder mehreren Personen hegen, sofern diese als Verursacher auszumachen sind. Rache kann unterschiedlich motiviert sein: Da ist der Wunsch nach Ausgleich, um eine gestörte Ordnung wiederherzustellen. In diesem Sinn war in der Menschheitsgeschichte häufig die Rache als »Vergeltung« gesellschaftlich durchaus akzeptiert oder gar geboten; vor allem dort, wo staatliche Möglichkeiten der Sanktionierung von Verbrechen nicht vorhanden waren oder versagten. Im theologischen Sprachgebrauch geht es dabei vor allem um »Sühne« im Sinn einer Wiedergutmachung, eines Ausgleichs. Hinzu kommt das persönliche Verlangen des Rächenden, durch seine Handlungen selbst Heilung zu erfahren. Insofern kann Rache sogar als Therapeutikum verstanden werden. Gleichfalls diente Rache immer auch zur Wiederherstellung der eigenen, zuvor verletzten Ehre innerhalb einer Gemeinschaft. Wer sich rächte, behauptete sich, beugte damit weiteren möglichen Übergriffen vor und leistete möglicherweise sogar einen Beitrag zur Gewaltprävention – falls er nicht das Gegenteil damit erreichte und gar eine Gewaltspirale in Gang setzte. Beides ist möglich. Rache, die als Handlungsmotiv ein tragendes Element im Western darstellt, wurde aus diesen Gründen immer ambivalent betrachtet. Im amerikanischen Original wird deutlicher unterschieden zwischen gesellschaftlich hoffähigen Anteilen von Rache und den allein aus Hass resultierenden Motiven. Erlaubt und geradezu erwünscht ist dort die Initiative eines Individuums (meist eines Mannes), durch Vergeltung die Gesellschaft von Übeltätern zu befreien; umso mehr noch, wenn der Protagonist durch den Sheriffstern legitimiert ist. Handlungen, die vorrangig durch persönliche Affekte oder Traumatisierungen motiviert sind, werden hingegen eher kritisch gesehen. Oreste De Fornari verweist in diesem Zusammenhang auf The Bravados (Bravados, 1958), Henry Kings »katholischen Western«140. Hier verfolgt Gregory Peck vier Männer, die er für die Mörder seiner Frau hält. Nachdem er sie zur Strecke gebracht hat, muss er erkennen, dass er auf der falschen Fährte war. Es handelte sich zwar um Mörder, aber nicht um die von ihm gesuchten.



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Auch wenn Peck zuletzt in der Beichte die Absolution durch einen Priester zugesprochen bekommt, so bleibt doch eine kritische Gesamtschau auf einen gebrochenen Mann, dessen Gefühlswelt ihn zu Fehlschlüssen und einem besonders grausamem Vorgehen verleitete. In der Tat ist die Rache als emotionale Kategorie in der Form von »Rachsucht« im Christentum negativ konnotiert. Die großen Themen des christlichen Glaubens heißen »Gnade« und »Vergebung«. Daher wird in der katholischen Lehre die Rachsucht als Bestandteil der ira den sieben Todsünden (peccatuum mortale) zugerechnet. Ira umgreift mit dem »Zorn«, der »Wut« und der »Rachsucht« die Bereiche einer sich häufig affektiv, aggressiv und damit destruktiv entladenden Gefühlswelt, die sich der Kontrolle des Menschen längst entzogen hat und daher ein nicht geringes Gefahrenpotential in sich trägt. In dieser Unkontrollierbarkeit und der Subjektivität des Empfindens unterscheidet sich die Rache deutlich von der Vergeltung im Sinne eines klar kodifizierten Talionsrechts (ius talionis).141 So ist der bekannte, der Tora entstammende Satz »Auge um Auge, Zahn um Zahn« (2. Mose 21,24) eben kein archaisches Relikt der Legitimation gefühlsgesteuerten Faustrechts  – also ein »Heimzahlen« erlittenen Unrechts –, sondern eine sachbezogene Regelung zum Ausgleich entstandenen Schadens. In dieser Funktion handelte es sich beim jüdischen Recht des Alten Testaments sogar um eine ausgesprochen progressive Fortentwicklung gegenüber dem einer heidnischen Umwelt; denn im Gegensatz zu einer dort oftmals exzessiv betriebenen Form der Blutrache hatte das Talionsrecht die Intention, auf eine Verhältnismäßigkeit hinzuwirken, mit der nach dem Maß erlittenen Schadens Ersatz gefordert wurde: also ein Auge für ein Auge, nicht etwa zwei; einen Zahn für einen Zahn, nicht gleich den ganzen Kopf. Im Vergleich zum US-Western und seinen Moralvorstellungen kommt der Italowestern auch bezüglich der Rache wiederum unbekümmerter daher. Hier müssen nicht das Streben nach ausgleichender Gerechtigkeit, nach Wiederherstellung von law and order oder andere hehre Motive in den Vordergrund gerückt werden, um dem Protagonisten einen möglichst positiven Anstrich zu verleihen. Der italienische Antiheld hat solche Rücksichtnahme nicht nötig. Der pure, ungefilterte Rachedurst eines Geschädigten reicht als Hauptmotiv völlig aus, um Gewalteskalationen auch größeren Ausmaßes in Gang zu setzen. Moralische

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Entschuldigungen sind hier fehl am Platze. Eine für den amerikanischen Western unabdingbare, zumindest partielle Identifikation des Zuschauers mit dem Helden muss nicht unbedingt hergestellt werden. Die Möglichkeit von Vergebung kommt selten in den Blick, zumal sie ein Schuldbekenntnis, Reue und Buße seitens des Täters voraussetzen würde. Davon kann bei den Schurken des Italowestern kaum die Rede sein. So kann der Geschädigte seiner Rache ungehemmt frönen, tut es gleichzeitig gründlich und strukturiert. In Gentleman Joe – Der Rächer bin ich durchkreuzt Joe auf der Blümchentapete seines Hotelzimmers je eine Blüte für jeden von ihm getöteten Banditen. Bill Kiowa, dessen indianische Frau vergewaltigt und getötet wurde (Oggi a me  … domani a te«, Heute ich  … morgen du!, 1968), antwortet auf die Mahnung des Gefängnisdirektors, er solle nicht verbittert sein: »Ich bin nicht verbittert. Ich bin nur entschlossen.« Rocco in Fünf blutige Stricke ritualisiert sein Handeln, indem er Stücke eines Seils bei seinen Opfern hinterlässt, mit dem zuvor sein Freund buchstäblich zerrissen wurde. Don Powell gibt im Titelsong des Films die grundsätzliche Richtung vor: »No contemplating – vengeance is waiting.« Eher kontemplativ veranlagte Menschen sucht man hier tatsächlich vergebens. Für das Rache-Motiv italienischer Prägung, seine Darstellung und Wertung spielt ein weiterer Aspekt eine Rolle: Der Italowestern nimmt hier die vor allem im Süden des Landes (Sizilien, Sardinien, Kalabrien) noch verbreitete Tradition der vendetta auf. Diese Form der Blutrache regelt vor allem Konflikte zwischen verfeindeten Familien, wird als eine Sache der Ehre betrachtet und entsprechend hochgeachtet. Der Hintergrund der vendetta spielt im Italowestern eine weit größere Rolle als die Verfolgung von Verbrechern aus moralischen oder strafrechtlichen Gründen. Häufig handelt es sich tatsächlich um ein oder mehrere Familienmitglieder, die gerächt werden sollen bzw. müssen: Getötet wurden der Vater (Mannaja – Das Beil des Todes) oder beide Elternteile (Leichen pflastern seinen Weg), die Ehefrau (Django), der Ehemann (Friedhof ohne Kreuze), die gesamte Familie (Von Mann zu Mann), die Schwester (Für ein paar Dollar mehr) oder der Bruder (Von Django – mit den besten Empfehlungen). Weibliche Angehörige wurden in der Regel zuvor vergewaltigt (Für ein paar Leichen mehr). Seltener bezieht sich die Rache auf Freunde und Bekannte (Fünf blutige Stricke). Einen



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solchen Fall könnte eventuell noch den dazu angestellten Gesetzeshütern überlassen werden. Bei Familienangehörigen aber sieht das anders aus: Hier muss man selbst aktiv werden. Rache ist gleichfalls geboten nach Massakern an der Gemeinschaft (Kopfgeld: 1 Dollar) oder nach einer Verstümmelung von Gliedmaßen, die zur Behinderung führte (Bandidos). Manchem wurde sein Kind entführt (Django – Die Geier stehen Schlange), andere suchen Vergeltung für Jahre unschuldig verbrachter Gefängnishaft (Der lange Tag der Rache); ein Dritter schließlich will sich für erlittene Demütigungen rächen (Der Tod ritt dienstags). Rückblenden: Bilder im Kopf Häufig liegt das erlittene Unrecht längere Zeit zurück. Es führte zunächst zu einer Schockstarre und wirkte sich nachhaltig in einer posttraumatischen Belastungsstörung aus; vor allem dann, wenn der spätere Rächer als Opfer selbst die Untat miterlebte. Nicht wenige Italowestern handeln von Minderjährigen, die den Mord an engsten Familienangehörigen mit ansehen mussten. Sie sind psychisch angeschlagen. Ihr Lebensweg ist vorgezeichnet: Sie gehen keinem normalen Beruf nach, sondern werden konsequent zu Revolvermännern; denn sie leben nur für ein einziges großes Ziel: die Rache, von der sie sich zuallererst selbst Erlösung versprechen. In Von Mann zu Mann wird der Junge Bill zum Pistolero, um die Verantwortlichen für das Massaker an seiner Familie stellen zu können. Er benötigt fünfzehn Jahre, bis er die erste brauchbare Spur findet, die auf die Täter hinweist. Nun hält den Heißsporn nichts mehr. Er muss vielmehr von einem erfahrenen Mann gebremst werden: »Rache ist ein Gericht, das man kalt essen sollte.«142 Auch Charles Bronsons »Harmonica« (Spiel mir das Lied vom Tod) kann erst nach vielen Jahren sein Kindheitstrauma rächen. Wie hier muss auch in Il Nero – Hass war sein Gebet ein Junge miterleben, wie sein Bruder unschuldig gehängt wird. »Silence« (Leichen pflastern seinen Weg) schließlich wird als Junge Augenzeuge, wie seine Eltern getötet werden. Es sind die Bilder im Kopf, die solche Kinder nicht mehr loslassen, sondern ein Leben lang begleiten. Daher ist es nur konsequent, dass diese Bilder im Italowestern auch ihre visuelle Umsetzung erfahren. Wo in Hollywood meist der Held selbst oder dritte Personen verbal Auskunft darüber geben müssen, welches frühere Schicksal das Motiv für

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einen Rachefeldzug bildet, erlebt der Zuschauer im italienischen Genrefilm dieses Geschehen fast immer hautnah mit. Dazu wird häufig die Technik der Rückblende (Analepse) eingesetzt. Hinzu kommt der Umstand, dass im Italowestern  – anders als in manchen amerikanischen Epen – keine größeren zeitlichen Zusammenhänge dargestellt werden. Das für die Rache ausschlaggebende Ereignis muss also entweder direkt zu Beginn gezeigt oder aber – wenn es länger zurückliegt – als flashback eingefügt werden. Sergio Leone verschafft in Spiel mir das Lied vom Tod der Rückblende erhöhte Aufmerksamkeit, indem er zunächst nur zwei sehr kurze Sequenzen in die Handlung einfügt, die noch dazu derart verschwommen sind, dass kein Zuschauer erkennen kann, worum es sich handelt. Allein durch das zooming auf Bronsons Augen wird deutlich, dass es um etwas geht, das sich hinter seiner Stirn abspielt. Erst im dritten Anlauf, nachdem das Interesse des Zuschauers bereits geweckt ist, löst Leone das nebulöse Bild auf: Frank ist zu sehen; dazu ein gefesselter Junge, auf dessen Schultern ein Mann steht, der den Hals in der Schlinge hat. Hinzu kommt der Torbogen eines ehemaligen Friedhofs und Franks süffisantes Lächeln: »Keep your lovin’ brother happy!« Harmonica wuchs auf mit dem Gedanken, dass sein Bruder in dem Moment sterben musste, in dem ihm selbst die Beine versagten. Diesen Augenblick sieht er immer wieder vor sich – und der Zuschauer nun auch.143 Bereits zuvor hatte Leone in Für ein paar Dollar mehr eine mehrfach geteilte Rückblende benutzt. Untypischerweise visualisierte er dort jedoch nicht die Gedanken des Rächers, sondern die des Täters: Indio ist es, dem (vor allem unter dem Einfluss von Drogen) die Vergewaltigung und der Selbstmord der jungen Frau, die sich später als Schwester Colonel Mortimers herausstellen wird, vor Augen stehen. Diese Analepse wird in Irren ist tödlich arg persifliert: Ein mexikanischer Bandit beobachtet Liebkosungen zwischen dem Protagonisten Jack und seinem Ferkel, das er dann stiehlt. Auch in vielen weiteren Streifen geben flashbacks Auskunft über ein zurückliegendes gewalttätiges Ereignis und erklären damit das Rachemotiv:



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Von Mann zu Mann: Bill erinnert sich an die vier Männer, die seine Familie töteten, auch an deren besondere Merkmale wie Narben und Tätowierungen. Der Sohn des Django: Die Rückblende zeigt, wie der Vater in seinem Haus hinterrücks erschossen wurde. Zum Abschied noch ein Totenhemd: Shane erlebt im Rückblick die Ermordung seiner Eltern und seiner Schwester. Heute ich  … morgen du!: Bill Kiowa sieht in der Rückblende, wie seine indianische Frau vergewaltigt und getötet wurde. Leichen pflastern seinen Weg: Das meditative Licht einer Kerze lässt Silence mit seinen Gedanken in die Vergangenheit schweifen. Er erlebt erneut den Tag, an dem seine Eltern ermordet und ihm selbst die Stimmbänder zerschnitten wurden. Era Sam Wallash  … lo chiamavano Così Sia: Auch hier musste ein Junge den Mord an seinen Eltern miterleben, was bei dem Erwachsenen später zu traumatischen flashbacks führt. Tepepa: Dr. Price denkt zurück an seine Frau, die von Tepepa vergewaltigt wurde. Ed ora  … raccomanda l’anima a Dio! (o. dt. T., 1968): In drei Rückblenden werden die Schicksale dreier Männer erzählt, denen es unabhängig voneinander um Rache geht. Django und die Bande der Bluthunde: Flashbacks verweisen auf die Offiziere Murdock, Ross und Hawkins, die während des Bürgerkrieges ihre Einheit an die Nordstaatler verrieten und damit an einem Massaker schuldig wurden. Für ein paar Leichen mehr: Uriah erinnert sich sowohl an glückliche Zeiten mit seiner Frau als auch an ihre Vergewaltigung durch Slim Kovacs. Er säte den Tod: Die Ermordung von Djangos jüngerem Bruder wird im Rückblick dargestellt. Drei Vaterunser für vier Halunken: Rückblenden zeigen den Tod des alten Saxon – gespielt von Horst Frank, der auch dessen Sohn und Mörder darstellt. Keoma  – Das Lied des Todes: In Parallelmontage werden die Auseinandersetzungen Keomas mit seinen Stiefbrüdern in Vergangenheit und Gegenwart gezeigt. Die Demütigungen, die das Halbblut bereits als Kind

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erleiden musste, werden offenkundig. Daran hat sich bis in die Gegenwart nichts geändert. Mannaja – Das Beil des Todes: Dem Helden steht der Tod des Vaters vor Augen. Dessen Land wurde von McGowan gestohlen, der es roden ließ. Als ein gefällter Baum auf ihn fiel, starb der Vater. Frau und Sohn wurden vertrieben.144

»Die Rache ist mein!« Es mag also genügend nachvollziehbare Motive für die individuelle Rache geben; gleichwohl wird sie, wie bereits ausgeführt, im jüdisch-christlichen Kontext kritisch gesehen. Selbst das Talionsrecht, das einem aus­ ufernden, von Affekten bestimmten Vergeltungsdrang wehren sollte, wird in der Bergpredigt von Jesus überboten. Bezugnehmend auf 2. Mose 21,24 führt er aus: »Ihr habt gehört, dass gesagt ist: ›Auge um Auge, Zahn um Zahn.‹ Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar (Matthäus 5,38f ).« Dementsprechend ruft er zur Vergebung auf: »nicht siebenmal, sondern siebzig mal siebenmal« (Matthäus 18,22). Es leuchtet ein, dass unter dieser Voraussetzung allein niemand ein ordentliches Skript für einen Italowestern erstellen kann. Das entscheidende theologische Grundproblem der Rache ist jedoch nicht die mit ihr verbundene Gewalt. Auch zornige Gefühle über erlittenes Unrecht werden in der Bibel nicht delegitimiert, sondern dürfen in aller ungebremsten Heftigkeit geäußert und vor Gott gebracht werden. Die Psalmen legen darüber beredtes Zeugnis ab. Problematisch ist vielmehr, dass der Mensch mit der Ausübung von Rache einen Bereich betritt, den sich Gott selbst vorbehalten hat: »Die Rache ist mein, ich will vergelten.« (5. Mose 32,35). Der Gläubige, der Rache begehrt, wendet sich daher allein an ihn: »Herr, du Gott der Vergeltung, erscheine!« (Psalm 94,1). Das exklusive Recht des Schöpfers auf Rache wird im Neuen Testament zweimal aufgenommen. So mahnt Paulus die von außen stark angefochtenen Christen in Rom: »Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: ›Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.‹« (Römer 12,19). In Hebräer 10,30f heißt es: »Denn wir kennen den, der gesagt hat: ›Die Rache ist mein, ich will vergelten‹, und wiede-



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rum: ›Der Herr wird sein Volk richten.‹ Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.« Damit wird deutlich: Es ist nicht so, dass es im Alten und Neuen Testament keine Rache gäbe. Nur soll sie Gott allein vorbehalten bleiben. Der Mensch kann durch Rache immer nur versuchen, seine eigenen Gefühle zu befriedigen, sich selbst eine kleine und vergängliche Genugtuung zu verschaffen. Er bleibt danach oft frustriert zurück – wie Jonathan (Die Rache des weissen Indianers), der merkt, wie sein Rachedurst ihn beherrschte: »Der Feind, gegen den ich kämpfte, war einzig und allein in mir.« In welcher Weise der Rachegedanke einen Mann bis in den Wahnsinn treiben kann, zeigt eindrücklich Auf die Knie, Django. Auch in Django und die Bande der Gehenkten ist zu erleben, wie der blinde Hass den Rächer selbst zu Untaten verführt. In Due croci a Danger Pass ist der von Rachedurst getriebene Alex Mitchell kaum mehr Herr seiner Sinne. Allein um einen einzigen Mörder zu töten, versucht er eine ganze Hochzeitsgesellschaft mit Dynamit in die Luft zu sprengen. Nur das beherzte Eingreifen seines christlich-pazifistischen Ziehbruders Mark, der sich bewusst zu der erwählten Opfergruppe stellt, lässt den zu allem entschlossenen Alex zögern. Der Gewinn durch die Rache ist also längst nicht so groß wie erhofft. Meist erzeugen die Taten des Rächers nur Gegengewalt. Auch die Frage, ob er selbst im Recht ist, kann nur subjektiv beantwortet werden. Eine der großen Hoffnungen des Glaubens und Trost vieler in der Welt verfolgter und unter Ungerechtigkeit leidender Menschen besteht deshalb von je her darin, dass Gott selbst das Recht durchsetzen wird. Ihre Bitte lautet: »Herr, schaffe mir Recht, denn ich bin unschuldig!« (Psalm 26,1; vgl. Psalm 7,9 u. ö.). Das soll spätestens am Tag des Jüngsten Gerichts geschehen. Der Italowestern macht es möglich, dass wir mitunter einen Vorgeschmack auf jenes kommende Gottesgericht erleben können. Zu den besten Vertretern des Genres dürfen zweifellos solche gezählt werden, in denen die Rache nicht mehr allein auf menschliches Handeln beschränkt bleibt, sondern mythologisiert und auf eine transzendente Ebene gehoben wird. Hier ist dann tatsächlich nicht mehr nur ein Mensch am Werk, sondern eine göttliche oder zumindest von Gott autorisierte Gestalt  – sozusagen Der Colt Gottes. Ekdach HaElohim heißt dementsprechend

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der hebräische Titel des in Koproduktion mit Israel gedrehten Films von Gianfranco Parolini. Als der personifizierte »Zorn Gottes« versteht sich auch der schwarzgekleidete Rächer in Alberto Cardones Film Der Einsame (1968), der im Original L’ira di Dio heißt (I Abb. 37). Motive des geistlichen Hymnus Dies irae werden häufig in Italowestern-Scores von Morricone und seinen Kollegen verarbeitet. Die Rede vom »Zorn Gottes« hat bereits in der liberalen Theologie des 19.Jahrhunderts heftigen Widerspruch ausgelöst und ist heute nicht weniger unpopulär. Albrecht Ritschl »vertrat den Gedanken, der ›zornige Gott‹ sei eine Vorstellung des Gott in Unglauben und Misstrauen gegenüberstehenden Menschen; durch Jesus werde sie widerlegt und überwunden«145. Das ist eine Teilwahrheit. Tatsächlich aber ist es ebenso ein originäres Kennzeichen des jüdisch-christlichen Gottes, dass er kein gefühlloses, apathisches Wesen ist. So wie er auch ein Gott ist, der mitleiden kann, so gehört auch der Zorn zu ihm. Beides sind Gefühle, die als Ausdruck seiner liebevollen Beziehung zum Menschen betrachtet werden müssen. Es ist die Sünde des Menschen, die ihn zornig macht. Dabei ist er nicht zornig aus gekränkter Eitelkeit, sondern aus Trauer über die gestörte Beziehung zu seinem Geschöpf; auch weil er weiß, wie die Sünde den Menschen zugrunde richtet. Die Unausweichlichkeit des Gerichts über die Sünde ist offensichtlich einigen Italowesternhelden deutlich bewusst. Dazu zählt der Killer Marco (Terence Hill) in La collera del vento (Der Teufel kennt kein Halleluja, 1970). Auch nach seiner Läuterung holt ihn die Vergangenheit ein. Er weiß, dass er einmal für seine Taten bezahlen muss. In Kein Requiem für San Bastardo gibt es einen Dialog zwischen zwei ehemaligen Revolutionären, die sich ebenfalls zu diesem Thema ihre Gedanken machen: »Werden wir bestraft für unsere Sünden?«, fragt der eine, der mittlerweile für die Ausbeuter arbeitet. »Wir werden bestraft durch unsere Sünden«, gibt der andere, jetzt ein Priester, zu verstehen. An das Endgericht erinnert schließlich auch die Schlusseinstellung von Django – Den Colt an der Kehle: Das mit Leichen übersäte Gelände einer Ranch gleicht der Vision des Propheten Hesekiel von Totenfeld (Hesekiel 37,1ff). Dazu schließt der Film mit Glockengeläut und dem Blick auf das Kreuz einer kleinen Kapelle.



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Biblische Racheengel Der deutsche Titel Bleigericht bezieht sich nicht etwa auf eine ungewöhnliche, möglicherweise ungesunde und schwer verdauliche kulinarische Spezialität, sondern ist in einem juristischen Sinne zu verstehen. Hier heißt es nun aber, analog zum Originaltitel (Dio li crea  … io li ammazzo!): »God creates them, I kill them.« So singt es Dean Reed im Titellied. Das mag hin und wieder (ähnlich wie »God forgives  … I don’t !«) als ein Gegensatz verstanden worden sein146: Auf der einen Seite steht der vergebende Schöpfer (»Gnade spricht Gott«), ihm gegenüber der autonome Mensch mit einer ganz anderen Absicht (»Amen mein Colt«). Diese Diskrepanz gibt es tatsächlich in einigen Italowestern. So versucht in Für 1.000 Dollar pro Tag ein gläubiger Sheriff, den rache­ durstigen Scott Baker mit dem Verweis auf die Bibel von seinen Plänen abzubringen. Ein ähnlicher Konflikt zieht sich durch Django – Melodie in Blei: Der sterbende Ziehvater des Helden, ein Christ, bittet Django, seinen Mördern zu vergeben. Djangos Antwort: »Gut. Erst werde ich ihnen verzeihen und sie dann umbringen.« In der Folgezeit versteht er sich trotzdem als eine Art Rächer im Auftrag Gottes, als er die drei verantwortlichen Brüder nacheinander in die »Hölle« schickt. Zum Schluss lautet sein Fazit: »Die Gottlosen sind ausgelöscht.« Derartige Konflikt- und Entscheidungssituationen zwischen göttlicher Vergebung und menschlicher Rache bestimmen den Italowestern jedoch nicht hauptsächlich. Weitaus pointierter treten solche Gestalten auf den Plan, die eine deutliche Aura eines Racheengels, eines autorisierten Vollstreckers des Zornesgerichts Gottes umgibt. Nicht von ungefähr heißt ein Western von Giorgio Ferroni Il pistolero segnato da Dio (dt.: Der von Gott gesandte Pistolero, I Abb. 38). Ein Rächer wie Arizona Colt wird von einem Pfarrer als der »Erzengel Michael« bezeichnet, der nach Offenbarung 12,7–9 den Kampf gegen den Teufel im Namen Gottes anführt. Ebenso wird Trinità in Die rechte und die linke Hand des Teufels von dem Mormonenbruder Tobias als »Erzengel« bezeichnet. Ein weiterer von Terence Hill dargestellter Charakter ist zwar dem Namen nach ein »Niemand« (Mein Name ist Nobody), wird jedoch im Film selbst und noch deutlicher auf einem Filmplakat mit seinem Sattel porträtiert, den er so auf dem Rücken trägt, dass er ihm »Engelsflügel« verleiht (I Abb. 1).

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Wer hingegen bereits einen Namen wie Providenza (»Vorsehung«) trägt (Providenza!  – Mausefalle für zwei schräge Vögel), kann durchaus auch als das Werkzeug einer solchen angesehen werden. Auch »Keoma« soll in der Sprache der Indianer die Bedeutung »Racheengel« haben (Keoma  – Das Lied des Todes). Bereits Corbuccis Django ist eine solche mystische Figur; nach Harald Steinwender ein »Revenant aus dem Jenseits«147. Ein übersinnlicher Habitus kennzeichnet auch »Spirito Santo«, den Rächer, bei dessen Erscheinen wie aus dem Nichts stets die Orgel ertönt (Ein Halleluja für Spirito Santo). Auch der wie Jesus auf einem Maultier reitende Held in Requiem für Django zeichnet sich – wie erwähnt – durch übersinnliche Fähigkeiten aus: Er sagt minutiös ein Gewitter oder eine Sonnenfinsternis voraus, taucht aus dem Nichts auf und verschwindet wieder im Nebel. Dass er einem göttlichen Gericht dient, ist sich offensichtlich auch Steve Cooper in Ed ora  … raccomanda l’anima a Dio! bewusst, der einem Bandenchef, den er zu töten gedenkt, zuvor (gemäß dem Originaltitel) empfiehlt: »Make your peace with God!«. Zum letzten Gebet fordert auch der »Danite« in John il bastardo sein Opfer auf. Er versteht sich deutlich als Werkzeug Gottes oder mindestens seiner Mormonenkirche. Auch Johnny alias »Amen« (O tutto o niente) macht deutlich, dass er nicht in seinem eigenen Namen tötet, wenn er Exekutionen »in the name of the Father and of the Son and of the Holy Ghost« vollzieht und anschließend feststellt: »The ways of the Lord are infined.« Andere sagen über ihn: »A man with religious principles.« Ein Protagonist, der im Original »Apocalisse Joe« heißt (Spiel dein Spiel und töte, Joe), kann ebenfalls nicht anders als ein endzeitliches Werkzeug Gottes verstanden werden. Er stellt sich selbst als »Gerichtsvollzieher« vor und zitiert Shakespeare: »Blitze göttlichen Zorns werden auf euch herabkommen!« Auch über die Absichten des beinahe übersinnlich agierenden Helden in Django und die Bande der Bluthunde kann es keinen Zweifel geben. Christian Keßler meint dazu: »Sehr viel komplizierter wird es am Jüngsten Tag auch nicht zugehen.«148 Sergio Leone hat mit »Harmonica« (Spiel mir das Lied vom Tod) ebenfalls einen wichtigen Vertreter dieser Gattung eingeführt. Dessen Mission geht weit über die persönliche Rache für den Tod des Bruders



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hinaus. Er ist gleichzeitig auch ein aus dem Nichts kommender und später dorthin entschwindender Unbekannter, der auf die wiederholte Frage Franks nach seiner Identität stets die Namen weiterer Ermordeter angibt. Ihr Tod verlangt demnach ebenso nach Sühne. Die Kennzeichnung Franks und seiner Männer als Sünder vor Gott erhält innerhalb der entscheidenden Rückblende auch eine gegenständliche Darstellung: Es ist der Apfel, in den einer seiner Leute in jenem Augenblick beißt, als sich der Strick um den Hals des Bruders zum Tode spannt. Der Bezug auf 1. Mose 3,6 zeigt: »Die ganze Szenerie ist innerhalb von Leones katholischer Welt ein ungeheuerlicher Sündenfall«.149 Ein weiterer Film mit ausgeprägter biblischer Gerichtsthematik ist der bereits mehrfach erwähnte Satan der Rache von Antonio Margheriti. Der deutsche Titel entbehrt jeglichen Sinnes, denn als Rächer tritt hier kein Teufel auf, sondern ein »personifizierter Rachegott«150, der die Herrschaft des seinerseits diabolischen Acombar brechen und eine ganze Stadt, die sich in dessen Würgegriff befindet, erlösen wird. Dass dieser Gary Hamilton ausgerechnet von Klaus Kinski verkörpert wird, spricht nicht dagegen, denn dieser legt die Figur nicht gewohnt böse an, sondern vielmehr unerbittlich im Vollzug seiner Mission. »You’ll face the judge« verkündigt bereits im Vorspann ein von Don Powell gesungener Gospelsong und kündigt somit ein Gerichtsdrama an. Hamilton arbeitet in sengender Hitze in einem Straflager und muss »im Schweiße seines Angesichts sein Brot essen« (vgl. 1. Mose 3,19). Als erste Handlung erschlägt er dabei eine Schlange  – ein deutlicher Hinweis auf das Protevangelium 1. Mose 3,15. Dort spricht Gott zum Teufel in Gestalt der Schlange: »Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.« Paulus stellte angesichts einer baldigen Parusieerwartung einen christologischen Bezug zu dieser Prophetie her: »Der Gott des Friedens aber wird den Satan unter eure Füße treten in Kürze« (Römer 16,20). Der Hölle des Steinbruchs entkommt Hamilton aufgrund einer Amnestie. Bei einer Amnestie handelt es sich um eine grundlose Vergebung, einen Gnadenakt. Vergebung wird im Folgenden ein Thema für Hamilton, das er u. a. leidenschaftlich mit einem Pfarrer diskutieren wird (I Abb. 21). Zu diesem Themenkreis gehört auch seine Antwort an den

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Wirt, der dem gerade entlassenen Sträfling einen Drink ausgeben will: »Ab jetzt werde ich meine Schulden bezahlen.« So nimmt das Gericht seinen Lauf. Bereits die Erwähnung von Hamiltons Namen verbreitet Angst und Schrecken im Ort. Vögel fliehen vor dem Tornado, der Hamilton fortan begleitet. Die Kirchenglocke läutet das Gericht ein. Und im Gericht Gottes wird auch die Wahrheit offenbar. Acombars Sohn Dick, eine Art »Erstgeburt des Pharaos« (vgl. 2. Mose 11,5; 12,29; 13,15), will von Hamilton alles über seinen Vater erfahren. »Aber die Wahrheit tut weh«, gibt der Gefragte zu bedenken. Acombar selbst zieht, getreu seiner Rolle als »Schlange« (»Sollte Gott gesagt haben  …«, 1.  Mose 3,1) alles in Zweifel und nimmt zudem die Pilatus-Rolle ein: »Was ist Wahrheit?« (Johannes 18,38). Er gibt sich seine Antwort selbst, indem er Geld in die Hand nimmt: »Das ist Wahrheit!« Zum Schluss wird alles in apokalyptisch-biblischer Tradition vom Feuer verzehrt. Hamilton gibt sein Gewehr dem alten Händler zurück, von dem er es hatte. Er braucht es nicht mehr. Seine Mission ist erfüllt. Ein weiteres Beispiel: Die Dorfgemeinschaft in Gianfranco Baldanellos Zehn Cowboys und ein Indianerboy ist auf einem viele Jahre zurückliegenden Massaker an der örtlichen indianischen Bevölkerung aufgebaut. Davon wissen nur noch die wenigen Männer, die damals dafür verantwortlich waren. Nun wird Ben, der Sohn des Anführers Abel Webster, ermordet (wieder einmal während eines sintflutartigen Unwetters). Matt, ein Vertrauter Abels, der bereits selbst einen Sohn verlor, deutet die Tat als Gericht: »In der Bibel steht: Gott der Herr wird einen Engel schicken, um die zu strafen, die seinem Gesetz nicht gefolgt sind.« Möglicherweise wird hier Judas 14f zitiert. Weiterhin deutet Matt den Tod der Söhne als Strafe für die Sünden der Väter und steht damit in der Tradition von 2. Mose 20,5; 34,7; 4. Mose 14,18; 5. Mose 5,9 (»Er sucht die Missetat der Väter heim bis ins dritte und vierte Glied.«); aber auch von Hiob 21,19 oder Jeremia 31,29. In der Konsequenz betet Matt um Erlösung, aber richtet sich anschließend selbst mit einem Kopfschuss. Erwähnenswert ist ein untypischer unter den frommen Rächern in Il giustiziere di Dio: Der im Titel als »Henker Gottes« apostrophierte Pastor Tony Land (William Berger) erweist sich gerade nicht als Vollstrecker. Als er von den Banditen, die für den Tod der von ihm betreuten Kinder verantwortlich sind, in einen Brunnen geworfen wird, droht er



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ihnen zwar das »Gericht Gottes« an; doch lässt er sich später überzeugen, die Mörder nicht zu erschießen, sondern der Justiz zu übergeben. Bei ihrer Hinrichtung spricht er ihnen sogar das Ego te absolvo zu. Ihr Anführer (George Wang) will jedoch von Buße und Vergebung nichts wissen, sondern spuckt dem Geistlichen ins Gesicht. Neben den vielen Rächern, die im Italowestern tatsächlich mit dem Nimbus göttlicher Autorität ausgestattet werden, gibt es auch einige wenige, bei denen deutlich wird, dass sie lediglich aus einer religiösen Psychose heraus handeln. »Der Engel des Herrn bin ich!« Davon ist der Laienprediger Douglas (John Ireland) in Ein Colt für 100 Särge überzeugt. In übersteigertem Wahn sieht er sich als ein Werkzeug Gottes, als er einen psychisch gestörten Sexualverbrecher erschießt: »Der Herr hat euch das Leben gegeben; er hat es euch durch meine Hand wieder genommen« (vgl. Hiob 1,21b). In Zeig mir das Spielzeug des Todes kennt der von Ty Hardin gespielte Namenlose nach eigener Aussage nur noch ein Gefühl: Hass. Nachdem seine indianische Frau und sein Sohn umgebracht wurden, zieht er umher und predigt als falscher Pfarrer über sich selbst als einen »Racheengel«. Ein in dieser Hinsicht interessanter Charakter ist auch die Ehefrau des Richter Wilkins in Desperado – Der geheimnisvolle Rächer: Die gläubige Christin fühlt sich als »Werkzeug Gottes« berufen, ihren eigenen Mann zu richten, nachdem sie seinen Verbrechen auf die Spur gekommen ist. Nachdem sie ihn getötet hat, endet sie geistig umnachtet in einem Kloster. Da die Rache ein durchweg ernstes Thema ist, musste sie in den späteren Komödien, z. B. den Spencer-Hill-Filmen von E.B. Clucher, als Motiv verschwinden: »Hier gab es keine Blutfehden mehr, keine bitteren Vergeltungsfeldzüge oder großangelegte Vernichtungsaktionen. Stattdessen glich das Figurenarsenal einem Haufen spielender Kinder, die vorübergehend die Rollen von Gut und Böse eingenommen hatten, sich im Grunde genommen aber nicht wirklich feindlich gesonnen waren.«151 Apokalyptische Reiter An dieser Stelle seien zusätzlich zwei bedeutsame Beispiele des biblischen Rachewestern genannt, die nicht aus Italien stammen – wohl aber von Clint Eastwood, dessen Western als Regisseur in vielerlei Hinsicht die Quintessenz des Italowestern beinhalten und daher mit Recht von Joe

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Hembus als »faszinierende Fußnote zur Wirkungsgeschichte von Sergio Leone«152 bezeichnet wurden. Bereits in Ein Fremder ohne Namen ist Eastwood nicht nur irgendein Rächer, sondern in unübersehbarer Weise auch der apokalyptische Reiter, der das »fahle Pferd« (Offenbarung 6,8) reitet. Eigentlich ein »Wiedergänger« eines zuvor Ermordeten, darf er in der deutschen Fassung allerdings nur als dessen »Bruder« auftreten, was den mystischen Charakter der Figur verschleiert.153 Die schuldig gewordenen Einwohner der Stadt bekommen einen Vorgeschmack auf den Jüngsten Tag: »Der Fremde ohne Namen ist eigentlich Jesus Christus, gekreuzigt, begraben, aber unsterblich: wieder auferstanden, um ohne zu zögern, aber unter Einhaltung aller Rituale, das Jüngste Gericht abzuhalten.«154 Im zwölf Jahre später entstandenen Pale Rider – Der namenlose Reiter ist das Erscheinen eines Erlösers und Rächers die unmittelbare Folge einer Gebetserhörung. Erzählt wird die Geschichte der fünfzehnjährigen Megan, die zusammen mit ihrer Mutter in einer Goldgräbersiedlung inmitten eines wunderschönen Tals lebt. Doch die Idylle trügt. Die friedlichen Siedler, die von ein wenig Wohlstand träumen, werden von einem Großkapitalisten bedroht, der sie von ihrem Land vertreiben will. Dieser schreckt auch vor Terror nicht zurück. Regelmäßig jagen seine Leute auf ihren Pferden durch das Camp, verwüsten alles und verprügeln die Leute. Bei einem dieser Überfälle wird Megans Hund getötet. Sie begräbt ihn im Wald. Am Grab betet sie den Psalm 23. Die einzelnen Verszeilen unterbricht sie aber immer wieder, um auch ihre Glaubenszweifel auszusprechen. Schließlich bittet sie Gott um ein Wunder, um Rettung. Später sitzt Megan am Küchentisch und liest ihrer Mutter aus der Bibel vor. Es ist der Abschnitt über die vier apokalyptischen Reiter (Offenbarung 6,1–8). Als sie zu der Stelle kommt: »Und siehe, ich sah ein fahles Pferd«, schaut sie aus dem Fenster und sieht ein solches Pferd mit Reiter auf die Siedlung zukommen. Irritiert und erstaunt zitiert sie weiter: »Und der darauf saß, dessen Name war ›Tod‹. Und die Hölle folgte ihm nach.« Tatsächlich handelt es sich bei dem namenlosen Reiter um einen als Prediger gekleideten Boten des Gerichts. Joe Hembus differenziert beide Gestalten so: »Der rächende Engel aus dem Alten Testament des ›High Plain Drifter‹ (1972) ist dem neutesta-



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mentarischen Engel des ›Pale Rider‹ gewichen. In beiden Filmen kommt der Mann ohne Namen von den Toten zurück, doch der Pale Rider erscheint nicht nur, um zu rächen. Er lehrt die kleine Gemeinschaft, der er sich verschreibt, die Macht der Gemeinschaft und des Glaubens.«155 Ungeachtet dieser Einschätzung stellt die Gestalt auf dem fahlen Pferd aber immerhin auch einen der vier apokalyptischen Reiter dar. Sie sind Werkzeuge Gottes, die den Tod bringen. Nach Offenbarung 6,8 stirbt durch sie ein Viertel der Menschheit. Gleichzeitig rufen diese Boten aber auch durch das Unheil hindurch zur Buße, zur Umkehr auf. Vernichtung soll nicht das letzte Wort Gottes im Gericht sein. Neben den anderen Reitern mit dem weißen, dem roten und dem schwarzen Pferd und ihrer je eigenen Bedeutung steht der »Fahle« für den personifizierten Tod (»Der Tod ist der Sünde Sold«, Römer 6,23). »Fahl« ist auch die Farbe der Leichenblässe. Dahingehend werden häufig auch Rächer im Italowestern direkt mit dem Tod personifiziert. Das wird zunächst optisch an ihrer vielfach schwarzen Kleidung deutlich. Ein besonderes Beispiel eines schwarz gekleideten Todesengels findet sich in Burt Kennedys englischer Produktion Hannie Caulder (In einem Sattel mit dem Tod, 1971), einem immerhin in Almería gedrehten Eurowestern. Hier taucht am Rande ein Mann auf, der nichts sagt und dessen Funktion zunächst völlig unklar bleibt: »Er sieht aus wie ein Prediger.« – »Er ist alles andere als das.« Lediglich zum Schluss spielt er einmal Schicksal und wird zum Schutzengel der weiblichen Hauptfigur. Diese Gestalt ist derart mysteriös und übersinnlich, dass der sie verkörpernde Stephen Boyd konsequenterweise nicht einmal in den credits erscheint. Er existiert einfach nicht. Doch gibt es auch deutlichere Hinweise als die schwarze Kleidung: In Der Einsame aus dem Westen geht eine den »Tod« verkörpernde Gestalt einer katholischen Prozession in einem mexikanischen Dorf voran. Zuvor hatten sich die Banditen in ihrer Gier nach Gold sämtlich selbst umgebracht. In Glut der Sonne tritt in einem surreal anmutenden Epilog ein »Schnitter« mit Totenkopfgesicht auf (ein Cameo-Auftritt von Paul Naschy), der den nach einem Showdown noch verbliebenen Rest zweier verfeindeter Familien radikal auslöscht. Auch der titelgebende Mönch in Djangos Rückkehr wird mit dem Tod assoziiert: Im Kloster ist er hinter einer Figur des »Sensenmannes« versteckt, bevor er zuschlägt.

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Später mäht er als »Schnitter« mit seinem Maschinengewehr das Wachpersonal eines ganzen Gefangenenlagers nieder, sodass der Zuschauer ein Verständnis dafür bekommt, woher der Begriff »MG-Garbe« stammen könnte. Exemplarische Vorwegnahme des Endgerichts In Yankee hat sich der Held in einer Ruinenstadt versteckt und droht der Mörderbande Conchos unsichtbar und mit lauter, geisterhafter Stimme sehr konkret mit dem »Jüngsten Gericht«. In Die rechte und die linke Hand des Teufels kündigt eine fromme Siedlertochter den Banditen an: »Auch für euch wird der Tag des Gerichts kommen!« Solche Aussagen sind bezeichnend. Daher lässt sich abschließend sagen: Während der klassische amerikanische Western am Rachemotiv nur insofern interessiert ist, als dass durch Vergeltung für erlittenes Unrecht der Status quo von Recht und Gesetz wiederhergestellt wird, geschieht in einer Reihe von Italowestern eine exemplarische Vorwegnahme des biblisch-eschatologischen Gerichts. Dies gilt selbstredend nicht für alle Western Cinecittàs; wohl nicht einmal für die meisten, aber doch für eine auffällige Anzahl herausragender Streifen. Während der Hollywood-Western im Irdischen verhaftet bleibt, wird das Rachegeschehen im Italowestern nicht selten transzendiert und mythologisiert. Mit »exemplarischer Vorwegnahme des Endgerichts« ist gemeint: Im neutestamentlichen Kontext lebt der Mensch im Zustand eines »Schon jetzt« und »Noch nicht«. Durch die Menschwerdung Christi ist das Reich Gottes bereits angebrochen; vollendet werden wird es jedoch erst bei seiner Parusie. Bis dahin gilt die Aussage des Paulus in 2. Korinther 5,7: »Wir wandeln im Glauben und (noch) nicht im Schauen.« Bezüglich des Gerichts bedeutet dies: Es ist bereits an Christus vollzogen worden, für die Menschheit aber steht es noch aus: »Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.« (2. Korinther 5,10). Der übernatürlich anmutende Rächer des Italowestern vollzieht somit in begrenztem Maße und zeichenhaft das Gericht Gottes an dem Sünder, der nicht die Kreuzestat Jesu für sich in Anspruch nimmt und sich somit nicht erlösen lassen will. Der irdische Tod (mors corporalis) geht dem endgültigen Tod, der Verdammnis (mors aeterna) voraus. Alle anderen Beteiligten soll dieses Geschehen zur Umkehr mahnen.



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Nicht zuletzt kann dieses Handeln ebenso als Ausdruck einer determinatio gesehen werden, der Begrenzung des Bösen in der Welt durch Gottes Eingreifen.156 All dies bleibt jedoch vorläufig. Endgültig wird alles entschieden, wenn statt der apokalyptischen Reiter dereinst der eine, letzte Berittene (Offenbarung 19,11–16) auf ganz großer Leinwand erscheinen wird.

2. 100.000 verdammte Dollar: Gier nach Gold und Geld Pecos (Robert Woods), der in der deutschen Version amerikanisierte Protagonist aus Jonny Madoc rechnet ab, erklärt vor der Endabrechnung dem größenwahnsinnigen Unhold El Supremo (»der Höchste«), wodurch zuvor seine Gefolgsleute zugrunde gingen: Dargo an der Fresssucht, der »Franzose« an den Frauen, El Rayo (»der Blitz«) am Gold – und er selbst, El Supremo, würde nun an seinem Machthunger sterben. Erneut sind wir bei den Todsünden angelangt: gula (die Völlerei), luxuria (die Wollust) und avaritia (die Habgier) waren die entscheidenden Triebe, welche die drei Kumpane zu Fall brachten. Bei ihrem sich gottgleich gebenden Anführer könnte möglicherweise die superbia (der Hochmut) eine mitentscheidende Rolle spielen. Worshipping gold Nach der bereits erwähnten ira ist im Folgenden nun von der avaritia die Rede. Geht es um die häufigsten und bedeutsamsten Konfliktfelder, so nimmt sowohl im klassischen Western wie im Italowestern der Drang nach Rache und Vergeltung zweifellos eine führende Stellung ein. Im Italowestern bekommt dieses Motiv jedoch starke Konkurrenz von der Habgier als besonders konfliktschürendem Motiv. Sehr auffällig ist dabei folgende Beobachtung: Während im »puritanischen« US-Western die Habgier als Eigenschaft fast immer den Bösewichtern mit ihrem ohnehin niederen und verwerflichen Charakter vorbehalten ist, hat sie in der italienischen Variante längst sämtliche Beteiligten erfasst. In dieser Hinsicht unterscheiden sich weder »Helden« von Banditen, Männer von Frauen, Gringos von Mexikanern. Hier ist eines der zentralen und auch für die Rechtfertigungslehre der Reformation bedeutsamen Paulusworte ernstgenommen worden: »Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes,

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den sie bei Gott haben sollten.« (Römer 3,23). Der Apostel wollte damit die unbedingte Erlösungsbedürftigkeit eines jeden Menschen ohne Ausnahme festhalten. An dieser Stelle lässt sich erneut erahnen, dass amerikanischer und italienischer Western auf unterschiedlichen theologischen Grundvoraussetzungen basieren: Das vom Calvinismus und Zügen einer pietistischen Heiligungsbewegung beeinflusste Original möchte den (protestantisch-christlichen?) Helden ungern moralisch in einen Topf mit Sündern werfen, sondern ihn als fortgeschrittener zeigen in dem, was im theologischen Sinn unter »Heiligung« verstanden wird. Im eher katholisch geprägten Italowestern spürt man hingegen durchgehend ein stärkeres Bewusstsein für die allgegenwärtige Wirkmächtigkeit der Sünde. An dieser Stelle stehen sich Katholizismus und Luthertum näher als lutherische und reformierte Traditionen zueinander.157 Die Beschreibung des Menschen als simul iustus et peccator (Gerechtfertigter und Sünder zugleich) durch Luther trägt einem Zweifachen Rechnung: dass durch Christus am Kreuz das Entscheidende für die Erlösung des Menschen bereits getan worden und der Mensch durch diesen Akt tatsächlich in seinem Sein vor Gott verändert ist; dass er aber gleichzeitig weiterhin innerhalb einer gefallenen Schöpfung der Sünde ausgesetzt und nicht vor ihr gefeit ist. Wohl nirgendwo im Italowestern ist dies so deutlich mit Händen zu greifen wie dort, wo die Versuchlichkeit des Menschen durch die avaritia ins Spiel kommt. Und dies geschieht in fast jedem Film. Die avaritia als Todsünde wird als Habgier, aber auch als Geiz definiert. Belegstelle dafür ist vor allem Lukas 12,15: »Hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.« Das Objekt der Begierde wird im Italowestern deutlich benannt: Es geht um Gold und Geld. Das Wort dollari gehört in italienischen Sprachversionen zu den am häufigsten vernommenen Vokabeln. Immer wieder sind hohe, meist sechsstellige Summen im Spiel. Oft ist das begehrte Gut irgendwo in Truhen und Kisten versteckt. Beliebt sind Gräber (200.000 Dollar in Zwei glorreiche Halunken), aber auch Kutschen (400.000 Dollar in Die Drei, die den Westen erschütterten). In Sartana kommt stehen eine halbe Million in Gold sowie 20 Millionen Dollar Falschgeld zur Dis­ position; in Django – Ein Sarg voll Blut 500.000 Dollar in Goldbarren. Es geht um Erträge aus Goldminen (Amigos – Die (B)Engel lassen grüssen) oder um die Papiere für eine solche (I quattro pistoleri di



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Santa Trinità); schließlich auch oft um den Inhalt von Tresoren (Sabata). Auch zu diesem Thema werden wieder klassische Literaturvorlagen herangezogen: So wird in Anche nel West c’era una volta Dio Die Schatzinsel von Robert Louis Stevensons adaptiert. Wichtig ist: Wer die Wahl hat zwischen Gold und Papiergeld, zieht Ersteres vor, selbst wenn Geldbündel zunächst viel praktischer erscheinen. Der Killer Johnny Oro (Ringo mit den goldenen Pistolen) tötet grundsätzlich nur für Gold. Es gibt Erfahrungswerte: »Ich habe mal einen für Banknoten getötet, die waren dann nichts mehr wert.« Der Hauptgrund für diese Präferenz dürfte jedoch anderswo liegen: Die von der Gier beherrschten Menschen im Italowestern erfahren die Wirkung des Goldes auf eine geradezu körperlich-sinnliche Weise. In Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blüh’n? prüft Tresette die Echtheit von Goldstaub, indem er eine »Prise« davon schnupft. Providenza erkennt Falschmünzen am Klang (Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel). Er lässt allerdings auch ein Bündel Geldscheine wie ein Daumenkino durch seine Finger gleiten und hört dabei, ob auch nur zehn Dollar fehlen. Wie oft greifen gierige Hände in einer beinahe sexuellen Erregung tief in mit Goldmünzen gefüllte Kisten! Die Berührung einer Frau ist abgelöst worden durch das zärtliche Streicheln von erbeuteten Goldbarren. The Ecstasy of Gold (so der treffende Titel des berühmten Themas von Morricone) ist ein berauschendes Gefühl. Der Goldsucher Sam Cooper meint zwar: »Gold riecht nach nichts und schmeckt nach nichts, aber ist das Schönste auf der Welt!« (Das Gold von Sam Cooper); der alte Mann in Der Einsame aus dem Westen ist dagegen überzeugt: »Gold riecht man. Papiergeld riecht nicht.« Der glückliche Finder eines vergrabenen Schatzes in Drei Halunken und ein Halleluja steckt daher zuerst die Nase in eines der Säckchen und zieht sie goldgepudert wieder heraus. Weil die Gier nach Gold derart grassiert, muss es in besonderer Weise vor unliebsamen Mitbewerbern verborgen werden. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt: In Western-Jack enthält die Postkutsche kein Gold, sondern sie besteht gänzlich daraus. Da Goldtransporte stets gefährdet sind, bedient man sich des gleichen Tricks auch in Vier Halleluja für Dynamit-Joe. Ein Goldschatz von Revolutionären ist in eine Druckerpresse umgeschmolzen worden (Lauf um dein Leben).

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Der Minenbesitzer Langdon goss aus seinem Gold ein Bettgestell (Drei Pistolen gegen Cesare). Symbolträchtig zeigt der nihilistisch-brutale Todesmarsch der Bestien, wie sehr der Mensch an den Mammon gekettet ist: Es geht hier nicht nur um die Verlegung von sieben Sträflingen, sondern gleichzeitig um einen Goldtransport – denn die schweren Ketten der Verbrecher bestehen aus reinem Edelmetall. Es ist der schöne Schein des Goldes, der blendet. Mehrere Banditen in Yankee werden von dem Widerschein des Lichts, das auf einen einzigen Dollar fällt, so geblendet, dass es ein Leichtes ist, sie zu erschießen. Auch andere machen sinnliche und körperliche Erfahrungen mit dem Gold: Da steckt gar Ein Dollar zwischen den Zähnen. Wieder andere haben Karten und Informationen über einen riesigen Goldschatz im Intimbereich tätowiert (Zwei wilde Companeros). Mit den Händen wird nicht nur in Truhen gewühlt. Die Besessenheit vom Gold kann zu weitaus grausigeren »Handgreiflichkeiten« führen, wie in Töte, Django: Als die Bürger der Stadt gewahr werden, dass der Bandit (Piero Lulli) einige goldene Kugeln im Körper zu stecken hat, zerfleischen sie hemmungslos den toten Leib, um sie ihm zu entreißen. Ihr Tun gleicht dem triebgesteuerter Kreaturen aus Zombie-Filmen; die ganze Szene erinnert an die Schändung ermordeter KZ-Opfer auf der Suche nach Goldzähnen. In einer späteren Sequenz werden El Zorros Männer ihren Braten in ebensolcher Weise auseinanderreißen. Die Gier nach Gold verbindet sich hier mit der Gier der Völlerei. Die avaritia erscheint in diesem Genre in Reinkultur. Den von ihr Getriebenen geht es allein um das »Haben-Wollen«. Alle warten zwar begierig auf den Reichtum (wie in Ein Colt für 100 Särge auf die Ankunft von 200.000 Dollar) oder träumen davon (wie Juan in Todesmelodie von der Nationalbank von Mesa Verde, I Abb. 22), doch kaum jemals ist ein nachvollziehbarer Zweck mit dem Besitz von Gold und Geld verbunden. Es findet »keinerlei Akkumulation des Kapitals«158 statt: »(…) der gewonnene Reichtum hat insofern keine zivilisierende Funktion, als er nirgendwo investiert wird: Die Glücksritter, Söldner etc. kaufen sich kaum jemals etwas für ihr Geld.«159 Kein Land, kein Vieh, nicht einmal Frauen werden damit erworben. Das Gold ist tatsächlich nur zum Anfassen da und wird so zum reinen Fetisch. Es kommt zur Verehrung, zur Anbetung des Goldes. In Zwei Aasgeier heißt es: »Die Welt ist in zwei



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Lager geteilt: die einen, die das Gold anbeten, und die anderen, die es sich nehmen.« So der Mexikaner José, bevor er seinen Partner Paco niederschlägt. Dies ist theologisch bedeutsam: Das Gold ist an die Stelle Gottes getreten. Es heißt nun nicht mehr worshipping God, sondern im Titelsong von Der Einsame aus dem Westen ist der Schritt zum worshipping gold vollzogen worden. Hier gibt es Menschen, die ihre Seele gänzlich dem Gold verschrieben haben. Ein alter Mann ist süchtig danach und sucht die körperliche Nähe zum Gold, als dieses in einem Gefängnis zwischengelagert wird. Später wird es von ihm sogar in einer Kirche versteckt. Die Einsicht der sterbenden Ria, die sie gegenüber ihrem Geliebten Sledge äußert, kommt zu spät: »Wir hätten das Gold nicht gebraucht, um glücklich zu sein.« Es ist nicht mehr allein die avaritia, von der die Menschen ergriffen sind. Vielmehr lässt sich hier die Begrifflichkeit erweitern durch die concupiscentia als die »Begierde nach Lebenserfüllung durch weltliches Gut, die das Verlangen nach Gemeinschaft mit Gott verdrängt«160. Gott und Gold stehen in Konkurrenz zueinander. Der Reichtum ist zum Gott »Mammon« geworden, vor dem Jesus warnte: »Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon« (Matthäus 6,24b). Er weiß ebenso: »Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz« (Matthäus 6,21). Das Geld wird vergötzt, verklärt und erscheint als die »einzige Wirklichkeit«161. Morton in Spiel mir das Lied vom Tod erklärt: »Geld ist die stärkste Waffe.« Das ist Götzendienst. Ein anderes Beispiel für den Fetisch Gold findet sich im bereits erwähnten Corbucci-Film Ringo mit den goldenen Pistolen. Die Hauptfigur heißt »Johnny Oro« (Gold) und hat ein besonderes Verhältnis zu dem gelben Edelmetall. Er wurde in einer Goldmine geboren (!) und tötet als bezahlter Killer ausschließlich für Gold. Nach Aussage seiner Mutter ist Gold das, was er am meisten liebt. Sein Vater gab ihm einst den Rat: »Gold muss arbeiten. Das hebt man nicht im Strumpf auf.« Der Stutzer Johnny trägt sowohl Colts als auch Sporen aus Gold. Interessant ist, dass er am Ende auf einen Goldschatz, der aus einem Bankraub stammt, verzichtet. Stattdessen kommt das Geld dem Wiederaufbau der zerstörten Stadt zugute. Johnny hat eine Umkehr vollzogen und dem Götzen abgeschworen.

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Die Wurzel allen Übels Nach Luther ist der Mammon der »allergemeinste Abgott auf Erden«162 und damit eine Sünde wider das erste Gebot. Als »Wurzel allen Übels« (so ein Mönch in Vier Fäuste für ein Halleluja) erscheinen Gold und Geld daher folgerichtig auch im Italowestern. Da ist keine Rede mehr vom »amerikanischen Traum«, den man sich damit möglicherweise erfüllen könnte; denn die Menschen vermögen es nicht, mit dem Reichtum etwas auch nur ansatzweise Konstruktives anzufangen. Hier ist auch kein Platz für ein von manchen US-amerikanischen Predigern gelehrtes und lutherischer Theologie entgegenstehendes »Wohlstandsevangelium«. Stattdessen zerstört der Einfluss des Goldes nur, korrumpiert und verändert den Menschen grundlegend: »They say that gold will change a man«, heißt es in einem Lied aus Töte, Ringo, töte. Dort geht es immerhin auch um eine Summe von 500.000 Dollar. Als der Held in Der Einsame aus einer Ohnmacht erwacht, registriert er zuerst den Verlust von 10.000 Dollar, erst danach den Mord an seiner Ehefrau. In Ringo kommt zurück verändert sich der gesamte Ort radikal, nachdem dort Gold gefunden wurde: Es zieht viel Gesindel an, darunter auch die Fuentes-Brüder, die dort die Herrschaft übernehmen. Um des Goldes willen gibt es kein Maß mehr: Wird ein Zug überfallen wegen eines Geldschranks mit einer halben Million, werden alle Reisenden getötet (Kopfgeld: 1 Dollar und Gott vergibt  … wir beide nie!). Das mörderische Potential des Goldes wird einmal mehr in Töte, Django deutlich, wenn es das Edelmetall selbst ist, das den Tod verursacht: Bei einem Brand ergießt es sich, flüssig geworden, über den habgierigen Hagerman. Vor allem aber gilt auch: Die Gier entzweit. Jeder wendet sich gegen jeden. Alle betrügen einander. Ein Paradebeispiel bietet Es geht um deinen Kopf, Amigo. Dort sind hinter einem Schatz mehrere Personen her: Ringo und Tim, zwei Vagabunden, Tricky, ein Spieler, Fidel, ein Mexikaner, schließlich Sam, der Sheriff. Nun kommt es zu folgenden Interaktionen zwischen den Kontrahenten: • •

Tricky bemüht sich um eine Allianz mit Fidel. Fidel versucht Tim zu töten.



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Sam wird von Ringo erschossen, nachdem dieser zum wiederholten Mal die anderen zu betrügen suchte. Fidel setzt sich ab und heuert zur Verstärkung eine Bande an. Tricky versucht, Ringo und Tim gegeneinander auszuspielen. Tricky verführt Tim zum Alkohol. Es kommt zum Streit. Tim wird erschossen, als sich ein Schuss löst. Ringo tötet Tricky, der ihn mit Hilfe einiger Killer beseitigen wollte. Ringo, der einzig übrigblieb, ist erschüttert, dass die Gier selbst ihn und seinen besten Freund zu Gegnern werden ließ. Er überlässt das Geld daher der armen mexikanischen Dorfgemeinschaft.

Ähnlich ergeht es den Beteiligten in Django  – Wo steht dein Sarg?, die allesamt auf 200.000 Dollar aus einem Bankraub versessen sind. Auch hier spielt selbst innerhalb einer Zweckgemeinschaft immer wieder jeder gegen jeden: Glenn wird vom »Colonel« betrogen, der »Portugiese« stiehlt Glenns Pferd, nachdem ihm seines zuvor vom »Colonel« entwendet wurde. Der Bankier Hartmann will sowohl das Geld als auch die Versicherungssumme kassieren, während sein Untergebener Richards auf eigene Rechnung arbeitet. Schließlich ist es die Frau, die alle aufs Kreuz legt und mit dem Geld verschwindet. In Knie nieder und friss Staub wird dem Protagonisten daher der Rat gegeben: »Wenn du das Gold haben willst, musst du alle umlegen.« So ist es. Das Gold zieht viele an, doch nur wenige überleben. Dafür gibt es genügend Beispiele: In Töte alle und kehr allein zurück gewinnt nur der skrupelloseste und gerissenste aller beteiligten Halsabschneider die Million, nachdem er alle seine Kumpane hintergangen hat. In Ringo, such dir einen Platz zum Sterben geht es um einen vermissten Geologen, der auf eine Goldmine gestoßen ist. Die Suche nach ihm motiviert eine Reihe obskurer Charaktere. Übrig bleiben aber nur der Titelheld und die Witwe des Wissenschaftlers. Um Gold im Wert von 200.000 Dollar dreht sich alles in Zwei Aasgeier. Abenteurer, Banditen und Indianer machen sich die Beute streitig. Allein Goofo will sie nicht für sich, sondern damit seinen Bruder aus dem Gefängnis holen, der unschuldig für den Raub einsitzt.

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In Prega il morto e ammazza il vivo (Der Mörder des Klans, 1971) wartet die Hogan-Bande in einem abgelegenen Gasthaus auf bereits erbeutete 100.000 Golddollar. In dieser Zeit werden nach und nach alle Mitglieder getötet bzw. töten sich gegenseitig. In Le due facce del dollaro (Stinkende Dollar, 1967) wird der Diebstahl von zwei Zentnern Gold aus einem Fort minutiös von dem »Mathematiker« geplant und mit Hilfe verschiedener Subjekte durchgeführt. Es folgt das alte Spiel: Jeder betrügt jeden, niemand profitiert, denn alle bis auf einen kommen um. Dieser letzte Kontrahent wird von der Armee verurteilt. Selten waren so viele hinter einem Goldtransport her wie in Bratpfanne Kaliber 38: Mexikanische Banditen unter der Führung von »El Tornado« (alias »die Geißel Gottes«), ein General, ein Priester, ein Franzose, eine Gaunertruppe um Nello Pazzafini, Indianer, Connie, die Lehrerin, der Sheriff, der einfältige Bobo und nicht zuletzt der Held »Jerusalem«, der den Transport zusammen mit seinem Vater durchführt.

Wer es also auf Zwietracht bis hin zur Vernichtung von Menschen angelegt hat, der rechnet mit der mörderischen Gier nach Gold und setzt sie für seine Zwecke ein. So geschieht es in Tutti fratelli nel West  … per parte di padre (Fünf Klumpen Gold, 1972), als das Ende eines alten Goldgräbers naht. Er vermacht seinen vier ärgsten Feinden je einen Klumpen des Metalls, auf denen Teile eines Schatzplans verzeichnet sind (den fünften Teil erhält der eher unbeteiligte Gipo). Der Erblasser kann sicher davon ausgehen, dass sich die Beschenkten deshalb gegenseitig umbringen werden. Lossagung »Solange die Welt existiert, sind alle Menschen nur nach Gold aus – ich auch!« Das konstatiert Alan Burton in Mein Leben hängt an einem Dollar. In diesem Film sind die Beteiligten dem Mammon derart verfallen, dass sie es darauf anlegen, lieber umgebracht zu werden, als einen bestimmten Dollar herauszugeben, auf dem das Versteck einer Kriegskasse verzeichnet ist. Insgesamt gibt es drei solcher Münzen, die nötig sind, den Ort zu finden. Selbst vermeintliche Freundschaften wie die zwischen Alan und Hondo zerbrechen daran. Alan will unter keinen Umständen seinen Dollar herausgeben. Hondo schießt auf ihn. Die Kugel trifft ausgerechnet besagtes Geldstück, das Alan am Leib trug, und das ihm nun



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das Leben rettet. Allerdings ist durch die Deformierung der eingravierte Zahlencode zerstört worden. Hondo verzweifelt an dem Verlust, doch Alan ist plötzlich erlöst von der Gier. Er entscheidet sich für die mexikanische Frau und zieht mit ihr auf eine Ranch. Wer diese Umkehr nicht schafft, zerstört sich und andere: 10.000 blutige Dollar wecken im gleichnamigen Streifen auch in Django die Gier. Allerdings muss er dafür einen hohen Preis zahlen. Er erklärt sich bereit, die Eskorte des Goldtransports abzufangen. Währenddessen überfällt sein »Partner« Manuel bereits die Kutsche und tötet alle Insassen, darunter Djangos Geliebte Misanu. Man kann daher sagen: Nur »wenige sind auserwählt« (Matthäus 22,14), sich der widergöttlichen Macht des Goldes und des mit ihm verbundenen Götzendienstes entziehen zu können. Offenbar ist dafür eine bewusste Entscheidung bis hin zum Akt einer »Lossagung« im Sinne einer abrenuntiatio notwendig (vgl. Matthäus 4,10: »Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.«). Roy in Knie nieder und friss Staub verzichtet zum Schluss auf das Gold, weil er andere Prioritäten setzt: »Die Freiheit ist nicht aus Gold, die kann man sich nicht erkaufen. Die muss man sich verdienen.« Ein anderer, dessen Unabhängigkeit vom Geld im Film mehrfach explizit erwähnt wird, ist der düstere Racheengel in Django und die Bande der Bluthunde. »Die Habgier macht den größten Klugscheißer blind«, lautet seine Erkenntnis. Johnny Madoc entzieht sich ebenfalls dem Mammon. Die Einwohner der Stadt fragen ihn zuletzt: »Kannst Du uns nicht sagen, was wir mit dem Geld machen sollen?« – »Pflanzt ein paar Blumen auf dem Friedhof!« Schließlich gibt es auch in Das Gold von Sam Cooper eine interessante Szene zum Thema: Inmitten der unaufhörlichen Versuche der Beteiligten, sich gegenseitig den Reichtum abzujagen, wird Cooper von mehreren Männern überfallen, die überraschenderweise gar nicht an seinem Gold interessiert sind. Sie sind derart ausgehungert, dass sie sich allein über die Lebensmittel hermachen. Es gibt also offensichtlich Wichtigeres als Nuggets; ganz im Sinne jenes Wortes, das indianischer Weisheit zugesprochen wird: »Erst wenn der letzte Fluss vergiftet, der letzte Baum gerodet, der letzte Fisch gefangen und die letzte Luft verpestet ist, werdet ihr feststellen, dass man Gold nicht essen kann!«

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»Motten und Rost« Die Gier macht blind. Mancher sieht nicht, dass er auf eine Illusion gebaut hat. So hält die Habsucht eine Reihe von Verbrechern zusammen, die sich eine halbe Million versprechen, die gar nicht existiert (Sie verkaufen den Tod). Oder das erhoffte Gold entpuppt sich als angestrichenes Blei (Ein Halleluja für Spirito Santo). Wenn das Gold hingegen doch existiert, so ist die Freude darüber trotzdem häufig nur von kurzer Dauer. Der Italowestern illustriert hier schonungslos die Einstellung Jesu: »Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen« (Matthäus 6,19). Das Genre geht ebenfalls konform mit dem Gleichnis vom reichen Kornbauern (Lukas 12,16–21) und verdeutlicht auf vielfache Weise Luthers Überlegungen im Großen Katechismus: »Was haben die, die alle ihre Sorge und ihren Fleiß darauf verwandt haben, viel Gut und Geld zusammenzuscharren, schließlich erreicht? Du wirst (dann) finden, dass sie Mühe und Arbeit verloren haben; oder wenn sie auch große Schätze zusammengebracht haben, (so ist es) doch zerstoben und verflogen, so dass sie selber ihres Gutes nie froh geworden sind.«163 Im Italowestern ist alles, worauf sich die Gier richten kann, mit dem Attribut der Vergänglichkeit behaftet und hat keinen Bestand. Wie gewonnen, so zerronnen – das müssen die Beteiligten spätestens im Finale oft schmerzlich erfahren: Ein der Armee geraubter Goldschatz, im Sarg versteckt, versinkt zuletzt unwiederbringlich im Sumpf (Django). Goldstaub rinnt besonders schnell durch die Finger: Der verbrecherische Claude ist gänzlich damit bedeckt, als er stirbt. Sein Neffe Johnny tritt auf dem Zeug herum und Horace, Johnnys älterer und abgeklärter Bruder sinniert darüber, wie schnell das alles vom Wind verweht wird (Django – Die Totengräber warten schon). Durch einen Sandsturm werden die Geldkisten umgeworfen. Sie öffnen sich, die Scheine werden davon geweht (Von Mann zu Mann). Im Winde verwehen ebenso die Geldscheine in Partirono preti, tornarono  … curati. Als Shalako zuletzt fortreitet und meint, das Gold sicher zu haben, rinnt es unbemerkt durch ein Loch im Sack und versandet (Rache für Rache).



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Sabata und Banjo hatten vereinbart, sich die Beute zu teilen. Banjo aber will alles. Sabata gibt ihm einen kleinen Anteil, aber auch hier bläst der Wind alles fort (Sabata). Ein Mexikaner und seine Freundin tun sich mit Johnny (Klaus Kinski) zusammen, um an das Geld eines Bankiers zu kommen. Kinski erschießt erwartungsgemäß, wen er vor den Lauf bekommt, bleibt aber glücklos, denn das Geld verbrennt (La belva, Die Bestie, 1970). Die 100.000 Dollar in Scheinen, hinter denen eine Reihe von zwielichtigen Charakteren her war, schwimmen im Fluss davon. Eine Frau, deren Gier besonders groß war, wird vom Strudel des Wasserfalls in den Tod gerissen (Spara Joe  … e così sia!, o. dt. T., 1971). Zwei glücklose Abenteurer verlieren ihre Beute in der Wüste. Die Postkutsche, die sie mitnehmen soll, fährt ohne sie, aber mit ihrem Geldkoffer weiter (Ben und Charlie). Nach dem Verlust des »unrechten Mammon«, hinter dem viele her waren, ist der Schmerz bei einem der Geprellten so groß, dass er sich sogar aufzuhängen versucht (Meine Kanone, mein Pferd  … und deine Witwe).

Auch in Drei Halunken und ein Halleluja schauen die Gauner in der Schlusseinstellung enttäuscht dem Gold nach. Die Indianerin Manila hat es ihnen genommen; allerdings nicht für sich. Sie will es ihrem Stamm wiedergeben, dem es einstmals gestohlen wurde. Es wundert auch nicht, dass in Töte, Django, wo bekanntlich sonst alle dem Gold verfallen sind, sich die beiden Indianer immun zeigen. Offensichtlich sind sie es allein, die sich seiner zerstörerischen Kraft bewusst sind. Konsequent ist daher ihr Umgang mit dem Edelmetall in Blaue Bohnen für ein Halleluja: Die Indianer unter Führung von Häuptling »Sitzender Büffel« haben es sich zur Aufgabe gemacht, sämtliches Gold, dessen sie habhaft werden können, wegen seiner destruktiven Wirkung auf Menschen zu vernichten. Sie jagen es Banditen ab und tragen es in einer Berghöhle zusammen, die zum Schluss gesprengt wird. Eine Zeichenhandlung von solcher Symbolik vollzieht ansonsten lediglich noch Hud, der Antiheld aus Corbuccis Fahrt zur Hölle, ihr Halunken: Er verbrennt Geld vor den Augen der entsetzten Bürger. Abschließend lässt sich sagen: Der Italowestern kennt grundsätzlich keine positive Deutung von Gold und Geld. »Jedes Geld ist irgendwann irgendwo gestohlen worden«, heißt es in Django, der Bastard. In den

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Filmtiteln geht es ausschließlich um »stinkende«, »blutige« oder gar »verdammte Dollar«. Sie bringen niemals Glück, sondern nur Verderben, da sie die niedersten Instinkte im Menschen wecken. In diesem Sinne passt ein Wort von Pecos, mit dem das Kapitel begann (Jonny Madoc rechnet ab), auch an den Schluss: »Weißt du, warum Geld rund ist? Damit es rollt und die Leute immer hinterher rennen müssen.«

3. Und Gott sprach zu Kain: Familienprobleme Die Familie kam im Western schon immer vor. Ging es nicht gerade um größere Probleme wie die Besiedlung des Westens, den Eisenbahnbau, die Konflikte mit den Ureinwohnern, oder standen nicht einzelne Verbrechen, Überfälle oder die persönliche Rache im Vordergrund, so spielten sich auch im Western familiäre Konflikte ab, wie sie es an anderen Orten und zu anderen Zeiten ebenso gegeben hat. Georg Seeßlen fügt daher den ohnehin genretypischen Westernthemen ein weiteres hinzu: »die melodramatische Zeichnung von Generationskonflikten (…), die in ihrer blutigen Konsequenz oft biblische Ausmaße annehmen«164. Er nennt Beispiele für konfliktträchtige Konstellationen, vor allem zwischen Vätern und Söhnen: so z. B. Broken Lance (Die gebrochene Lanze, 1954) von Edward Dmytryk, The Big Country (Weites Land, 1958) von William Wyler u. a. Daneben gab es immer auch andere Problemfelder, die sich um die Familie rankten: In Klassikern wie John Fords The Searchers (Der schwarze Falke, 1956) geht es um die Wiederherstellung von Familie, in John Hustons The Unforgiven (Denen man nicht vergibt, 1960) um deren Erhalt. Ein weiteres Thema ist die Auseinandersetzung mit dem Patriarchat innerhalb der Familie, typisch geschildert z. B. in Tribute to a bad man (Jeremy Rodack – Mein Wille ist Gesetz, 1956) von Robert Wise. Der Fernsehwestern, als Unterhaltung für die ganze Familie gedacht, stellte Letztere auch zunehmend in den Mittelpunkt. In den 60er Jahren mussten sich in Bonanza ein Vater mit seinen drei Söhnen als reine Männerwirtschaft bewähren  – inklusive männlichem Koch. Die 70er Jahre zeigten The Waltons (Die Waltons, 1972–1981) eine Familie von Baptisten, deren Zusammenhalt sich – in einer Art Spätwestern-Atmosphäre – während der Weltwirtschaftskrise zu bewähren hatte. Hinzu



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kam Little House on the Prairie (Unsere kleine Farm, 1974–1983) nach den Buchvorlagen der christlichen Schriftstellerin Laura Ingalls Wilder, inszeniert von dem Bonanza-Star und bekennenden Christen Michael Landon. Alle diese Serien standen für traditionelle, also vor allem christliche Werte und die Hochschätzung familiärer Beziehungen. La famiglia Obwohl der Italowestern aufgrund seiner Entstehungs- und Blütezeit häufig in Verbindung mit der 68er-Bewegung gebracht wird, mit der auch die schrittweise Auflösung überkommener Bindungen ihren Anfang nahm, zeigt er sich vom traditionell-christlichen Familienbild des amerikanischen Kinos und Fernsehens nicht weit entfernt. Allerdings speist sich dieses hier aus anderen Quellen. Nicht protestantisch-puritanische Überzeugungen sind dafür ausschlaggebend; vielmehr hatte la famiglia von je her einen besonderen Stellenwert für die italienische Gesellschaft. Grundlage dafür waren sowohl die römisch-katholische Hochschätzung von Ehe und Familie als auch die Jahrhunderte lange Notwendigkeit des Zusammenhalts der Sippe, vor allem unter der armen Landbevölkerung Süditaliens. So steht die – sicher häufig auch verklärte – Großfamilie mit dem als Patriarch erscheinenden Vater und der nicht weniger selbstbewussten, aber gütig vermittelnden mamma bis heute für ein Gesellschaftsbild Italiens mit konservativen Wertvorstellungen, die allerdings wie überall in den westlichen Industriestaaten längst auch hier in Auflösung begriffen sind. Da der Italowestern allerdings weder auf der Ingalls-Farm noch sonst einem Ponyhof spielt, lässt sich erahnen, dass auch die Darstellung des Themas »Familie« in diesem Genre jeglicher Idylle entbehrt. Familie zeigt sich hier vor allem dergestalt, dass sie zerstört wurde. Der einzelgängerische Antiheld ist in der Regel niemand, der sich sein Schicksal selbst gewählt und Unverbindlichkeit in Beziehungen zu einer erstrebenswerten, möglicherweise noch als progressiv angesehenen Lebensweise erkoren hätte. Vielmehr musste er in der Regel einen einschneidenden Verlust erfahren. Er ist seelisch zerstört und haltlos, weil seine familiären Bindungen zur Ehefrau, den Kindern, Geschwistern oder Eltern durch eine Gewalttat zerstört wurden. Allein der Rachewunsch hält ihn noch am Leben.

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So ist Juan in Todesmelodie ein Familienmensch. Seine Überfälle auf Kutschen sind Familienunternehmen. Bis er sämtliche Kinder verliert: »Alle sechs. Ich hatte sie vorher nie gezählt.« Im Vorgängerfilm Spiel mir das Lied vom Tod hatte Leone das Massaker an einer Familie bereits zur Ausgangskonstellation gemacht. Dem folgten unzählige Epigonen nach. Weiterhin gibt es diverse andere erschreckend destruktive Familienkonstellationen. In Um sie war der Hauch des Todes stirbt die Geliebte des amerikanischen Soldaten John Warner (George Hilton) kurz nach der Geburt ihres Sohnes an der Cholera. Ihr Vater, der reiche Mexikaner Sandoval (Ernest Borgnine), hasst den »Gringo« Warner so sehr, dass er ihm die Tür weist und ihm auch den hilflosen Säugling, seinen eigenen Enkel, aufdrängt. Dieser stirbt bald an Hunger und Durst, da dem Vater überall das Notwendigste verweigert wird. Ebenso möchte der Rancher Foster (E lo chiamarono Spirito Santo), nachdem er bereits früh seine Frau verlor, die einzige Tochter vor einer Heirat mit dem anrüchigen Spirito Santo bewahren, beschwört damit aber ihren Tod herauf. Auch in Scalps (1986) werden Colonel Connor und sein Schwiegersohn Matt zu Todfeinden aufgrund der vom Vater missbilligten Heirat. Wer andererseits einmal erleben will, welches Potential in einer intakten Familie stecken kann, wird bei den schottischen MacGregors fündig: Hier geht man Probleme mit echtem Familiensinn an. Selbst die Frauen wissen sich mit Waffen zu wehren. Alt und jung vertragen sich, die sieben Söhne lassen sich nicht die Butter vom Brot nehmen (Die 7 Pistolen des MacGregor). Die sieben mit den Brüdern verlobten Mädchen der irischen Familie Donovan stehen ihnen darin in nichts nach (Eine Kugel für MacGregor). Klassische Familiendramen Familientragödien boten immer auch den großen klassischen Dramatikern Stoff. Daher werden auch zu diesem Thema wieder Vorlagen adaptiert. Homers Odyssee bildet sich nicht nur bei Leone165, sondern auch in Duccio Tessaris Ringo kommt zurück ab: Ein Totgeglaubter kehrt wie Odysseus aus dem Krieg zurück und findet seine Frau bei einem anderen. Dementsprechend lautete der ursprüngliche Arbeitstitel des Films: »Die Odyssee der langen Gewehre«.



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Ferdinando Baldis Seine Kugeln pfeifen das Todeslied bezieht sich auf den sowohl von Aischylos als Oresteia als auch von Sophokles als Elektra (später auch von anderen, z. B. Eugene O’Neill) dramatisierten antiken Familienkonflikt: Ein General kehrt aus dem Krieg zurück, während seine Frau Anna ihr Leben bereits ohne ihn geplant hat. Zusammen mit ihrem Liebhaber Thomas ermordet sie den Gatten. Allerdings gibt es Zeugen: Die Tochter Isabel sowie Rafael, ein Freund ihres Bruders Sebastian. Der Bruder selbst entkommt mit Hilfe einer Amme, die Schwester verbleibt auf dem elterlichen Anwesen. Erwachsen geworden, sucht Isabel Rache für den Mord an ihrem Vater. Sie beauftragt Rafael mit der Suche nach dem Bruder. Gemeinsam stellen sie die Mutter (die sich nicht als die leibliche herausstellt) und ihren Liebhaber. Zum Schluss geht die Ranch in den wohlbekannten Flammen des Gerichts unter. Interessant ist die Benennung des Freundes als »Rafael«. Der im Buch Tobit als Reisebegleiter des Tobias (Tobit 3,25; 4,5–12,22) in Erscheinung tretende und daher im Katholizismus auch als Schutzpatron der Blinden verehrte Erzengel gleichen Namens erfüllt in Baldis Film eine ebensolche Funktion als Weggefährte. Interessante Parallelen zu diesem Plot finden sich in Johnny Yuma: Auch hier lässt eine Frau den Gatten aus niederen Beweggründen ermorden, diesmal durch ihren Bruder. Des Weiteren bedient sie sich eines ehemaligen Liebhabers, um nun auch den Neffen töten zu lassen, der sich als Erbe herausstellte. Wanda West (Fedra West, 1967) von José Romero Marchent bezieht sich auf den von Euripides, Ovid, Seneca u. a. dramatisierten Mythos Phaedra, der sich ähnlich bereits in der biblischen Geschichte von Josef und der Frau des Potiphar (1. Mose 39,1–20) findet: Eine verheiratete Frau versucht ihren Stiefsohn zu verführen. Als dieser nicht auf das Angebot eingeht, beschuldigt sie ihn der versuchten Vergewaltigung und tritt damit eine verhängnisvolle Entwicklung los. Im Film allerdings lässt sich der Stiefsohn tatsächlich verführen, wird aber bald danach von Schuldgefühlen fortgetrieben. Der ohnehin gewalttätige Vater bringt, nachdem Fedra alias Wanda ihm den Fehltritt gebeichtet hat, sowohl die Frau als auch den Sohn um. Neben den antiken Tragödien erweist sich William Shakespeare als der andere große Ideengeber des Italowestern. Der englische Dramatiker

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wird vielfach durch Figuren wie Joe Clifford in Spiel dein Spiel und töte, Joe oder den stets betrunkenen Richter in Schneller als 1.000 Colts zitiert. »Ein so bewölkter Himmel klärt sich ohne Sturm nicht auf« heißt das Shakespeare-Zitat zu Beginn von Der Teufel kennt kein Halleluja. Unter dieser Maßgabe wusste der Dichter auch klassische Familienkonflikte auf packende Weise zu behandeln, die sich nun in Italowestern wiederfinden. Glut der Sonne basiert auf Romeo und Julia: Die Feindschaft zwischen der amerikanischen Familie Mounters und dem mexikanischen Clan der Campos hindert die beiden Liebenden Johnny und Giulietta daran, zueinander zu kommen. Im Gegensatz zur Shakespeareschen Vorlage müssen sie jedoch nicht sterben, sondern überleben als einzige – zumal Paul Naschy als mit Totenmaske bekleideter Sensenmann zum Schluss ganz unvermittelt blutige Ernte hält. Ähnlich verhält es sich in Django – Den Colt an der Kehle: Hier sind Django und seine Geliebte Virginia die »Königskinder«, die nicht zueinander kommen können, weil ihre beiden Herkunftsfamilien bis aufs Blut verfeindet sind. Auch ihnen wird eine gemeinsame Zukunft zum Schluss nur deshalb möglich, weil alle anderen, die noch etwas dagegen haben könnten, tot sind. Der im Original »Johnny Hamlet« genannte Protagonist in Django – Die Totengräber warten schon verweist schon im Namen unmissverständlich darauf, welches Drama hier aufgeführt wird. Wie sein Alter Ego findet auch er nach seiner Rückkehr vom Armeedienst den Vater ermordet vor und die Mutter mit dem Onkel verheiratet. Obwohl ihm anderes erzählt wird, muss er nicht lange überlegen, wer für die Bluttat verantwortlich sein könnte. Auch Johnnys einstige Braut wurde gegen ihren Willen mit einem anderen verheiratet. Gründe genug also, um die Angelegenheit aufzuklären und sie schließlich  – erfolgreicher als Hamlet – in Ordnung zu bringen. Der verlorene Sohn Wie anfangs bereits für den Hollywood-Western konstatiert, finden sich auch im Italowestern diverse Schilderungen von Vater-Sohn-Konflikten. Da entsprechen zwei Söhne in keiner Weise den Wünschen des Vaters als große und harte Männer (Ein Halleluja für Camposanto). Der Vater in Vier Fäuste für ein Halleluja misstraut ebenfalls den



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Fähigkeiten seiner beiden ungleichen Söhne und beschwört sie, unter allen Umständen »ordentliche Pferdediebe« zu werden. Auch der alte Billy Bronson in Bratpfanne Kaliber 38 wünschte sich einen »wilden Kerl« als Sohn, erhält jedoch nach der Erziehung in einem Kloster einen vermeintlichen Weichling zurück. Der Sohn, der sich nun »Jerusalem« nennt und den Vater sonntags sogar zum Gottesdienstbesuch drängt, stellt sich trotz seines Christseins als cleverer Bursche heraus, sodass beide bald mit dem Transport einer Goldladung der konföderierten Armee betraut werden. Tragisch ist die bereits erwähnte Beziehung Acombars zu seinem Sohn (Satan der Rache). Der Vater will seine gesamte Macht nicht für sich, sondern für Dick, den er abgöttisch liebt. Dieser aber kommt hinter die verbrecherischen Machenschaften des Vaters, kann sich jedoch nicht gegen ihn stellen. Stattdessen wird er zu allem Unglück irrtümlich vom Vater erschossen. Damit hat Acombar alle seine Träume selbst zerstört. Einen Patriarchen verkörpert Joseph Cotten in Gli uomini dal passo pesante (Die Trampler, 1966). Temple Cordeen ist ein fanatischer Südstaatler, der auch nach dem Sezessionskrieg noch den eigenen Kampf weiterführt. Die Familie beherrscht er mit eiserner Hand. Frauen dürfen beim Essen nicht bei den Männern sitzen, sondern müssen im Obergeschoss bleiben. Die Ehefrau findet keinen Zugang zu ihrem Mann und stirbt vor Gram. Der Sohn Lon kommt aus dem Krieg zurück und versteht den Vater nicht mehr. Hoby, ein anderer Sohn, gilt als verweichlicht. Er hasst den Vater, verliert später einen Arm und wird zum zynischen Trinker. Die Tochter Beth heiratet einen Mann, den der Vater ablehnt, die andere Tochter Alice verlässt das Elternhaus. Die Feindseligkeiten untereinander nehmen Dimensionen an, die nur noch ein Showdown auflösen kann: Lon und der labile Hoby treten gegen den eigenen Vater und drei weitere Brüder an. Zum Schluss verfällt Cordeen in einen Zustand geistiger Umnachtung, während Lon als einziger der Brüder überlebt und auf der Ranch eine neue Familie aufzubauen versucht. Nur ein Jahr später war Joseph Cotten erneut der Patriarch und überzeugte Südstaatler, der über seine Söhne wie über ein Regiment herrscht. In Die Grausamen versucht er die geraubte, in einem Sarg versteckte Kriegskasse durch feindliches Gebiet zu schmuggeln. Brüderrivalitäten

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behindern das Unternehmen. Zuletzt schießen erneut alle aufeinander. Ob jemand überlebt, bleibt unklar. Mit dem Sohn Lon aus Die Trampler, der aus der Fremde heimkehrt, ist bereits ein biblisches Motiv angedeutet, dass sich in deutlicherer Form auch in etlichen anderen Filmen wiederfinden lässt: das Gleichnis Jesu vom »verlorenen Sohn« (Lukas 15,11–32). In Die Trampler ist es auf den Kopf gestellt: Während die zurückhaltenden Brüder noch als der »ältere Bruder« im Gleichnis gelten könnten, löst die Rückkehr Lons auch beim Vater keine Freude, sondern eine die gesamte Familie umfassende, katastrophale Spirale der Gewalt aus. Sie nannten ihn Gringo hingegen ist ein Beispiel eindeutiger Bezugnahme auf die Geschichte vom verlorenen bzw. wiedergefundenen Kind: Der im Rollstuhl sitzende Rancher Martin sehnt sich seit fünfzehn Jahren nach seinem Sohn, den dessen Mutter ihm einst wegnahm. Aus ihm ist kein Schweinehirt, wie im Gleichnis, aber immerhin ein Bandit geworden. Als er von seiner eigentlichen Herkunft erfährt, bereut er, kehrt um und kniet vor seinem Vater wie auf Rembrandts berühmtem Gemälde zu dieser Geschichte. Einige andere Beispiele: John il bastardo kommt als verlorener Sohn zu seinem Vater Don Diego, der ihn mit Freuden empfängt – im Gegensatz zu dem anderen Sohn Francisco. Das Gleichnis wird auch hier völlig auf den Kopf gestellt: John zeigt sich nicht dankbar, sondern zerstört die Familie. Er verführt die Schwägerin, die sich danach umbringt. Den Bruder erschießt er. In Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod heißt der verlorene Sohn Martin Benson (der hier allerdings der ältere ist, während der jüngere zuhause blieb). Er ging einst fort und gilt mittlerweile als Verbrecher. Dass er verdeckt für die Regierung arbeitet, wissen seine bekümmerten Eltern nicht. In Django  – Die Geier stehen Schlange kommt Jerry, der Sohn der Titelfigur, dem Vater bereits als Kind abhanden. Er wurde von einem Banditen entführt und als ein solcher aufgezogen. Als der Vater ihn nach vielen Verwicklungen schließlich wieder in die Arme schließen kann, ist er tot. Django selbst musste ihn in einem ihm aufgezwungenen Duell erschießen – und weint nun um ihn wie der himmlische Vater über jeden, der nicht zu ihm zurückkehrt.



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So scheint zunächst auch Don Miguel in Im Staub der Sonne zu fühlen. Anscheinend sehnt er sich nach seinem fortgelaufenen Sohn Fidel und lässt ihn gegen eine Belohnung von 5.000 Dollar suchen. Fidel ist seinerseits auf der Suche nach einer Vaterfigur; doch dieser Grundbesitzer Don Miguel ist es nicht. Es stellt sich heraus, dass Fidel nur der uneheliche Sohn der Frau Don Miguels ist und aus verletztem Stolz des Gutsherrn als »Bastard« umgebracht (hier: gekreuzigt) werden soll. Princie, die Tochter eines Predigers (Mögen sie in Frieden ruhen) läuft von zuhause fort, um die angeblich große Welt kennenzulernen. Sie wird so zur »verlorenen Tochter«, die im Bordell landet. José Gomez (Ohne Dollar kein Sarg) hat in seinem Heimatdorf zwar den Ruf eines »verlorenen Sohnes«, soll aber eigentlich ein guter Kerl sein. Letzteres erweist sich als gefährlicher Trugschluss. Loring van der Velde (Der Tod droben auf dem Hügel) gilt als der miss­ ratene Spross eines puritanischen Vaters, der bibeltreu lebt und Alkohol verschmäht. Er betrachtet Loring als seinen »verlorenen Sohn«, für den er gern einmal ein Kalb schlachten würde. Schließlich kann sich der junge Mann aber bei der Wiederbeschaffung von Diebesgut bewähren. Auch Joe Reeves (Gentleman Joe – Der Rächer bin ich) ist das schwarze Schaf seiner Familie. Zusammen mit seinem Bruder Clay besuchte er die Offiziersschule in Westpoint. Während Clay zum Captain avancierte, wurde Joe wegen unerlaubtem Glücksspiel entlassen und gilt nun als Lebemann (vgl. Lukas 15,13b: »Dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen.«). Bevor es zu einer Annäherung der Brüder kommen kann, wird Clay ermordet. Joe räumt unter den Mördern auf und rehabilitiert sich damit. Am Ende stellt sich heraus, dass er seit zehn Jahren darauf wartete, wieder vom Vater akzeptiert zu werden. Nun wird ihm in Aussicht gestellt, dass er als der verlorene Sohn wieder nach Hause kommen dürfe.

Mitunter gibt es nicht nur verlorene Söhne, sondern auch »verlorene Väter«. Ein solcher ist Minnesota Clay: Er hat eine Tochter, die aber nichts von ihm weiß. Er offenbarte sich ihr nie. Zeitweilig erblindet, erschießt er Nancy beinahe, als der Gangster Fox sie als Schutzschild benutzt. Zu guter Letzt hört er jedoch den Klang ihres Armbands und kann das Schlimmste verhindern. Quanto costa morire? handelt von Tony, der einst vom Sheriff adoptiert wurde. Sein richtiger Vater gehört zu den Banditen, die den Ort terrorisieren. Er schlägt sich jedoch auf die

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Seite des Sohns – und stirbt im Kampf mit dem Banditenboss, ohne dass sein Sohn die Wahrheit erfahren hätte. Das biblische Gleichnis in umgekehrter Personenkonstellation ist besonders in dem Spätwerk Il mio West (My West, 1998) zu erleben: Vor zwanzig Jahren verließ der Revolverheld Johnny Lowen (Harvey Keitel) Heim und Herd, um nun gealtert zur Familie seines Sohnes zurückzukehren. Während der Enkel Jeremiah den Großvater bewundert, macht ihm sein Sohn zunächst nur Vorhaltungen. Doch wächst die Familie zusammen, als sie von Killern bedroht werden, die nach Johnny fahnden. Ungleiche Brüder Geschichten, in denen sich Brüder gegenüberstehen, sind immer von Dramatik geprägt. Es gibt sie auch im Italowestern. Ein gutes Beispiel liefert Lucio Fulcis Django  – Sein Gesangbuch war der Colt: Tom Corbett (Franco Nero) kommt zurück in ein Zuhause, das nicht mehr seines ist. Der Hof gehört nun dem Großgrundbesitzer Scott. Der Vater wurde erschossen, Toms Bruder Jeffrey (George Hilton) ist darüber zum Alkoholiker geworden. Der alte Scott und sein Sohn Joe herrschen mit unglaublichem Terror. Als eine andere Familie resigniert die Stadt verlassen will, stellt Scott sie zur Rede: »Ich verstehe nicht, wie man alles verlassen kann; das Land, in dem man seine Toten begraben hat.« – »Ich habe keine Toten begraben«, gibt der Familienvater zu verstehen. »Dann wirst du es jetzt nachholen«, meint Joe Scott zynisch und erschießt den Sohn der Familie. Eine weitere Familie wird nur deshalb ausgelöscht, weil sie Besuch von Tom empfing, dessen Rückkehr von den Mächtigen beargwöhnt wird. Es stellt sich jedoch heraus, dass ausgerechnet Scott senior auch der leibliche Vater von Tom ist, der von Jeffreys Vater nur aufgezogen wurde. Als Scott sich Tom gegenüber offenbart, wird er von dem eifersüchtigen Joe erschossen. Das Finale sieht so aus: Tom tritt mit Jeffrey (der nicht sein Bruder ist) gegen Joe an (der es tatsächlich ist). Als Tom sich anschickt, den verhassten Bruder zu erschießen, hält sich Jeffrey heraus: »So was muss in der Familie bleiben.« Ähnlich verworren sind die Familienverhältnisse häufiger. In Django, der Rächer will Burt Sullivan (ebenfalls Franco Nero) nach Jahren den



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Tod des Vaters rächen; zusammen mit seinem jüngeren Bruder Jim, der zu ihm aufschaut. Auch hier stellt sich heraus: Beide sind nur Halbbrüder. Delgado, der Mörder von Burts Vater, ist seinerseits der Erzeuger von Jim. Beide sterben, nur Burt überlebt. Zwei Brüder sind auch die Bankräuber Pot und Ray in Sein Name war Pot – aber sie nannten ihn Halleluja. Halbbrüder sind die Profikiller Marco und Giacomo in Der Teufel kennt kein Halleluja. Zusammen wuchsen sie im Waisenhaus auf. Eine besondere Dynamik ergibt sich aus den Animositäten höchst ungleicher Brüder. Mit Jesse und Lester in Ein Halleluja für zwei linke Brüder treffen ein notorischer Weiberheld und ein Mormone mit hohen moralischen Normen aufeinander. Zu denken ist hier aber auch an die von Terence Hill und Bud Spencer verkörperten Charaktere Cat und Hutch (bei Colizzi), noch mehr an Trinità und Bambino (bei Clucher). Ewig zerstritten sind sie gleichfalls als Travis und Moses in dem Spätwerk Die Troublemaker. Travis (Hill) ist ein Spieler und Revolverheld. Moses (Spencer), ein ehemaliger Pferdedieb, verdient sein Geld nunmehr als Kopfgeldjäger. Seine Opfer transportiert er per Wagen, denn es sind ihrer viele. Schließlich hat Moses zehn Kinder zu ernähren. Zu bemerken ist, dass Moses der eindeutig von der Mutter weniger geliebte Sohn ist. Daher ist er auch aufbrausender, während Bruder Travis der Versöhnlichere ist. Als beide nebeneinander in Schaukelstühlen sitzen, versucht Travis beim Schaukeln eine Synchronität herzustellen. Die Mühe bleibt vergeblich. Ungleiche Brüder finden sich jedoch auch in den ernsthafteren Vertretern des Genres. Berühmt sind Tuco und Pater Pablo Ramirez aus Leones Zwei glorreiche Halunken. Tuco deutet ihre Unterschiede so: »Wer in unserem Vaterland überleben will, muss entweder Priester oder Bandit werden. Du hast deinen Weg gewählt und ich den meinen. Meiner ist der härtere.« Auch zu dieser Kategorie weitere Beispiele: Die Claytons sind beide Bankräuber; doch ist Billy ein hartgesottener, George ein weicher, der schließlich auch zur Umkehr findet (Die letzten Zwei vom Rio Bravo).

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In Lo sceriffo che non spara (o. dt. T., 1965) stehen sich Jim und Alan als Sheriff und Bandit gegenüber. Die Brüder Gary und Phil (Ein Loch im Dollar) erkennen sich nicht, als sie aufeinander schießen. Gary fällt, wird aber von einem Dollar gerettet, der die Kugel aufhält. Phil wird von anderen erschossen. Dass der ambitionierte Deputy Marshal Burt und der heruntergekommene Sheriff Joe (Einladung zum Totentanz) ebenfalls Brüder sind, stellt sich erst zum Schluss heraus, als sie zu einem gemeinsamen Handeln finden. Auch die Verwandtschaft zweier Kopfgeldjäger in Rocco – Der Einzelgänger von Alamo wird erst am Ende offenbar. Der Titelheld war Kopfgeldjäger, saß aber fünfzehn Jahre unschuldig im Gefängnis. Der jüngere Bruder, auf sich allein gestellt, konnte nichts anderes werden als ebenfalls Kopfgeldjäger. Rocco seinerseits ist alles andere als ein »Einzelgänger«, sondern will mit dem Bruder zusammen sein. Ihre Gegner sind mexikanische Banditen, die ebenfalls von einem Brüderpaar angeführt werden. Ein Schuss zuviel: Allan hat es sich zur Aufgabe gemacht, seinen jüngeren Bruder Michael auf den Pfad der Tugend zurückzubringen. Dieser ist Mitglied der brutalen Anderson-Bande und findet irrtümlich und letztlich unnötig den Tod durch eine Kugel des Kopfgeldjägers, der sich in Allans Begleitung befindet. Drei ungleiche Halbbrüder sind Whittaker, Etienne und Lester (Drei Pistolen gegen Cesare). Sie stammen von demselben Vater, aber jeweils von einer amerikanischen, einer französischen und einer japanischen Mutter ab. Im Kampf um eine Goldmine und gegen den selbstherrlichen Fuller lernen sie sich kennen und finden zusammen. Eine weitere Adoptivschwester gibt sich schließlich auch noch zu erkennen. Stiefbrüder sind Dallas und Pistacio, ein Gringo und ein Mexikaner, in Fäuste wie Dynamit. Der eine muss dem anderen mehrfach aus brenzligen Situationen helfen, wodurch sie allmählich zueinanderfinden. Monta in sella, figlio di  … (o. dt. T., 1972): Sam und Dean Madison sind zwei Brüder, die sich nicht sonderlich mögen. Beide aber werden steckbrieflich gesucht. Die Rotröcke: Sergeant Bill Cormack brachte einst den Verbrecher Caribou ins Gefängnis. Sie wurden zu Todfeinden. Nach einem Ausbruch versucht sich Caribou zu rächen. Nachdem sich aber herausstellt, dass beide Brüder sind, verbünden sie sich gegen weitere Banditen. Caribou stirbt, Bill vergibt dem Bruder.



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Aufgrund eines weiteren biblischen Motivs sei hier noch All’ultimo sangue (Den Geiern zum Frass, 1968) erwähnt: Nur zu gern nimmt dort der zwielichtige »El Chaleco« ein Angebot von Captain Norton an, gemeinsam den Banditen Billy Gunn zu jagen. Billy ist Chalecos Bruder, der ihm einst seine Frau Consuelo nahm, indem er ihr einredete, ihr Mann sei tot. Im Endkampf wirft sich Consuelo zwischen die Kugeln der Brüder und stirbt, kann jedoch auch Billys Tod nicht verhindern. Dieser Plot erinnert an ein Motiv aus der Geschichte der alttestamentlichen Brüder Jakob und Esau (1. Mose 27,1–40): Ein Bruder nimmt sich unrechtmäßig, was dem anderen gehört. Nur die erneute Begegnung der beiden läuft im Alten Testament (1., Mose 33,1–11) versöhnlicher ab als im Film von Paolo Moffa. In wenigen Filmen lassen sich sogar Zwillinge finden: Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel wartet mit John und Bill Cooler auf (beides John Richardson, I Abb. 39), von denen zwar nicht explizit gesagt wird, dass sie Zwillinge sind, die sich aber zum Verwechseln ähnlich sehen. Einer übervorteilte einst den anderen bei einem Goldraub, wird aber schließlich zur Einsicht gebracht und gibt das Diebesgut zurück. In Eine Kugel für den Bastard taucht zum Finale ein bisher unbekannter Zwillingsbruder des Protagonisten Bob Everton auf, der sich als Mörder des Vaters herausstellt. Rio Hondo handelt von unversöhnlichen Halbblut-Zwillingen (William Shatner in der Doppelrolle), von denen einer als Weißer, der andere als Indianer lebt. Einig sind sie sich einzig darin: »Einer von uns muss sterben.« Lee van Cleef, der bereits in den USA im Jahre 1954 ein Zwillingspaar in The Desperado (Der graue Reiter) gespielt hatte, verkörpert in Der Colt Gottes zwei Brüder, von denen einer Geistlicher, der andere Revolverheld ist. Nach der Ermordung des Priesters kann der Zwilling unter den Gangstern Verwirrung stiften, indem er die Rolle des Toten einnimmt. Kain und Abel Damit ist deutlich geworden, wie sehr der Italowestern von Brüderpaaren jeglicher Ausprägung bevölkert ist. Manche kooperieren, andere müssen sich mühsam zusammenraufen, viele bekämpfen sich bis auf den Tod. Doch erst wenn es dazu kommt, dass ein negativ gezeichneter Bruder dem anderen bewusst nach dem Leben trachtet und diesen Vorsatz auch

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in die Tat umsetzt, kann sachgerecht von einem Kain-und-Abel-Motiv gesprochen werden. Es ist nur folgerichtig, dass in der Bibel nach dem Sündenfall und der Vertreibung aus dem Garten Gottes (1. Mose 3,1–24) als erstes die Darstellung einer Gewalttat folgt. Der Einbruch der Sünde in die Welt und die mit ihr verbundene Trennung des Menschen von seinem Schöpfergott hat erst möglich gemacht, was zuvor undenkbar war: Kain ermordet seinen Bruder Abel aus Neid (1. Mose 4,1–16). Der Mensch ohne Gott wird nun auch des Menschen Feind. So lässt sich seither letztlich jede Untat auf die verhängnisvolle Trennung des Geschöpfs von seinem Schöpfer zurückführen. Und jedes Mal fragt Gott bestürzt aufs Neue den Kain: »Wo ist dein Bruder Abel?« (1. Mose 4,9). Antonio Margheritis Film Satan der Rache, der im Original den Titel »Und Gott sprach zu Kain« trägt, und in dem als Schlussbild 1. Mose 4,9–12 zitiert wird, handelt von zweien, die einstmals zumindest Brüdern ähnlich waren. Der eine aber betrog den anderen, nahm dessen Geliebte zur Frau und schickte den unschuldigen »Abel« für viele Jahre in den Steinbruch; in der Hoffnung, er überlebe dies nicht. In mehreren Filmen, in denen sich tatsächlich leibliche Brüder gegenüberstehen, wird das Motiv noch deutlicher. In Duell vor Sonnenuntergang ist die Beziehung der Brüder Don und Larry durch starke Rivalität geprägt. Nach dem Verschwinden Larrys verdächtigt der Sheriff Don des Brudermordes und führt sogar den biblischen Mord an Abel als Präzedenzfall an. Nachdem Larry als Bandit »Angel Kid« wieder auftaucht, fordert er Don zum Duell, um ihm zu beweisen, dass er nunmehr ein »Mann« sei. Der Vater, der die Söhne zunächst vom Zweikampf abzuhalten versucht, erschießt Larry schließlich voller Verzweiflung selbst. Ein Brüderdrama spielt sich auch in Django, der Bastard ab. John Forest wurde zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, weil er angeblich seinen Vater tötete, nachdem er erfahren musste, dass er ein »Bastard« sei. Der wirkliche Mörder aber war der Halbbruder Clint – aus Eifersucht, da der Vater den anderen vorzog. Er betrog John und nahm ihm auch die Verlobte. Er wollte so sein wie John (auch hier das Jakob-Esau-Motiv). Der Wunsch der sterbenden Mutter war es, John möge Clint nicht selbst richten, sondern dem Gesetz ausliefern. Nach bitteren Kämpfen, in denen Clint auch Johns Mädchen tötet, findet der Mörder doch den



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Tod durch die Hand des Bruders. Sterbend bittet er ihn jedoch um Vergebung, die John ihm auch gewährt. Ähnlich geht es in Sartana zu: Der Titelheld ist in diesem Film ein übler Schurke, der sich »General« nennt, in einer Aztekenfestung lebt und ein Schreckensregime ausübt. Sein Bruder Johnny saß ebenfalls zehn Jahre unschuldig für einen Mord, den ihm Sartana anlastete. Manuela, die Freundin Johnnys, zwang der Übeltäter, ihn zu heiraten. Eine negative Rolle spielt die Mutter, die den harten Sartana stets dem sanfteren Johnny vorzog. Zu spät kommt ihr die Einsicht, dass sie jahrelang auf das falsche Pferd setzte. Sartana spricht aus, was auch Kain hätte sagen können: »Auf dieser Erde ist nur Platz für einen von uns beiden!« Er versucht mehrfach, Johnny umzubringen. Beim Showdown wird der Verbrecher jedoch von Manuela getötet, sodass es Johnny erspart bleibt, den Bruder selbst zu richten. Weitere Bezüge zum biblischen Brudermord finden sich in folgenden Filmen: Kopfgeld: 1 Dollar: Der Bandenführer Duncan ist ein unehelicher Misch­ling: Seine Mutter war Indianerin, der Vater protestantischer Pfarrer. Er ist durch die Herkunft und die erfahrene Ablehnung traumatisiert und steht in einem ewigen Streit mit seinem Halbbruder, einem Weißen. John il Bastardo: Einer der Angestellten des Ranchers Don Francisco stellt im Gespräch seine absoluten Loyalität zu seinem Herrn heraus: Dieser habe einige »aufmüpfige Mexikaner« hängen lassen, darunter auch seinen Bruder. Er billige das, da dieser Bruder nun einmal »auf der anderen Seite« gestanden habe. Dabei philosophiert er mit John über Bruderbande. Der Fremde von Paso Bravo: Es ist unglaublich: Ein Mann namens Paquito ersticht wie beiläufig den eigenen Bruder am Abendbrottisch, nur weil dieser möglicherweise unbequeme Fragen eines anderen Anwesenden hätte beantworten können. Bandidos: Ricky Shot und Billy Kane (Cain?) sind zwar keine Brüder, hatten aber den gleichen väterlichen Lehrmeister. Der böse Kane erschoss diesen und wird später von Ricky gerichtet. Zum Abschied noch ein Totenhemd: Zwei Brüder waren einst für ein Massaker an einer Familie verantwortlich. Einer von ihnen sucht später Zuflucht bei dem anderen, der als Buße für sein Tun ins Kloster eintrat; er wird jedoch von diesem erschossen.

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Wanted Sabata (o. dt. T., 1970): Ein Kopfgeldjäger ermordet seinen Bruder und bezichtigt einen Dritten der Tat. Friss oder stirb: Wiederum verstehen sich zwei Brüder nicht. Unter der Bedingung, dass sie sechs Monate friedlich zusammenleben, sollen sie eine große Erbschaft erhalten. Das fällt schwer. »Wo ist mein Bruder Kain?«, ruft der eine aufgebracht, nachdem er schon für tot erklärt wurde. Allerdings kommt es in der Komödie schließlich zur Versöhnung der Kontrahenten. Das war auch das Ziel des Erblassers gewesen, als er ihnen angeblich Geld hinterließ, das er in Wahrheit längst verprasst hatte. Beichtet, Freunde, Halleluja kommt: Zwei Brüder namens Kain und Abel sind die Anführer der »Kirche der Kinder Abrahams«. Beide verstehen sich nicht besser als ihre biblischen Namensvetter.

Der ältere Sohn heißt Kain Weiterhin gibt es auch Italowestern, die verschiedene biblische Motive kombinieren. Dazu gehört vor allem die Verbindung des Gleichnisses vom verlorenen Sohn mit dem Kain-und-Abel-Motiv. Der ältere Sohn des Gleichnisses, der auf die Rückkehr des Bruders verhalten bis feindselig reagiert, findet sich dabei schnell in der Rolle Kains wieder, wenn es darum geht, den Rivalen um die Gunst des Vater wieder loszuwerden. Ein sich derart zurückgesetzt fühlender Sohn ist Allan in Django – Die Nacht der langen Messer. Der alte Caldwell liebt offenbar Chuck (im Deutschen: Django) mehr, obwohl dieser das Ergebnis einer Vergewaltigung der Mutter war. Allan unternahm mehrere Versuche, den Bruder zu töten. Dabei verlor Chuck das Gedächtnis und muss nun mühsam lernen, wer Freund und wer Feind ist. Er soll sogar dazu verleitet werden, unwissentlich den eigenen Vater zu töten. Schließlich aber zahlt Allan die Strafe für seine Verbrechen. Gleichfalls von Amnesie betroffen ist Luke Barrett in 2 x Judas. Er muss herausfinden, dass sowohl sein Vater als auch seine Frau von einem gewissen »Dingus« ermordet wurden. Dieser entpuppt sich als Lukes Halbbruder. Als der Ältere meinte er ein größeres Anrecht auf Vermögen und Besitz zu haben, obwohl er unehelich von einer Indianerin geboren wurde. So verriet er als »Judas« die gesamte Familie und wurde zum Mörder. In Land Raiders (Fahr zur Hölle, Gringo, 1968) kehrt Pablo nach drei Jahren in der Fremde zum Vater zurück, was seinen Bruder Vincente alles andere als erfreut. Neben der



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Gunst des Vaters begehren beide auch dieselbe Frau und müssen ihre Rivalität im Duell klären. In den Spätwerken Enzo G. Castellaris mischen sich ebenfalls die Motive. In Die Rache des weissen Indianers wird das Konkurrenzverhältnis zweier ungleicher Brüder allerdings konstruktiv bearbeitet. Der Waisenjunge Jonathan findet Aufnahme bei einem Indianerstamm und wird von dessen Häuptling als »Kleiner Bär« wie ein Sohn aufgezogen. Allerdings gibt es daneben auch Chatow, den leiblichen Sohn. Die latente Rivalität zwischen beiden zieht sich durch ihre gesamte Kinderund Jugendzeit, nimmt aber niemals Züge von wirklicher Feindseligkeit an. Nach Jahren der Abwesenheit des weißen Bruders kann nach dessen Rückkehr auch Chatow die Stellung Jonathans innerhalb der Familie versöhnt akzeptieren. Das ist nur gut, denn im Kampf gegen einen mächtigen gemeinsamen Feind haben sie es nötiger denn je, miteinander zu kooperieren. Siebzehn Jahre zuvor hatte Castellari mit Keoma  – Das Lied des Todes bereits eine Tragödie von besonderer Tiefe und diversen biblischen Anklängen geschaffen. Neben der Ikonographie der Titelfigur als »Erlöser« ist der Film vor allem von der besonderen Dynamik zwischen Keoma, seinem Vater und seinen drei Halbbrüdern bestimmt. Wie im biblischen Gleichnis kehrt das Halbblut (die Mutter war Indianerin) nach Jahren des Krieges in seinen Heimatort und zu seinem Vater zurück. Das ist keine gute Nachricht für Sam, Butch und Lenny, die den »Bastard« schon als Kind hassten, da er sich ihrer Meinung nach in die Familie drängte. Denn obwohl alle drei rohe Charaktere sind, liegt ihnen immer noch daran, von ihrem Vater anerkannt und geliebt zu werden. Sie machen ihm daher Vorwürfe, er würde Keoma ihnen vorziehen. Die Antwort des alten Shannon ist wiederum identisch mit der des Vaters in Lukas 15,31: »Ihr könnt kommen, wann ihr wollt.« Wie sich der ältere Sohn im Gleichnis entschied, ist nicht überliefert; die drei missgünstigen Shannon-Brüder hingegen stellen sich gegen Keoma und müssen am Ende unterliegen. Überdies lassen sich hier auch Anklänge an die Problematik von Jakobs Söhnen mit ihrem Bruder Josef heraushören (1. Mose 37,3f ). Der Vater meint einmal scherzhaft zu Keoma, dieser hätte früher bereits gern mit seinen Schießkünsten angegeben. Möglicherweise hatte der von der

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Gesellschaft abgelehnte indianische Junge mit diesem Talent Bestätigung gesucht. Der Neid darauf und die Bevorzugung durch den Vater ließen die Brüder zu Feinden werden. Keoma – Das Lied des Todes stellt als einer der letzten Italowestern in vielerlei Hinsicht eine Quintessenz des Genres dar. Darunter fallen sowohl die dramatische Aufarbeitung einer tiefgründigen Familienproble­ matik als auch eine umfassende Rezeption biblischer Themen und Motive. Der Italowestern ist ohne beides nicht zu denken.

4. Mein Name ist Nobody: Lehrer-Schüler-Rivalitäten Da gibt es den Alten und den Jungen. Den Erfahrenen und das greenhorn. Den Mentor und den Mentee. Den Abgeklärten und den Naiven. Den Desillusionierten und den noch Hoffnungsfrohen. Den Weisen und den Wissbegierigen. Sie ergänzen sich also bestens. Oder auch nicht. Die besondere Dynamik und Spannung, die aus dem Verhältnis und der Interaktion zweier derart unterschiedlicher Personen wie Lehrer und Schüler entstehen kann, ist immer schon vom Film aufgenommen worden. Die Beispiele reichen vom Musical My Fair Lady (1964) bis hin zu diversen Martial-Arts-Filmen. Besonders populär wurde in dieser Hinsicht die Serie Kung Fu (1972–1975), in der die beiden Kampfkunstmeister Kan und Po mit dem »Grünschnabel« (im Original »grasshopper«) Kwai Chang Caine philosophische Gespräche führten. Dabei gab es immer etwas zu lernen. Denn darum geht es, wenn Lehrer und Schüler, Mentoren und Protegés aufeinandertreffen: Einer will sich ausbilden lassen in Dingen, die ihn im Leben weiterbringen könnten: Philosophie, Religion, in schönen Künsten, einer Kampfsportart oder einfach im schnellen Ziehen des Colts. Häufig ist eine bestimmte Berufung oder Mission des Schülers wie Rache oder die Herstellung von Recht und Ordnung damit verbunden. Auf der anderen Seite steht ein in diesen Dingen erfahrener Mensch, dessen Potential nutzbar gemacht wird, um es der kommenden Generation weiterzugeben. So folgten auch die Jünger ihrem einzigartigen Meister und Lehrer Jesus; so wies der große Gelehrte Paulus darauf hin, er sei »mit aller Sorgfalt unterwiesen im väterlichen Gesetz zu Füßen Gamaliels« (Apostelgeschichte 22,3), des großen jüdischen



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Lehrers. In heutiger Zeit, da angesichts der Komplexität des Lebens im persönlichen Bereich oder in der Arbeitswelt Begriffe wie coaching oder mentoring neue Bedeutung gewonnen haben, lohnt sich auch ein Blick auf derartige Beziehungen im Italowestern – auch wenn möglicherweise die Konzepte und Methoden jener vergangenen Zeit heute etwas simpel erscheinen. Lee van Cleef: Übervater und Gesetzgeber Was ließ sich im Wilden Westens lernen? Naheliegend war zunächst  – zumindest im Westernfilm – der Gebrauch des Colts als das probateste Mittel zum Überleben. Doch beschränkt sich solcher Unterricht meist nicht allein auf die Aneignung technischer Fertigkeiten. Es geht gleichfalls um die Vermittlung geeigneter Verhaltensweisen und Regeln, die mit dazu beitragen sollen, dass der Schüler ein akzeptables Lebensalter zu erreichen vermag. Der bekannte Westernautor Zane Grey (1872–1939) beschrieb im Jahr 1934 in dem Roman The Code of the West einige dieser Regeln, die offenbar zur Pionierzeit des amerikanischen Westens tatsächlich eine Art Kodex darstellten. Sie waren in jener Phase besonders notwendig, in der noch wenig schriftlich fixierte und tatsächlich gültige Gesetzestexte existierten. Der Code of the West versuchte alle möglichen Bereiche menschlichen Zusammenlebens zu regeln, konnte jedoch nicht die Verbindlichkeit eines Gesetzes beanspruchen, sondern blieb darauf angewiesen, dass man ihn freiwillig respektierte. Der Code of the italian West knüpft sicher daran an; allerdings ist der Eindruck nicht von der Hand zu weisen, dass die formulierten Regeln weniger einem guten Zusammenleben als vielmehr dem eigenen Überleben dienen sollen. Insofern wirken sie eher unsozial, als dass sie dem Gemeinwesen als Ganzes dienen könnten, und entsprechen damit auch den in schöner Regelmäßigkeit gezeigten krankhaften gesellschaftlichen Verhältnissen. Bevor auf diese Regeln weiter eingegangen wird, soll ein Blick geworfen werden auf die Person, die sie vorrangig vermittelte. Es ist der Amerikaner Lee van Cleef, dessen erste Karriere in Hollywood aufgrund persönlicher Umstände bereits so gut wie beendet schien, als ihn Sergio Leone 1965 nach Italien holte und ihm in Für ein paar Dollar mehr die Rolle des Colonel Mortimer übertrug. Fortan besetzte er nahezu

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konkurrenzlos den Typ des reifen und erfahrenen gunman. Das gelang ihm nicht nur durch den Altersvorsprung, den er gegenüber einigen anderen Hauptdarstellern des Genres hatte (z. B. Nero, Gemma, Hilton oder Milián), sondern weil er es schaffte, Abgeklärtheit, Gelassenheit, Zynismus und Humor überzeugend in sich zu vereinen. Zudem war seine unverwechselbare Physiognomie wie geschaffen für jenes Genre, das Gesichter so gern in Großaufnahmen wie Landschaften abbildete. Häufig gab man van Cleef jüngere Männer an die Seite, so z. B. in Der Gehetzte der Sierra Madre (Tomas Milián) oder Drei Vaterunser für vier Halunken (Peter O’Brien). In den in Israel 1976 back to back gedrehten Streifen Der Colt Gottes und Kid Vengeance (Tödliche Rache) ist es sogar ein Junge, um den er sich kümmern muss (in beiden Fällen Leif Garrett). Ein wirkliches Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler ergab sich aber vor allem in zwei 1967 gedrehten Klassikern des Genres. Dabei zeigte sich Lee an Cleef fast dem Mose gleich als Übervater und Gesetzgeber. Der Tod ritt dienstags von Tonino Valerii erzählt die Geschichte von Scott Mary (Giuliano Gemma) und Frank Talby (van Cleef ) (I Abb. 23). Der junge Scott erscheint als geborener Verlierer und Dorftrottel. Er ist ein »Bastard«, der im Ort und im Saloon nur als »Scheißhausreiniger« geduldet und verhöhnt wird. Das ändert sich, als der Revolvermann Talby in die Stadt kommt. Er redet mit Scott und fragt ihn, wie er heiße. Dann gibt er ihm sogar einen vollständigen Namen: »Scott Mary« – nach der Mutter, einer Hure, die Scott nie kennenlernte. Die dramatische Art und Weise, wie der von den honorigen Bürgern bisher nur Verachtete nun durch den Fremden Aufwertung erfährt, erinnert an die Begegnung Jesu mit Zachäus (Lukas 19,1–10). Talby lädt dann den jungen Mann zu seinem ersten Whisky ein, was einem Initiationsritus für den bisherigen Außenseiter gleichkommt. Jeglichen Widerstand anderer Saloongäste gegen diese Zeichenhandlung erstickt er im Keim. Scott, der ein Niemand war, wird jemand durch Talby. Er tritt die Jüngerschaft an und will seinem Vorbild nachfolgen. Er will lernen. Dazu gehören auch folgende Lektionen, die Talby über die Filmhandlung hinweg verteilt seinem Schützling lehrt:



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1. 2. 3. 4.

Man darf nie einen Mann bitten. Du darfst nie einem Menschen trauen. Stelle dich nie zwischen eine Pistole und ihr Ziel. Mit Schlägen ist es meist wie mit Kugeln: Wenn die ersten nicht treffen, ist man meistens erledigt. 5. Wenn du jemanden anschießt, dann sei vorsichtig, dass er dich nicht eines Tages umlegt. 6. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. 7. Bevor du einen befreist, solltest du ihn entwaffnen. 8. Lade die Pistole nur mit so vielen Kugeln, wie gerade nötig sind (als einzige Regel von Scott eingebracht). 9. Es gibt Forderungen, die man nicht ausschlagen kann, wenn man sein Gesicht nicht verlieren will. Scott verändert sich durch den Umgang mit Talby. Er dreht nun den Spieß um, nennt den Richter »Bastard« und zwingt den Saloonbesitzer, sein Etablissement selbst zu putzen. Die ihn zuvor verlachten, haben nun Angst vor ihm. Sie sagen: »Er ist wie ein tollwütiger Hund.« Darauf antwortet der alte Murph Allan (Walter Rilla), Scotts einziger Freund im Ort: »Ein Wolf war er schon immer. Tollwütig habt ihr ihn gemacht.« Scotts Beziehung zu dem erfahrenen Allan deutet ein weiteres Lehrer-Schüler-Verhältnis an, das einen Kontrast bildet zu dem, das ihn mit Talby verbindet. Während Talby Scott seine Würde gab (zumindest eine Zeit lang), erhielt er von Allan Liebe. Doch Allan warnt Scott vor dem Einfluss Talbys auf sein Leben. Und in der Tat: Talby ist kein Ehrenmann. Er will die Chance ergreifen, die Stadt zu übernehmen. Um Macht zu gewinnen, erpresst er Bürger. Scott hat er zu seinem willigen Werkzeug ausgebildet. Bald zeigt sich Talbys Hybris: Er übernimmt immer mehr Machtbereiche in der Stadt, lässt gar den Saloon anzünden, um sich anschließend einen neuen errichten zu lassen. Weitere Revolvermänner werden angeheuert, der Sheriff erschossen. Zum neuen Marshal wird ausgerechnet Murph Allan ernannt. Als Talby jedoch auch ihn tötet, ist für Scott der Zeitpunkt der Entscheidung gekommen. Er erhält aus dem Erbe des verstorbenen Freundes einen Colt, der einst dem berühmten Doc Holiday gehört haben soll. Damit wendet er sich gegen seinen

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Lehrmeister. Als gelehriger Schüler sagt er nochmals alle gelernten Lektionen auf. Talby wird von ihm angeschossen und bittet Scott um sein Leben. Dies steht jedoch im Widerspruch zur erlernten Regel Nr. 1. So erschießt Scott den Mann, den er anfangs für gottgleich hielt, wirft danach aber angewidert den Colt fort. Von Mann zu Mann von Giulio Petroni handelt von Bill (John Philip Law), einem jungen Mann, dessen Familie von Banditen umgebracht wurde. Vaterlos aufgewachsen, hängt er sich an den älteren Ryan (Lee van Cleef ), der ihn jedoch erst ablehnt. Da sich herausstellt, dass sie dieselben Gangster verfolgen, tun sie sich schließlich doch zusammen. Diejenigen, die Bills Angehörige töteten, brachten auch Ryan ins Gefängnis. Der ältere Einzelgänger äußert einmal: »Es ist bitter, keinen Sohn zu haben.« Bill nennt Ryan spöttisch »Opa«, ist aber auch von ihm fasziniert und lernt ebenfalls einige Regeln: 1. Die Rache ist ein Gericht, das man kalt essen sollte. 2. Gefahr droht immer von hinten. 3. Zähle deine Schüsse. Zusammen bringen sie die nacheinander die Schuldigen zur Strecke. Mittlerweile weiß Bill jedoch, dass Ryan selbst auch an dem einstigen Massaker beteiligt war. Allerdings rettete er damals auch dem Kind das Leben. Das Duell zwischen ihnen endet daher versöhnlich. Neben diesen beiden Filmen ist noch Giorgio Steganis Die letzte Rechnung zahlst du selbst von 1968 erwähnenswert. Hier nimmt sich der mit allen Wassern gewaschene Gauner Cudlip (Lee van Cleef ) des jungen Ingenieurs Novak (Antonio Sabàto) an. Dieser ist ein Neuling im Westen, lernt aber schnell und übt schließlich seinerseits einen positiven Einfluss auf Cudlip aus. Noch mehr Regeln Getreu dem Motto »Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir« geben auch andere Lehrer ihren Schülern Weisheiten mit auf den Weg. Es sind oft nur wenige an der Zahl, aber das Leben im Westen italienischer Machart stellt sich oft auch recht simpel dar: »Fressen oder gefressen werden« lautet die Devise. Das lehrt Burt Sullivan in Django, der



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Rächer seinen jüngeren Bruder, der erstmals einen Menschen erschossen hat: »Es ist immer dasselbe: Der oder du.« Rocco (Anthony Ghidra), ein Auftragskiller in Rocco  – Ich leg’ dich um bringt dem jungen Ramón (George Eastman) das Schießen bei. Dieser hat das Ziel, seine ermordete Familie zu rächen. Zwischen den ungleichen Charakteren entwickelt sich eine wortkarge Männerfreundschaft. Der Lehrer bringt dem Schüler Regeln bei wie »Immer erst schießen, dann reden« oder vermittelt Einsichten wie »Wer sich rasiert, will überleben.« Ramóns Zielscheibe ist der skrupellose Viehzüchter Barrett. Da dieser wiederum ausgerechnet Rocco für seine Zwecke angeheuert hat, kommt es zum Interessenskonflikt. So müssen beide gegeneinander antreten. Ramón siegt über seinen Lehrmeister, da diesem mittlerweile der Lebenswille abhanden gekommen ist. Der Dieb »Lefty« Left Gun in Glut der Sonne hat nur noch eine Hand. Die andere wurde ihm abgeschlagen (warum wohl?). Am Stumpf trägt er einen Haken. Er hat eine masochistisch veranlagte Frau, deren Bedürfnissen er nachzukommen versucht. Arbeit ist ihm ein Fremdwort. Jedoch unterrichtet er Johnny Mounters (Peter Lee Lawrence) im Schießen. Sein Motto: »Wir sind zu zweit. Wir haben zwei Köpfe und vier Schießeisen. Also sind wir zu acht.« Auch solle man immer nachladen, denn Kugeln verschimmelten nur im Halfter. Das Schießen gleicht bei Lefty einem Glaubensbekenntnis: Sein Gebet geht zur »Heiligen Mutter Colt«. Diese sei wie ein Vögelchen: »Hältst du das Biest zu fest, erstickt es. Hältst du es aber zu locker, ist es weg.« Die »Heilige Mutter Colt«, so sagt er, kenne »sechs Gebote«: 1. Schieß immer als Erster. 2. Schieß, um zu töten. 3. Pass auf die auf, die sich nur tot stellen. 4. Pass auf deinen zweiten Colt auf. 5. Dreh nie einem Schießeisen den Rücken zu. 6. Ein sicherer Blick ist Gold wert; und eine ruhige Hand Platin. Der Yankee (Philippe Leroy) in Tinto Brass’ gleichnamigem Film hat hingegen nur zwei Lebenseinsichten:

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1. Für nichts gibt’s nichts. 2. Geteilt wird nicht. Sein Widersacher, der »Große Concho« (Adolfo Celi) handelt nach der Devise: »Verbrenne die anderen, damit sie Dich nicht verbrennen!« Auch ist er überzeugt: »Wenn du von Flammen umgeben bist, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder du verbrennst oder du wirst verrückt.« Schließlich ist da noch Peter (wiederum Peter Lee Lawrence) in Manos torpes. Ähnlich Scott Mary lebt er als »Mädchen für alles« auf einer Ranch und wird entsprechend herablassend behandelt. Er liebt jedoch die Tochter seines Arbeitgebers, wird deshalb als Gefahr betrachtet und gejagt. Nachdem er vor dem Tode gerettet wurde, wird er zu dem Chinesen Chang gebracht. Dieser pflegt ihn nicht nur gesund, sondern nimmt ihn – ähnlich der Lehrmeister vieler Filme der Shaw Brothers  – in seine Schule. Hier lehrt er Peter Dinge wie »Töten ist die einzige Möglichkeit, um am Leben zu bleiben« oder »In diesem Land gibt es nur drei Alternativen: Töte, stirb oder lauf weg.« Dementsprechend lernt der Zögling hier, seine »ungeschickten Hände« (so der Filmtitel) umfassend zu gebrauchen und kann sich schließlich an seinen Peinigern rächen. Meisterschützen und ihre Schützlinge Mitunter sieht sich ein erfahrener Mann gezwungen, seine Fähigkeiten deshalb an einen jüngeren weiterzugeben, weil es ihm selbst unmöglich geworden ist, sie weiterhin auszuüben. Mag sein, er möchte ein Vermächtnis weitergeben, vielleicht aber auch ein Instrument seiner persönlichen Rache ausbilden. Paradebeispiel dafür ist Massimo Dallamanos Film Bandidos. Ri­ chard Martin (Enrico Maria Salerno) ist ein ehemals bekannter Kunstschütze, der sein Brot auf dem Jahrmarkt verdienen muss. Doch auch damit ist es vorbei, als ihm sein ehemaliger Schüler Billy Kane während eines Eisenbahnüberfalls beide Hände zerschießt. Fortan sucht Martin einen neuen Schüler zu finden, der ihn an seiner Statt rächen könnte. Der erste Kandidat wird während einer Vorstellung völlig grundlos von einem Zuschauer erschossen. Danach findet Martin den jungen Ricky Shot, einen flüchtigen Sträfling, der unschuldig für eben jenen Überfall



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Kanes verurteilt wurde. Martin und Ricky sind also beide an derselben Person interessiert. Allerdings lässt Ricky den Verbrecher zunächst noch am Leben, da er ihm zum Beweis seiner Unschuld dienen soll. Dadurch bekommt Kane jedoch die Chance, Martin zu töten. Ricky erkennt nun, dass er sich dem Widersacher stellen muss. Die beiden Schüler des gleichen Lehrers stehen sich gegenüber. Ricky siegt. Ein anderer körperlich versehrter Lehrmeister ist Carranza (José Calvo) in Für 1.000 Dollar pro Tag. Er sitzt im Rollstuhl. Das hindert ihn jedoch nicht daran, den jungen Scott Baker (Zachary Hatcher) im Schießen zu unterweisen, der sich für den Mord an seiner Familie rächen will. Ein todkranker Bandit bringt in El valor de un cobarde (Quinto, töte nicht, 1969) seine Künste dem als schwächlich geltenden Jungen Bill bei. Er möchte später selbst von diesem den Gnadenschuss erhalten. In Quanto costa morire? lehrt der reumütige Bandit Al seinen Sohn Tony (der von der Verwandtschaft nichts weiß) den rechten Umgang mit dem Colt. Ringo (Für eine Handvoll Blei) bringt dem jungen Steve nicht nur das Schießen bei, sondern auch, wie ein Mann seine Angst überwinden kann. Der Titelheld in Doc West  – Nobody ist zurück trainiert die Baker-Brüder für einen Zweikampf, der den ewig währenden Streit zweier Familien beenden soll. Der Einzige, der zwar auch die Nähe seines großen Vorbilds sucht, es aber nicht für nötig hält, von diesem noch etwas lernen, ist »Nessuno« in Mein Name ist Nobody. Er ist ein Vertreter einer neuen, auch am antiautoritären Zeitgeist orientierten Schülergeneration. Nobody ist selbstbewusst, weiß und kann bereits alles. Was eventuell noch fehlen könnte, ersetzt er durch sein loses Mundwerk. Er hat auch deshalb keinen Anlass, Jack Beauregard als Lehrmeister in Anspruch zu nehmen, weil er kein konkretes Ziel verfolgt. Gerächt wird schon lange nichts mehr. Das wäre für Nobody auch zu anstrengend. Stattdessen lebt er in den Tag hinein. Nur berühmt will er noch werden – und das geht am besten im Windschatten des großen Idols, das von Nobody zwar als Relikt der Vergangenheit verehrt wird, ihm sonst aber keinen Nutzen bringt. Am einfachsten erscheint die Lösung, ihn sterben zu lassen und sich auf seinen Thron zu setzen. So wird es dann auch gemacht. Die Vorgaben macht nun nicht mehr der große Meister. Er kann nur noch reagieren. Das Heft in der Hand hat jetzt der Nachfolger. So ist Mein Name ist Nobody im Zuge

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der 68er-Bewegung auch der Abgesang auf jegliche Autoritäten vergangener Zeiten. Was aber stattdessen kommt, ist höchst ungewiss.

5. Lasst uns töten, Companeros: Klassenkampf und Revolution Es ist an der Zeit, sich einem speziellen Subgenre des Italowestern zuzuwenden: dem Revolutionswestern. Revolutionen spielten in den klassischen Western Hollywoodscher Prägung selten eine Rolle. Hier war Fortschrittsoptimismus angesagt. Da ging es um Landnahme und Zivilisierung durch zunehmende Industrialisierung. Die Schattenseiten des einsetzenden Kapitalismus kamen dabei kaum in den Blick oder wurden ausgeblendet. Zudem kannte die Historie der USA keine revolutionären Umwälzungen. Diese geschahen höchstens im Nachbarland Mexiko, doch das war nicht der Ort des Geschehens. Einige herausragende Produktionen blieben Ausnahmen, wie Viva Zapata! (1952) von Elia Kazan oder Vera Cruz (1954) von Robert Aldrich. Erst gegen Ende der 60er Jahre geriet die mexikanische Revolution mehr in den Blick – in Filmen wie The Professionals (Die gefürchteten Vier, 1966), Villa Rides (Pancho Villa reitet, 1968), The Wild Bunch (The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz, 1969) oder Cannon für Cordoba (Kanonen für Cordoba, 1970). Zapata-Western Man mag darüber streiten, ob der Einfluss der letztgenannten Werke den Revolutionswestern italienischer Prägung hervorbrachte oder umgekehrt. Der Autor tendiert zum Letzteren. Vor allem die Filme Sollimas (ab 1966), mit Abstrichen auch die Corbuccis (ab 1968) lassen Eigenständigkeit erkennen. Sergio Sollima, in dessen »Cuchillo-Trilogie« Tomás Milián einen zumindest optisch an Che Guevara erinnernden Charakter verkörperte, ist ein Beispiel für einen höchst engagierten, linksorientierten Künstler mit sozialen Ambitionen, wie es nicht wenige unter den führenden Vertretern des Genres gab. Andere Beispiele sind die Drehbuchautoren Franco Solinas (Töte, Amigo; Tepepa) und Sergio Donati (Der Gehetzte der Sierra Madre) sowie die Schauspieler Lou Castel und die Brüder Gian Maria Volonté und Claudio Camaso. Der in Ko-

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lumbien geborene Castel spendete Teile seiner Gagen südamerikanischen Befreiungsbewegungen, Camaso hatte Kontakte zu linksterroristischen Kreisen in Italien. Einige dieser Filmemacher kamen aus dem unterentwickelten Süden Italiens und brachten eine andere Prägung mit als die intellektuellen Norditaliener wie Pasolini, Fellini oder Antonioni. Hier schlägt sich das Nord-Süd-Gefälle innerhalb des Landes nieder, das es von je her gab, das aber vor allem seit der staatlichen Einigung 1861 bis heute die italienische Gesellschaft prägt. Christian Heger kennzeichnet daher »zwei völlig unterschiedliche Gesellschaftssysteme«166 und begründet dies aus der Geschichte: »Während der nördliche Teil des Landes über die Jahrhunderte hinweg weitgehend an der geistesgeschichtlichen Entwicklung Zentraleuropas partizipiert hatte, waren die Regionen südlich von Rom noch bis ins neunzehnte jahrhundert hinein sehr stark dem feudalen Ständesystem verhaftet.«167 Armut, Kriminalität und soziale Konflikte waren im ländlichen, unterentwickelten Süden stets stärker ausgeprägt als im industrialisierteren Norden. Die Unterschiede zwischen beiden Landesteilen führten in den ersten drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg auch zu einer enormen Abwanderung von Süditalienern in den Norden und damit zu weiteren politischen Spannungen. Heger und andere haben nicht von ungefähr darauf hingewiesen, dass sich auch in der Zusammensetzung des populärsten italienischen Filmpaars diese »ungleichen Brüder« widerspiegeln: Es sind der in Venedig geborene und in Deutschland aufgewachsene Mario Girotti (Terence Hill) und der Neapolitaner Carlo Pedersoli (Bud Spencer).168 Die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren in vielen Teilen Westeuropas geprägt von einer zunehmenden Politisierung. Es war die Zeit der verstörenden Attentate auf John F. Kennedy und Martin Luther King, des Vietnamkriegs, der Studentenunruhen, aber auch des Prager Frühlings. Ein neues politisches Bewusstsein entwickelte sich, oft in Abgrenzung gegenüber der Kriegsgeneration, vor allem bei Intellektuellen und der Jugend, aber auch in der Kunst. Dies betraf auch den Film. Neben den Veteranen des Neorealismus wie Visconti oder Fellini wurden davon auch jüngere Regisseure beeinflusst.169 Damiano Damiani, Elio Petri oder Francesco Rosi gehörten zu jenen, die politische Botschaften auch in Genrefilmen zu vermitteln wussten. Diese Art von Politthriller

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stellte ein besonderes, von der gesellschaftlichen Wirklichkeit Italiens geprägtes Genre dar. Folgerichtig erkannten auch die damals im aktuell gefragten Westerngenre tätigen Filmemacher die Möglichkeiten, in ihrem Bereich soziale Themen unterzubringen. Einen geeigneten geschichtlichen Hintergrund fanden sie in der mexikanischen Revolution, deren zeitlicher Rahmen zwischen 1910 und 1920 anzusetzen ist. Dieses Subgen­re wird auch als »Zapata-Western«170 bezeichnet. Raubtierkapitalismus Bevor wir uns diesem speziellen Teilbereich des Genres widmen, werfen wir einen Blick auf die grundsätzliche Darstellung gesellschaftlicher Verhältnisse im Italowestern. Über der Analyse der spezifisch revolutionären Thematik wird nicht selten jener höchst kritische Blick vergessen, mit dem in anderen Vertretern der Gattung kapitalistische Verhältnisse betrachtet werden. Diese grundsätzliche Kritik beginnt bereits dort, wo die Angehörigen der herrschenden Klasse, die reichen und honorigen Bürger und Grundbesitzer, rundweg als die eigentlichen Verbrecher entlarvt werden. Sicher: Häufig bedienen sie sich dabei auch Angehöriger unterprivilegierter Schichten; doch diese erreichen nie ihren Status, sondern werden ebenfalls von ihnen ausgebeutet. Die einflussreichen Bürger haben die Macht, das Gesetz zu beugen, während sie andere als Gesetzlose brandmarken. Deutlich wird dies in Leichen pflastern seinen Weg: Brutale Killer bilden die Exekutive im Auftrag der US-Regierung. So machen sie Jagd auf arme Leute, die arbeitslos sind und für vogelfrei erklärt wurden, nur weil sie Nahrung stehlen müssen – notfalls gar das Pferd des Sheriffs. Auch Korruption und Machtmissbrauch sind bei den Regierenden an der Tagesordnung. In Ein Halleluja für Camposanto wird die Idee geboren, den Titelhelden für den Posten des Gouverneurs vorzuschlagen. Sie wird jedoch ebenso schnell verworfen, denn der Kandidat – immerhin ein Killer – scheint moralisch noch immer zu hochstehend für das Amt zu sein: »Geht nicht«, wird deshalb gesagt, »die Gouverneure sind alle Räuber.« In vielen Filmen werden die Verbrecher als hemmungslose Kapitalisten gezeigt. Die größte Gruppe stellt jener Typus dar, dem bereits im Alten Testament durch Jesaja das Gericht angedroht wird und die es zu allen Zeiten gab: »Weh denen, die ein Haus zum andern bringen und

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einen Acker an den andern rücken, bis kein Raum mehr da ist und sie allein das Land besitzen!« (Jesaja 5,8). Es sind die Großgrundbesitzer, die jedem Kleinbauern seine Parzelle missgönnen. Ein herausragendes Beispiel findet sich in Mögen sie in Frieden ruhen, einem ambitionierten politischen Western des linksorientierten, vom italienischen Neorealismus kommenden Carlo Lizzani. Der Großgrundbesitzer Ferguson ist ein wahrer Vampir mit entsprechend bleicher Gesichtsfarbe und draculaeskem Umhang, der sämtliche mexikanischen peones aussaugt. In I cinque della vendetta (Die unerbittlichen Fünf, 1966) ist es andersherum: Ein fortschrittlicher Amerikaner, ein »Gringo«, ist den mexikanischen Grundbesitzern ein Dorn im Auge, da er seine Landarbeiter nicht aussaugt, sondern sogar am Gewinn beteiligt. Ebenso wird Don Miguel (Das Finale liefert Zorro) zur Zielscheibe des Gouverneurs, als er den für ihn arbeitenden Bauern einzelne Parzellen als Geschenke überlässt. Bodenschätze werden ausgebeutet ohne Rücksicht auf Mensch und Natur. In Zwiebel-Jack räumt auf vertreiben Konzernherren mit Gewalt und Terror friedliche Farmer von ihrem Land, um an Ölvorkommen zu gelangen. Sie setzen dafür sogar bezahlte Killer ein. Der Ölmagnat Lamb (sic!), der nicht nur ein »goldenes Händchen« für maximalen Gewinn hat, sondern tatsächlich eine furchterregende Pranke aus Gold trägt, macht unmissverständlich deutlich: »Öl heißt Macht«. Er nimmt selbst ein Jesus-Zitat für sich in Anspruch: »Wer nicht für uns ist, ist gegen uns« (vgl. Matthäus 12,30; Lukas 11,23; umgekehrt: Markus 9,40; Lukas 9,50). Um die Symbolik auf die Spitze zu treiben, könnte man auch einen Hinweis auf die unheilvollen Verstrickungen von Kapital und Politik im Dritten Reich erkennen: Lamb beschäftigt einen Diener namens Adolf (der selbstredend auch so aussieht), über den er einmal sagt: »Ich hab’ ein verflucht ungutes Gefühl bei dem Kerl.« Um die Ausbeutung von Erdölvorkommen geht es auch in Die Rache des weissen Indianers. Diesmal sind die Indianer die Leidtragenden, auf deren Land es der Kapitalist Goodwin (»guter Gewinn«) abgesehen hat. In einem Lied des Films heißt es: »Wenn Gott das Gold machte, so machte der Teufel das schwarze Gold.« Auch bei McGowan in Mannaja  – Das Beil des Todes handelt es sich um einen solchen Ausbeuter. Er nahm den Leuten ihr Land weg und lässt sie in seiner Silbermine unter schlimmsten Bedingungen schuften. Als sein Vormann

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Waller die Macht übernimmt, erhöht dieser die geforderte Arbeitsleistung um 100 Prozent. Es kommt zu einem Aufstand, der jedoch blutig erstickt wird. Die Ausbeutung von Minenarbeitern, die wie Sklaven gehalten werden, bestimmt auch die Handlung in Knie nieder und friss Staub. Nachdem schließlich der Kapitalist Redfield beseitigt ist, kommt umgehend ein neuer »Herr« in den Ort. Er hätte gehört, man könne dort reich werden. »Man hat dir ein Märchen erzählt«, geben die Arbeiter zur Antwort und jagen ihn fort. Das Proletariat versucht ab jetzt seine Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Eine deutliche Parabel auf den Klassenkampf stellt Der Teufel kennt kein Halleluja dar; ein allgemeingültiges Drama, dessen Handlungsort unklar bleibt (es könnte sowohl in Mexiko als auch in Spanien spielen). Angesichts der unhaltbaren Lebensverhältnisse der Bauern predigt ein marxistischer Agitator die Weltrevolution. Es kommt zu Übergriffen durch die Landarbeiter. In einem Streitgespräch zwischen einigen Großgrundbesitzern vertritt Don Lucas die Meinung, man müsse den Bauern in ihren Forderungen entgegenkommen. Für Don Antonio hingegen ist es »Bestimmung«, dass die einen herrschen und die anderen dienen. Moloch Eisenbahn Die Großkapitalisten sind von Hybris beherrscht. Sie meinen, mit ihrem Geld alles erreichen zu können. Ferguson, ein übler Geschäftemacher in Beichtet, Freunde, Halleluja kommt, ist entschlossen: Wenn ein Eisenbahnzug nicht fahre, wie er es will, so werde er die ganze Linie kaufen. Die Eisenbahn ist für die Besiedelung Amerikas, für seine Industri­ alisierung und die Herausbildung kapitalistischer Verhältnisse von besonderer Bedeutung. Auch der Western blieb davon nicht unberührt. Es ist bezeichnend, dass bereits der berühmte zwölfminütige Film Der grosse Eisenbahnraub von 1903, der als der erste Western überhaupt gilt, die Bahn in den Mittelpunkt stellte. Klassiker wie John Fords The Iron Horse (Das eiserne Pferd, 1924), Buster Keatons The General (1926) und viele weitere folgten. Vor allem Cecil B. De Milles Union Pacific (Die Frau gehört mir, 1939) ist ein Paradebeispiel für den Umgang mit dem Thema. Im Prolog zum Film heißt es: »Die Geschichte der Uni-

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on Pacific ist zugleich ein Stück Geschichte einer jungen Generation, die mit Zähigkeit und Idealismus die endlosen Weiten des Westens durch eine eiserne Straße erobert.«171 Die Eisenbahn – das sind Fortschritt, Bewegung, Eroberung, Landnahme, Besiedelung; der Blick in eine optimistische Zukunft. Die Transkontinentallinie, 1863 vom amerikanischen Kongress beschlossen, versprach Prosperität für viele, vor allem für diejenigen, die in den folgenden Jahrzehnten an dieser Strecke siedelten. Im Italowestern kommt dieser Fortschrittsoptimismus sehr gebremst daher. Die Eisenbahn überrollt alles und läutet den Untergang einer alten Welt ein, in der Freiheit und Unabhängigkeit des Individuums einhergingen mit der unermesslichen Weite des Landes. Vorbei sind die Zeiten der Wells Fargo Company und des Pony Express, jener legendä­ ren Expressgut-Speditionen, bei denen es noch auf den einzelnen Reiter oder Kutscher ankam. Das »stählerne Ross« löste nun das Pferd ab. Alles rückte näher zusammen. Der Einfluss der Bahn ist meist zerstörerisch. Die Züge bringen selten Gutes. Häufig werden Soldatenverbände transportiert, wie in Viva Maria! und anderen Beispielen. Auch kleine Farmer sind immer wieder in ihrer Existenz bedroht, wo es skrupellose Geschäftemacher auf ihr Land abgesehen haben, weil es für neue Strecken gebraucht wird. Letztere versprechen sich großen Profit, Erstere müssen dies mit dem Leben bezahlen. In dieser Welt herrscht mit der invidia, dem Neid, eine weitere der sieben Todsünden. Außerdem findet ein ständiger Verstoß gegen das 10. Gebot statt: »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.« (2. Mose 20,17; vgl. 5. Mose 5,21). Skrupellose Geschäftemacher wie Brockston in Der Gehetzte der Sierra Madre oder Warner in Zorros Rache setzen alles daran, des Geldes wegen die Bahn zu bauen. In Adios Cjamango (o. dt. T., 1970) wird ein Ehepaar von der Eisenbahngesellschaft um ihr Land gebracht. In Sando Kid spricht das letzte Halleluja gründen die wegen des Eisenbahnbaus in ihrer Existenz bedrohten Siedler daher sogar eine Genossenschaft, um sich gemeinschaftlich wehren zu können. Auch Leones opus magnum Spiel mir das Lied vom Tod handelt von der Bahn. Der Film beginnt an einer Bahnstation und endet an einer neu errichteten. Jill kommt am Bahnhof an, Cheyenne soll von dort aus ins Gefängnis gebracht werden. Der Bau der neuen Station wird ausge-

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rechnet von Harmonica und Cheyenne initiiert, die wissen: »Und wenn das Ding noch so beschissen ist: Mit ’nem Bahnhof fängt alles an.« Sie selbst aber sind Vertreter einer alten Generation, die durch die Bahn an ihr Ende gekommen ist. Daher müssen beide am Schluss »das Weite« suchen, das es allerdings längst nicht mehr gibt. Das weiß auch Sam, der Kutscher, der sein Pferd »Lafayette« (ein Name, der für ein freies und unabhängiges Amerika steht) verärgert durch eine Gruppe von Landvermessern jagt, die im Auftrag einer Eisenbahngesellschaft arbeiten. Vor allem Morton erscheint als typischer Vertreter des Kapitals, der nicht nur aus Idealismus bis zum Pazifik vordringen will, wie die Szene seines Ablebens suggerieren könnte. Er scheut keine Verbrechen, um sein Ziel zu erreichen. Selbst wenn er Franks Gewaltmethoden zuweilen kritisiert, hat er ihn doch engagiert, um Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. So ist die Eisenbahn, völlig anders als im amerikanischen Western, »(…) bei Leone lediglich eine Metapher für die destruktive Gewalt des Kapitalismus«172. Revolution und Konfusion Der Vorspann zu Chamaco von Leopoldo Savona enthält eine Widmung an das »Volk Mexikos«. Da die meisten Italowestern aus den bereits dargelegten Gründen in der Grenzregion zwischen den USA und Mexiko spielen, lag es nahe, die Handlung auch ganz in das mittelamerikanische Land zu verlegen, um vermehrt sozialkritische Aspekte einzubringen. Der historische Kontext der Revolution bot dabei den idealen Anknüpfungspunkt. Mexiko war Anfang des 20. Jahrhunderts im Gegensatz zu den USA industriell kaum entwickelt. Die noch feudalen und oligarchischen Strukturen ähnelten eher denen des italienischen Südens. Sie sind vor allem verbunden mit dem Namen des langjährigen Präsidenten Porfirio Díaz, dessen Amtszeit sich von 1876–1880 und nochmals von 1884–1911 erstreckte. Seine autoritäre Herrschaft richtete sich in ihren Auswirkungen vor allem gegen die bäuerliche, indigene Bevölkerung, die er mit Hilfe der Armee zu beherrschen versuchte. Den meisten dieser Menschen war eigener Grundbesitz verwehrt, sodass sie sich unter oft unwürdigen Bedingungen als Landarbeiter verdingen mussten. Selbst die Kirchen hatten darunter zu leiden. Sie gingen bereits in der Zeit vor Díaz durch

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Enteignung großer Ländereien verlustig. Die repressive Herrschaft rief mehr und mehr Widerstände hervor, bis Díaz 1911 zum Rücktritt und zur Emigration gezwungen wurde. Anführer der Gegenbewegung, die zum Sturz der alten Regierung führte, war Francisco Madero, der im Anschluss an Díaz Präsident wurde, sich jedoch mit den von ihm angestrebten Reformen nicht durchsetzen konnte. Bereits 1913 wurde er durch den in Italowestern ebenfalls häufiger genannten General Victoriano Huerta gestürzt. Dessen knapp anderthalbjährige Amtszeit war in besonderem Maße von Gewaltherrschaft und einer daraus resultierenden revolutionären Gegenwehr gekennzeichnet. Die Zuneigung und Verehrung breiter Volksmassen gehörte zu dieser Zeit vor allem zwei Männern: Pancho Villa und Emiliano Zapata. Villa war ein schillernder Charakter zwischen Freiheitskämpfer und Bandit (also wie geschaffen für einen Italowestern), Zapata ein charismatischer Anführer, der es verstand, die ärmsten der Landarbeiter in seiner Armee zu vereinen. Zapata wurde 1919 tödliches Opfer eines Hinterhalts auf Anweisung des zuvor mit ihm und Villa verbündeten Venustiano Carranza173. Auch Villa starb 1923 durch ein Attentat. Dies ist der Kontext, in welchem sich die Revolutionswestern bewegen. Es ist die ideale Spielwiese für die zwiespältigen Helden, denn: »Dort, wo Revolution ist, ist auch Konfusion.« So konstatiert es John in Leones Todesmelodie. Die Wirren dieser Verhältnisse nutzen einige der Protagonisten weidlich aus. Sie machen ihre Revolution auf eigene Rechnung. Längst nicht jeder, der als Revolutionär daherkommt, ist ein Überzeugungstäter. Mancher versucht als Waffenschieber Geld zu machen, wie Red in Giarrettiera Colt. Ist zudem Gold im Spiel, dann ist längst nicht allen Beteiligten klar, dass es dem revolutionären Kampf dienen sollte. So geschieht es in Die fünf Gefürchteten. Dort werden Männer, die nur auf schnellen Reichtum aus sind, wider Willen zu Helden der Revolution: »Manche sterben für Geld, andere für Ideen. Diese Männer werden für uns sterben.« Oft werden einfache Bauern in die Wirren der Revolution hineingeworfen, wissen nicht, wie ihnen geschieht und werden trotzdem zu Helden (Juan in Todesmelodie, Paco in Mercenario – Der Gefürchtete oder auch Tepepa). Alles ist möglich, wo die Konfusion der Revolution herrscht.

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Mexikaner und Yankees Der einfache, unterprivilegierte Landarbeiter, der während eines Ausnahmezustands unvermutet zur Führungspersönlichkeit mutiert, ist besonders anfällig für Einflüsse von außen. Mehrere der bedeutendsten Revolutionswestern leben daher von der Spannung zwischen zwei sehr unterschiedlichen Charakteren: Dem Mexikaner wird ein »Gringo«, ein Amerikaner oder Europäer als Antipode zur Seite gestellt. Zu den wichtigsten Vertretern solcher buddy-Western gehören zwei in ihrer Grundkonstellation sehr ähnliche Werke nach Drehbüchern des marxistischen Autors Franco Solinas. In Töte, Amigo ist »El Chuncho« (»der Trommler«, Gian Maria Volontè) ein mexikanischer Bandit, der im Auftrag des Revolutionsgenerals Elias Waffen stiehlt. »El Gringo«, später »El Niño« genannt (»das Kind«, Lou Castel), ist ein undurchsichtiger Amerikaner, der sich der Gruppe Chunchos anschließt. Seine Motive bleiben zunächst unklar. Zwischen beiden Männern entsteht eine Bindung, bei der der Mexikaner emotional immer abhängiger von dem Amerikaner wird. Niño zieht einige Mitglieder der Bande auf seine Seite. Chuncho muss sich häufiger rechtfertigen. Als er den Ort San Miguel gegen Feinde verteidigen will, sind die anderen dagegen. Ihnen geht es nur um den Profit. Chuncho hingegen, der zunächst wenig für die Anliegen der Revolution übrig hatte, hält später eine flammende Rede über den Wert des einfachen Menschen. Niño, der Emotionslose, versteht davon nichts, sodass der Redner schließlich aufgibt: »Man sollte euch alle in den Arsch treten. Euer wirkliches Vaterland ist der Arsch!« Als Chuncho den an Malaria erkrankten Freund pflegt, kann dieser nicht verstehen, warum er das tut. Niño kennt keine menschlichen Regungen. Das muss auch Chuncho erkennen, als er herausfindet, dass es sich bei dem Amerikaner um einen Killer handelt, der den Auftrag hat, General Elias zu ermorden. Er kann die Tat nicht verhindern. Chuncho fühlt sich missbraucht und sinnt auf Rache. Niño bietet ihm an, das Blutgeld mit ihm zu teilen. Zunächst noch davon in Versuchung geführt, erschießt Chuncho am Ende Niño, als dieser sich mit dem Zug zurück in die Staaten begeben will. Einem Schuhputzer, dem er zuvor ein Almosen gab, ruft der Revolutionär als letzte Botschaft zu: »Kauf kein Brot, kauf Dynamit!«

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Zuvor aber hatte er auch dem sterbenden Niño auf dem Zug etwas zugerufen: »Fahr zurück in deine Vereinigten Staaten!« Darum geht es in diesem Film eigentlich: »Ami, go home!« Mit dem damals populären Slogan war der Protest gegen den Vietnamkrieg verbunden. Die vermeintliche Rolle der USA als »Weltpolizist« steht im Mittelpunkt der Kritik von Solinas und Regisseur Damiano Damiani. »El Niño« steht zudem für die Einmischung der Vereinigten Staaten in die Angelegenheiten der Länder Mittel- und Südamerikas, vornehmlich durch Aktivitäten der CIA. Der Amerikaner bleibt ohne jegliches Gefühl für das Land, in dem er sich aufhält. »Gefällt es Ihnen in Mexiko?« fragt ihn unbedarft ein Junge. »Nein, überhaupt nicht«, lautet die eindeutige Antwort. Land und Menschen haben für ihn keine Bedeutung. Er fühlt sich über ihnen stehend. Zu Beginn und am Schluss drängelt er sich daher wie selbstverständlich an der Bahnhofskasse vor und wird auch bevorzugt bedient. Die US-Amerikaner werden so beschrieben: »Kein Herz, aber die Taschen voller Geld.« In dem ursprünglichen Banditen Chuncho hingegen wächst in der Auseinandersetzung mit dem Amerikaner langsam ein politisches Bewusstsein. Und doch darf man hier nicht zuviel erwarten: Reflektiert ist sein Handeln bis zum Schluss nicht. Auf die im Film häufiger gestellte Frage nach dem »Warum?« gibt es immer nur die Antwort »Wer weiß?« (Quién sabe?, so der Originaltitel) – selbst als sie der sterbende Niño stellt. Bis zum Schluss bleibt »(…) die Unfähigkeit (…), die eigenen Beweggründe zu verbalisieren«174. Der Handelnde kann letztlich keine Gründe angeben, agiert nur aus seinem Gefühl heraus. Von dem ungebildeten Chuncho kann man keine Reflexion erwarten; dass es dennoch nachvollziehbare Gründe für all das revolutionäre Treiben gibt, darüber lässt der Film keinen Zweifel aufkommen: Ein überfallener Großgrundbesitzer fragt die Revolutionäre: »Warum wollt ihr mich töten? Weil ich reich bin?« Er erhält zur Antwort: »Nein, weil wir arm sind und Sie alles dazu getan haben, dass es so bleibt!« Das andere Beispiel Solinas’ für den verderblichen Einfluss der Amerikaner in Mexiko ist Tepepa. Hier ist es der Arzt Dr. Henry Price, der die Nähe des Revolutionärs Tepepa sucht. Er rettet ihn zunächst vor der Exekution durch die Soldaten des Colonel Cascorro; doch nur deshalb, weil er selbst eine persönliche Rechnung mit Tepepa offen zu haben glaubt. Die Verlobte des Doktors nahm sich das Leben, nachdem sie von einer

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revolutionären Horde überfallen und von deren Anführer vergewaltigt worden war. Als Price seinen Verdacht bestätigt sieht, Tepepa selbst ihm das Verbrechen gesteht, tötet er den bereits im Kampf mit Regierungstruppen verwundeten Mexikaner. Neben dem Revolutionär Tepepa (Tomás Milián) und dem brutalen Cascorro (Orson Welles) als Vertreter der Diktatur erscheint Price (John Steiner) wie im vorgenannten Film als ungebetener Gast einer ausländischen Macht. Schon der Beginn macht es deutlich: Price kommt wie ein Herr mit dem Auto in den Ort; doch die Mexikaner sind diejenigen, die es anschieben müssen, nachdem es liegenblieb. Später kann sich der »Gringo« sogar im Gefängnis Annehmlichkeiten erkaufen. Und erneut gibt es einen Jungen, der den Ausländer mehrfach fragt: »Liebst du Mexiko?« Wie »El Niño« verneint dies auch Price. Es ist jener Junge Paquito, der ihn schließlich durchschaut, als Mörder Tepepas erkennt und erschießt – mit der Begründung: »Er liebte Mexiko nicht.« Er kam nur als Eindringling, Eroberer und Kolonialist; nach kommunistischer Lesart als Vertreter des US-Imperialismus. Ein weniger bekanntes Beispiel für die Unterstützung repressiver Strukturen durch US-Amerikaner findet sich in Ein Halleluja für Spirito Santo. Hier stürzen sogenannte »Revolutionäre« unter der Führung des Generals Ubarte den demokratischen Präsidenten Don Firmino. Ubarte brüstet sich: »Ich habe die Bauern von Demokratie und Unordnung befreit.« Ihm zur Seite steht als militärischer Berater der Amerikaner Sam Crow. Dessen Name (»Krähe«) deutet offensichtlich darauf hin, dass es sich hier um den Gegenspieler der »Taube« (das Symbol Spirito Santos) handelt. Deutlich tritt die länderübergreifende Zusammenarbeit der herrschenden Klasse und des Kapitals (heute würde man sagen: die »Globalisierung«) in Sergio Sollimas Der Gehetzte der Sierra Madre zutage: Da gibt es den Kapitalisten Brockston (Walter Barnes), der im Grenzgebiet von Texas zu Mexiko mit dem Großgrundbesitzer Don Serrano zusammenarbeitet. Beide wollen sie mit dem Bau einer Eisenbahnlinie durch ganz Mexiko Profit machen. Nebenher hat sich Brockston der Dienste des österreichischen Barons von Schulenberg (Gérard Herter) versichert, der in diesem Fall eine fremde europäische Macht repräsentiert. Zusammen beugen sie Recht und Ordnung, um einen einzelnen

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unterprivilegierten Mexikaner zu jagen und umzubringen. Den Kopfgeldjäger Corbett (Lee van Cleef ) will Brockston kaufen, indem er ihm den Wahlkampf für einen Senatorenposten finanziert. Selbst der recht nachlässige Vertreter des Gesetzes in einem mexikanischen Grenzort macht in einem Dialog mit Corbett deutlich, dass er die Amerikaner als Eindringlinge empfindet und daher noch weniger schätzt als die ohnehin ungeliebten Anhänger des Reformers Benito Juárez: »Ich kann mich ja bei Ihnen auch nicht benehmen, wie ich will.« Das Grenzgebiet ist auch der Ort, an dem sich in Mögen sie in Frieden ruhen Mexikaner gegen einen Amerikaner erheben, der ihr Land stiehlt und viele von ihnen umbringt. Der von Mark Damon dargestellte Charakter trägt vampirartige Züge, mit denen verdeutlicht wird, dass er die Menschen aussaugt.175 Die Grenze zu Mexiko symbolisiert immer wieder die Nahtstelle zwischen Imperialismus und der Dritten Welt. Auf wessen Seite die Schöpfer dieser Filme stehen, bleibt außer Zweifel. In Sergio Sollimas Lauf um dein Leben hingegen geschieht es einmal, dass ein Yankee und ein Mexikaner sich zusammenraufen. Der Beginn ihrer Beziehung lässt dies noch nicht erahnen: Der Herumtreiber Cuchillo (Tomás Milián) und der einst gefürchtete, ehemalige US-Sheriff Cassidy (Donal O’Brien) begegnen sich, als der eine dem anderen die Taschenuhr stiehlt, um damit vor seinem Mädchen angeben zu können. Bald darauf aber kann der Mexikaner Cassidy das Leben retten, als dieser in einem Duell von mehreren Verbrechern bedrängt wird. Trotz zeitweiligem gegenseitigen Misstrauens werden die beiden unterschiedlichen Charaktere doch noch Gefährten auf der Suche nach einem Goldschatz, der der Revolution zugute kommen soll. Es gehört zu den unrühmlichen Seiten der Rezeptionsgeschichte, dass vor allem in den deutschen Fassungen die politischen Implikationen vieler dieser Werke fast gänzlich der Schere zum Opfer fielen.176 Dies bezieht sich sowohl auf die Kritik am Kapitalismus und Imperialismus als auch auf die Darstellung von Gewaltexzessen der revolutionären Gegenseite. All das war von den Produzenten politisch nicht immer gewollt und aus kommerziellen Gründen von den Verleihern nicht gewünscht. Kürzungen von bis zu einer halben Stunde Filmlänge waren dabei nicht ungewöhnlich. So konnte man jahrzehntelang die sozialen Hintergründe und die komplexe Handlung von Filmen wie Der Gehetzte der Sier-

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ra Madre, Lauf um dein Leben oder Töte, Amigo kaum erahnen. Sie waren entpolitisiert und auf simple Actionfilme zurechtgestutzt worden, die Kinokassen klingeln lassen sollten. Dank des Engagements einiger engagierter DVD-Labels sind diese Werke seit wenigen Jahren dem Filmfreund erstmals in ungekürzten Fassungen zugänglich. Mexikaner und Europäer Neben ungeliebten amerikanischen Nachbarn finden sich an der Seite mexikanischer Revolutionäre auch einige Europäer, die aus unterschiedlichen, jedoch meist monetären Gründen in das Geschehen involviert sind. In Leones Todesmelodie raufen sich die namensverwandten Juan Miranda (Rod Steiger) und John Mallory177 (James Coburn) zusammen. Es handelt sich wieder einmal um höchst unterschiedliche Charaktere: Der eine ist ein mexikanischer Bandit, der seine große Familie durchzubringen versucht, der andere ein ehemaliger IRA-Aktivist und Sprengstoffexperte, der aus politischen Gründen seiner Heimat den Rücken kehren musste. Beide sind sie in schwere Zeiten hineingeworfen: Die Massenerschießungen in den Gräben von Mesa Verde erinnern an die Grausamkeiten der SS an der Ostfront des 2. Weltkrieges. Bereits mit einem Eingangszitat Maos macht Leone den Ernst der Lage deutlich: »Die Revolution ist kein geselliges Dinner, kein literarisches Ereignis, keine Zeichnung oder Stickerei. Sie kann nicht mit Eleganz und Höflichkeit durchgeführt werden. Die Revolution ist ein Gewaltakt.« Durch Juans Urinstrahl zu Beginn werden Ameisen von einem Baumstamm herabgespült, was Christian Keßler als Bild für das Schicksal der peones deutet.178 Die im Mikrokosmos einer riesigen Kutsche versammelte Bourgeoisie (inklusive des Kirchenvertreters) äußert sich hasserfüllt und angewidert über den »Pöbel«. Die Vergewaltigung der reichen Bürgersfrau durch Juan erscheint daher als die Rache des kleinen Mannes. Selbst ein Vogel bekommt sein Fett weg, als er seine Exkremente auf den zornigen Mexikaner fallen lässt: »Und für die Reichen singst du!« Sein Unmut über die herrschenden Verhältnisse hat jedoch zu keinem revolutionären Bewusstsein geführt: »Revolutionen sind wie Krankheiten, wie Filzläuse.« Daher wird Juan nur aus Unkenntnis zu einem Helden wider Willen, als sich sein Einbruch in eine Bank als revolutionäre Tat erweist: Das Gebäude wurde zum politischen Gefängnis umfunktioniert; statt

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auf materielle Reichtümer stoßen die Räuber auf eine große Zahl von Häftlingen und befreien sie. In all diesen Wirren finden der naive Mexikaner und der desillusionierte Ire mehr und mehr zusammen, sodass Juan sich schließlich angesichts des Todes Johns schmerzlich als verwaist empfindet. In Corbuccis Filmen haben es Mexikaner und Europäer schwerer, zueinanderzufinden. Das liegt vor allem an der europäischen Arroganz, die in Gestalt von Franco Nero zutage tritt. In Mercenario – Der Gefürchtete tritt er als Sergej Kowalski auf, genannt »der Pole«. Er ist ein Söldner, der unbelastet von moralischen Skrupeln nur für Geld tätig ist. Verdingt er sich zunächst für den Minenbesitzer Garcia, so wechselt er die Seiten, als empörte Arbeiter unter der Führung von Paco Roman die Macht im Ort übernehmen. Paco (Tony Musante) ist einer der vielen Ausgebeuteten, der in seiner ihm zugefallenen Führungsrolle dem cleveren Söldner nicht gewachsen ist. Während der Mexikaner langsam ein Gewissen entwickelt und den von ihm befreiten Ort auch weiterhin vor den Soldaten beschützen möchte, lässt sich der Pole von den ohnehin armen Aufständischen jeden Handschlag bezahlen. Er fertigt sogar einen Arbeitsvertrag aus, der ihm für seine Dienste beste Verpflegung und Vergünstigungen zusichert. Im Regen wird er von Planen beschirmt, die zwei Männer über ihm halten. In der Wüste müssen alle anderen den Inhalt ihrer Wasserflaschen zusammengießen, damit er duschen kann. Später will er sogar Paco gegen ein Kopfgeld verkaufen. Er gebärdet sich nicht anders als die Feinde der Revolution. Daher wird ihm später von Paco auch der Prozess gemacht, in dem ihm alles vorgeworfen wird, was ausländische Kapitalisten dem Land auch antun. Wie die jungen Nationalstaaten der Dritten Welt von ihren Kolonialmächten hat sich Paco zuletzt von Kowalski, den er bis dahin immer zu brauchen meinte, emanzipiert. In seinen letzten Worten an den Söldner schwingt nur noch Bedauern für ihn mit: »Du hast nie einen Traum gehabt.« Zwei Jahre später schickte Corbucci statt eines Polen den »Schweden« ins Rennen. In Zwei Companeros ist Franco Nero der auch »Pinguin« genannte elegant gekleidete Waffenhändler Yodlaf Pedersen, der wiederum keinerlei Ideale aus Europa mitbrachte, sondern nur auf den Preis sieht, wenn es um Geschäfte geht. Sein Konterpart ist nunmehr »der Baske« (Tomás Milián): ein Prolet (sein Vater, so sagt er, hätte in

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Spanien »Scheißhäuser gereinigt«), der wieder einmal durch Zufall zu einem exponierten Posten bei den Revolutionären kommt. Beide arbeiten nun zusammen. Es ist die Zeit, da Porfirio Díaz mit harter Hand regiert. Während sich aber einige der Aufständischen unter Führung ihres »Generals« Mongo lediglich als Banditen herausstellen, gibt es mit dem Intellektuellen Xantos (Fernando Rey) und der Jungrevolutionärin Lola (Iris Berben) auch integre Charaktere. Xantos ist der Kopf einer studentischen Friedensgruppe nach Art der 68er und führt mit seinen Anhängern heftige Diskussionen um sein Konzept des gewaltfreien Widerstands. Sein Widerpart ist vor allem ein militanter Student, der Gewaltanwendung für unumgänglich hält. Das erinnert an den damals populären Slogan »Macht kaputt, was euch kaputt macht«. US-Konzernchefs versuchen hingegen von Xantos, den sie mittlerweile inhaftiert haben, Zugeständnisse zu gewinnen, Mexikos Bodenschätze ausbeuten zu können. Ihnen erklärt er anhand eines Schachspiels, dass auch ein kleiner Bauer zuweilen einen stärkeren Gegner besiegen kann. Nach der Sprengung eines Panzerschranks, in dem Gold vermutet wurde, finden sich in ihm nur Kornhalme und Gemüse – die eigentlichen »Reichtümer Mexikos«. Der Baske entwickelt sich im Laufe der Handlung zum Revolutionär und kann am Ende selbst den Schweden für die gerechte Sache gewinnen. In Zwei wilde Companeros von Duccio Tessari spielt Franco Nero einen weiteren Europäer. Diesmal ist es ein sich als russischer Prinz ausgebender Abenteurer namens Dimitri Orlowski. Er schließt sich mit dem mexikanischen Banditen Losoya (Eli Wallach) zusammen. Der wiederum gibt sich für einen berühmten Revolutionsführer aus. Die kulturellen und moralischen Unterschiede zwischen dem Europäer und dem Mexikaner sind in dieser Parodie gänzlich aufgehoben. Beide sind Hochstapler, beiden geht es gleichermaßen nur noch darum, sich einen Goldschatz anzueignen, der ihnen nicht gehört. Erwähnenswert als ein weiterer Europäer ist der russische Großfürst und ehemalige Kosakenoberst Kropotkin (Charles Southwood), der in Man nennt mich Halleluja zusammen mit dem Titelhelden (George Hilton) in die mexikanische Revolution verstrickt wird. In Viva Cangaceiro schließlich trifft der Holländer Vincenzo Helfen (Ugo Pagliai) auf den Banditen Espedito (Tomás Milián). Von Natur aus sind der Agent einer europäischen Ölgesellschaft und der sich als »Erlöser« gebende Sozi-

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alromantiker Feinde. Doch zeigt sich, als Espedito meuchlings ermordet werden soll, bei dem Europäer ein Gewissen. Er warnt den Bedrohten. Beide scheiden mit Achtung voreinander. Theologie der Befreiung Corbucci legte wiederum zwei Jahre nach Zwei Companeros noch einmal einen Revolutionswestern vor: Bete, Amigo!. Auch hier geht die Regierung unerbittlich gegen Aufrührer vor und es kommt zu den bereits bekannten Massenerschießungen. Wieder stehen zwei konträre Charaktere im Mittelpunkt – hier allerdings nicht mehr der Revolutionär und der ausländische Söldner, sondern der Schmierenkomödiant und Shakespeare-Darsteller Guido Guidi (Vittorio Gassman) und der katholische Pater Albino (Paolo Villaggio). Beide fragen sich, wie sie eigentlich in diese Revolutionswirren hineingeraten sind (darauf nimmt der Originaltitel Bezug). Wie so viele Gestalten innerhalb dieses Subgenres erleben sie sich als ohnmächtig dem Strudel von Ereignissen ausgeliefert, die über sie hereinbrechen. Die Entstehungsjahre der genannten Corbucci-Filme zwischen 1968 und 1972 markieren die Hochzeit des italienischen Revolutionswestern. Hatte der Italowestern zuvor bereits eine völlig desolat am Boden liegende gesellschaftliche Ordnung gezeigt, in der einzelne durch Gewalt und Terror herrschten, so gab nun die Revolution eine durchaus nachvollziehbare Begründung dafür ab, warum die dargestellten Individuen in besonderer Weise von Chaos und Konfusion umgeben waren und sich darin bewähren mussten. Weitere Beispiele finden sich u. a. in Adios Sabata, Beichtet, Freunde, Halleluja kommt, Matalo oder Der Colt in Gringos Hand. Wie bereits in einem früheren Kapitel (II.1: Geistliche) erwähnt, finden sich in diesen Filmen auch Anklänge an die »Theologie der Befreiung«. Zu den Aufständischen gehören Priester, die das Evangelium als die befreiende Botschaft vorrangig für die Armen und Unterdrückten deuten. Geistliche wie »El Santo« in Töte, Amigo oder Don Juan in Mögen sie in Frieden ruhen können sich dabei u. a. auf Aussagen bei Lukas berufen, in dessen Evangelium soziale Aspekte mehr zum Tragen kommen als in den anderen (z. B. in der lukanischen Form der Seligpreisungen Lukas 6,20–22). Zwei Beispiele dafür sollen hier noch erwähnt werden:

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Die Todesminen von Canyon City, ein früher Western von Alfonso Bálcazar, beschreibt die bekannte Situation eines Dorfes, dessen mexikanische peones von einem Silberminenbesitzer namens Barton wie Gefangene gehalten und ausgebeutet werden. Zwei entflohene Gefangene, der Gringo Red und der Mexikaner Carrancho, erkennen die unhaltbaren Zustände und gehen dagegen vor. Vor allem Carrancho, der Gauner, entdeckt sein soziales Gewissen und die Verantwortung für seine Landsleute. Er ist geprägt von seiner gläubigen Mutter, die ihm einst den befreiungstheologischen Ansatz in einem – zugegebenermaßen simplifizierten – Motto beibrachte: »In der linken Hand das Kreuz, in der rechten die Machete!« Vor diesem religiösen Hintergrund wird Carrancho zum Symbolfigur und zum Hoffnungsträger des Kampfes gegen den Unterdrücker. Selbst nach der notwendig gewordenen Exekution eines Spitzels bekreuzigt er sich. Zunehmend kann er auch Red, der anfangs eher abseits stand (»Auf welcher Seite stehst du?«  – »Auf meiner«) für seine Anliegen gewinnen. Red ist es schließlich, der dafür sorgt, dass die Mexikaner 70.000 Dollar aus dem Vermögen Bartons erhalten, hinter denen die Freunde eigentlich selbst her waren. Eine Sonderstellung nimmt Viva Cangaceiro von Giovanni Fago ein, da er in Brasilien spielt und eine historische Gestalt, den »Cangaceiro« (Banditen) Virgulino Ferreira da Silva (1898–1938) zum Vorbild hat. Tomás Milián spielt einen ähnlichen Charakter wie in Tepepa, jedoch mit deutlich ausgeprägteren religiösen Implikationen (ausführlicher dazu in Kap. VI.1: Erlösergestalten). Espedito ist der Überlebende eines Massakers von Regierungstruppen, der von einem Geistlichen, Bruder Juliano, gerettet und gesund gepflegt wird. Der Mönch sorgt jedoch nicht allein für die körperliche Genesung seines Schützlings, sondern lehrt ihn ebenso biblische Inhalte. Die Auswahl der Evangeliumstexte ist bezeichnend: Es sind Geschichten wie die von der Brotvermehrung (Matthäus 14,13–21 par Markus 6,30–44, Lukas 9,10–17, Johannes 6,1–13; Matthäus 15,32–39 par Markus 8,1–9) und der Vertreibung der Händler aus dem Tempel (Matthäus 21,12f par Markus 11,15–17, Lukas 45f, Johannes 2,13–17). Auf dieser Grundlage entwickelt sich Espedito zum Anführer der Revolution. Signifikant für diesen geistlichen Ausgangspunkt seines Handelns ist ein Gefecht mit Soldaten, bei dem er von der Kanzel aus schießt.

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Erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang auch der von der Sängerin Christy interpretierte Morricone-Song Run Man Run aus Der Gehetzte der Sierra Madre. Dort heißt es: »Somewhere there is a land where men do not kill each other / somewhere there is a land where men call a man a brother / somewhere you will find a place where men live without fear / somewhere, if you keep on running, someday you’ll be free.« Der Text erinnert an die Vision von Martin Luther King »I have a dream«, vermittelt allerdings mehr eine eschatologische Hoffnung als eine menschlich und innerweltlich mögliche. Der garstige Graben zwischen Kopf und Hintern Befreiungstheologische Ansätze kommen vor, bleiben insgesamt jedoch marginal und sind nicht bestimmend für die Grundaussagen der Revolutionswestern. Vielmehr wird deutlich, dass die Filmemacher überhaupt keine überzeugenden Konzepte für eine dauerhaft erfolgreiche Veränderung der politischen und sozialen Verhältnisse zum Guten anzubieten haben. Das gilt für die ideologieanfällige Befreiungstheologie ebenso wie für politische Heilslehren. So engagiert in diesen Filmen auch Partei für die Ausgebeuteten ergriffen wird und Missstände angeprangert werden – bezüglich menschlicher Möglichkeiten einer grundsätzlichen Veränderung vermitteln sie vor allem Skepsis und Resignation. Es wundert daher nicht, dass eine der berühmtesten und am häufigsten zitierten Sequenzen dieses Subgenres eben dies zum Ausdruck bringt. Es ist jene aus Mercenario – Der Gefürchtete, in der Kowalski seinem noch naiven Gefährten Paco die politischen Gesetzmäßigkeiten der Revolution anhand eines nackten Frauenkörpers erklärt. Paco war zuvor einmal gefragt worden, was für ihn »Revolution« bedeute. Seine Antwort war schlicht gewesen: »Die Besitzenden umbringen und ihnen das Geld wegnehmen.« Nun deutet Kowalski auf die bäuchlings in Pacos Bett liegende Frau und fragt: »Was versteht man unter Revolution? Der Kopf, das sind die Reichen. Sie lassen alle anderen für sich schuften. Der Hintern dagegen, das sind die Armen. Die Klasse der Besitzlosen. Wenn die Armen nun eine Revolution machen, wollen sie mit Gewalt erreichen, dass der Hintern neben dem Kopf ist.« Paco fragt: »Wie bringt man den Kopf und den Hintern zusammen?« Die Antwort: »Solch eine glückliche Kombination gibt es meist nicht, weil nämlich der Rücken, der soge-

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nannte Mittelstand, dazwischen liegt und die Harmonie stört.« Nun hat Paco kapiert: »Verstehe: Die Reichen sind also nie am Arsch!« Origineller lassen sich die antagonistischen Widersprüche im marxschen Sinne wohl kaum erklären. Die nüchtern-skeptische Einschätzung Corbuccis bezüglich des Erfolges von revolutionären Bestrebungen teilen auch andere Filmschaffende. Obwohl linken oder gar marxistischen Ideen grundsätzlich verbunden, übten die realexistierenden Ausprägungen des Sozialismus verständlicherweise keine Anziehungskraft auf sie aus. Stalinismus und Sowjetregime stellten keine Alternativen dar. Die blutige Niederschlagung von Reformbewegungen wie in Ungarn 1956 und – damals hochaktuell – in der Tschechoslowakei 1968 hatten dies einmal mehr bestätigt. Auch Sergio Leones in einem Interview geäußerten Erfahrungen sind von dieser Resignation geprägt: »Ich bin Sozialist. Während des Krieges hatten wir Ideale, Träume, Hoffnungen. Sie erfüllten sich nicht. Sozialismus ist gut als Idee, aber die Menschen sind schlecht. Heute herrscht Anarchie in Italien. Wahre Freundschaft ist die einzige Zuflucht aus diesem Chaos. Politik zerstört Freundschaft.«179 Dementsprechend bringt sein Film Todesmelodie diese Resignation und Skepsis deutlich zum Ausdruck. Nach der Erhebung gegen Díaz ist nun mit Huerta ein neuer Diktator an der Macht. Verbessert hat sich nichts. John, der durch seine Erlebnisse in Irland bereits desillusionierte Aktivist, liest zwar ein Buch des russischen Revolutionärs und Anarchisten Michail A. Bakunin (1814–1876)180, wirft es aber fort, nachdem sein Gefährte Juan ihm seine eigene skeptische Sicht der Dinge offenbart. Der einfache Bandit zeigt mit seinen Worten deutlich auf, wie eine Revolution ihre Kinder frisst: »Ich weiß Bescheid über Revolutionen. Die, die Bücher lesen, gehen zu denen, die keine Bücher lesen, und verkünden, es müsse was verändert werden. Und die armen Teufel machen dann brav die Veränderungen. Dann setzen sich die Schlauesten der Bücherleser an einen Tisch und reden und fressen und reden. Und was ist inzwischen mit den armen Leuten geworden? Verreckt sind sie inzwischen. So sieht deine Revolution aus!« Leone ist ein Wesensverwandter seiner beiden Helden, was deren Desillusionierung betrifft. Bei ihm findet sich keinerlei Sozialromantik der 68er-Bewegung. Im Gegenteil: In einer Zeit, in der Italien vom Terror

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der Brigate Rosse (»Rote Brigaden«) geschüttelt wird, entmythologisiert er die Revolution bereits eingangs durch das Mao-Zitat als das, was sie ist: ein Gewaltakt mit verheerenden Folgen, bei dem sich die Revolutionäre kaum von ihren Gegnern unterscheiden. Andere Revolutionswestern verbreiten ebenfalls keine optimistische Stimmung. Die neuen Machthaber gebärden sich wie die verhassten alten: General Ramirez von den Revolutionstruppen lässt sich von Untergebenen wie ein König in einer Sänfte herumtragen (Man nennt mich Halleluja). Pancho Villa gibt sich derart eitel, dass er auf einem Feldzug einen eigenen Fotografen und eine Blaskapelle mitführt (Drei Halleluja für vier heisse Colts). Häufig anzutreffen sind Gruppen von »Revolutionären«, die eigentlich nichts weiter als Räuber sind (Der letzte Zug nach Durango). Ein ehemaliger Revolutionär wechselt die Seiten aus dem Grund, da »die Reichen immer gewinnen und deshalb von Gott geliebt werden« (Kein Requiem für San Bastardo). Auch die Gewaltexzesse der Revolutionäre stehen denen ihrer Feinde in nichts nach (wie bei dem Zugüberfall in Töte, Amigo). Die Revolution frisst auch hier ihre Kinder, und manche ihrer früheren Protagonisten, die ihre Haut zu Markte trugen, sehen sich betrogen: Cuchillo (Der Gehetzte der Sierra Madre), der bereits unter Benito Juárez (Präsident von 1861–1872) aktiv am Revolutionskampf teilnahm, beklagt, dass sich nichts geändert habe: »Es gibt immer zwei Gruppen: Eine Gruppe, die flieht, und die andere verfolgt sie.« In Lauf um dein Leben kämpfte auch der Sheriff Cassidy einst für Juárez. Mittlerweile sagt er desillusioniert: »Ich glaube nicht mehr an den Menschen. Von nun an kämpfe ich nur noch für mich selbst.« Tepepa, der bereits wegen seiner Kritik am Imperialismus Erwähnung fand, ist gleichermaßen ein Beispiel für die Kritik an der Revolution. In einem Interview erklärt Regisseur Giulio Petroni, sein Film zeige zwar die Sicht der Unterdrückten auf die Unterdrücker; gleichwohl wolle er Tepepa nicht als »linken« Film verstanden wissen.181 Der Held erinnert sich in einem Brief182 an General Madero, den augenblicklichen Präsidenten, an das »siegreiche« Ende der Revolution. Seine Fragen: Warum soll er jetzt sein Gewehr an die Armee zurückgeben, da doch die Revolution gesiegt habe? Steht denn dieselbe Armee, die bisher den Feind darstellte, nun im Dienst der guten Sache? Tepepa versteht die Welt nicht mehr.

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Der neue Machthaber beschwichtigt: »Die Reichen werden nun weniger reich, die Armen weniger arm sein.« Doch schon nach kurzer Zeit muss Tepepa erkennen: Es hat sich offensichtlich nichts geändert. Selbst die Hazienda gehört nach der Revolution wiederum den alten Herren, die aus dem Exil in Europa zurückkehrten. Tepepa hält trotzig dagegen: »Nein, das Land gehört dem Volk!« (I Abb. 24). Angesichts von Skepsis, Resignation und politischer Konzeptionslosigkeit in der Darstellung zieht Georg Seeßlen für den italienischen Revolutionswestern insgesamt das ernüchternde Resümee: »Die Revolution ist der letzte große Spaß; retten kann sie nichts mehr.«183 Es mag sein, dass sich manche intellektuellen Kritiker zu damaliger Zeit eine deutlichere Parteinahme für ein sozialistisches Gesellschaftsmodell gewünscht hätten; doch die Filmschöpfer können nicht mehr geben, als sie haben. Als Agitatoren einer kommunistischen Weltrevolution taugen Leone, Corbucci oder Sollima jedenfalls nicht. Gleichwohl bleibt abschließend zu fragen, was aus christlicher Sicht dazu zu sagen ist. Um es zunächst zu betonen: Christlicher Glaube gebietet den Nachfolgern Jesu, sich mit Leidenschaft und ganzer Kraft für die Verbesserung politischer und sozialer Lebensverhältnisse einzusetzen. Dies geschieht um der Menschen willen aufgrund des Gebotes der Nächstenliebe, aber auch deshalb, weil Gott ein Feind ungerechter und lebensfeindlicher Strukturen ist, die seine Schöpfung bedrohen. Der Christ wird dem nachkommen; allerdings nicht ideologisch-verbissen, sondern demütig und mit einer Gelassenheit, die aus der Überzeugung resultiert, dass der Mensch nicht das Maß aller Dinge ist und somit auch nicht die Bürde der Letztverantwortlichkeit für diese Welt tragen muss. Er unterscheidet zwischen den »letzten und vorletzten Dingen« im Sinne Dietrich Bonhoeffers. Er tut im Vertrauen auf Gott das Vorläufige, das er tun kann, und hofft auf den endgültigen Durchbruch des Reiches Gottes am Ende aller Tage. Damit zeigt sich christlicher Glaube gleichfalls ideologiekritisch gegenüber politischen Lehren, nach denen der Mensch schon jetzt selbst das Heil auf Erden schaffen kann. Erstaunlicherweise lässt sich dabei an Leones zuvor zitierte Äußerung anknüpfen. Sie enthält einen Satz, der eine zutiefst christliche Überzeugung zum Ausdruck bringt: »Sozialismus ist gut als Idee, aber die Menschen sind schlecht.« Die Revolution muss



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letztlich erfolglos bleiben, weil der Mensch sich aus sich selbst heraus nicht zum Guten verändert. Leone bringt das Dilemma aller innerweltlich bleibenden Gesellschaftskonzepte auf den Punkt; vor allem jener, die Gott als Schöpfer und Erhalter der Welt abgeschafft haben und eine Veränderung der Verhältnisse allein vom Menschen abhängig machen, sogar einen »neuen Menschen« kreieren wollen. Unheilvolle Bestrebungen dieser Art kannte das 20. Jahrhundert zur Genüge. Der Italowestern in seiner Gesamtheit, insbesondere aber sein Subgenre des Revolutionswestern, zeigen ernüchtert, dass solche Versuche nur partiell Symptome kurieren können, und auch was sie im schlimmsten Fall anrichten können. Darüber hinaus bleibt jedoch die Notwendigkeit von Veränderung bestehen und ein Ruf unüberhörbar: Die Welt ist so beschaffen, dass sie der Erlösung bedarf. In dieser Grundaussage treffen sich soziale und politische Anliegen einiger engagierter Autoren und Regisseure des Genres auf der einen Seite sowie die Botschaft des christlichen Glaubens auf der anderen. Darin besteht durchaus eine Schnittmenge. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

6. Der Mörder des Klans: Rassismus Es dauerte lange, bis Sidney Poitier Buck and the Preacher (Der Weg der Verdammten, 1972) drehen konnte; einen Western, in dem Schwarze die Hauptrollen spielen. Noch länger, bis Mario van Peebles’ Posse (Posse – Die Rache des Jesse Lee, 1993) produziert wurde oder gar Jamie Foxx zu Django wurde (Django Unchained, 2012). Auch »Indianerfilme« wie Little Big Man (1970) entstanden erst mit dem Aufkommen eines New Hollywood. Der Grund dafür: Der Westernfilm ist die traditionelle Domäne des weißen Mannes. John, Pierre und Gojko Der klassische US-amerikanische Western (die Rede ist hier von seiner Blütezeit der 40er bis Ende der 50er Jahre) stellte weiße Menschen in den Mittelpunkt, die mit Pioniergeist ein neues Land besiedelten. Dass dieses Land zuvor nicht unbewohnt gewesen war, Landnahme deshalb immer auch gleichbedeutend mit Landwegnahme war, blieb dabei meist unerwähnt. Die Ureinwohner Amerikas erschienen in der Regel als der Feind:

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eine fremdartige, wilde, unzivilisierte, auch heidnische Masse ohne Gesicht. Indianische Individuen oder Persönlichkeiten kamen kaum in den Blick. Im Blick auf die von White Anglo-Saxon Protestants geprägte Mythologie des Westens und des Western hat Georg Seeßlen die These aufgestellt: »Weil die Indianer das Weltbild der Europäer verwirrten, mussten sie sterben, es fand sich in der Bibel keine Erklärung für ihr Vorhandensein. Sie waren nicht die Nachkommen Noahs, stammten nicht von den Stämmen Sem oder Japhet ab, nicht einmal von Ham, wie die Schwarzafrikaner; die Indianer traten gleichsam von außen an die überlieferte Schöpfungsgeschichte heran und stellten sie in Frage.«184 Man mag über die Richtigkeit dieser Auffassung streiten; richtig ist sicher, dass die Indianer und ihre Kultur den aus Europa gekommenen Einwanderern ein zutiefst fremdes Phänomen waren, das sie nicht einzuordnen vermochten, oft aber auch nicht zu verstehen versuchten. »Interkulturelle Kompetenz« kannten sie noch nicht. Indianer waren Heiden und daher den eingewanderten frommen Pilgern suspekt. Eine Ausnahme bildeten die »Religiöse Gesellschaft der Freunde« (Quäker). William Penn (1644–1718), einer ihrer führenden Vertreter, Gründer der später nach ihm benannten Kolonie Pennsylvania, vermutete in den Indianern versprengte Angehörige eines der Stämme Israels. Aufgrund ihrer Nasenform (!) galten sie ihm als jüdischer Abstammung, ebenso würden sie ein den Juden ähnliches »Fest der Erstlingsfrüchte« feiern (vgl. 3. Mose 23,10.14). Als Gouverneur Pennsylvanias lernte Penn sogar die Sprache der Indianer und setzte eine Staatsform in Kraft, in der alle Einwohner – inklusive der Ureinwohner – gleiche Rechte erhielten (das von ihm sog. »Heilige Experiment«). Hätte eine solche, immerhin christlich motivierte Politik Schule gemacht, wäre in der Geschichte vielleicht manches anders verlaufen. Sie blieb jedoch schon deshalb eine Ausnahme, weil die Ureinwohner von den Weißen weitgehend als Konkurrenten und Rivalen im Kampf um denselben Lebensraum wahrgenommen wurden. Seeßlen vergleicht daher das Verhältnis beider Rassen zueinander mit dem von Kain und Abel und vermutet hinter der Suche der Weißen nach neuer Heimat auch die Sehnsucht nach der Wiedergewinnung des verlorengegangenen Gartens Eden.185 Womöglich hat in dieser Anschauung auch die Rede von »Gods



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own country« ihren Ursprung. Eine solche Weltsicht und auch der Typus des aufrechten Weißen im Kampf gegen skalpierende, alkoholisierte und enthemmte Indianerhorden wurde in niemandem deutlicher personifiziert als in dem politisch konservativen John Wayne (1907–1979), dessen führende Stellung im Western-Genre über Jahrzehnte unangefochten war. Obwohl er in Filmen unterschiedlicher Genres auftrat, steht seine Person bis heute für den klassischen, aufrechten, wenn auch raubeinigen Westerner schlechthin. Die 60er Jahre brachten nicht nur in Europa, sondern auch in den USA gesellschaftliche Unruhen und dadurch neue Sichtweisen. In Filmen des New Hollywood schlugen sich Veränderungen nieder. Streifen wie Martin Ritts Hombre (Man nannte ihn Hombre, 1967) zeigten ein neues Bild der Indianer. Andere Filmemacher, wie Sydney Pollack mit The Scalphunters (Mit eisernen Fäusten, 1968), gaben Afroamerikanern eine Stimme, nach denen man im Kinofilm und demzufolge auch im Western bis dahin meist vergeblich gesucht hatte. In Europa sah der Wilde Westen anders aus. Ausschlaggebend dafür war sicher auch die Tatsache, dass der Eurowestern  – von zu vernachlässigenden Ausnahmen abgesehen – ab 1962 zuerst in Gestalt von Verfilmungen Karl Mays das Licht der Welt erblickte. Hier wurde das Bild des »edlen Wilden« gezeichnet, der nicht selten moralisch über jenem Weißen stand, der für den Untergang der »roten Rasse« die Verantwortung trug. Die Bösen sind hier meist weiße Amerikaner (»Yankees«); die integren deutschen Helden haben eine deutlich größere Affinität zu den Ureinwohnern als zu den schurkischen Vertretern der eigenen Rasse. Zudem bekommt hier der Indianer ein Gesicht und eine Persönlichkeit – im Apachenhäuptling Winnetou, dem »Edelmenschen« schlechthin, untrennbar verbunden mit der Person des Franzosen Pierre Brice (1929–2015). Oliver Baumgarten sieht in dieser anderen Darstellung der Indianer speziell im Deutschland der Nachkriegszeit eine Art Wiedergutmachungsbemühung nach dem Rassenwahn und dem Genozid an den Juden im Nationalsozialismus. Er spricht vom »deutschen Bemühen um Bewältigung« und konstatiert: »Hier kehrten die Deutschen stellvertretend vor einer fremden Rassismustür und lebten nachträglich ihre auf Jahrzehnte vergebene Chance auf Völkersolidarität aus.«186 Die

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ausschlaggebende Begründung für das in den Karl-May-Verfilmungen vermittelte positive Indianerbild dürfte jedoch woanders liegen: Es war schlichtweg im Werk des adaptierten Autors selbst bereits zutiefst intendiert. Zweifelsfrei hat innerhalb des deutschen Sprachraums niemand die Sichtweise über die Ureinwohner Amerikas über Generationen hinweg so geprägt wie der große sächsische Volksschriftsteller. Ihn hatte spätestens seit 1893 (Erstveröffentlichung von Winnetou I) bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein so gut wie jeder Deutsche mindestens einmal gelesen und dessen Indianerbild verinnerlicht. Auch wenn die Verfilmungen recht frei mit den literarischen Vorlagen umgingen und außer der aktionsbetonten Handlung kaum etwas von dem dahinterstehenden komplexen Gedankengebäude des vielfach verkannten Autors zu übernehmen vermochten, so blieben doch seine in einem tiefen christlichen Glauben verwurzelten Vorstellungen von Toleranz, Völkerverständigung und einer grundsätzlichen Sympathie für die entrechteten und ihrer Ehre beraubten Ureinwohner Amerikas erhalten. Für ein solch positives Bild mag auch ein anderer Umstand eine Rolle gespielt haben: Die deutsche – wie überhaupt die europäische – Bevölkerung war selbst nicht unmittelbar mit den Indianern konfrontiert. Kein »Roter« konkurrierte mit ihnen um Lebensmöglichkeiten oder eine Parzelle Land in der Kleingartenkolonie. Der Indianer war der interessante Exot, der in Europa allerhöchstens im Rahmen von »Buffalo Bills Wild West Show« zu bestaunen war. Es fällt nicht schwer, positive Gefühle für ein Volk zu hegen, solange es weit entfernt lebt und einen selbst nicht stört. Gegenüber dem türkischen Nachbarn in Berlin-Neukölln oder Duisburg-Marxloh kann das schon anders aussehen. Zu ergänzen bleibt, dass den nicht frei von Heroismus, Klischees und Kitsch daherkommenden Produktionen der »Rialto Film« Horst Wendtlandts und später der »CCC-Film« Artur Brauners ab 1966 die ostdeutsche DEFA als bewussten Kontrapunkt ihre »Indianerfilme« entgegensetzte. Diese nahmen deutlich Partei für ein durch den sog. »US-Imperialismus« entrechtetes Volk und stellten neben fiktiven Figuren auch historische Persönlichkeiten wie Osceola oder Tecumseh in den Mittelpunkt. Sie wurden stets verkörpert von dem zuvor bereits in einigen Karl-May-Filmen aufgetretenen Serben Gojko Mitic (*1940), dem fortan in der DDR hochverehrten »DEFA-Chefindianer«. Trotz mancher ideo-



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logisch motivierter Zuspitzungen kamen diese Filme der geschichtlichen Wirklichkeit wahrscheinlich am nächsten. Die Passionsgeschichte der Ureinwohner Der Italowestern fand zur Zeit seiner Entstehung beides vor: die weitgehend negativ-feindliche Darstellung der Indianer in Hollywood und das freundliche, fast glorifizierende Bild des »roten Mannes« in den Karl-May-Adaptionen (die DEFA-Filme folgten ab 1966). Er muss sich jedoch nicht zwischen beiden Sichtweisen entscheiden, da ihm die Einteilung in »gut« und »böse« ohnehin fremd ist. Der Italowestern zeigt eine Welt, in der zunächst grundsätzlich nichts Gutes vom Menschen zu erwarten ist. Von keinem. Alle sind schlecht; theologisch gesprochen: Alle sind Sünder (vgl. Römer 3,23). Dabei gibt es zunächst auch keinen rassischen Unterschied. Da der Western aus Italien nicht die Geschichtsschreibung der Vereinigten Staaten fortführen will und seinen Schöpfern aus produktionstechnischen Gründen in Europa auch keine »Indianer« zur Verfügung standen, treten die Ureinwohner Nordamerikas längst nicht so häufig in Erscheinung wie in Hollywood. Die Verortung der Schauplätze vorwiegend im Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko führte zu anderen Personenkonstellationen. Betrachtet man jedoch das Oeuvre des Genres in seiner Gesamtheit, so trifft man doch auf mehr Indianer als zunächst vermutet. Abgesehen von einigen Frühwerken, die sich noch stark am US-Vorbild orientiert zeigten und daher noch ganze Stämme über die Leinwand reiten ließen (Fuerte Perdido, Höllenfahrt nach Golden City, 1964; Buffalo Bill, l’eroe del Far West, Das war Buffalo Bill, 1964 oder 100.000 Dollar für Ringo u. a.), erscheint der Indianer später eher als Einzelperson. Das hat seinen Grund darin, dass der Italowestern insgesamt ein Genre des Individuums bzw. des Individualisten ist. Es ist der Einzelne, der sich in einer ihm feindlich gesinnten Umwelt bewähren muss. Er erfährt dabei keine oder kaum Hilfe, da der Gesellschaft jeglicher Gemeinsinn abhanden gekommen ist. Auch das gilt für Menschen jeglicher Hautfarbe. Deutlich wird aber auch: Für jeden Nichtweißen ist das Überleben in der Welt des Italowestern ungleich schwerer als für den Weißen. Der im US-Western weitgehend verschwiegene Rassismus ist hier allgegenwärtig. Das kann nicht verwundern: Die gezeigte Gesellschaft

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ohne Recht und Gesetz, ohne Ordnung und Moral gebiert selbstredend auch jede Folgeerscheinung einer solchen Deformation. Dazu gehören die Ablehnung, die einem jeden Fremden in einem Ort entgegenschlägt, ebenso wie jede Form von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Religion und vor allem der Hautfarbe. Es gehört zu den Verdiensten des Genres, dass es die Ausformungen eines alltäglichen Rassismus offen zeigt und bereits dadurch einer deutlichen Kritik unterwirft. Der Italowestern versteht es dabei, komplexe Sachverhalte einfach auf den Punkt zu bringen – so auch in der Beschreibung von Rassismus: »Blut ist Blut«, sagt Leon Alastray, der »Heilige« wider Willen (San Sebastian), »aber es gibt immer einen Teclo, der einen Unterschied machen will.« Teclo ist ein Mestize, der mit seiner Herkunft hadert und daher sehr auf eine rassische Unterscheidung fixiert ist. In der Blütezeit des Italowestern lassen sich weniger Indianer ausmachen als in seiner Endphase. Wo sie aber vorkommen, sind sie in der Regel nicht Täter, sondern Opfer. Vor allem sind es Indianerinnen, die vergewaltigt (Black Killer) und getötet (Zeig mir das Spielzeug des Todes) werden. In E lo chiamarono Spirito Santo nimmt sich eine junge Indianerin bereits aus Angst vor einer Schändung das Leben. Der Held in Heute ich  … morgen du! heißt Bill Kiowa, weil seine Frau zu diesem Stamm gehörte. »So was wie die benutzt man nur und wirft sie weg, aber heiratet sie nicht«, ist die Meinung ihres Mörders »El Fego«. Diese Haltung ist weit verbreitet: In Django – Die Geier stehen Schlange wirft der Bandit »El Chacal« Münzen auf die Leiche der soeben ermordeten Frau Djangos und sagt abschätzig: »Dafür kann er sich eine neue Indianerin kaufen.« Derartige Ressentiments gegenüber den Indianern sind vielfach an der Tagesordnung: In Der Rancher vom Colorado River ist ein Indianer als Schwiegersohn höchst unwillkommen. In El Rocho – Der Töter gründen sich Ablehnung und Vertreibung der Indianer im Gebiet von Gold Hill auf ein in früherer Zeit verübtes Massaker an einer Siedlerfamilie, das ihnen fälschlicherweise angelastet wurde. In 100.000 Dollar für Ringo werden die Indianer Opfer der Interessen des Waffenhändlers Sherry. Er will ihr Land besitzen und initiiert deshalb ein Massaker gegen einen ganzen Stamm.



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In Ringo mit den goldenen Pistolen ist es im Saloon verboten, Indianern Whisky zu verkaufen. In Fahr zur Hölle, Gringo wird für Apachenskalps eine Belohnung gezahlt: 10 Dollar für Männer, 5 Dollar für Frauen und 2,50 Dollar für Kinder. Besonders fanatisch ist ein Mexikaner, der seinen Namen geändert hat und sich bemüht, als Amerikaner zu gelten. Als »Gringo« macht er sich offenbar besonders gut, wenn er seinem Hass auf Indianer freien Lauf lässt: »Es gibt kein Problem, es gibt nur Apachen.« In Nobody ist der Grösste erweist sich Major Cabot als Indianerfeind, der sie um ihr Land bringen will. Auch in einer Komödie wie Tedeum – Jeder Hieb ein Prankenschlag wird Rassismus präsentiert und entlädt sich auf humorvolle Weise: »Wissen Sie, warum die Rothäute eine rote Haut haben? Weil sie so ausgekocht sind.«

Nur selten kommt es vor, dass ein Indianer eine prägende Hauptfigur darstellt, wie Dick Palmer als Sheriff in E lo chiamarono Spirito Santo. In Sergio Corbuccis Kopfgeld: 1 Dollar ist es Navajo Joe (Burt Reynolds), der einzige Überlebende seines Stammes nach einem Massaker. Auf der Suche nach den Verantwortlichen kommt er in die Stadt Esperanza, in der nicht, wie der Name sagt, die »Hoffnung« regiert, sondern wiederum der alltägliche Rassismus. Joe wird als »dreckiger Indianer« beschimpft, obwohl er einen Zug mit dem Geld der Bürger vor Banditen rettete. Die Leute lehnen seine Hilfe ab, müssen sie dann jedoch zähneknirschend annehmen. Als Joe schließlich das Sheriffsamt begehrt, ist der bisherige Amtsinhaber entrüstet: »Ein Indianer als Sheriff? Nur ein Amerikaner (!) kann unsere Rechte schützen!« Joe fragt ihn daraufhin, woher seine Eltern kamen. »Aus Schottland«, muss er bekennen. Bis zum Schluss bleiben die Bürger undankbar. Niemand kümmert sich um den verletzten Indianer, der sie alle rettete. Sind auch Kategorien wie »gut« und »böse« im Italowestern grundsätzlich aufgehoben, so gilt den Indianern doch in der Regel die ganze Sympathie; jedoch nicht per se aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit, sondern weil sie durch ihre Hautfarbe zu den gesellschaftlich benachteiligten Gruppen gehören. Wie sehr sich darin italienische, oft linksorientierte Filmemacher mit sozialen und politischen Ambitionen, unterscheiden

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von denen des amerikanischen Mainstream, wird am Beispiel von Die Höllenhunde deutlich. Auch dieser Streifen ist ein Italowestern, allerdings gedreht von dem westernerfahrenen US-Regisseur Burt Kennedy nach einem von mehreren, ebenfalls vorwiegend amerikanischen Autoren geschriebenen Drehbuch. US-Stars wie John Huston, Chuck Connors, Ricardo Montalban oder Richard Crenna spielen statt italienischer Darsteller. Ausgehend von einem bestialischen Mord an der Frau der Hauptfigur Captain Caleb (Bekim Fehmiu) durch Apachen werden die Indianer in ihrer Gesamtheit sehr negativ dargestellt. Sie folterten nicht nur die Frau, sondern schändeten ebenso auch die Kirche. Caleb verfolgt sie nun mit einem zwar persönlich verständlichen Hass, der aber nirgendwo reflektiert oder gar hinterfragt wird. Obwohl mittlerweile aus der Armee desertiert, wird er doch wieder reaktiviert, als zur Bekämpfung der Indianer ausdrücklich ein Mann mit entsprechendem Hass gesucht wird. Ziel ist es, einen gesamten Apachenstamm auszulöschen, was am Ende auch gelingt. Die Indianer erscheinen als gesichtslose Masse, um die es im Grunde nicht schade ist. Behandelt werden nur die Konflikte der für die Aktion ausgewählten Armeeangehörigen untereinander. Ob die Indianer womöglich auch Probleme haben, kommt zu keiner Zeit in den Blick. Nachdem im selben Jahr (1970) in den USA Ralph Nelson in Soldier Blue (Das Wiegenlied vom Totschlag) bereits eine gänzlich andere Aussage über die Indianer machte (im Mittelpunkt steht ein grausames Massaker der US-Armee an den Cheyenne), erscheint Die Höllenhunde eher als reaktionärer Anachronismus. Parallelen zu Vietnam werden deutlich, wenn Caleb seine Männer so kämpfen lehrt wie die Apachen (der Vietcong) oder diskutiert wird, ob auch ein Indianerjunge getötet werden muss, weil er bereits als »Kindersoldat« eine Gefahr darstelle. Der »wahre« Italowestern ist anders. Der kommunistisch orientierte Regisseur Pasquale Squitieri, der in den 70er Jahren eine Reihe von ambitionierten Politthrillern drehte, begann seine Karriere u. a. mit dem Italowestern Drei Amen für den Satan. Dieser geht von einer ähnlichen Grundkonstellation aus wie Die Höllenhunde, vermittelt jedoch eine völlig andere Botschaft. Wie Caleb ist auch Jeremias Bridger (Leonard Mann) von unbändigem Hass auf Indianer erfüllt, nachdem er seine Familie bei einem Massaker verlor. Doch er muss erfahren, dass nicht die »Rothäute«, die er seither erbarmungslos jagt, für die Tat verantwortlich



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zeichnen, sondern einige honorige weiße Bürger der Stadt Mansfield. Dieser Ort ist eine Hochburg von Rassisten: »Erschlagt die Indianer, wo ihr sie trefft!«, lautet das Motto. Als »Gotteslästerung« wird es angesehen, eine Indianerin in die Stadt zu bringen. Ihr werden vom Mob die Kleider vom Leib gerissen, sie wird geteert und gefedert. Das alles hat den Charakter einer Volksbelustigung, zu der eine Kapelle spielt. Das Ganze gerät somit gänzlich unfreiwillig zum Passionsspiel, zu einer exemplarischen Erzählung der Leidensgeschichte eines ganzen Volkes. Die Grundaussage dieses Films ist eine häufig wiederkehrende: Der Weiße ist schuld, der Indianer der willkommene Sündenbock. Bridger sieht zwar seinen Irrtum ein, doch hat der jahrelange Hass ihn so geprägt, dass zum Schluss offen bleibt, ob nicht doch sein bisheriges Weltbild in seiner Seele irreparable Schäden hinterlassen hat. Im Vergleich beider Filme sind weiterhin die religiösen Bezüge auffällig. Der Name »Caleb« in Die Höllenhunde weckt sicher nicht von ungefähr Assoziationen mit dem alttestamentlichen Kaleb, der das Volk Israel zum Kampf gegen eine andere Gruppe von »Ureinwohnern«, die des Landes Kanaans, ermutigte (4. Mose 13,1 – 14,38). Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, als solle hier das Vorgehen gegen die Indianer mit der Landnahme Israels in eins gesetzt und damit göttlich legitimiert werden. In Squitieris Film hingegen wird gerade die religiöse Legitimierung menschlicher Untaten kritisiert: Die Einwohner Mansfields werden allein durch das Reden von der »Gotteslästerung« als solcherart »Christen« identifiziert, die sich nicht scheuen, fröhliche Hetzjagden auf Indianer zu veranstalten. Eine derartige Bigotterie wird auch in Apache Woman angeprangert. Dort ist es eine »fromme« weiße Familie (Vater, Tochter und zwei Söhne), die mit der Bibel in der Hand dem Soldaten Tommy eine Indianerin abkaufen möchten, um sie für Sexspiele zu missbrauchen. Sie sei nur eine »Heidin«, die ohnehin der Hölle verfallen sei. Die Weißen erscheinen hier durchweg als moralisch verkommene Unmenschen, bezeichnen ihrerseits jedoch die Indianer als »wilde Tiere«. Sie schrecken nicht davor zurück, selbst eine Sterbende noch zu vergewaltigen. Der Soldat als einziger Weißer mit menschlichen Zügen wird zuletzt erschossen. Das Böse siegt. Wie Apache Woman sind auch andere Spätwerke deutlich von Nelsons Das Wiegenlied vom Totschlag inspiriert und stellen ebenfalls

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Gräueltaten an den Indianern in den Mittelpunkt. Dazu zählen zwei 1986 gedrehte Streifen von Bruno Mattei. Scalps zeigt ein Massaker der Konföderierten an einem ganzen Stamm. Yari, die Häuptlingstochter, wird von Matt, einem Mann, dessen Frau angeblich von Indianern getötet wurde, gesund gepflegt. Beide müssen starke Vorurteile gegenüber der jeweils anderen Rasse überwinden. Letztlich stellt sich heraus, dass Matts Schwiegervater, ein Colonel, seine Tochter selbst ermordete, nur weil sie den Ehemann dem Vater vorzog. Matt rächt sich an ihm, indem er ihn auf Indianerart skalpiert. In Der weisse Apache hält ein anderer Colonel »im Namen der Zivilisation« aufhetzende Reden über die angestrebte Ausrottung sämtlicher Indianer: »Wir sind die neue Generation!« Die ehrenwerte Bürgerschaft antwortet ihm einhellig: »Ausrotten!« Auch der 1974 gedrehte Streifen Zehn Cowboys und ein Indianerboy von Gianfranco Baldanello gehört bereits zu diesen Spätwerken. Zehn weiße Männer vernichteten einst die Bewohner eines ganzen Indianerdorfes, um auf dem blutgetränkten Boden einen eigenen Ort zu errichten. Nach dreißig Jahren sucht ein einstiger Überlebender Rache. Interessant ist die filmische Erzählweise: Abel Webster, der damalige Anführer der Mörder, berichtet seiner künftigen Schwiegertochter aus seiner Sicht von den früheren Ereignissen. Er erklärt, die Indianer hätten damals die Weißen überfallen. Die parallel dazu gezeigten Bilder lassen das Gegenteil erkennen und entlarven so Websters Erzählungen als ein jahrzehntelang aufrecht erhaltenes Lügenkonstrukt. Der bisher letzte nennenswerte italienische Indianerwestern ist Castellaris Die Rache des weissen Indianers. Der 1993 gedrehte Film schwimmt im Fahrwasser des Erfolges von Kevin Costners Der mit dem Wolf tanzt und vermittelt die Botschaft, dass der weiße Mann allein aus Profitgründen massiven Raubbau an einer Natur betreibt, mit der die Indianer Jahrhunderte lang im Einklang lebten. Konsequenterweise müssen die »rothäutigen Tiere« also verschwinden. Ein geplantes Massaker an ihnen wird ideologisch vorbereitet mit Argumenten wie »Indianer haben keine Seele«. Eine Indianerin wird im Saloon schikaniert. Der bei einem Stamm aufgewachsene Weiße wird als der »schlimmste Verräter« bezeichnet. Vor dem Angriff auf das Indianerdorf fragt jemand, ob man sich nicht bei dieser Gelegenheit gleich auch »die Mexikaner und Chine-



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sen vom Hals schaffen« sollte. Der Anführer Goodwin bremst: »Lassen wir es bei den Indianern. Vorerst.« Ganz eigene Probleme hat auch derjenige, der als »Halbblut« geboren ist. Er steht häufig zwischen den Kulturen, gehört nicht zu den Indianern und wird von den Weißen nicht akzeptiert. Keoma, dessen indianische Mutter bei einem Massaker ums Leben kam, ergeht es so (Keoma – Das Lied des Todes). Joko (in der deutschen Fassung: Rocco) in Fünf blutige Stricke wird von Weißen wie von Indianern gemieden und selbst von Mexikanern als »stinkender Indio« verachtet. Der Mestize Saranda (Dein Leben ist keinen Dollar wert) wurde zwar als Waise von dem Rancher Kellaway aufgenommen und großgezogen; sein Schwiegersohn darf er jedoch nicht werden. In Django spricht kein Vaterunser treffen der Bandit Tarpas und der Armeeoffizier Chris Tanner aufeinander. Der Eine leidet darunter, dass er ein »Bastard« von Indianern sei. Durch Verbrechen versucht er sich die Anerkennung zu verschaffen, die ihm sonst verwehrt bleibt. Der Andere ist selbst ein halber Cherokee-Indianer, wehrt sich aber gegen das selbstzerfleischende Gerede des Banditen. Eine interessante Konstellation ergibt sich im bereits genannten Corbucci-Film Kopfgeld: 1 Dollar: Dem indianischen Helden steht das Halbblut Duncan gegenüber. Zwischen allen Stühlen sitzend, hasst Duncan Weiße wie Rote. Auf den Begriff »Mischling« reagiert er sehr aggressiv. Sein weißer Halbbruder wird zu seinem Rivalen um die Führungsmacht in einer Bande, die sich ihr Geld mit dem massenhaften Skalpieren von Indianern verdient – sanktioniert durch die Regierung! Als dieser Auftrag aus Gründen der Staatsräson widerrufen wird, versteht Duncan die Welt nicht mehr. Er ist ein Kranker, der den Hass, der ihm als Halbblut entgegenschlug, an anderen weiter auslebt. Als Halbblut gelten auch Mallory in Django – Unerbittlich bis zum Tod oder der Ich-Erzähler im Spätwerk My West. Der Pferdezüchter Valdez (Charles Bronson) in Valdez il mezzosangue (Wilde Pferde, 1973) sieht nach vergeblichen Versuchen, in die weiße Gesellschaft aufgenommen zu werden, keine andere Alternative, als seine Pferde freizulassen, seine Ranch niederzubrennen und einsam fortzuziehen.

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Die ungeliebten Nachbarn In der Gesamtschau hat sich gezeigt, dass auch Indianer im Italowestern vorkommen, wenn auch vor allem in seiner Endphase. Überwiegend jedoch gilt: Der Mexikaner ist der Indianer dieses Genres. Mexikanische Verbrecherbanden, die es in großer Zahl gibt, haben marodierende Indianerstämme ersetzt. Es kann auch vorkommen, dass sich Gruppen von Mexikanern und Indianern zusammentun, um nun gemeinsam – unter dem Vorwand früherer Benachteiligung – brutal gegen Weiße vorzugehen (Ringo mit den goldenen Pistolen). Rassismus sowohl gegen Mexikaner als auch gegen Indianer gibt es ebenfalls in Töte, Django, dem wohl düstersten Beispiel menschlicher Bosheit und Verkommenheit. Hier wird zunächst der mexikanische Protagonist von seinem einstigen weißen Kumpan Hoages als »schlimmer als der dümmste Weiße« deklassiert und niedergeschossen. Keiner der »normalen« Menschen kümmert sich um ihn. Es sind allein zwei Indianer, die den »unter die Räuber Gefallenen« auflesen und gesundpflegen. Alles erinnert hier an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas 10,30–37). Die selbst gemieden werden, dienen dem ausgestoßenen Mexikaner, weil er  – so sagen sie  – den Tod gesehen habe. Es ist nur folgerichtig, dass die Indianer als die einzigen, die in dieser völlig aus den Fugen geratenen Welt unschuldig und »rein« geblieben waren, vom Mob grausam getötet werden. Anders als die Indianer sind die Mexikaner nicht die unmittelbaren Konkurrenten um dasselbe Land. Vielmehr stellen sie im Grenzgebiet zu den USA die ungeliebten Nachbarn des weißen Mannes dar, auf die geringschätzig herabgeblickt wird. Immer wieder vermischen sich dabei Ressentiments und Vorurteile aus politischen und sozialen Gründen (die vor allem in den Revolutionswestern eine Rolle spielen) mit deutlich rassistischen Äußerungen und Anfeindungen. Beispielhaft geschieht das in den Äußerungen der Fahrgäste der Kutsche in Leones Todesmelodie. Die Angehörigen des mexikanischen Proletariats werden in ihrer Gesamtheit als »wilde Tiere« und »geistig nicht so auf der Höhe« bezeichnet. Der katholische Priester nennt sie »arme Schweine« und gefällt sich in Andeutungen, was er in der Beichte alles von den mexikanischen Bauern zu hören bekäme. Die »Dame« steigert sich dabei in sexuelle Phantasien hinein, wie es diese Leute zuhause »untereinander treiben«



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würden. Der Yankee schließlich vergleicht sie mit der »Negerplage« in seiner Heimat. Bereits in Django zog der Ku-Klux-Klan in bekannter Manier mit brennenden Kreuzen gegen Mexikaner zu Felde und benutzte sie als Ziele für Schießübungen. Seitdem nahm die Diskriminierung dieser Volksgruppe durch weiße »Herrenmenschen« kein Ende: In Der Colt in Gringos Hand werden die mexikanischen Bauern nicht nur unterdrückt, sondern als »Indios« auch für rassisch minderwertig erklärt. Ricardo, der weiße Adoptivsohn eines ermordeten Mexikaners bekommt in Drei gegen Sacramento deutlich zu spüren, dass im Grenzkaff Carterville kein Mexikaner erwünscht ist. Gleiches müssen der Titelheld in Murietta – Geissel von Kalifornien und seine Frau Rosita erfahren: Sie werden aus dem Saloon gejagt, Rosita wird später von Weißen vergewaltigt und ermordet. Erfahrener Rassismus ist der Grund, warum aus Murietta eine tragische Gestalt wird. Der mexikanische Held in Johnny Madoc wird in einer Bar mit rassistischen Äußerungen beschimpft, weil er Tequila statt Whisky trinkt. Ähnlich wird der Mexikaner Loco in Django sfida Sartana in einem Gasthaus aufgrund seiner Herkunft drangsaliert. In Attento Gringo  … è tornato Sabata! weist ein Schild in spanischer Sprache deutlich darauf hin, dass der Aufenthalt im Saloon für »Hunde und Mexikaner« verboten sei. Cuchillo in Der Gehetzte der Sierra Madre muss zwangsläufig der Mörder eines weißen Mädchens gewesen sein, weil er Mexikaner ist. So ist die herrschende Meinung. Der berühmte Kopfgeldjäger Corbett wird auf ihn angesetzt, »auch wenn es sich nur um einen jämmerlichen Mexikaner handelt«. Ganz ähnlich gestaltet sich die Story in Kopfgeld für Chako: Der Mexikaner wird der Vergewaltigung einer Weißen bezichtigt und unhinterfragt von etlichen Weißen gejagt. Wie es bis heute geschieht, werden bereits in Django und Sartana  – Die tödlichen Zwei Mexikaner illegal über die Grenze in die USA geschleust. Dort werden sie als billige Arbeitskräfte benutzt, weil nach der Beendigung der Sklaverei keine »Neger« mehr als Sklaven zur Verfügung stünden.

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Einen besonderen Fall stellt auch hier wieder der bereits mehrfach erwähnte Kapitalist Ferguson in Mögen Sie in Frieden ruhen dar. Er hasst sämtliche Mexikaner und ist überzeugt, sie seien  – wie auch die Afroamerikaner – zu Sklaven geboren. Bei einem Essen mit Honoratioren der Stadt preist er die Vorzüge der Sklaverei und fragt sogar seinen schwarzen Diener, wie er sich entscheiden würde, wenn er wählen könnte. Dieser antwortet: »Ich möchte Ihr Sklave bleiben.« Ferguson hält sich selbst für einen Angehörigen der Herrenrasse. Fast überflüssig zu erwähnen, dass auch hier alle diesbezüglichen Passagen in der deutschen Fassung der Schere zum Opfer fielen. Natürlich gebiert dieser Hass auch entsprechende Gefühle auf der Gegenseite. Manchmal hat sich dort ein ebenso rassistisches Weltbild entwickelt, wie bei dem reichen Sandoval in Um sie war der Hauch des Todes gegenüber seinem Schwiegersohn. Auch der Bandenführer Carrancho hasst »Gringos« (Requiem für Django). Sein Kollege Sanchez (Vier Teufelskerle) konstatiert: »Ein Mexikaner kann nie der Freund eines Gringos sein.« Ähnliches meint ein Wirt in Il tredicescimo è sempre Giuda: »Gringos bringen uns Mexikanern nur Ärger.« Nur selten kann dieser Teufelskreis durchbrochen werden. So gelingt es in Ein Zirkus und ein Halleluja: Die verfemten Mexikaner unter ihrem Anführer Pedro Serrano helfen amerikanischen Bürgern (die selbst kneifen) im Kampf gegen den verbrecherischen Parker. Nachdem dieser tot und seine Herrschaft gebrochen ist, ist der Weg frei für eine bessere Integration der mexikanischen Mitbürger. Auch in Von Django – mit den besten Empfehlungen koalieren Mexikaner mit dem Titelhelden im gerechten Kampf. Sie nehmen zum Schluss aber auch das erbeutete Gold an sich  – als Ausgleich für durch die Weißen erlittenes Unrecht, z. B. die Verwüstung ihres Dorfes. Mexikaner bevölkern also den Italowestern in großer Zahl. Anders als die Indianer treten sie nicht nur als Einzelpersonen, auch nicht nur als Opfer in Erscheinung, sondern machen auch häufig in Verbrecherbanden die Gegend unsicher. Ebenso sind sie aber auch als Grundbesitzer in ihrem Heimatland anzutreffen und haben ähnliche Probleme zu bewältigen wie die benachbarten Amerikaner. Kommt es jedoch zum Zusammentreffen beider, so trifft Mexikaner oft die gleiche Ablehnung wie die amerikanischen Ureinwohner auf dem Gebiet der USA. Die Wurzel



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dieses Rassismus ist dieselbe: die Arroganz des weißen Mannes, der sich für die Krone der Schöpfung hält. Einmal Sklave, immer Sklave Dieselbe Erfahrung, vor allem aufgrund der vorangegangenen Epoche der Sklaverei, müssen auch die Schwarzen machen. Im klassischen Western sucht man sie allerdings vergebens. Sie traten jahrzehntelang höchstens als stumme oder augenrollende Hausdiener auf Plantagen der Südstaaten in Erscheinung. Im Italowestern hingegen finden auch sie ihren Platz: ähnlich den Indianern zumeist als Opfer weißer Willkürherrschaft. Es gehört zu den großen Tragödien in der Geschichte der USA, dass die einst selbst in Europa verfolgten Pilger offenbar wenig Probleme darin sahen, in ihre neuer Heimat ihrerseits andere Volksgruppen zu versklaven und sie sogar zu diesem Zweck aus Afrika zu importieren. Häufig wurde es sogar als gottgewollt hingestellt, dass eine Rasse über die andere zu herrschen hätte. Eine theologische Begründung dafür kann aus der Bibel nicht abgeleitet werden. Selbstredend existierte in einer frühen Zeit wie der des Alten Testaments die Sklaverei, jedoch nie aus rassischen Gründen. Zudem enthält die Tora bereits Gebote, die eine solche eingrenzen sollen (z. B. die Schuldsklaverei durch das Erlassjahr, 3. Mose 25,8–55). Im Neuen Testament gilt ohnehin das mehrfach überlieferte Wort des Paulus: »Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus« (Galater 3,28; vgl. Kolosser 3,11). Leicht wird auch vergessen, dass es sich sowohl bei dem hebräischen ebed als auch bei dem griechischen doulos nach heutigen Maßstab weniger um einen »Sklaven«, sondern eher um einen »Knecht« handelte, der – wie überhaupt die Verhältnisse im antiken Judentum – in keiner Weise mit denen der Sklaven in Nordamerika verglichen werden kann. Es war die Glaubensüberzeugung, dass Gott alle Menschen gleichwertig erschaffen hat, die überzeugte Christen dazu bewog, es sich zur Lebensaufgabe zu machen, das zu ihrem Schöpfer schreiende Unrecht der Sklaverei zu beenden. Dazu zählten vor allem in England der zu Christus bekehrte ehemalige Sklavenhändler John Newton (1725–1807), Textdichter des Liedes Amazing Grace, oder der von ihm beeinflusste

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Politiker William Wilberforce (1759–1833). In den USA wurde die Sklaverei erst nach dem Sezessionskrieg durch den 13. Zusatzartikel zur Verfassung im Jahre 1865 endgültig abgeschafft. Was jedoch nach jahrhundertelanger Praxis per Gesetz von heute auf morgen abgeschafft wird, ist aus den Köpfen und Herzen längst nicht so schnell verschwunden. Das ist die Situation, auf die Schwarze im Italowestern treffen. Es hat sich in der Sichtweise vieler Weißer gegenüber den Schwarzen nicht viel geändert. Der Farbige George (Woody Strode) in Keoma – Das Lied des Todes, der einst die Shannon-Söhne großzog und für den Halbindianer Keoma ein Vorbild war, beklagt sich über die neue Freiheit, die nichts wert sei. Er ist über die lebenslang erfahrenen Demütigungen zu einem Alkoholiker ohne Selbstachtung geworden, auf den man sogar urinieren kann. Selbst im Kampf für die Nordstaaten musste der schwarze Soldat Lucius in Lucky Johnny noch unter Rassismus leiden. Als Deserteur wird er nun in einen Käfigwagen verfrachtet, der durch die Wüste fährt, um aufgegriffene Verbrecher zu transportieren. Ein Weißer, der bereits im Käfig sitzt, beschwert sich: »Ich will keinen Nigger hier drin haben!« An einem Schild am Saloon steht: »Dogs and niggers not allowed«. Weil sämtliche Weißen nichts anderes im Sinn haben, als sich des Goldes wegen gegenseitig umzubringen, bleibt allein der Schwarze zuletzt übrig. Weitere Diskriminierungen von Afroamerikanern kommen u. a. in folgenden Filmen vor: Leichen pflastern seinen Weg: Unter den Opfern der brutalen Kopfgeldjäger befindet sich auch ein Farbiger. Loco, der Anführer, zeigt sich pikiert angesichts der Tatsache, dass für einen Schwarzen doppelt soviel Kopfgeld gezahlt wird wie für einen Weißen. Die Trampler: Temple Cordeen herrscht mit eiserner Hand im Ort: »Was Recht und Gesetz ist, bestimme ich!« Zur Bekräftigung lässt er einen Journalisten aufknüpfen, der sich für die Schwarzen und ihre Rechte einsetzte. Der lange Tag der Rache: Im Ort sucht eine Verbrecherhorde »zwei Neger«. Die mexikanische Bevölkerung soll erschossen werden, wenn die beiden nicht ausgeliefert werden. Daher verrät einer von ihnen die Gesuchten. Er wird trotzdem zusammen mit den Schwarzen erschossen, an den anderen Einwohnern wird ein Massaker verübt (in der deutschen Fassung ist dies alles geschnitten).



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Blutiges Blei: Jack Donovan (Ray Saunders) erlebt Demütigungen durch die Weißen (in der deutschen Fassung ebenfalls geschnitten), wird fälschlicherweise eines Attentats auf den US-Präsidenten beschuldigt und kommt zu Tode. Die letzte Rechnung zahlst du selbst: Ein Schwarzer (Al Hoosman) will als Anhalter in einer Kutsche mitfahren. Der »Neger« darf jedoch nur hinten aufsteigen. Django sfida Sartana: Der farbige Barpianist wird im Saloon von angetrunkenen Weißen als »Nigger« beschimpft. Lola Colt – Sie spuckt dem Teufel ins Gesicht: Frau und schwarz – das bringt Ärger ein! Die frommen Damen der Gesellschaft von Santa Anna reagieren dementsprechend feindlich auf Lola (Lola Falana) und ihre Mädchen, die im Saloon auftreten. Ein Mann weist die Kritikerinnen während eines Liedes der Sängerin zurecht: »Haltet doch den Mund und lasst uns Gottes Gaben genießen!« In einem versöhnlichen Finale sehen die Christinnen ihre Vorurteile jedoch ein und singen zusammen mit Lola geistliche Lieder. Bete, Amigo!: Weil der Schauspieler Guido Guidi als Othello schwarz geschminkt ist, wird er als »Niggerschwein« von einem Lynchmob gejagt. Dicke Luft in Sacramento: Zu einer Geheimversammlung trifft sich der »Ku-Klux-Klan, Sektion Cactus River«. Die Mitglieder beklagen: »Wieder erheben die Neger ihr wolliges Haupt!« So jagen auch sie kurzerhand hinter einem schwarzgefärbten Weißen her.

Einen interessanten Charakter spielt Bobby Rhodes in Die Rache des weissen Indianers. Er ist einer von vier angeheuerten Berufskillern des Geschäftsmanns Goodwin. Als einziger Nichtweißer dieses Quartetts bemüht er sich umso ehrgeiziger, zu denen zu gehören, die die Macht haben. Auffällig ist sein weißer Anzug – als ob dieser seine Hautfarbe verstecken solle. Im Lauf der Zeit merkt er – nicht zuletzt dadurch, wie mit den Indianern umgegangen wird –, dass er auf der falschen Seite steht. Er verhilft dem Helden zur Flucht, der seine Gegner überwältigen kann. Als alles zu Ende ist, heißt es im Saloon: »Wir sind alle Brüder, alle Söhne desselben Gottes.« Doch der Schwarze bleibt weiterhin skeptisch: »Da bin ich mir nicht so sicher.« Ressentiments gegen Schwarze kommen aus der Mitte der Gesellschaft. In Mein Name ist Nobody können die Bürger ihrem Übermut

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bei einer Jahrmarktsattraktion besonderer Art freien Lauf lassen: Sie zahlen dafür, um Eier, Kuchen und Melonen Schwarzen an den Kopf zu werfen. Ebenso wird in der Person Nobodys deutlich dagegen Stellung genommen. Der Betreiber dieses Standes, der seine Kunden gerade noch anzustacheln versuchte (»Negerköpfe sind hart im Nehmen«) bekommt von ihm die volle Ladung ins feiste Gesicht. Auffällig ist, dass Farbige einzig im Zirkus akzeptiert und gleichberechtigt sind: Brock Peters in Vier für ein Ave Maria und Woody Strode in Hügel der blutigen Stiefel. Die kleine Kommune der Zirkusleute stellt die einzige bewegliche und daher unabhängige, alternative Parallelgesellschaft dar, die noch in der Lage ist, menschliche Werte zu leben. Erst 1975 konnte Antonio Margheriti im Zuge der Blaxploitation-Welle in Einen vor den Latz geknallt auch Afroamerikaner in Hauptrollen vorstellen. Da ist der Ranch-Vormann Pike (Jim Brown), der seinem Arbeitgeber Morgan ergeben ist, zumal dieser mit dem Erlös aus einem Viehverkauf zu einer »besseren Welt« für weiß und schwarz beitragen will. Morgan stirbt allerdings, und Pike ist auf sich allein gestellt, 86.000 Dollar nach Hause zu bringen. Der zweite Schwarze ist der Falschspieler Tyree (Fred Williamson), ein »aufgedonnerter Nigger, der zuviel schwatzt«. Er ist hinter dem Geld her, das ihm nicht gehört, schlägt sich schließlich aber auf Pikes Seite. Der Dritte im Bunde ist der Indianer Kashtok (Jim Kelly), dem Weiße einst die Zunge he­rausschnitten. Dieses schlagkräftige Trio ist in der Lage, sich erfolgreich gegen eine immer größer werdende Menge geldgieriger Weißer (u. a. ein Sheriff und ein Prediger) durchzusetzen, wobei zuletzt selbst Lee van Cleef als Kopfgeldjäger Kiefer das Nachsehen hat. Und das will schon etwas heißen! Die gelbe und andere Gefahren Margheriti nahm nicht nur Anleihen beim populären Blaxploitation-­ Genre, sondern hatte bereits im Jahr zuvor mit In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner einen weiteren Mix, hier aus Italowestern und Eastern, auf den Markt gebracht. Es war die Zeit der weltweit erfolgreichen amerikanischen TV-Serie Kung Fu, mit der gleichzeitig die asiatische Kampfkunst auch im Westen eine ungeheure Popularität errang. Ebenso erfreuten sich in diesen Jahren neben dem früh verstorbenen Bruce Lee auch Hongkong-Produktionen großer Beliebtheit, vor allem die un-



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zähligen Streifen der Shaw Brothers, die den Martial-Arts-Film stilistisch prägten. So spielt denn auch Lo Lieh, einer der Shaw-Stars seit 1964, die Hauptrolle in Margheritis Genrehybriden, dem in diesen Jahren noch einige weitere folgen sollten. Der von ihm verkörperte Wang Ho, der auf der Suche nach einem Schatz aus China in die USA kommt, muss hier schnell feststellen, dass Asiaten nicht erwünscht sind. Wieder einmal verkünden große Schilder vor und im Saloon: »Für Neger, Chinesen und freilaufende Hunde verboten!« Ein Rundumschlag also, von dem sich Wang jedoch nicht beeindrucken lässt, da er schlagkräftige Argumente dagegen ins Feld zu führen vermag. Gegen rassistische Weiße müssen sich auch die zwei Chinesen zur Wehr setzen, die in Kung Fu nel pazzo West (o. dt. T., 1973) in die USA kommen. In der Stadt Greenwood (Zwei durch dick und dünn) wird ein Miniaturgalgen als Kinderspielzeug verkauft, »mit einem Chinesen zum Selberhängen«. Der Asiate, der sich hier gegen Verbrecher wie gegen Vorurteile zur Wehr setzen muss, ist »Shanghai-Joe« und wird von Chen Lee verkörpert. Dieser Charakter (im Deutschen auch »Karate-Jack«) war bereits zuvor im ungleich besseren Der Mann mit der Kugelpeitsche in Erscheinung getreten. Auch er darf aus rassistischen Gründen nur hinten auf der Kutsche mitfahren (während drinnen u. a. ein orthodoxer Priester sitzt). Der Kutscher macht sich über ihn lustig: »In der Stadt verkaufen sie dich als Kanarienvogel«. Interessanterweise ist der Chinese aber der einzige der Reisegesellschaft, der es während einer Rast für nötig hält, sich zu waschen. Deutlich wird von den Mitreisenden ausgesprochen, was man von seinesgleichen hält: »Endlich haben wir die Indianer vom Hals, da fallen die Chinesen wie Heuschrecken über uns her!« Die Weißen sind durchweg Verbrecher, die einen illegalen Menschenhandel mit Mexikanern betreiben. Als sie dabei von Soldaten beobachtet werden, erschießen sie alle mexikanischen Zeugen. Shanghai-Joe zeigt den Rädelsführer Spencer beim Sheriff an. Der will jedoch nichts davon hören, da der reiche Rancher sehr mächtig ist. Joe mahnt den Sheriff: »Vorsicht, gleich tropft Ihnen der Rassenhass aus der Nase!« Die Mexikaner erweisen sich als die einzigen, die den Chinesen nicht verachten. Im Gegenteil: Sie sprechen ihn erstmals in seinem Leben mit »Senor« an. Abschließend kann festgestellt werden, dass der Italowestern Rassismus und Diskriminierung von Minderheiten deutlich anprangert, in-

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dem diese Auswüchse überhaupt thematisiert werden und häufig durch eine groteske Darstellung ad absurdum geführt werden. Die von Weißen beherrschte Welt stellt sich stets als schlecht heraus. Im Extremfall erinnert ihre Sichtweise gar an nationalsozialistische Rassentheorien, wenn in Tepepa darüber diskutiert wird, ob man Verbrecher an ihrer Kopfform erkennen kann. In diesem Fall könnten kriminelle Neigungen bereits im Vorfeld wahrgenommen und bekämpft werden. Es ist im Übrigen eine Welt, in der es jeden treffen kann: Schwerkranke, die selektiert werden (Keoma  – Das Lied des Todes), ebenso wie unehelich geborene »Bastarde« (Der Tod ritt dienstags), Albinos (Django  – Unbarmherzig wie die Sonne) oder sogar Linkshänder: »Man sagt, Linkshänder sind Kojoten und Bastarde; man kann sie abknallen wie einen räudigen Hund« (Der Einsame). Niemand scheint in seinem irdischen Leben vor Ressentiments gefeit. Nur gut, dass Gott keine Unterschiede macht. Deshalb ist sein Gebot an die Menschen diesbezüglich auch klar: »Die Fremdlinge sollst du nicht bedrängen und bedrücken; denn ihr seid auch Fremdlinge in Ägyptenland gewesen« (2. Mose 22,20; par 23,9; 3. Mose 19,33).

7. Andere beten – Django schießt: Konfliktlösungen Ein Pastor erzählte in einer Predigt, wie er als Junge ins Kino ging, um einen Western zu sehen: zuvor gedrückt, mit hängenden Schultern  – nach Verlassen des Kinosaals jedoch aufrecht, mit geschwollener Brust und bedeutungsschwerem Gang. Viele Menschen werden diese Gefühle teilen können. Der Grund dafür: Man hatte auf der Leinwand jemanden erlebt, der sich – anders als man selbst oft im Alltag – gegen Widerstände durchzusetzen vermochte. Und man wurde ermutigt, es ihm gleichzutun; wenn auch nur bis zur nächsten Konfrontation mit dem Chef. Im Western geht es um Durchsetzungsvermögen. Im Mittelpunkt steht nicht der Diskurs über Meinungen. Mancher wünschte sich zwar, die Konfliktparteien würden eine Mediation in Anspruch nehmen oder gemeinsam ein Seminar in »Gewaltfreier Kommunikation« nach Marshall B. Rosenberg besuchen. Dem ist aber nicht so, wenn es sich um einen Western handelt. Die handelnden Personen kennen sich nicht mit



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Deeskalationsstrategien aus. Der Western ist das Genre der Konfliktlösung durch Mittel der Gewalt. Die Grenzen des Pazifismus Der US-Western versucht diese ernüchternde Einschätzung zu relativieren und zu harmonisieren. Dort reden die Gegner zunächst miteinander. Es gibt immerhin noch irgendeine Art von Gesetz und Ordnung, in der auch zivilisierte Formen der Konfliktlösung möglich erscheinen. Schnallt sich der Held schließlich doch den Revolvergurt um, ist zuvor deutlich geworden, dass dies die ultima ratio darstellt. Im Italowestern ist das anders. Seine Dialogarmut weist darauf hin: Hier ist bereits alles gesagt worden. »Wer schießen will, soll schießen und nicht quatschen«, lautet bekanntlich die Regel Tucos (Zwei glorreiche Halunken). Wer also hier etwas erreichen will, tritt an, um sich durchzusetzen, nicht um eine Win-Win-Situation herzustellen. Dahinter steht auch die ernüchternde Einsicht, dass die im Italowestern gezeichnete Form einer zutiefst kranken Gesellschaft keine Alternativen mehr bietet, als die vorhandene Gewalt durch potenzierte Gegengewalt zu bekämpfen. Selbstredend ist das kein Lösungsmodell, das dauerhaft befrieden oder befriedigen kann. Mancher wirft den Colt danach deshalb angewidert in den Staub, wie Scott Mary in Der Tod ritt dienstags. Der Italowestern als zutiefst resignatives Genre hat keine wirklichen Lösungen anzubieten – jedenfalls keine menschlich möglichen. Deshalb verweisen einige der besten Werke des Genres darüber hinaus auf eine göttliche Gerechtigkeit. Denn deutlich wird auch: Im Italowestern sind mitnichten nur schießwütige Gesellen beschäftigt, die nichts Angenehmeres zu tun haben, als zu töten. Nicht wenige der Protagonisten sind sich der Aporie durchaus bewusst und versuchen, den Teufelskreis der Gewalt durch eine pazifistische Haltung zu durchbrechen. Doch lassen ihnen die Umstände oft keine Wahl. In Die sich in Fetzen schiessen trägt Benny Hudson keine Waffe. »Wenn es nötig ist, werde ich eine haben«, meint er. Daraufhin wird er zusammengeschlagen. Auch Gary in Der Fremde von Paso Bravo kommt ohne Waffe in die Stadt. Man gibt ihm aber sofort zu verstehen, dass er in diesem Ort unbedingt eine bräuchte.

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Was sagt es aus über ein Gemeinwesen und eine Stadt, wenn es in ihr ausschließlich Waffenläden gibt (Drei Halleluja für vier heisse Colts)? Es ist schwer, wenn nicht gar unmöglich, in einer solchen Umgebung friedliche Alternativen zu leben. In Colorado Charlie sieht es zunächst so aus, als würde der Sheriff dem Showdown ausweichen können, als er zum Schluss mit Frau und Sohn auf einen Kutschwagen steigt und aus der Stadt fährt. Als ihn jedoch der Sohn als Feigling beschimpft, hält er den Wagen wieder an. Er weiß selbst, dass er der Konfrontation nicht aus dem Weg gehen kann, lässt sich von seiner Frau den Revolvergurt geben und erschießt kurzerhand alle Übeltäter. Manche Männer vergraben symbolträchtig ihre Colts, wollen gewaltlos leben, aber müssen sie irgendwann wieder ausgraben (All’ombra di una colt, Pistoleros, 1965 oder Ein Einsamer kehrt zurück). Ein anderer übergibt sie seiner Frau, um sie ebenfalls bald darauf zurückzufordern (Clint el solitario, Tal der Hoffnung, 1967). Summers, ein ehemaliger Major der Südstaatenarmee in der spanisch-britischen Koproduktion Tierra Brutal (Bis aufs Blut, 1962), hat der Gewalt abgeschworen, weil er sie grundsätzlich für falsch hält. Dem Revolverheld Fallon nötigt diese Haltung zunehmend Respekt ab, nachdem er Summers anfangs nur für einen Feigling hielt. Doch auch der Pazifist greift, nachdem er keine andere Wahl mehr sieht, erneut zum Colt. Ob stets Gewalt herrschen muss oder auch Gewaltlosigkeit eine Option sein kann, ist auch das beherrschende Thema des Films El hombre que mató a Billy el Niño (Sein Steckbrief ist kein Heiligenbild, 1967), in dem Julio Buchs die Geschichte von Billy the Kid und Pat Garrett frei nacherzählt. Der gefürchtete Gesetzlose (Peter Lee Lawrence) erscheint als ein Opfer der Umstände. Nachdem er einen Mann, der seine Mutter zu vergewaltigen versuchte, in Notwehr getötet hat, ist er auf der Flucht. Noch mehrfach sieht er sich zum Schießen gezwungen. Der nunmehr Verfemte stiehlt Vieh, um seinen Hunger zu stillen. Sheriff Pat Garrett (Fausto Tozzi) erscheint hier als Billys väterlicher Freund, der um die Umstände weiß und zunächst Nachsicht hat. Billy, der immer zwei Colts trägt, möchte der Gewaltspirale entkommen (»Die beiden Revolver sind mir zu schwer geworden«) und mit seiner Geliebten ein bürgerliches Leben führen. Doch impulsiv und jähzornig erschießt er gleich darauf einen Mann, der ihn beleidigte. Selbst der Gouverneur General Lew Wal-



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lace – immerhin ein Militär (und in der realen Geschichte der gläubige Christ und Autor des Romans »Ben Hur«) – möchte in New Mexico ein generelles Waffenverbot durchsetzen. Er bietet Billy sogar die Amnestie an. Dieser ist hin- und hergerissen: Gern möchte er ein friedliches Leben führen, ist jedoch unsicher, ob ein solches nicht nur eine Illusion wäre. Seine Skepsis ist berechtigt: In dem Moment, in dem er die Colts für immer fortwirft, wird er aus dem Hinterhalt erschossen. Professor Xantos (Fernando Rey) in Zwei Companeros ist nicht nur Pazifist, sondern versucht mit dieser Überzeugung sogar eine Revolution anzuführen. Die Diskussionen mit den Studenten, die sich ihm angeschlossen haben, erinnern an typische Vorgänge an deutschen Universitäten in jenen Jahren. Einige der Studenten agieren zunehmend militant und können ihrem Vorbild nicht mehr folgen. Xantos erkennt, dass sich seine Sichtweise unter den gegebenen Umständen nicht durchzusetzen vermag. Zuletzt muss selbst er zur Waffe greifen, um andere zu schützen. Es bleibt das einzige Mal, denn er selbst wird dabei ebenfalls erschossen (vgl. Matthäus 26,52b: »Denn wer das Schwert nimmt, der wird durchs Schwert umkommen«). Xantos war Revolutionär und Politiker. Bei einigen anderen, die gewaltlos zu leben versuchen, handelt es sich um Christen. Hinter ihrer Überzeugung steht auch die Einsicht, dass jedes Leben ein von Gott geschaffenes und somit erhaltenswertes ist, ähnlich der Auffassung Albert Schweitzers von der »Ehrfurcht vor dem Leben«. Im Titellied des Films Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod wird dies so ausgedrückt: »Life is he only precious thing God’s given to you (…), life is too marvelous and bright to make a man die.« Das Töten wird kritisiert mit dem Hinweis auf das Gottesgeschenk des Lebens. Zudem wird Vergebung angemahnt: »It’s a shame that you cannot forgive.« Dass diese Haltung in diesem Film nicht umgesetzt werden kann, ist nicht unbedingt dem Helden anzulasten. In einem solchen ethischen Zwiespalt stehen manche der christlichen Protagonisten im Italowestern. Pfarrer Fleming in Der Sohn des Django hält Gottes Wort für die grundsätzlich stärkere Waffe, muss zwischenzeitlich trotzdem den Colt umschnallen, um sich dem Bösen zu stellen. Dass Worte allein nicht immer ausreichen, der Gewalt Einhalt zu bieten, muss sich auch der zunächst pazifistisch eingestellte Pastor

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Liebermann in Die letzte Kugel traf den Besten eingestehen. Nach bitteren Erfahrungen mit mordenden Komantschen sagt er: »Ich weiß nun, dass zu Gottes Wort auch das Ohr gehört, das es hören will.« Der Kaplan des Forts in Die Höllenhunde möchte gern vermeiden, einem Kommando zugeteilt zu werden, das gegen die Indianer ausrückt. Er weist Captain Caleb auf das Gebot »Du sollst nicht töten« hin, muss sich aber die Gegenfrage gefallen lassen: »Wie ist es mit ›Auge um Auge, Zahn um Zahn‹?« Der junge Sando Kid (Sando Kid spricht das letzte Halleluja) nahm aus offensichtlich pazifistischen Motiven lediglich als Sanitäter am Bürgerkrieg teil. Er sieht sich angesichts erlebten Unrechts danach jedoch gezwungen, das Schießhandwerk zu erlernen. Eine paradoxe Situation: Der Soldat, der es ihm beibringt, wird seinerseits Mönch und benutzt fortan keine Waffe mehr. Der Mormone Lester (Ein Halleluja für zwei linke Brüder) versucht zunächst einige Banditen zu besänftigen mit dem Argument, dass doch alle Menschen Brüder seien. Allein aus der Zwangslage heraus, nur so seinem Bruder das Leben retten zu können, erschießt er schließlich mehrere der Killer – nicht ohne ein Gebet um Vergebung (im Grunde ein Kyrie eleison); im Wissen darum, sich schuldig gemacht zu haben. Auch Django (mittlerweile »Pater Ignatius«) in Djangos Rückkehr meint zunächst: »Ich nehme nie wieder eine Waffe in die Hand«. Er sucht eine friedliche Lösung, die jedoch nicht möglich ist. So kann auch er diese Haltung nicht durchhalten. Zum Schluss sagt er: »Ich komme wieder, wenn ich über alles nachgedacht habe. Meine Klosterbrüder werden mir helfen, das Blutvergießen zu vergessen.« Er weiß, dass er Vergebung braucht, die ihm nur Mitchristen zusprechen können. In den beiden Erfolgskomödien von E.B. Clucher müssen sich ganze Gemeinschaften dazu durchringen, zumindest zeitweilig von ihrem rigiden Pazifismus abzurücken. In Vier Fäuste für ein Halleluja sind es Ordensbrüder, die im Finale keine andere Chance sehen, ihr Kloster von Banditen zu säubern, als dass sie sich an einer typischen Spencer-und Hill-Prügelei beteiligen. Nicht leicht in ihrem Entschluss machen es sich auch die mormonischen Siedler in Die rechte und die linke Hand des Teufels: Um ihr Überleben in dem von ihnen bewohnten Tal zu sichern, bitten sie Gott im Gebet um »zeitweiligen Dispens« von ihrem Pazifismus. Später stoßen sie auf ein Schriftwort, das sie als unmittelbare



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Antwort des Herrn auf diese Gebete deuten. Es handelt sich um den bekannten Abschnitt aus Prediger 3,1–9, aus dem zitiert wird: »Es gibt eine Zeit der Geburt und eine Zeit des Todes, eine Zeit der Liebe, eine Zeit des Hasses; es gibt eine Zeit des Kämpfens und des Sieges« (vgl. Prediger 3,2–3.8). Die Worte vom Kämpfen und Siegen ermutigen sie zum Widerstand, wenn auch unter Gewissensnöten. Gesinnungs- oder Verantwortungsethik? Die genannten Personen sehen sich alle, indem sie Gewalt anwenden, dazu gezwungen, gegen ihre Grundüberzeugungen zu handeln. Man kann dies als Inkonsequenz und Schwäche deuten, wenn man ihr Verhalten allein unter dem Blickwinkel einer reinen »Gesinnungsethik« betrachtet. Dieser Ansatz setzt sich die Einhaltung moralischer Prinzipien zum obersten Ziel, und zwar unabhängig von den zu erwartenden Folgen einer Handlung. Max Weber u. a. haben diesem Grundsatz die Position der sog. »Verantwortungsethik« gegenübergestellt. Demnach handelt derjenige ethisch angemessen, der nach den konkreten Folgen seines Tuns fragt und Handlungsalternativen auf ihre Verantwortbarkeit hin prüft. Danach kann sich auch derjenige, der sich einer hohen Gesinnungsethik verpflichtet fühlt, unter Umständen schuldig machen, wenn er seine ethischen Maximen unter allen Umständen durchzuhalten versucht und damit negativere Folgen heraufbeschwört, als wenn er einmal von ihnen abgewichen wäre. Es gilt daher im konkreten Fall Handlungsoptionen abzuwägen, da unterschiedliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden müssen. Im Fall eines konsequenten Pazifismus bedeutet dies: Es kann sein, dass ich um dieser Grundüberzeugung willen gewaltlos lebe, mich dem Unrecht füge oder im Extremfall das Martyrium erleide. Ich bleibe dabei meiner Überzeugung dem Buchstaben nach treu und »moralisch rein«, aber habe nichts dazu getan, das Böse zu verhindern oder zu beenden, was mir womöglich ein anderes Gebot, das der Nächstenliebe, aufgegeben hätte. Ein verantwortungsethischer Ansatz fragt danach, ob ich nicht im Einzelfall, unabhängig von meiner Grundüberzeugung, ethisch besser handle, indem ich Gewalt anwende, weil die Konsequenzen einer passiven Haltung verheerender wären als jene, die mein Eingreifen mit sich brächte. Damit macht dieser Ansatz – anders als der gesinnungsethische – die biblisch-reformatorische Einsicht deutlich, dass der Mensch

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auch bei ernsthaftestem Bemühen nicht sündlos bleibt, sondern unter Umständen schuldig wird, egal wie er auch entscheidet. Er kann dann nur abwägen und ethisch verantwortet das kleinere Übel unter seinen Handlungsoptionen wählen. Nimmt man daher den verantwortungsethischen Ansatz zum Maßstab, so handeln auch jene Italowesternhelden, die zunächst aus guten Gründen den Colt vergruben, ebenfalls aus ethisch nachvollziehbaren Motiven, wenn sie ihn später wieder hervorholen. In jedem Fall bleiben sie auf jene Vergebung angewiesen, von der Pater Ignatius (Djangos Rückkehr) spricht. In diesem Zusammenhang sei auf einen amerikanischen, für das Fernsehen produzierten Western verwiesen, der aufgrund seiner inhaltlichen Thematik singulär ist: Purgatory (Showdown auf dem Weg zur Hölle, 1999) des deutschen Regisseurs Uli Edel. Die unter der Führung des berüchtigten »Black Jack« Britton (Eric Roberts) stehende Bande von Mördern und Bankräubern erreicht nach einer Flucht durch die Wüste ein versteckt liegendes Tal mit dem Städtchen »Refuge« (Zuflucht). Die merkwürdig anmutenden Einwohner tragen keine Waffen, haben kein Gefängnis, betreten nie den Saloon, sondern eilen stattdessen regelmäßig geschlossen in die Kirche. Einer der Banditen vermutet in ihnen abgeschieden lebende Mennoniten. Brittons Bande tobt sich hemmungslos in der Stadt aus, da sie auf keinen Widerstand stößt. So schänden einige die Kirchentür, die sie als Ziel für Übungen im Messerwerfen benutzen. Das Verhalten der Banditen wird den Einwohnern zunehmend zur Anfechtung – und genau das soll es sein. Es handelt sich bei diesem Ort um das purgatorium, einen Reinigungs- und Läuterungsort, an dem einstmals bekannte und weniger bekannte Gewalttäter nach ihrem Tod eine letzte Chance bekommen, doch noch in die Ewigkeit Gottes zu gelangen: »Refuge ist der Ort, an dem die halbwegs Guten von den hoffnungslos Schlechten getrennt werden«, formuliert Doc Holiday, der neben »Wild Bill« Hickcok (Sam Shepard), Billy the Kid und Jesse James zu den Einwohnern gehört. Es wird so die Spreu vom Weizen getrennt (vgl. Matthäus 3,12 par Lukas 3,17). Zehn Jahre muss jeder von ihnen hier bestehen; allen ihnen aus ihrem irdischen Leben bekannten Versuchungen ausgesetzt, nun aber ohne ihnen zu erliegen und anderen Leid zuzufügen. Wem dies nicht gelingt, wird von einem uralten Indianer abgeholt und eine Schlucht hinabgestoßen, auf deren Grund ein mächtiges Feuer lo-



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dert (der »feurige Pfuhl« nach Offenbarung 19,20; 20,10–15). Diejenigen aber, die sich bewähren, werden von einem Kutscher (R.G. Armstrong) abgeholt, der sie »heim« in Gottes ewiges Reich bringt. Nachdem die Repressalien der Banditen ein Ausmaß erreichen, das das Leben aller Einwohner gefährdet, treffen die vier genannten Legenden eine folgenschwere Entscheidung. Gemeinsam mit einem jungen, unerfahrenen, aber reuigen Mitglied der Britton-Bande stellen sie sich dem Terror und machen ihm gewaltsam ein Ende. Nach den von Gott für diesen Ort aufgestellten Regeln erwartet jedoch auch sie nun die ewige Verdammnis. Doch im letzten Moment trifft der mysteriöse Kutscher ein und spricht den denkwürdigen Satz: »Der Schöpfer mag hart sein, aber er ist nicht blind.« Auch diese Männer erfahren im reformatorischen Sinne Gottes unverdiente Gnade. Zu deuten ist diese Wendung ebenfalls mit der Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik. Hier geht es nicht mehr um einen Pazifismus um jeden Preis. In dem Moment, als sich die Männer für ein gewaltsames Vorgehen entscheiden, sind ihre Motive ehrenwert. Sie setzen Leib und Leben, in diesem Fall sogar ihr ewiges Seelenheil187 für die Gerechtigkeit und den Schutz ihrer Mitbürger ein. Das macht den Unterschied. Dies zeigt sich auch daran, dass ein anderer Mann (der zu Lebzeiten ebenfalls berüchtigte outlaw Joseph A. »Lefty« Slade) verworfen wird, nachdem er einen der Banditen aus dem Affekt heraus erschlagen hat. Ein weiterer Begründungszusammenhang für eine unter bestimmten Umständen notwendige Anwendung von Gewalt, die auch christlich legitimiert werden kann, ergibt sich aus der lutherischen »Zwei-Reiche-Lehre«. In seiner Schrift Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei (1523) unterscheidet Martin Luther zwei Reiche bzw. Regimente, in denen der Mensch lebt: das geistliche und das weltliche. Unter dem geistlichen Regiment leben überzeugte Christen. Diese »bedürfen keines weltlichen Schwerts noch Rechts«188. Da dies allein jedoch zu schön ist, um wahr sein zu können, und »kein Mensch von Natur Christ oder fromm ist, sondern sie alle Sünder und böse sind, wehrt ihnen Gott allen durchs Gesetz«189. Das weltliche Regiment ist daher nach wie vor nötig. Es hat vor allem die Aufgabe, das »weltliche Schwert«190 zu führen und Recht und Ordnung zu ermöglichen bzw. aufrechtzuerhalten.

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Es gilt daher auch für den Christen: »Wenn du sähest, dass es am Henker, Büttel, Richter, Herrn oder Fürsten mangelte, und du dich geeignet dazu fändest, solltest du dich dazu erbieten und dich darum bewerben, auf dass ja die notwendige Gewalt nicht verachtet und matt würde oder unterginge.«191 Nichts anderes tun auch die christlich motivierten Protagonisten unter den Italowesternhelden; allein schon aus dem einfachen Grunde, da die reguläre Obrigkeit als Hüter und Vollstrecker von Recht und Gesetz in der dargestellten Welt komplett ausfällt, es also tatsächlich an ihnen »mangelt«. Schließlich gilt: »Es muss ja einer sein, der die Bösen fängt, verklagt, würgt und umbringt, die Guten schützt, entschuldigt, verteidigt und rettet.«192 Töten kreativ Der Italowestern ist das Genre des großen Sterbens. »Groß« heißt hier weniger »heldenhaft«, sondern muss vielmehr quantitativ verstanden werden. Vorbei sind die Zeiten kultivierter ritterlicher Duelle nach »zivilisiertem« Ritual und Regeln. Es gilt auch nicht mehr, tugendhafte Damen aus der Gewalt von Unholden zu befreien. Die Opfer sind alle längst tot und niemand kann noch etwas für sie tun. Es geht also nur noch darum, dass der Verursacher des Bösen stirbt – auf welche Art auch immer. Es zählt allein, wer als Letzter noch auf den Beinen steht. Der klassische Western kannte noch Reste jenes Rittertums, bei dem sich Mann gegen Mann gegenüberstanden. Im Italowestern werden dagegen Massenerschießungen eingeführt, wie sie dem Genre bisher völlig fremd und bis dato höchstens ansatzweise im Kriegsfilm zu erleben waren. Entsprechende Szenen in Revolutionsepen wie Todesmelodie oder Bete, Amigo! stellen unverhüllte Analogien zu ähnlichen Vorgängen im Zweiten Weltkrieg dar. Wo sich das Böse derart potenziert zeigt, kann es nicht verwundern, dass auch die Reaktionen darauf entsprechend drastisch ausfallen. Es handelt sich schließlich meist um einen Kampf zwischen einem einzelnen David und einem übermächtigen Goliath, bei dem allerdings die Steinschleuder als Waffe allein nicht mehr ausreichend erscheint. Im Jahr 1966, in jenem Moment, als Django erstmals seinen Sarg öffnete und das Maschinengewehr in Anschlag brachte, musste auch dem letzten Zuschauer deutlich werden, dass die Art und Weise der gewaltsamen Auseinandersetzung nicht nur



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in der modernen Kriegsführung, sondern auch im Western eine neue Dimension erreicht hatte. Wo derart häufig und viel getötet wird, müssen neue Ideen her, will man nicht stets dieselben Szenen und Abläufe wiederholen. So zeigt der Italowestern eine Vielzahl neuartiger Möglichkeiten auf, Gegner ins Jenseits zu befördern. Das mag zunächst im Widerspruch stehen zur obigen Aussage, nach der es lediglich darauf ankäme, möglichst viele unliebsame Personen auf möglichst einfache und effektive Weise umzubringen. Es gibt aber beides, eine Mordmaschinerie nach dem Rasenmäherprinzip ebenso wie ausgeklügelte und – sofern man es in diesem Zusammenhang so nennen darf  – höchst originelle und individuelle Arten des Tötens. Es kann nicht geleugnet werden, dass es dabei oft höchst makaber zugeht. Italienische Genrefilme standen weder für eine politische Korrektheit nach heutigem Maßstab oder für den angeblich »guten Geschmack« und fanden gerade deshalb ihr Publikum  – und finden es noch heute. Viele dieser Arten des Tötens zeugen jedenfalls vom Ideenreichtum der Autoren und Regisseure. Auch führten diese Szenen sich durch ihre comicartige Überzogenheit oft selbst ad absurdum und sind keineswegs vergleichbar mit exploitativen Gewalt- und Folterszenen, die heutigen Kinobesuchern im Torture-Porn-Genre oder selbst in Mainstream-Produktionen geboten werden. Die Hemmschwellen für das, was auf der Leinwand gezeigt wird, sind in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gesunken. Auch das sagt etwas aus. Der letzte Wunsch des sterbenden Cheyenne an Harmonica (Spiel mir das Lied vom Tod) lautet: »Wenn es dich erwischt, wünsche ich dir, dass dich das Ding voll trifft.« Derart »voll zu treffen« ist das Ziel; und manchem gelingt dies selbst auf etwas umständliche Weise: In Django – Die Gier nach Gold hält der Protagonist die Hand mit dem Colt in einem ausgehöhlten Brotlaib versteckt und schießt aus diesem heraus; ebenso direkt aus einem Revolvergürtel, der an der Wand hängt. In der Badewanne sitzend, schießt er aus seinem Stiefel heraus; ähnlich wie Cheyenne vom Zugdach herab (Spiel mir das Lied vom Tod). Aus der Wanne heraus schießt Tuco ebenfalls auf einen Killer (Zwei glorreiche Halunken).

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Wenn es schnell gehen muss, feuert auch Pecos (Johnny Madoc) durch sein Holster hindurch, ohne erst ziehen zu müssen. Der Gangsterboss Ferguson in Der Sohn des Django erschießt einen Gegner durch den Boden seiner Geldtasche hindurch. Der Held in Yankee feuert durch ein gemaltes Porträt, das einen schießenden Mann darstellt. In Zwei wilde Companeros hat Losoya beim Schießen seine Waffe in eine Zeitung gewickelt.

Wie im Wilden Westen üblich, werden auch gern Leute gehängt. Das Motiv aus Spiel mir das Lied vom Tod, bei dem der ältere Bruder auf den Schultern des jüngeren stehen muss, bis dieser unter der Last zusammenbricht, wiederholt sich in Yankee: Hier hat eine Frau die Schlinge um den Hals und steht auf den Schultern ihres Mannes. In Rache in El Paso wird der Delinquent, der fast noch ein Kind ist, mit dem Strick an eine Glocke gebunden und steht auf einem schmalen Balken. Die Banditen schließen darüber Wetten ab, wie lange der Junge in dieser Lage durchhält. An der Glocke eines Kirchturms werden auch in Zwei ausgekochte Halunken mexikanische Opfer aufgehängt. Der Saloonbesitzer Thedder (Johnny Madoc) wird von Banditen, die er um eine Beute betrügen wollte, in seinem eigenen Schankraum erhängt. Dabei werden ihm als Zeichen des Verrats zwei Münzen auf die Augen gedrückt. Beliebt ist auch das folgende Szenario: Ein Mann wird mit der Schlinge um den Hals auf einen Getreidesack gestellt. Am unteren Ende wird ein Loch in den Sack geschossen. Der Gehängte soll auf diese Weise möglichst langsam und qualvoll sterben; so zu sehen in O tutto o niente, Ehi amigo  … sei morto! und Monta in sella, figlio di  …. Über das Hängen wird in Ein Fressen für Django sogar aus theologischer Sicht philosophiert – allerdings wieder einmal nur in der ungeschnittenen Originalfassung. Da gibt es einen Schankwirt, der allerdings eine weniger biblische, sondern mehr volkstümliche, vom griechischen Denken geprägte Vorstellung von der unsterblichen Seele vertritt. Er meint: »Hängen ist keine christliche Art zu sterben.« Auf Rückfrage hin gibt er zu bedenken: »Man sagt, dass nach dem Tod die Seele den Körper durch den Mund verlässt.« Beim Strangulieren sei das jedoch nicht möglich.



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Einige weitere, nicht alltägliche Methoden, Menschen vom Leben zum Tode zu befördern: Pecos kommt erschöpft und unbewaffnet aus der Wüste. Ein Mann verkauft ihm einen Colt, jedoch ohne Patronen. Er will den vermeintlich Wehrlosen erschießen, doch Pecos hatte noch eine einzige Patrone bei sich (Johnny Madoc). Später füllt er ein Fass mit Sprengstoff und lässt es explodieren, während Banditen es untersuchen, weil sie eine Beute darin vermuten. Übrig bleibt lediglich der Boss der Gruppe, den Pecos recht prosaisch erwürgt. Cash erschießt Baldwin mit einer Kugel, die er sich zuvor aus dem eigenen Oberschenkel entfernen musste (Django – Unbarmherzig wie die Sonne). Bösewicht Kenneback ist neidisch auf Lanky Fellows modernes Gewehr mit Zielfernrohr. Lanky überlässt es ihm. Als Kenneback damit auf ihn anlegt, schießt Lanky seinerseits direkt durch das Zielfernrohr hindurch in das Auge seines Widersachers (Lanky Fellow  – Der einsame Rächer). Sabata übergibt einem falschen Priester eine Tasche mit einer »Spende«. Die Tasche hängt an einer Schnur, die Schnur am Abzug eines Colts. Der geht los (Sabata). Mit einer Schnur arbeitet auch Ted Barnett: Von Douglas in Schach gehalten, steht er mit erhobenen Händen vor ihm. In einer Hand hält er jedoch einen dünnen Faden, der mit seinem Colt verbunden ist. Damit reißt er den Colt hoch und erschießt den Mörder seines Vaters (Der lange Tag der Rache). Im Kampf mit dem Anführer der Verbrecher wirft Ted mit einem Sheriffstern und trifft den Gegner tödlich an der Kehle. Ein Mann hängt an einem Seil. Es wird zerschossen, der Unglückliche wird im Fallen von einem spitzen Gitter aufgespießt (Il Nero – Hass war sein Gebet). Stan Ross schnallt einem Verbrecher Dynamit auf den Rücken, legt ihn mitten auf die Straße und schießt darauf (Von Django – mit den besten Empfehlungen). Sartana stopft Dynamitstangen in die Deichsel eines Wagenrads und lässt es auf seine Gegner zurollen (Sartana – Töten war sein täglich Brot). Wiederum Sartana: Es scheint, als habe sein Widersacher ein leichtes Spiel, da der gefürchtete Revolverheld offenbar mit dem Rücken zu ihm am Spieltisch kniet. Ein Irrtum: Sartana hat nur seinen berühmten

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Umhang von vorn übergestreift und kann den Mann leicht erschießen (Sartana kommt). Einem Mann wird im Saloon der Brustkorb von der Ladenkasse zerquetscht (Fahrt zur Hölle, ihr Halunken). Ein General wird mit seinem Billardqueue erstochen (Viva Maria!). Ricky wird, an Stricken gebunden, von Pferden gevierteilt – genauer gesagt: gefünfteilt (Fünf blutige Stricke). Der Verbrecher Crawford wird vom Bandenchef Santillana an ein Pferd gebunden und durch ein Feuer geschleift, bis er tot ist (Die 7 Pistolen des MacGregor). Django tötet einen Mann durch einen von ihm geworfenen Spaten, der den Bauch aufschlitzt (Django und Sartana – Die tödlichen Zwei). In einer Bäckerei drückt Rocco einen Mann mit dem Gesicht in Mehlteig. Der kann sich dem Griff entwinden und springt Rocco an. Rocco weicht aus, der Mann landet direkt im Backofen (Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern). Eine Frau wird von dem mexikanischen General Mongoulia in einer Schüssel voll Bier ertränkt (Ein Loch in der Stirn). Ähnlich John Warner: In seinem unbändigen Zorn darüber, dass ein Farmer seinem kranken Kind ein Schluck Milch verweigerte, ersäuft er ihn später in einem Eimer jener Milch, während die Bauersfrau vergebens um Gnade bettelt. (Um sie war der Hauch des Todes). Warners Erzfeind Sandoval wird durch einen Stier in der Arena gerichtet. Ricciolo lässt Leute mit der Heugabel erstechen, steckt auch einmal einem Schwerverletzten eine Handgranate in den Mund (Mercenario  – Der Gefürchtete).

Schließlich sei als non plus ultra Sing mir das Lied der Rache genannt. Der Endkampf zwischen Captain Madison und einer ganzen Bande von Verbrechern zeitigt folgendes Ergebnis: Drei Männer werden durch eine herabstürzende Decke getötet, einer von einem Leichenwagen überrollt, vier mit dem Gewehr erschossen, einer mit der Mistgabel erstochen; zuletzt wird der Anführer Machedo erschossen. Madison hatte sich zu diesem Zweck einen Revolverlauf ohne Schaft an seine steife Hand gebunden.



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Showdown Mit diesem Beispiel sind wir beim Showdown angelangt, der Klimax, der finalen Konfrontation der Gegner zur endgültigen Lösung und Beendigung des bestehenden und sich bis dahin immer mehr gesteigerten Konflikts. Auch dieser Showdown ist nicht mehr unbedingt der, der er im klassischen Western einmal war. Corbucci verdeutlicht dies in Leichen pflastern seinen Weg, wo der finale Zweikampf ebenbürtiger Gegner einer bloßen Hinrichtung eines bereits Verletzten gewichen ist (außer in dem völlig überflüssigen alternativen Ende, das der Regisseur zusätzlich drehen musste). Wie der Held Silence in diesem Film um den Sieg, so wird auch der Zuschauer durch den nüchternen Corbucci in schroffer Weise um einen spannenden Endkampf gebracht. Für einen solchen brauchte man den Romantiker Leone, der den ultimativen Showdown in einer perfekten Choreographie in Spiel mir das Lied vom Tod präsentiert. Er dauert fast eine Viertelstunde und wird nach 132 Minuten Laufzeit mit einem Votum Cheyennes eingeläutet, der aus der Beobachterposition heraus kommentiert: »Er (Harmonica) schnitzt was aus ’nem Stück Holz. Aber irgendwann wird er ja damit fertig werden. Und dann passiert was.« So geschieht es auch. »Als aber die Zeit erfüllt war« (Galater 4,4), wirft Harmonica das Holz achtlos fort, denn er hatte nur gewartet und vertrieb sich die Zeit damit. Frank kommt geritten. »Hast du auf mich gewartet?« – »Ja, schon viel zu lange.« Harmonica muss Frank nicht mehr jagen. Frank kommt jetzt von selbst: »Warum bin ich jetzt eigentlich hier? Weil ich die Farm will oder die Frau? Nein, du bist der Grund. Und du wirst mir jetzt endlich sagen, wer du bist!« – »Manche Menschen sterben vor Neugier«, lautet Harmonicas mehrdeutige Antwort. Man sieht einen staubigen Platz. In dem Moment, als Bronsons Gesicht von der Seite ins Bild kommt und Morricone den Einsatz gibt, beginnt das eigentliche Duell. Leone filmt die größten Gesichter, die je auf einer Leinwand erschienen. Er zeigt Details – und Fondas Sakko, das synchron mit der Musik in den Staub fällt. Vor allem aber beschreibt er eine Arena; denn nicht die Linie zwischen den zwei Männern ist Leones bevorzugte Figur, sondern der Kreis.193 Den markiert Fonda, indem er Bronson umschleicht. Er beschreibt den Radius eines Zirkels, dessen feststehender, ruhender Mittelpunkt Bronson ist, der mit einem Fuß auf

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einem Baumstumpf steht. Es folgen Harmonicas Flashback und schließlich das Schießen. Frank geht zu Boden, Harmonica tritt von hinten an ihn heran. Lediglich die Frage des nun Sterbenden ist noch offen: »Wer bist du?« Harmonica drückt ihm sein Instrument zwischen die Zähne. Frank weiß Bescheid und haucht sein Leben deutlich hörbar mit einem Misston aus. Die Szene bleibt in der Historie des Genres unübertroffen und wurde in ihrer Dramatik nie wieder erreicht. Gleichwohl versuchten sich andere an dem gesetzten Maßstab zu orientieren. Seitdem sich Leone derart zum Zeremonienmeister erhob, erlebte das Schießen eine neue Form der Ritualisierung. Es geriet nun zu einem feierlichen Akt, der langsam und bedeutungsschwer vorbereitet wird. Die besten Showdowns zeigen ebenfalls leoneske close-ups zu entsprechender Musik: Augen, Hände, Stiefel, Patronengürtel, Colts. Spieluhren oder Musikinstrumente regeln zeitliche, fast liturgische Abläufe. Die Naturgewalten künden zudem vom Vollzug göttlichen Gerichts. Oft wirbelt ein Wind oder gar ein Sturm den Staub der Straße auf, z. B. in Knie nieder und friss Staub oder Keoma – Das Lied des Todes. Im letztgenannten Film wird der Endkampf der Brüder zusätzlich begleitet von den Schreien einer gebärenden Frau. Drei Männer sterben, die Mutter ebenso – aber der Säugling wird leben. Häufig verleiht auch Nebel dem Helden eine überirdische Aura. Einmal mehr machte es Leone in seinem Western-Erstling vor: Hier handelt es sich um Rauch nach einer Explosion. Joe erscheint als Auferstandener aus diesem Nebel; gar unverwundbar, da Ramon mehrfach ohne sichtbaren Erfolg auf ihn schießt. Er hat eine Bleiplatte vor den Leib geschnallt, da er weiß, dass Ramon immer nur auf das Herz zielt, nicht auf den Kopf. Auch Mannaja tritt im Nebel zum Finale an (Mannaja – Das Beil des Todes). Zuerst werden Dobermänner auf ihn gehetzt, von deren Tod nur ein letztes Jaulen kündet. Dann wird Mannajas Widersacher Waller getötet – natürlich mit dem Wurfbeil. Schließlich verschwindet der Sieger auch wieder im Nebel. Neben der Hauptstraße eignet sich auch der Friedhof als Ort des Todes für das finale Duell. Corbucci zeigt es in Django, Leone in Zwei glorreiche Halunken, ebenso die Tony-Anthony-Filme Blindman, der Vollstrecker und Western-Jack. Ein topographischer Vorzug des Friedhofs wird in Django und die Bande der Gehenkten deutlich:



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Während sich eine vielköpfige Bande nähert, gräbt der Titelheld einen Sarg aus. Was sich darin befindet, lässt sich unschwer erraten. Ebenso praktisch: Beim Showdown auf dem Friedhof können die Unterlegenen eines Duells direkt an Ort und Stelle verbleiben. So stürzt Sentenza erschossen direkt ins offene Grab (Zwei glorreiche Halunken). Ebenso landet der Bankier Cluster in der Grube, die seinem ehemaligen Partner zugedacht war, den er zuvor töten ließ (Django – Nur der Colt war sein Freund). Hier wird das bekannte Sprichwort illustriert, nach dem der Initiator eines solchen Erdlochs, das anderen zugedacht war, häufig selbst hineinstolpert. Einige weitere Beispiele für Filme mit interessanten Zweikämpfen: Minnesota Clay: Der Held ist unbewaffnet, kann sich aber blitzschnell auf ein Gewehr werfen und mit diesem einen Gangster erschießen. Arizona Colt: Arizona tritt dem Banditen Gordon Watch mit zwei verbundenen Händen entgegen (die dieser ihm zuvor zerschossen hatte). Die Verbände sind aber nur Attrappen. Arizona wirft sein Sakko fort und kann mit inzwischen verheilten Händen schießen. Tre croci per non morire: Hier geschieht ähnliches: Der Kopfgeldjäger Reno stellt sich auf der Straße mehreren Männern zum Duell, obwohl er den rechten Arm in einer Schlinge trägt. Er erschießt die Gegner trotzdem mühelos, da der ganze Arm wiederum nur eine Attrappe darstellt. Tampeko – Ein Dollar hat zwei Seiten: Sanders fordert Gary, nachdem diesem die Munition ausgegangen ist, zum letzten Gebet auf. Gary bekreuzigt sich, um mit dieser Bewegung einen kleinen, bisher versteckten Revolver zu ziehen. Kopfgeld: 1 Dollar: Duncan schießt von hinten auf Navajo Joe, doch der springt zur Seite, greift zum Tomahawk und wirft es todbringend auf seinen Gegner. Django – Die Geier stehen Schlange: Es kommt zum Showdown im strömenden Regen, als Jerry von seiner Ziehmutter offenbart wird, dass sein Gegner Django sein Vater sei. »Dann bist du ja auch nicht meine Mutter«, lautet die Erkenntnis des missratenen Sprösslings. Er erschießt die Frau und wälzt sich anschließend mit dem Vater im Dreck. Dabei fällt er in sein eigenes Messer.

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Django – Wo steht dein Sarg?: Die Schießerei findet in einem Mode­ salon statt. Viele Schaufensterpuppen müssen dabei ihr Leben lassen. Der Gehetzte der Sierra Madre: Am Ende stehen gleich drei Duelle: Cuchillo gewinnt das erste gegen Brockstons Schwiegersohn mit seinem Messer; Corbett tötet den in Europa berühmten Schützen von Schulenberg und wird dabei verwundet194; schließlich kann Corbett auch den auf einem weiter entfernten Hügel stehenden Brockston erschießen. Lauf um dein Leben: Cuchillo muss sich erneut einem Duell »Messer gegen Revolver« stellen, während sein Gefährte Cassidy einen weiteren Schützen in Schach hält. Mögen sie in Frieden ruhen: Zwei Männer steigen im Saloon auf Schemel und stecken ihre Köpfe durch eine Schlinge. Dann versuchen sie den Schemel des anderen wegzuschießen, damit sich der Gegner erhängt. Requiem für Django: Zwei Männer lassen sich mit demselben Seil an je eine Säule fesseln. Ein Dritter zerschießt den Strick. Wer sich eher von seinen Fesseln befreit, kann auch zuerst schießen. I quattro pistoleri di Santa Trinità: George und der »Franzose« gehen, nachdem ihnen beiden die Colts abhanden kamen, mit Stöcken aufeinander los. In die Enge gedrängt, wirft George in seiner Verzweiflung mit einem Spaten, der den Gegner tödlich am Hals trifft. Für ein paar Leichen mehr: Der gewissenlose Kovacs duelliert sich gern mit Männern, denen er zuvor Platzpatronen unterschiebt. Mit Uriah möchte er dasselbe Spiel veranstalten, doch nun hat Kirchner, der Dritte im Bunde, dem Verbrecher seinerseits Platzpatronen zugedacht. Zahl und stirb: Hier ist es ähnlich: Ein Bandenchef stellt sich zwei Kopfgeldjägern zum Duell. Was diese nicht wissen: Ihre Colts wurden zuvor entladen. El Macho: Zwei Colts liegen auf der Straße. Macho und Duke reiten beide darauf zu, um einen zu ergreifen und zu schießen. Macho ist schneller. Sabata: Der Titelheld duelliert sich mit dem Mörder Stengel in dessen Kuriositätenkabinett. Beide verbergen sich hinter großen Figuren. Dann wirft Sabata eine Münze auf eine Vorrichtung, die Pfeile verschießen kann – was sie dann auch tut und Stengel tötet. Sabata kehrt zurück: Pistolen werden mittels einer Wippe in die Luft geschleudert. Wer als Erster eine davon fängt, kann schießen.



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Vier für ein Ave Maria: Das Duell zwischen Cacopoulos und Drake findet in einem Spielsalon statt. Geschossen wird, wenn die rollende Roulettekugel liegen bleibt. Der Grieche verlangt zur Untermalung des Geschehens Walzermusik. Acquasanta Joe (Weihwasser-Joe, 1971): Auch hier gilt bei einer Schießerei am Roulettetisch dieselbe Regel. Zusätzlich setzt Joe noch auf rouge und gewinnt. Der Mann mit der Kugelpeitsche: Ein Finale wie in einem Eastern: Shanghai-Joe muss gegen einen ehemaligen Mitschüler antreten, der ihm als einziger gewachsen zu sein scheint. Er schlägt diesem die Hand ab. Der Verletzte hält den Stumpf ins Feuer und schießt auf Joe. Der fängt die Kugel, wie man eine Fliege fängt, und sticht dem Gegner die flache Hand wie ein Messer in den Leib. Der Mann aus Virginia: Random und Whittaker liefern sich eine heftige Schlägerei, die Random beendet, indem er auf den Widersacher mit einem Brett einschlägt, aus dem ein langer Nagel heraussteht. Der trifft ins Herz. Scalps: Matt hat keine Chance gegen Colonel Connors, denn er ist verletzt: Zwei Haken stecken in seiner Brust. Die Indianerin Yarin schießt daraufhin dem verhassten Colonel zwei Pfeile in die Brust: »Nun wird es ein fairer Kampf sein.«

Triell Die kreativsten Köpfe des Italowestern gaben sich auf Dauer jedoch nicht allein mit interessanten Variationen einer ansonsten ewig gleichen Gegenüberstellung zweier Gegner zufrieden. Leone, der eine Vorliebe für die Atmosphäre römischer Amphitheater pflegte, erweiterte von Beginn an den Raum beim Showdown von der bloßen Linie zwischen den Schützen hin zu geometrischen Figuren. Bereits in Für eine Handvoll Dollar stehen sich zuletzt nicht nur Joe und Ramon gegenüber, sondern bilden zusammen mit einigen weiteren Banditen einen Kreis. Im Nachfolgefilm Für ein paar Dollar mehr stehen sich primär Mortimer und Indio im Duell gegenüber, zu denen Monco aber überraschend hinzutritt und als eine Art Schiedsrichter fungiert. Zusammen bilden sie nun ein Dreieck. In Zwei glorreiche Halunken ist schließlich das Triell die unmittelbare Folge der Erweiterung der Hauptfiguren von zwei auf drei. Wer einen Film dreht, in dem drei Personen im Titel erwähnt werden (Il buono, il

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brutto, il cattivo), muss in logischer Konsequenz jeder dieser gleichberechtigten Figuren auch die Teilnahme am Showdown gestatten. Diese Entwicklung vom linearen, zweipoligen Duell hin zu einem Triell mit drei Personen ist eine Neuerung des Italowestern gegenüber klassischen Konstellationen. Im Film wurde eine solche, zweifellos von Leone inspirierte Form der Konfrontation von drei oder mehr Personen in der Folgezeit als Mexican standoff bezeichnet.195 In Leones Klassiker stehen sich der Blonde, Sentenza und Tuco auf dem Friedhof von Sad Hill gegenüber. Das Zentrum der umfangreichen Grabanlage bildet ein mit Steinen gesäumter kreisrunder Platz (die »Arena« als Bühne), in der die Protagonisten ein gleichschenkliges Dreieck bilden. Während in der Spieltheorie Anstrengungen unternommen wurden, das Triell als solches auf seine möglichen Lösungsstrategien hin mathematisch-wissenschaftlich zu untersuchen, offeriert Leone in seinem Film eine simple, aber gleichwohl originelle Variante: Der Blonde hatte zuvor Tucos Revolver unbemerkt entladen und kann sich daher während des Schießens ganz auf Sentenza konzentrieren. Die Überzeugung, dass ein Konstrukt von drei Hauptfiguren auch bis zum Schluss durchgehalten werden sollte, leuchtete auch anderen ein. Corbucci lässt in Mercenario – Der Gefürchtete Paco und Ricciolo in einer Stierkampfarena aufeinandertreffen, während der Pole das Duell dirigiert. In Zwei Companeros tritt John überraschend in den ursprünglichen Zweikampf zwischen dem Basken und dem Schweden ein. Zu den titelgebenden Kontrahenten in Sergio Garrones Django und Sartana – Die tödlichen Zwei gesellt sich im Finale der Verbrecher Fargo, der sich als Partner Sartanas herausstellt. Fargo stirbt als Erster, Sartana etwas später. Castellaris Version des Triells ist in Leg ihn um, Django zu erleben. Dort treffen die ewigen Rivalen um die Beute, Django, Monetero und Clayton in einer Ruine aufeinander. Colizzi schließlich stellt im Showdown von Gott vergibt  … wir beide nie! Cat, Bill San Antonio und Hutch als »the good, the bad and the ugly« zusammen. Während bei all diesen Beispielen eine gewisse Chancengleichheit der Gegner gewahrt blieb, ist eine solche in Um sie war der Hauch des Todes nicht mehr gegeben und entspricht damit dem pessimistischen Grundton des Films, in dem sich John Warner von Beginn an auf der Verliererstraße sah. Erneut findet das Geschehen in einer Stierkampfare-



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na statt, in die Warner mit seinen Leuten geflohen war. Hier aber ist kein ehrlicher Kampf mehr möglich. Die Verfolgten, die sich nicht ergeben wollen, werden von den sie im Kreisrund umzingelnden Soldaten gnadenlos zusammengeschossen. Manchmal geht es auch anders Ob Duell oder Triell  – als Zuschauer bekommt man am Ende meist viel zu sehen und ist aus sicherer Entfernung trotzdem immer nah am Geschehen. Anders hingegen die Anwohner: Sie verkriechen sich ängstlich in ihre Häuser und hinterlassen eine menschenleere Straße. »Zivilcourage« ist den Bürgern ein Fremdwort. Erst nachdem alles vorüber ist, kommen sie aus ihren Löchern. Selten klopft jemand dem Sieger auf die Schulter oder hat ein anerkennendes Wort für den, der sie aus der tödlichen Umklammerung des Bösen befreit hat. Im Gegenteil: Der Überlebende ist in der Regel als Revolverheld stigmatisiert und geht zurück in die Einsamkeit, aus der er kam. Undank ist der Welt Lohn. Nur manchmal geht es auch ganz anders und ohne Blutvergießen aus. Da werden Kugeln auf wundersame Weise aufgehalten, beispielsweise durch einen am Leib getragenen Dollar (Ein Loch im Dollar) oder ein Buch (Whisky and Ghosts). Außerdem gibt es die aus den unterschiedlichen Gründen vorgetäuschten Duelle (Fakes). In Django – Die Gier nach Gold liefern sich Django und Sabata ein solches, um ihren gemeinsamen Gegner zu täuschen. Django wirft dabei mit einem Messer nach dem Abzug eines zuvor abgelegten Revolvers. Sabata geht zu Boden. In Sabata stirbt der Titelheld angeblich nach einer Schießerei mit seinem ewigen Rivalen »Banjo«. Berühmt ist der Showdown in Mein Name ist Nobody, von Beginn an das erklärte Ziel des »Niemands«. Beide Kontrahenten profitieren davon: Nobody erbt den Ruhm Beauregards, der Veteran hat fortan seine Ruhe und kann seinen Lebensabend unbehelligt in Europa verbringen. Dass Nobody im Grunde ein Mensch ist, der durchaus Alternativen zum Blutvergießen sucht, zeigt sein berühmtes »Ohrfeigenduell« im Saloon mit »Locke« (für das er zuvor in Vier Fäuste für ein Halleluja bereits mit dem Spieler »Wild Cat« Hendrix geübt hatte).196 Geradezu friedfertig wirkt es, wenn der Showdown auf gänzlich andere Art ausgetragen wird. Zwei Männer »duellieren« sich in Bekreuzige

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dich, Fremder mit in die Luft geworfenen Eiern. Entweder trifft man das Ei mit einem Schuss oder bekommt es ins Gesicht. »Das heißt ›die fliegenden Eier‹«, meint jemand. »Gut, dass es nicht die eigenen sind!« Manchmal geht den Kontrahenten nicht nur die Puste, sondern auch die Munition aus. In Der letzte Zug nach Durango wollen sich Gringo und Brown gegenseitig umbringen. Beide verfügen aber über keine Kugel mehr und reißen schließlich vor Angst, der andere könnte schießen, gleichzeitig die Arme hoch, um sich zu ergeben. Auch der geplante Showdown zwischen Bill und Ryan in Von Mann zu Mann kommt nicht zustande. Eigentlich treten beide nur noch gegeneinander an, weil man das eben so tut. Bill teilt sogar seine zwei ihm verbliebenen Patronen mit Ryan, erschießt dann aber mit seiner den letzten der Banditen, der sich noch rührte. Ryan hingegen steckt seine Patrone offensichtlich erst gar nicht in die Trommel, da er Bill nicht erschießen, sondern im Zweifelsfall lieber selbst sterben will. Bill verzichtet auf die Rache. Beide trennen sich ohne Duell. Es reicht, wenn sie sich künftig aus dem Wege gehen. Möglicherweise nennt man das »Vergebung«.

Abb. 21: Der Racheengel (Klaus Kinski) im Gespräch mit dem Pfarrer über Schuld, Sühne und Vergebung (Satan der Rache)

Abb. 22: Der Traum vom großen Geld: James Coburn in Todesmelodie

Abb. 23: Der Übervater und sein Jünger: Lee van Cleef und Giuliano Gemma in Der Tod ritt dienstags

Abb. 24: Tomás Milián verkörperte den proletarischen Revolutionshelden – hier in Tepepa

V. KAPITEL : REQUISITEN UND RITUALE

1. Jetzt sprechen die Pistolen: Waffen Dieses Kapitel schließt direkt an das vorherige an; denn wo es beim Schießen stets um Kopf und Kragen geht, ist ordentliches Werkzeug überlebenswichtig. Die Protagonisten im Italowestern werden nicht über ihren Charakter, sondern vor allem über ihre Schießkünste definiert und mit ihren Waffen identifiziert. »Johnny Oro« wird so genannt, weil er goldene Pistolen trägt. Andere heißen »Arizona Colt«, »Roy Colt«, »Lola Colt« oder gar »Reverend Colt«; »Winchester-Jack«, ebenso »Dynamit-Jack« oder »Dynamit-Joe«. Ihre Waffen sind ein Teil von ihnen. Nicht von ungefähr hört der Blonde, dass Tuco in der Nähe ist, weil er dessen Colt am Klang erkennt (Zwei glorreiche Halunken). Gleiches vermag auch Django, der Sabatas Revolver ebenfalls nach Gehör identifiziert (Django – Die Gier nach Gold). Die Legende vom Phallussymbol Wer überleben will, achtet auf seine Waffen und pflegt ein besonderes Verhältnis zu ihnen.197 Er trägt sie stets bei sich, selbst wenn er badet (Tuco in Zwei glorreiche Halunken) oder mit einer Frau im Bett liegt (Shalako in Rache für Rache). Ob hier jedoch das häufig strapazierte Klischee vom Colt als Phallussymbol198 und dem Gewehr als der »Braut des Soldaten« angebracht erscheint, muss angezweifelt werden. Zwar sprach Werner Kließ bereits 1969 in Bezug auf das rituelle Schießen im Italowestern von einer »sexuellen Ersatzhandlung«, der »Erotik des Kugelabtauschs« oder vom »Revolverkampf als Liebesakt«199, doch stellt sich die Wirklichkeit aus dem Abstand der Jahre und im Blick auf das Gesamtwerk des Genres anders und unaufgeregter dar. Äußerungen wie

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die El Chunchos in Töte, Amigo sind eher singulär: »Ein Maschinengewehr habe ich mir mehr gewünscht als die schönste Frau.« Auch könnte der demütigende Vorgang, als in Ein Loch im Dollar die aus einem Gefangenenlager entlassenen Südstaatler ihre Colts nur mit abgesägtem Lauf wiedererhalten, womöglich als Kastration gedeutet werden. Ebenso spricht Christian Keßler vom »Verlust der Männlichkeit«200 bei dem ehemaligen Kunstschützen Martin (Bandidos), weil er keine Waffe mehr benutzen kann. Führt dieser Umstand jedoch zwangsläufig zur Impotenz? Angesichts der bereits dargestellten sexuellen Zurückhaltung vieler Protagonisten könnte ihr expliziter Umgang mit ihren Waffen möglicherweise auch als Möglichkeit der Kompensation gedeutet werden. »Waren Sie je verliebt?« So wird der Protagonist in Stirb oder töte gefragt. »Das ist vorbei und vergessen«, lautet seine Antwort. »Jetzt habe ich nur noch eine Liebe«, fügt er hinzu und weist auf seinen Colt. Generell aber geht es im Italowestern viel nüchterner zu. Wenn der Held der Sexualität und Partnerschaft weniger Raum gibt, als es heutige Maßstäbe einer weitgehend sexualisierten Gesellschaft erwarten lassen würden, so sind es eher das Verlangen nach Rache oder der Beendigung unhaltbarer Zustände von Gewalt, die ihn treiben und mit denen er anderes kompensiert. Der Rächer ist ein zielorientierter Pragmatiker, der Kopfgeldjäger ein professioneller Handwerker. Beide lieben weder ihre Waffen in besonders auffälliger Weise, noch vergötzen sie diese (Ausnahme: das Gebet zur »Heiligen Mutter Colt« in Glut der Sonne). Sie sind Mittel zum Zweck, Handwerkszeug. Diese Männer werden zu Waffenspezialisten, pflegen ihren Colt und üben sich in seinem Gebrauch, weil sie überleben wollen. Nicht mehr und nicht weniger. Hieb- und stichfest Der folgende Überblick über das benutzte Waffenarsenal beginnt bei den einfachen Stichwaffen. Da ist zunächst das Messer  – spanisch: cuchillo. So heißt der proletarische Held in Sergio Sollimas Trilogie, da er in dessen Handhabung ein Meister ist. Er wird daher im Deutschen auch »Stechmücke« genannt. Mit der Schleuder ist er ebenfalls geübt, jedoch nicht mit dem Colt. Das Messer erweist sich hier deutlich als die Waffe des kleinen Mannes, des Unterprivilegierten, der sich nichts anderes leisten kann. Daher lehnt Cuchillo auch das Angebot Corbetts ab, mit



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dem Colt gegen Brockstons Schwiegersohn anzutreten (Der Gehetzte der Sierra Madre). Er ist dem Gegner auch mit dem Messer überlegen. Während Tomás Milián im zweiten Film der Trilogie (Von Angesicht zu Angesicht) einen anderen Charakter verkörpert, ist er in Lauf um dein Leben erneut als »das Messer« zu erleben. Mit dem Messer kommt ebenso Vincent Kearney in Il Nero – Hass war sein Gebet überall durch (im wahrsten Sinne des Wortes). Er rächt damit auch seinen Bruder, der unschuldig gehängt wurde. In Django – Gott vergib seinem Colt bedarf nicht nur das genannte Schießeisen der Vergebung, sondern auch eine andere, ganz spezielle Waffe: Dem Protagonisten Texas wird hilfreich ein Zylinder zugeworfen, in dem ein Messer steckt, mit dem er den Gegner überwinden kann. Ein »großes Messer« in Form eines Schwerts benutzt der darin erfahrene japanische Schauspieler Tatsuya Nakadai in Heute ich  … morgen du!. Er trägt es in der Sakkotasche und hat es möglicherweise aus einem der Kurosawa-Filme ausgeliehen, in denen er zuvor mitspielte. Neben Messern kann man auch anderes werfen. Navajo Joe als einer der wenigen Indianer im Italowestern benutzt  – neben Dynamitstangen, die man natürlich ebenfalls werfen kann – ein stilechtes Tomahawk (Kopfgeld: 1 Dollar). Auch Mannaja ist geübt in der Handhabung des Wurfbeils, nach dem er genannt ist (Mannaja – Das Beil des Todes). Als Waller den Colt gegen ihn zieht, deutet Mannaja auf sein letztes Opfer, dem er bereits eine Hand abschlug, und warnt: »Ich würde es mir überlegen. Eine Hand wächst nicht nach.« Mannaja ist auf diese Waffe derart eingeschworen, dass er sich, zeitweilig erblindet und in einer Höhle ohne Werkzeug sitzend, aus Steinen mehrere Beile selbst anfertigt. Lee Hasek in Willkommen in der Hölle ist mit keiner der herkömmlichen Waffen vertraut. Dafür sind seine Bumerangs tödlich. Auch der farbige Sergeant in Vier Teufelskerle bekämpft die Mexikaner mit dem traditionellen Wurfgerät der Aborigines. Pfeil und Bogen verwenden nur wenige der Hauptfiguren. Den größten Eindruck hinterlässt dabei der Doppelschuss Jonathans in Die Rache des weissen Indianers: »Zwei Pfeile auf einmal  – das kann nur Jonathan der Bär!« Eine »Hybridwaffe« kann der Zuschauer in Drei Kugeln für Ringo im Einsatz erleben: Hier werden Pfeile abgeschossen, die mit Dynamit bestückt sind. Die gleiche Munition verwendet der

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Kopfgeldjäger Alan Boyd (Kopfgeld für einen Killer) für seine mit einem Zielfernrohr ausgestattete Armbrust. Nur der Colt war sein Freund Hieb- und Stichwaffen entfalten in der Regel nur eine geringe Wirksamkeit. Daher kommen sie im Italowestern nur selten zum Einsatz. Wer irgend kann, greift zur Feuerwaffe. Der beliebteste Revolver ist zweifellos die nach ihrem ersten Produzenten Samuel Colt (1814–1862) genannte Pistole mit Drehzylinder. Viele Filmtitel machen es deutlich: Der Colt des Rächers, Nur der Colt war sein Gott, Der Colt Gottes, Der Colt ist mein Gesetz, Den Colt im Genick, Den Colt an der Kehle, Nur der Colt war sein Freund, Gott vergib seinem Colt, Ein Colt für hundert Särge, Der erbarmungslose Colt, Ein Colt in der Hand des Teufels, Schnelle Colts für Jeannie Lee, Schneller als 1.000 Colts, Sein Colt ist sein Gebet oder Gnade spricht Gott – Amen mein Colt lauten einige davon. Diese Waffe macht Musik, worauf Titel wie Sein Gesangbuch war der Colt oder Sein Colt singt sechs Strophen schließen lassen. Im italienischen Titel In Nome del Padre, del Figlio e della Colt (o. dt. T., 1971) ist der Sechsschüsser gar als Person der heiligen Trinität vereinnahmt worden. Die Trommel eines solchen Revolvers ist dazu geeignet, von seinem Eigentümer auf fast rituelle Weise gedreht zu werden. Man kann dabei auf das Geräusch achten oder wie Cheyenne gleichzeitig verkünden, dass man des Zählens bis sechs mächtig sei (Spiel mir das Lied vom Tod). Der Experte kann sich aus Einzelteilen selbst einen Colt zusammenbauen, wie es Tuco in der berühmten, offenbar dem James-Cagney-Film Public Enemy (Der öffentliche Feind, 1931) entlehnten Szene beim Waffenhändler demonstriert: Nachdem der bisher unbewaffnete Tuco seinen Eigenbau aus verschiedenen Teilen komplettiert hat, richtet er den Colt auf den Ladenbesitzer: »Wie viel?«  – »25 Dollar«, antwortet dieser. Tuco verneint. Er treibt den Preis bis 200 Dollar hoch, die jedoch nicht er, sondern der bedrängte Händler ihm zahlt. Abgewandelt ist diese Szene in Ben und Charlie: Ben probiert im Geschäft einige Colts aus und hält dem Verkäufer dann einen davon unter die Nase. Derartige Chuzpe ist nicht jedem gegeben. Der von allen verachtete Scott Mary (Der Tod ritt dienstags) kann lange nur davon träu-



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men, sich einmal einen Colt kaufen zu können. Sein einziger Freund, ein ehemaliger Sheriff, hat ihm zwar das Schießen beigebracht, doch besitzt Scott nur ein Colt-Modell aus Holz. Aber dem als Putzkraft gedemütigten jungen Mann ist bereits deutlich geworden: »Der liegt mir besser in der Hand als ein Besenstiel!« Neben dem Colt verwenden einige Spezialisten auch andere, besondere Schusswaffen: Silence (Leichen pflastern seinen Weg) verwendet eine 9-mm-Mauser C 96 Broomhandle; eine automatische Waffe, die ihm Loco auch noch als letztes nimmt. Baron von Schulenberg (Der Gehetzte der Sierra Madre) hat für sich eine besondere Revolvertasche entwickelt. Ein Revolverheld, dem man die Hände zerschlagen hat (Schneller als 1.000 Colts), erhält von einem Erfinder einen umgebauten Revolver, den er mit der flachen Hand abziehen kann statt mit einzelnen Fingern. Sartana benutzt im gleichnamigen Film eine Derringer. Es handelt sich dabei um einen kleinen Vierschüsser, der eigentlich mehr für die Damenhandtasche geeignet ist. Die Trommel ist mit Spielkartenmotiven verziert und wird von ihrem Besitzer auch als Kreisel verwendet. In 1.000 Dollar Kopfgeld zieht John Garko erneut einen solchen Kleinstrevolver aus dem Ärmel. In Im Staub der Sonne spielt ebenfalls eine kleine Derringer eine Rolle. Die Pistole ist aus Gold und wechselt häufig den Besitzer. Der berüchtigte »Schwarze Tracy« (Die Zeit der Geier) überrascht mit einer solchen Miniaturwaffe einige Gesetzeshüter, nachdem sie ihn bereits entwaffnet zu haben glaubten. Whittaker (Drei Pistolen gegen Cesare) nennt einen vierläufigen Revolver sein eigen. Seine Opfer stehen tatsächlich immer so, dass sie gleichzeitig von vier Schüssen getroffen werden. Ebenfalls besitzt er zwei Colts, die auch aus dem Griff heraus schießen – was sich bezahlt macht, wenn man vom Gegner gezwungen wird, sie abzulegen und dabei nur am Lauf anzufassen. Auch der Titelheld in Ein Halleluja für Camposanto benutzt einen besonderen vierläufigen Revolver.

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Halleluja (Beichtet, Freunde, Halleluja kommt) besitzt einen Colt, der große Granaten abfeuern kann, die dann aus der Luft an einem Fallschirm (!) herabschweben und großflächig explodieren. In Blaue Bohnen für ein Halleluja benutzt Ringo im Duell mit Jane eine Pistole, die man auf einen Gewehrlauf aufstecken kann. Seine Gegnerin ist ihm vom Kaliber her jedoch überlegen: Auch sie kann mit ihrem Colt Granaten abschießen.

Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod Neben Pistolen benutzt der Westernheld natürlich auch das Gewehr. Es bietet eine größere Reichweite und Zielgenauigkeit. Mancher schwört auf das Gewehr: neben Ramón Rojo (Für eine Handvoll Dollar) auch der blinde Protagonist in Blindman, der Vollstrecker, der praktischerweise auch ein Bajonett aufgepflanzt hat. »Das geht schon los, wenn man es scharf ansieht«, meint er zweideutig. Was dem einen sein Colt, ist dem anderen seine Winchester. Das seit 1866 unter diesem Namen von der Winchester Repeating Arms Company vertriebene Repetiergewehr erfreute sich großer Beliebtheit. Im Film macht es vor allem Eindruck, wenn sein Besitzer es mit einer kraftvollen Geste durchlädt. Auch an einem Gewehr lässt sich herrlich herumbasteln, bis es zu einem den eigenen Ansprüchen genügenden Unikat ausgereift ist. Die Montage eines Zielfernrohrs (Lanky Fellow – Der einsame Rächer) ist dabei noch die einfachste Übung. Luke Barrett (2  x Judas) bekämpft seine Feinde mit einem umgebauten Gewehr seines toten Vaters: Es besitzt ein großes, fast kanonenartiges Mündungsrohr, in das Pulver und Patronen gefüllt werden und das eine breite Streuung hat. Der Kunstschütze Rodolfo (Viva Maria!) hat eine Flinte entwickelt, die unter Zuhilfenahme eines Rückspiegels sogar um die Ecke schießen kann. In Django und Sartana  – Die tödlichen Zwei benutzt Sartana ein Gewehr mit sieben Läufen (ähnlich dem Wheeler-Gewehr von 1821), ebenso wie Hutch in Vier für ein Ave Maria. Das Gewehr des Titelhelden in Adios Sabata, das er sogar mit seinen Stiefeln abzufeuern vermag, besitzt ein eigentümlich flaches Magazin, dessen Kammern nicht nur Platz für Patronen, sondern auch für ein Zigarillo bieten. In Die 7 Pistolen des MacGregor und Eine Kugel für MacGregor kommt ein Gestell zum Einsatz, das mehrere nebeneinander montierte Gewehre vereint, die



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gleichzeitig schießen können. Etwas Ähnliches201 hat auch der Quacksalber in El Rocho – Der Töter entwickelt. Angesichts solcher technischen Finessen wirkt der alte Mann aus Drei Pistolen gegen Cesare fast schon normal, der auf seine antike Flinte vertraut, mit der bereits George Washington geschossen haben soll. 1.000 Kugeln für ein Halleluja Im Edelwestern hollywoodscher Prägung wird der Held für seine Schnelligkeit und Treffsicherheit gerühmt. Manchmal ist nur die eine, mit höchster Genauigkeit ihr Ziel treffende Kugel nötig, um einen lange bestehenden Konflikt erfolgreich zu beenden. Der Protagonist im Italowestern hat an dieser Art von Kunst und Ästhetik kein Interesse. Zwar übt auch er daran, seine Fähigkeiten zu vervollkommnen; doch kommt es hart auf hart, zählen für sein Überleben nicht qualitative, sondern viel mehr quantitative Aspekte. Wer sich nicht nur einem oder wenigen Gegnern, sondern einer Horde von unzähligen Banditen oder Söldnern gegenübersieht, der wird mit einem Sechsschüsser allein nicht weit kommen. Was dann zählt, ist allein die Effizienz. Dazu wird entsprechend schweres Gerät benötigt. Und je breiter die Streuung, umso unbedeutender ist dann noch die Treffsicherheit eines Schützen. Das dürfte der Hauptgrund dafür sein, warum Corbuccis Django die Strapazen auf sich nahm, in einem Sarg ein Maschinengewehr hinter sich her zu schleppen. Er bekommt es mit der vielköpfigen Bande des Majors Jackson zu tun, der er sich nicht anders zu erwehren weiß. Er war nicht der Erste, denn auch Ramón Rojo in Für eine Handvoll Dollar hatte sich schon mit wahrer Freude des MGs bedient; gleichwohl wirkte Django damit stilbildend und zog nicht nur jenen Sarg, sondern auch eine Reihe von Filmhelden nach sich, die ebenfalls die schwere Artillerie bevorzugten. Vor allem mexikanische Revolutionäre schwören auf das MG, denn sie sehen sich meist zahlenmäßig weit überlegenen Truppen der Armee gegenüber. So benutzt es der »Schwede« ausgiebig in Zwei Companeros; ebenso der »Pole« in Mercenario  – Der Gefürchtete. Letzterer schießt damit sogar auf ein Flugzeug und meint: »Bei Tauben ist mir das immer gelungen.« John und Juan (Todesmelodie) halten an einer Brücke ein ganzes Regiment mit zwei Maschinengewehren auf. Auch Deaf Smith (Das Lied von Mord und Totschlag) ist ein Befür-

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worter dieser Waffe, zumal ihn der Lärm nicht stört, da er taub ist. Ein ganzer Saal voller mexikanischer Soldaten wird auch in Blindman, der Vollstrecker direkt von der Bühne aus mit einem Maschinengewehr niedergemäht. Weitere MGs, aber auch Kanonen und Haubitzen kommen u. a. in folgenden Filmen zum Einsatz: Töte, Amigo: Hier wie auch später in Mercenario – Der Gefürchtete wird ein baugleiches MG der Marke »Hawkins« verwendet. Schneller als 1.000 Colts: Die Handlung rankt sich um den Erfinder Ray Thompson, der keinen Colt trägt, aber dafür besonders effektiv mit dem von ihm entwickelten MG umgeht, das aussieht wie eine Handkamera. Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern: Mit dem MG wird eine Gruppe gefangener Nordstaatler an der Flucht gehindert, bis Rocco die Waffe mit Dynamit zerstört. Sartana – Bete um deinen Tod: Lasky (William Berger) dezimiert mit dem MG sowohl seine eigene Bande als auch eine Horde mexikanischer Schurken. Django spricht kein Vaterunser: Für die Armee der Nordstaaten wurde ein neues MG entwickelt. Es wird gestohlen, samt seinem Erfinder. Ein Loch in der Stirn: Das MG ist die am häufigsten benutzte Waffe. Ein Halleluja für Spirito Santo: Der Protagonist benutzt eine altertümlich anmutende, aber im Ergebnis sehr effektive Maschinenpistole. Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie: Viele Soldaten sterben durch ein Massaker, das ein Maskierter anrichtet. Die 7 Pistolen des MacGregor: Die Familie der Schotten besitzt eine Kanone namens »Queen Anne«, die mit allem möglichen gefüttert wird. Aufgrund ihres durchschlagenden Erfolgs kam sie im Nachfolger Eine Kugel für MacGregor erneut zum Einsatz. Matalo: Auch hier haben mexikanische Banditen einem Maschinengewehr einen Namen gegeben: Sie nennen es liebevoll »Adelita«, nach der berühmten Revolutionärin. Django – Den Colt an der Kehle: Der Titelheld leiht sich von einem alten Bürgerkriegsveteranen ein MG, da mit seinem titelgebenden Colt allein der gesamten Smart-Bande nicht beizukommen ist.



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Vier Teufelskerle: Aladin (John Garko) besitzt ein besonderes Gewehr, das einer kleinen Kanone gleicht. Zudem reitet er stets mit einem Sonnenschirm, der sich als MG entpuppt. Weihwasser-Joe: Der abtrünnige Südstaatler Colonel Donovan hat eine Haubitze gestohlen, die er für Überfälle benutzt. Er schießt sozusagen »mit Kanonen auf Spatzen«. Era Sam Wallash  … lo chiamavano Così Sia: Der Rächer Sam, der zwar auch mit Messer und Colt gut umgehen kann, vermag sich aber nur mit einem Maschinengewehr erfolgreich gegen eine ganze Bande durchzusetzen. Bada alla tua, pelle, Spirito Santo!: Ein einzelner Maskierter reicht für einen Überfall auf einen Goldtransport aus, wenn alle Soldaten zuvor durch ein MG niedergemäht wurden. Der Schrecken von Kung Fu: Ein Amerikaner führt das MG als neue technische Errungenschaft in Japan ein; mit dem Ergebnis, dass ein ganzes Haus zerlegt wird. Gleichzeitig wird aber auch ein altes Gewehr benutzt, das noch mit Pulver gefüllt werden muss. Der Kontrast beider Waffen macht den »Fortschritt« umso deutlicher. Lo chiamavano King: Eine Gruppe von Waffenschiebern benutzt ein der eigenen Schmuggelware entstammendes MG, um sich einer Schar Soldaten zu entledigen, die ihre Wagen kontrollieren wollen. Prega Dio  … e scavati la fossa: Wiederum werden Soldaten (hier mexikanische) reihenweise umgemäht. Lo chiamavano Verità: Banditen schießen ein ganzes mexikanisches Dorf mit dem MG zusammen. Selbst im Saloon wird es von einem Südstaatenoffizier eingesetzt. In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner: Dakota (Lee van Cleef ) macht einer Bande mit einem mobilen MG, das zwischen zwei Pferde montiert ist, den Garaus. Vier Fäuste und ein heisser Ofen: Verschiedene Personen sind hinter einem Motorrad mit Beiwagen her, das mit einem MG bestückt ist. Djangos Rückkehr: Viele Jahre nach dem letzten Einsatz seines MGs sieht sich Django gezwungen, es auf einem Friedhof wieder auszugraben. Er stellt fest, dass es geölt werden muss.

Besonders erwähnt werden muss die originelle Konstruktion in Giuliano Carnimeos Sartana kommt. Hier dient eine umgebaute Orgel als

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Raketenwerfer. Sartana – ohnehin ein begnadeter Kirchenmusiker – weiß auf diesem Instrument trefflich zu spielen. Als der Bandit Monk mit seiner Armee in die Stadt reitet, fährt Sartana sein Instrument mitten auf die Straße. Während alle Bewohner panikartig in ihre Häuser laufen, bringt er die Orgelpfeifen in die Horizontale und gibt ein »Konzert« aus allen Rohren bzw. Orgelpfeifen – mit durchschlagendem Erfolg (I Abb. 26). Seine Waffe war Dynamit Es war nur folgerichtig, dass die Protagonisten in ihrem Bemühen um größtmögliche Effizienz beim Töten schließlich auch die Möglichkeiten des Sprengstoffs entdeckten. Vor allem die Entwicklung des Nitroglycerins durch den Italiener Ascanio Sobrero (1812–1888) und die von seinem berühmteren Schüler Alfred Nobel (1833–1896) weitergeführten Forschungen, die schließlich zum Dynamit führten, boten bisher ungekannte Möglichkeiten, die Gegner reihenweise zu vernichten. Die einfachste Form der Anwendung demonstriert Davy Flanagan in Django spricht das Nachtgebet: Nitroglyzerin wird in Flaschen gefüllt und in die Menge geworfen. Der Erfolg ist umwerfend. Kollateralschäden müssen allerdings einkalkuliert werden. Sando Kid, der zeitweilig als Vertreter für Parfüm auftritt (Sando Kid spricht das letzte Halleluja) trägt als »Verkaufsmuster« zahlreiche Fläschchen in seiner Tasche, die alle mit einer Lunte ausgestattet sind. Auch der Ganove »Whisky« in Arizona Colt hat in seinen Wasserflaschen flüssigen Sprengstoff, während der echte Whisky bei ihm aus einer Pistolenattrappe fließt. Roy Blood (Silbersattel) erzielt mit karbidgefüllten Flaschen ebenfalls Erfolge. In Viva Cangaceiro wird das Nitroglyzerin sogar mit dem Weihwasser des Bischofs vermengt, was bei einer Segnung hochexplosive Folgen zeigt. El Chuncho (Töte, Amigo) schenkt einem armen Schuhputzer Geld  – mit dem Ratschlag, Dynamit statt Brot davon zu kaufen. Zu recht, denn: »Dynamit ist eine sehr wirksame Medizin«, sagt Pecos in Johnny Madoc. Der berühmteste und versierteste Sprengstoffexperte ist zweifelsohne John in Leones Todesmelodie: Er, der sein Handwerk in Irland bei der IRA erlernte, trägt alles, was er benötigt, direkt am Leib. Am Geräusch kann er erkennen, wenn jemand beim Gebrauch von Dynamit eine »zu kurze Lunte« verwendet hat  – meist mit tödlichem Ausgang. Auch der »Knallfrosch« genannte Experte aus Rocco  – Der



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Einzelgänger von Alamo hat seine Mantelinnentaschen vollständig mit Dynamitstangen bestückt. »Maria Nr. 1« (Viva Maria!) kann außer mit dem Maschinengewehr ebenfalls außerordentlich gut mit Sprengstoffen aller Art umgehen. Sie hat das notwendige Rüstzeug von ihrem Vater, einem Terroristen erhalten. Hier trägt sogar eine abgerichtete Taube Handgranaten zu ihrem Bestimmungsort. In Monta in sella, figlio di  … wird der Sprengstoff mit Hilfe von Tauben ferngezündet. Selbstredend ist auch die Titelfigur des Films Dynamit-Joe ein Experte auf diesem Gebiet. Weniger behaupten kann man dies von dem Banditen namens »Hochwürden« (Drei Halunken und ein Halleluja): Er sprengt sich mit Dynamit selbst in die Luft. Dynamitstangen sind die gängige Form der Anwendung von Sprengstoff, so u. a. in Kopfgeld: 1 Dollar, Eine Flut von Dollars, Zwei Aasgeier, Fäuste wie Dynamit oder Einen vor den Latz geknallt. In Ringo kehrt zurück werden sie in Blumenkübeln versteckt, in Eine Kugel für MacGregor in einer Schatzkiste unter dem Gold. In Lo chiamavano Verità dienen ausgeblasene Eier, die mit einer Lunte versehen sind, als Handgranaten. Mehrere Stangen werden in Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern an ein ausgedientes Wagenrad gebunden, das anschließend auf sein Ziel zurollt. Beliebt ist auch die Methode, Dynamitstangen auszulegen und anschließend darauf zu schießen. Doch es geht auch umgekehrt: In Django – Die Gier nach Gold wirft Django eine Wasserflasche in die Luft und schießt darauf, um mit dem herausströmenden Wasser eine Dynamitlunte auszulöschen. Vielseitig und originell Einige Experten setzen, was ihren Gebrauch von Waffen betrifft, nicht allein auf eine »Monokultur«, sondern zeichnen sich durch virtuose Vielseitigkeit aus. Beispielhaft dafür sind vor allem zwei von Lee van Cleef verkörperte Charaktere: Colonel Mortimer (Für ein paar Dollar mehr) hat u. a. einen Colt Marke Buntline Special mit aufsetzbarem Kolben, ein Colt Lighting Rifle Repetiergewehr, eine Winchester Modell 1894 und einen doppelläufigen Revolver der Marke Lefaucheux Action Pinfire im Gepäck (I Abb. 25).202 Sein Waffenarsenal dürfte beispielgebend für Sabata gewesen sein. Dieser Fachmann benutzt ein zielsicheres Gewehr, das offenbar eine größere Reichweite als herkömmliche Modelle besitzt; zudem

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eine Derringer, die sowohl aus dem Lauf als auch dem Kolben schießen kann. Weiterhin kommen auch Dynamitstangen bei ihm zum Einsatz. Andere taten es van Cleef nach, z. B. John Garko: Sartana trägt mehrere Colts am Leib, dazu das kleine Kaliber für die Handtasche. Mit dem Gewehr vermag er über die Schulter nach hinten zu schießen, kann aber ebenso mit einer Uhrkette aus Blei zuschlagen (Sartana – Noch warm und schon Sand drauf ). Spirito Santo arbeitet sowohl mit der Maschinenpistole als auch mit dem Maschinengewehr, trägt Sprengstoff im Hut und hält als besondere Überraschung »gefüllte Eier« (mit Dynamit!) bereit. Sie stammen von Hühnern, die mit Dynamitkörnern gefüttert wurden, und erzielen natürlich eine verheerende Wirkung, wenn sie für ein Omelett in die Pfanne gehauen werden (Ein Halleluja für Spirito Santo). Weitere einfallsreiche »Multiinstrumentalisten« sind: Der »Schwarze Tracy« ist schwer und vielfältig bewaffnet: So steckt er u. a. Bomben auf den Lauf seines doppelläufigen Gewehrs und schießt sie ab (Die Zeit der Geier). Rocco  – Der Mann mit den zwei Gesichtern trägt am Finger einen Ring mit einem Miniaturspiegel, der es ihm ermöglicht, Gegner in seinem Rücken zu erkennen und zu eliminieren. Providenza fährt mit einem Kutschwagen, der Torten-, Büchsen- und Wasserwerfer zugleich ist und auch als Nebelmaschine dient. Er wirft die Bola, benutzt einen Schirm als Waffe und die Krempe seines Hutes als Wurfgeschoß (Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel). Shanghai-Joe in Der Mann mit der Kugelpeitsche beherrscht letztere Waffe ebenso wie Hände, Füße, Gabeln und Teller. Alan Boyd (Kopfgeld für einen Killer) hat neben seiner Armbrust auch ein kurzläufiges Schrotgewehr, eine Derringer und mehrere andere Waffen im Gepäck. In dem mit Kindern besetzten Streifen Kid il monello del West (Little Kid und seine kesse Bande, 1973) wissen sich die titelgebenden Bälger mit Katapulten, Pferdemist, durch Urinieren und losgelassene Bienen zur Wehr zu setzen. Ein chinesisches Mädchen beherrscht sogar Kung Fu.

Der Italowestern als originelles, kreatives und auch skurriles Genre hält auch in Bezug auf den Gebrauch von Waffen manche Überraschung



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bereit. Unter dem Stichwort »Was man noch alles verwenden kann« finden sich daher u. a. folgende Utensilien: Der von Sal Borgese gespielte stumme Revolutionär in Adios Sabata verschießt von seiner Schuhspitze aus todbringende Eisenkügelchen. Der in dieser Hinsicht stets kreative Sartana wirft in Sartana  – Noch warm und schon Sand drauf mit scharfkantigen und damit lebensgefährlichen Spielkarten um sich. In Mein Leben hängt an einem Dollar wird mit der Bola gekämpft; ebenso in El Macho und Djangos Rückkehr. Die Damen in Viva Maria! setzen neben Sprengstoffen und Maschinengewehren setzen gegen einen Zug mit Soldaten auch wirksam einen Bienenschwarm ein. Der Pistolero Stark in Im Staub der Sonne benutzt die Peitsche als Waffe und könnte darin Indiana Jones als Vorbild gedient haben. Der Titelheld in Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern startet im Saloon einen Gasangriff, dessen Wirkung jedoch nur halluzinatorisch, nicht tödlich ist. Der Halbfranzose Etienne in Drei Pistolen gegen Cesare bedient sich gar der Hypnose, mit der er Gegner willensunfähig macht, auf ihn zu schießen. Zwei Frauen in Giunse Ringo e  … fu tempo di massacro (o. dt. T., 1970) bekämpfen ihre Feinde mit Gift. In Hai sbagliato  … doveri uccidermi subito! werden mehrere Menschen durch Bisse von Giftschlangen getötet. In Man nennt mich Halleluja setzt der ideenreiche Titelheld eine ganze Gangsterbande matt, indem er ihnen ein Abführmittel ins Essen mischt. In diversen Spencer-und-Hill-Filmen (u. a. in Die rechte und die linke Hand des Teufels wird zur Abwehr der zahlreichen Gegnern immer wieder gern und erfolgreich zur Bratpfanne gegriffen, was bei zwei guten Essern wie diesen auch naheliegend ist. Zu den »Waffen« des bösen Waller in Mannaja  – Das Beil des Todes gehören zwei gefährliche Dobermänner. Zwiebel-Jack räumt auf – auch mit dem Colt, jedoch noch leidenschaftlicher, indem er den Saft der scharfen Frucht verspritzt, nach der man ihn nennt.

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Bud Spencer gebraucht in Eine Faust geht nach Westen nicht nur diese, sondern schaltet auch mittels einer Billardkugel eine Reihe von Gegnern aus.

Ebenso interessant und originell sind die Orte, an denen sich Waffen verstecken lassen, oder die Gegenstände, die solche beinhalten. Da sind vor allem die Musikinstrumente, z. B. die bereits erwähnte Orgel in Sartana kommt. Der russische Großfürst Kropotkin kann mit seiner Balalaika schießen (Man nennt mich Halleluja). Auch andere Klangkörper verbergen mitunter Gewehre. Der nach seinem Instrument genannte »Banjo« ist derart gerüstet (Sabata), ebenfalls Decker in Töte alle und kehr allein zurück. In Ringo mit den goldenen Pistolen hat ein Mexikaner im Gitarrenkorpus einen Colt versteckt. Espedito in Viva Cangaceiro ist ein Flötenspieler, dessen Instrument auch als tod­bringendes Blasrohr taugt. Der Schotte Archie (Beichtet, Freunde, Halleluja kommt) spielt vorzüglich auf dem Dudelsack, vor allem wenn er Pfeffer aus seinen Pfeifen ausstößt. Beliebt ist auch der Gehstock, der aufgrund seiner länglichen Form bestens geeignet ist, Waffen aufzunehmen: So trägt in Blutiges Blei der kriegsversehrte Nick sein Gewehr in der Krücke. Bereits in Django  – Gott vergib seinem Colt schoss ein Kriegsveteran mit der Gehhilfe. In Gentleman Joe – Der Rächer bin ich beinhaltet der harmlos aussehende Griff eines Spazierstocks eine Derringer. Auch Blake, ein Mann mit steifem Bein (Bekreuzige dich, Fremder) hat das Gewehr in der Krücke eingebaut und rächt damit seinen ermordeten Sohn. Der Rancher Don Luis de la Vega (Bleigericht) ist mit einem Gehstock ausgerüstet, der im Knauf ein Feuerzeug und in der Spitze eine Messerklinge verbirgt. Weitere Beispiele: Das Buch: Der Bankier Hoberman (Sartana – Noch warm und schon Sand drauf ) besitzt ein Buch, bei dessen Öffnen selbsttätig ein Colt zum Vorschein kommt und schießt. Der Anwalt Webb in Black Killer trägt Colts in Gesetzbüchern mit sich, denn sie sind sein Gesetz. Die Wasserflasche: Der Titelheld in Ringo mit den goldenen Pistolen hat seine Wasserflasche mit einer Bombe nachgerüstet. In Bekreuzige dich, Fremder beinhaltet die Flasche einen Colt und ist zusätzlich mit einem Spiegel zum Rückwärtsschießen ausgestattet.



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Die Schuhe: Der Titelheld in Sabata kehrt zurück hat unter dem Schuh eine magnetisch haftende Pistole angebracht. Daneben kann er Pfeile aus Zigarillos schießen; auch Schlagringe mit integriertem Messer oder gar einer Pistole kommen zum Einsatz. Der Protagonist in Sartana kommt trägt im Stiefelabsatz ein Blasrohr mit Giftpfeilen. Als besondere Waffe kann von ihm der Roboter »Alfie« eingesetzt werden: sei es, nur um Feuer zu geben, um zu schießen oder mit Dynamit bestückt zu werden. Die Handprothese: Der böse Lamb in Zwiebel-Jack räumt auf ist mit einer mechanischen Goldhand versehen. Sie ist blitzschnell ausfahrbar, um zuzuschlagen, kann aber auch Nägel verschießen. Die Nähmaschine: Die Titelgestalt in Man nennt mich Halleluja benutzt eine Nähmaschine der Firma »Senger« (sic!) als MG, wahlweise sogar als Granatenwerfer.

Was letztlich zählt Bei einer derartigen Hochschätzung des eigenen Waffenpotentials, das mit Sorgfalt gepflegt und explizit zur Schau gestellt wird, liegt der Verdacht nahe, es werde hier eine Art von Fetischismus betrieben. Kommt es schließlich doch auf die Art und Größe der Bewaffnung an? Sergio Leone hat auch diese Frage bereits in seinem ersten Western beantwortet. Ramón, der Bösewicht in Für eine Handvoll Dollar mehr hat seine eigene Weltanschauung, wenn es um die Bewaffnung geht. Er ist überzeugt: »Wenn sich zwei Männer duellieren, und einer hat einen Colt und einer ein Gewehr, dann ist der mit dem Colt ein toter Mann.« Ebenfalls ist ihm klar: »Wenn man einen Mann töten will, muss man ihn mitten ins Herz treffen.« Mit diesen Weisheiten versucht er sich vor Joe großzutun. Mit beiden Aussagen liegt er schließlich falsch, denn er ist an den Falschen geraten. Im finalen Duell der beiden Kontrahenten versucht Ramón vergeblich, Joe mit Schüssen auf sein Herz zu treffen. Dieser trägt eine Metallplatte unter seinem Poncho verborgen. Auch Ramóns Gewehr, das er für zielsicherer als einen Colt hielt, hilft ihm nicht mehr – denn Joe ist einfach schneller. Die Botschaft ist klar: Letztlich kommt es nicht auf die Waffe an, sondern auf den Mann, der sie führt.

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2. An seinen Stiefeln klebte Blut: Kleidung und Körperhygiene Kleider machen Leute. Das gilt auch für die Protagonisten des Italowestern. Bekanntlich handelt es sich bei ihnen um wenig kommunikationsfreudige Charaktere. Sie möchten sich nicht lang erklären müssen. Ihr Habitus, die rituelle Gestik und nicht zuletzt ihre Kleidung senden Signale und Codes aus, die weitere Nachfragen in der Regel überflüssig machen. Der hundertfach dargestellte Ritt eines Neuankömmlings in die Stadt dient dieser nonverbalen Kommunikation: Die Einwohner unterziehen den Fremden einer Musterung; er selbst zeigt, wer er ist, und was von ihm zu erwarten ist, nicht zuletzt auch durch seine Kleidung. Ein exemplarisches Beispiel dafür, wie »Kleider Leute machen« und sich eine Veränderung in der Geisteshaltung auch äußerlich niederschlägt, findet sich in Gentleman Joe – Der Rächer bin ich. Auch hier wird der Fremde gemustert, der in die Stadt kommt. Das Ergebnis ist wenig schmeichelhaft. Der »Gentleman« ist ein elegant gekleideter Herr, der nicht etwa selbst reitet, sondern mit einem Wagen und Gespann vorfährt. Er trägt einen hellen Anzug, hat aber auch noch weitere Kleidungsstücke zum Wechseln im Gepäck. So ausstaffiert muss er sich Kommentare gefallen lassen wie »Rasierst du dich deshalb, damit die Ohrfeigen besser knallen?« oder »Du bist so sauber, dass es schon wieder stinkt.« Im Gegensatz zu manch anderen Helden kommt dieser Joe aber nicht in Verkleidung daher, sondern ist tatsächlich dieser Stutzer, Lebemann und Spieler, auf den sein Äußeres hinweist. Daher wurde er auch – zur Schande für seinen Vater und seinen Bruder – unehrenhaft aus der Militärakademie in Westpoint entlassen. Nachdem er die Uniform seines mittlerweile ermordeten Bruders überstreift, vollzieht sich in ihm eine Wandlung. Zu einem Mann, dessen Tochter er vor Banditen rettete, sagt er nun: »Es tut gut, Menschen wie Ihnen zu helfen.« Dies stellt ganz offensichtlich eine für ihn neue Erfahrung dar, nachdem er bis dahin stets sich selbst der Nächste gewesen war.

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Schwarz und Weiß Der gemeine Rächer, Kopfgeldjäger oder Revolverheld trägt selbstredend ein gepflegtes Schwarz. Es signalisiert: Ich bringe Tod und Trauer. Meist besteht seine Oberbekleidung aus Leder. Schwarz ist kaum schmutzanfällig; zumal Satteltramps auf ihren wochenlangen Reisen durch die Prärie selten an Waschsalons vorbeikommen. Vor allem aber wirkt schwarz bedrohlicher als jede andere Farbe. Das ist gewollt. Tiefschwarz gekleidete Gestalten wie Bill Kiowa (Heute ich  … morgen du!) bringen keine Botschaft des Friedens, sondern sind allein von Rachegedanken beseelt. Auch die dunklen Figuren zahlreicher Streifen mit Anthony Steffen vermitteln bereits mit ihrem Entrée: »Ich werde euch Ärger bereiten.« Schwere schwarze Stiefel gehören dazu. Um sie gebührend zu filmen, beugt sich die Kamera tief hinab oder geht in die Knie. Unheilverkündend sieht man zunächst nur das Schuhwerk eines Mannes. Sein Träger geht nicht einfach nur, sondern setzt bedeutungsschwer einen Fuß vor den anderen. Der Schwarze in Sei una carogna  … e t’ammazzo trägt zur Verstärkung dieses Eindrucks sogar Glöckchen an den Sporen, ebenso wie Morgan in Sartana  – Bete um deinen Tod. Weil dies jedoch eine gefährliche und daher dumme Art ist, Aufmerksamkeit zu erregen, schmiert sich Morgan von Zeit zu Zeit Rasierschaum in die Glöckchen, damit der Klöppel nicht anschlägt. Gute Stiefel kosteten damals viel Geld. Daher verwundert es nicht, dass sich in manchen Filmen Männer über die Leichen ihrer Gegner hermachen, um ihnen zuerst die Stiefel auszuziehen. Entzieht sich jemand dem Dresscode, so hat auch das seine Bedeutung. John Garko verstand es, in seinen Rollen kontrastreich zwischen schwarz und weiß zu wechseln. Als Sartana trägt er stets das übliche Schwarz; noch verstärkt durch einen Umhang, der an einen Vampir erinnert. In bewusstem Kontrast dazu steht seine blütenweiße, die »Unschuld« symbolisierende Aufmachung als Spirito Santo – ebenfalls mit Cape und Hut. Sabata in der Gestalt von Lee van Cleef gehört auch zu den Schwarzen, während der gleichnamige, nun von Charles Southwood verkörpert Charakter in Django – Die Gier nach Gold die hier eher parodistische weiße Variante darstellt. Den weißen Anzug trägt selbst Klaus Kinski in Die Bestie, während sich der »Duke« (George Hilton) in El

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Macho ebenfalls mit einem schwarzen Cape, dazu aber kontrastreich mit einem weißen Schal behängt. Ponchos, Staubmäntel und rosa Strampler Ein genretypisches Kleidungsstück ist der Poncho. Lange Zeit stritten sich Sergio Leone und Clint Eastwood darum, wer von ihnen ursprünglich die Filmgeschichte mit diesem Accessoire bereichert habe. Der Regisseur erzählte stets, er habe den Poncho ausgewählt, um seiner Hauptfigur etwas Verfremdendes, Geheimnisvolles zu verleihen. Er stamme von seinem Ausstatter Carlo Simi aus Rom. Eastwood hingegen beharrte darauf, den Poncho zusammen mit anderen Kleidungsstücken vor seiner Abreise nach Italien in einem Geschäft in Los Angeles gekauft zu haben. Wie dem auch sei: Der Poncho schrieb Geschichte. Der Wollumhang ist das typische Kleidungsstück der mittel- und südamerikanischen Indianer und der armen peones. Wer so gekleidet in einen Ort reitet, verbreitet alles anderes als Furcht; anders als es den zuvor beschriebenen Männern in schwarz eigen war. Verstärkt wird dieser erste Eindruck von Joe in Für eine Handvoll Dollar durch sein Maultier, auf dem er reitet: Das scheint ein unbedeutender Mensch zu sein, der sich nicht einmal ein richtiges Pferd leisten kann. Der Poncho weist ihn als Außenseiter aus, der er ja tatsächlich auch ist. Allerdings assoziieren die vier Ganoven, die ihm zuerst in San Miguel begegnen, damit auch, dass dieser Kerl ungefährlich sei. Sie glauben, sich mit ihm den Spaß machen zu können, wie ihn sich die Gringos im Allgemeinen gern mit Mexikanern erlauben. Das erweist sich für sie als ein tödlicher Irrtum, hervorgerufen wesentlich durch das Kleidungsstück. Der Poncho ist luftig und beengt nicht. Unter ihm lassen sich Waffen ebenso verbergen wie eine schwere Metallplatte als Vorläufer der kugelsicheren Weste. Nachts lässt er sich vorzüglich als Decke verwenden und wärmt obendrein. Elegant lässt sich ein Ende des Ponchos hochschlagen, um das Ritual eines Duells zu eröffnen. Wer dies allerdings nicht beherrscht, wie die Tölpel in der Parodie Ringo e Gringo contro tutti (o. dt. T., 1966), wirft sich den Stoff dabei ins Gesicht. Es kann nicht verwundern, dass spätere Filme immer wieder diesem ersten Poncho ihre Referenz bezeugten. Eastwood selbst streifte ihn zum Finale von Zwei glorreiche Halunken auf dem Friedhof wieder

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über. In den Parodien von Franco und Ciccio, wie z. B. I due figli di Ringo, darf er nicht fehlen. Aber auch in Buccaroo  – Galgenvögel zwitschern nicht erscheint Dean Reed mit einem langen grünen Poncho  – auffälligerweise nur zu Beginn; möglicherweise erkennend, dem Vorbild nicht ebenbürtig zu sein. Ebenfalls nur am Anfang erscheint der Titelheld von Vier Halleluja für Dynamit-Joe im »Clint-Eastwood-Gedächtnisponcho«203, um später nur noch stutzerhaft in Frack und Melone herumzulaufen. Rostrot ist der Poncho, in dem Ringo in Für eine Handvoll Blei steckt. Der Grieche Cacopoulus in Vier für ein Ave Maria trägt ihn ebenso wie Chako in Kopfgeld für Chako und sogar Raquel Welch in In einen Sattel mit dem Tod. Letztere bleibt besonders im Gedächtnis haften, da der Poncho über längere Zeit hinweg das einzige Kleidungsstück ist, über das sie verfügt. In späteren Jahren wurde der Poncho mitunter durch noch skurrilere Oberbekleidung ergänzt. Berühmt ist der von Lang Jeffries getragene leo­ pardenfellartige Umhang (Requiem für Django), der nicht anderes ist als eine Decke, in die ein Loch geschnitten wurde. Der Pistolero Andrew White in Sangue chiama sangue trägt einen auffälligen Pelzmantel. Mannaja (Mannaja – Das Beil des Todes) nennt einen zotteligen alten Fellmantel sein eigen, bei dem es nicht verwundern würde, wenn er von kleinem Getier bewohnt wäre. Bud Spencer schließlich machte Furore in einer völlig verfusselten, ehemals wohl weißen Felljacke, die er in Vier für ein Ave Maria ebenso trug wie in Gott vergibt  … wir beide nie! und noch einmal viele Jahre später in Die Troublemaker. Im erstgenannten Streifen kauft er sich von der Belohnung für die Wiederbeschaffung einer Goldladung einen vornehmen Anzug. Man ahnt jedoch, dass er ihn nicht lange tragen wird und bald zu seiner verfilzten und verlausten Felljacke zurückkehrt. Andere haben mit Eleganz weniger Probleme, sondern kleiden sich stets vornehm. Sie stehen dann – wie oben beschrieben – in der Gefahr, als »Stutzer« wahrgenommen oder gar verspottet zu werden. Sabata erscheint immer adrett und wird darin nur noch von Sartana übertroffen, der mit schwarzem Anzug, schwarzem Mandrax-Cape, weißem Oberhemd, Krawatte, Hut und Ring am Finger ausstaffiert ist. Der Anzug, den Providenza trägt, wurde seiner Aussage nach extra in London für eine Audienz beim Papst in Rom angefertigt: »Das ist ein gesegneter An-

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zug!« (Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel). In Stirb oder töte spielt Peter Lee Lawrence einen hochbezahlten, elegant gekleideten Mietkiller, der eine Nagelschere an einer goldenen Kette trägt, da ihm seine Maniküre wichtig ist. Im Fall Ted Barnetts (Der lange Tag der Rache) ist es verständlich, dass er – nach eigenen Angaben – gern »gut gekleidet« geht: Er musste als Sträfling lange Zeit darauf verzichten. Seine bevorzugte Farbe ist weiß, wiederum seine Unschuld symbolisierend. Auffällig ähnlich im scharfen Kontrast zu ihrer Umgebung sind sich die beiden Franco-Nero-Figuren des Polen und des Schweden in Mercenario  – Der Gefürchtete und Zwei Companeros: Beide sind immer teuer gekleidet, während die revolutionären Bauern kaum ein Hemd auf dem Leibe haben. Neben dem Poncho führte Leone noch ein weiteres trendsetzendes Kleidungsstück ein: den fast bodenlangen, ledernen Staubmantel. In Spiel mir das Lied vom Tod vermittelt er, in Vielzahl eingesetzt, nicht nur einen hervorragenden optischen Eindruck, sondern hat auch eine dramaturgische Funktion: Die Männer aus Cheyennes Bande sind bekannt dafür, die auffälligen bräunlich-sandfarbenen Mäntel zu tragen. Daher werden solche nun auch von Frank und seinen Leuten benutzt, um ihre Mordtaten den ohnehin verfemten Verbrechern in die Schuhe schieben zu können. Die drei Killer am Bahnhof tragen diese Mäntel ebenso wie die Mörder der Familie McBain. Die Aufnahme von Franks Männern, vor der Farm stehend, mit dem Rücken zur Kamera, gehört zu den berühmtesten stills der Filmgeschichte. Auch diese Mäntel wurden von Carlo Simi bearbeitet, der sie alt und speckig aussehen ließ. In dem bewegenden Jahr 1968 kamen sie alternativen Studenten und Hippies gerade recht. Der Modetrend ging von Paris aus, wo die Mäntel bald als »Leone Style« angepriesen wurden. Es bleibt die Frage: Was trägt der Mann darunter? Es ist der sogenannte »Long John«, eine einteilige Unterwäsche, die vorn einen Schlitz und hinten eine aufknöpfbare »Heckklappe« besaß. Meist war sie – wie im Italowestern häufig zu sehen – rosafarben und erscheint somit wie die Erwachsenen-Variante eines Strampelanzugs. Sie steht im Kontrast zum Image des harten Kerls, als der ein Filmheld wirkt, solange er vollständig angezogen ist. Darum würde man im amerikanischen Western wohl auch nie John Wayne in Unterwäsche sehen, sondern allerhöchstens manchen

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Nebendarsteller, bei dem es nicht darauf ankommt, da er womöglich demnächst ohnehin das Zeitliche segnet. Die italienische Variante des Western, dem nichts Menschliches fremd ist, kann hingegen oft auch mit Helden in Unterhosen aufwarten; vor allem wenn es zum Baden geht. Ein Bandit wie Clay in Arizona Colt zeigt sich darin eher unfreiwillig, da Arizona ihm seine Kleider nahm. Die anderen Bandenmitglieder lachen über Clay, bis dieser einen von ihnen niederschlägt, um sich dessen Kleidung anzueignen. In Zwei Trottel im Wilden Westen macht eine Gruppe von Mönchen im Planwagen einen Badeausflug. Auch die Brüder tragen die beliebte Unterwäsche. Der Geheimagent Sugar Colt (Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern) erscheint in seiner Rolle als tölpelhafter Arzt sogar bewusst in Unterhosen im Saloon, um sich dort mit einigen üblen Burschen anzulegen. Überhaupt ist das Rosa unter Exzen­ trikern beliebt, so bei Western-Jack: Er trägt auch einen Pullover in dieser Farbe und sitzt mit einem ebensolchen Sonnenschirm auf dem Pferd. Behütet und beschirmt Ohne einen Hut geht im Western nichts. Er schützt vor Sonne oder Regen. Im Italowestern verdeckt er zumeist auch das Gesicht dessen, der es nicht jedem zeigen will. Franco Nero alias Django machte es in der Saloonszene vor: Der breitkrempige Hut sitzt tief im Gesicht. Sein Träger erscheint unbeteiligt; doch wehe, wenn er langsam aufblickt. Dann tun sich Abgründe auf (I Abb. 6). Hut und Gesicht werden häufig als close-up gezeigt. Der Hut ist schmutzig, Schweiß perlt von den Schläfen. »Meist konnte man schon an der Größe der Hüte sehen, ob der Film etwas taugt oder nicht«, meint Georg Seeßlen204 treffend. Tinto Brass’ Yankee muss nach diesem Kriterium zu den besten Vertretern des Genres gerechnet werden, denn beide Protagonisten (Yankee und Concho) tragen überdimensional große Hüte. Der Kopfgeldjäger Cobra Ramirez in Ein Halleluja für Camposanto hingegen braucht die breite Krempe, weil er sie mit den Skalps seiner Opfer behängt. In Django – Gott vergib seinem Colt hat der Held unter der Krempe einen »Rückspiegel« befestigt, den er erfolgreich nutzt, um auch nach hinten schießen zu können. Die preiswerte Variante für den Proletarier, insbesondere den mexikanischen, ist der Strohhut. »Amen«, der Protagonist in Dein Wille geschehe, Amigo hat seinen ebenfalls tief ins Gesicht gezogen, verfügt

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aber über einen Sehschlitz in der Krempe, der trotzdem den Überblick gewährleistet. Paco (Mercenario – Der Gefürchtete) trägt einen Som­ brero mit überdimensionaler Krempe. Klaus Kinskis Johnny in Die Bestie trägt einen reichlich dumm aussehenden Hut aus Stroh; möglicherweise ein versteckter Hinweis, dass sich im Kopf unter dem Hut auch nichts anderes finden lässt. Denn Johnny stellt sich immer wieder recht dämlich an, was nichts daran ändert, dass er kreuzgefährlich ist. Für andere Helden, die nicht ganz ernst zu nehmen sind, bleibt die Melone. Der skurrile Titelheld in Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel wirkt damit wie »eine Mischung aus Charlie Chaplins Tramp (mit von der Melone abgeknickten Ohren) und asiatischem Kabuki-Theater«205. Eine besonders alberne Ausführung dieser Kopfbedeckung trägt der von Ty Hardin gespielte Charakter in Man nannte ihn Sacramento. Auch Spencer und Hill bevorzugen die Melone, wenn sie sich – zumindest kurzzeitig – mit neuer Garderobe ausstatten (Vier Fäuste für ein Halleluja). Bei Sergio Leone wurde auch der Hut dramaturgisch eingesetzt. Nicht nur, dass Woody Strode genüsslich Wasser aus der breiten Krempe schlürft (Spiel mir das Lied vom Tod); auch als Gesellschaftsspiel für Männer müssen Hüte herhalten: In Für ein paar Dollar mehr veranstalten Monco und Mortimer ein Zielschießen auf den Hut des jeweils anderen. In Mein Name ist Nobody lässt Tonino Valerii diese Form des Kräftemessens zwischen Beauregard und Nobody nochmals aufleben. Vollends skurril wird es, wenn die Helden auf dem Pferd mit einem Sonnenschirm reiten. Ähnlich wie Alejandro Jodorowsky 1970 bereits in seinem Klassiker El Topo mit einem schwarzen Sonnenschirm unterwegs war, tat es ihm Sabata im selben Jahr mit einem weißen gleich (Django – Die Gier nach Gold). Auch Dallas in Fäuste wie Dynamit und der Titelheld in Western-Jack sind gut beschirmt unterwegs. Man sollte trotzdem nicht auf die Idee kommen, sie dafür zu belächeln. Zu den erwähnenswerten Kleidungsaccessoires gehören unbedingt auch Wobbles’ Hosenträger und sein Gürtel. Der aufgedunsene, schleimige Wäschereibesitzer aus Spiel mir das Lied vom Tod (Marco Zuanelli in seiner zweifellos bekanntesten Rolle) ist ein zutiefst verängstigter Mensch, der sich nach allen Seiten hin abzusichern versucht. Diese Angst und sein

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Sicherheitsbedürfnis spiegeln sich darin wider, dass er sowohl Hosenträger als auch einen Gürtel trägt, um in einer aus den Fugen geratenen Welt zumindest sein Beinkleid zu sichern. Frank hat ihn darin durchschaut: »Soll ich einem Mann trauen, der sich einen Gürtel umbindet und gleichzeitig Hosenträger trägt? Einem Mann, der nicht mal seine eigenen Hosen vertraut?« Aus biblischer Sicht ist das »Gürten« (Hosenträger waren zu jener Zeit noch nicht in Mode) mit männlicher Entschlossenheit und Wehrhaftigkeit verbunden. Ein Mann gürtete – und raffte damit – sein Obergewand, damit es ihn nicht im Kampf behinderte. Gleichzeitig wurde damit das Schwert um die Lenden gegürtet (vgl. 2. Mose 32,27; 1. Samuel 25,13). Ist der Gürtel gestrafft, ist der Mann zum Kampf bereit (vgl. Jesaja 5,27), auch zur geistlichen Auseinandersetzung (vgl. Epheser 6,14). Umgekehrt ist der ein geschwächter Mann, dem der Gürtel abgenommen wird (vgl. Jesaja 45,1). Wobbles konterkariert die Bedeutung des Gürtens (im Western ist es das Anlegen des Revolvergurts) durch die gleichzeitige Verwendung der Hosenträger. In seinem Bestreben, sich doppelt abzusichern, gleicht er den von Elia kritisierten Baalspriestern in ihrem »Hinken auf beiden Seiten« (vgl. 1. Könige 18,21). Wobbles stirbt bezeichnenderweise durch drei Schüsse, die auf Hosenträger und Gürtel gerichtet sind.206 Aquaphobie Die Frage nach der persönlichen Körperhygiene gehört zu den heikelsten dieser Abhandlung. Doch auch dieses Thema wird in den Filmen nicht ausgespart. Wer sich bisher fragte, wie es den berühmten Western-Protagonisten Hollywoods gelang, auch nach monatelangem Aufenthalt in der Prärie noch passabel gekleidet zu sein und selbst in prekären Situationen dem Gegner mit korrekt gescheiteltem Haar und frisch gestärktem weißen Oberhemd entgegentreten zu können, wird nunmehr eines besseren belehrt: Die Wirklichkeit sah anders aus. Im Italowestern wird daher geschwitzt und gestunken. Riechen kann es der Zuschauer im Kinosaal zwar noch nicht, der schmutzige Schweiß jedoch ist dank der close-ups nicht zu übersehen. Die Kleidung steht vor Dreck, denn ihr Träger ist lange nicht herausgekommen. Es macht ihm aber offenbar auch nichts aus. Er ist daran gewöhnt.

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Am praktischsten ist es für ihn, wenn er sich gar nicht auszieht. Er muss schließlich ständig darauf gefasst sein, dass ihm Gegner auflauern. Jedenfalls hat man noch keinen der Helden im Pyjama schießen sehen. So fragt Silvanito in Für eine Handvoll Dollar am Morgen seinen angekleideten Gast Joe: »Sag mal, hast du etwa in dem Aufzug im Bett gelegen?« Er bekommt zur Antwort: »Ich wollte dein Laken nicht schmutzig machen.« Zu den Personen mit dem unmöglichsten Aufzug zählt zweifelsohne Terence Hills Trinità-Figur. Sowohl in Die rechte und die linke Hand des Teufels als auch in Vier Fäuste für ein Halleluja trägt er dasselbe dreckige Hemd, das von Motten zerfressen und mit Brandlöchern übersät ist. Häufig klopft er seine Kleidung ab und hinterlässt dabei erhebliche Staubwolken. Nur das Erbarmen mormonischer Siedler führt dazu, dass Trinità neu eingekleidet wird (Die rechte und die linke Hand des Teufels). Die Möglichkeit, sich regelmäßig zu waschen, ziehen er wie auch viele andere Männer nicht in Betracht. Von Trinitàs Bruder Bambino wird gesagt, es waren drei Stück Seife nötig, um ihn sauber zu bekommen, bevor er das Amt des Sheriffs antrat (Die rechte und die linke Hand des Teufels). Wasser wirkt auf jene, die sonst als »mit allen Wassern gewaschen« erscheinen, geradezu abschreckend. Es bedarf erst des Wunsches einer Frau, um diese Wasserscheu einmal zu thematisieren. Als Jill (Spiel mir das Lied vom Tod) in der Poststation nach Wasser zum Waschen verlangt, schaut sie der Mann hinter dem Tresen (Lionel Stander) fassungslos an: »Wasser? Ja, wissen Sie, Wasser ist hier bei uns nicht besonders beliebt. Die Leute werden ganz nervös, wenn sie was davon hören.« – »Sagen Sie, waschen Sie sich nie?« – »Natürlich. Jeden Mittwoch.« – »Ich will mich jetzt waschen, und dazu braucht man ja wohl Wasser, oder?«, beharrt Jill. »Ja selbstverständlich«, gibt der Barmann nach. »Ich hab einen Eimer, da haben sich erst drei Mann drin gewaschen. Und der letzte war ’n richtiges Prachtexemplar.« Jill süffisant: »Dann ist das ja mein Glückstag heute.«207 Während Jill zu späterer Zeit noch ein ausgiebiges Bad in einem Hotel nimmt, zählt ein solches für die meisten männlichen Vertreter im Italowestern zu den besonders gefürchteten Angelegenheiten. Lieber schießen sie sich die Köpfe weg, als sie unter Wasser zu stecken. »Je männlicher einer ist, umso mehr stinkt er«, lautet daher das Urteil des Mädchens in

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Lucky Johnny, das ihren Liebhaber zum Baden nötigt. Auch WinchesterJack muss von seiner Gespielin vor dem Beischlaf mit Waffengewalt dazu gezwungen werden (Drei Halunken und ein Halleluja). Seine Ausrede: »Ich war doch vor einem Monat« lässt sie nicht gelten. Danach stellt Jack fest: »So sauber war ich seit der Konfirmation nicht mehr.« In Vier Fäuste für ein Halleluja ist es lediglich das Verdienst der resoluten Mutter, dass man ihre Sprösslinge Spencer und Hill einmal in der Wanne erleben kann. Jahre später ließ E.B. Clucher auch ihre Epigonen in Trinità & Bambino  … e adesso tocca di noi (Trinity und Baby­face, 1995) in der Wanne planschen. Beide haben lange kein Wasser mehr gesehen und müssen von einigen Frauen so lange abgeschrubbt werden, bis ihre eigentliche Hautfarbe wieder zum Vorschein kommt. Ist ein Bad unumgänglich, so steigen die Männer vornehmlich in voller Montur in die Holzwanne. So erlebt man es bei Tepepa, der angezogen ins Wasser geht, sich ein wenig bespritzt und meint: »Das genügt.« Da dem Mann des Westens der »lange John« zur zweiten Haut geworden ist, behält er gern seine Unterwäsche an, wie Fidel in Johnny Yuma. Ebenso verfährt »Kid der Schreckliche« bei einem Bad im Fluss, das zu einem augenblicklichen Fischsterben führt (Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel). Es sind nur wenige, die den Mut haben, tatsächlich nackt in eine Wanne zu steigen. Weihwasser-Joe gehört zu ihnen. Das ungleiche Paar Ben und Charlie hat auch vom Baden unterschiedliche Vorstellungen: Ben steigt nackt in die Wanne und hinterlässt schmutzig-braunes Wasser, in das nun auch Charlie steigt – in Unterhosen. Im Falle des Titelhelden aus Sein Name war Pot – aber sie nannten ihn Halleluja, der sich ebenfalls in einem Fluss wäscht, wird deutlich, warum es gefährlich ist, sich aller Kleidung zu entledigen: Ein Mexikaner stiehlt ihm alles. Pot geht zum Schluss »nackt in die Welt«. Ein Bad kann daher – ebenso wie der andere, bereits betrachtete Ort der Reinlichkeit, der Barbierladen – schnell zur Todesfalle werden. Darum empfiehlt es sich, selbst in der Wanne nicht unbewaffnet zu sitzen. Mancher verdankt dieser Vorsicht sein Leben: Tuco (Zwei glorreiche Halunken) ebenso wie Cat (Gott vergibt  … Wir beide nie!). Der eine hat den Colt auch im Wasser zur Hand, der andere ist zumindest so flink, rechtzeitig aus der Wanne zu springen.

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Insgesamt muss ein ernüchterndes Fazit gezogen werden: Um die Körperhygiene von Männern im Italowestern ist es äußerst schlecht bestellt. Dies sollte aber nicht einfach auf die damaligen Verhältnisse geschoben werden. Es geht auch anders, wie ein Blick auf Der Mann mit der Kugelpeitsche zeigt: Den Aufenthalt während des Zwischenstopps einer Postkutsche nutzt lediglich ein einziger Mann dazu, um sich gründlich zu waschen: Es ist der zuvor von den Mitreisenden mit rassistischen Beleidigungen überhäufte Chinese. Was darf uns das sagen?

3. Melodie in Blei: Musikinstrumente und Spieluhren Im einleitenden Kapitel wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Italowestern seinen Charme, seine Originalität und seinen Erfolg zu einem wesentlichen Teil einer neuartigen Synthese von Bild und Musik verdankt. Eine weitergehende musikwissenschaftliche Analyse würde jedoch sowohl den thematischen Rahmen der vorliegenden Untersuchung als auch die Fachkenntnisse des Autors weit übersteigen.208 Im Folgenden soll es vorrangig um Musik gehen, sofern sie diegetisch eingesetzt wird. Als »diegetisch« wird im Film solche Musik bezeichnet, die nicht als Hintergrunduntermalung aus dem Off kommt, sondern innerhalb der Handlung auf tatsächlich vorhandenen, gezeigten Instrumenten gespielt wird. Die Mundharmonika Deutsche Verleihtitel verweisen häufig auf die Tatsache, dass es im Italowestern musikalisch zugeht: Todesmelodie, Das Lied von Mord und Totschlag, Das Todeslied von Laramie, Sing mir das Lied der Rache, Schiess mir das Lied vom Sterben, Melodie in Blei, Seine Kugeln pfeifen das Todeslied. Sie alle nehmen letztlich Bezug auf einen einzigen Titel: Spiel mir das Lied vom Tod ist als Wortschöpfung zwar ebenfalls die Erfindung deutscher Verleiher (und kommt so weder im Originaltitel noch als Dialogzeile im gleichnamigen Film vor209), gibt jedoch treffend wieder, worum es dort thematisch – nicht vorrangig, aber eben auch – geht: um einen Mann und sein Musikinstrument. Bevor der Protagonist erstmalig zu sehen ist, ertönt zunächst die Mundharmonika. Auch bei seinem zweiten Auftritt kündigt er sich damit an. Er trägt das Instrument wie einen Talisman an einem Lederband

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um den Hals und wird so mit ihm identifiziert, dass man ihn sogar danach benennt. Er scheint die Mundharmonika jedoch nicht deshalb zu gebrauchen, weil er sie gern spielt. Im Gegenteil: Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als seien seine musikalischen Fähigkeiten stark limitiert. Nie spielt er eine vollständige Melodie oder gar zur Unterhaltung am romantischen Lagerfeuer der Cowboys. Es muss einen anderen Grund dafür geben, dass er sie um den Hals trägt. Er macht damit lediglich neugierig oder verbreitet Furcht, wie z. B. in der Nacht vor Jills Haus. Von Beginn an wird eine Spannung aufgebaut allein durch die Frage, warum er nichts Besseres zu tun hat, als ständig eine kurze, nicht gerade eingängige Tonfolge abzusondern. Das Motiv seiner Handlungen ist offensichtlich auf mysteriöse Weise mit diesem unscheinbaren Instrument verbunden. Deshalb spielt es auch bei der Auflösung eine entscheidende Rolle. Erst als der Mundharmonikaspieler seinem Todfeind Frank das Instrument zwischen die Zähne steckt, werden diesem die Zusammenhänge klar. Er haucht sein Leben buchstäblich durch die Mundharmonika hindurch aus. Daher heißt das entsprechende Stück des Scores bezeichnenderweise L’ ultimo rantolo (Das letzte Röcheln). Leone huldigt hier einer Vorliebe für den diegetischen Einsatz von Musik, der er zuvor bereits mit den beiden Spieluhren in Für ein paar Dollar mehr Ausdruck verliehen hatte. Weiterhin ist zu erinnern an das Häftlingsorchester in Zwei glorreiche Halunken mit seinen deutlichen geschichtlichen Bezugnahmen. In seinem letzten Werk Es war einmal in Amerika sollte es dann die Panflöte sein, deren Melodie, von Cockeye gespielt, den gesamten Film begleitet. Hatte Leone schnell die besondere Wirkung der Filmmusik als narratives Element erkannt, eröffnete ihm der Einsatz von Musikinstrumenten als Teil der Handlung zusätzliche Möglichkeiten, diesen Aspekt zu verstärken. Ohne einen kongenialen Partner wie Ennio Morricone an seiner Seite wäre ihm dies jedoch kaum in dieser Weise gelungen. Morricone feierte viele Jahre später einen seiner größten Erfolge ebenfalls mit diegetischer Musik: in Roland Joffés The Mission (Mission, 1986), in dem Gabriel’s Oboe erklingt. Dafür wurde er mit dem Golden Globe ausgezeichnet und für den Oscar (lediglich) nominiert. Wie fast alles, was Leone im Genre initiierte, kam auch die Mundharmonika in der Folgezeit weiterhin zum Einsatz: In Tampeko  – Ein

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Dollar hat zwei Seiten bläst sie der Südstaatler Gary in der Arrestzelle. Später erklingt das Instrument immer dann, wenn irgendwo der Tod naht. In Der Tod ritt dienstags wird sie von einem Hilfssheriff gespielt, bis Scott Mary dem Konzert mit einem tödlichen Schuss ein Ende setzt. Der Schwarze Al in Die letzte Rechnung zahlst du selbst spielt das Instrument ebenfalls gern. Hier wird sogar angemerkt, dass »diese Schwarzen« besonders musikalisch seien. In Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie spielt ein mit anderen zusammen verfolgter Bandit die Mundharmonika, ohne darüber nachzudenken, ob er sie alle damit nicht verrät.210 Als Alternative zur Mundharmonika ist die Maultrommel beliebt, gespielt von dem tauben Deaf Smith (Das Lied von Mord und Totschlag), dem Mexikaner »El Loco« (Ehi amigo  … sei morto!) oder den fahrenden Händlern in Der Fremde von Paso Bravo sowie Weihwasser-Joe. Ein weiteres Blasinstrument ist die Trompete, meist gespielt von diversen Armeeangehörigen, die ihre Truppe damit instruieren, aber auch von einem Mexikaner während einer Saloonschlägerei (Giunse Ringo e  … fu tempo di massacro). In Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern erklingt von den Bergen her eine Trompetenfanfare. Wie ein Ruf zum Gericht aus der anderen Welt (ähnlich den vielen Posaunen in Offenbarung 8–11) erinnert sie die Verbrecher in Snake Valley an die Morde und Entführungen vieler Angehöriger einer militärischen Einheit der Nordstaatler. Schließlich gibt es in Lo ammazzo come un cane  … ma lui rideva ancora! (o. dt. T., 1971) wiederum einen Mann, der nach seinem Instrument benannt ist: »Piffero«, ein Meister der Blockflöte. Auch Espedito (Viva Cangaceiro) spielt eine solche Holzflöte, die aber ebenso als todbringendes Blasrohr Verwendung findet. Weiteres Instrumentarium Wenn ein Mann unter dem Namen »Banjo« bekannt ist, lässt sich ebenso unschwer erraten, welches Instrument er spielt. In Sabata zeigt dieser Musiker, dass er darauf nicht nur die Saiten anschlagen, sondern damit auch schießen kann. Auch der russische Großfürst Kropotkin in Man nennt mich Halleluja kann seine Balalaika als Gewehr benutzen, wenn er damit nicht gerade das Titelthema von Stelvio Ciprianis Score zum Besten gibt.

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In den das Genre dominierenden mexikanischen, von Mariachis geprägten Gefilden sind natürlich auch unzählige derartiger Musikgruppen präsent, die stets bei Feiern oder Orgien von Großgrundbesitzern, Banditen oder Revolutionären aufspielen. Ebenso treten Sologitarristen in Erscheinung: Johnny Blyth, ein von Robert Woods verkörperter Zorro-Verschnitt (Starblack  – Schwarzer Gott des Todes) ebenso wie George (Peter Lee Lawrence) in I quattro pistoleri di Santa Trinità. Beide singen auch dazu. In Monta in sella, figlio di  … befindet sich unter einer Gruppe von Abenteurern auch ein vorgeblich Blinder, der Gitarre spielen und selbst schießen kann. Während bei einer Trauerfeier in Djurado (o. dt. T., 1967) die Gitarre erklingt, spielt der Bestatter Duke in Hasse deinen Nächsten zu diesem Anlass die Ziehharmonika. Jerry alias Ringo (Für eine Handvoll Blei) ist nicht nur ein Pistolero, sondern auch ein fahrender Geiger, der im Saloon auftritt. Es wird ebenfalls gesungen, neben mexikanischen Volksweisen vor allem Spirituals und andere geistliche Lieder. Swing Low, Sweet Chariot erklingt sowohl in Lola Colt – Sie spuckt dem Teufel ins Gesicht (gesungen von einem Spontanchor) als auch in Verdammt zu leben, verdammt zu sterben (von dem Farbigen Bud interpretiert). Im selben Film singen christliche Pilger auf ihrer Reise ein Lied von »Christian soldiers« und ähnlichem. Glory Glory Hallelujah wird in Fünf Klumpen Gold vom Kirchenchor zu Gehör gebracht und ertönt ebenfalls in All’ovest di Sacramento. Amazing Grace, das berühmte Lied von John Newton, wird in Buck ai confini del cielo (Bucks grösstes Abenteuer, 1991) anlässlich einer Beerdigung gesungen. Fromme Männer, die Gospels singen, finden sich auch auf der Ranch des Titelhelden aus Man nennt ihn Sacramento. Am Heiligabend wird auf einer anderen, von Banditen besetzten Ranch das obligatorische Stille Nacht, heilige Nacht gesungen (Eine Pistole für Ringo). Ennio Morricone nimmt die Anfangsakkorde des Liedes musikalisch auf, während Ringo beim Auslegen von Dynamit gezeigt wird. In Eine Faust geht nach Westen erklingt anlässlich einer Geburtstagsfeier ein »Halleluja«-Song, der ebenfalls aus der Feder Morricones stammt. Der Freude über eine Hochzeit wird in Due Croci a Danger Pass Ausdruck gegeben, indem eine Sängerin anstimmt: »We thank the Lord for a day like this«. Auch der Titelsong zu Si quieres vivir  … dispara ist ein gesungenes Gebet: »O Lord, I pray for rain«.

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Etwas anders geht es naturgemäß im deutschen Western Potato Fritz zu: Hier stimmt der Pfarrer, der mit Siedlern durch Indianergebiet zieht, den Luther-Choral Ein feste Burg ist unser Gott an, um sich und den anderen Mut zu machen: »Solange der Herr mit uns ist, haben wir nichts zu befürchten.« Eine der Prostituierten in The Hunting Party (Leise weht der Wind des Todes, 1971) singt während einer Zugfahrt sogar das Erntedanklied Wir pflügen und wir streuen von Matthias Claudius in einer englischen Fassung. An diesen Beispielen wird deutlich, dass der Gesang im christlichen Kulturkreis seine Wurzeln vor allem in geistlicher Musik hat. Schließlich kann man aber auch den »Polen« in Mercenario – Der Gefürchtete einmal dabei beobachten, wie er eine Melodie vor sich hin singt: »Hat ein Freund von mir komponiert«, erklärt er, »ein gewisser Chopin.« Die Orgel Wir widmen uns nun den Tasteninstrumenten. Das Klavier ist im Western von je her fester Bestandteil eines Saloons. Der Pianist spielt für sich oder begleitet die Damen vom Ballett. Er hat oft einen schweren Stand: sei es, dass seine Musik missfällt, sei es, dass er schwarz ist und sich rassistischen Anfeindungen ausgesetzt sieht. In Colorado Charlie hat er deshalb vorsorglich ein Schild neben dem Klavier aufgehängt: »Don’t shoot the pianist!«211 In Die 7 Pistolen des MacGregor nutzt ein unterforderter Kollege die Schlägerei um ihn herum dazu, endlich die »Klassik« spielen zu können, die sonst niemand im Saloon hören will. In Adios Sabata sind Yul Brynner und Dean Reed (die sich ansonsten gar nicht verstanden) beim vierhändigen Spiel im Saloon zu erleben. In vornehmen Familien bevorzugt man hingegen das Spinett (Django – Ein Sarg voll Blut), das selbst von manchem Mordgesellen gespielt wird (Seine Kugeln pfeifen das Todeslied). Ein Instrument kann auch anderen Zwecken dienen als der Musik: In 100.000 Dollar für Ringo wird ein altes Klavier vor ein Farmhaus geschoben, um bei einem Überfall dahinter Deckung zu finden. Während das Klavier sowohl im amerikanischen als auch im italienischen Western seinen festen Platz hat, ist der Einsatz der Kirchenorgel im Italowestern ebenso auffällig wie bezeichnend und kommt in dieser Weise in Hollywood nicht vor. Der Grund ist offensichtlich: Während

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der US-Western als Geschichtsepos im Rahmen des Immanenten bleibt, überschreitet der Italowestern häufig die Grenze zum Transzendenten und Mythologischen. Diese Grenzüberschreitung wird häufig durch den nichtdiegetischen Einsatz der Orgel markiert. Hört man ihre Klänge, so bahnt sich ein besonders dramatisches Geschehen von biblischer Tiefe, ein quasi-göttliches Eingreifen an. In Todesmelodie hingegen ist der Orgelklang, der einsetzt, sobald die Bank von Mesa Verde ins Bild kommt, ein Verweis auf die Vergötzung dieser Festung Mammons, wie sie von Juan betrieben wird. Aber auch die Orgel selbst wird vorgeführt, zum Beispiel in Margheritis Satan der Rache: Hier spielt ein Priester, der ansonsten stumm bleibt, inmitten eines apokalyptischen Chaos die Orgel. Es ist sein Kommentar zum Geschehen, dem er nichts anderes mehr entgegenzusetzen weiß. Selbst als Acombar ihn erschießt, greift er noch sterbend nach den Tasten des Instruments. Wolfgang Luley und Daniel Maier deuten dies so: »Musik ist die Äußerung der Amtskirche zur sich abspielenden Rache und von soviel Gewalt – sie hat nichts mehr zu predigen, kann nur noch begleiten.«212 Dass auch Sartana ein ausgezeichneter Organist ist, der offenbar eine musische Bildung erfuhr, wurde bereits erwähnt. »Ich spiele einfach gern«, bekennt er in Sartana kommt. Er ist in diesem Film mit der wohl berühmtesten, einer transportablen Orgel unterwegs, die er sogar im Pferdestall spielt, die bekanntlich aber auch noch für gänzlich andere Zwecke  – sozusagen als »Stalinorgel«  – verwendet werden kann. Auch »Banjo« in Sabata, dessen eigentliche Domäne das Saiteninstrument ist, vermag auf der Kirchenorgel ein Requiem zu spielen. Woody, der farbige Christ in Django  – die Nacht der langen Messer, spielt mehrfach das Harmonium in der Kirche, während der Pfarrer dazu den Blasebalg tritt. Dazu singt der Schwarze ein Spiritual, in dem es heißt »Jesus never failed«. »El Loco«, der Mexikaner in Ehi amigo  … sei morto! belebt eine bis dahin verlassene Kirche durch sein Orgelspiel inmitten vieler brennender Kerzen. In I quattro pistoleri di Santa Trinità schließlich steht im Gasthaus von Papa Martinez statt des vermuteten Klaviers eine Orgel, die auch häufig traktiert wird.

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Zeig mir das Spielzeug des Todes Neben Musikinstrumenten sind mechanische Spieluhren oder -dosen zu einem festen Bestandteil des Genres geworden. »Musical fetish«213 nennen sie Laurence Staig und Tony Williams. Eine normale Taschenuhr reicht nicht aus. Sie muss eine Melodie spielen können und stellt häufig – ähnlich wie Leones Mundharmonika – ein bedeutsames narratives Element dar. Leone war es auch, der in Für ein paar Dollar mehr die Spieluhr gleich in doppelter Ausführung in die Handlung einbrachte.214 Sie spielen eine Melodie und zeigen innen das Bild einer jungen Frau. Colonel Mortimer besitzt die eine, Indio die andere. Der Bandit betrachtet sie häufig im Marihuana-Rausch und wird von dunklen Erinnerungen heimgesucht. Welches Schicksal die beiden Uhren und die beiden Männer verbindet, wird erst zum Schluss deutlich, als sich das porträtierte Mädchen als Mortimers Schwester herausstellt. Sie wurde einst von Indio sexuell bedrängt und nahm sich darum das Leben. Eine bitter-wehmütige Erinnerung beim Betrachten einer solchen Uhr ist ein häufiges Motiv. Auch der Protagonist in Ein Fressen für Django führt eine Spieluhr mit sich, die das Foto seiner ermordeten Frau enthält. In Eine Flut von Dollar findet Jerry auf seiner verlassenen Ranch eine Spieluhr, die ihn an sein früheres Leben erinnert. Eine größere Rolle spielt eine Spieluhr in dem Fidani-Film Adios Companeros: Von den zwei getöteten Brüdern des Banditen Slander war einer im Besitz einer solchen. Slander schwört: »Diese Uhr soll dem Mörder zur letzten Stunde schlagen!« Später findet sich die Uhr auf einer verbrannten Farm wieder, die der Familie Nevada Kids gehörte, die bei einem Überfall umkam. Kid nimmt sie an sich und sucht mit ihrer Hilfe die Mörder: »Ihre Melodie wird für denjenigen den Tod bedeuten, der den Mord befohlen hat!« Hier eine kleine Kollektion weiterer Spieluhren: Als Hommage an Leone erklingt stets dann bedeutungsschwanger die Melodie einer Spieluhr, wenn Manuel seine schwarzen Handschuhe überstreift, ohne die er keinen Colt mehr anfasst (Friedhof ohne Kreuze). Ein Duell, bei dem eine Spieluhr Verwendung findet, kann als Zitat aus Für ein paar Dollar mehr betrachtet werden (Ringo e Gringo contro tutti).

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In Ringos Haus gibt es eine Spieluhr, die Maurizio Grafs Titelsong spielt (Ringo kehrt zurück). Paco stellt Spieldosen her, auf denen sich Puppen zum Tanz drehen (Der Gefürchtete). Billy the Kid erhielt einst von seiner Mutter eine kleine Spieldose. Nach seinem Tod wird sie Pat Garrett als Erinnerungsstück ausgehändigt. (Sein Steckbrief ist kein Heiligenbild). Sartana findet bei der Leiche eines Ermordeten eine Spieluhr, nimmt sie an sich und lässt fortan immer unheildrohend ihre Melodie erklingen. Das macht die Leute zunehmend nervös (Sartana  – Bete um deinen Tod). Tresette besitzt eine Spieldose, d. h. mehr einen Kasten, der neben dem Spielwerk auch ein Mini-MG enthält. Unter dem Deckel kommt zusätzlich ein durch eine Feder gespannter Boxhandschuh zum Vorschein (Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blüh`n?). Die Taschenuhr von Francisco »Paco« Montero spielt die Melodie La cucaracha (Matalo). Eine Spieluhr gibt das Lied My Darling Clementine wieder (Alles fliegt dir um die Ohren). Nobody hat einen Wecker um den Hals hängen, der Musik spielt. Den braucht er auch, da er häufig schläft (Nobody ist der Grösste). Eine mumifizierte Leiche trägt eine Spieluhr bei sich (Tex e il Signore degli abissi, Tex und das Geheimnis der Todesgrotten, 1985).215

Auch Uhren ohne Spielwerk kommen vor: In Zwei Aasgeier wurde Goofos Bruder eine Uhr vom Banditen Carranza gestohlen. Goofo holt sie sich zurück. Johnny Yuma besitzt eine Uhr mit Wecker. Daran muss man einen Code einstellen, damit ihr Deckel aufspringt. Derselbe Code funktioniert auch, um einen Tresor im Haus seines ermordeten Onkels zu öffnen. Dort befindet sich ein Testament, das Johnny begünstigt. Der Bandit Gordon Watch (Arizona Colt), dessen Leidenschaft schon in seinem Nachnamen zum Ausdruck kommt, wird von seinem Gegner Arizona während des finalen Duells auf den Schlag einer Uhr hingewiesen: »Selbst die Uhr merkt, dass deine letzte Stunde geschlagen hat.« In diesem Sinne wird den Spieluhren häufig beim Showdown eine entscheidende Rolle zugewiesen. Hier geben sie das Startsignal, um den

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Colt zu ziehen. Auf diese Weise gelingt es Leone, in Für eine paar Dollar mehr den Endkampf zu einer hochdramatischen Angelegenheit zu machen. Die Zeit, in der die Melodie abgespielt wird, gibt ihm Gelegenheit, seine berühmten close-ups der Gesichter der Kontrahenten zu zeigen. Endet die Musik, darf geschossen werden. Auch in Irren ist tödlich, der Parodie auf diesen Film, darf diese Szene nicht fehlen. Gelegentlich erfüllen allerdings auch anderen Requisiten diese Funktion, den Countdown bis zum Ziehen herunterzuzählen. In Vier Fäuste und ein heisser Ofen ist es eine Klavierwalze, auf der ein Stück abgespielt wird. In Sartana – Bete um deinen Tod soll geschossen werden, sobald sich ein aufgeschnittenes Säckchen mit Goldstaub vollständig geleert hat (nach Art einer Sanduhr). In Zeig mir das Spielzeug des Todes steht ein kleiner mechanischer Spielzeugtrommler im Mittelpunkt, ein Spielzeug des ermordeten Sohnes des von Ty Hardin verkörperten Fremden. Dieser wird von ihm immer dann aufgestellt, wenn er Männer zu erschießen gedenkt. Der Rächer weist dann darauf hin: »Das Trommeln dauert nur eine Minute.« Er selbst allerdings feuert schon, bevor der Trommler geendet hat! Mit solch einer Unverschämtheit durchzukommen ist wahrlich nur in einem Italowestern möglich.

4. Ein Sarg voll Blut: Särge Über die Bedeutung des Bestattungsunternehmers und Sargtischlers wurde bereits gesprochen (s. Kap. II.4: Bestatter). Hier nun geht es um das von ihm vorrangig gefertigte und vertriebene Produkt. Er preist es gern in höchsten Tönen an und ist stolz auf die Kunstfertigkeit, mit der er es geschaffen hat. Die Bestellung als öffentliche Bekanntmachung In der Regel aber ist ein besonderer Aufwand bei der Herstellung kaum vonnöten. Eine hohe Sterblichkeitsrate, wie sie einem guten Italowestern eigen ist, erfordert eine einfache, schnelle, preiswerte und zweckmäßige Form der Bestattung. Wo der Tod derart grassiert, wird er durch den Sarg symbolisiert: eine aus rohem Holz gezimmerte Holzkiste, die in hoher Stückzahl benötigt wird. Die Bedeutung dieses Requisits für das Genre spiegeln wiederum diverse deutsche Verleihtitel wider: Django – Ein



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Sarg voll Blut, Django – Wo steht dein Sarg?, Ein Colt für hundert Särge, Ein Sarg voll Dynamit, Neun Särge für McGregor, Sarg der blutigen Rache, Sarg der blutigen Stiefel, Särge ohne Leichen, Shamango passt in keinen Sarg. Im Italienischen wird entsprechend der Begriff »bara« verwendet: Per una bara piena di dollari, Preparati la bara!, C’è Sartana  … vendi la pistola e comprati la bara!, Una bara per lo sceriffo. Zudem handelt es sich beim Sarg um ein unverzichtbares Symbol jüdisch-christlicher Bestattungskultur. Im Islam ist eine Grablegung des Leichnams ohne Sarg vorgeschrieben, der Buddhismus sieht eine Feuerbestattung vor. Oft werden Särge auf Bestellung produziert. Preparati la bara! ist daher nicht nur der Originaltitel eines Films von Ferdinando Baldi. So lautet vielmehr auch die häufig ausgesprochene Anweisung an den Sargtischler: »Bereite den Sarg vor!« Deutlich wird dabei immer wieder auf Für eine Handvoll Dollar Bezug genommen, wo erstmals öffentlich eine solche Bestellung aufgegeben wurde. Auffallend ist, dass Särge manchmal angefordert werden für Personen, die sich noch bester Gesundheit erfreuen. Hier handelt es sich um mehr als eine simple Bestellung. Der Auftrag an den Bestatter ist verbunden mit einer öffentlichen Ankündigung. Der Inhalt dieser Bekanntmachung: Der Auftraggeber der Särge wird dafür sorgen, dass diese auch in Kürze ihrer Bestimmung zugeführt, d. h. gefüllt werden können. Die Bestellung Joes bei Piripero (Für eine Handvoll Dollar) ist für seine Opfer in spe deutlich vernehmbar. So geschieht es häufiger. In Sartana – Noch warm und schon Sand drauf beispielsweise lässt der Held einen besonders teuren Sarg anfertigen und schickt ihn dem Bankier Hoberman. Auch Austin Styles, der town boss in Dio in cielo  … Arizona in terra bekommt einen Sarg, in dem ein Kranz liegt, nach Hause geschickt. Mit einem bereits bezahlten Sarg begibt sich ebenso der Totengräber in Für 1.000 Dollar pro Tag zu einer Ranch, auf der mehrere Brüder wohnen, auf die der Tod wartet. Kirchner in Für ein paar Leichen mehr bestellt den Hersteller sogar in den Saloon und erteilt ihm den Auftrag, einigen Anwesenden seine Modelle vorzustellen. Sie bräuchten sie demnächst. Zu einer Ankündigung des nahen Todes – wenn auch hier ohne Öffentlichkeit – gerät ebenso das Aufstellen von vier Särgen in einem verlassenen Kloster (Django, der Bastard). Der

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Titelheld hat vier Männer dort hinbestellt, die auf den Särgen ihre Steckbriefe vorfinden. Django selbst steigt aus einem der Särge, um die vier ihrerseits in dieselben zu befördern. Es steckt nicht immer drin, wen man vermutet Den hohen Symbolwert des Sarges verdeutlichte auch Sergio Corbucci in Django. Sein Protagonist reitet nicht zu Pferd durch die Prärie, sondern ist zu Fuß unterwegs und schleppt dazu noch einen offenbar schweren Sarg hinter sich her  – durch aufgeweichtes, matschiges Gelände. Das erscheint völlig absurd. Erst wenn der Sarg zum ersten Mal geöffnet wird, erschließt sich der Sinn. Zuvor ergeht sich sein Besitzer lediglich in Andeutungen: »Wenn ich mal einen Sarg aufmache, stimmt die Kasse!« Absurdes Theater bleibt es trotzdem, wenn ein Mann zu Fuß einen Sarg mit sich schleppt. Trotzdem – oder gerade deshalb – sah man in der Folgezeit noch weitere Gestalten so unterwegs; Johnny in Der kleine Schwarze mit dem roten Hut ebenso wie der Titelheld in Stetson – Drei Halunken erster Klasse. Eine parodistische Überspitzung erfährt die Django-Figur in Leg ihn um, Django: Hier führt der Held gleich drei Särge (hier allerdings auf einem Wagen) mit sich, in denen die Steckbriefe seiner künftigen Opfer liegen. Auch der »schwarze Tracy« (Die Zeit der Geier), der wie ein Totengräber gekleidet ist, fährt einen Sarg durch die Lande. Ein besonders eleganter Leichenwagen fährt in Kein Requiem für San Bastardo durch die Wüste. Sein Ziel ist jenes im Titel genannte Kaff, wo der mitgeführte Sarg gefüllt werden soll. Bereits Django vermittelt eine Erkenntnis, die sich später noch vielfach bestätigte: Im Sarg steckt längst nicht immer, wen oder was man darin vermutet. Die Holzkiste birgt zuweilen ein Geheimnis und ist immer für eine Überraschung gut. Parodiert wird dieses Thema in den Filmen von Franco und Ciccio: In Ciccio perdona  … io no verbergen als Mormonen verkleidete Bank­ räuber, die in einem Trauerzug in den Ort kommen, ebenfalls ein MG im Sarg. In Il bello, il brutto, il cretino«liegt statt einer Leiche ein schönes, aber gleichermaßen verschlagenes Mädchen darin.



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In Zwei Trottel im Wilden Westen fährt eine »Witwe« einen Sarg spazieren, dem schließlich kein Geringerer als »Django« selbst entsteigt.

In Corbuccis Film beinhaltet der Sarg zuerst das Maschinengewehr. Später dient er als Transportbehältnis für einen Goldschatz und endet schließlich mitsamt dem Reichtum im Sumpf. Geld, Gold und sonstige Schätze werden auffallend häufig in Särgen versteckt und transportiert. Es deutet sich hier eine enge Verbindung zwischen irdischen Reichtümern (vor allem von unrechtmäßig erworbenen) und deren Vergänglichkeit an, wie sie auch die Bibel vielfach herstellt; so z. B. im Jesus-Wort Matthäus 6,19, (vgl. Kap. IV.2: Gier nach Gold und Geld). In den Sprüchen Salomos heißt es: »Du richtest deine Augen auf Reichtum, und er ist nicht mehr da; denn er macht sich Flügel wie ein Adler und fliegt gen Himmel« (Sprüche 22,5). Paulus spricht dementsprechend vom »unsicheren Reichtum« (1. Timotheus 6,17). Dem Geld haftet deutlich der Geruch des Todes an: »Wer Schätze sammelt mit Lügen, der wird fehlgehen und ist unter denen, die den Tod suchen« (Sprüche 21,6). Das wird nirgendwo so häufig und plastisch illustriert wie im Italowestern, vor allem durch jene enge Verbindung von Gold und Sarg. Die »Verpackung« korrespondiert hier mit dem Inhalt. In Zwei glorreiche Halunken liegt in dem von mehreren Männern gesuchten Grab alles andere, nur kein Toter. Als Geldversteck dient der Sarg auch in Inginocchiati straniero  … i cadaveri non fanno ombra! (Tote werfen keine Schatten, 1970) und Sartana – Bete um deinen Tod. In Sing mir das Lied der Rache wird gestohlenes Gold in einem Sarg in einem Leichenwagen transportiert. In Stetson – Drei Halunken erster Klasse steht eine Kiste mit Lösegeld für ein geraubtes kaiserlich-japanisches Pony im Mittelpunkt. Auch diese Kiste wird auf einem Friedhof in einem Sarg vergraben. In Weihwasser-Joe wird der mit geraubtem Gold gefüllte Sarg sogar offiziell vom Pfarrer beerdigt. Dass der Sarg später leer vorgefunden wird, bestätigt einmal mehr die Vergänglichkeit des Mammons. In O tutto o niente wird sogar mit dieser eingefahrenen Erwartungshaltung gespielt, in einem Sarg müsse statt eines Leichnams Gold versteckt sein: Der Händler Horatio wird beauftragt, einen Sarg über die Grenze zu schaffen. Gegen die feste Überzeugung einiger

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Beteiligten liegt tatsächlich ein Toter darin und nicht der vermutete Reichtum. Die Odyssee eines Sarges ist das beherrschende Thema in Corbuccis Film Die Grausamen, der im selben Jahr wie Django entstand. Hier wird die Beute aus einem Überfall auf die Kriegskasse der Nordstaatenarmee in einem Sarg versteckt. Da nun vielfältige Anstrengungen unternommen werden, das geraubte Geld wiederzubeschaffen, die Räuber unter der Führung des fanatischen Südstaatlers Colonel Morrison aber gezwungen sind, ein größeres, von Nordstaatlern kontrolliertes Gebiet zu durchqueren, ist es unabdingbar, dass der Inhalt des Sarges unter allen Umständen verborgen bleibt. So wird offiziell der »gefallene Captain Ambrose Allan« durch das Land eskortiert, begleitet von seiner »Witwe«. In einer Stadt nötigt ein Pfarrer die »Trauergesellschaft« gar dazu, für den Gefallenen einen Beerdigungsgottesdienst zu halten. Dabei wird der Sarg auf dem Friedhof beigesetzt. Natürlich wird er umgehend von den Räubern wieder ausgegraben, die dann mit ihm ihre Reise fortsetzen. Nach Auseinandersetzungen mit Armeeangehörigen, Indianern und mexikanischen Banditen sind es die Söhne Morrisons selbst, die sich gegenseitig aus Geldgier umbringen. Zum Schluss zieht ein verwundeter Colonel den Sarg allein hinter sich her. Nachdem dieser zerbricht, findet sich kein Geld darin, sondern die Leiche des Anführers der Mexikaner. Mit dem Splittern des Holzes zerbrechen auch alle Hoffnungen des Colonels auf einen »freien Süden«. Er schleppt sich zu einem Flussufer und stirbt. Seine Fahne geht in den Fluten unter. Wiederum führte das in einem Sarg verborgene Raubgut zu nichts anderem als einem vielfachen Tod. Zuflucht am Ort des Todes Es wird jedoch nicht nur ungerechter Mammon (vgl. Lukas 16,11) in Särgen transportiert. Sie können auch in völlig gegensätzlicher Weise als Zuflucht und Versteck für Menschen dienen. Der Prototyp ist wieder einmal Joe in Für eine Handvoll Dollar. Leone hat dieses Motiv aus Yojimbo – Der Leibwächter übernommen, in dem sich auch Sanjuro, der körperlich angeschlagene Samurai, vor seinen Verfolgern in einem Sarg verbirgt. Ebenso ist auch Joe schwer zusammengeschlagen und verletzt worden. Er muss sich verstecken und benötigt eine Zeit der recreatio,



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also der Wiederherstellung in Form einer »Neuschöpfung«. Es ist nicht ohne Humor, dass ihm gerade ein Sarg dazu die Möglichkeit bietet, bevor er im Leichenwagen Piriperos aus dem Ort geschafft wird und in einer verlassenen Mine Unterschlupf findet. Das Paradoxon, dass der Sarg als Ort des Todes zu einem lebensrettenden Schutzraum wird, findet sich auch in Zwei Companeros. Hier ist es der politisch verfolgte Professor Xantos, der hineingelegt wird, um ihn über die Grenze zu schmuggeln. Der »Baske« hatte diesen Sarg zuvor mit bester Django-Attitüde hinter sich her gezogen. Nach ihrer Flucht aus dem Gefängnis nutzen auch die zwei Hauptfiguren in Mein Leben hängt an einem Dollar Särge als Versteck; gleichfalls der Gauner Texas in Attento Gringo  … è tornato Sabata!. Jim Slade in Ein Colt für hundert Särge sucht in einem Leichenwagen Unterschlupf. Der darin befindliche Sarg ist allerdings schon mit den sterblichen Überresten des Bürgermeisters belegt. So finden bereits Todgeweihte Zuflucht bei den Toten. Sie können aber durchaus auch von hier aus agieren und so neu ins Spiel kommen: In Eine Flut von Dollars wird Jerry Brewster von dem Mexikaner Mendez und seinen Leuten gejagt. Als diese in die Stadt reiten, kommt ihnen ein führerloser Einspänner entgegen. Er hat einen Sarg geladen. Es ist ein Bote des Todes, denn in ihm hat sich Brewster versteckt und wirft nun mit Dynamitstangen um sich. Auch Bösewichte verfallen zuweilen auf diesen Trick: In Sartana – Noch warm und schon Sand drauf werden drei Särge durch die Stadt gefahren, aus denen sich drei Gewehrläufe hervorschieben. Der Wagen hält vor dem Barbiergeschäft, in dem gerade Sartana bedient wird. Dieser fühlt sich zu Recht gestört und unterbindet derartigen Unfug ein für alle Mal. Ein weiteres Motiv ergibt sich aus dem Umstand, dass im Italowestern der sorgfältigen und pietätvollen Einsargung eines Verstorbenen wenig Wert beigemessen wird. Im Gegenteil: Erschossene fallen nicht selten direkt in einen bereitstehenden Sarg. Dieses Schicksal widerfährt berühmten Männern wie Lee van Cleef (Zwei glorreiche Halunken) ebenso wie unbekannten (Western-Jack). Auch der Kopfgeldjäger Cobra Ramirez in Ein Halleluja für Camposanto fällt direkt in die Holzkiste. Der Titelheld dieses Films pflegt zudem seinem Namen dadurch Ehre zu machen, dass er in einem Sarg schläft.

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Am Ende dieses Abschnitts steht eine unscheinbare und in einem an Metaphern überreichen Leone-Epos leicht zu übersehende kleine Episode aus Zwei glorreiche Halunken: In der vom Krieg zerstörten Stadt wird ein als Dieb zum Tod Verurteilter gezwungen, von einer Eskorte begleitet, seinen Sarg bis zur Stätte seiner Erschießung zu tragen. Wer diese kurze Szene wahrnimmt, wird deutlich erinnert an den verurteilten Jesus, der ebenfalls das »Holz« (vgl. Apostelgeschichte 5,30; 10,39; 13,29; Galater 3,13; 1. Petrus 2,24) in Form des Kreuzbalkens zu seiner Hinrichtungsstätte tragen musste – durch die engen Gassen einer anderen Stadt in einem anderen Land zu einer anderen Zeit.

5. Poker mit Pistolen: Glücksspiel Die Olympischen Spiele der Antike wurden bekanntlich auch deshalb ins Leben gerufen, um den ewigen Kriegen mit ihren großen Verlusten an Menschen und Material eine Form des friedlichen Wettstreits entgegenzusetzen. Dementsprechend schwiegen während der Austragung der Wettkämpfe die Waffen. Auch dienten die Spiele den unterschiedlichen Parteien und Staaten dazu, sich politisch wieder anzunähern. Im Italowestern ginge ein derartiges Konzept nicht auf. Auch hier veranstaltet man gern Wettkämpfe aller Art. Sie fördern allerdings nicht die friedliche Koexistenz oder mildern zumindest das Blutvergießen, denn selbst hier ist der Tod allgegenwärtig. Das zeigt sich u. a. in Schießwettkämpfen, in denen nicht selten Menschen um ihr Leben fürchten müssen, die irgendwelche Zielgegenstände in der Hand zu halten gezwungen werden (Töte, Django; Mögen sie in Frieden ruhen). Ebenso gibt es originelle, aber gleichwohl tödliche Zweikämpfe. Ein Beispiel: Zwei Männer im Saloon. Sie steigen, Seilschlingen um den Hals, auf zwei Schemel. Nun versuchen sie, den Schemel des anderen unter dessen Füßen wegzuschießen, sodass sich der Gegner erhängt (gleichfalls in Mögen sie in Frieden ruhen). In Django und die Bande der Bluthunde erfreuen sich die Zuschauer an einem Kampf zweier Männer, die gegenseitig eine brennende Dynamitstange hin und her werfen. Dabei schließen sie Wetten auf den Überlebenden ab. In Fahrt zur Hölle, ihr Halunken ist ein Zweikampf mit gefesselten Armen in Mode, den offenbar der Bandit El



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Diablo erfand. Er ist auf diese Disziplin spezialisiert, da er ohnehin nur noch über einen Arm verfügt. »Pray, don’t play!« Das Pokerspiel gehört zu den unverzichtbaren Ritualen eines Western. Dabei bildet auch die italienische Filmvariante keine Ausnahme. Gepokert werden kann immer. In Die vier Geier der Sierra Nevada setzen zwei Männer sogar noch ihre Partie fort, nachdem einer von ihnen von seiner resoluten Ehefrau nach Haus gerufen wurde: Der Tisch und die zwei Stühle samt den Spielern werden einfach auf den Pferdewagen verfrachtet, der sie heimwärts bringt. Es irrt jedoch, wer glaubt, es könne bei einer Pokerrunde friedlicher zugehen als bei dem gleichermaßen ritualisierten Showdown auf der Straße. Während in All’ovest di Sacramento eine vom Pfarrer als Schiedsrichter geleitete Partie »nur« in eine Massenschlägerei ausartet, erweisen sich andere Pokerrunden nicht selten als lebensgefährlich. In Se vuoi vivere  … spara ! (Andere beten  – Django schiesst, 1967) betrügt ein Spieler und wird vom Gegner erschossen. Doch dieser muss ebenfalls dran glauben. Als nun auch Django als nächster in dieser Runde betrogen werden soll, hinterlässt er wiederum zahlreiche Leichen. Auch Chapaqua und Doc spielen Poker (L’oro dei bravados). Doch anstatt die Runde ordnungsgemäß zu beenden, erschießt jeder von ihnen einen der Spielpartner mit seinem unter dem Tisch gezogenen Colt. In Mein Leben hängt an einem Dollar erzählt Alan Burton von einem Pokerspiel, bei dem der Gegner ihn mit einem niedrigeren Blatt besiegte. Die Hörer reagieren verständnislos und wollen wissen, wie das möglich sei. »Das geht schon«, erklärt Burton, »wenn der andere den Colt zieht.« – »Warum haben Sie nicht den Sheriff gerufen?«, wird zurückgefragt. »Der Andere war der Sheriff!« Nicht etwa, weil sich das Pokerspiel als gefährlich für Leib und Leben erweist, haftet ihm ein moralisch zweifelhafter Ruf an. Es ist vor allem sein Charakter als Glücksspiel, der es aus christlicher Sicht als Laster erscheinen lässt. Denn in ihm kommt die Absicht eines Menschen zum Ausdruck, seinem Schicksal und seinem Lebensglück mit Hilfe der Karten selbst auf die Sprünge helfen zu wollen, anstatt allein auf Gott zu vertrauen. Insofern ist das Glücksspiel – soweit es nicht lediglich zum

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Vergnügen betrieben wird, sondern mit der klaren Absicht, sich zu bereichern – letztlich ein Verstoß gegen das erste Gebot: »Du sollst keine anderen Götter haben neben mir!« (2. Mose 20,3; vgl. 5. Mose 5,7). Im jüdisch-christlichen Umfeld des Alten und Neuen Testaments kommt das Glücksspiel nicht vor; somit auch keine diesbezüglichen Ge- oder Verbote. Auffällig ist allein die Tatsache, das die einzigen »Glücksspieler« in der Bibel zwei gojim (Heiden)216 sind: römische Soldaten, die im Angesicht des gequälten und sterbenden Jesus um die Kleidung des Gekreuzigten »das Los warfen«217 (Matthäus, 27,35; vgl. Markus 15,24; Lukas 23,34; Johannes 19,24; im Rückgriff auf die alttestamentliche Verheißung in Psalm 22,19). Eine diesbezügliche Begründung für die moralische Zweifelhaftigkeit des Glücksspiels findet sich in einem amerikanischen Western: In Henry Hathaways 5 Card Stud (Todfeinde, 1968) fragt der professionelle Spieler (Dean Martin) den Pfarrer (Robert Mitchum), warum Glücksspieler generell in einem so schlechten Ruf stünden. Er erhält zur Antwort: »Sie haben ihn, seit sie um Christi Gewand spielten.« Das Pokerspiel wird auch nicht dadurch »christlicher«, indem man den Spielkarten christliche Symbole gibt. In Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blüh’n? sieht man die Mitglieder der Bande des »Heiligen Kutten-Joe« beim Spiel. Einer der Kumpane lässt verlauten, er habe »vier Heilige« auf der Hand; Joe aber übertrumpft ihn mit »vier Evangelisten«. Bezeichnenderweise wird gemeinhin von einer »Spielhölle« gesprochen. Als eine solche erweist sich die Stadt Flattown in Friss oder stirb. Die dort ansässige Heilsarmee hat sich daher dem Kampf gegen das allgegenwärtige Laster verschrieben und tritt mit einem originellen Slogan an die Öffentlichkeit: »Pray, don’t play!« Eine nachdenkenswerte Alternative. Irgendwer spielt immer falsch Zum Pokern gehört unbedingt eine versteinerte Miene, da der Spieler unter allen Umständen vermeiden muss, dass seine Gegner irgendeinen Hinweis auf den Wert seines Blattes erhalten. Das kommt gerade jenen Darstellern entgegen, deren mimische Möglichkeiten ohnehin limitiert sind. Davon gibt es bekanntlich einige in diesem Genre. Trotzdem kann es geschehen, dass sich jemand in einen wahren Rausch hinein spielt; vor allem, wenn dieser professionelle Spieler »Doc Foster« heißt und



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von Klaus Kinski verkörpert wird (Nobody ist der Grösste). Er spielt, ohne aufhören zu können, und zwingt seine Mitspieler, es ihm gleichzutun. Erst das störende Eingreifen Nobodys setzt dem ein Ende. Neben den gängigen Pokerregeln existiert eine weitere, zwar ungeschriebene, doch grundsätzlich geltende: Es ist immer davon auszugehen, dass irgendjemand in der Runde falsch spielt. Hier zeigt sich erneut ein Unterschied zum US-amerikanischen Western. Während dort ein Falschspieler mehr oder weniger unsanft von dem ehrlichen Helden zur Ordnung gerufen wird, ist es im Italowestern nicht selten der »Held« selbst, der die anderen betrügt: Arizona Colt: Der Protagonist gewinnt mit vier Assen, die er zuvor keineswegs auf der Hand hatte. Im nächsten Spiel »verwandeln« sich seine drei Damen in drei Asse (in der deutschen Fassung überwiegend geschnitten). Irren ist tödlich: Jack alias »der General« pokert mit fünf (!) Assen. Der Einsame: Der Rächer Mike Barnett hat einen silbernen Flachmann käuflich erworben. Dessen Oberfläche spiegelt derart, dass er damit das Blatt seiner Mitspieler einsehen kann. Giarrettiera Colt: Die Titelheldin stellt einen Kinderwagen am Spieltisch ab, in dem ein Kleinwüchsiger versteckt ist, der ihr Auskunft über das jeweilige Blatt der Mitspieler gibt. Ein anderer Mitspieler erhält dafür Hinweise von seinem ebenfalls anwesenden Papagei. Poker mit Pistolen: Lucas gilt als gewiefter Falschspieler, findet aber in George Benson seinen Meister. Die Bestie: Johnny spielt falsch, fliegt jedoch damit auf. Il bello, il brutto, il cretino: Der »Blöde« (Franco Franchi) hat nicht nur Asse im Ärmel, sondern sogar rohe Eier. Vier Fäuste für ein Halleluja: Trinità tritt gegen den bekannten Falschspieler »Wild Cat« Hendrix an. Er legt eine bewundernswerte Schnelligkeit beim Mischen an den Tag, legt aber beim Abheben den Stapel in der ursprünglichen Weise wieder zurück. Ben und Charlie: Beide sind notorische Falschspieler und stellen sich gegenseitig ein Bein: Im selben Spiel verfügt jeder von ihnen über vier Asse. Pokerface auf krummen Touren: Jonathan Duke ist ein versierter Falschspieler. Doch nicht nur er allein: Plötzlich blättern sämtliche Mitspieler je vier Asse auf! Jonathan stellt fest: »Es scheint ein gutes Jahr für

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Asse zu sein.« In einer späteren Runde hat er dazugelernt und gewinnt folgerichtig mit unschlagbaren fünf Assen. Lo chiamavano Verità: Veritas hat an seiner Hutkrempe einen Spiegel befestigt, mit dem er sich hinter einen Pokerspieler stellt und seinem gegenübersitzenden Kumpan einen Blick in dessen Karten gewährt. Little Kid und seine kesse Bande: Früh übt sich: Eines der Kinder, die hier die Hauptrollen spielen, hat beim Pokern fünf oder gar sechs Asse auf der Hand – davon allein viermal Pik! Una colt in mano al diavolo: Roy Koster legt drei Asse aus und hilft mit einem Stift nach, dass aus seiner Karo Zwei ein weiteres As wird. Verdammt zu leben, verdammt zu sterben: Der »Held« Stubby Preston wird zu Beginn als ein in unschuldiges Weiß gekleideter Falschspieler eingeführt. Deshalb wird er auch vom Sheriff verhaftet.

Weiterhin finden sich Falschspieler in: Ringo kommt zurück: Der böse Esteban betrügt den Floristen Miosotis hemmungslos beim Pokern. Gentleman Joe – Der Rächer bin ich: Ein Mexikaner hat ein Pik As im Ärmel, doch Joe hat ebenfalls ein solches in seinen Karten. Sapevano solo uccidere (Mein Leben für die Rache, 1968): Gordon Mitchell spielt einen Falschspieler, der jedoch nicht lange lebt. Fünf blutige Stricke: Ein Gangster hat ständig die Pik Dame in seinen Karten und gewinnt schließlich mit vier Damen. Sartana – Bete um deinen Tod: Sartana spielt mit seinem zeitweiligen Partner Lasky. Letzterer stellt sich als Betrüger heraus – nicht nur im Spiel, sondern in jeglicher Hinsicht. Ein Halleluja für Spirito Santo: Der dicke »Hosianna« hat das Falschspiel satt. Er nimmt einen Mitspieler an den Beinen, hebt ihn hoch und schüttelt so alle überzähligen Karten aus ihm heraus. Colorado  – Zwei Halunken im Goldrausch: Der verbrecherische Miller hat eigens professionelle Falschspieler engagiert, um den Einwohnern auch noch das letzte Gold aus der Tasche zu ziehen. Der kleine Schwarze mit dem roten Hut: Während einer Pokerrunde zeigt ein Saloongirl mit einem kleinen Spiegel, den sie um den Hals trägt, ihrem Gegenüber die Karten des Gegners an. Ein anderer Spieler zieht die ihm genehmen Karten aus seinem Stiefel.



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Dass Ehrlichkeit beim Kartenspiel keine Option mehr ist, demonstriert Demofilo Fidani in Arrivano Django e Sartana  … è la fine (Django und Sartana kommen, 1970) auf originelle Weise: Hier spielt der Bandit Kelly (Gordon Mitchell) Poker mit seinem Spiegelbild – und ist erbost darüber, selbst noch von diesem betrogen zu werden. An der Art und Höhe der Einsätze wird nicht nur der Suchtcharakter deutlich, sondern auch, wie sehr das Pokerspiel ebenfalls gegen das 10. Gebot verstößt: »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat« (2. Mose 20,17; vgl. 5. Mose 5,21). Hier werden wahrlich »Haus und Hof« verspielt und von anderen ebenso begehrt. Ein deutliches Beispiel findet sich in einem Dialog in Django – Unbarmherzig wie die Sonne: Gegen den Spieler Montero setzt ein verzweifelter Mann, der bereits alles verloren hat, zuletzt sogar seine Frau als Gegenwert zu den bereits liegenden zehn (!) Dollar. Der Mann ist sich sicher: »Ich besiege das Schicksal!« Montero gibt zu: »Es reizt mich, zu gewinnen, woran das Herz meines Mitspielers hängt.« Nicht selten geht es ums Ganze: So wird Monco (Für ein paar Dollar mehr) von einem Verbrecher, mit dem er pokert, gefragt: »Worum spielen wir eigentlich?« Er bekommt zur Antwort: »Um die Haut.« Das Komikerpaar Franco und Ciccio geht in I due figli di Ringo bis zum Äußersten, denn hier werden gar Körperteile und Gliedmaßen wie Zähne, Augen oder Beine als Einsatz gebracht. Dagegen mutet es noch harmlos an, wenn in Lo chiamavano Verità in Ermangelung von Bargeld um Colts, Revolvergürtel und schließlich Kleidungsstücke gespielt wird. Gegner werden buchstäblich »bis auf das Hemd ausgezogen«, so in Die Gejagten der Sierra Nevada oder Zwei Trottel im Wilden Westen. In einem Spiel um eine gesamte Ranch ist die Gier so groß, dass sich alle Spieler gegenseitig erschießen (6 Kugeln für Gringo). Ein Saloonbesitzer in C’era una volta questo pazzo pazzo west verspielt sein gesamtes Etablissement. Monty Mulligan (Friss oder stirb) verliert beim Pokern sein Auto; jenen Wagen, in dessen Rückbank ein Pokertisch eingebaut ist. Selten ist das Glücksspiel zu etwas gut. Reverend Miller (Bleigewitter) tritt gegen einen Berufsspieler an. Sein Einsatz sind »die Almosen der Kirche«, die er gern vermehren möchte. Das gelingt trotz Widrig-

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keiten und macht den Geistlichen damit zu einem Vorreiter des heutigen kirchlichen Fundraising. Obwohl der andere mit gezinkten Karten spielt, gewinnt der Reverend aufgrund seiner noch größeren Raffinesse. Sein Gegner muss zugeben: »Sie sind der vielseitigste Pfarrer, der mir je begegnet ist!« Zwei ebenfalls christlich engagierte Männer spielen in Ein Halleluja für Spirito Santo, um Geld für den Wiederaufbau einer maroden Kirche zu bekommen. Auch in Doc West – Nobody schlägt zurück wird für einen guten Zweck gespielt: Das Pokerturnier von Holysand wird organisiert zur Finanzierung eines Krankenhausneubaus. Das liegt auch daran, dass es sich bei Doc West um einen früheren Arzt handelt, der aufgrund von Alkoholproblemen einen sozialen Abstieg erleben musste und seither vom Pokern lebt. Spiel(k)arten Wer nicht pokert, zieht manchmal das einfache Spiel »Die höchste Karte gewinnt« vor – so Mannaja, der gegen Waller gewinnt, ihm eine Re­vanche jedoch verweigert (Mannaja – Das Beil des Todes). Ähnliches geschieht in Sartana – Töten war sein täglich Brot. Bei Sartana handelt es sich um einen wahrhaft passionierten Spieler. Bereits der Vorspann wartet mit einigen Kartenkunststücken auf. Im Spiel mit »Hot Death«, dem von Klaus Kinski verkörperten Kopfgeldjäger, deckt Sartana das Karo As auf. »Death« hat nur einen König und schießt daraufhin zweimal auf das As: »Ich sehe nur eine Drei.« Trotzdem verliert er ständig, bis Sartana aus Mitleid auf einen in der Nähe stehenden »einarmigen Banditen« schießt, aus dem das Kleingeld in Kinskis Arme fällt. Sartana zeigt auch, dass Spielkarten vielseitig verwendbar sind. Er kann mit einer geworfenen Karte ein Kerzenlicht ausblasen; ebenso eine Bibelstelle anzeigen, indem er sie zwischen die Seiten der zugeschlagenen Heiligen Schrift wirft (Sartana – Noch warm und schon Sand drauf ). Einen Sheriff trickst er mit Kartenkunststücken aus (Sartana – Töten war sein täglich Brot). Kleine Kartensymbole zieren die Trommel seines Derringers. Drei verdeckt liegende Spielkarten eignen sich für ein Hütchenspiel: In Lo chiamavano Verità wird es von einigen Gaunern in einem Kloster mit den dortigen Brüdern gespielt. Diese geben zu dem Glücksspiel nur deshalb ihr Einverständnis, weil die zu suchende Karte ein Bildnis des



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Heiligen Antonius trägt. Auch Murietta  – Die Geissel Gottes versteht sich auf das schnelle Spiel mit den drei Karten. In Django – Die Nacht der langen Messer bekommt ein Mann während eines Streits eine Spielkarte in den Mund gesteckt. In Mercenario – Der Gefürchtete hinterlässt der Mörder Ricciolo bei seinen Opfern Spielkarten als Markenzeichen. In Corbuccis letztgenanntem Streifen fallen auch die Würfel: Dem Polen fällt auf, dass die im Spielsalon verwendeten zwei Würfel stets  – allerdings in unterschiedlichen Kombinationen  – die Summe von sieben ergeben. Sie werden aus dem Verkehr gezogen, der Verantwortliche (Franco Ressel) muss die Würfel mit Milch hinunterschlucken. In O tutto o niente macht der alte Puzzo seine Spielchen mit einer Münze, die, wenn sie geworfen wird, immer »Kopf« anzeigt. Das ist kein Wunder, denn sie besitzt zwei gleiche Seiten. In Spielkasinos steht immer auch ein Roulettetisch. Manchmal wird er vom darunterliegenden Keller aus manipuliert (Vier für ein Ave Maria). Wer derart genau den Lauf der Kugel vorausberechnet wie Onkel Wang in In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner, bezieht daher klugerweise eine mögliche Manipulation direkt mit ein. Sabata beherrscht dieses Spiel sowohl mit als auch ohne den Einsatz von Magneten (Sabata kehrt zurück). Roy Bean (All’ovest di Sacramento) trägt dazu einen Magneten unter seinem Schuh. Etienne in Drei Pistolen gegen Cesare hingegen steuert die Kugel mit reiner Willenskraft. In …und Santana tötet sie alle erweist sich der Falschspieler Marcos als Mann fürs Grobe: Er setzt als Rouletteeinsatz eine Stange Dynamit, und zwar angezündet. Für Billard begeistert sich Loring van der Velde in Der Tod droben auf dem Hügel. Dr. Janus Saxon (Meine Kanone, mein Pferd  … und deine Witwe) ist darin besonderes versiert, da er eine manipulierte Kugel benutzt. Im bereits erwähnten Spielsalon in Vier für ein Ave Maria wird Billard betrieben, ohne vom Pferd abzusteigen. Wer es ruhiger mag, greift auf Brettspiele zurück. Nebraska-Jim bevorzugt Schach. Im Saloon lässt sich auf simple Art mit vollen Whiskygläsern Dame spielen. So praktizieren es zwei Männer in Drei Vaterunser für vier Halunken, aber auch Django und der Schankwirt in Django – Die Gier nach Gold. Insgesamt gesehen bleiben jedoch solche Vergnügungen, die nicht dem Glücksspiel zuzurechnen sind, marginal. Wahr-

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scheinlich deshalb, weil sich dabei weder viel gewinnen noch viel betrügen lässt – und beides macht schließlich den Reiz eines Spiels aus.

6. Friss oder stirb: Völlerei Man nannte sie »Spaghetti-« oder »Makkaroni-Western«, »Paella-« oder auch »Sauerkraut-Western«  – je nach ihren Produktionsländern. Oder sollte es noch einen weiteren Grund für diese Bezeichnungen geben? Könnten sie ebenso gar als »Bohnen-Western« durchgehen? Spencer und Hill: All you can eat Tatsache ist: Im Italowestern nimmt die Nahrungsaufnahme breiteren Raum ein als irgendwo sonst im Film. Die berühmtesten Protagonisten zahlreicher Fressorgien sind zweifellos Bud Spencer und Terence Hill. Eine erste Andeutung dessen kann man bereits in einem ihrer frühen gemeinsamen Filme, Hügel der blutigen Stiefel erkennen: Die erste Szene mit Bud Spencer zeigt ihn zwar noch nicht beim Essen, jedoch bei der Nahrungsbeschaffung: Er angelt. Exzessiv ging es dann vor allem in den beiden Kultkomödien von E.B. Clucher zu. Die rechte und die linke Hand des Teufels beginnt damit, dass Trinità (in der deutschen Fassung: »der müde Joe«) am Rande der Wüste auf ein Rasthaus stößt und dort kräftig zulangt. Eine anstrengende körperliche Betätigung kann nicht der Grund für seinen außerordentlichen Appetit sein; ließ er sich doch zuvor auf einer Trage von seinem Pferd durch die Wüste ziehen. Dennoch bemerkt ein anderer Gast: »So wie dich habe ich noch keinen fressen sehen!« Hill setzt hier bereits einen hohen Standard, dem er und sein Partner von nun an aber immer wieder gerecht werden sollen. Der Wirt bringt Trinità sein künftiges Leibgericht: Bohnen mit Speck. Er möchte ihm eine Portion aus der Pfanne auf einem Teller servieren. Der Heißhungrige nimmt ihm jedoch die Pfanne aus der Hand, um sie gänzlich leer zu essen. Zuletzt wischt er die Pfanne mit Brot aus. Bald trifft er auf seinen ungleichen Bruder, mit dem er lediglich die Vorliebe für unmäßiges Essen gemein hat. Auch Bambino, der Pferdedieb, der zum Sheriff wurde, isst Bohnen. Er wird damit regelmäßig von dem alten Jonathan versorgt. Bambino will den Bruder als Hilfs­



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sheriff anwerben. Der lehnt vehement ab, obwohl ihm Geld und Munition geboten werden. Erst als das Argument der freien Verpflegung ins Spiel gebracht wird, denkt er ernsthaft über die Offerte nach. In einer späteren Szene essen beide ebenfalls reichlich bei den Mormonensiedlern. Der Nachfolgefilm Vier Fäuste für ein Halleluja beginnt wiederum damit, dass Trinità von seinem Pferd durch die Wildnis gezogen wird. In seinem Tragegestell liegen einige wenige Brotreste. Die Szene wechselt: Bambino ist in derselben Gegend unterwegs. Dabei trifft er auf vier Strauchdiebe, die eine Pfanne Bohnen auf dem Feuer haben. Er leiht sich von ihnen zunächst »Bohnen« (in diesem Fall: Patronen), lädt seinen Colt damit und bringt dann seine Wohltäter um Geld, Pferde und Eintopf. Kurz nachdem Bambino weitergeritten ist, trifft Trinità auf dieselbe Gruppe von Tramps. Sie haben mittlerweile ihre nunmehr letzten Reste an Bohnen in der Pfanne. Trinità tut es dem Bruder gleich. Selbst sein Pferd darf mitessen. Die vier hungrigen Männer gehen wiederum leer aus. Bald darauf treffen sich die beiden Brüder, die sich nicht ausstehen können, im elterlichen Heim. Die Mutter hat einen Truthahn (oder was sie dafür hält) zubereitet. Die Söhne, von Futterneid getrieben, reißen sich große Stücke ab, schmatzen und rülpsen. Besteck scheint unbekannt (I Abb. 27). Fazit: Die ersten 22 Minuten des Films wird nur gegessen; unterbrochen lediglich durch ein Bad, zu dem die Mutter ihre heruntergekommenen Sprösslinge vor der Mahlzeit nötigte. Sieben weitere Minuten werden in einem vornehmen Restaurant verbracht: Nachdem sich die beiden Gauner ungewohnt vornehm eingekleidet haben, meinen sie, nun auch in der Lage zu sein, stilvoll zu speisen. Die kleinen Portionen können sie jedoch nicht im Mindesten befriedigen. Der Oberkellner (Franco Ressel) gerät in Weißglut, die übrigen Gäste zeigen sich pikiert. Und auch in diesem Film wird später erneut mit einer Siedlerfamilie zusammen gegessen. Die folgenden Jahre verbrachte das erfolgreiche Duo damit, sich durch eine Vielzahl von Filmen zu prügeln und zu fressen, die nicht dem Westerngenre zuzuordnen sind. In ihrem Abgesang auf alte Westernzeiten, dem von Terence Hill als Regisseur verantworteten Streifen Die Troublemaker von 1994, sind beide noch einmal mit den gelieb-

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ten Bohnen anzutreffen. Sie schlingen gierig ohne Löffel aus Teller und Pfanne, bis nichts mehr übrig ist. Spencer alias »Moses« hat nunmehr eine Christin als Ehefrau, die ihn vergeblich zu zügeln sucht: »Geduld ist eine Tugend, spricht der Herr« (z. B. in Jesus Sirach 1,27). Der Getadelte antwortet knurrig: »Aus dem Grund haben sie in der Bibel auch ständig Kohldampf im Hemd.« Mögen beide Darsteller auch sehr unterschiedliche Voraussetzungen in Statur und Körperbau mitbringen, so steht doch Hill dem Partner hinsichtlich seines Fassungsvermögens in keiner Weise nach. So wie er auch verbal stets den Mund recht voll nimmt, gelingt ihm dies auch beim Essen. Beide vertragen gleichermaßen viel. Es wundert daher nicht, dass die Schauspieler auch in den Western, in denen sie jeweils einzeln mitwirkten, selten auf das reichliche Essen verzichteten. Terence Hill schwor weiterhin auf Bohnen mit Speck. In Verflucht, verdammt und Halleluja wird darauf verwiesen, dies sei die bevorzugte Speise für echte Westmänner. In Mein Name ist Nobody bereitet der Titelheld die Bohnen im Feuer einer Lokomotive zu. Er überlässt Jack Beauregard den einzig verfügbaren Löffel und isst selbst mit der Schöpfkelle. Als »Doc West« gehörten dann selbst im Jahre 2009 noch die Bohnen aus der Pfanne zu seinen Grundnahrungsmitteln (Doc West  – Nobody ist zurück und Doc West  – Nobody schlägt zurück). Bud Spencers Speisekarte weist zumindest Variationen auf: Als Coburn in Halleluja  … Amigo vertilgt er im Gefängnis einen Truthahn, den er einem Mitgefangenen abgeschwatzt hat wie weiland Esau dem Jakob dessen Linsengericht (vgl. 1. Mose 25,29–34). Nachdem er später seine Mary geheiratet hat, ist das Erste, was sie an ihm zu bemängeln hat, dass er »wie ein Schwein isst«. In Die fünf Gefürchteten findet sich Mesito (Spencer) in der Gesellschaft anderer wieder, die ebenfalls gern und viel zulangen. Diese Söldner stärken sich vor ihrem Einsatz mit Tortillas, Bohnen und Wein. Hier fällt er auf, indem er direkt aus dem Krug säuft und rülpst. Später macht er sich, während er ein Hähnchen isst, Gedanken über die Verwendung seines zu erwartenden Beuteanteils. Er will davon Rinder kaufen. Der »Dutchman« meint jedoch weise: »Ich gebe dir einen Rat: Kauf dir etwas, das du nicht essen kannst.« Ein Urteil über Mesito lautet: »Kaum macht er den Mund auf, geht’s um was Essba-



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res.« Hingegen bleibt ihm als Eli in Sie verkaufen den Tod vor Hunger nur ein Selbstgespräch, das sich wiederum ums Essen dreht. In dem späteren Werk Eine Faust geht nach Westen vermag Buddy nicht mit dem Besteck umzugehen. Er isst die Bohnen aus der Schöpfkelle und trinkt das Wasser, das zum Händewaschen gedacht war. Mit einem Sheriff veranstaltet er eine Fressorgie. Der Gesetzeshüter verträgt viel, kann jedoch mit Buddy nicht mithalten. Letzterer macht deutlich: »Eines ist absolut tödlich: Wenn man mich beim Essen stört.« Zwei Gangster bekommen das bald zu spüren. Es war daher nur folgerichtig, dass Bud Spencer 2014 ein Buch mit dem Titel Mangio ergo sum (Ich esse, also bin ich) auf den Markt brachte. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein Kochbuch, sondern um eine eher philosophische Betrachtung über das Essen. In einem Interview im August 2015, ein Jahr vor seinem Tod, antwortete er auf die Frage, was er sich als seine letzte Mahlzeit wünsche und mit wem zusammen er sie gern einnehmen würde: »Spaghetti. Mit Jesus Christus.«218 Weitere gute (Bohnen-)Esser E.B. Clucher alias Enzo Barboni, der Schöpfer jener berühmten Fress­ orgien mit Spencer und Hill, äußerte sich dazu in einem Interview: »Nun, die Figuren in meinen Filmen essen, weil das für die Mehrheit des Publikums die wichtigste Sache darstellt. Deshalb habe ich es immer wieder in die Stories eingebaut. Danach aßen in jedem anderen Film auch alle.«219 Ganz so stimmt diese Aussage nicht. Im Italowestern wurde auch vor 1970 bereits gegessen. Dabei standen die berühmten Bohnen schon immer ganz oben auf dem Speiseplan – entgegen eines »Lehrsatzes« des Pythagoras, der lautet: »Iss keine Bohnen!«220 Die vier Ausbrecher in Django – Die Nacht der langen Messer werden in Großaufnahme beim Essen des Eintopfs gezeigt. Die Auswahl ist ohnehin meist nicht groß: Da werden in einem Hotel »dicke Bohnen mit Speck oder Speck mit dicken Bohnen« angeboten (Django – Ein Sarg voll Blut). Sartana (Sartana – Töten war sein täglich Brot) sitzt mit einem Sheriff zusammen in einer Taverne. Von der rundlichen Wirtin werden sie gefragt: »Es gibt Bohnen mit Speck, mit Paprika oder in Hammelfett. Wie wollt ihr sie gern essen?« Der Sheriff antwortet: »In Ruhe.« Gleiches möchte auch Mike Barnett (Der Einsame). Er isst die Portion Bohnen für einen

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Dollar, fühlt sich dabei von einem Mann gestört und erschießt ihn. Keinen Hunger, aber großen Zorn im Bauch hat offenbar Joshua Tracy in Die Zeit der Geier: Er drückt eine Frau mit dem Gesicht in einen Teller Bohnen. Die vier Taugenichtse in Lo chiamavano Verità essen ebenfalls ständig Bohnen. Anderes, wie z. B. ein italienisches Nudelgericht, ist weniger nach ihrem Geschmack. Auch die Empfehlungen eines französischen Küchenchefs, der ihnen die French cuisine nahebringen möchte, werden von ihnen ignoriert. Aufgrund solcher Beliebtheit stehen Bohnen aus der Pfanne ebenso auf der Speisekarte der von Franco und Ciccio in Zwei Trottel im Wilden Westen betriebenen Pferde-Raststätte. Michael Coby und Paul Smith, die Spencer-Hill-Kopien zweier Filme von Ferdinando Baldi, eifern ihren Vorbildern auch beim Essen nach: In Vier Fäuste schlagen wieder zu bekommen Toby und Butch »Fleisch mit Bohnen« vorgesetzt. Der dicke Butch erhält die doppelte Portion. Da ihm diese jedoch nicht reicht, serviert man ihm zusätzlich ein riesiges Steak, das ihm aber umgehend gestohlen wird. Zwei weitere Klone des Erfolgsduos sind Trinity und Babyface, mit denen Clucher 1995 vergeblich an Erfolge vergangener Jahre anzuknüpfen versuchte. Was die Ernährung der Protagonisten betrifft, geht es dort zu wie in alten Zeiten: Bohnen mit Speck, Bohnen mit Fleisch, Bohnen ohne Fleisch, dazu Bier, Whisky und Tequila. Zu Unrecht im Schatten von Bud Spencer und Terence Hill stehen einige weitere gute Esser, deren Leibesfülle bereits ihren Appetit ahnen lässt. Neben Chris Huerta oder Pedro Sanchez ist hier in erster Linie Fernando Sancho zu nennen. Zur Grundausstattung seiner Rollen als mexikanischer Bandit gehören häufig irgendwelche Teile gebratener Hähnchen. Typisches Beispiel ist sein General Tampeko in Sartana – Bete um deinen Tod: Er ist meist beim Essen zu erleben. Demzufolge liegt am Schluss neben seiner Leiche auch ein letztes Brathähnchen. Überhaupt wird bei diversen mexikanischen Fiestas immer viel gegessen und getrunken. Neben Sancho greifen dabei auch andere gern zum Geflügel; so der Bandit Santana (Manuel Serrano) in Django – Die Totengräber warten schon. Der Kopfgeldjäger Charlie (Leichen pflastern seinen Weg) wird in Großaufnahme gezeigt, wie er in geradezu ekelerregender Weise ein Hähnchen verschlingt. Es wird seine Henkersmahlzeit sein. In Enzo G. Castellaris Komödie Tedeum – Jeder Hieb ein



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Prankenschlag wird fast durchgehend gefressen. Selbst im Vorbeireiten wird ein gebratenes Huhn von einem Tablett gestohlen. Am hungrigsten erscheint der falsche Pater (Jack Palance), der in einer Schenke unmäßige Portionen vertilgt, aber nur mit Heiligenbildchen bezahlen kann. Seltener wird Fisch serviert: In Meine Kanone, mein Pferd  … und deine Witwe werden am Meer einige Fische gebraten und gegessen, die möglicherweise erhöhte Bleiwerte aufweisen, denn sie wurden zuvor von Carrasco und seiner Bande nicht etwa geangelt, sondern geschossen. Bei der legendären Einführung der drei Hauptcharaktere in Sergio Leones Zwei glorreiche Halunken werden zwei von ihnen beim Essen gezeigt: Tuco erschießt drei Kopfgeldjäger, während er isst, und springt mit einer riesigen Geflügelkeule ins Bild. Sentenza isst zuerst schweigend am Tisch, zusammen mit seinem nächsten Mordopfer. Später wird Sentenza auch Tuco zunächst etwas zu essen anbieten, bevor er ihn foltern lässt. Leones Todesmelodie zeigt einen besonderen Aspekt des Essens: eine Mahlzeit als Versöhnungsangebot. Juan kocht selbst ein Bohnengericht; zum einen, um John zu besänftigen, dessen Motorrad er beschädigt hatte, zum anderen, um ihn für seinen Plan zu gewinnen, die Bank von Mesa Verde zu plündern. Später ist es umgekehrt: John bietet Juan, der wütend ist auf den Gefährten, der zuvor einfach verschwunden war, in einem Restaurant Bohnen an. Manchmal kann eine Mahlzeit auch als Folter genutzt werden, wenn beispielsweise »Rübenbrei mit Mauleseldreck« auf dem Speiseplan steht (Ein Halleluja für Spirito Santo). Eine besondere Kuriosität ist schließlich in Fäuste, Bohnen und Karate zu erleben: In einem japanischen Restaurant wird mit einem Reisgericht Hundefleisch serviert! Das fällt nur auf, weil auch das Halsband des Tieres mit im Reis liegt. Das Problem: Es handelte sich um den Hund des Sheriffs  – und dem schmeckt diese Mahlzeit verständlicherweise gar nicht. Jesus versus Paulus? Woher rührt das Interesse an der expliziten Darstellung menschlicher Nahrungsaufnahme? Hier ist zunächst erneut darauf zu verweisen: Dem Italowestern ist nichts Menschliches fremd. Wir sprechen hier von einem Filmgenre, das sich naturalistisch, wenn nicht gar existentialistisch gibt.

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Daher finden menschliche Bedürfnisse aller Art, Essen und Trinken bis hin zur Verdauung ebenso ihre Platz wie die Themen Leben, Sterben oder Religion. Während sich der klassische amerikanische Western zumeist als Geschichtsschreibung in der Form des Heldenepos versteht, werden in dem »italienischen Bastard« auch die Fragen beantwortet, auf die Hollywood nie Antworten gab: Hat der Westernheld keinerlei menschliche Bedürfnisse? Muss er nie essen, ernährt er sich ausschließlich von Whisky? Hat er niemals Übergewicht? Steht er im Saloon nur an der Bar, ist aber nie auf der Toilette anzutreffen? Nikolaj Nikitin hat sich in seinem Essay Iß die Bohne! mit den Eßgewohnheiten vor allem von Bud Spencer und Terence Hill beschäftigt. Dabei kommt er zu dem Fazit, dass auch in diesem Bereich die Gründe für die Unterschiede zwischen amerikanischem und italienischem Western einmal mehr in unterschiedlichen religiösen Prägungen ihrer Schöpfer zu finden sind. Der »protestantischen Askese« in den Werken Hollywoods werde im Italowestern die »katholische Völlerei entgegengestellt«221. Das dürfte zutreffend sein. Wenn auch etwas vereinfacht und pauschal gesagt: Der WASP-geprägte Held Hollywoods ist tatsächlich ein anderer als der eher katholisch-sinnenfrohe Antiheld Cinecittàs. Der Calvinist schwört auf Askese, der Katholik kann sich auch einmal der Völlerei hingeben. Dies allein kann jedoch noch keine erschöpfende Antwort sein. Weder ist der einer protestantischen Ethik verpflichtete Christ allen sinnlichen Genüssen abhold, noch hat der Katholik einen Freibrief für eine zügellose Fresserei. Vielmehr handelt es sich bei der vor allem in den Clucher-Filmen zelebrierten Gefräßigkeit um eine weitere der sieben von der römisch-katholischen Kirche als »Todsünden« gekennzeichneten negativen menschlichen Verhaltensweisen, der gula (Völlerei). Sie ist gekennzeichnet von einer Maßlosigkeit, die zu einem ausschweifenden Leben führt, das Gott als den Schöpfer und Geber der Nahrung vergessen lässt, ebenso den Aspekt des Teilens jeglicher Ressourcen mit dem Mitmenschen. Um zu ergründen, aus welchen Quellen sich die unterschiedlichen ethischen Überzeugungen von »Asketen« und »Sinnesfrohen« möglicherweise speisen, ist es hilfreich, die entsprechenden Lehren und Verhaltensweisen von Jesus und Paulus zu betrachten. Bei der Einstufung der »Völlerei« als Todsünde konnte sich die Alte Kirche auf den großen



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Völkerapostel berufen. Paulus führt sie der Sache nach regelmäßig in den sog. Lasterkatalogen auf, z. B. in Römer 13,13: »Lasst uns ehrbar leben wie am Tage, nicht in Fressen und Saufen, nicht in Unzucht und Ausschweifung, nicht in Hader und Eifersucht; sondern zieht an den Herrn Jesus Christus und sorgt für den Leib nicht so, dass ihr den Begierden verfallt.« In einer weiteren Aufzählung von insgesamt fünfzehn Untugenden finden sich in Galater 5,21 auch das »Saufen« und »Fressen«. Petrus stuft ebenfalls in einem Lasterkatalog »Fresserei« und »Sauferei« als heidnisch und also durch den Glauben an Christus als eigentlich überwunden ein (1. Petrus 4,3). Beiden Aposteln gemeinsam ist die Einordnung dieser Laster als »Werke des Fleisches« (Galater 5,19, vgl. 1. Petrus 4,2). Das »Fleisch« (sarx) steht für die menschlichen Begierden und widerstreitet dem »Geist« (pneuma), der diejenigen erfüllt, die zu Christus gehören. Bei Paulus fällt in diesem Zusammenhang häufiger der negativ konnotierte Begriff des »Bauches« (koilia). Über Irrlehrer in den ersten Gemeinden heißt es: »Denn solche dienen nicht unserm Herrn Christus, sondern ihrem Bauch.« (Römer 16,18). Über sog. »Feinde des Kreuzes Christi« wird in Philipper 3,19 geurteilt: »Ihr Ende ist die Verdammnis, ihr Gott ist der Bauch und ihre Ehre ist in ihrer Schande; sie sind irdisch gesinnt.« Die Fixierung auf den »Bauch« ist demnach ein Kennzeichen eines Lebens, das noch stark in irdischen Bedürfnissen verhaftet ist. Zudem gilt der »Bauch« als »das Innerste, das Geheimste im Menschen«222. Daher schreibt Paulus an die Korinther, dass der »Leib ein Tempel des Heiligen Geistes« sein soll (1.  Korinther 6,19). Die Kritik des Apostels lautet: Jener Ort, der nunmehr ganz vom Heiligen Geist ausgefüllt sein soll, ist bei manchen Menschen randgefüllt mit Dingen, die ihn an die irdische Existenz binden, zwar zu einer gewissen »Sattheit« führen, aber letztlich nicht den Lebenshunger stillen. Womit der Mensch sich selbst zu sättigen versuche, habe letztlich keinen Bestand: »Die Speise dem Bauch und der Bauch der Speise; aber Gott wird das eine wie das andere zunichte machen.« (1. Korinther 6,13). Auf den ersten Blick bietet Jesus ein ganz anderes Bild. Aus einer Sentenz, in der er selbst seine Gegner zitiert, wissen wir um seinen zweifelhaften Ruf: »Der Menschensohn ist gekommen, isst und trinkt; so sagen sie: Siehe, was ist dieser Mensch für ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder!« (Matthäus 11,19; vgl. Lukas 7,34).

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Die Pharisäer und Schriftgelehrten machten Jesus Vorwürfe, dass er sich nicht an die Fastengebote halte und sich darin von anderen Gläubigen unterscheide: »Sie aber sprachen zu ihm: Die Jünger des Johannes fasten oft und beten viel, ebenso die Jünger der Pharisäer; aber deine Jünger essen und trinken.« (Lukas 5,33). Der Täufer hatte sich bekanntlich beim Essen zurückgehalten, sich von »Heuschrecken und wildem Honig« ernährt (Matthäus 3,4 par Markus 1,6) und kann damit durchaus als ein Vorbild asketischer Lebensweise dienen. Jesus hingegen verschmähte in der Tat keine Gelegenheit, um mit anderen zu speisen; sei es mit einem Pharisäer (Lukas 7,36; 11,37) oder einem stadtbekannten Sünder (Lukas 19,5). Bei Letzterem, dem Zöllner Zachäus, lud er sich sogar selbst ein. Jesus sorgte bei Feierlichkeiten für Nachschub an gutem Wein (Johannes 2,1–10). Er, der nach der Zwei-Naturen-Lehre der christlichen Kirche sowohl ganz Gott als auch ganz Mensch war, konnte als Mensch offensichtlich genießen; womöglich in dem Wissen, dass, wer nicht genießen kann, bald selbst ungenießbar wird. Insofern hat der ansonsten wenig gottesfürchtige Vater Trinitàs und Bambinos in Vier Fäuste für ein Halleluja nicht unrecht, wenn er nach einem Tischgebet seiner Frau unwirsch meint: »Lass den Meister aus dem Spiel. Wenn der hier wäre, würde er genauso schlucken wie wir.« Hatte doch Jesus denen, die ihm nachfolgen, nicht nur Leiden vorhergesagt, sondern auch zugesichert: »Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen.« (Johannes 10,10). Dazu gehören auch die leiblichen Bedürfnisse. Er suchte in der »Tischgemeinschaft« vor allem aber die Begegnung mit den Menschen. Zur Bekräftigung seines Machtanspruchs tat er Zeichen und Wunder, indem er viele Menschen speiste (Matthäus 14,14–20 par Markus 6,35–41, Lukas 9,10–16; Matthäus 15,33–39 par Markus 8,1–9). Am Abend vor seinem Tod aß er mit seinen Jüngern das Passalamm (Lukas 22,8). Selbst als er als der Auferstandene seinen Freunden erneut begegnete, lautete eine seiner ersten Fragen an sie: »Habt ihr hier etwas zu essen?« (Lukas 24,41). Handelt es sich demnach bei Paulus um den Stammvater aller Asketen und bei Jesus um den Kronzeugen jener sinnesfrohen Genießer? Liegen innerhalb des Neuen Testaments divergierende ethische Anschauungen in Bezug auf das Essen vor? Dem ist nicht so. Paulus kann seinem Schüler Timotheus durchaus empfehlen, nicht nur Wasser, sondern »um



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des Magens willen« auch Wein zu trinken (1. Timotheus 5,23). Im Streit um das sog. »Götzenopferfleisch« nimmt er eindeutig für den Fleischverzehr Stellung: Die Christen in der Gemeinde zu Korinth fragten sich, ob sie auf den Märkten angebotenes Fleisch essen dürften, das zuvor heidnischen Göttern geweiht worden war. Der Apostel, dessen Intention es war, den Nachfolgern Jesu das Ende aller Gesetzlichkeit zu vermitteln, erlaubt nicht nur den Fleischverzehr an sich, sondern auch, sich von diese umstrittenen Opfergaben zu ernähren (1. Korinther 8,1–13). Wer dies tue, erweise sich sogar als der »Starke« im Glauben gegenüber den »Schwachen«, die sich in dieser Frage ängstlicher verhielten. Nur wenn ein Christ damit denen zu einem wirklichen Anstoß werde, die das Essen von Götzenopferfleisch ablehnten, solle er sich um der Gemeinschaft aller Christen willen ebenfalls enthalten (vgl. Römer 14,2). Grundsätzlich gilt aber für Paulus: »Speise wird uns nicht vor Gottes Gericht bringen« (1. Korinther 8,8). Er liegt damit auf einer Linie mit Jesus: »Es gibt nichts, was von außen in den Menschen hineingeht, das ihn unrein machen könnte; sondern was aus dem Menschen herauskommt, das ist’s, was den Menschen unrein macht« (Markus 7,15). Symbol der Gier Es ist vielmehr so: Essen und Trinken werden erst dann zur »Völlerei«, wenn beides in unmäßiger Weise geschieht. Die gula steht unter dem Vorzeichen menschlicher Gier und ist somit eine Verwandte sowohl der avaritia (Habgier) als auch der luxuria (Wollust oder auch Genusssucht). Die Nahrung wird nicht mehr als Gottes Gabe dankbar empfangen, sondern sich genommen; und wer nimmt, statt zu empfangen, der nimmt sich in der Regel auch zuviel. Der Geber wird vergessen. Zweitrangige Dinge des Lebens nehmen den ersten Rang ein. Dann steht tatsächlich der »Bauch« im Vordergrund, nicht mehr Gott. Darum mahnt Jesus in der Bergpredigt: »Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?« (Matthäus 6,25). Wo die Frage nach den Prioritäten geklärt ist, dort ist es selbst Paulus möglich, zu genießen: »Wenn ich’s mit Danksagung genieße, was soll ich mich dann wegen etwas verlästern lassen, wofür ich danke?« (1. Korinther 10,30).

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Was also im Neuen Testament einhellig verurteilt wird, ist lediglich jene All-you-can-eat-Mentalität, die weder ein Maß findet, noch dankbar empfängt; die Gott nicht kennt, sondern den Menschen mit seinem Anspruchsdenken an dessen Stelle setzt. Der »Völlerei« ist daher nicht ohne Grund schon in der frühen christlichen Kirche die »Mäßigung« (temperantia) als eine der von Plato übernommenen »Kardinaltugenden« entgegengestellt worden. Ein Konzept völliger Askese unter den Christen setzte sich in der Kirchengeschichte nur vereinzelt durch, vor allem bei den Eremiten und im Mönchstum.223 Ob es sich bei der Nahrungsaufnahme von Bud Spencer und Terence Hill um maßlose Gier oder um einen christlich vertretbaren Ausdruck purer Lebensfreude handelt, darüber lässt sich streiten. Offensichtlich ist: Man kann den beiden deshalb nicht ernsthaft böse sein. Über andere Charaktere kann diese Einschätzung schon deutlicher getroffen werden. Dazu gehört Jed Trigado, der von Tomás Milián als widerwärtig dargestellte Egomane in Corbuccis Die rote Sonne der Rache. Sein Lebensmotto lautet: »Essen um zu leben – leben um zu essen.« Sein Gott ist tatsächlich der Bauch (vgl. Philiper 3,19). Die Art der Nahrungsaufnahme spiegelt die Geisteshaltung der handelnden Personen wieder. Nicht selten ist sie Ausdruck jener Dekadenz, die Marco Ferreri 1973 in einem der bedeutsamsten »Essensfilme«, La grande bouffe (Das grosse Fressen) drastisch vorführte: Hier kommen vier Männer und eine Frau zusammen, um sich tot zu fressen. Die im Ursprung lebenserhaltende Funktion jeglicher Nahrung (daher: »Lebens-Mittel«) wird in ihr destruktives Gegenteil verwandelt. Die wohlsituierten Protagonisten, die allesamt keinen wirklichen Grund für einen Suizid haben (außer möglicherweise Langeweile), missbrauchen die Lebensmittel, um ihren Tod herbeizuführen – während gleichzeitig in der Welt unzählige Menschen sterben, weil es ihnen gerade daran mangelt. Im Gegensatz zu allen anderen Todsünden ist die Völlerei offensichtlich die einzige, von der ein Großteil der Weltbevölkerung aus Mangel an Nahrung wohl nie in Versuchung geführt werden wird. Innerhalb des Italowesterngenres ist das Fressen als Ausdruck der Dekadenz vor allem in den Revolutionsepen zu beobachten. Auch in dieser Hinsicht ist eine bereits in anderem Zusammenhang erwähnte berühmte Szene Leones maßgeblich: In Todesmelodie stellt der Regisseur schon



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zu Beginn klar, was von der herrschenden Klasse zu halten ist. Ein plötzlicher Anfall von Sozialneid gegenüber den ihm anvertrauten Fahrgästen veranlasst einen Kutscher dazu, den zunächst brüsk abgewiesenen Juan in die Kutsche mit den Reichen zu stecken. Dort findet der zerlumpte Habenichts einen bourgeoisen Mikrokosmos vor: mexikanische Adlige beiderlei Geschlechts, den hohen kirchlichen Würdenträger und den arroganten Yankee, der sich mit seinen Dollars im Ausland breitmacht. Sie alle essen und haben vergessen, was ihnen als Kindern beigebracht wurde: »Du sollst mit vollem Mund nicht sprechen!« Die Kamera Giuseppe Ruzzolinis ist so dicht an den offenen Mündern, dass der Zuschauer – selbst wenn er es sich an dieser Stelle wünschte – nichts verpassen kann. Das Ekelgefühl, das ihn angesichts dieses Fressens überkommen muss, korrespondiert hervorragend mit der Widerwärtigkeit der verschiedenen Aussagen der Beteiligten zu den Themen Armut, Sex und Rasse. Die Beteiligten fressen selbst wie die Schweine, äußern sich jedoch abfällig über den »Pöbel«. In Mercenario  – Der Gefürchtete speisen die Reichen genüsslich, während die geschundenen Minenarbeiter eine schmutzige Brühe bekommen, in der sich Eidechsen und anderes Gewürm finden. Den sich zur Wehr setzenden Rebellen in diesen Filmen ist es dann nicht zu verdenken, dass sie ebenso exzessiv zulangen, sobald sie sich gewaltsam in die Lage dazu versetzt haben. Dann tropft das Fett von manchem mexikanischen Bart. Und der arme Süditaliener im Kino gönnt es den Brüdern im Geiste von Herzen. Was reingeht, muss auch wieder raus Wer den Italowestern konsequent zu Ende denkt, den kann es nicht verwundern, dass dort auch die Folgen übermäßigen Essens und Trinkens nicht ausgespart werden. Was der Mensch zu sich nimmt, das muss er auch verdauen. Bereits Jesus nahm seinen Jüngern gegenüber auf dieses menschliche Bedürfnis Bezug: »Merkt ihr nicht, dass alles, was zum Mund hineingeht, das geht in den Bauch und wird danach in die Grube ausgeleert?« (Matthäus 15,17). Das wusste auch Martin Luther, selbst wenn ihm das bekannte Wort nur untergeschoben sein sollte: »Warum rülpset und furzet ihr nicht? Hat es euch nicht geschmecket?« Sowohl orale als auch anale Winde der Verdauung wehen bekanntlich, wo sie wollen. Als Meister des Rülpsens erweisen sich einmal mehr

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die Herren Spencer und Hill. Der übermäßige Genuss von Bohnen verursacht generell bei vielen Essern Blähungen in größerem Ausmaß. Daneben sind für das Furzen vor allem Babys und Kleinkinder diverser Siedlerfamilien zuständig. Jonathan, ein Gauner und falscher Prediger in Colorado  – Zwei Halunken im Goldrausch verschlingt in einem Gasthaus alles, was die Küche hergibt. »Meine Verdauung steht nicht zum Besten«, bekennt er. Ein anderer Gast muss ihm auf den Rücken klopfen, um ein Rülpsen hervorzurufen. In Partirono preti, tornarono  … curati werden einige Banditen nach der Mahlzeit zum Rülpsen im Chor angeleitet. In Rache in El Paso gibt es eine Szene, die John Wayne wohl unter keinen Umständen jemals im Drehbuch hätte stehen lassen: Die Protagonisten werden im Gefängnis sowohl beim kleinen wie beim großen »Geschäft« gezeigt. In Leichen pflastern seinen Weg drängt der gefangene Loco den ihn eskortierenden Sheriff, er müsse »mal scheißen«. Hier handelt es sich offenbar nur um einen Vorwand, um an ein von ihm im Schnee verborgenes Gewehr zu gelangen, mit dem er seinen Gegner niederschießt. Tiere haben es ebenfalls nötig, zu verdauen: Beim Betrachten des Films Die rechte und die linke Hand des Teufels empfiehlt Christian Keßler: »Bitte auf das kackende Pferd achten!«224 Eine Pinkelszene gibt es in La tigre venuta dal fiume Kwai (Der Tiger vom Kwai, 1975); ebenso in Partirono preti, tornarono  … curati, wo der falsche Priester John vorn die Soutane anhebt. In epischer Breite wird das Thema in Mein Name ist Nobody behandelt: Der Titelheld beobachtet einen älteren Lokführer bei dessen zunächst vergeblichen Versuchen, sich zu erleichtern. Er nimmt, wenn auch nonverbal, regen Anteil an der Problematik des anderen beim Wasserlassen. In Man nennt mich Halleluja hatte der Titelheld bereits eine Verbrecherbande kollektiv mattgesetzt, indem er ihnen ein Abführmittel ins Essen mischte. Im Nachfolgefilm Beichtet Freunde, Halleluja kommt überlistet er gleichermaßen eine Schar österreichischer Soldaten, indem er ihnen heimlich ein auf die Blase schlagendes Mittel verabreicht. Als sie sich dann in Reih und Glied (wortwörtlich!) aufstellen, um sich gemeinschaftlich zu erleichtern, zieht er ihnen die Peitsche über ihr empfindlichstes Körperteil, um anschließend mit einem gestohlenen Wagen zu verschwinden.



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Sergio Leone schließlich lässt Todesmelodie direkt mit der Großaufnahme eines Urinstrahls beginnen: Juan pinkelt an einen von Ameisen bevölkerten Felsen; ein Sinnbild dafür, wie die »kleinen Leute« vom Sog politischer Unruhen und Revolutionen einfach hinweggespült werden. Alkohol Wie in jedem klassischen Western wird auch in der italienischen Variante Alkohol konsumiert; dies häufig in exzessivem Maße. Nicht von ungefähr also machen in I gemelli del Texas einige christliche Frauen gegen das Laster mobil: Bei einer Demonstration durch ihren Ort fordern sie auf Plakaten: »No Alchool (sic!) but milk« oder »Death to vice«. Im Saloon treten sie mit einem missionarischen Gesangsprogramm auf und schenken Milch aus. Ein besonders cleverer Kunde hat im großen Milchglas eine Schnapsflasche versteckt und trinkt daraus mit einem Strohhalm. Die Wahl des Getränks ist oft kulturell bedingt: Der Amerikaner bevorzugt Whisky, der Mexikaner Tequila. Es gibt Filmfiguren, die nach dem einen oder dem anderen benannt sind. Oder auch ganz anders: In der Originalfassung von Ein Halleluja für Django heißt der Held »Billy Rum«. Den hat er auch in seiner Flasche. Andere belassen es beim Bier, wie der Killer Donkey in Die Stunde der Aasgeier. Den meisten aber ist wichtig, dass es sich bei dem Ausgeschenkten um Hochprozentiges handelt, und dass man bei seinem Alkoholkonsum nicht gestört wird. Wenn Bambino in Vier Fäuste für ein Halleluja seinen Whisky trinken möchte, hält ihn selbst die Sperrstunde im Saloon nicht davon ab. Er stellt die Wanduhr einfach um zwei Stunden zurück. Alkohol lässt vergessen. Viele der Protagonisten wollen dies. Ein weiteres Motiv ist die Angst. In Satan der Rache bekommen die Männer Acombars ausdrücklich eine Sonderration Whisky, »um die Angst zu vertreiben«. Alkohol macht auch krank. Unter den gebrochenen, gescheiterten oder labilen Charakteren, die in einer Welt leben, die nüchtern nur schwer zu ertragen ist, finden sich folgerichtig auch zahlreiche Alkoholiker: Der Captain der Nordstaaten in Zwei glorreiche Halunken: Er hat die Erkenntnis gewonnen: »Welche Armee den meisten Alkohol hat, wenn ihre Leute in die Schlacht geführt werden, gewinnt.«

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Robert Parking, genannt »Brandy« in Gesetz der Bravados: ein von allen verlachtes Faktotum, das zum Sheriff gewählt wird. »Whisky«, der Gefährte von Arizona Colt: Er bestellt im Saloon einen »Doppelten«. Das sind zwei Flaschen, aus denen er synchron trinkt. Jerry, der Postbote in Eine Kugel für den Bastard: »Ohne Bier vertrage ich den Whisky nicht mehr«, lautet seine Devise. An der Saloonbar wendet er sich an einen Neuankömmling, in der Hoffnung, er gebe ihm einen Drink aus: »Allein säuft man. Zu zweit trinkt man.« Ives, eine Nebenfigur in 100.000 Dollar für Ringo: ein tragischer Charakter, der seine Freundin nicht beschützen kann. Beide werden ermordet. Joe Collins alias »Ringo« in Ringo, such dir einen Platz zum Sterben: ein ehemaliger Offizier, der unschuldig vom Kriegsgericht verurteilt wurde, nun gejagt wird, in einer Ruinenstadt haust und Waffen verschiebt. Der Sheriff, genannt »Tequila-Joe« in Einladung zum Totentanz: ein Zyniker, der in Angst lebt: »Mit dem Mut ist es wie mit einem Glas: Ein kleiner Stoß genügt und er zerbricht.« Fred Leinster, der Sheriff in 20.000 dollari sporchi di sangue (o. dt. T., 1968): Er verursachte den Tod seiner Familie, als er volltrunken war. Der Titelheld in El Puro: ein aufgrund seines Alkoholkonsums verwahrloster Mensch, der Doppelbilder sieht und sich oft kaum auf den Beinen halten kann. Selbst eine Zeche von einem Dollar kann er nicht bezahlen. Ein Trinker am Bahnhof in Halleluja  … Amigo: »Nur wir Besoffenen können die Welt verändern.« Clem in Verdammt zu leben, verdammt zu sterben: Er trinkt aus Verzweiflung selbst Stubbys Rasierwasser.

Nur selten gelingt es Alkoholikern, eine neue Lebensperspektive zu gewinnen. Dazu gehört Luke in La notte dei serpenti: ein ehemaliger Revolverheld, der nach einem Unfall, bei dem er ein Kind erschoss, der Trunksucht verfiel. Er verdingt sich bei einer mexikanischen Bande, wird von seinen Kumpanen jedoch als »Gringo« und »Säufer« gedemütigt. Er giert nach einer Flasche Tequila und muss einem Mexikaner dafür die Schuhe putzen. Andere verhöhnen ihn und urinieren in die Flasche. Seine früher exzellent ausgeprägte Schießkunst hat erheblich nachgelassen. Erst nach einem Entzug kann er wieder schießen – und treffen!



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Der Titelheld in Doc West – Nobody ist zurück und Doc West – Nobody schlägt zurück ist ein ehemaliger Arzt, der sich nun als Spieler durchschlägt. Als er vor zehn Jahren in volltrunkenem Zustand eine Frau operierte, starb diese an den Folgen. Seither hat er dem Alkohol abgeschworen und tut Buße, indem er die Tochter seines Opfers finanziell unterstützt. Sam Garrett, der Texas-Ranger in Die vier Geier der Sierra Nevada, ist dafür bekannt, nie Hochprozentiges zu konsumieren. Als er fälschlich des Mordes angeklagt wird, nachdem er betrunken aufgefunden wurde, will niemand mehr davon wissen, dass dies gar nicht zu ihm passt. Stattdessen ist die Menge darauf aus, ihn zu lynchen. Wer sich von Hochprozentigem fernhalten will, muss Alternativen suchen. Erwähnter »Doc West« trinkt daher im Saloon Tee und macht sich damit lächerlich. Doch der Sheriff des Ortes (Paul Sorvino) gesteht ihm, er sei ebenfalls Teetrinker: »Aber nie in der Öffentlichkeit!« So bevorzugen auch andere Protagonisten nichtalkoholische Getränke und stoßen damit in der Regel auf wenig Verständnis. Darunter leiden vor allem die Milchtrinker: Arizona Colt wird der Ausschank verweigert: »Ein Saloon ist kein Kuhstall!« Verlacht werden dafür auch »Engelsgesicht« Ringo (Eine Pistole für Ringo) oder der Kopfgeldjäger Alan Boyd (Kopfgeld für einen Killer). Weitere prominente Milchtrinker sind der »Blonde« in Das Gold von Sam Cooper, Sartana (Django und Sartana – Die tödlichen Zwei), der Revolvermann und Schachspieler Nebraska-Jim, der trockene Alkoholiker Cash (Django – Unbarmherzig wie die Sonne), Scott Baker in Für 1.000 Dollar pro Tag, der Stutzer George Benson in Poker mit Pistolen (allerdings nicht ausschließlich) und der Chinese Shanghai-Joe in Der Mann mit der Kugelpeitsche. Auch Butch (Vier Fäuste schlagen wieder zu) neigt der Milch zu. Aufgrund seiner ungezügelten Kräfte zerbricht sein Glas aber jedes Mal, wenn er es zum Mund führt. In Little Kid und seine kesse Bande verlangt ein Kind im Saloon Whisky, bekommt aber nur Milch serviert. Bier ist dort nicht verfügbar. Als zwei Männer danach verlangen, pinkelt ein Junge zwei Gläser voll. Gary Hamilton (Der Fremde von Paso Bravo) besitzt kein Pferd, keine Waffe und trinkt auch keinen Whisky. Er bestellt an der Theke Limonade. Der Titelheld in Zwiebel-Jack räumt auf trinkt selbst im

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Saloon nur den Saft des von ihm mitgebrachten Gemüses. Dabei löst sich allerdings das Glas auf. Einigen anderen genügt Wasser: Neben John Webb (Der Mörder des Klans) gilt dies vor allem für Jim Slade (Ein Colt für 100 Särge), den ehemaligen Zeugen Jehovas, der zwar seinen Pazifismus über Bord warf, sich aber weiterhin des Alkohols enthält. Erst in der Schlusssequenz meint er: »Nach so einem Tag brauche ich einen Whisky.« Handelt es sich hier um den Einstieg in eine Drogenkarriere? Nikotin In früheren Zeiten wurde selbstverständlich geraucht. Auch auf der Leinwand. Rauchen gehörte zum Alltag. Ein frühes, eindrucksvolles Beispiel bietet Fritz Langs bedeutender Klassiker M: Dicke Rauchschwaden ziehen durch das Bild, sodass man meinen könnte, die Handlung spiele im nebligen London. Auch die Talkshows der 70er Jahre waren ohne Zigaretten nicht zu denken.225 Erst im Zuge einer regressiven Politik, vor allem seitens der EU, änderte sich dies völlig. Nun war Altkanzler Helmut Schmidt der letzte Prominente, der sich das Rauchen in der Öffentlichkeit nicht verbieten ließ. Zuvor hatte bereits der Comic-Westernheld Lucky Luke seinen Glimmstängel abgeben müssen. Er saugt im Zuge der Political Correctness seit 1983 nur noch an einem Grashalm. Bis dahin hatten nicht nur der bekannte »Marlboro-Mann« der Werbung, sondern auch viele Cowboys und Westerner auf der Leinwand geraucht. Der Italowestern machte dabei keine Ausnahme. Im Gegenteil: Wie manche andere Vorgänge, denen man bisher aufgrund ihrer Alltäglichkeit wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte, wurde auch das Rauchen zunehmend stilisiert und ritualisiert. Großen Anteil daran hatte Clint Eastwood, der ab Für eine Handvoll Dollar den Zigarillo in das Genre einführte.226 Der erklärte Nichtraucher verabscheute persönlich dieses Requisit: »Noch zwei Züge und ich kotze«, soll er zu Leone gesagt haben.227 Dass er während der Dreharbeiten nur mit Mühe seine Aversionen gegenüber dem Nikotin überwinden konnte, merkt man seiner Darstellung nicht an. Brigitte Desalm beschreibt die Wirkung des aufstrebenden Schauspielers so: »(…) Eastwood entwickelte eine bemerkenswerte Geschicklichkeit darin, den ewigen Zigarillo-Stummel hinund herzurollen (…). Der Zigarillo betont den Ausdruck seiner Ent-



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schlossenheit – nicht zufällig taucht er erstmals auf, wenn der Fremde in Per un pugno di dollari aus der Rolle des Zuschauers heraustritt und zu handeln beschließt. Er ist die geniale Lösung für die Mundpartie in Eastwoods Gesicht.«228 Der Zigarillo blieb in den Filmen der »Dollar-Trilogie« Clint Eastwoods Begleiter. Der Charakter des Joe wurde zum Prototyp des lässig-coolen Rauchers, der anschließend oft kopiert wurde. Berühmte Zigarillo-Raucher waren Sartana und Sabata. Django alias »Lord« (George Hilton) raucht sie in Django – Ein Sarg voll Blut ebenso wie Tyree (Fred Williamson) in Einen vor den Latz geknallt. In Für ein paar Leichen mehr benutzt Uriah den Zigarillo Kirchners, um damit den Zielpunkt einer möglichen Kugel auf dessen Brust zu zeichnen. Ein Unterschied der Charaktere wird in Django und die Bande der Gehenkten deutlich: Die Titelfigur (Terence Hill) bevorzugt den dünnen Zigarillo, seine Widersacher (Horst Frank und George Eastman) die dicke, protzigere Variante einer Zigarre. Zu den Zigarrenrauchern zählen u. a. der Kopfgeldjäger (Klaus Kinski) in Ein Einsamer kehrt zurück, Frank in Spiel mir das Lied vom Tod, John Mallory in Todesmelodie und natürlich El Puro, die Titelfigur des gleichnamigen Streifens, dessen Name nichts anderes als »die Zigarre« bedeutet«. Zigaretten hingegen werden – als ein Produkt neuerer Zeit – kaum konsumiert. In Fünf blutige Stricke scheint Rocco die Zigarette gerade zu erfinden, als er Tabakreste eines Zigarrenstummels in ein Stück Papier wickelt. Gefährlich wird es, wenn Ringo, ein Kettenraucher (Ringo e Gringo contro tutti) seine Zigarette verschluckt, dann aus dem Hals qualmt und gelöscht werden muss. Dass das Rauchen tödlich sein kann, belegen eindrücklich Männer wie Tresette in Dicke Luft in Sacramento oder der Titelgeber in El Cisco, die beide Zigarren zum Einsatz bringen, die mit Dynamit präpariert sind. Oft werden mit Zigarren auch einfache Lunten angezündet. Concho in Yankee brennt mit der Zigarre ausgestreutes Schießpulver an, um ein Feuer zu entfachen, das seinen Gegner verbrennen soll. Den Gefahren des Rauchens möchte Jess Bryan in Killer adios entgehen. Er hat sich das Rauchen abgewöhnt. Notgedrungen sieht sich El Macho gezwungen, auf das Rauchen zu verzichten: Er muss in die Rolle eines Toten schlüpfen, der ihm ähnlich sah – und Nichtraucher war.

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Möglicherweise gesünder ist auch der von Lasky in Sartana – Bete um deinen Tod bevorzugte Schnupftabak. Dass Frank in Spiel mir das Lied vom Tod neben Zigarren auch dem Kautabak frönt, mag seinen Grund darin haben, dass Leone seinen Star Henry Fonda damit in einem seiner berühmten close-ups zeigen konnte: als er bei seinem ersten Auftritt, noch bevor ein Wort seinen Mund verlässt, auf unnachahmliche Art den Tabak ausspuckt.229 Für eine ganz andere, kultivierte Art des Rauchens stehen die meisten der von Lee van Cleef porträtierten Figuren. Die erfahrenen, distinguiert wirkenden Männer bevorzugen Bruyère- oder Meerschaumpfeifen mit ihrer charakteristischen gebogenen Form. Zuerst zu erleben bei Colonel Mortimer in van Cleefs Italiendebüt Für ein paar Dollar mehr, kehrt diese Pfeife wieder bei Sentenza (Zwei glorreiche Halunken), Jonathan Corbett (Der Gehetzte der Sierra Madre) Ryan (Von Mann zu Mann) oder Frank Talby (Der Tod ritt dienstags). Anders als bei Eastwood entsprach die im Film gerauchte Pfeife offenbar auch den persönlichen Vorlieben van Cleefs, denn sie taucht in seinen späteren Filmen wie dem amerikanischen Western Barquero (1970) oder dem italienischen Krimi Dio, sei proprio un padreterno! (La Pistola, 1973) immer wieder auf. Darüber hinaus kommt die Pfeife wenig zum Einsatz. Sie passt zu einem eher gemütlich wirkenden Charakter wie Providenza (Tomás Milián in Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel) sicher besser als zu Klaus Kinski in Die Bestie, der hier eine langstielige Pfeife raucht. Einige Protagonisten konsumieren nicht nur Nikotin, sondern auch einige harte Drogen. Die Entstehungszeit der Italowestern war schließlich auch die Zeit, in der Haschisch oder Marihuana in Mode kamen, zunächst vor allem innerhalb der Hippie-Bewegung. Das spiegelt sich auch in den Filmen jener Epoche wider. Die Dreieckskonstellation in Leones Für eine paar Dollar mehr ergibt sich aus dem Zigarillo-Raucher (Monco), dem Pfeifenraucher (Mortimer) und dem Marihuana-Raucher (Indio). Der Konsum einer solchen Droge wurde in diesem Film erstmals überhaupt auf der Leinwand gezeigt. Im Rauschzustand erinnert sich der Bandit El Indio mehrfach an seine Schändung der Schwester Mortimers und deren anschließenden Suizid. Dem Marihuana verfallen ist auch der Killer John in Corbuccis Zwei Companeros und der Gangsterboss in



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Ancora Dollari per i MacGregor. Von Mexikanern wird auch die aus der in Mittelamerika verbreiteten Kakteenart Lophophora williamsii gewonnene Droge Peyote konsumiert. In La notte dei Serpenti führt die Einnahme eine Frau dazu, mit den »Geistern« zu reden. Der skrupellose Chaco in Fulcis Verdammt zu leben, verdammt zu sterben flößt seinen wehrlosen Opfern ebenfalls Peyote ein. Einem jungen Mädchen werden in Mögen sie in Frieden ruhen von ihrem Zuhälter Drogen in Tablettenform verabreicht, um sie gefügig zu machen. Zu den effektvollsten Ritualen im Italowestern gehört das Anzünden der Zigarillos, Zigarren oder Pfeifen. Dabei scheint es nichts zu geben, was gänzlich ungeeignet wäre, um ein Streichholz daran anzünden zu können. Schier unerschöpflich wirkt der Ideenreichtum, wenn es darum geht, dem ohnehin aggressiv aufgeladenen Genre zusätzliche »Reibungsflächen« hinzufügen, an denen sich Gewalt »entzünden« kann. Bekanntestes Beispiel ist die Szene zwischen Lee van Cleef (Mortimer) und Klaus Kinski (Wild) in Für ein paar Dollar mehr. Letzterer ist mit einem Buckel gestraft. Ausgerechnet an diesem wunden Punkt des Banditen zündet sich der Colonel seelenruhig sein Streichholz an. Bei dem Minenspiel seines Gegenübers in diesem Moment handelt es sich um eine typisch gequälte Kinski-Mimik. Henry Fonda als Frank in Spiel mir das Lied vom Tod zündet seine Zigarren hinterrücks an seinem Gürtel an. Auch an Stiefeln lässt sich ein Streichholz entzünden; vorzugsweise an denen eines Gehängten, da man sich dazu nicht hinabbeugen muss. So sieht man es bei Spirito Santo (Ein Halleluja für Spirito Santo) und auch bei dem Polen in Mercenario – Der Gefürchtete. Letzterer zeigt sich besonders vielseitig: Er entzündet Streichhölzer auch an den Zähnen Raf Baldassares, dem Ohr Franco Ressels, am Busen einer Frau, an einem Hut, an Pacos Patronen oder dessen nackter Fußsohle. Major Ward (Telly Savalas) in Sie verkaufen den Tod benutzt dazu die griechische Statue eines Jünglings – konkret: dessen Glied. In der Anfangsszene von Ein Fressen für Django wirft ein Bandit eine Stange Dynamit auf den Titelhelden. Dieser nutzt die angebrannte Lunte, um sein Zigarillo daran zu entzünden und wirft sie umgehend dem Absender zurück. Etwas umständlicher verfährt ein Bandit in Django – Die Gier nach Geld: Er steckt sich Streichhölzer zwischen seine Zehen und schießt darauf, sodass sie sich entzünden.

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Es zeigt sich: Ob Essen, Trinken, Verdauen oder das bloße Anzünden eines Streichholzes – im Italowestern ist keine Alltagshandlung zu banal, als dass sie nicht ritualisiert und damit in ihrer Bedeutung und Symbolhaftigkeit gesteigert werden könnte.

7. Der Kleine und der müde Joe: Trägheit »Müßiggang ist aller Laster Anfang«, sagt ein Sprichwort. Nicht unbedingt. In dieser Abhandlung stehen der »Müßiggang« oder die »Trägheit« in der Aufzählung der Todsünden am Schluss. Die acedia folgt dabei der gula unmittelbar nach; gemäß einem anderen Sprichwort: »Voller Bauch studiert nicht gern.« Das bedeutet: Üppige Mahlzeiten machen träge. Wer also der Völlerei frönt, steht oft auch der Trägheit nahe. Slow Hill Damit kommen wir ohne Umschweife erneut auf Terence Hill zurück. Das fällt auf: Er, der schlaksige und drahtige Typ (und nicht etwa der behäbig-schwerfällig wirkende Bud Spencer) ist der Müßiggänger des Italowestern schlechthin. Diese Karriere deutet sich bereits in Colizzis Vier für ein Ave Maria an: Während Spencer den gemeinsamen Wagen kutschiert, ist Hill neben ihm eingenickt. Später schläft er sogar auf dem Pferd sitzend. Dabei könnte man leicht stürzen und zu Schaden kommen. Deshalb hat Hill als »Trinità« in Cluchers Filmen konsequent »umgesattelt«: Bereits in der Anfangsszene von Die rechte und die linke Hand des Teufels liegt er auf einem Tragegestell, das von seinem gutmütigen Pferd durch Wüste und Fluss gezogen wird (I Abb. 28). Es handelt sich bei diesem Charakter keineswegs um einen »müden Joe«, wie er im DDR-Verleihtitel des Nachfolgefilms genannt wird. Müdigkeit dürfte kaum der Grund für seine eigentümliche Art der Fortbewegung sein. Trinità leidet weder unter Schlafentzug, noch besteht bei ihm jemals die Gefahr, körperliche Arbeit könnte ihn müde werden lassen. Die Wahrheit lautet: Er ist schlicht faul; selbst zu faul zum Reiten. Der sich hier von seinem Pferd ziehen lassende Taugenichts steht somit im scharfen Kontrast zu Corbuccis Django, der nicht nur mangels eines Pferdes zu Fuß durch den Morast stapfen musste, sondern unter erheblicher körperlicher An-



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strengung sogar einen Sarg hinter sich her zog. Einmal mehr wird augenfällig, wie sehr die Hauptfiguren der Filme Cluchers das Genre auf den Kopf stellten. Weiter geht es in diesem Streifen: Nachdem Trinità und sein Gaul den Ort erreicht haben, in dem sein Bruder Sheriff ist, erhebt er sich von seinem Gestell, nur um sich in Bambinos Büro sofort auf das Bett zu legen. Später lümmelt er sich wiederholt auf dem Stuhl herum oder legt die Füße auf den Tisch. Stets ist er bemüht, die für seinen trägen Körper bequemste Lage zu finden. Zeitweilig spielt er ernsthaft mit dem Gedanken, sich den mormonischen Siedlern anzuschließen. Ihre Glaubens­ praxis schreckt ihn nicht ab; jedoch erfährt er wie nebenbei im Gebet des Ältesten, was das karge Leben dieser Gemeinschaft ausmacht (»im Schweiße seines Angesichts sein Brot essen«, vgl. 1. Mose 3,19). Auch das Bibelwort »Geh zur Ameise, du Fauler, sieh an ihr Tun und lerne von ihr!« (Sprüche 6,6) aus dem Mund eines Mormonen erinnert ihn daran, dass er seine Lebensweise ändern müsste. So überdenkt er seinen Entschluss und hockt zum Schluss mit angezogenen Beinen auf seinem Pferd – auch hier wieder die für ihn angenehmste Position suchend. Derselbe Mann, die nächste Szene: Zu Beginn des Nachfolgers Vier Fäuste für ein Halleluja liegt Trinità erneut in besagtem Tragegestell und lässt sich ziehen. Wahlweise reitet er auch in der Hocke oder hat an seinen Sattel eine Rückenlehne montiert, die es ihm erlaubt, sich im Liegen fortzubewegen. Selbst sein Bruder schüttelt darüber den Kopf: »Kannst du nicht reiten wie jeder normale Mensch?« Nachdem sie gemeinsam drei gesuchte Verbrecher zum Sheriff nach San José gebracht haben, legt sich Trinità in dessen Büro wiederum sofort aufs Bett. Der Charakter des »Nobody« in zwei der folgenden Western von Terence Hill unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht wesentlich von der Figur Trinitàs. In Mein Name ist Nobody versucht der »Niemand« auf möglichst einfache und bequeme Art ein »Jemand« zu werden. Während sein Vorbild Jack Beauregard ein Leben lang und ungezählte Kämpfe benötigte, um zur Legende zu werden, glaubt Nobody, dessen Ruhm auf simple Weise erben zu können, indem er einzig ihn allein tötet. Seinem Denken liegt ein ökonomisches Minimalprinzip zugrunde: Er möchte mit möglichst wenig Einsatz viel erreichen. Während Nobody in Tonino Valeriis Film trotz allem noch einen »aufgeweckten« Eindruck

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vermittelt, knüpft sein erster Auftritt in Damiano Damianis Nobody ist der Grösste erneut an die Trinità-Filme an: Bei der Ankunft in einem Städtchen wird Nobody schlafend aus der Kutsche geworfen. Er lässt sich jedoch selbst davon nicht beeindrucken, sondern bleibt mitten auf der Straße liegen und schläft weiter. Bereits vor Terence Hill hatte es den einen oder anderen Faulpelz gegeben. Dazu zählte 1967 der Titelheld in Ein Halleluja für Django: ein zwar geschwätziger und sich gern prügelnder, aber auch fauler Kerl (George Hilton), der sich am liebsten auf einem Wagen liegend fortbewegt. Während es sein Bruder zum Sheriff brachte, gilt Django als der Taugenichts seiner Familie. Häufiger wurde allerdings dieses Motiv der Trägheit nach dem Erfolg der Trinità-Filme ab ca. 1972 von anderen kopiert. In Djangos blutige Spur kommt ein von einem Maulesel gezogenes Fuhrwerk in eine Stadt. Es hat Heu geladen, aus dem der schläfrige Richard Harrison hervorgekrochen kommt. Das von Franco Nero dargestellte schlichte Gemüt in Zwiebel-Jack räumt auf bewegt sich in einem Wagen fort, das von seinem sprechenden Pferd Archibald gezogen wird. Auch er kriecht, noch schläfrig, hier unter einem Berg von Zwiebeln hervor. Un animale chiamato  … uomo! handelt von zwei Herumtreibern, von denen sich der faule Bill im Anhänger eines Hochrads chauffieren lässt, während sein Kumpan Johnny in die Pedale treten muss. Filme, die sich deutlich an die Spencer-Hill-Komödien anlehnen, nehmen das Motiv ebenfalls auf: In Trinity und Babyface, in dem E.B. Clucher sich selbst kopiert, hat der Sohn des ursprünglichen Trinità das Laster des Vaters geerbt: Er lässt sich ebenfalls auf einer Trage von seinem Pferd durch die Gegend ziehen. Dass es auch andersherum geht, ist in Vier Fäuste schlagen wieder zu erleben: Als das Pferd von Butch müde wird, nimmt er es kurzerhand auf seine Schultern und trägt es. Indolenz Wie bei anderen Motiven zuvor, steht auch die im Italowestern zur Schau gestellte Trägheit im deutlichen Kontrast zum Original, dem US-amerikanischen Western. Der dem Calvinismus entstammende Cowboy, den Hollywood zumeist auf der Leinwand präsentierte, lebt so, als trüge er stets Max Webers Werk Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus in der Satteltasche mit sich. Er ist ein Vertreter jener Leistungs-



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gesellschaft, die von der Wahrhaftigkeit des American Dream überzeugt ist, nach dem es grundsätzlich jeder »vom Tellerwäscher zum Millionär« bringen kann. Er muss nur entsprechend hart dafür arbeiten. Der italienische Filmheld verweigert sich nun diesem sowohl in den USA als auch in den Industrienationen der westlichen Welt verbreiteten Leistungsdenken mit einer zuweilen erstaunlichen Konsequenz. Womöglich lässt sich an dieser Stelle weniger als in bisherigen Kapiteln von einer spezifisch römisch-katholischen Antwort auf den angelsächsisch-protestantischen Typus des Westernhelden sprechen. Eher scheint der vor allem von Terence Hill verkörperte Lebenskünstler die Protestnote des armen Südens gegenüber dem reichen Norden zu sein. Den bereits in den 70er Jahren zunehmend komplexer und hektischer werdenden Alltag eines kapitalistischen Systems »entschleunigte« er auf liebenswürdige Art, als noch niemand diese Wortschöpfung kannte, geschweige denn als einen Wert anerkannte. Die acedia hat es in den Kanon der sieben Todsünden geschafft, obwohl sie in der Bibel nur wenig Erwähnung findet. Die Jünger auf dem Weg nach Emmaus müssen sich von dem auferstandenen Jesus schelten lassen: »O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben!« (Lukas 24,25). Die Trägheit ihrer Herzen ist es offensichtlich, die sie hindert, die heilsgeschichtlichen Zusammenhänge von Tod und Auferweckung ihres Herrn zu erkennen. Die Christen in Rom ermutigt Paulus im Kontext seiner Anweisungen zum christlichen Miteinander in der Gemeinde: »Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist.« (Römer 12,11). Schließlich erinnert der Autor des Hebräerbriefes an die dem Volk Gottes seit Abraham gegebenen Verheißungen, und mahnt, an diesen festzuhalten: »Wir wünschen aber, dass jeder von euch denselben Eifer beweise, die Hoffnung festzuhalten bis ans Ende, damit ihr nicht träge werdet, sondern Nachfolger derer, die durch Glauben und Geduld die Verheißungen ererben.« (Hebräer 6,11f ). Die bewusste Abkehr von der acedia hat bald auch Eingang in die Liturgie des Morgengebets der christlichen Kirche gefunden: »Lasst uns wachen und nüchtern sein und abtun, was uns träge macht. Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns verordnet ist, und aufsehen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens.« (in Anlehnung an Hebräer 12,1f ).

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Trägheit hat demnach nicht nur mit körperlichem Müßiggang oder Faulheit zu tun, sondern bezeichnet darüber hinaus eine Geisteshaltung. Dorothy L. Sayers, die berühmte Autorin der Kriminalromane um Lord Peter Wimsey, hat in einem Essay die acedia umfassend so formuliert: Trägheit sei »die Sünde, die an nichts glaubt, sich um nichts kümmert, nichts zu wissen sucht, sich in nichts einmischt, nichts liebt, nichts hasst, in nichts einen Sinn erblickt, für nichts lebt und nur am Leben bleibt, weil es nichts gibt, wofür sie sterben würde«230. Die der acedia innewohnende Gleichgültigkeit bezieht sich auf sämtliche Lebensbereiche, also auch auf den religiösen. Karl Barth beschreibt den von dieser Sünde beherrschten Menschen als denjenigen, der nicht willens ist, durch die Heilstat Christi zu Gott erhoben zu werden – also lieber in der Verlorenheit liegen bleibt.231 Der Italowestern bietet Ansätze, die acedia in ihrer Vielgestaltigkeit zu entdecken. Dazu zählen nicht nur die bei Terence Hill und anderen äußerlich sichtbaren Ausprägungen von Trägheit, Faulheit und Schmarotzertum, sondern auch entsprechende grundsätzliche Geisteshaltungen: Der Held lebt ziellos in den Tag hinein. Er ist kein Freund geregelter Arbeit. Es gibt weniges, das er ernst nimmt oder mit Ernsthaftigkeit oder gar Leidenschaft betreibt. Er kennt nur sich selbst. Nach Barth wird die Sünde des Menschen im Gegenüber zu Jesus Christus erkannt, der sich durch völlig entgegengesetzte Verhaltensweisen auszeichnete. Daran knüpft Wilfried Joest an. Für ihn ist Jesus »der eine Mensch, der in ungeteilter Zuwendung und Hingabe seiner selbst für den Menschen da ist«232. Im Gegensatz dazu erkennt er beim Menschen »eine Indolenz, die sich durch nichts ernstlich betreffen lassen will«233; also eine Verhaltensweise, die bereits von Dorothy L. Sayers als Ausprägung der Trägheit verstanden wird. Eine solche Form der Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit zahlreicher Protagonisten gehörte von Beginn an zu den auffälligen Neuerungen des Italowestern, die beim Publikum Verwirrung und Unverständnis hervorriefen. Typisch dafür ist die bereits erwähnte Eröffnungsszene in Für eine Handvoll Dollar, in der ein »Held« eingeführt wird, der scheinbar ungerührt und mitleidslos zuschaut, wie ein Kind und sein hilfloser Vater geschlagen und drangsaliert werden. Joe mischt sich nicht ein. Es scheint ihn nicht zu berühren und nichts anzugehen. Roy (Fabio Testi), die an Eastwoods Charakter



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angelehnte Hauptfigur in Knie nieder und friss Staub sieht tatenlos los, wie eine Frau vergewaltigt wird. Mit der gleichen teilnahmslosen, lediglich abwartenden und beobachtenden Haltung treten auch häufig die von Anthony Steffen gespielten Antihelden in Erscheinung. Hinzu kommt ein in der Regel in dumpfer Lethargie und Apathie verharrendes Gemeinwesen. Die Menschen sind vor Angst gelähmt, haben resigniert, sind abgestumpft. Solche Verhaltensweisen illustrieren die düstere Seite der acedia, deren plakativ-klamaukartige Facette die für jedermann offenbare Faulheit Terence Hills darstellt. Die Figur Trinitàs ist auf ihre ernsten Vorgänger bezogen, wenn sie mit ihrer Komik deren abgeklärte und stoische Haltung entmythologisiert: »Die Schweigsamkeit und Ökonomie des zynischen Antihelden wird hier als Faulheit bloßgestellt.«234

Abb. 25: Aus dem Fundus Colonel Mortimers: Clint Eastwood und Lee van Cleef in Für ein paar Dollar mehr

Abb. 26: Der Organist Sartana zieht sämtliche Register: John Garko in Sartana kommt

Abb. 27: Gepflegte Mahlzeit in Familie: Bud Spencer, Jessica Dublin, Harry Carey jr. und Terence Hill in Vier Fäuste für ein Halleluja

Abb. 28: Der träge Joe: Terence Hill in Die rechte und die linke Hand des Teufels

VI. KAPITEL: SPEZIFISCH CHRISTLICHE THEMEN UND TRADITIONEN

1. Die letzte Kugel traf den Besten: Erlösergestalten Trotz anfänglicher Verwerfung durch die arrivierte Filmkritik hat der Italowestern seine Spuren in der Filmgeschichte hinterlassen und wird bis heute rezipiert. Während Quentin Tarantino 2012 seinen eigenen »Django« schuf (Django unchained) und drei Jahre darauf The Hateful Eight ins Rennen schickte, drehte der dänische Regisseur und »Dogma-95«-Mitbegründer Kristian Levring 2014 The Salvation (The Salvation – Spur der Vergeltung). Auch diese mit dänischem, schwedischen, englischen und südafrikanischem Geld finanzierte Produktion (also durchaus ein Euro-Western) versteht sich als deutliche Hommage an das von Sergio Leone begründete Genre. Die Musik erinnert an Morricone (u. a. Es war einmal in Amerika), die Szenerie an Spiel mir das Lied vom Tod. Die Bauten des Bahnhofs gleichen denen in Flagstone bei der Ankunft Jills. Das Monument Valley ist ebenfalls zu sehen. Den Sohn des Protagonisten Jon (Mads Mikkelsen) ereilt das gleiche Schicksal wie Timmy McBain. Zuvor hatte der ehemalige dänische Soldat wie der alttestamentliche Jakob sieben Jahre lang auf seine Frau warten müssen (vgl. 1. Mose 29). In einem Gemischtwarenladen lässt er eine Laterne an einem Seil durch den Raum gleiten  – wie einst Cheyenne in der berühmten Sequenz in der Poststation. Auch sonst gleicht vieles den Verhältnissen in einem Italowestern: Das Wetter ist meist schlecht. Die Stadt wird auf brutale Weise von Henry Delarue (Jeffrey Dean Morgan) beherrscht, einem ehemaligen Colonel, der in einer Geisterstadt haust und als Strohmann mächtiger Kapitalisten Siedlern das Land raubt. Bürgermeister und gleichzeitig Bestatter ist Nathan Keane (Jonathan Pryce), ein undurchsichtiger Charakter, der

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heimlich für Delarue arbeitet. Er endet in einem seiner Särge. Ein weiterer Mitspieler ist Malick (Douglas Henshall), der als Sheriff und Priester zugleich fungiert. Die einzige wichtige Frauenrolle ist die einer Stummen (Eva Green). Vor allem greift der Film, beginnend mit seinem Titel, ein für den Italowestern wesentlichen Themenkreis auf: Opfer und Erlösung. Nachdem Delarue zwei Männer verloren hat (darunter seinen Bruder), fordert er Vergeltung im Sinne von »Zahn um Zahn« (2. Mose 21, 24 u. ö.). Wenn die Honoratioren der Stadt nun gezwungen werden, unter ihnen zwei Opfer auszuwählen, die als »Sühne« erschossen werden sollen, weckt das böse Erinnerungen an die Situation des »Judenrates« im Warschauer Ghetto. Eine alte Frau bringt ein freiwilliges Opfer, ein Behinderter ohne Unterschenkel wird als am ehesten entbehrlich betrachtet und als zweite Person benannt. Malick versucht sich dafür zu rechtfertigen, indem er wie die Pharisäer in Johannes 11,50 (»Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als dass das ganze Volk verderbe«) argumentiert: »Manchmal muss zum Wohle der Herde nun mal ein einzelnes Schaf geopfert werden. Als Hirte muss ich an alle Schafe denken.« Doch das Opfer der beiden Getöteten bringt nicht die ersehnte Erlösung. Delarue erschießt zusätzlich einen Dritten und treibt weiterhin sein Unwesen. Erst Jon wird zur erlösenden Figur, als er den Kampf gegen das Böse aufnimmt. Zwischenzeitlich wie Jesus an einem Pfahl aufgehängt, kann er schließlich den Teufel Delarue und seine Männer besiegen. Die Männer aus der Stadt kommen nun unter der Führung ihres Geistlichen, um Jon zu huldigen: »Wir haben immer gehofft, gebetet, dass jemand wie Sie hier auftaucht und uns aus diesem Elend befreit. Und das haben Sie getan.« Doch wie bei Jesus hält auch die Begeisterung über diesen »Messias« nicht lange an. Der Jubel schlägt schnell um, denn Jon entspricht keineswegs den Vorstellungen der Leute, als er sich der von den Städtern verfemten Frau annimmt (vgl. Johannes 8,1–10). So lässt der pikierte Priester die beiden schließlich ziehen: »Möge der Herr gnädig mit euren beiden Seelen sein!«



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Savior in the saddle Im Blick auf den Westernhelden spricht Georg Seeßlen mehrfach vom »Erlöser im Sattel« (»savior in the saddle«)235. Er bezieht dieses Motiv auf den amerikanischen Western allgemein; gleichwohl kann er dessen Vorhandensein lediglich mit dem wiederholten Verweis auf einen einzigen Film belegen: auf George Stevens’ Mein grosser Freund Shane.236 In diesem Kapitel soll jedoch der Nachweis geführt werden, dass das Erlösermotiv kaum dem US-amerikanischen Western genuin eigen ist, sondern vielmehr erst im Italowestern eine deutliche Ausprägung erfährt. Zunächst jedoch zu dem angeführten Beispiel Mein grosser Freund Shane: Dieser Klassiker war in der Tat, verglichen mit vielen anderen Western, seiner Zeit weit voraus und zeigte einen für Hollywood ungewöhnlichen Antihelden. Mit dem späteren Protagonisten vieler Italowestern hat er gemeinsam, dass auch Shane (Alan Ladd) ein Mann ohne Vergangenheit ist, der aus dem Nichts kommt und auch wieder dahin verschwindet. Sein Name ist austauschbar; eine Chiffre, von der man nicht weiß, ob es ein Vor- oder Nachname sein soll. Innerhalb des Ortes, in den er kommt, ist er ein Eindringling; selbst innerhalb der Familie Starrett, für die er sich einsetzt, wirkt er als Fremdkörper. Seeßlen beruft sich in seiner Argumentation auf Harry Schein, der zunächst richtig feststellt: »Der Titelheld ist, mehr als irgendein anderer Western-Held, eine mythologische Figur.«237 Einiges an Shane erinnert tatsächlich an den christlichen Erlösermythos. Wird er anfänglich im Saloon gedemütigt und duldet schweigend, so kann dies als Verweis auf das Gottesknechtslied Jesaja 53,7 gedeutet werden: »Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf.« Shanes Verhalten führt später zu einer Art »Bekehrung« des Revolverhelden Chris Calloway, der sich von seinem Arbeitgeber Ryker abwendet: »Ich denke, es ist genug Blut geflossen.« Auch das theologische Motiv der »Stellvertretung« wird erkennbar, als Shane anstatt des Familienvaters Joe Starrett (Van Heflin) in den Endkampf mit dem diabolischen Wilson (Jack Palance) zieht. Darüber hinaus jedoch hat Shane weniger Mystisches an sich, als Seeßlen und Schein in ihm sehen: »Er ist ein leidender Gott (…) der Heilige Amerikas, der Cowboy, der im Bürgerkrieg gefallen ist und zur Rechten Gottes sitzt. Er ist ein in Büffelleder gekleideter Engel mit der Pistole, ein mythologischer Boy Scout, immer bereit, die Hände der

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Gläubigen und der Gemeinschaft vom Blut sauber zu halten.«238 Solches ist dem Film selbst kaum zu entnehmen. Shane bleibt bei allem Geheimnisvollen, das seine Person umgibt, ein Mensch. Am Schluss deutet sich an, dass er ein ruhelos Umherziehender ist. Offenbar leidet sein Gewissen unter früher begangenen bösen Taten. Daher sieht er selbst keine Möglichkeit, sich in die bürgerliche Gesellschaft eingliedern zu können, für die er sich einsetzt. Shane ist kein Erlöser, sondern ein Sünder, der selbst der Erlösung bedarf. Vor allem sein Abgang kann nicht als Beleg für einen Erlöser gedeutet werden, der sein Leben für andere opfert. Während Seeßlen Shanes Verwundung als zum Tode führend deutet239, bleibt dies im Film völlig offen. Im Schlussdialog mit dem Jungen Joey (Brandon De Wilde), dessen Idol Shane ist, macht er vielmehr deutlich, dass er allein deshalb fortreitet, weil er sich aufgrund seiner Vergangenheit für nicht resozialisierbar hält. Mein grosser Freund Shane bleibt ein für seine Entstehungszeit außergewöhnlicher und innovativer Beitrag zum Westerngenre. 32 Jahre später setzte Clint Eastwood in Pale Rider die gleiche Geschichte abermals in Szene – hier nun als ein Regisseur, dessen Arbeit deutlich vom Italowestern inspiriert wurde. Dies bezieht sich auch auf den Umgang mit der Erlöserfigur. Im Gegensatz zu dem Revolvermann Shane ist der »Prediger« von vornherein deutlich biblisch konnotiert. Er erscheint in unmittelbarer Folge einer Gebetserhörung und trägt nicht nur die Kleidung eines Geistlichen, sondern auch Stigmata am Leib, die für einen normalen Menschen zweifellos tödlich wären. Der Vergleich der Filme von Stevens und Eastwood zeigt deutliche formale und inhaltliche Unterschiede zwischen Western, die in den USA vor und nach der Ära des Italowestern entstanden. Es gilt im Folgenden deutlich zu machen, in welcher Weise vor allem das Motiv des »Erlösers« in einem Genre Widerhall fand, das insgesamt von christlich-katholischer Ikonographie geprägt ist. Messias und leidender Gottesknecht Um diese Bezüge erkennen zu können, ist es nötig, die jüdisch-christlichen Vorstellungen von Erlösung zu skizzieren. Dem Weltbild der Bibel zufolge lebt der Mensch nach dem Sündenfall im status corruptionis (unter der Herrschaft der Sünde) innerhalb einer gefallenen Schöpfung. Der



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Italowestern bebildert diese Situation oft auf drastische Weise. Das ist in Hollywood nicht so. Der amerikanische Western schaut im Wesentlichen in eine optimistische Zukunft: Es herrscht Aufbruchstimmung (»Go west, young man!«), der technische Fortschritt begünstigt Zivilisation und Urbarmachung des Landes. Der Genozid an den Ureinwohnern oder die Versklavung der Schwarzen werden nicht thematisiert. In einer solchen Welt zeigt sich das Verbrechen nicht etwa als ein Wesensmerkmal der herrschenden Gesellschaftsordnung, sondern erscheint lediglich als Abweichung von der geltenden Rechtsnorm. Es bedarf daher auch nur eines oder mehrerer integrer und durchsetzungskräftiger Gesetzeshüter, um die Welt wieder ins Lot zu bringen. In der im Italowestern dargestellten Welt hingegen reicht dies nicht aus. Hier erweist sich ein »Erlöser« im wahrsten Sinne des Wortes als »not-wendig«: Ohne einen solchen kann die Not nicht gewendet werden. Diesen Zusammenhang hat der Liederdichter Johannes Daniel Falk (1768–1826) auf die einprägsame Formel gebracht: »Welt ging verloren, Christ ist geboren« – in seinem Weihnachtslied O du fröhliche, das bis heute am Heiligabend mit Rührung gesungen wird, ohne dass die der kurzen Liedzeile innewohnende Dramatik einer »Verlorenheit« von vielen Gottesdienstbesuchern überhaupt wahrgenommen wird. Doch lange vor dem hier besungenen Kommen Christi steht die Messiashoffnung der Juden. Auch das Volk Gottes lebt in einer erlösungsbedürftigen Welt. Da ist immer wieder die Spannung zwischen der an die Israeliten ergangene Botschaft der Erwählung durch Jahwe und der Realität ihres Alltags, der von Nöten und Bedrückung gekennzeichnet ist. Stand am Beginn ihrer Geschichte der Bund Gottes mit Abraham und dessen Nachkommen (1. Mose 12,1–3), so erscheint die Zukunft des Volkes nach Jahren des Segens in Ägypten gefährdet: »Da kam ein neuer König auf in Ägypten, der wusste nichts von Josef« (2. Mose 1,8). Mose wird für das Volk zu einem ersten Erlöser. Er führt das Volk in die Freiheit, die jedoch eine immer wieder hart umkämpfte ist. Sowohl bei der Einnahme des verheißenen Landes, danach während der Richter- und Königszeit, vor allem aber in der Zeit des Exils in Babylon ab 597 v. Chr. gewinnt die Sehnsucht nach einem »Messias« (maschiach) immer mehr an Bedeutung. Es handelt sich um einen auserwählten Menschen, einen Sonderbevollmächtigten Jahwes, wörtlich einen »Gesalbten«240, einen

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Retter und Friedensbringer für sein Volk. Seine Aufgaben sind sowohl innerweltlich-politisch gedacht (er befreit von äußeren Feinden und setzt den Willen Gottes durch), als auch endzeitlich (er bringt den shalom). Ein entscheidender Text dazu findet sich in Jesaja 11,1–8. Dort ist von den Charismen die Rede, die dem Messias verliehen sind (Weisheit, Stärke, Erkenntnis, Gottesfurcht), von seinen Aufgaben (Durchsetzung des Rechts auch mit Gewalt, Bestrafung der Übeltäter). Sein Kommen wird nicht erst am Ende der Zeiten erwartet, sondern in einer konkreten Situation der nahen Zukunft.241 Das Bedürfnis und die Sehnsucht nach einem Erlöser haben sich in der Menschheitsgeschichte gehalten, da auch die existentiellen Pro­ bleme die gleichen geblieben sind. In zeitloser Gültigkeit sprechen daher die Psalmbeter von der Anfechtung, die ihnen die Beobachtung bereitet, dass es »den Gottlosen so gut« gehe (Psalm 73,3; vgl. Jeremia 12,1–6); denen, die sich über die Frommen erheben und sie unterdrücken. Daher wird inständig die Erlösung erfleht (Psalm 26,11; 69,19; 119,154 u. ö.). Im orthodoxen Judentum wird auch aus diesem Grund innerhalb des 18-Bitten-Gebetes viermal täglich für das Kommen des go’el gebetet, eines Retters im Sinne des maschiach. Neben diesen Messiasvorstellungen finden sich innerhalb des Alten Testaments auch jene Texte des Propheten Deuterojesaja, die von dem ebed Jahwe (Knecht Jahwes) handeln und daher als »Gottesknechtslieder« bekannt sind. Auf diese gilt es explizit hinzuweisen, da sie für die Ikonographie innerhalb des Italowestern eine besondere Rolle spielen. Der vom Hauptstrom der alttestamentlichen Wissenschaft angenommene unbekannte Autor der Kapitel 40–55 des Buches Jesaja wirkte im Zeitraum zwischen 550 und 540 v. Chr. Seine Botschaft gilt den Menschen seines Volkes in der Endphase des Exils in Babylon. Seit dem Jahr 587 v. Chr., der Eroberung Jerusalems, waren die führenden Schichten Israels nach Babylon exiliert worden. Ihnen, die zwar nicht völlig versklavt, jedoch als Fremde relativ rechtlos und als Bürger zweiter Klasse leben mussten, spricht der Prophet Trost und Hoffnung zu: Das Blatt werde sich wenden. Befreiung und Rückkehr in die Heimat stünden bevor. Das Exil als Strafe Gottes werde ein Ende haben, da sich Gott seines Volkes wieder erbarme. Im Jahr 538 v. Chr. erfüllte sich diese Verheißung durch das Edikt des Perserkönigs Kyros, der die Babylonier



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besiegte und eine schrittweise Rückkehr der Israeliten in ihre Heimat ermöglichte. Die durch Deuterojesaja verkündete Hoffnung personifiziert sich in einer besonderen Gestalt, dem »Knecht Jahwes«. Er, dessen Identität innerhalb des Alten Testaments nicht eindeutig offenbart wird, ist ein Auserwählter Gottes, ähnlich dem Messias, mit dem er manchmal auch gleichgesetzt wird (so z. B. in Hesekiel 34,23f; Sacharja 3,8). Der ebed ist nicht etwa nur ein Knecht, Diener oder gar Sklave; es ist vielmehr ein Ehrentitel, der auch Mose, Königen oder Propheten verliehen wird.242 Charakterisiert wird er in vier Textabschnitten: Jesaja 42,1–4: Der Knecht wird »das Recht unter die Heiden bringen«. Dabei wird er jedoch »nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen«. Er gleicht also dem schweigsamen Protagonisten des Italowestern, der seine Mission zielstrebig, aber meist wortkarg verrichtet. Jesaja 49,1–6: Der Mund des Knechts ist »wie ein scharfes Schwert«, seine Person selbst »zum spitzen Pfeil gemacht«. Dieser Mann ist eine Waffe. Auch die anfängliche Hoffnungslosigkeit angesichts eines Kampfes gegen eine erdrückende Übermacht kommt hier zum Ausdruck: »Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz, wiewohl mein Recht und mein Lohn bei meinem Gott ist.« Jesaja 50, 4–9: Erstmals klingt an, dass Leidenserfahrungen konstitutiv für diesen »Knecht« sind: »Ich bot meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften. Mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel.« Dieses physische Leiden eines Helden, der aller Heldenhaftigkeit entkleidet ist, wird im Italowestern illustriert wie nirgendwo sonst. Die Reaktion darauf ist der typische Gesichtsausdruck: »Darum habe ich mein Angesicht hart gemacht wie einen Kieselstein« – d. h. stone-faced. Darüber hinaus ruft er zur Entscheidung, zum Zweikampf auf: »Lasst uns zusammen vortreten! Wer will mein Recht anfechten? Der komme her zu mir!« Jesaja 52,13–53,12: Dieser Erlöser hat nicht das Aussehen eines Holly­woodSchönlings. Ihm fliegen auch nicht die Sympathien der Menschen zu. Das Gegenteil ist der Fall: Es heißt, dass sich »viele über ihn entsetzten, weil seine Gestalt hässlicher war als die anderer Leute und sein Aussehen als das der Menschenkinder«. Weiter: »Er schoss auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und

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Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte.« Der Held kommt aus dem Nichts und ist unerwünscht, abgelehnt, zunehmend gefürchtet. Häufig wird er sträflich unterschätzt: »Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet.« Dabei leidet er doch stellvertretend für die Menschen; für jene Bürger, die sich in den vom Terror beherrschten Orten des Westens nicht mehr auf die Straße trauen: »Fürwahr, er trug unsere Schuld und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.« Der Einzelne erwirkt also durch sein einsames Leiden hindurch die Erlösung für alle, während die Bevölkerung wegschaut: »Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der HERR warf unser aller Sünde auf ihn.« Wiederum erträgt er Folterungen stumm: »Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf.« Es sieht sogar alles danach aus, als sei sein Kampf vergebens und würde mit dem Tod enden: »Er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat meines Volks geplagt war. Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist.« In Wirklichkeit aber ist er nicht totzukriegen: »Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben. Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden.« Am Ende werden ihm alle Übeltäter ausgeliefert sein: »Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben und er soll die Starken zum Raube haben.«

In der Person des Jesus von Nazareth vereinen sich im Neuen Testament die alttestamentlichen Vorstellungen sowohl vom Messias als auch vom Gottesknecht. In ihm bekennen seine Nachfolger den Erlöser, den »Gesalbten«, den christos (z. B. Petrus in Markus 8,29 par Matthäus 16,16; Lukas 9,20). So wird im Griechischen der maschiach des Alten Testaments übersetzt. Die synoptischen Evangelien legen Jesus von Beginn an (Markus 1,1) diesen Titel bei. Die über Leben oder Tod entscheidende Frage des Hohenpriesters, ob er der Christus sei, bejaht der angeklagte Jesus (Markus 14,61f par Matthäus 26,63f; Lukas 22,67–70).243 Vor allem



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der Evangelist Matthäus wies durch seine Schriftbeweise (die sog. »Reflexionszitate«) auf die Messianität Jesu hin.244 Gleichzeitig ist Jesus aber auch der »leidende Gottesknecht« im Sinne Deuterojesajas. Die christliche Urgemeinde erkannte ihren Herrn in den Schilderungen des Propheten wieder. Jesus selbst hatte das »Leiden des Menschensohnes«245 mehrfach angekündigt (Markus 8,31; 9,31; 10,33f par Matthäus 16,21; 17,22f; 20,18f; Lukas 9,22.44; 18,31–33; auch Lukas 17,25 u.ö). Wiederum war es Matthäus, der auch die Gottesknechtslieder auf Jesus bezog (Matthäus 12,15–21 mit Zitat Jesaja 42,1–4). Die Geburt des Erlösers und die Heilige Familie Mit dem Wissen um diese Hintergründe wird es nun einfach, Erlöserfiguren auch im Italowestern zu erkennen. Manche von ihnen empfehlen sich bereits durch ihren Namen als mythologische Gestalten biblischen Ausmaßes: »Halleluja«, »Spirito Santo«, »Requiescant«, »Amen« oder »Jerusalem«. Nomen est omen – manchmal, aber nicht immer. In den Filmen von E.B. Clucher wird durch die Namensgebung das Heilige eher profanisiert: »Trinità« (Trinität) heißt die wenig göttlich, sondern eher komödiantisch erscheinende Filmfigur. Darüber mögen selbst deutsche Verleiher erschrocken gewesen sein, die einen anderen Protagonisten desselben Namens – den Schwarzen in Trinità e Sartana figli di  … (Ein Hosianna für zwei Halunken, 1972) – kurzerhand in »Trinidad« umbenannten. Auch die Umstände, die Acquasanta-Joe (Weihwasser-Joe) seinen Namen bescherten, sind profaner Art: Er war als 14-jähriger Junge bei einem »versoffenen Pfaffen« angestellt, der Alkohol an Indianer verkaufte und diesen als »Weihwasser« deklarierte. Die Indianer nannten daraufhin den Geistlichen »Weihwasser-Fass« und den Jungen »Weihwasser-Joe«. »Te Deum«, der Antiheld in Enzo G. Castellaris Film Tedeum – Jeder Hieb ein Prankenschlag, heißt so, weil bei seiner Mutter die Wehen während einer katholischen Messe in der Kirche einsetzten. Allerdings befand sie sich nicht etwa der Anbetung wegen dort, sondern um die Kollekte zu stehlen. Vom religiösen Namen allein lässt sich also längst nicht immer auf einen christlich gesinnten Träger oder gar eine als messianisch dargestellte Figur schließen. Verbunden mit dem Namen einer Titelgestalt findet sich ein Verweis auf Christus höchstens in Lo chiamavano Verità: Die

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Hauptfigur stellt sich im Saloon vor: »Mein Name ist Veritas, weil ich immer die Wahrheit sage.« Ein Mann antwortet mit der berühmten, um einen Kraftausdruck erweiterten Frage des Pilatus: »Was, zur Hölle, ist Wahrheit?« (vgl. Johannes 18,38). Hinweise auf einen an Jesus Christus orientierten Erlöser lassen sich im Italowestern zunächst in Geburtsgeschichten finden. Sie deuten häufig auf die christliche »Weihnachtsgeschichte« aus Lukas 2,1–20, die eng verbunden ist mit der Verheißung eines Messias, da der »Engel des Herrn« den Hirten verkündigt: »Euch ist heute der Heiland geboren«, d. h. der soter (Retter, Lukas 2,11). Der Bericht über die Kindsgeburt in Bethlehem nimmt wiederum Bezug auf messianische Verheißungen wie Jesaja 7,14 (»Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel«), Jesaja 9,5f oder Micha 5,1. In Lucio Fulcis Spätwestern Verdammt zu leben, verdammt zu sterben finden sich Bezüge zum lukanischen Bericht in eindrücklicher Weise. Im Mittelpunkt steht ein Quartett gescheiteter Existenzen, im Originaltitel gar als »die Vier der Apokalypse« angekündigt: der Falschspieler Stubby Preston, die schwangere Prostituierte Bunny, dazu der Alkoholiker Clem und Bud, ein einfältiger Schwarzer, der mit den Toten spricht. Bunny heißt eigentlich »Emanuela O’Neill« und verweist somit auf den Immanuel in Jesaja 7,14. Gemeinsam befinden sich die vier auf der Flucht vor dem sadistischen Mexikaner Chaco. Nachdem Clem gestorben und Bud einfach verschwunden ist, wenden sich Stubby und Bunny auf Anraten eines Priesters nach Altaville, einer Stadt, die ausschließlich von Männern bewohnt wird. Es erstaunt, wie sensibel und anrührend der oft zu Unrecht lediglich auf den zweifelhaften Titel »Godfather of Gore« reduzierte Fulci die Niederkunft Bunnys inmitten dieser merkwürdigen Gesellschaft inszeniert. Zunächst herrscht im Ort eine pessimistische Grundstimmung. Man sagt: »Hier leben nur Menschen zum Sterben, nicht aber um geboren zu werden.« So wird das Kind zum Hoffnungsträger: Wenn es möglich sei, so sagen nun die Leute, dass hier jemand geboren werde, dann könnte schließlich auch eine Stadt aus den bisher lediglich sechs Häusern entstehen. Man will sich nun sogar eine Registratur anschaffen, um Geburten zu dokumentieren. »Wenn jemand in einem Ort wie Altaville geboren wird, sollten die Leute überall in der Welt wissen, woher er kommt.« Der



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bisher unbekannte Flecken gewinnt an Bedeutung, ähnlich wie beim Propheten Micha: » Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist« (Micha 5,1 par Matthäus 2,5f ). An der Geburt des Kindes nehmen die rauen Männer unerwartet emotional Anteil: Alte Männer schießen vor Freude gen Himmel, werfen ihre Hüte in die Luft. Es herrscht »große Freude« (Lukas 2,10). Der Wirt (in jedem Krippenspiel eher unsympathisch) gibt freie Getränke aus. Alle kommen, um den neugeborenen Jungen anzuschauen. Sie knien nieder, huldigen ihm wie die Hirten (Lukas 2,16) und Weisen (Matthäus 2,11) und sammeln eine Kollekte. Der Knabe wird »Lucky« genannt und vom Pfarrer unter großer Anteilnahme getauft. Stubby findet sich in dem ganzen Geschehen in der Rolle des neutestamentlichen Josef wieder: Wer der Kindsvater ist, bleibt ungewiß. Stubby ist es jedenfalls nicht. Mehrfach wird er für den Vater und Ehemann gehalten. Er dementiert dies nicht, um Bunnys Ruf zu wahren. Auch gegenüber dem Verbrecher Chaco gibt er sie als seine Frau aus, um sie zu schützen (vgl. Josef in Matthäus 1,19–25). Nachdem Bunny die Geburt ihres Kindes nicht überlebt hat, zieht Stubby fort, überlässt jedoch den darüber sichtlich erfreuten Männern aus Altaville den Jungen als ihr Hoffnungszeichen. In Der weisse Apache befinden sich ein Mann und seine schwangere Frau auf der Flucht. Das Kind kommt in einer Felsenhöhle zur Welt. So finden, ähnlich wie bei Jesus, Kindsgeburten häufig unter erschwerten äußeren Bedingungen statt. Die Indianerin Catherine (Zehn Cowboys und ein Indianerboy) bekommt ihr Kind während eines Unwetters. Zuvor wurde ihr Mann Ben Webster getötet, was als Gericht Gottes gedeutet wird. Just im Moment eines weiteren Todesfalls – des Suizids eines Mannes, der mit seiner Schuld nicht fertig wird  – kommt die Mutter nieder. Eine Wahrsagerin, die die Schwangere begleitete, sieht in dem Knaben einen messianischen Retter, der seinem indianischen Volk das von den Weißen gestohlene Land zurückgeben wird. Geburt und Tod sind auch in Keoma – Das Lied des Todes eng miteinander verwoben. Die schwangere Lisa wurde vom Titelhelden gerettet, da auch ihr Ungeborenes eine Hoffnung innerhalb einer todbringenden

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Welt verkörpert: »Dein Kind hat das Recht zu leben!« Der Schutz der Schwangeren steht nunmehr im Zentrum des Geschehens. Die Geburt geschieht innerhalb des größtmöglichen Chaos: Während der Wehen Lisas liefert sich Keoma einen tödlichen Kampf mit seinen Stiefbrüdern. Die Widersacher sterben, die Mutter ebenfalls. Das Kind bleibt allein zurück und muss sich fortan selbst behaupten. Das Motiv der gefährdeten Schwangerschaft und Geburt hat nicht nur dieser Streifen mit dem Genre des Endzeitfilms246 gemeinsam. Das kann angesichts des apokalyptischen Szenarios vieler bedeutender Italowestern nicht verwundern. In Endzeitfilmen, deren Handlung häufig während oder nach einem Zusammenbruch der menschlichen Gesellschaft angesiedelt ist – nach einer nuklearen Katastrophe oder einer weltweiten Epidemie –, erhält die Zeugung neuen Lebens den Charakter des Außergewöhnlichen und damit eine ganz neue Bedeutung. Als typische Beispiele dürfen aus dem Italo-Bereich 2019 – Dopo la caduta di New York (Fireflash  – Der Tag nach dem Ende, 1983) von Sergio Martino, sowie als Vertreter des neueren Mainstream-Kinos Children of Men (2006) von Alfonso Cuarón gelten. In beiden Dystopien geht es um den Schutz und die Bewahrung einer neuen Hoffnung für die nach Atomkrieg und Verseuchung verbliebene Menschheit: In Martinos Film wird nach der einzigen noch verbliebenen gebärfähigen Frau gesucht, in Cuaróns Werk muss das erste junge Mädchen, das nach vielen Jahren wie durch ein biblisches Wunder schwanger wurde, in Sicherheit gebracht werden. Im Italowestern finden sich weitere Beispiele, die das Motiv eines zu rettenden Kindes, das für Erlösungshoffnung steht, in den Mittelpunkt rücken. Mehrfach ist es verknüpft mit der Weihnachtsgeschichte nach Matthäus (Matthäus 2,1–12). Hollywood hatte bereits häufiger den Plot um die »Weisen aus dem Morgenland« in den amerikanischen Westen verlegt, so in den Verfilmungen einer Erzählung von Peter B. Kyne. Bekannt ist vor allem John Fords Three Godfathers (Spuren im Sand) von 1948.247 Die Protagonisten sind hier drei Bankräuber auf der Flucht, die in der Wüste einer sterbenden Mutter versprechen, ihren neugeborenen Sohn zu retten und ihn in Sicherheit zu bringen. Als Reiseführer dienen ihnen die Bibel und ein Stern. Nur einer der drei überlebt und kommt zusammen mit dem Baby am Weihnachtsabend mit letzter Kraft am Ziel, der Stadt Neu-Jerusalem, an.



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Ähnliches erleben Guido Guidi und Pater Albino in Corbuccis Bete, Amigo!, die ein Neugeborenes in der Wüste finden, das sie zwar nicht für den Sohn Gottes, aber immerhin für den von Emilio Zapata halten. Joe Navidad alias The Christmas Kid, der Held des gleichnamigen Films von Sidney W. Pink (1967), heißt bürgerlich Joe Novak. Er wurde am Weihnachtstag geboren. Die Mutter starb dabei, der darüber verbitterte Vater nennt den Säugling »Kain«. Deshalb nehmen sich auch hier »drei Weise« des Kindes an und ziehen es auf: der Bürgermeister, der Richter und der Arzt des Ortes. Als Erwachsener soll er unschuldig gehängt werden, erlebt jedoch, als seine Freunde dies verhindern, eine »Auferstehung«. Tritt der eher seltene Fall ein, dass sowohl das Kind als auch beide Eltern überleben, lässt sich von der »Heiligen Familie« sprechen. Sergio Leone hat auch sie bereits in seinem ersten Western Für eine Handvoll Dollar eingeführt. Es sind die Mexikaner mit den Namen Marisol, Julio und Jesús. Marianne Koch verkörpert madonnengleich die Mutter, während Daniel Martín als Julio wie sein Namensvetter Josef in den Evangelien eher im Hintergrund steht. Mit Sicherheit kannte auch Leone den Klassiker Mein grosser Freund Shane, in welchem die Mitglieder der Starrett-Familie Joe (d. i. Joseph), Marian und Joey heißen und damit ebenfalls auf die neutestamentliche Familie des Erlösers verweisen. In Für eine Handvoll Dollar werden Vater und Sohn bereits in der Anfangsszene von dem brutalen Chico (Mario Brega) drangsaliert. Marisol wird derweil von Ramón Rojo als (Sex-)Sklavin gehalten. Dem mysteriösen Fremden Joe fällt die Rolle des Engels Gabriel zu.248 Er ermöglicht der Familie die Flucht und gibt Julio den Auftrag gemäß Matthäus 2,13f, die Seinen durch die Wüste ins »Exil« zu führen, wo sie endlich vor dem »Herodes« Ramón sicher sein werden (I Abb. 29). In Leones späterem Epos Spiel mir das Lied vom Tod wird es der teufelsgleiche Frank sein, der mit der Ermordung der McBains den Traum von einer »Heiligen Familie« brutal zerstört. Einen weiteren Hinweis auf Maria und Josef bietet Manos torpes von Rafael Romero Marchent: Die jungvermählten Peter und Dorothy sind auf der Flucht und haben zur Nacht kein Dach über dem Kopf. Da bekommen sie einen Stall als Quartier angeboten.

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Stellvertretendes Opfer Wie im Neuen Testament muss auch der künftige Erlöser im Italowestern erwachsen werden und tritt dann in die Welt. Wie geschieht das? Nach der Messiasverheißung Sacharja 9,9 unspektakulär: »Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.« Im Evangelium des Palmsonntags Matthäus 21,1–11 findet sich dieses Wort als Reflexionszitat wieder (Matthäus 21,5). So zog der Messias Jesus in Jerusalem ein: auf einem geliehenen Esel. Nun ist zu beobachten, dass die Antihelden des Italowestern grundsätzlich der Kavallerie weniger Wert beimessen als die Helden Holly­ woods, die hervorragend reiten und sich gern im Sattel zu voller Größe aufrichten. Der Italowestern zeigt die Protagonisten viel seltener im Sattel.249 Möglicherweise ist ihr Pferd verendet, wurde ihnen gestohlen oder sie können sich nicht einmal eines leisten. Sie sitzen selten auf dem hohen Ross, sondern sind ziemlich unten angekommen. So passiert es, dass in Ermangelung eines stolzen Rappen auch Esel oder Maultiere herhalten müssen, die ihrerseits auf die »Niedrigkeit« (vgl. Philipper 2,8) ihrer Reiter hinweisen. Wiederum wird man hier schon am Beginn von Für eine Handvoll Dollar fündig. Der Fremde, der – gleich Jesus am Palmsonntag – nach San Miguel einreitet, der später »Kreuzigung«, »Tod« und »Auferstehung« erleben wird, sitzt auf einem Maultier. Nie und nimmer kann das der Held sein, der einen ganzen Film tragen soll  – so ist der unbedarfte Zuschauer zu diesem Zeitpunkt noch überzeugt. Er könnte eher ein Opfer werden. Gelegenheit dazu bietet sich schnell, denn anstatt seinen Weg mit Palmzweigen zu säumen und »Hosianna« zu rufen, entzündet sich der erste tödliche Konflikt mit den Bewohnern des Ortes sofort an dem allseits belächelten Reittier. Einige Revolverhelden erschrecken es mit ihren Pistolenschüssen. Der Spaß kommt ihnen teuer zu stehen. Wer auf einem Esel oder Maultier reitet, wird eben verkannt, weil vom Tier auf den Besitzer geschlossen wird. Standesgemäß auf einem Maultier reitet auch Così sia, d. h. »Amen«, der Held in Dein Wille geschehe, Amigo; ebenso der Mexikaner Ramón in Rocco – Ich leg’ dich um, der prompt zusammengeschlagen



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wird. Mehrfache Prügel bezieht auch Bill Grayson in Uno ad uno sin piedad (Einer nach dem anderen – ohne Erbarmen, 1968), der in Ermangelung eines Pferdes auf einem geschenkten Esel unterwegs ist. Ein zu großer Titelheld sitzt in Requiem für Django mehr schlecht als recht auf seinem Muli. Gleiches gilt für den rundlichen Marco Zuanelli als »El Loco« in Ehi amigo  … sei morto!. Dart Coldwater (Alle für einen – Prügel für alle) zieht von zuhause aus, um die Welt auf einem recht störrischen Esel zu erobern. Wie bei Jesaja beschrieben, gehört es zu den Kennzeichen des sich selbst erniedrigenden Gottesknechts, dass er massiver physischer Gewalt bis hin zum Tod ausgesetzt ist. Er erleidet ein stellvertretendes Martyrium, wie es christliche Theologie auch für Jesus konstatiert, und wie es im Glauben als pro nobis (für uns) bzw. pro me (für mich) angenommen und bekannt wird: »Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen« (Jesaja 53,4). Es ist der »wunderbare« oder »heilige Tausch« (admirabile bzw. sacrum commercium), bei Luther bekannt als »fröhlicher Wechsel«250. Der Unschuldige nimmt als freiwilliges Opfer das Schicksal des Schuldigen auf sich. Der Schuldige wird »ent-schuldigt« und somit dem Teufel entrissen, der zuvor Anspruch auf ihn anmeldete. Christliche Soteriologie in Form einer solchen Stellvertretung deutet sich an in Bleigewitter, wenn der Protagonist, Pfarrer Dan Miller sich selbst Banditen als Austauschgeisel für ein Mädchen anbietet. Durch das Selbstopfer in Django – Unersättlich wie der Satan wird ein Leben gerettet und ein Mensch erhält eine neue Perspektive: Tony Garnett alias »Rattler Kid« ist ein verbitterter Mann. Unschuldig wurde er einst zum Tode verurteilt. Es wurde ihm »das Leben gestohlen«, wie er sagt. »Ich gebe es dir jetzt zurück«, haucht seine Geliebte sterbend, nachdem sie von einer für Garnett bestimmte Kugel getroffen wurde. Der Agent Chris Tanner (Django spricht kein Vaterunser), der unschuldig zum Tod verurteilt ist, bekommt durch »Stellvertretung« eine zweite Chance: Ein anderer nimmt in der Todeszelle seinen Platz ein. Tanner bleiben dreißig Tage, um seine Unschuld zu beweisen. Ansonsten muss der andere sterben.251 Symbolisch auf den Heilscharakter des Kreuzestodes Jesu kann auch dies bezogen werden: Der einzige Weg durchs Gebirge, der zu dem von Colonel Pembroke und seinen Leuten angesteuerte Ziel Fort Holman

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führt (Sie verkaufen den Tod), heißt »Sangro de Christo-Passage«. Das Blut Christi ist der einzige, der schmale Weg, der zum Heil führt. An ein neutestamentliches Geschehen erinnert auch eine Szene in Sein Steckbrief ist kein Heiligenbild: Eine Einheit Soldaten belagert eine Gruppe von Siedlern und fordert die Auslieferung des zwielichtigen Helden Bill Bonney. Dieser überlegt, sich zu stellen. »Sie werden dich töten«, wird er gewarnt. Bonney argumentiert ebenso wie der Hohepriester Kaiphas in Johannes 11,50: »Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als dass das ganze Volk verderbe.« Er setzt seinen Entschluss dann jedoch nicht um, sondern flieht. Als er sich zu einem späteren Zeitpunkt stellen will, wird er tatsächlich erschossen. Auch Revolutionäre opfern sich: Professor Xantos (Zwei Companeros), der als eine Mischung aus Christus, Gandhi und Martin Luther King stets die Gewaltlosigkeit predigte, liefert sich mit einem leeren Gewehr der Soldateska aus, um seine Anhängerschar, aus jungen Leuten bestehend, vor dem Tod zu bewahren. Auch in Chamaco ist es das Opfer eines Anführers der mexikanischen Revolution, das Frieden und Versöhnung stiftet: Der gewaltsame Tod »El Santos« (also des »Heiligen«) bringt die bisherigen Gegner, einen Undercover-Agenten der US-Regierung und einen mexikanischen Bandenchef einander näher.252 Zum Motiv der Stellvertretung gesellt sich das des »Loskaufs« (redemptio). Im Judentum war bereits früh die »Lösung« ein »auch gesetzlich (Lev 25,24ff) geregelter Rechtsbrauch«253. Neben der Auslösung eines wirtschaftlich bankrotten Familienmitglieds durch nächste Angehörige wurde darunter ebenso eine Befreiung aus der Sklaverei mittels Lösegeld verstanden (impliziert in dem hebräischen Verb padah, vgl. 2. Mose 21,7– 11; 3. Mose 19, 20; Hiob 6,23)254. Auch die Befreiung Israels aus Ägypten wurde in diesen Sinn verstanden.255 Als Jude kannte Jesus diese Tradition genau, wenn er von sich selbst sagt: »Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele« (Markus 10,45). Der aufrechte Sheriff in Quanto costa morire? heißt bezeichnenderweise »Bill Ransom« (»Lösegeld«). Er versucht vergeblich, die eingeschüchterten Bewohner seines Ortes zum Widerstand gegen die Bande des kaltblütigen Scafe zu bewegen. Er endet als Märtyrer, ohne dass ihm jemand hilft; zuvor von Scafe als »Narr« verspottet (vgl. Markus 15,29–31



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u. ö.), weil er »für andere« (pro aliis) sterbe. Dieser Tod erweist sich jedoch nicht als völlig sinnlos, denn das Beispiel des Vaters ermutigt den Sohn des Sheriffs und später auch einige Dorfbewohner zur Verteidigung der Freiheit. Passion Der Erlöser, der sich opfert, muss zuvor leiden (vgl. Lukas 17,25). Er wird verprügelt, gemartert, gefoltert. In Bezug auf den christlichen Erlöser Jesus von Nazareth ist dies Teil seiner Selbsterniedrigung und seines Gehorsams gegenüber dem Heilsplan Gottes (vgl. Philipper 2,8). Der Held des amerikanischen Western muss zwar gelegentlich auch Prügel einstecken, jedoch hält sich sein physisches Leiden in Grenzen. Vor allem geht er zumeist – völlig realitätsfern – ohne sichtbare Blessuren aus jedem Handgemenge hervor. Seine Leidenserfahrungen liegen häufiger im Verlust naher Angehöriger begründet, als dass er selbst unmittelbar betroffen wäre. Ersteres gilt zwar auch im Italowestern, doch muss hier der dadurch ohnehin bereits gebrochene Antiheld in seiner Rolle als einer am leidenden alttestamentlichen Gottesknecht orientierten Christusfigur selbst massive physische Gewalt erfahren, bevor er durch Passion und Auferstehung hindurch den Sieg erringen kann. Christliche Leidensmystik wird hier abgebildet. Bereits in Für eine Handvoll Dollar stellt Joe eine dieser Figuren dar. Nachdem er im Weinkeller gefoltert wurde, gleicht sein Gesicht dem des gepeinigten Christus (I Abb. 5). Als er später fliehen kann, gibt sein Verfolger Ramón interessanterweise den Befehl: »Durchsucht jedes Haus! Vergesst die Kirche nicht. Da kann er nämlich sein.« Der amerikanische Filmkritiker Andrew Sarris kann eine solche Leidensmystik auch in Zwei glorreiche Halunken erkennen: Die Wüste, durch die der Blonde von Tuco gnadenlos getrieben wird, erscheint ihm als »Kakteen-Golgatha«, der Geschundene selbst wird »(…) zu einem sehr glaubhaften Held der Arbeiterklasse, dessen physische Erlösung das moderne Gegenstück zu der spirituellen Erlösung Christi darstellt«256. So erhält das »Leiden Christi« immer wieder ein Gesicht; häufig das des brasilianischen, jedoch in Rom geborenen Schauspielers Anthony Steffen (eigentlich: Antonio de Teffé). In seinen zahlreichen Westernrollen ist er der »große Schmerzensmann« (I Abb. 30) und trägt nicht selten das »Haupt voll Blut und Wunden« (Paul Gerhardt). Steffen, dessen schau-

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spielerische Fähigkeiten allgemein als eher limitiert einzuschätzen sind, verstand es zumindest immer wieder, der geschundenen menschlichen Kreatur einen überzeugenden sichtbaren Ausdruck zu verleihen. In Filmen wie Eine Bahre für den Sheriff, Django – Die Geier stehen Schlange, Gentleman Joe – Der Rächer bin ich, Der Fremde von Paso Bravo sowie in seinem zweifellos besten, Sergio Garrones Django und die Bande der Bluthunde wird er regelmäßig zusammengeschlagen, gefoltert und vor allem gedemütigt. In Django spricht das Nachtgebet ist der Protagonist so tief gesunken, dass selbst Kinder sich über ihn lustig machen und den Schlafenden mit Stroh in Brand setzen. Er leidet unter Amnesie und schaut stets verunsichert und gehetzt um sich (I Abb. 40). Shangos letzter Kampf zeigt eine Hauptfigur, die wie ein Tier in einem Käfig gefangen gehalten wird.257 Beide Szenen stehen jeweils direkt am Beginn und machen dem Betrachter unmissverständlich deutlich, dass er es im Folgenden nicht mit amerikanischen Superhelden zu tun bekommen wird. Im letztgenannten Film wird das Leben einer ganzen Dorfgemeinschaft bedroht, bei der ein Ranger namens »Shango« Zuflucht fand. Die Bewohner sollen ihn an Banditen unter Führung eines ehemaligen Majors ausliefern. Auch hier findet sich das Motiv aus Johannes 11,50: »Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als dass das ganze Volk verderbe.« Shango will sich stellen, doch die Dorfbewohner lassen es nicht zu, nehmen also das angebotene Opfer nicht an. Stattdessen beginnt ein opferreicher Kampf. Am Ende jedoch zeigt sich Steffen, wie so häufig, auch hier nicht nur als der leidende Gottesknecht, sondern ebenso als Richter und Henker, der die gesamte Bande dezimiert. Sein Schlusssatz gleicht dem »Es ist vollbracht!« Jesu (Johannes 19,30): »Sag allen, dass es vorbei ist!« In Il Pistolero segnato da Dio (I Abb. 38) verkörpert Steffen den Kunstschützen Gary McGuire, einen traumatisierten und daher zunächst überaus ängstlichen Mann. Gerade der von Publikum und Banditen Verspottete, Gedemütigte und Geschlagene erweist sich schließlich als der »von Gott Gesegnete« und illustriert damit nochmals in besonderer Weise die Aussagen in Jesaja 53. Steffens Charaktere stehen hier als typische Beispiele. Auch zahlreiche weitere Hauptdarsteller (häufig z. B. Giuliano Gemma oder Franco Nero) müssen ähnliche Torturen erleiden und ihren »Kreuzweg« be-



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schreiten. Gemeinsam ist ihnen, dass sie nur durch ihr Leiden hindurch am Ende siegen – im Sinne des Diktums Augustins: Victor quia victima (Sieger durch Opfer). Der Franziskaner Richard Rohr drückt diesen Zusammenhang so aus: »Der Weg nach unten ist der Weg nach oben.«258 Kreuzigung Doch dieser Weg ist weit und steinig. Zu diesem Leiden gehört auch das Kreuz oder zumindest die Andeutung einer Kreuzigung als ein Ort äußerster Ernie­drigung. Harald Steinwender meint gar: »Viele dieser Filme erscheinen als vordergründig ketzerisch und sind zugleich besessen vom Bild des gekreuzigten, stigmatisierten Mannes.«259 Dies ist grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen, doch mutet die Darstellung meist nicht einfach exploitativ an, sondern scheint auch geprägt vom Respekt vor dem »Leiden des Gerechten«. Während in Django – Schwarzer Gott des Todes tatsächlich die Handflächen eines Mannes – in diesem Fall eines Verbrechers – mit zwei Messern ans Holz »genagelt« werden260, verwenden viele Filme das Bild einer Kreuzigung mehr oder weniger symbolhaft. An einen Kreuzbalken oder ein Rad gebunden zu sein, verdeutlicht das völlige Ausgeliefertsein und des Opfers. Die Arme, mit denen man sonst den Körper schützen würde, werden gewaltsam auseinander gehalten. Das Kreuz ist möglicherweise das bekannteste sinnbildliche Zeichen für Leiden überhaupt. Mehr als durch diese ikonographische Darstellung per se ausgesagt wird, muss daher an der Situation nicht erklärt werden. Beispiele dafür gibt es viele: Tampeko – Ein Dollar hat zwei Seiten: Gary wird in gleißender Wüstensonne liegend mit ausgebreiteten Armen an Pflöcke gebunden. Seine Augen werden gewaltsam offengehalten, das Opfer dadurch geblendet. Willkommen in der Hölle: Der wehrlose Lee Hasek wird gefesselt, wie gekreuzigt aufgehängt und mit Ketten gegeißelt. Garringo  – Der Henker wird gefangen auf einem Pferd geführt, die Hände an einen Balken gefesselt, der ihm auf den Schultern liegt. Kopfgeld: 1 Dollar: Navajo Joe wird kopfüber aufgehängt. Das Volk verspottet ihn (vgl. Markus 15, 29–31 par Matthäus 27, 39–44, Lukas 23,35–37) als »dreckigen Indianer«.

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Eine Kugel für MacGregor: Gregor MacGregor wird von dem sadistischen Maldonado und seinen Gesellen ans Holz gebunden; daneben sein Mädchen gleichermaßen. Yankee wird auf ein Rad geflochten und dieses angezündet. Die Zeit der Geier: Der sadistische Tracy nagelt seinen Widersacher mit den Händen an eine Tür. Töte, Amigo: Ein Offizier wird von Rebellen mit ausgebreiteten Armen an ein Eisenbahngleis gebunden. Er muss sein Leben lassen, damit der Zug weiterfahren kann. Giarrettiera Colt: Soldaten werden »gekreuzigt«. Einer von ihnen betet. Ein Einsamer kehrt zurück: Clint Morrison wird von Verbrechern geschlagen und an ein großes Wagenrad gebunden. Töte, Ringo, töte: Arizona Roy wird von Mexikanern an ein Mühlrad gebunden, das sich fortwährend durch das Wasser dreht und den Gepeinigten untertaucht. Django und die Bande der Bluthunde: Ein toter Mann hängt mit ausgesteckten Armen an einem Weidezaun. Später kommen drei Männer in die Stadt geritten: Auch sie sitzen tot im Sattel, ihre Leichname an Kreuze gebunden. Der Schrecken von Kung Fu: Der Fremde wird auf einem Feld an ein Kreuz gebunden, das sonst offensichtlich als Vogelscheuche dient. Raben fliegen um seinen Kopf. Zwei Halleluja für den Teufel: Zunächst wird Pompero an ein Rad geflochten, das in Bewegung versetzt wird, während der Killer Gregory darauf schießt. Später wird auch Steve an einen Querbalken gefesselt. Kein Requiem für San Bastardo: Don Carlos wird an einen Pfahl gehängt, der dann wie bei der antiken Art der Kreuzigung hochgezogen und in die Senkrechte gebracht wird. Töte, Django: Von »El Zorro« bis auf ein Lendentuch entkleidet und gefoltert, wird Django mit ausgebreiteten Armen angekettet und sieht sich dabei von Reptilien und Fledermäusen bedroht. I corvi ti scaveranno la fossa (o. dt. T., 1972): Der Strafgefangene Dan Barker wird wegen Ungehorsams im Arbeitslager ans Kreuz gehängt. Später wird sein Oberkörper mit Stacheldraht umwickelt (die moderne Alternative zur Dornenkrone).



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Poker mit Pistolen: Lucas wird an den Armen aufgehängt und bekommt zusätzlich eine Mistgabel unter das Kinn geklemmt. In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner: Dakota wird gleichermaßen an einen Pfahl gehängt und ausgepeitscht (»gegeißelt«). Djangos Rückkehr: Ein Mann wird gekreuzigt, um von ihm den Aufenthaltsort des Paters Ignazio zu erfahren.

In Im Staub der Sonne schließlich möchte ein böser Mensch seinen Stiefsohn Fidel töten  – ausdrücklich aber nicht durch eine Kugel, sondern durch Kreuzigung. Allein der Revolvermann Stark kann das Vorhaben vereiteln. Typisch für die Rezeption »klassischer« Italowestern in den späteren Komödien ist der Umgang mit der Kreuzigungsthematik in Colizzis Gott vergibt  … wir beide nie!: Dort ist es Bud Spencer, der an den Querbalken gebunden wird. Von »Passion« kann hier allerdings keine Rede mehr sein, denn der Hüne zerbricht mühelos das Holz im Nacken. Neben der traditionellen Gestalt des Kreuzes mit senkrechtem Pfahl und Querbalken findet sich auch die Form des sog. »Andreaskreuzes«: Zwei Latten in X-Form, wie sie der kirchlichen Tradition nach als Todesart für den Jünger Andreas überliefert wurden, sind auch im Wilden Westen schnell zusammengezimmert. Daran hängt der Held aus Castellaris Django – Die Totengräber warten schon. Bereits bei seiner Ankunft im Ort muss er an einem Gekreuzigten vorbei, an dem ein Schild mit der Aufschrift »Outlaw« angebracht ist. Die Szene nimmt sein eigenes Schicksal vorweg; denn bald sieht sich auch Django alias Johnny Hamilton ans Kreuz gefesselt, während sich seine sterbende Mutter zu ihm schleppt, um wie Maria zu seinen Füßen bei ihm auszuharren. Während in An den Galgen, Hombre der Partner des Helden Arizona an einem Andreaskreuz hängt, wird er selbst kopfüber ans Kreuz gebunden, also in der Weise, wie es in den apokryphen Petrusakten (Acta Petri 41) von dem Apostel überliefert wurde. Weiterhin findet das Andreaskreuz Verwendung in Django – Sein Gesangbuch war der Colt, Schweinehunde beten nicht oder Django und Sartana kommen. In Sing mir das Lied der Rache wird Captain Madison von seinem Widersacher Machedo und dessen Bande gebunden und bespuckt. Anschließend werden ihm die Hände zerschossen. Man muss allerdings

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nicht unbedingt gekreuzigt werden, um die Stigmata Christi zu tragen. Den Protagonisten der zwei bedeutendsten Corbucci-Filme werden die Hände zerschlagen (Django) oder verbrannt (Leichen pflastern seinen Weg). Arizona Colt, der zuvor von einem Geistlichen mit dem strafenden Erzengel Michael verglichen wurde, werden von dem diabolischen Gordon Watch sowohl Hände als auch die Knie zerschossen. Auch dem biblisch anmutenden Rächer in Django – Melodie in Blei werden so die Hände schwer verletzt. Vor allem aber Richard Martin in Bandidos muss die Wundmale tragen, die ihn täglich daran erinnern, dass sein Leben als gefeierter Schütze zerstört wurde, als sein Gegner ihm die Hände zerschoss. Mit der Behinderung kam auch die Depression. Er leidet unter mangelndem Selbstwertgefühl und sinnt auf Rache. Auferstehung »Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich« (1. Korinther 15, 14). Was nach Paulus für den gemarterten und gekreuzigten Jesus von Nazareth gilt, das gilt ebenfalls für den gemarterten und gekreuzigten Protagonisten des Italowestern: Er muss durch den Tod hindurch zur Wiederauferstehung hindurchdringen. Ansonsten gäbe es keine Hoffnung auf einen letzten Sieg. Während sich in der antiken Mythologie die Göttlichkeit des Helden in seiner Unsterblichkeit zeigte, muss Jesus als Bestätigung der Gottessohnschaft wie ein »Weizenkorn« tatsächlich sterben und auferweckt werden (vgl. Johannes 12,24). So kommt es, dass längst Abgeschriebene, Halbtote oder Totgeglaubte unvermutet wieder ins Leben treten, um ihre Mission zu Ende zu führen. Eindrückliches Beispiel ist der von Anthony Steffen verkörperte ehemalige Soldat in Django und die Bande der Bluthunde. In einer Rückblende wird von seinem Tod durch Verrat während des Bürgerkrieges erzählt. Jahre darauf kehrt er als Rächer wieder; nach eigenen Angaben »aus der Hölle« (vgl. »hinabgestiegen in das Reich des Todes«).261 In Django spricht das Nachtgebet widerfährt Steffen das gleiche Schicksal: Erneut wird er während des Krieges niedergeschossen, wieder wird dies in einer Rückblende mitgeteilt. Auch »Jonathan von den Bären« (Die Rache des weissen Indianers) galt nach einem gezielten Schuss aus dem Hinterhalt bereits einmal als tot. Der mit indianischer Religion und



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Weisheit Aufgewachsene hatte jedoch gelernt: »Der Wille kann einen Krieger so stark machen, dass er wie tot auszusehen vermag.« Häufiger noch als solche bereits zu Beginn als »Tote« auftretende Charaktere finden sich Männer, die während der Filmhandlung selbst zunächst Passion und einen todesähnlichen Zustand durchleben müssen, um gegen Ende wiederzukehren. Das zeigt sich bereits bei Joe in Für eine Handvoll Dollar, der schwerverletzt im Sarg liegend auf einem Leichenwagen aus der Stadt geschafft wird. Ein Versteck, mit der Möglichkeit zu genesen (recreatio), findet er in einer alten Mine. Die Höhlensymbolik erinnert im Kontext von »Zuflucht« an Davids Versteck vor Saul in der Höhle Adullam (1. Samuel 21,1; 24,3–23), im Zusammenhang mit »Auferstehung« hingegen an das »Felsengrab« (Markus 15,46 par Matthäus 27,60; Lukas 23,53) des Josef von Arimathäa, in dem Jesus bestattet wurde. Joe verweilt mehrere Tage in jener »Unterwelt«, um dann wiederzukommen zum Gericht – ganz im Sinne der Aussagen des Apostolikums: »(…) hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten (…) zu richten die Lebenden und die Toten«. Gleiches gilt für Mannaja  – Das Beil des Todes, jenen »halbtoten«, zumindest zeitweise erblindeten Helden, der ebenfalls in einer Höhle Unterschlupf findet. Ein weiteres Beispiel: Der schwerverwundete Slim Baxter (Ramon il Messicano, o. dt. T., 1966) wird in einer Höhle von einem Arzt operiert. Esmeralda, sein Mädchen, betet für ihn um Heilung, worauf er wieder erwacht. Später wird der von seinen Feinden Totgeglaubte in Priesterkleidung wiederkehren, um Gericht zu halten. In einer offensichtlich indianischen Grabhöhle kommt neues Leben in den zuvor niedergeschossenen Protagonisten aus Töte, Django. Es sind zwei Indianer, die ihn pflegen und ihm fortan wie Jünger nachfolgen und dienen; denn sie sind überzeugt davon, dass er den Tod besiegte und als künftiger Erlöser aus dem Jenseits zurückkehrte. Daher wollen sie von ihm auch erfahren, wie es auf jener anderen Seite aussehe. Ihre Jüngerschaft führt sie bis zum Martyrium. Der Blonde in Zwei glorreiche Halunken wird gleich zweimal durch ein überirdisches Eingreifen vom Tod errettet: Als Tuco ihn im Hotelzimmer hängen will, trifft eine Kanonenkugel das Gebäude und bringt es zum Einsturz. Später will Tuco ihn in der Wüste erschießen. In

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diesem Moment kommt die führerlose Kutsche vorbei. Der Blonde ist als Erster bei dem sterbenden Soldaten und entlockt ihm ein Wissen, das ihn für Tuco wieder wertvoll macht. Eine solche »Wiedergeburt« erleben auch andere: Gary O’Hara (Ein Loch im Dollar) wird bei einer Schießerei mit dem eigenen Bruder durch einen Dollar gerettet, den er bei sich trägt und der die Kugel aufhält. Ein dem Gringo in Der letzte Zug nach Durango zugedachtes Geschoß bleibt in einem silbernen Zigarettenetui stecken. In Knie nieder und friss Staub wird die »Wiederauferstehung« des zuvor gefolterten Roy derart gefeiert, dass es an Ostern erinnert. Ein Mann namens »Larry« (El Cisco) lässt sich begraben, wird für tot erklärt und feiert später gleichfalls Auferstehung. Ähnlich fingiert auch der falsche Pater Jeremia (Pizza, Pater und Pistolen) seinen Tod, nachdem auf ihn geschossen wurde. Aufgrund des an ihm geschehenen »Wunders« wird er anschließend als ein Heiliger gefeiert.

Silence: Der leidende Gottesknecht Im Folgenden wenden wir uns nun einigen herausragenden Erlösergestalten zu. Dazu gehört vor allem der mysteriöse Silence in Sergio Corbuccis herausragendem Werk Leichen pflastern seinen Weg. Der Regisseur selbst sagt: »In erster Linie ist dieser Film im Zeichen dessen gemacht, was man heute als Idealismus oder als das unnötige Opfer eines Menschen bezeichnen kann, der wahrscheinlich in lebendigem Zustand nützlicher gewesen wäre. Silenzio, der Held des Films, lässt sich – man verzeihe mir den Vergleich – ein wenig wie Christus töten; ich will damit sagen, dass es sich in etwa um das totale Opfer handelt, das die Gewalttätigkeit verdammt (…) Diesen Film habe ich Luther King, Che Guevara, Bob Kennedy und all denen gewidmet, die ermordet worden sind und deren Tod in jedem Fall zu etwas gedient hat, und wenn nur dazu, die Gewalttätigkeit zu verdammen.«262 Bei Silence, von dem gesagt wird, er töte ausschließlich aus Notwehr, handelt es sich tatsächlich um einen außergewöhnlichen Charakter. Zunächst ist es seine Stummheit, die erneut an den Gottesknecht in Jesaja 53,7 erinnert: »Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen



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Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf.« Dies wird neben dem Filmende, bei dem Silence getötet wird, vor allem durch jene Szene zuvor illustriert, in der er von einigen Männern überwältigt und seine Hand gewaltsam in die Glut eines Feuers gehalten wird. Nur zu sehen, nicht aber zu hören ist der tonlose Schrei des Gequälten. Als »stumme Passion«263 hat Georg Seeßlen die Geschichte dieses Mannes bezeichnet. Dabei stellte das dem Protagonisten verordnete Handicap doch nur eine Verlegenheitslösung dar. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der französische Hauptdarsteller Jean-Louis Trintignant weder englisch noch italienisch sprach, war es der Regisseur selbst, der aus ihm kurzerhand einen Stummen machte. Im Film wird die Behinderung mit der Untat einiger Verbrecher erklärt, die nicht nur die Eltern des späteren Kopfgeldjägers ermordeten, sondern dem Jungen auch die Stimmbänder zerschnitten, damit er nicht reden könne (an die Möglichkeit des Schreibens hatte offensichtlich niemand gedacht). Ein Mitglied dieser Bande war Pollicut (Luigi Pistilli), ein schmieriger Krämer und Bankier, der sich mittlerweile zum »Friedensrichter« in dem durch und durch verrohten und verkommenen Ort »Snow Hill« ernannt hat. Mit diesem Dorf zeigt Corbucci seine Apokalypse. Statt im sonnigen Texas oder Mexiko siedelt er seinen Film in einer bitterkalten, kargen und schmutzigen Schneelandschaft an, die dem Betrachter das Blut gefrieren lässt. Wo sonst der strömende Regen Unheil verkündet, schneit es hier. Gesetz und Ordnung sind hier nicht etwa nur – wie in vielen anderen Italowestern – abgeschafft, sondern mehr noch: Sie sind in ihr Gegenteil verkehrt und pervertiert worden. Denn Mord und Totschlag geschehen nun im Namen des Gesetzes. Arme und hungernde Menschen, die einzig stehlen, um zu überleben, werden gnadenlos gejagt von Kopfgeldjägern, die im Auftrag und mit der Autorität der Ordnungsmacht handeln. Ein neu eingesetzter Sheriff, der gegen diese Praxis angehen will, erweist sich als machtlos und wird nach kurzer Zeit beseitigt. Vor seinem Büro liegen derweil Leichen der Opfer aufgestapelt. Der Gegenspieler der christusähnlichen Figur erweist sich als ein wahrer Teufel: Klaus Kinski zeigt sich einmal mehr in seinem Element als »Tigrero« (dt.: der Jäger), der in der deutschen und einigen anderen Versionen zu »Loco« (dt.: der Verrückte) wurde. Die Namensänderung

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könnte dem Umstand geschuldet sein, dass hier jemand gezeigt wird, dessen Handlungsweise derart verroht und abartig erscheint, dass man meinte, dafür die Erklärung einer Geisteskrankheit heranziehen zu müssen. Gleichzeitig »ver-rückt« Loco tatsächlich alle Maßstäbe im Sinne des biblischen diabolos, des »Durcheinanderbringers«. Mit einer Kopfbedeckung, die an einen Geistlichen erinnert, wirkt er zusätzlich wie der »falsche Prophet« der Johannesapokalypse (Offenbarung 19,20 u. ö.), die rechte Hand des Antichristen. Inmitten dieser Zustände wird Silence als die einzige Hoffnung wahrgenommen. In dem Moment, in dem er in den Ort kommt, zitiert ein Totengräber Johannes 11,25f: »Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.« Eine alte Frau sagt über ihn: »Er ist Richter und Henker zugleich«. Doch nicht genug: Es gibt auch Hinweise auf das Opfer durch das »Blut des Lammes« (Offenbarung 7,15; 12,11). So berichtet der Kopfgeldjäger Charlie, sein Arzt möchte von ihm eine Blutprobe, die er jedoch verweigert hätte. Sein Kumpan gibt ihm recht: »Wer gibt schon freiwillig sein Blut her?« Das tat allein Christus, der sein Opfer so begründete: »Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde« (Johannes 15,13). In diesem Sinne ist es dann zu deuten, dass Silence den letzten Opfergang auf sich nimmt. Der Platz vor dem Saloon wird zu seinem Golgatha. Hier sind die Ausgestoßenen als Geiseln genommen worden. Ihnen droht Erschießung, wenn sich Silence nicht stellen sollte. So ist es also nur folgerichtig, dass das sonst übliche Ritual des Showdown, in dem die Chancen meist gleich verteilt sind, hier keine Anwendung mehr findet, sondern das Ende des »Guten« zur Passion gerät: Der ohnehin stark geschwächte Silence schleppt sich zum Saloon wie Jesus auf der Via Dolorosa. Dem Wehrlosen, der bereits die Stigmata Christi an den Händen trägt, wird der Todesstoß versetzt  – in einer Weise, dass man tatsächlich davon reden kann, dass Silence »wie ein Lamm geschlachtet« wird (Jesaja 53,7). Diese ganze Deutung sowie das Anliegen des Regisseurs wird allerdings ad absurdum geführt, wenn man das alternative Ende betrachtet, dass Corbucci auf Drängen der Produzenten u. a. für den japanischen Markt zusätzlich drehen musste: Der aus dem Nichts auftauchende She-



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riff, der (wie auch immer) dem Anschlag auf sein Leben entgangen ist, hilft Silence in letzter Sekunde, indem er Loco erschießt. Gemeinsam töten sie alle seine Kumpane und befreien so die Geiseln. Ob das Opfer Silences tatsächlich ein »unnötiges« ist, wie Corbucci meint (s.o.), bleibt zu hinterfragen. Er relativiert seine Aussage bereits in den nächsten Sätzen, indem er einen Sinn darin erkennen kann, dass dieser Tod mahne, Gewalt an sich zu verdammen. Außerdem wird in der Schlusseinstellung durch ein Insert mitgeteilt, dass die Vorkommnisse in Snow Hill zu einer öffentlichen Verurteilung der Hetzjagden auf die Armen geführt hätten. Das ist immerhin etwas. Damit schließt sich der Kreis: Zu Beginn fiel unter den Ausgestoßenen das Wort »Begnadigung«, die der Gouverneur versprochen hätte. Einer hat also die Gnade verheißen, ein anderer hat sie erwirkt, indem er mit seinem Leben dafür einstand. Silence erweist sich wie Jesus als »des Gesetzes Erfüllung« (vgl. Matthäus 5,17). Keoma, Jonathan, Django: Die Jesus-Ikonen Franco Nero, der bereits im Alter von 25 Jahren überzeugend den ersten Django verkörperte, ist seit einem halben Jahrhundert als vielseitiger und wandlungsfähiger Schauspieler in Erscheinung getreten. Von seinen zahlreichen im Italowestern gespielten Charakteren sind für das Thema dieses Kapitels vorrangig drei von Interesse, die alle der Spätphase des Genres zuzurechnen sind. Zusammen mit seinem Freund Enzo G. Castellari drehte Nero 1976, also zu einem Zeitpunkt, als der Italowestern eigentlich bereits Geschichte war, Keoma – Das Lied des Todes – eine »Mischung aus Rachewestern, apokalyptischer Endzeitvision und christlichem Passionsspiel«264. Der Schauspieler war zu dieser Zeit 35 Jahre alt, also ungefähr im Alter Jesu während seiner dreijährigen öffentlichen Wirksamkeit. Und tatsächlich verkörpert der italienische Star mit langen Haaren und Vollbart265 optisch so den Mann aus Nazareth, wie man ihn sich traditionell vorstellt. Nero wirkt dabei wiederum älter (sprich: reifer) als er tatsächlich ist, was der Rolle zweifellos dient; dazu durchgehend grimmig, wie man es von Jesus nur von der Reinigung des Tempels kennt (Markus 11,15–17 par Matthäus 21,12f; Lukas 19,45f; Johannes 2,13–17). Und in der Tat ist auch Keoma gekommen, wie er sagt, um »einen Stall auszumisten«. Erzählt wird seine

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Geschichte nicht nur visuell, sondern unterstützt von einer weiblichen und einer männlichen Gesangsstimme aus dem Off, die hier die narrative Aufgabe erfüllen, die in Oratorien und musikalischen Passionen dem »Evangelisten« zugedacht ist. Keoma ist ein indianisches Halbblut, das auf dem pale horse reitet, dem fahlen Pferd des apokalyptischen Reiters. Aus dem Krieg, der Hölle oder einfach dem Nichts kehrt Keoma nach vielen Jahren zurück an den Ort seiner Kindheit. Der Plot kann so zusammengefasst werden: »Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf« (Johannes 1,11). Wie Jesus steht der Sohn insbesondere mit seinem Vater in einem guten Vertrauensverhältnis. Der weiße Rancher Shannon (William Berger) zog Keoma nach dem gewaltsamen Tod der Mutter zusammen mit seinen anderen drei Söhnen auf, die von einer Weißen stammen. Diese drei »Brüder Kain« bilden seit der gemeinsamen Kindheit eine unheilige Trinität: »Butch, Sam und Lenny – drei Namen, die gleiche Niedertracht!« Gemeinsam verfolgten sie den »Bastard« mit einem Hass, der noch immer anhält. Den Heimkehrer empfängt darüber hinaus eine Welt am Abgrund: Eine Pockenepidemie grassiert und fordert den vielfachen Tod. Kranke werden in Lager gesperrt, in denen sie sterben oder dahinvegetieren. Die restlichen Bürger werden von dem Ex-Offizier Caldwell (Donal O’Brien) und seinen Marodeuren terrorisiert. Keoma wird gehasst aufgrund seiner einzigartigen Beziehung zum Vater, gleichfalls wegen seiner indianischen Herkunft. Den Rassismus bekommt auch der Schwarze George (Woody Strode) seit Jahren zu spüren. Keomas einstmals vertrauter Freund aus Kindertagen hat sich längst dem Alkoholismus ergeben. Hier existiert keinerlei Hoffnung mehr. Es scheint gar so, als spräche Dante zu Keoma: »Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!« Doch nicht der italienische Dichter hält Zwiesprache mit dem Protagonisten, sondern eine mysteriöse alte Frau. »Wenn du auftauchst, bedeutet das den Tod«, sagt Keoma über sie. Er ist offenbar der Einzige, der ihre Erscheinung wahrnimmt. Oftmals als »Hexe« gedeutet266, kann sie auch an alttestamentliche Prophetinnen wie Debora oder Hanna erinnern. Beim »Einzug« Keomas in den Ort stellt sie fest: »Du liebst die Menschen vielleicht, aber sie lieben dich nicht« (nochmals: Johannes 1,11). Der Angeredete gibt daraufhin zu erkennen, dass er alles andere als eine naive Weltsicht besitzt,



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sondern von einer erfahrungsorientierten, nüchtern-biblischen Anthropologie geprägt ist (»Die Welt ist schlecht!«), dass er aber nichtsdestotrotz gewillt ist, den Kampf mit dem Bösen aufzunehmen. Bereits in der nächsten Szene wird deutlich, dass er nicht nur Worte macht. Keoma wird zum Helfer der Kranken und Verstoßenen. Er rettet die schwangere Liza vor den Männern, die zuvor ihren Mann erschossen. Gegen massive Widerstände der Bürger verschafft er ihr schützendes Obdach. Sie fragt mehrfach nach seiner Motivation: »Warum hilfst du mir?« – »Dein Kind hat das Recht zu leben«, ist Keoma überzeugt. Wie Jesus in der persönlichen Begegnung Menschen veränderte, so gibt auch Keoma dem zuvor desillusionierten George neue Hoffnung, der am Ende (wie auch der alte Shannon) zum Märtyrer wird. Und ein ängstlicher Arzt wird mutig und fragt: »Was sollen wir tun?« (vgl. Lukas 3,10.12.14; Johannes 6,28; Apostelgeschichte 2,37). All dies muss in dieser Welt den Störenfried zwangsläufig ans Kreuz führen. Zuerst wird Keoma nachgestellt: »Sucht ihr mich?«, fragt er seine Verfolger (vgl. Johannes 18,8). Nach heftiger Gegenwehr im Kampf mit Caldwell und dessen Männern ergibt er sich. Er wird gebunden und auf »seiner« Via Dolorosa durch die Stadt geschleift. Dann wird er an einem großen Wagenrad »gekreuzigt« (I Covermotiv). Inzwischen aber haben seine Peiniger gewechselt: Butch, Sam und Lenny überwältigten und töteten Caldwells Truppe aus Rache für den Mord an ihrem Vater. Als eigentlich Schuldiger wird jedoch Keoma von ihnen beschuldigt. Am Kreuz wird er angespien und ist dem Spott und den Anklagen der Halbbrüder ausgesetzt (vgl. Lukas 18,32; Matthäus 27,39–41 u. ö.). Sie haben in dieser Passionsgeschichte die Rolle der Pharisäer und Schriftgelehrten inne, die mit falschen Anschuldigungen die Menge auf ihre Seite ziehen und sich dabei selbst als Ehrenmänner darstellen. Als danach ein Unwetter und Finsternis den Ort heimsuchen (vgl. Markus 15,33 par Lukas 23,44), wird Keomas Gesicht als Ecce-homo-Motiv gezeigt. Nun halten die Männer im Saloon große Reden, während unter dem Kreuz allein noch die Frauen ausharren (vgl. Markus 15,40f par Matthäus 27,55f; Lukas 23,49; Johannes 19,25–27). Die alte Frau steht schweigend, die kurz vor der Niederkunft stehende Liza befreit Keoma und reitet mit ihm fort.

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In der Geisterstadt vollendet sich das Schicksal der handelnden Personen. Das »Lamm Gottes« zeigt sich im letzten Kampf mit seinen Halbbrüdern nun gleichfalls auch als Richter. Butch, Sam, Lenny, aber auch Liza sterben in dem Moment, da neues Leben geboren wird. Die Alte, die bisher nur als Synonym für den Tod stand, wird zur Hebamme. Keoma reitet fort und überlässt ihr den Säugling: »Er ist ein freier Mensch. Und wer frei ist, braucht nichts.«267 Siebzehn Jahre vergingen, bis sich Castellari und Nero erneut einer ähnlichen Geschichte annahmen. Nach der Öffnung des Ostblocks und unter dem Eindruck von Kevin Costners Welterfolg Der mit dem Wolf tanzt drehten sie 1993 in Russland Die Rache des weissen Indianers. Zu Keoma – Das Lied des Todes bestehen viele Parallelen, sodass durchaus von einem Remake gesprochen werden kann. Dazu gehört auch – um mit Worten von Christian Keßler zu sprechen – »die erneute Jesusnummer«268. Wie der Nazarener wird auch »Jonathan of the Bears« nach seiner Herkunft benannt. Seine Eltern, polnische Einwanderer, wurden bei einem Überfall durch weiße Banditen ermordet. Einzig der Junge konnte sich retten und freundet sich in der Wildnis mit einem jungen Bären an, bevor er von einem Indianerstamm aufgelesen wird. Der Häuptling zieht ihn an der Seite seines eigenen Sohnes Chatow auf. Auch hier sind die Bruderrivalitäten durchgehend angedeutet, doch werden sie – ganz im Gegensatz zum Vorgängerfilm – positiv bearbeitet und führen zu keinen Entzweiungen. Die Lebensweise der Indianer erweist sich nicht nur in dieser Hinsicht als die bessere. Franco Nero sieht noch immer wie Jesus aus, wenn auch nicht ohne entsprechende Spuren des Alters. Musikalisch erzählt wird dieses »Evangelium« nun nicht mehr aus dem Off, sondern durch den eigens dafür geschaffenen Charakter eines singenden und Gitarre spielenden »Evangelisten« (Clive Riche). »I tell the tale of a man«, beginnt seine Moritat und erinnert damit an Markus 1,1 oder die lukanischen Prologe (Lukas 1,1–4 und Apostelgeschichte 1,1f ). Der Sänger, Beobachter und Gelegenheitsphilosoph bietet sich Jonathan sogar als Begleiter (Jünger) an. Doch dieser meint, seinen Weg allein gehen zu müssen. Auch ein Ruf eilt ihm voraus: Er kann Wunder wirken, z. B. mit seinem Bogen zwei Pfeile zugleich abschießen – und sogar treffen.



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Die Erinnerung an seine ermordeten Eltern beschwert den erwachsenen Jonathan noch immer. Lange Jahre hindurch versuchte er sich zu rächen, doch kam er zu der Erkenntnis: »Rache erzeugt immer nur Rache.« Er reflektiert: »Der Feind, den ich bekämpfte, war einzig und allein in mir.« Sein Rachegefühl habe ihn zuvor nicht zur Ruhe kommen lassen: »Als mir das klargeworden war, empfand ich keinen Zorn mehr, nur noch Mitgefühl mit diesen Leuten.« So predigt er wie Christus Liebe und Vergebung, allerdings stark vermischt mit Elementen indianischer Naturreligion (»Mother Earth«). Mit seinem »Vater«, dem alten Häuptling, führt er Gespräche über das »Wasser des Lebens« oder das Paradies, das »in uns« sei. Doch alle Bemühungen um Liebe und Vergebung sind vergebens angesichts des Kapitalisten Fred Goodwin (John Saxon), der den Indianerstamm mit allen Mittel zu vertreiben sucht, um an Öl zu kommen. Er erweist sich als Jonathans Erzfeind, der bereits dessen Eltern auf dem Gewissen hat. Darüber hinaus erinnert sein Gebaren an die Verführungen des Antichristen: Nachdem er den bisherigen Beherrscher der Stadt, Maddock (David Hess), aus dem Weg geräumt hat, gibt er sich als Wohltäter aus, verspricht der Bevölkerung materiellen Wohlstand und ein »Paradies, in dem Wein und Whisky fließen«. Im dann doch unvermeidlich werdenden Kampf wird Jonathan erneut an ein Pferd gebunden und zu auffallend geistlich klingender Musik durch schlammige Straßen geschleift. Zum Schluss »kreuzigt« man ihn unter Donnergrollen am Kirchturm. »Von mir aus kann er drei Tage da oben bleiben«, höhnt Goodwin wie einst die Volksmenge auf Golgatha. »Dann haben wir ein gutes Werk für die Geier getan. Oder hat er die Absicht, aufzuerstehen?« (vgl. Markus 15,30 par: »Hilf dir nun selbst und steig herab vom Kreuz!«). Damit es nicht dazu komme, teilt er sogar Wachen ein (vgl. Matthäus 27,62–66). Doch hat sich Jonathan nicht nur Feinde gemacht. Unter den vier Leibwächtern Goodwins befindet sich ein Schwarzer (Bobby Rhodes, Kap. IV.6: Rassismus), der durch das souveräne Auftreten Jonathans und seine Aussagen über den Frevel der Gewalt, über die Liebe und Gleichheit aller Menschen derart beeindruckt ist, dass er (ähnlich Nikodemus in Johannes 3) zur Nacht heimlich das Gespräch mit dem sucht, der eigentlich sein Feind sein soll. So kommt es erstmals zu einem wirklichen Dia-

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log: »Warum verteidigst du die Indianer?«, fragt der Schwarze, »Du bist weiß.« – »Und du bist schwarz«, erwidert Jonathan. »Warum kämpfst du für die Weißen?« – »Goodwin bezahlt mich dafür. Aber dich bezahlt niemand. Wieso tust du es?« – »Das weißt du selbst, Bruder!« Jonathan führt den Widersacher zum eigenen Nachdenken. Als Resultat überlässt der Farbige ihm ein Messer, mit dem er sich von seinen Fesseln befreien kann. Als wenig später Goodwins Bohrturm explodiert, entsteigt der »Auferstandene« dem Rauch wie Phönix aus der Asche, um »zu richten die Lebenden und die Toten«. Nicht gleichbedeutend mit den beiden Werken Castellaris, aber im Kontext dieses Kapitels wiederholt erwähnenswert ist Franco Neros Rolle in Nello Rossatis Djangos Rückkehr. Es handelt sich hierbei ebenfalls um ein Spätwerk (1987), das zudem die Besonderheit aufweist, dass es als einzig offizielle Fortsetzung des originalen Django von 1966 gilt. Doch der jetzige Mönch hat nichts mehr gemein mit dem früheren Pistolero Django. Er ist seit vielen Jahren bereits Klosterbruder und heißt nun »Bruder Ignatius«. »Django ist tot«, sagt er und meint sein früheres Leben – im Sinne von Galater 2,20: »Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.« Er ist ganz Mönch, hat in der Klausur und der Gemeinschaft der Glaubenden seinen Frieden gefunden. Letzterer wird allerdings gestört, als er davon erfährt, dass er eine Tochter namens Marisol (!) hat, die zudem von dem überall als »Teufel« bezeichneten Orlowski entführt wurde. Dieser hat seine Terrorherrschaft in der gesamten Region (irgendwo in Südamerika) aufgerichtet. Er verkauft nicht nur Minderjährige an Bordelle, sondern lässt unzählige Sklaven in seiner Silbermine arbeiten. Als Herrscher lebt er auf einem bedrohlich wirkenden Schiff aus Stahl, dessen Innenraum mit den unzähligen dort dahinvegetierenden Sklaven wiederum an Dantes »Inferno« gemahnt. Über sein Arbeitslager sagt Orlowski selbst: »Es ist noch nicht die Hölle, aber beinahe.« Die Aufzählung der Gräuel mag genügen, um deutlich zu machen, dass der Mönch nicht leichtfertig handelt, wenn er seinem einst gelobten Pazifismus untreu wird. »Ignatius« bedeutet »der Feurige« und kann mit etwas Humor auch auf die Feuerkraft jener Waffe bezogen werden, die Django bereits bei Corbucci 1966 berühmt machte und die er nun auf dem Friedhof wieder ausgräbt und in Stellung bringt. Seine Handlungs-



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weise erscheint alternativlos; denn es verhält sich tatsächlich so, wie ihm erzählt wurde: »Die Welt draußen ist noch böser als die, die du verlassen hast.« Die weiße Kutte, die Reinheit symbolisiert, tauscht er daher erneut gegen die schwarze Kluft des Todes. Er weiß, dass er sich die Hände schmutzig machen wird – im Sinne einer Verantwortungsethik, die unter zwei Optionen wählen muss, die beide damit verbunden sind, dass sich der Handelnde schuldig macht. Nun aber geschieht das Überraschende: Die anderen Mönche verurteilen ihren Bruder nicht, sondern berufen ihn sogar in seine Aufgabe. Als er ihnen gegenübertritt mit den Worten: »Jetzt bin ich nur noch Django«, da widersprechen sie ihm: »Nein, der Herr beschützt die Mutigen. Er schickte dich für unsere Rettung.« Sie sind es, die ihm einen Erlöserstatus zusprechen und ihn segnen für das Gericht, das er halten wird: für eine Art von Exorzismus an dem »Teufel« Orlowski. Des Weiteren enthält der Film eine deutlich ikonographische Szene der Geißelung; ferner die »Auferstehung« des Mönchs. Zuvor war er im Arbeitslager »hinabgestiegen in das Reich des Todes« (die Sklaven dort sehen aus wie Zombies). Django erlöst alle Gequälten und sorgt zuletzt dafür, dass der »Teufel« von seinen Opfern selbst gerichtet wird. Espedito, Cuchillo, Tepepa: Der revolutionäre Jesus Neben Franco Nero zählt Tomás Milián zu den wichtigsten Darstellern im Italowestern. Ein gebürtiger Kubaner, der am berühmten Actors Studio in New York seine Ausbildung erhalten hatte, schien wie geschaffen für jene Art lateinamerikanischer Charaktere, die komplexer angelegt waren als der einfache mexikanische Bandit von der Stange. So brillierte Milián, der bereits seit Ende der 50er Jahre im italienischen Film beschäftigt war, seit seinem Westerndebüt 1966 in Ohne Dollars kein Sarg zunehmend vor allem in Revolutionswestern als extrovertierter underdog. Einige dieser Rollen gaben ihm die Möglichkeit, sie als Erlöserfiguren zu stilisieren. Dies trifft vor allem zu auf Viva Cangaceiro von Giovanni Fago aus dem Jahr 1969. Die Besonderheit des Stoffes liegt darin, dass die Handlung in Brasilien zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielt und sich auf eine wahre Begebenheit stützt. Cangaceiros wurden solche Männer genannt, die aufgrund größter Armut notgedrungen zu Gesetzlosen wurden. Zum

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berühmtesten unter ihnen avancierte Virgulino Ferreira da Silva (1898– 1938), der mit seiner Bande sowohl gefürchtet als auch verehrt wurde. Seine Geschichte diente bereits 1953 als Grundlage für O Cangaceiro (O Cangaceiro  – Die Gesetzlosen) von Lima Barreto, dem ersten brasilianischen Streifen mit internationaler Anerkennung (ausgezeichnet in Cannes 1953). Fago nahm sich des Stoffes erneut an, nun aber mit den Mitteln des Italowestern. Tomás Milián verkörpert Espedito, einen einfachen Mann aus dem Volk, der als Einziger aus seinem Dorf ein Massaker überlebt, das Regierungstruppen als Vergeltung für Anschläge von Banditen verübten. Er wird von dem christlichen Eremiten Juliano gefunden, der in einer Klosterruine lebt. »Du bist an der Seite verwundet wie unser Herr Jesus Christus«, stellt sein Retter fest und pflegt Espedito gesund. Juliano hält seinen Schützling tatsächlich für den kommenden Erlöser des Volkes. Als eine Art dem Messias vorangehenden Prophet  – ähnlich Johannes des Täufers – berichtet er davon, bereits dreimal im Paradies und einmal in der Hölle gewesen zu sein. Er habe Noah, Petrus und Jesus gesehen. Letzterer habe ausgesehen wie Espedito. Gleichfalls habe er eine Vision empfangen, die auf das Kommen des Messias hindeute: »Unser Herr und Heiland ist mir ein zweites Mal erschienen und hat zu mir die Worte gesprochen: Es wird ein Mensch kommen, der mir von Angesicht gleicht; den wirst du aussenden, damit er kämpft für die Gerechtigkeit. Du wirst ihn ›Erlöser‹ nennen. Dies ist dein Auftrag, mein Sohn!« So bereitet der Eremit den künftigen »Erlöser« Espedito auf seine Mission vor: Er unterrichtet den Analphabeten anhand von Bildern in Bibelkunde (I Abb. 34). Bald darauf begibt sich Espedito, der sich nunmehr auch bewusst »Erlöser« nennen lässt, auf die Suche nach geeigneten »Jüngern«. Die Insignien seiner Macht sind zunächst ein Kreuz und eine Machete. Er wählt »Apostel« unter dem Lumpenproletariat: »Kommt, hört meine Worte und folgt mir nach!«. Seinen Anspruch begründet er mit echten oder abgewandelten Zitaten aus der Heiligen Schrift. Mit zunehmender Berühmtheit werden seine »Heldentaten« dem Volk auf Bilderfolgen (nach Art der »Neuruppiner Bilderbogen«) gezeigt, die jenen gleichen, mit denen zuvor Juliano das Leben Jesu vermittelte.



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Es bleibt nicht aus, dass dem selbsternannten Erlöser ähnliches widerfährt wie Jesus: Er ruft den Widerstand der etablierten Kirche hervor. Allerdings hat Esposito die Institution Kirche auch selbst als einen Hauptgegner ausgemacht und bekämpft ihre Funktionäre als die verhassten Vertreter eines Bündnisses von »Thron und Altar«. Beim Fest einer Waffensegnung für die regierenden Militärs sitzt Espedito als »Gelähmter« unter der Zuschauermenge, bittet um Almosen und schüttet gleichzeitig Nitroglyzerin ins Weihwasser des amtierenden Bischofs. Die kirchlichen Gegner gehen jedoch geschickter vor als jene im Sanhedrin, dem Hohen Rat von Jerusalem zur Zeit Jesu. Anstatt den vom Volk verehrten »Erlöser« zu töten und ihn möglicherweise zum Märtyrer zu machen, versuchen sie zusammen mit den weltlichen Machthabern, ihn auf ihre Seite zu ziehen, zu locken, zu verhandeln, ja ihn zu kaufen. Schließlich geht es auch um erhebliche Ölvorkommen, die sich auf von Cangaceiros beherrschtem Gebiet befinden und die von ausländischen Konzernen ausgebeutet werden sollen. Der skrupellose Gouverneur Branco (Eduardo Fajardo in einer gewohnten Rolle) und ein holländischer Vertreter einer Ölfirma bilden zusammen mit der Amtskirche eine unheilige Allianz, auf die sich der im Grunde naive Espedito einlässt. Man überredet ihn, zusammen mit der Regierung gegen andere, rivalisierende Gruppen von Cangaceiros zusammenzuarbeiten. Espedito wird bei seiner Eitelkeit gepackt: Das Bewusstsein seiner eigenen »göttlichen Mission« ist mittlerweile derart überhöht, dass er neben sich keine anderen Gruppierungen mehr duldet. Gleichzeitig wird er von den Mächtigen umschmeichelt. Sie veranstalten ihm zu Ehren ein Fest. Als »Mann der Vorsehung« wird er nun bezeichnet. Er soll zudem eine facienda, ein Landgut erhalten, auf der er ein »Paradies« für Entrechtete aufbauen will: »Die Letzten sollen dort die Ersten sein« (vgl. Matthäus 19,30; 20,16; Markus 10,31; Lukas 13,30). Dies sieht er als Erfüllung seiner Mission an: »Der Erlöser hat sein Werk getan und zieht sich in das Paradies zurück.« Während Espedito wähnt, die Regierung erkenne seinen messianischen Anspruch an, wird er doch lediglich vom Kapital instrumentalisiert und verrät letztlich die Idee der sozialen Gerechtigkeit für alle. Die in Aussicht gestellte facienda entpuppt sich als Ruine. Amerikanische Mafiosi sind längst vom Gouverneur gedungen, ihn zu töten. Das er-

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nüchternde Fazit des Protagonisten offenbart schließlich erste Selbstzweifel: »Mir ist schon oft der Gedanke gekommen, dass ich vielleicht doch nicht der Erlöser bin.« Es wird deutlich: Miliáns Charakter in diesem Film unterscheidet sich deutlich von denen Franco Neros. Letztere können durchaus als Versuch ernsthafter Auseinandersetzung mit existentiellen theologischen Themen wie Sünde, Schuld, Tod und Erlösung verstanden werden. Fagos Film hingegen funktioniert eher als eine »Parodie auf selbsternannte Erlöser«269. Nicht neu im Genre ist, dass an begründeter Kritik gegenüber der institutionellen Religion nicht gespart wird  – dort, wo die Kirche ihren Auftrag an den Armen verrät, sich den Mächtigen andient und Unrechtsherrschaft geistlich zu legitimieren versucht. Zur Botschaft des Films gehört aber ebenso, dass gegenüber einzelnen Führern, die sich mit einem göttlich-ideologischen Nimbus umgeben, gleichermaßen Skepsis angebracht ist. Angesichts der Skurrilität und Verschrobenheit, mit der die optisch an Anselm Grün erinnernde Figur des Juliano angelegt ist, erweisen sich bei näherem Hinsehen die Hinweise auf die »göttliche Berufung« seines Schützlings zumindest als hinterfragbar. Espedito ist eigentlich ein schlichtes, kindliches Gemüt, das zunächst weder von Politik noch von Religion eine Ahnung hat. Um seine tote Kuh trauert er mehr als um seinen ermordeten Vater. Er ist erstaunt, als er erfährt, dass es außer der Bibel noch weitere Bücher gibt; ist aber enttäuscht, nachdem ihm eines vorgelesen wurde: »Die Geschichte vom Jesuskind gefällt mir besser.« Er ist alles andere als ein geborener Anführer. Zum Führer wird er aufgebaut. Vom Kreuz und der Machete als Waffen wechselt er bald zum Schwert und zum Gewehr und übt selbst die Gewalt aus, die er zuvor bekämpfte. Die Operettenuniformen, die er und seine Männer tragen, sollen seine Bedeutung erhöhen, wirken jedoch nur lächerlich. Auch der eigene Hinweis auf seine göttliche Berufung wird ihm zunehmend wichtiger. Viva Cangaceiro ist so auch eine Studie über einen menschlichen Typus, wie er vor allem in repressiv-autoritären politischen Systemen in ausgeprägter Form anzutreffen ist: Espedito ist ein Vertreter der sozialen und intellektuellen Unterschicht, dem von außen her eine Bedeutung zugesprochen wird, die ihm bisher versagt war; der einen Posten erhält, der ihn wichtig erscheinen lässt und der nun seine ganze Kraft dafür einsetzen wird, sich dessen würdig zu erweisen. Die beiden großen



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totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts bedienten sich bevorzugt solcher Menschen, deren Manipulation für ideologische Zwecke auf diese Weise oft erfolgreich war. Möglicherweise stand Giovanni Fago (der mit mehreren anderen auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnete) Revolutionen und ihren von der zeitgenössischen Linken oft unkritisch gefeierten »Lichtgestalten« wie Che Guevara, Mao Tse-tung oder Hò Chí Minh ähnlich skeptisch gegenüber wie der in diesem Zusammenhang bereits erwähnte Sergio Leone. »Die Leute sind ja so leichtgläubig«, lässt Fago im Film einen der Regierenden sagen. »Sowie man ihnen ein Fünkchen Hoffnung vorgaukelt, hat man schon gewonnen. So wie dieser Espedito.« Insgesamt gesehen gerät Viva Cangaceiro letztlich zu einem interessanten, jedoch nicht leicht konsumierbaren Sozialdrama und einer uneindeutigen Mischung aus mehrerlei Kritik: politisch sowohl am Kapitalismus als auch an der Revolution, kirchlicherseits sowohl an der Amtskirche als auch an befreiungstheologischen Ansätzen. Zusammen mit Sergio Sollima drehte Milián zwischen 1966 und 1968 die sog. »Cuchillo-Trilogie«; drei inhaltlich voneinander unabhängige Western, die zu den herausragenden Werken des Genres zählen. Während jedoch die ersten beiden Beiträge ob ihrer gesellschaftskritischen Aussagen (Der Gehetzte der Sierra Madre) oder eines philosophischen Diskurses über die Versuchungen der Macht (Von Angesicht zu Angesicht) hoch gelobt wurden, steht der abschließende Beitrag Sollimas häufig im Schatten seiner Vorgänger. Tatsächlich handelt es sich bei Lauf um dein Leben um einen Revolutionswestern, dessen politische Implikationen weniger deutlich in den Vordergrund treten als in den beiden Filmen zuvor. Das mag jedoch auch daran liegen, dass in der deutschen Fassung wiederum einige politische Bezüge (z. B. Kritik an den USA) geschnitten wurden. Milián ist erneut der mexikanische Herumtreiber »Cuchillo«, »die Stechmücke« oder auch »das Messer«. Die Erlöserrolle muss er sich hier allerdings teilen mit dem Revolutionär Ramirez (José Torres in einer für ihn ungewohnt positiven Rolle). Dabei fällt Cuchillo der unangenehme Teil des leidenden Gottesknechts zu. Er wird dreimal wie gekreuzigt aufgehängt: zuerst an Mühlenflügeln von zwei französischen Killern im Auftrag Kaiser Maximilians, danach vom ehemaligen Sheriff Cassidy,

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schließlich von einem dicken mexikanischen Soldaten, der ihm zu allem Überfluss noch eine Dynamitstange in den Mund schiebt. Cuchillo und Ramirez lernen sich in der Gefängnishaft kennen und setzen nach erfolgter Flucht ihren Weg gemeinsam fort. Ramirez ist ein Intellektueller, der in einem Dorf wie ein Heiliger verehrt wird. Er bringt zuletzt das stellvertretende Opfer, als er sich schützend vor eine Frau wirft und von den ihr zugedachten Kugeln tödlich getroffen wird. Cuchillos Rettung vor dem Tod hingegen wird als unmittelbare Gebetserhörung dargestellt. Die erbetenen »Engel mit den Flammenschwertern« erweisen sich als Revolutionäre unter »General« Santillana, die im letzten Moment erscheinen und den Todgeweihten befreien. Cuchillo wird sogar Prediger der Heilarmee, doch vertritt er – im Gegensatz zu seiner Offizierin Penny – ein eher sozial orientiertes Christentum. Erwähnenswert im Kontext Miliáns als »lateinamerikanischer Jesus« ist auch Giulio Petronis Tepepa. Bei »Jesus Maria Moran, genannt Tepepa« weckt bereits der Name die Vermutung, in ihm könne mehr stecken könnte als ein Bandit und Taugenichts. Auch er wird verehrt. Leute aus dem Volk bringen ihm Essen ins Gefängnis. Ein Priester wird gehängt, weil er dem Hoffnungsträger nachfolgte. Das Kreuz, das ihm ein Mönch reicht, bedeutet Tepepa etwas; die Person des Geistlichen als Vertreter der organisierten, mit den Mächtigen paktierenden Religion aber lehnt er ab. »Auferstehung« erlebt er, als seine Erschießung im letzten Moment durch den Arzt Dr. Price verhindert wird. Dieser rettet ihm zum Schluss durch seine ärztliche Kunst nochmals das Leben – doch nur, um ihn anschließend aus Rache zu erstechen. Denn Tepepa erwies sich als alles andere als ein Heiliger – wie überhaupt Miliáns Charaktere letztlich doch nicht zum Messias taugen. Leon Alastray: Messias wider Willen Einen ungewöhnlichen Beitrag innerhalb des Genres stellt San Sebastian dar: eine französisch-italienisch-mexikanische Großproduktion mit einem renommierten Regisseur des französischen Kinos (Henri Verneuil) und zwei amerikanische Stars in den Hauptrollen (Anthony Quinn und Charles Bronson). Quinn ist der Rebell Leon Alastray, der in einem Kloster Kirchenasyl findet. Der Vorsteher, ein alter Pater namens Joseph, wird daraufhin von



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seinem Bischof strafversetzt, denn die Kirche gehorcht der Obrigkeit. Zusammen mit Leon begibt sich der Pater nach San Sebastian, seinem künftigen Wirkungsort. Wie der Namensgeber des Dorfes, ein Märtyrer der christlichen Kirche, findet auch der Geistliche dort einen gewaltsamen Tod. Die Bevölkerung leidet unter den Heimsuchungen sowohl durch den Indianerstamm der Yaquis als auch durch das Halbblut Teclo und seine Banditen. Teclo (Bronson als villain, was dem Film insgesamt nicht gut tut) ist ein erklärter Christengegner. Er hält Leon für einen Priester und lässt ihn zunächst an einem Baum »kreuzigen«. Die Dorfbewohner sollen gegen ihn aufgehetzt werden, halten ihn jedoch ebenfalls für einen Geistlichen und einen wundertätigen Heiligen dazu: Die Soutane, mit der Leon bekleidet ist, weist ein Einschussloch auf. Dass sie von Pater Joseph getragen wurde, als dieser starb, wissen die Leute aber nicht. So heißt es nun über Leon: »Man hat auf ihn geschossen, aber nicht getroffen!« Dabei trägt Leon die kirchliche Amtstracht nur aus Mangel an anderen Kleidungsstücken, nicht um sich mit fremden Federn zu schmücken. Teclo gibt Leon einen Tag Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen, einen zweiten, um aus dem Ort zu verschwinden. Er droht: »Sonst wirst du, wie dein Buch sagt, am dritten Tag auferstehen.« Wie sie Jesus im Garten Gethsemane auch gehabt hätte, bleibt ihm zu diesem Zeitpunkt noch die Wahl, Leid und Martyrium zu entrinnen. Hinzu kommt, dass sich Leon in seiner ihm aufgezwungenen Rolle sichtlich unwohl fühlt. Doch die Hoffnungen der verzweifelten Bauern stützen sich auf ihn als Erretter. Verstärkt werden sie durch ein weiteres »Wunder«: Als Teclo einen Pfeil auf eine Statue des Namenspatrons des Ortes schießt, tritt »Blut« aus der »Wunde«. Was außer Leon wiederum niemand weiß: Hinter der Statue war ein Beutel mit Rotwein befestigt. So wächst der Messias wider Willen allmählich in die ihm zugedachte Rolle hinein. Als er von Teclo geschlagen wird, hält er die andere Wange hin (vgl. Jesaja 50,6; Matthäus 5,39 par Lukas 6,29). Dazu ermutigt er in einer Predigt zu einem Glauben gegen den Augenschein. Als ihn dann jedoch die verängstigten Dorfbewohner ablehnen, reitet er – in Umkehrung des Geschehens vom Palmsonntag – mit einem geschenkten Maultier aus dem Ort davon. Damit könnte die Angelegenheit für Leon beendet sein. Doch er kann die Menschen nicht vergessen. So kehrt er bald mit neuer Hoff-

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nung und Soldaten zurück. Trotzdem will er ein Blutvergießen vermeiden. Dem Häuptling der Yaqui-Indianer bietet er daher sein Leben als stellvertretendes Opfer für die Bauern an. Die Yaquis aber sind voller Zorn auf den christlichen Gott, da in seinem Namen viele von ihnen getötet worden seien. Eine Konfrontation ist daher unvermeidlich. Vor dem entscheidenden Kampf wollen die Dorfbewohner sich geistlich stärken lassen und drängen Leon, mit ihnen eine Messe zu feiern. Sie bringen die Monstranz und das Weihrauchgefäß zurück in die zerstörte Kirche. Bei dieser Gelegenheit sagt Leon ihnen die Wahrheit: dass er kein Priester sei. Die Zeichnung Leons als Messias wider Willen kann Assoziation wecken zur markinischen bzw. bereits vormarkinischen Tradition des »Messiasgeheimnis« (so erstmals bei William Wrede). Danach hat Jesus im Zusammenhang seiner Wunder häufig die beteiligten Menschen aufgefordert, über das Geschehen Stillschweigen zu bewahren. Dieses sog. »Schweigegebot« (Markus 1,44; 3,12; 5,43; 7,36; 8,30; 9,9 par) wird meist dahingehend gedeutet, dass Jesus einer oberflächlichen Begeisterung aufgrund von Schauwundern zu wehren suchte. Der Messias wird weniger durch glorreiche Taten als durch sein Leiden ausgewiesen. Der Gefahr einer allzu einseitigen »Theologie der Herrlichkeit« (theologia gloriae) wird als Korrektiv eine »Theologie des Kreuzes« (theologia crucis) gegenübergestellt. Daher gilt das Schweigegebot nach Markus 9,9 auch lediglich für die begrenzte Zeit bis zur Auferstehung: »Während sie den Berg hinabstiegen, verbot er ihnen, irgendjemand zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei.« Erst danach kann Jesus als Gottessohn und Messias in seiner umfänglichen Bedeutung erkannt werden. Natürlich handelt es sich bei Leon Alastray um ein »Messiasgeheimnis« aus anderen Gründen. Zunächst einmal: Der, den man für einen Priester hält, glaubt eigenen Aussagen zufolge selbst nicht an Gott. Während sich die Hoffnungen der Dorfbewohner auf einen Messias richten, predigt Leon ihnen Selbstverteidigung. Der Macht der hinzugezogenen Soldaten vertraut er mehr als der Kraft Gottes. Und doch kann er sich den Erwartungen an seine Person nicht gänzlich entziehen. »Wenn du mich ›Pater‹ nennen willst, kannst du es tun«, sagt er zum Schluss zu Teclo, dem gegenüber er zuvor bestritten hatte, ein Geistlicher zu sein.



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Leon reift zu einer Persönlichkeit, die man am ehestens mit dem Bild des »Arbeiterpriesters« beschreiben kann. Seine Theologie ist liberal: Er bewundert den getöteten Pater Joseph, denn der »sah Gott in den Menschen«. Dem Bischof gegenüber besteht er zuletzt darauf, dass es wichtiger war, eine Mauer um den Ort zu errichten, als die Kirche wieder aufzubauen. Dem neu eingesetzten jungen Priester gilt sein Wohlwollen, nachdem dieser erkennen lässt, dass ihm die einfachen Menschen des abgelegenen Ortes wichtiger sind als eine klerikale Karriere. Der Heilige Geist und andere Hoffnungsträger Eine der aus theologischer Sicht skurrilsten Figuren des Italowestern ist zweifellos »Spirito Santo«, also der »Heilige Geist«, die dritte Person der Trinität. Ein Protagonist dieses Namens findet sich in insgesamt vier Filmen: in Ein Halleluja für Spirito Santo von Giuliano Carnimeo aus dem Jahr 1971 sowie drei qualitativ nachrangigen Streifen von Roberto Mauri, die noch im selben sowie im Folgejahr vergeblich versuchten, an Carnimeos Erfolg anzuknüpfen: E lo chiamarono Spirito Santo, Bada alla tua pelle, Spirito Santo! und Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie. In Carnimeos Film wird die Hauptfigur von John (eigentlich: Gianni) Garko gespielt. Der aus Dalmatien stammende Schauspieler war im Italowestern vor allem als schwarz gekleideter Revolverheld Sartana bekannt geworden, u. a. ebenfalls mehrfach unter der Regie Carnimeos. Als Spirito Santo ist er nun bereits optisch das Gegenstück: gekleidet ganz in einem die Reinheit symbolisierenden Weiß samt Umhang und Hut. Orgelmusik ertönt, wenn er unvermittelt aus dem Nichts auftaucht. Begleitet wird er von einer weißen Taube, die wahlweise auf seiner Schulter oder in einem Körbchen sitzt (I Abb. 31). Die Taube ist eines der wichtigsten Symbole für den Heiligen Geist. Dies geht zurück auf Markus 1,10, wo anlässlich der Taufe Jesu der Geist (pneuma) direkt mit der Gestalt einer Taube (peristera) verbunden ist (par Matthäus 3,16, Lukas 3,22, Johannes 1,32). »Für die alten Christen ist die Taube, die nach Meinung der antiken Naturwissenschaft keine Galle hat, die Trägerin aller möglichen Tugenden«, so Walter Bauer, »(…) Deshalb kann sich in ihr der Hl. Geist verkörpern«.270 Auch ist sie ein bevorzugtes Opfertier im Tempel. Als »Friedenstaube« wurde speziell die weiße Taube nach einer

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Vorlage von Pablo Picasso ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts zum Symbol der internationalen Friedensbewegung. In der jüngeren Filmgeschichte hat vor allem der stark an christlicher Symbolik interessierte John Woo ein auffälliges Interesse an weißen Tauben entwickelt und lässt sie in mehreren seiner Erfolgsfilme aufsteigen.271 In Ein Halleluja für Spirito Santo wird das Symbol der Taube ironisch gebrochen, indem sie auch »Eagle« genannt wird; denn es heißt von dem Tier, es halte sich für einen Adler. Mit der Benennung des an einen CIA-Agenten erinnernden Militärberaters als »Sam Crow« (Krähe) wird aber auch deutlich gemacht, dass dem »Geist« hier ein »Ungeist« gegenübersteht. Gleiches gilt für das Verhältnis zwischen dem rechtmäßig gewählten Präsidenten Don Firmino und dem gewaltsam herrschenden Diktator Ubarte. Ersterer wird christusgleich mit ausgebreiteten Armen an einen Balken gefesselt vorgeführt. Die Bauern müssen ihn öffentlich verleugnen und anspucken. Ein alter Mann, der sich weigert, wird zum Märtyrer. Ubarte hingegen spielt sich als gottgleicher Präsident auf. Sein Erlass, in dem er verfügt, jedermann solle ihn »Vater« nennen, grenzt an Götzenverehrung. Dass Spirito Santo eine transzendente Aura umgibt, wird bald deutlich: »Der Himmel hat Sie zu uns geschickt!«, ruft die durch ihn gerettete Juana aus. »Ja«, antwortet der Gemeinte und fügt reichlich profan hinzu: »Und ich soll Sie von Petrus grüßen.« Später heißt es wiederum: »Er ist nicht von dieser Welt.« Spirito Santo selbst sagt von sich, er sei »ein friedlicher Knabe«. Tatsächlich aber agiert er als unerbittlicher Rachenegel und macht keine Gefangenen. Seine Jünger sind zwei auch äußerlich als fromme Christen erkennbare Männer namens »Hosianna«272 und »Jonas«. Ersterer ist ein bekehrter früherer Raufbold. In der Umkehrung der Verhältnisse ist es hier der »Jünger«, der dem »Herrn« einmal gebietet: »Weiche von mir, Satan!« (vgl. Markus 8,33 par Matthäus 16,23). Auch ein Hinweis auf die Auferstehung fehlt nicht: Als er erschossen werden soll, nimmt es Spirito Santo gelassen: »Ich werde ja nicht zum ersten Mal erschossen.« Die Soldaten des Erschießungskommandos blendet er, indem er mit einer Metallfolie die Sonnenstrahlen auf sie lenkt; im übertragenen Sinne aber so, als ob er die Natur beherrsche: »Dein ist der Tag und dein ist die Nacht; du hast Gestirn und Sonne die Bahn gegeben« (Psalm 74, 16). Eigentlich geht es ihm zunächst nur um



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seine Goldmine; zum Schluss jedoch übergibt er einen Teil des Mammons seinem Gefährten Hosianna zur Anschaffung von Kirchenbänken und einer Glocke für eine zu restaurierende Kirche. Schließlich gibt es auch hier einen Seitenhieb in Richtung der verfassten Kirche: Erstaunt zeigt sich ein Pater in der Kirche, als ihm gesagt wird, »Spirito Santo« sei hier. »Spirito Santo hier in der Kirche? Ich sehe ihn nicht.« Die Gegenwart des Heiligen Geistes innerhalb der Kirche scheint alles andere als selbstverständlich zu sein. Die drei Filme Roberto Mauris, in denen der griechische Darsteller Vassili Karis als Spirito Santo zu sehen ist, sind im deutschen Sprachraum nicht zur Aufführung gelangt. Sie bieten insgesamt auch weniger theologisch relevante Bezüge. Interessant ist der Prolog in E lo chiamarono Spirito Santo: Eine Frau bringt einen Sohn zur Welt. In diesem Moment fliegt eine weiße Taube ins Zimmer. Dies wird als Zeichen Gottes gedeutet und das Kind »Spirito Santo« genannt. Als Nächstes folgt bereits die Passion: Der erwachsene Mann wird als Gefangener in einem Steinbruch ans Rad gebunden. Später wird er einmal auf seinen Namen angesprochen (»Ich hoffe, du bist des Namens würdig«), erlebt aber auch Selbstzweifel: »Warum nur nennt man mich Spirito Santo?« In Bada alla tua pelle, Spirito Santo! wird über den Protagonisten Albert Donovan gesagt, er würde »Heiliger Geist« genannt, da er immer sofort zur Stelle sei, wo er im Kampf gegen das Böse gebraucht werde. Das ergibt Sinn, wenn man bedenkt, dass der Geist bekanntlich weht, wo er will (vgl. Johannes 3,8). Das Erscheinen Spirito Santos erweist sich in Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie als unmittelbare Gebetserhörung eines Priesters, der von Banditen gefesselt wurde und eine angezündete Dynamitstange in den Mund geschoben bekam. Seine Peiniger hören die Explosion und glauben den Geistlichen bereits im Paradies. Das ist ein Irrtum, denn er wurde vom »Heiligen Geist« noch rechtzeitig gerettet. Ein gänzlich anderer messianischer Charakter ist der junge »Requiescant« in Carlo Lizzanis politischem Western Mögen sie in Frieden ruhen. Hier findet sich zunächst das Motiv des wundersam geretteten Kindes, das später zum Erlöser bestimmt ist. Das Findelkind wird als erwachsener Mann als der Sohn eines mexikanischen Führers identifiziert und gedrängt, dessen Vermächtnis zu erfüllen, sein Volk

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in die Freiheit zu führen. Das klingt sowohl messianisch als auch jesuanisch. Als schwerverletzter Junge wurde er von der Familie eines christlichen Predigers gefunden und großgezogen. Er wächst mit der Bibel und ihren Geboten auf. Als die Tochter des Predigers von zuhause wegläuft, begibt sich der junge Mann auf Wanderschaft, um sie zu suchen. Zum Abschied bekommt er eine Bibel geschenkt. Sein nächstes »Werkzeug« fällt ihm buchstäblich in den Schoß oder auch vom Himmel: Es ist ein Colt, mit dem der Auserwählte ein »Wunder« vollbringt: Mit den ersten Schüssen seines Lebens streckt er zwei Verbrecher nieder. Er zitiert aus seiner Bibel und betet: »Requiescant in pace!« (Ruhet in Frieden!). Damit hat »Requiescant« seinen Namen erhalten. Mit einer Mischung aus christlicher Unschuld und Unverdorbenheit sowie der Naivität eines schwejkschen Narren zieht er durch die Lande und gleichzeitig das Unheil an. Schwarz gekleidet wie ein Geistlicher, wird er schnell als »Betbruder« erkannt. Alkohol verträgt er nicht. Sein Pferd treibt er mit einer Bratpfanne an. Den Colt trägt er – wohl schlicht aus Unkenntnis – einfach an einem Seil hängend um den Leib. Das Schießen erweist sich allerdings als sein Charisma. Selbst aus dem Holster heraus zu feuern fällt ihm leicht. Sein Handeln wird häufig durch Orgelmusik begleitet. Doch ist er alles andere als ein Revolverheld. Er drängt sich nicht nach dem Kampf. Unbedarft versucht er seinen Erzfeind George Bellow Ferguson (Mark Damon) davon zu überzeugen, sie seien beide »Brüder im Herrn«. Ferguson sieht dies anders. Er lässt Requiescant foltern und in ein Wasserfass tauchen, bis er ohnmächtig wird. Neben dieser Passion erlebt der Leidende jedoch auch göttliche Bewahrung, als eine ihm zugedachte Kugel in der Bibel steckenbleibt, die er über dem Herzen trägt. Die Berufung zum Erlöser erfährt Requiescant auf mehrfache Weise: Ein stummer Mexikaner erkennt die herausragende familiäre Herkunft des bisher Unbekannten an einer Narbe am Kopf. Eine »Jüngergruppe« um den der Befreiungstheologie nahestehenden Priester Don Juan (Pier Paolo Pasolini) sucht zunehmend seine Nähe und weist ihn auf seine Bestimmung hin. Zuletzt sagt auch die Frau Fergusons, die Requiescant aus den Fängen ihres Mannes befreit, zu ihm: »Ich setze auf dich meine ganze Hoffnung.«



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Schließlich wird wieder einmal ein sakraler Raum zum Ort der Entscheidung. Es ist eine Klosterruine, in der Requiescant zunächst während eines Feuers Zuflucht und Rettung unter der herabgestürzten Glocke findet. Später wird diese Glocke wieder aufgehängt und läutet durchgehend, während Requiescant als »Auferstandener« dort seinem Widersacher zum Endkampf entgegentritt. Ferguson fällt, von einer Kugel getroffen, in eine Grube. Die abermals herabstürzende Glocke verschließt sein Grab für immer. Der Film endet damit, dass Requiescant durch Don Juan zum Anführer der Revolution berufen wird. Dies geschieht (wiederum nur im Original) mit einer Rede, in der der Priester seine zwiespältigen Gefühle zum Ausdruck bringt: Er, der zwar die Bauern lehrte zu kämpfen, selbst aber keine Waffe in die Hand nimmt, unterstellt dem Berufenen, Spaß beim Töten empfunden zu haben. Ein Krieg sei jedoch keine lustige Sache. Aber notgedrungen brauche man dazu wohl Männer wie ihn. Carlo Lizzani, der vom Neorealismus geprägte Regisseur, wollte sicher kein »christliches« Werk schaffen. Er nutzte den populären Genrefilm häufig, um ihm wichtige politische Anliegen zu transportieren (z. B. in Banditi a Milano, Die Banditen von Mailand, 1968). Mögen sie in Frieden ruhen erweist sich jedoch als ein typisches Beispiel für den ambitionierten Italowestern, in dem seine Schöpfer bei allem vorrangigen Interesse an politischen Aussagen nicht ohne den massiven Einsatz religiöser Symbolik auskommen. Ein »Messias« zu sein, ist eine traditionelle Männerdomäne. Dass es auch anders geht, zeigt pointiert Louis Malles unorthodoxe Westernkomödie Viva Maria!. Allerdings wird hier zunächst auch ein Mann als Christusfigur gezeichnet: Flores, ein Anführer der Revolution, wird als Gefangener mit den Armen an einen Balken gebunden und durch die Gegend getrieben. George Hamilton spielt den attraktiv-erotischen Jesus-Verschnitt, unter dessen »Kreuz« seine Jüngerin »Maria 2« (Jeanne Moreau) niederkniet wie in Evangeliendarstellungen. Flores stirbt als Märtyrer in seinem Heimatdorf, während dort eine Prozession stattfindet. »Maria 2« setzt sein Werk fort und predigt den Bauern mit der Feurigkeit eines Petrus zu Pfingsten. Zusammen mit »Maria 1« (Brigitte Bardot) werden beide Frauen bald selbst zu Heilsbringerinnen stilisiert und von der Bevölkerung wie die Gottesmutter verehrt. Bei der Übergabe einer eroberten Stadt an die von ihnen geführten Truppen kniet

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der Bürgermeister nieder – eigentlich nur, um sich den Schuh zuzubinden. Die versammelte Menge deutet die Geste anders. Nun fallen alle vor den beiden Frauen nieder. Von da an heißt es: »Ave Maria i Maria!« Es gibt sogar ikonographische Darstellungen der beiden. Ebenso spricht sich herum, sie könnten Wunder vollbringen. Wie bei Jesus klagen die Vertreter der Kirche sie daher der Gotteslästerung an. Inquisition und Folter müssen folgen, bis sich schließlich alles zum Guten wenden kann. Von zahlreichen weiteren Erlösergestalten seien hier noch erwähnt: General Elias in Töte, Amigo, der von El Santo, dem Priester, als »Werkzeug Gottes« angesehen, von El Chuncho als Heiliger verehrt und schließlich auch als ein Märtyrer der Revolution ermordet wird. In Kein Requiem für San Bastardo wird ein gewisser Aguila zu einem unsichtbaren geistigen Führer des Volkes, aus dessen Vergangenheit mythische Geschichten und Sentenzen überliefert sind. So soll er gesagt haben: »Lasst meinen Leib sterben, damit mein Geist weiterleben kann«. Selbst auf Terence Hill richten sich Hoffnungen auf Erlösung in seinem Spätwerk Doc West – Nobody schlägt zurück. Er wird gebraucht in dem Städtchen, aus dem er eigentlich verschwinden möchte. So bittet ihn der Sheriff eindringlich zu bleiben, »denn es wird Abend« (wie die Emmausjünger in Lukas 24,29). Bereits in der Besprechung sowohl der von Tomás Milián verkörperten Figuren als auch von Lizzanis Film Mögen sie in Frieden ruhen zeigte sich, wie sehr politische und religiöse Motive und Symbole im Italowestern mitunter verwoben sind. Die Einflüsse einer Theologie der Befreiung oder des »religiösen Sozialismus«, wie er von Theologen wie Leonhard Ragaz oder Hermann Kutter vertreten wurde, sind hier nicht von der Hand zu weisen. In der konsequenten Fortentwicklung dieser Anschauungen begegnet in Der Teufel kennt kein Halleluja von Mario Camus dem Zuschauer die Messiasthematik in ihrer deutlich marxistischen Ausformung. Die von Großgrundbesitzern ausgebeuteten und verarmten Menschen einer ländlichen Region warten sehnsüchtig auf einen »Mann, der uns lehrt, wieder einig zu sein; der uns lehrt, uns zur Wehr zu setzen«. Ein Schmied fragt folgerichtig: »Wer soll das sein? Ein zweiter Jesus?« Als ein Fremder (Terence Hill) auftaucht, fragen die Leute: »Ist er`s?« Dann schließlich erscheint tatsächlich jemand, der den Erwartungen zu entsprechen scheint. Es ist jedoch kein Prediger, son-



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dern ein politischer Agitator. Er erzählt von der »neuen Welt«, die sich nicht auf biblische, sondern marxistische Eschatologie gründet. Diese neue Welt sei, so heißt es, von den Menschen selbst zu erschaffen. Gepredigt wird die Weltrevolution: »Auf den Trümmern der verrotteten Welt kann neues Leben wachsen.« Für diese Lehre wird der Mann im Auftrag der Reichen erschossen. Sein Ende unterscheidet sich also nicht sonderlich von dem eines christlichen Märtyrers. »Alles nur Angeld« Abschließend muss festgestellt werden: Auch die große Zahl solcher Männer, auf denen angesichts verheerender gesellschaftlicher, politischer und sozialer Verhältnisse so große Hoffnungen auf eine »Erlösung von dem Bösen« lasten, kann diese  – wenn überhaupt  – immer nur partiell bewirken. Mag ein Böser besiegt sein – das Böse gebiert stets neues Unheil, das bereits vor der Tür lauert. Menschliche Möglichkeiten erweisen sich als begrenzt. Ein Triumph bleibt aus, ein Happy End nach der Art Hollywoods muss sich der Italowestern ob seiner nüchtern-realistischen Weltsicht verbieten. So reitet der desillusionierte Antiheld nach getanem Werk in die Einsamkeit, aus der er kam. Der »Erlöser« war möglicherweise doch nur ein Mensch. Sein Handeln ist zu würdigen, bleibt aber fragmentarisch. Im besten Fall darf man darin ein Abbild erkennen einer künftigen, wahren Erlösung, die noch aussteht. Zeit und Ort der Handlung des Italowestern sind daher im »Schon jetzt« und »Noch nicht« angesiedelt, mit dem christliche Theologie das Reich Gottes umschreibt: Es ist mit dem Erscheinen Jesu vor 2.000 Jahren bereits angebrochen, wird aber erst vollendet werden mit seiner Wiederkunft, der Parusie. Klaus Berger fasst diese Spannung, im Vorläufigen zu leben, so zusammen: »Alles, was wir dennoch schon jetzt von Gottes Heil spüren, ist Angeld, Vorauszahlung, Anzahlung. Es reicht nicht vorn und nicht hinten. Aber es gibt Hoffnung.«273

2. Die Bibel ist kein Kartenspiel: Die Heilige Schrift Eine kurze, unscheinbare Zeitungsmeldung aus dem Jahr 2014: »Britische Hotelkette wirft Bibeln raus.«274 Mit dem Argument, man »wolle keine Religion diskriminieren«275, entfernte eine der größten Hotelketten

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Englands das »Buch der Bücher« aus ihren Gästezimmern. Wer möchte, so ein Mitarbeiter, könne über das kostenlose WLAN die Bibel im Internet lesen. Welch kultureller Paradigmenwechsel sich gegenwärtig in Europa vollzieht, lässt sich auch daran ablesen, dass – wie weiter berichtet wurde – zwei Jahre zuvor bereits ein anderes englisches Hotel die Bibeln im Nachttisch ersetzt hatte: durch Shades of Grey, den Erotikroman der englischen Autorin E. L. James. Offensichtlich hielten die Hotelbetreiber dieses Buch für lebensdienlicher als das alte Buch der Christen. Die Bibel als Drehbuch In der Tat hat es die Heilige Schrift  – zumindest im Westen  – heute schwerer denn je. Die Tatsache, dass sich abendländische Kultur, Kunst, Politik und Gesellschaft der jüdisch-christlichen Tradition verdanken, deren Urkunde die Bibel ist, wird zunehmend ignoriert, negiert oder offen in Frage gestellt. Für Menschen der Postmoderne ist zudem die Frage nach der Wahrheit obsolet geworden. Stattdessen sollen sämtliche Glaubensüberzeugungen und weltanschaulichen Systeme mit gleicher Gültigkeit nebeneinander existieren können – selbst wenn sie einander naturgemäß ausschließen. In Zeiten eines zunehmenden Terrorismus mit islamistischem Hintergrund mögen auch schlichtweg Angstgründe hinzukommen, die den Westen dazu verleiten, die eigenen christlichen Wurzeln zu verleugnen. Allerdings gilt auch das Wort, das dem früheren Bundespräsidenten Johannes Rau zugeschrieben wird: »Wenn alles gleich gültig ist, ist alles gleichgültig.« Mittlerweile sind offenbar Menschen aus anderen Kulturkreisen wie der indische Philosoph, Theologe und Sozialreformer Vishal Mangalwadi notwendig, um die Europäer auf die kulturprägende Bedeutung der Bibel hinzuweisen und den Westen davor zu warnen, mit der Preisgabe der biblischen Offenbarung auch das eigene Lebensfundament, ja das »Herzstück der westlichen Kultur«276 zu zerstören. Das Erstaunliche: Im Italowestern, der immerhin in Zeiten eines beginnenden gesellschaftlichen Umbruchs entstand, zu dessen Hauptthemen ganz gewiss nicht die Bewahrung des christlichen Glaubens gehörte, kann von einer irgendwie gearteten Bibelvergessenheit oder  -ignoranz keine Rede sein. Mögen die italienischen Filmemacher in ihrer Mehrzahl auch kaum bekennende Christen gewesen sein, so standen ihnen doch



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durch ihre römisch-katholische Sozialisation sowohl die kulturelle als auch die narrative Bedeutung der Bibel vor Augen. Da viele der besten Italowestern existentielle menschliche Konflikte im Gewand eines Western zeigen, wird die Bibel – neben den klassischen griechischen Tragödien – zur wichtigsten Fundgrube für bewegende Filmstoffe. Sie wird zum Drehbuch, weil sich in ihr nicht nur viele archetypische menschliche Dramen, sondern schlichtweg auch die besten Geschichten der Weltliteratur finden lassen. Viele biblische Motive sind im Rahmen dieser Untersuchung bereits dargestellt worden. Da sind zunächst die grundsätzlichen theologischen Topoi: die biblische Anthropologie (Kap. I.1: Der relativ Gute), Fragen von gut und böse (Kap. I.1: Der relativ Gute und I.2: Der teuflisch Böse), Sünde und Schuld (Kap IV.1: Rache und Vergeltung), Bekehrung (Kap. II.1: Geistliche), Opfer und Erlösung (Kap. VI.1: Erlösergestalten), Vergebung (Kap. IV.7: Konfliktlösungen), Rache (Kap. IV.1: Rache und Vergeltung), Apokalypse (Kap. III.1: Städte und Dörfer) und Jüngstes Gericht (Kap. IV.1: Rache und Vergeltung). Hinzu kommen berühmte, oft universal zu verstehende biblische Dramen: der Bruderkonflikt zwischen Kain und Abel, die Geschichte von Josef und der Frau seines Herrn Potiphar, das Gleichnis vom verlorenen Sohn (alles in Kap. IV.3: Familienpro­ bleme), der Verrat des Judas (Kap. II.3: Kopfgeldjäger), sowie die Geburt eines künftigen Erlösers, die Heilige Familie und schließlich Jesu Passion, Kreuzigung und Auferstehung (alles in Kap. VI.1: Erlösergestalten). Zu weiteren biblischen Motiven zählen u. a.: Der Konflikt zwischen Jakob und Esau: In Escondido – Die im Staub verrecken möchte der Pferdedieb Steve Belasco an das Geld eines blinden Mannes kommen. Er gibt sich daher als dessen Sohn aus, der allerdings bereits tot ist. Die Szene erinnert sehr an Jakob, als er sich den Erstgeburtssegen seines erblindeten Vater Isaak erschlich, indem er sich für seinen Bruder Esau ausgab (vgl. 1. Mose 27). Das Exodus-Motiv: Ein ganzes Dorf muss in Die fünf Gefürchteten vor Soldaten in die Wüste fliehen wie Mose mit den Israeliten. Die Gesetzestafeln vom Berg Sinai: Mormonische Siedler in Die rechte und die linke Hand des Teufels verwenden die mosaischen Tafeln (vgl. 2. Mose 24) als Motiv des Brandzeichens, mit dem sie ihre Rinder kennzeichnen.

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Das Ende des Simson: In Töte alle und kehr allein zurück spielt Hércules Cortés ein Schwergewicht, das nicht nur seinem griechischen Namensvetter, sondern in einer Szene auch der israelitischen Richtergestalt gleicht: Bei einer Kneipenschlägerei reißt er eine Säule aus der Erde und begräbt zahlreiche Gegner unter den Trümmern des einstürzenden Hauses. Gleiches tat Simson, nachdem ihn die Philister gefesselt hatten. Er stemmte sich gegen die zwei Mittelsäulen, die das Gebäude trugen, in dem seine Feinde ein Opfer darbrachten. Mit ihm selbst kamen viele der Philister zu Tode (vgl. Richter 16,26–30). Das Buch Judit: In Die schmutzigen Dreizehn wird Mrs. Ferguson, die Frau des Pfarrers, verglichen mit der biblischen Judit, die eine Liebesnacht mit einem Mann verbracht habe, um danach seinen Kopf zu nehmen. Hier wird angespielt auf das apokryphe Buch Judit, in dem die Witwe Judit das belagerte israelitische Volk rettet, indem sie den assyrischen Oberbefehlshaber Holofernes in seinem Schlafgemach tötet (vgl. Judit 13). Die sog. »Weihnachtsgeschichte«: Das Geschehen in Eine Pistole für Ringo spielt kurz vor dem Christfest. Der Titelheld wird vom Banditen Sancho dazu verdonnert, am Heiligen Abend im Stall zu schlafen. »Meinst du, das macht mir etwas aus«, antwortet er. »Die Krippe des Christkindes stand auch im Stall!« (vgl. Lukas 2,7). Die Familie Sarrazin in Petroleum-Miezen feiert Weihnachten mit Krippenfiguren. Dem Jesuskind im Stroh fehlt allerdings der Kopf. Die Versuchung Jesu: Als in der Schlusssequenz von Sergio Sollimas Von Angesicht zu Angesicht Beauregard Bennet in der Wüste den sich zu einem wahren Teufel gewandelte Fletcher erschießt, erinnert dies an die Versuchungsgeschichte Jesu (Matthäus 4,1–11 par Lukas 4,1–13). Bennet ist in weiß gekleidet, Fletcher in schwarz. Bennet ist der, der sich entscheiden muss, ob er »den Pfad der Erlösung einschlägt«277. Die zwölf Jünger: »Paco Roman und die zwölf Apostel« nennt man die Gruppe, die sich in Mercenario – Der Gefürchtete um den Revolutionär wider Willen gebildet hat. Jünger schart auch Espedito in Viva Cangaceiro um sich. Die Heilung der Tochter des Jairus: In Mögen sie in Frieden ruhen bittet ein armer Bauer im Saloon den Arzt verzweifelt um Hilfe für seine Tochter, die im Sterben läge. Im Gegensatz zu Jesus (Markus 5,22–24 par Matthäus 9,18f; Lukas 8,41f ) verweigert der Arzt die Hilfe und spielt lieber weiterhin Poker. Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg: Der »Dutchman« verspricht in Die fünf Gefürchteten jedem der von ihm angeheuerten Söldner



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pauschal 1.000 Dollar. Es stellt sich jedoch heraus, dass es sich bei der von ihnen heranzuschaffenden Beute um Gold im Wert einer halben Million Dollar handelt. Wie die im Gleichnis (Matthäus 20,1–16) am frühen Morgen angeworbenen Arbeiter versprechen sich die Söldner daraufhin einen erheblich größeren Gewinn. Sie bekommen allerdings nicht mehr als die ausgemachte Summe, denn das Gold ist für die Revolution gedacht. »Ihr habt immer nur herausgehört, was ihr hören wolltet«, werden sie belehrt. Die Frage des Pilatus: Die Titelfigur aus Lo ciamavano Verità stellt sich im Saloon vor: »My name is Veritas«. Jemand antwortet: »What the hell is Veritas?« Hier wird die berühmte Frage des Pontius Pilatus an Jesus (vgl. Johannes 18,38) aufgenommen. »Was ist Wahrheit?«, fragt auch Acombar in Satan der Rache, der seine Verbrechen zu relativieren sucht. Das Waschen der Hände des Pilatus: Sartana tötet in Sie kamen zu viert um zu töten mehrere Männer, um sich anschließend demonstrativ seine Hände »in Unschuld« zu waschen (vgl. Matthäus 27,24). Der Stein vor Jesu Grab: In Von Mann zu Mann wird Geld in einem Wagen versteckt und dieser in einem Stall untergestellt. Vor die Stalltür wird ein großer Mühlstein gerollt (vgl. Markus 15,46 par Matthäus 27,60). In Uccideva a freddo wird eine Goldmine mit einem solch großen Stein verschlossen.

Ein Buch wird zur Waffe Die Heilige Schrift ist im Italowestern nicht nur mit ihren Inhalten präsent, sondern auch als Buch selbst – und dies in größerem Maße als im US-amerikanischen Western. Möglicherweise werden in Hollywood Colt und Bibel eher als Gegensatz empfunden.278 Ein Beispiel für den Umgang des frühen US-Western mit dieser Thematik liefert Georg Seeßlen im Blick auf den Stummfilmstar William S. Hart (1864–1946). Die Filme Harts, der häufig als Regisseur und Schauspieler gleichzeitig fungierte, sind durchsetzt mit christlicher Ikonographie. Bezugnehmend auf Hell’s Hinges (Des Teufels Hauptquartier, 1916), das Porträt eines bekehrten Banditen, schreibt Seeßlen: »(…) die Bibel spielt in Harts Western eine fast ebenso bedeutende Rolle wie der Revolver, allerdings kaum als komplementäre Instrumente der Besiedlung, wie es die Geschichte gezeigt hat, sondern als einander ausschließende Symbole von Gut und Böse.«279 Im Italowestern hingegen schließen sich Bibel und Revolver keineswegs aus. Sie haben mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint.

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Dies gilt in doppelter Hinsicht: Theologisch gesprochen ist die Bibel eine Waffe, ganz praktisch enthält die Bibel aber zuweilen auch eine Waffe. »Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?« So lässt Gott selbst durch seinen Propheten (Jeremia 23, 29) rhetorisch fragen – jene Priester des Volkes Israel, die seine Gebote nicht mehr ernst nehmen, sondern dem Gotteswort seine Sprengkraft zu nehmen drohen. Zur bekannten »Waffenrüstung Gottes«, mit der Christen sich gegen den Feind wappnen sollen, gehört auch das »Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes« (Epheser 6,17). Schließlich hat auch Mahatma Gandhi, jeglicher christlicher Propaganda unverdächtig, in einem berühmten Ausspruch festgestellt: »Ihr Christen habt in eurer Obhut ein Dokument mit genug Dynamit in sich, die gesamte Zivilisation in Stücke zu blasen, die Welt auf den Kopf zu stellen, dieser kriegszerrissenen Welt Frieden zu bringen. Aber ihr geht damit so um, als ob es bloß ein Stück guter Literatur wäre, sonst weiter nichts.« Die Machthaber unterschiedlicher Diktaturen haben von dieser gefährlichen Sprengkraft der Bibel stets eine klare Vorstellung gehabt und lassen sie deshalb bis auf den heutigen Tag in vielen Ländern verbieten. Häufig werden ihre Verbreitung oder selbst der Besitz mit Haft- oder gar der Todesstrafe geahndet. Hingegen haben viele Menschen im freien Westen, deren Konfirmationsbibel seit Jahren im hinteren Teil des Bücherregals verstaubt, von den Inhalten dieses brisanten Dossiers keinerlei Ahnung. »Das Wort kann manchmal tödlicher sein als eine Kugel«, stellt Pfarrer Dan Miller (Bleigewitter) fest. In Mein Leben hängt an einem Dollar betont zu Beginn ein Pastor als Fahrgast in einer Postkutsche: »Dies hier, die Bibel ist die einzige Waffe, die wir benutzen sollten.« Kaum ausgesprochen, fällt er allerdings tot zu Boden  – getroffen von der Kugel eines Räubers. Auch der Pfarrer in Der Sohn des Django, der einst ein Revolverheld war, sagt nunmehr: »Meine Waffe ist die Bibel.« Notgedrungen greift er im Laufe der Handlung dann aber doch (zusätzlich) wieder zum Revolver. »Meine Waffe ist die Bibel« sagt ebenso der Indianer José in Der Mann, der aus dem Norden kam. In einem Fort assistiert er dem Priester. »Ich bin ein Mann der Kirche und nicht des Kampfes«, lässt er verlauten. Auch während eines schweren Angriffs von Banditen liest er seelenruhig in seiner Bibel. Das ist kein Wunder, denn der angebliche Christ steckt mit den Verbrechern unter einer Decke.



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Wie diese Beispiele zeigen, ergibt es durchaus einen Sinn, wenn die Metapher vom Wort Gottes als Waffe zuweilen nicht nur symbolisch verstanden wird, sondern das Bibelbuch neben dem Evangelium zusätzlich auch einen Colt enthält. In Ben und Charlie wird ein Colt zum Zwecke eines Überfalls in einer Bibel versteckt. Auch in Escondido – Die im Staub verrecken und in Johnny Madoc tragen Männer Revolver im heiligen Buch; ebenso einer der als Mormonen verkleideten Bankräuber in Ciccio perdona  … io no. Ein Revolverheld, der sich selbst als »Hoflieferant des Teufels« bezeichnet, nähert sich im Mönchsgewand einigen Banditen in einer Klosterruine (Stinkende Dollars). »Ein Psalm wird euch wieder aufrichten«, sagt er, öffnet seine Bibel und zieht daraus den Colt hervor. Die Opfer werden niedergestreckt statt auferbaut. Ein offensichtlicher Christ unter den sieben schottischen MacGregor-Brüdern (Eine Kugel für MacGregor) hat an seinem Kleiderhaken, an den andere ihre Revolvergürtel hängen, einen kleinen Derringer und zusätzlich seine Bibel griffbereit. Ein falscher Reverend hat seine Bibel mit Sprengstoff präpariert (Die Drei, die den Westen erschütterten) und kommt somit dem zitierten Gandhi-Wort wörtlich am nächsten. Der fromm erzogene Pfarrerssohn Dart (Alle für einen – Prügel für alle) erhält, bevor er in die Welt zieht, von seinem Vater eine Flinte, einen Käse, eine Bibel und einen Rat mit auf den Weg: »Der Herr sagt: Liebe deine Feinde, aber lass dir nichts von ihnen gefallen!« Daher enthält diese Bibel – nein, nicht erneut einen Colt, sondern einen schweren Ziegelstein, der später als effiziente Waffe zum Einsatz kommt. Der fromme »Hosianna« in Ein Halleluja für Spirito Santo wirft während einer Schlägerei mit dem Bibelbuch selbst nach einem Soldaten, der zuvor auf ihn gezielt hatte. Dass die Bibel nicht nur »Schwert«, sondern auch »Schild« sein kann, zeigt sich immer dann, wenn das auf dem Herzen getragene Buch eine todbringende Kugel aufhält. Solcherart Bewahrung Gottes erlebt Requiescant (Mögen Sie in Frieden ruhen) bei einem auf ihn verübten Anschlag. Unverdient wird der Gauner Halleluja (100 Fäuste für ein Vaterunser) auf diese Weise vor dem frühen Ableben bewahrt: Er hatte das heilige Buch samt geistlichem Gewand einem Pfarrer gestohlen. Auch hier bleibt die Kugel in der Bibel unter dem Hemd stecken.280

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Es scheint grundsätzlich empfehlenswert zu sein, eine Bibel bei sich zu haben, denn sie ist vielseitig verwendbar. Sie dient nicht nur als Behältnis für Waffen. Der schwarzgekleidete Kopfgeldjäger namens »Biblia« in Django und Sartana  – Die tödlichen Zwei bewahrt darin noch unerledigte Steckbriefe auf. Der stumme Silence (Leichen pflastern seinen Weg) schreibt den Preis, für den er zu töten bereit ist, in Paulines Bibel. In Minnesota Clay findet sich selbst im Saloon eine Bibel: Der Gangster Fox lässt seine Freundin Estella auf sie schwören, dass der Titelheld vor der Tür allein sei – und erschießt sie anschließend trotzdem. Zuletzt sei Jesse erwähnt, einer der beiden Titelgestalten in Ein Halleluja für zwei linke Brüder: Er kann eine Prostituierte nicht bezahlen, da er zuvor sein letztes Geld für eine Bibel ausgegeben hatte. So gibt er ihr diese, verbunden mit dem sinnvollen Ratschlag: »Vergiss das Geld, kümmere dich um dein geistliches Leben!« Bibelleser wissen mehr Wesentlicher als das Buch ist sein Inhalt. Der Italowestern vermittelt grundsätzlich den Eindruck, dass es nicht schaden kann, wenn man seine Bibel kennt. »Wenn man bibelfest ist, hat man es im Griff«, heißt es in Sartana  – Noch warm und schon Sand drauf. Bibelleser wissen also mehr. Die Protagonisten dieser Filme mögen keine Vielleser sein; ebenso wenig sind von ihnen diffizile hermeneutische oder exegetische Reflektionen zu erwarten. Aber sie wissen, dass in diesem Buch ihr Leben beschrieben wird. Und das zählt. So fragt in Duell vor Sonnenuntergang ein desertierter Soldat nach einem Marsch durch die Wüste den Viehzüchter Don McGow: »Woher kennen Sie diese Gegend?« – »Aus der Bibel«, erhält er zur Antwort. »Oder ist das etwa nicht die Hölle?« In Bleigewitter möchte Pfarrer Miller im seelsorgerlichen Gespräch eine Dame in ihrem Selbstbewusstsein stärken: »Es gibt viele starke Frauen.« – »Kennen Sie welche?« – »Ja, aus der Bibel.« In Die rechte und die linke Hand des Teufels sehen Trinità und Tobias, der Führer der frommen Siedler, zwei Männer auf ihr Lager zukommen. »Zwei Revolverhelden, die durch die Wüste geritten sind«, bemerkt Trinità. »Auch Mose und sein Volk sind durch die Wüste gezogen«, antwortet Tobias. »Ja«, weiß Trinità zu berichten, »aber denen saß nur der Pharao im Nacken, nicht die Rangers.«



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Dass hinter diesem Buch immer ein kluger Kopf steckt, vermittelt Lee van Cleef in Für ein paar Dollar mehr. Als Colonel Mortimer ist ein lebenserfahrener Mann, den man ernst nehmen und mit dem man sich lieber nicht anlegen sollte. Eingeführt wird er im Zug sitzend: Bevor er sein markantes Gesicht erkennen lässt, sieht man nur einen Mann in das Bibelstudium vertieft (I Abb. 32). Mitreisende vermuten daher in ihm zunächst einen Geistlichen. Sie täuschen sich. Doch offensichtlich ist die Bibel keine Tarnung, sondern gehört zu Mortimer wie sein Arsenal von Waffen. Einige Jahre später spielte van Cleef in Der Colt Gottes die Doppelrolle zweier Brüder, von denen der eine aus dem Hinterhalt auf offener Straße erschossen wird; ausgerechnet als er in der Bibel liest. Sein Zwillingsbruder berichtet später, dass beide einst Revolvermänner gewesen seien. Einer jedoch erlebte eine Bekehrung und wurde Priester: »Eines Tages nahm er die Bibel in die Hand statt des Revolvers  …«. Dass das Lesen der Bibel gefährlich werden kann, zeigt sich auch in einer kurzen Einstellung in Die rechte und die linke Hand des Teufels: Die christlichen Siedler haben um ihr Lager Wachposten aufgestellt, von denen einer, statt die Umgegend zu beobachten, in der Bibel liest. Das mag zwar grundsätzlich lobenswert sein, scheint in dieser Situation jedoch weniger angebracht. In Die Satansbrut des Colonel Blake kriecht ein Pfarrer während eines Postkutschenüberfalls förmlich in seine Bibel hinein – und sagt: »Jetzt noch schnell den Brief an die Römer.« Als ob ausgerechnet diese komplexe Schrift so einfach zu konsumieren sei! Schriftgelehrte Unter den Protagonisten des Genres finden sich durchaus einige »Schriftgelehrte«. Zuerst sei hier der Charakter des »Sartana« genannt, der in einem früheren Kapitel bereits als talentierter Organist ausgemacht wurde und in seiner Erziehung möglicherweise erfuhr, was heute eine »kirchliche Sozialisation« genannt wird. Jedenfalls ist eine gewisse Bibelkenntnis gleich in mehreren Filmen auszumachen. Bereits der erste Sartana im gleichnamigen Film von Alberto Cardone hält, obwohl er hier noch ein ausgemachter Schurke ist, auf seine Frömmigkeit: Zu einer aufgebrachten Frau, die ihn verflucht, sagt er: »Du sollst nicht fluchen bei dem Namen Gottes. So steht es in der Bibel.« Das ist dort zwar explizit nicht zu finden, ist sachlich jedoch richtig, wenn man das Gebot »Du sollst

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den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen« (2. Mose 20,7 par 5. Mose 5,11) zugrunde legt. In Sartana – Töten war sein täglich Brot stellt sich eine Animierdame dem Helden vor: »Ich heiße Rebecca. Komischer Name, aber mein Vater war ein eifriger Bibelleser.« Trocken antwortet Sartana: »Dann hätte er dich lieber Salome nennen sollen.« Er spielt damit auf die Tochter der Herodias an, die, von der Mutter angestiftet, mit einem erotischen Tanz ihrem Stiefvater Herodes so den Kopf verdrehte, dass er ihr das Haupt des Täufers Johannes auf einem Tablett servieren ließ, wie es die Tänzerin zuvor als Lohn gefordert hatte (vgl. Markus 6,21–28 par Matthäus 14,6–11). Johannes hatte zuvor die Beziehung des Herodes zu seiner Schwägerin als Ehebruch kritisiert und war zuvor inhaftiert worden. Vom schlechten Leumund der Salome abgesehen, nannte der im Film erwähnte Vater seine Tochter wohl auch deshalb nicht nach dieser Person, da sie namentlich in der Bibel nicht erwähnt wird  – und nicht zu verwechseln ist mit der zweimal kurz erwähnten Nachfolgerin Jesu gleichen Namens (vgl. Markus 15,40; 16,1). Die Zuordnung des Namens »Salome« zu der berüchtigten Tänzerin des Todes geschah erst später aufgrund der Erwähnung einer Tochter der Herodias mit diesem Namen durch den jüdischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus (ca. 37 – ca. 100 n. Chr.). In Sartana kommt wird der Held von drei Gangstern ob seiner schwarzen Kleidung für einen Priester gehalten. Er nimmt den Ball auf und antwortet auf ihre Häme: »Lasset die Kindlein zu mir kommen, denn ihrer ist das Himmelreich« (Matthäus 19,14 par Lukas 18,16). Offensichtlich bezieht er das Jesuswort auf das sofortige Ableben, zu dem er den dreien verhilft. Eine größere Rolle spielen biblische Aussagen in Sartana – Noch warm und schon Sand drauf. Als der Schurke Blacky vor Sartana in eine Kirche flieht, ist sein Verfolger schon dort. Er spielt die Orgel und begrüßt ihn: »Psalm 49: Gelobt sei der Herr, der uns den Feinden nicht in die Hände gab, sondern wollte, dass wir gerettet werden!« Das ist inhaltlich zwar dem biblischen Zeugnis durchaus entsprechend, doch aus dem angegebenen Psalm stammen die Worte nicht. Es erinnert am ehesten an 2. Mose 18,10: »Und Jitro sprach: Gelobt sei der Herr, der euch errettet hat aus der Ägypter und des Pharao Hand.« Wahrscheinlich handelt es sich um eine Schöpfung der Synchronisation von Rainer Brandt,



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der kaum davon ausging, dass die Liebhaber dieser Filme – damals vorwiegend das Publikum des Bahnhofskinos – solche Zitate in der Bibel zu verifizieren suchten. Es spricht jedoch viel dafür, dass in der italienischen oder englischen Fassung tatsächlich aus Psalm 49 zitiert wird. Im Englischen sagt Sartana hier, dass sowohl der Narr als auch der Weise sterben müssten, was auf Psalm 49,11 deutet. Dafür spricht auch, dass der Vers später nochmals aufgenommen wird: Derselbe Psalm ist dann in einer aufgeschlagenen Bibel zu sehen. Wie kommt es dazu? Sartanas Feind, der Bankier Hoberman, erhält einen letzten Rat von ihm: »Ich habe Ihnen noch was zu sagen. Sie finden es in der Bibel.« Daraufhin vollbringt Sartana ein Kunststück, mit dem jeder Pfarrer im Konfirmandenunterricht ehrfurchtsvolles Staunen hervorrufen würde: Er wirft eine seiner Spielkarten zwischen die Seiten einer zugeschlagenen Bibel. Hoberman öffnet das Buch an jener Stelle, findet den bereits erwähnten Psalm und muss lesen: »Wer hinter dem Gold her ist, wird sein Opfer werden.« Dabei handelt es sich um eine sehr freie Übersetzung von Psalm 49,11, wo es über jene, die auf ihren Reichtum bauen, heißt: »Auch die Weisen sterben, so wie die Toren und Narren umkommen; sie müssen ihr Gut andern lassen.« Dass es sich hier tatsächlich um diesen Vers handelt, wird wiederum in der englischen Fassung erkennbar, in der korrekt aus der King-James-Bibel zitiert wird.281 Zwischendurch gibt es im Film noch eine Szene, in der angeblich »Psalm 124« zitiert wird: »Ich habe für dich gebetet, weil du gleich den Löffel reichst.« Hier hat sich wiederum Rainer Brandt etwas ausgedacht. Außerdem sei noch auf einen Streifen hingewiesen, der nicht zur originalen Sartana-Serie gehört, dessen Protagonist jedoch in der deutschen Version so genannt wird. Es handelt sich um den wie ein Priester gekleideten »Biblia« in Sergio Garrones Django und Sartana – Die tödlichen Zwei. Wer schon so heißt, kann natürlich auch aus dem Buch zitieren: »Selig sind, die da geistig (sic!) arm sind«, lautet sein Urteil über Leute, die ihn versuchen zu erschießen. Er bezieht sich auf die Seligpreisung in Matthäus 5,3.282 Dass auch Dan Miller, der »Reverend Colt« aus Bleigewitter intensiv in der Bibel liest, überrascht kaum. Dazu gehört ein »Kapitel über das gelobte Land«, was allerdings eine ungenaue Angabe ist. Ein Mexikaner, der Analphabet ist, bittet den Pfarrer, ihm aus der Bibel vorzulesen. Einmal zitiert Miller auch den ersten Vers des

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Luther-Chorals »Ein feste Burg ist unser Gott«283 – was nicht wundert, denn er ist Protestant. Interessanterweise hört man in der englischen Fassung an dieser Stelle den Psalm 23, der in der deutschen Fassung zu einem späteren Zeitpunkt zitiert wird. Lionel Stander spielt in Die letzte Rechnung zahlst du selbst einen Gauner, der seine Bibel selbst während hitziger Schießereien immer mit sich führt. Bereits in der ersten Einstellung liest er darin: »Der Herr hat sein Gesetz mit Blitz und Donner geschrieben. Du wirst dich nicht außerhalb seiner begeben.« Dieser Spruch ist biblisch nicht verifizierbar, soll möglicherweise aber eine Art Motto des Films sein, denn direkt anschließend beginnt der Vorspann. Weiterhin beschimpft der Laienprediger einige Banditen mit Anspielungen auf die Geschichte um Simson (Samson) und die Philister (vgl. Richter 13–16): »Gib’s ihnen, Samson, und vertreib’ die Philister aus dem Tempel des Gesetzes! Mach’ sie fertig, großer Samson, und krepier’ mit all den Philistern!« Ein anderes Mal geht er mit dem Hut herum und sammelt die Colts überrumpelter Banditen ein wie eine Kollekte. »Es ist besser zu geben denn zu nehmen«, zitiert er dazu Paulus (Apostelgeschichte 20, 35). Auch Jesus wird korrekt wiedergegeben: »Lass die Toten ihre Toten begraben!« (Matthäus 8,22 par Lukas 9,60). Aus »Lukas, 2. Evangelium« – eine absurde Angabe – zitiert er: »Ich ernte, wo ich nie gesät und mähe, wo ich nie gesät habe.« Die Aussage entstammt dem endzeitlichen Gleichnis von den anvertrauten Zentnern, das sich tatsächlich sowohl bei Lukas als auch bei Matthäus findet (Lukas 19,21f par Matthäus 25, 24.26). Wie weit der so Belesene jedoch überhaupt lesen kann, bleibt unklar, da er auch einmal dabei ertappt wird, dass er das Buch verkehrt herum hält. Selbstredend ist auch der schon vielfach genannte, freundliche Mormonenführer Tobias in Die rechte und die linke Hand des Teufels ein Kenner der Bibel. So zitiert er in Auszügen aus Prediger 3,1–8: »Es gibt eine Zeit der Geburt und des Todes, eine Zeit der Liebe, eine Zeit des Hasses. Es gibt eine Zeit des Kämpfens und des Sieges.« Damit begründen die bibeltreuen Siedler, warum sie sich schließlich der Banditen mit Gewalt erwehren. Zuvor hatten sie Gott im Gebet um einen zeitweiligen Dispens von ihrem grundsätzlichen Pazifismus angefleht. Das alttestamentliche Schriftwort wird als die Antwort darauf gedeutet. Eine zu der Gemeinschaft gehörende junge Frau zitiert angeblich ebenfalls



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die Schrift – mit Worten, mit denen sie Trinità deutlich machen möchte, welche Gefühle sie bewegen: »In meinem Leib findest du die Wärme, die dir das Blut erhitzt. An meiner Brust trinkst du den Nektar, der deinen Durst stillen wird. Und von meinen Lippen hörst du nur Worte, die dich dem Himmel näherbringen.« Tobias bestätigt diese Worte: »Das hat Ezechiel gesagt.« – »Schön hat er das gesagt«, muss Trinità anerkennen. Wer daraufhin jedoch diese, vom Duktus her eher im Hohelied der Liebe zu vermutenden Verse beim Propheten »Ezechiel« (Hesekiel) sucht, verzweifelt schier. Weiter zitiert Tobias in Abwandlung das bekannte Wort aus Hiob 1,21: »Der Herr gibt das Leben und er nimmt es.«284 Sein Gegner, der »Major«, der die Siedler von ihrem Land vertreiben will, obwohl sie dort zuerst waren, gibt ihnen zu verstehen: »Die Letzten werden die Ersten sein« (Markus 10,31 par Matthäus 19,30; 20,16; Lukas 13,30). Als zwei erschöpfte Männer aus der Wüste zu ihnen stoßen und um Wasser bitten, weiß Tobias zu sagen: »Gebt den Durstigen zu trinken, sagt die Heilige Schrift.« Prompt wird einer der beiden Ankömmlinge mutig: »Wenn ich nicht irre, sagt sie auch, dass man Hungernden zu essen geben soll.« Beides stimmt, betrachtet man Jesaja 21,14: »Bringt den Durstigen Wasser entgegen, die ihr wohnt im Lande Tema; bietet Brot den Flüchtigen.« Auch der undurchsichtige »Doubletten-Snake« in Lucio Fulcis Silbersattel trägt oft ein Wort der Schrift auf den Lippen, allerdings ohne dazu ein Buch mitführen zu müssen. Dem Protagonisten Roy Blood sagt er: »In der Bibel steht: Vertraue deinem Bruder und begegne ihm nicht mit Misstrauen; und die ganze Welt wird voller Liebe sein.« Wiederum handelt es sich um einen Gemeinplatz, der sich wörtlich so nicht in der Bibel findet. Einem angeschossenen Banditen gibt er den Rat: »Bereue deine Sünden! Du musst jetzt sterben.« Als dieser tot ist, fügt er korrekt, jedoch nicht ohne Zynismus das bereits erwähnte Hiob-Wort an: »Der Herr gibt und der Herr nimmt. Gepriesen sei der Herr!« (Hiob 1,21). Im Revolutionsdrama Viva Cangaceiro spielt die Bibel eine wichtige Rolle. Es ist der alte Mönch und Eremit Juliano, der seinem Schüler Espedito gegenüber als Katechet auftritt: Er lehrt ihn die Bibel, indem er daraus erzählt. Dabei gilt sein Augenmerk sowohl Geschichten aus dem Alten Testament wie der Zerstörung der Städte Sodom und Gomorrha

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(1. Mose 18–19) als auch von der Vertreibung der Händler aus dem Tempel (Markus 11,15–17 par Matthäus 21,12f; Lukas 19,45f; Johannes 2,13–17; bezugnehmend auf Jesaja 56,7). Anhand der Geschichten von der Brotvermehrung (Markus 6,35–44; 8,1–9 par) und der Hochzeit zu Kana (Johannes 2,1–11) vermittelt er seinem Schützling ein soziales Evangelium. Allerdings gibt er auch manche Sonderlehre weiter: z. B. dass die Jünger Judas ausgestoßen und ihn gehängt hätten. Bei anderer Gelegenheit weiß er zu berichten, dass die Apostel ihren Herrn aus einem Kerker befreit hätten. Espedito lernt so die Bibel und ihre Relevanz schätzen. Besonders die Seligpreisungen haben es ihm angetan, wie: »Selig sind die Armen im Geiste!« (Matthäus 5,3). Doch kommt es bei ihm auch zu Abwandlungen oder Neuschöpfungen: »Selig sind die, die kämpfen, denn sie werden Gerechtigkeit erlangen!« oder »Selig sind die unschuldigen Kinder!« In biblischem Duktus formuliert er neue Gebote: »Ihr sollt nicht arbeiten und euch nicht Häuser bauen, denn sie werden zerstört werden vom Oberst und seinen Soldaten.« Zwischen Gericht und Feindesliebe In einem Genre, in dem es vorrangig um böse Taten, um Rache und Vergeltung geht, wundert es nicht, dass aus der Bibel Gerichtsworte heran­ gezogen werden. Schließlich geht es oft um das bereits erwähnte Talionsprinzip »Auge um Auge, Zahn um Zahn« (2. Mose 21,24), auf das sich auch Arizona Colt am Ende des gleichnamigen Films bezieht: »Auge um Auge, Zahn um Zahn, das heißt Hand um Hand«, sagt er, und ein Pfarrer gibt sein »Amen« dazu. Ein Pfarrer ist es auch, der in Der Tod droben auf den Hügel seinem Sohn mit diesen Worten die Erlaubnis erteilt, sich gegen eine Horde von Banditen zu wehren. Ebenfalls ist »Auge um Auge, Zahn um Zahn« der Wahlspruch des von Hass auf Indianer getriebenen Captain Caleb in Die Höllenhunde. Zwei ungleiche Brüder diskutieren in Ein Halleluja für zwei linke Brüder miteinander über die Bibel. Der fromme Lester bekennt sich sowohl zur Regel ora et labora (Bete und arbeite) als auch zu 1. Mose 3,19: »Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen.« Für den Revolverhelden Jesse hingegen scheint wiederum nur dies eine Wort der Schrift interessant zu sein: »Auge um Auge.«



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Der sogenannte »Prophet« in Western-Jack ist bekannt für seine feurigen Gerichtspredigten, in denen er u. a. Psalm 1 auslegt: »Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen, noch tritt auf den Weg der Sünder, noch sitzt, wo die Spötter sitzen!« Der Protagonist in Zeig mir das Spielzeug des Todes warnt in einer Predigt im Saloon vor dem Jüngsten Gericht: »In der Bibel steht: Jeder, der Schuld auf sich geladen hat, wird zur Rechenschaft gezogen« (im Sinne von Matthäus 12,36; Römer 14,12, 1. Petrus 4,5 u. ö.). Nach eindrücklichen biblischen Gerichtsworten zündet auch der revolutionäre Priester El Santo (Töte, Amigo) zornentbrannt seine »trinitarischen Handgranaten« (I Abb. 12). In Ein Fressen für Django entspinnt sich ein Wortwechsel zwischen Django und einem Mönch. Als über einen zum Tod Verurteilten abfällig geredet wird, gibt der Geistliche zu bedenken: »Der Herr sagt: Ich bin nicht gekommen für die Gerechten, sondern für die Sünder« (vgl. Markus 2,17 par Matthäus 9,13; Lukas 5,32). Django antwortet ihm: »Ich kenne zwar das Evangelium nicht so gut wie Sie, aber der Herr hat auch noch anderes gesagt: Die Rache ist mein« (vgl. 5. Mose 32,35 par Römer 12,19; Hebräer 10,30). Django benutzt dieses Bibelzitat hier im Sinne einer Handlungsanweisung, wie auch der falsche Pfarrer Jonathan in Escondido – Die im Staub verrecken. Sie und weitere Protagonisten des Genres sehen sich selbst als Werkzeuge Gottes und Vollstrecker seines Willens. Intendiert ist dies im biblischen Kontext aber gerade nicht. Vielmehr handelt es sich in 5. Mose 32,35 um das Gebot, die Rache nicht selbst zu suchen, sondern sie Gott selbst zu überlassen (Kap. IV.1: Rache und Vergeltung). In diesem Sinn benutzt es Father John (Der Colt Gottes): Mit den Worten »Mein ist die Rache, spricht der Herr« mischt er sich ein, als vom Sheriff des Ortes Vergeltung für einen im Saloon Ermordeten gefordert wird. »The Vengeance is mine, says the Lord«, weiß auch ein alter Landstreicher in Lo chiamavano Verità; und auch in Giarrettiera Colt liest ein junger Mann aus seiner Bibel Worte über den »day of the Lord«. Für den jedoch ebenfalls geäußerten Gedanken der Vergebung steht einmal mehr der als Pazifist bekannte Studentenführer Professor Xantos in Zwei Companeros: »Vergib deinen Feinden, wie auch dir vergeben wird«, predigt er seinen Anhängern – und kann sich damit auf das

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Vaterunser berufen (Matthäus 6,12 par Lukas 11,4). Mit »Selig sind die Sanftmütigen« zitiert Pater Albino (Bete, Amigo!) ebenfalls aus der Bergpredigt Jesu (Matthäus 5,5). In Schweinehunde beten nicht wird auf das Jesuswort »Du sollst deinem Bruder siebenmal vergeben« (vgl. Lukas 17,4285) verwiesen. Vor den Folgen von Gewalt wird Jim Slade, der Zeuge Jehovas in Ein Colt für hundert Särge gewarnt. Als er, der bisher gewaltlos lebte, sogar den Kriegsdienst verweigerte und dafür ins Gefängnis ging, nun schießen lernen will, um den Mord an seinen Eltern zu rächen, sagt ihm sein Freund: »Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen« (vgl. Matthäus 26,52). In Sando Kid spricht das letzte Halleluja sagt ein Mönch dasselbe zum verbrecherischen Grayson. Gleichwohl bildet derselbe Mönch seinen Freund Sando Kid im Schießen aus, denn dieser ist im Blick auf seine Widersacher ebenso überzeugt: »Dass sie jemand erledigen wird, sagt auch die Heilige Schrift.« Scott Baker (Für 1.000 Dollar pro Tag) will gleichfalls seine ermordete Familie rächen. Auch er hat einen Freund, der ihn davon abhalten möchte. Es ist Sheriff Benson, der ihm eine Bibel aushändigt, in der Scotts Vater oft gelesen hätte. Warnend liest Benson daraus vor: »Bedenket alles, was ihr tut. Denn ihr richtet nicht um der Menschen willen, sondern um Gottes willen. Und er sieht allen euren Taten zu.« Zu finden ist dieses Wort in 2. Chronik 19,6, gesprochen zu von Amts wegen eingesetzten Richtern.286 Daraufhin nimmt Scott die Bibel und antwortet einmal mehr mit 2. Mose 21,24: »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« Er fügt hinzu: »Denn der Herr hat gesagt: Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen.« Abermals wird Matthäus 26,52 zitiert, interessanterweise nun aber bezogen auf die zu strafenden Mörder, nicht auf den Rächer. Bei der späteren Beerdigung eines der für das Verbrechen verantwortlichen Brüder fallen die Worte: »Denn es steht geschrieben: Wer Gutes tut und Gerechtigkeit übt sein Leben lang, dem werden nach seinem Tod alle guten Taten vergolten.« Das entspricht dem biblischen Zeugnis, steht wörtlich so aber nirgends. Anklänge finden sich jedoch in Hesekiel 18,21.27; Lukas 6,35; 14,14.



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Das Alte Testament In der biblischen Zitatensammlung widmen wir uns nun den Büchern des Alten Testaments. Auf Rolltiteln wird am Schluss von Satan der Rache eine Zusammenfassung von 1. Mose 4,10–12 eingeblendet. Daraus wird auch der Originaltitel E Dio disse a Caino verständlich: »Und der Herr sprach zu Kain: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes schreit zu mir. Denn das Blut, das du vergossen hast, wird über dein Haupt kommen. Und nun verflucht seist du auf Erden; unstet und flüchtig sollst du sein.« Der zweite Satz (»Die Stimme des Blutes …«) stammt allerdings nicht aus dem ersten Mosebuch, sondern gibt 1. Könige 2,37 wieder. Das Gesamtzitat könnte darauf verweisen, dass es sich in diesem Film um eine symbolische Brüdergeschichte handelt: Da waren einst zwei wie Brüder; doch der eine brachte den anderen an den Rand des Todes, und dieser wiederum rächte sich.287 Wie dieser Film endet, so beginnt ein anderer: In Django  – Die Geier stehen Schlange wird anfangs ein Text eingeblendet und gleichzeitig aus dem Off gesprochen: »Mein Sohn, höre auf meine Worte: Alle Menschen werden gleich geboren; aber die Torheit ist ans Herz des Jünglings gebunden; und wenn dieser einmal seinen Weg eingeschlagen hat, wird er nicht mehr davon abkommen. Wer mit den Weisen umgeht, der wird weise; wer aber der Toren Geselle ist, der wird Unglück haben.« Quelle ist laut Angabe im Film das Buch der Sprüche Salomos. Allerdings wird lediglich Sprüche 13,20 wörtlich zitiert (»Wer mit den Weisen umgeht …«). Die Aufforderung zum Hören entspricht inhaltlich Sprüche 4,10. u. ö. Die darauffolgende Gleichheit aller Menschen gleicht zwar dem Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, weniger jedoch der Bibel. Der Mittelteil ähnelt Sprüche 22,15a: »Torheit steckt dem Knaben im Herzen.« Es handelt sich dabei um einen passenden Verweis auf die folgende Handlung: Ein Junge wurde entführt und wächst unter Banditen auf. Indem er so »der Toren Geselle« wird, ist sein Schicksal besiegelt. Selbst der Vater, der ihn nach Jahren der Suche findet, kann ihn nicht mehr retten. In Wanted – Für drei lumpige Dollar wird die Ankunft des gesuchten Gary Ryan in einem Dorf als himmlisches Zeichen angesehen. Auf seinen Kopf sind 5.000 Dollar ausgesetzt. Die armen Bauern wittern ihre Chance auf eine schlagartige Verbesserung ihrer Lebensumstände.

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Ein alter Mann zitiert vielsagend die Schrift: »Und der Herr sprach zu Moses: Siehe, ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen, und das Volk soll hinausgehen und es sammeln.« Es handelt sich hierbei um 2. Mose 16,4, wird jedoch im Film – zumindest in der deutschen Fassung – von dem Alten als »Exodus 16, Abs. 2 (sic!), Vers 4« bezeichnet. Ein letztes Beispiel: »Und sie werden weiter wandeln auf den Pfaden des Bösen.« Nach Aussage des Pfarrers in 1.000 Dollar Kopfgeld stammt dieser Vers aus »Jeremia 21 oder 28«. Ähnliches findet sich jedoch höchstens in Jeremia 2,33: »Wie fein findest du Wege, dir Liebhaber zu suchen! Darum hast du dich auch gewöhnt, auf bösen Wegen zu wandeln.« Gebote und Psalmen Die Zehn Gebote (2. Mose 20,2–17 par 5. Mose 5,6–21) werden gelegentlich wahr-, wenn auch selten ernst genommen. Manchmal sind es sogar mehr als zehn. So bei Johnny (dt.: Django) in Django – Melodie in Blei. Wie sein Pflegevater, ein Pfarrer, ist auch er in der Bibel bewandert. Geläufig sind ihm die Gebote 8 bis 10, in denen es um das »falsche Zeugnis« und das »Begehren« geht. Darüber hinaus fragt er: »Wie heißt das 11. Gebot?«, und gibt direkt selbst die Antwort: »Du sollst dein Maul nicht so weit aufreißen!« Verblüffung erzielt Johnny auch mit der Bekanntgabe eines »19. Gebots«: »Keine faulen Tricks!« Auf das 5. Gebot »Du sollst nicht töten!« verweist der Kaplan in Die Höllenhunde, jedoch ohne Erfolg. In Duell vor Sonnenuntergang stellt sich ein Prediger mit den Worten »Du sollst nicht töten« zwischen zwei bewaffnete Kontrahenten. Auch sie hören nicht auf ihn. Besonders zynisch springt ein mörderischer Pfarrer in …e lo chiamarono Spirito Santo mit diesem Gebot um: »Das 5. Gebot sagt: Du sollst nicht töten! Aber ich will keine Zeugen.« Dagegen mutet es harmlos an, wenn in Ben und Charlie einer dem anderen einige »Regeln« beibringen möchte, die man als »Chef« beherzigen sollte: »Noch so `ne Regel: »Du sollst nicht töten!« »Du sollst nicht stehlen, heißt es im 7. Gebot.« Damit hält Pecos (Jonny Madoc rechnet ab) seine Freunde davon ab, einen Toten auszurauben. Da der Verblichene jedoch eine nicht unbeträchtliche Geldsumme mit sich führt, einigt man sich salomonisch: Die Leiche bleibt zwar vorerst unangetastet, wird aber mitgenommen.



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Der Verbrecher Burt in Willkommen in der Hölle belehrt einen Kumpan mit dem 9. Gebot288: »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib!«. Im selben Film wird außerdem eine christlich anmutende Weisheit weitergeben: »Es ist leichter, Gott zu trauen als deinem Nächsten – denn Gott bescheißt dich nie.« In Colorado – Zwei Halunken im Goldrausch wird der habsüchtige Miller, der das Gold der Stadt an sich riss, zum Schluss mit dem 10. Gebot ermahnt: »Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hab und Gut!« Beliebt sind ebenfalls Worte aus den Psalmen: Psalm 21,8: »Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang!« Das oft bei Beerdigungen im Rahmen der sog. »Aussegnung« verwendete Wort passt gleichfalls, wenn es der als Pfarrer verkleidete »Halleluja« einigen Killern zuspricht (100 Fäuste für ein Vaterunser). Psalm 23: Der bekannteste aller Psalmen wird häufig anlässlich von Trauerfeiern289 zitiert; so u. a. in Scalps von Soldaten für gefallene Kameraden. Psalm 37,5: »Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, denn er wird dich erretten.«290 So spricht der zwielichtige »Biblia« zu dem gefesselten Mädchen Maya, das von ihm losgebunden werden will (Django und Sartana – Die tödlichen Zwei). Psalm 42,2: »Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.« So betet der schwarze Christ Woody (Django – die Nacht der langen Messer). Psalm 46,2: »Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.« Über diesen Vers predigt Cuchillo als Soldat der Heilsarmee (Lauf um dein Leben). Psalm 135,8: »Der die Erstgeburten schlug in Ägypten, beider, der Menschen und der Tiere, sandte seine Zeichen und Wunder.« Pilar, eine der Frauen, die durch die Hölle gehen, zitiert diesen Vers nicht ganz korrekt als ein aus »Psalm 138« stammendes Wort. Ihr Vater gab ihr einst mit auf den Weg: »In den schwersten Augenblicken deines Lebens denke immer daran, was in der Bibel geschrieben steht: Und Gott wird dich alles vergessen lassen, die Sorge und das Leid.« Pilar bekennt jedoch auf Nachfrage hin, dass dies nicht immer funktioniere: »Die Furcht bleibt und der Schmerz und die Erschöpfung.« Das Wort des Vaters weist Anklänge an Jesaja 65,16b oder 1. Mose 41,51 auf, lässt sich wörtlich aber nicht verifizieren.

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Das Neue Testament Auch das Neue Testament dient den Protagonisten des Italowestern als inspirierende Quelle von Zitaten in allen möglichen Lebenslagen. Der Priester Juan liest aus seiner Bibel (Mögen sie in Frieden ruhen): »Halleluja! Freut euch im Herrn. Er ist der hilfsbereite und gütige Vater. Seine Barmherzigkeit währet immerdar.« Der Beginn findet sich in Philipper 3,1. Ursprung des letzten Satzes ist möglicherweise das Magnificat, hier vor allem Lukas 1,50: »Und seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht bei denen, die ihn fürchten.« Das würde zum sozialen Evangelium passen, wie es Juan vertritt; heißt es doch dort auch: »Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen« (Lukas 1,52f ). »Requiescant« zitiert nach seinem ersten tödlichen Schuss Matthäus 6,19–21: »Hört auf, die Schätze der Erde zu erwerben, denn morgen schon können sie verloren sein. Sammelt vielmehr die Schätze des Himmels. Denn da, wo euer schönster Besitz ist, da wird dereinst für immer auch euer Herz sein.« Da es hier  – so übersetzt Luther291  – um einen »Schatz« (griechisch: thesauros) geht, passt diese Textstelle auch zu dem späten Spencer-Hill-Streifen Die Troublemaker. Dort wird nach einem Schatz gejagt, der sich zum Schluss als nicht existent herausstellt. Die Großmutter meint zu den Brüdern Travis und Moses versöhnlich: »Ein Schatz ist da, wo das Herz ist« (Matthäus 6,21 par Lukas 12,34). Sie meint damit das Familienglück. »Klopfet an, so wird euch aufgetan!« Mit Matthäus 7,7 par Lukas 11,9 begrüßt »Kutten-Joe« den durchreisenden Tresette, der im Kloster die »warmen Brüder« um eine »fromme Suppe« bittet. Tresette seinerseits fordert seine Gastgeber auf: »Liebe deinen Nächsten« (4. Mose 19,18 par Matthäus 5,43 u. ö.), doch die falschen Mönche wollen sich partout nicht daran halten. Die sog. »Goldene Regel« (regula aurea, Matthäus 7,12 par Lukas 292 6,31 ), wird in Sabata kehrt zurück von Bronco ins Spiel gebracht: »Achte deinen Nächsten, wie du selbst geachtet werden willst.« Selbst der skrupellose Banditenboss Gordon Watch (Arizona Colt) hat sich eine Maxime Jesu zu Eigen gemacht: »Wer nicht für mich ist, ist gegen mich« (Matthäus 12,30 par Lukas 11,23). Der Barbier, Veterinär und Trinker des Ortes Landberry (Spiel dein Spiel und töte, Joe) liest,



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vor seinem Geschäft sitzend, ein Bildwort Jesu aus Matthäus 17,20293: »Wenn nur soviel Glauben in dir ist wie in einem Senfkorn, so wirst du zu diesem Berg sprechen: Weiche zurück!, und er wird zurückweichen.« Dies führt (zumindest im Deutschen) zu einer originellen Doppeldeutigkeit, da der Schurke im Film tatsächlich »Berg« heißt. Reverend Cotten (Ich will deinen Kopf ) liest im Gottesdienst aus dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas 10,25–37), ohne es aber in einer Predigt auszulegen. In 1.000 Dollar Kopfgeld verteidigt sich die Saloon- und Bordellbesitzerin Polly vor Gericht gegenüber dem Pfarrer mit der korrekten Wiedergabe von Johannes 8,7: »›Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.‹ So sagt es Christus, nicht wahr, Herr Pfarrer?« In der Erzählung von der Ehebrecherin findet sie sich offensichtlich wieder. Sabata benutzt im gleichnamigen Film die Redewendung: »Die Wege des Herrn sind unergründlich.« Sie bezieht sich auf Römer 11,33: »O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege!« In einem Gottesdienst in Duell vor Sonnenuntergang schließlich wird das Sendschreiben an die Gemeinde in Sardes ausgelegt: »Du stehst in dem Ruf, dass du lebst, aber du bist tot« (Offenbarung 3,1294). Was angeblich noch alles in der Bibel steht Längst nicht jeder, der die Bibel im Munde führt, ist auch ein menschenfreundlicher Zeitgenosse. Damiano Damianis Film Nobody ist der Grösste beginnt damit, dass ein Mann auf seiner Farm in der Bibel liest. Eine Abbildung von Mose und den Gesetzestafeln ist darin zu sehen. Der Bibelleser bekundet, er sei dafür, einen angeblich alten Brauch der Spanier wiederaufleben zu lassen. Sie hätten jeden Freitag zwölf Indianer umgebracht, um sie den zwölf Aposteln als Opfer darzubringen. So wird die Bibel zur Untermauerung aller möglichen Vorstellungen und Behauptungen herangezogen, ja oft missbraucht. Jemand, der bei Zitaten auf die Angabe von angeblichen Bibelstellen Wert legt, ist der zwielichtige Reiseevangelist Yancy Hobbit in Antonio Margheritis In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner. Bei seinem ersten Auftritt in einem Saloon meint er: »In der Bibel heißt es: Die Bösen werden in der

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Hölle verderben.« Er schießt mehrere Männer nieder und begründet dies so: »Ich übe Rache im Namen des Herrn. ›Der Tod ist der Sünde Sold – für jedes Lebewesen, für Mensch und Tier; aber siebenmal größer ist die Rache für die Sünder.‹ So heißt es wörtlich in der Heiligen Schrift.« Wo genau, sagt er jedoch nicht; wahrscheinlich, weil es außer Römer 6, 23 (»Der Tod ist der Sünde Sold«) keine Belegstellen für seine weiteren Aussagen gibt. Später heißt es: »Der Mensch verneige sich vor denen, so ihm unbekannt sind. Jesaja 50,5.« Dieser Spruch könnte eher vom Freiherrn von Knigge stammen als vom Propheten Jesaja. Es folgt eine weitere Sentenz, angeblich zu finden in »Sprüche 18, Vers 19«: »Für die Spötter haltet ständig den Knüppel bereit. Auf den gebeugten Rücken der Narren lasst hundert Hiebe regnen.« Auch hier wird der Bibelforscher nicht fündig. Möglicherweise steht hier Sprüche 19,29 im Hintergrund: »Den Spöttern sind Strafen bereitet und Schläge für den Rücken der Toren.« Was die Zahl der zu verabreichenden Hiebe betrifft, so heißt es ein Kapitel vor der angegebenen Stelle: »Ein Scheltwort dringt tiefer bei dem Verständigen als hundert Schläge bei dem Toren« (Sprüche 17,10). Abermals in einem Saloon, wird Hobbit vom entnervten Wirt für einen gewissen »Sacharja« gehalten, da er diesen zitiert: »›Nur Gott kannst du vertrauen‹, sagt schon Sacharja: ›Denn Tyrus baute sich eine Feste und sammelte Silber wie Sand und Gold wie Kot auf der Gasse.‹ Sacharja 9,3.« Das stimmt nun erstmals wirklich. Der Spruch über die befestigte Stadt der Phönizier heißt bei Luther: »Denn Tyrus baute sich ein Bollwerk und sammelte sich Silber wie Sand und Gold wie Dreck auf der Gasse.« Schon bei dem nächsten angeblichen Sacharja-Wort ist es wiederum mit der Genauigkeit vorbei: »Verflucht sei der, der die Menschen verführt. Sacharja 14,15.« Sein Widersacher Dakota, der von Hobbit gebunden und ausgepeitscht wird, schleudert ihm entgegen: »Du bist dem Untergang geweiht, der Vernichtung und dem Fegefeuer!« Angeblich soll dies in den Psalmen stehen, was so nicht der Fall sein kann, zumal das Fegefeuer als Begriff in der Bibel nicht vorkommt, sondern zur nachbiblischen Tradition gehört. Yancy Hobbit jedenfalls behält seine Zitierfreude bis kurz vor seinem Ende bei, als er ausruft: »Es steht geschrieben: Es gibt nur einen Sieg: den derer, die das Himmelreich erobern.« Das mag sein – in der Bibel heißt es aber erneut: Fehlanzeige.



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Der Laienprediger Douglas (Ein Colt für hundert Särge), der sich auch als rächenden »Engel des Herrn« versteht, glänzt häufig ebenso mit biblischem Halbwissen. Der alttestamentliche Isaak kommt bei ihm zweimal vor: »Und Gott sprach zu Isaak: Fordere nicht, damit du nicht gefordert wirst!« Als er über die Sünde predigt, heißt es: »Deine Sünden werden dich nicht zur Ruhe kommen lassen, sagte Isaak zu Jakob.« Beides steht so nirgendwo. Ebenso verhält es sich mit seinem Kommentar über die Wüstenwanderung der Israeliten: »Und Mose führte sein Volk samt Herden und Nahrungsmitteln durch die Wüste, während die Verdammten vom Engel des Herrn heimgesucht wurden.« Als er einen Mann erschießt, der eine Frau vergewaltigen wollte, ruft er: »Der Herr hat euch das Leben gegeben; er hat es euch durch meine Hand wieder genommen.« So bezieht er Hiob 1,21b auf sich selbst als Gottes Werkzeug. Erfunden ist auch die Seligpreisung in Mein Name ist Nobody: »Selig sind, die mit ihrem Nächsten die Bürden des Lebens tragen.« Gleiches gilt für Django  – Der Tag der Abrechnung: »Selig sind die Narren, denn sie wissen nicht, was sie tun.« Es ist die Reaktion Jonathans auf die Heiratspläne seines jüngeren Bruders George. In Eine Kugel für MacGregor beruft sich der »Fromme« der MacGregor-Brüder auf Psalm 23, allerdings zusammen mit einem Wort über »die Lüge und den Lügner«, das dort nicht seinen Ursprung haben kann. Billy Clayton (Die letzten Zwei vom Rio Bravo) besitzt zwar eine Bibel, benutzt sie jedoch nur dazu, in der Wüste einen eigenen, hämischen Text über seinen Bruder zu »lesen«, den er für einen Schwächling hält: »Er aber liegt da und will lieber verschmachten.« Aus derselben Bibel liest Sheriff Pat Garrett später anlässlich von Billys eigenem Begräbnis: »Welch kleines Teilchen der unendlichen Zeit ist uns zugemessen, und wie plötzlich wird es wieder von der Ewigkeit verschlungen! Was für ein winziges Teilchen ist der Mensch im Verhältnis zum Weltganzen! Welch kleines Teilchen von der ganzen Weltseele!« Das klingt alles sehr esoterisch und hat wenig gemein mit biblischen Aussagen über die Vergänglichkeit des Menschen (wie z. B. in Psalm 90). Wenn dort die Bedeutung des einzelnen Menschen thematisiert wird, dann mit dem Ziel, die Größe Gottes zu preisen, anzuerkennen und sich ihm neu zuzuwenden. Der Bankier Butler (Stetson – Drei Halunken erster Klasse), der nebenher auch für Eisenbahnüberfälle verantwortlich zeichnet, ist der

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Meinung: »Leute, die genau wissen, was sie wollen, bekommen genau das, was sie verdienen. Das steht schon in der Bibel.« Das gilt es erst einmal nachzuweisen. Der heuchlerische Totengräber Morton (Johnny Madoc) zitiert die Bibel ebenfalls stets nach eigenem Gutdünken; so z. B. mit »Deine Augen werden das Licht sehen, mag auch Finsternis um dich sein.« Bei einem Postkutschenüberfall sagt der Bandit Jed Trigado (Die rote Sonne der Rache) zu den Opfern: »Wer schnell gibt, gibt doppelt. Das steht schon in der Bibel.« Auch er irrt. Es war der römische Dichter Publilius Syrus (ca. 90–40 v. Chr.), der sagte: »Inopi beneficium bis dat, qui dat celeriter« (Dem Armen gibt eine doppelte Gabe, wer schnell gibt). Bei Johann Wolfgang von Goethe wurde später daraus: »Doppelt gibt, wer gleich gibt.« Während eines Massakers bei einem Überfall auf eine Postkutsche in El Macho liest einer der Banditen in seiner Bibel: »The Prince of Darkness will come.« Das entspricht zwar dem Duktus der Johannesoffenbarung, ist aber wörtlich selbst in der englischen King-James-Bibel nicht zu finden. Solches gilt auch für Veritas aus Lo ciamavano Verità. Er zitiert während des Rasierens einmal angeblich aus Hesekiel 12: »Cleanse your body and purify your soul.«295 Ohnehin vertraut er einem anderen Buch mehr als der Bibel: dem praktisch anmutenden, aber letztlich unzuverlässigen Ratgeber: How to Get Rich Quick in the West. So muss die Bibel für vieles herhalten, was sich gar nicht in ihr findet. Das hat zwei Gründe: Zum einen handelte es sich über Jahrhunderte hinweg seit der Reformation um das einzige Buch, das in vielen Familien und Haushalten verfügbar war. Luthers Übersetzung in eine bis dahin kaum ausgeprägte allgemeingültige deutsche Schriftsprache markiert auch deshalb den Endpunkt des Mittelalters und Beginn der Neuzeit, weil sich durch dieses Buch völlig neue Perspektiven im Blick auf allgemeine Bildung und Teilhabe an der Gesellschaft eröffneten. Begünstigt durch den gerade neu aufgekommenen Buchdruck gelangte bald erstmals eine bezahlbare Bibel in viele Haushalte. Menschen aller Schichten wurden auf einmal motiviert, lesen und schreiben zu lernen, da es nun erstmals etwas zu lesen gab. Übersetzungen in andere Sprachen folgten. So war selbstverständlich auch lange Zeit im Wilden Westen die Bibel das einzig wirklich flächendeckend verfügbare Druckerzeugnis.



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Zum zweiten wird deshalb vieles als biblisch ausgegeben, weil dieses Buch höchste Autorität besaß. Was in der Bibel stand, konnte nicht grundsätzlich falsch sei. Das verhält sich heute, in Zeiten postmoderner Beliebigkeit, gepaart mit Esoterik und einem zunehmenden Neuheidentum, in der westlichen Welt genau andersherum: Menschen glauben fast alles – es darf nur nicht in der Bibel stehen.

3. Bete, Amigo: Das Gebet »Was heißt beten?«, fragt Luther im Kleinen Katechismus und gibt sogleich die Antwort: »Ein herzliches Gespräch mit Gott dem Herrn haben, da wir alle unsere Not und mannigfaltigen Anliegen dem allmächtigen Gott auf seinen Befehl und gnädige Zusage vortragen und im wahren Glauben mit herzlicher Demut allerlei geistliche und leibliche Gaben von ihm erbitten, auch loben und danken.«296 Christliches Beten ist kein Monolog, kein autistisches Versenken in sich selbst, auch kein Reden ins Blaue hinein, wo ohnehin niemand zuhört. Christliches Beten ist Ausdruck einer Beziehung zu Gott, Reaktion und Antwort auf die zuvor erfolgte Anrede Gottes, u. a. durch sein in der Bibel offenbartes Wort. Insofern ist der Blick auf das Gebet im unmittelbaren Anschluss an das Kapitel über die Heilige Schrift nur folgerichtig. Schaut man sich deutsche Verleihtitel an, so scheint es mit dem Gebet eine ambivalente Sache zu sein: Einerseits heißt es: Django spricht kein Vaterunser, anderseits: Django spricht das Nachtgebet. Es stimmt zwar, dass Aufforderungen wie Antreten zum Beten oder Django – Bete um deinen Tod selten ernsthaft Folge geleistet wird; doch der Titel Schweinehunde beten nicht entspricht ebenso wenig den Tatsachen. Sicherlich bevorzugt mancher Revolverheld Alternativen: Andere beten – Django schiesst. Dann heißt es: Sein Colt ist sein Gebet oder tragischerweise auch Hass war sein Gebet. Zu bedenken ist schließlich ebenfalls, dass sich ein Italowesternheld oft bedrängt sieht und daher nur selten kontemplative Momente findet. Zumindest reicht es dann aber für ein Stoßgebet, sei es »für einen Hammer« oder »für drei Kanonen«. Wie allerdings die Aufteilung von Drei Vaterunser für vier Halunken funktionieren soll, bleibt rätselhaft. »Der Tod sagt Amen« ist dafür stets umso gewisser.

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Auch bei dem italienischen Originaltitel Requiescant und seiner deutschen Übersetzung Mögen sie in Frieden ruhen handelt es sich um Gebetsworte. Der englische Verleihtitel dieses Films von Carlo Lizzani lautet hingegen Kill and Pray. Könnte es sein, dass es sich hierbei um die Italowesternvariante der Klosterregel ora et labora handelt? »Plappern wie die Heiden« Einer, der wahrscheinlich diese Regel kennt, ist der verkommene mexikanische Banditenboss in Django  – Die Geier stehen Schlange. Offensichtlich auf sie Bezug nehmend, beschließt er, die Bevölkerung einer Stadt während des Gottesdienstes zu überfallen: »Wir arbeiten – beten lassen wir die anderen.« Im Gegensatz dazu befleißigen sich andere Schurken durchaus des Gebets – und missbrauchen es permanent. Sie schlagen das Kreuz und »plappern wie die Heiden« (Matthäus 6,7) Paquito, ein Handlanger des bösen Acombar (Der Fremde von Paso Bravo) bekennt, ein Beter zu sein. Die ersten Worte, die Jonas, die Hauptperson in Die Grausamen, spricht, sind Worte des Gebets. Es ist allerdings die schamlose Bitte um göttlichen Beistand bei einem Überfall auf einen Goldtransport der Nordstaatler. Jonas selbst lebt nach dem Ideal »Alles für den Süden!« und beendet sein Gebet mit dem Zugeständnis, es solle alles geschehen »nach deinem Willen«. Offenbar rechnet er selbstverständlich damit, dass Gott Südstaatler ist. Tepepa betet ebenfalls: für seinen toten Freund, den er selbst gerade zuvor erschoss, weil er ihn verraten hatte. In diesen Zusammenhang passt auch das Gebet eines betrunkenen Kutschers in Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle, der sich durch den Anblick der drei im Titel genannten attraktiven Ordensfrauen angefochten fühlt: »O Herr, der du mir das Können genommen hast, nimm mir auch das Wollen!« Den im Italowestern zum Teil diabolisch dargestellten Bösewichten kann das aufrichtige Gebet zu Gott nur suspekt sein. Das hat seinen Grund darin, dass sie selbst in ihrer Hybris Anbetung fordern und Gott somit zu ihrem schärfsten Konkurrenten wird. Ein solcher Fall ist in Jonny Madoc rechnet ab zu beobachten: »Madoc, betest du manchmal?« So wird Jonny von »El Supremo« (»der Allerhöchste«) argwöhnisch gefragt. »Ja, manchmal schon« antwortet der Gefragte dem Größenwahn-



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sinnigen, von dem bekannt ist, dass er selbst gottgleich angebetet zu werden wünscht. Dies erinnert an die Weisung des Apostels Paulus in 1. Timotheus 2,2: In einer für damalige Verhältnisse revolutionären Weise hält er die Christen dazu an, für Kaiser und Obrigkeit zu beten – während bis dahin zum Kaiser gebetet wurde. Ein für einen Menschen unzulässiger Anspruch auf Gottgleichheit wird damit abgewehrt. Der Kaiser erscheint wie alle Menschen als bedürftige Person, die selbst Fürbitte statt Anbetung nötig hat. Nicht selten ergeht im Italowestern auch – vorwiegend durch böse Menschen  – eine Aufforderung zum Beten. Imperativisch formulierte Titel bringen das zum Ausdruck: Bete, Amigo!, »Django – Bete um deinen Tod« oder Antreten zum Beten. Damit ist in der Regel ein letztes Gebet gemeint. Gegner sollen eingeschüchtert werden. So rät David Barry in Django und die Bande der Gehenkten vor dem Showdown dem Titelhelden süffisant: »Es kann dich jetzt vielleicht nur noch eines retten: Beten.« Carrancha (Requiem für Django), der ungeduldig darauf wartet, Django zu töten, ruft unwirsch: »Wenn du Lust hast, kannst du noch mal beten!« In Tampeko – Ein Dollar hat zwei Seiten fordert der schurkische Sanders Gary zum letzten Gebet auf, nachdem diesem die Munition ausgegangen ist. Zu einem solchen will der mormonische Killer in John il bastardo sein Opfer ebenso bewegen. Doch auch eher positiv besetzte Charaktere geben zuweilen einen solchen Hinweis: Sartana fordert den Verbrecher Blacky auf, zu beten, da ihm nicht mehr viel Zeit bleibe (Sartana – Noch warm und schon Sand drauf ). Auch Steve Cooper (Ed ora  … raccomanda l’anima a Dio!) rät einem Banditen kurz vor dessen irdischem Ende: »Make your peace with God!«. In einem Song aus Django – Unbarmherzig wie die Sonne hört sich dieser Aufruf ähnlich an: »Start praying ’cause this game’s for real«, heißt es dort; und weiter: »I play this game to win, so you’d better pray für help somehow.« Freundlicher, wenn auch profaner ist der Rat gemeint, den Marcos seinem Freund Santana für ausweglos erscheinende Situationen gibt (»… und Santana tötet sie alle): »Wenn du es nicht schaffst, iß ’ne grüne Gurke und bete!« Was das eine allerdings mit dem anderen zu tun haben soll, bleibt dem Zuschauer verborgen.

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Das Gebet des Gerechten Den Schurken gegenüber stehen einige fromme Seelen, die es mit ihrem Gebet ernst zu nehmen scheinen. In Der Rancher vom Colorado-­River kniet ein kleines Mädchen abends zum Gebet vor seinem Bett. El Rocho – Der Töter zeigt zu Beginn die fromme Siedlerfamilie Sorensen. Am Ziel ihrer langen Reise angekommen, danken sie ihrem Herrn als erstes im Gebet. Tragischerweise werden sie im Anschluss daran sämtlich ermordet und geben so Anlass dazu, die Theodizeefrage zu stellen: »Wie kann Gott dies zulassen?« Unbeschwerter geht es in Die Troublemaker zu: Dort ist am Weihnachtstag eine ganze Familie in Eintracht miteinander versammelt. Das ist ein Grund für die Großmutter des Hauses, Gott aufrichtig zu loben. Selbstverständlich ist das häufige Gebet auch in der frommen Gemeinschaft in Die rechte und die linke Hand des Teufels. Nochmals Sartana: Der bibelkundige Revolverheld erschießt in Sartana – Noch warm und schon Sand drauf direkt zu Beginn (wie auch in Sartana kommt) drei Mörder  – jedoch nicht ohne zuvor anzukündigen: »Ich werde für euch beten.« Leider ist dieses Satz zwar im Englischen, nicht aber im Deutschen zu hören. Rainer Brandt lässt stattdessen Sartana an dieser Stelle recht ordinär fragen: »Wer bläst hier wem einen?« Vorausgegangen war die höhnische Drohung der drei Männer, man werde dem Störenfried »das Lebenslicht ausblasen«. In Er säte den Tod wird dem Protagonisten Django von seiner Nichte mitgeteilt, dass sie für ihn bete. Ihm selbst scheint dies auch nicht fremd zu sein: Im Epilog verspricht er, in einer neu zu erbauenden Kirche für seinen toten Freund Spirito Santo beten zu wollen. Auch der berühmte Blindman, der Vollstrecker gibt zu erkennen, dass er bete. Allerdings mache er die Erfahrung, dass ihm Gott nicht antworte. Dass Geistliche beten, erscheint hingegen kaum ungewöhnlich. In Django – Melodie in Blei erlebt man den evangelischen Pfarrer Steve MacGregor in der Bibel lesend und betend: »Der Herr wohnt in den ewigen Gefilden, auf dass die Aufrechten und Unschuldigen dort ihre Heimstatt finden. Der Herr, unser Schöpfer, verteilt seine Gerechtigkeit über die Welt; er richtet alle Sterblichen gleich. Der Herr ist die Zuflucht der Unterdrückten, ein Hort in Zeiten der Not. O Gott, die deinen Namen kennen, hoffen auf dich. Du, o Herr, weisest keinen von dir, der nach dir fleht. Die Gottlosen werden vernichtet werden, und die, die ihn lästern,



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wird sein furchtbarer Zorn treffen. Amen.« Er wird unterbrochen und greift zur Waffe, denn Schurken nahen, die ihm das Land rauben wollen. Die Herkunft seines Gebets bleibt unklar. Anklänge an die Psalmen oder das Buch der Sprüche sind auffällig. Wiederum Pfarrer Miller in Bleigewitter bringt das Thema selbst bei einer Pokerpartie mit einem Berufsspieler an: »Seit wann haben Sie nicht mehr gebetet?«, fragt er den Kontrahenten. »Seit Jahren«, bekommt er zur Antwort. »Ich habe sogar vergessen, wie das Vaterunser geht.« Miller macht einen Vorschlag: »Für jeden Dollar, den Sie gewinnen, möchte ich ein Gebet einsetzen.« Der Andere erklärt sich einverstanden, weiß das Angebot offensichtlich zu schätzen: »In unserer Situation sind Gebete wohl hilfreicher als Geld.« Vaterunser, Ave Maria und Rosenkranz Das hier erwähnte Vaterunser (Matthäus 6,9–13) ist das am häufigsten zu hörende Gebet. Ein Halleluja für Spirito Santo beginnt damit, dass eine Mutter es mit ihrem kleinen Sohn vor der Nacht betet. Im nächsten Moment dringen Soldaten ins Haus ein und erschießen den ebenfalls anwesenden Vater. Verwendung findet das Vaterunser naturgemäß auch bei Beerdigungsfeiern. So wird es gebetet in Ohne Dollar kein Sarg oder (auf spanisch) von der Mexikanerin Pilar in Frauen, die durch die Hölle gehen. Als hingegen der »Major« am Schluss von Im Staub der Sonne beigesetzt wird, begnügt man sich mit einem kurzen freien Gebet: »Herr, nimm diesen tapferen Soldaten auf in deine Armee!« In Galgenvögel sterben einsam sollen drei Kumpane gehängt werden. Peter, einer von ihnen, betet das Vaterunser. »Das einzige Gebet, das er kennt«, heißt es. Die Galgenvögel werden tatsächlich gerettet von einem noch größeren Schurken, der von ihnen Geld zurückfordert. Während Protestanten das Vaterunser in besonderer Weise auch durch Luthers Katechismen vertraut ist, bevorzugen die Katholiken das Ave Maria und das Rosenkranzgebet. Vier für ein Ave Maria hieß ein erfolgreicher Streifen des Duos Spencer und Hill. Il pistolero dell’ Ave Maria ist der Originaltitel des Films Seine Kugeln pfeifen das Todeslied. Die Komödie Ein Zirkus und ein Halleluja heißt I vendicatori dell’Ave Maria. Dort freut sich ein Mexikaner: »Jeden Abend, den Gott

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werden lässt, wenn die Glocken zu Ave Maria läuten, ziehen die Jungens aus und sorgen für Gerechtigkeit.« Andere stimmen mit »Halleluja!« ein. In Fahrt zur Hölle, ihr Halunken wird über den Bruder des Protagonisten gesagt, er hätte im Sterben noch das Ave Maria gebetet. Auch in Die Zeit der Geier wird zu Maria gebetet. Zuerst ist es Kitoschs Freundin Rubia, die vor einem Hausaltar kniet; später findet sich auch Don Jaime vor einem Altar im Kloster. Beide Beter befinden sich in schwierigen Lebenssituationen. Verzweifelt, aber mit »Erfolg« betet Esmeralda in Ramon il Messicano für ihren angeschossenen Geliebten zur »Heiligen Jungfrau«. Etwas missverstanden bezüglich der Gottesmutter hat allerdings der kauzige Lefty in Glut der Sonne. Er betet zur »Heiligen Mutter Colt« und verspricht sich davon offenbar handfesteren Beistand. Auch andere in der katholischen Liturgie verankerte Gebetsworte werden zuweilen benutzt. Bei der Beerdigung eines Richters in Ringo kommt zurück beten auch die scheinheilig-verschlagenen Fuentes-Brüder lauthals: »Ora pro nobis.« Auch hier handelt es sich um das Ave Maria, in dessen zweitem Teil es heißt: »Sancta Maria, Mater Dei, ora pro nobis peccatoribus nunc et in hora mortis nostrae« (Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes). »Ora pro nobis« heißt es ebenso in Requiem für Django: Alte Frauen stimmen eine Litanei an, in der fürbittend einiger ermordeter peones gedacht wird. Ebenfalls lateinisch kommt in El Cisco der mexikanische Bandenchef »El Tuscarola« daher, der sich bekreuzigt und betet: »De profundis, Amen!« Dabei handelt es sich um den Beginn des Psalms 130 (»Aus der Tiefe«), der als bekanntester Bußpsalm zur römisch-katholischen Begräbnisliturgie gehört. Schließlich ist da auch noch ein Pater in Viva Maria!, der einen Rosenkranz der besonderen Art, bestehend aus Patronen, besitzt. Zu den Gebeten im weiteren Sinne gehören innerhalb der gottesdienstlichen Liturgie sowohl das trinitarische Votum zu Beginn als auch der Segen. Mit der Formel »Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes« bekennt und proklamiert die sich versammelnde Gemeinde, dass sie nicht nur aus eigenem Antrieb zusammenkommt, sondern weil Gott einlädt und er der Handelnde im Gottesdienst ist. Es handelt sich demnach um eine Zusammenkunft, die von einer ungleich höheren Autorität getragen ist als eine Vereinssitzung.



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Im Italowestern kommt dieses Votum allerdings kaum im Kontext gottesdienstlichen Handelns vor; angedeutet höchstens in Partirono preti, tornarono  … curati, wo ein im Sarg liegender Verstorbener mit dem Kreuzzeichen in Verbindung mit einer sehr ungewöhnlichen trinitarischen Formel gesegnet wird: Da es sich bei dem Geistlichen um einen falschen und daher unkundigen Priester handelt, erfolgt dieser Segen »in the name of the father, the mother and the son«. Verbunden ist dieses Votum auch mit dem Werfen von drei Handgranaten durch den zornigen Priester El Santo in Töte, Amigo. Ebenfalls werden in Django »Vater, Sohn und Heiliger Geist« in Verbindung mit Waffengewalt angerufen: Major Jackson feuert in der Schlussszene auf dem Friedhof mit diesen Worten dreimal auf Django. Einigen deutschen Ohren mag dies möglicherweise zu blasphemisch geklungen haben, denn in der Synchronfassung kommt die Wendung nicht vor. Im Titel In nome del padre, del figlio e della Colt wurde der ohnehin oft sträflich vernachlässigte Heilige Geist durch eine Schusswaffe verdrängt. Eine wirkliche Segenshandlung ist in Sangue chiama sangue zu erleben. Im Mittelpunkt stehen zwei ungleiche Brüder: der Revolverheld Andrew und Padre Louis. Als sich beide nach einer kurzen Zusammenkunft trennen, kniet Andrew nieder und bittet ausdrücklich um den Segen. Der Bruder, der bald darauf ermordet wird, kommt der Bitte gern nach. »Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast …« Da im Italowestern oft und viel gegessen wird, kann es nicht verwundern, dass auch zu Tisch gebetet wird. Vor allem innerhalb der Familien wird die gute Sitte gepflegt, dem Schöpfer für seine Gaben zu danken. Zudem wussten die Menschen in einem von Agrarwirtschaft geprägten ländlichen Raum noch darum, dass ihr gedeckter Tisch etwas mit dem Erfolg oder Misserfolg der Ernte und damit auch etwas mit Gott dem Schöpfer zu tun hatte. »Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand« – so beschrieb der Dichter Matthias Claudius den Prozess von Saat und Ernte in seinem bekannten Lied. Darum betet ein Rancher in Blutige Rache in Tucson ebenso zu Tisch wie Will Rogers in Friedhof ohne Kreuze; ein anderer Rancher, der sich allerdings als Verbrecher herausstellt. In

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6 Kugeln für Gringo wird mit dem Zuzug der Zwillinge Jenny und Sally Parker auf eine Ranch auch das Tischgebet beim gemeinsamen Essen mit den Angestellten modifiziert: Was bisher immer nach dem Essen geschah, wird nun vor der Mahlzeit getan. In Ramon il Messicano betet sogar ein alter Zausel im Saloon vor seinem Whisky. Zum Götzendienst hingegen gerät das Tischgebet einiger junger Damen in All’ovest di Sacramento: Hier wird nicht zum Schöpfer, sondern zu dem berühmt-berüchtigten Richter Roy Bean gebetet. Über ihn werden auch Lieder gesungen. Nicht jeder gute Esser bringt auch eine gute Kinderstube mit. Oft ist zwar ein Heißhunger da, aber kein Gespür für Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer. »Say Grace«, mahnt Veritas seinen Kumpan (Lo chiamavano Verità), als sie im Kloster von den Mönchen bewirtet werden. Es ist die Aufforderung zum Dankgebet. Der Angesprochene nimmt dies ganz wörtlich und sagt lediglich »Grace!« Auch Bud Spencer ist kein Mann, der sich länger als nötig mit dem Gebet aufhält, wenn Speisen vor ihm stehen. In Sie verkaufen den Tod kommt er mit den Männern des Colonel Pembroke auf eine Ranch. Sie werden von der dort ansässigen Familie herzlich begrüßt: »Wer von weit her kommt, der kommt von Gott.« Zum Essen eingeladen, will Eli (Spencer) sofort zulangen, wird jedoch gerügt: Es sei noch nicht gebetet worden. Die fromme und gastfreundliche Familie entpuppt sich schließlich aber als Bande von Halsabschneidern, die regelmäßig Durchreisende ausplündert und umbringt. Diesmal allerdings haben sie sich mit den Falschen angelegt und werden allesamt erschossen. Auch in E.B. Cluchers Spencer-Hill-Streifen wird zu Tisch gebetet. In Die rechte und die linke Hand des Teufels fällt diese Aufgabe wiederum Bruder Tobias von den mormonischen Siedlern zu. In Vier Fäuste für ein Halleluja zeigt sich die Mutter der beiden Protagonisten als Beterin. Mag auch eine Fressorgie folgen, mögen Tischsitten gänzlich unbekannt sein – für die Mutter ist klar: »Ihr werdet euch nicht die Bäuche vollschlagen, ohne vorher gebetet zu haben!« Sie ruft im Tischgebet allerdings Maria an, zu der sie offensichtlich eine Affinität hat: »Du hattest auch einen Sohn, um den du dir Sorgen machtest.« Die Herren Spencer und Hill kämen wohl selbst kaum auf die Idee, für die von ihnen beanspruchten Unmengen von Nahrung zu danken. Sie machen damit auf ein grundlegendes Problem aufmerksam, das dort



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beginnt, wo der Mensch lediglich nimmt statt zu empfangen. Denn wo er nicht mehr bittet und empfängt, sondern nur noch nimmt, dort nimmt er in der Regel zuviel – und dies auf Kosten anderer. Mit dem Dank ist es dann ohnehin Essig.

4. Noch warm und schon Sand drauf: Sakramente und Kasualien In Der lange Tag der Rache heißt der Ort des Geschehens »Santo Sacramento«. Sakramente sind heilige Handlungen, durch die seitens der christlichen Kirchen den Menschen das Heil vermittelt wird. De mediis salutis heißt der dogmatische Topos, an dem über die »Gnadenmittel« oder »Heilsmittel« nachgedacht wird. Es handelt sich um sichtbare Zeichen, die eine unsichtbare Wirklichkeit ausdrücken; ein Geschehen, durch das sich der himmlische Christus selbst den Menschen in einem irdischen Kontext vermittelt. Die römisch-katholische Kirche kennt sieben Sakramente: Taufe, Eucharistie (Abendmahl), Firmung, Buße (Beichte), Ehe, Priesterweihe und die Krankensalbung. Die Kirche als Institution sieht sich dabei selbst als Verwalterin dieser Sakramente, als ein ihnen vorgeordnetes »Ursakrament«. Die Kirchen der Reformation erkennen hingegen (bei aller Wertschätzung der sieben) nur zwei als wirkliche Sakramente an: Taufe und Abendmahl. Die lutherische Kirche zählt auch die Beichte noch dazu.297 Letztere erweist sich jedoch nicht nur in praxi als nachgeordnet, sondern auch vom reformatorischen Schriftprinzip her: Sola scriptura heißt eines der vier wesentlichen Kennzeichen der Reformation: »Allein die Heilige Schrift« gilt evangelischen Christen als Norm; nicht aber, wie in der römisch-katholischen Kirche, eine Trias von Bibel, kirchlicher Tradition und Papstamt. Insofern werden auf evangelischer Seite nur solche Handlungen als Sakramente anerkannt, die sich explizit auf die Bibel zurückzuführen lassen; konkret: die Jesus selbst praktizierte oder seinen Jüngern ausdrücklich als Auftrag gab. Für die Taufe findet sich eine solche Beauftragung als sog. »Tauf«- oder »Missionsbefehl« in Matthäus 28,16–20, für das Abendmahl in den verschiedenen Berichten der Evangelien von der letzten Mahlzeit Jesu mit seinen Jüngern (Markus 14,22–24 par Matthäus 26,26–28; Lukas

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22,19f ) sowie der paulinischen Fassung der Einsetzung in 1. Korinther 11,23–29. Konstitutiv für ein Sakrament ist nach Lehre der lutherischen Orthodoxie weiterhin die Verbindung eines göttlichen Zuspruchs (materia coelestis) mit einem leiblichen Element (materia terrestris) zur unio sacramentalis. Dies geht zurück auf den Kirchenvater Augustin, der die Definition aufstellte: »Kommt zum Wort das Element, so entsteht das Sakrament.« Eines bedarf des anderen, um zum Sakrament zu werden. Bei der Taufe tritt zum Zuspruch der neuen Zugehörigkeit zu Gott und damit einer Wiedergeburt im Geist das Element Wasser hinzu; beim Abendmahl wird die Gabe des Leibes und Blutes Christi durch die Elemente Brot und Wein verkörpert. Interessant ist die Tatsache, dass sich in einem äußerlich eher »römisch-katholischen« Genre wie dem Italowestern hauptsächlich Spuren solcher Sakramente finden, die von beiden Konfessionen anerkannt sind. Es geht daher im Folgenden um Taufe, Abendmahl und Beichte. Taufe Taufhandlungen sind im Italowestern verhältnismäßig selten zu beobachten. Der Grund dafür dürfte vor allem darin liegen, dass es sich hierbei um ein Sakrament handelt, das durch und durch positiv und lebensbejahend konnotiert ist und somit im dargestellten Kontext wie ein Fremdkörper wirken muss. Die Taufe steht – zumal in Form der volkskirchlich praktizierten Kindertaufe – für eine Neugeburt in zweifachem Sinn: Es wird von den Eltern und der im Gottesdienst anwesenden Gemeinde der leiblich geborene neue Mensch als eine wunderbare Schöpfung Gottes gewürdigt und als Geschenk dankbar angenommen; gleichzeitig wird eine geistliche Neu- bzw. Wiedergeburt gefeiert, die sowohl durch eine »Reinigung« von allem Alten und von Gott Trennenden (vgl. Epheser 5,26) als auch durch die Unterstellung unter einen neuen Namen und Herrschaftsanspruch (»im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«) symbolisiert wird. Nach Luther wird hier »der alte Adam« (d. h. der Mensch schlechthin) »ersäuft«, und ein neuer Mensch aufersteht mit Christus (vgl. Römer 6,3f; Kolosser 2,12). Christus wird regelrecht als neuer Mensch »angezogen« (vgl. Römer 6,6; Galater 32,27; Epheser 4,22–24). Als Folge wird das Gewissen des Täuflings in besonderer Weise



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geschärft (vgl. 1. Petrus 3,21) und die ganze Person durch den Heiligen Geist »runderneuert« (vgl. Titus 3,5). Für all dies ist im Italowestern, der deutlich sichtbar inmitten einer noch unerlösten Schöpfung spielt, kaum Platz. Seltenheitswert hat daher überhaupt die Geburt eines Kindes, wie es Lucio Fulci in Verdammt zu leben, verdammt zu sterben eindrucksvoll vermittelt. Ebenso wie auch am Ende von Keoma  – Das Lied des Todes entsteht hier neues Leben inmitten einer Welt, die vom Tod überschattet ist, in der die Gebärenden selbst die Geburt nicht überleben und in der es auch die Taufe als Hoffnungszeichen schwer hat. Wiederum ist es Fulcis Film, der hier eine Ausnahme macht. Das Kind wird im Saloon vom Pfarrer getauft. Taufzeugen in dieser von unwirtlicher Kälte, Eis, Schnee und Verlassenheit geprägten Umgebung sind eine Reihe harter Männer, die während der Zeremonie feuchte Augen bekommen. Anzumerken bleibt, dass der hier handelnde Pfarrer einem weitverbreiteten Missverständnis Vorschub leistet, nach dem ein Kind auf seinen eigenen Namen getauft werde. Der Geistliche insistiert zunächst darauf, für das Kind müsse ein Name gefunden sein, bevor er es taufen könne. Dann vollzieht er den Ritus und tauft »auf den Namen ›Lucky‹« und »im Namen des Vater, des Sohnes und des Heiligen Geistes« (I Abb. 35). Ein Kind – das im Normalfall seinen Namen bereits seit seiner Geburt besitzt – wird jedoch nach christlichem Verständnis gerade nicht auf seinen eigenen, sondern auf den Namen eines anderen getauft, nämlich auf den des dreieinigen Gottes, dem es nunmehr angehört und sich unterstellt. Man darf hier jedoch nachsichtig sein und anerkennend feststellen, dass es eine solche Szene in diesem Film überhaupt gibt, der ja auch seine ruppigen Seiten aufweist. Darüber hinaus sind ernsthafte Taufszenen Mangelware. Lediglich erwähnt wird in Die letzte Kugel traf den Besten die Konversion und Taufe eines Indianers durch Pastor Liebermann, den Begleiter und Seelsorger eines Siedlertrecks. In Bete, Amigo! tauft Pater Albino mehrere vor den Revolutionären gerettete Babys sämtlichst auf (!) den Namen »Emiliano« bzw. »Emiliana«. In Halleluja  … Amigo gibt es am Schluss eine Taufhandlung. Allerdings bricht der Pfarrer mitten im Ritus ab, als er die Nachricht erhält, es sei eine Ölquelle gefunden. Das »schwarze Gold« ist ihm offensichtlich wichtiger als das »lebendige Wasser« der Tau-

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fe. In Pizza, Pater und Pistolen findet sich der Pizzabäcker Geremia unversehens in der Rolle eines Priesters wieder. Bevor er einen Beichtwilligen anhört, fragt er ihn: »Sind Sie denn auch Christ?« Nachdem der Angesprochene keine befriedigende Antwort geben kann, wird er getauft. Geremia drückt dazu das Gesicht des Delinquenten ins Taufbecken und zeigt die Alternativen auf: »Willst du das Sakrament der Taufe empfangen oder ertrinken?« Christopher Frayling schließlich erwähnt eine für den Umgang mit dem Sakrament bezeichnende Szene in der italienischen Originalfassung von Leones Für ein paar Dollar mehr: Indio, der ohnehin für seinen respektlosen Umgang mit religiösen Symbolen bekannt ist, »tauft« seinen Colt mit geweihtem Wasser, bevor er bei seinem Ausbruch damit den Gefängnisdirektor erschießt.298 Selbst in den heutigen, als ungeschnitten geltenden bekannten Fassungen des Films lässt sich diese Szene jedoch nicht nachweisen. Sie würde allerdings zum Charakter Indios passen. Er mag sich weit von allem Guten und Christlichen entfernt haben, kann aber selbst als der Teufel, als der er dargestellt wird, nicht verleugnen, aus welcher Tradition er einst kam. Abendmahl Zum Abendmahl lädt nicht die jeweilige Kirche oder christliche Gemeinschaft ein, sondern Christus. Er schenkt sich selbst in den Elementen Brot und Wein (deutlich in den Spendeworten »Christi Leib für dich gebrochen, Christi Blut für dich vergossen«) und spricht die Vergebung der Sünden zu. Unter denen, die am Abendmahl teil- und es annehmen, stiftet er eine neue Gemeinschaft. Durch die Aufforderung »Dies tut zu meinem Gedächtnis!« (Lukas 22,19 par 1. Korinther 11,24f ) wird jede Abendmahlsfeier zudem auch zu einem Gedenken an das, was Jesus für alle Menschen tat. Die dem Abendmahl zugrunde liegende letzte Mahlzeit Jesu mit seinen Jüngern als Beginn des jüdischen Passahfestes fand seinen berühmtesten ikonographischen Ausdruck in Leonardo Da Vincis Wandgemälde L’Ultima Cena. Der Künstler schuf es in den Jahren 1494–1498 für das Refektorium des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie in Mailand. Das über neun Meter lange Bild zeigt eine mit Speisen gedeckte Tafel, an der die zwölf Jünger sitzen, die Jesus ein letztes Mal in ihrer Mitte



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haben. Aufgrund seiner Bekanntheit ist Da Vincis Last Supper immer wieder zum Motiv für Adaptionen oder Verfremdungen geworden. Maler wie Salvador Dali oder Andy Warhol nahmen sich seiner ebenso an wie Konzerne für ihre Werbung. Aus filmhistorischer Sicht sind vor allem die Bezüge auf das Gemälde in Werken wie Luis Buñuels Viridiana (1961), Robert Altmans M.A.S.H. (1970) oder Mel Brooks’ History of the World, Part I (Die verrückte Geschichte der Welt, 1981) interessant. Auch im Italowestern finden sich häufiger Bezugnahmen auf das Gemälde Da Vincis, als dass ein gottesdienstlicher Vollzug des Sakraments selbst dargestellt würde. Christopher Frayling und Stefan Otto299 weisen auf ein Bankett der Rojos in Für eine Handvoll Dollar hin; wobei hier dem Zuschauer einiges an Phantasie abverlangt wird, um tatsächlich das Heilige Abendmahl zu erkennen. Etwas deutlicher wird Leone in seinem Nachfolgefilm Für ein paar Dollar mehr, in dem Indio inmitten seiner Bande zu Tisch sitzt. Das prägnanteste Beispiel für eine Da-Vinci-Darstellung findet sich wohl in Giuliano Carnimeos Ein Halleluja für Spirito Santo: Eine Gruppe von Soldaten sitzt an einem langgezogenen Tisch. Im Hintergrund hängt ein Kreuz an der Wand. Davor steht, Christus gleich, ein an einen Kreuzbalken gefesselter Don Firmino, der von den Soldaten verhöhnt wird. Als Retter erscheint plötzlich Spirito Santo aus dem Nichts. Er verkündet den Militärs: »Das ist euer letztes Abendmahl«, und sorgt umgehend dafür, dass sich diese Verheißung erfüllt. Eine Reihe von Mönchen, die keine sind, sondern in einem Kloster untergetauchte Banditen, sitzt in Man nennt mich Halleluja, einem weiteren Carnimeo-Film, zu Tisch. Anschließend erschießen sie Soldaten. In Antonio Margheritis Satan der Rache nimmt die Familie Acombar das Abendessen ein, das ihr letztes werden soll. Der »Hauptsünder Acombar isst einen Apfel«300. Deutlich wird auch in Yankee eine Mahlzeit als Abendmahl inszeniert. Die Teilnehmerzahl entspricht der Anzahl der Jünger, der »Große Concho« sitzt in ihrer Mitte. Ein Abendmahlskelch muss für Whisky herhalten. Dies geschieht in Anwesenheit des »gekreuzigten« Protagonisten, der von der »Sünderin«  – Conchos Freundin – geküsst und anschließend von Concho selbst niedergeschossen wird. Auch dem nur Milch trinkenden Titelhelden in Eine Pistole für Ringo wird von mexikanischen Banditen Whisky aus einem Abend-

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mahlskelch angeboten. In John il Bastardo haben Banditen offenbar das Abendmahlsgeschirr aus einer Kirche gestohlen. An eine Begebenheit aus dem Alten Testament erinnert Der Gehetzte der Sierra Madre: Cuchillo, der sich auf der Flucht befindet, isst vor Hunger die Hostien in einem Kloster; nicht aber ohne nachzufragen, ob sie bereits für die Kommunion gesegnet (konsekriert) seien. Dies stellt eine Parallele dar zu 1. Samuel 21,2–7: Dort gibt der Priester Ahimelech dem hungrigen David von den für Jahwe geheiligten Schaubroten zu essen, da sonst nichts anderes verfügbar ist. Jesus erinnerte später an dieses Geschehen (Markus 2, 25f par Matthäus 12,3f, Lukas 6,3f ), als er die Gesetzlichkeit der Pharisäer rügte. In Verdammt zu leben, verdammt zu sterben findet sich nicht nur die Taufe, sondern auch eine pervertierte Austeilung des Abendmahls. Der sadistische Chaco (Tomás Milián) nötigt in einer surreal anmutenden Szene seine wehrlosen Opfer zur Einnahme der Droge Peyote, die er wie das Brot beim Abendmahl austeilt. Statt Wein gibt es dazu einen Schluck aus seiner Whiskyflasche. Chaco nimmt während der »Zeremonie« den Habitus eines Priesters an und verbindet die Austeilung mit Worten des Zuspruchs (»Wort und Element«), dass diese Gabe jene stärken werde, die sie empfangen. Howard Hughes erkennt in Corbuccis Django ebenfalls »a bizarre variation of the rite of Communion«301, als Bruder Jonathan sein Ohr von den Mexikanern abgeschnitten und in den Mund gesteckt bekommt. Nikolaj Nikitin schließlich vertritt in seinem Beitrag über die Eßgewohnheiten Bud Spencers und Terence Hills die gewagte Meinung: »Im religiösen Kontext kann die Bohne als der Leib Christi, der Whisky als sein Blut angesehen werden.«302 Beichte Wie dem Abendmahl, so ergeht es im Italowestern auch dem Sakrament der Beichte: Es gibt kaum ernsthafte Darstellungen. Das mag auch daran liegen, dass das Bußsakrament aufrichtige Reue voraussetzt; nach römisch-katholischer Auffassung in Form der contritio cordes, einer »Zerknirschung des Herzens«. Eine solche, verbunden mit einer Umkehr von falschen Wegen, findet sich nur bei wenigen der Protagonisten. Wer also nichts zu bereuen zu haben meint, kann auch nichts beichten. Auch das Gegenteil ist zu vermuten: Mancher mag sich selbst bereits als derart sün-



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den- und schuldbeladen erleben, dass er eine Befreiung davon durch die in der Beichte zugesprochene Vergebung kaum mehr für eine mögliche Option hält. Angesichts der hohen Sterblichkeitsrate in Italowestern gilt für viele andere, was in Django – Die Totengräber warten schon in einem Gespräch auf dem Friedhof gesagt wird: »Man kratzt oft schneller ab, als man denkt. Dann ist es für die Reue zu spät.« Die Aufforderung, das Bußsakrament in Anspruch zu nehmen, wird daher – wie auch der Rat, ein letztes Gebet zu sprechen – zur bloßen Chiffre, mit der Gegnern ein baldiges »Gericht« angedroht wird: Beichtet, Freunde, Halleluja kommt! Bezeichnend für eine eher indifferente Haltung zu Reue und Umkehr ist das Gespräch zweier ehemaliger Freunde in Kein Requiem für San Bastardo. In der Kirche fragt der Colonel den Priester: »Werden wir bestraft für unsere Sünden?« Die Antwort lautet: »Wir sind durch sie gestraft.« – »Soll man sie bereuen?« – »Man sagt, es wäre leichter, solche zu bereuen, die man schon begangen hat, als solche, die man noch begehen will.« Daraufhin trifft der Colonel für sich die Entscheidung: »Wenn ich diesmal siege, werde ich noch viele begehen.« Anna Carrasco fragt in Seine Kugeln pfeifen das Todeslied einen Priester: »Werden Sie schweigen, wenn ich Ihnen etwas beichte?« – »Ich werde das Beichtgeheimnis wahren, was immer Sie mir anvertrauen«, bekommt sie zur Antwort. Der Priester weiß bereit aus früheren Gesprächen um die Verbrechen der Gattenmörderin. Nun verspürt sie Angst vor der Rache ihres Sohnes. »Sie bereuen doch?«, fragt der Priester. Als Anna dies bejaht, gibt der Seelsorger zu verstehen: »Bedenken Sie, dass Sie vielleicht noch zu Lebzeiten sühnen müssen. Nehmen Sie diese Sühne auf sich.« – »Wenn ich die Kraft dazu habe«, antwortet Anna im Fortgehen. Ohne erkennbare Reue stirbt Tepepa, der zwar nicht dem Priester, jedoch dem ihn wegen einer gefährlichen Schussverletzung behandelnden Dr. Price die Vergewaltigung einer jungen Frau »beichtet« – nicht wissend, dass es sich bei dem Opfer um die Verlobte des Arztes handelte. Er findet daher keine Vergebung, sondern den Tod unter dem Messer des Chirurgen. Anders ergeht es dem Gauner Carranza in Ein Fressen für Django: Er kann seine Befreiung vom Galgen durch den als Geistlichen verkleideten Titelhelden als »Absolution« deuten. Für den Banditen »El Condor« in Mein Leben hängt an einem Dollar hingegen ist die regel-

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mäßige Beichte angeblich selbstverständlich; ebenso für Losoya in Zwei wilde Companeros. Letzterer ist danach jedoch überzeugt, lieber in die Hölle zu wollen als in den Himmel. Als Anlehnung an die Beichte kann auch die letzte Konfrontation Johns mit dem Verräter Dr. Villega (Romolo Valli) in Leones Todesmelodie verstanden werden. Auf dem Führerstand der fahrenden Lokomotive spürt der Arzt im Verhalten Johns, dass dieser um die Wahrheit weiß: Villega hat unter der Folter Kampfgenossen an Colonel Reza verraten. »Nun hast du mich verurteilt und verdammt«, sagt er und fragt: »Soll ich mich umbringen?« John kommt der frühere Verrat seines besten Freundes in den Sinn, den er einst dafür richtete. »Ich verurteile dich nicht«, antwortet er. »Das habe ich in meinem Leben nur einmal getan.« Vergebung scheint möglich.303 »Die Wahl liegt jetzt ganz allein bei dir«, sagt John, als er sich für einen Absprung von der Lokomotive bereitmacht – um hinzuzufügen: »Mein Gott, mach die Augen zu und spring!« Villega tut es nicht, sondern meint, durch Suizid eine notwendige Buße auf sich nehmen zu müssen. Das Opfer Jesu, der ja auch für Verräter starb, wird von ihm nicht als Option betrachtet. Villega gleicht hierin Judas Iskarioth. Mehrfach wird das Sakrament der Beichte missbraucht, um an geheime Informationen zu kommen: Der angebliche Großfürst Orlowski (Zwei wilde Companeros), der als protestantischer Pfarrer verkleidet ist, soll auf Geheiß einiger Gangster einem alten Mann die Beichte abnehmen, um so das Versteck eines Goldschatzes zu erfahren. Der Russe weigert sich: »Ich bin ein protestantischer Pfarrer. Ich darf keine Beichte abnehmen.« Einer der Banditen erweist sich jedoch als theologisch versierter: »Ein protestierender (sic!) Pfarrer kann das auch.« Ähnliche Motive treiben Joe in Kennst du das Land, wo blaue Bohnen blüh’n? Er will von Tresette wissen, wo sich das verschwundene Gold befindet. »Das Gold ist das Tor zur Hölle«, predigt er und versucht sein Gegenüber so zu einer »Beichte« zu veranlassen. In Pizza, Pater und Pistolen wird ein falscher Priester beauftragt, einen Bankier unter Verletzung des Beichtgeheimnisses auszuhorchen, um ebenfalls Auskunft über das Versteck eines Schatzes zu erlangen.



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Als falsche Padres und Feldgeistliche getarnt, nehmen Franco und Ciccio in Il bello, li brutto, il cretino einem Soldaten der Konföderierten die Beichte ab. Es geht ihnen jedoch ebenfalls nicht um dessen Seelenheil, sondern um Informationen über Stärke und Bewaffnung seiner Einheit. Aus dem Off ertönt dazu die Orgel. Dem vorgesetzten Offizier, der den Verrat zu verhindern sucht, schleudern die beiden erbost ein anathema entgegen.

Ist einmal ein Sterbender wirklich willens, sogar den Mord an einem Gouverneur zu beichten (Man nennt mich Halleluja), so wird er vom Priester angefahren: »Ich will nichts hören von Politik. Nur deine Sünden.« Für diesen Geistlichen, der mit der mexikanischen Revolution sympathisiert, gilt ein politischer Mord offenbar nicht als Sünde. Auch der Gauner Moses (Die Drei, die den Westen erschütterten) hat, als er nach einer Explosion aus der Ohnmacht erwacht und zuerst einen falschen »Reverend« erblickt, das augenblickliche Bedürfnis zu beichten. Mehr um ein seelsorgerliches Gespräch als um die Beichte handelt es sich dagegen in Dein Wille geschehe, Amigo: Dort sucht eine Frau, deren Mann vierzig Jahre älter ist als sie, den Rat eines Pfarrers: »In der Bibel steht: Seid fruchtbar und mehret euch.304 Wie soll ich das, wenn über allen Wipfeln Ruh’ ist?« Merkwürdiges geschieht in der Mission in Vier Fäuste für ein Halleluja: Ein Mexikaner, der die Beichte ablegen will, holt sich dabei ein blaues Auge. Bambino (Bud Spencer), in religiösen Angelegenheiten ahnungslos, will der Sache auf den Grund gehen. Er, der zuvor gerade bekundet hatte, selbst keine Seele zu besitzen, geht zu einem der Klosterbrüder in den Beichtstuhl. Es wird ihm erklärt, dass der Beichtvater innen säße und der Beichtende außen. So richtig weiß er nicht, was er sagen soll. Dann aber sprudelt es aus ihm heraus. Er hat viel und Übles zu berichten. Der Mönch kann es kaum mit anhören. Doch spricht er dem Beichtenden die Vergebung zu: »Ego te absolvo.« Als er jedoch die Hand erhebt, um Bambino zu segnen, missdeutet dieser die Geste als Angriff und zerlegt kurzerhand den gesamten Beichtstuhl. Es ist dieses in der katholischen Kirche untrennbar mit der Beichte verbundene Möbelstück, das mehr im Mittelpunkt steht als das Sa­ krament selbst. Gefahren für Leib und Leben können vom Beichtstuhl ausgehen, der für einen Hinterhalt ideal scheint. So wird in Tödlicher

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Ritt nach Sacramento ein Kirchgänger aus dem Beichtstuhl heraus erschossen. Auch in Mehr tot als lebendig und Alles fliegt dir um die Ohren halten sich Attentäter in dem Gestühl versteckt. In Djangos Rückkehr ist es der Titelheld, der seinerseits aus dem Beichtstuhl heraus einen Schurken tötet. Der berühmte Pancho Villa (Telly Savalas) erschießt in Drei Halleluja für vier heisse Colts einen Mann, der im Beichtstuhl auf ihn lauerte. Der Priester der Kirche zeigt sich empört – nicht etwa über die Tat an sich, sondern »dass in einem Gottesdienst solch ein Radau gemacht wird«. Ebenfalls wird der Waffenhändler McDermott in der Kirche erschossen. Nun versucht Villa den Geistlichen zu besänftigen: »Padre, das Schwein war Protestant!« Trauung Sakramente und Kasualien: Dabei handelt es sich um zwei Sammelbegriffe, die eine gewisse Schnittmenge aufweisen. Im Unterschied zu den »heiligen Handlungen«, deren bleibende Bedeutung sich unmittelbar aus der Bibel oder der kirchlichen Tradition ableiten lässt, handelt es sich bei den Kasualien um kirchliche Amtshandlungen, die anlässlich eines bestimmten casus vollzogen werden. Dabei handelt es sich um »rites de passage« (Arnold van Gennep), also Passageriten oder Schwellenrituale an wesentlichen Lebensstationen. »Kirche bei Gelegenheit« hat Michael Nüchtern die Kasualien genannt. Als »Tore zum Leben« bezeichnet sie Eberhard Winkler. Es sind dies: Taufe, Konfirmation, Trauung und Bestattung. Die Taufe ist also sowohl Sakrament als auch Kasualie. Nach römisch-katholischem Verständnis gehört auch die Trauung zu dieser Schnittmenge, da in ihrem Vollzug das Ehesakrament gespendet wird. Nach evangelischem Verständnis trägt die Ehe hingegen keinen sakramentalen Charakter, sondern ist ein »weltlich Ding« (Martin Luther). Gleichwohl gehört sie zu Gottes guter Ordnung. Der rechtliche Akt einer Eheschließung wird daher in der Trauung durch eine geistliche Handlung begleitet.305 Da die Taufe bereits Gegenstand dieser Untersuchung war und die Konfirmation im Italowestern nicht vorkommt, bleiben die Trauung und die Bestattung zu betrachten. Wenn es über die Trauung erheblich weniger zu berichten gibt, so aus demselben Grund, der bereits für die



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Taufe genannt wurde: Es handelt sich um ein frohes, lebensbejahendes und durchweg positiv konnotiertes Ereignis, wenn zwei Menschen einen Bund für ihr Leben miteinander eingehen. Die Liebe ist das beherrschende Thema einer fröhlichen Zeremonie; auf eine gemeinsame glückliche Zukunft wird geschaut. Für all dies bietet der Italowestern denkbar schlechte Voraussetzungen. Folgerichtig kommt es in Il tredicescimo è sempre Giuda gar nicht erst zur geplanten Trauung, zu der sich eine große Gesellschaft zusammengefunden hat: Die Braut erreicht den Ehehafen in einer überfallenen Kutsche nur noch tot. Das genaue Gegenteil einer Trauung als »Feier des Lebens« zeigt Ferdinando Baldi eindrucksvoll in Blindman, der Vollstrecker: Das Mädchen Pilar wird gezwungen, den bereits toten und aufgebahrten Candy (Ringo Starr) zu »heiraten«. Eine entsprechende Zeremonie wird durch Domingo, den Bruder des Toten veranlasst. Die Bevölkerung muss dazu zwangsweise antreten. Glocken läuten, weiße Tauben fliegen, Gebete werden gesprochen. Zur Eheschließung gezwungen wird auch die Braut des mexikanischen Gangsters Perez in Ringo mit den goldenen Pistolen. Allerdings wird sie nach der Trauung umgehend zur Witwe. Die Zwangsheirat von Esmeralda mit dem Schurken Ramon (Ramon il Messicano) wird zuvor bereits verhindert  – durch den der Kutsche entsteigenden, für tot gehaltenen Slim. In seiner Priesterrobe wurde er irrtümlicherweise für den Zelebranten der Trauung gehalten. Stattdessen kommt er zum Gericht. Als Paco Fuentes (Ringo kommt zurück) mit seiner Braut, die nicht die seine werden will, die Kirche betritt, stehen dort schon Särge für ihn und seine Mordgesellen bereit. Die ebenfalls zwangsweise angeordnete Trauung zwischen Isabel und dem Gouverneurssohn Luis Alvarez in Das Finale liefert Zorro wird durch den »Chor der schwarzen Jungfrauen« verhindert, unter deren Schleier sich aufständische Bauern verbergen. Die Trauung von Chester und Lisa in Für eine Handvoll Blei will der Bräutigam hingegen dazu nutzen, die erstmals komplett versammelten Familienmitglieder der Braut auf einen Schlag zu ermorden. Und schließlich ist da noch der »General« Pablo Reyas, der Schurke in Der Mann, der kam, um zu töten. Er nimmt selbst Schnelltrauungen seiner Leute vor. In Adios Cjamango vollzieht ein Sheriff im Saloon an einem Paar ohne Geistlichen den rein rechtlichen Akt. Ebenfalls in ei-

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nem Saloon finden die Hochzeit sowie die anschließende Feier in Due croci a Danger Pass statt. Trotz oberflächlicher Harmonie und den Vortrag eines geistlichen Liedes enden die Feierlichkeiten tödlich. Ein positives Beispiel für eine Trauung findet sich in Zwei Companeros. Allerdings müssen Lola und der Baske, die sich endlich entschlossen haben, den Ehebund miteinander einzugehen, die Trauung selbst vornehmen, da ein Priester nicht verfügbar ist. Einer spricht dem anderen das Trauversprechen vor. Dafür geschieht die sehr schlichte Zeremonie in der Kirche unter den Augen einer Statue des heiligen San Bernardino, des Schutzpatrons des Ortes. Schließlich darf noch einmal Verdammt zu leben, verdammt zu sterben erwähnt werden. Hier sind Stubby und Bunny zu erleben, wie sie in einer Kirche, in der sie Zuflucht suchten, ihre nassen Kleider trocknen. Nackt wie Adam und Eva vor dem Fall sitzen sie zusammen. Clem, der Alkoholiker, ergreift beider Hände und nimmt ihnen das Trauversprechen ab. Somit erweist sich dieses Werk Lucio Fulcis insgesamt als ein »Film der Sakramente«. Und ein weiteres zeigen die letztgenannten Beispiele: Wenn einmal ein Geistlicher für eine Amtshandlung benötigt wird, ist selten einer da. Außer in der Komödie Irren ist tödlich, in der inmitten der Wildnis plötzlich Priester und Ministrant aus dem Nichts erscheinen, um eine Doppeltrauung vorzunehmen. Bestattung Es kann nicht verwundern, dass die Bestattung die am häufigsten vorkommende kirchliche Amtshandlung im Italowestern darstellt. Wo der Tod regiert und viele sterben, müssen auch viele beigesetzt werden. »Jeden Tag eine Beerdigung«, heißt es über San Miguel, den Ort des Todes in Für eine Handvoll Dollar. Der Totengräber ist daher der einzige Einwohner mit guter Laune. Auch Dan Miller, der »Reverend Colt« in Bleigewitter muss sogleich nach seiner Ankunft im Ort mehrere Beerdigungen halten. Irgendwo findet immer ein solches Ereignis statt. Darum fällt es nicht auf, wenn sich Jim und Larry (Amigos – Die (B)Engel lassen grüssen), als sie verfolgt werden, unter die Teilnehmer einer Beerdigungsgesellschaft mischen. Trauerzüge bewegen sich häufig durch die Straßen zum Begräbnisplatz. In Einladung zum Totentanz wird ein solcher Zug durch eine



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Schießerei unterbrochen; ebenso in Für eine Handvoll Blei. Gestört wird eine Trauerfeier auch in Für ein paar Leichen mehr, als der Bandit Reyes auf der Suche nach dem Sheriff in die Kirche stürmt. Im Ritus der Bestattung kommt zum Ausdruck, wie in einer Gesellschaft mit dem Tod umgegangen wird. Innerhalb einer ars moriendi geht es hierbei um eine Sache der Pietät; zum einen um ein letztes Liebeswerk am Verstorbenen, zum anderen um eine seelsorgerliche Aufgabe an den trauernden Angehörigen. Beides ist im Italowestern längst nicht immer gegeben, da sich die Umwelt weder als christlich noch als human gesinnt erweist. Wenn es in Requiem für Django einmal über einen Ermordeten heißt: »Er war ein Christ, und wir sollten ihn wie einen Christen begraben«, so lautet doch häufiger die zynische Devise: »noch warm und schon Sand drauf«; wenn nicht gar die oftmals Dahingeschlachteten gänzlich auf ein Begräbnis verzichten müssen. Die Zeremonie wird grundsätzlich in der klassischen Weise der Erdbestattung vollzogen; fast immer im Sarg, nur ausnahmsweise in Ermangelung dessen in einem Sack oder einer Decke. Eine Feuerbestattung mit Urne steht nicht zur Diskussion, zumal diese sich erst seit dem Ende des 19. Jahrhundert langsam durchsetzte. Der Hinweis auf eine Bestattung ist gleichsam eine Metapher für den Tod an sich. So beginnt der Film Der Gefürchtete mit der Ankunft eines Neuankömmlings in einer Stadt. Er erkundigt sich nach dem Sheriff. Ein Mann deutet auf den Saloon: »Er musste zu einem Begräbnis.« Gemeint ist sein eigenes, denn gerade wird er im Sarg hinausgetragen. Ein besonders bizarres Schauspiel bietet Blindman, der Vollstrecker: Die schon erwähnte postmortale Trauung des toten Candy mit Pilar wird gleichzeitig mit einer Bestattungsfeier verbunden. Dabei soll die neue »Ehefrau« gleich zusammen mit dem Toten begraben werden. Dies erinnert an die in manchen hinduistischen Glaubensrichtungen praktizierte »Witwenverbrennung« (Sati). Die abartige Verbindung von Trauung und Beerdigung zeigt sich auch in den verwendeten Farben: Als Sinnbild des Lebens werden weiße Tauben aufgelassen, auch die »Braut« trägt weiß; als Zeichen von Tod und Trauer sind alle anderen Anwesenden in schwarz gekleidet. Bei der Beerdigung einer ermordeten Familie (Django tötet leise) sind es die Männer des für die Untat verantwortlichen Thompson selbst,

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die die Gräber schaufeln. Dazu werden ein paar geistliche Worte gesprochen; ebenso wie in Django sfida Sartana durch den anwesenden Geistlichen. In Uccideva a freddo wird die Zeremonie mit dem trinitarischen Votum begonnen (»Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«). Der Pfarrer in Vergeltung in Catano muss die Trauerfeier für den eigenen Sohn halten, der von Banditen erschossen wurde. Daniel (Schweinehunde beten nicht) beerdigt seinen ermordeten Bruder nachts allein auf dem Friedhof. Auch er liest dazu aus der Bibel. Neben einer solchen Lesung erklingt in Bucks grösstes Abenteuer auch das Lied Amazing Grace. Naturgemäß finden bei christlichen Bestattungen viele Worte der Heiligen Schrift Verwendung. Es sind Schriftstellen, die entweder von der Vergänglichkeit des menschlichen Lebens sprechen oder über den Tod hinaus die Hoffnung der Auferstehung vermitteln. In Kein Requiem für San Bastardo zitiert der frühere Revolutionär und jetzige Priester bei der Beisetzung zunächst das Buch Hiob: »O Mensch, vom Weibe geboren, dir ist auf dieser Erde nur kurze Zeit gegeben voller Last und Müh’« (Hiob 14,1306), um dann fortzufahren mit den ersten Worten des gregorianischen Chorals Media vita in morte sumus: »Auf der Höhe des Lebens sind wir schon dem Tode geweiht.« Weiter geht es mit dem Prophetenwort »Wir sind abgeirrt von deinen Wegen wie verlorene Schafe« (vgl. Jesaja 53,6307). Es folgen kryptischen Aussagen, die dergestalt kaum aus der Bibel stammen (angelehnt wohl an Worte des Paulus in Römer 7,15–20), sondern wohl eher als Mitteilung an die der Trauerfeier beiwohnende junge Witwe gedacht sind: »Was uns geheißen war zu tun, das haben wir nicht getan. Aber das, was wir nicht tun sollten, das taten wir. Es gibt nur einen, der uns helfen kann.« Zum Schluss wird die bekannte Formel »Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück« (vgl. 1. Mose 3,19308) gesprochen, verbunden mit einem dreifachen Erdwurf. Letzteres Wort, das traditionelle »Erde zu Erde, Asche, zu Asche, Staub zu Staub« kommt auch bei anderen Beisetzungen vor, so z. B. in Zeig mir das Spielzeug des Todes. Bei der inszenierten Trauerfeier für den angeblich verstorbenen Titelhelden in Ringo kommt zurück versteigt sich sein Feind Esteban Fuentes zu der Aussage: »Wie es im Evangelium heißt: ›Von der Erde sind wir gekommen, und die Erde wird uns auch wieder aufnehmen‹.« Mit dieser Fundstelle liegt er falsch. Für ihn



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ist es aber nicht mehr wichtig, denn er wird künftig auch persönlich kein Evangelium mehr erfahren, sondern nur das Gericht, das an ihm vollzogen werden wird. Denn Ringo lebt noch und wohnt – wie einst Mark Twains Tom Sawyer – unerkannt der eigenen Beerdigung bei. Bereits zuvor wurde in diesem Film die Trauerfeier für einen ermordeten Richter gezeigt, die in der Kirche stattfand und an der ebenfalls die auch für diesen Tod verantwortlichen Fuentes-Brüder teilnahmen. Eine prächtige Beerdigung für jemanden, der gar nicht tot ist, gibt es ebenfalls in Gott vergibt  … wir beide nie!. Es ist die des Gauners Bill St. Antonio und wurde von ihm selbst geplant. In Scalps beten Soldaten, nachdem sie zuvor ohne Skrupel einen Indianerstamm massakrierten, bei der Beerdigung gefallener Kameraden den bis heute beliebten Psalm 23. Wie in einer ordentlichen Trauerfeier üblich, wird neben den Verweis auf den Ursprung des Menschen auch das Auferstehungswort Johannes 11,25 gestellt: »Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.« So geschieht es z. B. in Ohne Dollar keinen Sarg, wo im Anschluss das Vaterunser folgt. In Hasse deinen Nächsten wird Johannes 11,25 vom Pfarrer vor einer Hinrichtung gesprochen. Passend ist auch der Text aus der Bergpredigt, der zur Trauerfeier in Die schmutzigen Dreizehn gepredigt wird: »Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, wo sie Motten und Rost fressen« (Matthäus 6,19309). Dieselbe Schriftstelle wird auch in Mögen sie in Frieden ruhen zitiert, als der fromme Vater das Weglaufen seiner Tochter Princy beklagt. Die Frage nach dem richtigen Ritus wird in Il tredicescimo è sempre Giuda aufgeworfen, nachdem alle Insassen einer Postkutsche getötet worden sind: »Niemand weiß, was sie waren: Protestanten, Mormonen, Baptisten, Katholiken? Wie wollen wir sie bestatten?« Bekannte Worte finden Verwendung: »Zurück zum Staube kehren sie, woher sie kamen. Sie sind alle Sünder; nur Gott hat das Recht, sie zu richten.« Zudem wird von den »Posaunen zur Auferstehung« gesprochen (vgl. 1. Korinther 15,52). Da der Pfarrer in Der kleine Schwarze mit dem roten Hut kein echter ist, wundert es nicht, dass er biblische Inhalte durcheinanderbringt. Er hat einen Sheriff zu beerdigen, der ganze sechs Wochen im Ort wirkte und damit den Rekord aufstellte, die bisher längste Zeit im Amt

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gewesen zu sein. Während der Trauerfeier sagt der Zelebrant: »Es steht geschrieben: ›Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!‹« Das steht tatsächlich so geschrieben (Lukas 23,43), doch weiß der Sprecher offensichtlich selbst nicht recht, was er tut; denn er fährt fort: »Es steht geschrieben: ›Selig sind die, die uns verfolgen, denn sie werden eines Tages von uns getröstet werden.‹« Sein Gehilfe muss ihn berichtigen: Hier wurden zwei Seligpreisungen der Bergpredigt (Matthäus 5,4 und 10) miteinander vermengt. Ein falscher Geistlicher übernimmt auch ein Begräbnis in Django – Wo steht dein Sarg?. »Jeder muss zurückkehren zu unserem Herrn, der uns geschaffen hat«, lautet seine Botschaft. Für die Amtshandlung verlangt er fünf Dollar. Salbadernde Worte eines Predigers begleiten die Beerdigung eines Alkoholikers (Fäuste wie Dynamit), der alles, was er hatte, verspielte. Eine längere Litanei, bestehend aus mehreren Versatzstücken, hört man von einem Pfarrer während einer Hinrichtung in Il Nero  – Hass war sein Gebet. Die monotone, desinteressiert erscheinende Sprechweise des Geistlichen (zumindest in der deutschen Sprachfassung) wirkt umso abstoßender, da es sich um einen grausamen Justizmord handelt, dem Kinder und gar Säuglinge gezwungen sind beizuwohnen. »Ich rufe zu dir, o Herr und flehe um Milde!«310 So beginnt er und fährt fort mit Stücken aus Psalm 30: »Ihr Heiligen, lobsinget dem Herrn, danket und preiset seine Heiligkeit. Denn sein Zorn währet einen Augenblick und seine Güte und Nachsicht ein Leben lang. Herr, ich will dir danken in Ewigkeit. Denn was ist mir nütze an meinem Blut, wenn ich tot bin? Herr, erhöre mich und sei mir gnädig. Herr, sei mein Helfer. Du hast meine Klage verwandelt in einen Reigen. Du hast mich mit Freuden gegürtet, auf dass ich dir lobsinge, meine Ehre, und nicht stille werde.«311 Daraufhin folgt ein Abschnitt aus der Bergpredigt Jesu: »Geht hinein durch die enge Tür, denn weit ist das Tor und breit ist der Weg, der ins Verderben führt. Und viele sind es, die hineingehen auf ihm. Wie eng aber ist das Tor und wie schmal der Weg, der zum Leben führt! Und wie wenige sind’s, die ihn finden? Hütet euch vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen! Inwendig sind sie reißende Wölfe« (Matthäus 7,13–15). Zum Schluss heißt es: »Herr, erhöre mich und sei mir gnädig« (Psalm 27,7). Eine ähnlich lange Aneinanderreihung verschiedener Schriftworte, vorrangig wohl aus den Prophetenbüchern des Alten Testament, gibt



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ein Pfarrer in Rocco  – Der Einzelgänger von Alamo während einer Trauerzeremonie auf offener Straße von sich. Eingeleitet werden die Versatzstücke hier jeweils mit der Formel »Also spricht der Herr  …«. Hin und wieder wird zwar ein Sarg, aber keine Leiche beerdigt. Dann dient die Bestattungszeremonie einzig dazu, das Versteck von geraubtem Gut zu verbergen. In Die Grausamen wird das Geld aus einem Überfall in einem Sarg versteckt und dieser als Ruhestätte für den nicht existierenden Captain Ambrose Allan herumgefahren. In einer Stadt angekommen, nötigt der Ortspfarrer die Räuber um den Südstaatenoffizier Jonas dazu, nun endlich den Verstorbenen beisetzen zu lassen. Dies geschieht tatsächlich nach einem Gottesdienst. Wenig später wird der Sarg mitsamt seinem wertvollen Inhalt allerdings wieder ausgegraben. In Weihwasser-Joe wird angeblich die verblichene Mutter des Banditen Charlie beerdigt. Auch hier ist nur gestohlenes Geld im Sarg versteckt. Der Gottesdienst gestaltet sich recht kurz, sodass der »trauernde Sohn« den Pfarrer fragt: »Ist das alles für meine zwanzig Dollar?« Nach derart unschönen und die kirchlichen Riten häufig missbrauchenden Begebenheiten sei abschließend auf die schlichteste, gleichwohl berührendste Beisetzung hingewiesen. Zu erleben ist sie in Enzo G. Castellaris Spätwerk Die Rache des weissen Indianers. Jonathan Kowalski, ein Junge von möglicherweise sieben, acht Jahren, hat mit ansehen müssen, wie seine Mutter und sein Vater ermordet wurden. Auf dem Weg ins »gelobte Land« wurden die polnischen Einwanderer inmitten der Prärie von Banditen erschossen. Nun schaufelt der überlebende Junge in der Wildnis Gruben für die Eltern. Hier gibt es keine Särge, weder Kirche noch Geistlichen. Kein biblisches Wort des Trostes und der Hoffnung wird gesprochen. Aber es gibt zwei Kreuze auf dem Gräbern, von Jonathan gefertigt aus Gegenständen eines mitgeführten Haushalts, der nun nicht mehr existiert: Holzlöffel und Schöpfkellen (I Abb. 36). Es sind schlichte, aber kraftvolle Hoffnungssymbole, die auf den verweisen, der 1.900 Jahre zuvor ebenfalls ermordet wurde, gleichwohl aber dem Tod nicht das letzte Wort überließ.

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5. Bekreuzige dich, Fremder: Weitere Symbole und Riten In der bisherigen Darstellung dürfte deutlich geworden sein: Der Italowestern weist eine für ein Unterhaltungsgenre zweifellos einzigartige Vielzahl christlicher Motive und Symbole auf. Abschließend soll es nun um einige ausgewählte, weil für das Christentum zentrale Symbole und Riten gehen: Das Kreuz, die Kirchenglocken, das Innere des Kirchenraums sowie die Heiligenverehrung mit den ihr eigenen Prozessionen. Kreuz und Kreuzzeichen Seit in Für eine Handvoll Dollar ein schlichtes Holzkreuz über Silvanitos Bett hing, beschirmte ein solches den Schlaf vieler Filmfiguren. Es ist das Zeichen der Christenheit schlechthin, das vom Symbol für eine grausame Tötungsart zu einem Hoffnungszeichen wurde, das über die Macht des Todes hinausreicht. Daher findet es sich nicht nur in Kirchen, sondern in vielen Wohnstätten, die mit einem Kreuz oder Kruzifix gleichsam unter den Segen Gottes gestellt werden. Zu finden ist es auch auf der Kleidung. So trägt Espedito, der fromme Banditenführer in Viva Cangaceiro deutlich sichtbare Kreuze auf dem Hut und der Uniform. Naturgemäß gehören Kreuze auch auf die zahlreichen Friedhöfe und Gräber. Die selbstgestalteten Grabkreuze für die Eltern von Jonathan Kowalski (Die Rache des weissen Indianers) sind möglicherweise die letzten innerhalb des Genres, aber längst nicht die einzigen. Ein Grabkreuz war es auch, das bereits 1966 den verletzten Django beim Showdown mit Major Jackson stützte. Letzterer wiederum benutzte mit seinen Männern brennende Holzkreuze in dem ihren Sinn pervertierenden Verständnis des Ku-Klux-Klans. Der Protagonist in Django und die Bande der Bluthunde führt in der Eingangsszene das Kreuz für das künftige Grab seines Opfers mit sich. Das Sterbedatum ist vorab bereits ins Holz geritzt. Für einen weiteren Todeskandidaten bestellt er ein Kreuz beim Sargtischler. Als der Beauftragte erfährt, für wen es gedacht ist, meint er begeistert: »Das Kreuz mache ich dir umsonst!« Zum Stein des Anstoßes wird das Kreuz für den Indianer »Leuchtender Stern« (Der weisse Apache): Nachdem in einer Kirche Indianerinnen vergewaltigt und getötet wurden, schaut der Krieger auf das Kruzifix und ruft: »Hast du das nicht gesehen? Hast du weggeschaut?« Er wirft



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einen Stein auf Jesus, den er für die Untaten verantwortlich macht. Für ihn steht der Gott der Christen synonym für die weißen Mörder. Dass der am Kruzifix dargestellte Jesus selbst Opfer von Gewalt wurde, bleibt ihm verschlossen. Man kann es ihm nicht einmal verdenken. In einer anderen Kirche (Sabata kehrt zurück) nimmt der Verbrecher McIntock an einem Gottesdienst teil. Danach schlägt er einen seiner Untergebenen wütend ins Gesicht  – nicht aber, ohne zuvor das Kruzifix auf dem Altar umzudrehen, auf dass der Herr die Untat nicht sehe. In Viva Maria! besitzt das Kreuz auf dem Kirchturm einen beweglichen Querbalken, mit dem optische Signale gegeben werden. Manchmal wird improvisiert: Harry Boyd (Der Tod zählt keine Dollar) nimmt nach einer Schlägerei zwei Latten aus einer zu Bruch gegangenen Tür und legt sie als Kreuz auf einen bewusstlos am Boden liegenden Mann. Sledge (Der Einsame aus dem Westen) muss seinen verletzten Arm verbinden und schient ihn mittels eines Kruzifix. Pater Albino (Bete, Amigo!) schlägt kurzerhand einen Soldaten mit dem Kreuz nieder, da ihm gerade nichts anderes zur Verfügung steht. Schließlich taucht das Symbol der Christen auch im Sprachgebrauch auf: »Du siehst immer aus, als hättest du ein Kruzifix verschluckt«, meint »El Chuncho« scherzhaft zu »El Niño« (Töte, Amigo). Von den als Schmuck getragenen Kreuzen hat vor allem das von Juan in Todesmelodie seine ganz besondere Geschichte. Es gerät ihm, der es stets um den Hals trug, zur schweren Anfechtung. Er findet seine zahlreichen Söhne nach einem Massaker der Soldaten ermordet in einer Höhle. Der Schmerz überwältigt ihn. Zuvor hatte er sich von ihnen mit den Worten verabschiedet: »Falls euer Vater nicht zurückkommen sollte, so bittet den lieben Gott, dass er an meiner Stelle für euch sorgt.« Nun kam es gerade umgekehrt: Alle anderen sind tot, er selbst ist die Waise. Mit einem gequälten Blick gen Himmel reißt er sich das Kreuz vom Leib, schaut es nochmals an und wirft es fort. Doch das ist nicht das Ende. Was Juan nicht weiß: John hat das verschmähte Kreuz unbemerkt eingesteckt. Als er am Schluss selbst im Sterben liegt, gibt er es dem Freund wortlos zurück. Harald Steinwender deutet das Geschehen so: »Diese Haltung (das Fortwerfen des Kreuzes – M. S.) erscheint in GIÙ LA TESTA letztlich als aufgeklärter als die reflexhafte Religiosität des Intellektuellen, der das

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Kreuz aufhebt und es Juan kurz vor seinem Tod zurückgibt – zu einem Zeitpunkt, an dem für diesen Religion grundsätzlich jeden Sinn verloren hat; er hat ja nichts mehr, das ein Gott für ihn beschützen könnte.«312 Doch so wird es gerade nicht dargestellt. Steinwenders Aussage lässt vermuten, dass Gott für ihn eine Art Talisman oder Lebensversicherungspolice darstellt. Möglicherweise ist es so, dass Juan bisher sein Kreuz in ähnlich volkstümlich-abergläubischer Weise auch nicht anders betrachtet hatte. Als solch eine Art Bodyguard hätte dieser Gott bei seinen Söhnen dann tatsächlich versagt. Das jedoch ist nicht der Gott der Bibel; und Juan ist nicht Hiob, der aufgrund seines bisher gelebten Glaubensgehorsams möglicherweise noch ein »Recht« gehabt hatte, nach bitterem Verlust mit Gott zu hadern. Der Bandit jedenfalls ließ zuvor keine Anzeichen gelebter Gottesbeziehung erkennen. Da ihm der christliche Glaube an guten Tagen nichts bedeutete, sein »Götze« vielmehr die Bank von Mesa Verde darstellte, der er einen eigenen Altar stiftete, kann er ihm nun auch in der Zeit des Schmerzes und der Trauer keine Hilfe sein. Sich buchstäblich davon loszureißen, ist daher konsequent und menschlich auch verständlich; allerdings kaum als »aufgeklärt« zu bezeichnen313, sondern lediglich bedauernswert. Denn nun bleibt Juan nichts mehr, höchstens noch die Freundschaft zu John. Aber auch diese gerät an die Grenze des Todes und fordert erneut heraus zur Auseinandersetzung mit dem, was letztlich wirklich zählt. Darum offensichtlich wissend, gibt der sterbende John das aufbewahrte Kreuz dem noch Lebenden zurück. Er wird es noch brauchen. Das Kreuz ist Johns Vermächtnis an den Freund; das Beste, was er ihm geben kann. Juan nimmt es an – und es scheint kaum vorstellbar, dass er es abermals fortwerfen wird. Zum (katholischen) Alltag vieler Menschen gehört nicht nur das sichtbare Kreuz, sondern ebenso das Kreuzzeichen. Unvergessen und unnachahmlich bleibt Tucos Geste des Bekreuzigens durch Eli Wallach in Zwei glorreiche Halunken. Dies geschieht beim Anblick von Toten (die er anschließend beraubt) oder kniend betend vor einem Christusbild in der Missionsstation seines Bruders – nicht ohne sich vorher zu vergewissern, dass ihn niemand beobachtet. Auch die von Fernando Sancho verkörperten Charaktere bekreuzigen sich oft und mit schwungvollen Bewegungen (in Django, der Bastard, Sartana – Bete um deinen Tod u.v.m.). Überhaupt sieht man jede Menge Gauner und Halsabschnei-



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der, die es tun: In Zwei Companeros bekreuzigt sich der geldgierige Verbrecher General Mongo ebenso wie der Killer John, nachdem er einen Mann von seinen Männern mit einer Heugabel töten ließ. Der falschzüngige »Bruder Baldwin« (Django – Unbarmherzig wie die Sonne) bekreuzigt sich bei Hinrichtungen, die er selbst angeordnet hat. Paquito (Der Fremde von Paso Bravo) bekreuzigt sich, nachdem er den eigenen Bruder ermordete. In Partirono preti, tornarono  … curati wird das Kreuzzeichen mit dem Colt in der Hand geschlagen. Es wird deutlich: In einer Welt, die vom diabolos, dem Durchein­ anderbringer, vollständig auf den Kopf gestellt ist, werden auch und gerade christliche Symbole pervertiert und in ihr Gegenteil verkehrt. In der Kritik steht nicht das Symbol an sich, sondern Bigotterie, Heuchelei oder Aberglaube. McIntock (Sabata kehrt zurück) ist solch ein Heuchler, der mordet, sich aber in der Kirche bekreuzigt; ebenso Candy in Blindman, der Vollstrecker. Aberglauben lassen jene mexikanischen Banditen in Die Grausamen erkennen, die vor Mord und Raub nicht zurückschrecken, aber meinen, sich vor einem Sarg bekreuzigen zu müssen. Das ist dann nur noch wenig entfernt von den heidnisch-abergläubischen Vorstellungen eines »Indio« (Aldo Sambrell) in Requiem für Django, der vor einer schwarzen Katze erschrickt und gegen einen möglichen Fluch einen Befreiungsspruch murmelt. Ebenso wie die Aufforderungen Bete, Amigo! und Beichtet, Freunde, Halleluja kommt ist auch Bekreuzige dich, Fremder ein ernstgemeinter Wink an Widersacher, vor dem in Aussicht gestellten Ableben noch ihre geistlichen Dinge in Ordnung zu bringen. Dazu fordert Cash, der Protagonist in Django – Unbarmherzig wie die Sonne seinen Gegner auf. »Make the sign of the cross«, wird auch Johnny alias »Amen« aufgefordert, bevor er (zum Schein) erschossen wird (O tutto o niente). Gary in Tampeko – Ein Dollar hat zwei Seiten ist so clever, auf einen ebensolchen Rat hin die Geste des Bekreuzigens zu nutzen, um mit dieser Bewegung einen kleinen, bisher versteckten Revolver zu ziehen. Auch die liebreizenden Zwillingsschwestern Jenny und Sally in 6 Kugeln für Gringo bekreuzigen sich, bevor sie schießen. In Yankee schließlich wird gezeigt, dass man mit seinen Händen auch ganz anders ein Kreuz andeuten kann: Hier leisten zuerst ein Bandit, später auch ein mexikanischer Bauer einen Schwur mit hinter dem

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Rücken gekreuzten Zeige- und Mittelfinger. Traditionell wird damit der Schwur wieder aufgehoben. Das angedeutete Kreuz soll vor der Hölle bewahren, die bei einem gebrochenen Schwur drohen könnte. For whom the bell tolls Undenkbar ist der Italowestern ohne seine zahlreichen Glocken, die sowohl zu hören als auch zu sehen sind. Viele Scores des Genres setzen Glockenklänge ein, wenn es dramatisch wird. So ertönen in 10.000 blutige Dollar die Glocken, während ein Lied gesungen wird: The bells are ringing, u. a. mit der Textzeile »Don’t forget the Lord.« In Wanted Johnny Texas (1967) hingegen wird das Geläut zu einem ständigen, unsäglichen Gebimmel, das sich durch den gesamten Film zieht. Es handelt sich stets um Kirchenglocken, die eines unmissverständlich deutlich machen: Mit dem Schlag der Glocke bricht die Transzendenz in die Immanenz herein. »Christen merken immer auf beim Klang der Glocke«, sagt in San Sebastian der alte Priester zu Leon, als sich beide dem Ort nähern, von dem sie zuerst das Läuten wahrnehmen. Die Glocke läutet häufig zum Gericht, begleitet den Auftritt des metaphysisch anmutenden Rächers und verkündet den nahenden Tod dem, dessen »Stunde geschlagen hat« (for whom the bell tolls 314). Bereits in Für eine Handvoll Dollar ertönt die Totenglocke zu Beginn beim Einzug Joes ins Dorf. Sie erklingt ebenso beim Austausch der Geiseln und beim Feueralarm. Nach vollzogenem Gericht endet der Film mit dem gleichen Geläut. In Djangos Rückkehr läutet die Glocke fast ständig; vor allem wenn der Mönch Gericht hält. Der Ort in Garringo – Der Henker heißt sogar »Bells City«. Am Glockenturm hängt ein Schild mit der Aufschrift: »This is Bells City. You better return if you don’t hear it!« Es gibt drei Standardsituationen, in denen Glocken eine Rolle spielen: 1. Nach dem Motto »Ein Toter hing am Glockenseil« finden sich Schurken immer wieder erdrosselt im Kirchturm wieder; so in Satan der Rache, Ein Fressen für Django, Für ein paar Leichen mehr oder Viva Cangaceiro. In Ein Halleluja für Django hängen Banditen einen Mann, auf einem Sims stehend, an das Glockenseil. Als sie später von außerhalb des Gebäudes



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die Glocke hören, glauben sie, der Mann sei tot. Doch Django hat einen Austausch vorgenommen: Nun hängt einer der ihren dort. In Fahrt zur Hölle, ihr Halunken verschanzt sich ein Killer auf dem Kirchturm, wird heruntergeschossen und verfängt sich im Glockenseil. 2. Andere werden von einer herabstürzenden Glocke erschlagen; wiederum in Satan der Rache oder Töte alle und kehr allein zurück. In Spiel deine Spiel und töte, Joe zerschießt Joe das Glockenseil, worauf die herabstürzende Glocke gleich mehrere Männer erschlägt. 3. Aus unterschiedlichen Gründen wird auf die Glocke geschossen. Blindman, der Vollstrecker tut dies, um sich Gehör zu verschaffen. Don Carlos (Kein Requiem für San Bastardo) kündigt damit an, dass er den Priester sprechen will. Ringo (Eine Pistole für Ringo) feuert auf die Glocke, von der die Kugel abprallt und den Banditen Sancho trifft. Ein freundliches Ende gibt es hingegen in Bleigewitter: Reverend Dan Miller lädt die Bevölkerung zum Gottesdienst. Dazu schießt auch er auf die Glocke – möglicherweise in Ermangelung eines Küsters. Weiterhin sind Glocken zu sehen oder zu hören in: Arizona Colt: Eine Totenglocke begleitet den Leichenwagen zur Beerdigung. Rache für Rache: Die Glocke läutet zu Beginn, während ein alter Mann gehängt wird. Friedhof ohne Kreuze: Beim Zusammentreffen von Rogers und seinen Leuten mit Manuel in der verlassenen Stadt läutet die Glocke. Django – Unbarmherzig wie die Sonne: Ein Mann greift im Sterben nach dem Glockenseil. Sangue chiama sangue: Die Glocke ertönt während eines Überfalls auf ein Kloster und der Ermordung der Mönche. Mögen sie in Frieden ruhen: Requiescant versteckt sich in der Klosterruine unter der herabgestürzten Glocke. Später wird die Glocke wieder aufgehängt und schlägt durchgehend während der Endphase des Films. Zuletzt fällt Ferguson tot in eine Grube. Das Seil der darüber hängen-

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den Glocke wird erneut zerschossen. Die Glocke verschließt das Grab des Unholds. 100.000 Dollar für Ringo: Die besagte Geldsumme ist im Glockenturm einer verlassenen Missionsstation versteckt. Vier für ein Ave Maria: Während der Exekution von Mexikanern läuten die Kirchenglocken. Yankee: Der Protagonist läutet die Glocken, um Concho und dessen Bande anzulocken. Willkommen in der Hölle: Auch hier stürzt eine Glocke vom Kirchturm herab. Vier Fäuste für ein Halleluja: Kommt es zum Duell, erklingt regelmäßig ein Glöckchen. Black Killer: Die Glocken ertönen zum Showdown. Ein Zirkus und ein Halleluja: Ein Mexikaner freut sich, dass endlich für Recht und Gesetz im Ort gesorgt wird: »Jeden Abend, den Gott werden lässt, wenn die Glocken zu Ave Maria läuten, ziehen die Jungs aus und sorgen für Gerechtigkeit!« Sartana – Noch warm und schon Sand drauf: Der Hilfssheriff Blacky flieht vor Sartana auf einen Glockenturm. Sartana läutet die Glocke. Bevor Blacky etwas sagen kann, wird er erschossen. Mein Name ist Nobody: Das Glockengeläut und ein Uhrticken begleiten die Ankunft dreier Killer zu Beginn. Der kleine Schwarze mit dem roten Hut: Die Glocken ertönen während der gesamten Beerdigungszeremonie für den toten Pfarrer. Zorro junior: Ein Geistlicher läutet die Glocke anlässlich einer Hinrichtung.

Positives zum Schluss: In Ringo kommt zurück wird die Kirchenglocke zum Hoffnungssymbol. Hatte sie bisher nur anlässlich der Beerdigung ermordeter Opfer erklungen, so ruft Ringo später durch sie die Männer des Ortes zusammen, um Widerstand zu leisten. Kirchliches Interieur und hölzerne Heilige Zum geistlichen Leben gehört immer auch ein gewisses »Equipment«. Christen reformierter Prägung würden hier möglicherweise widersprechen, aber vor allem der Katholizismus ist reich an kultischen Gegen-



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ständen und Ritualen. Das Problem ist, dass sie im Italowestern in ihrer jeweiligen Funktion kaum mehr eine Rolle spielen, da es innerhalb der lebensfeindlichen Orte auch keinen funktionierenden Kultus mehr geben kann. Das optimistische Bild des Hollywoodwestern, in dem kräftig singende Siedlerfamilien ungestört in ihrer (meist protestantischen) Holzkirche Gottesdienst feiern, sucht man nun vergebens. Neben den vielen verlassenen Kloster- und Kirchenruinen fallen auch die leeren Kirchen der Städte auf. Hier existiert kein gemeindliches Leben mehr. Hin und wieder trifft man im Kirchraum einen Geistlichen, der vor Langeweile das Abendmahlsgeschirr oder ähnliches putzt. Seine Kernkompetenzen wie Verkündigung und Seelsorge sind nicht mehr gefragt oder deren Ausübung gar verboten. Symbole und Riten entwickeln daher ein Eigenleben, losgelöst von ihrem eigentlichen »Sitz im Leben«. So wäre zu deuten, was Christopher Frayling im Blick auf Leones Arbeiten »the profanations of Roman Catholic icons«315 und Harald Steinwender als »Profanierung«316 bezeichnen. Allem gelebten Atheismus zum Trotz ist die christliche Symbolik offenbar so tief in der Tradition verhaftet, dass die Riten und Bräuche zwar manchmal ihres Inhalts beraubt werden, insgesamt jedoch einfach nicht totzukriegen sind. So zu sehen in Für ein paar Dollar mehr: Indio haust mit seiner Bande in einer verfallenen Kirche. Als er seinen Leuten von einem wichtigen Plan zu berichten hat, nutzt er die längst verlassene Kanzel, denn sie gibt seiner Rede eine größere Bedeutung. Dazu erzählt er ein »Gleichnis vom Zimmermann«317, womit nicht der Nazarener gemeint ist, sondern ein früherer Zellengenosse Indios, der als Tischler einst einen Geldschrank mit Holz verkleidete, der nun unerkannt in der Bank von El Paso steht. Jener Safe wird später ikonographisch dargestellt: Er ist von zwei großen Kerzenleuchtern umrahmt und wirkt dadurch wie ein Altar. Ein weiterer dieser aus den Kirchen längst emigrierten Altäre findet sich in Todesmelodie: Juan hat sich in seiner Kutsche, obwohl sie kaum Platz für seine große Familie bietet, einen Hausaltar eingerichtet. Seine Ikone ist ein Bild der Bank von Mesa Verde. Wiederum handelt es sich um einen Altar für den Gott Mammon. Später nimmt John seine Mütze ab und kniet davor nieder. Die Kerze, die er anzündet und aufstellt, ist eine Dynamitstange, mit der er dem Götzendienst ein unsanftes Ende bereitet. Das Nitroglyzerin Johns hat für Juan ebenfalls eine quasi-religi-

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öse Bedeutung: Er sieht es als Weihwasser (acqua santa), mit dem er die vergötterte Bank »besprengen« will – im wahrsten Sinne des Wortes. Zur gottesdienstlichen Liturgie, die jedem Zeitgenossen damals vertraut war, gehört die Sammlung der Kollekte. In Sartana lässt der Protagonist alle Bewohner des Ortes zwangsweise auf der Straße antreten und hält eine »Sammlung« ab, die an eine Kollekte erinnert. Auch der »Priester« in Die letzte Rechnung zahlst du selbst lässt unter Banditen seinen Hut herumgehen. Deutlich wird Link (Charles Bronson) in Rivalen unter roter Sonne beim Überfall auf einen Zug: »Wir werden jetzt eine kleine Kollekte abhalten, wie Sie es ja auch aus der Kirche kennen.« Ein Thema, das der protestantisch-calvinistisch geprägte US-Western fast gänzlich unberührt lässt, ist der Umgang mit den Heiligen und deren Verehrung. Für den evangelischen Glauben ist es nicht denkbar, dass einzelne herausragende christliche Persönlichkeiten (noch dazu bereits gestorbene) eine mögliche Mittlerrolle zwischen Gott und Mensch einnehmen oder gar als Schutzheilige für bestimmte Lebensbereiche oder Personengruppen dienen könnten. Mögen sie als Christen noch so vorbildlich gelebt haben, so sind sie dennoch erlösungsbedürftig und harren der Auferweckung und des Gerichts am Jüngsten Tag wie jeder andere Mensch auch. Eingedenk des reformatorischen Axioms »solus Christus« (allein Christus) wird durch die Verehrung und das Gebet zu den Heiligen die Einzigartigkeit Christi und seiner Heilsmittlerschaft verdunkelt. Evangelischer Glaube bekennt vielmehr die communio sanctorum (Gemeinschaft der Heiligen) als Gesamtheit der an Christus Glaubenden; wobei auch diese nicht aus solchen besteht, die aus sich heraus ein besonders heiliges Leben aufzuweisen haben, sondern die durch und in ihrer Gottesbeziehung »ge-heiligt« (Passiv!) werden. Im Katholizismus und in den Ostkirchen gehört die Verehrung der Heiligen hingegen zum selbstverständlichen Kultus. Dort beruft man sich auf die im Konzil von Nicäa im Jahre 787 vorgenommene Unterscheidung zwischen der latreia bzw. adoratio (Anbetung), die allein Gott in seiner trinitarischen Ausprägung vorbehalten ist, und der douleia bzw. veneratio (Verehrung), die den Heiligen zukommen kann. Allerdings wurde diese Unterscheidung im praktischen Vollzug vor allem im einfachen Volk nicht immer durchgehalten. Die Heiligenverehrung führ-



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te auch dazu, dass sich ab dem Mittelalter die Einwohner bestimmter Ortschaften »Schutzpatrone« erwählten, denen die Aufgabe zukommen sollte, dieses Gemeinwesen vor allem Übel zu behüten. Heilige wurden zu Adressaten der Fürbitte und standen daher häufig mehr im Fokus des Glaubens, als ihnen zukommt. Der Umgang mit Heiligenfiguren gestaltet sich im Italowestern meist recht profan. Beginnen wir aber zunächst mit Jesus Christus selbst und seiner Mutter. In einer anrührenden Szene des Spätwerks Trinity und Babyface schenken drei mexikanische Jungen aus Dankbarkeit Babyface ein Bildnis von Jesus. Er solle es stets auf seinem Herzen tragen. Der Beschenkte aber hält in seiner Einfalt den Abgebildeten für General Custer. Schnell wird er korrigiert. Irgendwie sagt ihm der Name etwas: »Jesus? Von dem habe ich in Kansas City gehört. Man sagt, er hätte es faustdick hinter den Ohren.« Maria wird in Der Gehetzte der Sierra Madre genannt: Dort beklagt Rosita, ihr Liebhaber Cuchillo hätte ihr alles gestohlen, selbst eine Kette mit dem Bildnis der »Mutter Gottes«. Esmeralda in Ramon il Messicano, die zu Maria betet, besitzt auch eine Pietà, vor der stets frischer Blumenschmuck steht. Beliebt sind neben Maria auch andere weibliche Heilige. Dazu gehört vor allem die im 18. Jahrhundert durch Papst Benedikt XIV. zur »Schutzpatronin Mexikos« ernannte »Jungfrau von Guadalupe« (Virgin de Guadalupe). Der Nichtsnutz Carrancho (Die Gejagten der Sierra Nevada) glaubt an sie. Sebastian (Sei una carogna  … e t’ammazzo!) schwört bei derselben Jungfrau Rache für sein ermordetes Maultier. Beide Rollen werden von Fernando Sancho verkörpert. Auch Carranza in Ein Fressen für Django tätigt einen Schwur bei der Jungfrau, während Cuchillo (Der Gehetzte der Sierra Madre) zu ihr betet. Eine weitere berühmte Heilige findet sich in Fünf Klumpen Gold: Ein alter Goldgräber hatte einst eine Vision, in der Jeanne d’Arc (1412–1431) ihm verhieß, er würde eine Goldmine finden. Verschiedene Heilige kommen in Der Tod droben auf dem Hügel vor. Das liegt daran, dass »General« Valiente und seine Banditen selbst bei Überfällen, die Gott und allen Heiligen kaum gefallen dürften, auf Schutzpatrone setzen. Als sie sich für einen großen Raub mit einigen »Gringos« zusammentun, gibt es Ärger beim Verteilen der Beute: Die Mexikaner wollen zwanzig Prozent für den »heiligen Compostela« (den

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Jünger Jakobus) spenden. Als die Amerikaner sich dagegen wenden, werden sie von Valiente als »Heiden« beschimpft. Bald darauf setzt er allerdings mehr auf den »Heiligen Tommaso« (den Jünger Thomas), da sich »Compostela« als wenig wirksam erwiesen habe. Selbst Ignatius von Loyola (1491–1556), der Mitbegründer des Jesuitenordens, erringt kurzzeitig Valientes Gunst, bevor er sich aufgrund ihrer »Erfolglosigkeit« endgültig von allen Heiligen abwendet. In Lo chiamavano Verità veranstalten die Gauner im Kloster ein Hütchenspiel mit Karten, auf denen sich das Bildnis des heiligen Antonius (ca. 251–356) findet. In Lauf um dein Leben gilt der Revolutionär Ramirez selbst als »Heiliger«, der Kinder segnet. Heiligenfiguren sind Ausdruck sakraler Kunst und kommen meist als geschnitzte Statuen vor. In John il Bastardo wird der mormonische Kopfgeldjäger von einer Heiligenstatue erschlagen. Auf die Figur des heiligen Sebastian (gest. um 288), des Schutzpatrons des nach ihm benannten Ortes (San Sebastian) wird ein Pfeil abgeschossen. Gern werden Schätze in den Hohlkörpern eingelagert. Bei einem raffinierten Bankraub in Ein Halleluja für Django wird die Beute in einer Heiligenstatue des heiligen Abélard (möglicherweise Petrus Abaelardus, 1079–1142, der allerdings kein offizieller Heiliger ist) verstaut und transportiert. In Zwei ausgekochte Halunken wird eine Statue des »San Fermín« (Firmin von Amiens, ca. 272 – ca. 303, Bischof und Märtyrer) von Banditen gestohlen, weil in ihr gleichfalls das Versteck einer Diebesbeute vermutet wird. Paco, der nach einem Fenstersturz ohnmächtig wurde, erblickt nach seinem Erwachen den Heiligen. Ob des Wunders, dass er noch lebt, betet er ihn spontan an. In Zwei Companeros wird General Mongo als roher Geselle geschildert, der aber Achtung vor Madonnenfiguren hat. Der Schwede und sein jetziger Feind John handelten früher auf Kuba mit gestohlenen Heiligenstatuen. Somit spezialisiert, entwendet der Schwede den »Heiligen San Bernardino« (höchstwahrscheinlich Bernhard von Clairvaux, ca. 1090–1153) vor den Augen des Basken aus der Kirche, in der sich dieser gerade selbst mit Lola traut, während der Heilige ihr »Trauzeuge« ist. Der Pole in Mercenario – Der Gefürchtete kennt sich hingegen weniger aus. Er beteuert zwar: »Wir sind ja alle religiös«, aber weiß nicht, das es sich bei einem stattfindenden Umzug um das



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»Fest der heiligen Rosita« handelt. Seine Vermutung: »Das ist die mit dem Bart.« Heiligenfiguren können aufgrund ihres rein finanziellen Wertes auch selbst Objekte der Begierde werden. So wollen in Fäuste, Bohnen und Karate die Gauner Sam und »Pudding« in einem Kloster eine goldene Reliquie stehlen: die »goldene Hand des heiligen Quirinius«. Der falsche Prior der Gemeinschaft kommt ihnen jedoch bei dem Raub zuvor und lässt sie leer ausgehen. In Sangue chiama sangue ist die Heiligenfigur der Virgin de la Luz (Jungfrau des Lichts) mit einem kostbaren Diadem geschmückt. Dieses wird von Banditen geraubt. Sancho Rodriguez, ihr Anführer, hat zunächst Hemmungen, der Heiligen das Schmuckstück abzunehmen. Er beauftragt damit einen Untergebenen. Danach setzt er sich das Diadem jedoch mit weniger Skrupel selbst auf das Haupt. Später gelangt der Revolverheld Andrew in seinen Besitz und will es behalten. Sein Mädchen aber sorgt dafür, dass es dem Kloster und den dort verbliebenen Mönchen zurückgegeben wird: »Das Diadem gehört den Menschen, die dafür Opfer brachten.« In einem feierlichen Gottesdienst wird der Schmuck der Jungfrau wieder angelegt. Zu den religiösen Traditionen gehören auch die in mexikanischen Städten und Dörfern bei jeder nur denkbaren Gelegenheit stattfindenden Heiligenprozessionen.318 Viele Trauerzüge tragen bereits den Charakter einer solchen Prozession, z. B. für die ermordeten Dorfbewohner in Requiem für Django oder den getöteten Ben in Friedhof ohne Kreuze, initiiert von seiner Witwe Maria. In Der Gehetzte der Sierra Madre nennt sich die katholische Prozession in einem mexikanischen Dorf das »Fest der Toten«. Die Bauern in Die Zeit der Geier veranstalten eine Prozession zu Ehren des heiligen Josef. Damit danken sie ihm, dass sie ihren Bestand an Rindern gut verkaufen konnten. In Eine Kugel für MacGregor wird die Prozession von Männern in schwarzen Gewändern und Kapuzen veranstaltet. Der Bandit Maldonado fordert vom anwesenden Priester ein Gebet und damit verbunden ein direktes Wunder, das ihm seine Zahnschmerzen nehmen soll. In Ermangelung der aus einem Kloster gestohlenen Heiligenfigur des heiligen Theodosius (um 424–529) wird in Partirono preti, tornarono  … curati ein falscher Bischof herumgetragen. Die Mexikaner in Wilde Pferde veranstalten am Weihnachtstag eine Prozession, zu der die

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Aufführung eines Krippenspiels gehört. In Hai sbagliato  … dovevi uccidermi subito   ! zieht ein Zug durch den Ort, der von einem betenden Priester angeführt wird. Der daran teilnehmende Agent Pinkerton wird prompt im Anschluss von einigen Schlägern als »Kirchgänger« verspottet.319 Neben dem Weihnachtsfest werden auch andere kirchliche Feiertage begangen oder auf sie hingewiesen. In einem mexikanischen Dorf wird das Erntedankfest begangen (Lo chiamavano Verità). Auch in Die Stunde der Aasgeier geht es um den Thanksgiving Day, der mit einem Erntekranz gefeiert wird. Ein Stummer in Adios, Sabata trägt den Namen »Septiembre«, da er an einem 2. September geboren wurde. Sabata hingegen urteilt über ihn: »Er macht ein Gesicht, als sei er im November geboren – am Totensonntag.« Auch in Zwei wilde Companeros geht es um diesen kirchlichen Feiertag am letzten Sonntag des Kirchenjahrs (eigentlich: Ewigkeitssonntag): Losoya (Eli Wallach) soll an einem 2. November die Revolution anzetteln. Das ist ihm gar nicht recht. Er moniert: »Der 2. November ist doch Totensonntag!« Abgesehen davon, dass der Anfang des Monats November ein dafür zu frühes Datum darstellt, dürften beide Verweise auf diesen Feiertag auf eine kalauernde Rainer-Brandt-Synchronisation zurückgehen.

Abb. 29: Die Heilige Familie mit Erzengel: Marianne Koch, Clint Eastwood und Daniel Martín in Für eine Handvoll Dollar

Abb. 30: Anthony Steffen verkörperte das personifizierte »Leiden Christi« – hier in Django – Die Geier stehen Schlange

Abb. 31: Der »Heilige Geist« mit Taube: John Garko in Ein Halleluja für Spirito Santo

Abb. 32: Dahinter steckt immer ein kluger Kopf – in diesem Fall Colonel Mortimer (Lee van Cleef ) in Für ein paar Dollar mehr

Abb. 33: Gebetsgemeinschaft (Die rechte und die linke Hand des Teufels)

Abb. 34: Der Mönch als Katechet: Bibelunterrricht in Viva Cangaceiro

Abb. 35: Das Sakrament der Taufe (Verdammt zu leben, verdammt zu sterben)

Abb. 36: Das Begräbnis der Kowalskis (Die Rache des weissen Indianers)

VII. KAPITEL: »ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN« – VERSUCH EINER BILANZ

»Komm und sieh!« So lautet ein biblischer Ratschlag (Johannes 1,46). Ein Begeisterter spricht hier zu einem, der noch skeptisch ist. Begeisterungsfähig ist auch der Autor der vorliegenden Untersuchung. Am Altar seiner Leidenschaft (einem Flachbildfernseher) hat er (ein lutherisch ordinierter Pfarrer) ein kleines Schild angebracht. Darauf steht das Credo des Cinephilen, ein nur leicht abgewandeltes Zitat des Reformators von Wittenberg: »Hier sehe ich, ich kann nicht anders.« An diesem Ort wurden als Grundlage der vorliegenden Untersuchung ca. 480 Italo- und Eurowestern gesichtet. »Wir lehnen ab!« Die vorliegende Arbeit folgt bewusst und grundsätzlich einem enzyklopädischen Aufbau. Die Eigenarten und Motive eines Filmgenres sollten möglichst umfassend wahrgenommen und analysiert werden. Zwei sich daraus ergebenden Beobachtungen wurde dabei in besonderer Weise Aufmerksamkeit geschenkt. Zum einen sind es die Unterschiede des Italowestern zum klassischen Western aus seinem Ursprungsland. Es zeigte sich deutlich: Das in den USA geheiligte Nationalepos wurde in Italien gründlich dekonstruiert und entmythologisiert. Dadurch (und durch neue filmische Ausdrucksmöglichkeiten) entstand eine eigene Kunstform, die sich weit davon entfernte, lediglich Kopie des Vorbilds zu sein, sondern eher als Antithese funktionierte. Gerade durch den umfassenden Blick auf das Gesamtwerk des Italowestern, den die vorliegende Arbeit unternimmt, wurde aber auch deutlich, dass die grundlegenden Wesensmerkmale des Genres zumeist bereits im Werk Sergio Leones angelegt sind. Sie wurden allerdings von vielen anderen Filmschaffenden jener Zeit in großer Zahl und sehr unterschiedlicher Qualität kopiert, variiert oder ergänzt.

558  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Die andere Auffälligkeit am Italowestern sind seine unübersehbaren Bezüge zur Gedankenwelt und den Traditionen des Christentums. Die hier in vielfältiger Weise aufgenommenen Motive, Symbole, Riten, Traditionen und Vorstellungen christlichen Glaubens und Lebens bilden daher das eigentliche Thema innerhalb der umfassenden Zusammenschau. Diese Schwerpunktsetzung erschien schon deshalb geboten, da sich dem Autor hiermit ein weitgehend unbearbeitetes Feld sowohl filmwissenschaftlicher als auch theologischer Forschung auftat. Eigentlich gehört es zu den Aufgaben der Praktischen Theologie als einer Mittlerin zwischen Glauben und Leben, Kirche und Gesellschaft, sich auch der vielfältigen Wechselbezüge zwischen Religion und Kunst zu widmen. Dies bleibt allerdings häufig auf jene Bereiche von Kunst beschränkt, zu denen vor allem die Schicht eines Bildungsbürgertums, das den Großteil von Christen, Kirchgängern und Theologen ausmacht, Zugang findet. So ließen sich beispielsweise wohl zahlreiche theologische Untersuchungen zum musikalischen Werk von Bach, Schütz oder Händel finden, kaum aber zum mittlerweile umfangreichen Kanon eines christlichen Metal in seinen vielfältigen Spielarten. Die Rezeption von Werken der umfangreichen Populärkultur seitens der Theologie steckt noch in den Kinderschuhen, weil den meisten Vertretern ihrer Zunft offenbar sowohl ein verstehensmäßiger als auch emotionaler Zugang zu fehlen scheint. Demnach wird, was dem Raster der eigenen ästhetischen Maßstäbe nicht entspricht, als minderwertig angesehen, aussortiert und scheint keiner ernsthaften theologischen Forschung wert. Das gilt für die Musik ebenso wie für Literatur, bildende Kunst, das Fernsehen und schließlich auch die »Kinematographie«, vor deren schädlichen Einflüssen die Kirchen vor einhundert Jahren noch eindringlich meinten warnen zu müssen. Bezeichnend erscheint eine gleichermaßen ahnungslos-verwundert wie herablassend wirkende Äußerung der Journalistin Christiane Schlüter (immerhin anlässlich einer »Jahrestagung der Evangelischen Filmarbeit« im Jahr 1990): »Wer käme schon von selbst darauf, hinter dem Augenschein etwa eines Western die Zeichenwelt eines theologisch relevanten Wirklichkeitsverständnisses zu vermuten?«320 Im Blick auf die vorliegende Untersuchung ließe sich ergänzen: »… und dann noch gar in einem Italowestern!«



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Die wenigen Theologen, die sich heute überhaupt mit Filmanalysen beschäftigen, beschränken ihren Wirkungskreis daher auf den intellektuellen Autorenfilm (Arthouse), anerkannte Klassiker der Filmgeschichte oder – wenn es denn schon kommerziell oder unterhaltsam sein muss – einige Hollywood-Blockbuster, an denen die öffentliche Wahrnehmung kaum vorbeikommt.321 Das Genrekino, vor allem das italienische der 50er bis 80er Jahre, das zugegebenermaßen mit vielen schier unglaublich obskuren Vertretern, aber mit ebensoviel Ideenreichtum, visueller Kraft, Emotionalität, Innovationsfreude und Liebe zum noch »handgemachten« Film aufwartet, gehört sicher nicht dazu322; zumal es selbst innerhalb der Filmwissenschaft erst aus dem Abstand mehrerer Jahrzehnte heraus überhaupt zu einem ernstzunehmenden Forschungsgegenstand avancieren durfte.323 Bezüglich des Italowestern hörten sich daher kirchliche Kritiken in der Vergangenheit folgendermaßen an: »Formal überraschend ansprechend gemachter europäischer Western, der aber fast ausschließlich von Schießereien, Mord und Sadismus lebt. Wegen dieser Tendenz und dem undifferenzierten Streben des Helden auch ab 18 mit Vorbehalten.« (Für eine Handvoll Dollar) »Abzulehnen wegen des Fehlens jeglicher Moral und wegen der gekonnt und lang ausgespielten Metzeleien, die hier zum reinen Selbstzweck werden.« (Django, der Rächer) »Trotz schauspielerischer Leistungen der Hauptdarsteller abstoßend bis ekelerregend. Abzulehnen.« (Leichen pflastern seinen Weg) »Italienischer Western, der durch fast völlig fehlende Moral und Brutalität den fortschreitenden Niedergang der Gattung demonstriert. (…) Drehbuch, Regie und Handlung gefallen sich in der Präsentation von Blut und Brutalität. Abzulehnen.« (Auf die Knie, Django!) »Für Freunde guter Western ein Graus!« (Django spricht das Nachtgebet) »Knallerei und Zynismus. Wertlos.« (An den Galgen, Bastardo) »Abzuraten!« (Jetzt sprechen die Pistolen) »Inhuman und widerwärtig. Wir lehnen ab.« (Bandidos) »Brutaler und zynischer Italo-Western, der eindeutig der Verherrlichung der Gewalt dient.« (Fahrt zur Hölle, ihr Halunken)

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»Der verwischten Rechtsverhältnisse wegen für Jugendliche ungeeignet und für Erwachsene wertlos.« (Ringo mit den goldenen Pistolen) »Unterdurchschnittlicher Italo-Western, der sich zuerst unbeholfen um Komik bemüht und dann übergangslos in einen brutalen Schlägerstil verfällt. Wir lehnen ab!« (Ein Halleluja für Django) »Europäischer Serienwestern, plump, einfallslos und brutal. Wir lehnen ab!« (Die schmutzigen Dreizehn)

Diese Beispiele spiegeln die »evangelische« Kritik wieder.324 Die »katholische« Sichtweise325 unterschied sich davon nicht wesentlich: »Streckenweise atmosphärisch dichter Western der harten europäischen Schule, dessen gute Ansätze durch rücksichtsloses Morden überspielt werden.« (Django – Sein Gesangbuch war der Colt) »Aneinanderreihung von sadistischen Handlungen in einem Western, der nur den Titel mit dem Film ›Django‹ gemein hat.« (Töte, Django) »Eurowestern mit ausgekosteten Brutalitäten.« (Ringo kommt zurück) »Wirrer Italowestern, stümperhaft inszeniert und hölzern gespielt.« (Sabata) »Wenig origineller Italo-Western mit massiven Grausamkeiten.« (Bandidos) »Brutaler Eurowestern mit deutlicher Sympathie für Selbstjustiz.« (Eine Bahre für den Sheriff ) »Grausamer europäischer Western, in dem individuelles tötungsfreudiges Verhalten mit dem Schein von Rechtmäßigkeit umkleidet wird.« (Für eine Handvoll Blei) »Konfuser Italowestern, der seinen Zynismus, seine Witzchen über Homosexuelle, seine falsche Pfarrerfigur und seine übersteigerten Rohheiten als Parodie auszugeben versucht.« (Dein Wille geschehe, Amigo) »Naiver Serienwestern, der die Fülle seiner Rohheitsakte durch Brutalkomik zu entschärfen versucht.« (Ein Halleluja für Spirito Santo) »Völlig sinn- und handlungsloser Italo-Western, der scheinbar bedeutungsschwere, nichtssagende Großaufnahmen aneinanderreiht.« (Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel)



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»Verspäteter Italowestern, der sich genüsslich in ausgespielten Brutalitäten ergeht und Massenmord als Unterhaltung serviert.« (Mannaja – Das Beil des Todes)

Auffällig im Vergleich der Konfessionen ist lediglich, dass das »evangelische Urteil« häufig als ein apodiktisches erscheint (»Wir lehnen ab!«), während die »katholische Kritik« mitunter auch differenzierter werten kann; zumindest bei solchen Werken und Künstlern, bei denen sich inzwischen eine allgemeine Wertschätzung durchgesetzt hat (Leone, Sollima, tlw. Corbucci). Eine weitere Frage wäre, inwieweit sich eine derart verständnislose und ablehnende Beurteilung in Deutschland möglicherweise unterscheidet von der Kritik im Heimatland des Italowestern, wo das eigene Genrekino in der öffentlichen Wahrnehmung stets einen gänzlich anderen Status als Kulturgut besaß.326 Das Böse existiert Worauf beziehen sich derart vernichtende Urteile in der Hauptsache? Selbstverständlich wird auch Kritik geübt an unübersehbaren formalen Mängeln vieler Filme eines Genres, das stets unter einem limitierten Produktionsbudget litt. Mehr aber stören sich die Kritiker an »verwischten Rechtsverhältnissen«, bemängeln das »Fehlen jeglicher Moral« und ein daraus resultierendes »undifferenziertes Streben des Helden«. Interessanterweise finden sich derartige Formulierungen mehr in »evangelischen« Kritiken als in »katholischen«. Woran das liegen könnte, wird noch zu besprechen sein. Ihnen gemeinsam allerdings ist die Verurteilung von »sadistischen Handlungen«, »massiven Grausamkeiten« oder der »Präsentation von Blut und Brutalität«. Es ist demnach vor allem die Darstellung von Gewalt bzw. ihre Art und Weise, die jene Kritiker damals primär verstörte. Unabhängig von der Überlegung, was dieselben Kritiker zu heutigen Auswüchsen selbst im Mainstream-Kino zu sagen hätten, stellt sich die Frage, ob die Kritik an einer Gewaltdarstellung, wie sie hier vorgenommen wird, vom biblisch-christlichen Standpunkt her überhaupt haltbar ist. Womöglich entspringt sie viel eher einem humanistisch-aufklärerischen Ideal vom guten Menschen, das auch die moderne, vor allem liberale Theologie beeinflusst hat, als der nüchtern-realistischen An-

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thropologie biblischer Überlieferung. Im Zentrum jüdisch-christlichen Glaubens steht jedenfalls ein Buch, das selbst voller Gewaltdarstellungen steckt – weshalb es immer wieder absurde Versuche gibt, die Bibel auf den »Index jugendgefährdender Medien« zu setzen. Selbst im Mittelpunkt des christlichen Heilsgeschehens steht eine von Folter und brutaler Ermordung gekennzeichnete Leidensgeschichte des Jesus von Nazareth. Sie illustriert im zweiten Teil der Bibel, was bereits zu Beginn deutlich wurde: »Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.« So muss Gott selbst es als Folge des Sündenfalls feststellen (1. Mose 8,21). Ebenso muss es auch jeden Tag neu zur Kenntnis nehmen, wer die Nachrichten hört oder liest. Eine explizite filmische Darstellung von Gewalt kann daher noch nicht per se »unchristlich« sein. Wird sie – was im Film natürlich durchaus vorkommt – lediglich übertrieben selbstzweckhaft betrieben, so lässt sich höchstens dies hinterfragen. Möglicherweise bildet die Gewaltdarstellung aber auch nur eine unbequeme Wirklichkeit ab. Wird sie gar als »Weckruf« gedeutet, kann sie damit »christlicher« sein als manche dem menschlichen Leben wenig entsprechende Schwarz-Weiß-Malerei von Gut und Böse in »einer Art bösem, puritanischem Märchen«327, wie Leone den Hollywood-Western nannte. »Ein Blick in die Welt beweist«, soll Alfred Hitchcock gesagt haben, »dass Horror nichts anderes als Realismus ist.«328 Dementsprechend stellt der evangelische Theologe Hans Martin Dober fest: »Wir sind Teil einer unerlösten Welt. In ihr kann es zugehen wie der Film es darstellt.«329 Im Film kann manchmal ebenso deutlich werden: »Das Recht kann der Stützung durch die Gewalt nicht entbehren.«330 Das Problem scheint – vorrangig in der westlichen Welt – in dem Versuch zu liegen, Leiden, Schmerz, Gewalt und Tod im alltäglichen Leben möglichst auszublenden. Auch Krieg, Terror und Vertreibung wurden, solange es ging, vor der Tür Europas zurückgehalten. In der Konsequenz wurde die Existenz des Bösen weitgehend geleugnet, selbst in Teilen der Theologie. Dies kann zu einem bösen Erwachen führen. Der katholische Theologe Jean-Claude Barreau stellte bereits 1969 fest: »Man kann das Böse nicht ignorieren. Manche christlichen Eltern, die ihre Kinder wie Buddha erziehen, nämlich in Unkenntnis der hässlichen Seiten des Lebens, manche christlichen Gemeinschaften, bei denen die christliche Tragik sich in einen frömmelnden Optimismus auflöst, laufen



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Gefahr, sich eines Tages denselben Vorwurf zuzuziehen: Man hat mich geprellt, man hat mich getäuscht. Das alles war nur eine Lüge für fromme Kinder (…) Die moderne Kultur möge sich vor dem Zorn der Jungen in acht nehmen!«331 Kann es sein, dass der Italowestern – überspitzt gesagt – an dieser Stelle gar Aufklärungsarbeit leistet? Jedenfalls illustriert er plastisch, dass das Böse in der Welt existiert, höchst aktiv und virulent ist. Er vermittelt deutlich das »Seufzen der ganzen Schöpfung« (vgl. Römer 8,22), die der Erlösung harrt. Vor allen Dingen aber wird im Italowestern deutlich, dass diese Erlösung kaum im Bereich menschlicher Möglichkeiten zu finden ist. Die Bitte des Vaterunsers »Erlöse uns von dem Bösen« kann hier besonders anschaulich werden. Ein »christliches« Genre? Bevor wir diese Gedanken jedoch vertiefen, scheint an dieser Stelle eine grundsätzliche Klarstellung vonnöten. Dazu rufen wir uns zunächst in Erinnerung: Die Filmhelden im Italowestern nennen sich Halleluja, Amen, Spirito Santo, Trinità, Requiescant, Jerusalem oder Weihwasser-Joe. Zum Stammpersonal gehören Pfarrer, Priester, Ordensleute und andere Christen unterschiedlicher Denominationen. Häufig wird die Bibel zitiert und gebetet. Dem Zuschauer begegnen Huren und Heilige, wahre Teufel ebenso wie Racheengel oder messianische Erlöserfiguren. Er erlebt Passion, Kreuzigung, Auferstehung, aber auch die Hölle und das göttliche Endgericht. Worum handelt es sich hier also? Um erbauliches Unterhaltungskino frommer Christen? Um Medien für den Konfirmandenunterricht oder zum Einsatz bei evangelistischen Veranstaltungen? Keineswegs. Der Autor wird am Ende seiner Untersuchung nicht den Fehler begehen, den Italowestern zu »taufen«, um ihn dann für einen »christlichen« Film zu erklären (was auch immer das sei). Intellektuell redlich wäre das nicht, ebenso wenig ernstzunehmend. Hier gilt es zu bedenken: Der Italowestern als ein Teil des Genrekinos der 60er und 70er Jahre war zunächst einmal als kommerzieller Unterhaltungsfilm gedacht. Er lief daher in der Regel nicht im von Intellektuellen frequentierten Arthouse-Programmkino, sondern im Bahnhofskino neben japanischen Godzilla-Filmen, Eastern aus Hongkong oder dem deutschen Schulmädchen-Report. Je

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nach persönlichem Geschmack wird man in ihm einen Baller-, Prügel-, Trivial-, Exploitation- oder gar Trashfilm sehen. Von alledem steckt wohl etwas in ihm – aber auch noch so viel mehr, das man entdecken kann, wenn man sich auf das Genre einlässt. Man sollte daher einerseits nicht mehr in Kunstwerke hineininterpretieren, als darin zu finden ist und die Schöpfer dieser Filme sich dabei gedacht haben. Das soll hier ausdrücklich betont werden. Andererseits sind jedoch die Analyse religiöser Bezüge und auch ein Angebot ihrer Deutung durchaus legitim – einmal mehr in einem religiös derart aufgeladenen Genre wie dem vorliegenden. Es darf daher auch für die vorliegende Untersuchung gelten, was Inge Kirsner zu Beginn ihrer Dissertation Erlösung im Film schreibt, wenn sie Rechenschaft darüber abgibt, was im Hinblick auf an Filme herangetragene religiöse Fragestellungen möglich ist und wo die Grenzen verlaufen: »Dabei kann die Untersuchung der religiösen bzw. theologischen Dimension nicht bedeuten, dem Film eine mehr oder weniger bewusste theologische Aussage zu unterstellen, einen Film als ›religiös‹ zu verkaufen, der damit nichts im Sinn hat. Um eine solche Art von Kulturimperialismus darf es der Theologie nicht gehen. Aber es kann darum gehen, in einem Film, der die menschliche Wirklichkeit sichtbar machen will, neben soziologischen, politischen und ästhetischen Zugängen auch einen religiösen Zugang aufzuzeigen. Ein solcher Zugang ist kein Zugriff und würde Tillichs Religionsbegriff von ›dem, was den Menschen unbedingt angeht‹ in Anspruch nehmen.«332 Mancher mag bei einer derartigen Spurensuche zu einem weitreichenden Schluss wie dem von Georg Seeßlen kommen: »Im Kern eines jeden Unterhaltungsfilms steckt eine religiöse oder magische Erzählung.«333 Vielleicht ist das so, doch kann »religiös« nach dieser Sichtweise alles Mögliche beinhalten (insbesondere in der Postmoderne) und muss bei weitem nicht »christlich« konnotiert sein. Gleichwohl lassen sich fast alle guten Geschichten, menschlichen Dramen und existentiellen Konflikte auf das alte Buch jüdisch-christlicher Überlieferung zurückführen. Denn es gilt: »Der Stoff bzw. Plot des Evangeliums, die Geschichte Jesu, ist jedenfalls nicht urheberrechtlich geschützt. ›Das kirchliche Patent ist abgelaufen.‹ (Neil P. Hurley)«.334



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Oder doch nur Blasphemie? Im Hinblick auf den Italowestern muss man angesichts der Faktenlage den Eindruck gewinnen, seine Schöpfer konnten oder wollten – selbst wenn nicht wenige von ihnen in den 60er Jahren häufig eher im politisch linken Spektrum beheimatet waren – ihre christlichen (vor allem römisch-katholischen) Wurzeln nicht verleugnen. Christliche Symbole und Motive waren ihnen jedenfalls bekannt und finden sich in ihren Werken in großer Vielfalt und Selbstverständlichkeit wieder. Dies dürfte als ein Ergebnis der Untersuchung unstrittig sein. Die bedeutsame Frage ist allerdings: In welcher Weise wird damit umgegangen? Darüber haben sich einige Autoren bereits Gedanken gemacht. Ein deutliches Urteil findet sich in einer Magisterarbeit im Fach Anglistik (1993) von Philipp Strazny. Im Blick auf die auch von ihm konstatierte »Abundanz katholischer Symbolik«335 schreibt er: »Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Kirche als positive Kraft dargestellt würde. Die Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben findet auch nicht in wohlmeinender Kritik statt, sondern in totaler Ablehnung und Verballhornung christlicher Werte und Symbole.«336 Weiterhin spricht er von »blasphemischer Intention«337 oder »anti-klerikaler Einstellung«338 der Italowestern. Leider bleibt Strazny stichhaltige Argumente für seine These schuldig, was auch, aber nicht nur der Kürze seiner Arbeit zuzurechnen sein dürfte. So umfasst das hier zur Diskussion stehende Kapitel mit dem Titel Blasphemie kaum eine Seite. Eine sachgerechte Differenzierung zwischen der filmischen Darstellung institutioneller Religion auf der einen und des christlichen Glaubens als solchem auf der anderen Seite kann auf diese Weise kaum vorgenommen werden. Sicher ist eine von Strazny benannte »anti-klerikale Einstellung« in nicht wenigen Filmen vorhanden. Daraufhin wurde in der vorliegenden Arbeit auch deutlich hingewiesen. Allerdings lässt sich diese kritische Haltung weder generalisieren noch geht sie einher oder ist gar identisch zu sehen mit »totaler Ablehnung und Verballhornung christlicher Werte und Symbole«. Zum Kritikpunkt wird im Gegenteil vor allem eine etablierte, satte und mit den Unterdrückern paktierende Kirche, die sich von den eigentlichen Inhalten des Evangeliums längst entfernt hat.339 Strazny verweist im weiteren auf einige Verleihtitel, die möglicher­ weise eine Antithese beinhalten: Gott vergibt   … wir beide nie!,

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Django – Sein Gesangbuch war der Colt u. a. Er suggeriert damit, hier würde pauschal das Faustrecht irgendwelchen biblischen Werten konträr entgegengesetzt. Dazu muss erwidert werden, dass sich die Durchsetzung des Rechts durch bloße Gewalt, wie sie sich in solchen verkaufs­ trächtig-reißerischen Titeln andeutet, in den Filmen selbst längst nicht immer als Heilmittel erweist. Auch die persönliche Befriedigung und Genugtuung durch den Vollzug der Rache stellt sich oft nicht so ein wie zuvor erhofft. Wenn schließlich mitunter dem Protagonisten sogar die mythologische Attitüde eines göttlichen Racheengels verliehen wird und dessen Handeln als Vorzeichen des eschatologischen Gerichts verstanden werden kann, dann erweist sich damit auch die von Strazny konstruierte Antithese als hinfällig (siehe dazu Kap. IV.1.: Rache und Vergeltung). Ein grundsätzlicher Gegensatz zwischen der Ausübung von Gewalt und dem christlichen Glauben kann nur für den bestehen, der Letzteren mit klischeehafter Biederkeit, Harmlosigkeit, notorischer Sanftmut und rigoristischem Pazifismus verbindet und verwechselt. Einen insgesamt differenzierteren Blick auf die christliche Ikonographie wirft Harald Steinwender. Allerdings beziehen sich seine Analysen allein auf das Werk Leones. Dort nimmt er eine »Profanierung«340 christlich-katholischer Symbole wahr. Über Todesmelodie sagt er: »Wie in der ›Dollar‹-Trilogie ist Leones Katholizismus nahe am Ketzerischen angesiedelt, das Sakrale untrennbar mit dem Profanen verflochten.«341 Steinwender bezieht sich damit vor allem auf Christopher Frayling, der zunächst neutral feststellt: »The iconography of Catholicism is superimposed on the iconography of the popular Western«342, dann jedoch ebenso von »profanations of Roman Catholic Icons«343 spricht, und von »weird associations Leone makes between symbols of the church, the monastery, the cemetery, on the one hand, and symbols of greed, self-seeking and neo-feudalism, on the other«344. In einer weiteren Veröffentlichung kommt Steinwender im Blick auf den Italowestern insgesamt zu dem Ergebnis: »In vieler Hinsicht exemplifiziert sich in diesen Genrefilmen der Widerspruch einer sich rasant modernisierenden Gesellschaft zu ihrem konservativ-katholischen Erbe. Dies äußert sich sowohl im Angriff auf die katholische Zeichenwelt wie auch im exzessiven Gebrauch ihrer Symbole. Viele dieser Filme erscheinen als vordergründig ketzerisch und sind zugleich besessen vom Bild des gekreuzigten, stigmatisierten Mannes.«345



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Wie aber ist eine solche »Profanierung« zu verstehen? Steinwender nennt bei seiner Analyse von Für ein paar Dollar mehr als erstes Beispiel dafür das Gebaren Indios in der verlassenen Kirche, als er die Kanzel für seine Zwecke missbraucht oder ein Bandenmitglied töten lässt. Sofern man hier – sicher zu recht – Profanierung in einem negativen Sinne als »Entweihung« bzw. »Herabwürdigung« deutet, ist es ja gerade diese Handlung, mit der Leone nicht etwa sympathisiert, sondern den widergöttlichen, diabolischen Charakter Indios verdeutlicht. Denn selbstverständlich entweiht der Teufel gern das Sakrale, tritt das Heilige in den Schmutz. Insofern muss, wenn von »Profanierung« als »Entwürdigung« gesprochen werden, stets gefragt werden: Wer ist die handelnde Person? Böse Menschen tun böse Dinge, sehr böse Menschen tun teuflische Dinge. Wenn dies in den Filmen gezeigt wird, könnte dies mehr dem biblischen Glauben entsprechen als eine antichristliche Aussage darstellen. Weitere von Steinwender für eine Profanierung angeführte Beispiele, vor allem aus Zwei glorreiche Halunken (Blondie als Engel und Judas, Tucos Bruder als Priester, Kreuzesdarstellungen346) können ebenso wenig pauschal als Sakrileg gedeutet werden. Hier wird lediglich das Religiöse, das Sakrale ins Profane hineingeholt, wo es eigentlich seinen Platz hat und vor allem in der Region Nord- und Mittelamerikas des 19. Jahrhundert auch seinen noch ganz selbstverständlichen »Sitz im Leben« hatte. Die Bilder- und Zeichenwelt der Bibel bildete immerhin mehrere Jahrtausende lang Erklärungs- und Deutungsmuster für das menschliche Leben und tut dies in Teilen der Welt auch gegenwärtig noch. Wer allerdings nur mit der heutigen, sich selbst säkularisierenden Gesellschaft des Westens vertraut ist, in der Kreuze aus Gerichtssälen und Schulen verbannt werden und biblisches Grundwissen konstant abnimmt, auf den kann die gehäufte religiöse Symbolik im Italowestern durchaus befremdlich wirken. Dann werden Christentum und Moderne nur noch als »Widerspruch« (so Steinwender, s.o.) wahrgenommen, und es fällt schwer, eine sachgerechte Deutung dieser Symbolik und ihrer filmischen Darstellung vorzunehmen. Auch Georg Seeßlen äußert sich zur Frage des Umgangs mit religiösen Inhalten: »Und schließlich ist der Italowestern das probateste Medium zur Zertrümmerung christlicher Symbolik und christlicher Mythen. Während der amerikanische Western so häufig im Kern eine biblische

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Botschaft parat hielt, beginnt der Italowestern, nicht unbedingt blasphemisch, in jedem Fall aber frivol, mit christlichen Vorstellungen und Zeichen zu spielen.«347 Wie ist das zu verstehen? Wie passt das zusammen: »nicht blasphemisch«, aber »zertrümmernd«? Und welche Botschaft ist es, die der amerikanische Western angeblich transportiert, der Italowestern aber zerschlägt? Zu einer Lösung gelangt, wer sich, statt dem hier konstruierten Gegensatz zwischen »christlichem« US-Western und »blasphemischem« bzw. »zertrümmerndem« Italowestern zu folgen, auf die Möglichkeit einlässt, es könnten lediglich verschiedene theologische Sichtweisen sein, die Hollywood und Cinecittà in dieser Frage unterscheiden. Diese These soll mit der vorliegenden Untersuchung vertreten werden; und da es sich hierbei vor allem um eine theologische Deutungsfrage handelt, sollen nun auch Theologen zu Wort kommen. Denn es gibt sie, die löblichen Ausnahmen von der zuvor beklagten Ignoranz theologischer Forschung gegenüber dem als Trivial- und Exploitationkino verachteten italienischen Genrefilm. Es handelt sich um das ökumenische Gespann Wolfgang Luley (römisch-katholisch) und Daniel Maier (evangelisch). Zuvor noch einmal eine Rückbesinnung: Bereits anfangs (Kap. I.1: Der relativ Gute) fand Wolfgang Luleys Aufsatz mit dem Titel Der Western als filmische Geschichtsschreibung des weißen Amerikas ausführliche Erwähnung. Dort hatte der Autor Motive herausgearbeitet, die näher erklären können, was mit der von Seeßlen erkannten »im Kern christlichen Botschaft« des amerikanischen Western gemeint sein könnte. In diesem Genre, das die Erzählperspektive der White Anglo-Saxon Protestants (WASP) einnimmt, lassen sich nach Luley vor allem fünf biblisch-theologische Themenbereiche bestimmen: die alttestamentliche Exodus- und die Landnahmetradition, die Vision eines »neuen Jerusalem«, die Erlösergestalten sowie eine »Heilsgeschichte als universelle Geschichtskonzeption«348. Dem Italowestern widmet sich ein von Luley und Maier gemeinsam verfasstes 32seitiges Booklet zur »Halleluja-Italo-Western-Box« von »Koch Media« aus dem Jahr 2005. Es kann als eine Art Vorstudie für die hier vorliegende Untersuchung betrachtet werden. In vergleichender Form stellt bereits der Titel der Abhandlung die seitens der Autoren vertretene



VII. »Erlöse uns von dem Bösen« – Versuch einer Bilanz 569

These dar: »Der Italo-Western ist die Rache des römischen Katholizismus am Puritanismus«. Darin heißt es zunächst: »Der Eurowestern pflegte einen ironischen, bisweilen zynischen, aber auch ernsthaften Umgang mit religiösen Motiven. Er nahm dabei die Topoi des US-Western aufs Korn (…) Die vom Katholizismus geprägten Länder Italien und Spanien, Handlungsorte wie die mexikanisch-amerikanische Grenze und Mexiko bringen es mit sich, dass Religion ex- und implizit visualisiert wird.«349 Danach folgt eine Aufzählung diverser Beispiele, die von Erlösergestalten und ihrem Passionsweg über biblische Geschichten wie die von Kain und Abel bis hin zur Vielzahl der auftretenden Geistlichen und Aspekten der Volksfrömmigkeit reichen. Unter Bezugnahme auf das vernichtende Urteil Philipp Straznys (s.o.) ziehen die Autoren schließlich das Fazit: »Damit dürften Thesen wie Religion im Italo-Western findet ›in totaler Ablehnung und Verballhornung christlicher Werte und Symbole‹ statt (…) widerlegt sein. Religiöse Motive sind in differenzierten Schattierungen vorhanden; in einigen Filmen (…) findet eine tiefgehende Auseinandersetzung mit christlichen Themen statt. Ein reizvoller Mehrwert des unterschätzen (sic!) Genres.«350 Calvinistisch, katholisch  … oder gar lutherisch? Luley und Maier haben zweifellos recht: Im Vergleich zwischen amerikanischem und italienischem Western kann es keinesfalls um eine Klassifizierung zwischen einem »christlichen« und einem »nicht-« oder gar »antichristlichen« Western gehen. Entscheidend sind vielmehr jeweils unterschiedliche Ausprägungen christlicher Theologie. Luley und Maier ordnen den US-Western dem Puritanismus zu (wobei hier theologisch dezidierter auch vom Calvinismus gesprochen werden kann), während den Hintergrund des Italowestern demnach der römische Katholizismus bildet. Das dürfte zutreffend sein. In Ergänzung dieser Zuordnung kann darüber hinaus aber gefragt werden, ob sich im Italowestern nicht auch Spuren genuin lutherischer Theologie finden lassen. Exodus- und Landnahmetraditionen gehören in der Tat zu den bedeutenden Themen der WASP-orientierten Western aus Hollywood. Diese erinnern sich in oft heroisierender Darstellung der Väter und Mütter, die als religiös bedrängte und verfolgte Pilger einst ihre europäische Heimat verließen, nach gefühlten vierzig Jahren irgendwann das »gelob-

570  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

te Land« Nordamerikas erreichten und es nach gefahrvollen Reisen in Trecks gen Westen für sich einnahmen. Daran anschließend erfolgte der Aufbau eines christlichen, auf puritanischer Ethik basierenden Gemeinwesens, das der Prediger John Winthrop 1630 in Anlehnung an Matthäus 5,14 als »city upon a hill« bezeichnete, und das Luley unter Hinweis auf Offenbarung 21,10 als Abbild des endzeitlichen »Neuen Jerusalem« deutet. Winthrop verband mit seiner Predigt von der »Stadt, die auf einem Berge liegt«, also exponiert und sichtbar für alle ist, einen ethischen Appell an künftige Kolonisten Neuenglands, ein gottgefälliges Leben nach Maßstäben von Moral, Gesetz und Ordnung zu führen, das Vorbild für andere sein möge. Der Italowestern kann an dieser Stelle nicht mitgehen, da er im Blick auf die mögliche Umsetzung rigoristischer calvinistisch-puritanischer Ethik von tiefer Skepsis geprägt ist. Diese darf jedoch nicht mit einer Indifferenz gegenüber religiösen Werten an sich verstanden werden. Auch kann die bereits thematisierte Differenzierung zwischen »puritanischer Askese« und »katholischer Sinnesfreude« (Kap. V.6.: Völlerei), bei der die Vertreter der Ersteren einer strengen Moral verpflichtet seien, während die zweiten es damit nicht so genau nähmen, so pauschal und vor allem nicht ausschließlich ins Feld geführt werden, um die Unterschiede wirklich zu erklären. Vielmehr werden beim näheren Hinsehen auch Gegensätze zwischen calvinistischer und lutherischer Theologie offenbar. Dazu exemplarisch vier Aspekte: 1. Der lutherische Satz simul iustus et peccator, der den Menschen sowohl als von Gott gerechtfertigt, als auch in seinem Erdenleben immer wieder in alte Muster zurückfallenden Sünder beschreibt, steht gegen eine Überbetonung der »Heiligung«, die der Christ unter Einhaltung rigoristischer ethischer Maßstäbe unter allen Umständen anzustreben habe. Bezeichnend dafür ist im Italowestern die unklare Trennung von gut und böse in den Charakterzeichnungen der handelnden Personen. Diese steht im Gegensatz zur Eindeutigkeit der im Calvinismus betonten Prädestination. Die Charaktere im US-Western sind daher klarer konturiert, weil sie entweder zum Guten oder zum Bösen vorherbestimmt sind. Sie lassen eine Differenzierung vermissen, die sich allenfalls erst in einigen



VII. »Erlöse uns von dem Bösen« – Versuch einer Bilanz 571

Spätwestern ab dem Ende der 60er Jahre finden lassen, die ihrerseits deutlich vom Italowestern beeinflusst sind. 2. Die auf Luther zurückgehende »Zwei-Reiche-Lehre« steht gegen Vorstellungen Zwinglis und Calvins von einem Staatswesen mit deutlich theokratischen Zügen. Luther unterscheidet ein »geistliches« und ein »weltliches Regiment«, die jeweils unterschiedliche Aufgaben haben. Das geistliche Regiment wird durch das Wort Gottes und die Sakramente in Liebe ausgeübt, während das weltliche Regiment das »Schwertamt« innehat, also, wenn nötig, auch mittels Gewalt für Frieden, Ordnung und Gerechtigkeit sorgen muss. Beides dürfe nicht miteinander vermengt werden. Damit wehrt Luther Vorstellungen eines totalitären Gottesstaates ab, in der staatliche Gewalt göttlich legitimiert wird, wie es z. B. Calvin in Genf praktisch tat und wie diese Überzeugung eine besonders problematische Ausformung im sog. »Täuferreich zu Münster« 1533–1535 fand. Im amerikanischen Western wird eine solche quasi-göttliche und daher unhinterfragbare weltliche Autorität durch den Sheriff und seinen Stern verkörpert. Die von ihm vertretene Auffassung von law and order erscheint ebenfalls (puritanisch-)geistlich legitimiert. Im Italowestern hingegen haben Judikative und Exekutive bereits vollständig vor dem Bösen kapituliert. Der Gesetzeshüter hat nichts mehr von göttlicher Legitimation an sich. Im Gegenteil: Er hat sich in vielen Fällen an den Teufel verkauft. Daher bedarf es hier meist eines erlösenden Eingreifens von außen – durch eine Person, die von jenseits der bestehenden menschlichen Machtstrukturen hinzutritt.351 3. Eine von Luther im Anschluss an Paulus hervorgehobene Kreuzestheologie (theologia crucis) steht gegen eine einseitig betonte Theologie der Herrlichkeit (theologia gloriae). Letztere sieht in der Welt vor allem die große, unbeschränkte Macht Gottes wirken, an der jene teilhaben, die an ihn glauben. Diese Sichtweise steht der Grundtendenz im Calvinismus nahe, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Erwählung der Christen durch Gott und einem umfassenden, auch sichtbar-materiellen Wohlergehen zu erkennen. Die Kreuzestheologie hingegen stellt nüchtern fest: Längst nicht alles »glückt« dem Christen. Vielmehr hat er

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mit seinem Leben auch Anteil am Leiden seines Herrn und kann sich im Blick auf das Kreuz mit der Gebrochenheit seiner Existenz zufrieden geben; wissend, dass Jesus alles, was an Leid auf Erden widerfahrbar ist, selbst kennengelernt hat, und somit auch in Nöten an der Seite dessen steht, der ihm nachfolgt. Darin zeigt sich gerade die Herrlichkeit Jesu, dass er in Niedrigkeit kommt und diese aushält. Sich daran ein Beispiel nehmend, kann der Christ wie Paulus sagen: »Wenn ich schwach bin, so bin ich stark« (2. Korinther 12,10). Im Italowestern spiegelt sich diese Sichtweise in der grundsätzlichen Gebrochenheit der »Helden« wieder, die alles andere als solche sind. Wie Paulus erleben sie sich mit einem »Pfahl im Fleisch« geschlagen (vgl. 2. Korinther 12,7). Um ihr Werk tun und vollenden zu können, müssen sie zuvor häufig ihre eigene Passionsgeschichte durchleben, ihr persönliches »Golgatha« erleiden. Auch das unterscheidet sie vom Protagonisten Hollywoods, der es selten derart schwer hat, um zum Ziel zu kommen. 4. Luther war jede Form von Bilderstürmerei suspekt. Sie galt ihm als »schwärmerisch«. In der Frage der für Christen weiteren Gültigkeit des alttestamentlichen Bilderverbots (1. Mose 20,4 par 5. Mose 5,8) unterscheidet sich lutherische Theologie kaum von der bis zur Reformation geltenden Kirchenlehre. Im 2. Konzil von Nicäa 787 hatte sich die vor allem auf Johannes von Damaskus zurückgehende Überzeugung durchgesetzt, das strikte Verbot sei für Christen dadurch obsolet geworden, dass Gott selbst Mensch wurde (Inkarnation). Johannes sagte: »Wie er sich den Menschen hat sehen lassen, so stellen wir ihn dar.« Die reformierten Kirchen hingegen haben große Vorbehalte gegenüber religiösen bildlichen Darstellungen, zumal sie das betreffende Gebot innerhalb des Dekalogs als eigenständig verstehen und nicht nur als Erweiterung des ersten. So fehlen in reformierten Kirchen in der Regel Bilder, oft selbst das Kreuz. Möglicherweise schwingt dieses Bilderverbot im US-Western mit, der deutlich zurückhaltender in der Aufnahme religiöser Motive ist  – obwohl doch der christliche Glaube in jener Zeit, von der der Western handelt, eine feste Bezugsgröße war. Vor dem Hintergrund einer calvinistischen Sichtweise muss es geradezu befremdlich, wenn nicht gar blasphemisch wirken, mit welch naiver Unbekümmertheit sich der itali-



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enische Western der Heiligtümer des christlichen Glaubens bedient und diese bisweilen auch ausbeutet. So lässt sich nun die These Luleys und Maiers aufnehmen und leicht modifizieren. Wir können sagen: »Der Italowestern ist die Rache des römischen Katholizismus am puritanisch-calvinistischen Ideal im unvermuteten Schulterschluss mit der lutherischen Theologie.« Zehn Thesen Zusammenfassend lassen sich im Italowestern (d. h. in den besten und typischen Vertretern dieses Genres) die folgenden theologischen Aussagen erkennen: 1. Die Welt (im Zustand einer gefallenen Schöpfung) ist schlecht. 2. Der Mensch (als homo incurvatus, »in sich selbst verkrümmt«) ist ein Sünder. 3. Die Welt und der Mensch bedürfen daher der Erlösung. 4. Menschliche Heilslehren vermögen diese Erlösung nicht zu erwirken; weder humanistische noch kommunistische, denn sie erweisen sich aufgrund ihres falschen Menschenbildes als illusorisch. Die marxistische These, veränderte gesellschaftliche Bedingungen würden den neuen, besseren Menschen hervorbringen, erweist sich vor allem in den Revolutionswestern als widerlegt: Der »neue Mensch« gleicht recht bald wieder dem alten.352 5. Die ein Gemeinwesen tragenden Institutionen wie Staat und Kirche haben versagt. Recht und Gesetz gelten nicht mehr. Dies ist die Welt der Apokalypse und des kommenden Gerichts. 6. Eine Erlösung, die von außen kommen muss, erscheint aus diesen Gründen alternativlos. 7. Das Böse zeigt sich häufig in einer metaphysischen Dimension des Diabolischen. 8. Daher muss auch der Kampf gegen das Böse mit metaphysischen Mitteln geführt werden.353 Der Erlöser muss übermenschliche Fähigkeiten haben, da allein mit menschlichen nichts mehr auszurichten ist.

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9. Die institutionelle Kirche hilft nicht, der Glaube möglicherweise schon. Einzelne Gläubige wirken glaubhaft. Da es vor allem die katholische Amtskirche ist, die kritisch gesehen wird, bleibt auch Platz für einen differenzierteren Umgang mit Angehörigen anderer Konfessionen und Denominationen, mit evangelischen bzw. freikirchlichen Christen, Individuen und Gruppierungen. 10. Die Christen kennen und zitieren ihre Bibel, der Teufel aber auch. Das Gebet wird häufig missbraucht, christliche Symbole und Riten nicht selten pervertiert und in ihr Gegenteil verkehrt. Auch dabei handelt es sich um deutliche Zeichen der Endzeit. So lassen sich im Italowestern nicht allein zahllose, manchmal unverbunden nebeneinander stehende christliche Einzelbezüge finden, sondern auch genügend Hinweise auf ein sich durchziehendes biblisches Welt- und Menschenbild. Es werden Sünder statt Helden und eine gefallene Schöpfung statt der heilen Welt präsentiert. Schon aus diesem Grund konnte der Italowestern  – trotz seiner bewusst kommerziellen Machart  – auf Dauer nicht zum Produkt für einen Massengeschmack werden. Der Zuschauer muss sich ihm aussetzen. Das ist unbequem. Denn die Menschen in der westlichen Hemisphäre sind es gewohnt, in einer Welt zu leben, die eher der des US-Western gleicht: Es ist nicht alles in Ordnung, aber es funktioniert irgendwie doch. Sollte unser freiheitlich-demokratisches Wertesystem einmal umschlagen in eine »Italowestern-Welt«, so würden wir es sehr schnell merken. Und zwar schmerzlich. Am Schluss bleibt eine erstaunliche Erkenntnis: Der Italowestern bildet vielfach Mythologisches ab, weist über ein rein immanentes Geschehen hinaus. Dies aber ist nicht denkbar ohne ein Minimum an zumindest vulgär-theologischer Reflektion. Mag diese oft auch sehr vereinfachend, oberflächlich, persiflierend oder gar spöttisch daherkommen – eine Welt ohne christlichen Glauben, ohne Gott und auch ohne sein menschliches Bodenpersonal ist in diesem Universum grundsätzlich unvorstellbar. Bei aller Kritik vor allem an korrumpierten und degenerierten Ausformungen institutionalisierter Religion ist gleichzeitig auch eine offenkundige Mahnung erkennbar, wohin eine gottlose Gesellschaft führen kann; wenn nicht gar ein impliziter Ruf zur Buße, zur Umkehr. Und trotz einer kurzzeitigen Klärung der Situation verstummt am Schluss des Films



VII. »Erlöse uns von dem Bösen« – Versuch einer Bilanz 575

keineswegs der Schrei nach Erlösung  – weil die Welt sie grundlegend braucht und sie endgültig noch aussteht. Der Italowestern blieb mit einer derartigen Botschaft singulär. Die ihm folgenden Genres hatten Derartiges in der Fülle nicht mehr zu bieten, lediglich Einzelaspekte: Der fast zeitgleiche bzw. nachfolgende giallo illustrierte vielfach nur noch die Dekadenz und die psychologischen Abgründe des Menschseins. Im poliziottesco wurde das Versagen der Staatsmacht und ihrer Justiz offenkundig, wenn es darum ging, in der Demokratie dem organisierten Verbrechen wirksam entgegenzutreten. Im neuzeitlichen, oft urbanen Milieu beider Genres gingen dabei auch die Bezüge zur Religion und einer früheren Volksfrömmigkeit vielfach verloren. Die italienischen Söldner-, Zombie- und Endzeitfilme der frühen 80er Jahre zeigten dann nur noch eine hoffnungslose Welt der Apokalypse – möglicherweise ahnend, dass danach nichts Konstruktives mehr kommen konnte; lediglich noch die Zerschlagung des einstmals so glorreichen italienischen Genrekinos durch Silvio Berlusconis Privatfernsehen.

Abb. 37: Brett Halsey (hier als »Montgomery Ford«) als »Zorn Gottes« in Der Einsame

Abb. 38: Anthony Steffen als der »von Gott gesegnete Pistolero« in Il pistolero segnato da Dio

VIII. KAPITEL: »ZUERST STERBEN DIE ZEICHEN  …« – SCHLUSSGEDANKEN

Der bekannte Mediensoziologe Neil Postman beschreibt in seinem Bestseller Wir amüsieren uns zu Tode eine persönliche Entdeckung: »Beim Studium der Bibel fand ich in jungen Jahren Hinweise auf eine Vorstellung, dass bestimmte Formen von Medien ganz bestimmte Inhalte begünstigen und dadurch eine Kultur entscheidend zu prägen vermögen. Ich denke hier insbesondere an die Zehn Gebote, deren zweites lautet: ›Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen‹ (…) Wie viele vor mir habe ich mich damals gefragt, warum der Gott dieses Volkes Vorschriften erließ, wie Menschen ihre Erfahrungen symbolisch darstellen sollten und wie nicht. (…) Der Gott der Juden sollte einzig im Wort und durch das Wort existieren – ein bis dahin unbekanntes Ansinnen, das ein Höchstmaß an abstraktem Denken voraussetzte. Damit dieser neue Gott in die Kultur Eingang finden konnte, musste die Ikonographie zur Blasphemie erklärt werden. Uns, die wir heute im Begriff sind, eine wortbestimmte Kultur in eine bildbestimmte Kultur zu verwandeln, könnte die Besinnung auf dieses mosaische Gebot durchaus von Nutzen sein.«354 Mit einem kritischen Blick auf die Gestaltung christlicher Fernsehprogramme mehrerer bekannter US-amerikanischer Prediger stellt er weiter fest: »Das Christentum ist eine anspruchsvolle, ernsthafte Religion. Wenn man es als leichte Unterhaltung darbietet, dann wird aus ihm eine ganz andere Art von Religion.«355 Dabei, so Postman, »(…) besteht die Gefahr nicht darin, dass die Religion zum Inhalt von Fernsehshows wird, sondern darin, dass Fernsehshows zum Inhalt der Religion werden.«356 In seinem späteren Werk Das Technopol greift Postman die Thematik in einem Kapitel mit dem Titel Die Entleerung der Symbole erneut auf. Er geht dabei von der fiktiven Vorstellung aus, Jesus als Person würde

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(in Anlehnung an die Hochzeit zu Kana in Johannes 2,1–12) in einer Werbung für Wein benutzt; zudem beschreibt er einen bereits existierenden Werbespot, in dem mit dem Verweis auf Gott selbst Frankfurter Würstchen angepriesen würden. Solches definiert Postman jedoch nicht etwa als Blasphemie. Vielmehr macht er deutlich: »Es handelt sich um etwas viel Schlimmeres. Blasphemie bezeugt schließlich auf ihre Weise nachdrücklich die Macht eines Symbols. (…) Aber hier haben wir es nicht mit Blasphemie, sondern mit Trivialisierung zu tun.«357 Eine solche nehme dem Symbol seine Kraft. Vor allem durch seine häufige Verwendung werde das Symbol zu einem Gemeinplatz und verliere an Bedeutung, Kraft und Tiefe: »Ein Bild, so heißt es, sagt mehr als tausend Worte. Aber tausend Bilder, vor allem, wenn sie alle den gleichen Gegenstand zeigen, sagen vielleicht überhaupt nichts mehr.«358 In dem 1991 erstmals erschienenen Werk schränkt Postman allerdings noch ein: »Man muss auch zugeben, dass es heutzutage ziemlich undenkbar ist, Jesus auftreten und Wein verkaufen zu lassen, jedenfalls keinen Chardonnay.«359 Seitdem ist die Zeit allerdings vorangeschritten. Große Firmen wie Nike oder Harley-Davidson haben Jesus bereits in ihren Schuhen gehen oder auf ihren Motorrädern fahren lassen. Man mag das geschmacklos finden. Als Christ mag man es als blasphemisch empfinden. Man könnte darüber ärgerlich werden und denken: Mit einem anderen Religionsstifter würden sie sich dies nicht erlauben. Sie nehmen den Mund nur dort so voll, wo es sie nichts kostet. Man darf auch die damit einhergehende Trivialisierung wertvoller Symbole und Inhalte beklagen. All das mag richtig sein. Doch hier soll noch eine weitergehende Überlegung eingebracht werden: Was wäre denn, wenn der christliche Glaube irgendwann überhaupt nicht mehr vorkäme? Wenn in einer Gesellschaft das Christentum nicht einmal mehr so öffentlichkeitsrelevant wäre, dass seine Symbole noch zu Objekten der Blasphemie oder der Trivialisierung taugen würden? Denn selbst wo Religiöses parodiert, persifliert, satirisch überzeichnet oder zu Werbezwecken missbraucht wird, ist eines deutlich: Dazu geeignet sind doch ausschließlich solche Symbole und Inhalte, die im Original noch allgemein bekannt sind. Um die Parodie oder Persiflage verstehen zu können, ist eine Grundkenntnis des Gegenstands, um den es geht, eine Voraussetzung. Gäbe es also in einer Gesellschaft keinerlei derart geschmacksunsichere Rezeption von Re-



VIII. »Zuerst sterben die Zeichen …« – Schlussgedanken 579

ligion mehr, kämen keine blasphemischen oder trivialisierenden Entstellungen des Christentums mehr vor, so wäre dies kaum ein Indikator für ein glaubensfestes Gemeinwesen, sondern eher für einen erschreckenden öffentlichen Bedeutungsverlust des christlichen Glaubens, den man also nicht einmal mehr des Spottes für würdig erachtete. Denn die Blasphemie anerkennt in der Tat, wie Postman sagt, noch die Wirkmächtigkeit der Symbole, gegen die sie sich wendet. Und selbst die Trivialisierung in der Werbung versucht deren Bedeutsamkeit zumindest noch für die eigenen Zwecke auszubeuten. In großen Teilen der Erde steht ein solcher Relevanzverlust derzeit nicht zu befürchten, da die weltweite christliche Gemeinde wächst. Im Gegensatz dazu aber wird in einem sich schrittweise selbst säkularisierenden Westen zunehmend negiert oder gar bestritten, dass seine Geschichte, seine Kultur und Ethik vor allem anderen auf dem Wertesystem der Bibel und der jüdisch-christlichen Tradition basieren. Mindestens schon eine zweite Generation wächst heute größtenteils ohne religiöse Bindung und Bildung auf. Glaube und Kirche ist diesen Menschen manchmal so fremd, dass sie nicht einmal mehr die gängigen Vorurteile mitbringen, die nötig wären, damit Blasphemisches auf fruchtbaren Boden trifft. Somit werden auch christliche Symbole nicht mehr in ihrem Wert für den Zusammenhalt einer Gesellschaft erkannt und um einer vorgeblichen weltanschaulichen Neutralität willen zusehends aus der Öffentlichkeit verbannt. »Wo früher das Kreuz hing, hängt heute das Rauchverbot«, beschreibt der Schweizer Dichter Thomas Hürlimann ernüchtert die gegenwärtige Entwicklung. »Wir selber holen die Kreuze herunter. Aber wir werden uns noch wundern: Zuerst sterben die Zeichen, dann sterben wir ihnen hinterher. Wenn das Kreuz fällt, fallen auch wir.«360 Neben den »Zeichen« sind auch die Inhalte, für die sie stehen, zu den bedrohten Arten zu rechnen. Die allgemeine Kenntnis elementarer biblischer Zusammenhänge ist in den letzten einhundert Jahren rapide zurückgegangen, der »religiöse Grundwasserspiegel« extrem gesunken. Es spricht jedoch einiges für die bekannte These des britischen Geschichtsphilosophen Arnold J. Toynbee, dass eine Kultur, in deren Mitte nicht eine umfassende religiöse Erzählung steht, zwangsläufig untergehen müsse. Auch eine Deutungshilfe menschlich-existentieller Lebenszusammenhänge, wie sie die Bibel bereithält, steht als Ressource immer weniger

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zur Verfügung. »Es hilft einem, wenn man anhand einer biblischen Figur seine Situation begreifen kann«361, ist Thomas Hürlimann überzeugt, nachdem ihm bei der Bewältigung seiner Krebserkrankung die Lazarusgeschichte (Johannes 11,1–45) hilfreich vor Augen stand. Wo die Kenntnis der Religion schwindet, wird aber auch solche Kunst, die sich auf ihren Inhalten gründet, nicht mehr verstanden. »Anders als in vergangenen Jahrhunderten gibt es heute allenfalls in Ansätzen eine vertraute und allgemein angenommene religiöse Bildsprache«, konstatiert Hans Jasper, der daher von einer »Krise der Ikonographie«362 spricht. Es wäre ein nicht wiedergutzumachender kultureller Verlust, wenn künftig die großen Künstler der Vergangenheit, die zu einem beträchtlichen Teil aus den Quellen jüdisch-christlicher Tradition schöpften, mit ihren Anliegen nicht mehr verstanden werden würden. Natürlich ist es möglich, dass jemand die Musik Johann Sebastian Bachs auch aus dem Bauch heraus schön findet – in der Tiefe begreifen und ergreifen hingegen wird sie nur können, wer um die biblischen Zusammenhänge seiner Werke weiß und halbwegs ermessen kann, was ihm das Kürzel »S.D.G.« (Soli Deo Gloria) bedeutete, mit dem er jede seiner Partituren versah. Dies gilt für Beispiele aus allen Bereichen der Kunst, selbst für einen kommerziellen Unterhaltungsfilm wie dem Italowestern: Mit allgemein abnehmender Kenntnis von Bibel und Glaube bleiben dem Zuschauer bestimmte seiner Inhalts- und Deutungsebenen unverständlich. Es dürfte daher unstrittig sein, dass es für den Liebhaber dieses Genres unbedingt von Vorteil ist, wenn er seine Bibel kennt. Auch diese Einsicht versucht die vorliegende Untersuchung zu vermitteln und möchte mit seinen zahlreichen Verweisen auf das »Buch der Bücher« zur weiterführenden Lektüre einladen. Es gilt gleichfalls anzuerkennen, dass sich das erfolgreiche Genre des Italowestern mit seiner umfangreichen Rezeption christlich-religiöser Symbolik unbewusst jener fortschreitenden Säkularisierung der westlichen Welt entgegenstellte; und zwar zu einem Zeitpunkt, als diese durch die gesellschaftlichen Veränderungen der 60er Jahre gerade Fahrt aufnahm. Aus heutiger Sicht auf dieses Genre lässt sich sagen: Wo vielfach die Symbole schwinden, darf man froh sein, wenn sie überhaupt noch irgendwo vorkommen – zum Beispiel in einem Italowestern.



VIII. »Zuerst sterben die Zeichen …« – Schlussgedanken 581

Dieses Buch soll schließen mit altersweisen Worten eines der Protagonisten des western all’ italiana, mit denen er kurze Zeit vor seinem Tod die Quintessenz seines Lebens beschrieb: »Ich brauche in diesem fortgeschrittenen Alter die Religion mehr denn je. Ich brauche den Glauben. Ich glaube an Gott, und das ist, was mich rettet. Und ich bete (…) Weil ich immer stärker erkenne, wie nichtig all das ist, worauf ich früher großen Wert gelegt habe (…) Wer sich nur für diese vergänglichen Dinge in die Brust wirft, wer nur nach Ruhm und Erfolg strebt, der ist ein Dummkopf.«

Bud Spencer 363

Abb. 39: John Richardson in Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel

Abb. 40: Anthony Steffen in Django spricht das Nachtgebet

ANHANG

1. Anmerkungen Vorspann: Sergio, Ennio und ich – Mein langer Ritt nach Almería 1 2

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In Westdeutschland hatte der Film bereits am 14. August 1969 Premiere gehabt. Dass das Anschauen von Italowestern mitunter aber sogar lebensgefährlich werden kann, zeigte Giuliano Montaldo 1978 in seinem giallo Circuito chiuso (Der tödliche Kreis): Hier werden nacheinander drei Kinobesucher während der Vorstellung durch den Pistolero Giuliano Gemma aus dem laufenden Western von der Leinwand herab im Zuschauerraum erschossen. Ausgenommen blieben die völlig anders gearteten bundesdeutschen Karl-May-Verfilmungen und die DEFA-Indianerfilme.

Einleitung: Vom italienischen Western zum Italowestern – Entstehung und Charakteristik eine Filmgenres 4

Von Demofilo Fidani, dem »Ed Wood« unter den Italowestern-Regisseuren, heißt es, er hätte Filme durchaus auch in 4–5 Tagen gedreht. 5 Fornari, Leone, S. 17. 6 Leone sagte im Blick auf den auch durch seine Filme ausgelösten Boom an billigen Fließband-Western: »In short, I have a very bad opinion of these movies. So much that when they tell me ›you are the father oft the Italian Western‹ I think: ›What a lot of sons of bitches …‹« (Heger, Parodie S. 49, Anm. 53; vgl. Frayling, Something, S. 168). Gleichzeitig aber nahm er für sich selbst in Anspruch, durchaus in einer Linie mit bekannten europäischen Regisseuren zu stehen, die den Western beeinflusst hatten: »Ford is Irish; Zinneman, Austrian; Lang, German; Wyler and Tourneur, French … I don’t see, why an Italian should not be included in the group« (Frayling, Spaghetti S. 35). 7 Neben Für eine Handvoll Dollar sind dies Per qualche dollaro in più (Für ein paar Dollar mehr, 1965) und Il buono, il brutto, il cattivo (Zwei glorreiche Halunken, 1966). 8 La resa dei conti (Der Gehetzte der Sierra Madre, 1966); Faccia a faccia (Von Angesicht zu Angesicht, 1967); Corri, uomo, corri (Lauf um dein Leben, 1968).

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So u. a. Per un pugno nell’occhio (o. dt. T., 1964), I due figli di Ringo, (o. dt. T., 1966) oder Il bello, il brutto, il cretino (o. dt. T., 1967). Die groteske, überzogene Art ihrer Komik war jedoch nicht jedermanns Sache, sodass die meisten ihrer Filme in Deutschland gar nicht erst zur Aufführung kamen. Franco und Ciccio beschränkten sich jedoch nicht nur auf die Verballhornung von Western, sondern parodierten verschiedene Genres, sobald sich diese erfolgreich etabliert hatten (so z. B. auch den Bond-Film oder den giallo). Dio perdona  … io no! (Gott vergibt  … wir beide nie!, 1967); I Quattro dell’ Ave Maria (Vier für ein Ave Maria, 1968); La Collina degli stivali (Hügel der blutigen Stiefel, 1969). Vor allem High Plains Drifter (Ein Fremder ohne Namen, 1973), Pale Rider (Pale Rider – Der namenlose Reiter, 1985) und Unforgiven (Erbarmungslos, 1992). Letzterer weist im Abspann eine Widmung für Sergio Leone und Don Siegel auf – die beiden Regisseure, die Eastwood am meisten beeinflusst haben. Zwei Beispiele von unzähligen: Von Tepepa (1968), immerhin einem der Hauptwerke Giulio Petronis aus dem Jahr 1968, existieren nach Kenntnis des Autors Versionen von 80 min, 94 min, 100 min, 127 min und 136 min – wobei selbst die letzte noch einer Veröffentlichung harrt. Wie viele andere Filme war auch Töte, Django! (Se sei vivo spara, 1966) von Giulio Questi in Deutschland lange nur verstümmelt zu sehen gewesen; hier fehlten bis zur DVD-Veröffentlichung sogar fast 30 Minuten – bei einer Gesamtlaufzeit von 117 Minuten! Obwohl man genau dies Leone vorgeworfen hat: Er hätte seine Geschichten auch in der Hälfte der Zeit erzählen können. Ähnlich warf Ward Bond einst eine Münze zur Bezahlung in ein Whiskyglas – in John Fords The Fugitive (Befehl des Gewissens, 1947); nur nicht mit der lässigen Eleganz Bronsons. So u. a. durch Staig / Williams: The Opera of Violence.

I. Kapitel: Die Protagonisten 16 Jeier, Western-Film, S. 199f.; vgl.: Frayling, Something, S. 138; Otto, Handvoll, S. 19f. 17 Zu erwähnen ist gleichfalls Walter Hills Last Man Standing von 1996, der sich derselben Grundidee bedient und aufgrund des Schauplatzes im Amerika der Prohibitionszeit dem Vorbild Hammetts näher steht. Bereits 1917 war das Motiv im Ansatz auch schon in Charles Chaplins Easy Street (Leichte Strasse) vorhanden. 18 Nach Otto (Handvoll, S. 16) soll Tonino Valerii die thematische Verwandtschaft zwischen Leones Film und Goldonis Stück entdeckt und dafür von Leones Anwälten sogar eine Belohnung von 300.000 Lire erhalten haben. 19 Später hat Frayling von einer eigenständigen Plot-Variante des »servant of two masters« gesprochen und ihre Merkmale detailliert beschrieben (Frayling, Spaghetti, S. 51). 20 Luley, Unbarmherzig. 21 Jeier, Western-Film, S. 203; vgl.: Fornari, Leone, S. 21; Strazny Kap. 2.2.3.4.



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22 Schifferle, Bänkelgesang, S. 50. Dementsprechend spricht Werner Kließ bereits 1969 vom Italowestern als dem »Kino, das einem keine Sicherheit gibt. Es fehlen die Bezugsgrößen, welche einen sonst führen: Personen, Gewissen, Verantwortung. Statt Personen gibt es Konstellationen, statt Gewissen gibt es Käuflichkeit, statt Verantwortung gibt es Kalkül.« (Kino, S. 76). 23 Willkommen, S. 75. 24 »Clint Eastwood habe mit der Lüge einer Welt aufgeräumt, schrieb Pauline Kael, ›in der der Held zum Glück auch der beste Schütze ist; stattdessen ist der beste Schütze der Held‹.« (Desalm, Cigarillo, S. 35). Dementsprechend hatte sich Leone stets gefragt, warum der Held immer der schnellere Schütze sei? Müsste nicht – in einem streng darwinistischen Sinne – umgekehrt der Schnellere der Held sein? (vgl. Carlson, Leone, S.8f ). 25 Willkommen, S. 127. 26 Manchmal weiß der Held wohl selbst kaum um seine Herkunft, wie in La grande notte di Ringo (o. dt. T., 1966). Der Protagonist (William Berger) wird darin gefragt: »Sind Sie Jack Bowman?« Die Antwort: »So sagte meine Mutter. Mein Vater war sich nicht sicher.« Bezeichnend auch, dass trotz des Titels im Film kein »Ringo« vorkommt. 27 Obwohl Eastwoods Charakter im ersten Film an wenigen Stellen »Joe«, im zweiten »Manco« oder »Monco« und im dritten »Blondie« genannt wird, entspricht die Namenlosigkeit mehr der kaum greifbaren Bedrohung, die von diesen Personen ausgeht. »Joe« galt in Italien als Synonym für alle Angehörigen der US-Army während des 2. Weltkriegs, ähnlich wie der »Tommy« (Engländer) oder der »Fritz« (Deutsche). 28 Ein Dollar zwischen den Zähnen, Un uomo, un cavallo, una pistola (Western-Jack, 1967), Der Schrecken von Kung Fu. 29 Darüber habe ich bereits in meinem Buch »Columbo – Der Mann der vielen Fragen« (2007) geschrieben, da auch der berühmte Inspektor dieser Kategorie der Unsicherheit verbreitenden Namenlosen zuzurechnen ist – zumindest was seinen Vornamen betrifft (a.a.O., S. 70f ). 30 Roland spielt auch einen der drei Protagonisten in einem weiteren Western, in dem Menschen sich zutiefst misstrauen und im Kampf um die Beute jeder jeden permanent zu betrügen versucht: Vado  … l’ammazzo e torno (Leg ihn um, Django, 1967). 31 Durch diese äußeren Attribute wirkt er nicht selten als Sonderling. In den späteren komödiantischen Italowestern wurden skurrile Figuren noch verstärkter eingesetzt. Man denke an die von Charles Southwood gespielten Figuren in den Filmen von Giuliano Carnimeo: Der Sabata in C’è Sartana  … vendi la pistola e comprati la bara! (Django  – Die Gier nach Gold, 1970) ist ein Killer mit starker Mutterbindung, der ganz in weiß gekleidet und mit weißem Sonnenschirm umherzieht; der russische Großfürst Kropotkin in Testa t’ammazzo, croce  … sei morto! Mi chiamano Alleluja (Man nennt mich Halleluja, 1971) kann sogar als Tänzer überzeugen. Auch Rocco in Sugar Colt (Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern, 1966), der sich als reisender

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Quacksalber zum Narren machen lässt, kann in diese Kategorie eingeordnet werden. 32 Ch. Keßler meint: »Blindheit ist im wilden Westen gleichbedeutend mit Impotenz« (Willkommen, S. 41). 33 Der Eastern, ob aus Hongkong oder Japan, kennt eine ganze Reihe behinderter Helden, vor allem blinde und einarmige Schwertkämpfer beiderlei Geschlechts. In dem Shaw-Brothers-Film Can Que (Vier gnadenlose Rächer, 1978) besteht das schlagkräftige Quartett gar aus einem Blinden, einem Taubstummen, einem Mann ohne Beine sowie einem Geisteskranken. 34 Vgl. Luley, Western. 35 In diesem Sinne antwortet auch das Bekenntnis der Leuenberger Konkordie (1973) auf die Lehre der doppelten Prädestination: »Über die Erwählung kann deshalb nur im Blick auf die Berufung zum Heil in Christus gesprochen werden. Der Glaube macht zwar die Erfahrung, dass die Heilsbotschaft nicht von allen angenommen wird, er achtet jedoch das Geheimnis von Gottes Wirken. Er bezeugt zugleich den Ernst menschlicher Entscheidung wie die Realität des universalen Heilswillens Gottes. Das Christuszeugnis der Schrift verwehrt uns, einen ewigen Ratschluss Gottes zur definitiven Verwerfung gewisser Personen oder eines Volkes anzunehmen.« 36 Auf die theologische Diskussion, inwieweit die Gottebenbildlichkeit durch den Sündenfall gänzlich oder nur teilweise verloren ging, sei hier nur am Rande hingewiesen. Sie ist für unser Thema nicht wesentlich. 37 Luther beschreibt in Anknüpfung an Augustin die Beschaffenheit des Menschen als incurvatus in se ipsum (in sich selbst verkrümmt). Das ist keine Körperhaltung, sondern eine Haltung: Wer derart gebeugt, in sich verkrümmt ist, dessen Blick fällt nicht mehr auf sein Gegenüber, sondern nur noch auf sich selbst. 38 Auf dieses Geschehen spielt der Originaltitel des Films Satan der Rache an: E Dio disse a Caino – »Und Gott sprach zu Kain« (vgl. 1. Mose 4,9). 39 Western, S. 79. 40 Ähnlich in Un animale chiamato  … uomo! (o. dt. T., 1972): Bill und Johnny legen der Bande von Marc Foster das Handwerk, werden aber trotzdem vom Sheriff gebeten, die Stadt zu verlassen: »Mit Ihren Talenten werden Sie sonst bald ein neuer Marc Foster.« 41 Das erinnert an Quanto costa morire?, in dem es zunächst gar keinen Helden gibt: Der es hätte sein können (Sheriff Ransom), ist alsbald tot, der neue Held (Tony) muss als solcher erst noch »geboren« werden. 42 Western S. 134. 43 Ebd., S. 128. 44 Keßler, Willkommen, S. 101. 45 Hier nach der »Neuen Genfer Übersetzung«. Luther übersetzte: »Tut Buße«; das griechische metanoein bedeutet jedoch im Wortsinn »umkehren«. 46 Lee van Cleef, S. 30 (Hervorhebungen im Original). 47 Ebd.



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Ein wirklicher Zugang zu diesen Werken blieb in den USA der Mehrheit sowohl des Publikums als auch der Kritik verwehrt. Der italienische »Bastard« wurde einfach nicht verstanden und daher abgelehnt, als minderwertig angesehen und negiert. Ein typisches Beispiel für seine Nicht-Rezeption findet sich in der 1977 erstmals erschienenen Biographie »Orson Welles« von Joseph McBride. Während der Autor akribisch jeden bedeutenden wie unbedeutenden Leinwandauftritt des schauspielerischen Schwergewichts nennt und analysiert, sucht der Italowesternfreund vergeblich nach Giulio Petronis »Tepepa«, einem der wichtigsten italienischen Revolutionswestern. Darüber heißt es dort: »Es wäre möglich, dass er (Welles – M. S.) in dem 1969 entstandenen jugoslawischen (sic!) Leinwandstreifen »Tepepa« mitwirkte, die eindeutigen Nachweise hierfür fehlen jedoch« (a.a.O., S. 158). Mit dem Abstand mehrerer Jahrzehnte hat sich die Wahrnehmung des Italowestern in den USA zwar graduell (nicht nur durch Quentin Tarantino), jedoch nicht grundsätzlich verändert. Willkommen, S. 90. Modernere Vertreter dieses Subgenres sind u. a. Open Season (Open Season – Jagdzeit, 1974) von Peter Collinson, Hard Target (Harte Ziele, 1993) von John Woo oder Surviving the Game (Surviving the Game – Tötet ihn!, 1994) von Ernest Dickerson. Vgl. Cut, S. 8. Joest, Dogmatik 2, S. 397. Vgl. ebd. Vgl. Willen, S 185: »So ist der menschliche Wille in die Mitte gestellt (zwischen Gott und Satan) wie ein Zugtier. Wenn Gott sich darauf gesetzt hat, will er und geht, wohin Gott will (…) Wenn Satan sich darauf gesetzt hat, will und geht er, wohin Satan will. Und es steht nicht in seiner freien Entscheidung, zu einem von beiden Reitern zu laufen oder ihn sich zu verschaffen zu suchen, sondern die Reiter selbst kämpfen miteinander, ihn zu erlangen und zu besitzen.« Es bedarf daher nicht erst solch unbekümmerter Gemüter wie die von Terence Hill und Bud Spencer verkörperten Trinità und Bambino, um nichts zu wissen über den Teufel und seine Macht. Als Mönche sie in Vier Fäuste für ein Halleluja vor »Luzifer« warnen, sind sie ahnungslos und meinen: »Sagt ihm, wenn ihr ihn seht, er soll sich zur Hölle scheren!« Eine sinnige Empfehlung, die 1986 auch die christliche Glam-Metal-Band »Stryper« auf ihrem gleichnamigen Erfolgsalbum gab: »To hell with the devil«. Vgl. Offenbarung. In der Dokumentation »Es war einmal  … Sergio Leone«. Was für Leone Silvanito ist, das ist für Corbucci in Django Nataniele (Ángel Álvarez). Ch. Heger hat sich in seiner Untersuchung zu Hill und Spencer auch mit Clucher (eigentlich Enzo Barboni) beschäftigt: »Das große Talent Enzo Barbonis (…) bestand von Anfang an in der Inszenierung des Buddy-Motivs.« (Parodie, S. 47). Er versteht unter der Bezeichnung »Buddy-Movies all’Italiana« (ebd., S. 46) aber vor allem  – mit Hinweis auf Barbonis Regiedebüt Django  – Die

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Nacht der langen Messer – Filme mit nicht nur zwei buddies, sondern einer Gruppenkonstellation. Der deutsche Titel geht völlig an der Intention des Films vorbei, der im Original dem Dreiecksverhältnis Rechnung trägt: Il buono, il brutto, il cattivo. Wie überhaupt der gesamte Film prägte: So wurde Zwei glorreiche Halunken allein von dem Komikerduo Franco und Cicchio im Jahr 1967 zweimal parodiert: in Il bello, il brutto, il cretino und Due Rrringos nel Texas (Zwei Trottel gegen Django). Spaghetti, S. 13. Zu den verschiedenen Dreieckskonstellationen s. auch Strazny, Italo-Western, Punkt 2.2.3.1. Mulock, der in beiden Filmen einen der Männer spielte, die sterben müssen, sollte tragischerweise auch im wahren Leben den zweiten dieser Auftritte nicht lange überleben. Während der Dreharbeiten zu Spiel mir das Lied vom Tod stürzte er sich in seinem Filmkostüm aus dem Hotelfenster und verstarb wenig später im Alter von knapp 42 Jahren. Leone S. 85. Vgl. dazu Joest, Dogmatik 1, S. 321–325. Steinwender bezieht sich mit seiner nicht näher begründeten Aussage über die Trinität auf ein Zitat von Robert C. Cumbow, in dem jedoch auf ein theologisch völlig anderes Thema eingegangen wird. Cumbow interpretiert darin Joe in Leones Western-Erstling als »Vertreter des Monotheismus« (… a proponent of monotheism in a town {world} where loyalty is divided between two gods, arms and liquor, both in the service of Mammon«) (Leone, S. 85). Auch dies ist eine These, die nicht einsichtig ist.

II. Kapitel: Die weiteren Mitwirkenden 68 Gegen Strazny, Punkt 4.1.3. Grundsätzlicher dazu in Kap. VII: Versuch einer Bilanz. 69 Im Urtext steht wörtlich nicht »Krieg«, sondern macheira, d. h. »Schwert«. So übersetzt Luther. W. Bauer lässt jedoch die Bedeutung »Krieg« im übertragenen Sinne gelten (Wörterbuch, S. 1006). 70 Hier handelt es sich um eines der wenigen Beispiele französisch-italienischer Koproduktion, bei dem die französische Prägung deutlich überwiegt. Möglicherweise fällt eine Kirchenkritik durch laizistisch geprägte Franzosen hier beißender aus als die italienischer Katholiken. 71 Augenblick, S. 195. 72 Weiterhin treten falsche Geistliche in Erscheinung u. a. in Die Goldsucher von Arkansas (1964), Ramon il Messicano (o. dt. T., 1966) Al di là della legge (Die letzte Rechnung zahlst du selbst, 1967), Il bello, il brutto, il cretino, I due facce del dollaro (Stinkende Dollar, 1967), Vendetta per vendetta (Rache für Rache, 1968), Sabata, Drei Amen für den Satan, Django – Wo steht dein Sarg?, Il tredicescimo è sempre Giuda (o.dt.T., 1972), Amico mio, frega



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tu  … che frego io! (Colorado – Zwei Halunken im Goldrausch, 1972), Bada alla tua pelle, Spirito Santo! (o. dt. T., 1972), I nipoti di Zorro (o. dt. T.,, 1972), Zwei ausgekochte Halunken, Carambola (Vier Fäuste schlagen wieder zu, 1973), Sentivano  … uno strano, eccitante, pericoloso puzzo di dollari (Der Barmherzige mit den schnellen Fäusten, 1973), Zanna bianca (Wolfsblut, 1973). 73 Er wird  – zumindest im Deutschen  – fälschlicherweise als »Priester«, »Hochwürden« oder gar »Väterchen« angesprochen. Konfessionelle Unterschiede sind den deutschen Synchronisationsverantwortlichen offenbar nicht immer geläufig. 74 Weitere Geistliche erscheinen u. a. in Dynamite Jack (Dynamit-Jack, 1961), Tre dollari di piombo (Für drei Dollar Blei, 1964), L’uomo della valle maldetta (Der Rancher vom Colorado-River, 1964), I gemelli del Texas (o. dt. T., 1964), Las malditas pistolas de Dallas (Die verdammten Pistolen von Dallas, 1964), Aventuras del Oeste (Die letzte Kugel traf den Besten, 1964), Tre croci per non morire, Für eine Handvoll Blei, Uccideva a freddo (o. dt. T., 1967), Django, der Bastard, Eine Kugel für MacGregor, Sangue chiama sangue, Il bello, il brutto, il cretino, Crisantemi per un branco do carogne (o. dt. T., 1968), Prega Dio  … e scavati la fossa (o. dt. T., 1968), Ein Fressen für Django, Für ein paar Leichen mehr, Schweinehunde beten nicht, Bang Bang Kid, Jonny Madoc rechnet ab, La morte non conta i Dollari (Der Tod zählt keine Dollar, 1967), Friedhof ohne Kreuze, I quattro del Pater Noster (o. dt. T., 1969), Il pistolero dell’Ave Maria (Seine Kugeln pfeifen das Todeslied, 1969), Die schmutzigen Dreizehn, Franco e Ciccio sul sentiero di guerra (Zwei Trottel als Revolverhelden, 1969), Quintana (Quintana – Er kämpft um Gerechtigkeit, 1969), Sette winchester per un massacro (Die Satansbrut des Colonel Blake, 1967) Land Raiders (Fahr zur Hölle, Gringo!, 1969), Sabata, Adios Sabata, Sabata kehrt zurück, Spiel dein Spiel und töte, Joe, Prima ti perdono  … poi t’ammazzo (Rancheros, 1970), Uccidi Django  … uccidi per primo!, All’ovest di Sacramento (o. dt. T., 1971), …e alla fine lo chiamarono Jerusalem l’implacabile (Bratpfanne Kaliber 38, 1971), Bastardo  … vamos a matar! (Kopfgeld für Chako, 1971), Sei una carogna  … e t’ammazzo, Ein Halleluja für Spirito Santo, Sie verkaufen den Tod, Lo chiamavano Verità (o. dt. T., 1972), I due figli die Trinità (Zwei Trottel im Wilden Westen, 1972), Bada alla tua pelle, Spiritu Santo!, Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie, Dio in cielo  … Arizona in terra (o. dt. T., 1972), Beichtet, Freunde, Halleluja kommt, Zwei ausgekochte Halunken, La banda J.S.: cronaca criminale del Far West (Die rote Sonne der Rache, 1972), Er säte den Tod, Fäuste, Bohnen und  … Karate, Il figlio di Zorro (Zorro junior, 1973), Si quieres vivir  … dispara (o. dt. T., 1975), Ah si? E io lo dico a Zzzzorro! (o. dt. T., 1975), Wir sind die Stärksten. Bereits 1961 hatte Roy Ward Baker in seinem britischen Western The Singer not the Song (Sommer der Verfluchten) auf ungewöhnliche Weise einen katholischen Priester gezeigt, der gegen einen erklärten Gegner des Glaubens und der Kirche kämpft. Letzterer heißt »Anacleto« (»der Erflehte«), wird aber »Malo« (»der Böse«) genannt.

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75 Interessant ist, dass Damiani unter der Kategorie »Western« ausschließlich Filme verstand, die »sich innerhalb der protestantischen amerikanischen Kultur abspielen« (Bruckner, Leichen, S. 185). Er klassifizierte Töte, Amigo daher als einen politischen Film, nicht als Western. 76 Cut, S. 12. 77 Ch. Keßler weist darauf hin, dass auch in Lenzis Horrorfilm Le porte dell’ inferno (Gates of Hell, 1989) die Zeugen Jehovas erwähnt werden (Willkommen, S. 258). 78 Berühmtestes Beispiel für die Auseinandersetzung der Quäker mit ihrem Pazifismus ist William Wylers Friendly Persuasion (Lockende Versuchung, 1956). 79 Ch. Keßler hat den Film eine »Öko-Variante von Girolamis Meisterwerk KEOMA« genannt (Willkommen, S. 126). 80 Stellvertretend für mehrere vgl. Steinwender, Leone, S. 247–264. 81 Kließ, Kino, S. 83; auch Strazny, Italo-Western, Punkt 3.4. 82 De Fornari, Leone, S. 17; auch Frayling, Something, S. 160f. 83 Steinwender, Leone, S. 252 (zit. nach »Pardon« Nr. 4/1972, S. 34). 84 American Film 06/1984, S. 23–25, zit. nach Frayling, Something, S. 449; Hervorhebung im Original. 85 Leone, S. 54. 86 A. Bruschini hingegen sieht den Grund für die Frauenfeindlichkeit Fergusons in einer (latenten?) homosexuellen Orientierung, die sich im Verhältnis zu Dean Light zeige (in der Featurette »Ein politischer Western«). 87 Cut, S. 31. 88 Frauennot, S. 25. 89 Leone, S. 247. 90 Clint Eastwood hält sich in seiner Leone-Hommage Erbarmungslos ebenfalls an diese Regel. Sein Protagonist William Munny hatte seit dem Tod seiner Frau vor einigen Jahren keinen Sex mehr. Auf eine direkte Frage seines Freundes (Morgan Freeman) erklärt er, er gehe weder zu Prostituierten noch masturbiere er. Er habe einfach kein Bedürfnis danach. 91 Gleiches gilt für eine entsprechende Szene zwischen Eastwood und einer Mexikanerin in Zwei glorreiche Halunken, die zwar gedreht wurde, aber nie im fertigen Film erschien (vgl. Frayling, Something, S. 260f; Steinwender, Leone, S. 69, Anm. 56). Frayling: »He (Leone – M. S.) had a tendency to neutralize the possibility of a sexual relationship.« (ebd., S. 261). 92 Vgl. dazu u. a. Strazny, Italo-Western, Punkt 4.1.2.; Steinwender, Leone, S. 261f. 93 Den Begriff verwenden u. a. Strazny, ebd. und Steinwender, ebd., S. 106. 94 Im poliziottesco zeigt sich dies beispielsweise in der Ausübung von Gewalt durch Gesetzeshüter vom Schlage eines Maurizio Merli. 95 Willsmer, Tod, S. 4. 96 »And yet for all Cardinale should be praised for finally giving us a woman of substance, this is no feminist role model.« (Women).



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Weber, Frauennot, S. 26. Steinwender, Leone, S. 154. Ebd., S. 248. Bereits in der frühen Komödie La sceriffa (Tina räumt auf, 1959) wird eine solche gezeigt: Die Witwe eines Sheriffs übernimmt das Amt ihres Mannes und sorgt in ihrem Städtchen für Recht und Ordnung. 101 »Where life had no value, death, sometimes, had it’s price. That is why the bounty killers appeared.« 102 »The character of the bounty-hunter, the bounty killer. Is an ambiguous one. They called him ›the gravedigger‹ in the West. He fascinated me, because he demonstrates a way of living in this land, and at this time. A profession which substitutes for official justice. You must kill to exist« (Leone in: Noel Simsolo, Conversations avec Sergio Leone, S. 107f, zit. nach Frayling, Something, S. 175). 103 Vgl. Luley, Cut, S. 5–14. 104 Z. B. Frayling, Spaghetti, S. 160f. 105 Außer in dem von Corbucci zusätzlich gedrehten alternativen Ende, in dem der totgeglaubte Sheriff überraschend wieder auftaucht und Silence doch noch zum Sieg verhilft. 106 In der deutschen Synchronisationsfassung fragt eine Journalistin einen Mann: »Sind Sie der Sheriff?«. Dieser verneint und weist auf Janson mit der Halskrause: »Das ist der mit dem Steifen da.« 107 Weitere Verbrecher mit dem Sheriffstern erscheinen u. a. in El Cisco, Der Tod zählt keine Dollar, Bleigericht, Zum Abschied noch ein Totenhemd, Ein Halleluja für Camposanto, Knie nieder und friss Staub oder El Macho. 108 Wenigstens erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang noch der Ungar John Bartha, der auch häufig Sheriffs verkörperte, aber längst nicht Indunis Bedeutung in diesem Rollenfach erlangte. 109 In seiner Vorgehensweise und den daraus resultierenden Konflikten mit Vorgesetzten ähnelt dieser Sheriff bereits den später folgenden Charakteren Maurizio Merlis im poliziottesco. 110 So auch der Titel der Leone-Monographie von Christopher Frayling. 111 Ein Jahr zuvor bereits hatte in Hollywood in Ein Fremder ohne Namen auch Clint Eastwood seine Barbierszene gedreht: Einer möchte rasiert werden, drei stören  – und sterben. In einer weiteren Szene muss der Protagonist um sein Leben fürchten, als er in der Badewanne sitzt und von der Prostituierten des Ortes beschossen wird.

III. Kapitel: Topographie 112 Evangelischer Presseverband München, Kritik Nr. 106/1965 (zit. nach Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Sie_nannten_ihn_Gringo, eingesehen am 20.10.2014). Für völlig anderslautende Urteile evangelischer Filmkritik über »echte« Italowestern s. Kap. VII: Versuch einer Bilanz. 113 Seeßlen, Western, S. 12. 114 Ebd., S. 137.

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115 Ebd. 116 Cigarillo, S. 31. 117 In: Film-Dienst FD 13 307 (zit. nach Bruckner, Leichen, S. 37). 118 Kino, S. 76. 119 Z. B. aufgrund des sog. »Gadsen-Kaufs« von 1853 oder des vorangegangenen Mexikanisch-Amerikanischen Krieges von 1846–1848. 120 Keßler, Willkommen, S. 206. 121 Für Georg Seeßlen ist dieser Stadtbewohner daher »ein degenerierter Westerner« (Western, S. 98). 122 Weitere Geisterstädte finden sich u. a. in: Für Dollars ins Jenseits, Eine Flut von Dollars, 10.000 blutige Dollar, Dio non paga il sabato (Die sich in Fetzen schiessen, 1967), Zwei glorreiche Halunken, Zwei Aasgeier, Blutrache einer Geschändeten, Matalo, Keoma – Das Lied des Todes. 123 Konsequent lässt daher der vom Italowestern inspirierte Clint Eastwood in Ein Fremder ohne Namen auch optisch diese Hölle erstehen: Der Antiheld zwingt die Bevölkerung, alle Häuser der Stadt rot anzustreichen, schreibt das Wort »hell« auf das Ortsschild und hält schließlich Gericht im Schein lodernder Feuerflammen. 124 Rienecker, Bibel, S. 627. 125 Scheidung, S. 90f. 126 Seeßlen, König, S. 3. 127 Als Vorbild diente Leone das berüchtigte »Camp Andersonville« der Südstaatler. Dass er hier Herrscher und Beherrschte austauscht, zeigt lediglich, dass Leone einer eindeutigen Zuordnung von Gut und Böse misstraute. 128 Einige Beispiele: Cuatro dólares de venganza (Kein Gnade für Verräter, 1965), Töte alle und kehr allein zurück, Von Mann zu Mann, Ich bin ein entflohener Kettensträfling, E lo chiamarono Spirito Santo, Schwur des Geächteten, Rache in El Paso, Zwei ausgekochte Halunken, Vier Fäuste schlagen wieder zu, Una colt in mano al diavolo, Djangos Rückkehr. Auch die Arbeitsbedingungen in Minen wie in Mannaja – Das Beil des Todes gleichen häufig denen in Straflagern. 129 So der Titel seines Nachrufs auf Sergio Corbucci (Apokalypse, S. 18). 130 Tödliche Gefahren können in katholischen Kirchen häufig auch vom Beichtstuhl ausgehen, der sich als Versteck für lichtscheues Gesindel oder Attentäter geradezu anbietet. Mehr dazu in Kap VI.4: Sakramente und Kasualien. 131 So u. a. in Stinkende Dollar, 100.000 Dollar für Ringo, Crisantemi per un branco di carogne, Ringo, such dir einen Platz zum Sterben. 132 Weiterhin treffen auch in Rio Hondo, Mögen sie in Frieden ruhen, An den Galgen, Bastardo, Das Gold von Sam Cooper oder Rivalen unter roter Sonne schießwütige Kontrahenten in den Ruinen einstiger Gotteshäuser aufeinander. 133 Der wohl berühmteste Friedhof unter denen, die in den USA heute noch erhalten sind und Touristenströme anziehen, heißt deshalb »Boothill Graveyard« und liegt unweit des nicht minder berühmten Ortes Tombstone. Dort fand 1881 die tödliche Auseinandersetzung am »O.K. Corral« zwischen Wyatt Earp und Doc Holliday

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auf der einen und den Clanton- und McLaury-Brüdern auf der anderen Seite statt. Die Todesopfer dieser Schießerei liegen auf diesem Friedhof begraben. Gelegentlich können auch andere Höhlen als Zufluchtsorte Verfolgter dienen: So versteckt sich Mannaja während seiner zeitweiligen Erblindung in einer Felsenhöhle (Mannaja  – Das Beil des Todes). Jonathan (Die Rache des weissen Indianers«) zieht sich immer wieder in eine Bärenhöhle zurück. Das Motiv erinnert an die Verstecke Davids vor König Saul, die Höhlen in Adullam und En-Gedi (1. Samuel 22,1; 24,4–23). Seeßlen, Apokalypse, S. 21. Vgl. auch hier wieder das korrespondierende Werk des Leone-Schülers Clint Eastwood: Alles Wesentliche in Erbarmungslos ereignet sich im strömenden Regen. Will Munny antwortet auf die Frage, ob seine Mission gelingen werde: »Wenn wir vorher nicht absaufen.« Ähnlich nutzt auch der als Priester verkleidete Geremia in Pizza, Pater und Pistolen seine Kenntnis einer bevorstehenden Sonnenfinsternis, um seinen Ruf als »Wundertäter« zu untermauern. Willkommen, S. 88.

IV. Kapitel: Konfliktfelder 139 Vgl. Frayling, Something, S. 12 und 357; Steinwender, Leone S. 102. 140 Leone, S. 52. 141 Diese Unterscheidung zieht sich auch durch das Werk des Christen Karl May, der seinen Ich-Erzähler bereits in einer frühen Novelle einer jungen Frau gegenüber sagen lässt: »Es ist ein Unterschied zwischen Strafe und Rache, Miß. Die erste ist eine notwendige Folge der Sünde und eng verbunden mit dem Begriffe göttlicher und menschlicher Gerechtigkeit; die zweite aber ist häßlich und betrügt den Menschen um die hohen Vorzüge, welche ihm vor dem Tiere verliehen sind« (Old Firehand, S. 78). 142 Eine Redensart, die nicht von Quentin Tarantino stammt, auch wenn er sie seinem Epos Kill Bill voranstellt: »Revenge is a dish best served cold.« Dort vermerkt er als Ursprung: »Old Klingon Proverb«, was sich auf den Film Star Trek II: The Wrath of Khan (Star Trek II: Der Zorn des Khan, 1982) bezieht. Tarantino weiß natürlich um die viel frühere Verwendung der Sentenz in Von Mann zu Mann (dort: »Somebody once wrote that revenge is a dish that has to be eaten cold.«), denn auch Petronis Film ist Teil des Zitate-Kanons von Kill Bill. Ebenso heißt Pasquale Squitieris Drei Amen für den Satan im Original: La vendetta è un piatto che si serve freddo. 143 Das gleiche Motiv findet sich 1989 auch in Albert Pyuns Endzeitfilm Cyborg  – auch hier als Rückblende gezeigt: Ein kleines Mädchen wird gezwungen, ein Seil aus Stacheldraht festzuhalten, an dem über einem Brunnen mehrere Familienmitglieder festgebunden sind. »Solange du sie festhältst, bleiben sie am Leben«, raunt ihr der brutale Gangleader zu. Natürlich reicht die Kraft nicht lange, sodass die Opfer in die Tiefe stürzen. Im Übrigen: Der sich hier erinnert, ist ein Gekreuzigter (Jean-Claude van Damme).

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144 Rückblenden, die nichts mit dem Rachemotiv zu tun haben, finden sich u. a. in Mehr tot als lebendig, Gott vergibt  … wir beide nie!, La notte dei serpenti, Bleigewitter, Todesmelodie, Ein Einsamer kehrt zurück, Die Rotröcke, Alles fliegt dir um die Ohren. In Django – Die Nacht der langen Messer wird die Rückblende dazu benutzt, die sich nur langsam einstellenden Erinnerungsstücke eines Amnesiekranken zu visualisieren. Die Rache des weissen Indianers zeigt den Helden selbst inmitten der Rückblende, sodass er dabei seinem »inneren Kind« gegenübersteht. Manchmal wird das Geschehen überwiegend oder gänzlich in analeptischer Weise erzählt. Dazu gehören die Corbucci-Filme Mercenario« – Der Gefürchtete, Zwei Companeros und Bete, Amigo! ebenso wie Mein Körper für ein Pokerspiel und Djangos blutige Spur. 145 Joest, Dogmatik 2, S. 412. 146 So Strazny, Italo-Western, Punkt 4.1.3. Mehr dazu in Kap. VII: Versuch einer Bilanz. 147 Western all’inferno, S. 145. 148 Willkommen, S. 77. Keßler fügt allerdings hinzu: »… falls man dran glaubt.« 149 Steinwender, Leone, S. 147. 150 Keßler, Willkommen, S. 88. 151 Heger, Parodie, S. 56. 152 Western, S. 168. 153 Vgl. Kiefer / Grob, Western, S. 323. 154 Hembus, Western, S. 168. 155 Ebd., S. 470. 156 Vgl. Joest, Dogmatik 1, S. 133. 157 Diese Beobachtung wird in der Zusammenfassung (Kap. VII: Versuch einer Bilanz) eine Rolle spielen. 158 Robnik, Every Gun, S. 73. 159 Ebd.; vgl. Frayling, Spaghetti S. 160. 160 Joest, Dogmatik 2, S. 355. 161 Steinwender, Leone, S. 14. 162 Der Große Katechismus, S. 30. 163 A.a.O, S. 38. 164 Western, S. 91. 165 Vgl. Steinwender, Leone, S. 102 u. 202. Dort analysiert der Autor Bezüge der »Odyssee« im Schaffen Leones. 166 Parodie, S. 75. 167 Ebd.; dort noch ausführlicher zur Sozialstruktur Italiens und ihren historischen Hintergründen. 168 Ebd., S. 77f; vgl. Steinwender, Leone, S. 198. Frayling spricht von »Terence Hill as the Northern brains and Bud Spencer as the Southern brawn« (Something, S. 304). 169 Vgl. Steinwender, Leone S. 164.



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Anhang | 1. Anmerkungen   595

Ch. Frayling spricht vom »Zapata Spaghetti plot« als Subgenre (Spaghetti, S. 52). Zit. nach: Meyer, Kino-Express, S. 82. Steinwender, Leone, S. 133. »Carranza« heißen im Italowestern auffällig viele mexikanische Banditen. Luley, Amigo, S. 3. Der Großkapitalist als Vampir ist ebenfalls das Thema in dem in der Gegenwart angesiedelten Film …hanno cambiato faccia Wettlauf gegen den Tod 1971) von Corrado Farina. 176 Vgl. dazu ausführlich: Luley, Amigo, S. 2 und Cut, S. 4–31. Diese Vorgehensweise setzte sich später auch im poliziottesco fort. Wer z. B. erstmals Fernando Di Leos Klassiker Milano calibro 9 (Milano Kaliber 9, 1972) in ungekürzter Fassung betrachtet, ist über die Fülle der zuvor nie gesehenen politischen Anspielungen erstaunt. 177 Im Original höchstwahrscheinlich »Sean«, da irischer Abstammung. 178 Vgl. Willkommen, S. 111. 179 Zit. nach Seeßlen, Western, S. 134. 180 Bakunin war innerhalb anarchistischer Kreise Italiens zur Entstehungszeit von Leones Film außerordentlich populär. Ein Buch wie das gezeigte mit dem Titel The Patriotism existiert jedoch nicht (vgl. Steinwender, Leone, S. 179f; S. 195 Anm. 88). 181 Im Interview »Freude und Revolution«. 182 Er muss den Brief von dem Engländer Price schreiben lassen und hält zuvor (leider wiederum nur im Original erhalten) einen bitteren Monolog über das Problem des Analphabetismus der unteren Schichten. 183 Apokalypse, S. 22. 184 Western, S. 10. 185 Vgl. ebd., S. 12. 186 Euro-Gunfighter, S. 17. 187 Vgl. Römer 9,3: Dort sagt Paulus, er würde selbst sein eigenes Heil riskieren, wenn dies der Preis sei, sein eigenes Volk zu retten. 188 A.a.O., S. 43. 189 Ebd., S. 44. 190 Ebd., S. 50. 191 Ebd. 192 Ebd., S. 58. 193 Sergio Leone: »Sie werden bemerkt haben, dass ich das Ende meiner Filme stets in das Innere eines Kreises verlege: In einem Kreis tötet Lee Volonté, fordern sich Clint, Eli und Lee zum Kampf auf, tötet Bronson Fonda. Es ist die Arena des Lebens, der Augenblick der Wahrheit, und deshalb habe ich diese Einstellung genommen, in der man die Landschaft hinter Bronson und Fonda vorbeiziehen sehen kann.«(zit. nach: Fornari, Leone, S. 20). 194 Im Kino kam es damals zu der kuriosen Situation, dass sich die Zuschauer über die für sie unerklärliche Verwundung Corbetts wunderten, da das Duell mit von

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Schulenberg wie auch beinahe dessen gesamte Figur der Schere zum Opfer gefallen war. 195 Quentin Tarantino ist offensichtlich ein Freund des Mexican standoff, denn er verwendet diese eher ungewöhnliche Konstellation sowohl in Reservoir Dogs (Reservoir Dogs – Wilde Hunde, 1992) als auch in Pulp Fiction (1994). 196 Ein solches »Ohrfeigenduell« gibt es ebenfalls in der Franco-und-Ciccio-Komödie Zwei Trottel im Wilden Westen.

V. Kapitel: Requisiten und Rituale 197 Zwanzig Jahre nach den Italowestern feierte ein überdrehter TV-Cop Erfolge, der tatsächlich ein fast erotisches Verhältnis zu seiner Dienstwaffe pflegte, die in der deutschen Synchronisation gar den Namen »Susi« erhielt (Sledge Hammer, 1986– 1988). 198 So u. a. Hahn, Italo-Western, S. 44, der in der ihm eigenen drastischen Ausdrucksweise von »Killer-Penisse(n)« spricht. 199 »Das Ritual des Schießens«, zit. nach: Cinegraph, Prärien, S. 79. 200 Willkommen, S. 34. 201 Ch. Keßler nennt diese Konstruktion nicht zu unrecht »Stalinorgel« (Willkommen, S. 93). 202 Aufzählung nach Frayling, Spaghetti, S. 169; Something S. 190. 203 Keßler, Willkommen, S. 122f. 204 Requiescant, S. 41. 205 Keßler, Willkommen, S. 273. 206 O. de Fornari verweist in diesem Zusammenhang auf einen berühmten US-Streifen und stellt gleichzeitig den Unterschied klar: »Wir sind (im Italowestern  – M. S.) weit entfernt vom provinziellen und umsichtigen gesunden Menschenverstand der Amerikaner. Kirk Douglas beruhigte in Reporter des Satans einen Zeitungsdirektor: ›Ich habe Menschen belogen, die Gürtel trugen und solche, die Hosenträger hatten, doch werde ich niemals so dumm sein und einen Menschen anlügen, der Gürtel und Hosenträger anhat.‹« (Leone, S. 139, Kursivschreibung im Original). 207 Im Original antwortet Stander mit einem biblischen Bezug: »Wasser? Seit der Sintflut ist dieses Wort Gift hier in der Gegend!« Cardinale fragt nach der Offerte des Eimers, in dem sich bisher »erst drei« gewaschen hätten, zurück: »Nacheinander oder gemeinsam?« Leider wurde den amerikanischen Kinogängern die gesamte Szene in der Poststation lange Zeit vorenthalten. Grund für den drastischen Schnitt des ohnehin in den USA verstümmelt erschienenen Meisterwerks war an dieser Stelle die Tatsache, dass Lionel Stander seit der McCarthy-Ära in Hollywood auf der »Schwarzen Liste« stand. 208 Dazu sei auf die fundierte Arbeit von Sergio Miceli verwiesen: »Morricone – Die Musik, das Kino«. 209 Die so ins deutsche übersetzte Dialogzeile lautet im Original: »Suona qualcosa a tuo fratello!« (»Spiel etwas für deinen Bruder!«) bzw. im Englischen: »Keep your



Anhang | 1. Anmerkungen   597

loving brother happy!« (umgangssprachlich: »Halte deinen geliebten Bruder bei Laune!«). 210 Weiterhin erklingt die Mundharmonika, meist von den jeweiligen Protagonisten gespielt, u. a. in Der Rancher vom Colorado-River, El Cisco, All’ovest di Sacramento, Für 1000 Dollar pro Tag, Kopfgeld für Chako, Rocco – Ich leg dich um, Die gnadenlosen Zwei, Django sfida Sartana und Einen vor den Latz geknallt. 211 Francois Truffaut hatte diese Situation bereits 1960 zum Thema eines Films gemacht: Tirez sur le pianiste (Schiessen Sie auf den Pianisten). 212 Rache, S. 12. 213 Italian Western, S. 129. 214 O. De Fornari verweist darauf, dass die Idee dazu aus Henry Kings Bravados stammen könnte. 215 Weitere Spieluhren finden sich u. a. in: Fuzzy, halt die Ohren steif, Django spricht kein Vaterunser, Lo chiamavano King, Zahl und stirb, …und Santana tötet sie alle, Adios Sabata und Zwei wilde Companeros. 216 Die einzigen anderen Heiden, von denen das »Loswerfen« berichtet wird, werden in Obadja 11 erwähnt: »Zu der Zeit, als du dabeistandest und sahst, wie Fremde sein Heer gefangen wegführten und Ausländer zu seinen Toren einzogen und über Jerusalem das Los warfen, da warst du auch wie einer von ihnen.« Geschieht das Losen in Israel selbst, dann nicht aus Gründen menschlicher Vorteilnahme, sondern es wird als eine Form des »Gottesurteils« angesehen: Im Losen manifestiert sich der Wille Jahwes. So wird das von Gott geschenkte Land unter die einzelnen Stämme verteilt (z. B. 4. Mose 26,55f; 33,54; 34,13; Josua 14–21; 1. Chronik 6; Hesekiel 45,1) oder die Ämter der Leviten verteilt (1. Chronik 24–25). Als Berufung Gottes wird auch die Wahl des Matthias in den Apostelkreis verstanden, der sich damit gegen Barsabbas durchsetzte: »Und sie warfen das Los über sie und das Los fiel auf Matthias« (Apostelgeschichte 1,26). 217 Ob es sich dabei konkret um ein Würfelspiel handelte, wie oft vermutet wird, ist nicht erwiesen. Das verwendete griechische Wort kleros (»das Los«) legt diese Deutung jedenfalls nicht zwingend nahe. 218 Vogelsang, Spencer, S. 7. 219 Tritt / Baumgarten, Parodie, S. 91. 220 Albert Warkosch: Antike Philosophie im Urteil der Kirchenväter, Wien u. a. 1973, S. 77; zit. nach: Nikitin, Bohne, S. 60. 221 A.a.O., S. 60. 222 Bauer, Wörterbuch, S. 889. 223 Dass übermäßiges Essen nicht nur innerhalb asketischer Ausformungen des Christentums, sondern auch im »Gesetz des Bushido«, dem Verhaltenkodex des japanischen Militärs verpönt ist, erklärt der Samurai Kuroda (Toshiro Mifune) in Rivalen unter roter Sonne: »Das Gesetz des Bushido warnt vor Völlerei. Ein Mann mit vollem Bauch ist ein Mann mit leerem Verstand.« 224 Willkommen, S. 133.

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225 Man denke nur an die berühmte Folge der WDR-Sendereihe Je später der Abend von 1977, in der Klaus Kinski, Manfred Krug und Moderator Reinhard Münchenhagen sich ununterbrochen Zigaretten anstecken. 226 Ob auf eigene Veranlassung hin oder auf Anweisung Leones, bleibt dahingestellt (vgl. Desalm, Cigarillo, S. 38). 227 So Eli Wallach in der Dokumentation »Es war einmal  … Sergio Leone«. 228 Cigarillo, S. 38. Hervorhebung im Original. 229 Möglicherweise diente diese Szene dem Leone-Schüler Clint Eastwood als Vorbild, seiner Titelfigur in The Outlaw Josey Wales (Der Texaner, 1976) ebenfalls Kautabak zu verordnen. Wales spuckt diesen besonders gern ihm unliebsamen Personen ins Gesicht. 230 Todsünden, S. 159. 231 Vgl. Joest, Dogmatik 2, S. 398. 232 Ebd. 233 Ebd., S. 399. 234 Steinwender, Leone, S. 199.

VI. Kapitel: Spezifisch christliche Themen und Traditionen 235 So im gleichnamigen Aufsatz; ferner in: König, S. 7; vgl. Western, S. 89. 236 Erlöser, S. 51–54; Western, S. 89; gleichfalls bei Luley, Western, S. 111f. 237 In: The Olympian Cowboy, 1955; zit. nach Seeßlen, Western, S. 89. 238 Ebd. 239 Erlöser, S. 54: »Im Duell erschießt er Wilson, wird dabei aber selbst schwer verwundet. Niemand kann ihn zurückhalten, als er das Tal verlässt, um in der Einsamkeit zu sterben.« 240 In diesem Sinne wurde Saul vom Propheten Samuel zum ersten König Israels gesalbt (1. Samuel 10,1), später auch David (1. Samuel 16,1–13; vgl. 2. Samuel 2,4) oder Jehu (2. Könige 9,3). 241 Vgl. Rad, Theologie Bd. 2, S. 178. 242 Vgl. Schmidt, Einführung, S. 270. 243 Vgl. Goppelt, Theologie, S. 216–220. 244 Vgl. ebd., S. 548–556. 245 Vgl. ebd., S. 234–237. 246 Vgl. dazu Krah, Schwangerschaft. 247 Die anderen Verfilmungen dieses »Krippenspiel des Western« (Hembus, Western, S. 611) sind: Broncho Billy and the Baby (1915), The Three Godfathers (1916), Marked Men (1919, ebenfalls von John Ford), Hell’s Heroes (Galgenvögel, 1930), Three Godfathers (Helden aus der Hölle, 1936) und The Godchild (Spuren im Sand, 1974). 248 So verstand auch Leone selbst die Funktion des Eastwood-Charakters: als »an incarnation of the Angel Gabriel«; vgl. u. a. Frayling, Spaghetti, S. 183, Heger, Parodie, S. 105, Anm. 263; Luley, Rache, S. 10.



Anhang | 1. Anmerkungen   599

249 Eine Ausnahme bilden die Billig-Streifen von Demofilo Fidani, der seine Protagonisten häufig völlig unmotiviert von A nach B und weiter nach C reiten lässt; wohl um Zeit zu schinden, die er sonst mit Handlung füllen müsste. 250 Treffend beschrieben im Passionslied »Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen« von Johann Herrmann (1585–1647): »Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe! Der gute Hirte leidet für die Schafe. Die Schuld bezahlt der Herre, der Gerechte für seine Knechte« (EG 81,4). 251 Ein ähnlicher Plot findet sich bereits in Twenty-one days (21 Tage, 1939) von Basil Dean, einem frühen englischen Krimi mit Laurence Olivier: Ein wegen Mordes Verurteilter erhält drei Wochen Frist, um letzte Angelegenheiten zu regeln, während ein anderer für ihn in der Zelle sitzt. 252 Hingewiesen sei hier noch auf den untypischen US-Spätwestern Man nannte ihn Hombre von Martin Ritt. Der unter Indianern aufgewachsene Weiße John Russell, ein von der Gesellschaft Ausgestoßener, erweist sich in einer Extremsituation als einzige Hoffnung (Psalm 118,22: »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden«). Er gibt sein Leben für eine Gruppe von Leuten, von denen kaum einer dieses Opfers wert scheint. So erweist sich Russell als der einzig wahre »Mensch« (hombre wird hier abschätzig benutzt, kann aber auch als »Mensch« übersetzt werden) innerhalb einer inhumanen Gesellschaft. Man ist geneigt, auszurufen: »Seht, welch ein Mensch!« (Johannes 19,5). Gleichfalls findet sich das Motiv des gewaltlosen Opfers für andere, das einem Ort und seinen Bewohnern Frieden und Schutz bringt, in Clint Eastwoods Gran Torino (2008). 253 Schmidt, Glaube, S. 44. 254 Ebd., S. 45. 255 Vgl. ebd., S. 44. 256 Zit. nach: Cole / Williams, Eastwood, S. 86. 257 Ch. Keßler bringt es auf den Punkt: »Steffen bekommt in diesem Film dermaßen häufig die Hucke voll, dass seine Auftritte in Käfigen, gefesselt oder sonstwie drangsaliert, bisweilen den Charakter eines S+M-Workshops erhalten« (Willkommen, S. 234). 258 Reifes Leben, S. 21. Rohr sieht hierin Allgemeingültiges: »In Legenden und in der Literatur geht es fast ausschließlich darum, dass etwas geopfert werden muss, wenn etwas anderes erreicht werden soll.« 259 Western all’ inferno, S. 141. 260 Was in den 60er Jahren noch eine Ausnahme bildete, wird heute vielfach in comichaft-blutiger Überzeichnung dargestellt; bspw. die Kreuzigung des Priesters (Cheech Marin) am Altarkreuz seiner Kirche in Robert Rodriguez’ Machete (2010). 261 Von Clint Eastwood heißt es, er mag diesen Film Garrones. Sein Prediger in Pale Rider ist ganz offensichtlich ebenfalls ein solcher Wiedergänger von den Toten (revenant), denn sein Körper weist mehrere Einschüsse in der Herzgegend auf. 262 Hembus, Western, S. 375; vgl. Seeßlen, Passion, S. 37; Western, S. 133, Luley / Mayer, Rache, S. 6. Ursprünglich erschien das Zitat in Film Nr. 5/1969, S. 27. Dass der seinen Gegnern gegenüber unerbittliche Stalinist Che Guevara hier im Kontext der anderen genannten Personen erscheint, lässt sich nur mit der damals wie heu-

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te anhaltenden, der geschichtlichen Wahrheit zuwiderlaufenden Verklärung seiner Person erklären. 263 So der Titel seines Aufsatzes zu Leichen pflastern seinen Weg. Gleichfalls bezeichnet er die Handlung aber auch als »böse Parodie einer Passionsgeschichte« (Passion, S. 38). 264 Kraus, West, S. 43. 265 Vgl. die zeitgenössische Kritik (1977) von Helmut W. Banz: »(…) Keoma, langmähnig und vollbärtig; eine Mischung aus Jesus und Fuzzy, aufgerufen zur Rettung der toten Seelen« (zit nach: Cinegraph, Prärien, S. 85). 266 So in diversen reviews, aber auch von F. Nero als »witch« bezeichnet (in »Keoma: Legends never die«). Wenn als Hexe, dann ist sie am ehesten im Sinne von Shakespeares »Macbeth« zu deuten. 267 Ebd. F. Nero gibt an, es handle sich bei dem Schlusssatz um ein Zitat des Schriftstellers Clair Huffaker. In der englischen Fassung heißt es allerdings: »A man who is free, he can never die.« 268 Willkommen, S. 126. 269 Luley / Maier, Rache, S. 8. 270 Wörterbuch, Sp. 1313. 271 So z. B. in großer Zahl in Dip hyut sheung hung (The Killer, 1989), aber auch in Harte Ziele, Face/Off (Im Körper des Feindes, 1997), Mission: Impossible 2 (2000), Payckeck (Paycheck – Die Abrechnung, 2003). Tauben bilden als Friedensboten einen Kontrast zu der gleichzeitig dargestellten Gewalt. Aber auch in Lucio Fulcis Django – Sein Gesangbuch war der Colt steigen zum Schluss, als Joe tot niederfällt, weiße Tauben auf. 272 Im italienischen Original: »Fratello Carezza« (d. h. »Bruder Liebkosung«), in der englischen Fassung profan »Chicken«. 273 Jesus, S. 271. 274 N.N., ideaSpektrum 34/35, S. 12. 275 Ebd. 276 So im Untertitel seines Bestsellers »Das Buch der Mitte«. 277 Diese Deutung stammt von Mario Marsili, der sie Sergio Sollima gegenüber in einem Interview zur Sprache bringt. Der Regisseur gibt zu verstehen, dass er selbst »nie diese Szenen unter symbolisch-religiösen Gesichtspunkten gesehen« habe, erzählt aber, dass sich zumindest die Darsteller Volonté und Milián auch privat als Antagonisten aufgeführt hätten (vgl. Bruckner, Lexikon S. 19). 278 Was nicht unbedingt für die US-amerikanische Wirklichkeit gilt: Manche Christen tragen Waffen, wenn sie zum Gottesdienst gehen (dies ist in verdeckter Weise erlaubt), Pastoren nehmen Schießunterricht (vgl. Ege, Bibel und Colt). 279 Western, S. 26. 280 Dies scheint nicht unmöglich zu sein, wie eine Zeitungsmeldung von 2014 zeigt: In Dayton (Ohio) wurden von Jugendlichen zwei Schüsse auf einen Busfahrer abgegeben, die an dessen in der Brusttasche steckenden Neuen Testament abprallten (N.N., FAZ vom 26.02.2014).



Anhang | 1. Anmerkungen   601

281 »For he seeth that wise men die, likewise the fool and the brutish person perish, and leave their wealth to others« (in der Zählung der King-James-Bibel als Psalm 49,10 angegeben). 282 Im Griechischen: ptochoi to pneumati, die »Armen im Geist«. Seit Luther »geistlich« im Unterschied zu »geistig« übersetzte, ist die Stelle nach W. Bauer »nicht sicher zu deuten«: »Es sind wohl die, die in ihrem inneren Leben arm sind, weil ihnen das pharisäische Hochgefühl geistl. Reichtums abgeht.« (Wörterbuch, Sp. 1357). 283 »Ein’ feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen. Der alt böse Feind, mit Ernst er’s jetzt meint, groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nicht seinsgleichen« (Evangelisches Gesangbuch 362,1). 284 Lutherübersetzung: »Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; der Name des Herrn sei gelobt!« 285 In Matthäus 18,22 spricht Jesus von »siebzig mal siebenmal«, was in biblischer Sprache eine Zahl von »unendlich« meint. 286 Dort beruft König Joschafat von Juda Richter in seinem Reich und instruiert sie: »Seht zu, was ihr tut! Denn ihr haltet Gericht nicht im Namen von Menschen, sondern im Namen des Herrn, und er ist bei euch, wenn ihr Recht sprecht.« Die Verwendung dieses recht unbekannten Verses des Alten Testament ist ein Beleg dafür, dass sich Autoren von Italowestern doch hin und wieder die Mühe machen, tatsächlich in der Bibel nach passenden Stellen zu suchen. 287 St. Otto bezieht das Zitat lediglich auf das »Unstete und Flüchtige«, das die Figur Gary Hamiltons im Schlussbild vermittelt (vgl. Handvoll, S. 26). Dies allein erklärt jedoch nicht das Gesamtzitat. 288 Nach römisch-katholischer Zählung. Andere Konfessionen fassen die Frau mit unter das 10. Gebot. 289 Zum Thema »Bestattung« und der dort verwendeten Bibelworte s. Kap. VI.4: Sa­ kramente und Kasualien. 290 Lutherübersetzung: »…er wird’s wohlmachen«. 291 Lutherübersetzung: »Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.« 292 Lutherübersetzung: Matthäus 7,12: »Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!« Lukas 6,31: »Und wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut ihnen auch!« 293 Lutherübersetzung: »Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.« 294 Lutherübersetzung: »Ich kenne deine Werke: Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot.«

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295 Zu diesem Thema lassen sich höchstens in Hesekiel 36,25.33 oder 37,23 Anklänge finden. Der Unterschied liegt vor allem im Passiv: Hier ist es nicht der Mensch, sondern Gott selbst, der für die Reinigung der Angehörigen seines Volkes sorgen will. 296 A.a.O., S. 125. 297 Vgl. die Apologie des Augsburgischen Bekenntnisses von 1531 (AC 13): »So sind nun rechte Sakramente: die Taufe und das Nachtmahl des Herrn, (ferner) die Absolution (Lossprechung)« (Steubing, Bekenntnisse, S. 68). 298 Spaghetti S. 186; Something, S. 175. 299 Frayling, Spaghetti, S. 186; Otto, Handvoll, S. 26. 300 Luley / Maier, Rache, S. 13. 301 Once, S. 62. 302 Bohne, S. 60. 303 Gegen Steinwender, Leone, S. 182, der von »(verweigerter) Absolution« spricht. Dem ist ganz und gar nicht so. Villega ist vergeben. Deshalb gibt John auch gegenüber den nichtsahnenden Kameraden die Schuld Villegas nicht preis. 304 1. Mose 1,22.28; 9,1.7. 305 So in Luthers »Traubüchlein« von 1529. 306 Lutherübersetzung: »Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe.« 307 Lutherübersetzung: »Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg.« 308 Lutherübersetzung: »Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.« 309 Lutherübersetzung: »Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen.« 310 Diese Stelle ist schwer zu lokalisieren (vgl. Psalm 17,6; 86,3; 141,1 o.ä.). 311 Lutherübersetzung Ps 30,5–6.9–13: »Lobsinget dem Herrn, ihr seine Heiligen, und preiset seinen heiligen Namen! Denn sein Zorn währet einen Augenblick und lebenslang seine Gnade. Zu dir, Herr, rief ich, und zum Herrn flehte ich: Was nützt dir mein Blut, wenn ich zur Grube fahre? Wird dir auch der Staub danken und deine Treue verkündigen? Herr, höre und sei mir gnädig! Herr, sei mein Helfer! Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen, du hast mir den Sack der Trauer ausgezogen und mich mit Freude gegürtet, dass ich dir lobsinge und nicht stille werde. Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit.« 312 Leone, S. 182. 313 Allerhöchstens als »aufgeklärt« in dem Sinne, dass sich Juan von dem beschriebenen Zerrbild, dieser Gottes-Illusion eines Glücksbringers verabschiedet. Dann wäre dies sogar – inmitten des Leides – ein Schritt hin zu einem erwachsenen Glauben, der angesichts der augenblicklichen Umstände zwar noch nicht sichtbar ist, der aber daraus erwachsen könnte. 314 Aus dem Poem »Meditation XVII« des christlichen Dichters John Donne (1572– 1631): »No man is an island, entire of itself; every man is a piece of the continent, a part of the main; (…) and therefore never send to know for whom the bell tolls; it



Anhang | 1. Anmerkungen   603

tolls for thee.« (Kein Mensch ist eine Insel, in sich selbst vollständig; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinentes, ein Teil des Festlands; (…) und darum verlange nie zu wissen, wem die (Toten-)Glocke schlägt; sie schlägt dir). Ernest Hemingway stellte seinem Roman »For whom the bell tolls« (»Wem die Stunde schlägt«) dieses Zitat voran. 315 Spaghetti, S. 189. 316 Leone, S. 182. 317 So Frayling, Spaghetti, S. 186: »parable of the carpenter«. 318 Dass diese katholische Tradition ebenso »typisch italienisch« ist, zeigt sich in dem poliziottesco Il consigliori (Im Dutzend zur Hölle, 1973) von Alberto De Martino. Dort ist eine ebensolche Prozession in der Gegenwart auf Sizilien zu sehen. 319 Weitere Prozessionen gibt es u. a. in: Um sie war der Hauch des Todes, Zwei ausgekochte Halunken, Sangue chiama sangue und Viva Maria!.

VII. Kapitel: »Erlöse uns von dem Bösen» – Versuch einer Bilanz 320 Labyrinth, S. 10. 321 Z. B. Hans Martin Dober, Peter Hasenberg, Inge Kirsner, Dagmar Petrick, Ingo Reuter, Norbert Schnabel u. a. Für eine Beschäftigung mit dem Italowestern lassen sich einzig Wolfgang Luley und Daniel Maier anführen, von denen im Folgenden noch die Rede sein wird. 322 Ein Beispiel dafür, wie populären Filmen bei der Aufnahme religiöser Symbolik pauschal eine exploitative Absicht unterstellt und jede ernsthafte Beschäftigung mit Religion abgesprochen wird, liefert Peter Hasenberg. Bezüglich Genrefilmen schreibt er recht undifferenziert: »Völlig losgelöst von einer echten Auseinandersetzung mit religiösen Themen ist die Verwendung religiöser Elemente in spekulativer Absicht. (…) Hier handelt es sich vorwiegend um Genrefilme, die religiös determinierte Elemente – Schauplätze, Kleidung, Kultgegenstände etc. – benutzen, um den Reiz des Tabubruchs auszukosten« (Distanz, S. 39). 323 Vgl. Arbeiten von Christopher Frayling, Norbert Grob, Christian Keßler, Ivo Ritzer, Georg Seeßlen, Harald Steinwender, Marcus Stiglegger, Robert Zion u. a. 324 Die Kritiken entstammen dem zeitgenössischen »Evangelischen Film-Beobachter«, zit. nach Wikipedia. 325 Die Kritiken entstammen dem »Lexikon des Internationalen Films«. Die Bezeichnung der Konfessionen kann in diesem Zusammenhang lediglich als Hinweis auf die grundsätzliche Ausrichtung der jeweiligen Publikationen, in denen die Kritiken erschienen, verstanden werden, nicht aber zur Kennzeichnung eines offiziellen »evangelischen« oder »katholischen« Standpunktes. 326 Unabhängig vom subjektiven Geschmacksempfinden muss auch gefragt werden, ob die Kritiker die genannten Filme je gesehen haben. Z. B. liest man im Eintrag zu Giù le mani  … carogna! (Halleluja pfeift das Lied vom Sterben, 1971) im »Lexikon des Internationalen Films«, S. 1475: »Sehr aufwendiger (sic!), vom Drehbuch her aber primitiver Italowestern.« Zum einen handelt es sich bei dem genannten Titel um ein Werk von Demofilo Fidani, dessen Produkte per se niemals in irgend-

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einer Weise »aufwendig« waren; zum anderen besteht insbesondere dieser Streifen fast ausschließlich aus stock footage, d. h. hier konkret aus Restschnipseln früherer Fidani-Filme, nachdem, wie Ch. Keßler treffend formuliert, »Demofilo seine Augiasställe durchgemistet und das solchermaßen hervorgezauberte Bildmaterial in bester ›Tote tragen keine Karos‹-Manier mit frischen Szenen zusammengepopelt hat« (Willkommen, S. 112f ). 327 Zit. nach Kiefer / Grob, Western, S. 266. 328 Zit. nach Schnabel, Gott, S. 13. 329 Dober, Erlebnisse, S. 118. Auch wenn er dies in Bezug eines der berühmtesten Hollywood-Western schreibt (12 Uhr mittags), so gilt dies grundsätzlich auch für die Verhältnisse in einem Italowestern. 330 Ebd., S. 119. 331 Glauben, S. 93. 332 A.a.O., S. 12 (Hervorhebung im Original). 333 Sinnsystem Unterhaltung, zit. nach Hasenberg, Film, S. 10. 334 Graff, Christus, S. 48. 335 Italo-Western, Punkt 4.1.3. 336 Ebd. 337 Ebd. 338 Ebd. 339 »Das Christentum wird keineswegs generell kritisiert, nur jene Richtung und jene Auffassung, welche alles ergeben hinnimmt.« (Ch. Wrembeck über Mögen Sie in Frieden ruhen, Film-Dienst FD 15002, zit. nach Bruckner, Leichen, S. 129). 340 Leone, S. 86. 341 Ebd., S. 182. 342 Spaghetti, S. 189. 343 Ebd. 344 Ebd. 345 Western all’ inferno, S. 141. 346 Vgl. Leone, S. 85f; für Todesmelodie finden sich weitere Beispiele S. 181f. 347 Passion, S. 35. 348 A.a.O., S. 107. 349 A.a.O., S. 5. 350 Ebd., S. 29. Einen derartigen »Mehrwert« dürften jedoch kaum typische Italowesternfreunde als solchen ansehen, sondern höchstens eine wahrscheinlich im Promille-Bereich liegende Anzahl der Christen unter ihnen. 351 Wolfgang Luley nennt zwar auch die mythologische »Erlösergestalt« als eine von fünf mit dem US-Western verbundenen theologischen Komponenten (vgl. Western, S. 111f ); doch ist diese dort keineswegs typisch und auch nicht notwendig, da Recht und Gesetz in der Regel von den dazu eingesetzten Personen und Instanzen wiederhergestellt werden können. Bezeichnenderweise kann Luley als Erlöserge-



Anhang | 1. Anmerkungen   605

stalten auch lediglich zwei Beispiele anführen: Mein grosser Freund Shane und Pale Rider; wobei Letzterer bereits vom Italowestern beeinflusst ist. 352 Die 1975 in der DDR verbotene Rockgruppe Renft drückt es so aus: »Die neuen Menschen / der neue Mensch / der sieht aus / wie er war / außen und unterm Haar /  wie er war« (»Nach der Schlacht«, Text: Kurt Demmler, 1974). 353 »Auf die einfache Formel gebracht, lässt sich also festhalten: je dunkler die Zeiten, desto näher der Erlöser« (Jubeh, Mythen).

VIII. Kapitel: »Zuerst sterben die Zeichen  …« – Schlussgedanken 354 A.a.O., S. 18. 355 Ebd., S. 149f. 356 Ebd., S. 153. 357 A.a.O., S. 178. 358 Ebd., S. 179. 359 Ebd., S. 183. 360 Meier, Kreuz. 361 Ebd. 362 Jasper, Blasphemie, S. 42. 363 Vogelsang, Spencer.

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2. Filmtitel mit religiösem Bezug »Antreten zum Beten, denn Halleluja spricht das Vaterunser und Spirito Santo sagt Amen …« Wer einmal in den Genuss des Films Django tötet leise kam, dem mag aufgefallen sein, dass die Titelgestalt tatsächlich häufig tötet, jedoch alles andere als geräuscharm. Auch warum »der Tod dienstags ritt«, erschließt sich dem Zuschauer kaum. Viele merkwürdige Titelschöpfungen verdanken sich der immensen Phantasie vor allem deutscher Verleiher. Hinzu kommt, dass gerade im Genre des Italowestern viele Filme aus kommerziellen Gründen der Wiederverwertung oft unter mehreren, manchmal hanebüchenen Alternativtiteln auf den Markt oder in die Kinos gebracht wurden. Die deutschen Filmtitel geben daher auch nicht immer eine genaue Übersetzung des italienischen Originals wieder. Beiden gemeinsam ist aber die Vorliebe für religiös geprägte Begrifflichkeiten  – wobei sie im Deutschen ganz besonders inflationär gebraucht wurden. Daher folgt hier eine Auflistung, die jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Einige Werke, bei denen im deutschen Verleihtitel der ursprüngliche religiöse Bezug abhanden kam oder die im deutschen Sprachraum nicht gezeigt wurden, sind mit ihrem Originaltitel aufgeführt; eine deutsche Übersetzung steht dazu in Klammern. 2 x Judas 3 Kugeln für ein Ave Maria 100 Fäuste für ein Vaterunser 100 Fäuste und ein Halleluja 1.000 Kugeln für ein Halleluja Alleluja e Sartana: figli di  … Dio (= Halleluja und Sartana, die Söhne Gottes) Anche nel West c’era una volta Dio (= Selbst im Westen gab es einmal Gott) Andere beten – Django schießt Antreten zum Beten Bada alla tua pelle, Spirito Santo! (= Pass auf, dass du nicht draufgehst, Spirito Santo!) Beichtet, Freunde, Halleluja kommt! Bekreuzige dich, Fremder! Bete, Amigo!

Blaue Bohnen für ein Halleluja Botte di natale (= Weihnachtsfässer) Chiedi perdona a Dio  … non a me (= Bitte Gott um Vergebung, nicht mich) Cosi sia (= Amen) Das Quartett des Teufels Dein Wille geschehe, Amigo! Der Barmherzige mit den schnellen Fäusten Der Colt Gottes Der Dicke, das Schlitzohr und drei Halleluja Der gnadenlose Kampf Der Ritt zur Hölle Der Teufel kennt kein Halleluja Der Tod sagt Amen Die durch die Hölle gehen Die fünf Gefürchteten und ein Halleluja Die gnadenlosen Zwei Die Hölle von San Sebastian Die Hölle wartet schon auf euch Die Rächer der Ave Maria Die rechte und die linke Hand des Teufels Die Satansbrut des Colonel Blake Die Söhne der Dreieinigkeit Dio in cielo, Arizona in terra (= Gott im Himmel, Arizona auf Erden) Dio perdona, io no (= Gott vergibt, ich nicht) Dio perdoni la mia pistola (= Gott, vergib meiner Pistole) Django non perdona (= Django vergibt nicht) Django spricht das Nachtgebet Django spricht kein Vaterunser Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel Django – Eine Pistole für 100 Kreuze Django – Gott vergib seinem Colt Django – Kreuze im blutigen Sand Django – Schwarzer Gott des Todes Django – Sein Gesangbuch war der Colt Django – Unersättlich wie der Satan Django – Unersättlich wie ein Satan Django – Vergib seinem Colt Django, sprich dein Nachtgebet Drei Amen für den Satan Drei Halleluja für den Satan

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Drei Halleluja für vier heiße Colts Drei Halunken und ein Halleluja Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle Drei Vaterunser für vier Halunken Due croci a Danger Pass (= Zwei Kreuze am Danger-Pass) Durch die Hölle, Companeros! E Dio disse a Caino (= Und Gott sprach zu Kain) E lo chiamarono Spirito Santo (= Sie nannten ihn Heiliger Geist) Ed ora  … raccomanda l’anima a Dio! (= Und nun befiehl die Seele Gott!) Ein Begräbnis und die Auferstehung der vier Fäuste Ein Dollar, ein Grab und zwei Ave Maria Ein Dollar, ein Grab und zwei Ave Maria Ein Halleluja für Camposanto Ein Halleluja für Django Ein Halleluja für drei Halunken Ein Halleluja für Spirito Santo Ein Halleluja für zwei linke Brüder Ein Hosianna für zwei Halunken Ein langer Ritt nach Eden Ein Stoßgebet für drei Kanonen Ein Zirkus und ein Halleluja Era Sam Wallash  … lo chiamavano Così Sia (= Er war Sam Wallash  … Sie nannten ihn Amen) Fahr zur Hölle, Django Fahr zur Hölle, Gringo Fahrt zur Hölle, ihr Banditen! Fahrt zur Hölle, ihr Halunken Frauen, die durch die Hölle gehen Friedhof ohne Kreuze Fünf Höllenhunde spucken den Tod Für Dollars ins Jenseits Geh zum Teufel, Django! Glory Glory Halleluja Gnade spricht Gott – Amen mein Colt Gott schuf sie, ich töte sie Gott vergib meinem Colt Gott vergib seinem Colt Gott vergibt – Django nie Gott vergibt  … wir beide nie! Gott zahlt samstags nie



Anhang | 2. Filmtitel mit religiösem Bezug   609

Halleluja Companeros Halleluja Escondido Halleluja für zwei Galgenvögel Halleluja für zwei Pistolen Halleluja für zwei schräge Vögel Halleluja pfeift das Lied vom Sterben Halleluja – Der Teufel lässt euch grüßen Halleluja – Der Teufel lässt schön grüßen Halleluja  … Amigo Halleluja, der tödliche Schatten Hasse deinen Nächsten Höllenfahrt nach Golden City Höllenhunde gehetzt bis zum Verrecken I gringos non perdonano (= Die Gringos vergeben nicht) I quattro del Pater Noster (= Die Vier des Vaterunsers) I quattro pistoleri di Santa Trinita (= Die vier Pistoleros der Heiligen Dreieinigkeit) I senza Dio (= Die Gottlosen) I vendicatori dell’ Ave Maria (= Die Rächer des Ave Maria) Il giustiziere di Dio (= Der Henker Gottes) Il Nero – Hass war sein Gebet Il pistolero dell’ Ave Maria (= Der Pistolero des Ave Maria) Il pistolero segnato da Dio (= Der von Gott gesandte bzw. gezeichnete / gesegnete Pistolero) Il quattro dell’ Apocalisse (= Die Vier der Apokalypse) Il tredicesimo è sempre Giuda (= Der Dreizehnte ist immer ein Judas) In nome del padre, del figlio e della colt (= Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Colts) Io non perdona  … uccido (= Ich vergebe nicht, ich töte) Jeder Schuss ein Halleluja Jeff Sullivan – Senkrecht zur Hölle Jesse e Lester, due fratelli in un posto chiamato Trinita (= Jesse und Lester, zwei Brüder in einem Ort namens Dreieinigkeit) Jessy non perdona  … uccide (= Jessy vergibt nicht, er tötet) Joe Navidad (= Joe Weihnachten) Joko, invoca Dio  … e muori (Joko, rufe Gott an und stirb) Judas  … toma tus monedas! (Judas, nimm deine Münzen!) Knie nieder und friss Staub Knie nieder, Gringo, und friss Staub Kreuze in Dirty City L’ ira di Dio (= Der Zorn Gottes)

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L’ odio è il mio Dio (= Der Hass ist mein Gott) Lo chiamavano Trinita (= Sie nannten ihn Dreieinigkeit) Lo credevano uno stinco di santo (= Sie verehrten das Schienbein des Heiligen) Lola Colt – Sie spuckt dem Teufel ins Gesicht Lonesome – Der Zorn Gottes Man nennt mich Halleluja Nonnen, Gold und Gin Nur der Colt war sein Gott Nur Gott war sein Colt Oremus, Alleluja e Così Sia (= Oremus, d. h. »wir beten«, Halleluja und Amen) Pecos è qui: prega e muori (= Pecos ist hier: Bete und stirb) Pizza, Pater und Pistolen Prega Dio  … e scavati la fossa (= Bete zu Gott und schaufle dir das Grab) Prega il morto e ammazza il vivo (= Bete um den Tod und töte, was lebt) Prima ti perdono  … poi t’ammazzo (= Zuerst vergebe ich dir, dann töte ich dich) Pronto Amigo – Ein Colt in der Hand des Teufels Providenza (= Vorsehung) Requiem für Django Requiem per un bounty hunter (= Requiem für einen Kopfgeldjäger) Requiem per un gringo (= Requiem für einen Gringo) Requiescant (= Mögen sie in Frieden ruhen) Reverendo Colt (= Hochwürden Colt) Sando Kid spricht das letzte Halleluja Sando Kid spricht das letzte Vaterunser Sartana non perdona (= Sartana vergibt nicht) Sartana – Bete um deinen Tod! Sartana – Töten war sein täglich Brot Satan der Rache Schweinehunde beten nicht Sein Colt ist sein Gebet Sein Name war Pot – aber sie nannten ihn Halleluja Sein Steckbrief ist kein Heiligenbild Seminò la morte  … lo chiamavano il castigo di Dio (= Er säte den Tod  … sie nannten ihn die Strafe Gottes) Spara Joe  … e così sia! (= Schieß, Joe  … und Amen) Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie (= Der Heilige Geist und die fünf herrlichen Kanaillen) Stoßgebet für einen Hammer T’ammazzo!  … Raccomandati a Dio (= Ich werde dich töten – befiehl Gott deine Seele) Tedeum (= Dich, Gott, loben wir)



Anhang | 2. Filmtitel mit religiösem Bezug   611

Tre croci per non morire (= Drei Kreuze, um nicht zu sterben) Trinita e Sartana, figli di  … (= Dreieinigkeit und Sartana, Söhne des  …) Trinity schlägt zurück Trinity und Babyface Umkehr zur Hölle Un minuto per pregare, un istante per morire (= Eine Minute zum Beten, ein Augenblick zum Sterben) Un uomo chiamato Apocalisse Joe (= Ein Mann, genannt Apokalypse-Joe) Una colt in mano al diavolo (= Ein Colt in der Hand des Teufels) Uno di piu all’ inferno (= Einer mehr zur Hölle) Verflixt Halleluja Verflucht, verdammt und Halleluja Vier Fäuste für ein Halleluja Vier für ein Ave Maria Vier Halleluja für Dynamit-Joe Vier Teufelskerle Weihwasser-Joe Willkommen in der Hölle Zwei Aasgeier auf dem Weg zur Hölle Zwei für ein Halleluja Zwei Halleluja für den Teufel Zwei Himmelhunde im Wilden Westen Zwei linke Brüder auf dem Weg zur Hölle Zwei links, zwei rechts und Halleluja

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3. Fünfzig und mehr: persönliche Favoriten Not the bad, not the ugly, but only the good: Die nachfolgende Liste gibt ausschließlich die persönliche, subjektive Wertung des Autors wieder. Sie basiert allerdings auf der teilweise wiederholten Sichtung von ca. 480 ihm zugänglichen Filmen und hat im Laufe der vergangenen Jahre bis zur hier dokumentierten Fassung häufige Veränderungen und Verschiebungen erfahren. Zusätzlich zum Entstehungsjahr des Films werden der Regisseur und der Filmkomponist genannt. Kategorie A: AUSGEZEICHNET !!!! 1. Spiel mir das Lied vom Tod (1968 – Sergio Leone / Ennio Morricone) 2. Zwei glorreiche Halunken (1966 – Sergio Leone / Ennio Morricone) 3. Für ein paar Dollar mehr (1965 – Sergio Leone / Ennio Morricone) 4. Für eine Handvoll Dollar (1964 – Sergio Leone /Ennio Morricone) 5. Todesmelodie (1971 – Sergio Leone / Ennio Morricone) 6. Leichen pflastern seinen Weg (1968 – Sergio Corbucci / Ennio Morricone) 7. Django (1966 – Sergio Corbucci / Luis Bacalov) 8. Mein Name ist Nobody (1973 – Tonino Valerii / Ennio Morricone) 9. Töte, Django (1967 – Giulio Questi / Ivan Vandor) 10. Keoma – Das Lied des Todes (1976 – Enzo G. Castellari / Guido & Maurizio De Angelis) 11. Die Rache des weißen Indianers (1994 – Enzo G. Castellari / Clive Riche) 12. Django und die Bande der Bluthunde (1969 – Sergio Garrone / Vasco & Mancuso) Kategorie B: SEHR GUT !!! 13. Der Gehetzte der Sierra Madre (1966 – Sergio Sollima / Ennio Morricone) 14. Ein Dollar zwischen den Zähnen (1966 – Luigi Vanzi / Benedetto Ghiglia) 15. Knie nieder und friss Staub (1971 – Aldo Florio / Bruno Nicolai) 16. Blindman – Der Vollstrecker (1971 – Ferdinando Baldi / Stelvio Cipriani) 17. Blutiges Blei (1969 – Tonino Valerii / Luis Bacalov) 18. Django – Die Gier nach Gold (1970 – Giuliano Carnimeo / Francesco De Masi) 19. Spiel dein Spiel und töte, Joe! (1970 – Leopoldo Savona / Bruno Nicolai) 20. Mannaja – Das Beil des Todes (1977 – Sergio Martino / Guido & Maurizio De Angelis) 21. Ringo kommt zurück (1965 – Duccio Tessari / Ennio Morricone) 22. Mercenario – Der Gefürchtete (1968 – Sergio Corbucci / Ennio Morricone, B. Nicolai)



Anhang | 3. Fünfzig und mehr: persönliche Favoriten   613

23. Zwei Companeros (1970 – Sergio Corbucci / Ennio Morricone) 24. Töte alle und kehr allein zurück (1968 – Enzo G. Castellari / Francesco De Masi) 25. Sie verkaufen den Tod (1972 – Tonino Valerii / Riz Ortolani) Kategorie C: GUT !! 26. Satan der Rache (1969 – Antonio Margheriti / Carlo Savina) 27. Der lange Tag der Rache (1966 – Florestano Vancini / Armando Trovajoli) 28. Von Mann zu Mann (1967 – Giulio Petroni / Ennio Morricone) 29. Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern (1966 – Franco Giraldi / Luis Bacalov) 30. Der Tod ritt dienstags (1967 – Tonino Valerii / Riz Ortolani) 31. Django – Die Totengräber warten schon (1968 – Enzo G. Castellari / Francesco De Masi) 32. Sabata (1969 – Gianfranco Parolini / Marcello Giombini) 33. Um sie war der Hauch des Todes (1969 – Julio Buchs / Gianni Ferrio) 34. Von Angesicht zu Angesicht (1967 – Sergio Sollima / Ennio Morricone) 35. Arizona Colt (1966 – Michele Lupo / Francesco De Masi) 36. Die fünf Gefürchteten (1969 – Don Taylor / Ennio Morricone, Bruno Nicolai) 37. Für ein paar Leichen mehr (1968 – Alfonso Balcázar / Francesco De Masi) 38. Töte, Amigo (1966 – Damiano Damiani / Luis Bacalov, Ennio Morricone) 39. Lauf um dein Leben! (1969 – Sergio Sollima / Ennio Morricone, Bruno Nicolai) 40. Jonny Madoc (1966 – Maurizio Lucidi / Lallo Gori) 41. Tepepa (1968 – Giulio Petroni / Ennio Morricone) 42. Djangos Rückkehr (1987 – Nello Rossati / Gianfranco Plenizio) 43. Sartana kommt (1970 – Giuliano Carnimeo / Bruno Nicolai) 44. Ohne Dollar keinen Sarg (1966 – Eugenio Martin / Stelvio Cipriani) 45. Gentleman Joe – Der Rächer bin ich (1967 – Giorgio Stegani / Bruno Nicolai) 46. Django spricht das Nachtgebet (1968 – Mario Caiano / Robby Poitevin) 47. Friedhof ohne Kreuze (1968 – Robert Hossein / André Hossein) 48. Verdammt zu leben, verdammt zu sterben (1975 – Lucio Fulci / Frizzi – Bixio – Tempera) 49. Kopfgeld: 1 Dollar (1966 – Sergio Corbucci / Ennio Morricone) 50. Django – Sein Gesangbuch war der Colt (1966 – Lucio Fulci / Lallo Gori) Kategorie D: SEHENSWERT ! (alphabetisch geordnet) • Amigos – Die (B)Engel lassen grüßen (1968 – Giulio Petroni / Ennio Morricone) • Auf die Knie, Django! (1968 – Gianfranco Baldanello / Lallo Gori) • Django – Der Rächer (1966 – Ferdinando Baldi / Anton Garcia Abril) • Django – Ein Sarg voll Blut (1968 – Giuliano Carnimeo / Francesco De Masi) • Django – Unbarmherzig wie die Sonne (1967 – Mario Lanfranchi / Gianni Ferrio)

614  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

• Django und die Bande der Gehenkten (1967 – Ferdinando Baldi / Gianfranco Reverberi) • Django und Sartana – Die tödlichen Zwei (1969 – Sergio Garrone / Vasco & Mancuso) • Ein Einsamer kehrt zurück (1971 – George Martin, Alfonso Balcazar / E. Morricone) • Eine Faust geht nach Westen (1980 – Michele Lupo / Ennio Morricone) • Der Fremde von Paso Bravo (1968 – Salvatore Rosso / Angelo Francesco Lavagnino) • Das Gold von Sam Cooper (1967 – Giorgio Capitani / Carlo Rusticelli) • Ein Halleluja für Camposanto (1971 – Giuliano Carnimeo / Bruno Nicolai) • Ein Halleluja für Django (1967 – Maurizio Lucidi / Luis Bacalov) • Ein Halleluja für Spirito Santo (1971 – Giuliano Carnimeo / Bruno Nicolai) • Johnny Yuma (1966 – Romolo Guerrieri / Nora Orlandi) • Killer adios (1969 – Primo Zeglio / Claudio Tallino) • Leg ihn um, Django (1967 – Enzo G. Castellari / Francesco De Masi) • Man nennt mich Halleluja (1971 – Giuliano Carnimeo / Stelvio Cipriani) • Der Mann aus Virginia (1977 – Michele Lupo / Gianni Ferrio) • Der Mann mit der Kugelpeitsche (1973 – Mario Caiano / Bruno Nicolai) • Mögen sie in Frieden ruhen (1966 – Carlo Lizzani / Riz Ortolani) • Il Nero – Hass war sein Gebet (1967 – Claudio Gora / Pippo Franco) • Nobody ist der Größte (1975 – Damiano Damiani / Ennio Morricone) • La notte dei serpenti (1969 – Giulio Petroni / Riz Ortolani) • Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel (1971 – Giulio Petroni / Ennio Morricone) • El Puro (1969 – Edoardo Mulargia / Alessandro Alessandroni) • Quanto costa morire? (1968 – Sergio Merolle / Francesco De Masi) • Die rechte und die linke Hand des Teufels (1970 – E.B. Clucher / Franco Micalizzi) • Requiem für Django (1967 – José Luis Merino / Angelo Francesco Lavagnino) • Sartana – Bete um deinen Tod! (1968 – Gianfranco Parolini / Piero Piccioni) • Sartana – Noch warm und schon Sand drauf (1970 – Giuliano Carnimeo / Bruno Nicolai) • Sartana – Töten war sein täglich Brot (1969 – Giuliano Carnimeo / Vasco & Mancuso) • Seine Kugeln pfeifen das Todeslied (1969 – Ferdinando Baldi / Roberto Pregadio) • Shangos letzter Kampf (1969 – Edoardo Mulargia / Gianfranco Di Stefano) • Silbersattel (1978 – Lucio Fulci / Frizzi – Bixio – Tempera) • Vier Fäuste für ein Halleluja (1971 – E.B. Clucher / Guido & Maurizio De Angelis) • Viva Cangaceiro (1969 – Giovanni Fago / Riz Ortolani) • Von Django – mit den besten Empfehlungen (1968 – Nick Nostro / Fred Bongusto) • Western-Jack (1967 – Luigi Vanzi / Stelvio Cipriani) • Willkommen in der Hölle! (1970 – Cesare Canevari / Mario Migliardi) • Yankee (1966 – Tinto Brass / Nini Rosso)



Anhang | 4. Literaturverzeichnis   615

4. Literaturverzeichnis Unterstreichungen verweisen auf die in den Anmerkungen verwendeten Kurztitel. Bibelstellen werden nach der Luther-Bibel in der revidierten Fassung von 1984 zitiert. Ausnahmen werden als solche gekennzeichnet. Film Adorf, Mario: Himmel und Erde. Unordentliche Erinnerungen, München 2005. Arnold, Frank / Berg, Ulrich von: Sam Peckingpah. Ein Outlaw in Hollywood, Frankfurt/M. / Wien 1987. Balbo, Lucas / Aknin, Laurent: Disorder and Genius. The Complete Films of Klaus Kinski, Cambs 1997. Ball, Gregor: Anthony Quinn. Seine Filme – sein Leben (= Heyne Filmbibliothek 32/83), München 1985. Baumgarten, Oliver: Euro-Gunfighter. Karl May und die deutsche Eurowestern-Erfolgswelle (1962–1968). In: Um sie war der Hauch des Todes. Der Italo-Western – die Geschichte eines Genres, hrg. vom Studienkreis Film, Bochum 19992, S. 15–19. Baxter, John: John Ford. Der legendäre Hollywoodregisseur (= Heyne Filmbibliothek 32/19), München 1980. Bleasdale, John: Sergio Leone and The Game of Death. http://staticmass.net/the-direc tors-chair/sergio-leone/, gelesen am 03.06.2014. Ders.: Sergio Leone and The Man with No Name. http://staticmass.net/the-direc tors-chair/sergio-leone-part-3/, gelesen am 03.06.2014. Ders.: Sergio Leone and Women. http://staticmass.net/the-directors-chair/sergio-leonepart-2/, gelesen am 03.06.2014. Blumenberg, Hans C.: Der Totale Terror. Sergio Corbucci: »Leichen pflastern seinen Weg«. In: Materialien zur Theorie des Films. Ästhetik, Soziologie, Politik, hrg. von Dieter Prokop, München 1971, S. 508–511. Ders.: Wanted. Steckbriefe aus dem Wilden Westen, München 19732. Ders.: Der italienische Western – ein Fazit nach sechs Jahren. Vortrag auf den Filmtagen Bad Ems vom 30.4.–4.5. 1969. In: Um sie war der Hauch des Todes. Der Italo-Western  – die Geschichte eines Genres, hrg. vom Studienkreis Film, Bochum 19992, S. 7–13. Bock, Hans-Michael / Distelmeyer, Jan / Schöning, Jörg (Hrg.): Europa im Sattel. Western zwischen Sibirien und Atlantik (= CineGraph edition text + kritik), München 2012. Brown, Paul. J. / Venticinque, Darrin: Castellari – Action Italian Style, Ringstead 2007. Boller, Rainer: Wilder Westen made in Germany, Frankenthal 2018. Bruckner, Ulrich P.: Leichen pflastern ihren Weg. Italo-Western-Lexikon. In: Sergio-Sollima-Italo-Western-Box, Planegg 2005.

616  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

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624  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Ders.: Das Technopol. Die Macht der Technologien und die Entmündigung der Gesellschaft, Frankfurt/M. 1992.

Filmdokumentationen Back for more. Clint Eastwood on »For a few Dollars more«. Bonus-DVD zu »Für ein paar Dollar mehr« (Paramount, 2005). Back in the Saddle. Ridin’ on seven Notes. Interview mit Fabio Frizzi. DVD »Silbersattel« (Koch Media, 2009). Biography: Clint Eastwood (USA, 2011). Bruno Micheli: A Lifetime in Editing. DVD Silbersattel« (Koch Media, 2009). Bud’s Best (D, 2011). Charles Bronson – Der schweigsame Rächer. DVD »Rivalen unter roter Sonne« (Kinowelt, 2003). CineKino: Italien (F, 2016) Cinema Perverso – Die wunderbare und kaputte Welt des Bahnhofskinos (D, 2015). Cinevento 2007 – In Memory of Francesco De Masi. DVD »Django – Die Geier stehen Schlange« (Koch Media, 2008). Denn sie kennen kein Erbarmen. Der Italowestern (D, 2006). Django – The One and Only. Django DVD Collector’s Box (Studiocanal, 2003). Durch die Nacht mit  … Franco Nero und Fred Williamson (D, 2007). Es war einmal  … Sergio Leone (D, 2005) A Few Weeks in Spain. Clint Eastwood on »Fistful of Dollars«. Bonus-DVD zu »Für eine Handvoll Dollar« (Paramount, 2005). Franco Nero: Back in the saddle. Django DVD Collector’s Box (Studiocanal, 2003). Franco Nero talks about »Django strikes again«. Django DVD Collector’s Box (Studiocanal, 2003). Freude und Revolution. Interviews mit Giulio Petroni und Tomás Milián. DVD »Tepepa« (Koch Media 2013). Fulci of the Apocalypse. Interviews mit Fabio Testi und Tomás Milián. DVD »Verdammt zu leben, verdammt zu sterben« (Laser Paradise, 2005). George Hilton: Liebesgrüße aus Uruguay. DVD »Die Zeit der Geier« (Koch Media 2013). Gianni Garko: Erinnerungen an eine Karriere. Bonus-DVD zu »Die sieben schwarzen Noten« (Eightyfour Entertainment 2014). A Greek Western Tragedy. DVD »Ringo kommt zurück« (Koch Media, 2013). Ein Halleluja für Anthony Ascott. Halleluja-Italo-Western-Box (Koch Media, 2005). The Hills run red – A critical Point of View. Feature mit Antonio Bruschini. DVD »Eine Flut von Dollars« (Koch Media, 2008). A History of Dollars. Interview mit Nicoletta Machiavelli. DVD »Eine Flut von Dollars« (Koch Media, 2008).



Anhang | 4. Literaturverzeichnis   625

Interview mit Francesco De Masi. DVD »Für ein paar Leichen mehr« (Wild Coyote – Alive, 2015). Interview mit Mario Caiano. DVD »Knochenbrecher im Wilden Westen« (X-Rated, 2003). Interview mit Wolfgang Hess. DVD »Sie verkaufen den Tod« (E-M-S, 2005). Jack Betts aka Hunt Powers. The Spaghetti Western Years. DVD »Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern« (Koch Media 2013). Johnny Dollar. Feature mit Fabio Melelli. DVD »Der Tod zählt keine Dollar« (Koch Media, 2013). Keoma: Legends never die. DVD »Keoma – Melodie des Sterbens« (Kinowelt, 2003). Leichen pflastern seinen Ruhm. (SZ, 1972). The Leone Style. Bonus-DVD zu »Zwei glorreiche Halunken« (MGM, 2004). Leone’s West. Bonus-DVD zu »Zwei glorreiche Halunken« (MGM, 2004). Il Maestro. Ennio Morricone and »The Good, the Bad and the Ugly«. Bonus-DVD zu »Zwei glorreiche Halunken« (MGM, 2004). Making of »Sentenza di morte« mit Mario Lanfranchi. DVD »Django – Unbarmherzig wie die Sonne« (Koch Media, 2005). The Man lost the Civil War. Bonus-DVD zu »Zwei glorreiche Halunken« (MGM, 2004). Mit Kitosh kam der Tod. Feature mit Fabio Melelli. DVD »Die Zeit der Geier« (Koch Media 2013). Mondo Garko. Django-Italo-Western-Box (Koch Media, 2005). The Myth of Revolution. Sir Christopher Frayling on »Duck you Sucker«. Bonus-DVD zu »Todesmelodie« (MGM, 2005). A new kind of Hero. Sir Christopher Frayling on »Fistful of Dollars«. Bonus-DVD zu »Für eine Handvoll Dollar« (Paramount, 2005). A new Standard. Sir Christopher Frayling on »For a few Dollars more«. Bonus-DVD zu »Für ein paar Dollar mehr« (Paramount, 2005). Nobody does it half as good as You. Leones letzter Western. DVD-Box »Mein Name ist Nobody« / »Nobody ist der Größte« (Paramount, 2005). Nobody’s perfect. Leones Grabgesang auf den Western der alten Generation. DVDBox »Mein Name ist Nobody« / »Nobody ist der Größte« (Paramount, 2005). Nora zählt keine Dollar. Interview mit Nora Orlandi. DVD »Der Tod zählt keine Dollar« (Koch Media, 2013). An Opera of Violence. Bonus-DVD zu »Spiel mir das Lied vom Tod« (Paramount, 2003). Ein politischer Western. DVD »Mögen sie in Frieden ruhen« (Koch Media, 2012). Der Preis der Freiheit. Interview mit Aldo Florio. DVD »Knie nieder und friss Staub« (Koch Media, 2009). The Railway. Bonus-DVD zu »Spiel mir das Lied vom Tod« (Paramount, 2003). Die Regeln der Revolution. DVD »Mercenario – Der Gefürchtete« (Koch Media, 2003). Requiescant in Pace. DVD »Mögen sie in Frieden ruhen« (Koch Media, 2012). Rocco der Rächer. Feature mit Fabio Melelli. DVD »Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern« (Koch Media 2013).

626  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Der rote Elvis (D, 2007). Sergio Donati remembers »Duck you Sucker«. Bonus-DVD zu »Todesmelodie« (MGM, 2005). Sergio Sollima: Face to Face. Bonus-DVD zur Sergio-Sollima-Italo-Western-Box (Koch Media, 2005). Shakespeare in the West. Feature mit Antonio Bruschini. DVD »Glut der Sonne« (Koch Media, 2008). Something to do with Death. Bonus-DVD zu »Spiel mir das Lied vom Tod« (Paramount, 2003). Strange Stories of the West. DVD »Django – Die Totengräber warten schon« (Koch Media, 2005). Sugar Franco. Interview mit Franco Giraldi. DVD »Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern« (Koch Media 2013). Terence Hill über Terence Hill. Der Star über «Nobody« und seine Karriere. DVDBox »Mein Name ist Nobody« / »Nobody ist der Größte« (Paramount, 2005). Tom runs red. Interview mit Thomas Hunter. DVD »Eine Flut von Dollars« (Koch Media, 2008). Tre Voci. Remember »For a few Dollars more«. Bonus-DVD zu »Für ein paar Dollar mehr« (Paramount, 2005). Tre Voci. Three Friends remember Sergio Leone. Bonus-DVD zu »Für eine Handvoll Dollar« (Paramount, 2005). Verfluchte Liebe deutscher Film (D, 2016). The Wages of Sin. Bonus-DVD zu »Spiel mir das Lied vom Tod« (Paramount, 2003). Western, Italian Style (USA, 1968). DVD »Im Staub der Sonne« (Koch Media, 2006). The Western World of Ferdinando Baldi. DVD »Blindman – Der Vollstrecker« (Koch Media, 2005).



Anhang | 5. Personenregister   627

5. Personenregister A Abel (biblische Figur) 138, 293, 294, 296, 328, 336, 493, 569 Abélard (Heiliger: Petrus Abaelardus) 122, 550 Adam (biblische Figur) 524, 534 Adorf, Mario 92, 99, 615, 620 Ahimelech (biblische Figur) 528 Aischylos 285 Aland, Kurt 621 Aldrich, Robert 24, 306 Alessandroni, Alessandro 614 Altman, Robert 527 Álvarez, Ángel 587 Anchóriz, Leo 74 Anderson, Nick – siehe: Zamperla, Nazzareno 139, 292 Annakin, Ken 141 Anthony, Tony 31, 44, 50, 58, 110, 154, 241, 360 Antonioni, Michelangelo 307 Antonius der Große (Heiliger) 415, 550 Archer, Ted – siehe: Rossati, Nello Argento, Dario 18, 31, 33, 34, 36, 619 Armstrong, R. G. 653 Arnold, Frank 615, 617 Ascott, Anthony – siehe: Carnimeo, Giuliano Asmus, Hans-Werner 17 Aumont, Tina 165 B Bacalov, Luis Enrique 39, 612, 613, 614 Bach, Johann Sebastian 558, 580 Baker, Roy Ward 589 Bakunin, Michail A. 324, 595 Balázs, Béla 16 Balcázar, Alfonso 253, 613 Baldanello, Gianfranco 46, 266, 336, 613 Baldassare, Raf 119, 357, 543 Baldi, Ferdinando 58, 126, 154, 285, 350, 403, 420, 508, 533, 612, 613, 614, 626 Baldwin, Ralph – siehe: Baldassare, Raf

Baldwyn, Ralph – siehe: Baldassare, Raf Ball, Gregor 615 Banz, Helmut W. 600, 617 Baratto, Luisa – siehe: Barrett, Liz Barboni, Enzo – siehe: Clucher, E. B. Bardot, Brigitte 165, 215, 489 Barker, Lex 243, 464 Barnes, Walter 89, 99, 316 Barreau, Jean-Claude 562, 620 Barreto, Lima 478 Barrett, Liz 81, 149, 167, 296, 303, 374 Barsabbas (biblische Figur) 597 Barta, János – siehe: Bartha, John Barth, Karl 93, 440, 620 Bartha, John 591 Bauer, Walter 485, 601, 620 Baumgarten, Oliver 329, 597, 615, 620 Bava, Mario 18 Bay, Sara – siehe: Neri, Rosalba Beaver, Lee W. – siehe: Lizzani, Carlo Beethoven, Ludwig van 87 Bellini, Vincenzo 87 Benedikt XIV. (Papst) 549 Benussi, Femi 167 Berben, Iris 165, 320 Berg, Ulrich von 615, 617 Berger, Klaus 491, 620 Berger, William 70, 91, 124, 126, 266, 376, 434, 472, 585 Berlusconi, Silvio 575 Bernardino (Heiliger: Bernhard von Clairvaux) 534, 550 Bertolucci, Bernardo 36 Beswick, Martine 165 Betts, Jack – siehe: Powers, Hunt Bey, Sara – siehe: Neri, Rosalba Bixio, Franco – siehe: Frizzi – Bixio – Tempera Blanc, Erika 148, 149, 167 Bleasdale, John 162, 615 Blum, Heiko R. 620 Blumenberg, Hans C. 615 Bock, Hans-Michael 615

628  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Bódalo, José 74, 76 Boieldieu, Francois-Adrien 88 Bojanic-Gidra, Dragomir – siehe: Ghidra, Anthony Boller, Rainer 615 Bond, Ward 96, 584 Bongusto, Fred 614 Bonhoeffer, Dietrich 326 Booth, William 141 Borgese, Sal 97, 186, 210, 381 Borgnine, Ernest 284 Bornkamm, Karin 621 Boyd, Stephen 178, 235, 269, 372, 380, 431, 541 Brady, Matthew B. 232 Brandt, Rainer 135, 500, 501, 518, 552 Brass, Tinto 50, 206, 303, 389, 614 Bräuer, Hans-Dieter 618 Brauner, Artur 23, 330 Brega, Mario 223, 457 Brennan, Walter 96 Brice, Pierre 81, 243, 329 Bright, Maurice A. – siehe: Lucidi, Maurizio Bronson, Charles 31, 32, 34, 35, 40, 55, 106, 162, 257, 258, 287, 337, 359, 482, 483, 548, 584, 595, 618, 619, 620, 624 Brooks, Mel 527 Brown, Jim 124, 344, 366 Bruckner, Ulrich P. 590, 592, 600, 604, 615 Bruschini, Antonio 590, 616, 624, 626, 670 Brynner, Yul 236, 398 Buchs, Julio 46, 348, 613 Buñuel, Luis 527 Byrd, John – siehe: Moffa, Paolo C Caesar, Gaius Julius 91 Cagney, James 372 Caiano, Mario 23, 24, 613, 614, 625 Calvin, Johannes 571 Calvo, José 97, 155, 203, 305 Calvo, Pepe – siehe: Calvo, José

Camardiel, Roberto 97, 192 Camaso, Claudio 69, 85, 306, 307 Cameron, Rod 23, 24, 26 Camus, Mario 490 Canevari, Cesare 614 Cantafora, Antonio – siehe: Coby, Michael Capitani, Giorgio 52, 614 Cardiff, Albert – siehe: Cardone, Alberto Cardinale, Claudia 35, 55, 162, 165, 216, 590, 596, 616 Cardone, Alberto 262, 499 Carlson, Michael 585, 616 Carnimeo, Giuliano 377, 485, 527, 585, 612, 613, 614, 624 Carpozi, George 616 Carranza, Venustiano 313 Carter, Peter – siehe: Lulli, Piero Carter, Red – siehe: Pazzafini, Nello Carter, Ted – siehe: Pazzafini, Nello Castel, Lou 100, 306, 307, 314 Castellari, Enzo G. 25, 27, 34, 46, 47, 107, 142, 227, 241, 245, 249, 297, 336, 364, 420, 453, 465, 471, 474, 476, 539, 590, 612, 613, 614, 615, 619 Celi, Adolfo 90, 119, 304 Chaplin, Charles 201, 390, 584 Christy 323 Cipriani, Stelvio 396, 612, 613, 614 Claudius, Matthias 398, 521 Cleef, Lee van 26, 31, 84, 104, 167, 193, 232, 293, 299, 300, 302, 317, 344, 368, 377, 379, 380, 385, 407, 434, 435, 442, 499, 554, 586, 617, 618 Clucher, E. B. 27, 267, 291, 350, 393, 416, 419, 420, 422, 436, 437, 438, 453, 522, 587, 614, 620 Coburn, James 100, 106, 318, 367, 418 Coby, Michael 98, 420 Colizzi, Giuseppe 27, 98, 103, 210, 211, 291, 364, 436, 465 Collins, Allan – siehe: Pigozzi, Luciano Collinson, Peter 587 Colt, Samuel 372 Compostela (Heiliger: Jakobus) 549



Connelly, Christopher 93 Connors, Chuck 126, 245, 334, 363 Conversi, Spartaco 212 Convery, Sean – siehe: Conversi, Spartaco Convery, Spean – siehe: Conversi, Spartaco Coppola, Francis Ford 28 Corazzari, Bruno 80, 87, 246 Corbett, Stanley – siehe: Corbucci, Sergio Corbucci, Bruno 113 Corbucci, Sergio 25, 46, 54, 231, 245, 404, 592, 612, 613, 615, 619 Cortés, Hércules 494 Costner, Kevin 142, 336, 474 Cotten, Joseph 127, 193, 287, 511 Cox, Alex 616 Cravat, Nick 210 Crenna, Richard 334 Cumbow, Robert C. 588 Cushing, Peter 15 Custer, George Armstrong 549, 643 D Da Vinci, Leonardo 526, 527 Dali, Salvador 527 Dallamano, Massimo 165, 213, 304 Dalmas, Jack – siehe: Dallamano, Massimo Damiani, Damiano 26, 132, 307, 315, 438, 511, 590, 613, 614 Damme, Jean-Claude van 593 Damon, Mark 99, 317, 488 Daniel (Prophet) 136 Dante Alighieri 212, 472 David (König) 159, 467, 528, 593, 598 Dávila, Luis 100 Dawn, Vincent – siehe: Mattei, Bruno Dawson, Anthony M. – siehe: Margheriti, Antonio Dawson, Louis – siehe: Dávila, Luis De Angelis, Guido und Maurizio 49, 612, 614 De Fornari, Oreste 254, 590, 597, 616 De Martino, Alberto 603

Anhang | 5. Personenregister   629

De Masi, Francesco 39, 612, 613, 614, 624, 625 De Mille, Cecil B. 310 De Teffé, Antonio – siehe: Steffen, Anthony De Wilde, Brandon 448 De Zigno, Federico 616, 670 Dean, Basil 599 Deem, Miles – siehe: Fidani, Demofilo Dell’Acqua, Alberto 94, 210, 212 Dell’Acqua, Arnaldo 210 Dell’Acqua, Enzo 210 Dell’Acqua, Fernanda 210 Dell’Acqua, Ottaviano 210 Dell’Acqua, Roberto 210 Dell’Orso, Edda 39 Demmler, Kurt 605 Desalm, Brigitte 221, 432, 585, 598, 616 Dew, Thomas R. 88 Di Leo, Fernando 595 Di Stefano, Gianfranco 614 Díaz, Porfirio 312, 313, 320, 324 Dickerson, Ernest 587 Dickinson, Lucky – siehe: Fidani, Demofilo Dillman, Max – siehe: Dallamano, Massimo Dmytryk, Edward 282 Dober, Hans Martin 562, 603, 604, 622 Donati, Sergio 36, 306 Donne, John 602 Dostojewski, Fjodor M. 90 Douglas, Kirk 596 Dumas, Alexandre d.Ä. 253 Duwner, Gerd 98 Dyke, W. S. van 16 E Eastman, George 44, 98, 99, 303, 433 Eastwood, Clint 11, 26, 28, 41, 42, 44, 50, 106, 110, 172, 267, 268, 386, 387, 432, 433, 434, 440, 442, 448, 553, 584, 585, 590, 591, 592, 593, 598, 599, 616, 619, 620, 624 Ebeling, Gerhard 621

630  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Edel, Uli 63, 352 Ege, Konrad 600, 623 Egger, Josef 196 Eichmann, Adolf 80 Elam, Jack 34, 36, 106 Elia (Prophet) 306, 391 Ernsting, Stefan 616 Esau (biblische Figur) 293, 294, 418, 493 Euripides 285 Eva (biblische Figur) 534 Everschor, Franz 221 F Fago, Giovanni 322, 477, 478, 480, 481, 614 Fajardo, Eduardo 76, 77, 87, 99, 103, 111, 166, 479 Falana, Lola 164, 343 Falk, Johannes Daniel 449 Fantasia, Franco 210 Farina, Corrado 595 Fehmiu, Bekim 334 Fellini, Federico 307 Fermín (Heiliger: Firmin von Amiens) 550 Ferreira da Silva, Virgulino 322, 478 Ferreri, Marco 426 Ferrio, Gianni 46, 613, 614 Ferroni, Giorgio 263 Ferzetti, Gabriele 35, 80 Fidani, Demofilo 178, 247, 400, 413, 583, 599, 603, 604 Finley, George – siehe: Stegani, Giorgio Flavius Josephus 500 Fleming, Rhonda 125, 143, 349 Florio, Aldo 612, 625 Flynn, Errol 144 Fonda, Henry 12, 27, 32, 34, 162, 359, 434, 435, 595, 617 Ford, Dennis – siehe: Fidani, Demofilo Ford, John 16, 46, 282, 310, 456, 583, 584, 598, 615 Ford, Montgomery – siehe: Halsey, Brett Foster, Jodie 167 Fox, George 140

Foxx, Jamie 327 Franchi, Franco 27, 73, 175, 185, 387, 404, 411, 413, 420, 531, 584, 588, 589, 596 Franco, Pippo 614 Frank, Horst 23, 88, 93, 259, 433 Franz von Assisi (Heiliger) 235 Frayling, Christopher 526, 527, 547, 566, 583, 584, 590, 591, 593, 594, 596, 598, 602, 603, 616, 625 Freda, Riccardo 18, 200 Freeman, Morgan 590 Friedl, Loni von 149 Friedrich, Ernst 13 Frizzi – Bixio – Tempera 613, 614, 624 Frizzi, Fabio – siehe: Frizzi – Bixio – Tempera Fulci, Lucio 18, 86, 137, 233, 290, 435, 454, 50, 525, 534, 600, 613, 614, 624 G Gaillot, Jaques 131 Galli, Ida – siehe: Stewart, Evelyn Gamaliel (biblische Figur) 298 Gandhi, Mahatma 460, 496, 497 Garcia Abril, Anton 87, 181, 319, 613 Garibaldi, Giuseppe 214 Garko, Gianni – siehe: Garko, John Garko, John 26, 97, 141, 157, 373, 377, 380, 385, 442, 485, 553, 624, 625 Garrett, Leif 300, 348, 401, 431, 513 Garrone, Sergio 364, 462, 501, 599, 612, 614 Gassman, Vittorio 127, 321 Gemma, Giuliano 26, 44, 46, 98, 99, 179, 210, 232, 300, 368, 462, 583 Gennep, Arnold van 532 George, Götz 219 Gerhardt, Paul 461 Gesenius, Wilhelm 621 Geyer, Peter 616 Ghidra, Anthony 303 Ghiglia, Benedetto 612 Giacobbe, Gabriella 46 Giombini, Marcello 613 Giorgelli, Gabriella 167



Giraldi, Franco 613, 626 Girolami, Enzo – siehe: Castellari, Enzo G. Girotti, Mario – siehe: Hill, Terence 307 Glas, Uschi 123 Goethe, Johann Wolfgang von 63, 64, 514 Goetz, Alice 617 Goldoni, Carlo 43, 45, 584 Goppelt, Leonhard 598, 621 Gora, Claudio 614 Gori, Lallo 613 Göth, Amon 88 Green, Eva 446 Greepy, Anthony – siehe: Zeglio, Primo Grey, Zane 22, 299 Grob, Norbert 603, 617 Grosz, George 13 Grün, Anselm 480 Guerrieri, Romolo 614 Guevara, Ernesto »Che« 306, 468, 481, 599 Gutiérrez, Gustavo 131 H Habel, Frank-Burkhard 617 Hahn, Friedemann 596, 617 Halsey, Brett 576 Hammett, Dashiell 43, 584 Hampton, Robert – siehe: Freda, Riccardo Händel, Georg Friedrich 558 Hanisch, Michael 16, 617 Hardin, Ty 267, 390, 402 Harrison, Richard 99, 127, 438 Hart, William S. 495 Hasenberg, Peter 603, 604, 622 Hatcher, Zachary 305 Hathaway, Henry 16, 410 Hayes, George »Gabby« 96 Heflin, Van 53, 447 Heger, Christian 307, 583, 587, 594, 598, 617 Heidegger, Martin 49 Heldt, Guido 617 Hembus, Joe 268, 594, 598, 599, 617

Anhang | 5. Personenregister   631

Hemingway, Ernest 603 Henshall, Douglas 446 Herodes Antipas (biblische Figur) 457, 500 Herodias (biblische Figur) 500 Herrmann, Johann 599 Herter, Gérard 87, 89, 316 Hesekiel (Prophet) 54, 116, 190, 262, 451, 503, 506, 514, 597, 602 Hess, David 81, 475, 625 Hess, Wolfgang 625 Hill, Craig 91, 161, 212 Hill, Terence 12, 26, 27, 51, 98, 103, 107, 157, 164, 203, 215, 262, 263, 291, 307, 392, 416, 417, 418, 420, 422, 426, 433, 436, 437, 438, 439, 440, 441, 443, 490, 528, 587, 594, 616, 617, 626 Hill, Walter 202, 584 Hilton, George 26, 53, 97, 99, 121, 129, 161, 172, 284, 290, 300, 320, 385, 433, 438, 624 Hiob (biblische Figur) 266, 267, 460, 503, 513, 536, 542 Hirenbach, Karl-Otto – siehe: Lawrence, Peter Lee Hitchcock, Alfred 31, 562 Hitler, Adolf 80 Hò Chí Minh 481 Holofernes 494 Homer 253, 284 Hoosman, Al 343 Hosea (Prophet) 54 Hossein, André 613 Hossein, Robert 613 Huerta, Chris 96, 166, 236, 420 Huerta, Cris – siehe: Huerta, Chris Huerta, Victoriano 313 Huffaker, Clair 600 Hughes, Howard 104, 528, 617 Hundar, Robert 177 Hunnicutt, Arthur 96 Hunter, Bob – siehe: Hundar, Robert Hunter, Thomas 626 Hurley, Neil P. 564 Hürlimann, Thomas 579, 580, 623

632  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Huston, John 282, 334 I Ignatius von Loyola (Heiliger) 550 Induni, Luis 6, 166, 190, 191, 192, 217, 591 Ingalls Wilder, Laura 283 Ingrassia, Ciccio 27, 73, 175, 185, 387, 404, 411, 413, 420, 531, 584, 588, 589, 596 Ireland, John 26, 91, 267 J Jakob (biblische Figur) 52, 293, 294, 297, 418, 445, 493, 513 James, E. L. 492 Janson, Horst 188, 591 Jaspe, José 74 Jasper, Hans 580, 605, 618, 622 Jeanne d’Arc 549 Jeffries, Lang 387 Jeier, Thomas 584, 617 Jeremia (Prophet) 54, 190, 266, 450, 468, 496, 508 Jesaja (Prophet) 54, 116, 190, 240, 308, 309, 391, 447, 450, 451, 453, 454, 459, 462, 468, 470, 483, 503, 504, 509, 512, 536 Jesus (von Nazareth) 45, 59, 65, 67, 75, 92, 94, 109, 114, 116, 118, 126, 138, 151, 159, 180, 181, 231, 233, 235, 237, 249, 250, 260, 262, 264, 268, 275, 298, 309, 341, 399, 405, 408, 410, 419, 421, 422, 423, 424, 425, 427, 439, 440, 446, 452, 453, 454, 455, 458, 459, 460, 461, 466, 467, 470, 471, 472, 473, 474, 477, 478, 479, 482, 483, 484, 489, 490, 494, 495, 502, 521, 523, 526, 528, 541, 549, 562, 572, 577, 578, 600, 601, 620, 621, 622, 623 Jesus Sirach (biblische Figur) 418 Jitro (biblische Figur) 500 Jodorowsky, Alejandro 390 Joest, Wilfried 440, 587, 588, 594, 598, 620 Jofer, Gabriele 84, 617

Joffé, Roland 395 Johannes (Evangelist) 63, 109, 153, 159, 180, 209, 239, 245, 266, 322, 410, 424 446, 454, 460, 462, 466, 470, 471, 472, 473, 475, 485, 487, 495, 504, 511, 537, 557, 578, 580, 599, 621 Johannes der Täufer (biblische Figur) 69, 424, 478, 500 Joschafat (König) 601 Josef (biblische Figur, Altes Testament) 285, 297, 449, 493 Josef (biblische Figur, Neues Testament) 455, 457, 551 Josef von Arimathäa (biblische Figur) 467 Josua (biblische Figur) 152, 597 Jovovich, Milla 167 Juárez, Benito 317, 325 Jubeh, Claudia 605, 622 Judas Iskarioth (Jünger) 37, 109, 179, 180, 181, 203, 266, 296, 374, 493, 504, 530, 567, 606, 609, 610, 621, 640, 655 Judit (biblische Figur) 494 Jungfrau des Lichts (Virgin de la Luz) 551 Jungfrau von Guadalupe (Virgin de Guadalupe) 549 Jurado, Katy 150 K Kael, Pauline 585 Kain (biblische Figur) 138, 171, 282, 293, 294, 295, 296, 328, 457, 472, 493, 507, 569, 586, 607 Kamante, Lu – siehe: Rossi, Luciano Kant, Immanuel 71 Kaplan, Ted – siehe: Baldi, Ferdinando Karis, Vassili 487 Karlatos, Olga 146 Katsu, Shintaro 58 Kazan, Elia 306 Keaton, Buster 310 Keitel, Harvey 290 Kelly, Grace 150 Kelly, Jim 344 Kendall, Tony 212 Kennedy, Burt 226, 269, 334



Kennedy, John F. 307 Kennedy, Robert »Bob« 468 Keßler, Christian 46, 49, 88, 250, 264, 318, 370, 428, 474, 586, 590, 592, 594, 596, 599, 603, 604, 617 Kierkegaard, Sören 121, 621 Killing, Uwe 617 King, Henry 254, 597 King jr., Martin Luther 307, 323, 460 Kinski, Klaus 46, 53, 80, 127, 132, 161, 173, 175, 176, 177, 189, 205, 216, 231, 248, 250, 265, 281, 367, 385, 390, 411, 414, 433, 434, 435, 469, 598, 615, 616, 617, 618, 619, 620 Kirsner, Inge 564, 603, 622 Kitano, Takeshi 28 Kitosch, Cole – siehe: Dell’Acqua, Alberto Klaus-Renft-Combo – siehe: Renft Kließ, Werner 222, 369, 585, 590, 617 Knox, Werner – siehe: Mattei, Bruno Koch, Marianne 146, 163, 241, 457, 553 Koebner, Thomas 618 Königstein, Horst 618 Konjucharov, Vassili – siehe: Vasco und Mancuso Kordon, Klaus 13 Krah, Hans 598, 618 Kramer, Frank – siehe: Parolini, Gianfranco Kraus, Michael 600, 618 Krug, Manfred 598 Krup, Mara 157 Kubrick, Stanley 28 Kümmel, Werner Georg 621 Kurosawa, Akira 24, 43, 224, 371 Kutter, Hermann 490 Kyne, Peter B. 456 L L’Amour, Louis 22 Ladd, Alan 447 Lafayette, Marquis de 312 Lancaster, Burt 210 Landau, Martin 129

Anhang | 5. Personenregister   633

Landon, Michael 283 Lanfranchi, Mario 613, 625 Lang, Fritz 16, 432 Lange, Hellmut 16 Lastretti, Adolfo 118, 119 Lavagnino, Angelo Francesco 614 Law, John Philip 302 Lawrence, Peter Lee 86, 191, 303, 304, 348, 388, 397 Lazarus (biblische Figur) 580 Lee, Bruce 344 Lee, Chen 345 Lee, Christopher 15 Lemmon, Jack 98 Lenin, Wladimir Iljitsch 80 Lenzi, Umberto 140 Leone, Sergio 11, 17, 20, 21, 24, 25, 26, 27, 29, 31, 32, 33, 34, 38, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 50, 65, 80, 84, 96, 103, 104, 105, 106, 116, 143, 144, 145, 146, 154, 156, 157, 161, 162, 163, 166, 171, 174, 175, 196, 208, 221, 222, 224, 225, 232, 241, 243, 244, 245, 246, 248, 251, 253, 258, 264, 265, 268, 284, 291, 299, 311, 312, 313, 318, 324, 326, 327, 328, 359, 360, 363, 364, 378, 383, 386, 388, 390, 395, 400, 402, 406, 408, 421, 426, 429, 432, 434, 445, 457, 481, 526, 527, 530, 547, 557, 561, 562, 566, 567, 583, 584, 585, 587, 588, 590, 591, 592, 593, 594, 595, 596, 598, 602, 603, 604, 612, 615, 616, 619, 620, 624, 625, 626 Leone, Vincenzo 21, 24 Lepenies, Wolf 618 LeRoy, Mervyn 24 Leroy, Philippe 81, 217, 303 Levring, Kristian 445 Lewis, C.S. 230, 621 Lewis, Geoffrey 105 Lieh, Lo 345 Lincoln, George – siehe: Freda, Riccardo Lizzani, Carlo 145, 309, 487, 489, 490, 516, 614, 619 Loisy, Alfred 114 Lollobrigida, Gina 149, 167

634  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Lucidi, Maurizio 613, 614 Lukas (Evangelist) 59, 92, 109, 122, 124, 131, 151, 153, 180, 231, 249, 250, 272, 280, 288, 289, 297, 300, 309, 321, 322, 338, 352, 406, 410, 423, 424, 439, 452, 453, 454, 455, 461, 463, 467, 471, 473, 474, 479, 483, 485, 490, 494, 500, 502, 503, 504, 505, 506, 510, 511, 523, 526, 528, 538, 601 Luley, Wolfgang 45, 62, 89, 138, 150, 399, 568, 569, 570, 573, 584, 586, 591, 595, 598, 599, 600, 602, 603, 604, 618, 622 Lull, Peter – siehe: Lulli, Piero Lulli, Piero 78, 79, 188, 274 Lupo, Michele 46, 81, 613, 614 Luther, Martin 91, 180, 272, 276, 280, 307, 323, 353, 398, 427, 459, 460, 468, 502, 512, 514, 515, 519, 524, 532, 571, 572, 586, 588, 601, 602, 615, 621 M Macchiavelli, Nicoletta 165 Madero, Francisco 313, 325 Madison, Guy 57, 60, 125, 216, 292, 358, 465 Maggio, Dante 212 Magritte, René 244 Mahmoud, Mona 618 Maier, Daniel 399, 568, 569, 573, 600, 602, 603, 622 Malle, Louis 489 Mancuso, Elsio – siehe: Vasco und Mancuso Mangalwadi, Vishal 492, 621 Mann, Leonard 334 Manzella, Leonardo – siehe: Mann, Leonard Mao Tse-tung 325, 481 Margheriti, Antonio 30, 265, 294, 344, 345, 399, 511, 527, 613 Maria (Mutter Jesu) 457, 465, 520, 522, 549 Maria von Magdala (biblische Figur) 153, 163 Marin, Cheech 599

Mariuzzo, Giorgio 47 Markus (Evangelist) 75, 109, 122, 153, 250, 309, 322, 410, 424, 425, 452, 453, 460, 463, 467, 471, 473, 474, 475, 479, 484, 485, 486, 494, 495, 500, 503, 504, 505, 523, 528 Marsili, Mario 600 Martell, Peter 193, 210 Martellanza, Pietro – siehe: Martell, Peter Martig, Charles 622 Martin, Dan – siehe: Martín, Daniel Martín, Daniel 166, 457, 553 Martin, Dean 410 Martin, Eugenio 613 Martin, Gene – siehe: Martin, Eugenio Martin, George 614 Martín, María 148 Martinelli, Elsa 164 Martino, Sergio 49, 456, 603, 612 Mattei, Bruno 336 Matthau, Walter 98 Matthäus (Evangelist) 45, 59, 69, 86, 92, 109, 116, 117, 118, 122, 126, 131, 135, 153, 180, 233, 249, 250, 260, 275, 279, 280, 309, 322, 349, 352, 405, 410, 423, 424, 425, 427, 452, 453, 455, 456, 457, 458, 463, 467, 471, 473, 475, 479, 483, 485, 486, 494, 495, 500, 501, 502, 503, 504, 505, 506, 510, 511, 516, 519, 523, 528, 537, 538, 570, 601 Matthias (Apostel) 597 Mauri, Roberto 485, 487 May, Karl 22, 23, 29, 222, 243, 329, 330, 331, 583, 593, 615, 616, 623 Maynard, Ken 210 Maynard, Kermit 210 McBride, Joseph 587, 618 McCarthy, Joseph 596 McGee, Vonetta 147 Meier, Michael 605, 623 Mercier, Michèle 147 Merino, José Luis 614 Merli, Maurizio 590, 591 Merolle, Sergio 246, 614 Meyer, Ulfilas 595, 618



Micalizzi, Franco 614 Miceli, Sergio 596, 618 Micha (Prophet) 54, 454, 455 Michael (Erzengel) 126, 263, 466 Micheli, Bruno 624 Mifune, Toshiro 597 Migliardi, Mario 614 Mikkelsen, Mads 445 Milián, Tómas 26, 69, 83, 86, 100, 300, 306, 316, 317, 319, 320, 322, 368, 371, 426, 434, 477, 478, 480, 481, 482, 490, 528, 600, 624 Mitchell, Cameron 26, 59 Mitchell, Gordon 139, 176, 177, 178, 193, 238, 247, 412, 413 Mitchum, Robert 410 Mitic, Gojko 330 Moffa, Paolo 293 Montalban, Ricardo 334 Montaldo, Giuliano 583 Montefiori, Luigi – siehe: Eastman, George Moreau, Jeanne 165, 215, 489 Morgan, Jasper P. 618, 670 Morgan, Jeffrey Dean 445 Morik, Emil – siehe: Morricone, Ennio Morricone, Ennio 17, 20, 24, 28, 37, 38, 39, 241, 246, 262, 273, 323, 359, 395, 397, 445, 596, 612, 613, 614, 617, 618, 625 Mose (biblische Figur) 51, 52, 64, 126, 167, 171, 179, 248, 249, 255, 260, 265, 266, 285, 293, 294, 297, 300, 311, 328, 335, 341, 346, 391, 410, 413, 418, 437, 445, 446, 449, 451, 460, 493, 498, 500, 504, 505, 506, 507, 508, 509, 510, 511, 513, 536, 562, 572, 586, 597, 602 Motier, Marie-Joseph – siehe: Lafayette, Marquis de Mulargia, Edoardo 614 Muller, Edward G. – siehe: Mulargia, Edoardo Mulock, Al 588 Münchenhagen, Reinhard 598 Musante, Tony 100, 319

Anhang | 5. Personenregister   635

N Nakadai, Tatsuya 371 Naschy, Paul 269, 286 Navarro, Nieves 167 Nell, Krista 167 Nelson, Ralph 334, 335 Neri, Rosalba 148, 152, 167 Nero, Franco 26, 27, 44, 46, 58, 90, 100, 103, 107, 110, 122, 246, 257, 290, 300, 319, 320, 357, 371, 388, 389, 438, 462, 471, 474, 476, 477, 480, 538, 600, 609, 614, 624, 644, 650, 651 Newton, John 341, 397 Nichols, Leo – siehe: Morricone, Ennio Nicolai, Bruno 39, 612, 613, 614 Nikitin, Nikolaj 422, 528, 597, 623 Nobel, Alfred 378 Nostro, Nick 614 Nüchtern, Michael 532, 621 Nusciak, Loredana 146, 148, 167 O O’Brien, Donal 186, 225, 317, 472 O’Brien, Peter 300 O’Neill, Eugen 285, 454 Obadja (Prophet) 597 Old, John M. – siehe: Bava, Mario Olivier, Laurence 599 Onions, Oliver – siehe: De Angelis, Guido und Maurizio Orlandi, Nora 614, 625 Ortolani, Riz 613, 614 Otto, Stefan 584, 601, 602, 618 Ovid 285 P Padget, Calvin Jackson – siehe: Ferroni, Giorgio Pagliai, Ugo 320 Palance, Jack 26, 31, 85, 136, 421, 447 Palmara, Mimmo – siehe: Palmer, Dick Palmer, Dick 333 Paluzzi, Luciana 148 Parolini, Gianfranco 210, 211, 262, 613, 614

636  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Pasolini, Pier Paolo 133, 307, 488 Paulus von Tarsus (Apostel) 8, 65, 94, 127, 260, 265, 270, 298, 341, 405, 421, 422, 423, 424, 425, 439, 466, 502, 517, 536, 571, 572, 595, 621 Pavone, Rita 164 Pazzafini, Giovanni – siehe: Pazzafini, Nello Pazzafini, Nello 179, 210, 212, 278 Peck, Gregory 254, 255 Peckingpah, Sam 23, 28, 615 Pedersoli, Carlo – siehe: Spencer, Bud Peebles, Mario van 327 Penn, Arthur 28 Penn, William 328 Pérez Martínez, Manuel 133 Pesce, Franco 6, 198, 199, 217 Peters, Brock 211, 344 Petri, Elio 307, 465 Petrick, Dagmar 603, 623 Petroni, Giulio 146, 302, 325, 482, 584, 587, 593, 613, 614, 624 Petrus (Apostel) 108, 109, 408, 423, 452, 478, 486, 489, 505, 525, 550 Picasso, Pablo 486 Piccioni, Piero 614 Pickens, Slim 96 Pigozzi, Luciano 207, 292, 296, 301, 406, 539 Pink, Sydney W. 457 Pistilli, Luigi 80, 469 Pitts, Michael R. 618 Pizzuti, Riccardo 210 Plato 426 Plenizio, Gianfranco 613 Poitevin, Robby 613 Poitier, Sidney 327 Pollack, Sydney 329 Pontius Pilatus 266, 454, 495 Porter, Edwin S. 21 Postman, Neil 577, 578, 579, 623 Potiphar (biblische Figur) 285, 493 Powell, Don 256, 265 Powers, Hunt 625 Pregadio, Roberto 614

Presser, Beat 617 Prokop, Dieter 615, 618, 619 Prückner, Thilo 166 Pryce, Jonathan 445 Publilius Syrus 514 Pythagoras 419 Pyun, Albert 593 Q Questi, Giulio 46, 65, 161, 231, 584, 612 Quinn, Anthony 60, 128, 482, 615 Quirinius (christlicher Märtyrer) 551 R Rad, Gerhard von 598, 621 Rafael (Erzengel) 285, 457 Ragaz, Leonhard 490 Raho, Umberto 57 Raimi, Sam 21, 167, 202 Ralli, Giovanna 157, 165 Randall, Mónica 167 Rassimov, Rada 152, 167 Rau, Johannes 492 Redford, William – siehe: Squitieri, Pasquale Reed, Dean 97, 149, 190, 236, 263, 387, 398, 616, 617, 618 Regan, Willy S. – siehe: Garrone, Sergio Reichow, Joachim 16 Reinhardt, Max 16 Reinl, Harald 22 Rembrandt van Rijn 288 Renft (Band) 605 Ressel, Franco 78, 79, 88, 415, 417, 434 Reuter, Ingo 603 Reverberi, Gianfranco 613 Reynolds, Burt 333 Rhodes, Bobby 343, 475 Richardson, John 293, 582 Riche, Clive 474, 612 Rienecker, Fritz 592, 621 Rigaud, George 76, 166 Rigaud, Jorge – siehe: Rigaud, George Rilla, Walter 301 Ritschl, Albrecht 262



Ritt, Martin 329 Ritzer, Ivo 603 Rizzo, Gianni 78 Robards, Jason 34, 35, 106, 162 Roberti, Roberto – siehe: Leone, Vincenzo Roberts, Eric 352 Robertson, Bob – siehe: Leone, Sergio Robnik, Drehli 594, 619 Rodriguez, Robert 43, 74, 88, 90, 117, 551, 599 Rönneburg, Carola 617 Rohr, Richard 463, 599, 621 Roland, Gilbert 121 Romero Marchent, José 247, 285, 457 Rosenberg, Marshall B. 346 Rosi, Francesco 307 Ross, Edward G. – siehe: Rossi, Luciano Rossati, Nello 476, 613 Rossi Stuart, Giacomo 177 Rossi, Luciano 91, 184, 197, 234, 259, 311, 357, 458 Rosso, Nini 614 Rosso, Salvatore 614 Rowland, E.G. – siehe: Castellari, Enzo G. Rowling, Joanne K. 14 Rusticelli, Carlo 614 S Sabàto, Antonio 302 Sacharja (Prophet) 451, 458, 512 Salerno, Enrico Maria 91, 99, 213, 304 Salome (biblische Figur) 500 Salomo (König) 405, 507 Sambrell, Aldo 37, 74, 87, 192, 226, 237, 543 Sanbrell, Aldo – siehe: Sambrell, Aldo Sanchez, Pedro 73, 97, 177, 340, 420 Sancho, Fernando 72, 73, 74, 90, 99, 100, 111, 420, 542, 549 Sarafian, Richard C. 15 Sarris, Andrew 461 Saul (König) 467, 593, 598 Saunders, Ray 343

Anhang | 5. Personenregister   637

Savalas, Telly 435, 532 Savina, Carlo 613 Savio, Dan – siehe: Morricone, Ennio Savona, Leopoldo 312, 612 Saxon, John 62, 81, 144, 204, 259, 328, 415, 475, 568 Sayers, Dorothy L. 440, 621 Schenk, Irmbert 618 Schifferle, Hans 619, 585 Schlüter, Christiane 558, 623 Schmidt, Helmut 432 Schmidt, Werner H. 598, 621 Schnabel, Norbert 603, 604, 623 Schoedsack, Ernest B. 88 Schubert, Karin 152 Schütte, Wolfgang 619 Schütz, Heinrich 558 Schulz, Berndt 619 Scorsese, Martin 28 Scott, George C. 17 Sebastian (Heiliger) 550 Seeßlen, Georg 67, 68, 220, 233, 282, 326, 328, 447, 448, 469, 495, 564, 567, 568, 591, 592, 593, 595, 598, 599, 603, 619, 623 Seneca 285 Serrano, Manuel 316, 340, 420 Sethbon, Philippe 619 Shakespeare, William 121, 213, 264, 285, 286, 321, 626 Shatner, William 293 Shaw, Robert 129, 191, 304, 345, 586 Shepard, Sam 352 Siebald, Manfred 621 Siegel, Don 584, 619 Silva, Henry 87, 322, 478 Simi, Carlo 386, 388 Simson (biblische Figur: Samson) 494, 502 Smith, Joseph 138 Smith, Paul 98, 420 Sobrero, Ascanio 378 Solinas, Franco 306, 314, 315 Sollima, Sergio 25, 26, 69, 72, 87, 106, 141, 176, 306, 316, 317, 326, 370, 481, 494, 561, 600, 612, 613, 615, 618, 626

638  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Sophokles 285 Sorvino, Paul 431 Southwood, Charles 320, 385, 585 Spalla, Ignazio – siehe: Sanchez, Pedro Spencer, Bud 8, 26, 27, 88, 98, 103, 107, 139, 206, 212, 267, 291, 307, 345, 350, 381, 382, 387, 390, 393, 416, 418, 419, 420, 422, 426, 428, 436, 438, 443, 465, 510, 519, 522, 528, 531, 581, 587, 594, 597, 605, 616, 617, 620, 623 Spieker, Markus 623 Spielberg, Steven 88 Spitfire, Dick – siehe: Fidani, Demofilo Squitieri, Pasquale 334, 335, 593 St. John, Al »Fuzzy« 96 Staig, Laurence 65, 400, 584, 619 Stander, Lionel 203, 211, 392, 502, 596 Stanton, Harry Dean 42 Starr, Ringo 533 Steffen, Anthony 26, 31, 77, 97, 99, 155, 177, 178, 212, 213, 385, 441, 461, 462, 466, 553, 576, 582, 599 Stegani, Giorgio 302, 613 Steiger, Rod 100, 106, 318 Steiner, John 81, 316 Steinwender, Harald 108, 144, 156, 264, 463, 541, 542, 547, 566, 567, 588, 590, 591, 593, 594, 595, 598, 602, 603, 619 Stella, Luciano – siehe: Kendall, Tony Stern, Andreas 619 Sternberg, Joseph von 16 Steubing, Hans 602 Stevens, George 49, 447, 448 Stevenson, Robert Louis 273 Stewart, Evelyn 149, 167 Stewart, Jack – siehe: Rossi Stuart, Giacomo Stiglegger, Marcus 603, 619, 623 Stone, Sharon 167 Strazny, Philipp 565, 566, 569, 584, 588, 590, 594, 619 Striss, Michael 620 Strode, Woody 106, 202, 211, 212, 342, 344, 390, 472 Stryper (Band) 587

Stuart, Jack – siehe: Rossi Stuart, Giacomo Sturges, John 143, 152 Stuyvesant, Richard – siehe: Brega, Mario T Tallino, Claudio 614 Tarantino, Quentin 28, 34, 246, 445, 587, 593, 596 Taylor, Don 613 Taylor, Dub 96 Tempera, Vincenzo – siehe: Frizzi – Bixio – Tempera Tentori, Antonio 616 Tessari, Duccio 103, 284, 320, 612 Testi, Fabio 210, 440, 624 Tevis, Peter 38 Theodosius (Heiliger) 551 Thomas (Apostel) 109, 550 Tillich, Paul 90, 564, 621 Timotheus 201, 405, 424, 425, 517 Tito, Josip Broz 243 Tobit (biblische Figur: Tobias) 285 Tommaso (Heiliger: Thomas) 550 Törcz, Dénes 15 Torres, Camilo 133 Torres, José 120, 176, 481 Torrisi, Pietro 210, 212 Tourneur, Jaques 583 Toynbee, Arnold J. 579 Tozzi, Fausto 348 Trintignant, Jean-Louis 54, 469 Tritt, Carsten 597, 620 Trovajoli, Armando 613 Truffaut, Francois 597 Twain, Mark 537 U Ukmar, Bruno 210 Ukmar, Clemente 210 Ukmar, Franco 210 Ukmar, Giancarlo 210 Ukmar, Giovanni 210 Ukmar, Sergio 210 Undari, Claudio – siehe: Hundar, Robert



V Valcarenghi, Edvige – siehe: Walerian, Bice Valentin, Joachim 622, 623 Valerii, Tonino 25, 27, 208, 300, 390, 437, 584, 612, 613 Valli, Romolo 530 Vance, Lewis – siehe: Vanzi, Luigi Vancini, Florestano 253, 613 Vandor, Ivan 612 Vanzi, Luigi 31, 612, 614 Vasco und Mancuso 612, 614 Verdi, Giuseppe 87 Vermilye, Jerry 620 Verneuil, Henri 482 Villa, Francisco »Pancho« 74, 78, 133, 306, 313, 325, 532 Villaggio, Paolo 127, 321 Visconti, Luchino 307 Vogeler, Volker 166 Volontè, Claudio – siehe: Camaso, Claudio Volontè, Gian Maria 69, 85, 314 W Wagner, Richard 39 Walerian, Bice 21 Wallace, Edgar 22 Wallace, Lew 348 Wallach, Eli 96, 100, 103, 106, 111, 320, 542, 552, 598 Wang, George 267, 345, 415 Warhol, Andy 527 Warkosch, Albert 597 Wayne, John 200, 329, 388, 428, 616 Weaver, Sigourney 167 Weber, Anatol 156, 620 Weber, Max 351, 438 Weber, Reinhard 618 Weisser, Thomas 620 Welch, Raquel 387 Welles, Orson 16, 316, 587, 618 Wendtland, Horst 22, 23, 243, 330

Anhang | 5. Personenregister   639

Wermke, Michael 622 Wertmüller, Lina 164 White, Erika – siehe: Blanc, Erika Wich, Nathan – siehe: Wertmüller, Lina Widmark, Robert – siehe: Dell’Acqua, Alberto Wilberforce, William 342 Williams, Tony 65, 82, 193, 215, 400, 584, 599, 616, 619 Williamson, Fred 344, 433, 624 Willis, Wallace 95 Wilske, Dirk 620 Winkler, Eberhard 532, 621 Winthrop, John 570 Wise, Robert 24, 282 Witte, Karsten 618 Wolff, Frank 34, 90, 99, 107 Woo, John 28, 34, 486, 587 Wood, Edward D. 583 Wood, Montgomery – siehe: Gemma, Giuliano Woods, Robert 271, 397 Wrede, William 484 Wyler, Richard 83 Wyler, William 24, 282, 590 Y Young, Brigham 138 Z Zacharias, Steffen 97 Zachäus (biblische Figur) 300, 424 Zamperla, Nazzareno 210 Zamperla, Neno – siehe: Zamperla, Nazzareno Zapata, Emiliano 313, 457 Zeglio, Primo 614 Zille, Heinrich 13 Zinnemann, Fred 24 Zion, Robert 603 Zuanelli, Marco 390, 459 Zurhorst, Meinolf 620 Zwick, Reinhold 623

640  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

6. Titelregister Bei kursiv geschriebenen Titeln handelt es sich um keine Italo- bzw. Eurowestern. Als Originaltitel werden in der Regel die italienischen Verleihtitel angegeben – wohl wissend, dass die meisten als koproduzierte Filme auch über spanische Titel verfügen. 2 x Judas 203, 296, 606 3 colpi di Winchester per Ringo – siehe: Drei Kugeln für Ringo 3 Kugeln für ein Ave Maria – siehe: Seine Kugeln pfeifen das Todeslied 4 dollari di vendetta – siehe: Keine Gnade für Verräter (1966) 5 Card Stud – siehe: Todfeinde 6 Kugeln für Gringo 164, 191, 213, 413, 543 21 Days – siehe: 21 Tage 21 Tage 599 30 Winchester für den Teufel – siehe: 30 Winchester für El Diablo 30 Winchester für El Diablo 92 30 Winchester per El Diablo – siehe: 30 Winchester für El Diablo 100 Fäuste und ein Vaterunser 81, 121, 123, 171 1.000 Dollar Kopfgeld 120, 200, 373, 403, 508, 511 1.000 Kugeln für ein Halleluja – siehe: Arizona Colt 2019: Dopo la caduta di New York – siehe: Fireflash – Der Tag nach dem Ende 5.000 Dollar für den Kopf von Johnny R. – siehe: Wer kennt Johnny R.? 10.000 blutige Dollar 148, 172, 215, 247, 279, 544, 592 10.000 dollari per un massacro – siehe: 10.000 blutige Dollar 100.000 Dollar für Ringo 191, 331, 332, 398, 430, 546, 592 100.000 verdammte Dollar 43, 73, 82, 155, 191, 271

20.000 dólares por un cadáver – siehe: Adios Cjamango 20.000 dollari sporchi di sangue 430 A A man called Sledge – siehe: Der Einsame aus dem Westen A Midsummer Night’s Dream – siehe: Ein Sommernachtstraum A Town Called Hell – siehe: Kein Requiem für San Bastardo Abre tu fosa, amigo, llega Sábata  … – siehe: Zwei Halleluja für den Teufel Ace in the Hole – siehe: Reporter des Satans Acquasanta Joe – siehe: Weihwasser-Joe Ad uno ad uno  … spietatamente – siehe: Einer nach dem anderen – ohne Erbarmen Adios Amigos – siehe: Stinkende Dollar Adios Cjamango 311, 533 Adios Companeros (1971: Giù la testa  … hombre!) – siehe: Ich will deinen Kopf Adios Companeros (1971: Per una bara piena di dollari) 92, 178, 235, 400 Adios Sabata 181, 211, 236, 321, 374, 381, 398, 589, 597 Ah sì? E io lo dico a Zzzzorro! 589 Al di là della legge – siehe: Die letzte Rechnung zahlst du selbst All’ombra di una colt – siehe: Pistoleros All’ovest di Sacramento (Le Juge) 201, 397, 409, 415, 522, 589, 597 All’ultimo sangue – siehe: Den Geiern zum Fraß



Alle für einen – Prügel für alle 212, 253, 459, 497 Alleluja e Sartana figli di  … Dio – siehe: 100 Fäuste und ein Vaterunser Alles fliegt dir um die Ohren 154, 401, 532, 594 American Bull – siehe: Johnny Madoc Amico mio, frega tu  … che frego io! – siehe: Colorado – Zwei Halunken im Goldrausch Amico, stammi lontano almeno un palmo – siehe: Ben und Charlie Amigos – Die (B)Engel lassen grüßen Ammazzali tutti e torna solo – siehe: Töte alle und kehr allein zurück Amore, piombo e furore – siehe: China 9, Liberty 37 An den Galgen, Bastardo 149, 170, 189, 197, 559, 592 An den Galgen, Hombre 97, 150, 465, 515, 610 An seinen Stiefeln klebte Blut – siehe: Kopfgeld: Ein Dollar Anche nel West c’era una volta Dio 127, 238, 273, 606 Anche per Django le Carogne hanno un Prezo – siehe: Auch Djangos Kopf hat seinen Preis Ancora dollari per i MacGregor 178 Anda muchacho, spara! – siehe: Knie nieder und friß Staub Andere beten – Django schießt 346, 409, 515, 606 Angel Face – Der lange Tag der Rache – siehe: Der lange Tag der Rache Antreten zum Beten – siehe: Bleigewitter Apache Woman 47, 335 Arde, Baby, arde – siehe: Lucky Johnny Arizona Colt 73, 97, 111, 126, 239, 263, 361, 369, 372, 375, 378, 389, 401, 411, 430, 431, 466, 504, 510, 515, 545, 606, 608, 610, 613 Arizona si scateno  … e li fece fuori tutti – siehe: An den Galgen, Hombre Arizona – siehe: An den Galgen, Hombre

Anhang | 6. Titelregister   641

Arriva – Sartana kommt – siehe: Sartana kommt Arriva Eldorado – siehe: Pokerface auf krummen Touren Arriva Garringo – siehe: Galgenvögel sterben einsam Arriva Sabata – siehe: Galgenvögel sterben einsam Arrivano Django e Sartant  … è la fine – siehe: Django und Sartana kommen Attento Gringo  … è tornato Sabata! 74, 140, 229, 339, 407 Auch Djangos Kopf hat seinen Preis 196 Auf die Knie, Django 46, 57, 61, 66, 261, 352, 559, 613 Auf die Knie, Django – und leck mir die Stiefel – siehe: Auf die Knie, Django B Bad Man’s River – siehe: Matalo Bada alla tua pelle, Spirito Santo! 377, 485, 487, 589, 606 Ballata per un pistolero – siehe: Rocco – Der Einzelgänger von Alamo Ballermann und Söhne – siehe: Ein Stoßgebet für drei Kanonen Bandidos 60, 213, 257, 295, 304, 370, 466, 559, 560 Bandidos – Ihr Gesetz ist Mord und Gewalt – siehe: Bandidos Banditi a Milano – siehe: Die Banditen von Mailand Bang Bang Kid 184, 185, 224, 589 Bang, Bang – siehe: Bang Bang Kid Barquero 434 Bastardo, vamos a matar – siehe: Kopfgeld für Chako Befehl des Gewissens 584 Beichtet, Freunde, Halleluja kommt 133, 134, 138, 296, 310, 321, 374, 382, 428, 529, 543, 589, 606 Bekreuzige dich, Fremder 9, 188, 365, 382, 540, 543, 607 Ben und Charlie 98, 116, 122, 192, 281, 372, 393, 411, 497, 508, 611

642  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Bete, Amigo! 77, 87, 100, 127, 321, 343, 354, 457, 506, 517, 525, 541, 543, 594, 606 Bianco Apache – siehe: Der weiße Apache Bill il taciturno – siehe: Django tötet leise Bis aufs Blut 348 Black Jack – siehe: Auf die Knie, Django Black Joe – siehe: Auf die Knie, Django Black Killer 184, 332, 382, 546 Blaue Augen, schneller Colt – siehe: Duell vor Sonnenuntergang Blaue Bohnen für ein Halleluja 74, 164, 186, 281, 374, 607 Blaue Bohnen zum Dessert – siehe: Bratpfanne Kaliber 38 Bleigericht 263, 382, 591, 608 Bleigewitter 125, 182, 216, 413, 459, 496, 498, 501, 515, 517, 519, 534, 545, 594, 606, 610 Blindman – siehe: Blindman, der Vollstrecker Blindman, der Vollstrecker 58, 59, 110, 153, 223, 241, 360, 374, 376, 518, 533, 535, 543, 545, 612, 626 Blood Money – siehe: In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner Blutige Dollars – siehe: Quinto, töte nicht Blutige Rache in Tucson 184, 521 Blutiger Dollar – siehe: Western-Jack Blutiger Zorn – siehe: Django – Den Colt an der Kehle Blutiges Blei 80, 189, 203, 343, 382, 612 Blutrache einer Geschändeten 147, 151, 206, 592 Blutspur des schwarzen Rächers – siehe: Halleluja pfeift das Lied vom Sterben Bonanza (TV-Serie) 14, 282, 283 Boot Hill – siehe: Hügel der blutigen Stiefel Botte di natale – siehe: Die Troublemaker Brandy – siehe: Gesetz der Bravados Bratpfanne Kaliber 38 160, 237, 278, 287, 589 Bravados 254, 597

Broken Lance – siehe: Die gebrochene Lanze Broncho Billy and the Baby 598 Buccaroo – Galgenvögel zwitschern nicht 82, 190, 387 Buck ai confini del cielo – siehe: Bucks größtes Abenteuer Buck and the Preacher – siehe: Der Weg der Verdammten Buck und der Prediger – siehe: Der Weg der Verdammten Buckaroo – siehe: Buccaroo – Galgenvögel zwitschern nicht Bucks größtes Abenteuer 397, 536 Buffalo Bill – Sein größtes Abenteuer – siehe: Die letzte Kugel traf den Besten Buffalo Bill, l’eroe del far west – siehe: Das war Buffalo Bill Buffalo Bills größtes Abenteuer – siehe: Held der Prärie Buon funerale, amigos  … paga Sartana! – siehe: Sartana – Noch warm und schon Sand drauf C C’è Sartana  … vendi la pistola e comprati la bara – siehe: Django – Die Gier nach Gold C’era una volta il West – siehe: Spiel mir das Lied vom Tod C’era una volta in America – siehe: Es war einmal in Amerika C’era una volta questo pazzo pazzo west 160, 413 California – siehe: Der Mann aus Virginia Call of the Wild – siehe: Ruf der Wildnis Campa carogna  … la taglia cresce – siehe: Vier Teufelskerle Can Que – siehe: Vier gnadenlose Rächer Cannon for Cordoba – siehe: Kanonen für Cordoba Carambola filotto  … tutti in buca – siehe: Vier Fäuste und ein heißer Ofen Carambola – siehe: Vier Fäuste schlagen wieder zu



Carogne si nasce – siehe: Die Stunde der Aasgeier Carry on Cowboy – siehe: Ist ja irre – der dreiste Cowboy Cavalca e uccidi – siehe: Gesetz der Bravados Centomila dollari per Ringo – siehe: 100.000 Dollar für Ringo Chamaco 74, 312, 460 Chapaquas Gold – siehe: L’oro dei bravados Che botte, ragazzi! – siehe: Zwei durch dick und dünn Che c’entriamo noi con la rivoluzione? – siehe: Bete, Amigo! Chelovek Amfibiya – siehe: Der Amphibienmensch Chiedi perdono a Dio  … non a me – siehe: Django – Den Colt an der Kehle Children of Men 456 China 9, Liberty 37 212 Ciakmull – L’uomo della vendetta – siehe: Django – Die Nacht der langen Messer Ciccio perdona  … io no! 74, 92, 139, 404, 497 Cimitero senza croci – siehe: Friedhof ohne Kreuze Cinquemilla dollari sull’asso – siehe: Die Gejagten der Sierra Nevada Cipolla Colt – siehe: ZwiebelJack räumt auf Circuito chiuso – siehe: Der tödliche Kreis Cjamango – siehe: Django – Kreuze im blutigen Sand Clint el solitario – siehe: Tal der Hoffnung Colorado Charlie 223, 245, 348, 398 Colorado – Zwei Halunken im Goldrausch 412, 428, 509, 589 Comanche blanco – siehe: Rio Hondo Comin’ At Ya! – siehe: Alles fliegt dir um die Ohren

Anhang | 6. Titelregister   643

Companeros – siehe: Zwei wilde Companeros Con lui cavalca la morte – siehe: Tödlicher Ritt nach Sacramento Condenados a vivir – siehe: Todesmarsch der Bestien Continuavano a chiamarlo Trinitá – siehe: Vier Fäuste für ein Halleluja Coolman Keoma – siehe: Keoma – Das Lied des Todes Copper Face – siehe: Zwei Aasgeier Corri, uomo, corri – siehe: Lauf um dein Leben Cosi sia – siehe: Dein Wille geschehe, Amigo Crisantemi per un branco di carogne 592 Cuchillo, der Vollstrecker – siehe: Der Gehetzte der Sierra Madre D Da uomo a uomo – siehe: Von Mann zu Mann Dai nemici mi guardo io! – siehe: Mein Leben hängt an einem Dollar Dakota Joe – siehe: Der Colt in Gringos Hand Dakota – Nur der Colt war sein Gesetz – siehe: Schwur des Geächteten Dances with Wolves – siehe: Der mit dem Wolf tanzt Das eiserne Pferd 310 Das Feuerross – siehe: Das eiserne Pferd Das Finale liefert Zorro 133, 236, 309, 533 Das Gesetz der Erbarmungslosen 148, 193, 214, 215 Das Gold der gnadenlosen Drei – siehe: Zwei Aasgeier Das Gold von Sam Cooper 52, 161, 248, 273, 279, 431, 592, 614 Das große Fressen 426 Das letzte Gewehr 78 Das Lied von Mord und Totschlag 60, 99, 119, 375, 394, 396 Das Mädchen am Scheideweg – siehe: Das Mädchen auf dem Besenstiel

644  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Das Mädchen auf dem Besenstiel 14 Das Mädchen aus der Ackerstraße 13 Das Mädchen mit dem Besenstiel – siehe: Das Mädchen auf dem Besenstiel Das Quartett des Teufels – siehe: Die vier Geier der Sierra Nevada Das Tal der tanzenden Witwen 166 Das Todeslied von Laramie 77, 213, 238, 394 Das Todeslied – siehe: Das Todeslied von Laramie Das war Buffalo Bill 331 Das Wiegenlied vom Totschlag 334, 335 Das Wunder in der Wüste – siehe: Helden aus der Hölle Deguello – siehe: Für Dollars ins Jenseits Degueyo – siehe: Für Dollars ins Jenseits Dein Leben ist keinen Dollar wert 240, 337 Dein Wille geschehe, Amigo 127, 128, 160, 389, 458, 531, 560, 607 Dem Teufel zittern die Knochen – siehe: Für ein paar Leichen mehr Den Colt im Genick – siehe: Es geht um deinen Kopf, Amigo Den Geiern zum Fraß 293 Denen man nicht vergibt 282 Der Amphibienmensch 14 Der Barmherzige mit den schnellen Fäusten 589, 606 Der Colt aus Gringos Hand – siehe: Der Colt in Gringos Hand Der Colt des Rächers – siehe: Nur der Colt war sein Gott Der Colt Gottes 124, 130, 213, 261, 293, 300, 372, 499, 505, 607 Der Colt in Gringos Hand 73, 321, 339, 372 Der Dampfhammer – siehe: Die fünf Gefürchteten Der Dicke in Mexiko – siehe: Halleluja  … Amigo Der Dicke ist nicht zu bremsen – siehe: Heute ich  … morgen Du!

Der Dicke und das Warzenschwein – siehe: Sie verkaufen den Tod Der Dicke, das Schlitzohr und drei Halleluja – siehe: Dicke Luft in Sacramento Der Einsame 262, 276, 346, 411, 419, 576 Der Einsame aus dem Westen 235, 269, 273, 275, 541 Der Eliminator – siehe: Tepepa Der erbarmungslose Colt – siehe: Der Colt in Gringos Hand Der Fluch der Klapperschlange – siehe: Lucky Johnny Der Fremde und der Samurai – siehe: Der Schrecken von Kung Fu Der Fremde von Paso Bravo 76, 97, 155, 224, 241, 295, 347, 396, 431, 462, 516, 543, 614 Der Galgen wartet schon, Amigo! – siehe: 1.000 Dollar Kopfgeld Der Gefürchtete 158, 401, 535 Der Gehetzte der Sierra Madre 87, 89, 135, 138, 158, 175, 237, 300, 306, 311, 316, 317, 323, 325, 339, 362, 371, 373, 434, 481, 528, 549, 551, 583, 612 Der Gentleman-Killer – siehe: Gentleman Joe – Der Rächer bin ich Der Glanz des Hauses Amberson 13, 16 Der gnadenlose Kampf – siehe: Drei Vaterunser für vier Halunken Der graue Reiter 293 Der große Eisenbahnraub 21, 310 Der große Eisenbahnüberfall – siehe: Der große Eisenbahnraub …der keine Gnade kennt – siehe: Ohne Dollar keinen Sarg Der kleine Schwarze mit dem roten Hut 124, 184, 201, 404, 412, 537, 546 Der Kleine und der müde Joe – siehe: Vier Fäuste für ein Halleluja Der Koloss von Rhodos 24 Der Kopfgeldjäger – siehe: Ohne Dollar keinen Sarg Der lange Tag der Rache 206, 214, 215, 232, 253, 257, 342, 357, 388, 523, 613



Der letzte Ritt nach Santa Cruz 234 Der letzte Zug nach Durango 99, 325, 366, 468 Der Mann aus El Paso 61 Der Mann aus Texas – siehe: Desperado – Der geheimnisvolle Rächer Der Mann aus Virginia 46, 51, 178, 231, 248, 363, 614 Der Mann mit der Kugelpeitsche 88, 89, 177, 205, 345, 363, 380, 394, 431, 614, 625 Der Mann, der aus dem Norden kam 496 Der Mann, der kam, um zu töten 73, 173, 203, 228, 533 Der Mann, der Liberty Valance erschoss 26 Der Mann, der Stolz, die Rache – siehe: Mit Django kam der Tod Der mit dem Wolf tanzt 142, 336, 474 Der Mörder des Klans 7, 278, 327, 432 Der öffentliche Feind 372 Der Rächer bin ich – siehe: Gentleman Joe – Der Rächer bin ich Der Ramires-Clan – siehe: Django – Gott vergib seinem Colt Der Rancher vom ColoradoRiver 518, 589, 597 Der Regulator – siehe: Der Tiger vom Kwai Der Ruf des Wolfes 141 Der Schatz der Inkas – siehe: Samson und der Schatz der Inkas Der Schatz der Südstaatler – siehe: Mein Leben hängt an einem Dollar Der Schatz im Silbersee 22, 23 Der Schrecken von Kung Fu 44, 248, 377, 464, 585 Der schwarze Cowboy – siehe: Einen vor den Latz geknallt Der schwarze Falke 282 Der Sohn des Django 43, 125, 186, 225, 259, 349, 356, 496, 608 Der Teufel kennt kein Halleluja 262, 286, 291, 310, 490, 610 Der Texaner 598

Anhang | 6. Titelregister   645

Der Tiger vom Kwai 428 Der Tod droben auf dem Hügel 83, 238, 289, 415, 549 Der Tod reitet mit – siehe: Vier Halleluja für Dynamit-Joe Der Tod ritt dienstags 226, 257, 300, 346, 347, 368, 372, 396, 434, 613 Der Tod sagt Amen – siehe: An den Galgen, Hombre Der Tod zählt keine Dollar 187, 541, 589, 591, 625 Der Todeskuss 16 Der tödliche Kreis 583 Der Weg der Verdammten 327 Der weiße Apache 235, 336, 455, 540 Der weiße Apache – Die Rache des Halbbluts – siehe: Der weiße Apache Der wilde Ritt der Geisterreiter – siehe: Zorro junior Des Teufels Hauptquartier 495 Desperado – Der geheimnisvolle Rächer 191, 267 Desperados – Der Hauch des Todes – siehe: Um sie war der Hauch des Todes Di Tresette ce n’è uno tutti gli altri son nessuno – siehe: Dicke Luft in Sacramento Diamante Lobo – siehe: Der Colt Gottes Dicke Luft in Sacramento 97, 212, 343, 433, 607 Dicker, lass die Fetzen fliegen – siehe: Die fünf Gefürchteten Die 7 Pistolen des MacGregor 74, 358, 374, 376, 398 Die Bande der Bluthunde – siehe: Django und die Bande der Bluthunde Die Bande der Gehenkten – siehe: Django und die Bande der Gehenkten Die Banditen von Mailand 489 Die Bestie 281, 385, 390, 411, 434 Die Brandstifterinnen – siehe: Petroleum-Miezen

646  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Die Brillenschlange und der Büffel – siehe: Halleluja  … Amigo Die Clanton-Bande – siehe: Django – Gott vergib seinem Colt Die Drei, die den Westen erschütterten 107, 121, 272, 497, 531 Die durch die Hölle gehen – siehe: Frauen, die durch die Hölle gehen Die Erbschaft – siehe: Friss oder stirb Die Flusspiraten vom Mississippi 204 Die Frau gehört mir 310, 311 Die fünf Gefürchteten 47, 313, 418, 493, 494, 613 Die fünf Gefürchteten und ein Halleluja – siehe: Die fünf Gefürchteten Die gebrochene Lanze 282 Die gefürchteten Vier 306 Die gefürchteten Zwei – siehe: Mercenario – Der Gefürchtete Die Gejagten der Sierra Nevada 105, 413, 549 Die gnadenlose Meute – siehe: Die Rotröcke Die gnadenlosen Zwei 61, 597, 608 Die Grausamen 148, 287, 406, 516, 539, 543 Die grausamen Vier – siehe: Die Grausamen Die Hölle von San Sebastian – siehe: San Sebastian Die Höllenhunde 56, 67, 126, 334, 335, 350, 504, 508 Die im Staub verrecken – siehe: Escondido – Die im Staub verrecken Die Insel des Grauens – siehe: Graf Zaroff – Genie des Bösen Die Kopfgeldjäger – siehe: Drei Vaterunser für vier Halunken Die Leibwache – siehe: Yojimbo – Der Leibwächter Die letzte Kugel traf den Besten 9, 350, 445, 525, 589 Die letzte Rechnung zahlst du selbst 193, 238, 302, 343, 396, 502, 548, 588

Die letzten Zwei vom Rio Bravo 23, 24, 54, 291, 513 Die Rache des weißen Indianers 27, 56, 81, 142, 227, 235, 242, 249, 261, 297, 309, 336, 343, 371, 466, 474, 539, 540, 555, 593, 594, 612 Die Rache ist mein 17 Die Rechnung wird mit Blei bezahlt – siehe: Von Mann zu Mann Die Rechnung zahlt der Bounty-Killer – siehe: Der Tod droben auf dem Hügel Die rechte und die linke Hand des Teufels 27, 139, 263, 270, 350, 381, 392, 416, 428, 436, 443, 493, 498, 499, 502, 522, 554, 610, 614 Die rote Sonne der Rache 156, 426, 514, 589 Die Rotröcke 203, 292, 594 Die Satansbrut des Colonel Blake 241, 242, 499, 589, 610 Die schmutzigen Dreizehn 129, 226, 494, 537, 560, 589 Die sich in Fetzen schießen 347, 592 Die Söhne der Dreieinigkeit – siehe: Zwei Trottel im Wilden Westen Die Stunde der Aasgeier 85, 193, 429, 552 Die Teufelsschlucht der wilden Wölfe 136 Die Todesminen von Canyon City 88, 100, 322 Die Trampler 287, 288, 342 Die Troublemaker 175, 291, 387, 417, 510, 518, 607 Die um Gnade winseln – siehe: Die Trampler Die unerbittlichen Fünf 309 Die unerbittlichen Vier – siehe: Die vier Geier der Sierra Nevada Die verdammten Pistolen von Dallas 589 Die verrückte Geschichte der Welt 527 Die vier Geier der Sierra Nevada 191, 409, 431, 610 Die wahre Geschichte des Frank Mannata 192 Die Waltons (TV-Serie) 282



Die Zeit der Geier 60, 94, 130, 236, 373, 380, 404, 420, 464, 520, 551, 624, 625 Die zwei glorreichen Halunken von Santa Cruz – siehe: Bete, Amigo! Dieci bianchi uccisi da un piccolo indiano – siehe: Zehn Cowboys und ein Indianerboy Dio in cielo  … Arizona in terra 192, 403, 589 Dio li crea  … Io li ammazzo! – siehe: Bleigericht Dio non paga il sabato – siehe: Die sich in Fetzen schießen Dio perdona – io no – siehe: Gott vergibt  … wir beide nie! Dio perdoni la mia pistola – siehe: Django – Gott vergib seinem Colt Dio, sei proprio un padreterno! – siehe: La Pistola Dip Huet Seung Hung – siehe: The Killer Dirty Busters – siehe: Die schmutzigen Dreizehn Dívka na kosteti – siehe: Das Mädchen auf dem Besenstiel Django 25, 43, 46, 52, 60, 65, 71, 74, 76, 88, 118, 134, 146, 152, 154, 227, 245, 256, 264, 280, 339, 360, 375, 389, 404, 406, 436, 466, 476, 521, 528, 540, 587, 612 Django 2 – il grande ritorno – siehe: Djangos Rückkehr Django 2 – siehe: Django, der Rächer Django 3 – siehe: Django – Sein Gesangbuch war der Colt Django il Bastardo – siehe: Django und die Bande der Bluthunde Django sfida Sartana 79, 149, 207, 214, 339, 343, 536, 597 Django spara per primo – siehe: Django – Nur der Colt war sein Freund Django spielt das Lied vom Tod – siehe: Auf die Knie, Django Django sprich dein Nachtgebet – siehe: Django spricht das Nachtgebet Django spricht das Nachtgebet 61, 177, 378, 462, 466, 515, 559, 582, 607, 613

Anhang | 6. Titelregister   647

Django spricht kein Vaterunser 204, 242, 337, 376, 459, 515, 597, 607 Django tötet leise 44, 535, 606 Django Unchained 327 Django und die Bande der Bluthunde 66, 184, 225, 233, 234, 242, 259, 264, 279, 408, 462, 464, 466, 540, 609, 612 Django und die Bande der Gehenkten 93, 241, 248, 261, 360, 433, 517, 613 Django und Sabata – Wie blutige Geier – siehe: Django – Die Gier nach Gold Django und Sartana kommen 413, 465 Django und Sartana – Die tödlichen Zwei 80, 124, 171, 242, 339, 358, 364, 374, 431, 498, 501, 509, 614 Django und Sartana – Showdown im Westen – siehe: Django und Sartana kommen Django – 10.000 blutige Dollar – siehe: 10.000 blutige Dollar Django – Das Lied des Todes – siehe: Django – Sein letzter Gruß Django – Dein Henker wartet 91, 199 Django – Den Colt an der Kehle 177, 199, 262, 286, 376 Django – Der Hauch des Todes – siehe: Django – Sein Gesangbuch war der Colt Django – Der lautlose Killer – siehe: Django tötet leise Django – Der Tag der Abrechnung 513 Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel 213, 293, 560, 582, 607 Django – Die Geier stehen Schlange 73, 145, 257, 288, 332, 361, 462, 507, 516, 618, 624 Django – Die Gier nach Gold 78, 148, 228, 355, 365, 369, 379, 385, 390, 403, 415, 585, 612 Django – Die im Schlamm verrecken – siehe: Escondido – Die im Staub verrecken Django – Die im Staub verrecken – siehe: Escondido – Die im Staub verrecken

648  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Django – Die Nacht der langen Messer 43, 61, 212, 241, 296, 415, 419, 587, 594 Django – Die Todesminen von Canyon City – siehe: Die Todesminen von Canyon City Django – Die Totengräber warten schon 187, 197, 243, 280, 286, 289, 420, 465, 529, 613, 618, 626 Django – Die Totenliste im Gepäck – siehe: Gentleman Joe – Der Rächer bin ich Django – Ein Sarg voll Blut 99, 149, 227, 272, 398, 402, 419, 433, 613 Django – Ein Silberdollar für einen Toten – siehe: Der Einsame Django – Eine Pistole für hundert Kreuze 149 Django – Einladung zum Totentanz – siehe: Einladung zum Totentanz Django – Gott vergib seinem Colt 79, 371, 382, 389, 607, 611 Django – Ich bin ein entflohener Kettensträfling – siehe: Ich bin ein entflohener Kettensträfling Django – Kreuze im blutigen Sand 44, 311, 533, 607 Django – Leck Staub von meinem Colt – siehe: Töte, Django Django – Melodie des Todes – siehe: Django – Melodie in Blei Django – Melodie in Blei 89, 114, 130, 145, 263, 466, 508, 518 Django – Nur der Colt war sein Freund 78, 149, 169, 361 Django – Schieß mir das Lied vom Sterben – siehe: Django – Die Gier nach Gold Django – Schwarzer Gott des Todes 80, 397, 463, 607 Django – Sein Colt singt sechs Strophen – siehe: Stinkende Dollar Django – Sein Gesangbuch war der Colt 87, 88, 290, 372, 465, 560, 566, 600, 607, 613

Django – Sein Hass ist tödlich – siehe: Django und die Bande der Gehenkten Django – Sein letzter Gruß 79, 173 Django – Tag der Rache – siehe: Ein Halleluja für Django Django – Tag der Vergeltung – siehe: Ein Halleluja für Django Django – Unbarmherzig wie die Sonne 45, 119, 154, 239, 242, 346, 357, 413, 431, 517, 543, 545, 613, 618, 625 Django – Unersättlich wie der Satan 127, 459, 607 Django – Unersättlich wie ein Satan – siehe: Django – Unersättlich wie der Satan Django – Wo steht dein Sarg? 79, 158, 203, 207, 277, 362, 403, 538, 588, 610 Django – Zum Abschied noch ein Totenhemd – siehe: Zum Abschied noch ein Totenhemd Django, der Bastard (1967) 228, 233, 239, 245, 281, 294, 403, 542, 589 Django, der Bastard (1969) – siehe: Django und die Bande der Bluthunde Django, der Rächer 85, 87, 89, 154, 290, 302, 559 Djangos blutige Stricke – siehe: Fünf blutige Stricke Djangos Rückkehr 89, 93, 95, 134, 198, 233, 237, 243, 269, 350, 352, 377, 381, 465, 476, 532, 544, 592, 613 Djurado 397 Doc West 2 – siehe: Doc West – Nobody schlägt zurück Doc West – Nobody ist zurück 203, 305, 414, 418, 431 Doc West – Nobody schlägt zurück 203, 418, 431, 490 Doc West – siehe: Doc West – Nobody ist zurück Domani passo a salutare la tua vedova  … parola di Epidemia – siehe: Meine Kanone, mein Pferd  … und deine Witwe



Dove si spara di più – siehe: Glut der Sonne Drei Amen für den Satan 56, 204, 334, 588, 593, 607 Drei ausgekochte Halunken – siehe: Die Drei, die den Westen erschütterten Drei Companeros räumen auf – siehe: Zwei Companeros Drei Halleluja auf vier heiße Colts – siehe: Drei Halleluja für vier heiße Colts Drei Halleluja für den Satan – siehe: Dicke Luft in Sacramento Drei Halleluja für vier heiße Colts 78, 306, 348, 607 Drei Halunken erster Klasse – siehe: Stetson – Drei Halunken erster Klasse Drei Halunken und ein Halleluja 129, 242, 273, 281, 379, 393, 607 Drei Kugeln für Ringo 59, 154, 371 Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle 86, 118, 170, 204, 516, 607 Drei Pistolen gegen Cesare 91, 107, 145, 274, 292, 373, 375, 381, 415 Drei Vaterunser für vier Halunken 227, 259, 300, 415, 515, 607, 608 Due croci a Danger Pass 57, 141, 261, 534, 607 Due fratelli – siehe: Ein Halleluja für zwei linke Brüder Due mafiosi nel Far West – siehe: Zwei Mafiosi im Wilden Westen (1965) Due once di piombo – siehe: Johnny Madoc Due Ringos nel Texas – siehe: Zwei Trottel gegen Django Due volte Giuda – siehe: 2 x Judas Duell der Kopfgeldjäger – siehe: Für ein paar Dollar mehr Duell vor Sonnenuntergang 238, 294, 498, 508, 511 Durch die Hölle, Companeros – siehe: Tepepa Dynamite Jack – siehe: Dynamit-Jack Dynamit-Jack 139, 369, 589

Anhang | 6. Titelregister   649

E …e alla fine lo chiamarono Jerusalem l’implacabile – siehe: Bratpfanne Kaliber 38 …e continuavano a chiamarlo figlio di  … – siehe: Zorros Rache …e continuavano a fregarsi il milione di dollari – siehe: Matalo (1971) E Dio disse a Caino  … – siehe: Satan der Rache …e divenne il più spietato bandito del sud – siehe: Sein Steckbrief ist kein Heiligenbild E lo chiamarono Spirito Santo 120, 284, 332, 333, 485, 487, 592, 607 E per tetto un cielo di stelle – siehe: Amigos – Die (B)Engel lassen grüßen E poi lo chiamarono il magnifico – siehe: Verflucht, verdammt und Halleluja È tornato Sabata  … hai chiuso un’altra volta – siehe: Sabata kehrt zurück Easy Street – siehe: Leichte Straße Ed ora  … raccomanda l’anima a Dio! 259, 264, 517, 608 Ehi amico  … c’è Sabata, hai chiuso! – siehe: Sabata Ehi amigo  … sei morto! 229, 356, 396, 399, 459 Ein amerikanisches Duell – siehe: Held der Prärie Ein Begräbnis und die Auferstehung der vier Fäuste – siehe: Trinity und Babyface Ein Colt für hundert Särge 119, 199, 241, 243, 372, 403, 407, 506, 513 Ein Dollar zwischen den Zähnen 31, 44, 90, 130, 135, 228, 238, 240, 245, 274, 585, 612 Ein Einsamer kehrt zurück 81, 173, 186, 348, 433, 464, 594, 614 Ein Fremder ohne Namen 50, 268, 584, 591, 592 Ein Fressen für Django 122, 175, 178, 179, 225, 227, 238, 356, 400, 435, 505, 529, 544, 549, 589

650  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Ein Gentleman im Wilden Westen – siehe: Verflucht, verdammt und Halleluja Ein Halleluja für Camposanto 195, 226, 240, 286, 308, 373, 389, 407, 591, 608, 614 Ein Halleluja für Django 122, 429, 438, 544, 550, 560, 608, 614 Ein Halleluja für Spirito Santo 97, 152, 264, 280, 316, 376, 380, 412, 414, 421, 435, 485, 486, 497, 519, 527, 553, 560, 589, 608, 614 Ein Halleluja für zwei linke Brüder 140, 291, 350, 498, 504, 608 Ein Hosianna für zwei Halunken 453, 609 Ein Loch im Dollar 44, 78, 189, 292, 365, 370, 468 Ein Loch in der Stirn 154, 236, 358, 376 Ein Sarg voll Dynamit – siehe: Ein Stoßgebet für drei Kanonen Ein Schuss zuviel 139, 177, 292 Ein Silberdollar für den Toten – siehe: Der Einsame Ein Sommernachtstraum 16 Ein Stoßgebet für drei Kanonen 107, 403, 610 Ein Toter rechnet ab – siehe: Django – Die Nacht der langen Messer Ein Whisky als Kopfgeld – siehe: Das Todeslied von Laramie Ein Zirkus und ein Halleluja 6, 81, 185, 208, 211, 340, 519, 546, 611 Eine Faust geht nach Westen 99, 190, 382, 397, 419, 614 Eine Flut von Dollars 87, 379, 407, 592, 624, 626 Eine Kugel für den Bastard 202, 203, 226, 293, 430 Eine Kugel für MacGregor 92, 204, 284, 374, 376, 379, 464, 497, 513, 551, 589 Eine Kugel für McGregor – siehe: Eine Kugel für MacGregor Eine Pistole für Ringo 73, 181, 397, 431, 494, 527, 545

Eine Stadt sucht einen Mörder – siehe: Kein Requiem für San Bastardo Einen vor den Latz geknallt 118, 344, 379, 433, 597 Einer nach dem anderen – ohne Erbarmen 459 Einladung zum Totentanz 44, 145, 292, 430, 534 El Cisco 200, 433, 468, 520, 591, 597 El Desperado – siehe: Escondido – Die im Staub verrecken El Macho 50, 362, 381, 385, 433, 514, 591 El Precio de un hombre – siehe: Ohne Dollar keinen Sarg El Puro 239, 430, 433, 614 El Rocho – der Töter 79, 214 El Rojo – siehe: El Rocho – der Töter El Topo 390 El valle de las viudas – siehe: Das Tal der tanzenden Witwen Er säte den Tod 82, 105, 259, 518, 589, 610 Era Sam Wallash  … lo chiamavano Così Sia 58, 259, 377, 607 Erbarmungslos 282, 584, 590, 593 Es geht um deinen Kopf, Amigo 99, 276, 327 Es geht um deinen Skalp, Amigo – siehe: Scalps Es war einmal in Amerika 17, 144, 395, 445 Escondido – Die im Staub verrecken 121, 226, 229, 247, 493, 497, 505, 608 Europa canta – siehe: Lass die Finger von der Puppe …e venne il tempo di uccidere – siehe: Einladung zum Totentanz …e vennero in quattro per uccidere Sartana! – siehe: Sie kamen zu viert um zu töten Execution – siehe: Django – Die Bibel ist kein Kartenspiel F Faccia a faccia – siehe: Von Angesicht zu Angesicht



Face/off – Im Körper des Feindes – siehe: Im Körper des Feindes Face/off – siehe: Im Körper des Feindes Fahr zur Hölle, Django – siehe: Der Sohn des Django Fahr zur Hölle, Gringo 296, 333, 589, 608 Fahrt zur Hölle, ihr Halunken 56, 92, 196, 242, 281, 358, 408, 520, 545, 559, 608 Fantasma en el Oeste – siehe: Whisky and Ghosts Fasthand – Zieh oder stirb! – siehe: Sing mir das Lied der Rache Fäuste wie Dynamit 186, 292, 379, 390, 538 Fäuste, Bohnen und  … Karate! 74, 97, 192, 226, 236, 421, 551 Fäuste, Colts und Totengräber – siehe: Bleigewitter Faustrecht der Prärie 16, 401, 592 Fedra West 285 Fireflash – Der Tag nach dem Ende 456 Flucht in Ketten 100 Flucht ins Ungewisse – siehe: Drei Vaterunser für vier Halunken Fluchtpunkt San Francisco 15 Formicula 15 Franco e Ciccio sul sentiero di guerra – siehe: Zwei Trottel als Revolverhelden Franco Nero – Das Lied des Todes – siehe: Keoma – Das Lied des Todes Frauen, die durch die Hölle gehen 147, 509, 519, 607, 608 Friedhof ohne Kreuze 66, 147, 229, 256, 400, 521, 545, 551, 589, 608, 613 Friss oder stirb 296, 410, 413, 416, 608 Fünf blutige Stricke 197, 256, 337, 358, 412, 433, 609 Fünf Höllenhunde spucken den Tod – siehe: Heute ich  … morgen Du! Fünf Klumpen Gold 278, 397, 549 Für 1.000 Dollar am Tag – siehe: Für 1.000 Dollar pro Tag Für 1.000 Dollar pro Tag 49, 193, 200, 263, 305, 403, 431, 506

Anhang | 6. Titelregister   651

Für Dollars ins Jenseits 147, 176, 592, 608 Für drei Dollar Blei 589 Für ein paar Dollar mehr 45, 85, 105, 157, 172, 174, 186, 238, 256, 258, 299, 363, 379, 390, 395, 400, 413, 434, 435, 442, 499, 526, 527, 547, 554, 567, 583, 612, 624, 625, 626 Für ein paar Leichen mehr 88, 197, 235, 245, 256, 259, 362, 403, 433, 535, 544, 589, 613, 615, 625 Für eine Handvoll Blei 203, 305, 387, 397, 533, 535, 560, 589 Für eine Handvoll Dollar 23, 24, 25, 26, 33, 41, 45, 71, 97, 105, 110, 143, 146, 163, 196, 202, 221, 224, 227, 233, 241, 363, 374, 375, 383, 386, 392, 403, 406, 432, 433, 440, 457, 458, 461, 467, 527, 534, 540, 544, 553, 559, 583, 612, 618, 624, 625, 626 Für einen Sarg voller Dollars – siehe: Adios Companeros (Per una bara piena di dollari) Fuerte Perdido – siehe: Höllenfahrt nach Golden City Fuzzy, halt die Ohren steif! 77, 97, 188, 597 G Galgenvögel 598 Galgenvögel sterben einsam 107, 519 Garringo – Der Henker 86, 107, 178, 463, 544 Garringo – siehe: Garringo – Der Henker Geh zum Teufel, Django – siehe: Töte, Django Genie des Bösen – siehe: Graf Zaroff – Genie des Bösen Gentleman Jo  … uccidi – siehe: Gentleman Joe – Der Rächer bin ich Gentleman Joe – Der Rächer bin ich 76, 256, 289, 382, 384, 403, 412, 462, 613 Gesetz der Bravados 78, 126, 183, 187, 430 Get Mean – siehe: Time Breaker Giarrettiera Colt 165, 313, 411, 464, 505 Giù la testa – siehe: Todesmelodie

652  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Giù la testa  … hombre! – siehe: Ich will deinen Kopf Giù le mani  … Carogna – siehe: Halleluja pfeift das Lied vom Sterben Giubbe rosse – siehe: Die Rotröcke Giunse Ringo e  … fu tempo di massacro 381, 396 Gli eroi di Fort Worth – siehe: Vergeltung am Wichita-Pass Gli fumavano le Colt  … lo chiamavano Camposanto – siehe: Ein Halleluja für Camposanto Gli specialisti – siehe: Fahrt zur Hölle, ihr Halunken Gli uomini dal passo pesante – siehe: Die Trampler Glut der Sonne 43, 128, 161, 188, 269, 286, 303, 370, 520, 626 Gnade spricht Gott – Amen mein Colt – siehe: Ringo kommt zurück Gnadenlos – siehe: Pancho Villa reitet Gott schuf sie, ich töte sie – siehe: Bleigericht Gott vergibt  … Django nie! – siehe: Gott vergibt  … wir beide nie! Gott vergibt  … wir beide nie! 82, 107, 157, 201, 276, 364, 387, 393, 465, 537, 565, 584, 594, 608 Graf Zaroff – Genie des Bösen 88 Gran Torino 599 Grenzpunkt Null – siehe: Fluchtpunkt San Francisco Gunsmoke – siehe: Rauchende Colts H Hai sbagliato  … dovevi uccidermi subito! 190, 207, 381, 552 Halleluja Companeros – siehe: Arizona Colt Halleluja Escondido – siehe: Escondido – Die im Staub verrecken Halleluja für zwei Galgenvögel – siehe: Friss oder stirb Halleluja pfeift das Lied vom Sterben 603, 608

Halleluja – Der Teufel lässt euch grüßen – siehe: Von Angesicht zu Angesicht Halleluja – Der Teufel lässt schön grüßen – siehe: Von Angesicht zu Angesicht Halleluja – Der tödliche Schatten – siehe: Halleluja pfeift das Lied vom Sterben Halleluja  … Amigo 127, 418, 430, 525, 609 Hand am Drücker – Companeros – siehe: Django spricht das Nachtgebet Hannie Caulder – In einem Sattel mit dem Tod – siehe: In einem Sattel mit dem Tod Hannie Caulder – siehe: In einem Sattel mit dem Tod Hard Target – siehe: Harte Ziele Harte Ziele 587, 600 Hasse deinen Nächsten 88, 201, 397, 537, 608 Held der Prärie 16 Helden aus der Hölle 598 Hell’s Heroes – siehe: Galgenvögel Hell’s Hinges – siehe: Des Teufels Hauptquartier Heute ich  … morgen Du! 206, 256, 259, 332, 371, 385, 608, 610 Hiebe gibt es immer wieder – siehe: Hügel der blutigen Stiefel High Noon – siehe: Zwölf Uhr mittags High Plains Drifter – siehe: Ein Fremder ohne Namen History of the World, Part I – siehe: Die verrückte Geschichte der Welt Höllenfahrt nach Golden City 331 Höllenfahrt nach Santa Fe 16 Höllenhunde gehetzt bis zum Verrecken – siehe: Django und die Bande der Bluthunde Hombre – siehe: Man nannte ihn Hombre Hügel der blutigen Stiefel 80, 211, 215, 240, 344, 416, 584 Hügel der Stiefel – siehe: Hügel der blutigen Stiefel



Hundert Fäuste und ein Halleluja – siehe: 100 Fäuste und ein Vaterunser I I cinque della vendetta – siehe: Die unerbittlichen Fünf I corvi ti scaveranno la fossa 464 I crudeli – siehe: Die Grausamen I due figli dei Trinità – siehe: Zwei Trottel im Wilden Westen I due figli di Ringo 78, 175, 387, 413, 584 I gemelli del Texas 141, 206, 429, 589 I giorni dell’ira – siehe: Der Tod ritt dienstags I lunghi giorni dell’odio – siehe: Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod I lunghi giorni della vendetta – siehe: Der lange Tag der Rache I magnifici Brutos del West 200 I Morti non si contano – siehe: An den Galgen, Bastardo I nipoti di Zorro 589 I quattro del Pater Noster 589, 610 I quattro dell’apocalisse – siehe: Verdammt zu leben – verdammt zu sterben I quattro dell’Ave Maria – siehe: Vier für ein Ave Maria I quattro inesorabili – siehe: Die vier Geier der Sierra Nevada I quattro pistoleri di Santa Trinità 149, 272, 362, 397, 399 I senza Dio – siehe: Rache in El Paso I Tre che sconvolsero il West – vado, vedo e sparo – siehe: Die Drei, die den Westen erschütterten I Vendicatori dell’Ave Maria – siehe: Ein Zirkus und ein Halleluja I vigliacchi non pregano – siehe: Schweinehunde beten nicht Ich bin ein entflohener Kettensträfling 152, 189, 592 Ich will deinen Kopf 127, 511 Ich will deinen Kopf, Fremder – siehe: Ich will deinen Kopf

Anhang | 6. Titelregister   653

Il bello, il brutto, il cretino 404, 411, 584, 588, 589 Il bianco, il giallo, il nero – siehe: Stetson – Drei Halunken erster Klasse Il buono, il brutto, il cattivo – siehe: Zwei glorreiche Halunken Il Cieco – siehe: Blindman, der Vollstrecker Il Colosso di Rodi – siehe: Der Koloss von Rhodos Il figlio di Django – siehe: Der Sohn des Django Il figlio di Zorro – siehe: Zorro junior Il giorno del giudizio – siehe: Zeig mir das Spielzeug des Todes Il giustiziere di Dio 126, 236, 266, 608 Il grande duello – siehe: Drei Vaterunser für vier Halunken Il grande Silenzio – siehe: Leichen pflastern seinen Weg Il lungo giorni del massacre – siehe: Das Gesetz der Erbarmungslosen Il magnifico Texano – siehe: Desperado – Der geheimnisvolle Rächer Il Mercenario – siehe: Mercenario – Der Gefürchtete Il mio corpo per un poker – siehe: Mein Körper für ein Pokerspiel Il mio nome è Nessuno – siehe: Mein Name ist Nobody Il mio nome è Pecos – siehe: Johnny Madoc Il mio nome è Scopone e faccio sempre cappotto – siehe: Fäuste wie Dynamit Il mio nome è Shanghai Joe – siehe: Der Mann mit der Kugelpeitsche Il mio West – siehe: My West Il Momento di uccidere – siehe: Django – Ein Sarg voll Blut Il Nero – Hass war sein Gebet 58, 257, 357, 371, 538, 609, 614 Il pistolero dell’Ave Maria – siehe: Seine Kugeln pfeifen das Todeslied Il pistolero di Arizona – siehe: Arizona Colt

654  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Il pistolero segnato da Dio 213, 263, 576, 609 Il Prezzo del potere – siehe: Blutiges Blei Il richiamo del lupo – siehe: Der Ruf des Wolfes Il ritorno di Clint il Solitario – siehe: Ein Einsamer kehrt zurück Il ritorno di Ringo – siehe: Ringo kommt zurück Il ritorno di Shanghai Joe – siehe: Zwei durch dick und dünn Il ritorno di Zanna Bianca – siehe: Die Teufelsschlucht der wilden Wölfe Il suo nome era Pot – siehe: Sein Name war Pot – aber sie nannten ihn Halleluja Il suo nome gridava vendetta – siehe: Django spricht das Nachtgebet Il tempo degli avvoltoi – siehe: Die Zeit der Geier Il terrore dell’Oklahoma – siehe: Terror in Oklahoma Il tredicesimo è sempre Giuda 145, 610 Il Venditore di morte – siehe: 1.000 Dollar Kopfgeld Il West ti va stretto, amico  … è arrivato Alleluja – siehe: Beichtet, Freunde, Halleluja kommt Im Körper des Feindes 600 Im Staub der Sonne 182, 204, 244, 289, 373, 381, 465, 519, 626 In einem Sattel mit dem Tod 269 In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner 128, 145, 344, 377, 415, 465, 511 In nome del padre, del figlio e della Colt 521 Indio Black, sai che ti dico: Sei un gran figlio di  … – siehe: Adios Sabata Inginocchiati straniero  … I cadaveri non fanno ombra! – siehe: Tote werfen keine Schatten Io non perdono  … uccido – siehe: Fedra West Irren ist tödlich 113, 175, 258, 402, 411, 534 Ist ja irre – der dreiste Cowboy 202

J J. and S. – storia criminale del far west – siehe: Die rote Sonne der Rache Jagd nach dem goldenen Vermächtnis – siehe: Friss oder stirb Jagdzeit – siehe: Open Season – Jagdzeit Jagt den Gringo zur Hölle – siehe: Sie nannten ihn Gringo Je später der Abend (TV-Serie) 598 Jeder für sich – siehe: Das Gold von Sam Cooper Jeder Schuss ein Halleluja (1967: Professionisti per un massacro) – siehe: Ein Stoßgebet für drei Kanonen Jeder Schuss ein Halleluja (1967: Un uomo, un cavallo, una pistola) – siehe: Western-Jack Jeder Schuss ein Treffer – siehe: Western-Jack Jeremy Rodack – Mein Wille ist Gesetz 282 Jesse e Lester, due fratelli in un posto chiamato Trinità – siehe: Ein Halleluja für zwei linke Brüder Jetzt sprechen die Pistolen 8, 199, 369, 559 Jim il primo – siehe: Das letzte Gewehr Joaquín Murrieta – siehe: Murietta – Geißel von Kalifornien Joe l’implacabile – siehe: Vier Halleluja für Dynamti-Joe Joe Navidad 457, 609 Joe, der Galgenvogel – siehe: Django und die Bande der Gehenkten Joe  … cercati un posto per morire – siehe: Ringo, such dir einen Platz zum Sterben John il bastardo 57, 264, 288, 517 Johnny Colt – siehe: Django – Schwarzer Gott des Todes Johnny Hamlet – siehe: Django – Die Totengräber warten schon Johnny Madoc 51, 53, 119, 184, 195, 205, 242, 279, 339, 356, 357, 378, 497, 514



Johnny Oro – siehe: Ringo mit den goldenen Pistolen Johnny Yuma 85, 148, 177, 285, 393, 401, 614 Joko, invoca Dio  … e muori – siehe: Fünf blutige Stricke Jonathan degli orsi – siehe: Die Rache des weißen Indianers Jonathan of the bears – siehe: Die Rache des weißen Indianers Jonny Madoc rechnet ab 94, 271, 282, 508, 516, 589 Judas  … toma tus monedas! – siehe: Attento Gringo  … è tornado Sabata! K Kanonen für Cordoba 306 Karate Jack – Ich bin euer Henker – siehe: Der Mann mit der Kugelpeitsche Karate Jack – Ich bin euer Richter – siehe: Der Mann mit der Kugelpeitsche Karate Jack – siehe: Der Mann mit der Kugelpeitsche Kavallerie in Not – siehe: Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern Kein Requiem für San Bastardo 66, 92, 129, 133, 181, 237, 262, 325, 404, 464, 490, 529, 536, 545 Keine Gnade für Verräter (1965) – siehe: Die Todesminen von Canyon City Keine Gnade für Verräter (1966) 253 Kennen Sie Kino? (TV-Serie) Kennst Du das Land, wo blaue Bohnen blühn? 92, 96, 135, 221, 273, 401, 410, 530 Keoma – siehe: Keoma – Das Lied des Todes Keoma 2 – Die Rache des weißen Indianers – siehe: Die Rache des weißen Indianers Keoma – Das Lied des Todes 27, 46, 49, 55, 64, 66, 146, 205, 225, 232, 233, 235, 245, 249, 259, 264, 297, 298, 337,

Anhang | 6. Titelregister   655

342, 346, 360, 455, 456, 471, 472, 473, 474, 525, 592, 600, 612, 619, 625 Keoma – Ein Mann wie ein Tornado – siehe: Keoma – Das Lied des Todes Keoma – Melodie des Sterbens – siehe: Keoma – Das Lied des Todes Keoma – Melodie des Todes – siehe: Keoma – Das Lied des Todes Kettensträfling – siehe: Ich bin ein entflohener Kettensträfling Kid il monello del west – siehe: Little Kid und seine kesse Bande Kid Vengeance – siehe: Tödliche Rache Kill Bill 593 Killer adios 57, 191, 433, 614 Killer auf der Flucht – siehe: Ich bin ein entflohener Kettensträfling Killer calibro 32 – siehe: Stirb oder töte Killer Kaliber 32 – siehe: Stirb oder töte Killer Kid – siehe: Chamaco Kiss of Death – siehe: Der Todeskuss Kitosch, l’uomo che veniva dal nord – siehe: Der Mann, der aus dem Norden kam Knie nieder, Gringo, und friß Staub – siehe: Knie nieder und friß Staub Knie nieder und friß Staub 77, 97, 111, 147, 207, 232, 277, 279, 310, 360, 441, 468, 591, 609, 612, 625 Knochenbrecher im Wilden Westen – siehe: Der Mann mit der Kugelpeitsche Komm mit, du frierst, Gringo – siehe: Knie nieder und friß Staub Kopfgeld für Chako 172, 339, 387, 589, 597 Kopfgeld für einen Killer 178, 201, 235, 372, 380, 431 Kopfgeld: Ein Dollar 74, 333, 361, 371, 384, 463 Kugeln tragen keine Unterschrift – siehe: 2 x Judas Kung Fu (TV-Serie) 298, 344 Kung Fu im Wilden Westen – siehe: In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner

656  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Kung Fu nel pazzo West 345 L L’ odio e il mio Dio – siehe: Il Nero – Hass war sein Gebet L’ira di Dio – siehe: Der Einsame L’oro dei bravados 105, 409 L’ultimo killer – siehe: Rocco – Ich leg’ dich um L’uomo che viene da Canyon City – siehe: Die Todesminen von Canyon City L’uomo dalla pistola d’oro – siehe: Der Mann, der kam, um zu töten L’uomo della valle maledetta – siehe: Der Rancher vom Colorado-River L’uomo venuto per uccidere – siehe: Django – Unersättlich wie der Satan L’uomo, l’orgoglio, la vendetta – siehe: Mit Django kam der Tod La bataille de San Sebastian – siehe: San Sebastian La belva – siehe: Die Bestie La collera del vento – siehe: Der Teufel kennt kein Halleluja La collina degli stivali – siehe: Hügel der blutigen Stiefel La Colt era il suo Dio – siehe: Nur der Colt war sein Gott La dove non batte il sole – siehe: In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner La grande bouffe – siehe: Das große Fressen La grande notte di Ringo 76, 585 La legge della violenza 80, 184, 226 La lunga cavalcata – siehe: Einen vor den Latz geknallt La morte non conta i dollari – siehe: Der Tod zählt keine Dollar La morte sull’alta collina – siehe: Der Tod droben auf dem Hügel La notte dei serpenti 79, 120, 430, 594, 614 La pistola 434 La più grande rapina nel west – siehe: Ein Halleluja für Django

La resa dei conti – siehe: Der Gehetzte der Sierra Madre La sceriffa – siehe: Tina räumt auf La spina dorsale del diavolo – siehe: Die Höllenhunde La taglia è tua  … l’uomo l’ammazzo io – siehe: El Puro La tigre venuta dal fiume Kwai – siehe: Der Tiger vom Kwai La tumba del pistolero 191 La Vampira Indiana 21 La Vendetta è il mio perdono – siehe: Django – Sein letzter Gruß La Vendetta è un piatto che si serve freddo – siehe: Drei Amen für den Satan La Vita, a volte, è molto dura, vero Provvidenza? – siehe: Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel Land Raiders – siehe: Fahr zur Hölle, Gringo Lanky Fellow – Der einsame Rächer 73, 171, 172, 357, 374 Lass die Finger von der Puppe 191 Laßt uns töten, Companeros! – siehe: Zwei Companeros Last Man Standing 202, 584 Lauf um dein Leben 45, 141, 150, 223, 224, 273, 317, 318, 325, 362, 371, 481, 509, 550, 583, 613 Le due facce del dollaro – siehe: Stinkende Dollar Le Juge – siehe: All’ovest di Sacramento Le maledette pistole di Dallas – siehe: Die verdammten Pistolen von Dallas Le pistole non discutono – siehe: Die letzten Zwei von Rio Bravo Leg ihn um, Django 121, 172, 364, 404, 585, 614 Legge della violenza – tutti o nessuno – siehe: La legge della violenza Leichen pflastern seinen Weg 25, 46, 54, 60, 80, 147, 152, 175, 176, 185, 198, 231, 246, 251, 256, 257, 259,



308, 342, 359, 373, 420, 428, 466, 468, 498, 559, 600, 612, 615 Leichte Straße 584 Leise weht der Wind des Todes 398 Les Pétroleuses – siehe: Petroleum-Miezen Liebesgrüße aus der Lederhose 154 Little Big Man 327 Little House on the Prairie – siehe: Unsere kleine Farm (TV-Serie) Little Kid und seine kesse Bande 380, 412, 431 Lo ammazzo come un cane, ma  … lui rideva ancora 396 Lo chiamavano King 147, 189, 377, 597 Lo chiamavano Mezzogiorno – siehe: Der Mann aus El Paso Lo chiamavano Tresette  … giocava sempre con il morto – siehe: Kennst Du das Land, wo blaue Bohnen blühn? Lo chiamavano Trinità – siehe: Die rechte und die linke Hand des Teufels Lo chiamavano Verità 236, 377, 379, 412, 413, 414, 420, 453, 505, 522, 550, 552, 589 Lo credevano uno stinco di santo – siehe: Zwei ausgekochte Halunken Lo irritarono  … e Sartana fece piazza pulita – siehe: … und Santana tötet sie alle Lo sceriffo che non spara 292 Lo sceriffo di Rockspring 139 Lo straniero di silenzio – siehe: Der Schrecken von Kung Fu Lola Colt – Sie spuckt dem Teufel ins Gesicht 95, 164, 240, 343, 369, 397, 609 Lola Colt – siehe: Lola Colt – Sie spuckt dem Teufel ins Gesicht Lonesome – Der Zorn Gottes – siehe: Der Einsame Los Amigos – siehe: Das Lied von Mord und Totschlag Lucky Johnny 198, 342, 393

Anhang | 6. Titelregister   657

M M 16, 432 M – Dein Mörder sieht Dich an – siehe: M M – Eine Stadt sucht einen Mörder – siehe: M M – Mörder unter uns – siehe: M M.A.S.H. 527 Machete 322, 478, 480, 599 Mailand Kaliber 9 – siehe: Milano Kaliber 9 Mamma mia è arrivato Così Sia – siehe: Oremus, Alleluia e Così Sia Man nannte ihn Hombre 97, 150, 329, 465, 599 Man nennt ihn Sacramento 397 Man nennt mich Halleluja 133, 136, 205, 207, 236, 320, 325, 381, 382, 383, 396, 428, 527, 531, 585, 609, 614 Mannaja – siehe: Mannaja – Das Beil des Todes Mannaja – Das Beil des Todes 49, 59, 81, 149, 158, 178, 184, 213, 215, 248, 256, 260, 309, 360, 371, 381, 387, 414, 467, 561, 592, 593, 612 Manos torpes 172, 229, 304, 457 Marked Men 598 Matalo (1970) – siehe: Willkommen in der Hölle Matalo (1971) 149, 167, 229, 238, 321, 376, 401, 592 Mausefalle für zwei schräge Vögel – siehe: Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel Mehr tot als lebendig 60, 131, 177, 223, 532, 594 Mein Freund, der Wolf – siehe: Der Ruf des Wolfes Mein großer Freund Shane 49, 447, 448, 457, 605 Mein Körper für ein Pokerspiel 6, 87, 143, 164, 594 Mein Leben für die Rache 412 Mein Leben hängt an einem Dollar 93, 123, 201, 278, 381, 407, 409, 496, 529

658  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Mein Liebling Clementine – siehe: Faustrecht der Prärie Mein Name ist Karate Jack – siehe: Der Mann mit der Kugelpeitsche Mein Name ist Nobody 7, 12, 27, 39, 51, 106, 208, 212, 220, 243, 263, 298, 305, 343, 365, 390, 418, 428, 437, 513, 546, 612, 625, 626 Mein Wille ist Gesetz – siehe: Jeremy Rodack – Mein Wille ist Gesetz Meine Kanone, mein Pferd  … und deine Witwe 192, 204, 281, 415, 421 Mercenario – Der Gefürchtete 44, 85, 87, 157, 159, 165, 240, 313, 319, 323, 358, 364, 375, 376, 388, 390, 398, 415, 427, 435, 494, 550, 612, 619, 625 Mi chiamavano Requiescat  … ma avevano sbagliato – siehe: Sing mir das Lied der Rache Milano calibro 9 – siehe: Milano Kaliber 9 Milano Kaliber 9 595 Mille dollari sul nero – siehe: Sartana Minnesota Clay 44, 59, 73, 232, 240, 289, 361, 498 Mission 395 Mission: Impossible 2 600 Mit Django kam der Tod 165 Mit eisernen Fäusten 329 Mögen sie in Frieden ruh’n – siehe: Mögen sie in Frieden ruhen Mögen sie in Frieden ruhen 7, 50, 87, 133, 145, 205, 233, 243, 289, 309, 317, 321, 362, 408, 435, 453, 487, 488, 489, 490, 494, 497, 510, 516, 537, 545, 563, 592, 596, 610, 614, 619, 625 Monta in sella, figlio di  … 292, 356, 379, 397 Murietta – Geißel von Kalifornien 241, 339 My Darling Clementine – siehe: Faustrecht der Prärie My Fair Lady 298 My West 290, 337

N Nacht der Rache – siehe: Blutrache einer Geschändeten Navajo Joe – siehe: Kopfgeld: Ein Dollar Nebraska-Jim 188, 415, 431 Neun Särge für MacGregor – siehe: Von Django – mit den besten Empfehlungen Nobody ist der Größte 124, 333, 401, 411, 438, 511, 614, 625, 626 Noi non siamo angeli – siehe: Wir sind die Stärksten Non aspettare Django, spara – siehe: Django – Dein Henker wartet Nonnen, Gold und Gin 136, 160, 213, 229, 609 Nur der Colt war sein Gott 372 Nur Gott war sein Colt – siehe: Nur der Colt war sein Gott O O Cangaceiro (1953) – siehe: O Cangaceiro – Die Gesetzlosen O Cangaceiro (1970) – siehe: Viva Cangaceiro O Cangaceiro – Die Gesetzlosen 478 O tutto o niente 186, 214, 264, 356, 405, 415, 543 Occhio alla penna – siehe: Eine Faust geht nach Westen Odia il prossimo tuo – siehe: Hasse deinen Nächsten Odio per odio – siehe: Die gnadenlosen Zwei Oggi a me  … domani a te! – siehe: Heute ich  … morgen Du! Ognuno per se – siehe: Das Gold von Sam Cooper Ohne Dollar keinen Sarg 169, 171, 178, 186, 361, 389, 403, 420, 537, 613 Once upon a time in America – siehe: Es war einmal in Amerika Open Season – Jagdzeit 587 Open Season – siehe: Open Season – Jagdzeit



Oremus, Alleluia e Così Sia 127, 212 P Pale Rider – Der namenlose Reiter 50, 268, 269, 448, 584, 599, 605 Pale Rider – siehe: Pale Rider – Der namenlose Reiter Pancho Villa reitet 306 Pancho Villa – siehe: Drei Halleluja für vier heiße Colts Partirono preti, tornarono  … curati 123, 165, 215, 280, 428, 521, 543, 551 Passa Sartana  … è l’ombra della tua morte – siehe: Sartana – Bete um Deinen Tod Paycheck – Die Abrechung 600 Paycheck – siehe: Payckeck – Die Abrechung Pecos è qui, prega o muori – siehe: Jonny Madoc rechnet ab Per 100.000 dollari ti ammazzo – siehe: Django, der Bastard Per il gusto di uccidere – siehe: Lanky Fellow – Der einsame Rächer Per mille dollari al giorno – siehe: Für 1.000 Dollar pro Tag Per pochi dollari ancora – siehe: Tampeko – Ein Dollar hat zwei Seiten Per qualche dollaro in meno – siehe: Irren ist tödlich Per qualche dollaro in più – siehe: Für ein paar Dollar mehr Per un dollaro a Tucson si muore – siehe: Blutige Rache in Tucson Per un dollaro di gloria 203 Per un pugno di dollari – siehe: Für eine Handvoll Dollar Per un pugno nell’occhio 584 Per una bara piena di dollari – siehe: Adios Companeros Perché uccidi ancora – siehe: Jetzt sprechen die Pistolen Petroleum-Miezen 165, 223, 494 Phaedra West – siehe: Fedra West Pistoleros 348, 610

Anhang | 6. Titelregister   659

Piu forte sorelle – siehe: Drei Nonnen auf dem Weg zur Hölle Pizza, Pater und Pistolen 122, 242, 468, 526, 530, 593, 609 Poker mit Pistolen 8, 99, 408, 411, 431, 465 Pokerface auf krummen Touren 91, 100, 161, 411 Posate le pistole, reverendo – siehe: Pizza, Pater und Pistolen Posse – Die Rache des Jesse Lee 327 Posse – siehe: Posse – Die Rache des Jesse Lee Potato Fritz 398 Prärie des Todes – siehe: Verdammt zu leben – verdammt zu sterben Prega Dio  … e scavati la fossa! 377, 589, 610 Prega il morto e ammazza il vivosiehe: Der Mörder des Klans Preparati la bara! – siehe: Django und die Bande der Gehenkten Prima ti perdono  … poi t’ammazzo – siehe: Rancheros Professionisti per un massacro – siehe: Ein Stoßgebet für drei Kanonen Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel 99, 138, 175, 264, 273, 380, 388, 390, 393, 434, 614 Pulp Fiction 596 Purgatory – siehe: Showdown auf dem Weg zur Hölle Q Quanto costa morire? 80, 88, 246, 289, 305, 460, 586, 614 Quei disperati che puzzano di sudore e di – siehe: Um sie war der Hauch des Todes Quel caldo maledetto giorno di fuoco – siehe: Django spricht kein Vaterunser Quel maledetto giorno d’inverno  … Django e Sartana all’ultimo sangue 183, 207

660  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Quel maledetto giorno della resa dei conti – siehe: Django – Der Tag der Abrechnung Quella sporca storia del west – siehe: Django – Die Totengräber warten schon Quien sabe? – siehe: Töte Amigo Quindici forche per un assassino – siehe: Die schmutzigen Dreizehn Quintana – Er kämpft um Gerechtigkeit 589 Quintana – siehe: – Quintana: Er kämpft um Gerechtigkeit Quinto, töte nicht 305 Quinto: non ammazzare – siehe: Quinto, töte nicht R Rache für Rache 188, 280, 369, 545, 588 Rache in El Paso 74, 127, 149, 172, 174, 189, 206, 356, 428, 592, 610 Rache unter roter Sonne – siehe: Drei Vaterunser für vier Halunken Rage – siehe: Die Rache ist mein Ramon il Messicano 467, 520, 522, 533, 549, 588 Rancheros 589, 609 Rauchende Colts (TV-Serie) 14 Raumschiff Enterprise (TV-Serie) 14 Reporter des Satans 596 Requiem für Django 74, 155, 225, 249, 264, 340, 362, 387, 459, 517, 520, 535, 543, 551, 610, 614 Requiem para el Gringo – siehe: Requiem für Django Requiescant – siehe: Mögen sie in Frieden ruhen Reservoir Dogs – siehe: Reservoir Dogs – Wilde Hunde Reservoir Dogs – Wilde Hunde 596 Reverendo Colt – siehe: Bleigewitter Ride the High Country – siehe: Sacramento Rimase uno solo e fu la morte per tutti! – siehe: Schwur des Geächteten Ringo del Nebraska – siehe: Nebraska-Jim

Ringo e Gringo contro tutti 386, 400, 433 Ringo kehrt zurück – siehe: Ringo kommt zurück Ringo kommt zurück 54, 150, 187, 224, 245, 276, 284, 372, 379, 401, 412, 520, 533, 536, 546, 560, 608, 612, 624 Ringo mit den goldenen Pistolen 170, 172, 273, 275, 333, 338, 369, 382, 533, 560 Ringo – Höllenfahrt nach Santa Fe – siehe: Höllenfahrt nach Santa Fe Ringo – siehe: Höllenfahrt nach Santa Fe Ringo, il cavaliere solitario – siehe: Ein Schuss zuviel Ringo, il volto della vendetta – siehe: Es geht um deinen Kopf, Amigo Ringo, such dir einen Platz zum Sterben 119, 277, 430, 592 Rio Hondo 193, 293, 592 Rio Morte – siehe: Pancho Villa reitet Rita nel West – siehe: Blaue Bohnen für ein Halleluja Rivalen unter roter Sonne 239, 548, 592, 597, 624 Rocco – Der Einzelgänger von Alamo 182, 292, 378, 539 Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern 163, 200, 204, 224, 358, 376, 379, 380, 381, 389, 396, 585, 613, 625, 626 Rocco – Ich leg’ dich um 303, 458 Rocco  … sein Befehl war der Tod – siehe: Milano Kaliber 9 Roy Colt e Winchester Jack – siehe: Drei Halunken und ein Halleluja Ruf der Wildnis 141 Rumpo Kid bittet zum Duell – siehe: Ist ja irre – der dreiste Cowboy S Sabata 78, 88, 124, 156, 211, 248, 273, 281, 357, 362, 365, 379, 382, 383, 396, 399, 511, 560, 588, 589, 613 Sabata kehrt zurück 93, 128, 211, 362, 383, 415, 510, 541, 543, 589



Sabata – Der Killer – siehe: Galgenvögel sterben einsam Sacramento 23 Samson und der Schatz der Inkas 206 San Francisco 16 San Francisco, Stadt der Sünde – siehe: San Francisco San Sebastian 117, 128, 332, 482, 483, 544, 550 Sancho – Dich küsst der Tod 90 Sando Kid spricht das letzte Halleluja 135, 152, 161, 188, 311, 350, 378, 506, 610 Sando Kid spricht das letzte Vaterunser – siehe: Sando Kid spricht das letzte Halleluja Sangue chiama sangue 74, 134, 237, 387, 521, 545, 551, 589, 603 Sannikowland 14 Sansone e il tesoro degli Incas – siehe: Samson und der Schatz der Inkas Sapevano solo uccidere – siehe: Mein Leben für die Rache Saranda – siehe: Dein Leben ist keinen Dollar wert Sarg der blutigen Rache – siehe: 1.000 Dollar Kopfgeld Sarg der blutigen Stiefel – siehe: 1.000 Dollar Kopfgeld Särge ohne Leichen – siehe: Ohne Dollar keinen Sarg Sartana 93, 186, 195, 244, 295, 373, 499, 548 Sartana kommt 124, 157, 191, 207, 241, 272, 358, 377, 382, 383, 399, 442, 500, 518, 613 Sartana nella valle degli avvoltoi – siehe: Der Gefürchtete Sartana zieht schneller – siehe: Ein Hosianna für zwei Halunken Sartana – Bete um Deinen Tod 149, 171 Sartana – Im Schatten des Todes 171, 188 Sartana – Noch warm und schon Sand drauf 192, 199, 207, 235,

Anhang | 6. Titelregister   661

380, 381, 382, 403, 407, 414, 498, 500, 517, 518, 546, 614 Sartana – Schwarzer Rächer des Todes – siehe: Sartana kommt Sartana – Töten war sein täglich Brot 176, 181, 184, 186, 199, 207, 239, 357, 414, 419, 500, 610, 614 Sartana – Zwei ungleiche Brüder in erbittertem Kampf – siehe: Sartana Satan der Rache 30, 81, 92, 130, 205, 232, 235, 243, 250, 265, 287, 294, 367, 399, 429, 495, 507, 527, 544, 545, 586, 610, 613 Saxana, die Hexe – siehe: Das Mädchen auf dem Besenstiel Scalps 202, 284, 336, 363, 509, 537 Scalps, venganza india – siehe: Scalps Scansati  … a Trinità arriva Eldorado – siehe: Pokerface auf krummen Touren Schießen Sie auf den Pianisten 597 Schindler’s List – siehe: Schindlers Liste Schindlers Liste 88 Schnelle Colts für Jeannie Lee 73, 82, 187, 372 Schneller als 1.000 Colts 78, 150, 186, 194, 286, 373, 376 Schneller als der Tod 21, 167, 202 Schweinehunde beten nicht 61, 95, 465, 506, 515, 536, 589, 610 Schwur des Geächteten 239, 592 Se incontri Sartana prega per la tua morte – siehe: Sartana – Bete um Deinen Tod Se sei vivo spara – siehe: Töte, Django Se vuoi vivere  … spara! – siehe: Andere beten – Django schießt Sei bounty killers per una strage – siehe: Zahl und stirb Sei già cadavere Amigo  … ti cerca Garringo – siehe: Zwei Halleluja für den Teufel Sei jellato Amico, hai incontrato Sacramento – siehe: Man nennt ihn Sacramento

662  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Sei una carogna  … e t’ammazzo! 81, 385, 549, 589 Sein Colt ist sein Gebet – siehe: Arizona Colt Sein Name war Pot – aber sie nannten ihn Halleluja 201, 291, 378, 393, 610 Sein Steckbrief ist kein Heiligenbild 6, 167, 348, 401, 460, 610 Seine Kugeln pfeifen das Todeslied 148, 285, 394, 398, 519, 529, 589, 606, 614 Seine Rechte stoppt den Bartwuchs – siehe: Zwei Companeros Seine Waffe war Dynamit – siehe: Sein Name war Pot – aber sie nannten ihn Halleluja Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod (1967: I lunghi giorni dell’odio) 152, 288, 349, 374 Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod (1967: Sette winchester per un massacro) – siehe: Die Satansbrut des Colonel Blake Sella d’argento – siehe: Silbersattel Seminò la morte  … lo chiamavano Castigo di Dio – siehe: Er säte den Tod Sentenza di morte – siehe: Django – Unbarmherzig wie die Sonne Sentivano  … uno strano, eccitante, pericoloso puzzo di dollari – siehe: Der Barmherzige mit den schnellen Fäusten Sette dollari sul rosso – siehe: Django – Die Geier stehen Schlange Sette donne per i MacGregor – siehe: Eine Kugel für MacGregor Sette magnifiche pistole – siehe: Sancho – Dich küsst der Tod Sette monache a Kansas City – siehe: Nonnen, Gold und Gin Sette ore di fuoco – siehe: Die letzte Kugel traf den Besten Sette pistole per i MacGregor – siehe: Die 7 Pistolen des MacGregor

Sette pistole per un massacro – siehe: Das Todeslied von Laramie Sette winchester per un massacro – siehe: Die Satansbrut des Colonel Blake Sfida a Rio Bravo – siehe: Schnelle Colts für Jeannie Lee Shamango passt in keinen Sarg – siehe: Gentleman Joe – Der Rächer bin ich Shamango – siehe: Gentleman Joe – Der Rächer bin ich Shamango: Viva Mexico! – siehe: Gentleman Joe – Der Rächer bin ich Shango, la pistola infallibile – siehe: Shangos letzter Kampf Shangos letzter Kampf 77, 462, 614 Showdown auf dem Weg zur Hölle 230, 352 Si può fare  … amigo – siehe: Halleluja  … Amigo Si quieres vivir  … dispara 397, 589 Sie kamen zu viert um zu töten 79, 87, 139, 212, 495 Sie kämpft wie ein Mann – siehe: Scalps Sie nannten ihn Gringo 219, 240, 288 Sie nannten ihn Henker – siehe: Garringo – Der Henker Sie sterben in Stiefeln – siehe: Silbersattel Sie verkaufen den Tod 48, 280, 419, 435, 460, 522, 589, 613, 625 Silbersattel 56, 105, 135, 237, 378, 503, 614, 624 Sing mir das Lied der Rache 57, 60, 91, 229, 358, 394, 405, 465 Sledge Hammer (TV-Serie) 596 Sledge – siehe: Der Einsame aus dem Westen Soldier Blue – siehe: Das Wiegenlied vom Totschlag Soleil rouge – siehe: Rivalen unter roter Sonne Sommer der Verfluchten 589 Sono Sartana, il vostro becchino – siehe: Sartana – Töten war sein täglich Brot Sonora – siehe: Für ein paar Leichen mehr Spara Joe  … e così sia! 281, 610



Spara, Gringo, spara – siehe: Im Staub der Sonne Spiel das Lied von Californien – siehe: Der Mann aus Virginia Spiel dein Spiel und töte, Joe 66, 77, 121, 157, 184, 204, 206, 213, 221, 223, 233, 264, 286, 510, 589, 611, 612 Spiel mir das Lied vom Tod 17, 25, 32, 33, 34, 40, 51, 54, 55, 65, 80, 105, 106, 161, 175, 179, 195, 216, 244, 257, 258, 264, 275, 284, 311, 355, 356, 359, 372, 388, 390, 392, 394, 433, 434, 435, 445, 457, 588, 612, 619, 620, 625, 626 Spirito Santo e le cinque magnifiche canaglie 129, 189, 376, 396, 485, 487, 589, 610 Spuren im Sand (1948) 456 Spuren im Sand (1974) 598 Stagecoach – siehe: Höllenfahrt nach Santa Fe 16 Star Trek II: Der Zorn des Khan 593 Star Trek II: The Wrath of Khan – siehe: Star Trek II: Der Zorn des Khan Star Trek – siehe: Raumschiff Enterprise Starblack – siehe: Django – Schwarzer Gott des Todes Stetson – Drei Halunken erster Klasse 103, 107, 404, 405, 513 Stinkende Dollar 278, 588, 592 Stirb oder töte 113, 200, 370, 388 Storia di karatè, pugni e fagioli – siehe: Fäuste, Bohnen und  … Karate! Stoßgebet für einen Hammer – siehe: Heute ich  … morgen Du! Straniero  … fatti il segno della croce! – siehe: Bekreuzige dich, Fremder Su le mani, cadavere! Sei in arresto – siehe: Sando Kid spricht das letzte Halleluja Sugar Colt – siehe: Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern Surviving the Game- siehe: Surviving the Game – Tötet ihn! Surviving the Game – Tötet ihn! 587

Anhang | 6. Titelregister   663

T T’ammazzo!… Raccomandati a Dio – siehe: Django – Wo steht dein Sarg? Tag der Vergeltung – siehe: Zeig mir das Spielzeug des Todes Take a hard ride – siehe: Einen vor den Latz geknallt Tal der Hoffnung 348 Tampeko – Ein Dollar hat zwei Seiten 59, 361, 395, 463, 517, 543 Tarantula 15 Te deum – siehe: Tedeum – Jeder Hieb ein Prankenschlag Tedeum – Jeder Hieb ein Prankenschlag 77, 333, 420, 453 Tempo di massacro – siehe: Django – Sein Gesangbuch war der Colt Tepepa 9, 115, 133, 146, 259, 306, 313, 315, 316, 322, 325, 326, 346, 368, 393, 477, 482, 516, 529, 584, 587, 607, 613, 624 Tequila (1973: Uccidi Django  … uccidi per primo!) – siehe: Uccidi Django  … uccidi per primo! Tequila (1973: Uno, dos, tres  … dispara otra vez) – siehe: Fuzzy, halt die Ohren steif! Tequila Joe – siehe: Einladung zum Totentanz Terror in Oklahoma 141 Testa o croce – siehe: Blutrache einer Geschändeten Testa t’ammazzo, croce  … sei morto  … Mi chiamano Alleluja – siehe: Man nennt mich Halleluja Tex und das Geheimnis der Todesgrotten 401 Tex und das Geheimnis der Todeshöhlen – siehe: Tex und das Geheimnis der Todesgrotten Tex Willer e il signore degli abissi – siehe: Tex und das Geheimnis der Todesgrotten Texas, addio – siehe: Django, der Rächer The Belle Starr Story – siehe: Mein Körper für ein Pokerspiel

664  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

The Big Country – siehe: Weites Land The Bravados – siehe: Bravados The Christmas Kid – siehe: Joe Navidad The Defiant Ones – siehe: Flucht in Ketten The Desperado – siehe: Der graue Reiter The Fugitive – siehe: Befehl des Gewissens The General 310 The Godchild – siehe: Spuren im Sand (1974) The Great Train Robbery – siehe: Der große Eisenbahnraub The Hateful Eight 246, 445 The Hunting Party – siehe: Leise weht der Wind des Todes The Iron Horse – siehe: Das eiserne Pferd The Killer 600 The Magnificent Ambersons – siehe: Der Glanz des Hauses Amberson The Man called Noon – siehe: Der Mann aus El Paso The Man Who Shot Liberty Valance – siehe: Der Mann, der Liberty Valance erschoss The Mission – siehe: Mission The Most Dangerous Game – siehe: Graf Zaroff – Genie des Bösen The Outlaw Josey Wales – siehe: Der Texaner The Plainsman – siehe: Held der Prärie The Professionels – siehe: Die gefürchteten Vier The Public Enemy – siehe: Der öffentliche Feind The Quick and the Dead – siehe: Schneller als der Tod The Salvation – siehe: The Salvation – Spur der Vergeltung The Salvation – Spur der Vergeltung 445 The Scalphunters – siehe: Mit eisernen Fäusten The Searchers – siehe: Der schwarze Falke The Singer not the Song – siehe: Sommer der Verfluchten The Stranger and the Gunfighter – siehe: In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner The Three Godfathers (1916) 598

The Unforgiven – siehe: Denen man nicht vergibt The Waltons – siehe: Die Waltons (TV-Serie) The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz 306 The Wild Bunch – Sie kannten keine Gnade – siehe: The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz The Wild Bunch – siehe: The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz Them! – siehe: Formicula Thompson 1880 – siehe: Schneller als 1.000 Colts Three Godfathers (1936) – siehe: Helden aus der Hölle Three Godfathers (1948) – siehe: Spuren im Sand (1948) Tierra Brutal – siehe: Bis aufs Blut Tierra de fuego – siehe: Vergeltung in Catano Time Breaker 229 Tina räumt auf 591 Tirez sur le pianiste – siehe: Schießen Sie auf den Pianisten Todesmarsch der Bestien 246, 247, 274 Todesmarsch der lebenden Teufel – siehe: Todesmarsch der Bestien Todesmelodie 100, 106, 116, 156, 181, 248, 274, 284, 313, 318, 324, 338, 354, 367, 375, 378, 394, 399, 421, 426, 429, 433, 530, 541, 547, 566, 594, 604, 612, 625, 626 Todfeinde 410 Tödliche Rache 300 Tödlicher Ritt – siehe: Tödlicher Ritt nach Sacramento Tödlicher Ritt nach Sacramento 79, 531 Tombstone – siehe: Faustrecht der Prärie Töte alle und kehr allein zurück 47, 245, 277, 382, 494, 545, 592, 613 Töte, Amigo  26, 132, 133, 150, 159, 165, 216, 306, 314, 318, 321, 325, 370, 376, 378, 464, 490, 505, 521, 541, 590, 613, 618



Tote brauchen keine Dollars – siehe: Einen vor den Latz geknallt Töte sie alle und kehr allein zurück – siehe: Töte alle und kehr allein zurück Tote werfen keine Schatten 405 Töte, Django 46, 65, 83, 150, 161, 231, 242, 251, 274, 276, 281, 338, 408, 464, 467, 560, 584, 608, 612 Töte, Ringo, töte 148, 189, 228, 276, 464 Tre croci per non morire 107, 361, 589, 610 Tre dollari di piombo – siehe: Für drei Dollar Blei Tre pistole contra Cesare – siehe: Drei Pistolen gegen Cesare Tribute to a bad Man – siehe: Jeremy Rodack – Mein Wille ist Gesetz Trinità e Bambino  … e adesso tocca a noi – siehe: Trinity und Babyface Trinità e Sartana figli di  … – siehe: Ein Hosianna für zwei Halunken Trinity schlägt zurück – siehe: Der Teufel kennt kein Halleluja Trinity und Babyface 393, 420, 438, 549, 606, 611 Trinity und Babyface – Sie können’s nicht lassen – siehe: Trinity und Babyface Trinity und Babyface – Vier Fäuste geh’n zum Teufel – siehe: Trinity und Babyface Tutti fratelli nel west  … per parte di padre – siehe: Fünf Klumpen Gold Tutti per uno  … botte per tutti – siehe: Alle für einen – Prügel für alle Tutto per tutto – siehe: Zwei Aasgeier U Uccideva a freddo 495, 536, 589 Uccidi Django  … uccidi per primo! 87, 589 Uccidi o muori – siehe: Für eine Handvoll Blei Um sie war der Hauch des Todes 46, 58, 129, 181, 232, 248, 284, 340, 358, 364, 603, 613, 615, 616, 618, 619, 620, 623

Anhang | 6. Titelregister   665

Umkehr zur Hölle – siehe: Django – Gott vergib seinem Colt Un animale chiamato  … uomo! 81, 151, 438, 586 Un Bounty Killer a Trinità – siehe: Kopfgeld für einen Killer Un buco in fronte – siehe: Ein Loch in der Stirn Un corde, un colt – siehe: Friedhof ohne Kreuze Un dollaro bucato – siehe: Ein Loch im Dollar Un dollaro di fifa 214 Un dollaro tra i denti – siehe: Ein Dollar zwischen den Zähnen …und Santana tötet sie alle 192 …und Sartana tötet sie alle – siehe: …und Santana tötet sie alle Un Esercito di cinque uomini – siehe: Die fünf Gefürchteten Un fiume di dollari – siehe: Eine Flut von Dollars Un genio, due compari, un pollo – siehe: Nobody ist der Größte Un minuto per pregare, un instante per morire – siehe: Mehr tot als lebendig Un par de asesinos – siehe: …und Santana tötet sie alle Un poker di pistole – siehe: Poker mit Pistolen Un treno per Durango – siehe: Der letzte Zug nach Durango Un uomo chiamato Apocalisse Joe – siehe: Spiel dein Spiel und töte, Joe Un uomo per cinque vendette – siehe: Auf die Knie, Django Un uomo, un cavallo, una pistola – siehe: Western-Jack Una bala marcada – siehe: Dio in cielo  … Arizona in terra Una colt in mano al diavolo 201, 412, 592, 611 Una Donna chiamata Apache – siehe: Apache Woman

666  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Una Donna per Ringo – siehe: 6 Kugeln für Gringo Una forca per un bastardo – siehe: Eine Kugel für den Bastard Una lunga fila di croci – siehe: Django und Sartana – Die tödlichen Zwei Una nuvola di polvere  … un grido di morte  … arriva Sartana – siehe: Sartana kommt Una pistola per cento bare – siehe: Ein Colt für hundert Särge Una pistola per cento croci – siehe: Django – Eine Pistole für hundert Kreuze Una pistola per Ringo – siehe: Eine Pistole für Ringo Una ragione per vivere e una per morire – siehe: Sie verkaufen den Tod Underworld – siehe: Unterwelt Unforgiven – siehe: Erbarmungslos Union Pacific – siehe: Die Frau gehört mir Uno di più all’inferno – siehe: Django – Melodie in Blei Uno dopo l’altro – siehe: Von Django – mit den besten Empfehlungen Uno sceriffo tutto d’oro – siehe: Töte, Ringo, töte Uno straniero a Paso Bravo – siehe: Der Fremde von Paso Bravo Uno, dos, tres  … dispara otra vez – siehe: Fuzzy, halt die Ohren steif! Unsere kleine Farm (TV-Serie) 283 Unterwelt 16, 230, 467 Uomo avvisato mezzo ammazzato  … Parola di Spirito Santo – siehe: Ein Halleluja für Spirito Santo V Vado  … l’ammazzo e torno – siehe: Leg ihn um, Django Valdez, il mezzosangue – siehe: Wilde Pferde Vamos a matar, compañeros! – siehe: Zwei Companeros Vamos a matar, Sartana 236

Vanishing Point – siehe: Fluchtpunkt San Francisco Vendetta per vendetta – siehe: Rache für Rache Vendo cara la pelle – siehe: Zum Abschied noch ein Totenhemd Vengeance – Fünf blutige Stricke – siehe: Fünf blutige Stricke Vengeance – Mit Rocco kam der Tod – siehe: Fünf blutige Stricke Vera Cruz 123, 306 Verdammt zu leben – verdammt zu sterben 86, 119, 186 Verflucht, verdammt und Halleluja 126, 195, 220, 418, 611 Vergeltung am Wichita-Pass 76 Vergeltung in Catano 130, 188, 536 Verrat – Die Abenteuer des Buffalo Bill – siehe: Held der Prärie Verrat – siehe: Held der Prärie Verrückte Erbschaft – siehe: Friss oder stirb Vier Fäuste für ein Halleluja 27, 135, 157, 188, 236, 276, 286, 350, 365, 390, 392, 393, 411, 417, 424, 429, 436, 437, 443, 522, 531, 546, 587, 611, 614 Vier Fäuste lassen’s krachen – siehe: Vier Fäuste für ein Halleluja Vier Fäuste schlagen wieder zu 158, 420, 431, 438, 589, 592 Vier Fäuste und ein heißer Ofen 158, 201, 229, 377, 402 Vier für ein Ave Maria 103, 211, 212, 344, 363, 374, 387, 415, 436, 519, 546, 584, 611 Vier gnadenlose Rächer 586 Vier Halleluja für Dynamit-Joe 79, 155, 213, 273, 387, 611 Vier Teufelskerle 142, 340, 371, 377, 611 Vier Teufelskerle – Tot oder lebendig! – siehe: Vier Teufelskerle Villa Rides – siehe: Pancho Villa reitet Viridiana 527 Viva América! – siehe: Die wahre Geschichte des Frank Mannata



Viva Cangaceiro 77, 116, 239, 320, 322, 378, 382, 396, 477, 480, 481, 494, 503, 540, 544, 554, 614 Viva Carrancho – siehe: Die Todesminen von Canyon City Viva Django! (1968) – siehe: Django und die Bande der Gehenkten Viva Django! (1971) – siehe: Ein Fressen für Django Viva la muerte  … tua! – siehe: Zwei wilde Companeros Viva Maria! 88, 117 Viva Mexico – siehe: Gentleman Joe – Der Rächer bin ich Viva Pancho Villa – siehe: Drei Halleluja für vier heiße Colts Viva Sabata – siehe: Galgenvögel sterben einsam Viva Zapata! 306 Vivi o, preferibilmente, morti – siehe: Friss oder stirb Vivo per la tua morte – siehe: Ich bin ein entflohener Kettensträfling Voltati  … ti uccido – siehe: 100.000 verdammte Dollar Von Angesicht zu Angesicht 69, 106, 156, 176, 230, 371, 481, 494, 583, 608, 611, 613 Von Django – mit den besten Empfehlungen 83, 197, 256, 340, 357, 614 Von Mann zu Mann 56, 79, 128, 225, 247, 256, 257, 259, 280, 302, 366, 434, 495, 592, 593, 613 W W Django! – siehe: Ein Fressen für Django Wanted Johnny Texas 544 Wanted Sabata 296 Wanted – siehe: Wanted – Für drei lumpige Dollar Wanted – Für drei lumpige Dollar 79, 179, 185, 507

Anhang | 6. Titelregister   667

Weihwasser-Joe 363, 377, 393, 396, 405, 453, 539, 563, 611 Weites Land 282 Wenn der Sargmacher lächelt – siehe: El Cisco Wer kennt Johnny R.? 241 Wer kennt Johnny Ringo? – siehe: Wer kennt Johnny R.? Wer kennt Jonny R.? – siehe: Wer kennt Johnny R.? Western-Jack 126, 241, 242, 273, 360, 389, 390, 407, 505, 585, 614 Whisky and Ghosts 160, 243, 365 Whisky e fantasmi – siehe: Whisky and Ghosts Wilde Pferde 337, 551 Willkommen in der Hölle 219, 229, 371, 463, 509, 546, 611, 614, 617 Winchester, uno entre mil – siehe: Killer adios Wir sind die Stärksten 91, 589 Wo er hinschlägt, wächst kein Gras mehr – siehe: Zwei Companeros Wolfsblut 589 Wolfsblut 2 – siehe: Die Teufelsschlucht der wilden Wölfe Wolfsblut kehrt zurück – siehe: Die Teufelsschlucht der wilden Wölfe Wyoming Connection – siehe: Eine Kugel für den Bastard Y Yankee 50, 90, 92, 177, 200, 206, 217, 224, 228, 236, 238, 270, 274, 303, 356, 389, 433, 464, 527, 543, 546, 614 Yojimbo – Der Leibwächter 24, 43, 224, 406 Yôjinbô – siehe: Yojimbo – Der Leibwächter Z Zahl und stirb 85, 178, 362, 597 Zanna Bianca – siehe: Wolfsblut Zehn Cowboys und ein Indianerboy 248, 266, 336, 455

668  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Zehn Cowboys und ein Indianerjunge – siehe: Zehn Cowboys und ein Indianerboy Zeig mir das Spielzeug des Todes 8, 124, 189, 196, 212, 267, 332, 400, 402, 505, 536 Zemlya Sannikova – siehe: Sannikowland Zorro il ribelle – siehe: Das Finale liefert Zorro Zorro junior 546, 589 Zorros Rache 192, 311 Zum Abschied noch ein Totenhemd 134, 239, 242, 259, 295, 591 Zum Nachtisch blaue Bohnen – siehe: Bratpfanne Kaliber 38 Zum Tode begnadigt – siehe: Ich bin ein entflohener Kettensträfling Zwei Aasgeier 74, 140, 237, 274, 277, 379, 401, 592, 611 Zwei Aasgeier auf dem Weg zur Hölle – siehe: Zwei Aasgeier Zwei ausgekochte Halunken 74, 100, 356, 550, 589, 592, 603, 609 Zwei bis Blitz und Donner – siehe: Ein Halleluja für Spirito Santo Zwei Companeros 89, 135, 152, 165, 179, 237, 319, 321, 349, 364, 375, 388, 407, 434, 460, 505, 534, 543, 550, 594, 613 Zwei durch dick und dünn 169, 214, 345 Zwei für ein Halleluja – siehe: Von Angesicht zu Angesicht Zwei Galgenvögel geben Zunder – siehe: Zwei wilde Companeros Zwei gegen Tod und Teufel – siehe: Potato Fritz Zwei glorreiche Halunken 96, 100, 105, 106, 134, 152, 174, 181, 219, 232, 235, 239, 241, 244, 251, 272, 291, 347, 355, 360, 361, 363, 369, 386, 393, 395, 405,

407, 408, 421, 429, 434, 461, 467, 542, 567, 583, 588, 590, 592, 612, 625 Zwei Halleluja für den Teufel 99, 192, 464, 611 Zwei hau’n auf den Putz – siehe: Hügel der blutigen Stiefel Zwei Himmelhunde im Wilden Westen – siehe: Ben und Charlie Zwei linke Hände in der rechten Tasche – siehe: Ben und Charlie Zwei links, zwei rechts und Halleluja – siehe: Von Angesicht zu Angesicht Zwei Mafiosi im Wilden Westen (1965) 73 Zwei Mafiosi im Wilden Westen (1972) – siehe: Zwei Trottel im Wilden Westen Zwei Satansbraten am Fliegenfänger – siehe: In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner Zwei schaffen alle – siehe: Providenza! – Mausefalle für zwei schräge Vögel Zwei Teufelskerle gegen alle – siehe: Bratpfanne Kaliber 38 Zwei tolle Companeros – siehe: Zwei wilde Companeros Zwei tolle Hechte – Wir sind die Größten – siehe: Der kleine Schwarze mit dem roten Hut Zwei Trottel als Revolverhelden 589 Zwei Trottel gegen Django 588 Zwei Trottel im Wilden Westen 213, 389, 405, 413, 420, 589, 596, 610 Zwei vom Affen gebissen – siehe: Gott vergibt  … wir beide nie! Zwei wilde Companeros 103, 122, 188, 274, 320, 356, 530, 552, 597 Zwiebel-Jack räumt auf 160, 309, 381, 383, 431, 438 Zwölf Uhr mittags 26, 150, 233, 604



Anhang | 7. Verzeichnis der Abbildungen   669

7. Verzeichnis der Abbildungen Covermotiv: DVD Keoma – Melodie des Sterbens, Studiocanal 2003 Autorenfoto: Maxx Hoenow, Bergneustadt Abb. 1: DVD Mein Name ist Nobody  /Nobody ist der Grösste, Paramount 2005 Abb. 2: Sergio Leone, Fotografie von »obbino«, https://www.flickr.com/photos/there bel68/236244037/ (CC BY 2.0); Ennio Morricone, 1997, Fotografie von Ferdinando Castaldo Abb. 3: DVD Spiel mir das Lied vom Tod, Paramount Pictures 2003 Abb. 4: DVD Spiel mir das Lied vom Tod, Paramount Pictures 2003 Abb. 5: DVD Für eine Handvoll Dollar / Für ein paar Dollar mehr, Paramount Pictures 2005 Abb: 6: DVD Django, Studiocanal 2003 Abb. 7: DVD Blindman, der Vollstrecker, Koch Media GmbH 2005 Abb. 8: DVD Arizona Colt, Savoy Film GmbH 2012 Abb. 9: DVD Knie nieder und friss Staub, Koch Media GmbH 2009 Abb. 10: DVD Zwei glorreiche Halunken, MGM Home Entertainment LLC 2004 Abb. 11: DVD Antreten zum Beten, NEW Entertainment World 2008 Abb. 12: DVD Töte Amigo, Koch Media GmbH 2004 Abb. 13: DVD Spiel mir das Lied vom Tod, Paramount Pictures 2003 Abb. 14: DVD Sartana – Noch warm und schon Sand drauf, Bertucci Film Entertainment / Cineworld 2003 Abb. 15: DVD Sartana – Bete um deinen Tod, ZYX Music GmbH und Co. KG, 2002 Abb. 16: DVD Yankee, Koch Media GmbH 2007 Abb. 17: DVD Django  – Leck Staub von meinem Colt, Bertucci Film Entertainment / Cineworld 2003 Abb. 18: DVD Zwei glorreiche Halunken, MGM Home Entertainment LLC 2004 Abb. 19: DVD Leichen pflastern seinen Weg, Studiocanal 2001 Abb. 20: DVD Django, Studiocanal 2003 Abb. 21: DVD Satan der Rache, e-m-s media AG 2005 Abb. 22: DVD Todesmelodie, MGM Home Entertainment LLC 2005 Abb. 23: DVD Der Tod ritt dienstags, Studiocanal 2012 Abb. 24: DVD Tepepa, Koch Media GmbH 2013 Abb. 25: DVD Für eine Handvoll Dollar / Für ein paar Dollar mehr, Paramount Pictures 2005 Abb. 26: DVD Arriva – Sartana kommt, Gabu Film GmbH 2006 Abb. 27: DVD Vier Fäuste für ein Halleluja, e-m-s new media AG 2003 Abb. 28: DVD Die rechte und die linke Hand des Teufels, e-m-s new media AG 2003 Abb. 29: DVD Für eine Handvoll Dollar / Für ein paar Dollar mehr, Paramount Pictures 2005

670  Gnade spricht Gott – Amen mein Colt

Abb. 30: DVD Django – Die Geier stehen Schlange, Koch Media GmbH 2008 Abb. 31: DVD Ein Halleluja für Spirito Santo, 01 Distribution 2010 Abb. 32: DVD Für eine Handvoll Dollar / Für ein paar Dollar mehr, Paramount Pictures 2005 Abb. 33: DVD Die rechte und die linke Hand des Teufels, e-m-s new media AG 2003 Abb. 34: DVD Viva Cangaceiro, Wild Side Films 2009 Abb. 35: DVD Verdammt zu leben – Verdammt zu sterben, Laser Paradise 2005 Abb. 36: DVD Keoma 2 – Die Rache des weissen Indianers, White Pearls Classics /  Daredo 2015 Abb. 37: Bruschini, Antonio / De Zigno, Federico: Western All’ Italiana. 100 more Mustsee Movies with a complete Eurowestern Film Guide, Florenz 2006, S. 51. Abb. 38: Bruschini, Antonio / De Zigno, Federico: Western All’ Italiana. 100 more Mustsee Movies with a complete Eurowestern Film Guide, Florenz 2006, S. 56. Abb. 39: Morgan, Jasper P.: Spaghetti Heroes: Django – Sartana – Ringo, Hille 2007, S. 145. Abb. 40: Morgan, Jasper P.: Spaghetti Heroes: Django – Sartana – Ringo, Hille 2007, S. 161.