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German Pages 288 [297] Year 2015
GLEIS DREIECK /PARK LIFE BERLIN ANDRA LICHTENSTEIN FLAVIA ALICE MAMELI (HG. / EDS.)
URBAN STUDIES
GLEISDREIECK
/
PARKLIFE
BERLIN
„Als Volkspark kann nur diejenige öffentliche Parkanlage bezeichnet werden, die im Gegensatz zu den meisten bisherigen öffentlichen Parks, nicht nur den gelegentlichen Spaziergängen dient, sondern die größeren Volksmassen und allen Kreisen der Bevölkerung zu jeder Jahreszeit genügend Raum und Gelegenheit bietet zum Aufenthalt im Freien, zum Sichausleben in Spiel und Sport ebenso, wie zum beschaulichen Ausruhen.“ Erster Leitsatz für den Bau öffentlicher Grünflächen von Ludwig Lesser, 1910, beim 33. Brandenburgischen Städtetag
A public park can only be described as a Volkspark when, in contrast to most previous public parks, it not only serves for occasional walks, but also provides enough space and opportunities for large numbers of people from all social backgrounds all the year round to enjoy being outdoors, to delight in sports and play as well as to relax and contemplate. First principle for the construction of public green spaces, Ludwig Lesser, 1910, during the 33. Brandenburgischer Städtetag (33rd Cities Council in Brandenburg)
GLEISDREIECK
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PARKLIFE
BERLIN
INDEX
INTRO 06
Grußwort des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller
Preface by Michael Müller, Governing Mayor of Berlin
08
Park am Gleisdreieck — Prof. Dr. Marc Augé
Gleisdreieck Park
10
Wem gehört das Gleisdreieck? — Andra Lichtenstein / Flavia Alice Mameli
To whom does Gleisdreieck belong?
INTERVIEWS
GLEISDREIECK / ORT DER INSPIRATION
GLEISDREIECK / SPACE FOR INSPIRATION
48
Tom Drake Bennett
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Rory MacLean
68
Ben Wagin
76
Hanns Zischler
86
Federico Pietrella
GLEISDREIECK / ORT DER TRANSFORMATION
GLEISDREIECK / SPACE FOR TRANSFORMATION
104 Atelier LOIDL 116 Almut Jirku 124 Daniela Riedel 132 Christoph Schmidt 140 Gesa Königstein
GLEISDREIECK / ORT DER BÜRGER
GLEISDREIECK / SPACE FOR CITIZENS
148 Dr. Elisabeth Meyer-Renschhausen 160 Matthias Bauer 168 Robert Skuppin
GESCHICHTE DES GLEISDREIECKS ( � S. 97, Altarfalz) HISTORY OF GLEISDREIECK ( � p. 97, gate fold)
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INDEX
BILDSTRECKEN
PHOTO ESSAYS
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Mario Ziegler »Freiräume«
»Open Spaces«
62
Wim Wenders – Der Himmel über Berlin
Wim Wenders – Wings of Desire
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Hans W. Mende »Gleiswildnis 1977–1984«
»Rail Wilderness 1977−1984«
176 Lorenzo Pesce »Parkleben« »Parklife«
ESSAYS 210 Gleisdreieck: Wie urbane Wildnis im neuen Park möglich wurde
Prof. Dr. Ingo Kowarik
Gleisdreieck: How urban wilderness became possible in the new park
222 Der Park am Gleisdreieck: Ein moderner Volkspark?
Prof. Dr. Stefanie Hennecke / Prof. Dr. Annette Geiger
Gleisdreieck Park: A modern Volkspark?
238 Zur Atmosphäre eines urbanen Grünraums: Der Park am Gleisdreieck
Prof. Dr. Jürgen Hasse
On the Atmosphere of an Urban Green Space: Gleisdreieck Park
250 Anmerkungen zur Zukunft der Bürgerbeteiligung
Prof. Dr. Klaus Selle
Comment on the future of civic participation.
262 Amazing Space – Mehr als Partizipation, Entwurf und Teilhabe im Diskurs
Dipl.-Ing. Gesa Königstein / Dipl.-Ing. Anne-Katrin Fenk
Amazing Space – More than Participation, A Question of Design, Authorship and Public Realm
272 Unter Beobachtung — Eine Halbzeitbilanz des Parks am Gleisdreieck
Uwe Rada
Under surveillance — A half-time assessment of Gleisdreieck Park
ANHANG APPENDIX 278 Auswahlbibliografie
Selected Bibliography
279 Danksagung
Thank You
288 Impressum / Bildnachweis
Imprint / Picture credits
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GLEISDREIECK
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PARKLIFE
BERLIN
Grußwort des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller
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er Park am Gleisdreieck zählt zu den besonderen Orten Berlins. An sonnigen Tagen tummeln sich dort Tausende Menschen mit Kind und Kegel, zu Fuß, mit Rollstühlen und Fahrrädern, zum Chillen oder Spielen, Tanzen oder Skaten. Die Berlinerinnen und Berliner haben sich diese einmalige Parkanlage zwischen Schöneberg, Tiergarten und Kreuzberg – noch vor wenigen Jahren eine der vielen wilden Brachen im Herzen Berlins – wie selbstverständlich angeeignet. Bis zum Zweiten Weltkrieg hatte das 26 Hektar große Areal zum Anhalter, Potsdamer und Dresdner Bahnhof gehört. In Zeiten der Teilung Berlins kam dort der Bahnverkehr zum Erliegen. Zunehmend bemächtigte sich die Natur dieser gigantischen Gleisflächen. Lange Zeit war hier der Bau der Westtangente vorgesehen. Und als die Mauer fiel, Berlin wieder eine Stadt wurde und in Sichtweite die Neubebauung am Potsdamer Platz Konturen annahm, geriet auch das große freie Feld am Gleisdreieck ins Visier der Projektentwickler. Dass Berlin heute über diese einmalige Parkanlage im Herzen der Stadt verfügt, ist ein Glücksfall. Vor allem ist dies aber auch das Ergebnis eines jahrzehntelangen politischen Prozesses. Um die Zukunft dieser innerstädtischen Fläche gab es leidenschaftlichen Streit. Gerungen wurde um die Autobahnplanung, bis diese aufgegeben wurde, dann um eine anderweitige Bebauung. Engagierte Bürgerinnen und Bürger setzten sich für die Bewahrung von Stadt-Natur und Teilen der früheren Bahnanlagen ein. Entstanden ist schließlich ein Park, der unterschiedlichsten Bedürfnissen gerecht wird und für alle Generationen attraktiv ist – kurz: eine enorme Bereicherung für die Menschen in den benachbarten Kiezen. Der rundum gelungene Park am Gleisdreieck zeigt: Das zum Teil jahrzehntelange bürgerschaftliche Engagement hat sich gelohnt. Und es hat sich als richtig erwiesen, dass Senat und Bezirke neue Wege zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger beschritten haben. So ist die Gestaltung des Parks am Gleisdreieck beispielgebend für das so wichtige Bemühen um ein neues Miteinander von gewählter Politik und engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Mein herzlicher Dank gilt all denen, die leidenschaftlich für ihre Interessen gestritten und am Ende Kompromisse möglich gemacht haben, vor allem aber den Vielen, die den kreativen Prozess zur Gestaltung des Parks mit ihren Ideen und ihrem Wissen bereichert und so nicht nur die gelungene Parkgestaltung, sondern auch den modellhaften Aushandlungs- und Entscheidungsprozess ermöglicht haben.
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GRUSSWORT
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PREFACE
Preface by Michael Müller, Governing Mayor of Berlin
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leisdreieck Park is a magical place in Berlin. Sunny days draw thousands of people, including entire families, on foot, in wheelchairs, or on bicycles, who want to relax, play, dance, or skate. The people of Berlin have embraced this unique park between Schöneberg, Tiergarten, and Kreuzberg – which was one of many abandoned spaces in the heart of the city just a few years ago – as though it had always been there. Up until World War II, the twenty-six hectares of today’s park were part of the Anhalter, Potsdamer and Dresdner train stations. When Berlin was divided, train service in this area was shut down and, little by little, nature took over the vast expanse of the old railroad grounds. For a long time, plans called for the construction of an expressway. When the Wall fell and Berlin was reunified, new buildings began to go up at nearby Potsdamer Platz and real estate developers started to eye the huge empty property at Gleisdreieck. That Berlin ended up with this incomparable park in the heart of the city was a stroke of luck. More than anything, however, it was the result of a political process that spanned decades. The future of this inner-city property was the subject of fierce debates, first over the plans for an expressway and then, once that idea was abandoned, over the form that development should take. Residents who wanted to preserve this expanse of urban nature and parts of the former railroad facility worked hard to realise their vision. What finally emerged was a park that meets a wide array of needs and appeals to young and old – in short, an invaluable asset for the people in nearby neighbourhoods. This hugely successful Gleisdreieck Park shows that the hard work invested by grassroots groups over decades was worth it. The Berlin Senate and boroughs broke new ground when the process was opened up to citizen participation, and that turned out to be a good thing. We want elected politicians and committed citizens to work together, and Gleisdreieck Park is a prime example of how that effort can succeed. My sincere thanks go to all of the passionate advocates of various interests who, in the end, made it possible to achieve compromise, and especially to the many people whose ideas and expertise enriched the creative process of designing the park. We ended up not only with a wonderful park, but with a fine model for negotiation and decision-making processes.
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GLEISDREIECK
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PARKLIFE
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Marc Augé ist Ethnologe und Anthropologe und lehrte an der Pariser École des Hautes Études en Sciences Sociales, deren Präsident er von 1985–1995 war. In den Neunziger Jahren entwickelte Augé seine Theorie der „Nicht-Orte“ (nonlieux), die sich mit Stadt- und Transiträumen auseinandersetzt.
Park am Gleisdreieck Ma rc A u g é
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erlin ist die lebendigste Stadt Europas, eine Stadt, die unablässig im Wandel ist und immer wieder zum Gegenstand städtebaulicher und landschaftsplanerischer Initiativen wird. Die Jugend und Dynamik eines Großteils ihrer Bewohner haben erheblichen Anteil an dieser fortwährenden Erneuerungsfähigkeit. Besucher, die Berlin entdecken, nehmen in einigen Vierteln den noch unfertigen Charakter der Stadt wahr, Schneisen aus Grün, die unvermittelt Lücken in das urbane Netz reißen, die Anwesenheit der Natur mitten in der Stadt, aber auch Orte, die sich noch im Prozess einer Neubestimmung befinden, Orte, an denen sich die ungeordneten Spuren einer in immer weitere Ferne rückenden Vergangenheit mit den verschiedensten Zeichen heutiger Aktivitäten und somit des Lebens vermischen. Ein Park in der Stadt ist immer ein identitätsstiftender Ort. Die Pariser Gärten wie der Jardin du Luxembourg oder die Tuilerien sind Stätten eines unveränderten Gedächtnisses, weil sie vor den Überformungen geschützt werden, welche die Gestalt einer Stadt verändern. Der Park am Gleisdreieck ist noch etwas anderes: Fand sich an dieser Stelle einst ein regulär betriebener Bahnhof, dann eine verwunschene Ruine, wandelte sich die Bestimmung dieses Geländes schließlich dank der Initiative derer, die in ihrem Alltag das Gleisdreieck ganz ungezwungen zu ihrem Ort gemacht haben – einem Ort, dessen offenen und freien, ich würde fast sagen: „berlinischen“ Charakter es heute zu bewahren gilt. Diese Verbundenheit mit dem frei geschaffenen Ort ist vielleicht auch ein Zeichen der Zustimmung zu den positivsten Aspekten der aktuellen Entwicklung globaler Urbanisierung. Schrittweise verschwinden die alten Gegensätze (Zentrum/Peripherie, Stadt/Land), oder sie treten in neue Zusammenhänge. Die Welt wird immer städtischer, doch die Stadt verändert sich: Sie breitet sich aus und zeigt sich zugleich vielgestaltiger. Berlin hat hier eine Vorreiterrolle übernommen mit der Berücksichtigung des erklärten Willens seiner Bewohner, sich die Räume anzueignen, die durch den aktuellen Wandel freigegeben werden. In diesem Sinne trägt das Gleisdreieck sowohl in stadtplanerischer als auch in demokratischer Hinsicht Symbolcharakter.
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INTRO
Marc Augé is an ethnologist and anthropologist. He taught at École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris, of which he was president from 1985 to 1995. In the 1990s Augé developed his theory of “non-places” (non-lieux), dealing with urban and transit spaces.
Gleisdreieck Park Marc Augé
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erlin is the liveliest city in Europe, a city forever in a state of change, constantly a focus of urban development and landscape planning initiatives. The youth and dynamism of a large part of its inhabitants contribute substantially to this continuous ability for renewal. Visitors discovering Berlin for the first time notice in some quarters the unfinished character of the city, green aisles abruptly tearing gaps in the urban network of roads, the presence of nature in the middle of the city, but also places still in the process of redefinition, places where random traces of an ever more distant past blend with the very different emblems of life as it is lived today. A city park is always an identity-generating location. The gardens in Paris, such as Jardin du Luxembourg or the Tuileries, are sites of unchanging memories, because they are protected from the transformations that alter the urban pattern of a city. Gleisdreieck Park is something very different. Once the site of a functioning railway station, then a desert of haunted ruins, the destiny of this stretch of land has finally been turned around thanks to the initiative of those who have quite effortlessly made Gleisdreieck a part of their everyday lives. A place whose open and free, I would almost say typical Berlin-character should now be preserved. These strong bonds to this freely created location are perhaps also a sign of approval for the positive aspects of the current development of global urbanisation. Step by step, the old opposites such as centre/suburbs, town/country are disappearing, or appear in new connections. The world is becoming more and more urban, but the city is changing. It continues to spread and presents itself in an ever more chameleon form. Berlin has assumed a leading role in this respect, while at the same time taking into account its inhabitants’ declared intention to appropriate spaces that have become vacant due to current changes. In this way, Gleisdreieck has symbolic relevance in landscape planning as well as in a democratic sense.
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GLEISDREIECK
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PARKLIFE
BERLIN
Wem gehört das Gleisdreieck? An dr a L i c h t e n s t e in Fl av i a A l i c e M a m eli
O
stpark – 7.45 Uhr: Ein Sommermorgen. Die Sonne strahlt hell, die Temperatur ist schon zu früher Stunde angenehm. Im Park sind nur einzelne Jogger und Hundebesitzer unterwegs. Die von Sprengern angefeuchtete Luft verstärkt den Geruch von frischem Grün, feuchtem Beton und Holz. Auf dem Parkplateau kann man durchatmen, die Stadt scheint weit entfernt. Westpark – 9.30 Uhr: Ein Quietschen und Rumpeln, die U1 schiebt sich durch eine Häuserschlucht hindurch, vom U-Bahnhof Gleisdreieck tönt das Warnsignal zum Schließen der Türen. Nach und nach setzen die Kransignale der nahe gelegenen Baustellen in den Rhythmus der Großstadt ein. Eine Kakofonie von Motorengeräuschen der Autokolonnen auf beiden Seiten des Landwehrkanals vervollständigt den Sound Berlins. Der Park am Gleisdreieck schafft es wie kein zweiter innerstädtischer Grünraum, seinen Besuchern sowohl das Gefühl von Weite und Ruhe zu vermitteln als auch die Gegenwart der „Metropole Berlin“ zu überhöhen. Die Atmosphäre des Ortes ist nicht nur ein Produkt der heutigen Parkgestaltung, sondern hängt ganz unmittelbar mit seiner langen und eng mit dem Schicksal der Stadt verbundenen Geschichte zusammen. Die historische Entwicklung des Personen- und Güterverkehrs, der sich hier über mehr als fünfzig parallel laufende Gleise seinen Weg durch die Stadt bahnte, und die stadtentwicklungspolitische Paralyse des insgesamt 60 Hektar umfassenden Stadtraums durch die Jahrzehnte währende räumliche Teilung Berlins haben die Identität des Gleisdreiecks ebenso geprägt wie das bürgerschaftliche Engagement, das den Planungen für die „autogerechte Stadt“ in den Sechziger Jahren den Kampf ansagte. Das im Schatten des Westberliner Sonderstatus verwilderte Bahngelände zählt möglicherweise zu den am längsten umkämpften Grünflächen der Nachkriegszeit: Einige Aktivisten haben mehr als ihr halbes Leben dem Ringen um das Gleisdreieck gewidmet und große Anstrengungen unternommen, um den Erhalt eines den Bahntrassen folgenden Grünraumes für Berlin mit Nachdruck einzufordern. Dies ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass jenes bürgerschaftliche Engagement aus einer Zeit stammt, als die medialen Kanäle des Vernetzens, Teilens und Publikmachens noch weit weniger komfortabel waren als die heutigen. Immerhin gab es Telefon, Transparente und die Tageszeitung.
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INTRO
Am Gleisdreieck stellen sich paradigmatisch die Fragen nach dem Recht auf Teilhabe und Mitbestimmung, der Eigentümerschaft an Stadtraum und nach dem planerischen Umgang mit innerstädtischen Brachen bei gleichzeitig steigendem Wohnraumbedarf. Die wechselvolle Geschichte des Ortes, seine Kontraste und die emotionale Aufladung der Diskussion um seine Konversion von der Brache zum Park haben uns zu der Arbeit an diesem Buch bewogen. Während unserer Beschäftigung mit der Vergangenheit des Gleisdreiecks haben wir vor allem auch die persönlichen Geschichten vieler Menschen kennengelernt, deren Leben unmittelbar mit diesem Ort verbunden ist. Das Gleisdreieck wurde neben den großen politischen Infrastrukturentscheidungen Berlins durch die private Initiative vieler Individuen gestaltet und hat auch umgekehrt die Identität seiner Akteure mitgeprägt. Der „kalten Großstadt“ wurde ein Stückchen Wildnis abgerungen. Warum halten wir eine Ruderalvegetation, die gerade mal ein paar Jahrzehnte alt ist, für besonders schützenswert? Geht es wirklich um „die Natur“ oder mehr um die Symbolik des Wildnishaften, Anarchischen und Ungeregelten, die wir in der bis in den letzten Winkel programmierten Stadt vermissen? Haben wir ein besonderes Bedürfnis nach Orten, die nicht von Menschen gemacht scheinen? Die Wildheit des Gleisdreiecks hat bei vielen sowohl einen Beschützerinstinkt als auch den Pioniergeist geweckt. Als Mieter, Arbeitnehmer und Stadtbewohner verspüren wir oftmals eine unstillbare Sehnsucht nach dem Unberührten und dem Eigenen. „Wir sind die Stadt!“, titelte Hanno Rauterberg im Jahr 2013 und beschreibt in seinem Buch das allen funktionalen Festlegungen und renditeorientierten Verwertungsprinzipien zuwiderlaufende Bedürfnis des „Sichauslebens“ der Stadtgesellschaft in unserem zunehmend digitalen Zeitalter. Um die Motive, Ideale und Strategien der unterschiedlichen Gleisdreieck-Akteure zu verstehen, haben wir uns für das Format des Interviews entschieden. Entstanden sind dreizehn Gespräche, die wir im Laufe eines Jahres geführt haben. Alle Befragten haben einen direkten Bezug zu dem Gelände: für einige ist das Gleisdreieck Gegenstand künstlerischer Produktion gewesen oder sogar zur Künstlerheimat geworden. Andere Gesprächspartner rezipieren das Gelände in seiner Funktion als Planungsobjekt und Teil der aktuellen Stadtentwicklung. Wieder andere haben dafür gekämpft, das Gleisdreieck als einen Ort der Bürger zu etablieren. Unseren Interviews lag kein uniformer Fragenkatalog zugrunde, da wir die jeweiligen Gesprächsschwerpunkte situativ erarbeiten wollten. Die Interviews werden durch sechs Essays ergänzt. Wir haben dafür Experten unterschiedlicher disziplinärer Herkunft um ein kurzes Schlaglicht ihrer Wahl gebeten. Der Leser findet in diesem Buch Statements zu Themen wie der Atmosphärik des urbanen Grünraumes, der Faszination von Wildnis in der Stadt, der Zukunft der Bürgerbeteiligung und der Frage nach dem Volkspark des 21. Jahrhunderts. Die wachsende Bebauung der Parkränder gab unter anderem auch Anlass für eine kritische Bilanz von Stadtentwicklungspolitik und Planungsdemokratie.
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GLEISDREIECK
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PARKLIFE
BERLIN
Drei Fotostrecken erzählen mit jeweils eigener Ästhetik die visuelle Geschichte dieses Ortes. Hans W. Mendes historische Aufnahmen zeigen die ehemalige Bahnwildnis in den 1970er-und 1980er-Jahren. Die Fotografen Lorenzo Pesce und Mario Ziegler zeichnen dagegen kontrastreiche Bilder des zeitgenössischen Parks und der Berliner Stadtgesellschaft. Ihre Aufnahmen sind im Frühjahr und Sommer 2014 entstanden. „Gleisdreieck / Parklife Berlin“ möchte kein Fachbuch sein. Vielmehr ist es ein vielschichtiges Porträt über einen besonderen Stadtraum. Genau wie das Gleisdreieck selbst ein Ort ist, der gleichsam „genuin“ bestehende politische, eigentumsrechtliche und gesellschaftliche Grenzen ignoriert, streben auch wir mit unserem Buch eine gewisse Entgrenzung an. Unsere Offenheit den Genres gegenüber möchte sich als neues Format präsentieren. Wir richten uns damit gleichermaßen an Fachpublikum und an Fachfremde, die an dem Diskurs um aktuelle Fragestellungen der Stadtentwicklung Anteil nehmen oder nehmen möchten. Die Teilhabe von Laien an der Gestaltung der Öffentlichkeit ist ein zunehmend wichtiger Bestandteil heutiger Planungskultur. Mit dem vorliegenden Buch laden wir zielgruppenunabhängig dazu ein, den urbanen Raum genauer zu beobachten. Unsere Geschichten, Bilder und Zeitdokumente erheben keinen wissenschaftlichen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sollen vielmehr die Komplexität dieses Mikrokosmos an Sichtweisen auf „unsere Stadt“ greifbar machen. Spielplatz Hornstraße – 18.30 Uhr: Kinder werden von ihren Müttern aufgefordert zum Abendbrot nach Hause zu gehen. Flaschensammler machen ihre Runde, während eine Touristengruppe von ihrem Englisch sprechenden Stadtführer über die Bedeutung interkultureller Gärten aufgeklärt wird. Eine mit Picknickkörben ausgestattete, überwiegend grauhaarige Gesellschaft von Kreuzberger Ureinwohnern trifft sich zur wöchentlichen Boule-Partie. Durch die Wipfel des Birkenwäldchens schimmert das weiche Abendlicht. Im Augenblick der Drucklegung dieses Buches schreibt der Park am Gleisdreieck schon wieder neue Geschichten und setzt seinen immerwährenden Wandel fort.
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INTRO
To whom does Gleisdreieck belong? An d r a L i c h t e n s t ein Fl a v i a A l i c e M a meli
East Park, 7.45 am: A summer morning. The sun shines brightly and even at this early
hour the temperature is already pleasant. In the park, only a few joggers and dog owners are out and about. The air, humid from the irrigation sprinklers, intensifies the smell of fresh green, damp concrete and wood. You take a deep breath and, here on the plateau of the park, the city seems distant.
West Park, 9.30 am: Jarring and rumbling. The U1 passes through a gorge of houses and from Gleisdreieck underground station the warning signal can be heard before the doors of the train close. Gradually, the acoustic warning systems of cranes working on the nearby building sites join in with the rhythm of the metropolis. A cacophony of engine noise from the motorcades on both sides of the Landwehrkanal completes the living soundtrack of Berlin. No other city centre green space manages to give its visitors such a feeling of vastness and tranquillity while at the same time elevating the presence of the metropolis in the way that Gleisdreieck Park does. The atmosphere of the site is not only a product of contemporary park design, but is directly linked to its long and close historical connection to the destiny of the city. The historical development of passenger and freight traffic making its way through the city on more than fifty parallel tracks, and the political paralysis that blocked the urban development of this sixty-hectare site during the decades of divided Berlin, have contributed to the identity of Gleisdreieck just as surely as the commitment of the citizens who fought against plans for a “car-friendly city” in the 1960s. The former railway area, which nature had totally reclaimed, lying in the shadow of West Berlin’s special status, must be one of the hardest fought over green spaces of post-war years. Some activists have dedicated more than half their lives to the struggle for Gleisdreieck and have made monumental efforts to insist on the preservation of a green area for Berlin along the railway tracks. This is even more impressive when we consider that this commitment by the citizens happened at a time when media channels for networking, participation and making things public were much less convenient than today. But at least there were telephones, banners and the daily newspaper. Gleisdreieck paradigmatically evokes questions about the right of partaking and participating in decision-making, ownership of urban space and about planning procedures for a city centre wasteland in a time of increasing demands for housing. The changeful
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GLEISDREIECK
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PARKLIFE
BERLIN
history of the location, its many contrasts and the emotionally charged discussions that surround its conversion to a park have persuaded us to write this book. While researching Gleisdreieck’s past we became familiar with the personal stories of many people whose lives were directly connected to this site. Major political decisions on Berlin’s infrastructure led to the building of Gleisdreieck Park, but it also owes its creation to the private initiative of numerous individuals, whose identities, in turn, were formed by the process. A little bit of wilderness was wrenched from the “cold metropolis”. Why do we believe that ruderal vegetation just a few decades old especially deserves protection? Is it really about nature or is it more a symbol of wilderness, anarchism and the unregulated which we miss in a city that is programmed to the farthest corner? Is there a special need for places that do not seem to be man-made? The wildness of Gleisdreieck arouses protective instincts as well as a pioneer spirit in many people. As renters, employees and townsfolk, we often have an unsatisfied yearning for the pristine and for something that belongs to us alone. Wir sind die Stadt! (We are the City) is the title of Hanno Rauterberg’s book written in 2013 describing the need of urban society members to “live themselves out” in our increasingly digitalised time. In order to understand the motives, ideals and strategies of the different Gleisdreieck protagonists, we decided to use the interview format. The result is thirteen talks recorded over the course of a year. All interviewees have a direct relationship to the area: for some, Gleisdreeick has been a source of artistic inspiration or has even become their home as an artist. Other contributers see the area as a planning project and part of current urban development. Others again, have fought to establish Gleisdreieck as a place for citizens. Because we wanted each conversation to have its own special focus, our interviews were not based on a uniform questionnaire. Six essays complement the interviews. We asked experts from different disciplines to choose what they wanted to focus on. In this book the reader will find statements on such topics as the atmospheric of urban green space, the fascination of wilderness in the city, the future of civic participation and the question of public parks in the 21st century. The increasing development of park borders was the reason for a critical look at urban development policies and planning democracy. Three photo series tell the visual tale of the site, each with its own aesthetics. The historical pictures by Hans W. Mende show the former railway wilderness as it was in the 1970s and 1980s. Photographers Lorenzo Pesce and Mario Ziegler depict the many contrasts of the contemporary park and Berlin’s urban society. Their photos were taken in the spring and summer of 2014.
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INTRO
Gleisdreieck / Parklife Berlin does not aim to be a textbook. Rather, it is a multifaceted portrait of a very special urban space. Just as Gleisdreieck itself is a place that, so to speak, “genuinely” ignores political and societal restrictions as well as property rights, with our book we ourselves strive for certain blurred boundaries. We would like to present our openness towards the genres as a new format. At the same time, we address ourselves to experts and readers not familiar with this field who either participate or would like to participate in the debate on current issues of urban development. The participation of non-specialists in forming public spaces is an increasingly important part of today’s planning culture. We invite you, regardless of target group, to observe urban space more closely. Our stories, pictures and contemporary documents do not claim to be exhaustive. The intention is to make tangible the complexity of this micro-cosmos of views on our city. Hornstrasse playground, 6.30 pm: Mothers ask their children to come home for supper. Bottle collectors are on their beat while an English-speaking guide illuminates a group of tourists on the significance of intercultural gardens. A crowd of mostly grey-haired Kreuzberg natives equipped with picnic baskets meets for their weekly game of bowls. The soft evening light shines through the treetops of the small birch wood. Even as this book is being printed, Gleisdreieck Park is writing new stories, forever in a state of flux.
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Zwischen 2011 und 2015 verfolgte der Berliner Fotograf Mario Ziegler die sukzessive Fertigstellung des Parks am Gleisdreieck. Seine Bilder widmen sich im Besonderen der Ästhetik von Gestaltungselementen und den vielfältigen Atmosphären des Parks. Between 2011 and 2015 the Berlin photographer Mario Ziegler followed the gradual completion of Gleisdreieck Park. His pictures focus on the aesthetics of design elements and the different atmospheres of the park.
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INTERVIEWS
INTERVIEWS GLEISDREIECK /ORT DER INSPIRATION GLEISDREIECK /SPACE FOR INSPIRATION
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INTERVIEWS
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TOM
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BENNETT
/ TOM DRAKE BENNETT »Viele Leute assoziieren ihr An diesem Ort ist das Reisen tatsächlich zu spüren und zu Atmosphäre des Gleisdreiecks mit den Zügen in die Zukunft Bild, ein Film.«
Leben mit einer Reise. sehr präsent, es ist fühlen. Es macht die aus. Man geht förmlich hinein. Ein schönes
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elche Bedeutung hatte für Sie das Gleisdreieck als Sie 1984 Ihr Atelier in der Nachbarschaft bezogen haben? Damals konnte man durch die Hintertür da aus dem Gebäude raus (zeigt in Richtung des heutigen Ostparks) und war gleich im Garten. Hier war alles begrünt, man musste nur über die Gegenstände des Spediteurs hüpfen und war da. Es war von Anfang an eine Entdeckungsreise für mich, in den Garten zu gehen. Und 1984 war alles völlig anders als jetzt. Ich hatte immer einen Bezug zu trains, und dort in der Wildnis habe ich ein Thema gefunden, das ich über eine sehr lange Zeit verfolgt habe: 1986 begann ich, Prellböcke zu malen.
Der in England geborene Maler irischer Herkunft kommt 1977 zum Studium an die Universität der Künste nach Berlin und wird im darauf folgenden Jahr Mitglied der Künstlergruppe Old Mole. Seit 1984 hat Tom Drake Bennett sein Atelier in Berlin-Kreuzberg mit direktem Blick und Zugang auf das Gelände des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofes. Züge haben in Bennetts Leben immer eine besondere Rolle gespielt, und die Präsenz des Bahngeländes, welches er gerne als „seinen Garten“ bezeichnet, bestimmt vor allem in den Achtziger Jahren seine Kunst; großformatige PrellbockBilder entstehen. Formen und Flächen erinnern in Tom Drake Bennetts Bildern an Landschaften oder geografische Verortungen. Seine Arbeiten sind häufig das Ergebnis mehrfacher Überzeichnungen, welche er in Collagen mit Papierstücken unterschiedlichster Herkunft kombiniert. Neben zahlreichen Privatsammlungen sind die Werke des Künstlers unter anderem in der Volkswagen Stiftung, der Georg-August Universität Göttingen, der Berlinischen Galerie sowie der Deutschen Bank in Frankfurt, London und Dublin vertreten.
Haben Sie auch direkt auf dem Gelände gearbeitet? Ja, ich habe dort skizziert und kleine Kreidezeichnungen gemacht. Das Areal hat Ihre Arbeit demnach bereits 1984 unmittelbar beeinflusst? Ich hatte zwar damals schon das Vorhaben, aber erst 1986 habe ich wirklich angefangen, damit zu arbeiten. Die Prellböcke sind eine Art Tür: Man geht hinein. Davon hat der Park viele, sie existieren teilweise noch, manchmal in einem ruinösen Zustand. Damals waren sie von Bäumen umgeben. Es sieht alles ein bisschen sauberer aus jetzt, die Prellböcke sind freigestellt. Aber zu der Zeit war das alles sehr dicht da unten auf dem Gelände
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und eine Entdeckungsreise, es gab damals noch viel mehr Relikte der Bahn. Dieser Ort barg einen Reichtum an Antiquitäten. In der Vergangenheit kamen viele Züge aus ganz Europa hierher. Daher auch diese extraordinären Pflanzen, die nicht hier in die Gegend gehören und von den Zügen mitgeliefert wurden. War das Bahn-Motiv zuvor schon Bestandteil Ihrer Arbeit? Nur im Kopf. Zu Schulzeiten musste ich über eine Brücke gehen, damals gab es diese alten Loks mit sehr viel Rauch. Ich habe mit fünf oder sechs Jahren auf einer Brücke gestanden und diesen Rauch inhaliert, und das ist mir geblieben. Später bin ich mit dem Zug in die Schule gefahren. Ich hatte immer viel Bezug zu Wasser und zu Zügen. Das hat viel Inhalt, ein Zug. Symbolik. Man trägt sie immer mit sich, wie einen Koffer. Man entdeckt ein Objekt, und es dauert manchmal sehr lange, diesen Gegenstand zunächst mental zu bearbeiten, um auf einen Anfang zu kommen. Wie fängt man an, ohne dass es langweilig wird oder ein Klischee ist? Damals sind großformatige Bilder entstanden. Am Anfang habe ich sie in eine Art abstrakte Landschaft gesetzt, dann wurden sie mehr und mehr frontal, die Hauptform des Gemäldes war der Prellbock. Natürlich hat es mit der ursprünglichen Idee, mit dem, was ich da draußen gefunden habe, am Ende wenig zu tun. Man kann die Herkunft nur durch den Titel herleiten. Erinnern Sie sich an Begegnungen auf dem Gelände? Ja, immer: mit der Natur! Man hat hier oft gearbeitet, im Sommer. Die Tage sind lang und manchmal sehr warm. Früher habe ich sehr viel mit Lösungsmitteln gearbeitet, vor allem auf den großen Formaten, und es gab sehr viel Gift hier, trotz offener Fenster. Und dann bin ich einfach rausgeflogen, um dem zu entkommen. Man hätte durchaus auch die Gelegenheit gehabt, in den Viktoriapark zu gehen, aber der war oft zu bevölkert mit Leuten. Das Gleisdreieck war sehr viel ruhiger, bis auf die Prostituierten und Drogensüchtigen. Einmal wurde ich von einem Eisenbahnaufseher überrascht, der mich mit einer Pistole aufforderte, das Gelände sofort zu verlassen – danach habe ich das Gelände ein paar Wochen lang nicht mehr besucht …
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BERLIN
Ist ein gebauter Park keine Inspiration mehr? Als Brache war dort ein void in der Stadt Berlin. Das war wunderschön, denn es barg eine Ruhe in sich. Es war – schade, dass man immer von Vergangenheit sprechen muss – eine Entdeckungsreise! Jedes Mal, wenn ich da raus ging, verbrachte ich viele, viele Stunden dort und habe immer etwas Neues entdeckt. Es war eine Art No-go-Area, und es gab keinen eindeutigen Zugang zu dem Ort. Das Gleisdreieck war ein Geheimnis unter bestimmten Leuten. Das war alles vor der Entwicklung dieses Geländes, nun ist etwas anderes dort entstanden: Ich glaube, man mag diesen Park auch wegen dieser Verbindlichkeit zur Vergangenheit. Die Gegenstände sind sehr wichtig: die Gleise, die Prellböcke und so weiter, sie bilden seinen Charakter, seine Identität. Man bekommt einen Bezug zur Geschichte. Mein neuer Katalog heißt Palimpsest. Abtragen, schaben, reinigen – aber manches bleibt und kann nicht mehr wegradiert oder korrigiert werden, damit muss man leben. Viele Künstler haben diese Berührungsangst, etwas zu zerstören. Es erfordert Geist und Mut, um durch das Zerstören etwas Neues zu entdecken. Junge Leute sind dazu eher bereit. Gibt es für Sie Parallelen zwischen Kunst und Freiraumgestaltung? Ja, sicher! Wir sind alle beeinflusst von unserem Zeitgeist, wir können das vielleicht nicht genau eingrenzen, aber wir haben ein Gefühl dafür. Natürlich werden wir von unserer Umgebung und unseren Begegnungen beeinflusst, was sich in unseren Arbeiten ausdrückt. Das ist nicht sofort als Zeitgeist ablesbar, sondern erst mit Abstand. Mit der Zeit lassen sich Trends oder gewisse Einflüsse ablesen. In Zukunft werden zum Beispiel die Prellböcke und die Signalanlagen aufgrund der Witterung verschwinden, der Charakter des Parks wird sich damit verändern, und der Bezug zur Geschichte wird nicht mehr so deutlich sein. Heute haben wir noch diese wunderschönen Relikte, Skulpturen und Gegenstände, und das leitet uns in die Vergangenheit. In Deutschland und Berlin haben wir einen besonderen Bezug zur Geschichte: Die Deportation der Juden, die zum Beispiel in Zügen vom Anhalter Bahnhof losfuhren und über dieses Gelände abtransportiert wurden, ist ein tragischer Teil der Vergangenheit. Vielleicht fehlen
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im neuen Park ein paar Tafeln, die über diese Geschichte informieren. Der heutige Park ist sehr gelungen, aber er wird in Zukunft einen anderen Charakter bekommen. Man muss sehen, wie dieser Charakter in die Zeit passen wird und ob sich die Atmosphäre des Parks wesentlich verändert. Fehlt Ihnen etwas im neuen Park? Deutschlands Sport Nummer eins … Fußball! Es gibt nur einen einzigen Fußballplatz dort, der sowohl für Erwachsene als auch Kleinkinder gedacht ist, und er ist immer voll. Am Wochenende haben die kleinen Kinder keine Chance sich auszutoben. Es überrascht mich, dass die Landschaftsarchitekten so etwas außer Acht gelassen haben.
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Und dieser Rausch ist nicht nur eine Männersache, die etwas mit Maschinen, Lokomotiven und Geschwindigkeit zu tun hat! Viele Leute assoziieren ihr Leben mit einer Reise. An diesem Ort ist das Reisen sehr präsent, es ist tatsächlich zu spüren und zu fühlen. Es macht die Atmosphäre des Gleisdreiecks aus. Reisen haben nicht nur viel mit unseren Wünschen und Zukunftsträumen zu tun, sondern auch viel mit dem Gedächtnis, unseren Erlebnissen in der Vergangenheit. Ein Zug kommt von irgendwo aus Polen oder dem Fernen Osten, er ist in Bewegung, ist unterwegs, im Transit in die Zukunft. Man geht förmlich mit den Zügen in die Zukunft hinein. Ein schönes Bild (lacht), ein Film.
Aber Sie können doch Fußball auf den großen Wiesen spielen! Sind Sie jemand, der eine vorgegebene Fläche braucht? Ich glaube, die meisten Deutschen haben immer Angst, eine solche Fläche zu betreten, es gibt überall in solchen Parks ein kleines Schild, das sagt „Betreten verboten“ oder „Hunde an die Leine“. Es ist für uns ungewohnt oder ungezogen, über einen schön gepflegten Rasen zu laufen. Haben Sie einen Lieblingsort im Park? Meine Lieblingsorte sind die Wäldchen, dort gibt es dieses ursprüngliche Wachstum, ungeordnete Vegetation. Heute sieht man dort noch die historischen Gegenstände, die nicht für immer stehen werden, sondern auch irgendwann verfallen, diese wilden Parzellen ziehen mich sehr an. Welche Atmosphäre ist für Sie im Park spürbar? Ich arbeite oft abends hier im Atelier. Wenn man am Fenster steht, hat man diesen Blick zum Potsdamer Platz. Das Gelände davor wird von U- und S-Bahnzügen durchquert, und man kann das Hin und Her der Züge auf unterschiedlichen Höhen betrachten. Man hat den visuellen Eindruck von Objekten, die durch die Bäume ziehen wie Raupen. Das Licht von den beleuchteten Zügen ist nicht konstant, sondern bricht sich in den Bäumen. Im Park wird man ständig von vorbeieilenden Zügen begleitet. Man fühlt sich in einer Art Rausch.
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»Prellbock 1«, 1987 Öl auf Leinwand, 190 x 220 cm, Privatbesitz Köln Oil on canvas, 190 x 220 cm, from private collection, Cologne
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PARKLIFE
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How would you characterise your connection with
Gleisdreieck in 1984 when you moved into your nearby studio? At that time, you could slip out through the back door and be right in the garden. Everything was green there, you just had to jump over the freight agent’s stuff and you were in the garden. Right from the start, going into the garden was a journey of adventure for me. And in 1984 everything was completely different from now. I was always keen on trains, and in the wilderness I found a theme which I pursued for a very long time. In 1986, I started painting railway bumpers. Did you also work in the park? Yes, I made sketches and little crayon drawings.
Born in England of Irish origin, the painter came to Berlin in 1977 to study at the University of Arts. In the following year he became a member of a group of artists known as Old Mole. Since 1984 Tom Drake Bennett workes from his studio in BerlinKreuzberg, which enjoys a clear view of and access to the site of the former Anhalter freight station. Trains have always played a special role in Bennett’s life and the presence of the railway grounds, which he likes to call “his garden”, greatly influences his art, particularly during the 1980s. He paints large format pictures of railway bumpers. Forms and surfaces in Tom Drake Bennett’s paintings bring landscapes to mind or place them in a geographical context. His work is often the result of several redrawings which he combines in collages with pieces of paper of different origin. Besides various private collections, Bennett’s artworks are owned among others by the Volkswagen Foundation, Georg-August University of Göttingen and the Berlinischen Galerie, as well as Deutsche Bank in Frankfurt, London and Dublin.
So, the park already influenced your work directly in 1984? I had plans then, but didn’t start work on them till 1986. The bumpers are a kind of door: You go inside. The park had many of them, some of which still exist, often in a rather wrecked state. They used to be surrounded by trees. Now they stand alone and everything looks a bit cleaner. But, back then, the vegetation was very dense. It was an expedition; there were many more railway relics. This place hid a wealth of antiques and old railway parts. In the past a lot of trains came from all over Europe. Thus the extraordinary plants which don’t belong to this area. They were delivered by the trains. Did you have railway themes in your work before? Only in my head. As a schoolboy I had to cross a bridge. Back then, there were old steam engines with a lot of smoke. When I was five or six years old I stood on this bridge and inhaled this smoke, and that kind of stayed with me. Later, I went to school by train.
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»Many people associate life with travel and in this place it is very obvious, and can actually be sensed and felt. That creates the atmosphere. One goes into the future with these trains. A beautiful image, a movie.«
I always related to water and trains. Of course, a train has substance. Symbolism. You carry it with you, like a suitcase. One discovers an object and sometimes it takes a very long time to mentally process that object and come up with something. How does one begin, without it becoming boring or being a cliché? I then painted pictures in large formats. At first, they (the railway bumpers) were set in a kind of abstract landscape, then they became more and more front stage, the main form in the painting was the bumper. Naturally, in the end, that has little to do with the original idea I discovered there. The origin can only be derived from the title now.
was a secret among certain people. All that was before the area was developed, now something else has been created. I think people like the park because of its connections to the past. The objects are very important: the railway tracks, the bumpers and so on, they form its character, its identity. You can connect to its history. My new catalogue is called Palimpsest. Remove, scrape, clean – but something remains that can neither be erased nor corrected. You have to live with it. Many artists are reticent about destroying things. You need spirit and courage to discover something new through destruction. Young people are more ready to destroy things.
Do you remember any encounters in the grounds? Yes, always: with nature! There were people working here during the summer. The days were long and sometimes very warm. I used to work a lot with solvents, especially on large formats, and there was a lot of poison, in spite of the open windows. I would flee outside to escape from it and down there it was, of course, quiet and the air was fresh. One could have gone to Viktoria Park, but that was often too crowded. Gleisdreieck was much quieter, apart from the prostitutes and the drug addicts. Once I was surprised by a railway officer requesting me at gunpoint to leave the premises. After that, I didn’t visit the area again for several weeks.
Do you see parallels between art and the design of urban open space? Yes, sure! We are all influenced by our zeitgeist, maybe we can’t exactly pin it down, but we sense the spirit of the time. Of course, we are influenced by our environment and our encounters and that is expressed in our work. The definition of zeitgeist comes only in retrospect. Time is needed for a trend or certain influences to be noticed. In the course of time, for instance, the railway bumpers and signals will disappear due to the weather, changing the character of the park. The connection to history will no longer be so clear. Today we still have these magnificent relics from the past, beautiful sculptures and objects, and these lead us into the past. In Germany and Berlin we have a special relationship to history: The deportation of Jews, the trains which for example departed from Anhalter Station and transported them over this area, represent a tragic chapter of our past. Maybe a few plaques informing people about the history of the area are missing.
Is a constructed park no longer a source of inspiration for you? The wasteland was a “void” in the city of Berlin. It was beautiful, because it was quiet. It was – it’s a pity that one always has to speak of the past – an expedition! Every time I went out there I would spend many, many hours and always discovered something new. It was a kind of no-go area, with no real entrance. Gleisdreieck
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Today’s park is a success, but in future it will have a different character. We will have to see how the character develops over time, and if the atmosphere of the park will essentially change. Is anything missing in the park? Germany’s number one sport…football! There is only one football pitch, which serves adults as well as young children and it is always full. And at the weekend the young kids have no chance. It surprises me that the landscape architects did not keep this in mind. But you can play football on the grass! Are you somebody who needs a designated area? All over the place in such parks there are little signs saying “Keep off the grass” or “Dogs only on leash”. It feels wrong or ill-mannered to walk over well-kept grass. Do you have a favourite place in the park? I like the copses best, where you can experience the primary growth of vegetation that has not been planted in a well-ordered or controlled way. Today you can still see the historical objects which will not be there forever. One day they will deteriorate. This is why these wild spaces greatly attract me. What atmosphere do you notice in the park? I often work here in my studio in the evening, standing at the window of the studio with a view of Potsdamer Platz. In the foreground U- and S-Bahn trains are crossing and you can observe the to and fro of the trains, travelling at different heights. Thanks to this you get the impression of objects passing through the trees, like caterpillars. The refracted light from the trains is not continuous, but interrupted by the trees. Standing outside, you are constantly kept company by the bustling trains. One feels sort of high. And that is not just a man thing, because of the engines, the trains and the speed. Many people associate life with travel and in this place it is very obvious, and can actually be sensed and felt. That creates the atmosphere. Traveling is not only linked to our wishes and hopes for the future, but also to our experiences in the past, it is closely associated with our memories. A train comes from Poland or the Far East, in motion, in transition towards the future. One goes into the future with these trains. A beautiful image (laughs), a movie.
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Blick von Tom Drake Bennett’s Atelier auf den Ostpark, 2013 Tom Drake Bennett’s atelier viewing the East Park, 2013
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/ RORY MACLEAN
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ann haben Sie das Gleisdreieck zum ersten Mal kennengelernt? Wie war Ihr erster Eindruck bezüglich der Atmosphäre des Geländes? Als ich zum ersten Mal Berlin – in den späten 1970er-Jahren – kennenlernte, war das Gleisdreieck eine Brache, ein vergessenes Gebiet am Rande der geteilten Stadt. Es bestand wenig Grund, die Gegend zu besuchen: Es fuhren keine Züge mehr durch, viele der Gebäude waren Ruinen oder verlassen. In jenen amnestischen Zeiten wollten die meisten Berliner vergessen, was einst dort passiert ist. Als Außenstehender fiel mir das Schmerzhafte dieses Ortes auf: eine urbane Wildnis im Herzen von Europa, wo die zwei größten Weltanschauungen mit Beton und Stacheldraht aufeinandertrafen. Sie charakterisieren das neue Zentrum um den Potsdamer Platz nach der Wende als „Berlins leeres Herz“. Inspirierte das leere Herz der Stadt Künstler wie David Bowie und Wim Wenders, mit Traditionen zu brechen und frei mit neuen Genres zu experimentieren? Das Gleisdreieck allein hat weder Bowie noch Wenders inspiriert, sondern es war eher West-Berlin – die Inselstadt, der sterbende Außenposten einer kapitalistischen Demokratie, der sie bewegte. In den 1970er-Jahren entschloss sich Bowie, nach Berlin zu kommen. Einerseits, um zu sehen, was die Stadt einmal war und dann wurde, andererseits, um herauszufinden, wer er sein wollte. Sein Ziel war nicht nur, eine neue Art der Musik zu erschaffen, sondern auch sich selbst neu zu erfinden. Oder vielmehr: sich selbst wiederzufinden. Natürlich arbeitete Bowie im Hansa Sound Studio, das auf das Gleisdreieck und die Mauer schaut. Als 20-Jähriger – fünf Monate, nachdem Bowie „Heroes“ aufnahm – sah ich ihm zu, wie er ein anderes Lied im gleichen Studio komponierte. Nur mit der leisen Ahnung einer Idee nahm er am Klavier Platz. In weniger als
einer Stunde zauberte er, wie durch Magie, eine Melodie aus der Luft [Hierbei handelt es sich um den „Revolution Song“, den Bowie für „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ schrieb, aber nie vollendete]. In diesen wenigen Minuten und während der Monate, in denen wir beim Film „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ zusammenarbeiteten, in dem er die Hauptrolle spielte und ich als Regieassistent fungierte, begann ich zu begreifen, wie ein kreativer Geist die Welt verändern kann. Welche Szenen von „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ wurden auf dem Gleisdreieck gedreht und warum? Wir drehten die Schlussszene des Films, wo die von Bowie dargestellte Figur – Paul von Przygodski – in einen Schusswechsel zwischen Kommunisten und Nazis gerät. Przygodski wird versehentlich getötet, und sein Tod wird von den Faschisten instrumentalisiert. Wir wählten das Gleisdreieck aufgrund der verlassenen Architektur als Drehort für die Filmszene, wegen der Viadukte der Eisenbahn, der mit Kopfstein gepflasterten Sackgassen und wegen der Eindringlichkeit des Ortes. Für mich bedeutete das Gleisdreieck immer ein Gefühl von düsterer Vorahnung, von Täuschung, von Verlust – das Gegenteil davon würde man als „Potenzial“ bezeichnen. Kann sich ein zeitgenössischer Stadtpark an das unbeständige Wesen unserer Zeit anpassen? Karl Schefflers Ausspruch – „Berlin ist eine Stadt, verdammt dazu, ewig zu werden, niemals zu sein“ – ist sehr wahr und wird in diesem Zusammenhang oft zitiert. Als Autor schreibt man heute über die Stadt, und bis das Buch veröffentlicht wird, ist das geschriebene Wort Geschichte. Der Schriftsteller und Kulturbeobachter Michael Schindhelm führt Berlins erstaunlichen Aufstieg der jüngsten Zeit auf dessen Neuerfindung als virtuelle Stadt zurück. Das Berlin aus Ziegeln und Mörtel – genauso egalitär, exzentrisch und kommunikativ
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»Als Außenstehender fiel mir das Schmerzhafte dieses Ortes auf: eine urbane Wildnis im Herzen von Europa wo die zwei größten Weltanschauungen mit Beton und Stacheldraht aufeinandertrafen.«
wie das Internet – ist selbst zum Netzwerk geworden, in dem die „e-generation“ wie auf einer bequemen, globalen Plattform surft. Für mich ist Berlin eine lebendige Stadt. Der Park gibt den Einwohnern Platz zum Atmen und Gelegenheit, sich an das sprunghafte Wesen unserer Stadt anzupassen. Glauben Sie, dass es bewusst ungestaltete urbane Freiräume geben muss, die den Menschen mehr Freiheit innerhalb festgelegter urbaner Strukturen geben? Berlins Erfolg in den „Goldenen“ Zwanzigerjahren, in der modernistischen Ära sowie heute, entstammt der Idee individueller Freiheit: in der Politik, in den Künsten, in der Ausübung sexueller Vorlieben. Deutschlands dominante, konformistische Gesellschaft produziert Radikale. Die Konvention ist Nährboden der Rebellion. Beide ergänzen sich. Berlin wurde auf sandigen Fundamenten erbaut, durch die stetige Arbeit von pflichtbewussten, arbeitsamen Bürgern. Freidenker, Reformisten, Anarchisten und Künstler greifen den Status quo heftig an. Dabei werden die Konformisten angestachelt, zu hinterfragen, zu träumen, zu überdenken und vor allem unabhängig zu sein. Wie erklären Sie sich den großen Erfolg des neuen Parks am Gleisdreieck? Offene und einladende öffentliche Flächen helfen dabei, die Lebensart der Einwohner, ihr Sozialverhalten und sogar ihre Denkweise zu formen und zu fördern. Wie die amerikanische Stadttheoretikerin Jane Jacobs schrieb: „It is easy to design a dream city, (…) but it took imagination to rebuild a living one.“ (Es ist leicht, eine Traumstadt zu entwerfen (…) aber es erfordert Fantasie, eine lebende Stadt neu zu bauen.) Der neue Park am Gleisdreieck ist insbesondere deswegen erfolgreich, weil er dieses einst vergessene Areal im Zentrum Berlins wiedererschaffen hat. Dennoch bleibt für
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mich das Gefühl präsent, dass sich der Park am Rande der Stadt befindet. Als Autor und Reisender haben Sie nicht nur viele von Berlins Facetten und Gesichtern studiert, sondern auch eine Vielzahl anderer Weltstädte kennengelernt. Wie sehen Sie die Zukunft Berlins? In dem Drang nach Normalität und mit den steigenden Mietpreisen riskiert Berlin, das zu verlieren, was die Stadt so einmalig macht. In London können Künstler schon lange nicht mehr ihre alten Ateliers in Kensington und Chelsea bezahlen. In New York können heutzutage nur wenige aufstrebende Kreative sich gerade einmal Hoboken leisten. Dasselbe gilt für das Stadtzentrum von Paris und Rom. Wenn Berlin aufgrund der zunehmenden Gentrifizierung den gleichen Weg geht, wird es seine jüngsten, kreativen und kritischen Bewohner verlieren. Kann man Mittel finden, um die Künste in dieser sich ständig verändernden Hauptstadt weiterhin gedeihen zu lassen? Diese Frage muss Berlin sich selbst stellen.
Rory MacLean, ein britisch-kanadischer Reiseschriftsteller, lebt und arbeitet in Berlin und in Großbritannien. Er kennt drei „Berlin“: Westberlin, wo er an dem Dreh des Films „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ mit David Bowie und Marlene Dietrich mitwirkte, Ostberlin, das er für seinen ersten Bestseller „Stalin’s Nose“ erkundete, und jetzt die wiedervereinte Hauptstadt. Die entscheidende Szene in „Schöner Gigolo, armer Gigolo“, findet auf dem Gleisdreieck-Gelände statt, und in seinem neusten Buch „Berlin: Imagine a City“, erzählt MacLean die Geschichte der Stadt mit Bezügen zum Gleisdreieck. Grenzen, der Horizont, der Ort, den man noch nicht sieht, ziehen Rory MacLean magisch an.
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hen did you first get to know the Gleisdreieck area? What was your first impression of the atmosphere on the ground? When I first got to know Berlin – in the late 1970s – Gleisdreieck was a wasteland at the forgotten edge of the divided city. There was little reason to visit the area: Trains no longer ran through it, many of its buildings were derelict or abandoned. In those amnesiac days, most Berliners wanted to forget what had once been there. But, as an outsider, I was struck by the poignancy of it, an urban wilderness at the heart of Europe where the 20th century’s two great ideologies met in concrete and barbed wire.
Rory MacLean is a British-Canadian travel writer who lives and works in Berlin and the United Kingdom. He has known three Berlins: West Berlin, where he was involved in the shooting of “Schöner Gigolo, armer Gigolo” (Just a Gigolo) with David Bowie and Marlene Dietrich; East Berlin where he researched his 1992 bestseller “Stalin’s Nose”, and now the unified capital. The crucial scene in “Schöner Gigolo, armer Gigolo”, when David Bowie is killed by accident, takes place on Gleisdreieck and in his latest book, “Berlin: Imagine a City”, MacLean tells the history of the capital with references to the site. Rory MacLean is drawn to borders, to the horizon, to the place just out of sight.
You characterise the new central area around Potsdamer Platz after the Turn as “Berlin’s empty heart”. Is it that empty heart that inspired artists like David Bowie and Wim Wenders to break with tradition and to experiment with new genres? Gleisdreieck alone didn’t inspire Bowie or Wenders, it was rather West Berlin – the island city, the dying outpost of capitalist democracy – which moved them. In the 1970s Bowie chose to come to Berlin. Firstly, to experience what the city had been and was going to be, and secondly, to find out who he wanted to be. His goal was not only to find a new way of making music, but rather to reinvent himself. Or in fact: find himself. Of course, Bowie worked at Hansa Sound Studio, overlooking Gleisdreieck and the Wall. When I was twenty years old – five months after he’d recorded Heroes – I watched him create another song in that same studio. He sat down at the piano with only the inkling of an idea and – in less than an hour – enchanted a tune out of the air as if by magic [Revolution Song, which was never released, apart from a pirate version in Japan. He wrote it for “Schöner Gigolo, armer Gigolo” (Just a Gigolo), but never finished it]. In those few minutes and over the months we worked together on the movie, in which he was starring, and I was assistant director, I
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»As an outsider, I was struck by the poignancy of the Gleisdreieck area, an urban wilderness at the heart of Europe where the 20th century’s two great ideologies met in concrete and barbed wire.«
began to understand how the creative spirit can transform the world. Which scenes in “Just a Gigolo” were shot on the Gleisdreieck and why? In Gleisdreieck we shot the film’s final scene where Bowie’s character – Paul von Przygodski – is caught in a firefight between Communists and Nazis. Bowie’s character is killed by accident, and his death is exploited by the Fascists. We chose to film the scene in Gleisdreieck both because of its abandoned architecture – the railway arches, the cobbled cul-de-sacs – and because of its poignancy. For me, Gleisdreieck has always had an air of ominous foreboding, of delusion, of loss – the converse of which is “potential”, of course. Can a modern city park adapt to the volatile character of our time? Karl Scheffler’s declaration “Berlin ist eine Stadt, verdammt dazu, ewig zu werden, niemals zu sein” (Berlin is a city that is condemned to forever becoming and never to being) is so often quoted because it remains true. An author writes about the city today and – by the time the book comes to print – his or her words are history. The writer and cultural observer Michael Schindhelm ascribes Berlin’s recent, astonishing ascent to its reinvention as a virtual city. Bricks-and-mortar Berlin – being egalitarian, eccentric and communicative like the internet – has itself become a network, across which the e-generation surf as if on a comfortable global platform. For me, Berlin is a living city, and the park gives residents space to breathe, and a chance to adapt to its volatile nature. Do you think there can be ”unmasked urban spaces“, allowing citizens, users and visitors more freedom within rigid urban structures? Berlin’s success – in the “Golden Twenties”, in the Modernist era and today – springs from the idea of
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individual freedom: in politics, in the arts, in sexual preferences and practice. Germany’s dominant, conformist society produces radicals, rebellion grows out of convention. Both complement each other. So on Berlin’s sandy foundations, built by the steady labour and hidden fears of the dutiful, hardworking citizens, the free thinker, the reformist, the anarchist and the artist lash out at the status quo, goading the conformists to question, to dream, to rethink and above all to be independent. What is your explanation for the great success of the new Gleisdreieck Park? Open and welcoming public spaces help to shape and enhance a resident’s way of life, their social behaviour, even their way of thinking. As the American urban theorist Jane Jacobs wrote, ”It is easy to design a dream city (…) but it took imagination to rebuild a living one“. In particular the new Gleisdreieck Park succeeds because it re-establishes this once-forgotten area at the centre of Berlin, yet maintains the feeling of it being on the edge. As author and traveller you have not only studied many of Berlin’s facets and faces, but also come to know many other cities in the world. What are your visions for the future of Berlin? In its drive for normality, and with rising rents, Berlin risks losing that which makes it unique. In London artists have long been priced out of the old studios in Kensington and Chelsea. In New York few aspiring creatives can afford even Hoboken these days. Ditto central Paris and Rome. If Berlin with its increasing gentrification goes the same way, it will lose its youngest creative and questioning residents. Are there any means by which the arts can continue to thrive in – and shape – this ever-changing capital? This is the question that Berlin needs to ask itself.
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Wim Wenders – Der Himmel über Berlin Wings of Desire
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Mit dem in Teilen auf der Gleisdreieck-Brache gedrehten Film „Der Himmel über Berlin“ gelang Wim Wenders 1987 der internationale Durchbruch als Autorenfilmer. Die eigentümliche Architektur des Gleisdreiecks beeindruckte den Regisseur so stark, dass er sich das Gelände in der damals noch geteilten Stadt als Drehort zu eigen machte. With his 1987 movie “Der Himmel über Berlin” (Wings of Desire), some scenes of which were shot on the Gleisdreieck wasteland, Wim Wenders achieved his international breakthrough as an independent film-maker. The director was so impressed by Gleisdreieck’s unique architecture that he adopted the site of the then still divided city as his film set.
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Motivsuche für die Dreharbeiten zu: „Der Himmel über Berlin“ (BR Deutschland/Frankreich 1986/87) von Wim Wenders © Wim Wenders Stiftung 2015 Location search for the shooting of Wim Wenders’ “Wings of Desire” (Federal Republic of Germany / France 1886/87) © Wim Wenders Foundation 2015
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Curt Bois und Otto Sander in „Der Himmel über Berlin“ (BR Deutschland/Frankreich 1986/87) von Wim Wenders © Wim Wenders Stiftung 2015 Curt Bois and Otto Sander in “Wings of Desire” (Federal Republic of Germany / France 1886/87) © Wim Wenders Foundation 2015
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Kontaktbogen mit Bildern von den Dreharbeiten zu „Der Himmel über Berlin“ von Wim Wenders (BRD / Frankreich 1986/87) © Wim Wenders Stiftung 2015 Photos: Ralf Strathmann Contact sheet with images of the shooting for “Wings of Desire” (Federal Republic of Germany / France 1886/87) © Wim Wenders Foundation 2015. Photography: Ralf Strathmann
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»Und da war eben dieser Ort, von dem wir heute sprechen, ein wirklich unwirklicher Ort.«
Sie sind seit 1957 in Berlin, ist das richtig?
Die Adresse „Berlin“ ist für mich eine Kindheitserinnerung und immer prägend geblieben, trotz aller Verführung – ob nun London, Paris, New York oder was auch immer. Berlin war ja wirklich nicht ansprechend nach 1945. Aber eben doch interessant von der Künstlichkeit der Örtlichkeit her: Die scheinbar widersprüchliche Struktur des einen und der anderen drei Teile [Aufteilung der Stadt durch die Alliierten]. Wir haben uns bis dahin immer plakativ verständigt, dass es „dort drüben“ ein „ganz böses“ Berlin gibt. In dieser Zeit habe ich locker mal eben sechs oder sieben Prozesse an der Backe gehabt, weil man sehr schnell, wenn man den Mund aufgemacht hat, von der französischen Seite abgestraft wurde. Und da war eben dieser Ort, von dem wir heute sprechen, ein wirklich „unwirklicher“ Ort. Wirklich war er, weil ich ihn ja mal in seiner Funktion erlebt habe. 1947 war der Anhalter Bahnhof übrigens sauberer als der Bahnhof Zoo heutigen Datums. Du kannst dir 1961 die Empörung meinerseits vorstellen, als sich die [zuständigen Behörden der Stadt] geeinigt haben, dass sie Bauschutt brauchen, weil sie den nicht mehr vom Osten kriegten. Den ganzen Anhalter Bahnhof kannst du vom Teufelsberg freischaufeln und wieder übereinanderstellen! Ist doch nicht so, dass die gesagt haben, wir müssen was erhalten. Das war ein Geschäft!
Kaum eine Lebensgeschichte ist mit Berlin seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges so nachhaltig verbunden wie die von Ben Wagin. Als kleiner Junge fährt er 1937 zum ersten Mal in die Reichshauptstadt und ist schon damals von dem noch aktiven Anhalter Bahnhof beeindruckt. Nach den entbehrungsvollen Kriegszeiten, der Flucht nach Oldenburg und Lehrjahren in Hildesheim zieht Ben Wagin 1957 nach Berlin und wird Assistent von Karl Hartung. Als Aktions- und Konzeptkünstler, Galerist, Visionär und Aktivist ist für Ben Wagin die ganze Stadt Aktionsraum. Seit 1997 unterhält er den „Aktionsraum des Baumpatenvereins” in der Ladestraße des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofes am Deutschen Technikmuseum. Das Gelände ist für Ben Wagin nicht nur ein wichtiger Teil seiner Biografie sondern auch Gegenstand seines unermüdlichen Engagements, das sowohl dem Erhalt der Yorckbrücken als auch der Sichtbarmachung als Erinnerungsort der Deportation gilt. Seit 25 Jahren kämpft Ben Wagin außerdem für die offizielle Anerkennung seines Natur- und Erinnerungsortes, das „Parlament der Bäume“ im Berliner Regierungsviertel. „Weil die Gegenwart nur lesen kann, wer die Vergangenheit kennt. Weil Kulturverständnis nur aus Naturkenntnis entstehen kann. Weil Frieden nicht wertgeschätzt werden kann ohne die Erinnerung an Krieg.“ (Ben Wagin und Astrid Herbold, Nenn mich nicht Künstler, Ch.Links 2015)
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Wann hatten Sie die Idee, dort Ihr Atelier einzurichten? Das war kein Atelier, sondern eine Ruine! Und es ist für mich nach wie vor eine Ruine und kein Atelier. 1947 hatte ich mir das Gelände schon etwas genauer angeguckt, wenn auch noch nicht so ganz mit einer Absicht. Was willst du dir denn schon als Siebzehnjähriger vorstellen? 1997 haben sie mir einen Vertrag hingeschoben, für etwas, da war kein Dach drauf, es gab keine Fenster. „Mehr haben wir nicht.“ Als ich einfach unterschrieb, haben die gelacht. Und dann ging es los: Wie kriegst du da ein Dach drauf? Das war ja alles weg oder durch die Verwitterung nicht mehr stabil genug. Beim Dach half nur der Trick mit dem Kranz. Das hieß, von oben zu stabilisieren, wie mit einem Gummi, das man um ein Paket stülpt. Erst durch diesen Betonkranz konnte man dann wieder Balken drauflegen. Genauso musste ich sehen, dass ich den Fußboden und die Türen hinkriegte und dass sich auch die Waggons wieder reinbewegten. Es gab damals ein Portal am Anfang der Ladestraße des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofs. Haben Sie das noch gesehen? Ja, natürlich, klar. Das ist weggesprengt worden. Bis 1985 wurde hier der Zollverkehr abgewickelt, weil dies ja Hoheitsgebiet der DDR war. Auch dort habe ich meine Fühler ausgestreckt. Man konnte sich ja bewegen [als Westdeutscher]. Das Reichsbahnkrankenhaus war in der Nachbarschaft, und da ist keiner aus dem Fenster rausgehopst und hat sich dann am Zoo ein neues Bett gesucht. Das muss man sich auch vergegenwärtigen: Die Reichsbahnleute haben ganz exklusiv im Westen alles das genossen, was es im Osten nicht gab. Das ist doch wunderbar! Ich bin wie gesagt seit 1997 dort am Anhalter. Mal eben so 2.000 Quadratmeter und etwas mehr brauchte ich schon für meine Arbeit. Damals war noch viel da von dem, was einfach gar nicht weggeräumt worden war. Der Schutt, den der Krieg dort hinterlassen hat, plus das, was die anderen noch draufgekippt haben. Ich habe keinen dieser Steine weggeschmissen sondern alle wieder schön verputzt. Aber ein Erhalt der Anhalter Relikte war für das Deutsche Technikmuseum über-
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haupt kein Thema zu der Zeit. Das ist es erst seit gut zwei Jahren. Für die bin ich immer noch ein blinder Planet auf dem Gelände, obwohl ich schon so lange hier bin und so viel investiert habe. Inwiefern hat der Anhalter Bahnhof auch Ihre Arbeit beeinflusst? Man muss meine Arbeit nicht so speziell auf die „Prothese“ hin fixieren, dass mich der Anhalter Bahnhof schon immer interessiert hat, vielleicht auch aus einer ganz persönlichen Erfahrung. Während des Zweiten Weltkriegs habe ich zwölf Tage in einem Waggon überlebt und diese Zeit durchgestanden, was nicht für viele möglich war. Ich bin aus einem Instinkt heraus in einen Waggon geklettert, wo ungefähr 50 bis 60 Zentimeter Dung drin lagen. Das haben die meisten gemieden. Aber im Winter ist Dung ja das beste Bett, was du dir wünschen kannst, das kocht ja. [Ben Wagin floh im Januar 1945 nach Oldenburg.] Die Wahrnehmung solcher Geschichten lässt sich nicht museal sichtbar machen. Die Schwierigkeit ist heute, wenn du mit jemandem sprichst, der zwischen 20 und 25 ist, lass ihn vielleicht auch schon 30 sein, der versteht das nicht. Aber es geht darum, dass sich eine ungeheure Umwälzung an diesem Ort vollzogen hat. Vielleicht steht das irgendwo am Rande und jetzt ist ein bisschen Grünzeug darauf, liegen da Fragmente. Die Geschichte des Anhalter ist vielleicht noch für „Feinschmecker“ in der einen oder anderen Dokumentation nachzulesen. Ich bin dazugekommen, um ein bisschen den historischen Hintergrund des Ortes zu vermitteln, was eigentlich Aufgabe des Deutschen Technikmuseums gewesen wäre. Hatten Sie eine gute Beziehung zu den Planern des Parks? Ja und Nein. Das Nein sage ich aus dem Grund, dass die Möglichkeit, die das Atelier Loidl dank seiner Position hatte, zu wenig genutzt wurde, als noch eine gewisse Offenheit gegeben war. Jetzt ist alles betoniert. Da kannst du jetzt nicht mehr viel rumrücken. Was für mich noch in der Fortsetzung mit dem Büro Loidl denkbar gewesen wäre, die ergänzende Vegetation, kam bei
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denen nicht an. Ich hatte ja schon in den 1990er-Jahren das Kuratorium „Baum des Jahres“ gegründet und mit dem „Parlament der Bäume“ einen langen Vorlauf – lange bevor es die anderen Planungen gab. Das hat das Büro Loidl nicht aufgegriffen. Die Möglichkeiten, die diese Stadt hat, sind derart verklemmt und eifersüchtig auf sich selbst, dass ein übergreifender Dialog einfach nicht stattfindet. Früher war der Anhalter Güterbahnhof nur wenigen Eingeweihten zugänglich. Heute ist das anders, aber das Gelände hat sich stark verändert. Ist solch ein Kompromiss unausweichlich? Natürlich, das ist das Bedürfnis unserer Verwöhntheit. Für mich ist es so, als wäre ich immer noch im Gestern. Das Brot muss mindestens einen Monat alt sein, dann habe ich erst richtig Appetit darauf. Keiner kauft heute Brot, das nicht so aussieht, als wäre es gerade frisch aus dem Ofen gekommen, Es ist diese „Backfrische“ der Vielfältigkeit, die erwartet wird. Sie erinnert mich in dieser Art der Nutzung an ein Kinderzimmer. Da ist auch der Hoppelstuhl drin, das Plastikspielzeug und so weiter. Das sind strukturelle Veränderungen unserer Bequemlichkeit. Es gibt nicht mehr dieses Abenteuer. Wenn du irgendwo hingehst, musst du jetzt nicht mehr unbedingt dein Butterbrot mitnehmen. Das Fertige ist die wesentliche Struktur dieser entstandenen Nicht-Landschaft. Das ist die logische Folge unserer sehr schnell veränderten Lebensart. In jeder Hinsicht eine kommerzielle Nutzung. Wie lange steht uns diese Bequemlichkeit noch zur Verfügung? Ab wann werden wir wieder mal daran erinnert, dass wir diese Art von Sklavenmissbrauch nicht mehr bezahlen können? Ich wollte nur eine Ergänzung machen, daran erinnern, dass dieser Bahnhof seine Geschichte hat. Das ist abgelehnt worden. Ein simpler Stein. Man will keine Unruhe dort haben. Ich hätte erwartet, wenigstens an einer Stelle an jene zu erinnern, die dort abtransportiert worden sind. Das war mithin eine der umkämpftesten Strukturen! Das ist Geschichte! … Sicher die Geschichte von einem Opa. Aber das ist unsere Geschichte, verdammt noch mal! Und die können wir noch erleben, weil es noch ein, zwei Opas und Omas gibt.
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Berlin war lange für seine Freiräume bekannt, die unter anderem auch durch den Zweiten Weltkrieg entstanden sind. Seit der Wende werden diese Freiräume sukzessive verdichtet. Wohin gehen wir? Was ist Ihre Vision? Die Leute kommen nicht nach Berlin, weil sie hier einen wilden Acker sehen wollen. Die wollen das mit dem richtigen „Gefiedel“ sehen. Da ist der Anhalter Garten [Park am Gleisdreieck] genau das Richtige. Das ist der durchgeknetete Spielraum, der so woanders auch entstehen kann. Genau angepasst auf das, was die nächsten Jahre noch so laufen wird. Ob das schon nach fünf Jahren oder erst nach zehn Jahren kippt, weiß ich nicht, aber irgendwann wird so etwas uninteressant sein. Erhalten wir uns nun Orte, wo um Freiraum gekämpft wurde? Jetzt nutzt man noch die Rechnung, die andere bezahlen für die Bequemlichkeit dieses scheinbaren Freiraums, der er nicht ist. Tempelhof ist beispielsweise ein sozialer Raum, der als solcher zeitbezogen genutzt werden müsste. Was auch immer dann dort entsteht, ob nun eine Bibliothek oder eine Klinik. Aber bitte nicht so, wie das jetzt noch aussieht! Das ist völlig egoistisch. Wenn sich dieser Egoismus in einer Stadtstruktur zeigt, dann muss man sehr vorsichtig sein. Dieses Ausmaß der Inanspruchnahme ist unverantwortlich. Wenn du das als Freiheit sehen willst, ich weiß es nicht.
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You’ve been living in Berlin since 1957, is that right?
Few biographies can be so consistently connected to Berlin since the end of World War II as Ben Wagin’s. He visits the capital of the Reich for the first time as a young boy in 1937 and is impressed by the busy Anhalter Station. After war years filled with privation, fleeing to Oldenburg and years of apprenticeship in Hildesheim, Ben Wagin moves to Berlin in 1957 and becomes an assistant to Karl Hartung. As “action artist” and conceptual artist, gallery owner and activist, Ben Wagin stages performances throughout the city. Since 1997 he runs the Aktionsraum des Baumpatenvereins (Activity space of the tree godfather society) in the loading track of former Anhalter freight station next to the German Museum of Technology. For Ben Wagin the areal is not only an important part of his biography but also the subject of his tireless dedication to the preservation of the Yorck Bridges as well as the visualisation as memorial site for the victims of deportation. For 25 years Ben Wagin has been fighting for the official appreciation of his nature and memorial site “Parlament der Bäume” (Parliament of Trees) in the government district. “Because only he who knows the past, can read the present. Because the understanding of culture can only develop from the understanding of nature. Because peace cannot be appreciated without remembrance of war”. (Ben Wagin and Astrid Herbold, Nenn mich nicht Künstler, Ch.Links 2015)
I have been drawn to the location “Berlin” since childhood, in spite of the attractions of other cities like London, Paris and New York or wherever. Berlin really wasn’t very attractive after 1945, but rather appealing from the viewpoint of the artificiality of the place. The structural incompatibility of each sector with the other three [the city was partitioned into four sectors by the Allies]. We always boldly claimed that it was still Berlin then, but an “evil” Berlin. At that time I easily had six or seven lawsuits on my hands. Because, if you opened your mouth, you were very quickly sanctioned by the French side. And then there was this place we are talking about today – a really “unreal” place. It was real, because I have experienced it as a reality of function. In 1947 Anhalter Station was cleaner than today’s Zoo Station. You can imagine my indignation in 1961, when they [the authorities] agreed that they needed building rubble because they couldn’t get it from the East anymore. You could rebuild the entire Anhalter Station if you dig the bricks up from Teufelsberg and put them together again. It wasn’t that they said, “We have to preserve something“. It was a deal! When did you decide to open your studio there? That wasn’t a studio, it was a ruin! And for me it still is. In 1947 I had a somewhat closer look at the whole place, though with no concrete purpose in mind. What else would you expect of a seventeen-year-old? In 1997 they gave me a contract for a place with no roof, no windows. “We don’t have anything else.” They laughed when I just signed it. And then things started to
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»And then there was this place we are talking about today – a really unreal place.«
happen. How do you put up a roof? That was the first problem. Everything had either gone or was not stable enough due to weathering. Only the trick with the annulus helped. That involves stabilising from the top, like with a rubber band that you put around a parcel. And thanks to this rim of concrete, beams could be laid again. Similarly, I had to find ways to get the floor and the doors installed and to make it possible for the the wagons to be moved back in. There used to be a portal to the front of the old Anhalter freight station loading track. Did you ever see it? Yes, of course. They blasted it away. Up until 1985, customs were handled here, as it was GDR territory. I myself had a tentative look around; we were at least able to move freely [as West Germans]. The Reichsbahnkrankenhaus (Hospital of the GDR Railways) was nearby, and no one popped out of the window looking for a new bed at the Zoo. You have to imagine that, too. All the Reichsbahn (GDR Railways) personnel exclusively enjoyed all the benefits of the West that weren’t available in the East. Isn’t that wonderful! As I said, I have been at the Anhalter since 1997. I easily need around two thousand square metres, or a little more. Back then, there were more areas that simply hadn’t been tidied up. Debris that had been left by the war, plus rubble that people had dumped there, plus what had been left in ruins. I didn’t throw away any of the bricks, that lay around, instead I used them to do the plastering work. But the preservation of relicts didn’t interest the museum [German Museum of Tech-
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nology] at that time. Just over two years ago, however, it became one. In their eyes I’m like an inferior planet in here, even though I’ve been at the Anhalter for such a long time and have invested so much. How did your relationship with Anhalter Station influence your art? You shouldn’t assume that Anhalter Station has always interested me, except perhaps as a very personal experience. During World War II I survived twelve days in a wagon, just toughing it out, which a lot of people couldn’t have done. Instinctively, I climbed into a wagon containing fifty to sixty centimetres of dung. Most people avoided that. But in winter dung is the best bed you can wish for, it keeps you warm. [Ben Wagin escaped to Oldenburg in January 1945.] Such experiences are hard to convey. When you speak to someone today aged twenty to twenty-five, or even thirty, they just stare at you. The perception of such things cannot be made visible in a museum-like way, perhaps that might be something marginal. And now there is a bit of green on the rubble. But the real point is that an enormous upheaval has taken place at this location. Those who really want to know about it can probably read about in in some documentation or the other. The reason I’ve joined in is to impart a little of the historical background, which should actually have been the task of the German Museum Technology. Did you have a good relationship with the landscape architects? Well, let’s say yes and no. The reason I say no, is that Atelier Loidl didn’t take enough advantage of the
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possibilities their position gave them, at a time when there was a certain openness for change. Now everything has been paved over. You can no longer move things around. My vision involved additional vegetation, but that fell flat with them. In the 1990s, I had already founded the Board of Trustees Baum des Jahres (Tree of the Year) in the 1990s and with the Parlament der Bäume (Trees Parliament) we were well ahead of our time. Loidl’s office didn’t take that up. This city’s powers that be are so uptight and jealous of each other that a dialogue with all parties just never takes place. Anhalter freight station used to be accessible only to a few courageous insiders. Today that is no longer the case, and the area has changed a lot. Is such a compromise necessary? Of course, that all derives from our pamperedness. I still have the feeling that I’m living in the past. Bread has to be at least one month old before I really fancy it. Today, nobody would buy bread which doesn’t look as if it has come fresh out of the oven. A certain diversity is expected. It reminds me in a way of a children’s playground. There is the swing, the plastic toys and so forth. These are the structural manifestations of our standard of comfort and convenience: Everything is provided. There are no more adventures. If you go somewhere, you don’t have to take your own sandwich with you. Completeness is the essential structure of this non-landscape that has been created. That is a logical consequence of our rapidly changed way of living, commercial exploitation in every respect. How long will this convenience be available? When will we be reminded that we can no longer pay for this kind of slave abuse? I only wanted to make a contribution, to remind people that this station has a history. That was rejected. A simple stone. They don’t want any upsets, they don’t want to be reminded of things. I would have expected that, at least at one location, what happened
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there would be brought to mind. People were transported to the concentration camps from here. That was one of the most embattled structures! That’s history! Probably a grandpa’s story. But that’s our history, damn it! And we can still experience it, because one or two grandpas and grandmas are still alive. For a long time, Berlin was known for its open spaces, caused among other things by World War II. Since reunification, these open spaces are gradually being developed, one after the other. Where is this leading? What is your vision? People don’t come to Berlin to see an overgrown field. They want to see it with the whole shebang, Anhalter Garden [Gleisdreieck Park] apparently is the thing. These are the remodelled “playgrounds” that could have been built anywhere. Conforming exactly to what will be happening during the next years. Whether that already reaches its tipping point in five years’ time, or not until ten years, I don’t know, but at some stage things like that will become uninteresting. Will we keep locations for ourselves, where flexible open spaces were fought for? Today, one exploits the bill, others will have to pay for the convenience of this apparent free space – which it isn’t. Tempelhof is for instance a social area which should be used time-relatedly. Regardless of what is created there. A library or a clinic, or whatever. But at least don’t leave it as it is now! That is completely egoistic. When such egoism becomes obvious in an urban structure, you have to be very wary. Laying claims to this extent is irresponsible. If this is to be considered freedom, I don’t know.
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Sie leben schon lange in Berlin. Wann haben Sie das
Seit mehr als vierzig Jahren bewegt sich der Publizist und Schauspieler Hanns Zischler fast ausschließlich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch Berlin. Universal interessiert studiert Hanns Zischler zunächst Ethnologie, Philosophie, Musik und vergleichende Literaturwissenschaft in München und Berlin.1968 beginnt Hanns Zischler eine Produktionsdramaturgie an der Schaubühne am Halleschen Ufer in unmittelbarer Nachbarschaft des Gleisdreiecks. Der schauspielerische Durchbruch kommt 1976 mit Wim Wenders’ Roadmovie „Im Lauf der Zeit“ Hanns Zischler gehört von nun an zu den populärsten Akteuren des neuen deutschen Films. Mit dem Areal des Gleisdreiecks verbinden Hanns Zischler persönliche Erinnerungen, die Faszination an botanischen Vorgängen und die unermüdliche Motivsuche des Fotografen. In seinem Buch „Berlin ist zu groß für Berlin“ führt Hanns Zischler den Park am Gleisdreieck als zukunftsweisendes Beispiel für die Konversion von Berliner Brachen an.
Gleisdreieck als Ort entdeckt? Ich habe das Gleisdreieck 1983 zum ersten Mal gefilmt, als es noch ein stillgelegter Teil des Potsdamer Güterbahnhofs war. Damals war es ein verwildertes Gelände, das von Ruderalvegetation geprägt war – wie der aus dem Osten durch den Güterfernverkehr eingeschleppten Vegetation. Ein Ruinen-Gelände, das man am besten über die Yorckbrücken erklommen hat, unerlaubterweise. Das verwaiste Reichsbahngelände mit seiner maroden Lokdrehscheibe habe ich auch deshalb gut in Erinnerung, weil ich dort mit meinem Sohn des Öfteren spazieren gegangen bin. Ein idealer Fleck: groß, unüberschaubar und verwunschen. Diese Stadt ertrinkt ja förmlich in Freiflächen. 1986 habe ich für den SFB „Die Wassermaschine“ von David Mamet inszeniert. Eingeblendet ist ein Teil des Gleisdreiecks – in seinem „naturbelassenen“, also kariösen Zustand. Das Besondere dieses Geländes war für mich nicht nur die riesige, von Vegetation überzogene Freifläche, also ein Industriegelände, das von selbst renaturierte, sondern auch seine Ausdehnung, die die Dimension andrer Stadtbrachen überstieg. Eine andere Reminiszenz neben den eigenen Spaziergängen und Ausflügen ist das Interesse der Botaniker für diese spezielle Vegetation. Es war ein Garten Eden der wild wachsenden Großstadtpflanzen. Ab Mitte der Achtzigerjahre war vorhersehbar, dass dieses Westberlin so nicht weiter bestehen würde und die DDR natürlich auch nicht. Was würde mit den Reichsbahngrundstücken und dem immer düster wirkenden Reichsbahnkrankenhaus am Ufer geschehen? Manchmal überfallen mich die inneren Bilder dieser gewesenen Landschaften wie ein Traum, wie etwas
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»Ich bin kein Verfechter der Brache. Ich halte das Konservieren von Brachen für eine ungeeignete Art, mit dem Stadtkörper umzugehen.«
gänzlich Unwirkliches und doch Unleugbares. Vage erinnere ich mich, dass ich im fernen Bayern während meiner Schulzeit auf dieses Wort gestoßen bin – durch einen Text von Grass [Günther Grass, Gleisdreieck Gedichte, Luchterhand 1960] Ein seltsames Wort, ein ortloser Ortsname, wie ein technisches-geometrisches Paradoxon, das sich in seine sinnreiche, ingenieurhafte Gestalt verwandelt, sobald man ihn betritt. Mit welchen Augen betrachten Sie heute das Gleisdreieck? Zuallererst mit den Augen eines botanisch interessierten Menschen. Man kann durch den planerischen Umgang mit Flächen viel bewirken. Unterhalb dieses Prozesses gibt es aber botanische Zyklen, die weiter wirken, älter sind und sich nicht steuern lassen. Also die nicht sichtbare, invasive Vegetation, die auch auf die Fauna zurückwirkt und die man planerisch nicht steuern kann. Diese Momente von Unbestimmtheit sind interessante Prozesse. Warum taucht plötzlich ein Befall auf, warum zeigen sich mit einem Mal Flechten, Pilze und Moose? Es sind aufregende Momente für den eigenen Spürsinn und die stille Aufmerksamkeit: sich verändernde Nuancen für die Sinne, die in längerfristigen Perioden, das heisst jahreszeitlich zyklischen Prozessen weiterwirken. Ich habe das gelungen Geplante vor mir, gleichzeitig gibt es Prozesse, die ich nur wahrnehmen kann, wenn ich mich in bestimmten Zeitabständen immer wieder dorthin begebe. Prozesse, die im Infrabereich ablaufen, subkutan. Diese will ich selbst entdecken – jenseits von Schautafeln. Die wild wachsenden Großstadtpflanzen sind für mich die unverwüstlich still Revoltierenden.
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Die ersten Bürgerbewegungen haben sich in den Sechzigerjahren gegen die geplante Westtangente stark gemacht. Haben Sie ebenfalls die Initiative ergriffen? Nein, das habe ich nicht. Mein Interesse für das Gelände war, wie gesagt, zum einen rein privater Natur und als Industriebrache von besonderem Reiz. Als überzeugter Fahrradfahrer habe ich zum Automobilismus eine nicht gerade euphorische Haltung. Die Idee, aus dem Gelände einen Park zu machen, erschien mir sofort schlüssig. Ich bin kein Verfechter der Brache. Ich halte das Konservieren von Brachen für eine ungeeignete Art, mit dem Stadtkörper umzugehen. Berlin ist in dieser Hinsicht „unterverdichtet“. Das sollte man als Herausforderung begreifen. Die Stadt besitzt eine Überfülle von Trassen und Industrieflächen. Wir können damit verschwenderisch umgehen, andere Städte können das nicht. Gerade wegen der flächenmäßigen Ausdehnung der Stadt müsste man versuchen, das vorhandene Areal zu verdichten. Ein innerstädtischer Park ist gelungen, wenn er von allen angrenzenden Stadtteilen aus zugänglich ist, wenn er zum Verweilen einlädt. Das heißt nicht notgedrungen, dass man dort bauen muss. Die Attraktion des Parks liegt darin, Teile zu verbinden, Durchwegungen zu schaffen sowie Flächen zur Nutzung anzubieten, und zwar nicht im Sinne des unmittelbaren Utilitarismus. Sie rechnen in „Berlin ist zu groß für Berlin“ mit dem vermeintlichen Allgemeinplatz der „sexy Seite des Hässlichen“ ab. Aber geht nicht gerade von der Ödnis der Brache ein starker Reiz zur Veränderung aus? Mittlerweile, vielleicht. Aber die Brachen waren ja zu Westberliner Zeiten auch schon da, und da hat man das
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ganz toll gefunden, dass die Stadt so vor sich hin verlottert. Während man in Westdeutschland alles „zumöbelte“, kam in Ostdeutschland – aus Armut – der Appell zur Veränderung. Ich glaube, es muss noch etwas anderes geben. Es muss einen Verwaltungsakt und einen politischen Impuls geben, der sagt: „Ich will verändern“. Es muss starke, von planerischen Visionen getragene Institutionen geben. Berlin ist eine Agglomeration, die in einem sehr schwierigen, langen Geburtsvorgang zwischen 1875 und 1922 zu Großberlin, einer heterogenen Verwaltungseinheit aus 58 Gemeinden, geworden ist. Es gibt eine asymmetrische Verteilung der Verfügungsgewalt zwischen den Bezirken und dem Senat. Ich glaube, dass die einzelnen Bezirke eine zu große Eigenmacht haben, was historisch begründet ist. 1990 hätte man die Chance zur Veränderung gehabt, schließlich ist es der einzige große Stadtkörper, der geteilt war und nun wieder zusammengesetzt werden sollte. Stadtplanung muss mehr sein als bezirkliche Planung. Ich sehe hier ein Defizit, das man nur politisch lösen kann, das heißt auch: institutionell. Man kann atmosphärisch über vieles sprechen, aber man muss sich auch fragen, wie die Machtverhältnisse verteilt sind. Man sollte eine grundsätzliche Neudefinition der Machtverteilung anstreben, wenn man dieses riesige Gebilde in den Griff kriegen will. Der maßstabsetzende Wettbewerb für den Großraum Berlin von 1910 führt das klar vor Augen. Können Aneignungsprozesse und die zunehmende Digitalisierung unserer Gesellschaft so in die Öffentlichkeit eingreifen, dass es zu einer Rückkoppelung auf die politische Realität kommt? Natürlich wird die digitale Mobilisierung auf politische Entscheidungsprozesse zurückwirken. Also, dass sich die Leute schneller mobilisieren und schneller Einspruch erheben können, bis hin zum Shitstorm. Es wirkt zurück auf die Politik, aber wenn man das losgelöst betrachtet, ohne ein ethisches-ästhetisches Konzept dahinter, dann wird die Beliebigkeit zum Maßstab. Es droht ja eine immer größer werdende Ungleichzeitigkeit von politischen Entscheidungsprozessen. Wenn man eine Legislaturperiode von vier Jahren hat, ist es außerordentlich schwierig, auf Grund der hereindrängenden Veränderungswünsche, etwas in dieser Zeit umzusetzen. Wenn man nicht längerfristig planen kann,
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also unabhängig von wechselnden Einsprüchen und wechselnden Stimmungen, wird es schwierig. Ein weiteres Problem ist auch, dass wechselnde Stimmungen und Moden eine momentane Wichtigkeit bekommen. Man kann nicht sagen, die Leute sollen nicht mehr twittern und den Shitstorm lassen. Aber es muss eine Form von verantwortlicher Gegenseitigkeit geben, sonst führt das zu nichts. Wenn die Stadtplaner mittelfristig etwas planen wollen, dann muss man ihnen auch die Garantie geben, dass ihre Planung in einem bestimmten Umfang durchsetzbar ist. Bieten die noch verbliebenen Freiräume der Stadt eine letzte Möglichkeit der bürgerlichen Mitgestaltung? Ich hoffe nicht, dass der städtische Wohnungsbau und der Neubau schon vollends vergeben sind und nichts mehr zu machen ist! Ich weiß nicht, ob es ein Revival des Siedlungsbaus geben wird. Es wäre zu wünschen. Das hat ja auch Konsequenzen für die Grünflächen. Sie unterstellen das Ideal des „mündigen Bürgers“. Ich würde lieber das schnöde Wort „Nutzer“ verwenden, also der „User“, der sich vielleicht von dem überraschen lässt, was noch möglich ist. Wenn ich die Bereitschaft, sich als Stadtbewohner überraschen zu lassen, nicht mehr vorfinde, dann wird es gefährlich. Ich glaube nicht, dass irgendeine Bürgerbeteiligung diesen Park so zustande gebracht hätte. Das heißt, es gibt bestimmte künstlerische Leistungen und Vorgaben, die unabdingbar sind, um etwas herzustellen, das über das unmittelbar Schöne und Gefällige hinausweist. Das muss man als Bürger zulassen können. Man muss eine bestimmte Großzügigkeit, die über das individuelle Begehren und die eigenen Vorstellungen hinausgeht, zulassen können. Wie schafft man das? Durch gute PR. Auch mit Hilfe der Politik. Und publizistisch. Das Fatale ist ja, wenn ich „kommuniziere“, wie das taube Wort heute heißt, denke ich ja schon, dass ich entscheidungsfähig bin. Aber es gibt verschiedene Errungenschaften, technischer und künstlerischer Art, die mir andere voraushaben. Das simple Wort „Fachleute“ drückt das aus. Und ich muss eigentlich immer aufklärend dahin wirken: „Hört euch das mal an. Es ist nicht so, dass ihr überformt oder übertönt werdet, sondern lasst das auf euch einwirken!“. Was bedeutet
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es, eine so große Fläche in der Stadt zu gestalten? Es muss eine Lernfähigkeit auf Seiten des Publikums und eine Gewöhnungsgeduld geben – natürlich auch auf Seiten der Planer, die nicht einfach nur dekretieren dürfen. Gibt es vergleichbare zeitgenössische Parkanlagen, die mit gutem Beispiel vorangehen? Der naheliegende Vergleich wäre für mich der Parc André-Citroën in Paris, den ich seit seiner Eröffnung kenne. Jodry & Berger Viguier waren die Architekten, ich finde ihn sehr gelungen. Ein sehr interessanter Park auf einem ehemaligen Fabrikgelände mitten in Paris. Ganz eigen, sehr streng. Es geht darum, die besonderen Befindlichkeiten, das Partikulare des Ortes zu betonen, zu belassen und ästhetisch in den Griff zu kriegen. Man muss eine ästhetische Antwort auf das Vorhandene finden, ohne zu historisieren. Ein Überformungswunsch muss überzeugend dargestellt werden. Was mich besonders reizt, ist die Weitläufigkeit und gleichzeitige Intimität des Geländes. Es ist wichtig, dass man sich eben nicht nur ins Weite ergeht, sondern dass man auch Intimität und Schutzzonen schafft. Dass man sich zurückziehen kann. Das sind Qualitäten, die eigentlich jeder Park haben sollte, und die im Park am Gleisdreieck auf vorbildliche Weise gelöst wurden. Natürlich hatte man gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine etwas andere funktionale Ästhetik als zwischen 1910 und 1930 oder heute. Aber die Dialektik „Öffnung – Schließung“ muss stets gewahrt werden: Weite herstellen, Sicht belassen und dennoch Möglichkeiten schaffen, um sich zurückziehen zu können. Hinzu kommt noch eine besondere Qualität des Ortes, die jetzt sichtbar wird: Man befindet sich ganz seltsamerweise auf einem Hochplateau. Plötzlich in Berlin gewissermaßen „über“ Berlin zu sein, ist etwas Großartiges, weil es immer ein Gefühl von Leichtigkeit und Erhabenheit beinhaltet. Das noch zu betonen und zu verstärken, ist eine große Qualität. Wie bewerten Sie den Wunsch nach informellen, identitätstiftenden Orten in der Stadt? Die Sehnsucht nach identitären Orten in der Stadt ist verständlich, aber ich halte sie auch für sehr gefährlich, wenn sie verabsolutiert wird. Wenn etwas überformt wird durch Investoren, dann gibt es berechtigten
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Protest. Es ist verständlich, einen Ort von Geborgenheit haben zu wollen. Als Erinnerungsort ist das vielleicht irgendein Überrest, an dem man sich festhält. Ich glaube, manche Anstrengungen im ökologischen Bereich haben die Funktion einer Selbstberuhigung: Ich möchte etwas naturbelassen erhalten und kann mich damit beruhigen. Gleichzeitig steige ich ins nächste Charterflugzeug und mache meine private CO2-Bilanz wieder zunichte. Andersherum gesagt: Wenn die Leute nicht mehr zu Fuß gehen oder gehen wollen, wenn die Schrittgeschwindigkeit nicht mehr das Maß ist, dann kann man noch so viele Pläne und Projekte haben. Schrittgeschwindigkeit, das ist für mich wie der Puls der Stadt. Haben Sie Visionen für Berlin? Berlin ist eine Stadt, die ein unglaubliches Potenzial an Verdichtungsmöglichkeiten hat. Wenn es gelingt, unter der Voraussetzung der Gewaltenumverteilung der Bezirke, großräumlich-stadtplanerisch zu denken, dann kann das eine fantastische Stadt werden. Ich verspreche mir eigentlich sehr viel von dem, was Berlin in seiner heterogenen Weitläufigkeit anbietet, als eine „verlandschaftete“ Stadt, mit diesem hohen Anteil von Wäldern und Gewässern. Was insbesondere in Berlin auffällig ist, neben der vielgestaltigen Großflächigkeit und der Landschaftlichkeit, sind die Vegetationszonen, die sozusagen aus allen Ecken in die Stadt hereinströmen. Es gibt natürlich eine ungeheuer große Anzahl von ungenutzten und wieder verwertbaren Liegenschaften, historisch bedingt durch Mauer und Wiedereingemeindung. Aber: Die Voraussetzungen der echten Wiederbelebung sind Arbeit und Kapital. Es muss Arbeit geben. Berlin kann nicht vom „Rest“ leben. Westberlin hat an der Herz-Lungen-Maschine von Bonn gehangen und nur in diesem künstlichen Zustand überlebt. Ostberlin hat die DDR aufgesogen. Der Bau der Stalinallee [der heutigen Karl-Marx-Allee] war der Ruin der DDR. Berlin war lange Zeit eine wirkliche Industriestadt, und das sollte es wieder werden.
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Diese Seite Streikversammlung auf dem U-Bahnhof Gleisdreieck, 1919 Landesarchiv Berlin, F Rep. 290, Nr.II 941 This page Strike on the underground station Gleisdreieck, 1919 Rechte Seite, oben Ruine des Hochbahnhofs Gleisdreieck, 1945 Landesarchiv Berlin, F Rep. 290, Nr. 184634 Right page, top Ruins of the overhead railway station Gleisdreieck, 1945 Rechte Seite, unten U-Bahnhof Gleisdreieck, oberer Bahnsteig, um 1946 Landesarchiv Berlin, F Rep. 290, Nr. 181348 Right page, bottom Underground station Gleisdreieck, upper platform, around 1946
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You have lived in Berlin for a long time. When did
For more than forty years the publicist and actor Hanns Zischler has been out and about in Berlin, almost exclusively on foot, by bicycle or by public transport. Interested in everything, he starts off with studies in ethnology, philosophy, music and comparative literature in Munich and Berlin. In 1968 he begins a dramaturgy of productions at the Schaubühne am Halleschen Ufer in the neighbourhood of Gleisdreieck. He has his breakthrough as actor in 1976 with Wim Wenders’ road movie “Im Lauf der Zeit” (Kings of the Road). Ever since, he has been one of the most popular actors in the new German film. Hanns Zischler associates personal memories, the fascination for botanical processes and the tireless search for motifs of the photographer with the Gleisdreieck area. In his book, “Berlin ist zu groß für Berlin” (Berlin is too big for Berlin) Hanns Zischler cites Gleisdreieck Park as setting the trend in the conversion of Berlin wastelands.
you discover the location Gleisdreieck? I filmed Gleisdreieck for the first time in 1983 when it was still a closed-down part of Potsdamer freight station. It was an overgrown area at that time with ruderal vegetation as well as vegetation dragged in from the East by long-distance haulage. A site full of ruins, most easily reached by illegally scaling the Yorck bridges. I also remember this abandoned Reichsbahn (GDR Railways) area with its ramshackle turntable for the engines quite well, because I used to go there for walks there with my son. An ideal spot: Vast, amazing, enchanted. This city is pretty well swamped with open spaces. In 1986 I put on David Mamet’s “The Water Engine” for SFB [Sender Freies Berlin, Berlin radio station]. It features a part of Gleisdreieck – in its natural, brokendown state. For me, the special thing about this area was not only the huge overgrown open space, an old industrial site where nature had completely taken over, but also the vastness of it, which exceeded the dimensions of other urban wastelands. Another thing I remember besides my own walks and excursions is the interest that botanists took in the area’s special vegetation. It was a Garden of Eden of wild urban plants. From the mid-1980s it was predictable that this West Berlin would no longer exist and, of course, neither would the German Democratic Republic. What would happen to the old Reichsbahn sites and the ever more decrepit-looking Reichsbahnkrankenhaus (Hospital of GDR Railways) hospital on the waterside? From time to times, mental images of these past landscapes
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»I am not a supporter of the preservation of wastelands. I feel it is an unsuitable way of dealing with an urban compound.«
descend on me like a dream, like something completely unreal, but still undeniable. I vaguely remember that in distant Bavaria during my school years I encountered this word [Gleisdreieck] in a text of Grass [Günther Grass’s Gleisdreieck Gedichte, Luchterhand 1960]. A strange word, the name of a lo-cation without a location, like a technical-geometrical paradox, changing to its ingenious, engineer guise as soon as you enter or cross it. Through what eyes do you observe Gleisdreieck today? First of all, through the eyes of a botanically interested person. You can achieve a lot by manipulating an area through planning. Underneath this process, however, there are botanical cycles which continue to take effect and are beyond our control. That is to say, the invisible, invasive vegetation, which also affects the fauna, cannot be controlled by planning. These moments of uncertainty are interesting processes. Why does an infestation suddenly crop up, why do lichen, fungi and moss appear? These are exciting moments that demand serendipity and quiet attention, changing nuances for the senses which in long-term, seasonal and cyclical processes continue to have an effect. I have the successfully planned (park) before me, and at the same time there are processes that are only perceivable if I go back again and again at certain intervals. Processes that take place in the infra-sphere, subcutaneously. I want to discover them myself – beyond ex-planation panels. For me, these wild urban plants are the indestructible quiet revolutionaries.
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In the 1960s, citizens’ initiatives were formed in opposition to the planned Westtangente highway. Were you interested in joining them? No, I was not. My interest in the area was, as I said, strictly private, it was of particular interest as an industrial wasteland. As a convinced cyclist, I don’t have a very euphoric approach to car culture. The idea of turning the area into a park was immediately plausible to me. I am not a supporter of the preservation of wastelands. I feel it is an unsuitable way of dealing with an urban compound. Berlin is not a “compacted” city in this respect. That should be understood as a challenge. The city owns an abundance of roadways and industrial sites, and can deal with them generously. Other cities can’t do that. But, because of the extensive area of the city, one should try to consolidate the available space. A central park is successful if it is accessible from all neighbouring districts, inviting its visitors to relax. That doesn’t necessarily mean that you have to build there. The attraction of the park is that it connects various parts and creates thoroughfares as well as offering space for use, and this not in a directly utilitarian sense. In “Berlin ist zu groß für Berlin” you settle old scores with the platitude “the sexy side of ugliness”. But isn’t it the case that a strong impulse for change emanates from the wasteground? Now, maybe. But the wasteland was already there in the days of West Berlin and everyone thought it was great that the city was steadily going to rack and ruin.
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Whereas in Western Germany everything was “cluttered with furniture“, from Eastern Germany – by necessity – came the call for change. I believe there must be something else, too. There has to be an administrative decision and a political initiative that says, “I want change“. There must be strong institutions with planning visions. Berlin is an agglomeration, which between 1875 and 1922, in a very difficult and long birth, became Großraum Berlin (Greater Berlin), a heterogeneous administrative unit consisting of fifty-eight municipalities. There is an asymmetrical distribution of control between the Districts and the Senate. I think that, for historical reasons, the single Districts have too much power. In 1990 there was the opportunity to change this. After all, it was the only big city that was divided and was then to be put back together again. Urban planning must be more than District planning. I see a deficiency here that can only be solved politically, and that also means institutionally. You can talk about many things atmospherically, but you also have to ask yourself how power is distributed. In principle, a new definition of the distribution of power should be sought, if control is to be gained over this huge metropolis. The competition for Großraum Berlin in 1910, which set the benchmark, shows that quite plainly. Will the growing processes of appropriation and the increasing digitalisation of our society lead to amplified publicity, so that a feedback on political reality will actually happen? Of course, digital mobilisation will have an effect on political decision making. People can be activated a lot more quickly and object to things, culminating in shitstorms. This will provide feedback on policies. But if this is viewed independently, without an ethical-aesthetic concept in the background, then arbitrariness will become the benchmark. There is always the threat of the non-contemporary in the political decision-making processes. In a legislation period of four years, it is extremely difficult, due to the deluge of requests for change, to actually bring something about. If you can’t
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plan on a long-term basis, relatively independently of changing objections and changing moods, it will be difficult. It is also a problem that changing moods and trends are being given instantaneous importance. You can’t say that people should no longer twitter in an effort to stop shitstorms. However, there must be a form of responsible reciprocation, otherwise you will get nowhere. When urban planners want to plan something in the medium term, they should be guaranteed that their planning is feasible at least to a certain extent. Do the remaining open spaces in the city offer the last possibility for civic participation? I hope that urban housing development and new buildings have not already been assigned and that there is nothing to be done about those! I don’t know if there will be a revival of housing development. It would be desirable and it would have consequences for the open spaces as well. You imply the ideal of the “politically mature citizen”. I prefer the simple terminology of the “user” who will perhaps be surprised about the various possibilities. If I, as an inhabitant of the city, am not willing to let myself be surprised, it will become dangerous. I don’t believe that any kind of civic participation would have created this park as it is. That means there are certain artistic performances and standards that are imperative to create something that is more than just beautiful or appealing. Citizens must be able to tolerate that. You have to allow a certain generosity, exceeding individual desires and your own ideas. How does one achieve that? Through good PR. Also with the help of politics. And via the media. The calamity is, when I “communicate“, to use the numbskull word of today, I think I am also capable of making a decision. But there are various achievements of a technical and aesthetic nature, where others surpass me. The simple word “experts“ embodies that. And I nearly always have to explain, “Listen to them. It doesn’t mean that you’re going to be overruled or predominated, but just let it have an effect on you!“.
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What does it mean to design such a big space in the city? There must be learning capacity and patience to familiarise oneself with the subject on the part of the public and also, of course, on the part of the planners, who shouldn’t just decree things. Which comparable contemporary parks set a good example? The obvious comparison for me would be André-Citroën Park in Paris, which I have known since it opened. Jodry & Berger Viguier were the architects, and I think it is very well done. A very interesting park on a former factory site in the middle of Paris. Quite distinctive, and also very stern. The point is to accentuate the special characteristics, the peculiarity of the location, and to get them aesthetically under control. You have to find an aesthetic answer to the existing, without historicising. You have to convincingly present a desire for redesign. I think that vastness combined with intimacy are especially attractive to me. It is important not only to indulge in the wide expanse but also to create intimacy and protected areas. Places where you can retreat. Features that indeed every park should have and that have been brilliantly solved in the Gleisdreieck Park. Naturally, the functional aesthetics at the end of the nineteenth century were different from today or from what they were between 1910 and 1930. However, one always has to preserve the dialectics “open – close”, namely to be able to establish expanse, to leave visibility and still offer the possibility to withdraw. In addition, there is the special quality of the location, as now becomes evident: Quite strangely, you find yourself on an elevated plane. Suddenly being “above” Berlin in Berlin is something great, because it always involves a feeling of ease and sublimity. To accentuate and intensify that it is a great quality. How do you appraise people’s desire for identity – sustaining locations in the city? This longing for identity-related places in the city is understandable. But I think it is also very dangerous, when rendered in terms of absolutes. If something is
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overly controlled by investors, there is justified protest. The desire for a place of well-being and security is understandable. As a place of remembrance, it might be a relic to which people cling. I have the feeling that the purpose of some efforts of environmental protection is to comfort ourselves: I want to preserve something in its natural state and by doing so put my mind at ease. At the same time, I board the next charter plane and ruin my private CO2 balance. To put it another way, if people no longer walk or don’t want to, if walking pace is no longer the benchmark, then I can have as many plans and projects as I like. Walking speed is the urban pulse, in my opinion. Do you have visions for Berlin? Berlin is a city with unbelievable potential for consolidation. It could become a fantastic city, if they manage to think on a large scale in urban planning, provided that the power of the Districts is redistributed. I think Berlin shows great promise as to what it offers in its heterogenous vastness, as a “landscaped” city with a high proportion of woods and water. Especially striking in Berlin, besides the varied extensiveness and city landscapes, are the vegetation zones, so to speak, that pour in from all corners of the city. For historical reasons due to the Wall there are, of course, a huge number of unused properties to be revived. But genuine revival requires labour and capital. There must be jobs. Berlin can’t live off the others. West Berlin hung on to Bonn’s heart-lung-machine and only survived because of that artificial situation. East Berlin was absorbed by the German Democratic Republic. The construction of Stalin Allee [a monumental socialist boulevard, today known as Karl-Marx-Allee] was the ruin of the GDR. Berlin used to be a real industrial city and should be again.
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/ FEDERICO PIETRELLA
S eit wann sind Sie in Berlin, und seit wann kennen
Sie das Gleisdreieck-Gelände? Ich bin 2008 nach Berlin gekommen, als es den Park noch nicht gab. Aber ich erinnere mich, dass ich mir damals eine Wohnung in Kreuzberg angesehen habe und der Verkäufer mir sofort sagte, dass man hier diesen tollen Park gestalten würde. Ich habe damals nicht daran geglaubt und dachte, es wäre nur ein Bluff, um die Wohnung besser verkaufen zu können. Doch dann, mit den Jahren, ist er tatsächlich gebaut worden. Ich kannte den Film von Wim Wenders, „Der Himmel über Berlin“, habe das Gelände aber damals nicht erkannt.
Der italienische Künstler Federico Pietrella wächst in Rom auf und studiert dort bildende Kunst. Seit 2008 lebt und arbeitet er in Berlin-Schöneberg. Seit der Fertigstellung des Gleisdreiecks ist der Künstler ein regelmäßiger Besucher und Beobachter des Parks. Die Kunst Pietrellas beinhaltet eine Vielfalt von Materialien, zu denen Kunstharze, Taschenlampen, Fotokopien und andere Fundobjekte gehören. Seine bekanntesten Bilder verweisen auf den genauen Zeitpunkt ihrer Entstehung: Durch das Stempeln des tagesaktuellen Datums entstehen akribisch gearbeitete Kompositionen. Federico Pietrella sucht die Inspiration in seinem Umfeld, viele der Motive sind Szenen des täglichen Stadtlebens. Der Park am Gleisdreieck ist Teil seiner neuesten Werkreihe.
Haben Sie einen Lieblingsort im Park? Meine Lieblingsorte sind die Spielplätze, da ich mich den Wünschen meiner Tochter und ihrer Spielgefährtinnen beuge (lacht). Und dann dieser Ort, an dem wir uns gerade befinden [Tribüne im Ostpark], ich möchte hier schon seit Jahren ein Picknick machen und habe es bisher noch nicht geschafft, da ich immer auf dem Spielplatz bin (schmunzelt). Unabhängig von bestimmten Orten gefällt mir das Licht in diesem Park, weil die Bäume im Gegensatz zum Tiergarten kleiner sind und daher noch mehr Licht zulassen. In Berlin ist das Licht für mich sehr wichtig! Mir gefällt diese Offenheit und luftige Gestaltung, daher gehe ich hier wirklich gerne spazieren, der Park verbindet all die unterschiedlichen Quartiere. Im dritten Parkteil [Flaschenhalspark] bin ich allerdings noch nicht gewesen. Unterscheidet sich die Atmosphäre des Parks von anderen öffentlichen Grünflächen? Das Design und das Material der Wege, welches
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»Ein Park ist demokratischer, und die Beziehung zur Natur baut sich außerhalb jeglicher kulturellen Vermittlung auf. Sowohl der intellektuelle Mensch als auch das Kind können die Kraft der Natur und des Parks wahrnehmen.«
einfach, aber durch die Farbe sehr kreativ zum Einsatz gekommen ist, die schönen Holzbänke, die abgerundeten Kanten der Fußwege, die den Besucher quasi auf die Wiese einladen, die Spielplätze, die Beleuchtung, insgesamt auch viele kleine Details machen den Park für mich zu etwas Besonderem. Alles vermittelt mir den Eindruck von etwas Modernem. Genau das Gegenteil der Villa Borghese in Rom. Ein Park, den ich als Kind oft besucht habe. Ich möchte nicht sagen, dass die eine Anlage besser ist als die andere, aber für mich ist es wichtig, beide zu kennen. Hier im Park am Gleisdreieck weiß ich das Zeitgenössische und Funktionale sehr zu schätzen. Fühlen Sie sich in Ihrer Arbeit von den italienischen Gärten beeinflusst? In letzter Zeit gefallen mir Parkanlagen sehr, ich nehme die domestizierte und nutzbare Natur wahr. Vor allem muss ich das für nordeuropäische Anlagen sagen, ohne sie ausgiebig studiert zu haben. Es ist einfach ein Eindruck. In den Berliner Parks wird allgemein eher die wilde Natur in Szene gesetzt. Die Wege und die Angebote sind kalkuliert, aber dem Besucher wird häufig der Eindruck vermittelt, sich in einer wilden Natur, einem richtigen Wald zu befinden. Damit beziehe ich mich nicht so sehr auf das Gleisdreieck als vielmehr auf die Gegenden um die Berliner Seen, den Schlachtensee zum Beispiel. Die Natur erscheint mir mehr sich selbst überlassen. Wenn ich an die Parkanlagen der Villa Pamphili und Villa Borghese denke, die nicht als öffentliche Anlagen angelegt wurden, kommt mir alles ausgewogener und repräsentativer vor.
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Sind Sie der Auffassung, dass ein Park die Menschen in ihrem Verhalten beeinflussen kann? Ich denke, in dieser Hinsicht ist der Park effektiver als die Kunst. Ein Park ist demokratischer, und die Beziehung zur Natur baut sich außerhalb jeglicher kulturellen Vermittlung auf. Sowohl der intellektuelle Mensch als auch das Kind können die Kraft der Natur und des Parks wahrnehmen. Ziehen Sie Vergleiche zu anderen Parks in Italien? Es ist schwer, in italienischen Städten, die oft sehr dichte, urbane Gewebe sind, Orte wie diesen zu finden. Berlin hat eine besondere Geschichte, die Stadt ist nach dem Krieg auferstanden und hat sich nach der Wende nochmals neu erfunden. Und diese Geschichte ermöglicht es, Orte neu zu denken und vielfältig zu nutzen. In italienischen Städten erscheint mir das unmöglich, da die Bebauung zum Teil Hunderte von Jahren alt ist. Befinden wir uns in einem Park, der für das 21. Jahrhundert steht? Ich denke, die neuen, schnellen Technologien beeinflussen das Leben der Menschen sehr stark. Aus diesem Grund ändert sich auch ihre Beziehung zur Natur, das sehe ich hier in Deutschland sehr deutlich. Natürlich ist dies ein Park des 21. Jahrhunderts! Er spiegelt unsere Generation wider. Wir gehen davon aus, dass uns die einfachen, schlichten Formen gefallen, da sie eine klare Funktion widerspiegeln. Jeder von uns trägt die Einfachheit der Form, die an die pure Funktion gebunden ist, in sich. Aber ich bin kein Planer, und ich habe in meinem Denken nicht unbedingt diese Ausrichtung
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auf die Zukunft, auch nicht in meinem ästhetischen Empfinden. Mir gefällt es immer mehr, mich an der Vergangenheit zu orientieren, daher kann ich auf diese Frage eigentlich keine eindeutige Antwort geben. Nicht nur durch das Motiv sind Ihre Bilder Zeitzeugen eines Ortes. Durch das „Malen“ mit tagesaktuellen Datumsstempeln dokumentieren Sie auch den Zeitraum ihrer Entstehung. Warum die Zeit im Bild? Weil die Unmöglichkeit, in der Zeit zurückzukehren, eine Limitierung darstellt, die mich immer interessiert hat. Mir geht es um die Duldung dieser Tatsache und die Erkenntnis, dass es am Ende gerade dieses Limit ist, das unseren Erfahrungen im Leben einen besonderen Wert gibt. Meine Bilder dokumentieren mehr als einen vergänglichen, alltäglichen Moment, sie sind selbst bereits Vergangenheit. Denn in der Technik, die ich anwende, ist es nicht möglich, zurückzukehren: Die Leinwand nimmt alle Gesten auf, die bereits im Moment ihrer Anwendung vergangen sind, man kann sie nicht rückgängig machen, man kann nur etwas hinzufügen. Gemälde wie Parklandschaften sind intellektuelle Kompositionen. Gibt es Parallelen zwischen Freiraumgestaltung und Kunst? Natürlich! Generell gibt es die Ästhetik, die diese Disziplinen verbindet. Aber zeitgenössische Kunst ist immer darauf bedacht, avantgardistisch zu sein, und es wird allgemein akzeptiert bis erwartet, dass sie wenigen gefällt. Die Freiraumgestaltung kann das nicht, sie muss auf einem Konsens beruhen, denn sie ist darauf ausgerichtet, Räume für alle Mitglieder der Gesellschaft zu schaffen. Planer und Gestalter tragen die Verantwortung, an alle zu denken, alle zu berücksichtigen. Das Wesen der Architektur gefällt mir sehr, da sie eine unmittelbare Beziehung zur Gesellschaft hat. Von der Kunst wird das nicht erwartet – abgesehen von einem öffentlichen oder auch ortsspezifischen Kunstwerk.
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weiteren Bildern benutzen. Das Licht scheint immateriell, aber das Licht des Nordens unterscheidet sich deutlich vom Licht des Südens in seinem Schattenwurf. Ein Bild vom Park und eine Szenerie in Rom haben völlig unterschiedliche Lichtstimmungen. Mir ist es wichtig, einen schönen Park in der Nähe zu haben, der mir – mehr noch als die Inspiration – die notwendigen Momente für das Nachdenken, Reflektieren und einen stillen Spaziergang ermöglicht.
Atelier des Künstlers The artist’s studio
Hat der Park Ihre Arbeit inspiriert? Es sind zwei Bilder entstanden, die Szenen aus dem Park aufgreifen. Mir gefallen diese kleinen Details, und die füge ich in einem einfachen Rahmen zusammen. Ich erkenne in ihnen das Schöne der Einfachheit. Ich habe auch einige Fotos gemacht, die sich mit der Lichtstimmung im Park beschäftigen. Vielleicht werde ich sie in
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»A park is more democratic and the relationship with nature develops beyond any cultural mediacy. Both the intellectual person and the child can perceive the strength of nature and of the park.«
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hen did you come to Berlin and how long have you known Gleisdreieck? I came to Berlin in 2008, before the park existed. But I remember looking at a flat in Kreuzberg and the estate agent immediately telling me that this great park was to be created here. I didn’t believe it then and thought he was bluffing in order to sell the flat at a good price. But over the following years it really was built. I knew Wim Wenders’ film “Himmel über Berlin” (Wings of Desire), but didn’t recognise the area at the time. But I identified other parts of the city in the film, which pleased me a lot. Do you have a favourite place in the park for yourself or your family? My favourite spots are the playgrounds, as I bend to the wishes of my daughter and her playmates (laughs). In addition, this location, where we are sitting now [the wooden tribune in East Park], where I have wanted to have a picnic for years and have not yet got around to it because I am always at the playgrounds (chuckles). Irrespective of actual spaces I like the light in this park, because the trees are smaller and let more light through, in contrast to the Tiergarten which is older and therefore has taller trees. In Berlin, light is very important for me! I like the openness and uncongested design, so I really like walking here, and the park connects all the different districts. However, I have not been to the third part of the park yet [Flaschenhalspark/Bottleneck Park].
The Italian artist Federico Pietrella grows up in Rome, where he studies fine arts. Since 2008 he lives and works in Berlin Schöneberg. Since the completion of Gleisdreieck Park the artist is a regular visitor and observer. Pietrella’s art uses a variety of materials, including resins, flashlights, photocopies, and other lost objects. The artist’s most famous paintings are composed with rubber date stamps. By stamping the actual date of creation, the painting technique becomes a form of aesthetic evidence of the time the artist spends working on his piece. Federico Pietrella seeks inspiration in his everyday surroundings and many of his subjects are scenes from urban daily life. Gleisdreieck Park features in his most recent oeuvre.
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Does the atmosphere of the park differ from that in other public green spaces? The design and the material used for the paths, which are simple; but due to the colour are very creatively pleasing, the beautiful wooden benches, the rounded edges of the paths that virtually invite visitors onto the lawns, the playgrounds, the lighting, all in all the many little details make the park something special for me. Everything conveys the impression of something modern. Exactly the opposite of the Villa Borghese in Rome, a park, where I often went as a child. I don’t want to say that one park is better than the other, but for me it is important to know both. Here in Gleisdreieck Park I have very much learned to appreciate the contemporary and the functional. Do you feel the influence of Italian gardens in your work? Lately, I like parks very much. I am aware that they domesticate and utilise nature. I say this above all about northern European parks, without having studied them extensively. It is just an impression. In Berlin’s parks it is generally, a more “wild” nature that is staged. The paths and other features are planned, but the visitor often gets the idea that he is in the great outdoors, in a real forest. I am not referring so much to Gleisdreieck but rather to the locations around the Berlin lakes, Schlachtensee for example. Nature seems to me to be more left to its own devices. Whereas, if I think of the parks of Villa Pamphili and Villa Borghese, which were not originally conceived for the public, everything appears to me more balanced and more representative. In your opinion, can a park guide and influence people in their behaviour? I think that in this respect a park is more effective than art. A park is more democratic and the relationship with nature develops beyond any cultural mediacy. Both the intellectual person and the child can perceive the strength of nature and of the park. Do you draw comparisons with other parks in Italy? It is difficult to find locations like this in Italian cities, which are often a very compact urban mesh. Berlin has a special history; the city was rebuilt after the war and reinvented itself again after the Turn. And this history
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enables the city to rethink locations and to use them in a variety of ways. That seems impossible in Italian cities, as some of the buildings are hundreds of years old. Are we in a park for the 21st century? I think the new, fast technologies influence people’s lives very strongly. That is the reason why their relationship with nature changes, something I see very clearly here in Germany. Of course this is a 21st century park! It reflects our generation. We assume that we like the simple, plain form because it mirrors a clear function. Every person bears the simplicity of form which is linked to the pure form. But I am not a planner and my thinking is not always directed towards the future, and neither is my aesthetic perception. I more and more enjoy orientating myself in the past. Therefore, I can’t answer this question definitely. Not only due to their motif your pictures are contemporary witnesses of a location. By “painting” with date stamps you document the period of their creation. Why include time in a picture? The impossibility of going back in time imposes a limitation that has always interested me. For me, it is a matter of tolerating this fact and realising that in the end it is just this limitation that gives our experiences in life a special value. Through my pictures with the date stamps this question becomes an issue and, indeed, even more than the simple recounting of the pictures which document a fleeting, everyday moment, the pictures themselves are already a thing of the past. Because of this technique that I use, it is not possible to go back. The canvas absorbs all the gestures which in the very moment of their application are already in the past. They can’t be reversed, I can only add something. Paintings and park landscapes are both intellectual compositions. Are there parallels between the disciplines of open space design and art? Of course! In principle, it is the aesthetics that connect these disciplines. But contemporary art is always anxious to be avantgarde and it is generally accepted and even expected that it will only be appreciated by a few. Landscape architecture can’t do that; it must be based on consensus, because its scope is to create
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urban spaces for all members of society. Planners and designers have the responsibility to think of and consider everyone. The character of architecture greatly appeals to me as it has a direct relationship to society. That is not expected from art – excepting a public or site-specific work of art. Has the park already inspired your work? I have painted two pictures showing scenes from the park. I like the little details and I put them together in a simple framework. I recognise in them the beauty of simplicity. I also took some photos, especially focusing on the aspect of light and the atmospheres it creates. I might use them in other pictures. Light seems in-
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tangible, but the light of the north clearly differs from the light of the south in the way it casts shadows. A picture of the park and a picture of a scene in Rome have completely different moods with regard to light. It is important for me to have a beautiful park nearby, enabling me to get – more than inspiration – the necessary moments for contemplation, reflection and a quiet walk.
„Dal 26 luglio al 3 agosto 2014 (Gleisdreieck)“, 2014 Öl auf Leinwand, gestempelt, 76 x 101,5 cm Mit freundlicher Genehmigung von smART - Polo per l’arte, Rom Oil on canvas, stamped, 76 x 101,5 cm. Courtesy of smART - Polo per l’arte, Rome
Blick vom Wasserturm in Richtung Süden, 1980 View from the water tower towards the south, 1980
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»GLEISWILDNIS
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1977–1984«
HANS W. MENDE »GLEISWILDNIS 1977–1984« »RAIL WILDERNESS 1977–1984« Der Fotograf Hans W. Mende dokumentierte über Jahrzehnte den Verfall der Anlagen und die voranschreitende Überwucherung der Bahnrelikte auf dem Gelände des ehemaligen Potsdamerund Anhalter Bahnhofs. Over decades the photographer Hans W. Mende documented the dereliction of the facilities and the progressive overgrowth of railway relicts in the grounds of the former Potsdamer and Anhalter train station.
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»Landschaft! – was enthält der Begriff? Wiese, Wald, Halm und Ähre. ‚Eiserne Landschaft‘ ist vielleicht das Wort, das den Tummelplätzen der Maschinen gerecht wird. Eiserne Landschaft, großartiger Tempel der Technik unter freiem Himmel, dem die kilometerhohen Schlote der Fabriken lebendigen, zeugungsträchtigen, Bewegung fordernden Rauch darbringen. Ewiger Gottesdienst der Maschinen, im weiten Umfang dieser Landschaft aus Eisen und Stahl, deren Ende kein menschliches Auge sieht, die der graue Horizont umklammert.« Jo se p h R o t h / B e kenntnis zum Gleisdreieck
Gleisdreieck (Gleis U1) im Schnee, 1978/79 Gleisdreieck (track U1) in the snow, 1978/79
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Blick auf den Wasserturm, 1981 View onto the water tower, 1981
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Zugewachsene Waschstraße und Wasserturm, 1977 Overgrown wash tunnel and water tower, 1977
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/GESCHICHTE DES GLEISDREIECKS 1838–2017 /HISTORY OF GLEISDREIECK 1838–2017 „In den Gleisdreiecken, Gleisvielecken vielmehr, laufen die großen glänzenden, eisernen Adern zusammen, schöpfen Strom und füllen sich mit Energie für den weiten Weg und die weite Welt: Aderndreiecke, Adernvielecke, Polygone, gebildet aus den Wegen des Lebens: Man bekenne sich zu ihnen!“ Joseph Roth / Bekenntnis zum Gleisdreieck “In the triangles - polygons, rather - of tracks, the great, shining iron rails flow into one another, draw electricity and take on energy for their long journeys and into the world beyond: triangular tangles of veins, polygons, polyhedrons, made from the tracks of life: Affirm them with me!” Joseph Roth / Affirmation of the Triangular Railway Junction
Blick von der Monumentenbrücke in Richtung Potsdamer Platz, 1980 View from Monumentenbrücke towards Potsdamer Platz, 1980 © Hans W. Mende
/GESCHICHTE DES GLEISD 1838
� Eröffnung der ersten preußischen Eisenbahnlinie, die Berlin-Potsdamer Stammbahn mit dem Potsdamer Personenbahnhof nördlich des Landwehrkanals (heute Potsdamer Platz) Opening of the first Prussian railway line, the Berlin-Potsdamer Stammbahn with Potsdam Passenger Station north of Landwehrkanal (today’s Potsdamer Platz)
1841
� Der Anhalter Personenbahnhof wird nördlich des Landwehrkanals eingeweiht Anhalter Station north of Landwehrkanal inaugurated
1862
� James Hobrecht übernimmt viele von Lennés Ideen aus dem Plan „Projektierte Schmuck- und Grenzzüge von Berlin mit nächster Umgebung“ und lässt den sogenannten Generalszug in seinen Bebauungsplan einfließen. Die Idee für das Gleisdreieck-Gelände kann sich jedoch nicht gegenüber den ökonomischen Interessen der Eisenbahngesellschaften behaupten. Ein Schriftzug auf dem Ost-WestHauptweg des heutigen Parks am Gleisdreieck erinnert an den geplanten Verlauf des Generalszugs James Hobrecht takes over many of Lennés‘ ideas of the Projektierte Schmuck- und Grenzzüge von Berlin mit nächster Umgebung and includes the so-called Generalszug in his construction plan. However, the idea for the Gleisdreieck area could not prevail against the economic interests of the railway companies. An inscription on the main east-west path in today‘s Gleisdreieck Park reminds us of the planned track for the Generalszug
1872-1885
� Aufgrund der neuen wirtschaftlichen Dimension des Güterverkehrs ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte der maßgebliche Ausbau des Anhalter- und Potsdamer Güterbahhofes. Starke Überformung des Areals südliche des Landwehrkanals mit Aufschüttungen von bis zu fünf Meter über normaler Geländehöhe Significant expansion of Anhalter and Potsdamer Goods Station due to new economic dimension of freight traffic since the second half of the 19th century. Deep transformation of the areal south of Landwehrkanal with art deposit up to five meters above ground level
1875
� Eröffnung des Dresdener Bahnhofes als Kopfbahnhof der Berlin-Dresdener Eisenbahn (Stilllegung erfolgte bereits 1882 mit der Übernahme des Personenverkehrs durch den Anhalter Bahnhof 1880.) Opening of Dresdner station as railhead of the Berlin-Dresden Railway (early shutdown in 1882 due to passenger service taken over by Anhalter Station)
1902
� Die erste Hoch- und Untergrundbahnlinie Deutschlands führt über das Gleisdreieck-Gelände Germany‘s first elevated and underground railway line crosses the Gleisdreieck area
1909
� Bau des Paketbahnhofes am Gleisdreieck (heute bekannt als Postbahnhof) Building of Paketbahnhof at Gleisdreieck (today known as Postbahnhof)
1911-12
� Bau des Kreuzbahnhofes am Gleisdreieck als Folge von Bahnunglücken 1908 und 1911 Construction of the railway station junction at Gleisdreieck in the wake of the train accidents of 1908 and 1911
1913
� Fertigstellung des U-Bahnhofes Gleisdreieck Completion of Gleisdreieck underground station
1914
� Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Truppentransporte fahren vom Anhalter Bahnhof direkt an die Front Commencement of World War I. Transport of troops from Anhalter Station to the front
1918
� Vorstellung des Achsenplans von Martin Mächler, welcher eine Bebauung der Bahnhofsflächen vorsah Presentation of Martin Mächler‘s centre line plan according to which the railway areas were to be developed
1924
� Joseph Roth veröffentlicht in der Frankfurter Zeitung sein „Bekenntnis zum Gleisdreieck“ Joseph Roth publishes his ‘Affirmation of the Triangular Railway Junction’ in the Frankfurter Zeitung newspaper
1927
� Film: „Berlin – Die Sinfonie der Großstadt“ von Walther Ruttmann Walter Ruttmann’s movie, ‘Berlin The Symphony of a Metropolis’
1959
� Die Sprengung der Haupthalle erfolgt trotz Denkmalschutz, aufgrund von Bürgerprotesten bleibt jedoch der Portikus des Anhalter Bahnhofs erhalten Blasting of the main hall in spite of its protected status as a historical monument. Thanks to protests by citizens, the portico of Anhalter Station is preserved
1961
� Film: „Gleisdreieck“ von Robert Stemmle Robert Stemmle’s movie, ‘Gleisdreieck’
� Mauerbau. Einstellung des Betriebes zwischen den Stationen Gleisdreieck und Thälmannplatz (heute Mohrenstraße U2) Building of the Wall. The railway no longer operates between the stations Gleisdreieck and Thälmannplatz (today Mohrenstrasse U2)
1937
1962
1937
� Der Generalbebauungsplan für die Reichshauptstadt Berlin des Generalbauinspektors Albert Speer sieht die Überbauung des Bahnhofsgeländes mit Repräsentationsbauten vor The Master Plan for the Reich‘s Capital Berlin. Chief construction inspector Albert Speer plans a representative building complex on the grounds of the station
1939
� Ausbruch Zweiter Weltkrieg. Ab Juni 1942 erfolgen die Judendeportationen auch vom Anhalter Personenbahnhof Commencement of World War II. As of June 1942, the deportation of Jews is conducted from Anhalter passenger station
1944-45
� Bomben zerstören weite Teile der Gleisanlagen und Bahnhofsbauten am Gleisdreieck Bombs destroy large parts of the railway sidings and station buildings at Gleisdreieck
1945
� Schließung des Potsdamer Personenbahnhofs, die Betriebsrechte für die Bahnanlagen liegen bei der Deutschen Reichsbahn Closure of Potsdamer passenger station. The right to operate the railway equipment passes to the German Reichsbahn
1952
� Einstellung des Zugverkehrs zum Anhalter Fernbahnhof Cessation of train transport to Anhalter intercity station
� Verfilmung von Herbert Vesely „Das Brot der frühen Jahre“, nach einem Buch von Heinrich Böll Herbert Vesley’s movie, ‘The Bread of Those Early Years’, based on a novel by Heinrich Böll
1965
� Der Flächennutzungsplan für Westberlin sieht einen Autobahnring um die historische Stadtmitte mit Nord-, Süd-, Ost- und Westtangente vor. Die Kreuzung von Süd- und Westtangente verläuft auf dem Gelände des heutigen Westparks The zoning plan for West Berlin includes a motorway ring road around the historical city centre with north, south, east and west bypass roads. The south and west bypass roads are to cross the grounds of today‘s West Park
1973
� Gründung der Bürgerinitiative BI Westtangente Foundation of Bürgerinitiative BI Westtangente
1975
� Wahl des ersten Berliner Landesbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege. Die Stadtökologieforschung bekommt offiziellen Einfluss auf die Landschaftsplanung Election of Berlin‘s first authorised State commissioner for Nature Conservation and Landscape Management of the federal state of Berlin. Urban ecological research gains official influence in landscape planning
DREIECKS 1838–2017 1978
� Film: „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ von David Hemmings David Hemmings’ movie, ‘Just a Gigolo’
1978
� Die BI Westtangente stellt das Konzept der „Grüntangenten“ vor und klagt gegen die Autobahnplanung der Westtangente Westtangente citzens‘ initiative presents the concept of ‘Grüntangenten’ (Green Bypasses) and takes court action against the west tangent motorway plans
1979
� IBA - Internationale Bauausstellung Berlin IBA - International Building Exhibition Berlin
1980
� Das erste „Vegetationskundliche Gutachten über den Potsdamer- und Anhalter Güterbahnhof“ von Ulrich Asmus weist 417 Pflanzenarten auf dem 63 Hektar großen Gelände nach The first ‘expert‘s survey on vegetation at the Potsdamer and Anhalter freight station’ by Ulrich Asmus shows that there are 417 different kinds of plant on the 63-hectare area
1982
� „Floristisch - vegetationskundliches Gutachten für die Bahnanlagen zwischen Ringbahn und Yorckstrasse“ von Ingo Kowarik ‘Floristics and vegetation survey for the railway area between railway circle line and Yorckstrasse’ by Ingo Kowarik
1983
� Das Museum für Verkehr und Technik eröffnet (1996 Namensänderung in Deutsches Technikmuseum Berlin). Zwischen dem Hauptgebäude und dem Depot des Museums finden bis heute Pendelfahrten durch den Park am Gleisdreieck statt The ‘Museum für Verkehr und Technik’ (German Museum for Transport and Technology) which will later, in 1996, be renamed ‘Deutsches Technikmuseum Berlin’ (German Museum of Technology). To date there is a shuttle service between the main building and the museum‘s depot through Gleisdreieck Park
1987
� Film: „Der Himmel über Berlin“ von Wim Wenders Wim Wenders’ movie, Wings of Desire
1988
� Die Arbeitsgemeinschaft Gleisdreieck formiert sich und fordert den „Naturpark-Gleisdreieck“ The working group Arbeitsgemeinschaft Gleisdreieck is formed and demands a ‘nature park at Gleisdreieck’
1988
� Verabschiedung des Westberliner Landschaftsprogramms/Artenschutzprogramms, welches die damalige Diskussion um die Bedeutung von Stadtbrachen und urbanem Naturschutz widerspiegelt The ‘West Berlin landscape programme’ and the wildlife conservation programme are passed, reflecting the debate at that time on the significance of urban wasteland and nature conservation
1988-89
� Die Planungen für die Bundesgartenschau 1995 unter Einbeziehung des Gleisdreieck-Geländes werden angekündigt Planning for the 1995 Federal Garden Show which includes the Gleisdreieck area is announced
1989
� Formierung der Bürgerinitiative Nelly-Sachs-Park The Nelly Sachs Park citizens‘ intiative is formed
9 November, 1989 � Fall der Mauer Fall of the Wall
1989-91
1991
� Absage der Bundesgartenschau. Das Gleisdreieck-Gelände soll für die Baulogistik des Potsdamer Platzes genutzt werden. Der Senat beschließt jedoch, das Gelände nach dieser Nutzung als Park zugänglich zu machen Cancellation of Federal Garden Show. The Gleisdreieck grounds are to be used for the construction logistics of Potsdamer Platz. However, the Senate decides that after this the area will become a public park
1991
� Die Grün Berlin GmbH wird als Folgeeinrichtung der Bundesgartenschau GmbH gegründet Grün Berlin GmbH is founded as a successor organisation to Bundesgartenschau GmbH
1991-95
� Stadtforum Berlin: Gutachtergruppen entwickeln in moderierten Diskussionsforen Stadtideen. Der Landschaftsökologe und spätere Beauftragte für Naturschutz des Landes Berlin, Prof. Dr. Ingo Kowarik, stellt sein „Konzept der vier Naturen“ vor. Stadtforum Berlin. Expert groups develop urban ideas in moderated discussion forums. Landscape ecologist, and later state commissioner for Nature Conservation and Landscape Management of the federal state of Berlin, Professor Ingo Kowarik, presents his ‘Konzept der vier Naturen’ (Four Natures Approach)
1992-94
� Eine Magnetbahn zur Personenbeförderung geht zwischen Gleisdreieck und Potsdamer Platz in Betrieb, ab 1991 Abbau der Strecke A magnetic levitation train for passenger transport is put into operation between Gleisdreieck and Potsdamer Platz; the line is dismantled in 1991
� Umweltgutachten zum Bebauungsplan Potsdamer Platz: Umweltgutachter fordern einen 33 Hektar großen Park als ökologischen Ausgleich auf dem Gleisdreieck Environment experts working on Potsdamer Platz development plan request a 33-hectare park at Gleisdreieck as ecological compensation area
1991
1993
� Gründung der Interessengemeinschaft - IG Gleisdreieck (Zusammenschluss der Bürgerinitiativen Nelly-Sachs-Park, Tiergarten Süd und Westtangente) als Nachfolgerin der AG Gleisdreieck Foundation of the Interessengemeinschaft (IG) Gleisdreieck (an amalgamation of Nelly Sachs Park, Tiergarten Süd and Westtangente citizens‘ initiatives) as a successor to AG (work group) Gleisdreieck
� Die U-Bahnlinie U2 verkehrt wieder von Wittenbergplatz bis Mohrenstraße über den Bahnhof Gleisdreieck. The U2 underground line is once more in operation between Wittenbergplatz and Mohrenstraße via Gleisdreieck Station
June, 1993
� Eröffnung des „Naturparks Gleisdreieck“ durch die Initiative der IG Gleisdreieck Opening of ‘Gleisdreieck Nature Park’ due to IG Gleisdreieck
1993
� Die 27 Yorkbrücken werden unter Denkmalschutz gestellt The 27 Yorck bridges are declared historic monuments
1993
� Baumpflanzung mit Ben Wagin auf dem Gelände des Potsdamer Güterbahnhofs Planting of trees with Ben Wagin on the grounds of Potsdamer freight station
1993-94
� Zusammenschluss von Deutscher Reichsbahn und Deutscher Bundesbahn Merger between Deutsche Reichsbahn and Deutsche Bundesbahn
1994
� Das Abgeordnetenhaus Berlin beschließt den Bebauungsplan Potsdamer Platz. Der Plan sieht 16 Hektar Ausgleichsfläche auf dem Gleisdreieck-Gelände vor Berlin House of Representatives issues a formal decision concerning the Potsdamer Platz development plan. The plan includes 16 hectares of ecological compensation at Gleisdreieck area
1994
� Der Berliner Senat legt einen neuen Flächennutzungsplan vor, in dem das Gleisdreieckareal überwiegend als grüne Freifläche dargestellt wird. Das Landschaftsprogramm sieht die Vervollständigung des äußeren und inneren Parkrings für die Stadt vor; der zukünftige „Stadtpark Gleisdreieck“ bildet eine wichtige Ergänzung des inneren Parkrings The Berlin Senate presents a new master development plan which shows the Gleisdreieck area as a mainly green public space. The landscape programme stipulates the completion of an inner and outer ring of parks for the city. The future ‘Gleisdreieck City Park’ provides an important complement to the inner ring of parks
1994-98
� Fern- und Regionalbahn-Tunnelbaustelle (Bahn-Fernverkehr in Nord-Süd-Richtung zum neuen Hauptbahnhof) Construction of tunnel for long distance and regional trains. (Northsouth Intercity trains to new central station)
/HISTORY OF GLEIS 1995
� Der Bahnhof Gleisdreieck wird unter Denkmalschutz gestellt Gleisdreieck Train Station declared a historic monument
1995
� Die IG Gleisdreieck reicht Klage gegen die Bebauungspläne „Potsdamer und Leipziger Platz“ ein und wird 1998 abgewiesen ‘IG Gleisdreieck’ takes court action against ‘Potsdamer and Leipziger Platz’ development plans; the case is dismissed in 1998
1998
� Das Debis-Parkhaus am U-Bahnhof Gleisdreieck wird trotz Widerstand der Naturschutzverbände und Bürgerinitiativen gebaut. Die Forderung nach einem Autobahnanschluss für den Potsdamer Platz bringt die Westtangente wieder ins Gespräch Debis car park at Gleisdreieck underground station is built despite protests from nature preservation associations and citizens‘ initiatives. The demand for an motorway connection to Potsdamer Platz once again raises the issue of the Westtangente highway
1998
� Der „Natur-Park Südgelände“ wird als erster Teil der lange geforderten „Grüntangente“ eröffnet ‘Nature Park South Site’ is opened as the first part of the long-requested ‘Grüntangente’ (Green Bypass)
1998
� Gründung der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck, die die Interessengemeinschaft Gleisdreieck, die Bürgerinitiativen Westtangente, NellySachs-Park, die Anwohnerinitiative Flaschenhals, Kultur in Horn e.V. und andere vereint Foundation of Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck, uniting the IG Gleisdreieck, the Westtangente and Nelly Sachs Park citizens‘ initiatives, the Bottleneck neighbours‘ initiative, Kultur in Horn e.V. and others
1998-99
� Vorstellung des Konzeptes der „Internationalen Gärten der Kulturen der Welt“ für das Gleisdreieck-Gelände Presentation of the ‘International Gardens of World Cultures’ concept for Gleisdreieck area
2000-01
� Drei öffentliche „Runde Tische zur zukünftigen Parknutzung des Gleisdreieckgeländes“ durchgeführt, an denen der Bezirk Kreuzberg, die AG Gleisdreieck und die Eisenbahnimmobilienmanagement (EIM) diskutieren Three public Round tables on the future use of Gleisdreieck as a park are organised, at which the District of Kreuzberg, AG Gleisdreieck and Railway Real Estate Management (EIM) hold discussions
2001-07
� Der Restaurantzirkus „Pomp Duck and Circumstance“ auf dem Gelände The restaurant circus ‘Pomp Duck and Circumstance’ gives guest performances in the area
2002
� Ein Riesenrad mit 150 Meter Durchmesser auf dem Gelände ist im Gespräch A ferris wheel with a diameter of 150 metres is planned for the grounds
2004
� Gegen die Planung des Riesenrads geht aus der AG Gleisdreieck die Parkgenossenschaft Gleisdreieck hervor auch mit dem Ziel, im zukünftigen Park unabhängige bürgerbetreute Projektinseln zu etablieren und deren Vernetzung zur Entwicklung eines nachhaltigen Trägerkonzeptes zu organisieren In opposition to the prevailing plans, the ‘Gleisdreieck Park Cooperative’ emerges from ‘AG Gleisdreieck’ also with the aim of establishing independent project islands to be looked after by citizens in the future park and to organise their network
2005
� Eröffnung des provisorischen Parks auf dem Anhalter Güterbahnhofsgelände. Die GartenaktivistInnen beginnen mit der Bepflanzung erster Flächen Opening of the temporary park at former Anhalter freight station. Garden activists begin planting the first areas
2005
� Eine Bildhauergemeinschaft formiert sich mit ihrem „Freiluftatelier“ auf dem Gelände A group of sculptors form an Openair Studio in the area
2005
� Die erste Phase der Bürgerbeteiligung zur Entwicklung des landschaftsplanerischen Wettbewerbs beginnt: Es werden eine schriftliche Bürgerumfrage in angrenzenden Bezirken durchgeführt, Fokusgruppen zur Parkgestaltung gebildet, ebenso wie ein Online-Dialog, Spaziergänge und Workshops durchgeführt The first phase of civic participation for the development of a landscape planning competition begins. A written survey of citizens in the neighbouring districts is carried out, focus groups on park design are formed, and online dialogue as well as walks and workshops are organised
27 September, 2005
� Der Rahmenvertrag für die städtebauliche Neuordnung des Berliner Gleisdreiecks, welcher eine Bürgerbeteiligung vorsieht, wird unterzeichnet. Die Zeichnenden sind: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG und die Vivico Real Estate GmbH A general agreement on the urban development of Berlin‘s Gleisdreieck including civic participation is signed by the Senate administration for Urban Development, the District of Friedrichshain-Kreuzberg, Liegenschaftsfonds (real estate fund) Berlin GmbH & Co. KG and Vivico Real Estate GmbH
December, 2005
� Auslobung des offenen zweistufigen internationalen landschaftsplanerischen Ideen- und Realisierungswettbewerbes durch das Land Berlin, bis 6. März 2006 werden 86 Entwürfe eingereicht A call for entries in the open two-phase international landscape idea and realisation competition. 86 concepts are submitted up until 6 March, 2006
2006
� Der südost Europa Kultur e.V. beginnt seine Arbeit auf dem Gelände südost Europa Kultur society starts work on the grounds
2006
� Die Künstlerin Alex Toland eröffnet die „Galerie der Wildkräuter“. Der erste Bienenstand kommt auf das Gelände Artist Alex Toland opens her ‘Gallery of Wild Herbs’. The first beehive is brought to the area
April, 2006
� Das Preisgericht tagt für die erste Stufe des Wettbewerbs: Es werden elf Planungsteams eingeladen. Vom 24. April bis 5. Mai 2006 werden die elf Entwürfe in einer öffentlichen Ausstellung präsentiert. Die zweite Phase der Bürgerbeteiligung beginnt: Während eines Bürgerbeteiligungswochenendes diskutieren die elf ausgewählten Planerteams mit interessierten Bürgern über die zukünftige Parkgestaltung. Danach können Meinungen und Anregungen zu den elf ausgewählten Entwürfen und dem Bürgerbeteiligungsverfahren in Form eines Online-Leserbriefes geäußert werden The jury meets for the first stage of the competition. Eleven planning teams are invited. Between 24 April and 5 May, 2006, the eleven concepts are presented to the public in an exhibition. The second phase of civic participation begins. During a civic participation weekend the eleven selected planning teams discuss the design of the future park with interested citizens. Comments and suggestions regarding these eleven concepts and the civic participation process can then be made in form of an online letter
17 July, 2006
� Das Preisgericht entscheidet für den Entwurf des Atelier Loidl Berlin „Eine grüne Pause in der Stadt“ The jury decides on Atelier Loidl Berlin’s concept, “A green break in the city“
July, 2006
� Eröffnung des Interkulturellen Gartens „Rosenduft“ von südost Europa Kultur e.V. Opening of südost Europa Kultur society‘s intercultural ‘Rosenduft’ (Scent of Roses) garden
26 August, 2006
� Bürgerfest und Baubeginn Citizens’ festival and construction begin
DREIECK 1838–2017 2007- 2013
� Die dritte Phase der Bürgerbeteiligung beginnt: Es werden vier Planungsforen zum Wettbewerbsergebnis, zum überarbeiteten Vorentwurf und zu Ost- und Westpark abgehalten sowie Workshops mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu den Themen Sport-, Spiel- und Gemeinschaftsflächen. Die Workshops werden vom Planungsbüro Atelier Loidl angeleitet. Die Projektbegleitende Arbeitsgruppe PAG beginnt sich regelmäßig zu treffen (bestehend aus dem Atelier Loidl, Vertretern der Grün Berlin GmbH, des Senats, der Bezirke, Anwohnervertretern und Quartiersräten) Phase three of civic participation begins. Four planning forums concerning the result of the competition, the revised preliminary concept and the East and West parks take place, as well as workshops with children, adolescents and adults regarding the subject of sports, playing and common areas. The workshops are organised by the Loidl landscape planning studio. The project supporting the PAG work group starts to meet regularly (members include Atelier Loidl employees, representatives of Grün Berlin GmbH, the Senate and districts, and representatives of the residents’ and district committees)
2008
� Der interkulturelle Garten „Rosenduft“ von südost Europa Kultur e.V. zieht an den neuen Standort an der Yorckstraße südost Europa Kultur society’s intercultural ‘Rosenduft’ garden moves to its new location on Yorckstraße
June, 2008
� Freimachung des Bauabschnitts Ostpark (17 Hektar) Clearance for East Park construction stage (17 hectares)
Spring 2009
� Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg lädt zu einem Runden Tisch ein, um den Konflikt der Kleingärten versus Vereinssport auf dem Potsdamer Güterbahnhofsgelände (dem künftigen Westpark) zu lösen The District of Friedrichshain-Kreuzberg convenes a Round Table to solve the conflict of garden allotments versus sports clubs at Potsdamer freight station area (the future West Park)
1 May, 2009
� Eröffnet Beach61 mit 25 Beachvolleyballfeldern auf dem Gelände Beach61 opens with 25 Beach Volleyball fields on the grounds
June, 2009
� Eröffnung des Naturerfahrungsraums Opening Perception of nature area
August, 2010
� Freimachung des Bauabschnittes Westpark (neun Hektar) Clearance for West Park construction stage (nine hectares)
Summer 2010
� Auflösung der Parkgenossenschaft Break-up of Park Cooperative
2011
� Innerhalb der PAG wird der Kompromiss „Gärten in den Gärten“ erarbeitet, die Kleingartenkolonie „Potsdamer Güterbahnhof“ - POG wird bleiben. Das Künstlerprojekt „Stay Hungry“ entsteht in der Gartenkolonie The PAG reaches the ‘Gardens in the Gardens’ compromise. The garden colony ‘Postdamer freight station’ POG will remain. The art project ‘Stay Hungry’ is created in the garden colony
September, 2011
� Einweihung des Ostparks mit Bürgerfest Inauguration of East Park with citizens’ festival
November, 2011
� Der Ostpark erhält den Silbernen Urban Quality Award East Park receives the ‘Silver Urban Quality Award’
2012
� Der Ostpark erhält den 2. Preis des Europäischen Gartenpreises des European Garden Heritage Network (EGHN) in der Kategorie „Innovatives zeitgenössisches Konzept oder Design eines Parks oder Gartens“. East Park is awarded the ‘European Garden Prize’ when it takes second place in the European Garden Heritage Network (EGHN) in the category ‘Innovative contemporary conception or design of a park or garden’
2012
� Ein Parkmanager mit Vor-Ort-Büro und Parksprechstunde wird von der Grün Berlin GmbH ernannt A park manager with on-site office and park consultation hours is appointed by Grün Berlin GmbH
July, 2012
� Das temporäre Kunstprojekt „Gleisdreieck 2012“ entsteht im Ostpark The temporary art project ‘Gleisdreieck 2012’ is created in East Park
19 August – 2 September 2012
� Erstes „radioeins“-Parkfest, das infolge jährlich stattfindet First ‘radioeins’ Park Festival, which subsequently takes place annually
31 May, 2013
� Einweihung des Westparks mit Bürgerfest Official opening of West Park with citizens’ festival
Summer 2013
� Das Café Eule eröffnet Café Eule opens
November, 2014
� Die vierte Phase der Bürgerbeteiligung beginnt: Ein Nutzerbeirat wird gewählt, welcher das Parkmanagement berät Phase 4 of civic participation begins: A users commity to advice park management is elected � Projekt „Urbane Mitte“ am Gleisdreieck startet Bürgerbeteiligung. Im Zuge dieser Planungen Abriss des alten Ringbahnviaduktes Project ‘Urbane Mitte’ at Gleisdreieck initiates civic participation. The old ring railway viaduct is torn down � BerlinStrategie – Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030: Grundlage zur langfristigen Steuerung des Wachstums wird vom Senat beschlossen BerlinStrategie – Urban Development Concept Berlin 2030: Basis for longterm control of growth is decided by the Senate
December, 2014
� Stadtentwicklungssenator Michael Müller wird Regierender Bürgermeister von Berlin Senator for Urban Development Michael Müller becomes Governing Mayor of Berlin
2013
2015
2014
2017
� Der Park am Gleisdreieck erhält den „Architekturpreis Berlin“ Gleisdreieck Park receives the ‘Berlin Award for Architecture’ � Der Park am Gleisdreieck erhält den Sonderpreis des Deutschen Städtebaupreises Gleisdreieck Park is awarded a Special prize by ‘Deutscher Städtebaupreis’
21 March, 2014
� Einweihung des Flaschenhalsparks Official opening of Bottleneck Park
April, 2014
� Die Yorkbrücke Nr. 10 wird für die Parkbesucher geöffnet und stellt eine Fußgängerverbindung zwischen Ostpark und Flaschenhalspark her Yorck bridge No. 10 is opened to park visitors and connects East Park and Bottleneck Park for pedestrians
� Deutscher Landschaftsarchitekturpreis ‘German Landscape Architecture Award’ � Endet die Verwaltung des Parks durch die landeseigene Grün Berlin GmbH Administration of park by stateowned Grün Berlin GmbH ends
Gleisdreieck – Begriff, der für die ursprüngliche Gleisführung am heutigen U-Bahnhof „Gleisdreieck“ steht. Nach schweren Unfällen in den Jahren 1908 und 1911, die durch jene dreiecksförmig verlaufende Gleisführung begünstigt worden waren, wurde 1912 ein Kreuzungsbahnhof nach Entwürfen von Sepp Kaiser realisiert. Die namensgebende Gleisverzweigung wurde damit aufgehoben. „Das Gleisdreieck“ verankerte sich dennoch im Berliner Volksmund als Name für die dortige Hochbahnstation und das angrenzende Gelände. Der eigentliche Titel der historischen Anlagen in diesem Bereich, „der Potsdamer- und Anhalter Güterbahnhof“, geriet mehr und mehr in Vergessenheit und wird heute nur noch von wenigen Kennern und Zeitzeugen als solcher benannt. Gleisdreieck (Triangular Railway) – an expression used for the original railway tracks of today’s underground station ‘Gleisdreieck’. After serious accidents in 1908 and 1911 fostered by the triangular form of the tracks, in 1912 a railway junction was realized based on Sepp Kaiser’s concept. The name-giving turnout was then no longer correct. However, ‘Das Gleisdreieck’ was deeply anchored in the Berliner’s heads as the name for the high line station and the surrounding area. The real title of the historical railway construction in this area ‘Potsdamer and Anhalter freight station’ was forgotten more and more and is now only known as such by a few experts and witnesses.
HANS
W.
MENDE
»GLEISWILDNIS
/
RAIL
WILDERNESS
1977–1984«
»Landscape – what is a landscape? Meadow, forest, blade of grass and leaf of tree. ‘Iron landscape’ might be an apt description for these playgrounds of machines. Iron landscape, magnificent temple of technology open to the air, to which the mile-high factory chimneys make their sacrifice of living, broody, energising smoke. Eternal worship of machines, in the wide arena of this landscape of iron and steel, whose end no human eye can see, in the horizon’s steely grip.« Jo s e p h R o t h
/ Affirmation of the Triang u l a r R a i l w a y J u n c t i o n
GLEISDREIECK
Nachrichten, 1980 Messages, 1980 Waggon, 1984 Carriage, 1984
/
PARKLIFE
BERLIN
HANS
W.
Blick in die Ladestraße, 1977 View towards the loading station, 1977 Blick aus einem Lokschuppen des ehemaligen Anhalter Güterbahnhofes, 1980 View from the engine shed of the former Anhalter freight station, 1980
MENDE
»GLEISWILDNIS
/
RAIL
WILDERNESS
1977–1984«
GLEISDREIECK
»No Mercy«, 1984
/
PARKLIFE
BERLIN
HANS
W.
MENDE
»GLEISWILDNIS
/
RAIL
WILDERNESS
1977–1984«
Volumenmodell des Parks am Gleisdreieck Volume model of Gleisdreieck Park
I N T E R V I E W S
GLEISDREIECK /ORT DER TRANSFORMATION GLEISDREIECK /SPACE FOR TRANSFORMATION
103
GLEISDREIECK
/
PARKLIFE
BERLIN
/ ATELIER LOIDL: BERND JOOSTEN, LEONARD GROSCH, FELIX SCHWARZ, ANDREAS LIPP »Das, was vorher war, hatte eine tolle Qualität, aber eben sehr exklusiv für wenige(…). Es war ein Privileg – der eigene Garten(…).Klar war aber: Wenn man diesen wunderbar undefinierten Zustand einer Nutzung übergibt und diesen Ort sehr viel mehr Menschen zugänglich macht, wird diese Qualität so nicht zu halten sein.«
Das Landschaftsarchitekturbüro Atelier Loidl befindet sich nur einen Spaziergang entfernt vom Park am Gleisdreieck. Der österreichische Landschaftsarchitekt und Autor Professor Hans J. Loidl ist heute nur noch Namensgeber des Büros. Seine Aura und seine Geisteshaltung als Freiraumplaner sind dagegen deutlich spürbar. Seit 2006 arbeiten Leonard Grosch und Bernd Joosten in der Konstellation als Partner des Büros zusammen, im selben Jahr gewinnen sie den internationalen Wettbewerb zur Realisierung des Parks am Gleisdreieck. Seit 2015 macht Felix Schwarz das Berliner Trio komplett. Als Projektleiter hat er mit seinem Team, allen voran Andreas Lipp, die Transformation des Geländes über acht Jahre täglich begleitet. Keiner der Planer stammt ursprünglich aus Berlin, und dennoch scheint das Projekt „Gleisdreieck“ für alle eine Herzensangelegenheit zu sein.
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INTERVIEWS
/
ATELIER
LOIDL
GLEISDREIECK
W
enn Sie heute den Park am Gleisdreieck besuchen, was empfinden Sie? Be r n d Joo ste n Ich freue mich immer am meisten, wenn ich glückliche Menschen im Park sehe, vor allem im Sommer. Es gibt noch drei, vier Punkte, da denke ich, „das müsste eigentlich besser sein“. Aber im Großen und Ganzen ist der Park sehr schön geworden und die Besucherzahlen, gerade im Sommer, sprechen für das Gestaltungskonzept. Interessant ist auch, dass man bereits im Bereich des Ostparks [der Ostpark wurde 2011 eröffnet] merkt, dass die Vegetation wächst und beginnt, Einfluss auf den Raum zu nehmen. Das Schwierige bei den Pflanzungen ist immer, dass sie mit den ganzen Stützpfählen zu Beginn doch immer nicht so wirken wie geplant. Aber das kommt langsam. Natürlich ist es auch eine fachliche Befriedigung. Wenn ich mit Felix [Schwarz] spreche, merke ich, dass wir uns nun langsam daran gewöhnen müssen, loszulassen. Es geht immer noch um Details, die wir nachrüsten, da es das Konzept der prozesshaften Fertigstellung gibt. Das Gleisdreieck ist kein monetäres Projekt mehr für uns, aber ich merke, dass es emotional doch noch sehr wichtig ist und auch bleiben wird. Der Park am Gleisdreieck war mein erstes großes Projekt, in dem ich meine Haltung als Landschaftsarchitekt gut umsetzen konnte, manchmal über viele Hindernisse hinweg. Ich habe wahnsinnig viel gelernt, und das begleitet mich immer noch.
Le o n ard Grosc h
Ich bin einfach sehr gerne dort. Wenn ich überlege, in welchen Park ich fahre, dann fahre ich schon meistens dorthin. Zum einen liegt das Gleisdreieck in der Nähe unseres Büros. Zum anderen habe ich sehr lange in Kreuzberg gewohnt und hier eine größere emotionale Bindung als zu anderen Parks. Außerdem interessiert es mich natürlich, wie es dort weitergeht. Ich bin neugierig, wie sich die angrenzenden Flächen entwickeln und wie die Leute sich verhalten, die man so beobachten kann. Wo gibt es Probleme? Wo funktioniert es, wie wir dachten, und wo nicht? Der Park hat sehr viele unterschiedliche Atmosphären und Charaktere, Fe l i x Sc hwa rz
/
PARKLIFE
BERLIN
und je nach Stimmung suche ich mir meinen Parkteil heraus. Für mich war es komisch nach der Eröffnung, gerade beim Ostpark, als die Leute dann auf einmal dort alle durchgelaufen sind. Ich hatte das Gefühl, „Was wollt ihr denn hier alle, das war doch unser Park!“. Ich habe es noch nicht geschafft, mal einen Abend dort zu sitzen und mich zu entspannen. Dafür ist der Abstand noch nicht groß genug. Jedes Mal, wenn ich da bin, gehen mir Themen oder Probleme durch den Kopf, die es dort zu den einzelnen Objekten gab.
An dre as L i p p
Wie haben Sie das unbebaute Areal früher empfunden? Mir ist die Fläche nicht so bewusst gewesen. Es gab aber einige Menschen, die seit Ende 1989 und auch davor schon das Gelände genutzt haben. Ich selbst bin seit 1996 in Berlin und fuhr damals täglich unter den Yorckbrücken hindurch. Auf dem Gelände selbst war ich aber nie. Der heutige Westpark war bereits Logistikfläche für den Potsdamer Platz. Ich bin 2005/06 das erste Mal auf dem Gelände gewesen. BJ
FS Ich habe den Ort sehr bewusst wahrgenommen, denn ich habe direkt nebenan in Sichtweite gewohnt. Ich war dort sehr oft und hatte das Gelände in seiner ursprünglichen Form schon sehr lieb gewonnen. Es war ein vergessener Ort, und man war mehr oder weniger allein. Ich bin häufig durch den Flaschenhals-Wald gelaufen, und es herrschte tatsächlich eine skurrile Stimmung: Umgeben von Kreuzberg steht man im Nirgendwo. Daher konnte ich auch diese Verlustängste, die hier formuliert worden sind, immer gut nachvollziehen. Das, was vorher war, hatte eine tolle Qualität, aber eben sehr exklusiv für wenige. An schönen Tagen hat man eine Handvoll Leute gesehen, die ihre Hunde spazieren führten. Es war ein Privileg – der eigene Garten. Ein Ort, der ausgeblendet war, ein weißer Fleck auf den Berlin-Karten. Das hatte schon einen sehr speziellen Reiz. Klar war aber: Wenn man diesen wunderbar undefinierten Zustand einer Nutzung übergibt und diesen Ort sehr viel mehr Menschen zugänglich macht, wird diese Qualität so nicht zu halten sein. Trotzdem finde
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INTERVIEWS
/
ich es richtig, dass der Ansatz, diese Fläche für eine möglichst große Bevölkerungsgruppe zugänglich und nutzbar zu machen, das Gebot war! LG Vielleicht ist es ganz gut, dass wir nicht mit allzu großer Sentimentalität mit dem Gelände umgegangen sind. Das wurde uns ja oft angekreidet. Insofern haben wir nur die wichtigsten Elemente erhalten, die landschaftsarchitektonisch, räumlich vegetativ oder historisch relevant waren.
Ist demnach derjenige, der das Gelände nicht kennt, der bessere Planer? LG Sentimentalität halte ich für einen schlechten Ratgeber in Sachen Planung. Ich denke aber schon, dass es wichtig ist, das Gelände vorher angeschaut zu haben, um die dortige Atmosphäre zu erspüren. Daraufhin muss ganz konkret bewertet werden: Was will ich hier erhalten, und wie kann ich aus dem Vorgefundenen ein Konzept bilden, das für den Raum typisch ist? Wir haben bei den Bürgern gemerkt, dass sie eigentlich an jedem Grashalm und jedem Steinchen auf dem Gelände festhängen. Sentimentalität schränkt unglaublich ein, man ist nicht mehr frei in seinen Urteilen. Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Sentimentalität und sensibler Beobachtung. BJ Wir analysieren die Qualität des Ortes während des Wettbewerbs und, wenn wir dann die Chance haben, planen und bauen zu dürfen, natürlich auch während der ganzen Planungsphase. Man muss nicht schon zwanzig Jahre auf dem Gelände gewesen sein, um sentimentale Gefühle zu den Dingen zu haben.
Welche Bedeutung hatten für Sie die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung während des Planungsprozesses? LG Bürgerbeteiligung an sich ist toll, wenn sie von einer breiten Bevölkerungsmenge mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Wünschen getragen wird. Aber so findet es ja meistens nicht statt. Es war nämlich nur eine bestimmte Bürgerschaft, die sich beteiligte: vornehmlich die Gruppe derjenigen, die damals die Westtangente verhindert hatten, was natürlich einen großen Verdienst
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darstellt. Sonst gäbe es den Park heute an dieser Stelle nicht. Aber, um es vereinfacht zu sagen, sie wollten, dass alles so bleibt, wie es ist. Die Bürger hatten das sentimentale Denken der Bahnnatur. Mit dieser Gruppe war es natürlich unheimlich schwer zu diskutieren: Die Interessen waren zu partikular. Es fehlten also Bürgerbeteiligte, die in der Lage waren, das „große Gesamte“ zu sehen. Die Landschaftsarchitektur ist natürlich auch eine schwierige Disziplin, weil jeder meint, mitreden zu können. Das Expertenwissen und die Expertenerfahrung werden einem abgesprochen. Unsere Arbeit wird oft von vielen Bürgern unterschätzt. Ein Paradebeispiel sind die 16 Parzellen der Kleingärten im Westpark, die ursprünglich nicht so vorgesehen waren. Ob deren Integration den Park nun „besser oder schlechter“ machen, lässt sich schwer beantworten. Entscheidend ist aber, dass die Integration der Kleingärten von den beteiligten Bürgern als etwas Positives wahrgenommen wurde und von den Parkbesuchern als etwas Bereicherndes und Schönes angesehen wird. Mir geht es genauso. Andererseits glaube ich, dass das, was man stattdessen dort gemacht hätte, auch wertvoll gewesen wäre. FS
Ich habe zwei unterschiedliche Bürgerbeteiligungen wahrgenommen. Zum einen gab es die anfängliche Partizipation, beispielsweise durch Internetumfragen. Alle durften mitreden, und es gab größere Versammlungen zwischen der ersten und der zweiten Phase im Wettbewerb, die gut besucht waren. Grundsätzlich war jeder erst einmal zufrieden, dass ein Park in der Nähe entsteht. Bei einem Neubaugebiet hätte es sich sicher anders verhalten. Niemand war gegen den Park, aber wie sollte er später aussehen? Das war die große Frage. In der Realisierungsphase gab es nur noch einen kleinen Ausschnitt von Bürgern, der sich beteiligte. BJ
Sich konsequent zu beteiligen, ist ja auch anstrengend: Alle zwei Wochen wurden Sitzungen abgehalten, Sprecher und Beauftragte wurden gewählt und so weiter (…) und das über mehrere Jahre. Das machen natürlich auch nur die alten Haudegen mit. LG
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Und die sind ja dann eigentlich auch oft Kollegen. Nicht Landschaftsarchitekten, sondern Architekten und Stadtplaner, die über die Bürgerbeteiligung ihre Position in unsere Arbeit einfließen lassen wollen. Wir mussten regelrecht aufpassen, diesen bilateralen Planungskontakt bewusst zu vermeiden. Wir haben viel mit den Bürgern geredet. Was gefehlt hat, waren klare Spielregeln. Am Anfang darf jeder etwas sagen, das ist okay. Aber wenn es in die Planungsphase geht, muss es Moderation und Regeln geben: Wo dürfen alle mitreden und wo nicht. BJ
Es gab ja im Vorfeld des Wettbewerbes bereits eine große Umfrage. In der tatsächlichen Bürgerbeteiligung saßen dann aber auf einmal ganz andere Leute. Für manche war es ein Fulltime-Job. Man hatte das Gefühl, das sind Vertreter einer sehr kleinen, privilegierten Gruppe, beziehungsweise Einzelinteressen, die vertreten wurden. In der Phase der Moderation wurde es dann besser [Martin Seebauer wurde als Moderator ab 2010 einberufen]. Vorher besaß die Grün Berlin GmbH eine ungewöhnliche Doppelrolle als Auftraggeberin und Vermittlerin, was sehr unglücklich war. Es ist jedoch wichtig, dass man ein breiteres Spektrum an interessierten Leuten anspricht, die auch über einen längeren Zeitraum dabei bleiben.
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F S Für so einen wichtigen Park muss eine Bürgerbeteiligung organisiert werden, die all jene Menschen anspricht, die ein gesteigertes Interesse am Gelände haben. Die Frage ist, wie man das steuert, was man zur Diskussion stellt und wie man zu Entscheidungen kommt. In der Diskussion hat man lange versucht, einen Konsens herzustellen. Die Gefahr dabei ist natürlich, dass zu sehr verallgemeinert wird, dass Prägnanz verlorengeht, wenn man sich bemüht, es allen recht zu machen. Ein Hauptkonflikt in der Diskussion war der Standpunkt einiger Bürgervertreter, „Natur und Bestand“ stehen über allem an erster Stelle, und dem habe sich alles andere unterzuordnen. Das haben wir an bestimmten Standorten anders gesehen, an denen uns das Gestaltungs- und Nutzungskonzept ebenso wichtig war und wir das auch erkennbar machen wollten. Für uns stand dabei nie Gestaltung gegen Bestand, aber wir wollten dem Bestehenden noch eine zusätzliche Schicht, etwas erkennbar Neues hinzufügen. Dafür
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wurden wir bis zuletzt heftig kritisiert, und wir wurden gezwungen, mitunter sehr hartnäckig zu sein. Umso mehr freut es uns heute, dass der Park von sehr vielen Besuchern positiv wahrgenommen wird. Wulf Tessin zeigt in seinem Buch „Ästhetik des Angenehmen“, dass Parknutzer gerade mit moderner Gestaltung ihre Schwierigkeiten haben können, da ihnen unter Umständen die „ästhetische Vertrautheit“ fehlt. Am Gleisdreieck scheint es diese Berührungsängste nicht zu geben? L G Vielleicht liegt es daran, dass alle Parkelemente aus der Benutzbarkeit heraus geplant worden sind, und dass wir genug Einfühlungsvermögen dafür hatten, wie man diese Dinge besonders gerne und sinnhaft benutzen wird. Ein einfaches Beispiel: Die Holztribüne, die sich am Tunnelmund im Westpark befindet, ist nach Westen ausgerichtet, es gibt Abendsonne, und es ist total klar: Das erste, was man dort machen möchte, ist, sich mit einem Glas Wein hinzusetzen. Das ist ganz banal. Durch die Größe, die Tribüne ist ja etwa 80 Meter lang, entsteht dann eine wirkungsvolle Geste, die einlädt, dort zu verweilen. Es war uns wichtig, alles im landschaftlichen Maßstab zu planen. Wenn man eine 80 Meter breite Tribüne plant, sagen die meisten erst einmal, „Was ist das denn?“. Das Großmaßstäbliche ist den meisten zu viel, die haben es lieber kleinteiliger. Wenn aber an einem warmen Sommertag hundert Leute da sitzen, dann erklärt sich die Gestaltung von selbst. Und genauso toll ist es, an einem herbstlichen Oktobermorgen dort alleine zu sitzen. BJ
FS Bei der Beurteilung von zeitgenössischer Landschaftsarchitektur stehen sehr oft funktionale Aspekte im Vordergrund. Die Freiräume spielen heute eine wichtige Rolle für den Arten- und Naturschutz, den Klimaschutz, für die Erholung, für Spiel und Sport und vieles andere mehr. All diese Aspekte müssen in der Planung berücksichtigt und erfüllt sein, die Frage der Gestaltung und ihrer Bedeutung spielt dabei in der öffentlichen Diskussion oft eine sehr untergeordnete Rolle. Wenn man an die historischen Gärten denkt, war das nicht immer so. Uns wird bei der Arbeit meistens zuerst die Frage nach dem Nutzen gestellt, und man
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erlebt oft Situationen, in denen gesagt wird: „Das braucht es nicht.“ Eine Diskussion, die wir auch beim Gleisdreieck oft geführt haben. Nehmen wir ein Beispiel aus dem Ostpark: 240 Meter Holzbänke – wer braucht das? Das ist eine Art von Luxus, dem viele kritisch und misstrauisch gegenüberstehen. Die Bänke und ihre Anordnung haben aber für die Wahrnehmung und Wertschätzung des Ortes einen hohen ästhetischen sowie räumlichen Wert. Entsteht die Atmosphäre des Parks also aus den großen Gesten? Lässt sich Atmosphäre planen? LG Ausschlaggebend ist erst einmal der Bestand vor Ort. Historisches, Altes hat ja per se eine Patina, das versucht man aufzugreifen. Atmosphäre kann man ja nicht anfassen, es ist ein subjektiver Begriff. Was mir immer besonders schwer fällt ist, eine Atmosphäre von Grund auf erschaffen zu müssen. Das wird schnell beliebig. Das andere ist natürlich die soziale Atmosphäre, die intensive Bespielung. Wenn kein Nutzungsdruck herrscht, ist es eine undankbarere Aufgabe, Atmosphäre zu erzeugen. Menschen, Urbanität, Vegetation, historische Zeugnisse, das sind sehr dankbare Elemente in so einem Spiel. Eine wichtige Rolle spielt auch, dass das Gelände nicht homogen, sondern gebrochen ist: Es gibt Momente, da fährt der ICE vorbei oder die U-Bahnen rattern. Das ist an sich keine „schöne“ Umgebung. Dennoch ist genau das der Reiz, der dem Ganzen innewohnt. Man merkt diese unterschiedlichen Schichten und Zeiten. Ein Konglomerat verschiedener Dinge, eine Kulisse, die den Park am Gleisdreieck so speziell macht. FS
BJ Ich habe Mitte der Achtziger Jahre mit dem Gartenbau angefangen, und damals waren für mich atmosphärische Parks klassische Parkanlagen mit großen Bäumen, wie etwa der Tiergarten. Als ich nach Berlin gekommen bin, gab es zum Beispiel schon das Schöneberger Südgelände, und ich fand bereits damals, dass diese alte Brachen- und Bahnnatur immer etwas Besonderes hatte. [Das ehemalige Bahngelände südlich des Parks am Gleisdreieck wurde 1999 als Naturpark Südgelände eröffnet.] Aber so richtig etwas machen konnte man da nicht. Hier am Gleisdreieck ist ein Mix von Altem und Neuem entstanden. Bahnschienen als
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Wegeeinfassung, das ist vielleicht ein bisschen symbolisch, aber diese Nutzungsvielfalt, die mussten wir gemeinsam mit der Grün Berlin GmbH und SenStadt [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt] umsetzen. Bei jeder Nutzung steht man vor dem Problem, dass man Altes verändern muss. Wie wird der Park in 50 Jahren aussehen? Wo steckt noch Entwicklungspotenzial? Generell gefragt, was macht den Park der Zukunft aus? FS Das Verhältnis zum Deutschen Technikmuseum wird den Charakter des Ostteils stark beeinflussen und den Park nochmals verändern, denn es gibt bereits mittel- bis langfristige Pläne, wie sich das Museum entwickeln soll. Des Weiteren wird sich der Westteil mit der Entwicklung der Baufelder verändern. Wie geht es südlich der U2 weiter? Das sind Fragen, die mittelfristig eine größere Rolle spielen werden. Es gibt einen Rahmen, der jetzt abgesteckt ist. Unsere Hoffnung ist natürlich, dass man durch Pflege und Nachsteuerung alles in dieses Gesamtbild einfügen kann. Außerdem ist die Frage nach der alternden Gesellschaft wichtig, denn die Hauptnutzer dieses Parks sind schon eher Familien mit Kindern bis Menschen um die 45, die dort ihre Tage verbringen. Rentner sieht man verhältnismäßig wenig im Park. Wie reagiert man jedoch, wenn sich die Alterspyramide weiter umdreht? Parkanlagen müssen alle Generationen ansprechen. Ob es da reicht, seniorenfreundliche Bänke aufzustellen, oder ob sich das gesamte Parkbild verändern muss, ist schwer zu beantworten. Die zukünftige Entwicklung des Westparks im Zusammenhang mit den umliegenden Baufeldern ist sehr spannend. Man wird sehen, ob die Nutzungen immer noch auf das Konzept passen oder ob etwas ganz anderes gefragt sein wird. Ob beispielsweise diese universellen Strukturen auch noch in 50 Jahren gefragt sein werden, bleibt abzuwarten.
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So eine Stadt wird sich immer verändern, man kann das nicht verhindern. Aber man muss natürlich aufpassen, dass solche Entwicklungen sozialverträglich ablaufen. LG
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When you go to the park, what do you feel?
I am very pleased when I encounter happy people in Gleisdreieck Park, especially in summer. There are always three or four things I see that make me think, “This should be better“, but generally speaking, the park is very beautiful and everyone enjoys walking there in summer. It’s also good to notice the growth in the East Park. The difficulty when planting is that the plants do not always work as planned with the supporting props. But that’s gradually changing. BJ
L G Of course, it’s also professional satisfaction. When I speak to Felix (Project Manager, Felix Schwarz) I am aware that we will have to get used to letting go. There are still details that we have to retrofit – the concept is processual completion. In the meantime, Gleisdreieck is no longer so important for us as a monetary project. That’s why I realise that it is still, and will also remain, emotionally important for me. Gleisdreieck Park was my first big project, in which I was able to realise my conception, sometimes ignoring a lot of obstacles. I have learnt so much.
The landscape architecture studio Atelier Loidl is located just a short walk from Gleisdreieck Park. The Austrian landscape architect and author Professor Hans J. Loidl today is only the name on the office door. Nonetheless his aura and his approach as an open space planner are still clearly recognisable. Since 2006, the year they won the international competition for Gleisdreieck Park, Leonard Grosch and Bernd Joosten have been working together as partners. Since 2015 Felix Schwarz has completed the Berlin trio. As project manager, he and his team (in particular, landscape architect Andreas Lipp) attended the transformation of the area over a period of eight years. None of the planners originates from Berlin, but in spite of that the Gleisdreieck project seems to be a matter of personal importance for each of them.
FS I enjoy being in the park. When I think of going to a park, I usually go there. For one thing, it is near our office and, for another, I have lived in Kreuzberg for a very long time and have a more emotional connection to it than to other parks. Besides I’m interested in seeing what’s going on there. I am curious to know how the different areas develop and how the people one sees there behave. Are there any problems? Where does it work in the way we intended and where does it not? The park has many different atmospheres and characters, and depending on my mood, I look for an appropriate part of the park. For me there is always a moment of surprise or something special.
For me it was rather strange after the opening, especially of the East Park. It was even more extreme when all the people started walking through the park. I had the feeling: “What are you all doing here? That was our park!“ Funnily enough, I have not yet got around to sitting in the park in the evening and relaxing. Not enough time has passed for that. Each time I’m in the park, I keep thinking of things related to the various objects, this issue or that problem. It’s just still on my mind.
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»The previous location had many great qualities, but was very exclusive, only for the few(…).It was a kind of privilege – their own garden(…). But it was clear: If this wonderful, undefined state is to be given a use and if the location is to be made accessible to many more people, then this level of quality can’t be kept up.«
What were your feelings about the grounds before the planning? BJ I was not really aware of the area. A few people ventured into the grounds around 1989/1990 and earlier, but I was not among them. I have lived here since 1996 and used to drive under the Yorck bridges every day, but I didn’t enter the grounds. Today’s West Park was a logistics area. I visited the grounds for the first time in 2005/2006. F S I was aware of the place, because I lived directly next door, within sight of the area. I went there very often and had become extremely fond of the area in its original state. It was a forgotten place and you were more or less alone. I frequently walked through the woods of today’s Flaschenhalspark (Bottleneck Park), and it was really a weird atmosphere, surrounded by Kreuzberg, you were standing in the middle of nowhere. Therefore, I could really understand the fear of loss that was voiced in the planning process. The previous location had many great qualities, but was very exclusive, only for the few. On a nice day you could see a handful of people walking their dogs. It was a kind of privilege – their own garden. A hidden location, a white spot on the map of Berlin. That did have a very special appeal. But it was clear: If this wonderful, undefined state is to be given a use and if the location is to be made accessible to many more people, then this level of quality can’t be kept up. All the same, I think it was right that an approach designed to make the area accessible and usable for a greater group of the population was given priority.
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Perhaps it was quite good that we were not too sentimental when dealing with the area. This was a frequent reproach. We have perhaps only conserved the most important elements relevant to landscape architecture, vegetal space and history. LG
Would someone who does not know the area be a more effective planner? L G I consider sentimentality a bad adviser in planning matters. However, I think it is important to study an area beforehand to get a feeling for its atmosphere. Then a critical as-sessment must follow: What do I want to have here and how can I create a concept relevant to the findings? We noticed that the citizens tended to cling to every stone and blade of grass. Sentimentality is extremely restrictive; you are no longer free in your judgements. There is a decisive difference between sentimentality and sensitive observation. We analyse the quality of a location at the beginning of or during the competition, and, if we have the chance to plan and build, of course, also throughout the planning phase. However, for that you don’t need to have been on the grounds for twenty years, to then have sentimental feelings for the things. BJ
What was the impact of civic participation on the planning process? L G In principle, civic participation is great, if it is supported by a large number of active citizens with different needs and wishes. But it usually doesn’t happen like that. Only certain groups of citizens participated: in particular, the group of people who had
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prevented the west tangent road, which of course, was a great achievement. Otherwise, the park would not be here today at this location. But the majority, to put it simply, wanted everything to stay as it was. The citizens thought sentimentally about the railway habitat. Nothing should be changed, no public, no opening of the park. Naturally, discussions were extremely difficult with this group. There was little or no interest in sports activities or similar things and interests were too narrow. There was a lack of participating citizens who were able to visualise the overall picture regardless of individual interests. Landscape architecture is, of course, a difficult subject, because everyone thinks they can join in the conversation. The necessity of expert knowledge and experience is often denied. Our work is often underestimated by the public. F S A shining example are the sixteen allotments or garden plots in the West Park, which originally weren’t planned that way. I find it difficult to say if it is now better or worse. The most important point was that the integration of the garden plots was considered to be something positive by the participating citizens. They are regarded as enriching and beautiful by the people in the park. And I think so, too. On the other hand, I believe that what we could have done instead would also have been worthwhile.
BJ I felt there were two different phases of civic participation. On the one hand, the initial participation, for instance in internet surveys. Everyone was allowed to join in the debate and there were large, well attended assemblies between the first and second phases of the competition. At first, everyone was just happy to be getting a park in the vicinity. With a housing estate, the attitude would certainly have been different. There would probably have been opposing interests, other than those that were simply against a park in general. Nobody was against the park, everyone was in favour of it, but what should the park look like? That was the big issue. During the realisation phase, there was only a small group of citizens participating.
That’s how it is: Only those persons who really have an intrinsic interest in the location remain motivated. Continued participation is also quite demanding, since there are meetings every two weeks, with the election of speakers and delegates and so forth... and that goes LG
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on for several years. Only the old warhorses see that out, of course. And these are actually often colleagues. Not landscape architects, but architects and urban planners, who try to influence our work via civic participation. We had to watch out for this and at the beginning be at pains to avoid this, as it were, bilateral planning contact. We spoke a lot to the civic participants. What was missing were clear rules from the beginning. At first, everyone is allowed to say something, and that’s OK. But as soon as the planning phase starts, the rules must be made clear. When can they join in the debate and when can they not? BJ
In the early stage of the competition there was this big survey. However, as regards actual civic participation, suddenly quite different people took part, treating it rather as a leisure pastime. For some it became a full-time job. You had the feeling that they were representatives of a very small, privileged group or that individual interests were being represented. It got better in the moderation phase (Martin Seebauer was nominated moderator in 2010). Prior to this, Grün Berlin GmbH played an extraordinary double role as both client and mediator, which was very unfortunate. However, it is important to reach a wide range of interested people, who will remain dedi-cated for a longer period of time.
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For such an important park civic participation must be organised, addressing all those who have a special interest in the area. The question is how to manage it, what topics should be discussed and how decisions are to be reached. That was an important aspect during this civic participation which never quite dispersed. Does the architect, the client, a certain number of citizens with individual interests decide or should it be a resolution of the majority? For a long time, efforts were made to reach agreement through discussion. But there is, naturally, always the risk that things become too generalised and conciseness gets lost trying to please everyone. One major conflict in the discussions was due to the position adopted by some representa-tives of the citizens that “nature” and “the existing” stand above all and everything else must be subordinated. At certain points we took a different view, where design and use concepts were just FS
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as important for us, and we also wanted to make this visible. For us, there was never this rivalry of design versus continued existence, rather we intended to add an extra level to the existing, something recognisably new. We were strongly criticised for this right to the end and were sometimes forced to dig our heels in. We are all the more pleased today that, since its opening, the park and its atmosphere have been experienced in a positive way by plenty of visitors. Wulf Tessin depicts in his book “Ästhetik des Angenehmen” that users often have difficulty with modern design. This doesn’t seem to be the case with Gleisdreieck Park. Why do you think that is? LG Perhaps the reason is that all the elements were planned from a usability point of view and we empathised with how people like to interact with them. When I look at other parks that cover such a wide area it always strikes me that they aren’t rational and are not logi-cally planned. They are too artificial and you don’t really know what to do with the various parts of them. There is no normally understandable everyday context. A simple example is the wooden stands located at the tunnel opening in the West Park. They face west, get the evening sun and it is totally clear that the first thing you want to do there is sit down with a glass of wine. That’s quite mundane. Because of the size – the stands are about eighty metres long – an effective gesture is created, inviting visitors to take a seat. It was import-ant for us to plan all elements in context to a city scale. BJ When planning eighty-metre-wide stands, most people first ask: what is that? The large scale is too much for them. They prefer smaller sized sections. I sense that too, on a warm summer day when a hundred people sit there, the design is self-explanatory. By the way, it is also fantastic to sit there alone on an autumn morning in October.
F S When judging contemporary landscape architecture, the very functional aspects are often given priority. Nowadays, open spaces play an important role in nature and wildlife conservation, for recreation, for play, for sports, and a lot of other things. All these aspects have to be taken into account in the planning phase and need to be realised. The question of design and its significance plays a very subordinate role in public debate.
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Gesamtplan 2015, Atelier LOIDL General plan 2015
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If you think of historic gardens, that was not always the case. In our work we are mostly asked first about the use, and we often experience situations where we are told, “That isn’t needed”. Such discussions were frequent with Gleisdreieck. Here is an example from the East Park: Two hundred and forty metres of wooden benches – who needs them? Who is supposed to sit there? On the one hand, that’s right, because they will probably never by fully occupied. But besides being places where people can sit, the arrangement of these benches has a very important aesthetic and spatial value for the perception and appreciation of the location!
I always felt that this natural-grown railway and wasteland had something special. [The former railway area Südgelände south of Park am Gleisdreieck was opened as nature park in 1999]. But you couldn’t really do anything with it. Here at the Gleisdreieck, a mixture of old and new has been created. Railway tracks used as borders for paths is perhaps a bit symbolic, but we had to realise this diversity of use in collaboration with Grün Berlin GmbH and Senate administration for Urban Development and Environment. With each new utilisation you face the problem of also having to change something. That created conflict.
So atmosphere is created through grand gestures? Or can it be programmed? LG First of all, the decisive factor is what is available at the location. Historical or antique things have a patina per se. You first pick up on this. Atmosphere is immaterial, it is a subjective notion. For me “greenfield planning” is most difficult, because you have to create the atmosphere from scratch. That is always a thankless and difficult task due to substitutivity. The other point is the social atmosphere, the intensive usage. When there is no pressure to use the place, it is an even more difficult and invidious task to generate atmos-phere. People, urbanity, vegetation, historical evidence, those are initially very rewarding elements in such a game.
What will Gleisdreieck Park look like in fifty years’ time? Where is there still potential for development? What will the parks of the future be about? FS The relationship with the German Museum of Technology will strongly influence the character of the eastern part and change the park again, because there are already middle and long-term plans for the development of the museum. Furthermore, the western part will change with the development of the building lots. How will it proceed south of the U2? These are questions that will play a larger role in the midterm. A goal has now been drawn up. We, of course, hope that with maintenance and readjustments everything will fit into the overall picture. Moreover, the issue of an ageing society is important, because the main users of this park are children and people up to the age of about 45 who spend their time there. You see relatively few oldage pensioners in the park. How should we respond if the ratio is inverted? Parks should appeal to all generations. It’s hard to say whether it’s sufficient to provide special benches for the elderly, or if the overall picture of the park would have to change.
F S Thinking of atmospheres, certain adjectives or descriptions come to mind. I find the park bright, airy, sunny, due to its breadth and generosity. At the same time, there are parts that are more withdrawn and intimate. It plays an important role that the grounds are not homogeneous, but interrupted: There are moments when the ICE [German express train] passes or the underground rumbles. As such, that is not a “beautiful” environment. But that becomes part of the entirety and gives the park its special appeal. You notice these different levels and times. A smorgasbord, a conglomeration of different objects, a backdrop that makes Gleisdreieck Park so special.
In the mid-1980s, when I started with horticulture, parks with an atmosphere were always the classic-type park grounds with tall trees, like the Tiergarten. When I came to Berlin there was already this ruderal phase. In the Schöneberger Südgelände, for instance, BJ
For me, the future development of the West Park as it is incorporated into the development of the building sites is very exciting. Time delayed you can see the development of the vegetation as well as of the buildings and can determine whether the usages still match the concept or if something quite different will be called for. We have to wait and see whether these universal structures will still be in demand in fifty years’ time.
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L G Such a city will always be changing, you can’t stop that. But one has to be careful to make these changes socially acceptable.
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Vogelperspektive des Westparks, Atelier LOIDL Bird’s eye view of West Park
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/ ALMUT JIRKU
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Seit mehr als zwanzig Jahren setzt sich Almut Jirku im Auftrag des Wettbewerbsreferats der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt für die grüne Zukunft Berlins ein. Nach dem Studium der Landespflege in Hannover, mit Schwerpunkt auf dem Zusammenhang zwischen Nutzungswünschen sowie -möglichkeiten und Gestaltung, und einigen Jahren der Berufstätigkeit in Hamburg kommt Almut Jirku 1985 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an die Technische Universität in Westberlin. Von 2005 bis 2006 ist sie für den internationalen Wettbewerb zum Park am Gleisdreieck verantwortlich. In zahlreichen Veröffentlichungen, Gastkritiken und Vorträgen setzt sie sich sowohl kritisch als auch visionär mit den Potenzialen städtischen Grüns auseinander. Almut Jirku ist Mitglied des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA) und war von 2008 bis 2014 Beisitzerin im Präsidium. Sie ist Initiatorin und Leiterin der BDLA Online-Ausstellung 100-jahre-landschaftsarchitektur.de.
n jüngster Zeit ist in der Presse sehr viel über das Gleisdreieck berichtet worden, es wird oftmals als Symbol moderner Stadtgestaltung stilisiert. Sogar der Spiegel schrieb eine positive Parkkritik: „Das Ergebnis ist ein großes Glück.“ Zwischendrin war das Glück nicht so wahnsinnig groß… Das Problem direkt nach dem Wettbewerb war, dass versucht wurde, die weitere Bürgerbeteiligung ohne Moderation und nur mit denen, die sich von selber melden, durchzuführen. Dadurch hat es sehr einseitige Kritik von der Bürgerinitiative Gleisdreieck gegeben, die von der Presse bereitwillig aufgenommen wurde. Die Positionen der Planer und der Verwaltung wurden dagegen kaum gehört. Zum Glück wurde das Format später geändert, ein professioneller Moderator eingebunden und die Beteiligung breiter aufgestellt. Würden Sie den Park am Gleisdreieck als neuen Volkspark des 21. Jahrhunderts bezeichnen? Da bin ich mir nach wie vor nicht so sicher. Wir durften zu wenig ausprobieren in Bezug auf Flächen „zum Mitmachen“. Das war lediglich ein Auseinandersetzungspunkt unter vielen während der Vorbereitung. Die Forderung der Bürgerinitative, dass es auch Flächen zum Selbstgärtnern geben sollte, fand ich berechtigt. Wenn man dreißig Hektar zur Verfügung hat, dann hätte man vielleicht einen Hektar dafür bereitstellen können. Aber das war in der Verwaltung noch nicht mehrheitsfähig,
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»Visionen sind nicht Aufgabe der Verwaltung, sie sind Aufgabe der Politik und der Gesellschaft.«
weil das als Privatisierung öffentlicher Räume angesehen wurde. So waren es am Ende nur die bosnischen Frauen, die sich durchsetzen konnten und einen Garten erhielten. Und dann gab es im zweiten Bauabschnitt die Auseinandersetzung mit den Kleingärtnern, die eigentlich auch alle weg sollten. Ob man die Kleingärten teilweise integrieren könnte, wurde zwar im Vorfeld diskutiert, aber aus dem gleichen Grund zunächst abgelehnt. Hängt der Erfolg des Parks unter anderem auch mit der Offenheit der Berliner Stadtgesellschaft zusammen, die sich von guten Argumenten überzeugen lässt? Ersterem kann man sicher zustimmen, aber „sich gerne von guten Argumenten überzeugen lassen“, das sehe ich anders! (lacht) Das ist jetzt die Position der Verwaltung? Ich glaube, nicht nur der Verwaltung. Das würde das Atelier Loidl (und auch andere Landschaftsarchitekten) sicher ähnlich sehen, nach dem Prozess, den sie durchlaufen haben. Ich finde, es gibt hier viel zu viele Leute, die immer und aus Prinzip gegen alles sind, ohne sich überhaupt wirklich zu informieren. Vielleicht mangelt es aber auch am Vorstellungsvermögen. Jedenfalls hat erst der fertige Park diese Begeisterung erzeugt.
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Aber ist das nicht vielleicht auch eine Generationsfrage? Findet bei den Bürgerinitiativen nicht gerade ein Generationssprung statt? Ja, früher habe ich immer gesagt, „Wir um die 50, linksalternativ, akademisches Milieu“, jetzt heißt es: „Wir um die 60, linksalternativ…“ (lacht). Wir haben in der Regel auch mehr Zeit als junge Menschen mit Familie. In Bezug auf das Gleisdreieck war also noch die ältere Generation aktiv? Ja. Deswegen haben wir ja diese breit angelegte Bürgerbeteiligung gemacht, weil klar war: Die, die sich die ganze Zeit äußern, gehören zu einer ganz bestimmten Lebensstil- und Altersgruppe, und die sprechen nicht für alle, auch wenn sie es behaupten. Es waren zum Beispiel keine Leute mit Migrationshintergrund dabei. Letztere haben ganz andere Interessen, die wollen nicht so viel „Gestrüpp“ und naturnahes Zeugs, die wollen einen „schönen Park, wohin sie Besuch führen können und auf den man stolz sein kann“. Und dann hatten viele noch die Sorge, dass die Miete steigt, wenn da ein schöner Park hinkommt. Das sind eigentlich ganz andere Interessen. Beruhen die Empfehlungen, die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt im „Handbuch zur Partizipation“ herausgibt, auf Erfahrungen mit dem Gleisdreieck?
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Keineswegs ausschließlich. Es gibt viele kleine Projekte, die im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“ über viele Jahre mit jeder Menge Bürgerbeteiligung gemacht wurden. Das Verfahren „Gleisdreieck“ war nicht der Anstoß für das Handbuch. Im Rahmen von Sanierungen und Ähnlichem ist viel gelaufen an Bürgerbeteiligung, nur wurde das oft weniger wahrgenommen. Ich habe auch schon erlebt, dass da 15 Leute saßen, die die Bürger beteiligen wollten, und nur drei oder vier „echte Bürger“ anwesend waren. Dennoch, für Tempelhof [Tempelhofer Feld] haben wir sicherlich sehr von den Erfahrungen mit dem Gleisdreieck profitiert. Die Prozesserfahrung hat in dieser Intensität aber erstmalig auf dem Gleisdreieck stattgefunden? Ja, so umfassend gab es das vorher nicht. Aber solch einen großen innerstädtischen Park hat man in Berlin auch lange nicht mehr geplant! Uns war klar, dass die BI Gleisdreieck bestimmt intensiv mitreden will, und das hat sie auch verdient. Ohne deren Arbeit – wer weiß, ob da jetzt nicht eine Autobahn wäre! Nur war uns auch klar: Die Bürgerinitiativen haben ganz spezielle Interessen, und diese spiegeln höchstens 20 Prozent der Bevölkerung wider, die anderen 80 Prozent wollen etwas anderes. Auch deswegen war die Beteiligung so breit angelegt und so vielfältig. So ein großer Park muss einfach für alle sein, nicht nur für eine noch so verdiente Bürgerinitiative. Zumal man dort genug Platz hat, um jeden zu seinem Recht kommen zu lassen. Berlins Stadtgesellschaft verändert sich stetig: Der Druck auf die Flächen wird größer, die Mieten steigen, für junge Leute ist es nicht mehr so einfach wie noch vor wenigen Jahren.
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Kann durch Bürgerbeteiligung tatsächlich eine Nachhaltigkeit gewährleistet werden? Wie nachhaltig kann ein Park sein, wenn gesellschaftliche Veränderungen so rasant passieren wie heute? Ich denke, wenn man sich die ganzen historischen Parks anschaut, dann ist das gar nicht so erheblich. In einem „guten“ Park fühlt man sich wohl, auch wenn er hundert, zweihundert oder dreihundert Jahre alt ist. Es ist ja nicht so, dass sich der Tiergarten entvölkert hätte, seit es den Park auf dem Gleisdreieck gibt. Man fragt sich immer, wo die Leute alle vorher waren. Aber ich glaube, so ein Angebot, sowohl das Gleisdreieck als auch die Öffnung des Tempelhofer Felds, führt auch dazu, dass die Leute mehr rausgehen, weil sie etwas in der Nähe haben. Zum Thema „Gestaltung“ – erwarten die Menschen heute etwas Neues? Bei vielen ist das so, ja. Jedenfalls oberflächlich. Aber ich glaube auch, dass man Ästhetik spürt, auch wenn man sie nicht bewusst reflektiert. Das tun nämlich die meisten Menschen nicht. Wenn man etwas Neues macht, ist es meistens erst einmal kontrovers. Pierre Bourdieu hat sich viel damit beschäftigt: Man kann umso leichter etwas Neues annehmen, umso mehr man selbst schon viel Neues kennt. Wenn man nur ganz wenig kennt, dann kann man auch nur ganz wenig annehmen, weil man ästhetisch nicht so beschlagen ist. Bourdieu spricht von „Bildungskapital“. Wenn man künstlerisch gebildet ist, dann ist man viel offener für das Neue in der Kunst oder eben auch im Park, als wenn man noch bei Monet stehen geblieben ist.
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Dafür spricht ja auch, dass man sich die Brache angeeignet hat, weil man das Schöne darin sieht. Das hat aber auch eine Weile gedauert. Wenn man vor dreißig Jahren danach gefragt hätte, dann hätte das niemand schön gefunden, außer drei Studenten vielleicht. Heute finden das in Berlin viele schön. Dazu hat auch das Schöneberger Südgelände eine Menge beigetragen. Wichtig dabei ist, dass man diese Brachen in Szene setzt und etwas Wertvolles daraus macht. Es ist nicht Unkraut, sondern wertvoll. Das ändert dann auch die Wahrnehmung … Also, in Herford hätte man das nicht gesehen! (lacht) Hat ein Rückgriff auf klassische Gestaltungselemente also auch viel mit den Ängsten einer Stadtgesellschaft zu tun? Na klar. Dass man das alte Schloss wiederhaben will, hat mit einer tiefgreifenden Verunsicherung zu tun und mit einem mangelnden Vertrauen, dass etwas Neues auch schön sein kann. Das ist bei der Architektur ja fast noch verbreiteter als bei uns. Bäume sind Bäume. Man kann sie vielleicht anders stellen, aber es sind immer noch Bäume. Diese Ablehnung von moderner Architektur ist in manchen Schichten äußerst heftig. Wobei das wohl weniger mit Bildung zu tun hat, als mit den Herkunftsmilieus. Die Leserbriefe, die sich für das Schloss und die Wiedererrichtung der Altstadt auf dem Marx-Engels-Forum aussprechen, kommen eher aus Zehlendorf als aus dem Wedding. Mit dem Mauerfall und den darauffolgenden Umwandlungen der Gesellschaft waren viele überfordert. Speziell in Berlin hat man die Veränderung am heftigsten bemerkt. Es gibt zurzeit einfach ein ungeheures Misstrauen gegenüber allen und jedem – gegenüber der Verwaltung und auch den Fachleuten. Als hätten wir den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als uns zu überlegen, wie wir die Bevölkerung ärgern könnten.
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Der Architekturkritiker Dankwart Guratzsch schrieb in der Tageszeitung Die Welt vom 16. Januar 2014: „Wenn Architekten etwas Falsches bauen, steht es 50 Jahre in der Stadt herum und die Nutzer müssen sehen, wie sie damit zurechtkommen. Schlechte Architektur verdirbt den Geschmack, schlechter Städtebau verdirbt die Lebensfreude, (…) und verdirbt die Kultur des Zusammenlebens.“ Urs Kohlbrenner hat mal gesagt, „Die Stadt ist langsam“, und damit hat er sehr Recht. Das ist eben auch ein Problem der Bürgerbeteiligung: Ein ordentlicher Planungsprozess überbrückt einen langen Zeitraum. Zehn Jahre und mehr. Dann hat man vielleicht am Anfang eine Beteiligung gemacht oder auch in der Mitte, aber wenn dann der Bagger kommt, dann ist das alles wieder vergessen. In „Strategie Stadtlandschaft Berlin“ (2012) und „Berlinstrategie – Stadtentwicklungskonzept 2030“ (2014) wird von Impulsen und Leitbildern gesprochen. Was fehlt, sind Visionen, die sich nicht nur an dem jeweiligen Stadtquartier festmachen. Diese Dokumente würden anders aussehen, wenn sie nicht mit so vielen abgestimmt werden müssten. Das, was man da vermisst, ist wahrscheinlich irgendwann rausgestrichen worden, um einen Konsens zu erzielen. Visionen sind nicht Aufgabe der Verwaltung, sie sind Aufgabe der Politik und der Gesellschaft. Was muss passieren, damit sich etwas ändert in Berlin? Es braucht eine bessere politische Führung. Das hat wenig mit Parteien zu tun, sondern vielmehr mit Menschen. Und es wäre mehr Bereitschaft in Teilen der Bevölkerung und der Presse erforderlich, sich Projekte unvoreingenommen anzusehen und alle Positionen zu Wort kommen zu lassen. Niedermachen ist einfach, konstruktiv zu sein ist wesentlich anspruchsvoller.
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»Administrations are not responsible for visions, these are tasks for politics and society.«
For more than twenty years Almut Jirku has dedicated herself to the green future of Berlin on behalf of the competition unit of the Senate administration for Urban Development and Environment. She studies landscape management in Hanover with a focus on the connection between user requests and design, then acquires professional experience in Hamburg. In 1985 Almut Jirku joins the Technische Universität in West Berlin as research assistant. From 2005 to 2006 she is responsible for the international competition for Gleisdreieck Park. In numerous publications, guest reviews and lectures she has looked into the potentials of urban green critically and visionary alike. Almut Jirku is a member of the Federation of German Landscape Architects (BDLA) and was from 2008 to 2014 a committee member. She is initiator and curator of the BDLA online exhibition 100-jahre-landschaftsarchitektur.de.
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There has been a lot about Gleisdreieck in the gen-
eral press, lately; it has become a symbol of modern urban design. Even Spiegel published a positive review of the park, saying “The result is a piece of great fortune”. It wasn’t always considered such an incredible piece of fortune… The problem immediately after the competition was that they tried to carry on civic participation without moderation and only with those who came forward themselves. This resulted in very one-sided criticism from the Gleisdreieck citizens’ initiative, which was readily taken up by the press. In contrast to this, the opinions of the landscape architects and administration were hardly heard. Luckily, the format was changed later, a professional moderator was included and the participation more broadly positioned. Would you say Gleisdreieck Park is the new park of the twenty-first century? I’m still not so sure about that. We were not allowed to try enough with respect to areas for “hands-on participation”. That was only one item for debate among many others during the preparation. I felt that the BI’s request that there should be space for plot gardening was justified. When you have thirty hectares of land at your disposal, then perhaps one hectare could have been made available for this purpose. However, that was not yet acceptable to the majority, as it was considered a privatisation of public spaces. So, in the end only the Bosnian women asserted themselves and managed to get a garden. And then, in the second phase of construction, there was a dispute with the allotment holders, who were all supposed to be gone. In the preliminary stage it was also discussed whether the garden allotments could be partially be included, but that was rejected for the same reason. Does the park’s success also have something to do with Berlin’s open society, possibly with the tendency to be convinced by good arguments? I might agree with the first part of that, but “tendency to be convinced by good arguments”, I experience that differently! (laughs)
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Is that now the position of the administration? Not only of the administration, I believe. Atelier Loidl (as well as other landscape architects) would probably share the same view after what they’ve been through. I think there are too many people here who are always and principally against everything, without really informing themselves at all. Perhaps it is also a lack of imagination. Anyway, only the finished park produced this enthusiasm.
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the experience of fifteen people sitting waiting for citizens to turn up and participate and only three or four “real citizens” actually turn up. Nevertheless, with regard to Tempelhof [Tempelhofer Feld], we have certainly benefited greatly from the Gleisdreieck experience.
Isn’t that perhaps also a matter of generation? Isn’t a generational shift taking place in the realm of citizens’ initiatives? Yes, I used to always say, “We are fiftyish, leftist academics“, but now I say, “We are sixtyish, leftist…” (laughs). We generally have more time available than young people with families. So it was the older generation that became active with regard to Gleisdreieck? Yes. That’s why we organised diverse civic participation, because it was clear that those doing all the talking belonged to a certain age and life-style group and were not speaking for everyone, even though they said they were. For example, people with an immigrant background were not represented, and they have quite different interests. They don’t want so much scrubland and naturalistic areas, they want a beautiful park where they can take visitors, a park of which they can be proud. They were also concerned that rents would go up if there was a beautiful park nearby. They really had quite different interests. Are the recommendations published by the Senate Department of Urban Development and Environment in “Handbuch zur Partizipation” (Manual for Participation) based on experiences in the development of Gleisdreieck? By no means solely. There have been many small projects over many years within the scope of the urban development programme “Soziale Stadt” (Social City) that were completed with a great deal of civic participation. The Gleisdreieck process did not provide the impetus for writing the manual. During refurbishment and similar projects there was a lot of civic participation in progress, but it just wasn’t noticed. I also have
This entire process at this level of intensity however first took place with Gleisdreieck Park, did it not? Yes, it had never been so extensive before. But then such a large inner city park hadn’t been planned in Berlin for a long time! It was clear to us that the Gleisdreieck citizens’ initiative certainly wanted to have a say and deserved to have a say. Without their work – who knows, there might be a highway there now! But it was also clear that citizens’ initiatives reflect the particular interests of twenty percent of the population at the most, and the remaining eighty percent want something different. That is also the reason why participation was so broadly based and diversified. Such a huge park has to be there for everyone, not only for a citizens’ initiative, no matter how worthy it is. Particularly since there was enough space for diverse interests. Berlin’s urban society is constantly changing: The pressure on spaces is increasing, rents are going up, for young people it is not as easy as it was a few years ago. Can sustainability really be guaranteed by civic participation? How sustainable can a park be when social change is so fast? Looking at all the historical parks, I don’t think that it is really so important. In a “good” park you feel good, even though it might be one hundred, two hundred or three hundred years old. It isn’t as if the Tiergarten has been depopulated since Gleisdreieck Park opened. You always ask yourself where all the people were before. However, I think that Gleisdreieck, as well as the opening of Tempelhofer Feld, encourage people to go outside more, because they have something in the vicinity. On the subject of design – do people expect something new today? For many that is the case, yes. Superficially, anyway. But I also believe that you can sense aesthetics, even if you are not consciously aware of them. Because most
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people are not. When you do something new, it is usually controversial at first. Pierre Bourdieu was concerned with this issue and said that the more new things you already know, the more easily you can accept something new. If you know only very little, then you can accept only very little, because you are not so well-versed in aesthetics. Bourdieu talks about “Educational Capital“. If you are educated in the arts, then you are much more open to new things in art, or even just in a park, than if you are someone who came to a standstill at Monet. This certainly substantiates the claim that the wasteland was being used because people saw beauty in it. However, that took some time. If you had asked thirty years ago, nobody would have thought it beautiful, except for perhaps three students. Nowadays many people in Berlin consider it beautiful. The Schöneberger Südgelände contributed a great deal to that. The important thing is to develop these wastelands and make something significant out of them. That also changes perception... so, in Herford they wouldn’t have seen it! (laughs) So does the use of classical design elements have a lot to do with the fears of an urban society? Sure. The desire to rebuild an old palace has to do with a fundamental uncertainty and a lack of confidence that something new can also be beautiful. In architecture that is almost more widespread than in our case. Trees are trees. You might put them in a different order, but they are still trees. This rejection of modern architecture is extremely violent in some groups of the population, and has less to do with education than with social background. Letters to the editor in favour of the palace and the redevelopment of the historic city centre at the Marx-Engels-Forum tend to come from Zehlendorf rather than from Wedding. Many people were overwhelmed by the fall of the Wall and the subsequent changes in society. Any change was most strongly noticed in Berlin. At present there is a deep mistrust of everything and everyone, especially of administrations and specialists. As if we had nothing else to do all day but think of ways to infuriate the public.
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The architecture critic Dankwart Guratzsch wrote in the daily paper Die Welt, dated 16th January 2014: “When architects build something wrong, it stays in the city for fifty years and the users have to look and see how they can cope with it. Bad architecture ruins taste, bad urban development ruins joie de vivre, (…) and the culture of coexistence”. Urs Kohlbrenner once said, “The city is slow”, and he is right. That is also just a problem of civic participation. A decent planning process covers a long period of time. Ten years or more. Perhaps there was civic participation at the beginning or in the middle, but when the excavator moves in, everything is forgotten again. “Strategie Stadtlandschaft Berlin” (Urban Landscape Strategy, 2012) and “BerlinStrategie – Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030” (Urban Development Concept Berlin 2030, 2014) speak of impulses and role models. What is missing are visions that are not only attached to the neighbourhoods concerned. These documents would be different if they didn’t have to be coordinated with so many parties. The missing things have probably been deleted at some point, in order to reach consensus. Administrations are not responsible for “visions”, these are tasks for politics and society. What has to happen in order to change something in Berlin? A better political leadership is needed. That has little to do with political parties and more to do with human beings. Moreover some of the citizens and the press need to be more willing to regard projects without prejudice and to let representatives of all positions have their say. Bashing is easy, being constructive is much more demanding.
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Ausschnitt aus dem Nord-Süd-Grünzug-Plan – grünräumliche Einbindung des Parks am Gleisdreieck Verfasser: TDB Landschaftsarchitektur Thomanek Duquesnoy Boemans Section of the North-South-Green corridor-Plan – green space integration of Park am Gleisdreieck Author: TDB Landschaftsarchitektur Thomanek Duquesnoy Boemans
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Daniela Riedel kommt 1997 zum Studium der Stadt- und Regionalplanung an die Technische Universität nach Berlin. Nach beruflichen Erfahrungen als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) sowie als Projektmitarbeiterin bei der Planungsgruppe 4 und der City&Bits GmbH kommt die Diplomingenieurin 2003 zum Zebralog-Team, um gemeinsam die interaktive Bürgerbeteiligung zur Neugestaltung des Alexanderplatzes im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durchzuführen. Sie ist Mitbegründerin, später Geschäftsführerin des Zebralog e.V. und seit 2007 Gesellschafterin der Zebralog GmbH & Co. KG. Von Mai 2005 bis Juni 2006 bestreitet Zebralog den Online-Dialog zur zukünftigen Gestaltung und Nutzung des Parks am Gleisdreieck. Daniela Riedel ist eine Pionierin der E-Partizipation und Expertin zu Fragen der digitalen Gesellschaft. Sie moderiert und steuert crossmediale Beteiligungsprozesse mit Leidenschaft und Weitblick.
er letzte Bauabschnitt ist im Frühjahr 2014 fertiggestellt worden, und der Park am Gleisdreieck erfreut sich hoher Beliebtheit, nicht nur bei den Anwohnern. Wie empfinden Sie sowohl als Berlinerin als auch als Stadt- und Regionalplanerin den neuen Grünraum? Ich empfinde den Park am Gleisdreieck als einen sehr gelungenen Ort, der verschiedene Zielgruppen anspricht und ganz verschiedenen Nutzungsanforderungen gerecht wird. Ich war vor zwei Jahren das erste Mal dort, da war noch nicht alles fertig. Das Zusammenspiel von Freiraum und Spielflächen habe ich als sehr interessant empfunden, da es außergewöhnliche Angebote für Groß und Klein gibt. Wenn man vorher eher abstrakt mit dem Projekt beschäftigt war, ist es wirklich ein Erlebnis zu sehen, was hier letztendlich geschaffen wurde. Auch wenn dieser Entwurf bei vielen Beteiligten erst nicht sehr beliebt war. Im Endeffekt sind doch viele Bürgervorschläge aufgenommen worden, was man zunächst nicht vermutet hätte. Die Umsetzung war sicher nicht einfach für die Verwaltung – die Gärten neben den Spielplätzen und Freiflächen, das Zusammenspiel der verschiedenen Nutzungen in der Realität. Ich bin beeindruckt, wie gut das funktioniert, und trotz allem ist es nicht so ein glatter Ort geworden, kein „Vorzeigepark“. Mich würde interessieren, ob die Berliner mit Migrationshintergrund eigentlich etwas vermissen, denn ich empfinde das Gleisdreieck schon eher als bürgerlichen Park, der unseren deutschen beziehungsweise unseren europäischen Vorstellungen von einem Park entspricht.
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»Das Neue war, dass hier die Ausschreibung für den landschaftsplanerischen Wettbewerb mit einer Bürgerbeteiligung vorbereitet wurde.Aus Verfahrenssicht ist das genau die richtige Stelle, an der Bürger beteiligt werden sollten.«
War der Online-Dialog zum Park am Gleisdreieck 2005/06 wegweisend für weitere Dialoge dieser Art? Unser erstes E-Partizipationsprojekt in Berlin haben wir zur Begleitung eines Wettbewerbsverfahrens im Rahmen der Gestaltung des Alexanderplatzes gemacht. Dann folgte die Masterplanung des Kulturforums und schließlich die Parkgestaltung zum Gleisdreieck. Hierbei war neu, dass ein Baustein neben dem anderen lag: die Begehung, die Fokusgruppen sowie die Architekturgespräche mit den Bürgern. Das entsprach ganz unserem crossmedialen Ansatz. Die Ergebnisse waren nicht immer synchron, aber wir haben beispielsweise versucht, die Schwerpunkte der Bürgerspaziergänge an unsere Ergebnisse anzupassen. Die Fragestellung bei der Bürgerbeteiligung im Internet war: „Wie hole ich die Leute ab?“ Es ging um die Ansprache über Spaziergänge und Begehungen, die Verknüpfung der verschiedenen Formate und so weiter. Das Neue war, dass hier die Ausschreibung für den landschaftsplanerischen Wettbewerb mit einer Bürgerbeteiligung vorbereitet wurde. Aus Verfahrenssicht ist das genau die richtige Stelle, an der Bürger beteiligt werden sollten. Wie bekomme ich die Anforderungen aus Nutzersicht mit den Kategorien und Erfordernissen der Ausschreibung zusammen? Große Erfahrungen hatten wir damals in diesem Bereich noch nicht, wir haben uns da auch herangetastet. Stand dieser Prozess Pate für weitere Verfahren dieser Art? Ja, der Prozess war sehr stark an das Wettbewerbsverfahren zum Park am Gleisdreieck angedockt. Beim Alexanderplatz gab es ja schon die Entwürfe, es ging
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nur noch um die Umsetzung. Das Besondere beim Park am Gleisdreieck war das frühzeitige Eingreifen. Das empfehlen wir in anderen Verfahren jetzt immer. Zurzeit klingt das noch innovativ, aber das kommt langsam, dass sich die Verwaltungen trauen, so etwas in ihre Wettbewerbsverfahren zu integrieren. Die Berliner Senatsverwaltung war in dieser Hinsicht sehr früh offen dafür, solche neuen Instrumente einzusetzen. Da sind andere Städte jetzt noch nicht angekommen. Was bedeuten Online-Dialoge für innovative und nachhaltige Stadtentwicklungskonzepte? Sie sind für mich immer ein Baustein von vielen. Zebralog verbindet „vor Ort“ und „online“. Letzteres ist vielleicht innovativ, aber längst nicht als alleiniges Merkmal. Innovation bedeutet für mich, dass man die verschiedenen Bausteine, Veranstaltungen, Spaziergänge, Expertengespräche und die Online-Beteiligung so miteinander verbindet, dass sie auch wirklich Ergebnisse bringen. Was ich ganz furchtbar finde, ist, wenn man vier Wochen lang diskutiert und dann ein „Endlosbericht“ entsteht, den keiner liest und der in der Schublade landet. Das ist nicht unser Anspruch. Wir wollen Ergebnisse, die man lesen kann und die für die Planung nützlich sind, die so anschlussfähig sind, dass die Auftraggeber damit weiterarbeiten können und mit der Auswertung keine zusätzliche Arbeit haben. Innovativ finde ich auch, dass die Verwaltung sich durch dieses Instrument über den Gesamtprozess klar werden kann, dass sie die politische Spitze braucht – jemanden, der nach außen präsentiert. Wenn 50.000 Leute etwas lesen, ist das etwas anderes als eine Abendveranstaltung mit 80 Teilnehmern, von denen fünf etwas sagen. Das
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hat eine andere Dimension, und nur dadurch ändert man Verwaltungsstrukturen. Das Spannende ist, dass Lerneffekte einsetzen. Das liegt teilweise völlig quer zu den alten Hierarchien, denn man muss sehr schnell antworten und reagieren. Wir versuchen immer, den Prozess weiterzuführen und nicht nur eine Alibiveranstaltung daraus zu machen. Natürlich muss man nicht bei jeder Fragestellung eine Internetbeteiligung ansetzen, aber bei Großprojekten oder auch bei kontroversen Projekten, die politisch aufgeladen sind, ist das sinnvoll. Da muss man politisch kommunizieren, das braucht eine Strategie. Ein weiterer wichtiger Punkt bei den Online-Dialogen ist die Informationsvermittlung. Wir haben häufig das folgende Problem: Wenn die Verwaltung auf Kommentare reagieren muss, verweist sie oft an eine Fachverwaltung, die wiederum in einem formalen Stil schreibt, der erst übersetzt werden muss, sonst versteht das keiner. Des Weiteren muss man das Thema auf den Punkt bringen: Worum geht es eigentlich, und was kann mitentschieden werden? Man muss die Verwaltung dahin bringen, dass der Beteiligungsgegenstand klar und eindeutig verständlich ist, zum Beispiel mit einem Video. Die Fragen müssen auf die richtige Art gestellt werden. Es ist besser, zu fragen, wo es laut ist in der Stadt, und nicht von Lärmminderungsplänen, Lärmbelastungen und Paragrafen zu sprechen. Nicht zu vergessen ist auch die Akteurs- und Teamanalyse im Netz, denn das Netz wird von der Verwaltung im Vorfeld fast gar nicht konsultiert. Es werden hauptsächlich die üblichen Multiplikatoren angeschrieben, aber die Diskussion in Foren wird nicht verfolgt, obwohl dort bereits die wichtigen Themen zu finden sind. In solchen Fällen muss man nicht neu diskutieren, sondern nur die Fragestellung entsprechend zuspitzen, sonst geht es am Kern vorbei. Welche Tendenzen zeichnen sich in der Online-Partizipation ab? Für mich werden zwei Entwicklungen sichtbar. Das sind zum einen die Einzelprojekte, bei denen die Senatsverwaltung und die Kommunen Erfahrungen gesammelt haben und sich nun eine Infrastruktur anschaffen
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möchten, über die Verfahren künftig abgewickelt werden sollen. Grundsätzlich ist diese Entwicklung gut. Sie ist aber sehr technikgetrieben, da nicht über Bürgerbeteiligung, sondern über Software gesprochen wird. Ich mache die Verwaltung dann gerne darauf aufmerksam, welche Beteiligungsanlässe den Fachverwaltungen vorliegen und welche Software tatsächlich sinnvoll ist. Zum anderen finde ich das Mediale im Raum – die Interaktion – spannend. Bürgerveranstaltungen könnten beispielsweise viel offener und interaktiver gestaltet werden. Das sogenannte „Townhall Meeting“ ist in Amerika schon ganz normal und könnte bei größeren Projekten auch hier Anwendung finden. Auch Spaziergänge, die mit Hilfe von iPads Planungsszenarien vermitteln, könnten Planungen transparenter und nachvollziehbarer machen. Medienfassaden im Stadtraum, die von Bürgern mit dem Mobiltelefon bespielt werden können, kommen gelegentlich bereits zum Einsatz. Wie wichtig sind klare Spielregeln für die zu Beteiligenden und die Verwaltung? Zwei zentrale Erfolgsfaktoren sind klare Absprachen mit der Verwaltung und das Beteiligungsversprechen gegenüber den Bürgern. Klar definierte Verfahrensschritte und der verbindliche Umgang mit den Ergebnissen müssen in der Verwaltung sichergestellt sein. Innerhalb des Online-Dialog-Raums selbst beziehen wir uns als Moderatoren ebenfalls auf verbindliche Regeln. Ich gehe nicht davon aus, dass alle Beteiligten das lesen, aber wenn es einen Regelverstoß gibt, dann können wir darauf verweisen, ohne zu erzieherisch zu wirken. Wir sperren nicht jeden, der sich etwas im Ton vergriffen hat. Wir würden das eher öffentlich kommentieren, um transparent zu bleiben. Zu Beginn der Moderation sind schnelle und klare Antworten sehr wichtig. In den ersten Tagen muss man sehr aufmerksam sein, denn da wollen sich alle äußern, die „schon immer dagegen“ waren. Der Ruf nach Teilhabe und Mitbestimmung hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Kann sich diese Entwicklung auch wieder umkehren? Werden wir der Beteiligung müde?
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Ich könnte mir vorstellen, dass das Interesse auf Seiten der Verwaltung wieder abnimmt, denn es werden teilweise auch schlechte Erfahrungen gesammelt. Für partizipative Verfahren wird viel Geld ausgegeben und die Ergebnisse sind oftmals nur mäßig. Aus Bürgersicht wird es keine rückläufigen Entwicklungen geben, denn eine Beteiligung wird schon jetzt erwartet, zumindest von denjenigen, die sich wirklich engagieren wollen. Engagierte Bürger kennen sich meistens auch besser im Netz aus als die Verwaltung, und das wird häufig zum Problem. Wir sagen der Verwaltung immer, dass sie sich mit dem Netz beschäftigen muß, um auf Augenhöhe diskutieren zu können. Auch Misserfolge gehören dazu. Die Verwaltung muss diesbezüglich lernen, kritisch zu reflektieren und mit der Kritik umzugehen. Wie viel Mitbestimmung ist tatsächlich sinnvoll? Es kommt immer darauf an, wie viel Entscheidungsfreiheit es gibt. Wenn eigentlich schon alles entschieden ist, würde ich sagen, besser keine Mitbestimmung. Am ehesten trifft das bei Großprojekten zu. Je früher und informeller man beteiligt, desto weniger Probleme wird es in der Planungsphase geben. Den Entscheidungsspielraum herauszuarbeiten, das ist das eigentliche Thema in der Verwaltung. Ist die Online-Beteiligung eher ein Instrument für bildungsnahe Schichten? Werden nicht auch große Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen? Je höher der Bildungsabschluss, desto höher die Beteiligung. Wir fragen diese Infos als freiwillige Angabe ab: Die meisten haben ein Abitur oder einen Hochschulabschluss. Unerreicht bleiben die Jugendlichen, sie spricht so etwas einfach nicht an. Bei Jugendlichen muss man ganz andere Dinge machen. Einfache, spielerische Umfragen oder Videos funktionieren ganz gut. Textbeiträge und Kommentare schreiben, die sich aufeinander beziehen, ist eine Bildungsbürger-Logik, die nebenbei auch sehr deutsch ist. Wir haben beispielsweise einen Online-Dialog in der Schweiz gemacht, da wurden fast nur Vorschläge eingereicht, nichts kommentiert und keine Konflikte angesprochen. Online-Dialoge mit migrantischen Zielgruppen sind ebenfalls sehr
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schwierig, das Verfahren und die Moderatoren müssen mehrsprachig sein. Das ist unheimlich aufwendig. Entfernt Online-Beteiligung die Bürger von der Verwaltung? Nein, im Gegenteil. Die Kommunikation ist viel direkter und bringt die Bürger näher heran, denn sie bekommen sofort Rückmeldungen auf ihre Beiträge und Fragen. Transparentes Verwaltungshandeln ist hier das Stichwort und funktioniert sehr gut. Die Bürger erhalten Aufmerksamkeit von der Verwaltungsspitze. Das wird uns immer sehr positiv gespiegelt. „Das unterschätzte Wissen der Laien“, Kommentare dazu? Wir sind nach jedem Verfahren von den vielen kreativen Ideen begeistert. Teilweise werden sogar ausgearbeitete Konzepte für den Stadtumbau oder ein neues U-Bahnnetz eingereicht. Manchmal sind auch sehr quer liegende Ideen dabei, die jedoch ihren Raum brauchen und trotzdem für die Verwaltung interessant sind, weil sie den Blick aufspannen. Voting-Systeme ermöglichen, dass gute Einzelideen nach oben gelangen. In den Toplisten befindet sich meistens eine Mischung aus Vorschlägen von organisierten Gruppen und guten Einzelideen, die so nicht sichtbar geworden wären. Welche Bedeutung hat für Sie persönlich die grüne Stadt? Haben Sie Visionen für den Freiraum Berlins? Freiräume sind für mich die ungeplanten Flächen, freie Denkräume. Berlin ist wirklich eine grüne Stadt, und das muss so bleiben. Es sollte Flächen geben, die innerhalb eines bestimmten Einzugsgebietes immer für Entwicklungen zur Verfügung stehen. Im Bebauungsplan sollten neben Wohn- und Grünflächen auch Freiräume mit diesem Charakter festgelegt werden. Gerade diese haben Berlin zu einer besonderen Stadt gemacht, und da ist in den letzten Jahren viel versäumt worden. Es ist wichtig, dass man Freiräume erhält, die Menschen mit neuen Visionen in die Stadt bringen und Veränderungen anstoßen.
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Ortsbegehung im Rahmen der Bürgerbeteiligung 2010 Site visit in the course of the participation process 2010
Daniela Riedel comes to Berlin in 1997 to study urban and regional planning at the Technische Universität. After gathering professional experience as a research assistant at the German Institute of Urbanistics (Difu), as a project team member at Planungsgruppe 4 and at City & Bits GmbH, the graduate engineer joins the Zebralog team in 2003 to carry out interactive civic participation for the redesign of Alexanderplatz on behalf of the Senate administration for Urban Development and Environment Berlin. She is one of the founders, later managing director, of Zebralog e.V., and since 2007 has been a partner at Zebralog GmbH & Co. KG. Between May 2005 and June 2006 Zebralog is in charge of the online dialogue for the future design and use of Gleisdreieck Park. Daniela Riedel is a pioneer of e-participation and an expert on issues of digital society. She moderates and manages crossmedia participation processes with passion and foresight.
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The final phase of construction was opened to the
public in spring and the park has proved very popular, not only with people who live in the area. How do you feel about the new Gleisdreieck Park, as a Berliner as well as an urban and regional planner? I think it is a very successful park, appealing to different target groups and fulfilling quite different requirements for use. I went there for the first time two years ago, when not everything was finished yet. I found the interaction of open space and playing grounds very interesting, as there were extraordinary choices for young and old. Then there are the gardens. Having worked more abstractly with the project earlier on, it was a real experience to see what had finally been created here – in spite of the fact that the concept was at first not very popular with a lot of participants. The bottom line is, however, that many of the citizens’ suggestions have been included, even though you might not have supposed so at first. Putting this into practice was certainly not easy for the Senate administration – the gardens next to the playing grounds and open spaces, the interaction of different uses. I was impressed by how well it works and yet, despite this, it has not become a bland place, not a ”showcase park“, where, for example, there is furniture that isn’t used at all. But I would really like to know if Berliners with an immigrant background feel that something is missing, because my feeling is that Gleisdreieck is a rather a middle class park, corresponding to our German or European notions of a park.
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»What was innovative was that the specifications for the landscape planning competition were prepared with civic participation. From a procedural point of view, that is exactly the right stage at which citizens should begin to participate.«
Was the online dialogue about Gleisdreieck in 2005 ground-breaking in terms of future dialogues of this kind? We performed our first e-participation project in Berlin to support a competition procedure for designing Alexanderplatz. The master planning of the Kulturforum followed and then the conception of Gleisdreieck Park. One component was laid next to the other: the inspection, the focus groups and the talks on architecture with the citizens. That was totally in accordance with our cross-medial approach. The results weren’t always so synchronous, but for instance we tried to match the focus of the walks with the citizens and our results. What was innovative was that the specifications for the landscape planning competition were prepared with civic participation. From a procedural point of view, that is exactly the right stage at which citizens should begin to participate. The questions regarding civic participation on the internet were along the lines of how to approach the people, how to establish contact via walks and inspections, how to connect the different formats and so forth. How to bring together users’ requirements and the categories and demands of the specifications. That was new for us. We didn’t have a lot of experience in this field at that time, so we took a cautious approach. Was this process applicable to other projects of this kind? Yes, the process was particularly suited to the competition procedure. There were already concepts for Alexanderplatz which only had to be realised. The very early stage of Gleisdreieck Park was special. We now always
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recommend this in other processes. At the moment that is still considered innovative, but gradually administrations are having the courage to integrate such things into competition procedures. In this respect, the Senate administration was open and interested in implementing these instruments at an early stage. Other cities have not quite reached this point yet. What do online dialogues mean for innovative and sustainable urban development concepts? I think they are always just a component. Zebralog connects “on location” and “online”. The latter is perhaps innovative, but not as an only feature. Innovation means that you connect the various components with one another, so that they really bring forth results: events, walks, discussions with experts and online participation. I think it’s awful if you discuss a topic for four weeks and finish up with an endless report that nobody reads and that finally lands in a drawer. That is not our approach. We want results that you can read and that are useful for planning. Results so feasible that clients can continue to work with them without having the additional task of assessment. I also think it innovative that by means of this instrument the whole process becomes clear to administration and they see the need for a political lead – a public representative. If fifty thousand people read something, then it has a different impact than an evening event with eighty participants, of whom five contribute to the discussion. It is another dimension leading to a change of administration structures. Learning effects begin, and that is exciting. It is rather contrary to the old hierarchies, because you have to respond or react very quickly. We
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always try to continue the process and not to make it only a pretence. Of course, you don’t have to initiate internet participation for every issue, but it makes sense for major or controversial projects which are politically loaded. You have to communicate politically then and you need a strategy. Another important point with online dialogues is communicating information. We often have the following problem, that when the administration department has to react to comments, it tends to refer to some specialised department. They reply in their formal style that has to be translated, otherwise nobody understands a word. Furthermore, the topic has to be put in a nutshell. What is the subject and what can be co-decided? You have to get administration to make the matter for participation clear and easily understandable, for example with a video film. Classifying the necessary items is hard work. The questions must be placed in the correct way. For example, ask which parts of the city are noisy, rather than just speaking about noise reduction plans and the effects of exposure to noise. In addition, the analysis of protagonists and teams on the web should be recorded, as the web is not consulted by administration in the first stage. For the most part, the usual proponents are written to, but the discussion on the web is not followed although important topics can already be found there. In such cases, it shouldn’t be re-discussed, rather the questions sharpened accordingly, otherwise the essence will get lost. What is the future of online participation? For me, there are two things to consider. On the one hand, individual projects, in which the Senate administration or municipality X have gained experience. Now it changes insofar as they want to acquire infrastructure to handle the procedure. Principally, this development is positive, but it is also very technology driven, as not civic participation but software is discussed. I point out to the Senate administration that they should check which participatory occasions require specialised software.
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On the other hand, I think the medial rooms, the interaction, are exciting. Discussions with citizens could be organised in a more open and interactive way. The so-called “Townhall Meeting” is already quite common in the States – and could also be implemented here for larger projects. Walks with planning scenes shown on iPads could make planning more transparent and comprehensible. In addition, digital information can be accessed via mobile phone at the planning location and questions or suggestions collected. The results could be shown on a projection screen in the city. How important is it to have clear rules for the participating public and administration bodies? Two central factors for success are clear agreements with administration and the promise of participation to the citizens. Clearly defined process steps and the binding handling of results must be ensured by administration. Within the chat room of the online dialogue we as hosts often refer to the binding rules. I don’t assume that all participants read them, but when there is violation of the rules we can refer to them without being punitive. We don’t block each person who has struck the wrong note. We would comment on it publicly for more transparency. At the beginning of forum moderation, quick and clear answers are very important. You have to be very attentive during the first days, because everyone who has always been against it wants to comment. The call for participation and co-determination has greatly increased in the past few years. Might this development reverse, as people tire of participation processes? I can image that interest on the part of administration will decline, because they are to some extent suffering from their bad experience with “typical agencies”. They spend a lot of money and the results are only mediocre. From the citizens’ point of view there will be no downward trend, because participation is already expected today. At least from those people who really want to get involved. They usually are better-versed on the internet than administration and that is often a problem. We
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always tell administration that they have to be experienced with the web, to be able to discuss on an equal footing. Failures are also a part of the job, and administration has to learn to critically reflect and to deal with criticism. How much civic participation actually makes sense? It always depends on how much freedom of decision making there is. If a decision has already been made, I would say none. It is most likely for major projects, at an early stage and informal, because the sooner the participation, the fewer problems there are in the planning phase. That is the real issue in administration, to genuinely include room for decision making. Is online participation more an instrument for the educated classes? Are not large groups of the population excluded by online participation? The higher the level of education, the higher the level of participation. We ask for educational information on a voluntary basis and find that most have a university entrance diploma or a university degree. We still can’t reach young people, online participation just doesn’t appeal to this group. You have to do quite different things for teenagers. Simple, playful surveys or videos are quite helpful. Writing texts and commentaries, which refer to each other, is a logic of middle-class intellectuals, which is, by the way, typically German. We did an online dialogue in Switzerland, for example, and for the most part suggestions were submitted, uncommented or without conflicts mentioned. Online dialogues with immigrant target groups are also extremely difficult. The process and moderators have to be multi-lingual and that involves a lot of time and cost. Does online participation alienate citizens from administration? No, not at all. It is a much more direct way of communication, bringing citizens closer to administration, as they get immediate feedback on their comments or questions. Transparent administrative behaviour is the slogan here and it works very well. Citizens get attention from the head of administration. That always re-
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flects positively on us, as it doesn’t happen otherwise. “The underestimated knowledge of nonspecialists”– any comments on this? After each process we are thrilled with the creative ideas and even elaborated concepts for urban restructuring or a new underground network that have come our way. Some of these ideas are very far out, but, nevertheless, need to be expressed and are above all of interest to administration because they expand the focus. Voting systems enable good ideas to get to the top. In priority lists there is usually a mix of suggestions from organised groups and good single ideas that otherwise would not have been noticed. What significance does “Green City” have for you personally? Do you have a vision for Berlin’s open space? For me open spaces are the unplanned spaces, free mental spaces. Berlin is really a green city and that should not change. There should be spaces within a certain vicinity which are always available for new developments. Besides housing and green areas, open spaces with this character should also be defined in the development plan, because this has made Berlin a special city, and a lot has been neglected in this respect during the past years. It is important to have open spaces that attract people that bring new visions into the city and initiate change.
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Seit wann kennen Sie das Gleisdreieck?
Im Grunde kenne ich das Gleisdreieck seit den Neunziger Jahren. Ich war zu Vorwendezeiten in Berlin, das war 1988, 1989. Ich wohnte in Tempelhof-Schöneberg – unweit des Gleisdreiecks – und war sozusagen regelmäßiger Umfahrer dieses Areals. Man wunderte sich damals schon, was sich wohl hinter den hohen Mauern verbirgt. Die damalige Diskussion um die Fortführung der Westtangente hing noch ein bisschen nach. Später habe ich mich nochmals intensiver mit dem Gelände im Zusammenhang mit den Überlegungen der Senatsverwaltung, dort möglicherweise eine Gartenschau durchzuführen, beschäftigt und dann wieder sehr intensiv mit den Fragestellungen zum Potsdamer Platz. Danach gab es eine deutliche Unterbrechung über zehn Jahre, sodass ich erst wieder 2008 zu dem Thema „Gleisdreieck“ zurückgekehrt bin.
Christoph Schmidt, Landschaftsarchitekt, ist seit 2008 Geschäftsführer der Grün Berlin GmbH sowie seit 2010 auch Geschäftsführer der IGA Berlin 2017 GmbH. Als privatrechtlich organisierte, gemeinnützige Servicegesellschaft des Landes Berlin ist die Grün Berlin GmbH für alle Aufgaben der Freiraumentwicklung der Hauptstadt verantwortlich. Im Zuge der Planungen um das Gleisdreieck vertritt die Grün Berlin GmbH die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als Bauherrn. Christoph Schmidt ist des Weiteren Vorstandsvorsitzender der Grün Berlin Stiftung.
Welche Erfahrung war für Sie seit 2008 die wichtigste in Bezug auf den Prozess und die Entwicklung des Gleisdreiecks? Offen gestanden war ich sehr überrascht über das hohe Maß an Emotionalität, mit der das Thema Partizipation gehandhabt wurde. Das ging auch von einer lokalen Ebene von Leuten aus, die das Gleisdreieck schon seit langer Zeit kannten, liebgewonnen hatten und durchaus als ihren eigenen exklusiven, sehr spannenden und romantischen Ort verstanden haben. Es wurde auf einer unglaublich emotionalen Ebene gekämpft. Die Frage, ob wir nicht aufgefordert sind, ein Projekt stärker für das Gemeinwohl und für eine breiter angelegte Partizipation zu öffnen, führte nicht zwangsläufig zu Wohlwollen bei allen. Das war schon eine besonders bemerkenswer-
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»Ein Park trägt nicht grundsätzlich zur Gentrifizierung bei. Ganz im Gegenteil, er bezieht die Netzwerke, die angrenzend existieren, mit ein und stellt ein ‚Stadtteilzentrum im Freien‘ dar.«
te Erfahrung für mich. So hatte ich Stadtgesellschaft bisher nicht verstanden, und der teilweise aggressive Umgangston zu Beginn des Projektes war mir fremd. In der aktuellen Gestaltung sind nun Orte sichtbar, die von den Planern so nicht vorgesehen waren. Orte, die entstanden sind, weil sich Bürger dafür eingesetzt haben. Wie sehen Sie diese Ergebnisse? Der Projektverlauf hat eine insgesamt positive Entwicklung erfahren, und es wurden gute Ergebnisse erzielt. Zum Beispiel das Projekt „Garten im Garten“: Es gab gute Gründe dafür, eine Kleingartenanlage, die grundsätzlich erst einmal privat ist, nicht in einen öffentlichen Park zu integrieren. Man sah darin die Gefahr, dass innerhalb des Parks wieder eine Ausgrenzung der Öffentlichkeit geschehen würde. Aber als von Seiten der Kleingärtner die Proteste deutlich zu vernehmen waren, haben wir mit der Senatsverwaltung beschlossen, daraus ein richtiges Projekt zu machen. Die Herausforderung dabei war, die Kleingärten nach außen zu öffnen und die Möglichkeit zur Teilhabe zu bieten. Auch andere Kulturkreise sollten integriert werden. Die Übernahme von sozialer Verantwortung für den Raum war Teil der Aufgabenstellung, die wir damals sehr intensiv mit den Kleingärtnern bearbeitet haben. Das fand ich sehr positiv. Man muss an dieser Stelle auch herausheben, dass der Entwurf des Atelier Loidl geeignet war, um an seinen Rändern entsprechende Teilprojekte zu entwickeln. Der Entwurf war unter anderem deswegen so innovativ, weil er jene Nutzungen schon vorgesehen hatte. Er besagte, dass wir einen starken Rahmen brauchen, um solche
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partizipatorischen Projekte zulassen zu können. Von Seiten der Bürger wurde in der Tendenz nicht so sehr für diese Form von Projekten gekämpft, sondern vielmehr um einzelne Bäume. Es gab anfänglich beharrliche Kräfte, den Status quo zu erhalten. Wie verhält es sich mit dem Naturerfahrungsraum? Das war keine unmittelbare Initiative, die von Bürgern kam. Es gab eine Intention von der Senatsverwaltung, und ich fand diesen Gedanken auch sehr gut. Das Projekt mündete in einer neuen Studie zur Etablierung von Naturerfahrungsräumen in Berlin, deswegen wollten wir so etwas modellhaft im Park am Gleisdreieck initiieren. Haben Sie einen Lieblingsort im Park? Ich finde die Zweiteilung sehr interessant. Der Ostpark ist atmosphärisch der etwas „naturhaftere“ Part. Ich mag lieber den metropolen Westpark, der mit einer spannenden Geste auf die angrenzenden Stadtteile zugeht. Gerade dieser Parkteil bietet so vielen unterschiedlichen Nutzergruppen ein Angebot, das ist fantastisch. Es gibt sowohl kontemplative als auch exklusive oder exponierte Räume. Dann existiert natürlich auch der heiß umstrittene Bereich unter der U-Bahn im Westpark. Im Vorfeld hieß es: „Zu groß, zu laut, zu viel Versiegelung“ … Aber auch dort sieht man heute, wie sehr dieser Bereich angenommen wird. Es ist ein sehr heiterer Ort geworden, obwohl oben die U-Bahn fährt. Der direkte Blick auf den Potsdamer Platz und die tiefen Sichtbeziehungen sind etwas Besonderes. Hinsichtlich dieser Qualität schätze ich den Westpark sehr.
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Welches Potenzial hat der Park noch in Zukunft? Mit dem Gleisdreieck Park ist wirklich ein neuer, europaweit sehr besonderer Metropolenpark entstanden. Das, was die Volksparks in den 1920er-Jahren waren, hatte irgendwann einen Abriss. Nach meiner Vorstellung ist der Park am Gleisdreieck eine Art „Volkspark des 21. Jahrhunderts“. Das trifft man in vergleichbarer Weise äußerst selten an in Europa. Die Stadtgesellschaft verändert sich, gerade in den letzten 10 bis 15 Jahren hat der öffentliche Freiraum eine zunehmend wichtigere Bedeutung erhalten. Öffentliche Freiräume werden jetzt ganz anders antizipiert und genutzt. Das lehrt uns, dass wir offen sein müssen für kommende Veränderungserfordernisse. Deshalb gibt es beispielsweise die prozesshafte Fertigstellung des Parks. Wir warten auf Impulse aus der derzeitigen Parknutzung. Insofern sind wir gut vorbereitet auf die Zukunft und auf mögliche zukünftige Nutzungsänderungen. Hinzu kommt, dass uns ja auch ein Parkbeirat begleitet, also unterschiedliche Nutzergruppen, die zusätzlich Impulse geben. Stadträumlich gesprochen ist der Park am Gleisdreieck ein starkes Element, das Herzstück in einer längs gestreckten grünen Nord-Süd-Achse: Über nahezu 15 Kilometer durch die Stadt radeln zu können – fast ohne Hindernisse – das ist einmalig! Das ist wirklich ein Alleinstellungsmerkmal für die Freiräume einer Metropole. Kann die prozesshafte Fertigstellung des Parks tatsächlich nachhaltig wirken? Eigentlich ist man ja bestrebt, über das Thema Partizipation möglichst die Breite der Gesellschaft einzufangen und nicht nur ganz wenige. All diejenigen, die diesen Park nutzen, sollten auch im Bereich der Partizipation vertreten sein. Die Schwierigkeit dabei ist, dass sich nicht jeder angesprochen fühlt. Nicht jeder möchte so intensiv an der Bürgerbeteiligung teilnehmen. Noch dazu kommt, dass einige Lokalmatadore mitunter sehr lautstark sind und Zurückhaltendere sich nicht trauen. Aus meiner Erfahrung betrifft das leider auch die Gruppen mit Migrationshintergrund. Den Bevölkerungsgruppen, die nicht so artikulationsstark sind, muss noch mehr Raum und Gewicht gegeben werden. Mit der
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ersten Stunde des Bürgerbeteiligungsverfahrens muss der jeweilige Rahmen schon sehr konkret beschrieben sein: „Was ist unsere gemeinsame Aufgabe? Was möchten wir verwirklichen und wo sind die Grenzen? Was kann ich als Bürger entscheiden und was nicht?“ Diese Beteiligungsprozesse müssen immer wieder neu organisiert werden, damit sie kein Auslaufmodell werden. Das Bauen und Planen eines Parks dauert vielleicht fünf oder sechs Jahre. Danach setzt erst die Nutzung ein, die sehr viel länger dauert. Man muss bedenken, welche Akteure langfristig mit einbezogen werden und ob die Strukturen, die sich in der Planungsphase etabliert haben, genauso in die betriebliche Phase überführt werden können. Die Entwicklungsträgerschaft der Grün Berlin GmbH endet 2017 und geht dann an den Bezirk über? Bisher ist es so, dass der Vertrag zunächst bis 2017 läuft. Es geht künftig vor allem um das Beibehalten professioneller Parkmanagementstrukturen. Ich glaube, in Metropolen und Großstädten bedarf es heutzutage einer anderen Vorgehensweise, und die Grün Berlin GmbH bietet diesbezüglich etwas an. Dort, wo wir derzeit mit einigen Parkanlagen stehen, ich nenne mal den Görlitzer Park, das kann nicht die Zukunft bedeuten. Wir sehen uns in der Pflicht, der Stadtgesellschaft und dem Allgemeinwohl etwas Gutes zu tun und etwas Neues anzubieten. Es ist wichtig, dass sich auch das Parkmanagement innovativ und zukunftsorientiert weiterentwickelt. Wie sehen Sie die Einzäunung von Freiflächen? Grundsätzlich ist eine Einzäunung ja nichts Böses, da sie die öffentliche Nutzung nicht ausschließt. Das Gleisdreieck ist größtenteils nicht eingezäunt, aber es hat gleichwohl hohe Mauern und grenzt sich dadurch ein wenig vom Stadtraum ab. Insofern ist dieser Raum topografisch hervorgehoben und in gewisser Hinsicht etwas „kontrollierbarer“. Wir brauchen, abgesehen von verkehrssichernden Maßnahmen, nicht noch mehr Zäune. Was wir aber brauchen, sind „Park-Guides“, die als Ansprechpartner fungieren und regelmäßig schauen, ob alles funktioniert. Spontan-Partys, die am Wochen-
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ende nachts um halb eins oder zwei stattfinden, enden nicht selten auch mit Lagerfeuern, großen Scherbenhaufen und mit kleineren oder größeren Zerstörungen. Diese müssen sofort am nächsten Tag behoben werden. Das ist unsere Maxime. Wir möchten nicht, dass diese Werte, die mit öffentlichen Geldern entstanden sind, zerstört werden. Der Park hat ja auch eine sehr wichtige Verbindungsfunktion zwischen Nord-Süd und Ost-West. Diese starke Achse verbindet zwei Stadträume miteinander, die man vielleicht auch gegen zwölf Uhr nachts nutzen möchte, weil der Park gut ausgeleuchtet ist. Diese Verbindung durch eine Umzäunung zu sperren, halte ich für nicht so gut. Eine Umzäunung ist kein Allheilmittel. Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die Verantwortung der Bürger und der Nutzer des Parks? Wir sprechen in Berlin nicht von einer „breiten Bürgerschaft“. Berlin hat einen recht hohen und schnellen Bevölkerungsaustausch. Die Leute, die heute vor Ort sind, verschwinden auch schnell wieder und wenden sich womöglich anderen Themen und Orten zu. Eine kontinuierliche Verantwortung für eine längere Zeit empfiehlt sich sehr und bedarf einer Einbindung in das Parkmanagement. Wenn es darum geht, als Bürger Verantwortung zu übernehmen, dann ist diese oftmals nicht kontinuierlich. Aber die Kontinuität ist ganz wichtig. Trägt Berlins internationale und kreative Stadtgesellschaft zum Erfolg des Parks bei? Ja, der Park am Gleisdreieck ist kein Volkspark im traditionellen Sinne. Es ist ein Metropolenpark und bildet die Stadtgesellschaft ab. So, wie sich die Stadt verändert, so verändert sich auch die Zukunft des Parks. Die Bürger erobern sich Freiräume zurück. Dieses Bewusstsein gab es vor 15 Jahren definitiv noch nicht. Wird es zukünftig weitere Angebote für neue Nutzungen geben? Ja, westlich der Beachvolleyball-Anlage und nördlich des Baumarktes gibt es einen Bereich, den man noch weiterentwickeln könnte. Wir sanieren bereits die historischen Eisenbahnbrücken, die über die Yorckstraße
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führen, sodass auch eine stärkere Verlinkung des Gleisdreiecks mit dem Flaschenhalspark möglich sein wird. Und dann bieten sich im Randbereich des Parks noch Flächen an, die von Initiativen genutzt werden könnten. Ich wünschte mir mehr solcher Projekte, insofern Konzept und Inhalt mit dem Park und der öffentlichen Nutzung kompatibel sind. Aber da kommt leider relativ wenig. Die Erwartung, dass noch viele von solchen Initiativen auf uns zukommen würden, hat sich noch nicht bestätigt. Wird auf der Homepage der Grün Berlin GmbH kommuniziert, dass auf dem Park am Gleisdreieck Raum für weitere Projekte besteht? Wir betreiben bisher keine bewusste Partnerakquise. Aber das könnte noch kommen, und mit dem Parkbeirat möchten wir jetzt die zukünftigen Ziele festlegen. Seit drei Jahren ist die Grün Berlin GmbH unter anderem mit dem Netzwerk „Gleisdreieck und Anrainer“ verbunden. Die Idee dahinter war, die Quartiersentwicklung zu unterstützen. Es ging darum, die umliegenden Anrainer und Nachbarschaften zu vernetzen und diese nutzungs- und veranstaltungsbezogen auf den Park zu sensibilisieren. Dieses Netzwerk läuft bei der Grün Berlin GmbH zusammen und wird gemeinsam mit den Verantwortlichen des Deutschen Technikmuseums betreut. Der Park hört nicht an der Grenze der Mauer auf, er strahlt in die angrenzenden Bezirke. Was mir schwer fällt, zu akzeptieren. ist der Grundgedanke, dass Parks generell zur Gentrifizierung beitragen: „Besser kein Park, sonst steigen die Mieten“. Aber ein Park trägt nicht grundsätzlich zur Gentrifizierung bei. Ganz im Gegenteil, er bezieht die Netzwerke, die angrenzend existieren, mit ein und stellt ein „Stadtteilzentrum im Freien“ dar. Soziale Strukturen können optimiert, Lebens- und Wohnsituationen verbessert werden. Auf diese Weise kann ein Park „dem sozialen Frieden“ und der Stärkung von Benachteiligten in den angrenzenden Quartieren dienen.
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Ortsbegehung mit Christoph Schmidt 2009 Site visit with Christoph Schmidt 2009
Christoph Schmidt, landscape architect, has been managing director of Grün Berlin GmbH since 2008, as well as managing director of IGA Berlin 2017 GmbH as of 2010. As a non-profit service company of Federal Land Berlin, which is organised under private law, Grün Berlin GmbH is responsible for all issues of the development of open spaces in the capital. For the Gleisdreieck area Grün Berlin GmbH represents the Senate Department for Urban Development and Environment. Furthermore Christoph Schmidt is chairman of Grün Berlin Foundation.
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How long have you known Gleisdreieck?
Basically, I have known Gleisdreieck since the 1990s. I was in Berlin before the reunification, since 1988, 1989. I lived in Tempelhof-Schöneberg – not far from Gleisdreieck – and I used to pass by the area regularly. Even back then, one wondered what was hidden behind the high walls. At that time, the discussion about continuing the west tangent road had not completely died down. Later on, I got more involved in the area again when the Senate administration was thinking about putting on a garden show there, and, subsequently, in connection with issues regarding Potsdamer Platz, my involvement was more intense. Then there was a considerable break of ten years, so that it was 2008 before I returned to the subject of Gleisdreieck. Regarding the development of Gleisdreieck post-2008, what struck you most forcefully on a personal level? To be honest, I was very surprised by the intense emotionality with which the topic of civic participation was dealt with. It came from locals who had known Gleisdreieck for a long time, had become fond of it and definitely considered it their own exclusive, very exciting and romantic location. The battle was fought at an incredibly emotional level. The question of whether we are called upon to open up a project in the name of public welfare and to offer a wider-scale participation, did not necessarily enhance goodwill on all sides. That was an especially remarkable experience for me. Up till then, I had not experienced urban society in that way and the to some extent aggressive tone at the beginning of the project was new to me.
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»Parks do not principally contribute to gentrification. On the contrary, a park integrates adjoining networks and becomes an ‘outdoor district centre’.«
Today we can see areas in the park that were not planned that way by the planners. Areas that have been created due to the commitment of the citizens. What do you think of these results? The project process has had an overall positive development and good results have been obtained. For example, the “Garden in the Garden” project. There were good reasons for not integrating allotments, which are first and foremost private, in a public park. There was the risk that this might lead to the exclusion of the public within the park. However, when the protests of garden plot holders were clearly audible, we, together with the Senate administration, decided to turn this matter into a real project. The challenge of the project was to open the allotments externally, to offer the possibility of participation and to include innovation as far as this was possible. In addition, citizens with other cultural backgrounds were to be integrated. Taking over social responsibility for the area was part of the task and we became very intensely involved with the plot gardeners. I felt that was very beneficial. Also, it must be pointed out that Atelier Loidl’s concept was strong enough to allow the development of sub-projects at the park borders. The concept was strong because exactly this sort of thing had been planned for. It stated that a strong framework was needed to be able to allow such participative projects. The citizens, however, tended not to fight for these kinds of projects, but rather for individual trees. Initially, there were persistent forces to keep the status quo.
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What about the area designed to allow one to experience nature? That was not the result of a direct public initiative. The Senate administration expressed the intention and I very much liked the idea. The project led to a new study to establish areas for experiencing nature in Berlin, and for this reason we wanted to initiate something exemplary at Gleisdreieck Park. Do you have a favourite spot in the park? I think the bisection of the park is very interesting. As far as its atmosphere is concerned, the East Park is the more “natural“ part. I prefer the metropolitan part, that would be the West Park, which approaches the bordering city districts in a very thrilling way. This part has so much to offer to the many different user groups, and that is fantastic. There are contemplative as well as exclusive or exposed areas. Then there is the strongly debated area beneath the underground railway bridges (in the West Park). In the preliminary stage it was said: “Too big, too loud, too much soil sealing“ ... but even there you see how much this area is accepted today. It has become a very cheerful place in spite of the U-Bahn above. The direct view of Potsdamer Platz and the visual links are something special. As far as this quality is concerned, I really appreciate the West Park. What is the future potential of the park? With Gleisdreieck Park a very special metropolitan park has been created, with a concept that is new even in the European context. What the Volksparks (public parks) used to be in the 1920s came to a dead stop somewhere down the road. In my view, Gleisdreieck
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Park is a kind of Volkspark for the 21st century, something that is rarely found in Europe. Urban society is changing. Particularly in the last ten to fifteen years, urban public spaces have become more important. Urban public spaces are now perceived and used very differently. That teaches us that we must be open to coming demands for change. That is why, for example, the completion of the park is to be processual. We are waiting for inputs that arise from the current use of the park. We are well prepared for the future and for possible modifications in use. In addition, we are supported by the Advisory Board of the park, which means that different groups of users are providing additional inputs. Speaking in urban spatial terms, Gleisdreieck Park is a strong element, the centrepiece on a longitudinally extended green north-south axis. Being able to cycle nearly fifteen kilometers through the city – almost unhindered – that is unparalleled! That is really a unique feature for urban open spaces in a metropolis. Will the applied processual completion of the park actually have a sustainable effect? Through civic participation we aim to cast a very wide net. All users of this park should be represented within the scope of civic participation. The difficulty is that not everyone feels they are being listened to. Also, not everyone wants to be so intensely involved in civic participation. What is more, some of the local heroes are very loud, so that more reserved persons lack confidence to speak up for their issues. In my experience that also applies to groups with an immigrant background. More room and weight must be given to less outspoken groups of the population. The appropriate framework must already be precisely described at the outset of the civic participation procedure: What is our joint task? What do we want to achieve and what are the limits? What can I decide as a citizen and what can I not decide? The participation processes have to be reorganised again and again, so that they don’t become out of date. The planning and construction of a park take perhaps five or six years. Only then is it put
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into use, and that lasts much longer. Decisions need to be made about which protagonists will be involved and whether the structure established in the planning phase can be transferred just as well to the operational phase. Will administration of the park by state-owned Grün Berlin GmbH, which ends in 2017, then be transferred to the district? So far, our contract runs until 2017. Future issues are, above all, the perpetuation of professional management structures as well as new forms of park management. I believe that, nowadays, in capitals and big cities a different procedure is required, and Grün Berlin GmbH has something to offer. The present situation in some parks, for instance Görlitzer Park [famous park in the district of Kreuzberg], can’t be the future. We see it as our responsibility to be proficient in urban and public welfare and offer something beneficial. Also, it is important for park management to continue to develop innovatively and in a future-oriented way. What do you think about the fencing of open spaces? Basically, fencing is not a bad thing, as it does not rule out public use. The greater part of Gleisdreieck is not fenced in, but all the same it has high walls and slightly separates the park from the cityscape. This space has been topographically emphasised and is in some respect a little more controllable. Except where safeguarding measures are required, we don’t need any more fences. What we need are Park Guides as contact persons, who can regularly check if something is out of order. Spontaneous parties taking place at one or two in the morning often end with camp fires, piles of broken bottles and with minor and major damage. All this has to be repaired immediately the next day. That is our maxim. We don’t want things that have been created with public funds to be destroyed. After all, every taxpayer owns a share of these assets. The park also has the important function of connecting north-south and east-west. This strong axis connects
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two urban districts with each other, and can even be used around midnight because of the well-lit paths. I don’t think it would be a good idea to block them with a fence. As long a the park can be kept at this level, without needing fences, it’s fine. As soon as there are no more funds available for the Park Guides mentioned, a fence may be helpful. Fencing is not a cure-all solution, though. In this context, how do you see the responsibilities of citizens and other park users? In Berlin we cannot talk about a “wide, active citizenship”. Population fluctuation is quite high and fast. People living here today disappear again quickly and tend to get involved in other topics and places. A continuous responsibility for a longer period of time is very much to be recommended and requires the involvement of park management. Additional new sponsorships are not really an issue for us. The taking over of responsibility is often not a continuous process for citizens. However, continuity is very important. Does Berlin’s international and creative urban society contribute to the success of the park? Yes, Gleisdreieck Park is not a Volkspark (public park) in the traditional sense. It is a metropolitan park and represents urban society. As the city changes, the future of the park will change. Citizens reclaim urban open spaces. There definitely wasn’t this awareness fifteen years ago. Will there be proposals for more different usages in the future? Yes, to the west of the beach volleyball field and north of the home improvement store there is another area for expansion. That would be a place that could certainly be developed further. We are already reconstructing the historical railway bridges that cross Yorckstrasse, providing a better link between Gleisdreieck and Flaschenhalspark (Bottleneck Park). And then there are areas at the boundaries that could be used by citizens’ initiatives. I would wish for more such projects as long
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as concept and contents are compatible with the park and public use and would invigorate the park. I am sorry to say that there is relatively little feedback. Our expectation that we would be dealing with a lot of initiatives has not proved to be the case. Does Grün Berlin GmbH communicate on its homepage that there is space for further projects at the Gleisdreieck Park? We are not pursuing a deliberate acquisition of partners. But that might happen, and we would now like to establish our future targets together with the Park Advisory Board. Grün Berlin GmbH has, among other things, been affiliated with the network Gleisdreieck und Anrainer (Gleisdreieck and Neighbours) for three years. The idea behind it was to support a good part of the development of the neighbourhood. We wanted to connect the adjoining owners and neighbourhoods and create an awareness of park issues relating to use and events. This network is bundled at Grün Berlin GmbH and supported by us together with the German Museum of Technology. The park doesn’t end at the border wall, it sends out vibes into the adjoining neighbourhoods. It is difficult for me to accept the thought that parks generally contribute to gentrification – “Better no park, otherwise rents will increase”. However, parks do not principally contribute to gentrification. On the contrary, a park integrates adjoining networks and becomes an “outdoor district centre”. Social structures can be optimised and living conditions can be improved. In this way, it also serves “social peace” and strengthens the underprivileged in neighbouring districts.
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/ GESA KÖNIGSTEIN
Seit wann haben Sie das Gelände des Gleisdreiecks
bewusst wahrgenommen, und wie sind Sie darauf aufmerksam geworden? Das Gelände des Gleisdreiecks hat für mich schon immer eine große Präsenz gehabt, da ich in Westberlin aufgewachsen bin. Die Vielzahl von Stadtbrachen und verlassenen Grundstücken dieser Stadt haben eine große Faszination auf mich ausgeübt. Gerade als Jugendliche, als man bevorzugt diese nicht eindeutig codierten, nicht kontrollierten Orte suchte, die man entdecken und für sich erobern konnte. Aus der Fülle dieser Brachen sticht das Gelände des Gleisdreiecks dank seiner besonderen Lage an den Yorckbrücken und seiner Größe heraus. Als eigenständiger Raum durchzieht es Berlin vom ehemaligen Anhalter Bahnhof bis zum Schöneberger Gasometer und entwickelt eine außergewöhnliche Präsenz.
Gesa Königstein verbringt einige abenteuerliche Momente ihrer Kindheit und Jugend auf dem Gleisdreieck-Gelände. Nicht ganz unbeeinflusst von den Erinnerungen an die grüne Wildnis arbeitet sie heute als freischaffende Landschaftsarchitektin. Von 2009 bis 2014 ist Gesa Königstein wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung der Technischen Universität Berlin. Seit 2012 ist sie Lehrbeauftragte für Landschaftsarchitektur/-planung an der Münster School of Architecture. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf prozessorientierten Planungs- und Entwurfsstrategien im städtebaulich-freiraumplanerischen Kontext. Gesa Königsteins interdisziplinärer Forschungsfokus liegt an der Schnittstelle zwischen Landschaftsarchitektur, Ökologie und Städtebau.
Macht gerade seine Geschichte auch den Erfolg des Parks aus? Natürlich sind die vorhandenen Strukturen sehr spannend, aber man findet Ähnliches auch an anderen Orten der Stadt. Ich glaube eher, dass der Erfolg des Parks sich aus der Selbstverständlichkeit begründet, mit welcher er sich darstellt. Man hat das Gefühl, der Park am Gleisdreieck sei schon immer da gewesen und keine Neusetzung. Vor allem wird er auf der städtebaulichen Ebene zu einem wichtigen Verteiler, welcher die unterschiedlichsten Schichten des urbanen Systems aufnimmt, sie weiterentwickelt und Überlagerungen zulässt. Dadurch entsteht die spezifische Qualität dieses Ortes: keine Musealisierung, sondern der bewusste und kreative Umgang mit den vorhandenen Strukturen,
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»Ich glaube, dass der Erfolg des Parks sich aus der Selbstverständlichkeit begründet, mit welcher er sich darstellt. Man hat das Gefühl, der Park am Gleisdreieck sei schon immer da gewesen (…)«
sodass der Park nicht zu einem räumlich isolierten Satelliten wird und keine Gegenwelt zur Stadt formuliert; er ist ein Teil des urbanen Gewebes, der mit den unterschiedlichen urbanen und landschaftlichen Systemen der Stadt interagiert. Finden Sie die neu geschaffene Wegeverbindung zwischen den Stadtteilen gelungen? Mein Eindruck ist, dass der Park eine enorme Verbindungsfunktion besitzt. Die Nord-Süd-Achse ist dabei eine sehr schnelle Verbindung, der Park wird hier zu einem „Green Flyover“ – zu einer urbanen Infrastruktur unterschiedlicher Mobilitäten – vom Fußgänger bis zum Radfahrer. Die Ost-West-Verbindung funktioniert anders, sie erscheint nicht ganz so offensichtlich durch die durchaus etwas „herausfordernde“ Querung der Bahntrassen. Mit der städtebaulichen Entwicklung des Quartiers an der westlichen Grenze des Parks wird sich diese sicherlich künftig auch ändern und damit deutlicher werden. Haben Sie Lieblingsorte im Park? Da gibt es einige, was sicherlich auch mit der Vielschichtigkeit und Vielfalt des Parks zusammenhängt. Es sind vor allem die Orte, an denen unterschiedliche Strukturen aufeinander prallen, die in ihrer Gegensätzlichkeit eine unglaubliche Dynamik formulieren. Zum Beispiel die Übergänge an den Yorkbrücken oder von Ost- und Westpark, wo die ICE-Trasse abtaucht. Über die Kontraste, die dort zusammenkommen, entwickelt sich ein Spannungsfeld, welches Berlin widerspiegelt und sehr starke Bilder entstehen lässt. Der Park beinhaltet viele typische Momente dieser Stadt: Hetero-
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genität, Widersprüchlichkeiten und Dissonanzen. Das Zusammenbringen von Gegensätzen, aber auch die Materialsprache, diese roughness, gefallen mir gut. Das ist ein Park, der Teil einer Lebens(um)welt ist und eben nicht nur ein Artefakt – ein Ort, an dem sich unterschiedliche urbane Praktiken manifestieren und der einen sozialen Raum definiert. Gleichzeitig sind die sehr unterschiedlichen Orte und Raumsequenzen durch das differenzierte Wegenetz erleb- und erfahrbar. Durch das Zwischenschalten der unterschiedlichen Wege und Loops entsteht eine scheinbar räumliche Unendlichkeit – ein „Perpetuum mobile“-Moment –, sodass der Park nicht zu enden scheint und eine enorme Dynamik mit unterschiedlichsten Geschwindigkeiten bietet. Meinen Sie, dass der Park so auch woanders funktionieren würde? Der Park wurde für diesen Ort und seinen spezifischen Kontext entwickelt, das spiegelt sich natürlich im Entwurf und der speziellen Programmierung wider. Dennoch lässt der Entwurf auch Raum für nicht eindeutig codierte Flächen und ermöglicht Unvorhersehbares. Durch das ‚abstrakte’ Nutzungsangebot, das „Bespielung“ und Aneignung zulässt, erfolgt eine Rückkopplung zwischen den Nutzern und der räumlichen „Hardware“, wodurch eigentlich erst diese sehr speziellen Momente entstehen, die den Park ausmachen. Es ist die Qualität des Entwurfs, dieses räumliche Feedback zu ermöglichen und auch eine Offenheit zu formulieren, die Veränderungen und damit sich ändernde Ansprüche aufnehmen kann. Würde man den Park am Gleisdreieck „Copy/Paste-artig“ in eine andere Stadt mit ähnlicher Dichte setzen, würde er sicherlich auch funktionieren.
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Durch den jeweiligen Kontext und die eigene Art der Nutzung und Aneignung der nicht eindeutig codierten Flächen würde er jedoch sicher etwas anderes formulieren. Neue, kontextspezifische Qualitäten würden entstehen. Werden sich unsere Ansprüche an öffentliche Grünflächen verändern? Einen Park nur durch ein vorgegebenes Raumprogramm zu benutzen und zu konsumieren, entspricht nicht mehr ausschließlich unseren heutigen Ansprüchen. Vielmehr besteht ein ebenso gesteigertes Bedürfnis, öffentliche Freiräume anderweitig zu bespielen und mitzugestalten. Genau dies zu integrieren und geeignete Spiel räume zu schaffen, ist die große Herausforderung für Landschaftsarchitekten, denn natürlich muss ein Entwurf auch immer einen gewissen Klimax formulieren und dennoch Prozesse zulassen, welche diesem absoluten Zustand eigentlich widersprechen. Es muss eine Balance zwischen der reinen Konzeption, dem finalen Entwerfen und dem Unberechenbaren, der „kalkulierten Ungewissheit“ [siehe auch Cedric Price] gefunden werden. Ich bin der Meinung, dass die Frage der Partizipation – die ich lieber als aktive und permanente Teilhabe formulieren möchte – vor allem auch eine Entwurfsaufgabe ist, nicht nur eine Verfahrensfrage vor bzw. innerhalb eines Entwurfs- und Planungsprozesses. Im Park am Gleisdreieck treffen zwei unterschiedliche Stadtentwicklungsgeschichten in einem großräumlichen Freiraumgefüge aufeinander… …Was diesen Park zu einem besonderen, urbanen Ort macht. Sicherlich hängt dies auch damit zusammen, dass dieser Gesamtraum ein Produkt einer speziellen Stadtgeschichte ist. Nicht nur die baulichen, sondern auch die landschaftlichen Strukturen in Form der vorhandenen Ruderalvegetation sind ein Produkt dieser Geschichte und schaffen über diese Referenz ein urbanes Moment. Es entstehen gerade in diesem Zusammenspiel der städtischen und landschaftlichen Referenzen sehr eigenständige und außergewöhnliche urbane Naturbilder. Berlin verfügt aufgrund seiner Geschichte
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über Raumressourcen, die städtebaulich betrachtet, in vielerlei Hinsicht unglaubliche Potenziale und Qualitäten aufweisen, über die andere Städte nicht verfügen und solche Orte wie den Park auf dem Gleisdreieck erst möglich machten. Dies wird auch auf städtebaulicher Ebene sichtbar: Der Park am Gleisdreieck verbindet nicht nur die angrenzenden Quartiere miteinander, sondern stellt auch einen wichtigen Baustein in Bezug auf das Freiraumsystem dar, indem er den Potsdamer Platz, den Landwehrkanal, den Viktoriapark und das Tempelhofer Feld in einen räumlichen Bezug setzt. Wer ist heutzutage an der aktiven Gestaltung der Stadt und ihren Wertschöpfungsprozessen beteiligt, wer sollte beteiligt werden? Momentan scheint sich in Partizipationsprozessen eine Permanenz von Partikularinteressen zu manifestieren. Diese gesellschaftliche Tendenz einer zunehmenden Individualisierung birgt die Gefahr, dass es zu einer indirekten Privatisierung von öffentlichen Räumen kommt. Der öffentliche Raum muss davor geschützt werden. Vielleicht muss das Verfahren „Partizipation“ und dessen Prozesse weitergedacht werden, um so etwas zu vermeiden. Es wäre wichtig, aus den Akteuren professionelle Amateure zu machen, um sie zu befähigen, am Diskurs über die Stadt teilzunehmen. Nicht immer ist mangelndes Interesse, sondern oftmals nur ein mangelndes Können das Problem. Das ist eine Problematik, der wir uns als Entwerfer und Planer stellen müssen. Wir müssen neue Interaktions- und Kommunikationsformen entwickeln, um Zugänglichkeit und Teilhabe am öffentlichen Raum zu erhalten.
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»I think that the success of the park lies in the way it presents itself as a matter of course. You have the feeling that Gleisdreieck Park has always been there (…)«
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hen did you first become aware of the Gleisdreieck area and what made you notice it? Having grown up in West Berlin, the Gleisdreieck area has always had an actual presence for me. The many urban wastelands and neglected plots held a fascination for me as a youngster on the lookout for those imprecisely defined and uncontrolled places that you could discover and conquer for yourself. Among the variety of such wastelands, the Gleisdreieck terrain stood out, because of its special location at the Yorck bridges and because of its size, extending as a space of its own from the former Anhalter Station to the Gasometer in Schöneberg, and thus exerting an extraordinary presence. Picknick der AG Gleisdreieck auf dem Gelände des heutigen Ostparks, 1990 AG Gleisdreieck picnic in today’s East Park, 1990
Does its history contribute to the park’s success? Of course, the existing structures are very exciting, but you do find similar things at other locations in the city. I rather think that the success of the park lies in the way it presents itself as a matter of course. You have the feeling that Gleisdreieck Park has always been there and is not newly placed there. Above all, on an urban level, it has become an important junction, absorbing the widely different tiers of the urban system, continuing to develop them and allowing overlaps to take place. This creates the specific quality of the location, contributing to the success of the park: no museumisation, but the sensible and creative interaction of existing structures, so that the park does not become a spatially isolated satellite. It does not formulate an alternative world. Instead, it is part of the urban fabric, interacting with the different urban and landscape systems of the city.
Gesa Königstein spends some adventurous moments of her childhood and youth in the Gleisdreieck area. Not unaffected by memories of the green wilderness she today works as a registered landscape architect. From 2009 to 2014 Königstein works as assistant professor at the Institute of Landscape Architecture and Environmental Planning at the Technische Universität Berlin. Since 2012 she is a lecturer in landscape architecture and planning at the Münster School of Architecture. She directs most of her attention to processual planning strategies. Gesa Königstein’s interdisciplinary focus on research is the interface between landscape architecture, ecology and urban planning.
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Do you think the newly built connections between the urban districts work well? My impression is that the park has a tremendous capacity to connect. The north-south connection is the very fast one; the park becomes a “green flyover” – an urban infrastructure of different mobilities, from the pedestrian to the cyclist. The east-west connection works differently, as it does not seem quite so obvious due to the rather challenging crossing of railway tracks. With the urban development of the district at the western border of the park, this might change in the future and become clearer. Do you have favourite places in the park? Quite a few, which certainly has something to do with the complexity and diversity of the park. First and foremost, they are the places where different structures clash, forming an incredible dynamic in their contrasting nature. For example the crossings at the Yorck bridges as well as the transition between the East Park and West Park, where the ICE track descends. Due to the combination of contrasts, an area of tension develops, reflecting Berlin and evoking very strong images. The park comprises many typical elements of the city: the heterogeneity, the inconsistencies and the dissonances. I like this merging of contrasts, but also the material language, the roughness. It’s a park which is part of a living environment and not just an artefact – a place where different urban practices become manifest and social space is defined. At the same time, the very different places and spatial sequences of the park can be experienced on the detailed network of paths. By interconnecting the different paths and loops a spatial infinity is apparently created – like a perpetual motion machine – so that the park seems endless and offers an enormous dynamic at many different speeds. Do you think the park would work like this if it were located elsewhere? The park was developed for this location and its specific context, and this, of course, is reflected in the concept and the special programming of the park. In
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spite of this, the concept leaves room for indistinctly encoded areas and enables the unforeseen. Through these abstract options of use that allow (re) utilisation and appropriation, there is a feedback between users and the spatial “hardware” of the park, creating these very special moments which make the park tick. It’s the quality of the concept which enables this spatial feedback. It also formulates an openness which can absorb changes and subsequently changing demands. If you could copy and paste this park into another city with similar urban density, it would probably work. However, due to the individual context and the specific kind of use and appropriation of indistinctly encoded areas, it would in the end formulate spaces differently. New context specific qualities would be created. Will our demands on urban green spaces change? Using a park only according to a given spatial programme no longer reflects current demands. There is also an increasing need to use space differently and to participate in the design process. To integrate this and create these opportunities for ‘interaction’ is the great challenge for designers and landscape architects, because it nonetheless requires the formulation of a concept “climax” which still needs to allow processes which are, in fact, contrary to this absolute status. A balance must be found between the original conception, the final design and the unpredictable, the “calculated uncertainty” [see also Cedric Price]. In my opinion, the question of participation – which I would rather formulate as active and permanent involvement – is above all also a task of design and not just a procedural question before or within a design and planning process. The city meets at Gleisdreieck Park. Two different urban development histories clash here in a vast spatial structure of open spaces… …making this park a special and urban location. Certainly this is also related to the fact that the entire region is a product of its special historical background. Not only the buildings but also the landscape structures
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Bauwagen der AG Gleisdreieck vor der Ausstellungsfläche des Deutschen Technikmuseums, Sommer 1989 Construction trailer in front of the exhibiton space of the German Museum of Technology, summer 1989
Who is actively involved in the designing of the city, adding to its value, and who should be? At the moment, particular interests seem to manifest themselves permanently in the participation processes. In this social tendency of increasing individualisation lies a risk that might lead to indirect privatisation of public space. Public space has to be protected against this and therefore perhaps the procedure “participation” and its processes must be developed further to avoid this. It would be important to turn the stakeholders into professional amateurs to enable them to take part in urban debates. The problem is not always a lack of interest, but often only a lack of capability. So that is a question we must ask ourselves as designers and planners. We need to develop new ways of interaction and communication to preserve access to and participation in public space.
in the form of the existing ruderal vegetation are a product of this history and with this reference create an urban moment. In this interaction between urban and landscape references very individual and exceptional urban pictures of nature come into being, which are really very specific to Berlin. Moreover, due to its history, Berlin possesses space resources which, from an urban development viewpoint, show in many ways incredible potential and qualities not available in other cities, and uniquely make such locations as Gleisdreieck Park possible. This becomes clear when you see how important this park is as urban development. Gleidreieck Park not only connects bordering neighbourhoods with each other, but is also an important component of the open space system in that it places Potsdamer Platz, the Landwehrkanal, Viktoria Park and Tempelhofer Feld in a spatial relationship.
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Ortsbegehung Flaschenhalspark 2010 Site visit 2010 Flaschenhalspark (Bottleneck Park)
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»Generell finde ich, dass wir viel erreicht haben. Dass es den ganzen Park ohne unser Bürgerengagement nicht gäbe, gibt inzwischen auch die Senatsverwaltung zu.«
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Dr. Elisabeth Meyer-Renschhausen lebt als freischaffende Publizistin und Privatdozentin in Berlin. In ihren Publikationen und Seminaren befasst sie sich unter anderem mit sozialen Bewegungen, urbaner und ländlicher Entwicklung im Globalisierungsprozess und Urban Agriculture and Gardening. Dr. Elisabeth Meyer-Renschhausen engagiert sich seit 1990 für die Erhaltung des Freiraumes Gleisdreieck. 2007 sieht sie die Bürgerbeteiligung für komplett gescheitert an und zusammen mit der Bürgerinitiative AG Gleisdreieck bewirkt sie die Neuausrichtung des damals noch nicht beendeten Beteiligungsprozesses. Sie lebt und arbeitet unweit des Parks und fährt fast täglich mit dem Fahrrad entlang des Grünzugs bis zum Allmende-Kontor auf dem Tempelhofer Feld, ihrem aktuellen Gemeinschaftsgarten. Meyer-Renschhausen organisiert regelmäßig Radtouren zu der wechselvollen Geschichte der Gemeinschaftsgärten Berlins und betreibt das Büro „EMR Plan(t) für Gärten und Touren in Bild und Wort“.
ür Außenstehende ist die Vielfalt des bürgerlichen Aktivismus rund um das umkämpfte GleisdreieckGelände oft verwirrend und schwer einsehbar. Schildern Sie uns bitte Ihre persönliche Chronik! 1989 entstand die Bürgerinitiative Nelly-Sachs-Park, ich war wohl von Anfang an mit dabei. Der Nelly-Sachs-Park ist eine kleine Grünfläche, die im Zuge des „ökologischen Stadtumbaus“ der 1980er-Jahre am Bülowbogen, also östlich der Lutherkirche am Dennewitzplatz geschaffen wurde. 1989 sollte der kleine Park an seiner offenen Seite zum Gleisdreieck bebaut werden. Dieser nach seinem Architekten benannte „Oefelein-Riegel“ hätte den kleinen Nelly-Sachs-Park jedoch vom östlich davon gelegenen Gleisdreieck-Gelände getrennt. Das wollten wir verhindern. Gleichzeitig haben wir gegen den Verkehrslärm auf der Bülowstraße protestiert. Wir organisierten 1989/90 mehrere Demonstrationen und Straßenbesetzungen nach Hamburger Vorbild: „Überall ist Stresemannstraße“, eine viel befahrene Durchgangsstraße, wo 1989 mehrere Kinder überfahren worden waren. Mit der großen Besetzung der Bülowstraße im Herbst 1989 kamen wir dann auch mit ganzseitigen Fotos und Artikeln in die Wochenmagazine Stern und Spiegel. Durchschnittlich 45.000 Autos fuhren damals pro Tag über die Bülow- und die Goebenstraße. Die Lärmbelästigung der Anwohner war extrem. Daher plädierten wir dafür, den Nelly-Sachs-Park mit dem Gleisdreieck Park zu verbinden, da die Bürger als Ausgleich eine große ruhige Erholungsfläche mit besserer
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Luft dringend brauchten. Der geplante Gebäuderiegel hätte den Austausch der Luft zwischen der feinstaubverpesteten Bülowstraße, Goeben- und Potsdamerstraße und dem offenen Gleisdreieck-Gelände verhindert. Aber mit diesem Anliegen kamen wir nicht durch, es wurde trotzdem gebaut. Nach 1989/90 war die kleine Bürgerinitiative Nelly-Sachs-Park als Gegner von Verriegelung, Autoverkehr und Lärm stadtbekannt. Wir haben ja auch etwas erreicht: Die Kurve im Bülowbogen wurde entschärft, und die Bülowstraße hat heute nicht mehr acht, sondern nur noch vier Spuren. Wir werden zukünftig auch einen an den Nord-Süd-Radweg angekoppelten Extra-Fahrradweg bekommen, sodass die Radfahrer hier nicht mehr in unzumutbarer Weise über die Straße müssen. Aus dem Zusammenschluss der Bürgerinitiativen NellySachs-Park, Tiergarten-Süd, Westtangente und anderen entstand bereits Anfang der 1990er-Jahre die Interessengemeinschaft (IG) Gleisdreieck. Ab 1990 sind wir dann auf das Gelände gegangen und haben uns zuerst einmal angesehen, wie es dort so aussah und wie ungut die ansässigen Autowerkstätten mit dem grünen Kleinod umgingen, indem sie ungeniert Öl in den Boden laufen ließen. Das Grundstück war von der Reichsbahn in Teilen an – oft hart am Rande der Legalität operierende – Autoreparaturwerkstätten verpachtet worden. Bereits Ende der 1980er-Jahre sollte aus dem Gelände der sogenannten „Grüntangente“ ein Nord-Süd-Radweg entstehen [Das Motto der BI Westtangente lautete „Grüntangente statt Westtangente“; die Westtangente war Teil eines umstrittenen Autobahnprojektes für Gesamtberlin, welches die Umfahrung des im Ostteil der Stadt gelegenen Zentrums ermöglichen sollte.]. Eine Bundesgartenschau sollte den Park gestalten helfen. Aber die Reichsbahn und später die Deutsche Bahn begannen gleich nach der Wende und seit ihrer de facto Privatisierung 1994 eine asoziale Politik der Bodenspekulation. Die Bahnchefs versuchten, entgegen der Interessen der Berliner Bürger, aus dem Gelände, das doch eigentlich der Allgemeinheit gehörte, durch Vermietung und Verkauf Geld zu generieren. Wir organisierten weitere Protestveranstaltungen und schafften es einmal sogar, vor das Gebäude der Reichsbahn ein
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Schrottauto hinzuschaffen. Auf einem unserer Plakate stand „Reichsbahn zerstört Natur“, denn damals war es noch die Reichsbahn und nicht dieses Gebilde von immer wieder verkauften Bahnverwertungsgesellschaften, mittels derer man heute verantwortliches Handeln verunmöglicht. Schon als Bürgerinitiative Nelly-Sachs-Park hatten wir gleich zu Anfang herausbekommen, dass die Kleingartenanlage POG am Potsdamer Güterbahnhof auf dem Gleisdreieck-Gelände dem Sport geopfert werden sollte, daher sind wir entsprechend früh in die zuständigen Ausschüsse der Bezirksparlamente Tempelhof-Schöneberg und Kreuzberg gegangen. Wir haben erst ganz am Ende des Bürgerbeteiligungsverfahrens geschafft, dass diese Entscheidung zurückgenommen wurde. Zwischenzeitlich erreichten wir immerhin, dass die Kreuzberger das Wäldchen südlich des Deutschen Technikmuseums zugesprochen bekamen. Dieses Wäldchen war das erste Stück Natur auf dem Gleisdreieck, das gerettet wurde; Erika Romberg von den Grünen war damals Baustadträtin in Kreuzberg. Wir haben – wie erwähnt – dann noch mehrfach die Bülow-, die Yorck- oder auch die Goebenstraße besetzt und uns dann, als diese Verriegelung des Nelly-SachsParks nicht aufzuhalten war, vermehrt um das Gleisdreieck-Gelände gekümmert. Welches Resümee ziehen Sie heute im Hinblick auf bürgerliche Partizipation? Bürgerbeteiligung wird immer wichtiger. Der Senat will, und das wird ihm auch aus Brüssel so empfohlen, dass Bürger vermehrt ehrenamtlich tätig sind. Auf der anderen Seite wird die ehrenamtliche Arbeit dann aber als unbezahltes Laienengagement – wie ehedem die unbezahlte Hausarbeit der Hausfrauen – nicht wirklich gewürdigt, und die Ehrenamtler werden auf ihre Rolle als „unbezahlte Hausfrauen“ der Nation festgelegt. Das ist aber nicht machbar und sehr ärgerlich, denn seit der Wende und dem mangelnden Gegendruck aus dem sozialistischen Staatenblock haben wir eine Amerikanisierung der Marktverhältnisse, die eine Monopolisierung, einen neuen Imperialismus hervorrufen, und das wirkt sich auch auf die Verwaltungsstrukturen aus.
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Die Banken fordern stetig mehr Geld, etwa in Form von Anleihen für Neubauten, denn damit lässt sich immer noch Profit machen. Die Behörden sind dadurch unter ständigem Druck. Hierfür stehen beispielhaft die Planungsausschreibungen für die Gestaltungen des Parks auf dem Gleisdreieck und auf dem Tempelhofer Feld oder die Ausschreibung für die Zentrale Landesbibliothek. Anstatt die Bürgerinitiativen zu würdigen und neue Stellen für Gartenkoordinatoren, Gartentherapeuten und Übersetzer zu schaffen oder Jugendprojekte samt Ausbildungen in ehemaligen Lokschuppen zu finanzieren. Es ist sehr ambivalent, die Beamtinnen und Vertreter des Grünbereichs in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt wollen eigentlich gerne mehr Grün schaffen, aber der politische Druck ist sehr ungut. Die große Arbeitslosigkeit und die Armut in Berlin führen dazu, dass die Schere immer weiter auseinander geht. In der Senatsverwaltung weiß man gar nicht, wie wenig die Menschen eigentlich zur Verfügung haben. Wie lassen sich die Beziehungen zwischen der Arbeitsgemeinschaft und der Interessengemeinschaft Gleisdreieck beschreiben? Wie empfanden Sie damals die Kommunikation zwischen Behörden und Bürgervertretern? Ich gehörte zu der Gruppe der Gründerinnen und Hauptaktiven in den ersten Jahren der IG Gleisdreieck. 1997 haben wir – als ich bei der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät an der Humboldt-Universität eine Gastprofessur für „rurale Frauenforschung“ verwaltete – die „Arbeitsgruppe Kleinstlandwirtschaft“ gegründet, die sich mit Kleinstlandwirtschaft und Gärten in Stadt und Land beschäftigte. [Die Wiederkehr der Gärten – Kleinlandwirtschaft im Zeitalter der Globalisierung. Hrsg. von Anne Holl, Elisabeth Meyer-Renschhausen, Innsbruck 2000 und Die Gärten der Frauen – Zur Bedeutung von Kleinstlandwirtschaft und Gärten. Hrsg. von Elisabeth Meyer-Renschhausen, Renate Mueller und Petra Becker, Herbolzheim 2002]. Mit dieser Arbeitsgruppe organisierten wir drei größere Konferenzen und regten auch die Arbeitsgemeinschaft Gleisdreieck an, sich für Gemeinschaftsgärten auf dem Gelände einzu-
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setzen. Die AG Gleisdreieck griff diese Idee dann auf und formulierte ihre Forderung nach den „Internationalen Gärten der Kulturen der Welt“. Ich erinnere mich noch gut an die Begehung mit dem damaligen Baustadtrat und späteren Bürgermeister vom Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Dr. Franz Schulz [Bündnis 90/Die Grünen]. Wir kannten uns ja gut, aber da standen wir – scherzhaft gesprochen – zähnefletschend voreinander, weil er – ganz der „Realpolitiker“ – meinte, niemals würde man es schaffen können, in innerstädtischen Parks Gemeinschaftsgärten anlegen zu dürfen. Ich hatte aber seit Gründung unserer „Arbeitsgruppe Kleinstlandwirtschaft“ und bestärkt durch die Ergebnisse meiner New-York-Studie 2003/04 [Unter dem Müll der Acker – Community Gardens in New York City. Königstein im Taunus 2004] bei allen Gelegenheiten dafür plädiert, dass man Interkulturelle Gärten innerhalb von Parks einrichten möge. Erstens wollen viele der arbeitslosen Migranten gar nicht untätig auf dem Rasen im Park sitzen, sondern gerne etwas Sinnvolles tun. Zweitens würden die durch Kleingärten eingebrachten Pflanzenarten die Parklandschaft interessanter und weitaus vielfältiger machen, auch biologisch. Die häufige Anwesenheit von Gärtnern schützt zudem vor Vandalismus. Die Bahn und später die Bahnvermögens- und Liegenschaftsverwertungsgesellschaften mit wechselnden Namen wollten das Gelände gewinnbringend verwerten. Die Bahn und ihre Vermögensverwertungsgesellschaft Vivico wollte daher dem Land Berlin das Gelände nicht oder nur zu einem kleineren Teil als Parkland überlassen, weil man dafür ja viel weniger Geld bekäme. Nach dem Motto „Reich sticht Land“ tat die Bahn widerrechtlich so, als wäre sie noch eine Bundesbahn, obwohl es nur noch um das Verkaufen der nicht mehr benötigten Flächen ging. So musste das Land Berlin sehr lange mit der Bahn in Gestalt der Tochtergesellschaft Vivico und ihren Nachfolgern verhandeln, bis ein Vertrag zustande kam. Dies geschah erst, als der Kompromiss geschlossen wurde, nur zwei Drittel des Bahngeländes als Parkland auszuweisen und ein Drittel als Bauland freizugeben. Meiner Meinung nach handelt es sich hier um eine widerrechtliche Privatisierung ehemaliger Allmenden.
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Wie gestaltete sich Ihr Engagement für das Gleisdreieck als Gartenaktivistin vor Ort? 2005 durften wir endlich anfangen zu gärtnern. Wir bekamen offiziell ein kleines Gelände von etwa 5.000 bis 6.000 Quadratmetern für unsere Bürgerprojekte, darunter die Gärten. Wir begannen mit den Aktiven des Ökowerk am Teufelssee e.V., mit Spitzhacken den verdichteten Boden aufzuhacken und bekamen vom Bezirksamt einen Lkw Erde geschenkt, den wir in einer Sonntagsaktion mit vielen Schubkarren an Ort und Stelle brachten. Es entstand ein Schaugarten, eine Ausstellung zur Geschichte unserer Nahrungspflanzen als „Migranten“ wie Weizen oder Kartoffeln. Das wurde auf schön gestalteten Erläuterungstafeln auf deutsch und türkisch erklärt, die viel betrachtet wurden. Daneben legten wir aus Recyclingholz, das wir von einer Ausstellung am Gropiusbau gewonnen hatten, in der Nähe einer schönen dreistämmigen Birke mehrere einfache Kastenbeete an, auf denen bald munter Gemüse spross. Wie magisch zogen diese kleinen Beete die Menschen an, zumal wir hier auch eine Bank aufgestellt hatten. Die Parkbesucher saßen immer gerne zwischen den Kräutern, Blumen und Tomaten. Zudem organisierten wir einen Kompostworkshop zum Erlernen des fachgerechten Kompostierens und verwandten unendlich viel Zeit auf das Gießen. Das Wasser dafür mussten wir anfangs von einer über 200 Meter entfernten Straßenpumpe holen. Im darauffolgenden Jahr baten wir Bosiljka Schedlich vom Verein südost Europa Kultur e.V., mit uns zusammen einen Antrag auf Förderung der Interkulturellen Gärten auf dem Gleisdreieck zu schreiben, der zwar nicht zum unmittelbaren Erfolg führte, aber dazu, dass wir ab 2006 mit der Frauengruppe von südost Europa Kultur e.V. gemeinsam gärtnerten. Am 5. Mai 2006 kamen dann die bosnische Flüchtlinge, die sich bereits als Gartengruppe konstituiert hatten, zu uns aufs Gleisdreieck. Zwei Sommer lang haben wir dann tatsächlich mit wechselseitigem Gewinn und Vergnügen zusammen gegärtnert. Dass es am 5. Mai 2006 begann, weiß ich deshalb so genau, weil Google Earth damals seine ersten Berlin-Fotos machte und uns beim „Clearing the Ground“ mit aufs Bild bekam.
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In Ihrem Artikel „Generalangriff auf die wilde Natur“ für „Der Rabe Ralf - Die Berliner Umweltzeitung“ betiteln Sie den Park als „asozialen Feudal-Park“ und erklärten die Bürgerbeteiligung für „vollständig gescheitert“. Im Herbst 2007 haben wir die Bürgerbeteiligung als völlig gescheitert angesehen, und wir haben uns dann auch teilweise, zumindest für einige Jahre, zurückgezogen. Die Senatsverwaltung sprach zwar von Partizipation, aber wir hatten nicht wirklich etwas zu sagen. Es war offensichtlich mehr so eine Art Partizipation, wie man sie sich im neoliberalen Stadtentwurf so ausgedacht hatte: Man spricht davon, man macht es aber nicht. Die Planer wollten auf keinen Fall, dass wir mit unseren Gärten am ursprünglichen Standort bleiben konnten, und wollten unseren Garten an den Rand des Geländes verschieben. Wir sollten nicht so sichtbar sein. Heute befindet sich in dem Bereich, wo wir ehedem gärtnerten, eine große Langeweile mit ein paar Tischtennisplatten und sonst nichts. Ich habe bis heute nicht verstanden, warum die Gärten damals weichen mussten. Die jungen Leute vom Atelier Loidl wussten meiner Meinung nach nicht, in welcher Tradition sie eigentlich ihr Planungsbüro hätten führen müssen. Sie hätten sich dem alten Prof. Dr. Loidl mit seinem ausgesprochen sozialen und Bürgerinitiativen zugewandten Denken mehr verpflichtet fühlen müssen. Eine Folge des rüden Umgangs mit uns Bürgerinitiativen war das Zerbrechen der Gartengruppe. Im Nachhinein besehen war es natürlich gut, dass beide Gruppen an unterschiedlichen Ecken weitergemacht haben. So verfügen wir heute über einen Interkulturellen Garten auf dem Gleisdreieck und die Gemeinschaftsgärten des Allmende-Kontors auf dem Tempelhofer Feld, die wir alten Gartenaktivisten dann dort gegründet haben. Um den Beteiligungs- und Planungsprozess weiterführen zu können, wurde 2007 ein neuer runder Tisch mit externer Moderation eingerichtet, der regelmäßig tagte und nach aufwendigem Wahlverfahren aus allen möglichen Bürgerinitiativen beschickt worden war. Die Beteiligung der Bürger wurde so etwas ernster genommen. Generell finde ich, dass wir viel erreicht haben. Dass es den ganzen Park ohne unser Bürgerengagement nicht gäbe, gibt inzwischen auch die Senatsverwaltung zu.
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Haben Sie heute eine andere Einstellung zum Park? Zugegebenermaßen wundere ich mich, wo all die Leute herkommen, die sich bei schönem Wetter auf den Wiesen tummeln! Wie empfinden Sie insgesamt die Atmosphäre des neugeschaffenen Ortes? Ich finde es generell zu ungeschützt auf den Wiesen, denn in der Großstadt muss der Mensch ein Recht auf intime, grüne Flecken haben, das sieht man auch im Tiergarten. Man möchte sich mit seinem Buch verstecken können. Als Radfahrer findet man die „Fahrradautobahnen“ natürlich sehr gut. Ich habe kein Problem mit der gemeinsamen Nutzung der breiten Wege, da ich sowieso langsam fahre und mich um die Fußgänger herum schlängele. Außerdem tummeln sich bei schönem Wetter besonders viele Menschen in der von uns nun auch geretteten Kleingartenanlage im Westpark, vor allem beim Container des Café Eule, weil es ein kleines, gut durchdachtes Angebot hat, was den Nerv der Zeit trifft. Es ist ein netter, beschaulicher Raum geworden, mit den beiden Wäldchen um den neuen Dorfplatz herum. Das eine der beiden Wäldchen gehört offiziell zur Kleingartenkolonie, die Kleingärtner bezahlen sogar Pacht dafür und können daher mitbestimmen, was mit diesem Ort zukünftig passiert. Die Kleingartenanlage wurde damals mit dem Kompromiss gerettet, dass sie sich mehr zum Park öffnen sollte. Im Ostpark ist in jedem Fall schön, dass es die Interkulturellen Gärten, das heißt den Rosenduftgarten unter Trägerschaft des südost Europa Kultur e.V. gibt. Das Gartenprojekt hat allerdings vom Bezirk die Auflage bekommen, den Garten sehr lange offen zu halten. Das empfinde ich als ein bisschen naiv und als eine Überforderung der Gruppe. So ein Garten kann nicht durchgängig von 10–20 Uhr geöffnet sein. Wie erfolgreich diesbezüglich feste und kurze Öffnungszeiten sind, habe ich in meiner bereits erwähnten New Yorker Studie beschrieben. Auch die Zäune hätten nach New Yorker Vorbild ruhig etwas höher sein können, denn es wird leider sehr viel geklaut, was für die Flüchtlingsfrauen sehr enttäuschend ist, weil sie um der Ernte willen gärtnern und dies nicht als sportliche Übung betrachten.
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Was außerdem gelungen ist, ist die optische Erweiterung des Parks in den grünen Außenbereich des Deutschen Technikmuseums. Dieser reicht bis an den Park heran und bildet quasi einen Teil der grünen Lunge, obwohl man vom Park aus keinen direkten Zugang zum Museum hat. Wie zufrieden sind Sie im Besonderen mit dem Planungsergebnis des Parkteils Flaschenhals, der zwar ohne Bürgerbeteiligung geplant wurde, aber dennoch am stärksten die ehemalige Eisenbahnwildnis zulässt? Das ist für mich natürlich der schönste Teil der Anlage, weil man eben mehr von diesem Wildwuchswald erhalten hat. Er ist damit einfach fantasieanregender. Was sind Ihre Wünsche und Visionen für die zukünftige Freiraumplanung? Man muss für die vielen Erwerbslosen und Älteren Betätigungsmöglichkeiten schaffen! Bei Oberschichten kann man erwarten, dass sie selbstlos im Riverside Park Blumeninseln pflegen, aber bei unserer älteren Bevölkerung mit Migrationshintergrund geht das beispielsweise nicht. Denen müsste man mehr Gartenstücke zur Verfügung stellen, da sie tatsächlich keine Lust haben, selbstlos Grünflächen zu bearbeiten. Die Gemeinschaftsgärten könnten auch umzäunt optisch ein eindeutiger Teil des Parks sein und zu bestimmten Zeiten für alle zugänglich und geöffnet sein. GemeinschaftsgärtnerInnen schaffen eine Anwesenheit im Park, die vor Vandalismus schützen kann. Wir wissen nicht, was in Zukunft mit dem Park passiert. Im Moment werden noch jeden Tag die Graffitis entfernt, aber wenn später die Parkpflege nicht mehr so intensiv ist, kann es hier auch bald verwahrlost aussehen und der Rasen überstrapaziert sein.
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Dr. Elisabeth Meyer-Renschhausen lives in Berlin, where she works as an independent author and college lecturer. In her publications and seminars she deals with social movements, urban and rural development within the globalisation process as well as urban agriculture and gardening. Since 1990 Dr. Elisabeth Meyer-Renschhausen has dedicated herself to the conservation of the Gleisdreieck area. In 2007 she considers civic participation to be failed completely, and together with the citizens’ initiative AG Gleisdreieck she achieves the reorganisation of the then still unfinished participation process. She lives and works near the park and cycles almost daily along the greenway to AllmendeKontor on the Tempelhofer Feld, her current community garden. Meyer-Renschhausen organises regular cycling tours exploring the changeful history of Berlin’s community. She also runs the office “EMR Plan(t) für Gärten und Touren in Bild und Wort”(EMR Plan(t) for gardens and tours in pictures and words).
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or the outsider, the diversity of civic activism surrounding the contested Gleisdreieck terrain is confusing. Can you give us your personal account of events? The Nelly Sachs Park citizens’ initiative was formed in 1989. I guess I participated from the beginning. Nelly Sachs Park is a small green space that had been developed in the course of the “ökologischer Stadtumbau” (ecological urban restructuring) of the 1980s at Bülowbogen, which is to the east of the Lutherkirche at Dennewitzplatz. In 1989 this small park was supposed to be developed at its open side, facing the Gleisdreieck. This development, named “Oefelein-Riegel” after its architect, would have separated the small Nelly Sachs Park from the Gleisdreieck terrain to its east. We wanted to prevent this. At the same time we protested against the traffic noise on Bülowstrasse. We organised several demonstrations and blockaded the street in 1989/90, as seen in Hamburg’s “Überall ist Stresemannstraße” (Stresemannstrasse is Everywhere), which was a through street with a very high volume of traffic where several children had been run over in 1989. Our major blockade on Bülowstrasse in the autumn of 1989 resulted in full-page photographs and articles in weekly magazines like Stern and Spiegel. An average of 45,000 cars per day were travelling on Bülowstrasse and Goebenstrasse, which carries on to Kreuzberg. We therefore suggested connecting Nelly Sachs Park to Gleisdreieck Park, because residents needed compensatory space for recreation and a better quality of air. The buildings as planned would have prohibited air exchange between the highly polluted air of Bülowstrasse, Goebenstrasse and Postdamer Strasse and the open terrain of Gleisdreieck. Unfortunately, our request was not successful and the buildings were constructed anyway. After 1989/90 the small Nelly Sachs Park citizens’ initiative was notorious throughout the
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»Generally, I believe that we have achieved quite a lot. That the whole park would not have been built if not for the commitment of the citizens has in the meantime even been recognised by the Senate administration.«
city for its opposition to development restricting access to green space and ventilation, as well as to traffic and noise pollution. And we did achieve something: Today Bülowstrasse has only four lanes instead of the previous eight. In addition we are to get an extra bicycle lane to link up with with the north-south bicycle track, so that cyclists no longer have to cross the street – an unacceptable situation! In the early 1990s the Interessensgemeinschaft or IG Gleisdreieck was formed through the integration of several citizens’ initiatives, including Nelly Sachs Park, Tiergarten-Süd and Westtangente, among others. After 1990, we actually went to the Gleisdreieck site and had a look around, and discovered how this gem of urban green space was being ill-treated by some irresponsible local garages who were allowing engine oil to run unchecked into the ground. The property had been leased in parts to garages by the Reichsbahn (GDR Railways) – often on the brink of illegality. By the end of the 1980s, the terrain of the “Grüntangente” [so called because of the Westtangente citizens’ initiative slogan which declared: “Grüntangente statt Westtangente” (green bypass instead of western bypass); the Westtangente was part of a controversial motorway project for Berlin, which was supposed to bypass the downtown area in the eastern part of the city] was supposed to become a public park with a bicycle track running from north to south; a Federal Garden Show was supposed to help design the park. But directly after the Turn [die Wende – return to parliamentary democracy in the GDR] and subsequent German reunification, the Reichsbahn and later its successor the Deutsche Bahn (German Federal Railway) – especially after their de facto privatisation in 1994 – embarked on an asocial policy of land speculation. The heads of the Deutsche Bahn tried, in conflict with the interests of Berlin citizens, to generate money from selling or leasing parts of the site, although the
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property technically belonged to the general public. We therefore organised further protest events and even managed to have a wrecked car installed in front of the Reichsbahn office. One of our posters proclaimed: “Reichsbahn zerstört Natur” (The GDR railways destroys nature). Back then, it was still the Reichsbahn and not the conglomeration of sold and resold estate management companies that makes responsible action impossible today. Even with the Nelly Sachs Park citizens’ initiative we had discovered right at the beginning that the POG allotment area at the Potsdam freight station on the Gleisdreieck terrain was supposed to fall victim to sports, so were able to contact the responsible commissions in the district parliament of Tempelhof, Schöneberg and Kreuzberg early on. We only managed to have this decision revised at the very end of the civic participation process. In the meantime, we succeeded in having the copse to the south of the German Museum of Technology assigned to the Kreuzberg citizens. This copse was the first part of Gleisdreieck to be saved. Erika Romberg of the Bündnis 90/Die Grünen [Green Party, Germany] was Building Officer in the Kreuzberg city council at the time. As previously mentioned, we organised several other demonstrations as well, occupying Bülow-, Yorck- and Goebenstrasse and, once the development of Nelly Sachs Park was no longer being blocked, we increasingly focused on the Gleisdreieck terrain. What is your résumé today concerning civic participation? Civic participation is becoming increasingly important. The Senate wants citizens to volunteer, as recommended by Brussels. On the other, hand volunteering is then defined as unpaid lay work – similar to “unpaid domestic work by women” – and therefore neither properly organised nor valued. Volunteers are therefore
Pause beim Bauen der Kräuterspirale 2006, Break from the building of the “herbs spiral” 2006
Fest im Sommer 2006 mit Berliner Bürgern, der Horticultural Society Philadelphia / USA und den Internationalen Gärten Göttingen Summer party 2006 with Berliners, the Horticultural Society Philadelphia USA and the International Gardens Göttingen
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regarded as the unpaid housewives of the nation. This, however, is not feasible and quite infuriating, because, since the Turn and the insufficient reaction from the socialist states, market conditions have been Americanised, leading to monopolisation, causing a new imperialism and that also has an effect on the structure of administration. Financial institutions demand more and more money, for example in the form of loans for new development, because this continues to be profitable. The authorities are therefore under constant pressure. An example of this is the call for proposals for the design of the parks at Gleisdreieck or Tempelhofer Feld, or the call for proposals for the Zentrale Landesbibliothek (Central Regional Library); instead of honouring the citi-zens’ initiative and spending the money on the appointment of garden coordinators, horticultural therapists and translators, or funding youth projects in former engine sheds. This is highly ambivalent: The public servants and representatives for public open spaces and greenery in the Senate administration for Urban Development and Environment want to establish more green space, but the political pressure is just too high. The high rate of unemployment and the poverty in Berlin lead to the gap between rich and poor becoming ever wider. In the Senate administration they have no idea how little money people actually have to live on. Describe the relationship between Arbeitsgemeinschaft and Interessengemeinschaft Gleisdreieck. What was your experience of communication between the authorities and civic activists? I was one of the founders and chief activists in the early years of IG Gleisdreieck. In 1997 – when I was visiting professor of “Rural Women’s Studies” at the faculty of Agriculture and Horticulture at Humboldt University – we founded the “Arbeitsgruppe Kleinstlandwirtschaft” (micro-husbandry working group), which was concerned with micro-husbandry and gardens in cities and in the countryside [Die Wiederkehr der Gärten – Kleinlandwirtschaft im Zeitalter der Globalisierung, edited by Anne Holl, Elisabeth Meyer-Renschhausen, Innsbruck 2000 and Die Gärten der Frauen – Zur Bedeutung von
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Kleinstlandwirtschaft und Gärten, edited by Elisabeth Meyer-Renschhausen, Renate Mueller and Petra Becker, Herbolzheim 2002]. This working group organised three major conferences and also encouraged Arbeitsgemeinschaft (AG) Gleisdreieck to campaign for community gardens at Gleisdreick. AG Gleisdreieck seized upon these suggestions and expressed their desire for “Internationale Gärten der Kulturen der Welt” (International Gardens of World Cultures). I well remember the inspection carried out with former Building Officer in the city council and later Mayor of the Friedrichshain-Kreuzberg district, Dr. Franz Schulz [Bündnis 90/Die Grünen, Green Party, Germany]. We knew each other well, but at this time were on opposite sides, since he – as a “realpolitician” – thought community gardens in inner city areas were never going to happen. But I had since founded “AG Kleinstlandwirtschaft” and, encouraged by my 2003/2004 New York study [Unter dem Müll der Acker - Community Gardens in New York City. Königstein im Taunus 2004], advocated that intercultural gardens should be established in parks wherever possible. For one thing, many of the unemployed immigrants do not want to sit around on the lawn in the park doing nothing, but would appreciate being able to do something meaningful. Secondly, allotments would make the park landscape more interesting and a lot more diverse, even in an ecological sense, through the use of different plant species. The Deutsche Bahn and later the ever-changing estate management companies of the Bahn wanted to exploit the ground for profit. The Deutsche Bahn and its estate management company Vivico did not want to leave the site to Federal Land Berlin, or at least to leave only small parts of it, as this would have made a lot less money. Following the slogan “Reich sticht Land” (State beats Federal Land) Deutsche Bahn illegally pretended to still be a federal railway company, although the only concern should have been the sale of the plots that were no longer required. As a result Federal Land Berlin had to negotiate with Vivico and its successors for a very long time before a contract could be agreed on.
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This only happened when a compromise was drawn up, ensuring that only two-thirds of the Deutsche Bahn site was to be designated as parkland, whilst the other third was released as buildings plots. In my opinion, this is a case of illegal privatisation of former common land. How exactly did you as a garden activist become engaged on-site at Gleisdreieck? In 2005, we were finally granted permission to start gardening. We officially received a small plot of land for our citizens’ project, some five thousand to six thousand square metres, including the gardens. We started with the active members of Ökowerk am Teufelssee society, wielding pickaxes to break up the compacted soil and were given a lorryload of soil by the district office. We took it to our site in wheelbarrows in a Sunday campaign. In this way we developed a showcase garden as a little exhibition on the history of “immigrant” food crops, like wheat and potatoes. We put up some nicely designed information panels in German and Turkish to explain this; those were consulted a great deal by visitors. Alongside that garden and close to a beautiful birch tree with three trunks we installed several raised beds built from reclaimed wood that we managed to obtain from an exhibition at the Gropiusbau. Pretty soon, we had vegetables growing there – which attracted people somewhat magically, particularly as we had also installed a bench nearby. Visitors to the park always enjoyed sitting among the herbs and flowers and tomatoes. We also organised a seminar about composting, so that people could learn how to expertly compost garden refuse and of course we also spent a lot of time watering! The water originally had to be collected at a water pump out on the street, some two hundred metres away. The following year we asked Bosiljka Schedlich of the südost Europa Kultur society to join us in writ-ing an application for funds for the intercultural gardens at Gleisdreieck. This was not immediately successful, but at least it led to us gardening with the women’s group of the society from 2006. On 5 May 2006 a group of Bosnian refugees, who had already formed a garden group, joined us at Gleisdreieck and for two summers we actually gardened together to our mutual advantage and enjoyment.
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I remember the exact date, because Google Earth was then taking its first shots of Berlin and managed to catch us clearing the grounds. In your article “Generalangriff auf die wilde Natur” (Wild Nature under General Attack) for the publication “Der Rabe Ralf – Die Berliner Umweltzeitung” you describe Gleisdreieck Park as an “asocial feudal park” and declare civic participation to be “completely failed.” In autumn 2007 we assumed civic participation to have failed completely and we therefore, at least partially and for some years, withdrew from participating. The Senate administration did still call it participation but we did not really have a say. It was obviously more a kind of participation that has been invented in neoliberal state schemes: You talk about it, but you do not actually practise it. The planners on no account wanted us or our gardens to remain where we started out; they wanted to move us to the periphery of the terrain. We were supposed to be less visible. Where the gardens were then, today there are a couple of boring table tennis tables and nothing else. To this day, I cannot understand why the gardens had to be moved away. In my opinion, the young people at Atelier Loidl were unfamiliar with the tradition that should have been governing their planning practice. They should have been more committed to old Professor Loidl’s notably social thinking that was in favour of citizens’ initiatives. One consequence of this rude treatment of our citizens’ initiatives was the break up of the garden group. In retrospect, it was actually quite useful that the two groups continued separately. It is thanks to this that today there are two gardening plots: the intercultural gardens in Gleisdreieck Park and the Allmende-Kontor community gardens at Tempelhofer Feld, that were founded by us old garden activists. In 2007 a new round table discussion was organised to continue the process of participation, this time under external moderation. It was composed of members of all sorts of citizens’ initiatives that had been elected through elaborate voting procedures and held meetings regularly. In this way the participation of citizens was finally taken a little more seriously. Generally, I believe that we have achieved quite a lot. That the whole park
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would not have been built if not for the commitment of the citizens has in the meantime even been recognised by the Senate administration. Do you have a different attitude towards the park today? Admittedly, I do wonder sometimes where all those people come from that bustle around on the lawns when the weather is good! In general, how do you perceive the atmosphere of the newly-designed Gleisdreieck Park? I find it too unsheltered on the lawns. I think people in major cities have a right to find intimate green spaces, like you see in the Tiergarten. You want to be able to hide away with your book. As a cyclist, I am very fond of the bicycle “speedway”. I have no problem with the shared use on wide pathways as I usually cycle fairly slowly anyway and can easily meander around the pedestrians. In good weather you can also find lots of people at the allotment in West Park (which we also managed to save), especially at the Café Eule with its inspired selection of foods that meet the current spirit. It is a nice contemplative space with its two copses surrounding the new “village square”. One of the copses officially belongs to the allotment area; the allotment holders even pay the lease and can therefore take part in decisions regarding the future of this space. The allotment area was saved by opening it up on the park side; that was the compromise. Looking at the East Park I like the intercultural gardens, that is the Rosenduftgarten (Scent of Roses Garden) which is managed by südost Europa Kultur society. They are, however, obliged to keep the gardens open for quite long hours. I see that as a little naïve and as potentially overstraining the group. Such a garden cannot be opened continuously from ten in the morning to eight at night. In my New York study, which I mentioned earlier, I demonstrate just how successful fixed short opening hours can be. The fences could also be a little taller, again with the New York examples in mind. Regrettably, there is a lot of theft from the plots these days, which is very disappointing for the immigrant women gardening there, especially as they garden for the crop, not just as a pastime.
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Another thing I find quite well designed is the visual extension of the park towards the green outer space of the German Museum of Technology, which comes right up to the park and is now almost part of the “green lungs”, although there is no direct access to the museum from the park. How satisfied are you with Flaschenhalspark (Bottleneck Park), which was planned without civic participation but now actually makes most allowances for the former railway wilderness? That is, of course, the most beautiful part of the site, because more uncontrolled growth has been preserved. It is just more stimulating to the imagination What do you want for the park and what are your visions? There need to be activities for the unemployed and the elderly! Members of the upper classes can be expected to altruistically maintain flowerbeds at Riverside Park, but that won’t work with our elderly who come from immigrant backgrounds. They need more gardening plots because they will not work anonymous green spaces. The community gardens could be fenced and still be a positive part of the park which could be opened to the public at certain hours. Community gardens create a presence within the park that can prevent vandalism. We do not know what will happen to the park in the future. At this point in time, graffiti is still removed on a daily basis, but when maintenance becomes less intense, the park might begin to look neglected and the stretches of lawn dog-eared and worn.
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/ MATTHIAS BAUER
Seit wann besteht Ihre Verbindung zum Gleisdreieck?
Matthias Bauer, Architekt und eine zentrale Figur des Bürgerengagements, wohnt seit 1981 am Gleisdreieck. Als Kind, im Westberlin der Sechzigerjahre, nimmt er das Gelände nur von oben aus den Fenstern der U-Bahn wahr. Später nach seinem Umzug in eine Wohngemeinschaft in der Bülowstraße entdeckt Matthias Bauer das Gleisdreieck auch zu Fuß. Als 1992 der damals geplante Bundesgartenschau-Park zugunsten der Baulogistik des Potsdamer Platzes abgesagt wird, fängt Matthias Bauer an, sich an der Bürgerinitiative zu beteiligen. Er engagiert sich für das Konzept der „Internationalen Gärten der Kulturen der Welt“. Auch mehr als zwanzig Jahre danach hat ihn das Thema nicht losgelassen. Matthias Bauer vertritt die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V., ein Bündnis von Bürgerinitiativen, Vereinen und Einzelpersonen, und betreibt den Blog gleisdreieck-blog.de.
Ich bin 1959 mit meinen Eltern nach Berlin gekommen. Als Kind bin ich des Öfteren mit der U-Bahn auf dem Weg zu Auswärtsspielen mit meinem Fußballverein über das Gelände gefahren. Die Kohlenberge auf dem Potsdamer Güterbahnhof fand ich irre. Das war in den Sechzigern, etwa bis 1969. Die Nähe zum Mauerstreifen war mir nicht so bewusst als Kind. Als ich dreizehn Jahre alt war, sind wir wieder weggezogen, nach Süddeutschland. Als ich dann zur Bundeswehr sollte, kehrte ich zurück nach Berlin. 1981 kam ich dann in die Bülowstraße und habe in einer großen WG gewohnt. Wir sind immer auf dem Gleisdreieck spazieren gegangen, es war ein Abenteuerspielplatz. Wir sind auf der Schöneberger Seite die Mauer hochgeklettert und von dort aus über das Gelände gelaufen. Die Reichsbahner haben oft geschimpft, aber nie etwas unternommen. Es gab Gleise, die noch in Benutzung waren und zum Postbahnhof, dem Paketbahnhof für Westberlin, fuhren. Wir sind über die Gleise in das Wäldchen gelaufen, und meistens war der Wasserturm im jetzigen Deutschen Technikmuseum das Ziel. Man konnte dort hineinklettern. In der Kugel gab es kleine Konzerte. Dank der wunderbaren Akustik konnte mit wenigen Hilfsmitteln viel Sound erzeugt werden. Es war uns nicht so bewusst, was das Besondere an der Fläche war. Es hat einfach Spaß gemacht, zu spazieren und zu entdecken.
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»Auf dem Gleisdreieck ist der Parkbesucher Konsument. Das funktioniert ganz gut, aber alles, was über das Konsumententum hinausgeht, funktioniert hier nicht mehr, und niemand kommt auf neue Ideen.«
Damals waren hier viele Leute unterwegs, man hat sich augenzwinkernd verstanden, denn jeder wusste vom anderen, dass man illegal hier war. Wann haben Sie sich der Arbeitsgemeinschaft Gleisdreieck angeschlossen? Das kam erst 1992. Ich hatte mitbekommen, dass es eine Initiative gab, die sich dafür einsetzte, dass das Gelände zugänglich gemacht wird und ein Park entstehen soll. Wir hatten damals natürlich eine naive Vorstellung davon, was ein Park bedeutet! Mein Engagement begann erst, als der geplante Buga-Park abgesagt wurde zu Gunsten der Baulogistik für den Potsdamer Platz. Ich war auf einer Veranstaltung, auf der die damaligen Aktiven aus dem Arbeitskreis Gleisdreieck von ihren Befürchtungen berichteten, was durch die Baulogistik alles kaputt gehen würde. Wie war damals die Stimmung in der Bürgerinitiative? Das Thema „Westtangente“ war damals gar nicht mehr so präsent. Aber es gab zwei Vertreter, die einen Bauwagen auf dem Gelände hatten und sich für die Vielfalt der Pflanzen begeisterten. Die beiden hatten bereits ein paar Jahre als Aktivisten hinter sich und haben sich später wieder verabschiedet. Als ich dazukam, gab es viele neue Leute, die alle durch die Absage des Parks aufmerksam geworden waren und Angst vor Lärm und Staub hatten. Die Aktivitäten begannen, als man noch
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gar keine Vorstellung von der Baulogistik hatte, diese war ja nur angekündigt. Wir überlegten damals, ob es nicht beides geben kann: Der Park sollte in Teilflächen entstehen, und auf den anderen Flächen könne die Baulogistik stattfinden; aber das war politisch nicht gewollt. Die Baulogistik hatte auf der Westseite schon alles in Beschlag genommen – bis auf die Fläche der Kleingärten. Auf der Ostseite gab es noch diese Strukturen, die Ladestraßen mit Kopfsteinpflaster und anderen historischen Spuren. Uns war damals nicht so klar, dass es später zu Auseinandersetzungen kommen würde, welche Flächen Park sein sollen und welche bebaut werden. Ab 1995/96 wurde deutlich, dass diese Frage großen Stress für alle bedeuten würde. Das war sicherlich auch ein Grund, warum man einfach den Park als Ganzes verschoben hat. Es gab damals einen Senatsbeschluss, der besagte, dass die Realisierung des Parks nicht abgesagt, sondern auf die Zeit nach der Baulogistik verschoben werden sollte. Hielten Sie damals die Nähe der Fernbahn-Trasse zum Gelände für unvereinbar mit den Plänen für einen Park? Ich habe 1995 die Planfeststellung begleitet, und wir haben verschiedene Vorschläge gemacht: mehr Lärmschutz. Eine andere, kürzere Brücke über die Yorckstraße haben wir auch vorgeschlagen, da wir die Yorckbrücken als solche erhalten wollten. Die Bahn
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hatte eine Brücke mit größerer Spannweite geplant – als Vorleistung auf eine spätere Verbreiterung der Yorckstraße. Der Tunnelmund lag damals weiter im Norden, wir haben dort eine Veränderung bewirkt, wie auch an der Yorckstraße. Den Deckel über der Tunneleinfahrt, wo heute die langen Holzsitzstufen sind, hätte es sonst praktisch nicht gegeben, hier wäre alles offen gewesen. Beim Schallschutz haben wir damals allerdings die Folgen des Lärms überschätzt. Die Lärmberechnungen gingen davon aus, dass die Strecke hier zur meistbefahrenen in Berlin würde. Laut Lärmberechnung war es für beide Seiten gleich laut, aber nur die Westseite sollte Lärmschutz bekommen, da der Schwerpunkt des Verkehrs sich nach Westen verschoben hatte. Das fanden wir absurd. Wir wollten Schallschutz auf beiden Seiten. Am Flaschenhalspark sieht man das ganz gut, dort ist dann doch nur eine Wand gebaut worden. Es gab parallel die Anti-Tunnel GmbH und das Konzept, den Verkehr über den Ring abzuwickeln, die Bürgerinitiative – damals IG Gleisdreieck– hat sich aber eher auf das Gleisdreieck selbst konzentriert. Wie empfinden Sie die Atmosphäre des heutigen Parks? Ich mag sie sehr gerne, auch die Geräusche der Bahn gehören für mich dazu. Ich finde es gut, dass die Bahn noch so präsent ist, obwohl wir damals viele Befürchtungen wegen der Fernbahn hatten. Die Bahn gibt dem Park seine Identität. Ich hätte mir gewünscht, dass noch mehr historische Spuren erhalten geblieben wären. Man versteht jetzt nicht mehr, wie dieser Bahnhof funktioniert hat. Man sieht nur noch Bruchstücke ohne Zusammenhang. Damals, als der Park entstand, gab es eine große Auseinandersetzung mit dem Atelier Loidl. Ich hatte den Eindruck, dass den Planern die historischen Spuren auf dem Gelände nichts bedeuteten. Die Naturschützer haben den Verlust von Pflanzen bemängelt. Die Ruderalvegetation kann wiederkommen, aber die historischen Spuren sind unwiederbringlich weg. Das ist ein großer Verlust im Bereich des Ostparks. Ich konnte mir damals nicht vorstellen, dass sich aufgeklärte Menschen so über diese Spuren hinwegsetzen würden. Wenn wir das gewusst hätten, wären wir sicherlich
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anders vorbereitet gewesen. Im Flaschenhalspark finde ich allerdings den behutsamen Umgang mit der Bahnnatur gut. Welche Rolle spielte das Deutsche Technikmuseum in den Auseinandersetzungen? Das Museum hält sich bis heute da raus. Im Flaschenhalspark gibt es dieses kleine Stellwerk. Es ist ein Skandal, dass man es so kaputtgehen lässt, in zwei, drei Jahren kann man das abreißen. Niemand kümmert sich darum, auch nicht das Museum. Es gab eine Phase, in der wir gut mit dem Museum zusammengearbeitet haben, zu Zeiten, als hier das Riesenrad hätte gebaut werden sollen, mit Abfluggebäude und Busbahnhof. Das wollten wir alle nicht. Das war aber das einzige Mal. In Paris beim Parc de la Villette sind Museum und Park eng verschränkt, gerade das macht den Erfolg aus. Eine unglaubliche Chance, die das Deutsche Technikmuseum nicht nutzt. Das Gleisdreieck ist eine von Technik geprägte Landschaft. Ein Stück aus dieser Fläche herauszuschneiden und den Rest nicht zu berücksichtigen ist eine vertane Chance. Was vermissen Sie im Park? 2004 gab es die Phase des informellen Parks. An der Möckernstraße gab es einen Deal des Bezirks mit der Vivico Real Estate GmbH: der Golfplatz gegen eine Fläche von 6.000 Quadratmetern. Viele Projekte haben sich entwickelt: die Gärten und die Bewegungsbaustelle und die Bildhauer [Ehemaliges Freiluftatelier der Künstlergemeinschaft am Gleisdreieck]. Es gab mehr Möglichkeiten, etwas entstehen zu lassen – das vermisse ich heute. Damals gab es ganz viele Leute, die etwas auf den Flächen machen wollten. Es gab unendlich viele Anfragen. Hätte man allen zugestimmt, wäre die gesamte Fläche bespielt gewesen. Die Ersten waren das Ökowerk: zwei kleine Felder mit den historischen Getreidesorten Einkorn und Emmer, die auf dem Gelände gewachsen sind. Dann kam Alex Toland mit der „Galerie der Wildkräuter“ und danach die Frauen des südost Europa Kultur e.V., die die Felder des Ökowerks übernommen haben. Die konnten das auch besser, da viele von ihnen vom Land kamen. Heute gibt es diese
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Flächen und Möglichkeiten nicht mehr. In den Kleingärten trifft man oft Leute, die sagen, sie möchten hier auch so etwas machen. Tempelhof hat das dem Gleisdreieck voraus. Auf dem Gleisdreieck ist der Parkbesucher Konsument. Das funktioniert ganz gut, aber alles, was über das Konsumententum hinausgeht, funktioniert hier nicht mehr, und niemand kommt auf neue Ideen. Jedem Quadratmeter ist eine Funktion zugewiesen worden, dadurch ist das Ganze gedanklich abgeschlossen. Wir haben damals die Parkgenossenschaft gegründet, um dem Riesenrad etwas entgegenzusetzen. Danach wurden die Ideen weiterentwickelt, und wir haben uns für bürgerbetreute Inseln im Park engagiert. Wir wollten den Park bereichern, indem wir Verantwortung an einzelnen Stellen übernehmen. Das haben wir nicht geschafft. Die bereits vorhandenen Projekte wurden übernommen, aber keine neuen Projekte mehr ermöglicht. Nur an wenigen Stellen, wo noch nicht alles verplant ist, können heute noch neue Projekte zum Zuge kommen, etwa der Bienengarten, der auf einer vergessenen, vermüllten Parzelle in den Kleingärten entstand. Ist die Bürgerbeteiligung auf dem Gleisdreieck dennoch ein Schritt in die richtige Richtung gewesen? Haben nicht alle Parteien dazugelernt? Argumente alleine reichen einfach nicht aus, sondern man muss Druck machen und Bündnispartner finden. Die wenigen Veränderungen, die wir durchgesetzt haben, führten zu einer großen Verbitterung, und da bin ich 2008 aus der Initiative ausgestiegen. Meine Nachfolger und die anderen Beteiligten, der Senat und der Bezirk – unter allen war die Stimmung sehr verbittert. Ich hatte 2008 vorgeschlagen, dass es nur mit einer externen Moderation weitergehen kann. Das war ein wichtiger Schritt, der allerdings sehr spät umgesetzt wurde, erst 2010. Zuvor war die Grün Berlin GmbH Protokollführer, und folglich hat man sich bei jeder Sitzung um das Protokoll gestritten. Im Westpark haben wir es geschafft, das Konzept der Planer etwas zu verändern: Die große Wiese ist schmaler geworden, und der Weg wurde verlegt, denn er hätte viel Bestand des wilden Grüns und der Gärten gekostet. Wir haben das geschafft, weil es einen politischen Beschluss gab, der
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am runden Tisch zur Frage „Vereinsport-Kleingärten“ unter der Leitung von Bürgermeister Schulz vorbereitet worden war. Letztlich hatten die Grün Berlin GmbH und das Atelier Loidl keine andere Möglichkeit mehr, sie mussten auf diese politische Entscheidung reagieren. Demnach haben der politische Beschluss und nicht die Argumente etwas verändert. Anfangs vertrauten wir zu sehr auf „gute“ Argumente, aber die waren für das Atelier Loidl, die Senatsverwaltung und den Bezirk nicht überzeugend. Die Senatsverwaltung hat immer mit dem „Gebrauchswert“ argumentiert, dabei wollten wir das Gelände ja nicht wie Denkmalschützer betrachten. Wir waren nicht dagegen, dass neue Elemente geschaffen werden, aber wir wollten eine Lösung finden, die historische Spuren erkennbar erhält. Wir waren gegen das komplette Abräumen. Was wäre Ihre Vision für den Park? Die Integration von Flächen, wo Leute selber aktiv werden und Ideen umsetzen können! Sie haben über lange Zeit auf der Internetseite berlin-gleisdreieck.de Ihre Arbeit und die Initiativen vor Ort dokumentiert. Heute gibt es noch den Gleisdreieck-Blog und die dazugehörige Facebook-Seite. Verstehen Sie sich als mediales Korrektiv? berlin-gleisdreieck.de ist im Jahr 2000 als Internetseite der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck entstanden. Da ist viel wichtiges Archivmaterial zu finden, aber die Technik war völlig veraltet. Deswegen kam 2009 der Gleisdreoeck-Blog als Neuanfang, nachdem wir berlingleisdreieck.de eingefroren hatten. Die alte Seite kann allerdings auch heute noch im Netz aufgerufen werden. Ich habe schon den Wunsch, über diese Veröffentlichungen Denkanstöße zu geben und damit etwas verändern zu können. Wichtig ist, dass man Dinge ausspricht, damit andere reagieren können.
How far back does your connection with Gleis-
Bauwagen der AG Gleisdreieck, Frühjahr 1989 AG Gleisdreieck construction trailer, Spring 1989
Matthias Bauer, architect and central figure of the citizens’ initiative, lives next to Gleisdreieck since 1981. As a child of 1960s’ West Berlin, he is accustomed to seeing the area only from above, from the windows of the U-Bahn train. Later, after he moves to a flat-share in Bülowstrasse, he also discovers Gleisdreieck on foot. In 1991 when the planned Federal Garden Show is cancelled in favour of the construction logistics for Potsdamer Platz, Matthias Bauer gets involved in the citizens’ initiative. He is involved in the concept of “Internationale Gärten der Kulturen der Welt” (International Gardens of World Cultures) and even now, more than twenty years later, he cannot get the subject out of his head. Matthias Bauer represents the Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V., an association of citizens’ initiatives, clubs and individuals and runs the blog gleisdreieck-blog.de.
dreieck go? I moved to Berlin with my parents in 1959. As a child I often crossed the area on the underground on the way to away matches of my football club. I thought the heaps of coal at the Potsdam freight station were amazing. That was in the 1960s, up until about 1969. As a child, I was not so aware of the area’s proximity to the Wall. When I was thirteen years old we moved again, to southern Germany. When I was about to be called up for military service in the German Federal Armed Forces, I returned to Berlin. In 1981 I moved into Bülowstrasse and lived in a flatshare there. We always went for walks at Gleisdreieck, it was an adventure playground. We would climb over the wall from the Schöneberg side, and walk across the area from there. The railway workers often told us off, but they never did anything. There were tracks still being used, leading to the post station, the parcel station for West Berlin. We would cross the tracks and walk to the copses, usually heading for the water tower, which is now in the German Museum for Transport and Technology. You could climb into the tower. In the dome of the tower little concerts were performed. Thanks to the wonderful acoustics, a lot of sound was generated with very little resources. We weren’t really aware of what was special about the area, it was just fun to walk around and explore. At that time, there were a lot of people out and about. We used to give each other the wink – everyone knew that everyone else was also there illegally.
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»In Gleisdreieck the park visitor is a consumer. That works quite well, but anything that goes beyond consumerism doesn’t work here anymore and noone gets new ideas.«
When did you join Arbeitsgemeinschaft Gleisdreieck? That was in 1992. I had heard that there was an initiative campaigning to make the area accessible and that there would be a park. Of course, we had a naive notion of what a park meant back then! My commitment began when the planned Federal Garden Show was cancelled in favour of the construction logistics for Potsdamer Platz. I was at a meeting where the concerned members of Arbeitskreis Gleisdreieck (working group Gleisdreieck) reported on their fears about what might be ruined as a result of this. What was the mood of the citizen’s initiative at that time? The west tangent road was no longer such an issue at that time. But there were two guys with a construction site trailer on the site who were very enthusiastic about the wide variety of vegetation. They had been activists for a couple of years before and later took their leave. When I joined, there were a lot of newcomers who had become interested because of the cancellation of the park and were concerned by the threat of noise and dirt. Our activities began before we had any real idea of the construction logistics that had only just been announced. We used to wonder if both options would be possible, with the park taking up certain areas and the construction logistics confined to others, but this was politically unwanted. The construction logistics had requisitioned everything on the west side already – except for the allotment gardens. On the east side there were still these structures, like the cobbled loading streets with their green strips and other historical remains. It wasn’t clear to us at the time that disputes would arise
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later about the question which areas should be park and which should be built on. As of 1995/96 it became clear that this issue would cause a lot of stress for everybody. That was surely one reason why the park as a whole was just postponed. The Senate administration decided that the realisation of the park would not be cancelled in its entirety, but only postponed to a time when the construction logistics were completed. Did you think that the proximity of the Intercity railway tracks were incompatible with the plans for a park? In 1995, I followed the planning approval procedure and we made several recommendations, including more noise protection. We suggested another, shorter bridge over Yorckstrasse, as we wanted to preserve the Yorck bridges as they were. The railway company had planned a bridge with a wider span as an advance provision for the later broadening of Yorckstrasse. The tunnel opening was then located further north, but we effected a change there as well as at Yorckstrasse. Otherwise the cover over the tunnel entrance would not have been possible, where there are now the wooden steps everything would have been open. As far as noise protection is concerned, we did overestimate the consequences of noise. The calculations were based on the assumption that this route would become the most travelled in Berlin. In the evaluation the noise level was the same on both sides, but only the west side was supposed to get noise protection, because the focus of traffic had shifted to the west. We thought this was absurd. We wanted noise protection on both sides. At the Flaschenhalspark (Bottleneckpark) you can see the results quite clearly, as only one wall
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has been built there. In parallel, there was the Anti-Tunnel GmbH and the concept of deflecting traffic over the Ring. The citizens’ initiative (then Interessengemeinschaft Gleisdreieck) concentrated more on the Gleisdreieck area. What do you think of the atmosphere of the park nowadays? I like the atmosphere very much; even the noise of the railway belongs. I feel it is good that the railway is still so present, although we used to be very concerned about the ICE track. The railway gives the park its identity. I would have liked even more historical landmarks to have been saved. You no longer understand how the station worked. You only see fragments with no connections. When the park was built, there was a tremendous dispute with the landscape architects Atelier Loidl. I had the impression that the historical ruins of the terrain were of no importance to them. The conservationists complained about the loss of plants, but these can grow back, whereas historical remains are gone forever. That is a great loss within the East Park. I couldn’t image back then that well-educated human beings would ignore these remains. If we had known that, we certainly would have been better prepared. I do however like the cautious handling of the natural railway habitat in the Bottleneck. What was the role of the German Museum of Technology in this context? The museum has a hands-off approach. In the Bottleneckpark there is this little signal box. It’s a disgrace that it has been left to get so ramshackle. In two or three years, it will be fit only for tearing down. Nobody cares about it, not even the museum. There was a phase in which we cooperated well with the museum, when the Ferris wheel was supposed to be built with a departure lounge and a bus station. None of us wanted that. But that was the only time we worked together. At the Parc de la Villette in Paris, museum and park work closely together and that makes them successful. The German Museum of Technology doesn’t take advantage of that incredible opportunity. This is a landscape shaped by technology. To cut a piece out and not take the rest into account is a wasted opportunity.
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Do you miss anything in the park? In 2004, there was the informal park phase. On Möckernstrasse the District made a deal with Vivico Real Estate GmbH: a golf course for an area of 6,000 square metres. Many projects developed: the gardens and the movable construction site, and the sculptors [former open air studio of a Gleisdreick art group]. There were more opportunities to create something – I miss that today. There used to be a lot of people who wanted to do some things in those areas. There were endless inquiries. If one had agreed to all of them, the whole area would have been used up. The first was Ökowerk, two small fields that grew historic types of cereals – einkorn wheat and wild emmer. Then came Alex Tolland with the “Gallery of Wild Herbs” and after that the women of südost Euorpa Kultur society, who took over the fields from Ökowerk. They were better versed in gardening, as a lot of them were country people. Today we no longer have these spaces and possibilities. In the allotment gardens you often meet people who say they would like to do something like that here. Tempelhof has an advantage over Gleisdreieck. In Gleisdreieck the park visitor is a consumer. That works quite well, but anything that goes beyond consumerism doesn’t work here anymore and noone gets new ideas. A function has been assigned to every square metre, rendering the project mentally concluded. Back then, we founded the park cooperative to oppose the Ferris wheel. Afterwards the ideas were refined and we tried to establish “islands” in the park which should have been cared for by citizens. We wanted to enhance the park by assuming responsibility for individual places. We didn’t succeed. The existing projects were taken over, but no new projects were enabled. Only at a few places, where not everything has as yet been designed, do we get a chance to initiate new projects, like the bee garden created on a forgotten, littered plot of the allotment gardens. Was civic participation at Gleisdreieck a step in the right direction, anyway? Haven’t all parties learned something? Arguments alone are not sufficient, you have to exert pressure and find allies. The fact that we could enforce only few changes led to great bitterness, and so I dropped out of the initiative in 2008. There was an
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atmosphere of resentment among my successors and the other participants, the Senate and the District. In 2008, I had proposed that we could only continue with external moderation. It was an important step that, however, was realised very late, not until 2010. Before this, Grün Berlin GmbH wrote the minutes and as a result at each meeting we argued about them. In the West Park we managed to change the planners’ concept a bit: The big meadow has become narrower and the path was relocated, as it would have taken up too much of the existing wild greenery and the gardens. We managed to achieve that, because a political decision was made, prepared at a round table regarding the question of club sports and garden plots, under the chairmanship of mayor Schulz. Finally, Grün Berlin GmbH and Atelier Loidl had no other choice; they had to react to the political decision. Political rulings rather than arguments changed some things. Initially, we trusted too much in “good” arguments, but these didn’t convince Atelier Loidl, or the Senate administration or the District. The Senate administration always used “practical value” as an argument, although we didn’t want to look at the area like preservationists. We weren’t against the installation of new elements, but we wanted to find a solution that visibly preserved historical remains. We were against their complete removal. So what would be your vision for the park? The integration of spaces where people can become active themselves and realise their ideas.
Protestaufruf der IG Gleisdreieck 1993 von Matthias Bauer Call to action of IG Gleisdreieck 1993 by Matthias Bauer
Over a long period of time you documented your work and the initiatives at the park on the berlin-gleisdreieck.de website. Today there is only the Gleisdreieck Blog and the corresponding Facebook page. Do you consider yourself a medial corrective? berlin-gleisdreieck.de was created in 2000 as homepage of the Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck. There is a lot of important material on there, but the technology is completely obsolete. That was why, in 2009, we started gleisdreieck-blog.de, as a new beginning, after we had frozen our homepage on berlin-gleisdreieck.de, which is still accessible on the internet. I want to be able to give impulses and to change things by means of this public platform. It is important to put issues into words, so that others can react.
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Seit 2012 veranstaltet radioeins das Parkfest auf
Der Journalist und Radiomoderator zieht drei Jahre vor dem Mauerfall nach Berlin, um Publizistik und Politik zu studieren. Zwei Tage nach seinem Umzug sitzt Robert Skuppin in der Kreuzberger Wiener Straße im Madonna und trinkt ein Bier, als ihm gleich drei geklaute Räder angeboten werden. Die Großstadt heißt ihn willkommen. Der gebürtige Bayer lernt das Westberlin der Achtzigerjahre schnell kennen und lieben. In seiner Erinnerung:„Ein Dorf mit Kneipen, Parties, spannenden Leuten und schrägen Projekten.“ Nach seinem Studium arbeitet Robert Skuppin ab 1988 als Nachrichtenredakteur bei Radio 100. Ab 1999 moderiert er die Morgenshow bei radioeins (RBB) dessen Programmchef er 2011 wird. Der Sender richtet seit 2012 ein Sommerfest mit Livesendungen, Konzerten sowie weiteren Kultur- und Sportangeboten im Park am Gleisdreieck aus.
dem Park am Gleisdreieck. War Ihnen das Gelände bereits zuvor bekannt? Ich bin 1986 nach Berlin gezogen, aber bereits 1983 hat eine Freundin in Westberlin gewohnt, die ich ab und zu besucht habe. Das Gelände war sehr verwildert, und ich glaube, wir waren mindestens einmal hier zum Grillen. Wir sind an den überwucherten Lagerschuppen vorbei und auf den Gleisen gelaufen. Das Ganze war wie ein Stadtdschungel, als wenn Teile des Bahnhofs von der Natur zurückgeholt worden wären. Ich glaube, es gab damals auch schon Westberliner, die kleine Gärten für sich angelegt hatten und Partys, die hier stattfanden. Trotzdem war es ein Gelände mitten in der Stadt, das kaum wahrgenommen wurde, weil letztendlich nur die berühmte Yorckstraße mit den vielen Brücken vorbeiführte. Irgendwann – sehr viel später in 2011 – wurde dieser Park eröffnet, aber das habe ich nur am Rande mitbekommen. Am ersten Eröffnungswochenende war ich natürlich mit dabei, mit den Tausenden anderen Berlinern, die hier sofort hineinströmten. Das ist ja das Schöne an Berlin: Die Berliner interessieren sich immer sehr für ihre eigene Stadt. Jede Baustelle ist eigentlich ein Event, und dann kommen auch alle. Ich finde, es ist eine sehr gelungene Adaption von dem, was dort mal war. Man hat der Versuchung widerstanden, die Gleise wegzureißen und einen gewöhnlichen Park daraus zu machen. Und man hat versucht,
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»Das grüne Berlin hat für mich eine große Bedeutung! Die Bürger müssen sich diesen Freiraum für Experimente erhalten. Für mich ist hierbei nicht so sehr der Bestand, sondern der Erhalt des Potenzials das Spannendste. Berlin hat da ein unglaubliches Potenzial und unterscheidet sich deutlich von Paris oder London.«
die Geschichte, die das Gelände erzählt, im Untergrund weiter wirken zu lassen. Würde dieser Park andernorts genauso gut angenommen werden? Das glaube ich schon. Die Frage ist natürlich, ob sich diese Topografie auch an anderer Stelle finden würde. Man sieht schon, dass es hier besonders ist, aber spannend wird es vor allem dann, wenn man sich auch inhaltlich damit beschäftigt. Dass einem beispielsweise erklärt wird, wie der ungewöhnliche Baumbestand zustande kam: Dass die Obstbäume deshalb entstanden sind, weil die Zugreisenden in den Dreißiger Jahren einfach ihre Apfelgriebsche aus dem Fenster geworfen haben. Parks sind normalerweise etwas für alte Menschen und für Familien mit Kindern. Aber dieser Park schafft es – auch durch die Integration der Skater – tatsächlich alle Kreise anzusprechen. Der Park am Gleisdreieck ist kein reiner Spaziergangspark, es gibt diverse Möglichkeiten für die unterschiedlichsten Zielgruppen. Also ein Volkspark des 21. Jahrhunderts mit unterschiedlichsten Stimmungen? Da muss ich auf das radioeins-Parkfest zu sprechen kommen: Es gibt hier die perfekte Verbindung von „Event“, von laut und aufregend, Musik und Trubel und gleichzeitig durch die Weitläufigkeit des Parks auch
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immer etwas Entspannendes, Zurückgenommenes, Solitäres, Einzelnes. Man kann sich hier mitten in das Gewimmel begeben und zwischendurch das Gefühl haben, man ist auf einem Volksfest. Man kann sich aber auch eher an der Seite aufhalten, dann wirkt es wie ein Kulturfestival. Und man kann so weit weg sein, dass man nur noch den Park als solchen wahrnimmt. Der Park bietet eben ganz unterschiedliche Situationen an: Es gibt sowohl diese große Wiese als auch kleinere Rasenflächen, unterschiedlichen Baumbestand, Schienen, teilweise auch Gebäude und durch die Brücken immer auch eine unterschiedliche Topografie des Geländes. Der Tiergarten, der auch ein ganz toller Park ist, kann das gar nicht anbieten. Er ist in erster Linie viel stärker durch sein Grün bestimmt und nicht so sehr durch eine Unterschiedlichkeit. Oder nehmen wir die Zugtrasse: Eigentlich würde man sagen, das geht ja gar nicht, dass eine Zugtrasse durch den Park führt! Hier ist das aber überhaupt nicht störend. Das Gleisdreieck ist zu einem modernen Park mitten in der Stadt geworden. Wie kam es 2012 zu der Entscheidung, das radioeinsJubiläum im Park am Gleisdreieck zu feiern? Es gab den Wunsch, dass wir den 15. Geburtstag von radioeins feiern wollen, aber lange war unklar, wie. Dann ist die Idee entstanden, ein mehrtägiges Fest zu veranstalten. Aber dafür wollten wir nicht einen der bekannten Veranstaltungsorte auswählen, sondern etwas
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Neues ausprobieren. Somit war klar, dass wir auch ein Gelände brauchen würden, das noch nicht ausprobiert worden war und für die Berliner und Brandenburger Hörer spannend ist. Wir haben uns zwei Gelände angesehen, davon war eins der Park am Gleisdreieck: ein bis dahin unbespielter Ort. Erstaunlicherweise hatte das Bezirksamt größere Bedenken als die Bürgerinitiative, die sich um den Park kümmerte und die Idee des Festes toll fand. Die Bürgerinitiative sah in dem Moment die Chance, ihre jahrelange Arbeit für den Park in der Öffentlichkeit noch mal deutlicher zu machen. Und das hat letztlich auch die Position des Bezirksamts wieder verändert. Man muss sagen, dass es trotzdem erstmal überall riesengroße Bedenken gab: in der Politik, beim Bezirksamt, beim Grünflächenamt, beim Ordnungsamt, bei den Anwohnern und natürlich auch massiv beim RBB und bei radioeins. Aber die meisten Ängste haben sich eben nicht bewahrheitet. Das war hier nicht „höllenterrorlaut“, dass die Anwohner nicht mehr hätten schlafen können. Es gab anschließend auch keine Müllhalde, wie nach der Loveparade, ganz im Gegenteil. Ich glaube, für Knorkator kamen ca. 1.000 Menschen. Und Knorkatorfans sind ja doch „angepunkt“ (schmunzelt). Aber die haben anschließend brav alle ihre Bierflaschen wieder eingesammelt und mitgenommen. Ich glaube, das hat allen gezeigt, dass es ein Verantwortungsgefühl bei den Menschen gibt, die hierher kommen – eine Verbeugung vor der Natur oder vor dem Park – Wertschätzung. Und als wir das letztes Jahr wiederholt haben, haben mir viele Menschen gesagt: „Das Parkfest hat ein eigenständiges Leben, das gibt es noch, wenn es radioeins nicht mehr geben wird. Die Veranstaltung wird weiterleben und gehört jetzt zu diesem Ort.“
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Welche Einstellung hat Ihre Hörer-Zielgruppe zu den Themen Freiraum, Teilhabe und sozial verträgliche Stadt? Ist der typische radioeins-Hörer „freiraumaffin“? Ja, ich glaube schon. Deshalb war die Idee dieses Parkfestes auch „umsonst und draußen“. Ich will nicht sagen, dass es an Woodstock erinnert, aber, dass man das Open Air mitten in der Stadt und trotzdem in einem geschützten und grünen Rahmen stattfinden lässt, das hat für die radioeins-Hörer eine sehr hohe Bedeutung. Es ist auch wichtig, den kommerziellen Aspekt sehr weit runterzuholen. Es geht hier viel stärker um den Inhalt und die kulturelle Identität von Park und Fest als darum, Markenunternehmen eine Bühne zu bieten. Setzen Sie sich als Medienschaffender bewusst für Themen der Stadtentwicklung ein? Ich halte eine stärkere Beteiligung der Bürger für absolut notwendig und würde das auch immer fordern. Die Politik hat teilweise zu Unrecht Angst davor. Es existiert aber auch eine gewisse Gleichgültigkeit der Öffentlichkeit, die ich selbst schon erlebt habe. Es gibt eben nicht nur die Bürger, die mitentscheiden wollen. Die Probleme entstehen häufig dann, wenn der Gegenstand der Diskussion direkt vor der Haustür liegt oder wenn es schon zu spät ist, siehe Flughafen BER oder Stuttgart 21. Entscheidend hierbei waren für mich die Erfahrungen mit dem Parkfest, als wir im Unterausschuss des Bezirksamtes vorsprachen, also auf der Ebene der öffentlich tagenden Kommunal- bzw. Lokalpolitik, wo jeder Bürger hingehen und direkt Veränderungen beantragen kann. Ich fand es toll, wie ernst die anwesenden Politiker das nahmen. Und in diesem Moment ist mir erstmals klar geworden, dass ich und die meisten Menschen diese Möglichkeiten überhaupt nicht wahrnehmen. So gehe ich nämlich auch durch die Straßen und denke: „Was haben sie denn da wieder für einen Mist gebaut?“ Auf der einen Seite gibt es die Verantwortung der Politik, viel stärker zur Beteiligung
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aufzufordern und die Menschen mehr abzuholen. Auf der anderen Seite muss es aber auch die Eigenverantwortung der Bürger geben. Oftmals wird man seiner eigenen Verantwortung gar nicht gerecht. Diese hört eben nicht damit auf, dass man sich „jetzt mal zur Wahl quält“. Man hat viel mehr Möglichkeiten der Beteiligung, und die meisten, einschließlich mir, haben diese nie richtig genutzt. Welche Bedeutung hat für Sie persönlich das „grüne Berlin“, das inzwischen zur internationalen Attraktion avanciert ist? Welche Bedeutung hat für Sie der öffentliche Raum dieser Stadt? Das „grüne Berlin“ hat für mich eine große Bedeutung! Die Bürger müssen sich diesen Freiraum für Experimente erhalten. Für mich ist hierbei nicht so sehr der Bestand, sondern der Erhalt des Potenzials das Spannendste. Berlin hat da ein unglaubliches Potenzial und unterscheidet sich deutlich von Paris oder London. In Paris ist in den letzten Jahren relativ viel entstanden, aber es hat bei Weitem nicht dieses grüne Angebot. Und London ist unbezahlbar geworden. Berlin hat seinen eigenen Weg mit allen Risiken gewählt, aber eben auch mit unglaublich vielen Chancen. Ich denke dabei zum Beispiel an die Pläne der BVG, Fährverbindungen über die Spree nach Oberschöneweide einzurichten. Das erinnert mich sehr an Sydney, eine Stadt, die mich auch sehr beeindruckt hat, eine Stadt mit vielen Grünflächen. Dort gibt es beim öffentlichen Personennahverkehr neben U-Bahn und Bussen auch die Fähre. Solche Schnellverbindungen auf der Spree bieten noch sehr viel Potenzial in Berlin.
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Müssen demnach Freiräume verteidigt und der Bestand weniger verdichtet werden, um nicht die Fehlentwicklungen, die bereits in Europa gemacht worden sind, zu wiederholen? Ja. Wobei ich mich immer noch mit einer „gerechten“ Verteilung schwertue. Wir haben auf der einen Seite diese riesigen grünen Oasen: den Tiergarten, das unbebaute Tempelhofer Feld und den Park am Gleisdreieck mit seinen gigantischen Ausmaßen. Auf der anderen Seite haben wir aber auch das Problem der Wohnungsnot. Es kann nicht die alleinige Lösung sein, immer mehr Wohnungen am Rand der Stadt zu bauen. Beim Tempelhofer Feld habe ich manchmal das Gefühl, es geht hier um eine Form der Besitzstandswahrung. Die, die jetzt da sind und über ein bestimmtes Potenzial verfügen, wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, und sehen nicht, dass es vielleicht auch Bedürfnisse anderer gibt, die erst noch kommen. Man braucht kreative Lösungen. Es gibt derzeit noch eine unglaubliche Zahl an Baulücken, die noch nicht geschlossen sind und einen großen Leerstand von Häusern. Das Potenzial ist noch gar nicht ausgereizt. Bei all den Problemen, die es in Berlin gibt, bin ich trotzdem jedes Mal wieder begeistert, wenn ich zurückkomme – egal von woher. Ich denke, das ist schon die tollste Stadt.
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Since 2012 radioeins has held the Park Festival at
The journalist and radio presenter moves to Berlin to study communication science and politics three years before the fall of the Wall. Two days after moving there he sits in the Madonna bar in Kreuzberg’s Wiener Strasse drinking beer, when three stolen bicycles are offered to him at once. The metropolis had just welcomed him. Bavarian born Skuppin gets to know and love the West Berlin of the 1980s. He remembers it as “a village with pubs, parties, exciting people and strange projects”. After finishing university in 1988, Robert Skuppin works as a news editor for Radio 100. From 1999 on he presents the Morning Show of radioeins (RBB), becoming its programme chief in 2011. Since 2012 the broadcasting company organises a summer festival with live programmes, concerts and other cultural and sports activities in Gleisdreieck Park.
Gleisdreieck Park. Had you come across the site before then? I moved to Berlin in 1986, but a friend was living there already in 1983 and every now and then I would visit her in West Berlin. Nature had completely taken over the grounds. I think we had a barbecue there at least once. At other times we would go past the overgrown storage sheds and walk along the railway tracks. The whole place was like an urban jungle. It was as if parts of the station had been reclaimed by nature. I think there were already some West Berliners who had laid out little garden plots for themselves, and parties were held there. In spite of this, it was of course a neglected area in the middle of the city that was hardly noticed, because only the famous Yorckstrasse with its many bridges passed it. Much later, in 2011, the park was opened, but I was barely aware of that, though naturally I took part in the opening weekend, along with the thousands of other Berliners who flocked to the place. That’s the nice thing about Berlin, people are always interested in their city. Every construction site seems to be an event and everyone goes to look at it. I think the park is a very successful adaptation of what was once there. The temptation to demolish the tracks and make a run-of-the-mill park out of it was resisted, and they also tried to allow the story that the area tells to continue to take effect in the background.
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»‘Green Berlin’ has great significance for me! The citizens must keep this space open for experiments. For me the most captivating thing is not so much the existing structure, but the preservation of potential. Berlin has incredible potential and is definitely different from Paris or London.«
Would this park be similarly well-accepted if it was located somewhere else? I should think so. The question is, of course, if the same topography could be found at another place. One of the great thing about the area is, amongst other things, the connection to the south with Priesterweg. That in itself is something special, but things get really interesting when you delve into the content. When, for instance, it is explained how the unusual tree population came about: The fruit trees grew because travellers in the 1930s simply threw their apple cores out of the train windows. Parks are normally something for the elderly and for families with children, but this park manages – by also providing for skaters – to appeal to all groups. Gleisdreieck Park is not simply a park to stroll in, there are a variety of other possibilities for different target groups. Is it a true public park for the 21st century with different moods and atmospheres? I have to come back to the radioeins Park Festival. You had all the excitement of a live event – noise and music and hustle and bustle – and at the same time, due to the vast extent of the park, an experience that was relaxing, discreet, solitary and unique. You can join the crowd and feel like you’re at a fair, but you can also stand more to the side and watch it like at a cultural festival. You can also move so far off that you only perceive the park itself. The park offers a variety of situations: There are big meadows and there are small meadows, there are different types of tree populations, railway tracks, buildings and bridges, that give each area a different topography, making the whole
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incredibly diversified. The Tiergarten, which is also a great park, cannot offer anything like that. First of all, it is defined more strongly by its vegetation and is less varied. Or just take the railway tracks: Normally, you would say there is no way railway tracks can go through a park! Here, there is nothing odd about it. Gleisdreieck has become a modern park in the middle of the city. Why did you decide to celebrate radioeins fifteenth anniversary in Gleisdreieck Park in 2012? We always wanted to celebrate radioeins fifteenth anniversary, but for a long while it wasn’t clear how. Then the idea occurred to us to organise a festival of several days’ duration. But we didn’t want to choose one of the well-known locations, but rather to try out something new. So it was clear that we needed a place that hadn’t been used yet and that would be exciting for the Berlin and Brandenburg listeners. We took a look at two locations, one of which was Gleisdreieck Park, a hitherto blank space. Astonishingly, the odds were against us, as the District had stronger objections than the citizens’ initiative looking after the park, who thought the idea of a festival was great. The citizens’ initiative saw their chance to make their long years of work for the park better known to the public, and that eventually changed the position of the District. It must be said that in spite of this there were, of course, huge concerns virtually everywhere: at the District, at the Parks and Gardens Department, at the City Department of Public Order, from the neighbourhood, and naturally, massively, at RBB and radioeins. But most fears proved to be unfounded. The festival wasn’t “loud as hell” so that
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the neighbours couldn’t sleep. There were no garbage problems afterwards either – as there were after the Love Parade. Quite the contrary. I think about a thousand people came to see Knorkator. And Knorkator fans are a bit like punks (smiling). But after the show they all politely collected their beer bottles and took them away with them. I think that showed everyone that people coming here have a sense of responsibility – making a bow to nature or to the park – a gesture of appreciation. When we repeated the festival last year, many people here said: “The Park Festival now has its own life, it will still carry on after radioeins is gone, it now belongs to the park”. What attitude do your listener groups have towards such topics as open space, civic participation and a socially responsible city? Is the typical radioeins listener open space friendly? Yes, I think so. That’s why the idea behind this Park Festival was that it should be free of charge and outside. I don’t want to say that it reminds you of Woodstock, but we held an open air festival in the middle of the city, within a protected and green environment, and that has great significance for radioeins listeners. It is also important to tone down the commercial aspect. It is more a matter of content and the cultural identity of the park and the festival than about providing a platform for companies or brands. As a media representative, do you feel obliged to take up urban development issues? In a sense, I think it is right and even imperative to have a stronger participation of citizens and I always encourage it. Politicians fear it, though, to some extent mistakenly. Also, there is a degree of apathy among citizens that I have experienced myself. Not all citizens
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want to be included in decision making. Problems often crop up when the subject under discussion lies directly on their doorstep, or when it is too late. Think of BER Airport or Stuttgart 21. What was important for me was the experience with the Park Festival, when we called on the sub-committee of the District council. This involves public sessions covering communal and local politics, which every citizen can attend and make a direct application for changes. I thought it was great how seriously the attending politicians take this. And it became clear to me at that moment for the first time that, like me, most people are not aware of this possibility. I, too, walk the streets thinking, “What kind crap have they built here again?”. On the one hand, there is the responsibility of politicians to encourage stronger civic participation and to keep abreast of people’s concerns. On the other hand, there should be more personal responsibility on the part of the citizens. Often we don’t even acknowledge our personal responsibility, which doesn’t end when we simply drag ourselves to the polls. One has many more possibilities for participation and the majority, including me, have never used them properly. What does “green Berlin”, which has by now attracted international attention, mean for you personally? What significance does public open space have for this city? “Green Berlin” has great significance for me! The citizens must keep this space open for experiments. For me the most captivating thing is not so much the existing structure, but the preservation of potential. Berlin has incredible potential and is definitely different from Paris or London. In Paris rather a lot has come into being during the last years, but the city does not offer so much in the way of green. And London has simply become unaffordable. Berlin has chosen its own way with all the risks that entails, but has created an
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unbelievable amount of opportunities. I am thinking, for instance, of BVG’s [public transport company] plans to establish ferry crossings over the River Spree to Oberschöneweide [area in the south-east of Berlin]. That reminds me of Sydney, a city that also very much impressed me with its abundance of green spaces. Besides the underground and the buses, public transport there includes a ferry service. These fast connections on the Spree provide a great amount of potential for Berlin. Do open spaces therefore have to be defended and must the existing ones be less intensified, in order to avoid repeating the kind of misguided developments that have already been made in some parts of Europe? Yes. Although I still have difficulties with a “just” distribution of open space. On the one hand, we have these huge green oases – the Tiergarten, the undeveloped Tempelhofer Feld and Gleisdreieck Park with its gigantic proportions. On the other hand, there is a housing shortage. Building more and more flats in the suburbs can’t be the only solution. With Tempelhofer Feld, I sometimes have the feeling that it is more a kind of protection of vested interests. Those who are already there and can tap into certain potential, want everything to stay as it is and don’t recognise the needs of others that might arise. You need creative solutions. There are still an incredible number of empty building sites that have not yet been developed, and a lot of vacant houses. The potential has not been exhausted at all. Despite all the problems here, I always feel enthusiastic when I come back – no matter from where – because I think Berlin really is the greatest city.
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LORENZO PESCE »PARKLEBEN« »PARKLIFE«
Etwa zeitgleich mit der Eröffnung des Westteils des Parks am Gleisdreieck zog der italienische Fotograf Lorenzo Pesce von Rom nach Berlin. Von Beginn an ein begeisterter Besucher, entdeckte er den Park mit den neugierigen Augen des Zugezogenen. Im Sommer 2014 entstanden seine einfühlsamen Portraits über das bunte Parkleben. About the same time as the West part of the Park am Gleisdreieck opened, Italian photographer Lorenzo Pesce moved from Rome to Berlin. From the beginning an enthusiastic stroller, he discovered the park with the curious eyes of the incomer. In the Summer of 2014 he created his empathetic portraits of the colourful parklife.
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ESSAYS
GLEISDREIECK /ESSAYS
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GLEISDREIECK
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BERLIN
/ Gleisdreieck: Wie urbane Wildnis im neuen Park möglich wurde In go K o w a r i k 1
A
uf einer großen Brachfläche im Herzen Berlins, einen Steinwurf vom Potsdamer Platz entfernt, wird 2013 der Park am Gleisdreieck eröffnet. Urbane Wildnis gehört zum Markenkern dieses Parks. Was in Berlin mittlerweile als Erfolgsgeschichte gilt, könnte außerhalb der Stadt Erstaunen hervorrufen. Wieso erlaubt sich Berlin einen neuen, 26 Hektar großen Park, nur wenige hundert Meter entfernt vom Tiergarten, dem zentralen Park Berlins? Wieso gab es erbitterte Debatten über die Integration wilder Stadtnatur in den Park? Solche „Ruderalvegetation“ weicht in anderen Städten mit größter Selbstverständlichkeit neuen Projekten, war in Berlin aber ein wichtiges Thema der Park-Konzeption. Ist der Gleisdreieck Park damit eine Berliner Merkwürdigkeit oder ein in die Zukunft weisendes Parkkonzept? Antworten auf diese Fragen wurzeln weit in der Vergangenheit, im Westberlin der Nachkriegszeit. Die Vorgeschichte des heutigen Parks ist damit wesentlich länger als seine offizielle Planungsgeschichte. Beides zusammengenommen zeigt, wie aufgrund besonderer historischer Konstellationen ein Parktypus zustande kam, der in dieser Art und Lage bislang wohl nur in Berlin möglich war.
Grüne Parallelwelten Seit 1961 war Westberlin vom grünen Umland abgeschnitten. In der Stadt aber gediehen grüne Parallelwelten. Neben den offiziellen Parks bildeten viele kleine und große Stadtbrachen ein inoffizielles Grünflächensystem, dessen Fläche Anfang der 1980er-Jahre etwas mehr als ein Viertel der offiziellen Parkfläche ausmachte (vgl. Tabelle 1). Dazu gehörten kriegszerstörte, enttrümmerte Bebauungsflächen, für die kein wirtschaftliches Verwertungsinteresse bestand. Politische Gründe verhinderten die Nutzung anderer Flächen. So wurde das ehemalige Diplomatenviertel südlich des Tiergartens für zukünftige Hauptstadt-Nutzungen freigehalten. Das Lenné-Dreieck am Potsdamer Platz gehörte zwar zu Ostberlin, lag aber westlich der Mauer. Für das Gleisdreieck-Gelände, wie für alle anderen Bahnanlagen in Westberlin, war die DDR-Reichsbahn zuständig, da sie von den Alliierten die Betriebsrechte für ganz Berlin erhalten hatte. Da die Reichsbahn den Betrieb im Westteil der Stadt auf ein Minimum reduzierte, waren auf vielen Bahnanlagen die Weichen gestellt: in Richtung Rückeroberung durch die Natur.
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KOWARIK
Ingo Kowarik ist seit 1999 Leiter des Fachgebietes Ökosystemkunde/Pflanzenökologie am Institut für Ökologie der Technischen Universität Berlin, dessen Direktor er von 2000 bis 2003 war. Seit 1998 ist Ingo Kowarik Mitglied des Berliner Sachverständigenbeirats für Naturschutz und Landschaftspflege und seit 2001 dessen Vorsitzender sowie Landesbeauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege.
Die politische Lage Westberlins erlaubte damit etwas Einzigartiges. In weitaus größerem Umfang und über wesentlich längere Zeiträume als in anderen Städten konnte sich die Natur auf Stadtbrachen nach ihren eigenen Gesetzen entwickeln, von Pionierstadien über Phasen mit Gräsern und Kräutern bis hin zu ersten Wäldern. So wuchs gegenüber dem heutigen Tempodrom auf einem ehemals bebauten Block ein Robinienwäldchen. Am Gleisdreieck waren sämtliche Stadien der Wiederbesiedlung gleichzeitig vorhanden. Ein vielfältiges Biotop-Mosaik entstand, da unterschiedliche Standorte unterschiedlich schnell besiedelt wurden und diese Entwicklung in Teilbereichen immer wieder durch verbliebene oder partielle neue Nutzungen variiert wurde. An solchen Spuren von Nutzung war gut abzulesen, wie sehr die grünen Parallelwelten bereits von den Stadtbewohnern angenommen worden waren. 1980 konnten in den Biotop-Mosaiken am Gleisdreieck 417 Pflanzenarten auf einer Fläche von 63 Hektar nachgewiesen werden2 .
Tabelle 1 Grüne Parallelwelten im Westteil Berlins, gebildet aus offiziellen Parks und Stadtbrachen zu Beginn der 1980er-Jahre (Daten zur Größe und Lage der Flächen aus: Arbeitsgruppe Artenschutzprogramm Berlin, 1984)
GESAMTFLÄCHE
EINZELBIOTOPE
MITTLERE FLÄCHE
LAGE IM GESCHLOSSENEN BEBAUUNGSGEBIET
LAGE AM ÄUSSEREN STADTRAND
ANTEIL GESAMTFLÄCHE WEST-BERLIN
STADTBRACHEN
550
142
4 ha
29,4 %
6,7 %
1,2 %
STADTPARKE (2–50 ha)
1387
163
8 ha
10,3 %
6,0 %
2,9 %
GROSSE PARKE (> 50 ha)
742
8
93 ha
20,5 %
37,5 %
1,6 %
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GLEISDREIECK
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BERLIN
Gegen den Strom Das erste Semester Landschaftsplanung an der TU Berlin 1976 war ein „Kampfsemester“, Gesellschaftskritik ein immanenter Teil der Studieninhalte. Was mich damals noch mehr interessierte, waren die Ökologievorlesungen von Herbert Sukopp, begleitet von Geländeübungen auf Stadtbrachen. Sie begeisterten viele Studierende für wilde Stadtnatur und machten das Dörnberg-Dreieck – heute steht dort das Grand Hotel Esplanade – zum damals wohl bestuntersuchten Stadtstandort weltweit. Bei der Stadtökologie ging es zunächst darum, zu verstehen, wie sich Natur auf Brachen entwickelt, welche Stadien mit welchen nie zuvor beschriebenen Artenkombinationen aufeinander folgen. Was solche Stadtbrachen für die Entwicklung Berlins bedeuten könnten, die Frage schloss sich außerhalb der Uni nahtlos an – und führte in politischen und vielen planerischen Diskursen oft zu Unverständnis, meistens jedoch zu heftigen Kontroversen. Die ökologische Entdeckung der Berliner Stadtbrachen in den 1970er-Jahren traf auf eine Vielzahl alter und neuer Planungen, die bis weit in die 1980er-Jahre eines gemeinsam hatten: Brachen in der Stadtlandschaft endlich neuen Nutzungen zuzuführen3. So ging es unter anderem um einen neuen Bahnhof auf dem Südgelände, um Bauvorhaben der IBA 1977–1987 auf Brachen in Kreuzberg und Tiergarten, und auf dem Gleisdreieck-Areal um Autobahntrassen, Teilbebauung und konventionelle Grünflächen4. Die Feindbilder waren eindeutig in der Universität wie in der Stadtgesellschaft: Birkenstock-Sandalen gegen schwarze Anzüge. Auf der einen Seite Naturschützer, „Ökospinner“, denen Blümchen und Käfer wichtiger als die Stadtentwicklung waren; auf der anderen Seite Stadtplaner und Architekten, auch viele Landschaftsarchitekten, die, blind für die Natur vor Ort, nur ihre eitlen Entwürfe durchsetzen wollten. Neben Protest gab es auch Gegenentwürfe. Die 1973 entstandene Bürgerinitiative Westtangente protestierte gegen die geplante Autobahntrasse, die entlang des Wannseebahngrabens über das Gleisdreieck unter den Tiergarten hindurch bis weit nach Norden führen sollte. Die „Grüntangente“ war ein wirkungsmächtiges Gegenmodell. Es verband die Stadtbrachen vom Südgelände bis zum Gleisdreieck über den Potsdamer Platz mit dem Tiergarten. Dass diese Idee vierzig Jahre später in wichtigen Teilen Realität geworden ist, liegt an dem, was der Maastrichter Historiker Jens Lachmund kürzlich zur Erklärung des „Grünen Berlins“ herausgearbeitet hat5: das in Art und Umfang einzigartige Zusammenwirken von Stadtökologie, Umweltplanung und Bürgerengagement in Berlin. Ökologen lieferten Fakten, Bürgerinitiativen machten Druck, und die öffentliche Planung nahm beides auf, langsam, aber sehr systematisch. Dass die meisten Berliner Landschaftsplaner auch bei Herbert Sukopp studiert hatten, war dabei wohl kein Nachteil. Die Berliner Stadtökologie hatte nicht nur den Blick auf die biologische Vielfalt der Stadtbrachen geöffnet, sondern auch Planungsgrundlagen bereitet, meist im Auftrag des Senats, die in den 1970er- und 1980er-Jahren richtungweisend waren6 . Für das gesamte Stadtgebiet, also auch den bebauten Bereich, wurde eine flächendeckende Biotopklassifizierung entwickelt. In den „Grundlagen für das Artenschutzprogramm Berlin“ wurde 1984 die Bedeutung von Stadtbrachen und 55 weiteren Biotoptypen als Lebensraum für
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Tier- und Pflanzenarten dargestellt.7 Im Einleitungsteil stand, wie Artenvielfalt auf vielen Wegen dem menschlichen Wohlergehen zugutekommt. Auch wenn damals noch nicht von „Ökosystemleistungen“ gesprochen wurde, war doch klar, dass urbaner Naturschutz nahe bei den Menschen ist. Das Landschaftsprogramm, das 1988 für den Westteil und 1994 für die Gesamtstadt verabschiedet wurde, macht dies mit seiner Verbindung von Biotopund Artenschutz, Naturhaushalt und Umweltschutz sowie Landschaftsbild, Erholung und Freiraumnutzung ganz deutlich. Grüne Parallelwelten der Stadtbrachen zu legalisieren: das würde sich also für die Stadtbewohner lohnen. Das galt besonders für die an das Gleisdreieck grenzenden Teile Kreuzbergs und Schönebergs, die kaum wohnungsnahe Parks hatten. Auch wenn Konzepte zur Integration von Stadtbrachen in das Berliner Grünsystem landschaftsplanerisch gut vorbereitet waren, die wesentlichen Entscheider in den 1980er-Jahren waren nicht reif für entsprechende Entscheidungen. Polemische Kontroversen herrschten vor.
Wenden Der Wind wendete sich schlagartig mit dem Wahlerfolg von Rot-Grün am 29. Januar 1989. Schon am Tag danach klingelte mein Telefon. Nun plötzlich waren Ideen gefragt, wie die Natur auf Stadtbrachen in das dezentrale Konzept der für 1995 in Berlin geplanten Bundesgartenschau integriert werden könnte. Neben den Bahngeländen vom Südgelände bis zum Gleisdreieck8 ging es dabei auch um den Moabiter Werder und das alte Diplomatenviertel an der Tiergartenstraße. Der Fall der Mauer brachte eine weitere Wende. Hauptstadteuphorie und Wachstumsprognosen stellen nun ganz schnell die Integration der Stadtbrachen in das offizielle Freiflächensystem in Frage. Wozu brauchten wir diese Flächen noch, war doch das grüne Umland nun zugänglich? Waren neue Entwicklungsperspektiven nicht wichtiger? Im 1991 etablierten Stadtforum zur zukünftigen Entwicklung Berlins wurde auch diese Frage diskutiert, in interdisziplinärer Besetzung und unter kontinuierlicher Beteiligung des Stadtentwicklungssenators, Volker Hassemer. Als Experte auf der „grünen“ Bank wurde mir rasch klar, dass es dabei um Ideen ging, nicht um Zahlen. Das, was viele Naturschützer regelmäßig begeistert, war hier völlig uninteressant: wie überraschend viele Tier- und Pflanzenarten eine Fläche beherbergt. Naturschutz stand bei vielen Teilnehmern des Stadtforums wohl immer noch im Verdacht, stadt- und menschenfeindlich zu sein. Das hatte zwar nichts mit dem gesetzlichen Auftrag, entsprechenden Fachplanungen oder den erklärten Absichten der grünen Fachleute zu tun, verwies jedoch klar auf gewaltige Kommunikationsbarrieren. Die große, kaum übersehbare Vielfalt urbaner Lebensräume mit ihren anthropogenen Bestimmungsgrößen, Tier- und Pflanzenbeständen auf vier Arten von Natur zu konzentrieren, diese Idee zündete im Stadtforum und half auch bei späteren Diskussionen.9 Der Grundgedanke dieses Konzepts der vier Naturen war, die Vorstellung von Stadt als Gegenwelt zur Natur hinter sich zu lassen; vielmehr Stadt als an einen Ort zu denken, an dem neben Resten ursprünglicher Natur (Natur der ersten Art, z.B. Wälder, Moore) Natur
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BERLIN
in verschiedenen anthropogenen Transformationsstadien auftritt: Natur der zweiten Art mit Elementen der traditionellen Kulturlandschaft (z.B. Landwirtschaftsflächen am Stadtrand), Natur der dritten Art mit einem weiten Reigen gärtnerisch gestalteter Flächen und schließlich Natur der vierten Art mit der spezifisch urbanen Natur, die sich auf Berliner Stadtbrachen zu neuartigen Ökosystemen mit einer wilden Mischung einheimischer und nichteinheimischer Arten entwickelt hat. Natur der vierten Art als „Beitrag der Stadt zur Naturgeschichte“ ließ sich am Beispiel des Gleisdreiecks besonders gut illustrieren.10 In den 1990er-Jahren hatte sich etwas verändert. Viele Stadtbrachen im Hauptstadtsog wurden nun bebaut, etwa im alten Diplomatenviertel oder auf dem Moabiter Werder, wo die nun abgesagte Bundesgartenschau 1995 eigentlich neue Park-Typologien unter Einschluss der wilden Stadtnatur entwickeln wollte. Trotz aller Einschnitte in das informelle Grünsystem der Stadtbrachen war eines jedoch nun weithin angekommen: Wilde Stadtnatur auf urbanen Brachen ist grundsätzlich wertvoll und beachtenswert. Bürgerschaftliches Engagement, stadtökologische Arbeiten und urbane Landschaftsplanung über mehr als ein Jahrzehnt hatten sich wohl doch gelohnt.
Neue Park-Typologie Als Ausgleichsflächen für Eingriffe in die Natur durch die neuen Bauten am Hauptbahnhof und am Potsdamer Platz gesucht wurden, fiel die Wahl schnell auf Südgelände und Gleisdreieck. Diese Flächen konnten nicht unterschiedlicher sein. Die Bewaldung des Südgeländes war weit fortgeschritten, zwei Drittel waren von Robinien- und Birkenwäldern bedeckt. Das Areal am Gleisdreieck hingegen war weitgehend für die Baulogistik des Potsdamer Platzes abgeräumt worden, mit Ausnahme der Außenflächen des Technikmuseums und des „Birkenwäldchen“. Dass dieses soweit wie möglich mit Bauzäunen geschützt wurde, zeugt von bereits damals veränderten Werthaltungen. Bei aller Unterschiedlichkeit von Südgelände und Gleisdreieck hatten die Planungsverfahren zu beiden Flächen eine wesentliche Gemeinsamkeit: Der Genius loci zählte. Dazu gehörten die wilde Natur ebenso wie Artefakte der früheren Bahnanlagen und, vor allem beim Gleisdreieck, der Blick in die Stadtlandschaft. Auf dem Südgelände war der Park fast schon da, sodass es hierfür kein Wettbewerbsverfahren gab. Die planerische Aufgabe war hier, vom Bestand ausgehend, Zugänge für Menschen zu schaffen und Leitbilder zum Management der Vegetation wie zur Bewahrung kultureller Relikte zu konzipieren. Das mehrstufige Wettbewerbsverfahren zum Gleisdreieck Park war ungleich umfangreicher und in der Kombination mit dem Beteiligungsverfahren bislang einzigartig. Bei allen Kontroversen um das Verfahren und sein Ergebnis zeigt der heutige Park, dass hier doch eine weithin akzeptierte Lösung gelungen zu sein scheint. Die Jury hatte ziemlich schnell die Entwürfe abgeräumt, die mit tiefgreifenden Eingriffen gegen den Genius loci angingen. Der Siegerentwurf vom Atelier Loidl integrierte dagegen wesentliche historische Bestandsstrukturen, Topografien und Ruderalvegetation in ein Parkkonzept, das nicht alle, aber doch viele Anforderungen der AnwohnerInnen an „ihren“ zukünftigen Park erfüllte. Dazu gehörte auch die Erhaltung des Birkenwäldchens, das nun als „Gleis-Wildnis“ auratisiert wurde. Mit dem Gleisdreieck Park entstand damit eine Hybride aus Natur der dritten und vierten Art. Die faszinierende Offenheit und Ambivalenz vieler Stadtbrachen geht hiermit zwar in Teilen, aber nicht gänzlich verloren. Das allerdings wäre die wahrscheinliche
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Alternative. Während das Thema „Wildnis“ in anderen Parkentwürfen, etwa von Gilles Clément, künstlerisch initiiert wird, so wurde im Fall des Gleisdreieck Parks mit bereits vorhandener wilder Stadtnatur Wildnis gearbeitet. Der Siegerentwurf sah jedoch auch einige Eingriffe in den Bestand vor. Ruderalvegetation auf historischen Pflasterflächen und einige Gehölzinseln sollten großen, neuen Liegewiesen weichen. Darüber wurde intensiv, lange und erbittert gestritten. Einige Kompromisse kamen sehr mühsam zustande. Solche Diskussionen wären in den 1970er-Jahren absurdes Theater gewesen. Dass sie heute ernsthaft geführt werden können, ist ein deutlicher Indikator für einen weitreichenden Bewusstseinswandel. Mehr noch, denn der Park am Gleisdreieck belegt zusammen mit den Parks auf dem Südgelände, dem Nordbahnhof und mit weiteren Projekten: Die wilde Stadtnatur ist nun endgültig im offiziellen Berliner Grün angekommen, zwar eingebunden, manchmal auch gezähmt, jedoch als unverkennbarer Kern neuer Park-Typologien.
1
Prof. Dr. Ingo Kowarik, Institut für Ökologie, Technische Universität Berlin, Rothenburgstr. 12, D 12165 Berlin – Landesbeauftragter für Naturschutz und Landschaftspflege; E-Mail [email protected]
2
Asmus, Ulrich: Vegetationskundliches Gutachten über den Potsdamer und Anhalter Güterbahnhof in Berlin. Gutachten im Auftrag des Senators für Bau und Wohnungswesen. 1980. Unveröffentlicht.
3
So ließ der Regierende Bürgermsieter Diepgen 1986 eine „Schandfleckentour“ organisieren. Norbert Rheinländer in Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Hrsg.): Der Park am Gleisdreieck. Idee, Geschichte, Entwicklung und Umsetzung. Berlin 2014. S. 33.
4
Zur Planungsgeschichte des Gleisdreiecks vgl. ebendort
5
Lachmund, Jens. Greening Berlin: The Co-Production of Science, Politics, and Urban Nature. Cambridge/MA 2013.
6
Vgl. Wächter, Monika: Die Stadt: umweltbelastendes System oder wertvoller Lebensraum? Zur Geschichte, Theorie und Praxis stadtökologischer Forschung in Deutschland. UFZ-Bericht 9/2003.
7
Arbeitsgruppe Artenschutzprogramm Berlin (Leitung: Herbert Sukopp, Redaktion: Axel Auhagen, Heidemarie Frank, Ludwig Trepl): Grundlagen für das Artenschutzprogramm Berlin, Band 1–3. In: Landschaftsentwicklung und Umweltforschung. Schriftenreihe des Fachbereichs Landschaftsentwicklung der TU Berlin, Nr. 23, 1984.
8
Bundesgartenschau Berlin 1995 GmbH in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Kreuzberg (Hrsg.): Dokumentation Gleisdreieck morgen. Sechs Ideen für einen Park. Berlin 1991.
9
Kowarik, Ingo: „Unkraut oder Urwald? Natur der vierten Art auf dem Gleisdreieck.“ In: Bundesgartenschau Berlin 1995 GmbH in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Kreuzberg (Hrsg.) Dokumentation Gleisdreieck morgen. Sechs Ideen für einen Park. Berlin 1991, S. 45–55. Das Konzept der vier Naturen hatte ich vor einem stadtökologischen Hintergrund für die Diskussion im Stadtforum entwickelt - und erfuhr später, dass die Naturen 1-3 in der Theorie der Gartenkunst schon früh erkannt worden waren (vgl. Hunt, John Dixon, Greater perfections: the practice of garden theory. University of Pennsylvania Press, 2000).
10 Kowarik, Ingo: Dokumentation Gleisdreieck morgen. 1991. 11
Kowarik, Ingo; Langer, Andreas: “Natur-Park Südgelände: Linking Conservation and Recreation in an Abandoned Railyard in Berlin.” In: Kowarik, Ingo; Körner, Stefan (Hrsg.): Wild Urban Woodlands. New Perspectives for Urban Forestry. Berlin 2005. S. 287–299.
12 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Hrsg.): Der Park am Gleisdreieck. Idee, Geschichte, Entwicklung und Umsetzung. Berlin 2014. 13 Vgl. Gandy, Matthew: “Marginalia: Aesthetics, Ecology, and Urban Wastelands.” In: Annals of the Association of American Geographers, London 2013. S. 103, S. 1301–1316. 14 Gandy, M.: „Entropy by Design: Gilles Clément, Parc Henri Matisse and the Limits to Avant-garde Urbanism.“ In: International Journal of Urban and Regional Research 37/1: S. 259–278.
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BERLIN
/ Gleisdreieck: How urban wilderness became possible in the new park In go K o w a r i k
In 2013, Gleisdreieck Park opened on wasteland in the heart of Berlin, just a stone’s
throw from Potsdamer Platz. Urban wilderness is part of the branded essence of this park. What is now considered a Berlin success story could just as easily be regarded with astonishment by those outside the city. Why would the city allow a new, 26-hectare park just a few hundred metres from the Tiergarten, Berlin’s central park? Why were there such acrimonious debates over the integration of wild urban nature in the park? In other cities, such ruderal vegetation is sacrificed to new projects as a matter of course, but in Berlin it was an important theme in the park’s conception. Is Gleisdreieck Park merely a Berlin oddity then, or a park concept indicative of the future? The answer to that question lies deep in the past, in post-war West Berlin. The pre-history of the park is much longer than the official planning history. Together they reveal how unique historical constellations gave rise to a type of park that, in this way and in such a location, until now has only been possible in Berlin.
Green parallel worlds In 1961, West Berlin was cut off from the surrounding green countryside, but green parallel worlds flourished in the city. In addition to official parks, many wastelands, large and small, formed an unofficial system of green spaces, the total area of which added up to more than a quarter of the official park area in the early 1980s (see table 1). These included war-damaged, cleared areas in which there was no economic interest in redevelopment at the time. The use of other areas was prevented on political grounds. The former diplomatic quarter south of the Tiergarten for example had been reserved for future use for the capital. The Lenné Triangle at Potsdamer Platz lay west of the wall but had belonged to East Berlin. The Deutsche Reichsbahn (GDR Railways) were responsible for the Gleisdreieck railyard area, as they were for all rail operations in West Berlin, having received operating rights for all of Berlin from the Allies. Deutsche Reichsbahn reduced services in the western part of the city to a minimum, and in doing so paved the way for many stations to be reclaimed by nature.
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Ingo Kowarik has, since 1999, been Head of the Department for Eco Systems and Plant Ecology at the Institute of Ecology at Technische Universität Berlin, of which he was director from 2000 to 2003. A member of the Berlin expert committee for nature protection and landscape conservation since 1998, Ingo Kowarik has, since 2001, been its chairman as well as State commissioner for Nature Conservation and Landscape Management of the federal state of Berlin.
The political situation in West Berlin enabled something unique to develop. Nature was left to reclaim urban wastelands on its own terms, on a larger scale and over much longer periods than in other cities; a recolonisation by succession: pioneer stage, grass and herb stages through to the first new forests. Accordingly, on a formerly built-up block opposite today’s Tempodrom, a grove of black locust trees established itself. In Gleisdreieck, all stages of recolonisation were present simultaneously. Because different sites were colonised at different rates, and parts were continually altered by residual or partially new usages, a diverse biotope-mosaic developed. In such traces of use it was easy to see that approval for green parallel worlds had already been given by city residents. In 1980, 417 plant species were found in one sixty-three-hectare area of the Gleisdreieck biotope mosaic.
Table 1 West Berlin’s green parallel worlds made up of official parks and wastelands at the beginning of the 1980s (data on the size and location of areas: Arbeitsgruppe Artenschutzprogramm (Working group for the Protection of Species Program) Berlin 1984)
TOTAL AREA
SINGLE BIOTOPE
MEDIUM AREA
LOCATIONS IN THE OUTER SUBURBS
LOCATIONS IN CLOSED RESIDENTIAL AREA
PERCENTAGE OF WEST BERLIN TOTAL AREA
WASTELAND
550
142
4 ha
29,4 %
6,7 %
1,2 %
URBAN PARK (2–50 ha)
1387
163
8 ha
10,3 %
6,0 %
2,9 %
LARGE PARK (> 50 ha)
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93 ha
20,5 %
37,5 %
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Against the current The first semester of landscape planning at the Technische Universität Berlin in 1976 was a semester of “fights”, social criticism an intrinsic part of the curriculum. What interested me even more at the time were the ecology lectures and accompanying field excursions to wastelands with Herbert Sukopp. They inspired many students’ enthusiasm for urban nature and made Dörnbergdreieck – where the Grand Hotel Esplanade stands today – probably one of the best studied locations in the world at the time. Urban ecology at the time examined, how nature develops on wasteland, which stages with which previously undescribed species combinations displace one another. The question of what such wastelands could mean for the development of Berlin – taken up outside the university – led to incomprehension in many political and planning discourses, frequently even to fierce controversies. The ecological discovery of Berlin’s wastelands in the 1970s was at odds with many old and new planning processes that, until the late 1980s, had one thing in common: to finally redevelop wasteland areas.3 These included a new station at Südgelände, construction projects for IBA 19771987 [International Building Exhibition] on wasteland in Kreuzberg and the Tiergarten, and in the Gleisdreieck area motorways, partial land development and conventional green spaces.4 Enemy stereotypes were as clear in the university as in the wider community: Birkenstock sandals against black suits. On one side environmentalists, “eco-freaks” for whom flowers and beetles were more important than urban development, and on the other side city planners, architects, and even many landscape architects, who, blind to the beauties of the nature on site, only wanted to push their own vain designs through. There were protests and counter plans. The citizens’ initiative Westtangente, formed in 1973, protested against the planned motorway route running north along the Wannsee rail corridor, over Gleisdreieck and under the Tiergarten. The “Grüntangente” (Green bypass) a powerful counter-model, connected city wastelands from Südgelände to Gleisdreieck, and through Potsdamer Platz to Tiergarten. That this idea has become a reality in many important aspects forty years later is largely due to the elements recently outlined by Maastricht historian Jens Lachmund to explain Berlin’s green5: the unique nature, scope and interaction of urban ecology, environmental planning and civic engagement in Berlin. Ecologists provided facts, citizens’ initiatives applied pressure, and public planning took both on board, slowly, but very systematically. It was likely not a disadvantage that most Berlin landscape planners had studied under Herbert Sukopp. Urban ecology in Berlin had not only opened our eyes to the biological diversity of wastelands, but also prepared planning fundamentals, mostly on behalf of the Senate, which were groundbreaking in the 1970s and 80s6 . A comprehensive biotope classification was developed for the entire metropolitan area, including built-up areas. In “Grundlagen für das Artenschutzprogramm” (Principles for the Protection of Species Program), in 1984, the importance of wasteland, and fifty-five other biotope-types as living space for animal and plant species, were featured7. The introduction stated the many ways biodiversity
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benefits human well-being. While ecosystem services were still not spoken of at the time, it was clear that urban nature protection was cross-linked to human issues. The landscape programme, adopted in the west in 1988 and for the whole city in 1994, made this very clear with its connection between biotope and species protection, ecosystem and environmental protection, as well as landscape, recreation and open space usage. Legalising the green parallel worlds of urban wasteland would be worthwhile for city dwellers, particularly for those in areas of Kreuzberg and Schöneberg, bordering Gleisdreieck, where there were few parks close to housing. Even though concepts for the integration of wasteland into the green system of Berlin were well-prepared by landscape planners, key decision makers in the 80s were not ready for such choices. Polemic controversies ensued.
Changes The tide turned abruptly with the electoral success of the red-green coalition on 29 January 1989. My telephone rang the very next day. Now, suddenly, there were demands for ideas on how nature in the city’s wastelands could be integrated into the decentralised concept of a Federal Garden Show scheduled for Berlin in 1995. In addition to the railway properties of Südgelände up to Gleisdreieck8, Moabit and the old diplomatic quarter on Tiergartenstrasse were also under discussion. The fall of the Wall brought further changes. Capital city euphoria and growth forecasts immediately threw the integration of wastelands into the official public open space system into question. Why did we still need these open spaces when the surrounding countryside was now accessible? Weren’t new development perspectives more important? At Stadtforum Berlin, a discussion forum for Berlin’s future development established in 1991, these questions were discussed by an interdisciplinary panel with the continuous involvement of Volker Hassemer, Senator for City Development. It was immediately clear to me as an expert on the “green” side that ideas were the main concern, not numbers. What normally excites conservationists – the surprising number of plant and animal species that make an area home – was totally uninteresting here. Many Stadtforum participants still suspected that conservation was anti-urban and misanthropic. This had nothing to do with the legal task at hand, appropriate sectoral planning or the stated intentions of green experts, but pointed clearly to the enormous communication barriers. The idea of the Konzept der vier Naturen (Four Natures Approach) to focus on the large, almost unfathomable diversity of urban spaces with their anthropogenic parameters and animal and plant populations caught on in the Stadtforum and helped later discussions as well9. The fundamental idea behind the Konzept der vier Naturen was to leave behind the image of cities as oppositional to nature and instead think of the city as a place in which in addition to the remains of pristine nature, or Natur der ersten Art (nature of the first kind) (eg, old-growth forests, wetlands), nature occurs in various stages of anthropogenic transformation: Natur der zweiten Art (nature of the second kind) with elements of
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traditional cultural landscape (eg, agricultural land on the outskirts of the city); Natur der dritten Art (nature of the third kind) with a wide array of gardened, landscaped areas, and finally, Natur der vierten Art (nature of the fourth kind) with the specifically urban nature that has developed on Berlin wastelands, a new kind of ecosystem with a wild mix of indigenous and non-indigenous species. Natur der vierten Art as a city’s contribution to natural history is particularly well illustrated by the example of Gleisdreieck.10 In the 1990s something started to change. In the wake of transitioning to a capital city, many of Berlin’s wastelands were now being developed — some in the old diplomatic quarter, some in Moabit, where the now cancelled Federal Garden Show 1995 had originally planned to develop new park typologies including wild urban nature. Despite all of the breaches in the informal green system of wastelands, one idea was now widespread: Wild urban nature in urban wasteland is fundamentally valuable and noteworthy. More than ten years of civic engagement, urban ecology and urban landscape planning may have been worth it, after all.
New park typology As compensation areas were sought for interventions caused by the new buildings at Hauptbahnhof and Potsdamer Platz, choices were quickly narrowed to Südgelände and Gleisdreieck. These areas could not be more different. The forested areas of Südgelände were well developed, with two-thirds covered by black locust and birch forest. Gleisdreieck however, had been largely cleared for construction works at Potsdamer Platz, with the exception of the grounds of the German Museum for Transport and Technology and the birch copse. That these were protected with construction hoarding was testament to the shift in values even then. Despite their differences, the planning procedures for Südgelände and Gleisdreieck had one major element in common: The genius loci counted. This included wild nature as much as artefacts of the former railway facilities and, especially at Gleisdreieck, views of the urban landscape. At Südgelände the park was mostly there, so there was no need for a competitive process. The planning work was, based on what was already there, a matter of providing access for people and designing guidelines for the management of vegetation and the protection of cultural relics11 . The multi-stage competitive procedures for Gleisdreieck Park were a lot more extensive and, in combination with the participation processes, unique to date12 . With all the controversies about the processes and the result, the finished park indicates that there seems to have been a widely accepted, successful solution, after all. The jury had fairly quickly rejected designs that involved deep interference with the genius loci. In contrast, the winning design by Atelier Loidl integrated existing major historical structures, topographies and ruderal vegetation in a park concept that fulfilled not all, but many of the residents’ requirements for their future park. This included the preservation of the birch copse, which has now been invested with the aura of railway wilderness. Gleisdreieck Park is thus a hybrid of nature of the third and fourth kinds. The fascinating openness and ambivalence of many wastelands13 has here been lost only partially. It would, however, have been the most probable alternative that all of it would have been lost. While wilderness is artificially initiated in other park designs, those of Gilles
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Clément14 for example, in the case of Gleisdreieck Park existing wild, urban nature was used. The winning design did however propose some modifications to what was there. Ruderal vegetation on historical cobbled areas and some islands of shrubbery should be sacrificed to large, new lawns. The fight was long, intense and bitter. Compromises were very hard won. Such discussions would have been nothing more than absurd theatrics in the 1970s. That they were now taken seriously is a clear indicator of a far-reaching shift in consciousness. Even more, Gleisdreieck Park illustrates with other parks like Südgelände, Nordbahnhof and other projects that wild urban nature is finally an official part of Berlin’s green spaces as a distinctive, though integrated and sometimes tamed, core of new park typologies.
1
Prof. Dr. Ingo Kowarik, Institute of Ecology, Technische Universität Berlin, Rothenburgstr. 12, Germany 12165 Berlin – State Commissioner for Nature Conservation and Landscape Management; Email [email protected]
2
Asmus, Ulrich, Vegetationskundliches Gutachten über den Potsdamer und Anhalter Güterbahnhof in Berlin, Opinion on behalf of the Senator for building and housing, unpublished, 1980.
3
So the ruling mayor Diepgen allowed an eyesore tour to be organised in 1986. (Norbert Rheinländer in Senate department for urban development and environment (ed.), Der Park am Gleisdreieck. Idee, Geschichte, Entwicklung und Umsetzung, Berlin, 2014, p. 33.
4
For the planning history of Gleisdreieck cf. ibid.
5
Lachmund, Jens, Greening Berlin: The co-production of science, politics, and urban nature, Cambridge, MA, 2013.
6
Cf. Wächter, Monika, Die Stadt: umweltbelastendes System oder wertvoller Lebensraum? Zur Geschichte, Theorie und Praxis stadtökologischer Forschung in Deutschland, UFZ Report, 9, 2003, pp. 1-195.
7
Arbeitsgruppe Artenschutzprogramm Berlin (Guidance: Herbert Sukopp, Editorial staff: Axel Auhagen, Heidemarie Frank, Ludwig Trepl) Grundlagen für das Artenschutzprogramm Berlin, Band 1–3. in Landschaftsentwicklung und Umweltforschung. Publication series of Fachbereich Landschaftsentwicklung TU Berlin, No 23, 1984.
8
Federal Garden Show, Berlin 1995 GmbH in cooperation with Kreuzberg district office (eds): Dokumentation Gleisdreieck morgen. Sechs Ideen für einen Park, Berlin, 1991.
9
Kowarik, Ingo, “Unkraut oder Urwald? Natur der vierten Art auf dem Gleisdreieck”, in Federal Garden Show, Berlin 1995 GmbH in cooperation with Kreuzberg district office (eds): Dokumentation Gleisdreieck morgen. Sechs Ideen für einen Park, Berlin, 1991, pp. 45–55. I developed the Four Natures Approach for the discussion at Stadtforum from an urban ecologist’s perspective and learned later that Nature 1-3 had already early been acknowledged in the theory of garden history (Cf. Hunt, John Dixon, Greater perfections: the practice of garden theory., University of Pennsylvania Press, 2000)
10 Kowarik, Ingo; Dokumentation Gleisdreieck morgen., 1991. 11
Kowarik, Ingo; Langer, Andreas, “Natur-Park Südgelände: Linking conservation and recreation in an abandoned railyard in Berlin.” in: Kowarik, Ingo; Körner, Stefan (eds) Wild urban woodlands. New perspectives for urban forestry., Berlin, 2005, pp. 287-299.
12 Senate department for urban development and environment (ed.), Der Park am Gleisdreieck. Idee, Geschichte, Entwicklung und Umsetzung., Berlin, 2014. 13 Cf. Gandy, Matthew, Marginalia: aesthetics, ecology, and urban wastelands, Annals of the Association of American Geographers, London, 2013, p. 103, pp. 1301-1316. 14 Gandy, Matthew “Entropy by design: Gilles Clément, Parc Henri Matisse and the Limits to Avant-garde Urbanism.” in International Journal of Urban and Regional Research 37/ 1, 2013, pp. 259–78.
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/ Der Park am Gleisdreieck: Ein moderner Volkspark? An ne t t e G e i g e r & Stefanie Hennecke
Ein Dialog zwischen der Kulturwissenschaftlerin Annette Geiger und der Freiraumpla-
nerin Stefanie Hennecke. Beide Wissenschaftlerinnen leben in Berlin, haben zahlreiche gemeinsame Projekte realisiert1 und verfolgen seit Langem den rasanten Wandel dieser Stadt. Im Folgenden erörtern sie ihre Sicht auf den Park am Gleisdreieck.
Brauchen wir heute einen neuen Volkspark? Stefan ie Hen n ecke Der Park am Gleisdreieck ist mit seinen 26 Hektar Fläche, seiner innerstädtischen Lage und seinem vielfältigen Nutzungsangebot vergleichbar mit zahlreichen Parkanlagen, die in der Großstadt Berlin seit Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt worden sind. Es wäre leicht, eine Traditionslinie für den Park am Gleisdreieck zu konstruieren und ihn stadtentwicklungspolitisch als „Volkspark des 21. Jahrhunderts“ oder „Volkspark 2.0“ zu vermarkten. Als Einstieg in unseren Dialog möchte ich aber deutlich machen, dass der Vergleich des Parks am Gleisdreieck mit seinen Vorgängermodellen differenziert geführt werden sollte. Die Volksgärten des 19. Jahrhunderts (in Berlin etwa Friedrichshain, Humboldthain, Treptower Park und Viktoriapark) und die Volksparks des frühen 20. Jahrhunderts (Schillerpark, Jungfernheide, Rehberge) entstanden jeweils auf kommunale Initiative, um in der wachsenden Industriestadt Berlin einen Ausgleich zu den negativen Effekten des Stadtlebens anzubieten. Was jeweils als „negativ“ galt, wurde allerdings sehr unterschiedlich interpretiert: Die frühen Volksgärten im 19. Jahrhundert sollten nach dem Gartentheoretiker Hirschfeld die Stadtbewohner von den „unedlen und kostbaren [d. h. kostspieligen, S.H.] Arten der städtischen Zeitverkürzungen“ abhalten und sie stattdessen an das „wohlfeile Vergnügen, an die sanftere Geselligkeit, an ein gesprächiges und umgängliches Wesen“2 heranführen. Hier spricht der Volkspädagoge, der moralische Besserung der potenziell lasterhaften
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Annette Geiger ist Professorin für Theorie und Geschichte des Designs an der Hochschule für Künste Bremen. Aktuell arbeitet sie an einer ästhetischen Theorie der Gestaltung unter dem Begriff des „Andersmöglichseins“. Stefanie Hennecke ist Professorin für Freiraumplanung an der Universität Kassel. Ihre aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen in der Geschichte von Stadtparkanlagen und in Kooperationsmöglichkeiten zwischen Aneignungsprojekten im Freiraum und kommunaler Planung. Gemeinsam veranstalteten Annette Geiger und Stefanie Hennecke Konferenzen zu Architektur, Kunst und Design und publizierten dazu zwei Sammelbände.
Stadtbewohner im Angesicht der Natur und in Gesellschaft einer zivilisierten Öffentlichkeit erreichen möchte. Später trat noch der Aspekt der Bildung hinzu. Die Volksgärten wurden zu Orten der Selbstbildung im Humboldt’schen Sinne, etwa durch das Aufstellen von Statuen oder die Einrichtung naturwissenschaftlicher Lehrpfade und Schulgärten. Hierfür ist der ursprüngliche Plan des Humboldthain von 1869 ein gutes Beispiel. Die Erholung vom Arbeitsalltag im Freien und die Möglichkeit zur Bewegung an der frischen Luft im Park spielten zwar auch von Anfang an eine Rolle bei der Parkplanung, aber erst das Konzept des Volksparks zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellt die körperliche Betätigung ganz in den Mittelpunkt: Erhebungen werden zu Rodelhügeln, Gewässer zu Planschbecken oder Badeseen, Wiesen dienen dem Spielen und dem Schulsport. Nach und nach werden auch Sportplätze, Kleingartenanlagen, Tanzplätze oder Licht- und Luftbäder in das Parkprogramm aufgenommen. Ein Beispiel dafür ist der Volkspark Rehberge von 1927. Das „Volk“ wurde in diesen Gärten und Parks von der jeweiligen Stadtregierung allerdings nicht ganz uneigennützig beglückt. Vielmehr trieb die Verantwortlichen die Sorge um den Erhalt der Arbeits- und Wehrfähigkeit insbesondere der männlichen Bevölkerung, um – nach dem 1. Weltkrieg war die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft worden. Die Parkanlagen waren so als Kompensation für die schlechten Arbeits- und Wohnverhältnisse der Gründerzeitstadt gedacht. Daneben sollte der Volkspark nach wie vor die moralisch aufbauende Gegenwelt zur Stadt anbieten, wie der Gartenarchitekt Lesser 1927 schreibt: „Wer Volksparke schafft, vermeidet den Bau von Krankenhäusern, Irrenhäusern und Gefängnissen, und jeder Pfennig, in Volksparken angelegt, wird Zinsen und Zinseszinsen bringen dem wichtigsten Kapital, das wir besitzen, der Gesundheit des deutschen Volkes!“3 Gesundheit bezog sich also immer sowohl auf den Körper als auch auf Psyche und Moral der Parknutzer. Wir könnten nun der Frage nachgehen, ob auch in zeitgenössischen Debatten um die Neuplanung öffentlicher Räume derartige pädagogische oder hygienische Aspekte noch eine Rolle spielen.
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Der Grundgedanke, dass im Zentrum der Städte gestaltete Grünflächen zu Erholungszwecken angelegt werden, bleibt natürlich aktuell. Unser Bedürfnis, in der „Natur“ – wie künstlich angelegt sie ausfallen mag – das „Andere“ zur Alltagsroutine zu finden, ist ungebrochen. Das Draußensein im Grünen bedeutet immer noch einen „Mehrwert“ gegenüber anderen Bewegungsarten, etwa im Fitnessstudio oder Sportverein. Bewegen könnte man sich letztlich überall, aber der urbane Park bietet darüber hinaus die Möglichkeit, sich als Teil der Öffentlichkeit zu erleben. Was dies heute genau bedeutet, gilt es noch herauszufinden. Gesellschaftsforscher befürchteten lange Zeit, das sich abkapselnde „Cocooning“ bilde das neue Leitmotiv der heutigen Freizeitgesellschaft. Schließlich ist die Wohnfläche je Einwohner gerade in den Städten deutlich gewachsen, die Wohnzimmer wurden also immer angenehmer und attraktiver. So geht auch niemand mehr in den Park, um sich zu bilden, die Informationsgesellschaft nährt sich ja aus den Medien: Mit ein paar Klicks im World Wide Web hat man Zugang zu grenzenlosem Wissen, zusammen mit dem Fernsehen auch zur grenzenlosen Unterhaltung. TV und Internet werden heute als die Orte quasi-kostenloser Bildung für alle betrachtet, die einst der Volkspark versprach. Man könnte meinen, das Rausgehen sei überflüssig geworden. Aber mittlerweile ist das Gegenteil eingetreten: Der Public-Viewing-Effekt hat die städtische Gesellschaft stark verändert. Das Wohnen und insbesondere der bis dato private TV-Konsum wurden im letzten Jahrzehnt regelrecht auf die Straßen verlegt. Neben den bekannten Plätzen für Großleinwände sieht man auch ganze Fußballstadien mit Sofas gefüllt, um aufwühlende Emotionen ebenso offen wie öffentlich im Kollektiv auszuleben. In solchen „WM-Wohnzimmern“, bei denen tatsächlich die eigene Couch mitgebracht werden muss, wird kompensiert, was man bei der Arbeit nicht darf. Es regiert die Unvernunft des Feierns, die kein Effizienzdenken kennt. Diese schichtenübergreifende Ausgelassenheit des Public Viewing kannte man bisher nur vom Karneval, der seit jeher die Funktion hatte, ständische wie städtische Ordnungen auszuhebeln. Allerdings sind solche Transgressionen der Alltagsroutine nach wie vor nur zu einzelnen Ereignissen bzw. Festtagen möglich. Wir könnten nicht dauerhaft Arbeit und Ordnung aussetzen und unterwandern. An n ette Geig er
Und doch wollen sich die Bürger von dieser Ausnahme-Emotionalität auch ganzjährig etwas erhalten – z.B. beim Sonntagsspaziergang im Stadtpark. Das klingt zunächst widersprüchlich, denn die Erholung im Grünen ist natürlich mit ausgelassener Feierlaune nicht vergleichbar. Doch erfüllt der Park durchaus die Erwartung, in der öffentlichen Sphäre bzw. „Atmosphäre“ (Gernot Böhme) leiblich und aktiv präsent zu sein.4 Die heutige Wiederentdeckung der Öffentlichkeit macht gerade die urbanen Parks zur Bühne. Denn Bürgersein bedeutet seit der Antike zunächst das Anwesendsein auf den Plätzen der Stadt. Diese Funktion des performativen Daseins im Urbanen lässt sich auch nicht in den sozialen Netzwerken des Internets ersetzen. Dort stellt man ja nur seinen Avatar aus, mit dem man nicht sinnlich fühlend und wahrnehmend präsent sein kann. Der Boulevard-Effekt von Sehen und Gesehenwerden verlagert sich heute gerade in die urbanen Grünflächen, denn dort ist das Flanieren weitgehend befreit von den Shopping-Interessen der Malls und Fußgängerzonen. Im Park muss man eben nicht passiv konsumieren, sondern man kann sich aktiv betätigen – ohne vorgeschriebene Gebrauchsanweisung. Ob man nur herumschlendert und Kaffee trinkt oder an den aufgestellten Fitnessgeräten sein Training absolviert, bleibt jedem selbst überlassen. Für diese Freiheit,
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tun zu dürfen, was man will, steht der Freiraum des Parks heute. Dem Regiertwerden und Dirigiertwerden, das wohl niemand so eindringlich als Gesellschaftsimpuls beschrieb wie Michel Foucault5 , gilt es im Park zu entgehen. Dies meint der heute so beliebte Begriff der Aneignung aus meiner Sicht: Es geht weniger um das Besitzergreifen oder Habhaftwerden von Dingen und Orten, als vielmehr um Prozesse des Tuns, die allem voran der eigenen, selbstdefinierten Regel und Motivation gehorchen. Zwar muss jeder Park bis heute seine Parkordnung haben, aber diese sollte im zeitgemäßen Volkspark so viel Spielraum lassen, dass der Besucher diese Ordnung so wenig wie möglich bemerkt.
Welche Regeln und Grenzen setzt der Park? Das ist eine interessante Wendung: Während ich die ideologische Vereinnahmung der Planung von öffentlich nutzbaren Räumen hervorgehoben habe, betonst du vielmehr die selbstbewusste und heute selbstverständlich gewordene Aneignung der öffentlichen Räume in einer demokratischen und liberalen Gesellschaft. Wenn diese nun im Park einen Ort und eine Möglichkeit erkennen, um in eine Gegenwelt zum disziplinierten Alltag einzutauchen, dann würde der Park heute konzeptionell die Stelle der „lasterhaften Stadt“ von gestern einnehmen. Auch die Stadt war ja einmal ein Versprechen auf das Aufbrechen von Konventionen. Genau aus diesem Grund argumentierten Gartenarchitekten dafür, dass man die Stadtbevölkerung in den Parks wieder auf den „rechten“ Weg bringen könne. Und auch die informelle Aneignung von Freiflächen kam früher schon vor: In Flüssen wurde gebadet, im Wald gepicknickt, und in Vergnügungslokalen wurde gefeiert, getrunken und geraucht. Besorgte Stadtväter und Planer reagierten darauf ebenfalls mit der Planung von Parkanlagen, sodass Baden und Feiern nun unter Aufsicht regelkonform ablaufen konnten. Halten wir also fest, dass die Orte geplanter Volkserziehung von damals heute offensichtlich unter anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu echten Frei-Räumen geworden sind. Stefan ie Hen n ecke
Ich würde dennoch gerne einen genaueren Blick auf den Park am Gleisdreieck werfen, um Elemente einer die Nutzer möglicherweise doch noch disziplinierenden Planung zu diskutieren. Was ich an der Gestaltung des Parks am Gleisdreieck bemerkenswert finde, ist der Umgang mit Zäunen und Grenzen zur Markierung funktionaler Zuordnungen. Man könnte hier das Bild von Intarsien bemühen: In das flächige Layout der großzügigen und in sich einheitlichen modernen Parkgestaltung mit Wegen, Wiesen, Terrassen und Bänken sind zahlreiche Elemente eingelegt, die jeweils eine ganz andere gestalterische Sprache sprechen und speziellen Nutzungen und Nutzergruppen vorbehalten sind. Neben den Spielplätzen, die aus Gründen der Sicherheit für die Kinder mit einem niedrigen Zaun umgrenzt sind, finden sich auch Bereiche, die die Gesamtheit oder zumindest die Mehrheit der Parkbesucher gezielt aussperren: In einem zentralen Areal im Park, dem sogenannten „Wäldchen“, wird der ursprüngliche Zustand der Stadtbrache mit Relikten der Bahnanlage und spontaner Vegetation erhalten. Dieser Bereich ist abgezäunt, um einerseits die hier entstandene Natur vor den Parkbesuchern zu schützen und andererseits die Besucher vor einer potenziellen Verletzungsgefahr. Im Park liegt auch der
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Interkulturelle Garten Rosenduft, ein Gemeinschaftsgarten der Initiative südost Europa Kultur e.V., wo nur Vereinsmitglieder Gemüse und Obst auf kleinen Parzellen anbauen und ernten dürfen. Der Garten ist durch einen mannshohen Gitterzaun vom Park abgetrennt und kann nur durch ein verschließbares Tor betreten werden. So werden die Beete vor Vandalismus und Diebstahl geschützt. Es kommt zu der merkwürdigen Situation, dass man als Parkbesucher die hier gärtnernden Frauen aus anderen Ländern durch einen Zaun beim Arbeiten beobachten kann. Der Zaun verleiht den sich dahinter Aufhaltenden den Charakter einer ethnologischen Zurschaustellung. Interessanterweise stellt sich dieser Effekt für mich bei keiner weiteren Intarsie im Park ein: Die vor der Anlage des Parks auf diesem Gelände etablierten Kleingärten wurden erhalten und sind nun Teil des Parks am Gleisdreieck. Hier erfolgt die Abgrenzung zwischen den Gartenparzellen und dem Park allerdings durch dichte Hecken, die genau den Sichtschutz erlauben, der die private Gartennutzung von der öffentlichen Parknutzung eindeutig trennt. Diese Grenzziehungen im Park, verbunden mit einer gestaffelten Zugänglichkeit bis hin zur Unzugänglichkeit, sind offenbar ein Instrument der Konfliktvermeidung. Unterschiedliche Nutzungsinteressen werden durch Zuteilung und Abgrenzung von unterschiedlichen Parkarealen befriedigt. In den „Sonderzonen“ herrschen auch „Sonderrechte“. Einzelne Personen haben etwa das Privileg, auf dem Parkgelände zu gärtnern, andere nicht. Wenn man Eintritt bezahlt, kann man im Park Beachvolleyball spielen. Als Kind kann man im Naturerlebnisraum Baumhäuser bauen, als Hund im Hundeauslaufgebiet frei herumlaufen. All das sind Formen einer geplanten und kontrollierten Aneignung von Parkräumen. Ist Aneignung im Sinne einer „Flucht“ aus dem Alltag, wie du sie oben beschrieben hast, in diesem zonierten und geregelten Park noch möglich? Wir stoßen hier auf das interessante Paradox aller Aneignungs- und Partizipationsprozesse: Ohne Grenzen und Zäune bzw. ohne symbolisches Repräsentationsprinzip kommen beide nicht aus. Weder Aneignung noch Partizipation lassen sich so „radikal-demokratisch“ vollziehen, dass tatsächlich allen alles gehört oder alle bei allem mitreden können. Dabei käme wohl ein gestalterischer Alptraum heraus! Bezogen auf die Pflanzenpflege müsste sich jeder an allem beteiligen, bezogen auf die Partizipation müssten immer erst alle gefragt werden. Es ist offensichtlich, dass dies weder stattfindet noch stattfinden kann. Der Park mit seinen Grenzen und Zäunen, seinen Einflusszonen und Besitzansprüchen bis hin zum Eintrittsgeld für bestimmte Benutzungen oder dem gänzlich abgeschotteten Kleingarten spiegelt hier eher das demokratische Repräsentationsprinzip der Interessenvertretung wider: Es geht um das Nebeneinander und Miteinander der Interessen, ohne die Interessen generell zu negieren. Man erlaubt gewissermaßen „Parallelgesellschaften“, weil man jedem seinen Freiraum lassen will. Denn wenn alles für alle zugänglich sein soll, kommen Stadtmöbel heraus, wie die Tischtennisplatte aus Beton, die in so vielen Grünanlagen ein eher trostloses Dasein fristet. Weil andere Spiel- und Sportarten im Unterhalt mehr Geld kosten und somit zu teuer sind, um sie der regelmäßigen Zerstörung auszusetzen, verzichtet man lieber ganz. Dieses Ideal, die absolute Zugänglichkeit aufrechterhalten zu wollen, hat zu einer regelrechten Gestaltungs-Monotonie im öffentlichen Raum geführt. Anstatt alles zu ermöglichen, was man draußen tun könnte, wurde nur noch das erlaubt, was einfach und zerstörungsresistent zu finanzieren ist. Ob es so viele Tischtennis-Interessierte gibt, wie inzwischen An n ette Geiger
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Platten aufgestellt wurden, spielt in diesem Planungsdenken keine Rolle. Oder anders gewendet: Idealisten, die sich Grünflächen angeeignet haben, um sie mit Gemüse und Kräutern zu bepflanzen, haben ihrerseits oft schlechte Erfahrungen gemacht. Kürzlich sah ich im Berliner Mauerpark Urban-Farming-Beete in Holzkisten, die mutwillig beschädigt worden waren, da keine Zäune sie schützten. Wie Mahnmale enttäuschten Engagements kamen sie daher – begleitet von den entsetzten Aufrufen der urbanen Gärtner, die Beete doch zukünftig zu verschonen. Engagement braucht nicht nur Respekt, sondern auch Schutz. Wer sät, will auch ernten. Dem sollte eine Parkgestaltung Rechnung tragen, wenn sie privates Engagement integrieren will. In der heutigen „Erschöpfungs- und Müdigkeitsgesellschaft“6 sind wir sehr empfindlich geworden, was die Verteidigung der eigenen Interessen angeht. Die Individuen sehen sich gerade im Arbeitsleben perfiden Ausbeutungsprozessen gegenüber, die verlangen, dass ihr „unternehmerisches Selbst“ alles allein verantwortet. Der Druck, sich stetig zu optimieren, hat sich kontinuierlich erhöht, sodass viele vom Park bzw. der eigenen Parzelle erwarten, dort wirklich tun und lassen zu können, was ihrer ureigenen Motivation entspricht. Grünflächen sollten in dieser Hinsicht keine Utopien besserer Gesellschaft abbilden, sondern den tatsächlichen Wünschen der Besucher entgegenkommen. Oder um Adornos Warnung an alle Architekten und Planer zu zitieren: „Die lebendigen Menschen, noch die zurückgebliebensten und konventionell befangensten, haben ein Recht auf die Erfüllung ihrer sei’s auch falschen Bedürfnisse.“7 Und doch, so das Paradox, darf der Park natürlich nicht nur den Interessierten bzw. ihrer Interessensmacht überlassen werden. Das Geschick muss wohl darin bestehen, die inhärenten Grenzziehungen möglichst unsichtbar zu gestalten, damit das Gefühl von Freiraum dominiert. Und dafür ist sicherlich auch der ästhetische Kontext entscheidend.
Der „Berlin-Faktor“ als Gestaltungskonzept? An n ette Geig er Ich beginne vielleicht, um zu erläutern, welche Ästhetik ich meine: Der Berlin-Faktor spielt bei der Wahrnehmung des Gleisdreieck Parks sicher eine große Rolle. Man fragt sich, ob ein solches Gestaltungskonzept in anderen deutschen Städten möglich gewesen wäre? Vielerorts würde man wohl kein Verständnis dafür aufbringen. In Berlin hingegen trifft die Ästhetik des Niemandslands und der Wildnis, gepaart mit der Nähe zu befahrenen wie stillgelegten Bahnanlagen und anderen Spuren der industriellen Vergangenheit, auf viel Wohlwollen seitens der Bürger und Besucher. Es klingt geradezu absurd: Man beruft Landschaftsarchitekten, damit sie alles so aussehen lassen, als habe man in das Vorgefundene möglichst wenig eingegriffen. Einen Höhepunkt dieses ästhetischen Willens, in Berlin Brachen und Freiräume zu erhalten und übergriffigen Planungsversuchen eine Absage zu erteilen, bildete natürlich die Debatte um das Tempelhofer Feld. Der Volksentscheid für die Nichtbebauung und Nichtgestaltung des alten Flughafens bezeugte nicht nur das mangelnde Vertrauen in die lokale Politik, sondern auch eine starke Ablehnung gegenüber altgedienten Planungsmethoden im öffentlichen Raum.
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Die Ästhetik Berlins gründet sich dabei in einer Als-ob-Strategie: Man versucht durch das Nichteingreifen einen Stil zu erhalten, der Kreuzberg, Neukölln und Friedrichshain so aussehen lassen soll wie Brooklyn, Williamsburg oder gar die Bronx in ihrer legendären Ära. Die Stadt wird zur Bühne einer Metropolen-Coolness, die das kleine Berlin im Vergleich zu tatsächlichen Mega-Cities eigentlich nicht beanspruchen dürfte. Andererseits vermag Berlin heute lebendig zu halten, was an den Ursprungsorten längst nicht mehr möglich ist: Die Zentren von New York, Paris und London sind als Hochburgen von Politik und Kapital im Lebensunterhalt viel zu teuer, um die hochgeschätzte Avantgarde noch beherbergen zu können. Berlin mag der Zwerg unter den Metropolen sein, aber gerade weil das urbane Leben hier noch einfach und übersichtlich funktioniert, geradezu dörflich in gemütlichen Kiezstrukturen organisiert, lässt es das fortleben, wofür einst das East Village in New York oder das Marais in Paris standen. Was andernorts in den Abgründen neoliberaler Stadtpolitik verschwunden ist – bzw. nur durch musealisierende Imagepflege künstlich aufrecht erhalten wird –, kann in Berlin tatsächlich erlebt werden. Wenn im vielbeachteten High Line Park, der 2009 auf einer alten Bahntrasse in Manhattan eröffnet wurde, Aspekte der Wildnis in Blumenkübeln gezogen werden, erscheint mir das als Geste des Design. Im Park am Gleisdreieck hingegen werden Wucherungen von Unkraut und Gehölzen ganz anders wahrgenommen, auf seinen großzügigen Flächen erzeugen sie regelrecht Authentizität: Man fragt sich, ob die wilden Blumen bewusst angelegt wurden oder als Stauden und Samen dort schon immer wachsen. Wildnis glaubwürdig verkörpern zu können, ist heute offenbar ein Privileg von Berlin. Stefan ie Hen n ecke Du hast recht: Die Gestaltung des Parks am Gleisdreieck spielt mit der eigenen Zurückhaltung. Dennoch kann man dem verantwortlichen Landschaftsarchitekturbüro Atelier Loidl das Motiv, den gestalterischen Eingriff nicht erkennbar werden zu lassen, wahrscheinlich gerade nicht unterstellen. Die landschaftsarchitektonische Kunst dieser „Berliner Schule“ liegt in dem von dir beschriebenen Balanceakt der Gestaltung eines nur scheinbar Nicht-Gestalteten: Die Verwendung von Holz und Beton als Materialien, kombiniert mit der Inszenierung der „Brachenvegetation“, knüpft bewusst an die Geschichte des Geländes als Baustelle und Bahnbrache an. Die überaus hohe Qualität für die Nutzung des Parks liegt aber darin, dass die Gestaltung so robust und gleichzeitig sehr individuell ausgeführt ist. Die bequemen Holzbänke und die rot eingefärbten Betonwege halten die tägliche Nutzung durch Tausende Berlintouristen und Anwohner aus den dicht besiedelten Nachbarbezirken ebenso gut aus, wie es theoretisch auch die oben von dir erwähnten Tischtennisplatten einer „gleichmacherischen“ Parkplanung täten, wenn sie denn bespielt würden. Bänke und Wege wurden allerdings im Unterschied zur sonst oft üblichen Standardmöblierung des öffentlichen Raums für den Park am Gleisdreieck passgenau entworfen. Auch gibt es genügend Wiesen und Spielplätze, so dass die Nutzungsintensität an einem Fleck – bis auf Spitzenzeiten am Wochenende – jeweils nicht zu hoch wird. Darüber hinaus schafft es der Park, Orte der Verdichtung herzustellen. So liegen im Parkmittelpunkt, am Übergang vom Ost- in den Westpark eine Skateranlage und ein Parkcafé. Immer wieder unterbrochen vom Lärm eines vorbeirasenden ICE-Zuges findet hier „analoge“ Öffentlichkeit statt: Man zeigt sich und sein Können, man beobachtet und kommuniziert. An den Parkobjekten und in den Parkräumen kann man also überall den hohen Gestaltungsanspruch erkennen.
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Interessanterweise befindet sich genau im Parkzentrum hoch über den Köpfen der Parknutzer in einem alten Stellwerkshaus auch das Büro des Parkmanagers. Aus seinen nach allen Himmelsrichtungen weisenden Fenstern kann er im panoptischen Blick das Parkgeschehen überblicken. Ob dieser Blick disziplinierend oder kontrollierend ist, spielt dabei eigentlich keine Rolle mehr, wie wir herausgefunden haben: Sei es, weil sich der selbstbewusste Parkbesucher heute nicht mehr durch Parkwächter und Regeln beeindrucken lassen würde, sei es, weil er als neoliberaler und postmoderner Bürger die Regeln sowieso schon längst internalisiert hat und zu seinem eigenen Parkwächter geworden ist. Ich denke daher, dass das in leuchtendem Weiß gestrichene Haus des Parkmanagers eher ein Schutzversprechen darstellt. Es setzt ein Signal für die Garantie, dass jede und jeder den Park auf seine Weise nutzen kann und dabei nicht von anderen Nutzern verdrängt wird. Und im weiteren Park wird diese Garantie eben auch durch Zäune und Grenzziehungen unterstrichen. So wäre dann der Zaun im Park ein Symbol für Inklusion und nicht für Exklusion. Eine optimistisch stimmende, aber weiter zu überprüfende These für die Gestaltung öffentlicher Räume im 21. Jahrhundert.
1
Siehe u. a. Geiger, Annette; Hennecke, Stefanie; Kempf, Christin (Hg.): Imaginäre Architekturen – Raum und Stadt als Vorstellung. Berlin 2006. Geiger, Annette; Hennecke, Stefanie; Kempf, Christin (Hg.): Spielarten des Organischen in Architektur, Design und Kunst. Berlin 2005.
2
Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst, 2. Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1779–1780 (Fünf Bände in zwei Bänden), Band 2. Hildesheim u. a. 1985, S.68f. Vgl. ausführlich dazu: Hennecke, Stefanie: „Der deutsche Volkspark zwischen individueller Bedürfnisbefriedigung und ganzheitlicher Gesellschaftsreform. Die Diskussion eines gartenkünstlerischen Reformprojekts im frühen 20. Jahrhundert.“ In: Schweizer, Stefan (Hg.): Gärten und Parks als Lebens- und Erlebnisraum. Funktions- und nutzungsgeschichtliche Aspekte der Gartenkunst in Früher Neuzeit und Moderne. Worms 2008, S.151–164.
3
Lesser, Ludwig: Volksparke heute und morgen. Berlin 1927, S.100.
4
Siehe Böhme, Gernot: Atmosphäre. Essays zur neuen Ästhetik. Frankfurt a. M. 1995.
5
Siehe z. B. Foucault, Michael: Geschichte der Gouvernementalität (I, II), Frankfurt a. M. 2004. Oder ders.: Analytik der Macht. Frankfurt a. M. 2005.
6
Ehrenberg, Alain: Das erschöpfte Selbst. Depression und Gesellschaft in der Gegenwart. Frankfurt a. M. 2004. Han, Byung-Chul: Müdigkeitsgesellschaft. Berlin 2010.
7
Adorno, Theodor W.: „Funktionalismus heute.“ In: Ders.: Ohne Leitbild. Parva Aesthetica. Frankfurt a. M. 1973, S.121.
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/ Gleisdreieck Park: A modern Volkspark? An ne t t e G e i g e r & Stefanie Hennecke
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dialogue between cultural scientist Annette Geiger and open space planner Stefanie Hennecke. Both scientists live in Berlin and have realised numerous projects together. They have followed Berlin’s rapid change for a long time. Here, they discuss their views on Gleisdreieck Park.
Do we need a new type of public park today? With its 26-hectare size, its location within the inner city of Berlin and its multiple options of use, Gleisdreieck Park is comparable to numerous other parks in the Berlin metropolis as constructed since the mid-nineteen hundreds. It would be easy to devise a lineage or tradition for Gleisdreieck Park and to title it “Volkspark of the 21st Century” or “Volkspark 2.0” for better marketing in urban development politics. However, I would like to start this dialogue by stressing that when comparing Gleisdreieck Park with its predecessors one has to take a differentiated look. The Volksgärten (public gardens) of the nineteenth century (examples of these in Berlin would be Friedrichshain, Humboldthain, Treptower Park and Viktoria Park) and the Volkspark of the early twentieth century (Schillerpark, Jungfernheide, Rehberg) were built on municipal initiative, to compensate the negative effects of urban life in the growing industrial city of Berlin. The assessment of “negativity”, however, was interpreted rather differently. As the contemporary theorist of garden art, Hirschfeld, explained, the early Volksgärten of the nineteenth century were supposed to distract the urban population from the “edlen und kostbaren Arten der städtischen Zeitverkürzungen” (ignoble and expensive ways of urban pastimes), by introducing them to the “wohlfeile Vergnügen, an die sanftere Geselligkeit, an ein gesprächiges und umgängliches Wesen” (inexpensive pleasures of gentler sociality, of a communicative and companionable character). This is clearly the public moralist talking, who wants to bring about the moral improvement of potentially depraved urban dwellers by introducing them to nature within a civilised public context. Stefan ie Hen n ecke
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Annette Geiger is Professor for Theory and History of Design at Hochschule für Künste, Bremen. She is currently working on an aesthetic theory of design under the term of “Andersmöglichsein” (could be different). Stefanie Hennecke is Professor for Spatial Planning at Kassel University. Her current research focuses on the history of urban parks and opportunities for cooperation between appropriation projects in public open spaces and communal planning. Annette Geiger and Stefanie Hennecke have organised conferences on architecture, art and design together and have published two anthologies on these subjects.
Later, the aspect of education was added, and Volksgärten became spaces for self-education in Humboldt’s sense, for example through the erection of statues or the installation of nature trails and school gardens (the original design of the Humboldthain is a typical example). From the start, recreation from daily working life in the outdoors and the opportunity to move in fresh air in the park have played an important role in systematic park planning. But only in the concept of the Volkspark in the beginning of the twentieth century did physical exercise become the central aspect: knolls became sledging hills, bodies of water were turned into paddling pools or swimming lakes, meadows became places for play or school sports. One after the other, sports grounds, allotment gardens, dance halls and light and air bathing areas were included in typical park programmes (for example, in Volkspark Rehberge, dated 1927). The “people” using these gardens and parks, however, were not being made happy for altruistic reasons. The main concern of the responsible parties was to render the male population fit for work or military service. After World War I compulsory military service had been abolished. The parks were meant to compensate for poor working conditions and housing situations of the German Gründerzeit [Wilhelminian times]. Moreover, parks were to provide a morally inspiring alternative world to the city. As garden architect Lesser declared in 1927, “Wer Volksparke schafft, vermeidet den Bau von Krankenhäusern, Irrenhäusern und Gefängnissen, und jeder Pfennig, in Volksparken angelegt, wird Zinsen und Zinseszinsen bringen dem wichtigsten Kapital, das wir besitzen, der Gesundheit des deutschen Volkes!” (By creating public parks you avoid the need to construct hospitals, madhouses, and prisons, and every penny invested in public parks will reap interest on interest for the most important asset that we own, the health of our people!) Health is thus understood with reference to both the body and the psyche, as well as the morals, of park users. We could now explore the question of whether these educational and hygiene-related aspects continue to play a decisive role in recent public debates on the design of public spaces.
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The basic idea that designed public green spaces should be central elements of urban conglomerations remains very current. Our desire to find “an alternative” to everyday life within “nature” – however artificially created – has not changed. Being outdoors in a green environment still represents “added value” when compared to other venues like fitness centres or sports clubs. Exercise can be taken virtually anywhere, but the urban park offers in addition the opportunity to experience oneself as part of the community. Exactly what this means today still has to be figured out. For a long time, society researchers feared that “cocooning”, the trend to seclude oneself, would become the new guiding theme of today’s leisure society. After all, floor area per resident has increased considerably, especially within urban areas, making living quarters more comfortable and more attractive to spend time in. Similarly, no one goes to a park for educational purposes any more. The information society feeds on the media: With just a few clicks, infinite knowledge can be accessed on the internet, and television offers unlimited entertainment. TV and internet can be regarded as spaces of free education for all, as once promised by the Volkspark. One could easily have assumed that going out might become superfluous. But the opposite has happened. The public broadcast effect has changed urban society considerably. Everyday activities, as well as private TV consumption, have pretty much been transferred out on to the streets over the last decade. Besides the known places for live broadcasts on big screens, we have seen entire football stadiums furnished with sofas, with people acting out their emotions collectively in public. In these “World Cup living rooms”, where people bring along their own furniture, they compensate what cannot be acted out at work. Brainless celebration govern, ignoring any thoughts of efficiency. The exuberance of public broadcasts embracing all different social classes so far had been known from carnivals only, which always had the purpose of revoking urban order. These transgressions of everyday routine are still only possible on special occasions or on holidays. We cannot permanently suspend and subvert work and order. All the same, citizens want to preserve some of this exception emotionality all the year round – for example, on their Sunday stroll through the park. That may sound somewhat contradictory since recreation in green spaces is not normally comparable to the boisterous mood of public celebrations. Yet the park still lives up to the expectation to be physically and actively present in the public sphere or “atmosphere” (Gernot Böhme). Today’s rediscovery of them by the public turns urban parks into stages. In antiquity, being a citizen meant first and foremost being present in urban public places. This function of being there (in urban spaces) as a performative act, cannot be replaced by the social networks of the internet. You cannot be sensually, sensitively and perceptively present on the internet, where only one’s avatar is presented. The boulevard effect of seeing and being seen today is relocated to the public green spaces, because strolling there is free from shopping interests as lived out in malls and pedestrian areas. In the park, you do not have to passively consume but can yourself become active – without having to follow any particular rules. Whether you just take a stroll, have a coffee or use the exercise machines provided to do your workout, is your choice. The open spaces of today’s parks stand for this freedom of choice. It is the social impetus to be governed and directed, which nobody has described in depth better that Michel Foucault , that people try to escape from in the park. This is what I believe the popular term “appropriation” actually means: It is not so much An n ette Geiger
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about claiming ownership or taking hold of things and spaces, but more concerned with the processes of doing, which respond above all to one’s own self-defined rules and motivations. Every park still needs to have regulations, but these should – in the current public park – leave enough leeway for visitors to notice them as little as possible.
What rules and regulations are laid down by the park? This is an interesting twist. While I have emphasised the ideological seizure of public spaces through planning procedures, you have stressed the confident appropriation of public spaces that has become a matter of course today in democratic and liberal societies. If these societies recognise in parks the possibility of alternative worlds to their disciplined everyday life, parks today adopt a position that was formerly the concept of the “depraved city”. The city, too, once promised to break up (social) conventions; this is why garden architects argued that the city population should be brought back to the “right path” through the use of parks. And the informal appropriation of parks already occurred much earlier. People were bathing in rivers, had picnics in forests, and, in pubs and dance halls, people celebrated, drank alcohol and smoked. City fathers and planners who worried about this again reacted with the creation of parks, so that bathing and celebrating could then take place under supervision and thence in accordance with the rules and regulations. For the record, the former spaces of intended public education under different social conditions have today actually become true public open spaces that can be used freely. I would still like to have a closer look at Gleisdreieck Park, however, to discuss elements of planning that might still discipline the users. What I find noteworthy in the design of Gleisdreieck Park is the handling of fencing and boundaries to make functional assignments within the space. You could endeavour to compare those to inlays: Within the plane of the generous, modern park layout that is consistent in itself there are numerous elements that are inlaid and speak different design languages, like paths, meadows, terraces and benches. These are reserved for special uses and user groups. Besides the low fencing of the playing grounds which needs to be installed for safety reasons, there are also other areas within the park that purposefully shut out the majority of park visitors. Within a central area of the park, the so-called “Wäldchen” (copse), the original condition of the urban wasteland has been preserved, with relics of the old railway station and spontaneous vegetation. This area is fenced in to protect the ruderal vegetation from the park visitors and to protect the visitors from the risk of injury. Also within the park, is the intercultural garden Rosenduft (Scent of Roses), a community garden belonging to the südost Europa Kultur society, where only members of the group are allowed to grow fruit and vegetables on little plots. The garden is fenced off by a head-high grid fence and can only be entered through a lockable gate. In this way, the plots are protected from theft. At the same time, this leads to the rather odd situation whereby park visitors watch through a fence as women from various foreign countries work in their gardens. The fence lends the situation the feel of an ethnological exhibition. Interestingly, I do not see this effect with any other inlay within the park. The allotment gardens that were established on the grounds before the park was built were preserved and are now part of it. The boundaries of the plots are formed by dense hedging, which allows exactly the Stefan ie Hen n ecke
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kind of screening that explicitly differentiates the private use of the gardens from the public use of the park. These demarcations within the park and the graduated accessibility are apparently tools to avoid conflict. Different user interests are satisfied through the allocation and demarcation of different parts of the park. In these “special areas”, “special rules” and privileges are applied. For example, some individuals are allowed to garden within the park, whereas others are not. On payment of an entrance fee, you are allowed to play beach volleyball in the park. If you are a child, you can built tree houses in the Naturerlebnisraum (nature experience area); dogs can run free in the Hundeauslaufgebiet (dogs’ playpen). All these are elements of a planned and controlled appropriation of park spaces. Is appropriation in the sense of an escape from everyday life as described by you above still possible in a park that is zoned and regulated like this? Here we encounter the interesting paradox that is inherent in all processes of appropriation and participation. Without boundaries and fences, or rather without a symbolic principle of representation, both cannot exist. Neither appropriation nor participation can be so “radically democratic” that everything actually belongs to everyone and everybody can join the debate about everything. This certainly would lead to a nightmare with respect to design! Everybody would have to participate in the maintenance of plantings; everybody would have to be asked about everything first with regards to the participation process. It is obvious that this does not happen, nor could it be organised this way. The park with its boundaries and fences, its spheres of influence and claims of ownership to the point of entrance fees for certain uses, or the allotment gardens that are entirely separate, reflects the democratic principle of representation of interest: It is about coexistence and cooperation of interests, without generally challenging them. You effectively allow for “parallel societies”, as there is some freedom for everyone. If everything is supposed to be accessible to everyone you end up with urban furnishings like the concrete table tennis tables that lead such a desolate existence in many public parks. Because the equipment for other sports is a lot more expensive to maintain and therefore too expensive to have regularly vandalised, it is relinquished from the outset. The ideal of absolute accessibility, of allowing open access everywhere, has generally led to monotonous design in public open spaces. Instead of providing for everything that would be possible outdoors, only what was easy to finance and resistant to deterioration and vandalism was provided. Whether there are actually as many people interested in table tennis out there as the provision of table tennis tables suggests was not of interest in this line of reasoning. Or, if you look at it the other way around, idealists who have appropriated public green space to plant vegetables and herbs have often had bad experiences. Just recently, I saw urban farming plots in Mauerpark, Berlin, that had been wilfully damaged, because they were not protected by fences. They came across as memorials of a frustrated effort – accompanied by the desperate appeals of urban gardeners to spare their gardens in the An n ette Geiger
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future. Commitment needs not only respect, but also protection. The people who plant the seeds also hope to harvest the produce. This should be accommodated in the parks’ design if private commitment is supposed to be integrated. In today’s “Erschöpfungs- und Müdigkeitsgesellschaft” (society of exhaustion and fatigue) we have become quite sensitive in the defence of our own interests. Individuals are exposed to perfidious exploitation, particularly in their professional lives, which demands of their entrepreneurial selves that they take responsibility for everything else on their own. The pressure to constantly optimise oneself has continuously increased and many expect that, through the park or their own private plot, they can actually do something that reflects their “individual motivations and interests”. Public green spaces in this respect should not represent utopias of superior societies, but should make concessions to the actual needs of the visitors. Or, to quote Adorno’s warning to all architects and planners: “Die lebendigen Menschen, noch die zurückgebliebensten und konventionell befangensten, haben ein Recht auf die Erfüllung ihrer sei’s auch falschen Bedürfnisse.” (All people alive, even the most backward and conventionally biased, still have a right to the fulfilment of their needs, be they wrong or not.). But still, and this is the paradox, the park cannot be left to the interested and their control alone. The answer has to be in designing intrinsic demarcations that are as invisible as possible; in this way the feeling of freedom prevails. For this, the aesthetic context is definitely also crucial.
What are your views on the “Berlin factor” as a design concept? I should probably start by explaining which aesthetics I meant: The fact that the park is situated in Berlin clearly plays an important role in the perception of Gleisdreieck Park. You can ask yourself if such a design concept would have been possible in other German cities. In many places, it probably would not be appreciated. In Berlin, however, the aesthetics of a no man’s land and wilderness paired with the proximity of disused railway tracks and other relics of the area’s industrial past have actually been greeted with a great deal of goodwill by the citizens and visitors. It sounds downright absurd, but landscape architects are appointed to make everything look as though what originally existed has been interfered with as little as possible. A pinnacle of this aesthetic volition to retain wastelands and open spaces in Berlin and reject intrusive planners is, of course, the debate about Tempelhofer Feld [former Airport Tempelhof]. The referendum against the design of the former airport area has not only revealed people’s distrust of local politics but also a strong rejection of traditional methods of open space planning. The aesthetics of Berlin are founded on an “as if” strategy. By not intervening one tries to preserve a style that is supposed to make Kreuzberg, Neukölln and Friedrichshain look like Brooklyn, Williamsburg or even the Bronx in their legendary era. The city becomes the stage of a metropolitan coolness that little Berlin, in contrast to real megacities,
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should not, technically, claim. Then again, Berlin manages to keep alive what has long been lost in those original places. The city centres of New York, Paris and London, as strongholds of politics and finance, are much too expensive for the esteemed avant-garde to live in. Berlin may be the dwarf of metropolises, but precisely because life here is still simple and somewhat easy going, organised in almost rural structures within the cosy Kieze (Berlin neighbourhoods), it keeps alive what was once typical in New York’s East Village or in the Marais in Paris. What got lost in the abyss of neoliberal urban politics elsewhere – or is only sustained artificially through the museumisation and cultivation of a certain image – can be actually experienced in Berlin. At prominent High Line Park, which was opened on an old railway trail in Manhattan, aspects of wilderness are presented in flowerpots – this I perceive as a gesture of design. At Gleisdreieck Park, however, the unruly growth of weeds and scrub is perceived in a totally different way. Within its generous spaces that positively create authenticity one does wonder if the wild flowers have been deliberately planted or if they have always grown there. Today, the credible representation of wilderness seems to be the privilege of Berlin. Stefan ie Hen n ecke I agree with you. The design of Gleisdreieck Park plays with its own reticence. Still you can hardly suggest that the landscape architecture practice responsible, Atelier Loidl, would have had any reason to disguise their design intervention. The art of landscape architecture in this “Berlin school” lies exactly in this balancing act of designing something apparently undesigned. The use of wood and concrete as materials combined with the staging of “wasteland vegetation” consciously ties into the history of the terrain as building site and railway wasteland. The extremely high quality of use in the park is in the robust and at the same time very individual implementation of the design. The comfortable wooden benches and the red concrete pathways can endure the use of thousands of tourists and residents of the densely populated neighbouring districts, as would the table tennis tables you mentioned above as an example of “egalitarian” open space planning, if they were actually used. Benches and pathways were however, in contrast to the usual street furniture of the public realm, custom-designed for Gleisdreieck Park. Moreover there are enough meadows and playgrounds so that visitor pressure – apart from peak periods at weekends – should not become too much on any single area. Additionally, the park manages to create places of concentration. In the middle of the park, at the transition from East Park to West Park, there are, for example, a skatepark and a park café. Interrupted by the recurrent noise of the ICE trains, “analogue community” actually takes place here: People can show off their abilities, you can observe and communicate. You can recognise the high standard of design in all spaces and objects of the park. Interestingly, the office of the park manager is, amongst other things, located in an old signal tower high above the heads of the park users in the centre of the park. Through his windows pointing in all cardinal directions he can survey all events in the park as with panoptic gaze. Whether this gaze is disciplinary or controlling, as we have discovered, is irrelevant:
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Be it because the confident park user is not impressed any more by park attendants and rules, or because neoliberal and postmodern citizens have internalised rules and regulations long ago, anyway, becoming their own internal park attendants. I therefore think that the park management building, painted in bright white, is rather a promise of protection. It signals the guarantee that each and every person can use the park in his or her own way, without losing out to other users. And in the rest of the park this guarantee is merely accentuated through fencing and demarcations. In this way the fence within a park becomes a symbol for inclusion rather than exclusion. An optimistic assumption for the design of public spaces in the 21st Century which will have to be further examined.
1
Refer for example to Geiger, Annette; Hennecke, Stefanie; Kempf, Christin (eds): Imaginäre Architekturen – Raum und Stadt als Vorstellung., Berlin 2006; or Geiger, Annette; Hennecke, Stefanie; Kempf, Christin (eds): Spielarten des Organischen in Architektur, Design und Kunst., Berlin, 2005; amongst others.
2
Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst, 2. Reprint of the Leipzig 1779-1780 edition (Five volumes in two volumes), Volume 2., Hildesheim inter alia, 1985, p.68 et seq. For detailed information cf. Hennecke, Stefanie: “Der deutsche Volkspark zwischen individueller Bedürfnisbefriedigung und ganzheitlicher Gesellschaftsreform. Die Diskussion eines gartenkünstlerischen Reformprojekts im frühen 20. Jahrhundert.“ in Schweizer, Stefan (ed.): Gärten und Parks als Lebens- und Erlebnisraum. Funktions- und nutzungsgeschichtliche Aspekte der Gartenkunst in Früher Neuzeit und Moderne., Worms, 2008, pp.151–164.
3
Lesser, Ludwig: Volksparke heute und morgen., Berlin, 1927, p.100.
4
Refer to Böhme, Gernot: Atmosphäre. Essays zur neuen Ästhetik., Frankfurt a. M., 1995.
5
Refer for example to Foucault, Michael: Geschichte der Gouvernementalität (I, II), Frankfurt a. M., 2004. or ibid.: Analytik der Macht., Frankfurt a. M., 2005.
6
Ehrenberg, Alain: Das erschöpfte Selbst. Depression und Gesellschaft in der Gegenwart., Frankfurt a. M., 2004. Han, Byung-Chul: Müdigkeitsgesellschaft., Berlin, 2010.
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Adorno, Theodor W.: “Funktionalismus heute.” in ibid.: Ohne Leitbild. Parva Aesthetica., Frankfurt a. M., 1973, p.121.
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/ Zur Atmosphäre eines urbanen Grünraums: Der Park am Gleisdreieck Jü rg e n H a s s e
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er neue Berliner Park am Gleisdreieck ist nicht nur wegen seiner Größe bemerkenswert. Es ist auch seine innerstädtische Lage, die den Grünraum in besonderer Weise sowohl innerhalb des städtischen Raumes als auch im Verhältnis zu ihm situiert. Zunächst aber ist auch dieser Park ein Park im Allgemeinen. Als Sonderräume inszenierter Natur waren und sind Parks immer Variationen des Gartens. Deshalb sind Gärten und Parks auch mythische Räume. Ihr Mythos erzählt die Geschichte einer schönen und guten Welt, in der die Zumutungen des Lebens erträglich werden. So ist der Park im Sinne von Michel Foucault ein heterotoper oder „anderer Raum“1 . Er ist in der Stadt, er gehört zur Stadt, aber er ist zugleich doch das Andere der Stadt. Er ist das „Natur“ versprechende Grün einer oft als kalt und entfremdet erlebten Welt faktischer Zwänge. Gerade wegen seiner atmosphärischen Immersivität wird er als Ausgleichs- und Entspannungsraum in einem positiv die Sinne weitenden Gefühl erlebt. Dieses Erleben gründet im Mythos einer imaginierten Wirklichkeit, die von gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Spannungen und Verwerfungen frei zu sein scheint. Damit erfüllen die Atmosphären des Parks – wie die aller Freizeiträume – eine politische und darin sozialpsychologische Aufgabe der Kompensation. Der Park ist ein Raum der Unterbrechung der Stadt mit den Mitteln der Stadt, zu denen die Suggestion von Illusionen gehört. Deshalb sind auch nicht alle Atmosphären, die man in ihm erleben kann, durch das erklärbar, was es in ihm in einem tatsächlichen Sinne gibt. Indem der Park nicht nur tatsächlich ein Raum ist, sondern ebenso ein Raum der Imagination, konstituiert er sich auch als eine Welt der Fantasien. Nicht zuletzt in ihnen spiegelt sich das urbane Leben dieser Stadt wider. Wie jeder Park auf seine Stadt bezogen ist, so auch der Berliner Park am Gleisdreieck mit seiner collagenartigen Vielfalt atmosphärisch je charakteristischer Teilbereiche.
1. Der Park als Erlebniswelt Hergestellte Park-Atmosphären sind intentional auf ein Gefühlsprogramm hin produziert, um eine affektiv stimmende Macht zu entfalten und Menschen im Milieu einer Atmosphäre für ein bestimmtes Selbst- und Weltgefühl zu disponieren. Daher lassen sich städtische Parks auch als urbane Erlebniswelten verstehen. Als Räume der Kommunikation und
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Jürgen Hasse ist seit 1993 Professor für Geografie und Didaktik der Geografie an der J.W. Goethe-Universität Frankfurt/Main. Seinen jüngeren Forschungen liegen phänomenologische Fragen zu Raum und Gesellschaft (insbesondere Prozesse der Stadtentwicklung), zum Mensch-Natur-Verhältnis und zur Ästhetik zugrunde.
Kontemplation waren sie einst dem Hochadel vorbehalten – wie der barocke Lustgarten des Berliner Tiergartens, der zwischen 1833 und 1840 in einen englischen Landschaftspark verwandelt wurde.2 Zu allen Zeiten waren neben den Gärten auch die Parks nicht nur gestalterischen, sondern in der Folge auch atmosphärischen Wandlungen unterworfen. In deren programmatischem Zentrum stand die Herstellung oder Umstimmung einer atmosphärischen Erlebniswirklichkeit. Der englische Garten idealisierte die frei wachsende Natur, die letztlich ein Gesellschaftsverständnis ausdrückte, dessen Erlebnisbild in eine Atmosphäre (scheinbar) frei wachsender „Natur“ übertragen wurde. Ein Grünraum wurde damit als begehbares Sinnbild der Freiheit des Menschen inszeniert. Der Berliner Park am Gleisdreieck kommt dem englischen Garten darin nahe, dass auch er unter der Macht eines „freiheitlichen“ Naturmythos steht. Dies gilt schon allein deshalb, weil es in der Gegenwart dystopischer bis ökologistischer Naturverklärungen gar kein „neutrales“ Mensch-Naturverhältnis mehr gibt. In Fragen der Natur – allzumal ihrer metropolitanen Inszenierung – gibt es kein Erleben und Verstehen, das nicht bereits durch kulturelle Symbole imprägniert wäre. Das urbane Naturverhältnis übertrifft im Grad seiner Hybridität noch die Naturbeziehungen der Menschen aus agroindustriell geprägten „ländlichen“ Regionen bei Weitem. Die durch die verschiedensten großstädtischen Lebensformen geprägten Natur-Bilder fließen im Bild einer ideologischen, utopischen, romantischen, öko-politischen, in jedem Falle aber mythischen Collage zusammen. Rudimentäres naturwissenschaftliches Wissen um Strauch, Blüte und Getier, aber auch um die Biosphäre im trudelnden Klima, vermischt sich oft mit esoterischen Heilserwartungen an die urbane Wildnis. Kein Baum und kein Strauch ist einfach nur Moment städtischer Vegetation. Im privaten Garten wie im öffentlichen Park ist das (lückenlos inszenierte und noch in seiner „Wildheit“ programmierte) Grün affektiv gerahmt. In der Dauer der leiblich gelebten Zeit im Park suggerieren die mythisch anstehenden Narrative eine postmoderne Märchenwelt, in der die „normalen“ Enttäuschungen des tagtäglichen Lebens zumindest temporär anästhesiert sind.
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2. Raum der Atmosphären Der Phänomenologe Hermann Schmitz bezeichnet Atmosphären als räumlich ausgedehnte Gefühle.3 Was Schmitz hier als „ausgedehnt“ versteht, darf man sich nicht wie die dreidimensionale Ausdehnung eines körperlichen Gegenstandes vorstellen. Eine Atmosphäre hat keine Ecken und Kanten und auch keine (geraden oder gekrümmten) Flächen; sie umgibt uns vielmehr wie Nebel oder Dunst, wie ein Klang oder ein Geruch. Die Wirklichkeit einer Atmosphäre hat einen ganz anderen Raumcharakter als ein geodätisch erfasster Raum, der nach Maßen und Abständen in einem objektivierenden Sinne vermessen werden kann. Eine Atmosphäre hat den Charakter einer Membran. Auf ihr spiegelt sich etwas Wesentliches vom Rhythmus eines Ortes wider, den man in dessen Gegend als – räumlich ausgebreitetes – Gefühl zu spüren bekommt. In einem solchen Rhythmus drückt sich aus, was in einer Gegend auf welche Weise „los ist“. Der Psychologe Karlfried Graf von Dürckheim sprach in diesem Sinne von der „Vitalqualität“ und „Herumwirklichkeit“ eines Ortes4. Der Psychiater Hubert Tellenbach nannte ein solches, eben nicht „dreidimensionales“ Herum eine „Umwölkung“5 . Und für den Psychologen Willy Hellpach drückte sich das Gefühl der Menschen in solchen spürbaren Umgebungen in Gestalt eines situationsspezifischen „Ergehens“6 aus. Im Verstehen eines atmosphärischen Mit-seins in der Vitalqualität einer Gegend kommt es daher weniger aufs rationale Denken an als auf die sinnliche Sensibilität gegenüber dem, was an einem Ort spürbar wird. In all diesen Be- und Umschreibungen wird schnell deutlich, dass im Begriff der „Atmosphäre“ eine subjektiv befindliche Seinsweise zur Geltung kommt, deren Spürbarkeit sich eines Gefühls verdankt, dessen nur ein teihabendes, d. h. situativ gegenwärtiges Individuum gewahr wird. „Atmosphäre ist etwas Anwesendes“, sagt Hubert Tellenbach.7 Aber eine Atmosphäre geht nie in einer „innerlichen“ Stimmung auf. Sie hat ihren Grund meistens auch im tatsächlichen Raum der Dinge. Das umgreifende Gefühl einer Atmosphäre nennt der Philosoph Gernot Böhme deshalb ein „Dazwischen“8. Atmosphären breiten sich im Unterschied zur Faktizität der physischen Realitäten als „Wirklichkeiten“ aus, und man kann sie im Medium der Gefühle am eigenen Leibe spüren. Dieses leibliche Spüren drückt sich in Gefühlen der Weite zum einen (z. B. in den offenen, behaglichen und emotional aufnehmenden Zonen einer Parklandschaft) bzw. in Gefühlen der Enge zum anderen aus (z. B. in einer dunklen, feuchten, kühlen und als gefährlich erlebten Unterführung). Mit dem prädimensionalen Charakter der Atmosphären betont Schmitz die herumwirkliche Vitalqualität mitweltlicher Orte, die wir nicht als etwas Distanziertes und Umweltliches außerhalb von uns betrachten, sondern als etwas, das in unserem situativen Empfinden wirklich und deshalb wirksam geworden ist. Der atmosphärische Raum eines Parks existiert also zum einen nie situationsunabhängig und zum anderen nie ohne die wahrnehmende Gegenwart des ihn besuchenden Menschen. Zwar sind Brücken und Bäume auch unabhängig von aktuellen Formen der Wahrnehmung materiell an ihren je eigenen Orten vorhanden, aber diese Seinsweise hat keinen atmosphärischen Charakter, sondern einen „realistischen“, weshalb sie auch im mathematischen Raum relationaler Abstände stehen.
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Bevor uns eine Atmosphäre berühren und möglicherweise sogar stimmen kann, muss etwas existieren, das atmosphärisch zur Erscheinung kommen und uns berühren kann. Zu einfach wäre es indes, dieses Sein a priori im physisch Realen, also in der Welt der Dinge zu suchen. Auch das Wetter und die Temperaturen, wie die flirrende Luft im frühmorgendlichen Park oder die Vitalität und Dynamik, die sich mit einem spürbar dräuenden Gewitter in einer abgelegenen und schutzlosen Gegend des Parks entfalten, wirken auf die aktuelle Atmosphäre eines Ortes ein. Gerade das Beispiel eines aufziehenden Gewitters macht darauf aufmerksam, dass Atmosphären die Existenz von Dingen nicht voraussetzen! Auch das Beispiel der Stille in einer entlegenen „Ecke“ einer Parkzone - ein höchst immersives und atmosphärisch in besonderer Weise zudringliches „Nichts“ des Seins - illustriert die Macht körperloser Immaterialien in der Konstitution und Ausbreitung des Atmosphärischen. Indes gibt es keine festen Regeln, nach denen das vielgestaltig Wirkliche atmosphärisch zusammenkommt. Oft reicht schon die „Ruhe vor dem Sturm“, die eine atmosphärische Spannung spürbar werden lässt.
3. Park-Atmosphären Atmosphären trifft man selten in einem singulären Sinne an. Sie liegen auch nie nebeneinander wie körperliche Dinge. Schon der prädimensionale Charakter ihrer Ausdehnung impliziert deren Überlagerung und wechselseitige Durchdringung – situativ wie chronologisch. Um eine genauere Vorstellung von ihnen zu erhalten, müsste man sie von den sie erlebenden Menschen (individuell wie kollektiv) darstellen lassen – in Worten, Szenen, Bildern, mitgeteilten Fantasien. In einem so mannigfaltig gestalteten Raum wie dem Park am Gleisdreieck treten Atmosphären als inselartige Phänomene auf, die sich trotz aller Unterschiedlichkeit zu parkspezifischen Gemengelagen verbinden – zu etwas, das einen Park als Sonderraum der Stadt kennzeichnet – etwa im Unterschied zu den Atmosphären eines Freizeitparadieses oder eines Einkaufszentrums. Solche Inseln können nicht einfach an einer gewissen „Familienähnlichkeit“ der Dinge identifiziert werden. Die Erlebniswirklichkeit einer Atmosphäre hängt nicht vom nacktem Vorhandensein der Dinge ab, sondern ganz wesentlich von Ereignisverläufen und performativen Prozessen im Milieu der Dinge. So stehen die Dinge zu den Atmosphären in einem anderen Verhältnis als die Kreide zur Schrift. Das Beispiel der Brücken, die den Parkraum an vielen Stellen queren, kann das verdeutlichen. Die Brücke selbst ist im engeren Sinne kein atmosphärisches Medium. Aber sie vermittelt ein verkehrstechnisches Bewegungsleben, das den SpielRaum des Parks atmosphärisch stimmt: affektiv bedeutsame Bewegungsströme, die über oder unter dem Grünraum hinweggleiten und etwas von den Rhythmen des städtischen Lebens auf spürbare Weise mitteilen – die U-Bahnen anders als die weißen aerodynamisch wirkenden ICE-Züge der Bahn. Beide Arten von Zügen – die gelben U-Bahnen wie die weißen Schnellzüge – schließen den SpielRaum des Parks im Metier des Ästhetischen mit dem ErnstRaum der Metropole kurz. In ihrem temporären Bewegungsstrom „zeichnen“ die Züge die Spuren aus dem pulsierenden städtischen Leben, das dem Takt der Metropole gehorcht und nicht dem eines kontemplativen Raumes, in den mythischen Raum des Parks ein. Damit kontrastiert jede sichtbare und meist auch hörbare Zugpassage, die aus den Rationalitäts- und Effektivitätszwängen der Metropole
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entbundenen, aber praktisch dennoch in ihr stattfindenden Erlebnissituationen des Parks durch ein Spürbarwerden schneller städtischer Rhythmen. Zur sozialpsychologischen Funktion des Raumes gehört die (ästhetische) Synchronisierung von Ernst und Spiel im Leben der Menschen. Der Park am Gleisdreieck ist in seiner Atmosphäre nicht zu trennen von seiner Geschichte als kaiserzeitlicher Bahnhof, als große Weiche des Personen- und Güterverkehrs, als Untergrund- und Hochbahnhof. Aber nur wer um diese Geschichte(n) weiß, geht anders auf den Haupt- und Nebenwegen als der Fremde, der nur sieht, was gerade ist. So sind auch die Relikte aus der alten Geschichte des Gleisdreiecks entweder mnemonische Medien oder – für den unbefangenen Betrachter – nur szenische und thematisch kontrastierende Akzente, Medien einer „Atmosphärisierung“ in einem dekorativen Sinne. Dann scheint im toten Gleisstrang, der sich im Unkraut verliert, keine Spur der (Eisenbahn-) Geschichte der Stadt vor, sondern nur ein „schönes“ Element im entspannenden SpielRaum des Parks.
4. Ein urbaner Park Der in den kreuzenden Verkehrsadern lebendige Rhythmus der Stadt macht den Park zu einem urbanen Raum; einen wichtigen performativen Beitrag dazu liefert aber auch die sich immer wieder neu konfigurierende und situierende ethnische wie kulturelle Vielfarbigkeit städtischen Lebens. Urbanität wird atmosphärisch hier auch deshalb so eindringlich, weil der Park aufgrund seiner zentralen Lage zwischen Schöneberg und Kreuzberg sowie in der Nähe des Potsdamer Platzes ein trajektartiger Durchgangsraum ist. Schließlich ist es die unterschiedliche Zeitlichkeit der Rhythmen selbst, die den Park zu einem lebendigen Raum macht und ein oszillierendes Erlebnisbild des Urbanen konstituiert. So spiegeln sich in der Chronologie der Bewegungsarten (des Schlenderns, Gehens, Laufens, Rennens, Rollens, Radfahrens, Skatens usw.) in einem synästhetischen Sinne je spezifische Formen und Tempi großstädtischen Lebens wider. Der Park ist auch ein hodologischer Raum9 eigenleiblicher Bewegung und deshalb ein leiblich erschlossener Raum, ein Raum affektiver Bewegtheit. Dies ist er in evidenter Weise dort, wo er an situativ wechselnden Orten zur Bühne der ostentativen Selbstpräsentation wird. Das Sich-Zeigen in programmatisch-bildhaft aufgeladenen Szenen profitiert dabei wiederum von den wechselnden Atmosphären des Freiraums. Umgekehrt wirken aber auch die ostentativen Praktiken der Selbstinszenierung auf die Atmosphäre(n) eines Ortes zurück. Im kaleidoskopischen Milieu des Vielen bleiben die Spiele der Selbstzuschreibung von Identität nicht ohne Resonanz. Szenisches Sich-Zeigen und amüsiertes bis voyeuristisches Hinsehen bilden einen ästhetisch-performativen Dialog im öffentlichen Raum. Der Park ist in dieser Funktion inmitten der Stadt auch ein notwendiger Raum. Die Menschen brauchen ihn für die Auslebung ihrer Bedürfnisse nach Lebendigkeit, nach Vielfalt, nach Heterogenität, als SpielRaum selbst-präsentativer Experimente, die es im trockenen Alltag des Ernstes nicht geben darf. Der Park ist SpielRaum im Sinne des Wortes. Und so
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dient er nicht nur Kindern zum Spiel auf der Schaukel, nicht nur Jugendlichen als Milieu sportlicher Bewegungs-Exzesse. Er bietet sich auch Erwachsenen aller Altersgruppen an – als SpielRaum der Selbstpräsentation und Erprobung noch unsicherer oder einfach nur spielerischer Rollen auf Bühnen der Phantasie und der Imagination. In der strukturellen Breite der Differenzen sowie in der Vielgestaltigkeit der Heterogenität der Spielzüge liegt der urbane Charakter gerade dieses Parks, der sich in seinem vielschichtigen Verhältnis zur Stadt Berlin von jedem kleinstädtischen Grünraum kategorial unterscheidet. Die unspezifische, aber doch stets „lauernde“ Aufmerksamkeit gegenüber dem „Auffälligen“ im sozialen Geschehen ist Merkmal der meisten öffentlichen Räume. Und so gibt es prädestinierte Orte der Selbstpräsentation, die das situativ in exzentrischer Weise aufflackernde Leben mehr anziehen als andere Orte – zum Beispiel die offenen und weiten, geradezu landschaftlichen Räume, die Freiflächen sowie die tribünenartigen Holzterrassen in der Nähe der großen Wegachsen. In einem gleichsam „dienenden“ Verhältnis zur szenischen Aneignung des Raumes stehen die Dinge, die an ihren Orten zur Erscheinung kommen, Geschichten erzählen und auf je besondere Weise atmosphärische Akzente setzen. So suggeriert eine Asphaltfläche schon aus der distanzierten Wahrnehmung wie in der Erwartung ein anderes Gefühl des Gehens als ein Schotterweg, eine Gruppe frisch gepflanzter Robinien spricht in Farbe und Gestalt andere Menschen in ihren Stimmungen an als ein verwildertes Stück Brachland mit einem verrosteten Gleisstrang. Die urbanen Atmosphären des City-Parks verdanken sich stets einer Verknüpfung von Situationen. In Außenräumen kommt den Situationen des Wetters sowie der Tages- und Jahreszeiten eine besondere Bedeutung zu. Letztlich wirken sie ganz wesentlich auf die Stimmung persönlicher und gemeinsamer Situationen ein. Diesem Umstand ist es auch geschuldet, dass alles, was Menschen über ihr atmosphärisches Erleben an dieser oder jener Stelle im Park mitteilen könnten, situativ geronnen ist und jedem Außenstehenden nur innerhalb der Grenzen des sprachlich oder ästhetisch Explizierbaren verständlich gemacht werden kann.
1
Foucault, Michel: Die Heterotopien (Original 1966). In: Ders.: Die Heterotopien – Der utopische Körper. Frankfurt a. M. 2005, S. 7–22.
2
Bucher, Annemarie: „Park.“ In: Magnagno Lampugnani, Vittorio; Domhardt, Konstanze; Schützeichel, Rainer (Hg.): Enzyklopädie zum gestalteten Raum. Zürich 2014, S. 342–355, S. 346.
3
Schmitz, Hermann: Gefühle als Atmosphären und das affektive Betroffensein von ihnen. In: Fink-Eitel, Hinrich; Lohmann, Georg (Hg.): Zur Philosophie der Gefühle. Frankfurt/M. 1993, S. 33-56, S. 33.
4
von Dürckheim, Graf Karlfried: Untersuchungen zum gelebten Raum (Original 1932). Hrsg. von Hasse, Jürgen (mit Einführungen von Jürgen Hasse, Alban Janson, Hermann Schmizt, Klaudia Schultheis) (= Natur – Raum – Gesellschaft, Bd. 4). Frankfurt/M. 2005, S. 39 und 36.
5
Tellenbach, Hubert: Geschmack und Atmosphäre. Salzburg 1968, S. 111.
6
Hellpach, Willy: Sinne und Seele. Zwölf Gänge in ihrem Grenzdickicht. Stuttgart 1946, S. 64f.
7
Tellenbach 1968, S. 61.
8
Böhme, Gernot: Atmosphäre. Essays zur neuen Ästhetik. Frankfurt/M. 1995, S. 22.
9
Vgl. Bollnow, Otto Friedrich: Mensch und Raum. Stuttgart u.a. 1963, S. 191ff.
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/ On the Atmosphere of an Urban Green Space: Gleisdreieck Park Jü rg e n H a s s e
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erlin’s vast, newly-completed Gleisdreieck Park is notable for more than just its size. Its inner-city location, situating the green space in a particular way within urban space as well as in relation to it, is also remarkable. But first of all this particular park is also part of the open space category “park” in general terms. As carefully-staged natural spaces, parks have always been and are varieties of gardens. Gardens and parks are mythical spaces. Their myth tells the story of a good and beautiful world in which the demands of life are bearable. So, in terms of Michel Foucault, the park is a heterotopic or “other space”.1 It is in the city and belongs to the city, and yet it is not of the city. It is the green promise of “nature” in a world often experienced as cold, alien and constraining. Because of their immersive atmosphere, parks are experienced as rebalancing, relaxing spaces associated with positive and liberating feelings. It is an experience rooted in the myth of an imaginary reality that appears to be free of societal, political and economic tensions and distortions. So, the atmospheres of a park achieve — like all recreational spaces — a political and accordingly a socio-psychological function of indemnity. Created from city resources, the park is a space that interrupts the city and to which the suggestion of illusions belongs. So, not every atmosphere experienced in a park is explainable by what is there in a real sense. As far as the park exists as not just an actual, physical space, but as a space of imagination, it is composed of a world of fantasies. And last but not least, in these the urban life of this city is reflected. Just as every park references its own city, so Berlin’s Gleisdreieck Park creates a collage-like diverse atmosphere within its distinctive subsections.
1. The Park as a world of experience Constructed park atmospheres are intentionally produced according to an emotional schema in order to develop an affective attuning force, and dispose people within the milieu of the atmosphere for a particular sense of self and worldview. City parks can therefore be understood as urban worlds of experience. Historically, parks were reserved for the nobility as spaces for communication and contemplation — like Berlin’s Tiergarten, a baroque pleasure garden that was converted into an English landscape park between
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Jürgen Hasse has been Professor for Geography and Didactics of Geography at J.W.Goethe-University, Frankfurt/Main, since 1993. His recent research work is based on phenomenological questions concerning space and society (particularly processes of urban development), on the relationship between man and nature as well as on aesthetics.
1833 and 18402 In all periods, parks as well as gardens have been subject not only to artistic but also to atmospheric conversions. The central idea of these programmes was the creation or redevelopment of a world of atmospheric experience. The English garden presents an idealised view of the wild, natural world that ultimately expressed a particular understanding of society, one which was transferred into an atmosphere of (seemingly) wild “nature”. With it, a walk-through symbol of human freedom could be wrought from green space. Berlin’s Gleisdreieck Park comes close to the English garden in that it is also under the power of a “liberal” nature myth. The reason is that the present day nature glorifications, from dystopian to ecological, no longer allow for any “neutral” relationship between man and nature at all. In questions of nature — certainly of its metropolitan incarnations — there is no nature experience or understanding of nature that is not already influenced by cultural symbols. In its degree of hybridity the urban relationship with nature still far exceeds that of people in “rural” regions characterised by agro-industrialism. Concepts of nature marked by various forms of urban life melt into the image of an ideological, utopian, romantic, eco-political but ultimately mythical collage. Rudimentary scientific knowledge of shrubs, flowers, animals and even the biosphere in the trundling climate often mingle with esoteric expectations of salvation towards the urban wilderness. No tree or shrub is ever simply urban vegetation. The greenery in private gardens, as in public parks, (completely staged and programmed in its “wildness”) is framed affectively. During our felt physically, lived experience in parks, the mythical, imminent narrative suggests a postmodern fairytale world in which the “normal” frustrations of everyday life can be anaesthetised, at least temporarily.
2. Space of atmospheres Phenomenologist Hermann Schmitz identified atmospheres as spatially extended feelings.3 What Schmitz means here by “extended” is not the three-dimensional extension of a physical object. An atmosphere has no corners or edges, and also no (straight or curved) surfaces; instead, it surrounds us like a fog or mist, like a sound or smell. The
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actuality of an atmosphere has a totally different spatial character to geodesically analysed space, which can be measured in an objective sense in terms of dimensions and intervals. An atmosphere has the character of a membrane. Something essential of the rhythms of place is reflected in it, which can be felt as something other than (spatially extended) sensations of a particular area. Such rhythms express what is, in whatever form, “happening” in a place. Psychologist Karlfried Graf Dürckheim has spoken of the “Vitalqualität” (essential quality) and the “Herumwirklichkeit” (around-reality) of a place in this sense4 . Psychiatrist Hubert Tellenbach called this sort of not “three-dimensional” situation an “Umwölkung” (a clouding)5 . And for psychologist Willy Hellpach, the feeling of people in such perceptible surroundings is expressed in the form of a situation-specific “Ergehen” (indulgence)6 . The understanding of an atmospheric being-with the “Vitalqualität” of an area, is more to do with a sensual sensitivity to what can be felt in a particular place, rather than rational thinking. In all this describing and circumscribing it quickly becomes clear that a subjectively situated way of being comes into effect in the concept of the “atmosphere”, the perceptibility of which is thanks to a sensation which only a participative, i.e. situationally present individual can become conscious of. “Atmosphäre ist etwas Anwesendes” (Atmosphere is something that is present), says Hubert Tellenbach7. But an atmosphere never merges with an “internal” mood. It usually has its basis in the real world of things, too. The encompassing feeling of an atmosphere is what philosopher Gernot Böhme therefore calls a “Dazwischen” (in between)8 . In contrast to the factualness of reality, atmospheres spread as “actualities” and can be felt in one’s own body through the medium of sensation. These felt physically sensations manifest in feelings of expansiveness (e.g. in open, comfortable and emotionally absorbing zones of parkland) on one hand, or in feelings of constriction (such as in a dark, damp, cold underpass experienced as dangerous) on the other. With the pre-dimensional character of atmospheres, Schmitz emphasises the around-real essential quality of universal empathy places, which we look at not as something distant and environmentally outside of ourselves, but instead as something that really, and therefore effectively, happens in our situational sensations. The existence of a park’s atmospheric space is, firstly, never situation independent and, secondly, never without the presence of perceiving visitors. To be sure, bridges and trees exist physically, independently of current forms of perception in each of their own places, but this ontological mode has no atmospheric character, but rather a “realistic” one, which is why bridges and trees stand at relational intervals in mathematical space.
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Before an atmosphere can touch, and perhaps even attune us, there must be something that atmospherically appears and is able to touch us. It would be too easy, however, to look for this being a priori in the physical-real world of things. Even weather and temperatures, like shimmering air in the early morning park or the perceptible vitality and dynamics that unfold with looming thunderstorms in a secluded and unprotected area of a park affect the current atmosphere of a place. The gathering storm example especially highlights the fact that an atmosphere does not presuppose the existence of things! Also, the case of silence, for example, in a remote “corner” of a park zone - a highly immersive and atmospheric, particularly intrusive “nothing” of being - illustrates the power of disembodied immateriality in the constitution and spread of atmospheres. There are, however, no fixed rules according to which the multifarious realities of the atmospherical come together. Often the “calm before the storm” is enough to make atmospheric tension palpable.
3. Park atmospheres Atmospheres are rarely found in the singular. What is more, they never sit side by side like physical objects. The pre-dimensional character of their expansiveness alone implies overlapping and interpenetration – situational as well as chronological. To get a more accurate picture, atmospheres ought to be represented by the people experiencing them (individually or collectively) – in words, images and fantasies retold. In a space as multifaceted in design as Gleisdreieck Park, atmospheres appear as island phenomena that, despite individual differences, combine into a park-specific conglomeration – into something that marks out a park as a special area of the city – somewhat in contrast to recreational paradise or shopping malls. Such islands cannot be identified with the simple “family resemblance” used for objects. The experiential reality of an atmosphere depends fundamentally on courses of events and performative processes in the milieu of things, and not on the bare existence of things alone. So, things are not related to atmospheres in the same way as chalk is related to writing. The example of the bridges that cross Gleisdreieck Park in a number of places makes this clear. The bridge itself is not, in the strictest sense, an atmospheric medium. But it does convey life-movement in terms of transport, which then modulates the atmospheric SpielRaum (PlaySpace) of the park: Significant affective flows of movement float over or under the green space and make the rhythms of city life perceptible
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– the underground in a different way to the white, aerodynamic ICE trains. Both types of trains – the yellow underground and the white express trains – short circuit the PlaySpace of the park with the ErnstRaum (EarnestSpace) of the metropolis in an aesthetic manner. In their temporary flow of movement the trains “draw” traces of vibrant city life into the mythical space of the park, which follow the beat of the metropolis and not that of a contemplative space. So any visible, and frequently also audible, passage of trains, relieved from pressures of rationalism and effectiveness of the metropolis, with its noticeably faster urban rhythms stands in contrast to the practical, lived and experienced situations of the park. The (aesthetic) synchronisation of earnestness and play in people’s lives is one of the socio-psychological functions of the space. Atmospherically, Gleisdreieck Park cannot be separated from its history as an imperial station, as a major passenger service and freight transport hub, as an underground station and as above-ground railway station. But only those aware of the history and these stories walk along the main and side paths differently; strangers see only what is in front of them. The old, historical relics of Gleisdreieck, too, are either mnemonic media or – to the unbiased observer – just scenic, thematically contrasting accents, media for creating atmosphere in a decorative sense. For the latter, the dead train tracks, lost in the undergrowth, do not transport traces of the city’s (rail) history, they are then only a “nice” element in the relaxing PlaySpace of the park.
4. An urban park The lively city rhythm at the intersecting arterial roads turns the park into an urban space; but it also provides important performative contributions by the continuous creation of perpetually newly configured and situated ethnic and cultural diversities of urban life. In addition, on this site urbanity is an insistent atmospheric influence because the park’s central location between Schöneberg and Kreuzberg and its proximity to Potsdamer Platz create a trajectory, a passageway. Finally it is the varying tempos of the rhythms themselves that make the park a lively space and constitutes an oscillating experience of urban life. This is reflected in the chronology of movement types (ambling, walking, jogging, running, rolling, cycling, skating, etc.) in a synaesthetic sense depending on the specific forms and tempos of big city life. The park is also a hodological space9 of inherent physical movement and therefore a physically accessible space, a space of affective dynamism. This is evident when a situationally variable space becomes a stage for ostentatious self-promotion. The self-showing in programmatically-pictorially loaded scenes profits as a result from the changing atmosphere(s) of the open space. Conversely, the ostentatious practices of self-promotion impact on the atmosphere of the place. In the kaleidoscopic milieu of the many, the games of self-attribution of identity remain not without resonance. Staged self-showing and gazes ranging from amused to voyeuristic create an aesthetic performance dialogue in public space.
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The park is, in this function, also a necessary space in the middle of the city. People need it for living out their need for vitality, diversity and heterogeneity, as a SpielRaum (PlaySpace) for self-presentation experiments that may not be possible in the dry everyday of earnestness. The park is a PlaySpace in the real sense of the word. And so it is not only children playing on the swings, not just a young person milieu of sporty motion excesses. It offers itself to adults of all ages as a PlaySpace for self-presentation and the testing of still uncertain or just playful roles on the stage of fantasy and imagination. In the structural breadth of difference and the diversity of heterogeneity in play manoeuvres lies the urban character of exactly this park, which in its complex relationship with the city of Berlin is categorically different to every small town green space. The non-specific but always “lurking” attention directed towards the “eye catching” in social affairs is characteristic of most public spaces. And so there are predestined places of self-presentation that in situationally eccentric ways attract more flare-ups of life than other places – for example the wide open, almost natural spaces, the open areas and the tribune-style wooden terraces near the major pathways. In a quasi “serving” relationship to the scenic appropriation of spaces are the things that appear in their own places, tell stories and, in special ways, add atmospheric accents. In this way a tarmac surface perceived from a distance, in anticipation suggests a different walking feel than a gravel pathway; in colour and form a group of freshly planted Robinia alludes to different people’s moods than a feral piece of wasteland with a rusted railway line . The urban atmosphere of a city park is always dependant on a combination of situations. Outdoors the weather, as well as the time of day and seasons are particularly important. Ultimately, they considerably influence the mood of personal and group situations. This circumstance is also due to the fact that everything people could explain about their atmospheric experience at this or that location in the park is situationally solidified, and can only be made understandable to any outsider within the limits of the linguistically or aesthetically explicable.
1
Foucault, Michel, Die Heterotopien (Original 1966), Foucault, Die Heterotopien – Der utopische Körper., Frankfurt/M, 2005, pp. 7 – 22.
2
Bucher, Annemarie, “Park” in Magnagno Lampugnani, Vittorio; Domhardt, Konstanze; Schützeichel, Rainer (eds), Enzyklopädie zum gestalteten Raum. Zürich, 2014, pp. 342 - 355, p. 346.
3
Schmitz, Hermann, “Gefühle als Atmosphären und das affektive Betroffensein von ihnen” in Fink-Eitel, Hinrich; Lohmann, Georg (eds), Zur Philosophie der Gefühle. Frankfurt/M, 1993, pp. 33-56, p. 33.
4
von Dürckheim, Graf Karlfried, Untersuchungen zum gelebten Raum (Original 1932). (eds) Hasse, Jürgen (with introductions by Jürgen Hasse, Alban Janson, Hermann Schmizt, Klaudia Schultheis) (= Natur – Raum – Gesellschaft, vol. 4), Frankfurt/M, 2005, pp. 39 and 36.
5
Tellenbach, Hubert, Geschmack und Atmosphäre., Salzburg, 1968, p. 111.
6
Hellpach, Willy, Sinne und Seele. Zwölf Gänge in ihrem Grenzdickicht., Stuttgart, 1946, p. 64 et seq.
7
Tellenbach 1968, p. 61.
8
Böhme, Gernot, Atmosphäre. Essays zur neuen Ästhetik., Frankfurt/M, 1995, p. 22.
9
Cf. Bollnow, Otto Friedrich, Mensch und Raum., Stuttgart, among others., 1963, pp. 191 et seqq.
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/ „An Fortschritt glauben, heißt nicht glauben, dass ein Fortschritt schon geschehen ist.“ Anmerkungen zur Zukunft der Bürgerbeteiligung Kl au s S e l l e
Es gibt ein altes Bild von Bürgerbeteiligung. „Stadt“ und „Öffentlichkeit“ stehen da
einander als homogene Blöcke gegenüber. Dieses Bild entspricht schon längst nicht mehr der Wirklichkeit. Diese ist weitaus vielfältiger, vielstimmiger. Um dem Vielen gerecht zu werden, differenziert sich die Verständigung über Pläne und Projekte in den Städten immer weiter aus, wird ebenfalls vielfältig und vielseitig. Der Beteiligungsprozess zum Park am Gleisdreieck ist ein Beispiel dafür. Weist das hier erprobte Modell in die Zukunft?
So viel Beteiligung war nie. Schriftliche Befragung, Online-Forum, Fokusgruppen, Führungen, Spaziergänge, Erkundungen, Direktansprache eines breiten Spektrums von Stakeholdern, Einbeziehung von Jugendgruppen mit vorwiegend migrantischem Hintergrund, Frauenfrühstück, Männerrunde, Informations- und Diskussionsveranstaltungen, Bürgerfest, themenspezifische Workshops mit unterschiedlichen Zielgruppen, Planungsforen, Online-Leserbriefe, projektbegleitende Arbeitsgruppe, Nutzerbeirat, Vor-Ort-Büro, Sprechstunden… und darüber hinaus natürlich: Koordination zwischen und Kommunikation mit verschiedensten öffentlichen Dienststellen, Eigenbetrieben, politischen Gremien und so weiter und so fort, von der Einbindung eines breiten Spektrums von Fachleuten im Zuge der Wettbewerbe, Gutachten, des Bau- und beginnenden Nutzungsprozesses einmal ganz abgesehen. Was ist das? Ein Beteiligungsprozess. Genauer: eine viele Akteure einbeziehende, formenvielfältige Kommunikation. Und noch genauer: Zehn Jahre Gleisdreieck – gespiegelt in einer (unvollständigen) Aneinanderreihung von Stichworten. Diese vielstimmige Kommunikation über den – wie es in der Broschüre zum Gleisdreieck heißt – „Park der 1.000 Stimmen“ – reicht(e) von den ersten Planungsüberlegungen über die baulich-räumliche Umsetzung bis in die Nutzungsphase. Aber auch schon vorher wurde gesprochen. Vor allem aber gestritten: über Verkehrspolitik, über Ökologie, über Stadt-Natur. Gegen die stadtzerstörerischen Autobahnpläne der frühen 1970er-Jahre wurde von Bürgerinnen und Bürgern die Idee einer Grüntangente gestellt. Es ist dem zähen, über drei Jahrzehnte andauernden Einsatz dieser Bürgerinitiativen für ihre Idee zu verdanken, dass 2005 das Planungs- und Beteiligungsverfahren für einen „Park am
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Klaus Selle ist seit 2001 Professor für Planungstheorie und Stadtentwicklung an der RWTH Aachen. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die kommunikative Gestaltung von Prozessen und die kooperative Projektentwicklung. Aktuell wirkt Klaus Selle unter anderem an Stadtentwicklungsprozessen in Aachen, Bamberg und Bonn mit.
Gleisdreieck“ überhaupt beginnen konnte. Nahezu unvermeidlich musste es in diesem Prozess zu weiteren Auseinandersetzungen kommen: Die Vorstellungen der Initiativen wurden zu Ideen unter anderen. Und das Ergebnis ist ein Produkt eines schier unendlich erscheinenden, für alle anstrengenden Erörterungsprozesses um große und scheinbar kleinste Fragen. Was ist das? Ein Einzel- und Sonderfall? Für Berlin im Jahr 2005: möglicherweise. Für die Republik insgesamt: eher nicht. Es ist vielmehr eines von zahlreichen Beispielen für eine innovative partizipative Praxis, die aus einem lang andauernden Konflikt resultiert. Und es ist eines der Beispiele, von denen man viel lernen kann: über Rollenverteilungen in vielstimmigen Prozessen, über die Frage, wer wessen Interessen vertritt, über das Schweigen großer Gruppen trotz intensiver Kommunikationsangebote, über die „Produktion von Gemeinwohl in Verfahren“, letztlich also über die Frage, ob und wie Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe zu gestalten ist. Seit 2005 hat sich viel getan. Vor allem war eines: Stuttgart 21. Nach den Konflikten um den dortigen Bahnhofsumbau hieß es vielerorts: „So etwas wie in Stuttgart darf uns nicht passieren.“ Ob aus diesen Gründen oder aus der Einsicht, dass Bürgerorientierung Merkmal zeitgemäßer Kommunalpolitik und alltäglichen Verwaltungshandelns sein sollte: Beteiligung steht ganz oben auf vielen kommunalen Agenden. In nahezu hundert Gemeinden wurden inzwischen „Beauftragte für Beteiligung“ installiert, vielerorts hat man Leitlinien vereinbart, an denen sich Beteiligungsprozesse orientieren sollen und die Zahl der Handreichungen für eine gute Bürgerbeteiligung (ob gedruckt oder im Internet) ist kaum noch überschaubar. In dieser Vielfalt gibt es zahlreiche Übereinstimmungen: Frühzeitig soll die Öffnung der Verfahren beginnen, verlässlich sollen sie sein und an transparente Regeln gebunden, es soll schließlich noch etwas geben, über das mit Aussicht auf Erfolg zu reden ist – und all das soll differenziert geschehen, auf die verschiedenen Öffentlichkeiten oder Akteure ausgerichtet, vielstimmig und vielgestaltig. Da sind Prozesse, wie der um den Park am Gleisdreieck Vor-Bilder, Prototypen einer Praxis, die heute auf einer zunehmend breiteren Basis umgesetzt zu werden scheint.
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Kurzum: So viel Beteiligung war nie. Das gilt für die Zahl der Gemeinden, die sich der Aufgabe über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus stellen, und das gilt für die Intensität und differenzierte Ausgestaltung vieler Beteiligungsprozesse. Ist damit alles gut? Hat der nun über vier Jahrzehnte andauernde Einsatz für eine dialogorientierte Planungskultur Früchte getragen? Ja und nein. Sicher ist: Die Situation hat sich verändert. Aber sie bleibt ambivalent, sie kann sich in verschiedene Richtungen weiterentwickeln. Statt der einen gibt es viele mögliche Varianten der Zukunft.
Zukünfte? Man muss kein Pessimist sein, um den „Beteiligungs-Hype“ dieser Tage glanzlos enden zu sehen. Ein Blick in die jüngere Geschichte zeigt: Es gab in den vergangenen 50 Jahren mindestens zwei große „Beteiligungswellen“. Mit weitreichenden programmatischen Bekenntnissen und viel Enthusiasmus starteten sie, ebbten schon nach wenigen Jahren ab und mündeten im „Dienst nach Vorschrift“, in Enttäuschungen, in die Rückkehr zu alten Rollenmustern – und im alten Bild der einander misstrauisch und argwöhnisch belauernden „Lager“. Es gab viele – und darunter auch gute – Gründe für das jeweilige Rollback: In erster Linie wurde zu viel versprochen und zu viel erwartet. Beteiligung ist kein Allheilmittel, sondern ein Instrument, das vielen Zwecken nutzbar gemacht werden kann. Neue Verfahrensschritte führen nicht gleichsam von selbst zur Belebung der lokalen Demokratie. Lieblos durchgeführte Versammlungen, in denen sich dann häufig auch noch aufgestauter Zorn entlädt, können zum Schrecken für alle Beteiligten werden. Und wenn wieder einmal deutlich wird, dass alle eingebrachten Argumente im Abwägungsprozess unter den Tisch fallen, fragen sich auch die Gutmütigen, wozu man dann überhaupt „beteiligt“. Düpiert wurden des Öfteren auch die Erwartungen mancher „Beteiligter“, zeigte sich doch, dass trotz intensiven Bemühens Unzufriedenheiten und Konflikte fortbestanden. Tatsächlich lassen sich harte Konfrontantionen und echte Beeinträchtigungen nicht einfach „wegkommunizieren“. Wesentlich ist aber auch: Es wurde zu viel verlangt. Beteiligung blieb eine Zusatzlast für alle, die sie betrieben. Es gelang nur selten, sie als selbstverständlichen Bestandteil professionellen Handelns in den Planungsalltag zu integrieren. Insbesondere öffentliche Verwaltungen blieben nach innen gekehrt, öffneten sich, wenn überhaupt, nur punktuell zur städtischen Gesellschaft. Und nicht zuletzt: Beteiligung blieb sozial selektiv. Bestimmte Gruppen und Milieus waren und sind deutlich überproportional vertreten, andere bleiben regelmäßig fern. Das muss, wenn Fragen behandelt werden, die für viele ohne Belang sind - und das gilt durchaus für viele Planungsthemen - kein Problem sein, verstärkt aber in anderen Fällen und in der Summe aller Meinungsbildungsprozesse die soziale Unausgewogenheit. Zu diesen altbekannten Gefährdungen der Bürgerbeteiligung kommen neue hinzu: „Particitainment“ etwa, also die Inszenierung aufwendiger Verfahren ohne echte Substanz und nachhaltige Wirkung.
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Die Unklarheit der Rollen ist ein anderes Problem. Es betrifft alle, die in diese Prozesse einbezogen werden: Viele aktive Bürgerinnen und Bürger scheinen davon auszugehen, dass ihre im Zuge der Beteiligung geäußerten Ansichten und Interessen unmittelbar in Pläne und Projekte einzufließen haben. Sie übersehen dabei, dass sie nur Stimmen unter vielen sind, dass es viele weitere Belange und Interessen gibt, die in die Abwägungen einzubeziehen sind und dass zumeist ihre gewählten Vertreter in den Räten das letzte Wort haben (müssen). Aber auch die politischen Vertreter verhalten sich vielfach uneindeutig: Klare Entscheidungen – etwa gegen lautstarke Gruppen (aus der eigenen potenziellen Wählerschaft) – fallen ihnen schwer, und vielfach wird die partizipative Demokratie noch misstrauisch als Konkurrenz der repräsentativen beäugt, statt selbstbewusst die eigenen Positionen auf eine breite öffentliche Diskussion zu stützen. Nicht zuletzt muss bedacht werden, ob es nicht auch ein „Zuviel“ an Beteiligung geben kann. Wenn bei jeder Fachplanung, bei jedem Projekt zur Beteiligung aufgerufen wird und alle Beteiliger ihre Foren oder Säle gefüllt sehen wollen, erzeugt und verstärkt man nur den Effekt, dass die „immer Gleichen“ kommen – und irgendwann nur noch die. Außerdem heischen ja nicht nur die öffentlichen Akteure nach Aufmerksamkeit für ihr Handeln. Überall wird man zu Meinungsäußerungen, Kommentaren, Votings aufgerufen, muss sich verhalten, sich entscheiden … . Da sehen einige schon Fluchttendenzen: Den Rückzug in die eigene Welt, den Wunsch, jemand möge die Dinge doch für einen regeln, eine Sehnsucht nach „neuer Führung“. Gegen die pessimistische Prognose, auch die neue Beteiligungswelle könne über kurz oder lang wieder in sich zusammenfallen, wird eingewendet: Die Stadtgesellschaft sei heute eine andere als die vor vierzig Jahren. Während in den 1970er-Jahren noch viele Menschen lebten, die in einem autoritären Staat sozialisiert worden waren, gäbe es jetzt artikulationsfähige und -freudige Gruppen, die es eher gewohnt sind, ihre Interessen zum Ausdruck zu bringen bzw. viele Fragen selbst zu entscheiden und sich daher schlicht eine Politik „von oben herab“ nicht mehr gefallen lassen wollen. Insbesondere in bürgerlich geprägten Städten hört man daher von allen Seiten, wenn das Gespräch auf Beteiligung kommt: „Es geht nicht mehr ohne.“ Die Möglichkeiten, direkt-demokratische Instrumente einzusetzen, verändern zudem die lokalen Kräfteverhältnisse zugunsten beteiligungsaffiner Gruppen. Das steht einem „Rollback-Szenario“ entgegen und ist für alle, die nicht dem alten Lagerdenken verhaftet sind („die Bürger“ gegen „die Stadt“) ein Ansporn, lokale Planung und Politik von Anfang an so offen und dialogorientiert zu gestalten, dass es erst gar nicht zum Einsatz von Bürgerbegehren oder -entscheiden zu kommen braucht. Zugleich aber unterstreicht das die Notwendigkeit, immer dann und dort, wo es sie betreffen könnte, auch „beteiligungsferne Gruppen“ zu erreichen, damit deren Interessen mit einfließen können. Und da zunehmend mehr private und öffentliche Akteure auf die Entwicklung eines Stadtteils, eines Quartiers oder eines Platzes Einfluss nehmen wollen, wird auch deren Einbindung immer wichtiger. „Rechnungen ohne den Wirt“, wie sie früher unglücklicherweise in vielen Beteiligungsprozessen (mit entsprechend frustrierendem Ausgang) gemacht wurden, wird man heute also vermeiden wollen. Damit zeichnet sich ein mögliches Positiv-Szenario ab: Die differenzierte Einbindung eines heterogenen Kreises von Akteuren in inhaltlich offene Verfahren der Meinungsbildung wird
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selbstverständlich. Diese Dialoge setzen frühzeitig ein, sind transparent und fair gestaltet – und sie gewährleisten, dass tatsächlich alle wesentlichen Gesichtspunkte sichtbar werden und in die Entscheidungen einfließen können. Wenn man noch zwei, drei Schritte weiterdenkt, dann wäre all das nicht auf einzelne hervorgehobene Verfahren oder besondere Anlässe beschränkt, sondern Alltag – in einer „Bürger-Kommune“, in der Transparenz und eine Dialogorientierung, die die Perspektiven aller einzubeziehen sucht, selbstverständlich sind. Das Paradoxe an einem solchen Zukunftsbild: Es müsste viel weniger (im heutigen Sinne) „beteiligt“ werden. Aus drei Gründen: Das Handeln aller wäre a priori auf Mitwirkung ausgerichtet und bedürfte keiner besonderen Verfahren, der dazu notwendige Wandel im Rollenverständnis wäre vollzogen, und man hätte – vor allem – Vertrauen in die Institutionen, Verfahren und „Spielregeln“ lokaler Politik zurückgewonnen. Daran mangelt es heute. Aus diesem Mangel speisen sich viele Blockaden oder Eskalationen. Die führen fast immer zu weiterem Vertrauensverlust. Und der belastet jeden neuen Versuch, im Dialog aufeinander zuzugehen. Es ist diese Negativspirale, die das Beteiligen heute gelegentlich so schwer macht. Gelingt es, sie zu durchbrechen oder gar umzukehren, schwinden die Aufgeregtheiten, und der Zusatzaufwand, der allen in diesen Verständigungsprozessen abverlangt wird, verringert sich. Das alles ist leicht gesagt, aber schwer getan. Kurzum: Dieser Fortschritt ist, um das Kafka-Zitat im Titel aufzugreifen, noch nicht geschehen. Auf den Weg dorthin sind noch manche Steine beiseite zu räumen. Aber die nächsten Schritte lassen sich schon heute benennen:
Voraussetzungen Worauf kommt es an? Als Antwort auf diese Frage sechs kurze Thesen:
(1) Kulturwandel: Auf dem Weg zur Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe bedarf es keiner neuen Verfahren. Der Methodenkoffer ist gut gefüllt. Beispiele wie der Zehnjahresprozess zum Park am Gleisdreieck zeigen es. Auch gesetzliche Änderungen sind keine conditio sine qua non (wenngleich in einigen Bereichen – etwa Planfeststellungsverfahren – wünschenswert). Gefragt ist Kulturwandel. Es gilt, Standards guter Kommunikation in der Breite und für den Alltag der Stadtentwicklung durchsetzen und verlässlich einzuhalten. (2) „Beteiligung“ ernst nehmen: Das Wort wird überstrapaziert. Wer die Werbung für ein Projekt oder die „Produktion von Akzeptanz“ für ohnehin Beschlossenes als „Beteiligung“ bezeichnet, schadet nicht nur den eigenen Absichten. „Ohne Ergebnisoffenheit keine Beteiligung“. Dieser Grundsatz muss ernst genommen werden. Wer „nur“ informieren will, sollte das so benennen und dann auch ordentlich umsetzen. Eine gute, das heißt frühzeitige, vollständige und verständliche Information ist für die Entwicklung der Beteiligungskultur allemal positiver als inhaltsleere Beteiligungsversprechen. (3) „Bürgerbeteiligung fängt im Kopf der Entscheider an“ hat der Politikwissenschaftler Roland Roth einmal gesagt. Damit traf er einen wunden Punkt, denn die notwendigen
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Veränderungen in den Köpfen öffentlicher wie privater Entscheider haben bislang kaum stattgefunden. Man „lässt“ beteiligen, ändert aber das eigene Experten-Verhalten nicht. Was in diesem Fall hieße: Die eigenen Entscheidungen transparent und nachvollziehbar auf jeweils vorgängige öffentliche Erörterungen zu gründen.
(4) Es kommt auf die Substanz an: „Es gibt noch etwas, über das es sich zu reden lohnt.“ – das ist mit Ergebnisoffenheit gemeint. Diese „Substanz“ des Beteiligungsprozesses kann sich im frühen Stadium auf das „Ob“ eines Vorhabens beziehen oder später dann auf das „Wie“ der Aus- und Durchführung. Wesentlich aber: Diese Substanz muss von Bedeutung sein für die, die man anspricht und einbeziehen will. (5) Nicht die Zahl der Mitwirkenden entscheidet, sondern die Vollständigkeit der Gesichtspunkte. Häufig fühlen sich nur kleine Teile der Stadtgesellschaft von Beteiligungsangeboten angesprochen und ausreichend motiviert, sich aktiv an den Erörterungen zu beteiligen. Es gibt nun Tendenzen, dem Mangel an Repräsentativität dadurch entgegenzuwirken, dass man „möglichst viele“ zu beteiligen versucht. Das kann jedoch ein Irrweg sein. Er führt zu unnötig komplexen Verfahren und befördert zudem das Missverständnis, es ginge in den Erörterungen um Entscheidungen, die einer repräsentativ gewonnenen politischen Legitimation bedürften. In den Prozessen, von denen hier die Rede ist, geht es aber um Meinungsbildung, um die Steigerung der sachlich-fachlichen Legitimation. Diese besteht darin, dass möglichst alle relevanten Gesichtspunkte und Belange zusammengetragen und spätere politische Beschlüsse in gewählten Gremien bestmöglich vorbereitet werden. Nicht „alle Menschen“ müssen zusammen, sondern alle Gesichtspunkte zur Sprache kommen. Da einzelne Bürgerversammlungen dies nicht gewährleisten können, ist die Kommunikation zu differenzieren, indem man etwa auf unterschiedliche Akteure (die etwas zum in Rede stehenden Thema beizutragen haben) auf unterschiedlichen Wegen zugeht. Diese Formenvielfalt darf aber kein Selbstzweck sein, sondern muss sich aus der Aufgabe ergeben. (6) Vielfalt und Verschiedenheit schließen Einheitsverfahren aus: In einer Gesellschaft, die durch zunehmende „Diversität“ geprägt ist, haben viele Gruppen sehr verschiedene Bilder von und Bezüge zu dem Raum, in dem sie leben. Auch ihre Haltungen zu Beteiligungsangeboten divergieren stark. Wer die Vielfalt dieser Gesichtspunkte einfangen will, muss viele verschiedene Wege gehen. Solche Veränderungen von Arbeitsweisen, Rollenbildern und Kommunikationsformen benötigen viel Zeit. Langer Atem, Verlässlichkeit und Kontinuität sind zentrale Voraussetzungen dafür, dass der „Fortschritt geschieht“.
Hinweise Die Fundstelle für das titelgebende Zitat: Kafka, Franz : Er. Frankfurt am Main 1968, S. 200. Vieles, was hier nur angedeutet oder ausgelassen wurde, findet sich in: Selle, Klaus: Über Bürgerbeteiligung hinaus… Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe? Detmold 2013. Der Lehrstuhl Planungstheorie und Stadtentwicklung setzt sich in den Jahren 2015–2017 intensiv mit planungs- und projektbezogenen Kommunikationsprozessen auseinander, in die ein breites Spektrum von Akteuren gezielt und differenziert einbezogen werden. Für Hinweise auf interessante Fälle sind wir dankbar: [email protected]
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/ “Believing in progress does not mean believing that any progress has yet been made.” Comment on the future of civic participation. Kl au s S e l l e
There is an old image of civic participation: “city” and “public” facing one another as
homogeneous blocks. This image has long contradicted reality. Reality is more multifaceted, more multi-voiced. To do justice to the many, our understanding of plans and projects in cities is increasingly differentiated, becoming multifaceted and multi-voiced, too. The participation process for Gleisdreieck Park is an example of this. Does the model of participation field tested in the process for Gleisdreieck Park point to the future?
There has never been so much participation Written surveys, online forums, focus groups, tours, walks, explorations, direct contact with a wide range of stakeholders, involvement of youth groups with primarily migrant backgrounds, women’s breakfasts, men’s groups, informative meetings and discussion meetings, street festivals, topic-specific workshops with a variety of target groups, planning forums, online letters to the editor, project working groups, user advisory boards, on-site offices, consultation hours …and beyond that of course: coordination between and communication with a wide variety of public services, municipal enterprises, political committees and so forth, not to mention the involvement of a wide range of experts in the course of competitions, expert assessments, and the construction and early use processes. What is that? A participation process. More precisely: communication diverse in form and involving many stakeholders. Even more precisely: ten years of Gleisdreieck – reflected in an (incomplete) sequence of keywords. This multi-voiced communication about the Park of 1000 voices, as it is called in the Gleisdreieck brochure, extend/s/ed from the first planning considerations through structural-spatial implementation to the use phase. But it was already discussed beforehand. And particularly argued: about transport policy, ecology and urban greening. The idea of green tangent was proposed by citizens to counter the city-destroying highway plans of the early 1970s. It is thanks to the tenacious commitment of these citizens’ initiatives to their idea, continuous over three decades, that planning and consultation for a “Gleisdreieck Park” was able to begin at all in 2005. Almost inevitably, further discussion was
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Klaus Selle has been Professor for Planning Theory and Urban Development at RWTH Aachen University since 2001. One focal point of his research work is the communicative organisation of processes and the cooperative development of projects. Currently, Klaus Selle is, among other things, participating in urban development processes in Aachen, Bamberg and Bonn.
required: The initiatives’ visions evolved to ideas among other ideas. And the result is the product of seemingly never-ending, strenuous discussion of issues big and apparently tiny. What is that? A singular and special case? For Berlin in 2005: probably. For the republic generally: not likely. Rather, it is one of many examples of innovative participative practices that resulted from long-running conflicts. And it is one of the examples that much can be learnt from: about roles in multi-voice processes, on the question of who speaks for those interests, about the silence of large groups despite intensive communication services, about the “production of public interest in proceedings”, and lastly, on the question of whether, and if so, how urban development could be configured as a common task. Much has been done since 2005. Most obviously: Stuttgart 21. Following the conflict over the local station reconstruction, the pronouncement, “What happened in Stuttgart will not happen here” was repeated in many places. Whether based on this or on the realisation that citizen orientation should be a feature of local government politics and administration: Participation is at the top of many municipal agendas. Meanwhile “Representatives for Participation” have been installed in close to a hundred communities, in many places with locally agreed guidelines focused on future participation processes. The number of handbooks for good civic participation (online and printed) is almost unmanageable. In this diversity there are many similarities: Opening of the procedures should start early, they should be reliable and bound by transparent rules, finally there should be something that can be discussed with a prospect of success – and everything should be done discriminatingly, geared towards the various public spheres and stakeholders, multi-voiced and multifaceted. Processes such as the one around Gleisdreieck Park form examples for this, prototypes that are currently being developed into broader-based practices. In short: Never has there been so much participation. This applies to both the number of communities that face this challenge over and above the current statutory requirements, and the intensity and refinement of many participation processes.
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Is everything going well? Has the now over four-decades-long commitment to a dialogueoriented planning culture finally borne fruit? Yes and no. One thing is certain: The situation has changed. But it remains ambiguous and could develop in various directions. There are many possible versions of the future of participation instead of just one.
Different “futures”? One need not be a pessimist to see a lacklustre conclusion to the “participation hype” of today. A look at recent history is sufficient: There have been at least two major waves of participation in the last fifty years. The extensive programmatic commitments and enthusiasm they started with subsided after just a few years and led to “work-to-rule”, to disappointment, to a reversion to old roles – and to the old image of mistrustful and suspicious “camps” sizing one another up. There were many reasons, and some good ones, for that rollback: Too much was promised and too much was expected in the first place. Participation is no panacea; it is a tool to be used for different purposes. A few new procedures do not themselves lead to a revival of local democracy. Callously conducted meetings in which pent-up anger is then offloaded can be frightful for everyone involved. And when it becomes clear once again that all the arguments introduced are dropped in the evaluation process, then even the good-natured start to ask what they are really “participating” in. The expectations of some “participants” were also betrayed with the revelation that dissatisfactions and conflicts persist despite intensive effort. Indeed, serious confrontations and real, adverse effects cannot be simply “communicated away”. Significantly, too: Too much was demanded. Participation was an additional load for everyone. Integration as an intrinsic part of professional practice was achieved only rarely. Public administrative bodies, in particular, remained inwardly focused, and only opened to the municipal community intermittently, if at all. And not least: Participation remains socially selective. Particular groups and milieus were and are clearly, disproportionately represented, others regularly stay away. When the issues being discussed are of no particular concern to anyone – which is true of many planning issues – this is no problem, but in other cases, and in the sum total of opinion-forming processes, it increases social inequality. Added to these existing hazards are some new ones: “particitainment” for instance, the staging of complex processes that have no real substance or lasting effects. Lack of clarity in roles is another problem. It applies to all those involved in the process: Many active citizens seem to assume that their opinions and interests, expressed in the course of participation, will have some immediate influence on plans and projects. They overlook the fact that they are just one voice among many, that there are many other concerns and considerations, and that in most cases their elected representatives on the council (must) have the final say. But even political representatives are often ambiguous: clear decisions – against vocal groups (from their own potential electorate) for example – are difficult for them, and in many ways participatory democracy is still eyed with suspicion, as competition rather than as support for bringing their own opinions to broader public discussion.
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Last but not least, today the question of whether there can be “too much” participation must be considered. When for every expert plan, for every project participation is called for and all participants want to see their forums and conference rooms at capacity, the only result achieved and reinforced it that the “same people” will turn up everywhere – and after a while only those. And it is not just public figures chasing after recognition for their activities. People are summoned everywhere to express opinions, comments, votes, conduct themselves and make decisions... In this, some see escape tendencies: a retreat to individual worlds, the desire for things to be regulated, a longing for “new leadership”. An argument against the pessimistic prognosis of the new wave of participation sooner or later collapsing on itself is that urban society today is different from what it was four decades ago. While during the 1970s many people were socialised in an authoritarian state, there are now enthusiastic and articulate groups who, accustomed to giving voice to their interests and making independent decisions on issues, are no longer prepared to acquiesce in policies “dispensed from above”. Whenever there is discussion about participation, particularly in middle class cities, the refrain “nothing works without it now” is heard from all sides. The possibilities introduced by instruments of direct democracy shift the local balance of power in favour of groups with an affinity for participation. This is a countering of the “rollback scenario”, and it is – for all those not trapped in the old way of thinking (“citizens” against “city”) – an incentive to make local politics and planning so open and dialogue-orientated from the outset that the use of public petitions and local referendums is rendered completely unnecessary. At the same time, it highlights the necessity to include, wherever it concerns them “participation-remote” groups, so that their viewpoints might be included, too. And as many private and public participants exert influence on city districts, neighbourhoods or squares, their involvement becomes ever more important. “Reckoning without one’s host”, unfortunately part of many participation processes in the past (replete with correspondingly frustrating outcomes), is best avoided these days. Thus a possible positive scenario emerges: The differentiated integration of a heterogeneous circle of participants in processes of opinion building whilst matters are still undecided becomes a matter of course. These dialogues are instituted early, are transparent and fair, and ensure all perspectives are taken into account for decisions. If this line of thinking is continued a further two or three steps, then not everything would have to be limited to just a few select procedures and special occasions, but could instead be an everyday reality – in a “citizen’s community”, in which transparency and dialogue orientations that seek to incorporate all perspectives are a matter of course. The paradox of such a vision: There ought to be much less (in the modern sense) “participation”. This has three reasons: The actions of all would be a priori focused on participation and require no special procedures, any necessary accompanying shift in the understanding of roles would be complete and – above all – trust in institutions, procedures and “rules” in local politics would have been regained. This is currently missing.
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This deficiency feeds so many blockages and escalations, which almost always lead to a further decrease in confidence. And every new attempt carries the burden of approaching each other in dialogue. It is this negative spiral that sometimes makes participation so difficult today. When this cycle is broken, or even reversed, the upsets dissipate and the additional efforts these communication processes demand are reduced. All easier said than done. In short: This progress has as yet, to pick up on the Kafka quote in the title, not happened. There are still some stones to be cleared away, but the next steps can be denominated now:
Prerequisites On what does the process depend? In response to this question, six short theses:
(1) Cultural change: The road to urban development as a community endeavour requires no new procedures. There are plenty of arrows in the quiver. Examples like the ten-year process around Gleisdreieck Park show that. Legislative changes are not sine qua non conditions either (although desirable in some areas, such as planning approval procedures). Cultural change is what is needed. It is important to uphold good communication standards with the broader public and in day-to-day urban development, and reliably adhere to them. (2) “Participation” taken seriously: The word is overused. Whoever describes an already-decreed project or “production of acceptance” as “participation” in advertising harms not only their own purposes. “Without open outcomes, no participation”. This principle must be taken seriously. Those who want to “only” inform should call it that and implement it properly. Good, that is, timely, complete and understandable information is always more positive for participation culture than empty promises. (3) “Civic participation begins in the mind of the decision maker”, political scientist Roland Roth once said, and he hits a sore spot, because the necessary changes in the minds of both the public and private decision makers have barely happened. One “lets” participate but individual expert behaviour is not changed. Which in this case would mean: making decisions transparent, comprehensible and grounded on prior public discussion. (4) It depends on the substance: “There is something that is worth talking about” – This means the open outcomes mentioned above. This “substance” of participation processes may refer to the “whether” a project should take place early on in the process, or later on the “how” of execution and implementation. However, it is essential that this substance matters to those meant to be consulted and involved.
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(5) The deciding factor is not the number of contributors, but the completeness of viewpoints. Often only tiny segments of the urban community feel sufficiently addressed and motivated by participation offers to become actively involved in discussions. There are now tendencies to counteract this with the effort to participate “as much as possible”, which may be a mistake. It leads to unnecessarily complex procedures and promotes the misunderstanding that decisions requiring a representatively gained political legitimacy are under discussion. But the focus of the processes spoken of here is opinion formation for increasing the objective-professional legitimation. Therein lie all possible perspectives and concerns brought together and the way to best prepare for future political decisions. It is not that “all people” should come together, but all viewpoints and concerns must come under discussion. Because individual citizen meetings cannot accomplish this, communication is to be differentiated by the various people involved (who have something to contribute to the discussion) and by the various ways of approaching them. This diversity in approach should arise out of the objective rather than being an end in itself. (6) Diversity and difference preclude uniformity in procedures: In a society characterised by increasing “diversity”, multiple groups have very different conceptions of and references to their living space. Attitudes towards invitations to participate also differ widely. To capture the diversity of these viewpoints, many different methods need to be employed. Such changes in working practices, roles and forms of communication need time. Stamina, reliability and continuity are thus key preconditions to ensure “progress happens”.
Notes Source for the title quote: Kafka, Franz, Er., Frankfurt am Main, 1968, p. 200 [Source for the translation: Kafka, Franz, The Blue Octavo Notebooks, ed. Max Brod, trans. by Ernst Kaiser and Eithne Wilkins, Cambridge, MA, 1991.] Much of what has only been hinted at here, or needed to be totally omitted, can be found in: Selle, Klaus, Über Bürgerbeteiligung hinaus … Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe?, Detmold, 2013. In the years 2015-2017 the Faculty of Planning Theory and Urban Development is to be intensively concerned with planning and project communication processes with a broad spectrum of individuals targeted and included. We would be very grateful for details on any interesting cases: [email protected]
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/ Amazing Space Mehr als Partizipation — Entwurf und Teilhabe im Diskurs Ge sa K ö n i g s t e i n & Anne-Katrin Fenk
Einen städtischen Park zu entwerfen ist stets eine herausfordernde Aufgabe, da sich
im Park sowohl die ökologischen sowie kulturellen Logiken der Gegenwart und Zukunft zugleich abbilden. Ein Park ist somit immer ein komplexes Abbild des Diskurses zum Öffentlichen Raum. In ihm sind ebenso politische Strukturen wie mannigfache Alltagserfahrungen tief eingewoben. Klar ist, dass aktuell die Parameter für den Öffentlichen Raum sich in enormer Wandlung befinden und sich von einer ortsstabilen Figur hin zu sozialen Landschaften aufzulösen beginnen.1 Die öffentlichen Räume erfahren damit eine zunehmende Variabilität in einem globalisierten Stadtalltag, der unbeständiger und weniger historisch verankert ist als das, was wir in den vorangegangenen Jahren erfahren haben. Ferner beginnen diese Orte zunehmend Durchgangsorte zu werden, die Träger von unterschiedlichen Funktionen und Beziehungen sind. Der Öffentliche Raum ist im Wandel und führt zu Unsicherheit(en) in den politischen Verfahren wie auch in den Raumdisziplinen. Der Entwurf zum Raum – zum Öffentlichen Raum – ist in einer diskursiven Krise, der, so macht es den Anschein, einen Ausweg über Partizipation finden soll. Das partizipative Zeitalter beginnt, zugespitzt betrachtet, mit der Krise der Raumdisziplinen. Aktuell ist zu beobachten, dass Formen von Beteiligung in Planungsverfahren zunehmend reflexartig aufgerufen werden. Ordentlich und beflissentlich, entsprechend der rechtlichen Rahmenbedingungen, erscheinen partizipative Verfahren fast alltäglich. Gerade die repetitive Verwendung von Partizipation verdeutlicht einen eher zunehmenden administrativen und institutionalisierten Charakter als demokratische Teilhabe. Immer öfter ähnelt Beteiligung „performativen Aufführungen“2 der Bevölkerung. Parallel dazu ist zu beobachten, dass das bürgerliche Engagement3 ebenfalls seit Jahren wächst, sodass generell eine quantitative Zunahme von partizipativen Momenten zu beobachten ist – schnelllebig und wiederholend. Weniger eindeutig zu verifizieren ist jedoch der qualitative Charakter sowie der tatsächliche Zugang zu Teilhabe an Stadt. Insbesondere bei der Verhandlung von Öffentlichen Räumen erinnern daher die Verfahren zunehmend an eine Kippfigur unterschiedlicher Partikularinteressen. Grundsätzlich besteht die Gefahr eines einmaligen Abdrucks einer kleinen Gruppe aus informierten Bürgern, der sich dauerhaft
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Anne-Katrin Fenk ist Urban Designerin und Mitbegründerin des MOD Institutes Bangalore/ Berlin. Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Berlin und leitete einige internationale Forschungsund Open-Space-Plattformen zum Thema Stadtentwicklung. Zudem kuratierte sie mehrere Ausstellungen über Stadtplanung in Indien. Gesa Königstein ist freischaffende Landschaftsarchitektin, arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Berlin und lehrt seit 2012 an der Münster School of Architecture. Ihre aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen auf prozessorientierten Planungs- und Entwurfsstrategien im städtebaulich-freiraumplanerischen Kontext. Seit 2010 arbeiten Königstein und Fenk kontinuierlich in unterschiedlichen Formaten zusammen.
in die öffentlichen Stadträume von morgen einflechten wird. Die Frage, was die aktuellen Verfahren über Stadt und ihre Stadtgesellschaft generell verraten, stellt sich daher unweigerlich: Wenn wir von dem Öffentlichen Raum sprechen, meinen wir dann noch immer jenen Raum, der als Ort des Aushandelns dem politischen Raum und damit Stadt entspricht, oder aber betrachten wir ausschließlich durchdeklinierte Räume, konstituiert und generiert über bürgerliches Abwinken? Diesem Sachverhalt folgend muss geklärt werden, ob wir, wenn wir von Partizipation sprechen, noch von politischer Teilhabe und Stadtproduktion oder nur von neuen Organisationsformen, von Evaluation und Selbstverwaltung ausgehen?
Partizipation – formelle und informelle Parameter im Entwurf Wettbewerbsverfahren zum Öffentlichen Raum haben Schlüsselfunktion zum Thema Partizipation – ein Fakt, der nur selten zur Diskussion steht. Ein kritischer Diskurs über deren Logik und Transparenz ist daher zwingend für die Entwurfsdisziplinen. Insbesondere der Zugang von unten4 muss neu verhandelt werden, da Anlass und Dynamiken von Teilhabe andersartig sind als die Systeme, die uns administrativ begegnen. Die Frage, die dem zugrunde liegt, ist, ob Verfahren, welche „von oben herab genehmigte Öffnung der Entscheidungsprozesse“5 verfolgen, überhaupt Partizipation als „individuelle Zugangsstrategie“6 ermöglichen können. Schaut man auf die aktuellen Verfahren, kommen durchaus Zweifel auf. Demzufolge ist es notwendig und ebenso unabdingbar, den zeitgenössischen Entwurf über den Diskurs zu Partizipation neu zu denken. Konkreter: den zunehmend statischen Momenten und Eigenlogik von Beteiligungsverfahren in Form von Wünsch-dir-was-Listen und Bitte-ankreuzen-Katalogen wieder Formen aktiver Stadtproduktion entgegenzusetzen. Insbesondere der Öffentliche Raum, welcher Ort des Aushandelns unterschiedlicher Akteure ist – und damit im eigentlichen Sinne den politischen Stadtraum darstellt –, bedarf
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daher progressiverer Entwurfsansätze, als sie aktuell vorliegen, d.h. der Entwerfer muss Aktion und Handlung derart neu interpretieren und gestalten, dass Interaktion und Kommunikation im Öffentlichen Raum sich zu jedem Zeitpunkt ausbilden können. Dies setzt jedoch eine andere Entwurfshaltung des Entwerfers voraus als aktuell zu beobachten ist: kein redundantes Entwerfen, sondern eine kritische Raumpraxis, die neue Konditionen für Teilhabe und Kollaborationen7 mit unterschiedlichen Akteuren zulässt und in der Folge eine andere Stadt von morgen „transaktiviert“.8
Offener Entwurf Grundlegend hierfür ist ein spezifisches Verständnis von Stadt als ein offenes System von Stadtlandschaften. Dies bedeutet eine verwaltungsmäßige Öffnung von urbanistischen Kontroll- und Optimierungsvorstellungen und das Verwerfen eines einzigen Leitbildes im Entwurf.9 Unprogrammierte Gemeinschaften (in Selbstverwaltung) und das Zusammenbringen von unterschiedlichen Menschen10 werden künftig stärker zu berücksichtigen sein. Raum, Partizipation und das räumliche Wirken beider in der Stadt müssen neu gedacht und erlernt werden. Die Offene Stadt ist dabei die moderne Stadt von heute, die trotz ihrer globalen Einschreibungen allen zugänglich ist und permanent Handlungswissen produziert und konstituiert. Stadt definiert sich als ein Ort der Konzentrationen und Intensitäten11 , die sich sowohl räumlich wie inhaltlich über Prozesse in den Stadtraum einschreiben. Demnach ist Stadt als eine fortwährende dynamische Figur stetiger Veränderung zu verstehen, welche Aktion und Entwurfsfeldforschung zugleich einfordert. Spannend ist, dass im Gegensatz zu der oftmals in der Praxis der Entwurfsdisziplinen vertretenen Ansicht, Partizipationsverfahren könnten Entwurfsprozesse sowie die kreative Freiheit des Entwerfers einschränken, der Entwurf über die Aktion und das öffentliche Feld wieder Denk- und Handlungsraum12 wird. Folglich macht die Auseinandersetzung mit Partizipation deutlich, dass der Diskurs nicht nur auf der Verfahrens-, sondern insbesondere auch auf der Entwurfsebene neu gestaltet werden muss. Neue Entwurfsansätze sowie neue Räume müssen sich im Spannungsfeld von Wie viel muss und wie viel darf entworfen werden? bewegen. Diese Räume sind zugleich Mittler Offener Landschaften und urbaner Felder im dialektischen Verhältnis von Strategie und Taktik.13 Daraus resultieren Ansätze, die zum einen räumlich pragmatisch sind und zum anderen Morphologien und Neuorganisationen für sich stetig ändernde Bedingungen anbieten. Der Entwurf muss insofern so gestaltet und formuliert werden, dass die entworfenen Räume planvoll offen bleiben. Der Entwerfer betritt somit ein ihm unbekanntes Terrain von Taktiken im Raum, worin er mehr und mehr der Figur eines Spielers14 gleicht, der möchte, dass etwas passiert. Er gibt freilich Aktion im Raum vor, unterlässt aber die Manifestierung eindeutiger Inhalte und Formate. An dieser Stelle ist Entwerfen zugleich Teilhaben: Provozieren, Aktivieren und Beschleunigen. Der Entwerfer öffnet so den zuvor determinierten Raum hin zu einem Vorhaben. Dies gleicht einem aleatorischen Feld, welches „…stets ein spezifisches Feld [ist] und bietet mehr (und weniger) als die abstrakte Freiheit bloßer Neutralität. […] Als Ersatz für die Idee einer abstrakten Offenheit oder einer passiven Flexibilität bietet sich der Gedanke der Lockerheit als aktive Kraft an. Lockerheit verlangt eine produktive Ungenauigkeit, die nicht immer mit Flexibilität gleichzusetzen ist.“15 Diese anderen Räume sind
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die Urbanen Testfelder von morgen. Dem formalen und programmatischen Entwerfen wird folglich eine klare Absage erteilt sowie gleichzeitig die Tragfähigkeit der Räume, die so entworfen sind, angezweifelt. Um der sogenannten Formalismusfalle zu entkommen, bedarf es daher einer Neu-Orientierung des Entwurfes von Öffentlichem Raum respektive des Freiraumentwurfes.
Stadtproduzenten Der Freiraum muss künftig getragen werden von mehreren Ebenen der Verantwortung und unterschiedlichen Akteuren, die unhierarchisch in Aktion treten und so als MultiAutoren agieren. Sicher ist, dass dies zu neuen Formen der Ko-Produktion führen wird, die ungenauer sind als das, was wir gelernt haben, und eine unmittelbarere und weniger formalisierte Form der Teilhabe ermöglichen und somit auch jene adressieren, die sich von den herkömmlichen Partizipationsformen nicht angesprochen fühlen. Diese Tatsache bedeutet jedoch kein Outsourcen der entwurflichen Verantwortung, sondern fordert eine Architektur der Relationen, welche Handlung und Interaktion provoziert. Es verlangt zuvorderst entwerferische Kühnheit und neue Kommunikationsmethoden, damit das Unberechenbare und das Performative ebenso Teil des Entwerfens werden kann wie Experiment und Subversion. Im Mittelpunkt steht hierbei die Frage, was ein (entworfener) Ort verhandelt und weniger, was er formal darstellt. Erst dadurch wird der Öffentliche Raum wieder zu einer Plattform von Vernetzungs- und Austauschkultur und damit ein politischer Stadtraum.
Epilog Die Suchbewegung im Öffentlichen Raum ähnelt der Suchbewegung im Entwurf. Dessen sollte man sich als Entwerfer stets bewusst sein und dies nicht als Limitation, sondern als befreiendes und ermutigendes Moment begreifen. Kühnheit und Radikalität im Entwurf kann und wird Stadt produzieren mit all ihren Unzulänglichkeiten und mit all ihren großartigen Momenten! Partizipation ist auch eine Entwurfsaufgabe und muss als solche verstanden werden. Erst dann entstehen Freiräume, welche nicht nur in der Gegenwart verankert sind, sondern auch politische Kultur und demokratischen Raum darstellen.
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What if …? Ausschreibungen und Verfahren müssen zukünftig explizit produktive Unschärfe16 als Ziel nennen. Beteiligungsverfahren sollten ebenso wie der Entwurfsprozess um innovative Methoden erweitert werden. In die Zukunft geschaut: Entwerfer, welche ihre Zelte für 24 Stunden auf den Orten aufstellen, die sie entwerfen, interdisziplinäre Teams aus Experten und urbanen Amateuren sowie Entwurfsfeldforschung werden zugleich Entwurf und Teilhabe ausdrücken ebenso wie die kreative Geste des Planers. Vieles diesbezüglich ist nicht nur denk-, sondern auch machbar. Landschaftsarchitektur und Freiraumplanung wird hier eine zukunftsweisende Rolle zukommen, da sie nicht nur die Disziplin von Grün und Gut darstellt, sondern jene, die vor allem den Öffentlichen Raum adressiert und damit stets eine politische Dimension im Entwurf anspricht.
1
„Die Entkopplung von Ort und Gemeinschaft.“ In: Ahrens, Daniela: Grenzen der Enträumlichung: Weltstädte, Cyberspace und transnationale Räume in der globalisierten Moderne. Opladen 2001, S. 157–161.
2
Krasny, Elke: Stadt der gemeinsamen Güter. Vortrag Nospolis-Symposium am 7. Februar 2014, Wuppertal. Persönliche Mitschrift.
3
Vgl. „Die politisch-administrative Struktur der Stadt.“ In: Häußermann, Hartmut, Läpple, Dieter, Siebel, Walter: Stadtpolitik. Frankfurt/M. 2008, S. 332–336.
4
Vgl. Miessen, Markus: Albtraum Partizipation. Berlin 2012, S. 10.
5 Ebd. 6 Ebd. 7
Vgl. Miessen, Markus: Albtraum Partizipation. Berlin 2012.
8
Friedmann, John: Retracking America: A Theory of Transactive Planning. New York 1973.
9
Sennett, Richard: The Open City, Urban Age. Housing and Urban Neighbourhoods. LSE, Berlin. November 2006.
10 Rieniets, Tim: „Dimension: Introduction to Part One.“ In: Rieniets, Tim, Sigler, Jennifer, Christiaanse, Kees: Open City: Designing Coexistence. Katalog der Vierten Architecture Biennale Rotterdam, Amsterdam 2009. 11
Vgl. Cedric Price: „I don’t use the word “cities“ anymore, now I use “concentrates“. [...] “Concentrates“ implies mixture and differing degrees of intensity, like adding sugar to water“. In: Obrist, Hans Ulrich und Price, Cedric: In Conversation The Conversation Series 21. Hans Ulrich Obrist and Cedric Price. Köln 2010, S. 136.
12
„ein entwurf ist das komplexeste gebilde geistiger tätigkeit. ein entwurf ist gleichzeitig analytisch und synthetisch, punktuell und allgemein, konkret und prinzipiell. er hält sich an die sache und an forderungen, er greift auf fakten zurück und öffnet neue denkräume. er zählt die erbsen und reißt perspektiven auf. er berechnet und eröffnet landschaften der möglichkeiten. [...] der entwurf ist das erzeugen von welt…“ zitiert aus Aicher, Otl: die welt als entwurf. In: Ders.: analog und digital: schriften zur philosophie des machens. Berlin 1991, S. 196.
13
Michel de Certeau beschreibt das Strategische als das Berechnende und Kontrollierte, welches Ordnungen und Kodizes produziert und somit dem klassischen Top-down-Mechanismus entspricht. Das Taktische hingegen spiegelt das Unvorhersehbare, Unkontrollierbare und Subversive wider, welches von unten nach oben Aneignungsprozesse ermöglicht und weder an die Etablierung eines Ortes noch einer fixen Zeit gebunden ist, sondern an einen „geschickten Gebrauch der Zeit“. Vgl. de Certeau, Michel: Die Kunst des Handelns., (aus dem Französischen von R.Voullié), Berlin 1988, S. 23, 87–92.
14
„Spielen ist die bewußte zeitweilige Lockerung von Regeln, die es gestattet, die Möglichkeiten alternativer Regeln zu erkunden [...] Spielen gestattet Experimentieren.“ March, James G. & Olen, Johan P.: Amibiguity and Choice in Organizations. Zitiert nach Schumacher, Patrik: Wirtschaft, Forschung, Architektur. Projekte des Design Research Lab. In: Daidalos 69/70, Berlin 1998, S. 42.
15 Schumacher, Patrik 1998, S. 43. 16 „Im Gegensatz zum Ort gibt es also weder eine Eindeutigkeit noch die Stabilität von etwas ,Eigenem‘. Insgesamt ist der Raum ein Ort, mit dem man etwas macht.“ Zit. de Certeau, Michel, S. 218.
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/ Amazing Space More than Participation — A Question of Design, Authorship and Public Realm G e s a K ö n i g s t e in & Anne-Katrin Fenk
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ue to the fact that a park simultaneously mirrors the ecological as well as the cultural logics of both the present and the future, designing the urban park is always a demanding task. It follows that this always makes a park a complex representation of the discourse on public space. Political structures and manifold everyday experiences are equally deeply woven into it. It is evident that currently the parameters for public space are undergoing an enormous transformation, and that what was once a locally stable figure is in the process of beginning to dissolve into becoming social landscape.1 Thereby public spaces are experiencing a growing variability within globalised everyday urban life, more impermanent and less historically incorporated than those which we have become accustomed to from the past. Moreover these locations are increasingly becoming transit spaces that are the medium for different functions and relationships. Public space is in a state of flux, leading to uncertainties in both the political procedures and in the spatial disciplines. The designing of space – of public space – is in discursive crisis, the way forward being, or so it would appear, via participation. Seen in pointed terms, the participative age begins with the crisis of the spatial disciplines. What can be currently observed is that participatory forms in planning processes are increasingly invoked in a reflexive manner. Orderly and assiduous, in conformity with the legal framework, participative procedures seem to be almost a commonplace. It is precisely this monotonous invoking of participation that illustrates a tendency towards an increasing administrative and institutionalised character and away from democratic stakeholding. More and more often involvement resembles a “performative re-enactment”2 of the general public. At the same time it is noticeable that civic commitment3 has similarly grown in the recent past to the extent that there has been an evident quantitative increase of participatory moments – short-lived and repetitive in character. What is less clearly verifiable, however, is the qualitative character and the real degree of access to participation in the city. As a result, and in particular in the negotiation of public spaces, the processes increasingly resemble a reversible image of various vested interests. In principle the risk that arises is that a small group composed of informed citizens create a one-off imprint of their interests, and that these groups permanently nest themselves within tomorrows’ urban space. What inevitably follows is the question as to what current procedures therefore reveal about the city and urban society in general. In other words, when we talk of public space are we still referring to that space that corresponds to the
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location where political space is negotiated, and therefore to the city, or is what we are considering in fact exclusively spaces that have already been fully elaborated, that have been constructed and generated through civic disinterest? Given these circumstances, the question then arises when speaking of participation of whether the underlying assumption is one of political involvement and city production, or is merely one of new organisational forms, evaluation and self-management.
Participation – formal and informal design parameters Competition procedures for public space would appear to play a key role in the topic of participation. Nevertheless this factor is in fact seldom subject to discussion, meaning that a critical discourse concerning logic and transparency is sorely missing from the design disciplines. In particular, due to the fact that the reasons for and dynamics of participation vary from the systems we administratively encounter, the aspect of access from below 4 has to be re-negotiated. The basic question is whether the procedures designed in terms of “von oben herab genehmigte Öffnung der Entscheidungsprozesse” (top-down sanctioned opening of decision processes)5 can indeed enable participation as an “individuelle Zugangsstrategie” (individual access strategy).6 A glance at the current processes would certainly call this into doubt. Therefore it is necessary and all the more imperative to rethink contemporary design via the participation discourse. More precisely, what is required is to counter the increasingly static moments and inherent logic of participatory processes in the form of wish lists and cross-as-required catalogues by re-introducing forms of active city production. Therefore public space in particular, which is the location of the negotiation between various different actors – and therefore represents political city-space in the real sense of the word – requires more progressive design approaches than those currently in effect. This entails a new reinterpretation and fashioning of action and activity on the part of the designer so as to enable interaction and communication in public space to emerge as and when in occurs. This, however, presupposes a different design approach amongst designers than the one that is currently evident, or in other words a jettisoning of redundant designing in favour of critical spatial practices that permit new conditions for involvement and collaborations7 with various different stakeholders, and as a result “transactivates”8 an alternative city of tomorrow.
Open design The basis for this is a specific understanding of the city as an open system of urban landscapes. This means an administrative loosening of the ideas of urbanistic control and optimisation and the relinquishment of a single model of design.9 The future will see greater allowances for un-programmed communities (maintained by self-management) and the bringing together of diverse groups and individuals.10 Space, participation, and the spatial effects of both factors in the city have to be re-thought and re-learnt. The open city is thereby in fact a form of today’s modern city, but which despite its global inscriptions is accessible to all and produces and constitutes action know-how
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permanently. The city defines itself as a location of concentrates and intensities,11 inscribing itself in urban space both spatially and in terms of content via processes. Thus the city is to be understood as a perpetually dynamic figure of continuous transformation, simultaneously calling for action and for design field study. The fascinating aspect in this – and contrary to the view commonly held by those practising the design discipline that participatory processes potentially act as a constraint on the design process and the creative freedom of the designer – is that in fact through action and the public arena design can once again offer scope for thought and activity.12 As a consequence the discussion about participation clearly demonstrates that the discourse has to be reconfigured, not merely at the procedural level but in particular also at the design level. New design approaches and spaces have to be formulated within the interplay of how much must and how much may be subject to design? These spaces simultaneously constitute an intermediary of open landscapes and urban fields in a dialectic relationship between strategy and tactics.13 On the one hand the approaches that result are spatially pragmatic, and on the other they afford morphologies and new arrangements for continually altering circumstances. To this extent the design has to be sufficiently freely structured and formulated so that the designed spaces remain systematically open. Therefore the designers are entering what is for them the uncharted territory of spatial tactics, where they themselves ever more resemble the figure of a player14 driven by the desire for something to happen. They of course predetermine action within space, but they nevertheless leave the manifestation of particular contents and formats aside. At this point design is simultaneously participation in the sense of provocation, activation and acceleration. By this means the designer opens the previously determined space up to become intention. This is equivalent to an aleatoric field that is ”…stets ein spezifisches Feld [ist] und bietet mehr (und weniger) als die abstrakte Freiheit bloßer Neutralität. […] Als Ersatz für die Idee einer abstrakten Offenheit oder einer passiven Flexibilität bietet sich der Gedanke der Lockerheit als aktive Kraft an. Lockerheit verlangt eine produktive Ungenauigkeit, die nicht immer mit Flexibilität gleichzusetzen ist.“ (... always a specific field and provides more (and less) than the abstract freedom of simple neutrality. […] As a substitute for the idea of an abstract openness or a passive flexibility, the active force that presents itself is the notion of looseness. Looseness demands a productive imprecision that is not always to be equated with flexibility.)15 These other spaces are the urban testing grounds of tomorrow. This involves a clear rejection of formal and programmatic design, as well as simultaneously questioning the sustainability of the spaces that result from such approaches. In order to thereby avoid the so-called formalism pit-fall requires a re-orientation in the design of public spaces, or lies rather in public open spaces respectively design.
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City production In the future public open space must be borne by multiple levels of responsibility and various different actors who become active in a non-hierarchical manner so as to operate as multi-authors. What is certain is that this will result in new forms of co-production that are more imprecise than those which we have previously been taught. This will enable a more direct and less formalistic form of participation, thereby addressing those who feel less attracted to customary forms of participation. This fact, however, by no means signifies an out-sourcing of the design remit, but rather involves encouraging an architecture of relations that provokes action and interaction. First and foremost this requires boldness in design and new methods of communications so as to allow the unpredictable and the performative to become equal elements of the design in the form of experimentation and subversion. The central question in this respect is less what a (designed) location formally represents, and more what it negotiates. Via this boldness, public space regains its status as a platform for a culture of cross-linkages and exchanges, and thus becomes political urban space.
Epilogue The exploratory movement in public space is similar to the exploratory search in design. Designers should be continuously aware of this, and should grasp it not as a constraint but as a liberating and emboldening moment. Boldness and radicalness in design can and will produce the city, with all its deficiencies and with all its admirable moments! Participation is a design remit, and has to be understood as such. Only then can public open spaces arise that are not merely anchored in the contemporary world but also represent political culture and democratic scope.
What if…? Future tendering and procedures must explicitly determine that productive imprecision16 becomes an aim. In equal measure both the design process and the participatory procedures should be broadened by innovative methods. Lastly, a glimpse of the future: Designers who put up their tents for 24 hours in the locations they are designing, inter-disciplinary teams of experts and urban amateurs along with design field studies will give expression to both design and participation as much as to the creative gesture of the planner. Much of what relates to this is not only conceivable but realisable. This is where landscape architecture and open space planning are invested with a future-orientated role, representing not merely the discipline of the green and the good, but above all those to whom public space is addressed, and thereby always voices the political dimension in design.
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Anne-Katrin Fenk is an urban designer and co-founder of the MOD Institutes in Bangalore/Berlin. She worked as an assistant professor at Technische Universität Berlin, managed several international research and open space platforms on urban development and curated several exhibitions on urban design in India. Gesa Königstein is a registered landscape architect. She worked as an assistant professor at Technische Universität Berlin and since 2012 has taught at Münster School of Architecture. Her current research focuses on process-oriented planning and design strategies in the context of urban and open space development. Since 2010 Königstein and Fenk have worked together continuously in different formats.
1
Cf. “Die Entkopplung von Ort und Gemeinschaft” in Ahrens, Daniela, Grenzen der Enträumlichung: Weltstädte, Cyberspace und transnationale Räume in der globalisierten Moderne, Opladen, 2001, pp. 157–161.
2
Krasny, Elke, “Stadt der Gemeinsamen Güter”, lecture before the Nospolis Symposium in Wuppertal, 7 February 2014, private transcript.
3
Cf. “Die politisch-administrative Struktur der Stadt” in Häußermann, Hartmut, Läpple, Dieter and Siebel, Walter, Stadtpolitik, Frankfurt am Main, 2008, pp. 332–336.
4
Cf. Miessen, Markus, Albtraum Partizipation., Berlin, 2012, p. 10.
5 Ibid. 6 Ibid. 7
Cf. Miessen, Markus, Albtraum Partizipation., Berlin, 2012.
8
Friedmann, John, Retracking America: A Theory of Transactive Planning, New York, 1973.
9
Sennett, Richard, “The Open City: Housing and Urban Neighbourhoods”, Urban Age, November 2006.
10 Rieniets, Tim, “Dimensions: Introduction to Part One” in Rieniets, Tim, Siegler, Jennifer and Christiaanse, Kees (eds), Open City: Designing Coexistence, catalogue of the Fourth Architecture Biennale Rotterdam, Amsterdam, 2009. 11
Cf. “I don’t use the word "cities" anymore, now I use "concentrates". [...] "Concentrates" implies mixture and differing degrees of intensity, like adding sugar to water.”, Cedric Price in Obrist, Hans Ulrich (ed.), The Conversation Series, vol. 21, Hans Ulrich Obrist and Cedric Price, Cologne, 2010, p. 136.
12
“a design is the most complex form of intellectual activity. a design is simultaneously analytical and synthetic, localised and general, concrete and a matter of principle. it adheres to the case in hand and to requirements, it resorts to facts and opens up new spheres of thought. it counts beans and tears open perspectives. it computes and opens up landscapes of possibilities. [...] the design is the creation of world.”, Aicher, Otl, “die welt als entwurf” in Aicher, Otl, analog und digital: schriften zur philosophie des machens, Berlin, 1991, p. 196.
13
Michel de Certeau describes the strategic as that which is calculated and controlled that produces systems and codexes, and thereby corresponds to the classic top-down mechanism. The tactical on the other hand reflects the unforeseeable, the uncontrollable and the subversive that are facilitated by bottom-up appropriation processes, and that is bound neither to the establishment of a location nor to a fixed time, but rather to a “skillful use of time”. Cf. Michel de Certeau, Die Kunst des Handelns, transl. by R.Voullié, Berlin, 1988, pp. 87–92 and 23.
14 “Playing is the conscious temporary loosening of rules that permits the exploration of the potentials of alternative rules. [...] Playing permits experimentation.”, March, James G. & Olen, Johan P. Amibiguity and Choice in Organizations. quoted in Schumacher, Patrik, Wirtschaft, Forschung, Architektur: Projekte des Design Research Lab in Daidalos vol. 69/70, 1998, p. 42. 15 Schumacher, Patrik 1998, p. 43. 16 “Therefore in contrast to locations there is neither an unambiguousness nor the stability of something “of one’s own”. Taken as a whole space is a location that one does something with.” de Certeau, p. 218.
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/ Unter Beobachtung Eine Halbzeitbilanz des Parks am Gleisdreieck Uw e R a d a
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ie bewertet man einen Park? Ist das wichtigste Kriterium die Beliebtheit, also die Zahl der Nutzer? Ist es der Freizeitwert, die Vielzahl an Möglichkeiten also, die sich bieten? Oder geht es gar um soziale Mischung, die sich unter den Besuchern abbildet, mithin also um Teilhabe? Egal, für welches Kriterium man sich am Ende entscheidet, der Berliner Park am Gleisdreieck würde immer ganz vorne mitmischen. Selbst an kalten Wintertagen tummeln sich in den drei Parkteilen Westpark, Ostpark und Flaschenhalspark Spaziergänger, Radfahrer, Skater, Müßiggänger. Alles ist hier möglich, alle sind da. Eltern lassen ihre Kinder auf dem Spielplatz balgen, sie kommen aus Mittelschichtskreuzberg ebenso wie aus dem abstiegsbedrohten Schöneberger Norden. Populär ist der jüngste Park Berlins, vielseitig, und er kennt kaum soziale Schranken, scheint es. Eine glatte Eins also. Felix Schwarz vom Atelier Loidl, der Projektleiter des Parks, jubelte in einem Interview mit der taz einmal: „So einen Park bauen zu dürfen, ist Wahnsinn.“ Und dennoch beschleicht mich da dieses Gefühl von Misstrauen. Ist das alles nicht zu geleckt, eher ein Bild aus dem Handbuch der Stadtplaner als eines mitten aus der Berliner Wirklichkeit? Warum wirkt hier alles so abgezirkelt, geordnet, zoniert? Selbst die „Wildnis“ zwischen den zahlreichen Gleisen, die ins Nirgendwo führen, hält sich an ihre Grenzen. Und ist die Skyline, die an der Flottwellstraße in den Himmel gewachsen ist, wirklich aus Beton und Glas, oder hat sich da einer den mit Luxusbauten umfassten Central Park aus New York in eine Berliner Kulisse gewünscht? Dass man sich im Gleisdreieckpark nicht in einem Hochglanzprojekt befindet, spürt man einzig und allein an der Yorckstraße. Unter den gleichnamigen Brücken rauscht der Berliner Verkehr wie eh und je hindurch, und oben auf Parkhöhe sind die sechzehn Wohngebäude des Genossenschaftsprojekts Möckernstraße bis heute nicht über das Rohbaustadium hinausgekommen. Die Genossenschaft hat sich finanziell übernommen, der Bau wurde vorerst eingemottet. Der Berliner Alltag hat seinen Vorzeigepark eingeholt. Spricht man in Berlin über Parks, geht es meist um Konflikte. Der 14 Hektar große Görlitzer Park, weit und breit die einzige Grünfläche in den dicht besiedelten Quartieren Kreuzberg und Neukölln, hat inzwischen als Ort der Drogendealer Schlagzeilen gemacht. Am mit 380 Hektar großen Tempelhofer Feld mussten die Berliner erst einen Volksentscheid
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Uwe Rada ist Publizist und seit 1994 Redakteur für Stadtentwicklung der Tageszeitung taz. Seit 1999 liegt sein journalistischer Schwerpunkt auf Berlin, Polen und Osteuropa, denen er sich in zahlreichen Büchern gewidmet hat.
gewinnen, um eine Randbebauung abzuwenden. Der 210 Hektar umfassende Tiergarten schließlich hat nach dem Grillverbot 2012 viel an Publikumszuspruch eingebüßt. Ein ähnlich problematisches Schicksal haben viele auch dem Park am Gleisdreieck mit seiner Fläche von 26 Hektar vorausgesagt. Da ist zum einen die Entstehungsgeschichte mit den Investoren vom Potsdamer Platz. Nur weil diese den einst verkehrsreichsten Platz Europas zu 90 Prozent vollgebaut haben, kam es überhaupt zum neuen Park. Er ist eine „Ausgleichsmaßnahme“, zur Verfügung gestellt von Daimler und Sony; darüber hinaus hat sich die Vivico, der das ehemalige Bahngelände gehörte, ausbedungen, exponierte Teile des Parks als Baufelder zu vermarkten. Dazu gehört neben dem Gelände der Möckernkiez-Genossenschaft auch das Baufeld an der Flottwellstraße. Ein Park von Gnaden der Investoren – nicht gerade das, was sich Stadtplaner wünschen. Hinzu kommt das Verfahren. Lange vor dem Fall der Mauer war das Bahngelände, das einst zum Anhalter- und zum Potsdamer Bahnhof führte, für den Bau einer Autobahn vorgesehen. Als die Pläne aufgegeben wurden, kam der Gedanke eines Grünzugs auf. „Grüntangente statt Westtangente“, dieser Gedanke lag auch der Planung des Parks zugrunde, und natürlich wurde das Thema Bürgerbeteiligung großgeschrieben. Doch während die Initiativen möglichst viel vom wilden Zustand erhalten wollten, der sich in den Jahren der Teilung entwickelt hatte, lag die Priorität bei der landeseigenen Grün Berlin GmbH als Bauherrin und dem Atelier Loidl eindeutig beim Thema Nutzungsvielfalt. Das „Wilde“ wurde an den Rand gedrängt. Und dann war da noch die Gefahr einer neuen innerstädtischen Grenze zwischen dem wohlhabenden Kreuzberger Teil im Osten und dem armen Schöneberger Norden im Westen. „Hier Engagement, Initiative, Bürgerinitiativen, die alte Kreuzberger Mischung. Dort Passivität, Armut, Drogen, Prostitution, Problemquartier“, befürchtete der Autor dieser Zeilen in einem Beitrag für Garten und Landschaft 2009. „Das Szenario steht im Raum: In Kreuzberg erobert sich die Alternativszene Wäldchen und sogar den Rasen. In Schöneberg sind es die Dealer.“
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Zumindest Letzteres ist nicht eingetreten. Aber nicht etwa, weil die Gefahr nicht bestanden hätte. Nein, es ist der Riegel der „hochwertigen Bebauung“ an der Flottwellstraße, der die Gefahr einer Spaltung in Arm und Reich „erfolgreich“ verhinderte. Wie eine Mauer versperren die mehrgeschossigen Stadtvillen des Projekts „Flottwell Living“ die Sicht auf den Park für die Bewohner des Schöneberger Altbauquartiers zwischen Flottwellstraße und Potsdamer Straße. Zwar ist der Zugang zum Park jederzeit möglich, doch das „Zeichen“, das der schicke Riegel aussendet, verfehlt seine Wirkung nicht. Der Park, vermittelt er, ist zwar bunt und vielschichtig, aber nur, wenn man sich an die Regeln hält. Inzwischen strahlt die Flottwellstraße aber nicht nur in Richtung Park aus, sondern auch in die angrenzenden Straßen. In der Pohlstraße beispielsweise, hat unlängst Matthias Bauer beobachtet, vollzieht sich ein schleichender Wandel. „Inzwischen sind die meisten arabischen und türkischen Namen aus der Pohlstraße verschwunden“, schreibt Bauer, der im Quartiersrat des Quartiersmanagements Schöneberger Norden aktiv ist, im Gleisdreieck-Blog. Verdrängung aber gibt es auch rund um den Flaschenhals und den Westpark. So sind in der Hornstraße und auch in der Großgörschenstraße bereits viele Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt worden. Das letzte Wort über den neuen Berliner Vorzeigepark ist somit noch nicht gesprochen. Was zum Beispiel wird sein, wenn die Bewohner der Flottwell-Living-Häuser Mitte 2015 in ihre schicken Wohnungen gezogen sind? Werden sie dann die jungen Leute, die sich an den Tischtennisplatten im Park vergnügen, als störend empfinden? Was wiegt am Ende mehr: das Ruhebedürfnis der Bewohner oder die Freizeitnutzung in einem Park? Eine neue Frage, der sich Berlin stellen muss, denn noch nie sind Anwohner und Parknutzer so eng aufeinander getroffen wie am Gleisdreieck. Und was wird mit dem letzten Baufeld, das der Realisierung harrt? Wie wird sich der Bau von Bürohochhäusern auswirken, den die Markus Vogel GmbH unmittelbar am Bahnhof Gleisdreieck plant? Auf alte Bausubstanz wird jedenfalls wenig Rücksicht genommen, wie der Abriss des historischen Ringbahnviadukts zeigt. Wie bewertet man einen Park? Ein Kriterium sollte jedenfalls in Zukunft dazugehören: die Auswirkung auf die umliegenden Quartiere. Während die Konflikte am Görlitzer Park gezeigt haben, dass eine unerwünschte Parknutzung auch die Lebensqualität beeinträchtigen kann, zeigt sich am Tempelhofer Feld schon seit Langem, wie die angrenzenden Neuköllner Altbauquartiere aufgewertet werden. Rund um den Bilderbuchpark am Gleisdreieck könnte die Aufwertungs- und Verdrängungsbilanz noch negativer ausfallen. Die, die noch da sind, hindert das aber nicht, sich mitten ins Getümmel zu stürzen. Denn kein Park ist auch keine Lösung.
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Uwe Rada is a publicist and, since 1994, editor in charge for urban development at the daily newspaper taz. Since 1999 his focus as a journalist has been on Berlin, Poland and Eastern Europe, to which he has dedicated his writings, including numerous books.
/ Under surveillance A half-time assessment of Gleisdreieck Park Uw e R a d a
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ow do you evaluate a park? Is popularity the most important criterion, measured by the number of park users? Is it recreational value, the number of possibilities of use the park has to offer? Or is it the social mix of visitors, the potential for participation? In the end, regardless of which criterion is used, Gleisdreieck Park will always play in the premier league. Even on a cold winter’s days the three parts of the park, West Park, East Park and Flaschenhalspark (Bottleneck Park), are teeming with people walking, cycling, skating, or just simply hanging out. Everything seems possible, everyone seems to be there. Parents let their children scrimmage in the playground; they come from middle-class Kreuzberg as well as from the north of Schöneberg, which is less affluent. The youngest park in Berlin is popular, multifunctional and seems to have few social barriers. Top marks for the park, it would seem. In an interview with the daily newspaper taz, Felix Schwarz, Atelier Loidl project manager for the park once rejoiced: “So einen Park bauen zu dürfen, ist Wahnsinn.” (To be able to build such a park is fantastic.). All the same, from time to time a feeling of suspiciousness creeps up on me. Isn’t this all just too sparkling, more like a picture from an urban design handbook than something that could happen in the middle of Berlin’s reality? Why does everything in the park appear to be so precisely measured, ordered, and assigned to zones? Even the “wilderness” between the railway tracks that lead nowhere remains within its allocated boundaries. And is the skyline that has risen on Flottwellstrasse actually built from concrete and glass, or has somebody staged a New York Central Park with its extravagant surrounding buildings in a Berlin setting? That Gleisdreieck Park is not a shiny project from a glossy magazine is only perceptible at Yorckstrasse. Under the bridges the Berlin traffic is swooshing by as always, and above, on park level, the sixteen buildings of the cooperative housing estate Möckernstrasse have not actually made it past the structural works stage. The housing cooperative has overextended itself financially and construction has been stopped. Everyday life in Berlin has caught up with its showcase park.
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If you talk about parks in Berlin, you usually talk about conflicts. The 14 hectares of Görlitzer Park, the only public open space within the densely-populated neighbourhoods of Kreuzberg and Neukölln, has meanwhile made headlines as a drug trafficking spot. To prevent development around the 380 hectares of Tempelhofer Feld [former Tempelhof Airport] a public referendum had to be held. The Tiergarten, comprising 210 hectares, has lost a lot of its popularity since barbecuing was banned in 2012. A similarly problematic fate has been predicted by many for Gleisdreieck Park with its 26 hectares. On the one hand, there is its history with the investors of Potsdamer Platz. It was only because the once traffic-congested space was about ninety percent built up that a new urban park was even possible. It is a mitigation measure which has been provided by Daimler and Sony; moreover Vivico, the owner of the former railway area, has stipulated that it will put some exposed parts of the park on the market as development sites. As well as the area comprising the Möckernkiez cooperative, this also includes the construction site on Flottwellstrasse. A park by grace of the investors – not exactly the heart’s desire of urban planners. Additionally, there is the procedure. Long before the fall of the Wall the railway terrain which originally led to Anhalter- and Potsdamer Stations was earmarked for the construction of a motorway. When these plans were abandoned, the idea of building a green space was conceived. “Grüntangente statt Westtangente” (green bypass instead of western bypass) was the basic concept behind the design of the park, and of course civic participation played a crucial part in the process. But while citizens’ initiatives wanted to retain as much as possible of the wilderness that had developed during the years of divided Germany, the priority of Grün Berlin GmbH, as the commissioning client, and Atelier Loidl was clearly diversity of use. The wilderness was marginalised. And then there was the danger of creating a new inner city boundary between affluent Kreuzberg to the east and the poor north of Schöneberg to the west. “On the one hand, initiative, citizens’ initiatives, the old Kreuzberg mixture. On the other hand, indifference, poverty, drugs, prostitution, a troublesome neighbourhood.” These were the fears of the current author expressed in an article for the magazine Garten und Landschaft in 2009. “The following scenario hangs in the air: In Kreuzberg the alternative scene conquers copses or even the lawns. In Schöneberg, it is the drug dealers.” At least the latter has not actually occurred in Gleisdreieck Park. But not, perhaps, because there was never any danger of it. No, it is the line of prime buildings at Flottwellstrasse which successfully prevent the separation of rich and poor. Like a wall, the multi-storey city mansions of Flottwell Living obscure the view of the park for the
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residents of the period properties of Schöneberg between Flottwellstrasse and Potsdamer Strasse. Access to the park is indeed possible at any time, but the message sent by the posh buildings is clear. The park, it conveys, is varicoloured and multi-layered. But only if you follow the rules. In the meantime, Flottwellstrasse does not only radiate in the direction of the park, but also towards neighbouring streets like Pohlstrasse, where Matthias Bauer, who is active in the neighborhood council of the neighborhood management Schöneberger Norden, recently observed a silent change: “Inzwischen sind die meisten arabischen und türkischen Namen aus der Pohlstraße verschwunden.” (To date, most of the Arab or Turkish names have disappeared from Pohlstrasse.) he writes in the Gleisdreieck blog. This displacement has also happened around Bottleneck Park and West Park. Many of the flats in Hornstrasse and Grossgörschenstrasse have been converted from rental homes to freehold flats. All has not been said and done about the new showcase park in Berlin. What will happen when the residents of Flottwell Living have moved into their glamorous flats in mid-2015? Will they be bothered by the noise of the young people who play table tennis in the park? Which interests will triumph: the requests of the residents for peace and quiet or the recreational use of the park? This is a new question for Berlin to answer, since residents and park users have never before met at such close quarters. And what will be the fate of the final construction site waiting for realisation? What will the consequences be of the construction of the high-rise office buildings which Markus Vogel GmbH are planning to build near Gleisdreieck station? Up till now, little consideration for the existing fabric of buildings has been shown, as is clearly demonstrated by the demolition of the historic railway flyovers. How to you evaluate a park? At least one criterion should be added in the future – the impact on the surrounding neighbourhoods. Whilst conflicts in Görlitzer Park have shown that unwanted use of open spaces can impact on quality of life, Tempelhofer Feld has long demonstrated how the surrounding neighbourhoods of Neukölln have been revaluated. Around the showcase Gleisdreieck Park, the balance of revaluation and displacement might end up even more negative. Those still living there will nonetheless partake in the bustle of the park. Because the answer cannot be not to build a park.
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/ Auswahlbibliografie Selected Bibliography Literatur / Literature Augé, Marc: Nicht-Orte / C.H.Beck Verlag, München 2012 Böhme, Gernot: Architektur und Atmosphäre / Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2013 Bundesgartenschau Berlin 1995 GmbH in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Kreuzberg (Hg.): Dokumentation Gleisdreieck morgen. Sechs Ideen für einen Park / Berlin 1991 Hasse, Jürgen: Atmosphären der Stadt: Aufgespürte Räume /Jovis Verlag, Berlin 2012
Jirku, Almut: Das Glück liegt in der Wiese. Landschaftsplanerischer Wettbewerb Gleisdreieck entschieden / In: Stadt + Grün 55, H. 10, Hannover 2006, S. 7-12. Kowarik, Ingo: Naturschutz in der Innenstadt – Das Gelände des ehemaligen Potsdamer und Anhalter Güterbahnhofs / In: Berliner Naturschutzblätter, Berlin 1980, S. 631-636. Meyer-Renschhausen, Elisabeth: Asozialer Feudal-Park für das Gleisdreieck – Bürgerbeteiligung vollständig gescheitert / In: Der Rabe Ralf, Nr. 04/05, Berlin 2009, S. 16-17.
Jirku, Almut (Hg.): StadtGrün / Fraunhofer Verlag, Stuttgart 2013
Prösser, Claudius: Chillen zwischen ICE und Rhabarber / In: taz. die tageszeitung vom 2.07., Berlin 2013
Kasper, Heidi: Erlebnis Stadtpark. Nutzung und Wahrnehmung urbaner Grünräume / Springer VS, Dortmund 2012
Rada, Uwe: Die Mauer im Park / In: taz. die tageszeitung vom 21.1., Berlin 2009
Lesser, Ludwig: Volksparke heute und morgen / Rembrandt-Verlag, Berlin 1927
Rapp, Tobias: Flüsternde Bäume / In: Der Spiegel 14, Hamburg 2014, S. 114.
Mauruszat, Axel: 100 Jahre Hochbahnhof Gleisdreieck. / GVE-Verlag, Berlin 2012
Schröder, Thies; Thiele, Franziska: Bürgerbeteiligung zum Park auf dem Gleisdreieck / In: Garten + Landschaft H. 8, München 2006, S. 34-35.
Mende, Hans W.: Gleisdreieck. Ein Bahngelände in Berlin / Photographien von H. W. Mende. Verlag der Beeken, Berlin 1982
Schwarz, Felix; Lipp, Andreas: Ein Park für Alle / In: Garten + Landschaft, H. 1, München 2009, S. 34
Parkgenossenschaft Gleisdreieck i. G.: Trägerkonzept der Parkgenossenschaft Gleisdreieck / Berlin 2007
Uhrig, Nicole: Reset at Gleisdreieck in Berlin – From an inner-city wilderness to a metropolitan park. / In: Topos. European Landscape Magazine, H. 85, München 2013, S. 16-23.
Petrow, Constanze A.: Kritik zeitgenössischer Landschaftsarchitektur. Städtische Freiräume im öffentlichen Diskurs / Waxmann Verlag, Münster 2013 Rauterberg, Hanno: Wir sind die Stadt! Urbanes Leben in der Digitalmoderne / Suhrkamp Verlag, Berlin 2013 Roth, Joseph: „Bekenntnis zum Gleisdreieck“ Artikel aus der Frankfurter Zeitung vom 16. Juli 1924, In: Bienert, Michael (Hg.): Joseph Roth in Berlin. Ein Lesebuch für Spaziergänger. / KiWi Verlag, Köln 2010 Roth, Joseph: “Affirmation of the Triangular Railway Junction” In: Roth, Joseph: What I Saw. Reports from Berlin 1920-33 (translated with an introduction by Michael Hoffmann) / Granta Books, London 2003 Tessin, Wulf: Ästhetik des Angenehmen. Städtische Freiräume zwischen professioneller Ästhetik und Laiengeschmack / VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008 Wagin, Ben; Herbold, Astrid: Ben Wagin: Nenn mich nicht Künstler / Ch. Links Verlag, Berlin 2015 Weisshaar, Bertram (Hg.): Spaziergangswissenschaft in Praxis. Formate in Fortbewegung / Jovis Verlag, Berlin 2013
Yacoub, Susanne Isabel: Land-Art für Käfer und Bühnen für die Stadtgesellschaft. Der Westpark, zweiter Teil des Berliner Parks am Gleisdreieck / In: Garten + Landschaft, H. 9, München 2013, S. 16 - 21. Dokumente / Documents Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz: Entwicklungskonzept Gleisdreick / Berlin 1994 Stadtplus; ts redaktion: Auf geht’s zum Park Gleisdreieck – Bürger/ innen beteiligen sich an der Planung. Auftraggeberin: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung / Berlin 2005. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hg.): Park auf dem Gleisdreieck – Wettbewerbsdokumentation / Berlin 2007 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt: Handbuch zur Partizipation / Berlin 2011
Zischler, Hanns: Berlin ist zu groß für Berlin / Galiani Verlag, Berlin 2013
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Hg.): Der Park am Gleisdreieck. Idee, Geschichte, Entwicklung und Umsetzung / Berlin 2013
Artikel und Zeitschriften / Articles and Magazines
Unveröffentlicht / Unpublished
Arch+ 201/ 202: Berlin / Aachen 2011
Asmus, Ulrich: Vegetationskundliches Gutachten über den Potsdamer und Anhalter Güterbahnhof in Berlin. Gutachten im Auftrag des Senators für Bau und Wohnungswesen / Berlin 1980
Hier wird Troja begreiflich. Der Untergang der West-Berliner Technik-Landschaft ‘Gleisdreieck’ / In: Der Spiegel Nr. 45, Hamburg 1981, S. 250 – 262. Gallenmüller, Tanja: Weite Wiesen für eine grüne Pause /
In: Garten + Landschaft H. 8, München 2006, S. 36-39.
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DANKSAGUNG
/ Vielen Dank an Special Thanks to
Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau
Modellbau
STEIN GmbH
traditionell und modern seit 1912
ifb
frohloff staffa kühl ecker
Ingo Acker Lichtplanung | Kellner Spielgeräte | Steuerbüro Rockmann | Eberle / Trowe Versicherungsmakler I Eckart Hermann
Helmut Böttinger | Fabien Dumas | Nana Etessami | Bernd Joosten | Roland Kretschmer | Familie Lichtenstein | Familie Mameli | Helmut Mehnert | Sibylle Nägele und Joy Markert | Donata Wenders und die Wim Wenders Stiftung | Axel Zutz
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PARK AM GLEISDREIECK – DIE PLANUNGSBÜROS BREIMANN BRUUN SIMONS Breimann Bruun Simons Landscape Engineering GmbH (BBS), Berlin war als Nachunternehmer des Atelier LOIDL maßgeblich an der Realisierung aller Parkflächen des Gleisdreiecks beteiligt. Sämtliche Landschaftsbauleistungen wurden von BBS ausgeschrieben und in der Bauausführung überwacht. Durch unser besonderes Augenmerk auf die Ausführungsqualität und Detailgenauigkeit konnte der hohe Gestaltungsanspruch umgesetzt werden. Die terminliche Gesamtkoordination aller Bauleistungen und die termingerechte Fertigstellung wurden durch BBS sichergestellt. BBS wurde 2004 für die Realisierung der Bundesgartenschau Schwerin gegründet und hat in den vergangenen 10 Jahren diverse Großprojekte in Vietnam, in der HafenCity Hamburg (Überseequartier, HafenCityUniversität), in der Hamburger Innenstadt (Domplatz, Hohe Bleichen, Opernboulevard, Passagenviertel, Bildungszentrum Tor zur Welt) und in anderen Städten (HDI Gerling Zentrale Hannover, Stadtpromenade Eberswalde) erfolgreich realisiert. Die herausragende Kompetenz von BBS ist die Bearbeitung der Leistungsphasen 4-9 nach HOAI. BBS kann an beiden Bürostandorten in Berlin und Hamburg projektbezogen auf Mitarbeiter von Simons & Hinze Landschaftsarchitekten und Breimann & Bruun Landschaftsarchitekten zurückgreifen und ist dadurch extrem flexibel und leistungsstark.
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ATELIER LOIDL LANDSCHAFTSARCHITEKTEN Atelier LOIDL Landschaftsarchitekten wurde 1984 von Prof. Hans Loidl in Berlin gegründet und wird seit 2005 von den Gesellschaftern Leonard Grosch, Bernd Joosten, Lorenz Kehl und seit 2015 zusätzlich von Felix Schwarz geführt. An den Bürostandorten in Berlin und Nordrhein-Westfalen sind derzeit rund 25 Mitarbeiter beschäftigt. Zu den Arbeitsschwerpunkten gehören insbesondere objektplanerische und städtebauliche Bauvorhaben, deren Planung und Umsetzung in enger Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen entstehen. Das Atelier LOIDL versucht stets einfache und präzise Orte zu entwerfen. Dabei geht es nicht um vordergründige und aufgesetzte Effekte, mit denen wir in der heutigen Eventkultur vielfach überfrachtet werden. Benutzbare und alltagstaugliche Orte entfalten ihre Poesie aus Zeitlosigkeit und Einfachheit.
BPR BPR DR. SCHÄPERTÖNS+PARTNER, das sind über 80 IngenieurInnen, TechnikerInnen, ZeichnerInnen und administrative Kräfte. BPR wurde 2005 in München gegründet und ist heute in ganz Bayern sowie in Halle an der Saale vertreten. Büros der BPR Gruppe findet man überall in Deutschland, immer in der Nähe. BPR DR. SCHÄPERTÖNS+PARTNER plant und überwacht alles, was man für Mobilität baut: Straßen, Gleisanlagen, Brücken, Tunnel. BPR ist Tragwerksplaner oder kurz Statiker bei Gebäuden und Bauwerken. Und BPR übernimmt noch mehr Verantwortung als Generalplaner oder Projektmanager. BPR zeichnet sich als langjähriger Projektpartner des Atelier LOIDL Landschaftsarchitekten aus.
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/ DAS LEITSYSTEM IM PARK AM GLEISDREIECK
So wenig wie nötig. Anstelle einer sich wichtig machenden Wegeleitung im Raum wurde die Kennzeichnung und Markierung von Eingängen und Bereichen bevorzugt. Ziel der Entwicklung war der minimale Eingriff in den Bestand vorhandener Flächen und Träger. Entstanden ist eine grafische Kennzeichnung auf Boden und Wänden, die sich in den Fluss des Landschaftsarchitekturkonzepts einordnet, sich durchlässig integriert und gleichzeitig den Ort markiert. Das Leitsystem soll als »Handbuch für den Park« den Besucher in den ersten Jahren an den Park gewöhnen. Dabei ermöglicht die »prozesshafte Fertigstellung« in dieser Zeit Ergänzung, Austausch oder Wegfall von Leitelementen. Visuelles Hauptelement ist eine Schraffur im 45°-Winkel, die die Sprache der Historie des Ortes zitiert – das Gleisdreieck und den damit verbundenen Bahn- und Güterverkehr.
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minigram // ist ein Studio für Markendesign mit Sitz in Berlin. Die Gestaltung einer Marke und der Aufbau einer unverwechselbaren Persönlichkeit sind Kern unserer Arbeit. Wir sind darauf spezialisiert, neue Marken zu entwickeln, bestehende zu überarbeiten oder Gestaltungskonzepte für spezifische Aufgabenstellungen zu erarbeiten. minigram wurde 2005 in Berlin gegründet und ist heute ein 20-köpfiges Team aus Markenstrategen, Designern und Beratern. Zu weiteren Referenzen von minigram gehören die Entwicklung des Erscheinungsbildes und Leitsystems Großer Tiergarten Berlin, Tempelhofer Feld und das Deutsche Fussballmuseum. www.minigram.de
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BAUMKULTUR
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www.kompan.de
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Der Fallschutzbelag schützt durch seine stoßdämpfende Wirkung Kinder und Jugendliche zuverlässig vor Verletzungen beispielsweise bei Stürzen vom Skateboard. Da der grüne Kunststoffbelag außerdem wasserdurchlässig ist, trocknet die pflegeleichte Spiel-Topografie rasch wieder ab. w w w.polytan.de
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PARK AM GLEISDREIECK – REALISIERT MIT VECTORWORKS Vectorworks Landschaft ist die ideale CAD-Software für Landschaftsarchitekten und Stadtplaner. Setzen Sie Ihre Ideen mit Leichtigkeit um und führen Sie jede Planungsaufgabe nach Ihren eigenen Vorstellungen aus. www.computerworks.de/landschaft
Vectorworks ist eine eingetragene Marke von Nemetschek Vectorworks, Inc. Alle Rechte vorbehalten.
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ORCA Software entwickelt und vertreibt seit 25 Jahren Softwarelösungen für die Baubranche. Kernkompetenz ist ORCA AVA, das Komplettpaket zur Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung und dem Kostenmanagement von Bauleistungen.
ORCA Software GmbH • Georg-Wiesböck-Ring 9 • 83115 Neubeuern • Telefon +49 8035 9637-0 • Telefax +49 8035 9637-11 www.orca-software.com • www.ausschreiben.de • [email protected]
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WIR, DIE COMBÉ ANLAGENBAU GMBH SIND ECHTE BERLINER! Obwohl wir seit mehr als 80 Jahren am Berliner Markt tätig sind, war es schon etwas Besonderes, an der Neugestaltung dieses geschichtsträchtigen Ortes teilhaben zu dürfen. Ursprünglich mit der Installation der Beregnungsanlage beauftragt, wurde am Schluss die komplette Ver- und Entsorgung daraus: Trinkwasser, Abwasser und die Erneuerung der Gasleitungen für das Poststellwerk und das Stellwerk ABWT. www.combe.de
GLEISDREIECK
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PARKLIFE
BERLIN
/ Impressum Imprint Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlagabbildungen: © Mario Ziegler, www.marioziegler.com Umschlaggestaltung & Innenlayout: Studio Maven, Lisa Borges und Lucie Schibel, www.mavenberlin.com Korrektorat und Lektorat: Heike Barnitzke, Nora Huxmann, Mary Stewart, Silvia Wolko Übersetzung: Till Bardoux, Nora Huxmann, Janet Leyton Grant, Jane Mameli, Thomas Skelton Robinson Druck: Europrint Medien GmbH Berlin Printed in Germany Print-ISBN 978-3-8376-3041-1 PDF-ISBN 978-3-8394-3041-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected] Bildnachweise / Photo Credits Fotostrecken / Photo Essays Freiräume / Open Spaces: © Mario Ziegler, www.marioziegler.com Parkleben / Parklife: © Lorenzo Pesce, www.lorenzopesce.com Gleiswildnis 1977-1984 / Rail Wilderness 1977-1984: © Hans W. Mende Wenn nicht in der Bildunterschrift vermerkt / If not mentioned in caption S. 48, 50, 56, 57, 69, 75, 105 Mario Ziegler | S. 53 Hermann E. Kiessling | S. 58 Zita BüchlerHauschka | S. 76 Jennifer Fey für Barbarella Entertainment | S. 86, 88 Ana Santi | S. 91 Federico Pietrella | S. 102 Atelier Loidl | S. 116 Inge Bergner | S. 124 Jörg Farys | S. 128, 136, 146, 156 oben, 280, 281 Christo Libuda – Lichtschwärmer | S. 132 Dominik Butzmann | S. 140 privat | S. 143, 145, 164 Helmut Mehnert | S. 149 Berliner Morgenpost / Reto Klar | S. 156 unten Margot Thieme | S. 160 privat | S. 168, 175 RBB | S. 208 Lorenzo Pesce
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/ WEM GEHÖRT DAS GLEISDREIECK?
/ TO WHOM DOES GLEISDREIECK BELONG?
Ostpark / Gleisdreieck – Ein Sommerabend: Mütter fordern ihre Kinder auf, zum Abendbrot nach Hause zu gehen. Flaschensammler machen ihre Runde, während eine Touristengruppe von ihrem Englisch sprechenden Stadtführer über die Bedeutung interkultureller Gärten aufgeklärt wird. Eine mit Picknickkörben ausgestattete, überwiegend grauhaarige Gesellschaft von Kreuzberger Ureinwohnern trifft sich zur wöchentlichen BoulePartie. Durch die Wipfel des Birkenwäldchens schimmert das weiche Abendlicht.
East Park / Gleisdreieck. A summer evening. Mothers ask their children to come home for supper. Bottle collectors are on their beat while an English-speaking guide illuminates a group of tourists on the significance of intercultural gardens. A crowd of mostly grey-haired Kreuzberg natives equipped with picnic baskets meets for their weekly game of bowls. The soft evening light shines through the treetops of the small birch wood.
Am Gleisdreieck stellen sich paradigmatisch die Fragen nach dem Recht auf Teilhabe und Mitbestimmung, der Eigentümerschaft an Stadtraum und nach dem planerischen Umgang mit innerstädtischen Brachen bei gleichzeitig steigendem Wohnraumbedarf. Dieses Buch widmet sich der wechselvollen Geschichte des Ortes und zeigt in lebendigen Bildern die Kontraste des Berliner Parklebens im 21. Jahrhundert. Zahlreiche Interviews mit Aktivisten, Kunstund Kulturschaffenden sowie Planungsexperten gewähren sensible Einblicke in einen vielschichtigen Mikrokosmos von Sichtweisen auf „unsere Stadt“. Sechs Essays geben inspirierende Ansätze zum aktuellen Diskurs der Stadtentwicklung. � Mit Fotografien von Hans W. Mende, Lorenzo Pesce und Mario Ziegler.
Gleisdreieck paradigmatically evokes questions about the right of partaking and participating in decision-making, ownership of urban space and about planning procedures for a city centre wasteland in a time of increasing demands for housing. This book addresses the changeful history of the site, showing in vivid images the contrasts of Berlin park life in the 21st century. Numerous interviews with activists, the creative community and planning experts allow sensitive insights into a complex microcosmos of views on “our city”. Six essays give inspiring statements on the current urban development debate. � With photographs by Hans W. Mende, Lorenzo Pesce and Mario Ziegler.