Gespräche mit dem inneren Schweinehund: Arbeit mit Tierfiguren in systemischer Beratung und Therapie 9783666401558, 9783525401552, 9783647401553


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Gespräche mit dem inneren Schweinehund: Arbeit mit Tierfiguren in systemischer Beratung und Therapie
 9783666401558, 9783525401552, 9783647401553

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Frank Natho

Gespräche mit dem inneren Schweinehund Arbeit mit Tierfiguren in systemischer Beratung und Therapie

Mit einem Beitrag von Markus Hasselbach

Mit 18 Abbildungen

3. Auflage

Vandenhoeck & Ruprecht © 2013, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401552 — ISBN E-Book: 9783647401553

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-40155-2 ISBN 978-3-647-40155-3 (E-Book) © 2013, 2010, 2009, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Oakville, CT, U.S.A. / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Satz: Daniela Weiland, Göttingen Druck und Bindung: E Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Für meine Kinder, Hanna, Arthur und Albrecht, von denen ich viel über das Spiel und die wirklich wichtigen Dinge des Lebens gelernt habe.

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

Zur Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

Tierfiguren – Wo und für wen sie im Einsatz sind . . . . . . . Zwischen Interview und Spiel – Arbeit mit Tierfiguren in der systemischen Beratung und Familientherapie . . . . . Wie ich selbst auf den Hund kam . . . . . . . . . . . . . . . .

15 18 20

Tierfiguren in der Familienberatung – Wenn der Vater zum Pferd und die Mutter zum Elefanten wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Tierfigurenskulpturen als familiendiagnostisches Instrument Entwicklung der Familiendiagnostik . . . . . . . . . . . . . Phasen der Familiendiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . Familiendiagnostik – Tiere im Zeichentest . . . . . . . . . . . Familie in Tieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die verzauberte Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Familie in Tierfiguren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatz und Verlauf der Arbeitstechnik . . . . . . . . . . . Ideen und Fragen zur Erforschung der Tierfigurenskulptur Fallbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22 24 27 31 32 35 37 38 40 45 46

Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen – Wenn sich Gefühle in Tierfiguren verwandeln . . . . . . . .

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Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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8 Inhalt Trauer, ein ambivalentes bis diffuses Gefühlserleben . Teilearbeitskonzepte – Grundlage für die Darstellung von Gefühlen mit Tierfiguren . . . . . . . . . . . . . . Psychologische und therapeutische Konzepte von Multiplizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurobiologisches Konzept von Multiplizität . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren . . . . Raum, Sprache und Denken . . . . . . . . . . . . . Exploration von Emotionen mit Tierfiguren . . . . Umsetzung der Arbeitstechnik . . . . . . . . . . . . Fallbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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57

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60

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60 63 66 67 68 70 72 74

Beratung bei Suchtverhalten – Welchen inneren Schweinehund hätten Sie denn gern? . . .

83

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Schluckspechte in sozialen Arbeitsfeldern – Alkoholabhängiges Verhalten und Burnout . . . . . . . . . . Burnout und Suchtverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . Sieben Grundhaltungen des inneren Antreibers . . . . . . Systemisch-lösungsorientierte Perspektive auf Suchtverhalten Der Mythos vom Rückfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Rückfall, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung? . . Gespräche mit dem inneren Schweinehund – Teilearbeit in der systemischen Suchtberatung . . . . . . . . . Schwerpunkte und Umsetzung der Arbeit mit dem inneren Schweinehund . . . . . . . . . . . . . . . Fallbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83 85 86 88 89 90 92 94 96

Tierfiguren in der Teamberatung – Wenn der Chef zum Schwein wird . . . . . . . . . . . . . . . 104 Tiermetaphern im Team – Wie Kollegen zu Tieren werden . . Teamentwicklung – Wie böse ist der Wolf wirklich? . . . . . Tierfiguren zur Rekonstruktion von Wirklichkeiten im Team Rollen und Persönlichkeitsanteile . . . . . . . . . . . . . . Interaktionen zwischen Einzelnen im Team . . . . . . . . Das Klima im Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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104 107 109 110 110 112

Inhalt

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Team in Tierfiguren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Grundlagen und Einführung in die Arbeitstechnik . . . . 113 Sechs Arbeitsschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Arbeit mit Tierfiguren im Kontext neuropsychologischer Rehabilitation (Markus Hasselbach) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Zum klinischen Kontext der Anwendung . Situation des Patienten . . . . . . . . . . . . Die Arbeit mit Tierfiguren in der Therapie . Nachbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . .

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117 119 122 130

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Kleine Auswahl von Tiermetaphern . . . . . . . . . . . . . . 137

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Vorwort

Die besondere Anziehungskraft, die von Tierfiguren ausgeht, kennt jeder, der jüngere Kinder hat oder hatte. Kinder lieben sie: Sie laden zum Spielen, zum Verwandeln ein und beflügeln die Phantasie. Kommen Kinder in Kontakt mit Tierfiguren, werden diese Tiere zu lebendigen Wesen, die wirklich kämpfen und lieben, die eine Familie bilden oder sich in anderen sozialen Interaktionen begegnen. Das Spiel mit Tierfiguren ist ein soziales Training für Kinder. Sie schlüpfen hinein in die Welt und den Lebensraum ihrer Tierfiguren, übernehmen ihre Stärke, ihre Schnelligkeit oder die Fähigkeit, sich mit ihnen zu verwandeln. In den Händen von Kindern beginnen Tierfiguren zu leben und die Tiere leben in ihnen. Diese Hingabe und Phantasie beim Spiel mit Tierfiguren konnte ich immer wieder bei meinen eigenen Kindern und auch bei Kindern und Jugendlichen, die mir in meiner Beratung begegneten, erleben. Die Erfahrungen aus der beraterischen Praxis zeigen aber auch, dass viele erwachsene Menschen sich dem Reiz, der von Tierfiguren ausgeht, nur schwer entziehen können. Sie werden, wenn man ihnen in verschiedenen Arbeitskontexten wie Einzel-, Paar-, Familienberatung oder Teamsupervision Tierfiguren präsentiert, auf unterschiedlichste Art und Weise von ihnen angesprochen und können der Versuchung kaum widerstehen, sie zu berühren oder sogar mit ihnen zu spielen. Das Buch präsentiert eine kleine Auswahl von Arbeitsweisen mit Tierfiguren, die sich in der beraterischen Praxis und Familientherapie bewährt haben. Beschrieben werden theoretische Hintergründe und die methodischen Schritte. Fallbeispiele illustrieren das methodische Vorgehen. Beschrieben wird zunächst, wie sich Tierfiguren im Rahmen von Familiendiagnostik nutzen lassen. Die Versammlung der Gefühle in Tierfiguren beschreibt eine spezielle Form der Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Darüber hinaus werden verschiedene psychologische und therapeutische Konzepte von Multiplizität diskutiert. Sie bilden eine Basis

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12 Vorwort für den Einsatz von Tierfiguren im Rahmen der Arbeit mit verschiedenen Persönlichkeitsanteilen (Teilearbeit). Danach wird eine weitere Teilearbeitsform vorgestellt, das Gespräch mit dem inneren Schweinehund als eine Möglichkeit systemischer Suchtberatung. Dass sich auch Mitglieder eines Teams in Tierfiguren verwandeln können und wie sich diese Verwandlung methodisch in der Teamentwicklung oder Supervision nutzen lässt, kann man im darauf folgenden Kapitel lesen. Der Psychologe und Familientherapeut Markus Hasselbach beschreibt abschließend den Nutzen einer therapeutischen Anwendung von Tierfiguren aus dem Bereich der neuropsychologischen Rehabilitation. Im Anhang befindet sich noch eine kleine Auswahl von Tiermetaphern. Zusätzliche Hinweise: Wenn allgemein von Erziehern, Sozialarbeitern, Psychologen, Klienten oder anderen speziellen Berufsgruppen die Rede ist, so geschieht dies der Einfachheit halber in der männlichen Form. Gemeint sind damit natürlich auch Erzieherinnen, Sozialarbeiterinnen, Psychologinnen und sämtliche Frauen anderer Berufsgruppen. Alle Fallbeispiele des Buches werden hier mit Zustimmung der Klienten dargestellt, denen ich danken möchte. Ihre Namen oder spezifische Daten wurden verändert, um ihre Identität zu schützen.

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Dank

Mein erster Dank gilt meiner Partnerin, die mir auch bei diesem Buchprojekt wieder mit Ideen und Erfahrungen aus ihrer eigenen psychologischen Praxis zur Seite stand. Auch danke ich meinen Kindern, Arthur und Albrecht, von denen ich viel über das Spiel mit Tierfiguren gelernt habe. Mein Dank gilt außerdem der Schleich GmbH, die mir freundlicherweise die Darstellung ihrer Tierfiguren in diesem Buch gestattete und mir für das Experimentieren in meiner beraterischen Praxis einige Tierfiguren zur Verfügung stellte.

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Zur Einführung

Tierfiguren – Wo und für wen sie im Einsatz sind Die Arbeit mit unterschiedlichsten Formen von Tierfiguren (Plüschtiere, Holztierfiguren, Handpuppen usw.) ist vor allem in der Spieltherapie sehr verbreitet. Es waren insbesondere Anna Freud, die Tochter von Sigmund Freud, und Melanie Klein, die diesen kinderpsychotherapeutischen Ansatz prägten. Anna Freud entwickelte auf der Grundlage der Psychoanalyse, dem damals gängigen Therapieverfahren, ein Konzept zur Therapie von Kindern. Bestimmte Basistechniken der Psychoanalyse, wie die Arbeit mit Übertragungen oder das freie Assoziieren, waren für die Arbeit mit Kindern, so ihre Feststellung, nicht geeignet. Ihre Kinderpsychoanalyse öffnete den Weg zu einer psychotherapeutischen Arbeit mit Kindern (Peters, 1984, S. 131 ff.). Die Grundidee war, das natürliche Bedürfnis des Kindes, sich selbst und seine Umwelt durch Spiel zu erleben und zu erforschen, im Falle einer psychischen Störung für den Heilungsprozess zu nutzen. Gespielt wird in der Spieltherapie inzwischen mit allen Materialien und Spielzeugen, die geeignet erscheinen, den Spieltrieb von Kindern anzuregen und damit günstige Entwicklungsprozesse zu initiieren. Im Laufe der Jahre wurde die Spieltherapie immer wieder durch unterschiedliche therapeutische Trends und Schulen beeinflusst. Sie entwickelte sich so stetig weiter und differenzierte sich immer mehr. Die methodischen Vorgehensweisen variierten und die Wirksamkeitserklärungen änderten sich, die Spielmaterialien aber blieben im Wesentlichen gleich. Grundsätzlich war und ist die klassische Spieltherapie ein therapeutisches Setting für Kinder. Das heißt, es wurde vorrangig mit den Kindern, den so genannten Symptomträgern, gearbeitet. Die Eltern der Kinder spielten zunächst eine untergeordnete Rolle. Ihnen wurde die Fähigkeit zu spielen überwiegend abgesprochen. So spielte man mit den Kindern und unterrichtete die Eltern über Erfolg oder Misserfolg der Spieltherapie.

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16 Zur Einführung Mit der in den letzten Jahrzehnten entwickelten Familientherapie bzw. systemischen Beratung und Therapie entstand auch ein konzeptioneller Rahmen für die Einbeziehung der Eltern in die Spieltherapie. So geht die systemische Spieltherapie davon aus, dass das gemeinsame Spiel zwischen Eltern und Kindern eine fortwährende Quelle für Problemlösung in der Familie ist. »Mit dem Eintritt von Problemen in die Eltern-Kind-Beziehung haben irgendwann Spiel und Spaß das Haus verlassen« (Pleyer, 2001). Werden Eltern und Kinder im Spiel wieder zusammengeführt und zum gemeinsamen Spiel befähigt, schafft man einen natürlichen Spielraum für die Entwicklung von Lösungen. Die systemische Spieltherapie, so wie sie von Pleyer und auch von Retzlaff (2008) vorgestellt wird, nutzt sämtliche Spielmedien, vorzugsweise auch bildhaft-metaphorische Spielmittel wie beispielsweise das Familienbrett (Ludewig et al., 1983; Ludewig u. Wilken, 2000), in vielfältigen Anwendungsformen und mit unterschiedlichen Kleinfiguren. Dass in diesem Zusammenhang auch Tierfiguren verwendet werden, beschreibt Retzlaff (2008, S. 333 ff.). Auch wenn Pleyer (2001) die Tierfiguren nicht ausdrücklich als Medium erwähnt, so kann man davon ausgehen, dass auch er sie im Blick hat, wenn er die verschiedenen Möglichkeiten der Skulpturarbeit beschreibt. In der Beratung und Therapie von Erwachsenen kommen Tierfiguren vergleichsweise selten zum Einsatz. Erwachsenen wird die Fähigkeit zum Spiel weniger zugetraut. So werden beraterische und therapeutische Methoden, die Medien mit Spielzeugcharakter verwenden, in der Arbeit mit Erwachsenen sehr zurückhaltend eingesetzt. Auch in der systemischen Beratung und Familientherapie ist die Arbeit mit Tierfiguren als ein methodisch-didaktisches Vorgehen, welches sich von anderen Techniken abgrenzt, kaum beschrieben. In den Standardwerken der systemischen Beratung und Familientherapie (von Schlippe u. Schweitzer, 1996, 2006; Vogt-Hillmann u. Burr, 2002) werden zwar verschiedene bildhaft-metaphorische Arbeitsverfahren vorgestellt, eine standardisierte Form der Arbeit mit Tierfiguren für bestimmte Lösungsbestrebungen findet man hier nicht. Was nicht heißen soll, dass nicht doch viele kreative Berater und Therapeuten in ihrer Praxis auch in der Arbeit mit Erwachsenen auf Tierfiguren zurückgreifen.

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Tierfiguren – Wo und für wen sie im Einsatz sind

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Dennoch gibt es einige interessante Hinweise für die Arbeit mit Tierfiguren außerhalb der Spieltherapie bzw. der Familientherapie. Schröder (2007) stellte einen kleinen Aufsatz in das Internet, in dem sie die Arbeit mit Tierfiguren im Rahmen von Coachingprozessen beschreibt. Die von ihr vorgestellte Vorgehensweise nennt sie Animal Based Coaching, es ist eine spezielle Arbeit mit Erwachsenen. Diese beruht im Wesentlichen darauf, dass mittels Tierfiguren, die bestimmte Eigenschaften verkörpern, wünschenswerte Fähigkeiten und deren Entwicklung beim Klienten fokussiert und angeregt werden. Auch Aichinger (2006) erwähnt in einigen Publikationen die Möglichkeit, Tierfiguren in beraterischen und therapeutischen Prozessen einzusetzen, und beschreibt in einem Aufsatz mit dem Titel »Die Sehnsucht des kleinen Bären« eine sehr hilfreiche Vorgehensweise der Arbeit mit Tierfiguren in der Beratung bei Scheidungskonflikten. Hier wird davon ausgegangen, dass Kinder jeweils auch einen Persönlichkeitsanteil vom Vater und von der Mutter haben. Diese Anteile werden durch kleine Tierfiguren dargestellt und ins Spiel gebracht. In kleinen unterschiedlichen Szenen wird spielerisch die Spannung der kleinen Tierfiguren herausgearbeitet. Die anwesenden Eltern können beobachten und erahnen, wie innerlich zerrissen sich das Kind möglicherweise fühlt, wenn es von Trennung oder Scheidung der Eltern betroffen ist. Der innere Konflikt des Kindes zwischen den verschiedenen elterlichen Anteilen, die es in sich trägt, wird so sichtbar. Eltern und Kinder erhalten neue Entwicklungsanregungen. Obwohl Tierfiguren, wenn sie in der Praxis zum Einsatz kommen, eher für die Arbeit mit Kindern genutzt werden, sind sie als beraterisches bzw. therapeutisches Medium prinzipiell auch für Erwachsene geeignet. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Erwachsene einen großen Gewinn aus der Arbeit mit Tierfiguren ziehen können und den spielerischen Umgang mit Problemen und Lösungen genießen.

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18 Zur Einführung

Zwischen Interview und Spiel – Arbeit mit Tierfiguren in der systemischen Beratung und Familientherapie Die Familientherapie hat sich weiterentwickelt und das teilweise komplizierte zirkuläre und hypothetische Interview, wie es in den 1980er Jahren ausgehend von den Forschungen und Veröffentlichungen der Mailänder Schule das familientherapeutische Setting bestimmte, bildet schon lange nicht mehr das Zentrum der systemischen Interventionen. Ich selbst habe in meiner Ausbildung zum Familientherapeuten Anfang der 1990er Jahre das zirkuläre Fragen noch als die wichtigste Basistechnik der familientherapeutischen Kommunikation vermittelt bekommen und in vielen Rollenspielen mühsam trainieren müssen. Die Gefühle des Klienten waren für die Lösung des Problems damals weniger interessant, es sei denn, er konnte sie klar formulieren. Der Abstraktionsgrad der klassisch systemischen Kommunikationstechniken war sehr hoch. Das war nicht einfach, wenn der eigene beraterische Stil bis dahin stärker vom Konzept des aktiven Zuhörens nach Carl Rogers bestimmt war. Inzwischen erlaube ich mir als Familientherapeut auch wieder das Paraphrasieren1, wenn dies für den Prozess nützlich erscheint. Der Interventionsstil des klassisch familientherapeutischen Interviews (Selvini Palazzoli et al., 1977, S. 19 ff.) hat sich, so meine Beobachtung, nicht durchgesetzt. Die moderne systemische Beratung und Therapie, die sich aus der Familientherapie entwickelte, ist inzwischen eine integrative Therapieform geworden, die ganz selbstverständlich unterschiedliche Konzepte, Methoden und Arbeitsmittel aufgreift und vor dem Hintergrund systemtheoretischer Prämissen modifiziert und in Anwendung bringt. Mitte der 1990er Jahre sind die Weichen für eine integrative systemische Therapie bereits gestellt. Arist von Schlippe legt in seinem Aufsatz (1995) 1 Das Paraphrasieren ist eine Kommunikationstechnik der Klientenzentrierten Therapie nach Carl Rogers. Dabei wiederholt der Berater das vom Klienten Gesagte mit anderen Worten. Der Berater kann sich so besser in die Situation des Klienten einfühlen und leichter eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen. Zudem wird der Klient durch die Wiederholung des Inhaltes zu weiteren Ausführungen seines Problems und natürlich auch seiner Lösungsbestrebungen angeregt.

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Zwischen Interview und Spiel – Arbeit mit Tierfiguren

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mit dem Titel »Tu was Du willst. – Eine integrative Perspektive auf die systemische Therapie« den Nutzen einer integrativen therapeutischen Haltung für den Klienten und Berater dar. Das Entscheidende ist nicht, aus welchem Konzept die angewandte Technik stammt, sondern ob sie dazu geeignet ist, Unterschiede zu generieren und damit Entwicklungen und letztlich Lösungen anzuregen. So haben beispielsweise in den letzten 15 Jahren, unter anderem durch den Einfluss von Gunther Schmidt (2005), verstärkt hypnotherapeutische Vorgehensweisen in die systemische Beratung und Therapie Eingang gefunden. Sie ermöglichen eine stärkere Fokussierung von Lösungen und von Ressourcen des Klienten und damit insgesamt eine ressourcenorientiertere Sichtweise, die allmählich den defizitär geprägten Ansatz der frühen Familientherapie ablöst. Sehr beeinflusst wurde die systemische Therapie in den letzten 15 Jahren auch durch die Kurzzeittherapie nach Insoo Kim Berg und Steve de Shazer. Werke wie »Der Dreh« oder »Das Spiel mit den Unterschieden« von de Shazer (1988, 2004) sind noch immer Bestseller und beeindrucken bereits die nächste Generation von Familientherapeuten. Neuerdings spielen auch wieder körperorientierte Ansätze (Wienands, 2005) in der systemischen Beratung und Therapie eine stärkere Rolle. Die Arbeit mit Tierfiguren stellt ein weiteres Puzzleteil einer integrativ ausgerichteten systemischen Beratung und Therapie dar, in deren Mittelpunkt das Spiel mit Unterschieden zur Entwicklungsanregung steht. Die Arbeit mit Tierfiguren schafft einen Rahmen für ein tatsächliches Spiel mit den Unterschieden, das über das kognitive Konstruieren von Unterschieden wie es bei de Shazer (2004) praktiziert wird, hinausgeht. Tierfiguren in Beratung und Familientherapie sprechen mehrere Sinne gleichzeitig an. Unterschiede kann man nicht nur denken, sondern auch sehen, anfassen und fühlen. Zusammenfassend kann man sagen, dass das Spiel mit den Unterschieden, wie es von de Shazer angeregt wird, durch die variantenreiche Arbeit mit Tierfiguren eine zusätzliche Qualität gewinnt und die Handlungsoptionen für Berater und Klienten gleichermaßen erweitert. Die Arbeit mit Tierfiguren kann in verschiedenen beraterischen Standardsituationen wie Familiendiagnostik, Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen, Lösung und Exploration von innerpsychischen Konflikten und der Exploration von Emotionen an-

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20 Zur Einführung gewandt werden. Sie sprechen sowohl Kinder als auch Erwachsene an. Wie auch andere Methoden der Familientherapie ist die Arbeit mit Tierfiguren nicht auf ein spezielles Beratungssetting beschränkt. Sehr nutzbringend verwende ich die Arbeitsform beispielsweise auch in der Teamsupervision und Teamentwicklung.

Wie ich selbst auf den Hund kam Vor einigen Jahren begann ich in meiner beraterischen und familientherapeutischen Praxis mit Tierfiguren zu experimentieren. Damals saß ein Mann vor mir, der sich selbst als trockener Alkoholiker bezeichnete. Dieser erzählte im ersten Gespräch, dass er sich seit geraumer Zeit in einer Lebenskrise befände. Vor einigen Tagen sei nun das passiert, wovor er sich immer fürchtete und was ihm seine Therapeuten schon während der Suchttherapie prophezeiten, er hatte einen Rückfall. Nun gut, sagte ich sinngemäß, ein Rückfall bedeutet ja nicht, dass man sich einen zweiten Rückfall vornehmen müsse. Er sagte daraufhin, dass ich wohl das Problem unterschätzte, denn ich kennte seinen inneren Schweinehund nicht. Dieser dränge ihn seit dem Rückfall wieder stärker, mit dem Trinken anzufangen. Da ich seinen inneren Schweinehund tatsächlich nicht kannte, ließ ich mir von diesem »Untier« erzählen. Er beschrieb mir die Macht, die der innere Schweinehund seit dem Rückfall wieder über ihn habe, und dass es sein Ziel sei, diesen zu bezwingen oder zumindest ihn wieder in den Griff zu bekommen. Der Mann beschrieb seinen inneren Schweinehund als eigenständiges Wesen, welches ihn schon seit seiner Jugend begleite. Als beraterische Vorgehensweise schien mir hier eine Teilearbeit hilfreich. Bis dahin externalisierte ich solche Persönlichkeitsanteile verbal, imaginativ. Hier aber war die Kraft des Bildes so stark, dass es mich drängte, den inneren Schweinehund sichtbar zu machen und diesen dem Klienten gegenüberzustellen. Ich ersann die Idee, in der nächsten Sitzung die Beziehung zwischen ihm und seinem inneren Anteil auf dem Familienbrett aufstellen zu lassen. In Vorbereitung dazu besorgte ich mir einige Tierfiguren, von denen eine seinen inneren Schweinehund präsentieren sollte. Da es im Spielzeugladen keine speziellen Schweinehunde für

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Wie ich selbst auf den Hund kam

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Abbildung 1: Arbeit mit dem inneren Schweinehund

die Arbeit mit trockenen Alkoholikern gab, suchte ich Tierfiguren, die auf die Beschreibung des Klienten passen könnten. Es waren machtvolle Tiere mit fletschenden Zähnen wie der Säbelzahntiger und andere, die ich ihm dann zur Auswahl für seinen inneren Schweinehund vorlegte. Weitere Tierfiguren entnahm ich dem Bauernhof meiner Kinder. In der nächsten Sitzung legte ich ihm die kleine Tiersammlung vor und bat ihn, für sich selbst und für seinen inneren Schweinehund je eine Tierfigur auszusuchen und diese so aufzustellen, dass die Beziehung zwischen den beiden Anteilen sichtbar würde. Die Wirkung war erstaunlich, er stellte auf (Abbildung 1) und fing sofort an zu reden. Er schilderte den seit Jahren andauernden Kampf zwischen sich (Hase) und seinem inneren Schweinehund (Säbelzahntiger). Mein Ziel war es, die beiden irgendwie miteinander zu versöhnen bzw. Anreize für eine Veränderung der Beziehung zwischen den Anteilen zu schaffen. Was dann kam, war beraterische Routine: zirkuläre und unterschiedsbildende Fragen. Diese Erfahrung veranlasste mich, mit Tierfiguren in verschiedenen Beratungskontexten und zu verschiedenen Lösungsbestrebungen zu experimentieren. Nachfolgend werden einige ausgewählte Arbeitsmöglichkeiten mit Tierfiguren für die beraterische und familientherapeutische Praxis vorgestellt.

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Tierfiguren in der Familienberatung – Wenn der Vater zum Pferd und die Mutter zum Elefanten wird

Tierfigurenskulpturen als familiendiagnostisches Instrument Die in diesem Kapitel vorgestellte methodische Vorgehensweise »Familie in Tierfiguren« stellt eine Arbeitstechnik dar, die man vorzugsweise in der Anfangsphase von Beratung und Familientherapie zum Zweck der Diagnostik der Familiensituation nutzen kann. Klienten, Eltern oder Familien kommen mit einem Problem in die Beratung. Das Problem wurde über einen längeren Zeitraum durch problemfokussiertes Verhalten entwickelt. Meist haben sie sich die Problemgeschichte schon zurechtgelegt und warten zu Beginn der Beratung darauf, diese wie eine Eintrittskarte vorlegen bzw. das Problem erzählen zu können. Präsentiert wird dann in der Regel ein vom Klienten unabhängiger und schwer zu beeinflussender familiärer Zustand oder auch ein spezielles Verhalten, das sich verselbstständigt hat und vom Klienten kaum noch zu kontrollieren ist. Mit diesem Kontrollverlust ist das Endstadium der Problementwicklung erreicht. Dieser Grad der Problemkonstruktion lässt sich auch als Dissoziation beschreiben (Natho, 2004, S. 134). Das heißt, der Klient erlebt sich selbst bzw. sein Verhalten nicht mehr als problemerzeugend. Vielmehr beschreibt er das Problem als etwas, was außerhalb von ihm selbst, also dissoziiert existiert: »Der Alkohol hat mich im Griff« oder »Meine Frau ist so eifersüchtig« oder »Unser Sohn schlägt seine Schwester«. Der Klient sagt nicht: »Ich trinke zu viel und kann meine Hände nicht vom Alkohol lassen« oder »Mein Verhalten führt dazu, dass meine Frau mir misstraut« oder »Unser Erziehungsverhalten erlaubt unserem Sohn übergriffiges Verhalten«. Nein, das Problem haben andere oder »es« passiert eben immer wieder. Der Klient hat etliche erfolglose Versuche unternommen, um den problematischen Zustand zu beheben. Mit jedem

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Tierfigurenskulpturen als familiendiagnostisches Instrument

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gescheiterten Lösungsversuch entwickelt sich für ihn der Eindruck, dass der problematische Zustand außerhalb seiner Kontrolle, seines Einflusses liegt. In dieser Phase macht es, meiner Erfahrung nach, wenig Sinn, den Klienten nach seinen eigenen Anteilen am Problem zu fragen. Die Problemkonstruktion ist zu verfestigt, als dass der Klient in der Lage ist, sein Verhalten oder spezielle Interaktionen in der Familie zu hinterfragen. Das Erkennen des eigenen Anteils am Problem stellt jedoch einen wichtigen ersten Schritt im Rahmen der Auftragsklärung und der Beratung dar. Er ist notwendig, weil der Klient in der Beratung nur Verantwortung für sein eigenes Verhalten übernehmen und nur dieses verändern kann. Auf das Verhalten anderer in der Familie hat der Klient nur einen äußerst begrenzten Einfluss bzw. nur dann, wenn er sein eigenes Verhalten verändert. Dann stellt deren Veränderung eine Reaktion auf das veränderte Verhalten des Klienten dar. Dieser Lösungszugang ist für Menschen, die sich in einer akuten Problemtrance befinden, nur schwer herzustellen. Statt die eigenen Anteile und Möglichkeiten zu erkennen, klagen sie lange und schildern ausführlich in immer wiederkehrenden Schleifen ihr Schicksal, dem sie sich ausgeliefert fühlen. Die Anfangsphase in Beratung ist deshalb oft ermüdend und anstrengend für Berater und Klient. Stattdessen hat es sich bewährt, den Klienten oder seine Familie ins Handeln zu bringen und seine Aufmerksamkeit auf die Beziehungen und die Kommunikation in der Familie zu lenken. An dieser Stelle kann man gut die Technik »Familie in Tierfiguren« als ein familiendiagnostisches Instrument einsetzen. Die Strategie ist, den Klienten mit dieser Arbeitsform von seiner statischen Problembeschreibung zu lösen und ihn zu einem dynamischen Erleben und zur Neukonstruktion seines Problems zu führen. Obwohl man mit dieser Arbeitstechnik den Blickwinkel des Klienten auf sein Problem verändert, lässt sich das Vorgehen aus moderner systemtheoretischer Sicht durchaus als Diagnostik verstehen, wie ich im Folgenden zu erklären versuche. Eine in der Beratung übliche verbale Überleitung von der Problembeschreibung zur Familiendiagnostik sieht in der Regel immer ähnlich aus. Man bestätigt zunächst, dass der Klient beim Berater richtig ist und dass er gut entschieden hat, das Problem nun lösen zu wollen. Dann sagt man etwas wie in der Art: »Ja, Familien oder

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24 Tierfiguren in der Familienberatung einige Familienmitglieder verhalten sich manchmal schon recht merkwürdig und man fragt sich, was das mit den anderen in der Familie wohl macht, die ja alle unterschiedlich sind. Jeder in der Familie hat ja so seine Eigenheiten. Der eine windet sich wie ein Aal, der andere brüllt wie ein Löwe …« Nun holt man die Tierfiguren hervor und bittet den Klienten oder eine Person aus der Familie, entsprechend den Eigenheiten bestimmter Familienmitglieder für diese je eine Tierfigur passend zum Verhalten in der Problemsituation zu finden und diese anschließend aufzustellen. Die Methode »Familie in Tierfiguren« wird nach dieser Überleitung, die sich auch als Plausibilitätsbrücke bezeichnen lässt, gut angenommen. In der Regel weigern sich nur ganz wenige Klienten, ihre Familie in Tierfiguren darzustellen. Die überwiegende Mehrheit der Klienten spricht auf diese Arbeitstechnik gut an und ist dankbar, von der Problembeschreibung erst einmal wegzukommen. Auch Retzlaff (2008, S. 330) betont den Vorteil der Problemfokusverschiebung durch die Anwendung von Figurenspielen und weist auf die Vogelperspektive hin, die der Klient damit einnimmt und die ihm Wege und Spielräume jenseits der Problemmuster aufzeigen hilft.

Entwicklung der Familiendiagnostik

Der Begriff Diagnose, so wie wir ihn heute gebrauchen, stammt aus einem überwiegend medizinisch-psychopathologisch ausgerichteten Arbeitskontext. Hier bildet die Diagnose die Grundlage für die Einleitung eines zielgerichteten Heilungsprozesses. Aufgabe der Diagnostik ist die Feststellung, Begutachtung und Kategorisierung von Symptomen (abweichendes Verhalten oder ungewöhnliche Körperzustände) zur Hypothesenbildung hinsichtlich der Ursachen und der Einleitung ursachenbehebender therapeutischer Maßnahmen. Die Diagnostik prüft, ob eine körperliche oder psychische Abweichung mit Krankheitswert vorliegt und in welche Gruppe von Abnormitäten sie einzuordnen ist. Die Hauptarbeitsmethode der Diagnostik ist der Vergleich zwischen dem Verhalten oder Zustand des Einzelnen mit dem einer größeren Gruppe. Der Durchschnitt oder der Mittelwert innerhalb einer Gruppe bezogen auf ein bestimmtes Verhalten wird als normal bezeichnet,

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starke Abweichungen gelten als unnormal bzw. krank und bedürfen der Therapie. Seit dem Entstehen der Psychologie als Wissenschaft innerhalb der medizinischen Heilkunst versuchen auch Psychiater und Psychologen, individuelle Unterschiede von menschlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen zu erkennen und zu kategorisieren. Hierbei bedienen sie sich bis heute der Grundprinzipien der medizinischen Diagnostik und vergleichen das Verhalten des Einzelnen mit dem durchschnittlichen Verhalten einer größeren Gruppe, um Abweichungen festzustellen. Will man beispielsweise beurteilen, ob die mit der Note 3 beurteilte Leistung eines Schülers in einer Prüfung gut oder schlecht war, wird man immer fragen müssen, wie die anderen Schüler bei der gleichen Prüfung abgeschnitten haben. Haben 80 % der Schüler eine bessere Note als 3, wird man sagen, der Schüler hat schlecht abgeschlossen, haben dagegen 80 % eine schlechtere Note, wird man seine Leistung als gut beurteilen. Das bedeutet, dass die Diagnose bzw. das Ergebnis eines zu diagnostischen Zwecken verwendeten Tests immer kontextabhängig und damit relativ ist. Im Mittelpunkt der psychologischen Diagnostik stand bis Mitte des letzten Jahrhunderts hinein ausschließlich das Individuum, der einzelne Kranke und dessen Verhalten. Innerpsychische Prozesse wurden als Verursacher psychischen Leids verantwortlich gemacht. Familiendiagnostik, die ihr Augenmerk vordergründig auf alle Beziehungen in der Familie richtete, war in Deutschland bis in die 1980er Jahre hinein im klinischen Kontext eher selten und wurde auch an Universitäten kaum gelehrt. Ausnahmen gab es in einigen Hochburgen der Familientherapie wie beispielsweise Göttingen oder Heidelberg. Hier wurden seit den 1960er Jahren beachtenswerte und wegweisende Konzepte zur Familiendiagnostik entwickelt (Wirsching, 2006; Reich, 2006). Die Familiendiagnostik hat seit Mitte des letzten Jahrzehnts zunehmend an Bedeutung gewonnen. Durch den Einfluss der Familientherapie auf die Psychiatrie seit den 1970er Jahren veränderte sich auch das Verständnis von psychischen Erkrankungen des Einzelnen. So wurden nach und nach die Ursachen für psychische Symptome oder auffälliges Verhalten nicht mehr ausschließlich im innerpsychischen Konflikt des Einzelnen, sondern darüber hinaus

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26 Tierfiguren in der Familienberatung in dessen komplexen sozialen Beziehungen gesucht. Die Grundidee der Familientherapie, dass Menschen sich als Teil sozialer Systeme verstehen und verhalten, veränderte auch das klassische Verständnis von Diagnose innerhalb der Psychotherapie und Psychiatrie. Ein neuer Forschungsbereich, die Familienpsychosomatik, entstand. Der diagnostische Blick richtete sich stärker auf das Familiensystem des Patienten. So wurde beispielsweise in den 1980er Jahren das Genogramm, eine graphische Darstellung von Familienbeziehungen über mehrere Generationen, in vielen Psychiatrien zum festen Bestandteil der Patientenakte. McGoldrick und Gerson beschreiben das Genogramm als ein »äußerst nützliches Instrument zur Dokumentation der Familiensituation des Indexpatienten« (1990, S. 143). Der Indexpatient zeigt Symptome, die durch dysfunktionale Familienbeziehungen hervorgerufen werden. Auch in anderen Kontexten, wie Erziehung oder Sozialarbeit, wurde man sensibel für den Einfluss der Familie auf das Verhalten des Einzelnen. Verschiedene Instrumente wurden entwickelt, um die Dysfunktion der Familie festzustellen und genauer zu lokalisieren. Neben den klassischen Methoden der psychologischen Diagnostik wie Interviews, Fragebögen oder projektive Tests, die sich überwiegend auf die verbale Beschreibung von Familienzusammenhängen stützten, entstand noch eine weitere Gruppe von Testverfahren: die so genannten bildhaft-metaphorischen Diagnoseverfahren (Schneewind, 1999, S. 194). Sie entwickelten sich überwiegend aus der Skulpturarbeit (Arnold et al., 2003), einer in der Familientherapie sehr verbreiteten Interventionsform. Zu nennen sind hier insbesondere das Familienbrett (Ludewig et al., 1983; Ludewig u. Wilken, 2000), der FAST bzw. Familiensystemtest (Gehring, 1998), der Familienhierarchietest (Madanes et al., 1980) und auch der schon früh entwickelte Sceno-Test von von Staabs (1964), ein projektiver Test mit psychoanalytischem Hintergrund. Der Untersuchungsgegenstand aller hier genannten bildhaft-metaphorischen Tests waren die Familiensituation, die Beziehungen und die kommunikativen Strukturen innerhalb der Familie des Indexpatienten. Diese wurden als Verursacher psychischer Störungen angesehen. Welche Familienstrukturen funktional oder dysfunktional interpretiert wurden, hing sehr davon ab, welches theoretische Konzept dem Test zugrunde gelegt wurde und welcher therapeutischen Schule der Autor angehörte.

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Phasen der Familiendiagnostik

Familientherapeutisch-defizitorientierte Familiendiagnostik: Die Familientherapie war und ist der Ansicht, dass Familien sich äußerst komplex organisieren und es deshalb keine linearen Ursachenzuschreibungen für psychische Störungen geben kann. Trotz dieser Grundannahme suchte die frühe Familiendiagnostik vorrangig lineare Ursachen in den Familienbeziehungen. Der Indexpatient wurde als Verursacher seines Problems zwar entlastet, dafür wurden spezielle Interaktionen zwischen den Familienmitgliedern als problemverursachend identifiziert. Bei genauerer Betrachtung der diagnostischen Kriterien und Kategorien wird deutlich, dass in dieser ersten Phase der Familiendiagnostik aus heutiger Sicht wenig systemisch gearbeitet wurde.2 Die Familie wurde im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts als System zwar intensiv beforscht, doch die Forschungsmethodik hatte sich nicht verändert, lediglich der Gegenstand. So avancierte der Patient zum Indexpatienten und wurde zum Symptomträger der kranken Familie. Man sprach beispielsweise nicht mehr von der Magersüchtigen, sondern von der Magersuchtsfamilie (Weber u. Stierlin, 1989, S. 71 ff.), von der psychosomatischen Familie (Minuchin, 1977) oder von der Familie mit schizophrener Transaktion (Selvini Palazzoli et al., 1977). Man entwickelte diagnostische Kategorien, um Krankheit in Familien festzustellen und einzuordnen (Riskin u. Faunce, 1990; erste Veröffentlichung 1977, Mental Research Institute, Palo Alto). Im deutschsprachigen Raum legte Müssig (1982) als eine der Ersten ein Familienklassifikationsschema vor. Sie modifizierte ein analytisches Konzept, das so genannte Instanzenmodell von Freud, und übertrug es auf die Familie.3 Die linearen Erklärungen von 2 Diese Behauptung soll in keiner Weise die Pionierarbeit von vielen Familientherapeuten auf dem Gebiet der Familiendiagnostik in Frage stellen. Mein Respekt gilt gerade ihnen, da sie damals nicht selten ihren guten Ruf als Psychotherapeut oder Psychologe aufs Spiel setzten, wenn sie die Ideen der Familientherapie öffentlich vertraten oder in ihre wissenschaftliche Arbeit einbezogen. 3 »Konflikte zwischen den beiden innerpsychischen Instanzen Es und Überich können auch betrachtet werden als Introjekte familiärer Konflikte […]. Familiäre Konflikte bzw. Defekte führen so zur Störung der Regelung individueller Gleichgewichte und zur Entstehung von Symptomen« (Müssig, 1982, S. 95).

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28 Tierfiguren in der Familienberatung Ursache und Wirkung4 – in der Art wie: »wenn Eltern viel streiten, zeigt das Kind Symptome« –, die in diesem Zusammenhang entstanden, waren bestechend einfach. Das führte in der Praxis oft dazu, solche Hypothesen zu objektivieren und sie einseitig therapeutisch, beraterisch zu fokussieren. So wurden und werden noch heute in vielen Familienberatungsstellen einseitig die Eltern oder gar ein Elternkonflikt für das auffällige Verhalten des Kindes verantwortlich gemacht. Je klarer die vermeintliche Ursache in der Familie ermittelt werden konnte, umso schneller war man dann auch zur einseitigen Verantwortungszuschreibung bereit. Aussagen wie: »Lösen Sie erst einmal als Eltern Ihren Konflikt, dann wird Ihr Kind sein Verhalten ändern!« müssen sich Eltern noch heute in Familien- oder Erziehungsberatungsstellen gefallen lassen. Insgesamt kann man feststellen, dass die frühen familiendiagnostischen Konzepte darauf ausgerichtet waren, ein Defizit im Funktionieren der Familie festzustellen. Auch einige der schon erwähnten bildhaft-metaphorischen Instrumente der Familiendiagnostik trugen dazu bei, Störungsbilder von kranken Familien oder Familientypen zu entwerfen bzw. zu bestätigen. Der in den frühen 1980er Jahren von Gehring (1998) entwickelte Familiensystemtest (FAST) basiert auf den systemtherapeutischen Annahmen vom Minuchin und ist ein Test zur Erfassung von Wahrnehmungen familiärer Beziehungsstrukturen in verschiedenen Situationen. Durch die Ermittlung und Kombination der Dimensionen Kohäsion und Hierarchie in der Darstellung der Familie lässt sich die Beziehungsstruktur klassifizieren in »balanciert«, »labil-balanciert« und »unbalanciert« (Gehring, 1998, S. 36). Aus der dem Manual des Tests angehängten klinischen Statistik wird ersichtlich, wie hoch der Anteil von gestörten Familien bei jedem Typ ausfällt (S. 53 ff.). Der FAST ist ein Diagnoseinstrument, das der Versuchung unterliegt, die Dimension Nähe – Distanz und die Macht- bzw. Einflussverhältnisse in der Familie zu überschätzen bzw. einseitig als Ursache für psychische Störungen 4 Beispielsweise: »Rasch wechselnde, gegensätzliche Handlungsaufforderungen, wie sie typisch für Streitfamilien sind, können in rasch wechselnden Muskelanspannungen resultieren, d. h. in Tics, Stottern, motorische Unruhe« (Müssig, 1982, S. 97).

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Tierfigurenskulpturen als familiendiagnostisches Instrument

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Einzelner in der Familie anzusehen. Er wird dem modernen systemischen Verständnis von Familiendiagnostik, welches eher von konstruktivistisch-ressourcenorientierten Prämissen ausgeht, nicht mehr gerecht. Dies gilt auch für die im Folgenden noch näher beschriebenen frühen tiefenpsychologischen Zeichentests wie »Familie in Tieren« vom Brem-Gräser (1995) und »Die verzauberte Familie« von Kos und Biermann (2002). Beide Tests geben vor, die Hintergründe kindlicher Störungen aufdecken zu können. Das diesen Zeichentests zugrunde gelegte psychoanalytische Denkmodell und Diagnoseverständnis betont beispielsweise zu einseitig die Struktur der Mutter-Kind-Beziehung – die aus einem Zeichentest, so die Autoren, deutlich abzulesen ist – als Ursache für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter. Die Familiendiagnostik entwickelte sich in zwei Schritten. Der Schwerpunkt der ersten eben beschriebenen Phase bestand darin, die Familie in das Zentrum der Untersuchung zu rücken und innerhalb der Familie nach defizitären Strukturen zu suchen. Welche Strukturen man genauer analysierte, hing vom jeweiligen frühen familientherapeutischen bzw. psychotherapeutischen Konzept ab, welches dem Diagnoseinstrument zugrunde gelegt wurde. Einige frühe klassische Konzepte wurden hier schon angeschnitten. Systemisch-ressourcenorientierte Familiendiagnostik: Die systemischressourcenorientierte Familiendiagnostik stellt eine Weiterentwicklung der familientherapeutisch-defizitären Familiendiagnostik dar. Der stärkere Einfluss konstruktivistischer und hypnotherapeutischer Ideen seit den 1980er Jahren auf die bis dahin eher psychoanalytisch ausgerichtete Familientherapie leitete einer Veränderung im familiendiagnostischen Denken ein und lässt sich als Beginn der zweiten Phase der Familiendiagnostik beschreiben. So definierte der Konstruktivismus den Objektivitätsbegriff neu und stellte bis dahin allgemeingültige Wahrheiten auch in der Familientherapie in Frage. Ein Postulat des Konstruktivismus ist die Idee, dass Menschen auch immer ein Teil der Welt sind, die sie beobachten und analysieren (von Foerster, 1995, S. 42 ff.). Es gibt keinen Platz außerhalb des zu beobachtenden Phänomens. Der Mensch ist deshalb Teil der Beobachtung und bestimmt den Fokus dessen, was beobachtet wird, und welche Bedeutung es erhält. Für Tests, deren

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30 Tierfiguren in der Familienberatung Gegenstand komplexe soziale Systeme sind, heißt das, die Ergebnisse spiegeln niemals objektive Tatsachen wider, sondern eben nur die vom Beobachter zuvor festgelegen kleinen Ausschnitte. Eine vom Beobachter unabhängige Welt gibt es nicht. Hinzu kommt, dass jedes Phänomen prinzipiell frei von Bedeutung ist und lediglich das der Analyse zugrunde gelegte Konzept mit seinen Vorstellungen vom richtigen Funktionieren einer Familie den beobachteten Phänomenen gute, schlechte oder funktionale bzw. dysfunktionale Eigenschaften unterstellt. Kurzum, ein System wie die Familie ist zu komplex, um sich auf wenige Faktoren wie Macht oder Nähe und Distanz der Familienmitglieder untereinander reduzieren und erklären zu lassen. Diese erkenntnistheoretischen Annahmen verändern den Ansatz von Familiendiagnostik grundlegend. In der neuen systemischen Beratung und systemischen Therapie – wie die Familientherapie seit dieser Zeit auch immer öfter genannt wird – dient die Diagnostik weniger der Feststellung individueller Störungen oder der Dysfunktionen innerhalb von Familien, sondern vielmehr der Darstellung und Beschreibung von familiären Kommunikations- und Verhaltensmustern (von Schlippe u. Schweitzer, 2006, S. 26). Dies soll auch für die hier vorgestellte Vorgehensweise Familie in Tierfiguren gelten. Spezielle Studien zur Arbeit mit dem Familienbrett zeigen, dass dieses Instrument häufig zur Diagnose und in der Arbeit mit Kindern eingesetzt wird (Wilken, 2000, S. 151). Viele Anwender entwickelten inzwischen diese Technik weiter und reicherten die schlichten Standardfiguren aus Holz, die eher etwas statisch wirken, mit anderen, lebendiger wirkenden Figuren an. Um beispielsweise der Wunderfrage5 (de Shazer, 1989) auch optisch Wirkung zu verleihen, kann man eine kleine Fee als Figur auf das Brett stellen und den Klienten fragen, was wohl in seiner Familie anders wäre, wenn eine Fee oder eine Zauberin käme und ihn vom Problem erlösen würde. Manchmal ist es auch sinnvoll, das vom Klienten geschilderte Problem in Form eines kleinen Gegenstandes darzustellen, welcher auf das Brett neben die Figuren der Fami5 »Angenommen, es würde eines Nachts, während Sie schlafen, ein Wunder geschehen, und Ihr Problem wäre gelöst: Wie würden Sie das merken? Was wäre anders?« (de Shazer, 1989, S. 24).

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Familiendiagnostik – Tiere im Zeichentest

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lienmitglieder gestellt wird. Das Familienbrett diente auch mir (Natho, 2005, 2007b, 2007c) als experimentelle Grundlage für die verschiedenen bildhaft-metaphorischen Varianten wie beispielsweise die Skalierungsscheibe, die ich in den letzten Jahren entwarf. Im Blick auf die Geschichte der Familiendiagnostik und den hier entworfenen Phasen markiert das Familienbrett den Übergang von einer defizitären Diagnostik hin zur systemisch-ressourcenorientierten Diagnostik. »Die Entwicklung des Familienbretts stellt einen Versuch dar, der systemorientierten Diagnostik und Therapie eine instrumentelle Grundlage zu geben« (Ludewig et al., 1983, S. 235). Die Autoren distanzieren sich von vornherein vom oben beschriebenen defizitären Ansatz der Familiendiagnostik und postulieren, dass das Familienbrett in erster Linie als Kommunikationsmittel konzipiert wurde (S. 238). Dennoch können die Autoren der Versuchung nicht widerstehen, typische Familiengestalten aus der Gesamtanordnung der Figuren auf dem Brett zu identifizieren und diese generell mit Deutung zu versehen. So soll beispielsweise das Dreieck als Gesamtanordnung auf eine Triangulierung innerhalb der Familien hinweisen und Ausdruck von Gespanntheit und Rigidität sein (S. 242). Und doch markiert das Familienbrett eine Wende im diagnostischen Anliegen.

Familiendiagnostik – Tiere im Zeichentest Gute Anregungen zur Arbeit mit Tierfiguren erhält man auch in der Beschäftigung mit zwei relativ bekannten tiefenpsychologischen Zeichentests. Das ist zum einen »Die verzauberte Familie« von Kos und Biermann (2002) und zum anderen die »Familie in Tieren« von Brem-Gräser (1995). In beiden Tests spielen die Zeichnungen von Tieren eine große Rolle. Sie werden in der psychiatrischen Kinderdiagnostik und auch in ambulanten Beratungsstellen häufig verwendet und gehören zur Gruppe der projektiven Zeichentests. Schenkt man den umfangreichen tiefenpsychologischen Deutungen, die die Bücher im Wesentlichen ausfüllen, weniger Bedeutung, lassen sich beide Verfahren auch unter dem Aspekt systemisch-lösungsorientierter Prämissen gut für die beraterische und familientherapeutische Arbeit mit Kindern und Familien und auch

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32 Tierfiguren in der Familienberatung für familiendiagnostische Zwecke nutzen. Die tiefenpsychologischen Deutungen sind oft nur vor dem Hintergrund eines psychoanalytischen Krankheitsverständnisses zu verstehen. Die hier kurz dargestellten Zeichentests wurden entwickelt, um kindliche Neurosen, Verhaltensstörungen und psychosomatische Krankheiten von Kindern zu diagnostizieren. Über den Sinn von psychoanalytischen Deutungen soll hier nicht weiter diskutiert werden. Es bleibt dem Anwender überlassen, ob und welchen Sinn es für ihn macht, beispielsweise in der Schlange eine sexuelle Symbolik zu erkennen oder einfach nur anzunehmen, dass das Tier aufgrund der leichten Darstellbarkeit vom Kind gewählt wurde. Wahrscheinlich verrät die Deutung mehr über den Berater oder Therapeuten als über das Unbewusste des Kindes.

Familie in Tieren

Brem-Gräser (1995) setzte ganz auf die Symbolkraft von Tieren sowie das Unterbewusstsein von Kindern und entwickelte in den 1950er Jahren einen thematischen Zeichentest für Kinder zur Analyse ihrer Situation in der Familie. Der Test »Familie in Tieren« erfreut sich noch immer großer Beliebtheit und findet im klinischen als auch im ambulanten Beratungs- bzw. Therapiekontext seine Anhänger. Das Kind wird zu Beginn aufgefordert, sich vorzustellen, die eigene Familie sei eine Tierfamilie. Dann soll die eigene Familie als Tierfamilie vom Kind gemalt werden. Das so entstandene Bild lässt sich unter verschiedenen Aspekten interpretieren. Abgesehen von den tiefenpsychologisch-analytischen Gesichtspunkten, die im Test nach Brem-Gräser den Deutungsrahmen vorgeben, ist die Familienzeichnung eine gute Grundlage für ein diagnostisches Gespräch mit dem Kind über dessen Familie. Auf der Basis systemischer Prinzipien lässt sich das Bild des Kindes von seiner Familie in Tieren auch im Rahmen einer systemisch-ressourcenorientierten Familiendiagnostik nutzen. Gemeinsam kann mit dem Kind über die gemalten Tiere und deren Bedeutung gesprochen werden. Man kann erforschen, welche Bedeutung im Zusammenhang mit der Lösungsbestrebung eine Ressource darstellt. Es hilft auf

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Familiendiagnostik – Tiere im Zeichentest

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Abbildung 2: Familie in Tieren (Arthur, fünfeinhalb Jahre)

jeden Fall, sich in der sozialen Landkarte und der Gedankenwelt des Klienten ortskundig zu machen und so Anschluss in der Wirklichkeit des Klienten zu finden. Aus diesem Grund und weil dieser Test die Tiermetapher zur Konstruktion von sozialer Wirklichkeit nutzt, will ich ihn näher vorstellen. Da ich diesen Test in meiner Praxis nur selten verwende, ihn aber hier etwas illustrieren wollte, bat ich meinen Sohn, fünfeinhalb Jahre alt, unsere Familie in Tieren zu malen (Abbildung 2). Der Aufforderung, unsere Familie zu malen, kam er mit Freude nach. Er beschwerte sich lediglich, dass er seine Tierfamilie nicht bunt ausmalen konnte. Sich selbst zeichnete er als Schlange oben im Bild. Seinen Bruder, der zweieinhalb Jahre jünger ist, zeichnete er als Krokodil in die Mitte. Seine Mutter wurde als Leopard rechts und ich als Elefant links im Bild dargestellt. Mich malte er zuerst, dann seine Mutter, seinen Bruder und zuletzt sich selbst. Die Deutungsbereiche im Originaltest nach Brem-Gräser (1995, S. 69–99) sind vielfältig, angefangen von der Strichbreite über die Stellung der Tiere untereinander bis hin zum Charakter der Tiere. Natürlich konnte ich mich nicht erwehren, das Bild unter dem Aspekt Beziehungen in der Familie nach den Kriterien und Annahmen von Brem-Gräser, deren Buch ich zuvor las, zu deuten. Die Neugier, ob die Interpretationen nicht vielleicht doch zutreffen,

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34 Tierfiguren in der Familienberatung war stärker als mein Wissen über Konstruktivismus, welches solche Versuchungen sonst erfolgreicher abwehrte. So analysierte ich beispielsweise anhand der Zeichnung, dass mein Sohn ein dominantes Kind ist, denn »das dominierende Kind schwebt meist über den anderen« (S. 95). Diese Deutung ist jedoch unbefriedigend, denn weiter heißt es, »das dominierende Kind beginnt meist mit sich selbst«. Mein Sohn hat mich aber zuerst gemalt, was mich wiederum zum dominanten, ja despotischen Vater machen würde, denn es heißt, dass »in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle mit dem despotischen Vater begonnen wird«. Weiter heißt es: »Die Haltung des dominierenden Kindes und despotischen Vaters ist stolz, gravitätisch.« Was bei mir als Elefant zuträfe, bei meinem Sohn als Schlange jedoch nicht. Die Deutungen sind, wie aus systemischer Sicht nicht anders zu erwarten war, nicht konsistent. Ich brach meine »Analyse« ab und versuchte, mit meinem Sohn ins Gespräch zu kommen, und fragte ihn, aus welchen Gründen er die jeweiligen Tiere für uns ausgesucht hat und was er sich so beim Zeichnen dachte. Seine erste Antwort lautete: »Das habe ich einfach nur so gemacht.« Hartnäckig wie ich nun mal bin, fragte ich weiter und erfuhr, dass alle von ihm gemalten Tiere spitze Zähne haben und dass die des Elefanten besonders lang sind. Der Leopard hat, wie das Krokodil, besonders scharfe Zähne. Auf die Frage, welches Tier am stärksten ist, antwortete er: der Elefant. Dann behauptete er plötzlich, schneller zu sein als der Elefant. Ich zweifelte das an und fragte, ob eine Schlange schneller sein kann als ein Elefant. »Nein«, sagte er, »Ich bin doch jetzt der Leopard und der ist schneller.« »Ach so«, sagte ich wohl: »Und wer ist dann die Schlange?« Mein Sohn: »Mama.« Ich fragte noch, welche Rolle sein jüngerer Bruder spielt und ob er als Krokodil eine Aufgabe hätte. Sinngemäß antwortete mein Sohn, dass er und auch Albrecht keine Aufgaben haben, sie seien ja die Kinder und die scharfen Zähne benötigten sie lediglich, um miteinander zu spielen. So ging es noch eine Weile weiter. Schließlich fragte ich ihn noch, ob es den Tieren in seiner Tierfamilie gut gehe oder ob jemand vielleicht Sorgen hat. »Warum?«, fragte er mich. »Nun, nur so«, erwiderte ich sinngemäß. »Nein, allen geht es gut! Du musst nicht weiter fragen!« Hier beendete mein Sohn das Gespräch und wandte sich einem neuen Spiel zu.

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Familiendiagnostik – Tiere im Zeichentest

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Das Gespräch über das Bild eignet sich im beraterischen Kontext gut, um in Beziehung zu kommen, um Geschichten über die Familie zu erzählen und spielerisch neue Phantasien zu erzeugen. Die Analyse der Familienbeziehungen anhand des Bildes nach den von Brem-Gräser vorgeschlagenen Interpretationsmöglichkeiten für bestimmte Bildmerkmale ergab: Je generalisierter und monokausaler die Deutung war, umso inkonsistenter wurde sie bei komplexeren Vergleichen. Eine systemische bzw. lösungsorientierte Weiterentwicklung dieses klassischen Zeichentests stellt vermutlich der so genannte Ressourcen-Zoo, beschrieben von Retzlaff (2008) und Vogt-Hillmann (1999), dar. Hierbei wird der Klient ebenfalls aufgefordert, seine Familie in Tieren aber unter dem Aspekt zu malen, dass diese Tiere alles können, was sie wollen. Sie verfügen also über die gewünschten Stärken, Fähigkeiten und Eigenschaften, die vielleicht nötig sind, um zu einer Lösung zu gelangen. Das so entstandene Bild wird nicht analysiert, sondern mit dem Klienten auf der Symbolebene der Tiere besprochen.

Die verzauberte Familie

Bei Kos und Biermann (2002, S. 23) lautet die Aufgabenstellung an das Kind sinngemäß so: »Stell dir vor, es kommt ein Zauberer und verzaubert eine Familie.« Die Autoren legen Wert darauf, dass hier eine Familie und nicht vordergründig die des Kindes verzaubert werden soll. Sie glauben, dass diese Formulierung es dem Kind eher ermöglicht, sich identifizierend und auch projizierend mit den Problemen der eigenen Familie auseinanderzusetzen. Trotz dieser neutralen Testaufforderung zeichnen spontan mehr als 40 % der Kinder das Bild vor dem Hintergrund der eigenen Familie und bilden so diese ab. Erstaunlich ist auch, dass trotz der offenen Formulierung hinsichtlich der zur Darstellung der Familie zu verwendenden Symbolik weitaus mehr Tiere als andere Objekte gezeichnet werden. So bringen 40 % der Kinder unter zehn Jahren reine Tierfamilien zu Papier (S. 205). Tiere spielen im Leben von Kindern offenbar eine sehr große Rolle. Sie sind dem Kind lebendige oder imaginative Begleiter und fester Bestandteil ihrer Lebens- und Phantasiewelt. Auch die Methodik der verzauberten Familie lässt sich im gestalte-

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36 Tierfiguren in der Familienberatung

Abbildung 3: Verzauberte Familie (Alexa, sechs Jahre)

rischen Ansatz in der systemischen Beratung und Familientherapie verwenden, vorausgesetzt, der Anwender kann sich vom eher wenig ressourcenorientierten tiefenpsychologischen Deutungskontext der Autoren des Tests lösen und nutzt das Bild, um mit dem Klienten über sich und seine Familie ins Gespräch zu kommen. Zur Veranschaulichung des Mediums soll nachfolgendes Beispiel aus meiner Praxis dienen. Auf Anfrage eines Jugendamtes kam eine Mutter mit ihrer sechsjährigen Tochter zu mir in die Praxis. Sie bat um eine Erziehungsberatung mit der von ihr als schwierig geschilderten Tochter. Im zweiten Teil des Gespräches forderte ich das Mädchen auf, nennen wir sie hier Alexa, ein Bild nach der Methodik der verzauberten Familie zu malen. »Weißt du, was ein Zauberer ist? Ich bitte dich, dir nun einmal vorzustellen, es kommt ein Zauberer und dieser verwandelt einfach eine Familie … Hier ist ein Blatt und ein Filzstift. Male die verzauberte Familie auf!« Nach einigen Rückfragen begann das Kind zu malen. Das Ergebnis (Abbildung 3) besprach ich dann mit Alexa im Beisein der Mutter. Ich möchte den Inhalt der Beratung hier nicht näher ausführen und beschränke mich auf die Ideen des Kindes im Zusammenhang mit seinem Bild. Wie zu erwarten war, verwendete auch Alexa zur Darstellung der Familie überwiegend Tiere. Zunächst malte sie einen Menschen (»Das ist Papa.«), dann rechts daneben einen kleinen Käfer, den sie jedoch gleich wieder durchstrich (»Das ist nichts.«). Anschließend malte sie wieder rechts daneben einen

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Familiendiagnostik – Tiere im Zeichentest

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Hund (»Mama«) und versuchte wieder rechts ein weiteres Mal einen Käfer zu malen. Auch diesen strich sie gleich wieder durch (»Das ist nichts.«). Dann versuchte sie ganz links im Bild zum dritten Mal einen Käfer zu malen. Diesmal war sie mit dem Ergebnis zufrieden (»Das ist ein Marienkäfer, Oma.«). Das anschließende Gespräch machte deutlich, dass auch sie ihre eigene Familie gemalt hatte. Alexa nutzte hierfür überwiegend Tiere. Sich selbst hatte sie dabei nicht gemalt, die Gründe dafür legte sie mir und ihrer Mutter im Gespräch dar.

Zusammenfassung

Die bekanntesten projektiven Zeichentests für Kinder greifen auf die symbolische Darstellung oder die Zeichnung von Tieren zurück. Auch einige der hier nicht näher beschriebenen Kindertests, in denen Familienbeziehungen eruiert werden sollen, wie der »Schwarzfuß-Test«6 von Corman (1995) oder die Bilderserie von Blum »Blacky Pictures« arbeiten mit Tierdarstellungen. Tiere spielen in der Welt von Kindern eine große Rolle. Sie beleben die reale Welt der Kinder als Haustiere, Nutztiere oder als Spielzeuge in den unterschiedlichsten Formen. Auch die Phantasie der Kinder ist bevölkert von Tieren, hier haben sie die vielfältigsten psychologischen Funktionen. Diese Tatsache und auch meine hier vorgestellten Arbeitstechniken mit Tierfiguren sind Anlass zu prüfen, welche Tiere denn bevorzugt von Kindern gemalt bzw. benannt werden. Für die hier ausführlicher beschriebenen Zeichentests finden die Autoren folgende Prioritäten: – Familie in Tieren (vgl. Brem-Gräser, 1995, S. 34 ff.): – Vater: 1. Elefant, 2. Pferd, 3. Schlange, 4. Hund und 5. Hase; – Mutter: 1. Vogel, 2. Hase, 3. Hund, 4. Schlange und 5. Pferd. 6 Der Schwarzfuß-Test ist ein projektiver Test für Kinder. 18 Bildkarten zeigen ein kleines Schweinchen in unterschiedlichen sozialen Situationen, das einige Abenteuer erlebt. Der Name des Helden ist Schwarzfuß (Schwarzfuß-Test), er hat einen schwarzen Fleck an der linken Pfote. Der Test stellt eine Weiterentwicklung des von Blum stammenden Blacky-Picture-Tests dar. Auf mehreren Bildern wird hier die fortlaufende Geschichte des Hundes Blacky und seiner Familie im Kontakt mit anderen Tieren erzählt.

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38 Tierfiguren in der Familienberatung Insgesamt zeichneten in einer von Brem-Gräser groß angelegten Untersuchung Kinder die Tiere in folgender Häufigkeit: 1. Schlange, 2. Hase, 3. Fisch, 4. Vogel, 5. Pferd, 6. Hund, 7. Elefant, 8. Katze, 9. Igel, 10. Ente. – Verzauberte Familie (vgl. Kos u. Biermann, 2002, S. 206): – Vater: 1. Pferd, 2. Elefant, 3. Hund, 4. Vogel und 5. Löwe; – Mutter: 1. Vogel, 2. Katze, 3. Hase, 4. Pferd und 5. Hund. Ein anderer in diesem Zusammenhang interessanter Test ist der Tier-Wunsch-Test. Kos und Biermann (2002, S. 272 f.) beziehen sich darauf. Er geht auf den spanischen Psychiater Pigem-Serra zurück und wird deshalb auch als Pigem-Test bezeichnet. Er fragte seine Patienten, was sie sein möchten, wenn sie ein zweites Mal auf die Welt kämen und alles sein dürften, nur kein Mensch. Für die Arbeit mit Kindern veränderte sich die Fragestellung im Laufe der Zeit. Um weitere Hinweise auf die individuelle Symbolbedeutung der in der verzauberten Familie gewählten Tiere zu gewinnen, stellen Kos und Biermann im Rahmen ihres Zeichentests ihren Probanden eine ähnliche Frage: Wenn du dich in ein Tier verwandeln könntest, welches Tier würdest du am liebsten sein und warum? Welches Tier möchtest du nicht sein und warum (S. 272)? – Welches Tier würdest du am liebsten sein?: 1. Katze, 2. Pferd, 3. Löwe, 4. Vogel, 5. Elefant, 6. Hund und 7. Affe. – Welches Tier möchtest du nicht sein?: 1. Maus, 2. Löwe, 3. Schlange, 4. Krokodil, 5. Fliege, 6. Tiger und 7. Elefant.

Familie in Tierfiguren Die Präsenz von Tieren im realen Leben und in der Phantasie von Kindern, aber auch in der Welt von Erwachsenen und die Fähigkeit, über und mit Tiermetaphern zu kommunizieren, stellt eine unerschöpfliche Ressource für die Entwicklung von Lösungen unterschiedlichster Probleme dar. Verkoppelt man die metaphorischen Grundideen der oben beschriebenen Zeichentests mit der Arbeitstechnik des Familienbretts, entsteht eine überaus nützliche und anschauliche Methode, die ich analog des von Retzlaff (2008,

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Familie in Tierfiguren

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Abbildung 4: Familie in Tierfiguren (Mädchen, neun Jahre)

S. 334) erwähnten ähnlichen methodischen Vorgehens als »Familie in Tierfiguren« bezeichnen möchte. Bei dieser Arbeitsweise bildet das Kind oder ein erwachsenes Familienmitglied mittels Tierfiguren seine Familie auf einem Brett oder einer anderen geeigneten Unterlage ab (Abbildung 4). Ich nutze diese Technik vorzugsweise in der Anfangsphase von Beratungsverläufen, also im ersten oder zweiten Gespräch, um die Aufmerksamkeit des Klienten auf seine Familie zu lenken oder um gemeinsam mit dem Klienten den Beratungsauftrag zu erarbeiten. Die Arbeitstechnik ist jedoch auch immer da nutzbringend, wo es darum geht, die Wahrnehmung des Klienten von Kommunikation und Beziehung innerhalb seiner Familie zu reflektieren. Die Arbeit mit Tierfiguren in dieser Phase des Gesprächs wirkt dynamisierend und beziehungsstiftend, anders als beispielsweise das Abfragen harter Daten zur Erstellung eines klassischen Genogramms, das eher einen starken Interviewcharakter aufweist und doch sehr an die Erhebung einer Krankengeschichte erinnert. Allein das Vorlegen der Tierfigurensammlung in einer großen Kiste und der Aufbau der Tierfiguren um das Brett herum fordern den Klienten auf, sich stärker zu beteiligen. So helfen Klienten oft beim Aufstellen der Tierfiguren mit. Sie nehmen einige Tierfiguren in die Hände und äußern sich bereits zu dem einen oder anderen Tier. Die Sammlung umfasst derzeit etwa 80 Schleich-Tierfiguren, die aufgrund ihrer Größe und Qualität gut für die Arbeit auf dem

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40 Tierfiguren in der Familienberatung Brett geeignet sind und in ihrem Größenverhältnis zu den Figuren des Familienbretts passen.7 Bei der Zusammenstellung der Tierfigurensammlung ließ ich mich von verschiedenen Gesichtspunkten leiten. Zum einen achtete ich darauf, dass Tierfiguren dabei sind, die auch in den Zeichentests von Probanden bevorzugt für die Darstellung von Familienmitgliedern verwendet wurden und zum anderen schien mir wichtig, dass die Sammlung verschiedene Tiergattungen umfasst. Außerdem enthält die Sammlung einige Jungtiere.

Einsatz und Verlauf der Arbeitstechnik

Die Arbeitstechnik Familie in Tierfiguren, so wie von mir hier dargestellt, kann mit verschiedenen Zielen eingesetzt werden. Sie eignet sich unter familiendiagnostischen Aspekten zur gemeinsamen Ermittlung des Beratungsauftrags und der Reflexion von Wahrnehmungen des Klienten zu Beziehungsdynamiken in seiner Familie. Darüber hinaus lassen sich im Gespräch und im Spiel mit den Tieren Spielräume und Ideen für mögliche Lösungen oder alternative Verhaltensweisen generieren. Die Arbeitstechnik lässt sich jedoch gewinnbringend auch im späteren Beratungsverlauf zur Unterstützung einer speziellen Intervention einsetzen. Die Vorgehensweise ist sowohl für Kinder als auch für Erwachsene geeignet. Für den Einsatz der Arbeitstechnik benötigt man etwa 60 Minuten. Folgende Arbeitsschritte sind zu empfehlen: 1. Instruktion: Eine Instruktion für die Arbeit mit Kindern könnte etwa lauten: »Du kennst doch Märchen, da werden oft Menschen in Tiere verwandelt und umgekehrt. Stell dir einmal vor, deine Familie wäre eine Tierfamilie! Suche dir nun von all den vielen Tieren hier für jedes Familienmitglied und auch für dich ein Tier aus!

7 In verschiedenen Vorgehensweisen, beispielsweise in der Teilearbeit mit Tierfiguren, werden oftmals gleichzeitig neben den Tierfiguren die Figuren des Familienbretts verwendet. Eine solche Figur symbolisiert dann gut das Handlungs-Ich, also den Teil der Persönlichkeit, der die Handlungen ausführt und sich für das Verhalten verantwortlich fühlt.

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Familie in Tierfiguren

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Stelle sie so auf das Brett, dass sie wie bei dir zu Hause miteinander leben können! Manche Tiere verstehen sich gut miteinander und manche auch nicht. Manche brauchen sich mehr, andere weniger. Manche sehen sich an, andere kehren sich den Rücken zu. Stell auf, wie du das in deiner Familie gerade erlebst.« Die Instruktion für Erwachsene kann ähnlich lauten: »Sie haben sicher schon bemerkt, wie oft wir im Alltag Menschen mit Tieren vergleichen. Wir verwenden dafür gern Metaphern: ›Das ist ein Angsthase‹ oder ›Man soll den Kopf nicht in den Sand stecken wie ein Strauß‹. Es liegt nahe, Menschen mit Tieren zu vergleichen. Nun möchte ich Sie bitten, aus dieser Tierfigurensammlung Ihre eigene Familie zusammenzustellen und hier auf diesem Brett so anzuordnen, wie Sie denken, dass diese auch zu Hause zueinander stehen. Ich meine damit, wer sich vielleicht näher steht und wer dem anderen vielleicht eher den Rücken kehrt …« 2. Aufstellung der Tierfiguren: Der Klient wählt für jedes Familienmitglied eine Tierfigur aus und ordnet sie nacheinander entsprechend seiner Beziehungsvorstellung auf das Brett. Er soll genügend Zeit und Raum haben, die eigene Familie zu entwickeln. Hierbei wird er von bewussten und unbewussten Impulsen gesteuert. Er fragt sich: Wie kann ich mit Tierfiguren gut mein Problem darstellen oder was wird der Berater jetzt sehen wollen? Aber stärker noch fließen unbewusst die vielen Erfahrungen mit den einzelnen Familienmitgliedern bei der Auswahl und Aufstellung der Tierfiguren ein. In jedem Fall entsteht ein subjektives Bild, das bei Fokussierung eines speziellen Themas, wie vielleicht ein Konflikt in der Familie (»Stelle deine Familie in Tierfiguren während eines Konfliktes auf!«), anders aussehen wird. Dies kann für besonders gewissenhafte Klienten, die immer alles möglichst perfekt, richtig und objektiv machen wollen, ein wichtiger Hinweis sein. In der Regel erkennt man diese Klienten daran, dass sie die Tierfiguren äußerst lange auf dem Brett hin- und herrücken und um die genaue Position einer jeden Tierfigur ringen. Hier kann der Hinweis, dass man eine Aufstellung meist nicht einhundertprozentig hinkriegt, unterstützend wirken. »Erlauben Sie sich ruhig einmal, ein subjektives Bild Ihrer Familie zu entwickeln, es wird für unsere Arbeit dennoch geeignet sein.« Manche Klienten versuchen auch, die Aufstel-

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42 Tierfiguren in der Familienberatung lung zeitlich zu generalisieren. Das heißt, sie suchen eine Komposition, die möglichst zeit- und situationsunabhängig ist, und können sich deshalb nur schwer auf eine Anordnung festlegen. Hier hilft oft der Hinweis, dass es nur eine Momentaufnahme sein soll. »Stellen Sie sich vor, Sie machen, ähnlich wie beim Fotografieren, eine Momentaufnahme Ihrer Familie. Lassen Sie sich dabei von Ihrem derzeitigen Gefühl oder von aktuellen Erlebnissen leiten.« Die meisten Klienten verstehen jedoch sofort den Sinn der Aufstellung und setzen den Auftrag problemlos um. Dies gilt sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. 3. Erforschen und Interpretieren der Familiensituation: Der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit verlagert sich hierbei auf eine gemeinsame Interpretation der so entstandenen Tierfigurenskulptur und die ihr innewohnenden Beziehungsdynamik. Ausgangspunkt der gemeinsamen Erforschung bzw. Interpretation ist die Wahrnehmung des Klienten hinsichtlich seiner eigenen Familie. Die Tierfigurenskulptur und damit die Wahrnehmungen der sozialen Landschaft des Klienten werden gemeinsam mit ihm im Gespräch erkundet. Welche Familienmitglieder stehen sich nahe? Wie passen die Tiere hinsichtlich ihrer Gattungen zusammen (Raubtiere, Kriechtiere, Vögel, Haustiere usw.)? Welche Lebensräume teilen sie miteinander? Welche räumliche Distanz gibt es zwischen den Tieren? Welche Ideen hat der Klient, wie die von ihm dargestellte Tiergemeinschaft wohl lebt? Wer frisst eher wen und wer kann wen wie unterstützen? Mit fortlaufendem Gespräch kann nach Bedarf und Zielsetzung die Symbolebene verlassen werden. Über die Tiere lassen sich die Eigenschaften und typischen Verhaltensweisen einzelner Familienmitglieder genauer herausarbeiten. Bei familiären Konflikt- oder Problemsituationen lassen sich mit dem Klienten auf der Grundlage der dargestellten und reflektierten Beziehungen und den typischen Charakteren einzelner Familienmitglieder alternative Verhaltensweisen herausarbeiten. Wer verfügt über welche Grenzen und Ressourcen und wie sind sie hinsichtlich des Anliegens nutzbar? 4. Das Spiel mit Unterschieden: Vor allem jüngere Kinder haben das Bedürfnis, die Tierfiguren anzufassen, zu bewegen und aus-

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Familie in Tierfiguren

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zutauschen. Wenn sie das Tier erklären, dann nehmen sie es gern in die Hand oder führen es über das Brett zwischen andere Tierfiguren hindurch, um eine bestimmte Bewegung des Tieres zu verdeutlichen. Um die vom Kind aufgestellte Tierfamilienskulptur für die Phase der Erforschung und Interpretation zu erhalten, bitte ich das Kind, die Tierfigur in einem solchen Fall wieder aufs Brett zu stellen, und kündige die spätere Möglichkeit des Spiels an. In dieser vierten Phase nun nehme ich die Spielimpulse des Kindes auf und bitte das Kind unter bestimmten, oft von mir vorgegebenen Aspekten, Veränderungen und Weiterentwicklungen vorzunehmen und vielleicht ein thematisches Spiel zu entwickeln. So gebe ich beispielsweise neue Situationen oder bestimmte Anforderungen für die Tierfamilie vor und sage vielleicht: »Angenommen, deine Familie wird bedroht, wer hat am meisten Angst und versteckt sich hinter wem, wer verteidigt die Familie? Bitte zeige mir das einmal!« oder »Wenn der kleine Hase hier Lust hat zu spielen, zu wem hoppelt oder geht er dann? Zeige und erzähle mir, was der Hase macht und was die anderen Tiere machen und sagen!« oder »Stell dir einmal vor, dieser Dinosaurier (vielleicht der alte Großvater) stirbt auch einmal aus, wer wird an seine Stelle treten, wer wird traurig oder froh sein? Was machen die anderen Tierfiguren? Nimm die Tiere in die Hand und spiel mir vor, was sich verändert!« In einem Fall, es ging um Versagensängste eines Kindes in der Schule, erzählte das Kind, dass es befürchtete, die Lehrerin könnte nach Hause kommen und den Eltern von seinem Verhalten in der Schule erzählen. Ich bat das Kind, für die Lehrerin eine Tierfigur auszusuchen (Abbildung 5). Es wählte ein Schwein aus. Ich nahm das Schwein in die Hand und fing an, es schnaufend durch die Tierfamilie des Kindes zu schieben. Das Kind fing an zu lachen und sagte: »Nein, nein! So nicht, es grunzt viel lauter.« Dann nahm das Kind das Schwein selbst in die Hand und schob es unter lautem Grunzen zum Vater (ein Mammut) und lachte anschließend noch lauter. Ich fragte das Kind, was gerade in der Familie passiert ist, und es antwortete: »Frau Sowieso ist ein dickes Schwein und kann nur rumgrunzen, ich glaube, das Mammut hat keine Lust, das zu hören, es hört sich eklig an. Das Mammut dreht sich bestimmt bald weg oder brüllt es an.« Ich ließ das Kind die Tierfigur des Vaters

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Abbildung 5: Schwein und Mammut bzw. Lehrerin vor dem Vater (Mädchen, zehn Jahre)

wegdrehen und fragte, wie es sich nun selbst fühlt und wie die anderen Tiere der Familie sich verhalten. Es gibt viele Möglichkeiten, das Kind in ein Spiel zu verwickeln, die Impulse kommen in der Regel vom Kind, vom Jugendlichen selbst. Es ist dabei nicht wichtig, ein besonders »therapeutisch-wertvolles« Spiel anzuregen. Vielmehr geht es um ein Spiel mit Unterschieden, das heißt, wenn es gelingt, die ursprünglich in Phase 3 vom Kind beschriebenen Verhaltensweisen der Tiere zu verändern, zu variieren oder zu überzeichnen, dann werden zumindest in der Phantasie des Kindes neue Optionen, Lösungen möglich. Am Ende des Spiels kann man, wenn das Kind auf einen Transfer anspricht, einige der gespielten Unterschiede noch konkreter erfragen. »Welche Situation war für dich am schönsten? Wo hast du dich gut gefühlt? Wie magst du deine Eltern am liebsten? Was, welches Verhalten, welche Eigenschaft würdest du von deinem Tier gern mit in die Wirklichkeit nehmen? Stell dir einmal vor, die Tierfiguren würden sich wieder in Menschen, in deine echte Familie verwandeln, welche Person sollte etwas von seiner Verwandlung behalten? Welche Person sollte nun eher dies oder das machen?« Viele Kinder äußern Veränderungswünsche und man kann im Rahmen der Auftragsklärung erfragen, welche eher von bestimmten Familienmitgliedern realisiert werden können und was sich das Kind für

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Familie in Tierfiguren

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sich wünscht. Es geht nicht darum, die Phantasie des Kindes an der Realität zu relativieren oder gar zu korrigieren, sondern darum, die Phantasie als Basis für die Veränderung von Wahrnehmungen und Wirklichkeitsbeschreibungen zu erhalten.

Ideen und Fragen zur Erforschung der Tierfigurenskulptur

Folgende Ideen und Fragen unterstützen die gemeinsame Erforschung der Darstellung bzw. Skulpturen von Familien in Tierfiguren. Je nach Auftrag oder Arbeitshypothese lassen sich einzelne Aspekte noch stärker fokussieren, während andere in der Erforschung der Familiensituation in den Hintergrund treten. – Die für die Familienmitglieder ausgewählten Tierfiguren bieten unzählige Möglichkeiten, mit dem Klienten ins Gespräch zu kommen. Die Größe, die Gestalt, der Ausdruck, die Haltung und der Charakter der Tierfiguren spielen bei der Auswahl bewusst oder unbewusst für den Klienten eine Rolle. Nun lässt sich erforschen, welche Bedeutungen, welche Merkmale der Tierfiguren auf die jeweiligen Familienmitglieder übertragen werden. Mit den Tierfiguren versuchen Klienten auch bestimmte Eigenschaften von Familienmitgliedern hervorzuheben. Anregung dafür sind meist allgemein gebräuchliche Tiermetaphern (»Der ist schlau wie ein Fuchs.«) oder persönliche Erfahrungen mit Tieren (»Der ist so kuschelig wie meine Katze.«). Erforscht wird das spezielle Verhalten von Familienmitgliedern und die Wirkung des Verhaltens in der Interaktion mit anderen Familienmitgliedern. – Welchen Eindruck macht die Gesamtkomposition der Familie in Tierfiguren? Wie passen die Tiere insgesamt zusammen? Welche Tierarten (Raubtiere, Vögel, Jungtiere, prähistorische Tiere) wurden versammelt? Entstammen die Tiere einem gemeinsamen Lebensraum? Vielleicht erhält der Klient im Gespräch über die Gesamtkomposition hilfreiche Informationen und kann Rückschlüsse über das allgemeine Beziehungsklima in der Familie ziehen? (Wenn man von außen, vielleicht als Tierverhaltensforscher, auf die Tierfamilie schaut, zu welchen Erkenntnissen würde man gelangen und welche treffen auf die eigene Familiensituation zu?)

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46 Tierfiguren in der Familienberatung – Die Entfernung zwischen den aufgestellten Tierfiguren kann ein Hinweis sein, wie der Klient Nähe und Distanz, Kontakthäufigkeit und emotionale Nähe zwischen den einzelnen Personen in seiner Familie erlebt. (Wer steht wem denn näher? Welche Tiere können gut miteinander, welche gehen sich eher aus dem Weg?) – Werden mehr als fünf Tierfiguren aufgestellt, kann man häufig beobachten, dass sich kleinere Gruppen bilden oder dass ein Paar gesondert steht. Die Beziehungssituation zwischen einzelnen Tierfigurpaaren oder Dreiergruppen lassen sich dann noch einmal gesondert untersuchen. (Was vereint die Gruppe miteinander? Welche Gemeinsamkeiten gibt es im Subsystem? Welche Unterschiede? Welches Verhalten müssten andere Tiere zeigen, um vielleicht zu dieser Gruppe zu gehören? Wie ist die Blickrichtung? Wie passen einzelne Tiere zusammen? Sind sie eher Konkurrenten im tatsächlichen Lebensraum oder treffen Jäger und Beutetier aufeinander?) – Interessant kann im Rückblick auch die Reihenfolge in der Auswahl und Aufstellung der Tierfiguren sein. (Für welches Familienmitglied fand der Klient schnell eine passende Tierfigur und bei wem fiel ihm das eher schwer? Für welche Person würde er ein anderes Tier, welches nicht in der Tierfigurensammlung enthalten war, wählen? Welches?)

Fallbeispiel

Eine Mutter kommt in die Beratung. Sie macht sich Sorgen, weil ihre neunjährige Tochter, nennen wir sie hier Lena, seit einigen Monaten unter Einschlafstörungen leidet. Die Mutter ist selbst Sozialarbeiterin mit Beratungserfahrung und wollte sich ein paar Anregungen holen, was sie und ihr Mann noch tun könnten, um das Einschlafverhalten der Tochter zu verbessern. Sie haben bereits verschiedene Dinge, wie die Veränderung der Einschlafsituation und den Zeitpunkt des Zubettgehens, ausprobiert. Leider ohne Erfolg. Es sei dadurch weder besser noch schlechter geworden. Im Erstgespräch fragte ich sie, welche Ideen sie zum Sinn des Verhaltens ihrer Tochter habe, und sie äußerte verschiedene Vermutungen,

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Familie in Tierfiguren

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relativierte diese aber mit der Aussage, dass sie es eigentlich nicht genau wisse. Denn bisher haben die Eltern immer versucht, Lena von der Sinnlosigkeit ihres Verhaltens zu überzeugen und sie zur Unterlassung des Verhaltens zu bewegen. Wenn sie ihre Tochter abends ins Bett brachten, dann benötigte diese oftmals bis zu drei Stunden, um einzuschlafen. Immer wieder stand die Tochter auf und ging in das elterliche Wohnzimmer, um dieses oder jenes zu bekommen. Wenn sie im Bett blieb, schlief sie dennoch nicht ein, sie las oder malte oder beschäftigte sich anders. Oft schlief sie erst ein, wenn die Eltern selbst zu Bett gingen. Ich empfahl ihr, die Tochter und ihren Mann zum nächsten Termin mitzubringen und bot ihr an, die Tochter nach ihren Wahrnehmungen und Ideen zu diesem Phänomen zu befragen. Die Eltern sollten das Gespräch, das per Video in den Nebenraum übertragen wurde, von dort aus beobachten. Ich sagte ihnen, sie müssten dabei nichts tun, außer sich das Gespräch zwischen mir und ihrer Tochter anzuschauen. Zwei Wochen später war die Mutter mit dem Kind da. Der Vater konnte nicht mitkommen, da er arbeitsbedingt unterwegs war. Ich ging mit Lena in den Beratungsraum und die Mutter ließ ich im Nebenraum Platz nehmen. Ich stellte den Monitor ein, auf dem sie das Gespräch zwischen mir und ihrer Tochter beobachten konnte. Nach einer kleinen Aufwärmphase, in der ich Lena zu ihren Freunden und zu ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung befragte, präsentierte ich ihr die Sammlung von Tierfiguren und bat sie, ähnlich wie bereits beschrieben, sich ihre Familie als Tiere vorzustellen und diese in Beziehung zueinander aufzustellen. Sie begann mit ihrem Vater (Pferd), dann stellte sie ihre Mutter (Strauß), dann sich selbst (Pinguin) und zum Schluss ihren älteren Bruder (kleine Ziege) auf. Sie erklärte ihre Familie dann in etwa so: »Das Pferd soll mein Papa sein, es ist groß und stolz. Meine Mama ist ein Strauß, der kann auch so schnell laufen wie das Pferd. Constantin, mein Bruder, ist eine kleine Ziege und ich bin der Pinguin. Constantin ist zwar größer als ich, aber er ist etwas krank, behindert und er geht in eine Sonderschule. Ich gehe in eine normale Schule. Constantin ist oft bockig, darum habe ich den kleinen Ziegenbock für ihn ausgesucht. Er ist auch mit mir oft bockig und will nicht machen, was ich ihm sage.«

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Abbildung 6: Familie in Tierfiguren (Lena, neun Jahre)

Es folgen Gesprächsausschnitte zur Arbeit »Familie in Tierfiguren« (B. = Berater, L. = Lena). B.: »Wie das?« L.: »Manchmal, wenn ich mit ihm spielen soll, mag er nicht das spielen, was ich will. Er zerstört immer mein Spiel.« B.: »Was sagen deine Eltern dazu?« L.: »Ich soll immer Rücksicht nehmen.« B.: »Du bist der Pinguin?« L.: »Ja, das sind niedliche Tiere, ich habe letztens einen Film über Pinguine gesehen, die sind wirklich süß.« B.: »Wie passt das Tier denn zu dir?« L.: »Ich bin auch süß, das sagt auch mein Papa manchmal zu mir.« B.: »Und deine Mama?« L.: »Die nicht.« B.: »Was sagt denn deine Mama zu dir, wie findet sie dich denn?« L.: »Das weiß ich eigentlich nicht genau.« B.: »Und würde deine Mama auch sagen, dass Constantin ein kleiner Ziegenbock ist?« L.: »Nein, sie nimmt Constantin immer in Schutz, weil der doch krank ist.« B.: »Erzähl mir noch mehr über den Pinguin!« L.: »Der Pinguin ist süß und tollpatschig. Er hat auch Flügel, mit denen kann er aber leider nicht fliegen.« B.: »Er kann also nicht fliegen.« L.: »Nein.« B.: »Wenn er nun doch fliegen könnte, wohin würde er fliegen?« L.: »Er kann aber nicht fliegen!« B.: »Gut, würde er denn manchmal fliegen wollen?« L.: »Ja, vielleicht.«

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Familie in Tierfiguren

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Sie konnte mir trotz einiger Nachfragen nicht beschreiben, wie der Pinguin eine eventuelle Flugfähigkeit nutzen würde. Da meine Strategie, hier neue Handlungsoptionen zu erzeugen, keinen Anschluss im Wirklichkeitssystem der Klientin mehr fand, wechselte ich den Fokus. B.: »Wenn du mal Schutz oder Trost brauchst, zu wem gehst du dann?« L.: (nimmt den Pinguin und schiebt ihn zum Pferd) »Ich gehe zu Papa, wenn der da ist.« B.: »Was heißt, wenn er da ist?« L.: »Papa und Mama gehen viel arbeiten. Papa ist oft auch am Abend weg.« B.: (ich nehme den Pinguin und stelle ihn an die Seite der Mutter) »Wenn Papa nicht da ist, dann gehst du zu deiner Mama und holst dir dort Trost?« L.: »Manchmal, wenn Constantin in seinem Zimmer ist.« B.: »Und wie fühlt sich der Pinguin dann?« L.: »Gut.« B.: »Wer ist denn öfter bei Mama, der Pinguin oder der kleine Ziegenbock?« L.: »Mama ist mehr bei Constantin.« B.: »Und wie findest du das?« L.: »Das ist gut, Constantin braucht Mama mehr, weil er doch manche Sachen nicht kann.« B.: »Und wie ist es mit dir? Du kannst wohl schon alles?« L.: »Ja, nur im Vorlesen und Schreiben nicht, da bin ich nicht gut. Da habe ich oft eine Drei oder auch eine Vier.« B.: »Ah, was sagt deine Mama dann?« L.: »Das gefällt ihr gar nicht. Sie sagt, ich muss mich mehr anstrengen.« B.: »Und dein Papa?« L.: »Der sagt nichts, der ist ja meistens auch nicht da.« B.: »Angenommen, er wäre mal da, nur mal so ausnahmsweise?« L.: »Dann würde er nicht schimpfen.«

Weitere Gesprächssequenz: B.: »Wenn der Pinguin schläft und einen ganz tollen, guten Traum hätte, wovon würde er träumen?« L.: »Er träumt davon, zu fliegen.« B.: (Auf das Thema fliegen gehe ich nicht noch einmal ein.) »Was ist, wenn er von seiner Familie träumt?« L.: »Dann träumt er von seinem letzten Geburtstag, der war sehr schön.« B.: »Ah, wie schön?«

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50 Tierfiguren in der Familienberatung

Abbildung 7: Darstellung der Familiensituation im Traum (Lena, neun Jahre)

L.: »Sehr schön eben!« B.: »Was war da bei euch anders als sonst?« (Lena überlegt) »Kannst du mir das mal mit der Tierfamilie zeigen?«

Das Mädchen nimmt die Tierfiguren, stellt sich in den Mittelpunkt und die anderen Tiere um sich herum, sie anschauend (siehe Abbildung 7). B.: »Sehe ich das richtig, du stehst jetzt im Augenblick mal im Mittelpunkt?« L.: »Eigentlich ja.« B.: »Und wie fühlt sich der Pinguin jetzt?« L.: »Gut.« B.: »Zum Geburtstag kann man sich ja immer etwas wünschen, man kann sich Spielzeug, aber auch andere Dinge von den Eltern wünschen. Was würdest du dir von deinem Papa, deiner Mama und von deinem Bruder wünschen?« L.: »Von Papa wünsche ich mir, dass er wie zu meinem Geburtstag mit mir Späße macht.«

Das kleine Beispiel illustriert meines Erachtens gut, wie einfach es ist, über die Arbeitsweise der Familie in Tieren die Wahrnehmung des Kindes hinsichtlich der familiären Situation zu erkunden. Ich will die Aussagen der Klientin hier nicht interpretieren, sicher fallen dem Leser gleich einige Hypothesen zum Sinn des Verhaltens

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Familie in Tierfiguren

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des Kindes ein. Letztlich konstruiert das Kind ja durch meine Fragen eine Familienwirklichkeit. Ein anderer Berater hätte vielleicht eine andere Familie mit dem Kind konstruiert. Es geht in der systemischen Familiendiagnostik, so wie ich sie verstehe, auch nicht um Objektivität, sondern darum, Familien zu konstruieren, in denen man Ideen für alternative Verhaltensweisen entwickeln bzw. finden kann. Zwei Wochen später, in einem dritten Beratungsgespräch, sah ich gemeinsam mit der Mutter das Video noch einmal an und wir überlegten, was ihr Kind bräuchte und wie die Eltern sich verhalten könnten, um in Zukunft ein schnelleres Einschlafen des Kindes zu ermöglichen. Die Mutter konnte einige Ideen aus der Arbeit mit Tierfiguren für sich gewinnen und die Beratung war beendet.

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Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen – Wenn sich Gefühle in Tierfiguren verwandeln

Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung Wenn hier von Trauerarbeit die Rede ist, dann ist im engeren Sinne vor allem eine seelsorgerliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Kontext von Heimerziehung oder anderen stationären Unterbringungsformen gemeint. Die Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen ist in der stationären Hilfe ein ganz besonderes Thema. In den vergangenen Jahren widmete ich diesem Gegenstand im Kontext von Jugendhilfe viel Aufmerksamkeit (Natho, 2007a) und befragte Kinder und Jugendliche, die in der Heimerziehung untergebracht und damit von ihren Eltern zeitweilig oder dauerhaft getrennt lebten, zu ihrem Trennungserleben. Man konnte erfahren, dass viele sich von ihren Erziehern und Betreuern hinsichtlich ihres Gefühlserlebens nicht gut verstanden fühlten. Die Praxis zeigt, dass es diesbezüglich bei professionellen Helfern nach wie vor viele Fragen und Wünsche nach konkreten Konzepten und methodischen Vorgehensweisen gibt. Darum soll an dieser Stelle die bereits in groben Zügen skizzierte Teilearbeitsform, die so genannte »Versammlung der Gefühle in Tierfiguren« (Natho, 2007a, S. 179 f.) nun detailliert dargestellt werden. Die Technik, ursprünglich zur Exploration von Gefühlen genutzt, wurde inzwischen viele Male auch bei anderen Lösungsbestrebungen angewandt. Sie zeigt sich vor allem dort wirksam, wo es als hilfreich erachtet wird, innere emotionale Spannungszustände zu fokussieren und im Sinne der Selbstorganisation bewusste und unbewusste Entwicklungen beim Klienten anzuregen. Das Thema Trauerbewältigung spielt in der fachlichen erzieherischen und sozialpädagogischen Reflexion kaum eine Rolle. Dass Kinder und Jugendliche möglicherweise trauern, wenn sie aus der Familie freiwillig oder unfreiwillig herausgenommen werden, kön-

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Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung

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nen sich viele professionelle Helfer zwar vorstellen, doch aus verschiedenen Gründen rückt dieser Sachverhalt nur selten in den Mittelpunkt von Jugendhilfeplanungsprozessen. Da ist es schon etwas anderes, wenn die Mutter, der Vater eines Kindes oder ein anderes für das Kind wichtiges Familienmitglied gestorben ist und dieser Umstand zu einer Jugendhilfeintervention führt. Dann ist Trauerarbeit selbstverständlich. Der Tod rechtfertigt starke Verlustgefühle und macht professionelle Trauerbegleitung nötig. Doch was ist mit den Verlustgefühlen, die ein Kind erleidet, wenn es von der Familie, von seinen leiblichen Eltern, von den Geschwistern zeitweilig oder dauerhaft und häufig auch bis zur Verselbstständigung getrennt wird? Betrachtet man die durchschnittliche Verweildauer von Kindern und Jugendlichen in stationären Formen der Jugendhilfe genauer, so fällt auf, dass etwa 33,5 % der Kinder und Jugendlichen über zwei Jahre von ihren Familien getrennt in einer Einrichtung leben8 (Fuchs et al., 2004, S. 52). Diese Zahl macht deutlich, dass es sich bei Heimunterbringungen nicht um einen zweiwöchigen Ferienlageraufenthalt oder einen kleinen Erholungsurlaub von zu Hause handelt. Hier lässt sich das Verlusterleben nicht als vorübergehendes Heimweh verharmlosen, welches sich nach ein paar Tagen wieder gibt. Nein, die Herausnahme aus der Familie in eine stationäre Jugendhilfemaßnahme oder auch ein längerer Psychiatrieaufenthalt ist für die meisten Kinder und Jugendlichen ein einschneidendes, belastendes Ereignis, welches zu heftigen emotionalen Stressreaktionen des psychischen Systems führt. Diese Erfahrung wurde durch eine gezielte Befragung9 von Kindern und Jugendlichen in Jugendhilfemaßnahmen zu diesem Thema bestätigt. Viele Kinder und auch noch ältere Jugendliche fühlen sich durch die Herausnahme aus der Familie aus ihrer vertrauten Umgebung herausgerissen und trauern dieser in ganz unterschiedlicher Art und Weise nach. Sie beschreiben in diesem Zusammenhang ein emotionales Erleben, das von Zukunftsangst, Unsicherheit, Är8 Diese Angabe bezieht sich auf eine Jugendhilfestatistik von 2004 des Bundeslandes Sachsen-Anhalt und ist den Autoren zufolge repräsentativ für Gesamtdeutschland. 9 Befragt wurden 14 Kinder und Jugendliche im Alter von 9–16 Jahren in stationären Jugendhilfeeinrichtungen und in Pflegefamilien in Sachsen-Anhalt.

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54 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen ger bis hin zu tiefer Traurigkeit und Kränkung reicht. Die Art und Weise, diese Gefühle zu zeigen, ist recht unterschiedlich. Während einige eindeutig trauriges oder ängstliches Verhalten zeigen und dies gegenüber ihren Betreuern kommunizieren, reagieren andere unspezifisch aggressiv, sie verletzen sich und andere oder zeigen störendes Verhalten. Der Übergang von der Familie in eine stationäre Jugendhilfemaßnahme ist für die meisten Kinder eine krisenhafte Situation. Der eigene Standpunkt zur Familie muss neu definiert und der Verlust von Bindung verarbeitet werden. Für viele Erzieher und Betreuer ist es schwer zu verstehen, dass die Hilfe, die sie anbieten, auch zu schmerzvollen Erfahrungen bei den Kindern, die sie betreuen, führt. Gerade wenn Kinder körperliche, seelische oder sexuelle Gewalt in der Herkunftsfamilie erfahren mussten, fällt es schwer, die Trauer über den Verlust familiärer Bindung und auch die ungebrochene Liebe der Kinder ihren Eltern gegenüber nachzuvollziehen. Demzufolge ist es nicht verwunderlich, dass auch in der theoretischen Reflexion zum Umgang mit Trennungserleben von Kindern in Heimerziehung und speziell zu Trauerarbeit in der einschlägigen Literatur nur wenige hilfreiche Anregungen zu finden sind. Was man hinsichtlich dieser Fragestellung findet, ist zudem äußerst begrenzt und fokussiert einseitig in erster Linie die Chancen von Trennung als Übergang und Neuanfang (Juchmann, 2002). Die Kraft der familiären Bindung und insbesondere das emotionale Verlusterleben der unfreiwillig von ihren Eltern getrennten Kinder findet kaum Beachtung. Dieses Phänomen ist meines Erachtens unter anderem der stark ressourcenorientierten Ausrichtung der aktuellen Jugendhilfeliteratur geschuldet. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen hier die Veränderung, der Übergang und die Lösung10 (vgl. Durrant, 1999, S. 39 ff.). In dem achtenswerten Versuch, die Fokussierung von Defiziten und 10 »Wird ein Kind oder eine Heranwachsende in eine stationäre Einrichtung aufgenommen, so findet eine offenkundige Trennung statt – eine Trennung von der Familie. Das ist aber nicht die Trennung, die wir besonders beachten wollen, denn diese Trennung verstärkt allzu leicht die Ansicht über den Fehler oder das Defizit aufseiten des Kindes. Wenn wir dies als eine Zeit des Übergangs für die ganze Familie hervorheben, dann soll nicht die räumliche Trennung des Kindes von den Eltern im Mittelpunkt stehen« (Durrant, 1999, S. 39 ff.).

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Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung

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Fehlern zu vermeiden, werden leider allzu leicht die Tragik und die Schwere von Trennung übersehen. Heimerziehung kann elterliche Liebe und Fürsorge nicht ersetzen. Sie ist und bleibt eine Notlösung mit vielen Defiziten und Entbehrungen für die im Heim untergebrachten Kinder. Auch das kollegiale Beschwören von Ressourcen in den fachlichen Gesprächen wie Fallberatung und Supervision kann die augenscheinlichen Defizite nicht auflösen. Diese Feststellung soll keineswegs den lösungsorientierten Ansatz, dem ich selbst sehr nahe stehe, in Frage stellen, sondern das Nachdenken darüber anregen, ob und wie weit es für Kinder und Jugendliche unterstützend sein kann, auch der Trauer und der Belastung, die sie durch Trennung und Bindungsverlust erfahren, Raum zu geben. Dabei geht es mir weniger darum, ausschließlich das Trennende in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stellen, sondern eher darum, die Eltern-Kind-Bindung ernst zu nehmen und die durch Trennung entstehenden Gefühle wie Liebe, Angst und Trauer zuzulassen und auszuhalten. Der Trauerprozess selbst stellt die Ressource dar, die es zu nutzen gilt. Welche Chancen hat seelsorgerliche Arbeit im Heim? Es ist zu beobachten, dass Erzieher oder Sozialarbeiter hinsichtlich der professionellen Fokussierung von Trauerreaktionen eines Kindes äußerst zurückhaltend sind. Trauer und Tränen von Kindern in Zusammenhang mit deren Herausnahme aus der Familie kratzen wohl auch am beruflichen Selbstverständnis der Helfer. In erster Linie möchte man natürlich helfen und der Aufenthalt im Heim soll den Kindern gut tun. Da passt es nicht ganz, wenn die Hilfe selbst Trauer, Angst, Hilflosigkeit und Aggressionen beim Kind hervorruft. So fokussiert man eher die Chancen der Herausnahme als die Chancen der Trauer. Die Trauer aber hat eine wichtige psychologische Funktion, die bei angemessener Begleitung wirken kann. Trauer kann aus moderner systemtheoretischer Sicht als ein Lösungsversuch verstanden werden. Trauerverhalten ist eine Reaktion des physischen und psychischen Systems eines Menschen auf einen drohenden oder bereits erfahrenen Bindungsverlust. Es ist zu vermuten, dass alle Kinder und Jugendlichen bei einer stationären Unterbringung einen Trauerprozess durchlaufen. Nicht jeder Trauerprozess fällt nach außen hin auf und viele Kinder und Jugendliche lösen diese Krise selbst und unbemerkt von den Fachkräften, die sie

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56 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen betreuen. Andere fallen in ihrem Trauerverhalten auf, weil sie aggressiv sind oder sich zurückziehen und depressives Verhalten zeigen. Egal wie der individuelle Trauerprozess letztlich aussieht, er ist ein wichtiger Bestandteil der Lösung bzw. der Bindungsregulierung. Die Blockierung oder Verhinderung des natürlichen Trauerprozesses, und darin sind sich die Trauerforscher einig, führt zu einer pathologischen Entwicklung des Trauerverhaltens. Dies geschieht oft unbemerkt und kann sich über Jahre hinweg ziehen, bis die Trauer ausgelöst durch andere krisenhafte Situationen herausbricht. Akute psychische Störungen können die Folge sein, sie reichen von Bindungsstörungen über Essstörungen bis hin zu schweren affektiven Störungen. Zahlreiche Studien zeigen, dass in der Kindheit erlittene und nicht betrauerte Verluste häufig zu psychischen Erkrankungen und Persönlichkeitsstörungen führen (Bowlby, 2001, S. 84). Viele dieser schweren Störungen zeigen sich oft erst im Erwachsenenalter und nicht während des Aufenthalts im Heim. Trauerarbeit im Rahmen stationärer Jugendhilfe ist hauptsächlich ein präventives seelsorgerliches Angebot. Es soll und kann den Kindern und Jugendlichen nicht verordnet werden. Erzieher, Sozialarbeiter und Psychologen sollten, sensibilisiert durch das Wissen um das potentielle Trauererleben ihrer Klienten und mit einigem methodischen Handwerkszeug, einfühlsame Gesprächsangebote machen. Die Trauerarbeit kann ganz unterschiedlich aussehen, sie reicht von kontinuierlichen Gesprächen bis zur bewussten Gestaltung von Abschieds- und Trauerritualen im Heimalltag. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass auch Kinder, die nach außen kein klassisches Trauerverhalten wie Weinen oder sozialen Rückzug zeigen, innerlich oder im Verborgenen trauern. Auch hier besteht die Möglichkeit der behutsamen Begleitung in Form von Nachfragen, Nachspüren und Interesse zeigen. Aktivere Trauerarbeit ist hingegen bei Kindern und Jugendlichen zu leisten, die Trauerverhalten zeigen und eine Begleitung ausdrücklich wünschen. Gemeinsam sollte ihre Bindungssituation erörtert und nach hilfreichen Interventionen zur Unterstützung des Trauerprozesses gesucht werden. Die Chance aktiver und passiver Unterstützung von Trauerprozessen liegt in erster Linie in der langfristigen Erhaltung der psychischen Vitalität der in Heimerziehung untergebrachten Kinder und Jugendlichen. Sie sind die Eltern von

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Trauer, ein ambivalentes bis diffuses Gefühlserleben

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morgen und von ihrer psychischen Stabilität wird es abhängen, wie sie ihre Kinder erziehen und ob sie ihnen eine Heimerziehung ersparen können.

Trauer, ein ambivalentes bis diffuses Gefühlserleben Um die Möglichkeiten der im Folgenden dargestellten Teilearbeitstechnik mit Tierfiguren im Zusammenhang von Trauerarbeit voll ausschöpfen zu können, sind einige Vorstellungen zur Anatomie und Komplexität von Trauerprozessen nützlich. Bei der genaueren Betrachtung von Trauerzuständen fällt auf, dass das Gefühl von Trauer von den meisten Betroffenen nie als ein klares Gefühlserleben beschrieben wird. Klienten stellen eher einen ambivalenten bis diffusen Gefühlszustand dar. Unterschiedliche, nicht selten auch gegensätzliche Gefühle treten in wechselnder Intensität auf. Trauer ist ein äußerst komplexes Gefühlserleben, an dem mehrere Grundemotionen beteiligt sind. Intensive Trauer lässt sich als ambivalentes bis diffuses Gefühlserleben beschreiben. Trauernde fühlen sich innerlich zerrissen. Viele Gefühle, die ganz unterschiedliche Handlungsimpulse motivieren, haben den Trauernden im Griff. Der Zustand intensiver Trauer ist gekennzeichnet von vielen, ganz unterschiedlichen und teilweise sich widersprechenden inneren Stimmen, die sich in verschiedenen emotionalen Erlebniszuständen manifestieren. Starke Gefühle, die sich bekämpfen oder immer wiederkehrend einander ablösen und um den Zugriff auf das Bewusstseins- und Handlungssystem ringen, werden von Trauernden oft als starke innere Anteile erlebt. Ambivalentes Gefühlserleben: Manchmal stehen sich im Trauererleben zwei dominante Gefühle als Gegenspieler gegenüber. So können zum Beispiel Liebe und Hass im Gefühlserleben zu Kontrahenten werden, die sich gegenseitig bekämpfen und das Handlungssystem blockieren. Der Klient fühlt sich im inneren Konflikt gefangen, gelähmt. Er ist handlungsunfähig, solange eines der beiden Gefühle nicht die Oberhand gewinnt oder die Führung übernimmt. Im inneren Konflikt können sich auch andere Gefühle wie

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58 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen vielleicht Ärger und Angst gegenüberstehen. Während der Ärger über das Verhalten der Eltern eher zu einem Abstandnehmen führt, löst die Angst eher eine Suchhaltung nach den Eltern aus. Da kämpfen dann zwei Seelen in einer Brust. Diffuses Gefühlserleben: Bei dieser Form des Gefühlserlebens treten weitere Gefühle in den emotionalen Konflikt ein. So kann als weitere Emotion die Schuld mal die eine oder andere Seite im Kampf behindern bzw. unterstützen. Alle Grundgefühle (Ärger, Angst, Freude, Liebe und Trauer) sowie auch verschiedene sozial determinierte Gefühle11 (Schuld, Scham, Stolz usw.) können nacheinander, gleichzeitig oder sich abwechselnd am inneren Kampf beteiligt sein. Im Kampf der Gefühle ist das Ich des Betroffenen manchmal sogar nur Zuschauer. (»Ich habe das Gefühl, als stände ich neben mir, unfähig, auf meine Gefühle Einfluss zu nehmen.«) Der Trauernde fühlt sich seinen eigenen Gefühlen nicht selten ausgeliefert. Unfähig zu handeln, ist er Zuschauer seines eigenen inneren emotionalen Konfliktes. Dann wiederum gibt es Tage, wo das Ich einzugreifen versucht. Oft verliert der Trauernde die Balance zwischen den und die Kontrolle über die verschiedenen Gefühle. Er spürt, da ist etwas in ihm, das vielleicht heraus will. Ein Gefühl, das er so noch nicht kannte und das ihn verunsichert. Man weiß nicht, soll man es erlauben oder unterdrücken. (»Nach dem letzten Besuch meiner Mutter hier im Heim, hatte ich so ein ungutes, dumpfes Gefühl. Ich hätte schreien können, doch es machte mich ganz still und schnürte mir die Kehle zu.«) Was passiert, wenn das Ich von der Zukunftsangst beherrscht wird und die Lebensfreude sich immer mehr verkriecht? Es gibt unzählige Fragen im Gefühlschaos von Trauernden und kaum befriedigende Antworten. Gerade Kindern und Jugendlichen fehlen sinnstiftende Vorstellungen und Er11 Sozial determinierte Gefühle sind anders als die biophilen Grundgefühle nicht von Geburt an vorhanden, sondern entstehen als eine ganzheitliche innerpsychische Reaktion auf Erziehung und auf die Erwartungen des sozialen Umfeldes. Sie ermöglichen eine soziale Balance des Individuums zwischen Autonomie und Interdependenz in der für die eigene Existenz wichtigen sozialen Umgebung. Zu dieser Gruppe gehören folgende Emotionen: Schuld, Scham, Stolz, Ekel (vgl. Natho, 2007, S. 113 f.).

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Trauer, ein ambivalentes bis diffuses Gefühlserleben

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klärungen hinsichtlich der Bedeutung des inneren emotionalen Chaos und der Funktion einzelner Gefühle. Es fehlt der Dialog zwischen den emotionalen Kräften, die sich hinsichtlich eines stabilen Zugriffs auf das Handlungssystem nicht einigen können. Die Bedeutung innerer emotionaler Konflikte für die Organisation unseres Handlungssystems ist bisher unzureichend erforscht und publiziert. Wahrscheinlich ist der Einfluss des limbischen Systems auf unser Verhalten und unsere Verhaltensplanung weitaus größer, als es in der traditionellen Psychotherapie, vor allem aber in den sich an kognitiven Konzepten orientierenden Psychotherapieschulen angenommen wird. So stellen neuere neurobiologische Befunde die traditionelle Vorstellung von der Willens- und Handlungsfreiheit des Menschen in Frage. »Das Gefühl, jetzt etwas tun zu wollen, tritt auf, nachdem im Gehirn, genauer im limbischen System und den Basalganglien, die unbewusste Entscheidung darüber getroffen wurde, ob etwas jetzt und in einer bestimmten Weise getan werden soll« (Roth, 2003, S. 531). Es spricht vieles dafür, dass Emotionen unser Handlungssystem stärker kontrollieren als unser Verstand. Dies gilt besonders dann, wenn Menschen sich in krisenhaften Lebenssituationen befinden oder ihre emotionale und soziale Bindung bedroht ist. Die beschriebenen emotionalen Zustände und das Wissen um den Einfluss der Emotionen auf unser Handlungssystem legen eine Teilearbeit zur Dynamisierung innerer emotionaler Konflikte nahe. Ziel der Teilearbeit mit Tierfiguren ist dabei nicht, der einen oder anderen Emotion zum Sieg zu verhelfen, sondern die Dynamisierung des emotionalen Systems zur Anregung von Selbststeuerung, von Synergieprozessen, die zu Ordnungsumbrüchen führen oder den emotionalen Zustand stabilisieren.

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Teilearbeitskonzepte – Grundlage für die Darstellung von Gefühlen mit Tierfiguren Psychologische und therapeutische Konzepte von Multiplizität

Konzepte von Multiplizität, das heißt die Vorstellung, dass die menschliche Psyche bzw. die Persönlichkeit sich aus unterschiedlichen Teilen zusammensetzt, sind schon immer Bestandteil von Psychotherapie. Bereits Freud baute seine Psychoanalyse auf einem Teilekonzept auf. Sein Drei-Instanzen-Modell (Freud, 1923) ist wohl auch das bei Laien bekannteste Teilekonzept. Hier spaltet er die Psyche des Menschen in drei Funktionsbereiche auf (Ich, ÜberIch und Es). Das »Es« wird als Bereich der triebhaften Regungen, die nicht direkt bewusst werden, beschrieben. Die dagegen bewusst operierende Instanz der Realitätsprüfung und Zensur der aus dem »Es« drängenden Impulse wird als »Ich« bezeichnet. Die Wertmaßstäbe für die Kontrolle der triebhaften Regungen werden vom so genannten Über-Ich bereitgestellt. Diese Instanzen interagieren miteinander und wirken auf das psychische Erleben, das Verhalten, die Kommunikation und auf die Persönlichkeitsstruktur des Menschen zurück. Das »Ich« ist der vernünftige, der besonnene Anteil. Er hat die Aufgabe, zwischen den Trieben, der Leidenschaft und der moralischen Instanz (Über-Ich) zu vermitteln (S. 312). Die Transaktionsanalyse, ein in den 1970er Jahren sehr populärer Therapieansatz, nutzt ebenfalls ein Teilekonzept als Grundlage zum Verständnis des menschlichen Verhaltens und zur Planung bzw. Umsetzung psychotherapeutischer Interventionen. Eric Berne und Thomas A. Harris, Begründer dieses Therapieansatzes, unterschieden drei grundlegende Ich-Zustände: 1. das Kindheits-Ich, 2. das Erwachsenen-Ich und 3. das Eltern-Ich (Berne, 1967, S. 26 ff.). Berne kam zu diesem Konzept aufgrund von Beobachtungen des menschlichen Verhaltens. Er stellte fest, dass sich ein und derselbe Mensch in unterschiedlichen sozialen Situationen völlig anders, sogar widersprüchlich verhalten konnte. So ist ein Mensch in der Lage, seine geistige Anschauung, seine körperliche Haltung, die Stimmlage, das Vokabular und sein Gefühlserleben zu verändern. Die Veränderung vollzieht sich unbewusst von einer Situation zur anderen. Er deutete diese verschiedenen Verhaltens-

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Teilearbeitskonzepte

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muster nicht als soziale Rollen, sondern als psychologische Realitäten, die mit einem kohärenten Empfindungssystem verkoppelt sind und bezeichnete sie als Ich-Zustände. Zwischenmenschliche Kommunikation war für Berne und Harris die Transaktion zwischen unterschiedlichen oder gleichen Ich-Zuständen verschiedener Menschen (S. 33 ff.). Durch einen bestimmten kommunikativen Stimulus wird der jeweilige Ich-Zustand angeregt, der dann die Struktur der Kommunikation weitestgehend bestimmt. Wenn ein Stimulus des Eltern-Ichs wie zum Beispiel »Haben Sie es noch immer nicht verstanden!« beim anderen zur Reaktion »Entschuldigung, ich werde mir jetzt bestimmt mehr Mühe geben« (Kindheits-Ich) führt, lässt sich dies im Sinne der Transaktionsanalyse als komplementäre Transaktion bezeichnen (Harris, 1975, S. 85 ff.). Ausgehend von der Gestalttherapie und der Themenzentrierten Interaktion (TZI) nach Ruth Cohn (1983) entwickelte Friedemann Schulz von Thun (2000) ein weiteres und inzwischen sehr verbreitetes Teilearbeitsmodell, das er als »Inneres Team« bezeichnete. Auch er geht von einer grundsätzlichen Multiplizität der Persönlichkeit aus und arbeitete den Nutzen eines bewussten inneren Dialoges, mit dem Ziel, sich selbst zu leiten, für eine situationsgerechte äußere Kommunikation heraus (Schulz von Thun, 2000, S. 49 ff.). Ausgehend von der Metapher des Teams hält er es für notwendig, die innere Führungskraft zu stärken. Für ihn gibt es eine Kerninstanz, der innere Chef. Dieser hat die Funktionen, die inneren Teammitglieder zu kontrollieren, zwischen ihnen zu moderieren, zu regulieren und einzelne zu integrieren (S. 69 f.). Auch in der Familientherapie bzw. der systemischen Therapie werden die unterschiedlichsten Teilearbeitskonzepte in verschiedenen Zusammenhängen gewinnbringend eingesetzt. Virginia Satir, eine Pionierin der Familientherapie, gab der Teilearbeit besonders viele theoretische und methodische Impulse (Satir, 1988). Sie erklärt die Einmaligkeit der menschlichen Persönlichkeit mit dem individuellen Zusammenspiel unterschiedlicher Persönlichkeitsanteile. Jeder Mensch hat andere Persönlichkeitsanteile, die wiederum in einer ganz eigenen Wechselwirkung zueinander stehen und so die Individualität des Einzelnen prägen. Für Satir bildet jeder Teil eine Ressource für persönliches Wachsen. Anders als beim Instanzenmodell von Freud glaubt sie nicht, dass innere An-

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62 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen teile unterdrückt werden müssen. Im Gegenteil, werden ungeliebte Anteile unterdrückt, verleugnet oder verdrängt, dann schränkt der Mensch seine Entwicklungsmöglichkeiten ein (S. 84 f.). Ihr Ideenreichtum bescherte der Familientherapie viele methodische Ansätze therapeutischer Teilearbeit. Hervorzuheben ist das »Theater des Inneren«. Hier treten metaphorisch die vielen Gesichter, die inneren Anteile eines Menschen auf. Sie unterhalten sich, befreien sich aus ihren Gefängnissen oder unterstützen sich gegenseitig. Die eigenen Anteile werden eingeladen, sich in berühmte Persönlichkeiten aus Politik, Geschichte, Sport, Film usw. zu verwandeln und sich auf der so genannten »Parts Party« zu treffen – eine Aktionsmethode, die sich auch in Gruppen spielerisch umsetzen lässt. Dazu sucht ein Teilnehmer aus der Gruppe so genannte Stellvertreter heraus, die seine Persönlichkeitsanteile verkörpern. Diese lebendige Form der Exploration des Rollenspiels verschiedener Persönlichkeitsanteile wird vor allem in der wachstumsorientierten Familientherapie gewinnbringend für die Persönlichkeitsentwicklung genutzt. Ein anderes systemtherapeutisches Teilearbeitskonzept wurde von Richard Schwartz (2007) in den 1990er Jahren in den USA entwickelt. Sein Modell stellt eine Synthese zwischen der philosophischen Idee von der Multiplizität des Geistes bzw. der Psyche und frühen Konzepten der Familientherapie, wie beispielsweise das von Virginia Satir, dar. Das in dieser Synthese entstandene therapeutische Vorgehen bezeichnet er als »internal family system« (IFS), innere Familie bzw. inneres Familiensystem. Es ist auch bekannt unter der Abkürzung IFS-Therapie. Das Schlüsselprinzip des Modells des internalen Familiensystems ist die Vorstellung von Schwartz (2007, S. 72), dass Menschen zu ihren inneren Teilen so ziemlich dieselbe Beziehung haben, die ihre Eltern zu eben diesen Teilen hatten. Billigte die Mutter den egoistischen Anteil des Kindes nicht, so lehnt auch der später erwachsene Mensch diesen Anteil in sich ab. Die Ursprungsfamilie bleibt in der Akzeptanz bestimmter innerer Anteile oder im Kampf dagegen präsent. Ähnlich wie Satir geht er davon aus, dass Teile, die nach Selbstbehauptung streben, eine Ressource des Menschen für die Lösung seines Problems darstellen. Alle Teile, so die Vorstellung von Schwartz, sind von Geburt an vorhanden. Sie existieren konzeptualisiert als innere Menschen mit unterschiedlichem Temperament, als Familienmitglieder mit ver-

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Teilearbeitskonzepte

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schiedenen Wünschen und gemeinsam bilden sie eine innere Familie (S. 94). Organisiert wird diese innere Familie von einem führenden Selbst, einer Instanz, die versucht, die inneren Teile mit ihren unterschiedlichen Ansprüchen im Gleichgewicht zu halten. Das Selbst versucht mit dem Ziel, sich selbst zu schützen, steuernd auf diese Teile einzuwirken. Das Selbst bildet im IFS-Modell eine übergeordnete Instanz im System der inneren Familie. Nur wenn das Selbst es erlaubt, können Teile hervortreten und dominieren oder sie müssen im Interesse des Selbst zurücktreten. Ob es tatsächlich eine solche bewusste übergeordnete Instanz gibt, ist aus neurobiologischer Sicht fraglich. Hier herrscht eher die Ansicht vor, dass niemand allein das Kommando hat, sondern dass die Teile sich in einem ständigen Wettbewerb miteinander befinden und nicht vorhersehbar ist, welcher Anteil letztlich gewinnt (Roth, 2007, S. 179). Die gezielte Beeinflussung der Persönlichkeitsanteile von außen scheint aufgrund der hohen Komplexität des psychischen und neurobiologischen Systems Mensch und der darin liegenden Selbststeuerungsfähigkeit eher gering. Wohl aber ist es durch therapeutische Interventionen und durch die Arbeit mit inneren Teilen möglich, die Selbststeuerung zu aktivieren und Entwicklungsprozesse anzuregen. Darüber hinaus wird der innere Konflikt während des therapeutischen Prozesses nach außen verlagert. Diese Externalisierung entlastet den Klienten und schafft bei diesem den Eindruck, die inneren Anteile seien zumindest in Augenblick der therapeutischen Reflexion beeinflussbar. Hesse (2000, S. 42), der an ausgewählten Fallbespielen die Wirksamkeit von hypno-systemisch ausgerichteter Teilearbeit im klinischen Kontext beschrieb, hebt diesen Vorteil ebenfalls ausdrücklich hervor.

Neurobiologisches Konzept von Multiplizität

Mit der Vielschichtigkeit der menschlichen Psyche beschäftigten sich nicht nur Psychologen und Psychotherapeuten. In jüngerer Zeit haben sich auch Hirnforscher dem Phänomen von Multiplizität der Persönlichkeit angenommen und untersucht, wie sich unterschiedliche Persönlichkeitsanteile neurobiologisch erklären lassen und wo diese möglicherweise im Gehirn verortet sind. Gerhard

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64 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen Roth (2007, S. 88 ff.) entwirft aus neurobiologischer Sicht vor dem Hintergrund aktueller Ergebnisse der Persönlichkeitsforschung ein Vier-Ebenen-Modell der Persönlichkeit, welches im Folgenden in stark vereinfachter Form dargestellt wird. 1. Vegetativ-affektive Ebene: Sie entwickelt sich ab der siebten Schwangerschaftswoche bis in das erste Lebensjahr hinein. Schwerpunkte der neurologischen Verortung: Hypothalamus, Hypophyse, zentrale Amygdala, Teile des basalen Vorderhirns und des vegetativen Zentrums des Hirnstamms. Diese Ebene ist überwiegend genetisch geprägt und bezeichnet den Teil der Persönlichkeit, der in anderen Konzepten als Temperament beschrieben wird. Hier werden bzw. sind die typischen Mechanismen eines Menschen im Umgang mit Stress und Bedrohungen festgelegt (z. B. Dominanz- und Paarungsverhalten, Verteidigungsverhalten, Flucht, Aggressivität). 2. Ebene der emotionalen Konditionierung: Diese Ebene der Persönlichkeit entwickelt sich in frühkindlicher Zeit. Schwerpunkte der neurobiologischen Verortung sind die Amygdala und das gesamte mesolimbische System. Überwiegend Bindungserfahrungen und Erfahrungen aus dem Bereich der sozialen Nahwelt des Kleinkindes konditionieren auf der Basis der ersten Ebene das affektive Verhalten und Erleben. Hier wird das individuelle Belohnungs- und Motivationssystem gestaltet und neuronal verschweißt. Herausgebildet werden typische Fähigkeiten und Verhaltensweisen einer Person in den Bereichen: Bindungsverhalten (Nähe, Distanz), Affekte und Affektkontrolle, Motivation (Ehrgeiz), Belohnungshaltung (Egoismus, Nutzen für die eigene Person), Aufopferungsbereitschaft usw. 3. Ebene der limbischen Areale der Großhirnrinde: Dieser Teil der Persönlichkeit entwickelt sich von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter hinein. Neuronal verorten lässt sich dieser Persönlichkeitsanteil in Hirnarealen, die funktional Bindeglieder zwischen limbischem Zentrum und der Großhirnrinde bilden (z. B. der cinguläre und insuläre Cortex, der Hippocampus). Hier werden typische Fähigkeiten einer Person in den Bereichen Sozialverhalten, Einschätzungen der Konsequenzen des eigenen Verhaltens, Risikoabschätzung, bewusstes Gefühlserleben usw. herausgebildet und in

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Teilearbeitskonzepte

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hochkomplexen neuronalen Mustern verankert. Diese Ebene der Persönlichkeit wird überwiegend durch Einflüsse der Umwelt und Erziehung geprägt, wobei besonders prägend stärkere emotional erlebte Situationen oder Erziehungsimpulse wirken. 4. Kognitiv-kommunikative Ebene: Verorten lässt sich diese Ebene der Persönlichkeit vornehmlich in den assoziativen Arealen des Neocortex. Eine besondere Rolle spielt hierbei der präfrontale Cortex, Sitz des Arbeitsgedächtnisses und der Intelligenz. Dazu gehören auch die Bereiche im Gehirn, die für Sprache, Wortbedeutung und Kommunikation zuständig sind. Diese Ebene entwickelt sich von einer späten vorgeburtlichen Phase bis weit in das frühe Erwachsenenalter hinein und bestimmt den verstandesgeleiteten Umgang mit sich selbst und der Umwelt. Diese kognitiv-kommunikative Ebene ist im Hinblick auf die sonst hohe Stabilität12 der Persönlichkeit am flexibelsten und hat eher geringeren Einfluss auf unsere Handlungssteuerung. Hier werden typische Fähigkeiten einer Person in den Bereichen Sprachbegabung, Selbstreflexionsvermögen, Handlungsplanung, Problemlösen usw. herausgebildet. Nach Roth (2003, S. 379 ff.) setzt sich nicht nur die Persönlichkeit, wie eben anhand seines Ebenen-Modells dargestellt, sondern auch die Identität eines Menschen aus verschiedenen Ebenen bzw. Instanzen zusammen. Dies ergibt sich zwangsläufig aus der modularen Struktur des Gehirns. Die verschiedenen Ich-Zustände im Rahmen der Identität haben unterschiedliche Funktionen und Ziele im Bezug auf Handlungsplanung und Handlung. Bei neurologischen oder psychologischen Störungen können diese Ich-Zustände auch unabhängig voneinander ausfallen.13 Aus neurobiologischer Sicht sind 12 Verschiedene Untersuchungen (Roth, 2007, S. 212 ff.) zeigen, dass bestimmte Bereiche der Persönlichkeit von Geburt an über das gesamte spätere Leben hin stabil sind. Besonders die erste und zweite Ebene der Persönlichkeit (wie oben beschrieben), deren Merkmale überwiegend durch Vererbung und die frühkindliche Prägung des limbischen Systems determiniert werden, weisen eine sehr hohe Stabilität auf. 13 Bei einer Magersucht ist beispielsweise das Körper-Ich beeinträchtigt und führt zu einer Körperbildstörung. Die für das Körperschema und Körpergefühl zuständigen Bereiche im Gehirn bilden den eigenen Körper anders ab, als er von außen durch andere wahrgenommen wird.

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66 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen viele bewusste und unbewusste Instanzen bei der Handlungsvorbereitung beteiligt. »Es liegt also ein multi-zentristisches Netzwerk vor, in dem niemand allein das Kommando hat, sondern in dem die Instanzen mit ihren jeweiligen Argumenten in einen Wettbewerb mit teilweise ungewissem Ausgang treten« (Roth, 2007, S. 179).

Zusammenfassung

Die Annahme vieler Psychologen und Therapeuten unterschiedlicher Schulen, dass der Mensch kein in sich geschlossenes Ganzes bildet, sondern sich aus verschiedenen Teilen mit unterschiedlichen Handlungsmotiven zusammensetzt, wird von der aktuellen Hirnforschung bestätigt. Der Mensch befindet sich ständig in unbewussten und bewussten inneren Konflikten, die sich aus den unterschiedlichen Interessen der inneren Anteile ergeben. Die meisten Konflikte nehmen wir selbst nicht bewusst war. Unser Bewusstsein hat keine Informationen darüber, dennoch geschehen sie ständig im Hintergrund. Nur wenige Konflikte werden uns bewusst, diese jedoch führen uns in eine wahrnehmbare innere Spannung, in der wir den Eindruck haben, wir können uns nicht oder schwer entscheiden. Meist erleben wir solche Situationen als psychischen oder emotionalen Stress, der auf die Dauer zu verschiedenen uns bekannten psychischen Störungen führen kann. Die meisten Probleme, die Menschen in eine Beratung oder Therapie führen, sind vermutlich das Resultat eines inneren Konflikts. Oft übertreiben wir unbemerkt ein bestimmtes Verhalten, zum Beispiel das Trinken von Alkohol, welches in der Anfangsphase zunächst eine entspannende und motivierende Wirkung auf unser Belohnungssystem hat und vom limbischen System aus gesehen unser Wohlbefinden steigert und damit akzeptiert ist. Dann wird uns mehr und mehr bewusst, dass unser limbisches System hier wohl etwas übertreibt und dass es uns mehr und mehr schwer fällt, den Konsum von Alkohol zu kontrollieren. Dieses Verhalten weckt nicht unseren Verstand, der natürlich weiß, dass zu viel Alkohol schädlich ist, sondern auch noch eine andere Seite unseres limbischen Systems, welche uns ebenfalls sagt, wer zuviel Alkohol trinkt, gefährdet seine Beziehung, die wiederum für unser Bin-

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Die Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren

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dungsbedürfnis und unseren sozialen Anschluss wichtig ist und ebenfalls für ein Wohlbefinden sorgt. So stehen wir in einem inneren Konflikt: Der eine Teil will trinken, der andere will nicht trinken. Wir erleben eine solche Situation als emotionalen Stress. Trauerprozesse sind ebenfalls Ausdruck eines inneren Konflikts. Wenn wir Menschen verlieren, die wir lieben, weil wir uns an sie gebunden fühlen, dann kämpfen die Liebe, der Ärger über den Verlust und die Angst vor einer Zukunft ohne den geliebten Partner in der Trauer miteinander. Auch hier ist es ein Kampf mit ungewissem Ausgang. Wir wissen als Berater, Therapeut oder Seelsorger nie genau, welcher Anteil gewinnen wird, dies hängt von äußerst komplexen Selbstorganisationsprozessen unseres neuronalen Systems ab. Deswegen lässt sich meiner Meinung nach das Ergebnis eines Trauerprozesses auch nicht von außen durch einen Berater zielgerichtet steuern. Aus systemischer Sicht lassen sich in Beratung nur Prozesse der Selbstorganisation, nicht aber das Ergebnis selbst anregen. Wie der Ansatz von Schulz von Thun zeigt, der sein Teilearbeitskonzept für die Teamberatung modifiziert, gehen die Anwendungsmöglichkeiten von Teilearbeit weit über den klassischen Arbeitsrahmen von Psychotherapie hinaus. So lässt sich die Teilearbeit auch gewinnbringend im Rahmen von Trauerarbeit und Seelsorge nutzen. Im Folgenden wird eine Teilearbeitstechnik mit Tierfiguren, die »Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren« ausführlich beschrieben.

Die Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren Viele innerhalb des klassischen Beratungssettings14 verwendete Teilearbeitstechniken setzen auf eine kognitive bzw. verbale Exploration der inneren Anteile nach dem Konzept von White und Epston 14 Es gibt natürlich viele Teilearbeitstechniken, wie die von Virginia Satir entwickelten, die als Aktionsmethoden jedoch oft den alltäglichen Beratungsrahmen sprengen würden, weil sie mehr Zeit, größere Gruppen, größere Beratungsräume und vor allem eine höhere körperliche Flexibilität vom Klienten und Berater fordern. Die Arbeit mit Tierfiguren stellt hierzu eine platzsparende, alltagstaugliche und dennoch lebendige Teilearbeitsform dar.

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68 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen (2006). Das heißt, im Gespräch mit dem Klienten werden dessen innere Teile herausgearbeitet und in Kommunikation miteinander gebracht. Der Klient wird dazu immer wieder aufgefordert, sich Gedanken zu machen und diese zu beschreiben. Die inneren Anteile bleiben Konstrukte im Geiste, das heißt, sie existieren nur im Kopf. Es ist eine Vorgehensweise, die vom Klienten viel Konzentration und ein hohes Abstraktionsvermögen verlangen. Kinder ermüden bei einer solchen Arbeitsform schnell und haben oftmals Probleme, die inneren Anteile immer wieder kognitiv zu reproduzieren und zu kommunizieren. Andere, eher hypno-systemisch ausgerichtete Teilearbeitstechniken explorieren die inneren Anteile in zuvor induzierten Trancen (Hesse, 2000, S. 49). Die Reflexion der Anteile bleibt aber auch hier auf einer überwiegend verbalen bzw. assoziativen Ebene. Für viele Klienten stellt es eine Erleichterung dar, wenn sie das, worüber sie reden, auch anfassen und sehen können. Mit der figürlichen und räumlichen Sichtbarkeit der inneren Teile beginnt eine Art Spiel, eine sehr natürliche und elementare Form des Lernens und des Begreifens innerer und äußerer Welten. Gedanken werden zu Figuren in einem realen Raum. Raumkonzepte, das heißt das physische Selbsterleben im Raum, bilden eine wesentliche Grundlage für Sprachentwicklung und für die Fähigkeit zur Abstraktion überhaupt.

Raum, Sprache und Denken

Nahezu jede Bewertung, die ein Mensch vornimmt, baut auf eine räumliche Erfahrung, auf Interaktionen und Orientierung des eigenen Körpers im Raum auf. Oben und unten, groß und klein, vorn und hinten, innen und außen, Nähe und Distanz sind Grundbausteine des menschlichen Selbsterlebens, Denkens und Fühlens. Analysiert man unsere hochkomplexe Sprache genauer, so fällt auf, dass diese physischen Erfahrungen des eigenen Körpers im Raum in so genannten Raummetaphern aufgenommen und kommuniziert werden. Raummetaphern prägen sehr wesentlich unsere Vorstellungen und Orientierungen im Alltag (Lakoff u. Johnson, 2007, S. 70 ff.). Fühlen wir uns schlecht, haben wir die Vorstellung unten am Boden zu sein. Manche sind am Boden zerstört, manche füh-

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len sich einfach nur down. Fühlen wir uns gut, verbinden wir das mit der Idee, oben zu sein. Wir wachsen über uns hinaus, wir fühlen uns großartig. Ein erfolgreicher Mensch ist ganz oben angekommen und befindet sich auf dem Gipfel des Erfolges. Verliebte fühlen sich wie im siebenten Himmel. Misserfolge, Schicksalsschläge lassen uns hingegen abstürzen. Ein berühmter Wissenschaftler ist ein großer Mann, auch wenn er körperlich sehr klein ist. Er überragt uns mit seinen Fähigkeiten. Der kleine Mann auf der Straße ist dagegen unbedeutend. Das Raumkonzept spielt auch für die Erfahrung und Beschreibung von menschlichen Beziehungen und Emotionen, die im Kontakt miteinander entstehen, eine große Rolle. So gehen Menschen manchmal getrennte Wege oder ihre Meinungen gehen auseinander. Der aus dem lateinischen stammende Begriff »Konflikt« bedeutet Zusammenstoß. Man fühlt sich verbunden, nahe oder man geht auf Distanz, auf Abstand. Wir erleben andere Menschen anziehend oder abstoßend. Ein Streit wird als Auseinandersetzung und Liebe als Zuneigung beschrieben. Menschen können sogar ver-rückt werden, wenn sie als Stars Höhenflüge bekommen oder zu lange obenauf sind. Wer sich deplatziert verhält, wird von anderen der Gesellschaft fallen gelassen oder sie werden zur Seite oder in die Ecke gedrängt. Menschen haben einen festen Standpunkt, manche sind beweglicher im Denken. Man steht mit dem Rücken zur Wand oder lehnt sich zu weit aus dem Fenster. Selbst abstrakte Konstrukte wie Zukunft und Vergangenheit erklären wir mit einer einfachen physischen Erfahrung aus dem Raum, die wir mit allen anderen Menschen teilen. Zukunft heißt, nach vorn zu schauen. Vergangenheit heißt, wir schauen zurück. Raummetaphern sind eine Grundlage, um sich selbst zu verstehen und sich selbst zu beschreiben. Sie bilden einen Ausgangspunkt des menschlichen Lernens. Sie sind zugleich auch eine Basis für Kommunikation. Raummetaphern sind aufgrund ihrer hohen Anschlussfähigkeit sehr geeignete Kommunikationsmittel. Sie reduzieren die Komplexität des menschlichen Erlebens auf recht eindeutige Erfahrungen des Körper-Ichs im Raum, Erfahrungen, die Menschen wegen der Ähnlichkeit ihrer Körper miteinander teilen. Jeder weiß, was es bedeutet, zu fallen, unterlegen zu sein oder einem anderen Menschen sehr nahe zu stehen oder jemandem beizustehen.

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70 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen Das ist wohl auch ein Grund, warum räumlich-metaphorische Methoden so geeignet sind, um Emotionen zu explorieren und mit ihnen zu arbeiten.

Exploration von Emotionen mit Tierfiguren

Wie schon erwähnt gibt es viele räumlich-metaphorische Arbeitstechniken. Angefangen von der Arbeit mit einfachen Holzklötzchen bis hin zu sehr detailreichen Playmobilfiguren – alle haben sie ihre Vor- und Nachteile. Welches Material für die Exploration von Gefühlen besonders geeignet ist, kann man nur schwer sagen und wird sich wohl in der Praxis eines jeden Beraters zeigen. Nicht zuletzt ist die Wirksamkeit einer Methode von der Klientel selbst und natürlich auch von der Person des Beraters abhängig. Kinder haben einen guten Zugang zu Figuren, Märchen und Fabeln als beraterisches Material. Sie erfahren die Welt im Spiel und lösen Probleme spielerisch. Tierfiguren vereinen Magie, Phantasie, Gefühle und Spiel miteinander. Tiere bzw. Tierfiguren sind symbolisch stark aufgeladen und eignen sich deshalb besonders gut zur Darstellung von Personen oder deren Eigenschaften. In der antiken Dichtung vieler Kulturen ist das Tier ein beseeltes Wesen, das sich in einen Menschen verwandelt oder menschenähnliche Züge anzunehmen vermochte. Bis heute zeugen eine Unmenge von Sagen und Fabeln von der Vorstellung einer geistigen Verwandtschaft zwischen Tier und Mensch. Den Tieren werden menschliche Eigenschaften zugeschrieben und umgekehrt. Viele hier schon ausführlich dargestellte projektive Tests, die speziell für Kinder entwickelt wurden, setzen auf die Symbolkraft der Tiere. Kinder werden in diesen Tests auf unterschiedliche Art und Weise aufgefordert, ihre Familienmitglieder als Tiere zu zeichnen. Das Tier, in der Vorstellung des Kindes und gemalt auf dem Blatt Papier, wird zum Projektionsträger für das Familien- und Beziehungserleben von Kindern. Wenn Kinder ihre Familienmitglieder als Tiere beschreiben können, sollten Tiere bzw. Tierfiguren auch geeignet sein, innere Anteile oder eigene starke Gefühle zu symbolisieren. Bereits bei den ersten Versuchen stellte ich fest: Kin-

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der lieben die Arbeit mit den kleinen Tierfiguren von Schleich und anderen Herstellern. Es macht ihnen Freude, Tiere auszusuchen, sie aufzustellen und in Beziehung zueinander zu bringen. Bleibt die Frage, inwieweit Kinder in der Lage sind, das eigene Gefühlserleben abstrakt zu beschreiben bzw. figürlich festzuschreiben und räumlich in Beziehung zu bringen. In einer ersten experimentellen Phase mit diesem Medium bat ich Kinder, mir zunächst nur die Gefühle mitzuteilen, die sie vom persönlichen Erleben her kennen. Das Ergebnis deckt sich mit dem aktuellen Wissen der Sprachforschung. Demnach sind bereits vierjährige Kinder in der Lage, abstrakte Begriffe wie Freude, Liebe oder Glück sinnvoll zu verwenden (Kersebaum, 2005). In diesem Alter entwickelt sich auch mehr und mehr die Fähigkeit, sich in die Gedankenwelt anderer hineinversetzen und die Umwelt aus einer fremden Perspektive betrachten bzw. verstehen zu können. Dies ist eine wichtige Grundlage für die Arbeit mit räumlichen Arbeitstechniken überhaupt. Den Kindern wurden damals fünfzig unterschiedliche Schleich-Tierfiguren vorgelegt. Sie erhielten den Auftrag, für jedes von ihnen benannte Gefühl ein aus ihrer Sicht passendes Tier herauszusuchen. Kinder ab neun Jahren waren in der Lage, auf Anhieb etwa drei bis vier unterschiedliche Gefühle zu benennen und diesen jeweils eine Tierfigur aus der ihnen vorgelegten Sammlung15 zuzuordnen. In der Praxis stellte sich darüber hinaus heraus, dass Kinder einige Tierfiguren aus der Sammlung für die Darstellung bestimmter Gefühle bevorzugten. Diese auffälligen Prioritäten veranlassten mich, die Arbeit mit dieser Technik über einen längeren Zeitraum genauer zu dokumentieren sowie die Vorlieben und die Fähigkeit zur differenzierten Darstellung von Gefühlen konkreter festzustellen. In der kleinen Untersuchung wurde deutlich, dass Tiere wie 15 Die Sammlung umfasste damals 50 unterschiedliche Schleich-Tierfiguren. Darunter waren den Kindern vertraute Haustiere (wie Hund, Hamster, Schildkröte …), Waldtiere (wie Hase, Wildschwein, Wolf …), Wildtiere (wie Löwe, Giraffe, Elefant …), Seetiere (wie Hai, Delfin, Wal …), Vögel (wie Strauß, Adler, Papagei …), prähistorische Tiere (wie Saurier, Säbelzahntiger und Mammut) und einige Jungtiere von unterschiedlichen Arten. Inzwischen umfasst die Standardtiersammlung, die ich für Beratung und Familientherapie verwende, etwa 80 Schleich-Tierfiguren.

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72 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen Löwe, Stier, Tiger, die im Allgemeinen Stärke und Kraft assoziieren, überwiegend zur Darstellung von Ärger und Wut verwendet wurden. Dagegen kommen kleine Tiere, wie Maus, Igel oder verschiedene Jungtiere, viel häufiger bei der Darstellung von Angst zum Einsatz. Die Darstellung von Freude scheint bei Kindern stärker vom jeweiligen Trend in den Medien abhängig zu sein. So fiel auf, dass bei den ersten Arbeiten Kinder bei der Darstellung des Gefühls Freude viel häufiger zu einem Delfin, einem Äffchen oder einem Panda griffen. Mit dem Auftreten des Eisbärenbabys Knut im Jahr 2007 in den Medien wurde auch dieser zu einem bevorzugten Tier für die Darstellung für Freude. Auf Nachfrage einiger Kinder fügte ich dann der Tierfigurensammlung eine Eisbärenfamilie hinzu. Eine große Rolle spielt auch das nahe Lebensumfeld. Kinder, die mit Tieren aufwachsen oder eigene Haustiere haben, integrieren ihre speziellen Erfahrungen mit diesen Tieren. Sie übertragen Erfahrungen und Erlebnisse in die Tiermetapher und die Symbolisation ihrer Gefühle. Eine Klientin »beschwerte« sich, weil meine Tierfigurensammlung nicht genügend unterschiedliche Pferde enthielt. Auf Nachfragen erzählte sie, dass dies ihre liebsten Tiere seien und dass der Charakter von Pferden so unterschiedlich sei, dass sie nur mit Pferden in der Lage sei, ihre unterschiedlichen Gefühlswelten darzustellen. Diese Klientin wuchs mit Pferden auf und ritt diese in ihrer Freizeit. Nach einem Vortrag über Warm- und Kaltblüter, den ich mir geduldig anhörte, war sie dann aber auch bereit, Tierfiguren aus der ihr vorliegenden Sammlung zur Darstellung ihrer Gefühle zu verwenden.

Umsetzung der Arbeitstechnik

Für die Umsetzung der Arbeitstechnik »Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren« im Kontext von Trauerarbeit und der Begleitung von Kindern und Jugendlichen in emotionalen Konfliktsituationen haben sich in der Praxis drei Arbeitsschritte bewährt: 1. Differenzierung des Gefühlserlebens, 2. Zuordnung der einzelnen Tiere, 3. das Gespräch in der Versammlung der Tierfiguren (Gefühle) (Natho, 2007a, S. 188 ff.). Anhand eines Fallbeispiels werden die Arbeitsschritte differenziert beschrieben und illustriert.

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1. Arbeitsschritt – Differenzierung des Gefühlserlebens: Der Berater erarbeitet in der ersten Phase des Gesprächs die konkreten Gefühle des Klienten im Zusammenhang mit dem inneren emotionalen Konflikt bzw. mit dem Trauererleben heraus. Hierbei nimmt er die emotionalen Konstrukte des Klienten auf, grenzt sie voneinander ab, entwickelt sie weiter und lässt so eigenständige Beschreibungen der Empfindungen entstehen.16 Hierbei ist wichtig, dass man dem Klienten, der sich in einer diffusen Gefühlslage befindet, Impulse zur Unterscheidung und sprachlichen Exploration seiner Emotionen zur Verfügung stellt. Hilfreich kann sein, am Ende dieser Gesprächsphase die herausgearbeiteten emotionalen Anteile noch einmal zu benennen und abschließend zu prüfen, ob diese im Augenblick des Gespräches auch tatsächlich dem persönlichen Erleben entsprechen. 2. Arbeitsschritt – Zuordnung der einzelnen Tiere: Der Klient wird aufgefordert, die von ihm benannten Gefühle in Tiere bzw. Tierfiguren zu verwandeln und auf ein quadratisches Brett zu stellen. Folgende Instruktion leitet üblicherweise diesen Arbeitsschritt ein. »Du kennst das ja aus Märchen, da verwandeln sich oft Menschen in Tiere und umgekehrt. Manchmal nimmt auch das Böse oder das Gute eine Tiergestalt an. Stell dir nun mal vor, die von dir genannten Gefühle verwandeln sich in eines der hier vor dir stehenden Tierfiguren. In welches Tier würde sich die Wut, der Ärger usw. verwandeln?« 3. Arbeitsschritt – Das Gespräch in der Versammlung der Tierfiguren (Gefühle): Die emotionalen Anteile werden miteinander ins 16 Grundlage kann hier ein Modell zur Unterscheidung von Emotionen sein, wie es von mir zunächst entworfen (Natho, 2002, S. 184) und später weiterentwickelt und umfangreicher ausgeführt (Natho, 2007a, S. 100 ff.) wurde. Das Modell benennt drei Bereiche des emotionalen Erlebens: 1. homöostatische und nicht homöostatische Triebe, 2. biophile Grundgefühle, 3. sozial determinierte Emotionen. Darüber hinaus lassen sich Emotionen direkt oder indirekt kognitiv beschreiben. Für das Herausarbeiten der Gefühle im ersten oben genannten Arbeitsschritt spielt vor allem der Bereich der biophilen Grundgefühle eine Rolle. Das sind: Ärger, Angst, Trauer, Freude, Liebe. Auch sozial determinierte Emotionen können vom Klienten erlebt und beschrieben werden, wie das emotionale Erleben in Zusammenhang mit Schuld, Scham oder Stolz.

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74 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen Gespräch gebracht. Ein paar unterstützende Fragen vom Berater schaffen den Gesprächsrahmen. Es geht jedoch nicht darum, dass sich am Ende alle emotionalen Anteile einig sind oder Kompromisse aushandeln. Ziel ist eher, die innere Dynamik der Tierfigurenaufstellung transparent werden zu lassen. Lösungsimpulse, Einigungsideen kommen vom Klienten. Im Rahmen von Trauerarbeit heißt es hier, den Klienten auf dem Weg, den er vorgibt, zu begleiten und ihm eine Möglichkeit zu eröffnen, die eigenen Gefühle aushalten und verstehen zu können. Die Arbeit zeichnet sich eher durch eine Prozessorientierung als durch eine Lösungsorientierung aus. Im dritten Schritt lassen sich bei Bedarf sinnstiftende Botschaften an das handlungsfähige Ich herausarbeiten und festgefahrene Denk- und Bewertungsmuster dynamisieren.

Fallbeispiel

Ein Beispiel mit ergänzendem Gesprächsprotokoll soll die Arbeitsschritte und das Vorgehen im Zusammenhang mit der Technik »Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren« verdeutlichen. Diese Arbeit wurde im Rahmen einer Befragung zum Trennungserleben von häuslich gelösten Kindern und Jugendlichen in der stationären Jugendhilfe im Jahr 2007 durchgeführt und videographiert. Das folgende Gesprächsprotokoll setzt sich aus relevanten Gesprächssequenzen zusammen, die das spezielle Vorgehen im Zusammenhang mit der Technik »Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren« im Rahmen von Trauerarbeit verdeutlichen. Darüber hinausgehend werden weitere Anregungen für die Anwendung dieser Technik gegeben. Die Arbeit wurde durchgeführt mit einem elfjährigen Jungen, der in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung untergebracht war. Zum Zeitpunkt der hier vorgestellten Beratung befand er sich etwa vier Monate in der Einrichtung. Seit seinem siebten Lebensjahr musste er bereits mehrmals in Heimen untergebracht werden. Der längste Aufenthalt im Heim betrug zehn Monate, die kürzeste Unterbringung im Rahmen einer Inobhutnahme betrug 14 Tage. Seine allein lebende und allein erziehende Mutter, so die Aussagen der Erzieher, litt episodisch seit vielen Jahren an einer schweren de-

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pressiven Störung. Die Mutter konnte sich aufgrund dieser Störung zeitweise nicht um den Jungen, nennen wir ihn in unserem Beispiel David, kümmern. David war ein zurückhaltender Junge, der eher wenig sprach und von sich aus kaum soziale Kontakte insbesondere zu Gleichaltrigen suchte und pflegte. Laut Aussage der Erzieher ließ sich David von anderen Kindern in vielerlei Hinsicht ausnutzen. So ließ er sich von ihnen immer wieder dazu überreden, sein Taschengeld für Dinge auszugeben, von denen er selbst nur wenig Nutzen hatte. In der Einrichtung lebte er zurückgezogen und hielt sich gern in seinem Zimmer auf, welches er allein bewohnte. Er besuchte eine Realschule und war durchschnittlich intelligent. Erwachsenen gegenüber zeigte er sich etwas aufgeschlossener und war bemüht, deren Anforderungen gerecht zu werden. Seine Erzieher glaubten, bei David einen Grübelzwang zu beobachten, und machten sich Sorgen, er könnte wie seine Mutter zu depressivem Verhalten neigen. In Supervision mit dem Fachpersonal wurden verschiedene Möglichkeiten herausgearbeitet, David stärker als bisher anzuregen und seine Zurückgezogenheit angemessen zu stören. Das nachfolgende Gespräch wurde mit David im Beisein seiner Bezugserzieherin durchgeführt. Als David mit seiner Erzieherin den Beratungsraum innerhalb der Einrichtung betrat, stand die Kiste mit den Tierfiguren bereits neben dem Tisch. Sie zog sogleich Davids Aufmerksamkeit an. Er stand eine Weile vor den Tierfiguren. Die Frage, ob er zu Hause auch Tierfiguren hätte, verneinte er und setzt sich daraufhin an den Tisch. 1. Arbeitsschritt – Differenzierung des Gefühlserlebens Im Zusammenhang mit dem Trennungs- und Trauererleben entsteht folgendes Gespräch (B. = Berater, D. = David): B.: »David, du bist jetzt seit vier Monaten hier in der Einrichtung. Wie gefällt es dir hier?« D.: »Ganz gut.« B.: »Wenn du deinen Aufenthalt hier mit denen in anderen Heimen vergleichst, die du schon kennen gelernt hast, geht es dir hier besser oder schlechter?« D.: »Weiß nicht. Vielleicht besser? … Die Erzieherinnen sind ganz nett und wir haben hier einen schönen Spielplatz.« B.: »Hast du denn deiner Familie den schönen Spielplatz schon zeigen können?«

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76 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen D.: »Nein, meine Mutti ist ja im Krankenhaus und mein Bruder ist bei der Oma.« B.: »Was hat deine Mutti denn?« D.: »Mutti, … die ist mit den Nerven krank. Sie hat wieder versucht, sich das Leben zu nehmen. Und dann geht sie immer ins Krankenhaus.« B.: »Was ist mit deinem Vater?« D.: »Habe ich nicht.« B.: »Du hast keinen Vater? Jedes Kind hat doch einen Vater?« D.: »Ja schon, aber mein Vater ist schon lange nicht mehr da.« B.: »Hast du ihn denn noch kennen gelernt? « D.: »Nein, nicht richtig, ich habe ihn ein Mal im Jugendamt getroffen, das ist aber schon lange her.« B.: »Du warst ja nun schon öfter im Heim, wenn deine Mutter dich nicht versorgen konnte. Macht dir das noch etwas aus oder gewöhnt man sich daran? D.: »Nein.« B.: »Was nein?« D.: »Nein, man gewöhnt sich nicht daran.« B.: »Du kannst dich nicht daran gewöhnen? … Wie geht’s dir, wenn du an deine Mutter, deinen Bruder, deine Oma und an zu Hause denkst?« D.: »Weiß nicht … Ich versuche, nicht daran zu denken.« B.: »Verstehe ich. Und manchmal, wenn dann doch die Gedanken nach Hause wandern? Wie geht’s dir da?« D.: »Wie schon, nicht gut.« B.: »Bist du dann eher traurig, ärgerlich oder auch ängstlich?« D.: »Letztens habe ich mit Frau Schmidt [Erzieherin] einen Brief an Mutti geschrieben und ihr gewünscht, dass sie schnell wieder gesund wird.« B.: »Du sorgst dich um deine Mutti? … Du hast deine Mutti wohl sehr lieb?« D.: (nickt) »… Ja, Oma und Philipp [Bruder] auch.« (Dann schildert er ein Erlebnis mit seinem Bruder während eines Aufenthaltes bei der Großmutter.)

Weiterer Ausschnitt: D.: »Wenn Mutti nicht wieder gesund wird, dann kommt Philipp auch ins Heim, bei Oma kann er ja nicht immer bleiben.« B.: »Hast du Sorge, vielleicht auch Angst, dass deine Mutti für immer krank sein wird und sich nicht um euch beide kümmern kann?« D.: »Ja, … Lena [eine ältere Mitbewohnerin] hat gemeint, Mutti hat eine unheilbare Krankheit und am Ende wird sie sich umbringen.« B.: »Du hast Angst, dass sie vielleicht Recht hat?« D.: »Ja, aber vielleicht können sie Mutti im Krankenhaus auch wieder gesund machen.«

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B.: »Ist es vielleicht beides? Einerseits die Angst, Mutti ist unheilbar krank und dann auch die Hoffnung, dass die Ärzte ihr vielleicht doch helfen können.« D.: (nickt und sieht abwesend aus dem Fenster) B.: »Wenn du dir jetzt noch einmal deine Situation hier vor Augen hältst, du hier im Heim, dein Bruder bei der Oma und deine Mutti im Krankenhaus, gibt es noch etwas, was dich beschäftigt?« (David reagiert nicht) »Deine Erzieherin sagte mir, dass du dich manchmal lieber zurückziehst und dich weniger am Spiel mit den anderen Kindern beteiligst? Was machst du, wenn du mit dir allein bist.« D.: »Weiß nicht. … Nachdenken.« B.: »Du denkst wohl viel nach? Wie ist das so mit dem Nachdenken? Ist das angenehm oder eher unangenehm, sind es eher schöne oder traurige Gedanken?« D.: »Es sind traurige Gedanken und ich will nicht darüber reden.« B.: »Ich verstehe, … zu traurig, um darüber zu reden? … Da behält man die Trauer lieber für sich?« D.: (nickt und sieht wieder aus dem Fenster)

Weiterer Ausschnitt, Abschluss der ersten Phase: B.: »Danke, dass du mir schon so viel von dir erzählt hast. Ich möchte das, was ich gehört habe, noch einmal zusammenfassen, so dass wir dies dann gut auf die Tierfiguren, die du dir ja schon genauer angesehen hast, übertragen können. Du kannst ja noch einmal prüfen, ob ich dir gut zugehört und deine Gefühle richtig verstanden habe.« D.: (nickt) »Gut!« B.: »Ich habe vier Gefühle von dir gehört. Erstens deine große Sorge um deine Mutti und deine Liebe für sie. Hier weiß ich noch nicht, was überwiegt, die Sorge oder die Liebe oder ob das für dich zusammengehört?« D.: »Das gehört zusammen.« B.: »Wie wollen wir es nennen, wenn es zusammengehört? Sorge oder Liebe?« D.: »Sorge.« B.: »Gut. Dann habe ich von deiner Angst gehört, dass die Mutti unheilbar krank sein könnte. Und drittens hast du auch Hoffnung, dass deiner Mutti im Krankenhaus geholfen werden kann und dass sie vielleicht wieder gesund wird. Stimmt das?« D.: »Ja!« B.: »Und dann ist da noch dein vieles Nachdenken und Grübeln über dich, deine Mutti und deine Familie. Wie wollen wir das nennen? Nachdenken oder Grübeln?« D.: »Grübeln.«

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78 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen B.: »Gut, dann hast du vier Gefühle oder nennen wir sie innere Anteile. Die Sorge, die Angst, die Hoffnung und das Grübeln. Ist das richtig?«

Der Ausschnitt zeigt, wie man sich langsam an die Gefühle des Kindes herantastet. Mit einer Mischung aus aktivem Zuhören (hier werden relevante Aussagen des Klienten in ähnlicher Form verbal wiederholt) und unterschiedsbildenden Fragen (der Klient bekommt Angebote zur Unterscheidung) wird der Klient in die Lage versetzt, sein Gefühlserleben zu konkretisieren und die unterschiedlichen Emotionen zu differenzieren. Der Berater nimmt die Begrifflichkeiten des Klienten auf, grenzt sie voneinander ab und lässt so eigenständige Konstrukte entstehen. Fällt dem Klienten die Beschreibung oder auch die Wahrnehmung seiner Gefühle im Augenblick des Gespräches schwer, kann es hilfreich sein, mit ihm noch einmal gedanklich die Situationen oder Schlüsselszenen durchzugehen, die starke Gefühle bei ihm ausgelöst haben, zum Beispiel: »Wenn du dir jetzt noch einmal deine Situation hier vor Augen hältst, du hier im Heim, dein Bruder bei der Oma und deine Mutti im Krankenhaus, gibt es noch etwas, was dich beschäftigt?« Solche Fragen bringen den Klienten wieder in Kontakt mit seinen Gefühlen und erleichtern deren Beschreibung. 2. Arbeitsschritt – Zuordnung der einzelnen Tiere: Der Klient wird nun aufgefordert, die von ihm benannten Gefühle in Tiere zu verwandeln und auf ein quadratisches Brett oder eine andere geeignete Unterlage zu stellen. Folgende Instruktion leitet üblicherweise diesen Arbeitsschritt ein. »Du kennst das ja aus Märchen, da verwandeln sich oft Menschen in Tiere und umgekehrt. Manchmal nimmt auch das Böse oder das Gute eine Tiergestalt an. Stell dir nun mal vor, die von dir genannten Gefühle (die Sorge, die Angst, die Hoffnung und das Grübeln) verwandeln sich in eines der hier vor dir liegenden Tierfiguren. In welches Tier würde sich die Sorge verwandeln?« usw. Der Klient sucht nun die einzelnen Tierfiguren aus der ihm vorgelegten Tierfigurensammlung heraus. Die Erfahrung zeigt, dass eine Sammlung zwischen 50 und 80 Schleich-Tierfiguren ausreichend ist und genügend Spielraum für den Klienten bietet, seine

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Abbildung 8: Versammlung der Gefühle 1 (David, elf Jahre)

Gefühle zu symbolisieren. Natürlich kommt es gelegentlich vor, dass Klienten ein ganz bestimmtes Tier zur Darstellung eines Gefühls suchen und dies nicht vorhanden ist. In der Regel finden sie aber nach einiger Zeit eine Alternative innerhalb der Sammlung. Anschließend wird der Klient gebeten, die Tierfiguren so auf dem Brett zu versammeln, dass die Form der Anordnung am ehesten die Situation des inneren Konflikts widerspiegelt. Die Instruktion dazu könnte lauten: »Nun hast du für jedes Gefühl eine Tierfigur gefunden. Es sind große und kleine Tiere dabei. Schau nun noch einmal, wie du dich fühlst und wie die einzelnen Gefühle sich um dich versammelt haben. Welche Tiere, Gefühle sind sich näher? Welche stehen sich gegenüber? Welches steht in der Mitte, im Zentrum und welches hat eher weniger zu sagen?« Manchmal ist es sinnvoll, den Klienten selbst, umgeben von seinen Gefühlen, auf dem Brett abzubilden, wenn die Beziehung des handlungsfähigen Ichs zu den einzelnen Gefühlen stärker fokussiert werden soll. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Ich neben den Gefühlen als ein Anteil beschrieben wird, der versucht, Kontrolle oder Klarheit im Gefühlschaos herzustellen. (Beispiel: »Es ist als stehe ich neben mir. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll, ich fühle mich zwischen meinen Gefühlen hin- und hergerissen.«) In dem hier beschriebenen Beispiel war dies weniger der Fall. Der Berater entschied sich dennoch dafür, das Ich als einen Anteil mittels einer neutralen Holzfigur mit aufstellen zu lassen. So

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80 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen bestand die Chance, die Beziehung der Gefühle zum Ich noch genauer herauszuarbeiten. 3. Arbeitsschritt – Das Gespräch der versammelten Tiere: David wurde angeregt, neben den Tierfiguren (Gefühle) auch für sich eine Holzfigur mit aufzustellen. B.: »Nun habe ich mich mit dir über deine Gefühle unterhalten und du hast sie beschrieben und ein passendes Tier für jedes Gefühl ausgesucht. Vielleicht solltest du dich nun auch mal mit deinen Gefühlen unterhalten. Dann schlage ich vor, du nimmst für dich diese Holzfigur und stellst dich mit deinen Gefühlen zusammen auf das Brett.«

David stellte sich als Holzfigur auf das Brett und versammelte dann die Tierfiguren (Gefühle) um sich herum. Der Affe symbolisierte sein Grübeln, der Hase seine Angst, die Eule seine Sorge und der Bär seine Hoffnung (Abbildung 8). Unmittelbar neben sich stellte er den Affen (das Grübeln) und den Bären (seine Hoffnung auf Gesundung der Mutter), die Eule (seine Sorge um die Mutter) setzte er oben auf seine Figur auf. Etwas abseits stellte er den Hasen. Durch den hohen Symbolgehalt der Tiere und die Stellung zueinander erhält die Komposition seiner Gefühlswelt eine Dynamik. Je nach Wahrnehmung der emotionalen Situation wird die Tierfigurenskulptur ganz unterschiedlich aussehen. Die meisten Klienten haben nach der Aufstellung den Drang, sich und die Tierfiguren zu erläutern. Dann geht man dazu über, den dritten Arbeitsschritt mit folgender Frage einzuleiten: »Was hat dich denn bewegt, gerade diese Tierfiguren für deine Gefühle herauszusuchen? Welche Bilder, welche Gedanken hast du denn zu den einzelnen Tierfiguren und zu ihrer Position auf dem Brett?« D.: »Das ist die Angst.« (Er zeigt auf den Hasen.) »Man sagt ja auch Angsthase und da passt das, finde ich.« B.: »Und die anderen Tierfiguren?« D.: »Das Äffchen hier steht für mein Grübeln und Nachdenken. Wenn man nachdenkt, fasst man sich ja auch oft an den Kopf und das Äffchen sieht irgendwie nachdenklich aus.« B.: »Ja. … Was ist mit der Eule und dem Bären?« D.: »Die Eule ist ja ein Nachttier. Das sind meine Sorgen, weil die meistens auch am Abend kommen und dann lange bleiben.« (denkt nach) »Der

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Abbildung 9: Versammlung der Gefühle 2 (David, elf Jahre)

Bär? … Weiß ich nicht. Das ist ja die Hoffnung, dass alles wieder gut wird.« B.: »Schau ihn dir mal an, den Bären! Was fällt dir auf?« D.: (David nimmt ihn in die Hand und streicht behutsam mit den Fingern über die Figur.) »Er ist groß, gemütlich und stark. Ein Braunbär. Vor einiger Zeit haben sie einen in den Alpen erschossen. Die sind fast ausgestorben.« B.: »Passt das Tier zu deiner Hoffnung, dass deine Mutti wieder gesund wird?« D.: »Ja.« (nachdenklich) B.: »Und dein Bär, deine Hoffnung, ist die auch vom Aussterben bedroht?« D.: »Nein, meine Hoffnung ist stark wie ein Bär, sie stirbt nicht aus.« B.: »Der Hase steht ja weiter weg als die anderen Gefühle. Wie kommt das, hat das eine Bedeutung?« D.: »Die Angst ist erst in der letzten Zeit da. Der Hase will sich erst mit den anderen Tieren anfreunden.« B.: »Ah. Ist der Hase denn bei den anderen Tieren, Gefühlen willkommen?« D. »Angst ist ja eigentlich nichts Gutes. Aber die anderen werden nichts dagegen haben, wenn er bleibt.« (Dann nimmt er den Hasen und schiebt ihn ein kleines Stück weiter zu den andern.) B.: »Was sagt denn da der Bär dazu?« D.: »Wozu? … Zum Hasen?« B.: »Ja, was sagt die Hoffnung zur Angst?« D.: »Das ist ein gutmütiger Bär, der brüllt nicht, der Hase kann ruhig näher kommen.« (Nun schiebt David den Bären noch ein Stück auf den Hasen zu.) B.: »Glaubst du, Angst und Hoffnung werden sich vertragen?« (David nickt.) »Was sagen denn die Eule und der nachdenkliche Affe dazu?«

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82 Trauerarbeit mit Kindern und Jugendlichen D.: »Der Affe sagt nichts, der muss ja nachdenken. Die Eule kommt vielleicht mal runter.« (Er nimmt die Eule und setzt sie zum Bären und Hasen. Ein neues Bild – Abbildung 9 – entsteht.)

Weiterer Ausschnitt: B.: »Oh, was ist denn jetzt los? Was machen die da miteinander, worüber reden die denn?« D.: »Die reden über den Affen … Der nervt.« B.: »Der nachdenkliche Affe nervt, warum?« D.: »Der Affe will nicht mitspielen.« B.: »Was sagen Bär, Hase oder Eule denn dazu?« D.: »Der Bär sagt: ›Komm spiel mit uns. Du musst nicht so viel denken. Es gibt Hoffnung.‹ … Die Eule sagt: ›Es kommt, wie es kommt. Man kann es nicht ändern.‹ … Der Angsthase sagt nichts.« B.: »Wieso sagt der nichts, was hat ihm denn die Sprache verschlagen?« D.: »Nichts. Er ist nicht mehr so ängstlich, weil ihn der Bär nun beschützt.«

Diese kleinen Ausschnitte zeigen, wie sich die emotionalen Anteile über Tierfiguren einfach ins Gespräch bringen lassen. Ein paar Fragen des Beraters zur Tierfigurenskulptur schaffen den Gesprächsrahmen. Wie schon erwähnt, geht es auch nicht darum, dass sich am Ende alle emotionalen Anteile einig sind. Es geht eher darum, den emotionalen Konflikt zu dynamisieren und Lösungsimpulse im Unterbewusstsein anzustoßen. Trauerarbeit bedeutet, den Klienten auf dem Weg zu begleiten, den er vorgibt.

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Beratung bei Suchtverhalten – Welchen inneren Schweinehund hätten Sie denn gern?

Schluckspechte in sozialen Arbeitsfeldern – Alkoholabhängiges Verhalten und Burnout Die Arbeit mit Menschen bzw. Kollegen, die alkoholabhängiges Verhalten zeigen, nimmt in der Praxis von Beratern und Supervisoren in regelmäßigen Abständen immer wieder Raum ein. Wie auch in diesem thematischen Zusammenhang mit Tierfiguren sinnvoll gearbeitet werden kann, soll folgendes Beispiel zeigen. Es handelt sich dabei um eine Einzelberatung, die sich aus dem Kontext von Teamsupervision entwickelte. Die betroffene Supervisandin bzw. Klientin war seit vielen Jahren in sozialen Arbeitsfeldern tätig. Die Klientin zeichnete sich durch eine sehr selbstkritische Sichtweise aus. Sie nahm ihr gestörtes Trinkverhalten wahr und kommunizierte dies innerhalb des Teams anfänglich. Das heißt, sie leugnete gegenüber ihren Kollegen das so genannte »Alkoholproblem« nicht. Ein solcher offensiver Umgang mit dem eigenen gestörten Trinkverhalten ist in Teams eher untypisch. In diesem Fall jedoch sprachen die Kollegen, die ein gestörtes Trinkverhalten vermuteten, die Betroffene in einer Dienstberatung an. Diese bestätigte die Richtigkeit der Vorwürfe und stellte eine Veränderung in Aussicht. Doch ihr Verhalten änderte sich über mehrere Monate hinweg nicht. So jedenfalls wurde es von den Kollegen beschrieben. Immer wieder wurden deshalb das Problem und nach und nach auch die Zweifel am Veränderungswillen der betroffenen Kollegin angesprochen. Die Situation spitzte sich zu. Es verging keine Dienstberatung, in der sie nicht ins Visier der verärgerten Kollegen geriet und mit Anklagen überhäuft wurde. Da solche Diskussionen erfolglos blieben, führte man schließlich eine Teamberatung gemeinsam mit dem Leiter der Einrichtung durch. Unter Androhung von Sanktionen wurde hier der Druck auf

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84 Beratung bei Suchtverhalten die Kollegin erhöht. Trotz aktenkundiger Verwarnung änderte sich das Verhalten aller im Team nicht. Die Kollegen klagten weiter an und die Betroffene zog sich mehr und mehr verunsichert zurück. Gelegentlich nutzte das Team auch die Supervision, um gemeinsam geeignete Maßnahmen zu entwickeln, die helfen sollten, mit der Problematik umzugehen. Die Supervision hatte gegenüber der Dienstberatung gewisse Vorteile, denn üblicherweise wird diese von einem externen neutralen Berater bzw. Supervisor moderiert, der für einen fairen Umgang mit dem Betroffenen sorgen kann. Dennoch ist zu beobachten, dass Teams »Menschen mit einem Alkoholproblem«, als solche werden sie für gewöhnlich bezeichnet, geringschätzig behandeln. Betroffene fühlen Schuld und Scham wegen ihres Trinkverhaltens. Sie ziehen sich deshalb im Team zurück, lehnen Hilfsangebote ab und kooperieren weniger mit den anderen Kollegen. Teammitglieder fragen kaum danach, wie sie vielleicht mit ihrem Verhalten dazu beitragen, dass der Kollege trinkt. Das Gleiche gilt auch für die Leitung der meisten Unternehmen. Kaum ein Leiter, ein Geschäftsführer entwickelt die Idee, dass die Strukturen seines Unternehmens, die Art der Personalführung, der Leistungsdruck, das Klima im Team oder der geforderte Umgang mit dem Kunden, dem Klienten das Alkoholproblem eines Mitarbeiters begünstigen könnte. Wie kein anderes psychisches Problem wird ein gestörtes Trinkverhalten als individuelles Problem angesehen. Es ist eine Charakterschwäche desjenigen, der trinkt. Die strukturellen Gegebenheiten eines Unternehmens, wie Fehlerfeindlichkeit, mangelnde Mitbestimmungsmöglichkeiten, geringe Aufstiegsmöglichkeiten, geringe Selbstwirksamkeit usw. haben Einfluss auf die Stabilisierung des Suchtverhaltens, können aber hier nicht weiter diskutiert werden. So soll die Aufmerksamkeit auch hier nochmals auf die Betroffene gerichtet werden, die man als eine beruflich ausgebrannte Frau beschreiben kann. Sie hatte alles gegeben und sich bis an ihre Grenzen für ihre Ideale, für die Klienten, für das Unternehmen geopfert. Das gestörte Trinkverhalten war aus dieser Perspektive eher als Symptom einer Burnout-Problematik zu sehen.

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Schluckspechte in sozialen Arbeitsfeldern

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Burnout und Suchtverhalten

An dieser Stelle sei ein kleiner Exkurs erlaubt, um den Zusammenhang zwischen Suchtverhalten und Burnout etwas ausführlicher schildern zu können. Wenn man genauer auf die Persönlichkeit der Menschen schaut, die in sozialen Berufsfeldern tätig sind und alkoholabhängiges Verhalten zeigen, dann fällt vor allem auf, dass es sich im Grunde um sehr leistungsorientierte Menschen handelt. Über ihr gestörtes Trinkverhalten hinaus klagen sie auch über andere Symptome, wie sie für eine Burnout-Problematik typisch (Kypta, 2006, S. 66 ff.; Burisch, 2006, S. 39 ff.) sind. Sie klagen über Schlafstörungen, Verspannungen, depressive Empfindungen und stellen fest, wie sich ihre Einstellung gegenüber der Arbeit negativ verändert. Auch beobachten sie an sich veränderte Verhaltensweisen. Sie tendieren zu einem zynischen Verhalten gegenüber ihren Klienten, Kollegen und Vorgesetzten. Darüber hinaus stellen sie fest, dass sie auch in privaten Beziehungen ein verändertes Verhalten zeigen. Ein Gefühl von Fremdheit gegenüber sich selbst und der Umwelt entsteht. Die Ursachen dieser Einstellungs- und Verhaltensveränderung sind natürlich vielschichtig und komplex und lassen sich kaum auf wenige Faktoren reduzieren. Diese sind aber sowohl in den Arbeitsstrukturen als auch in der Persönlichkeit des Betroffenen zu finden. Menschen, die ein Verhalten zeigen, wie es für ein Burnout-Syndrom definiert wird, befinden sich in einer akuten emotionalen Stresssituation. Untersuchungen dieser Personen zeigen einen dauerhaft erhöhten Spiegel des Stresshormons Cortisol (Bauer, 2007). Dieses Hormon wirkt nicht nur allgemein negativ auf unser Immunsystem, sondern auch stark auf das limbische System zurück, welches zu einem großen Teil unsere affektiven Verhaltensweisen und, was in diesem Zusammenhang noch wichtiger ist, unser Belohnungs- und Motivationssystem steuert. Das Belohnungs- und Motivationssystem gerät aus seinem Gleichgewicht. Veränderungen des affektiven Verhaltens und Erlebens sind die Folge. Zunächst suchen Betroffene, wenn sie überhaupt ein Burnoutverhalten an sich beobachten und es als veränderungsbedürftig ansehen, beraterische Hilfe mit dem Ziel, arbeitsorganisatorische Rahmenbedingungen zu verändern bzw. nach Möglichkeiten, sich

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86 Beratung bei Suchtverhalten dem Arbeitsgeschehen, das sie als Überforderung erleben, effektiver anpassen zu können. Relativ schnell wird den selbstkritischen Helfern klar, dass sie mit ihrem Verhalten und mit für sie typischen Persönlichkeitsmerkmalen das Problem selbst aufrechterhalten. Sehr häufig zeigt sich hier auch eine Fehlgewöhnung hinsichtlich des eigenen Belohnungs- und Motivationsverhaltens. Betroffene belohnen sich nicht für ihre beruflichen Erfolge, sie genießen sie nicht, setzen sich immer höhere Ziele. Erreichtes wird als selbstverständlich angesehen, kleine Erfolge sind nichts wert und finden daher keine Beachtung. Das gesamte Motivationssystem bricht über die Jahre zusammen. Welchen Sinn macht die Arbeit, wenn der Fokus und damit auch das Erleben von Selbstwirksamkeit immer kleiner werden. Der innere Antreiber, den man als Teil der Persönlichkeit von leistungsorientierten Menschen beschreiben kann, aber bleibt. Er fordert weiter Leistung und sucht sich andere Motivatoren. So werden Alkohol, Nikotin, Süßigkeiten und übermäßiges Essen zum Wertschätzer, zum Tröster, zur Nahrung für den inneren Antreiber. Suchtmittel sind aus neuropsychologischer Sicht gut geeignet, das neurobiologische Belohnungssystem in Balance zu halten. Sie wirken im Gehirn direkt auf die Regulation motivationsverantwortlicher Neurotransmitter und deren Andockstellen zurück und verändern diese über die Jahre des Suchtmittelkonsums. Es entstehen Fehlgewöhnungen innerhalb des Belohnungssystems. Der innere Antreiber integriert diese, solange es vorwärts geht, nach dem Prinzip »mehr desselben«, das heißt: mehr Leistung bei mehr Motivationsersatzstoffen.

Sieben Grundhaltungen des inneren Antreibers

Typische Verhaltensweisen des inneren Antreibers lassen sich beschreiben und unterstützen auf der Ebene der Persönlichkeit maßgeblich die Herausbildung einer Burnout-Problematik. Man kann den inneren Antreiber an verschiedenen persönlichen Grundhaltungen oder inneren Glaubenssätzen erkennen: – Perfektionismus: Der innere Antreiber sagt vielleicht: »Mache es so perfekt wie nur möglich! Auf gar keinen Fall halbe Sachen machen oder abliefern! Gut ist nicht gut genug! Das geht noch besser!«

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– Eigenständigkeit: Der innere Antreiber sagt vielleicht: »Du schaffst das allein! Wenn du es allein machst, dann weißt du auch, dass es richtig und gut wird! Lehne Hilfe ab! Hilfe ist ein Zeichen von Schwäche! Mache alles mit dir selbst aus! Löse deine Probleme selbst!« – Problemtrance aufbauen: Der innere Antreiber sagt vielleicht: »Konzentriere dich so gut wie möglich auf das, was nicht funktioniert! Erkenne so, was du noch besser machen musst. Fehler dürfen nicht passieren! Analysiere das, was nicht funktioniert, so genau wie möglich!« – Hilfs- und Aufopferungsbereitschaft: Der innere Antreiber sagt vielleicht: »Wenn dich jemand um etwas bittet, dann sage niemals Nein! Hilf auf jeden Fall jedem! Glaube fest daran, dass sich Aufopferungsbereitschaft für dich auszahlt! Tue es für den anderen, nicht für dich!« – Selbstlosigkeit: Der innere Antreiber sagt vielleicht: »Geben ist seliger denn Nehmen. Denke so wenig wie möglich an dich selbst, sondern immer nur an das Wohl deiner Klienten oder Kollegen! Zeige den anderen, dass du unabhängig von ihrer Anerkennung und Wertschätzung bist! Du bist stark, weil du dich hast! Du bist dir selbst genug!« – Leidensbereitschaft: Der innere Antreiber sagt vielleicht: »Zeige nach außen nie, dass du überlastet bist oder dass es dir schlecht geht! Was dich nicht umbringt, macht dich nur härter! Bis jetzt hast du noch alles geschafft! Zähne zusammenbeißen und durch!« – Fehlgewöhnungen im eigenen Belohnungsverhalten: Der innere Antreiber sagt vielleicht: »Mache dich unabhängig von Anerkennung und Belohnung durch andere. Man darf keinen Dank erwarten. Leistung ist selbstverständlich und bedarf keiner Anerkennung weiter. Ausruhen nie! Wer rastet, der rostet. Sich belohnen kostet Zeit und Zeit ist Geld! Dich zu belohnen, dir was Gutes zu tun, das bist du nicht wert! Belohne dich selbst nie oder nur mit Dingen, die dir in größeren Mengen schaden wie Alkohol, Nikotin und übermäßiges ungesundes Essen!« Das sind die sieben Grundhaltungen des inneren Antreibers. Die Störung im eigenen Belohnungssystem führt in Zusammenhang

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88 Beratung bei Suchtverhalten mit den anderen genannten Verhaltensweisen oder Persönlichkeitsanteilen häufiger zu Fehlgewöhnungen im Genussmittelkonsum, zu alkoholabhängigen Verhaltensweisen.

Systemisch-lösungsorientierte Perspektive auf Suchtverhalten In unserem Gesundheitssystem wird seit Ende der 1960er Jahre17 Alkoholabhängigkeit bzw. Sucht als Krankheit verstanden. Das Krankheitskonzept ist eng mit den Hypothesen vom Kontrollverlust des Betroffenen, seiner lebenslangen Abhängigkeit und der daraus folgenden therapeutischen Forderung nach einer lebenslangen Abstinenz verbunden. Das hat einige Vorteile aber auch Nachteile. Die Vorteile liegen auf der Hand. Die Hilfen für Betroffene werden durch die Kranken- und Rentenversicherungen finanziert. So entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten ein umfangreiches stationäres und ambulantes Angebot. Menschen, die alkoholabhängiges Verhalten zeigen, sind behandlungsberechtigt und erfahren weniger Diskriminierung. Betroffene sind als Kranke entlastet, denn für Krankheit kann bekanntlich keiner, vielmehr ist der Alkohol, der zum Kontrollverlust geführt hat, Schuld an der Krankheit. Eine Heilung verspricht das pathologische Verständnis von Alkoholabhängigkeit, wie hier dargestellt, nicht. Selbst wenn es dem Patienten gelingt, sich lebenslang abstinent zu verhalten, so ist er dennoch nicht gesund. Er bleibt lebenslänglich ein Alkoholiker, der ständig der Gefahr eines Rückfalls ausgeliefert ist. Dieses Krankheitsverständnis wird von vielen systemisch-lösungsorientiert arbeitenden Therapeuten und Lehrtherapeuten kritisch betrachtet (Berg u. Miller, 1998; Richelshagen, 1996; Stierlin, 1996; Schmidt, 1996) und als wenig hilfreich beispielsweise bei der Wiedergewinnung von Kontrolle oder im Umgang mit einem so 17 Seit einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) von 1968 (BSGE 28,114) wird Alkohol- und Drogenabhängigkeit in der Kranken- und Rentenversicherung als Krankheit definiert. Eine Abhängigkeit liegt vor bei Unfähigkeit zur Abstinenz, bei Verlust der Selbstkontrolle oder einem periodischen Auftreten dieser beiden Symptome.

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genannten »Rückfall« erachtet. Besonders zu erwähnen sind hier die Arbeiten von Gunther Schmidt zu diesem Thema, der in den 1990er Jahren ein Arbeitsmodell entwarf, das von grundlegenden systemischen Prinzipien ausgeht und bewährte kurzzeittherapeutische sowie hypnotherapeutische Ansätze integriert.

Der Mythos vom Rückfall

Die Idee vom Rückfall ist ein sehr hartnäckiger Mythos und zusammen mit dem Begriff Abstinenz eine Prämisse des herkömmlichen Suchttherapieansatzes (Schmidt, 1996, S. 49 ff.). Da der trockene Alkoholiker zwar trocken, aber nicht gesund im herkömmlichen Verständnis des Begriffs Gesundheit ist, muss er den so genannten Rückfall fürchten. Dieser lauert wie ein Gespenst dem Betroffenen auf, passt seine schwachen Momente ab, um dann erbarmungslos zuzuschlagen. Der Rückfall kommt dabei in Gestalt des totalen Kontrollverlustes daher und zwingt den Betroffenen zum erneuten dauerhaften Alkoholkonsum. Der Rückfall droht immer, so die Überzeugung. Auch nach Jahren der Abstinenz soll bereits die Einnahme einer sehr kleinen Menge Alkohol, etwa die einer Weinbrandpraline oder ein Glas Sekt, im Körper für einen derartig extremen Kontrollverlust sorgen, dass der Betroffene mit dem Trinken nicht wieder aufhören kann. Das herkömmliche Verständnis der Suchttherapie geht zu einem Großteil auf die Grundsätze der Anonymen Alkoholiker aus den 1930er Jahren zurück. Diese Grundsätze sprechen dem Alkoholkranken jede Fähigkeit, seine Krankheit aus eigener Kraft bewältigen zu können, ab. »Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann« (Frey et al., 2000, S. 90), so Schritt 2 des AA-Programms. Schuld an der Krankheit ist allein der Alkohol. Deshalb gilt es, diesen für immer aus seinem Leben zu verbannen und sich in ein engmaschiges Kontrollsystem von außen zu begeben. Diese einseitige kausale Schuldzuschreibung wird aus systemtheoretischer Sicht in Frage gestellt. Der Alkohol an sich kann nicht Ursache von Alkoholabhängigkeit und auch nicht von Rückfall sein. Waffen sind ja auch nicht schuld an der Tötung von Menschen.

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90 Beratung bei Suchtverhalten Der traditionelle klinische Umgang mit dem Rückfall ist paradox, denn obwohl der Alkoholismus als Krankheit betrachtet wird, werden Patienten in Fachkliniken bei einem Rückfall entlassen. Eine häufige Regel lautet: »Wer trinkt bzw. rückfällig wird, entlässt sich selbst.« Die Dämonisierung des Rückfalls wird hingegen von einer sehr schwachen und auch wissenschaftlich umstrittenen Hypothese getragen (Hannes, 1996, S. 135 ff.). So soll der Genuss einer sehr kleinen Menge Alkohol einen biochemisch-neurologischen Prozess wieder beleben, der zum zwanghaften Weitertrinken motiviert.

Der Rückfall, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung?

Nach systemtheoretischem Verständnis entsteht der Rückfall durch eine Wirklichkeitskonstruktion. Er kann als eine sich selbst erfüllende Prophezeiung verstanden werden. »Es handelt sich dabei bekanntlich um die wirklichkeitserzeugende Macht von Befürchtungen, Erwartungen, Annahmen oder Überzeugungen über künftige Geschehnisse, die nur deswegen, weil ihr Eintreten fest angenommen oder erwartet wird, tatsächlich eintreten« (Watzlawick, 1992, S. 135 f.). Betrachtet man das Phänomen unter diesem Aspekt, dann wird deutlich, dass der Rückfall nur so viel Macht besitzt, wie ihm vom therapeutischen System und vom Klienten selbst zugesprochen wird. Der Rückfall entpuppt sich als eine Art Problemtrance, die sich selbst bestätigt und erhält (Schmidt, 1996, S. 54 f.). Gegen die neurobiologische Erklärung des traditionellen Suchtverständnisses, nämlich dass der Alkohol eine irreparable Veränderung neuronaler Strukturen bewirkt, die den Rückfall hervorrufen und ein kontrolliertes Trinken nach dem Rückfall unmöglich machen, lassen sich zwei Einsprüche erheben. 1. Moderne neurobiologische Forschungen unterstreichen immer wieder die Plastizität und damit die Fähigkeit des Neulernens unseres Gehirns (Roth, 2003). Eine längere Enthaltsamkeit bzw. ein über einen längeren Zeitraum verändertes Verhalten führt allmählich auch zu Veränderungen neuronaler Netzwerke und neuromodulatorischer Muster. Nur in wenigen Fällen, beispielsweise bei sehr langem und starkem Alkoholkonsum, treten irre-

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parable Schäden des Nervensystems auf, wie etwa beim Korsakoff-Syndrom. 2. Der Körper bzw. Mikroorganismen im Verdauungssystem produzieren während der Verdauung selbst Alkohol, der in geringen Mengen auch im Blut nachweisbar ist. Selbst viele Fruchtsäfte enthalten Alkohol, so sind bei einigen bis zu 0,20 Prozent Alkohol nachweisbar. Diese sind für trockene Alkoholiker erlaubt. Dieser nicht bewusst wahrgenommene Alkohol muss vom Alkoholiker nicht gefürchtet werden, seine neurobiologische Wirkung hinsichtlich des Rückfalls ist nicht relevant. Da ist es doch verwunderlich, warum eine Weinbrandbohne, deren Alkoholgehalt sich nach dem Verzehr im Blut nicht einmal nachweisen lässt, zum Rückfall führen soll. Es bedarf schon eines sehr starken Glaubens, um hier zu einem Rückfall zu gelangen. Der Alkohol selbst ist wohl nicht für den Rückfall verantwortlich zu machen, wohl aber die bewusste negative Aufladung und die Bedeutungszuschreibung des bewusst zu sich genommenen Alkohols.18 Der Rückfall, wenn es ihn überhaupt gibt, ist ein Problem der Persönlichkeit und damit eher ein psychologisches als ein autonomes neurobiologisches Phänomen. Die Idee vom Rückfall, sein klinisches Heraufbeschwören begünstigt den Rückfall selbst. Angeregt wird das alte Trinkverhalten vermutlich viel eher durch alte Verhaltensmuster in Stresssituationen und soziale Gewohnheiten, die sich der Betroffene bewusst oder unbewusst erlaubt. Allein der Glaube, die Idee, Alkohol zu sich zu nehmen, bewirkt eine Veränderung in der Wahrnehmung und Deutung des eigenen Verhaltens. Der Rückfall ist so etwas wie ein Negativ-Placebo, der sich durch systemisch-konstruktivistische Sichtweisen entmystifizieren lässt. Schmidt (1996, S. 52) regt an, den Rückfall positiv umzudeu18 In diesem Zusammenhang wurden interessante Studien durchgeführt, die darlegen, welchen Einfluss die kognitive Konstruktion auf das physische Verhalten und die Selbstwahrnehmung hat. In verschiedenen Versuchen wurde nachgewiesen, dass Personen einer Versuchsgruppe, die glaubten Alkohol zu trinken, aber keinen Alkohol bekamen, sich nach kurzer Zeit »angetrunken« fühlten, ihr Verhalten veränderten und diese Veränderung auf den Genuss von Alkohol zurückführten (siehe Hannes, 1996, S. 38).

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92 Beratung bei Suchtverhalten ten und ihn als Fortschritt oder als Ehrenrunde zu interpretieren und den Klienten für typische Handlungsgewohnheiten oder soziale Rahmen beim Genuss von Alkohol zu sensibilisieren, so gewinnt er Kontrolle und Gesundheit. Die bewusste oder unbewusste Entscheidung für einen Rückfall fällt immer der Betroffene selbst. Die Entscheidung, ob ich trinke oder nicht, hängt von vielen inneren Motiven, meiner ganz individuellen Persönlichkeit ab. Gibt es gleichstarke Motive, kommt es zum Kampf der Motive um den Zugriff auf mein Handlungssystem.

Gespräche mit dem inneren Schweinehund – Teilearbeit in der systemischen Suchtberatung Ein Grundsatz der systemischen Arbeit ist die Idee, dass Probleme selbst erzeugt werden. Das heißt, der Alkohol als solcher führt kein eigenständiges Leben. Er kann sich daher auch nicht heimtückisch und unbeobachtet in Familien einschleichen und wie ein Dämon von einem Familienmitglied oder dessen Seele Besitz ergreifen. Er hat nicht die Macht, Familien zu zerstören, Persönlichkeiten zu verändern oder den »Alkoholiker« in den Tod zu treiben. Nein, systemisch betrachtet werden Probleme selbst und in der Interaktion mit anderen Menschen erzeugt. Die Selbsterzeugung des Problems kann auch als Resultat eines inneren Dialogs bzw. eines inneren Konflikts verstanden werden. Der Dialog ist vermutlich zunächst unbewusst. Ein Anteil der Persönlichkeit, vielleicht der, der am Abend nach getaner Arbeit Entspannung sucht, motiviert das Handlungssystem zum regelmäßigen Griff nach der Flasche. Die Arbeit wird mehr und die Anerkennung immer weniger, der innere Anteil greift verstärkt zum Alkohol, um sich zu entspannen. Ein anderer Persönlichkeitsanteil, vielleicht der Vernünftige, meldet sich bereits öfter zu Wort und mahnt, aufzupassen, weniger zu trinken, weniger zu arbeiten oder sich anders etwas Gutes zu tun. Dann ist da vielleicht noch der schon erwähnte innere Antreiber, der entgegen der Vernunft und der Entspannung Leistung fordert, egal was es kostet. Am Anfang der Problemkonstruktion sind es harmlose Dialoge zwischen den inneren Anteilen. Doch

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Gespräche mit dem inneren Schweinehund

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wenn die Anteile ihren uneingeschränkten Einfluss auf das Handlungssystem nicht aufgeben, entflammt ein innerer Kampf. Die Anteile versuchen einander zu verdrängen, sich auszuschalten, zu besiegen. Oder der innere Antreiber bildet mit dem Trinkeranteil eine Koalition. Leistung und Trinken ergänzen sich gut in den ersten Jahren, sie werden zu einem unschlagbaren Team. Berufliche Erfolge überzeugen vielleicht auch die Vernunft, die anfänglich glaubt, noch kann man den Alkoholkonsum ja überblicken und wenn die Anforderungen wieder sinken, kann man ja den Alkoholkonsum wieder reduzieren. Normalerweise kommen alle Menschen im Laufe ihres Lebens wohl mehrmals in einen solchen oder ähnlichen inneren Dialog bzw. Konflikt. Bei den meisten Menschen behält die Vernunft jedoch die Kontrolle über das Handlungssystem und ein kontrolliertes Trinken, Essen, Rauchen oder Arbeiten gelingt. So führt die Interaktion innerer Anteile zur Schöpfung des Problems und allmählich wird aufgrund der Reaktion der Umwelt auf unser Verhalten der innere Konflikt bewusst. Unterschiedliche Motivationen, Gefühle und Ansprüche an sich selbst kämpfen um den Zugriff auf das Handlungssystem. Doch es sind meine Anteile, meine Wünsche, mein Perfektionsstreben, mein Wunsch nach Entspannung, Anerkennung oder Harmonie, die mein Handeln bestimmen. Dabei ist es unwichtig, ob ich dies bewusst oder unbewusst tue. Fakt ist, ich tue es. Ich bin für mich und mein Handeln verantwortlich und nicht der Alkohol. Eine systemisch orientierte Suchtberatung gibt dem Betroffenen die Verantwortung für sein Handeln zurück bzw. unterstellt dem Betroffenen eigene Ressourcen für die Lösung des inneren Konflikts. »Der systemische Therapeut und Berater wird hier gleichsam zum Mittler zwischen den sich bekämpfenden Tendenzen und Antrieben« (Stierlin, 1996, S. 13). Es ist ein nützliches beraterisches Konstrukt, alkoholabhängiges Verhalten als inneren Konflikt zu verstehen und die sich bekämpfenden Anteile herauszuarbeiten und neu in einen Kampf zu verwickeln bzw. wieder in eine Auseinandersetzung zu führen. Hilfreich ist hier das bei inneren Konflikten fast jedem bekannte Konstrukt vom »inneren Schweinehund«. Menschen, die alkoholabhängiges Verhalten zeigen und schon einige Male versucht haben, ihr Trinkverhalten besser zu kon-

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94 Beratung bei Suchtverhalten trollieren, kennen ihn sehr genau, den inneren Schweinehund. Er wird als Gegenspieler der Vernunft oder des guten Vorsatzes erlebt und er besiegt die Vernunft immer wieder. Problemtrinker kennen den inneren Schweinehund als eigenständigen Persönlichkeitsanteil, der sich leider allzu oft Zugriff zum eigenen Handlungssystem verschafft und dieses veranlasst, nach der Flasche zu greifen. Doch bei aller Selbstständigkeit ist der innere Schweinehund ein Teil des Menschen, der alkoholabhängiges Verhalten zeigt, und bei genauerer Betrachtung lassen sich diesem nicht nur schlechte, sondern auch gute Absichten unterstellen. Hannes (1996, S. 18 ff.) beschreibt die Nützlichkeit der Fokussierung dieses Persönlichkeitsanteils in der Therapie von Menschen, die alkoholabhängiges Verhalten zeigen, und stützt sich dabei auf ein NLP-Teilearbeitsmodell. Dieses geht davon aus, dass zu jedem Zeitpunkt unbewusste Anteile, wie auch der innere Schweinehund, ganz wesentlich unser Erleben und Handeln mitgestalten (S. 19). Teilearbeitskonzepte sind, wie schon erwähnt, in der systemischen Beratung und Familientherapie sehr verbreitet und geeignet, sowohl unbewusste als auch bewusste Anteile zu explorieren und sie in eine für die Lösung hilfreiche Beziehung zueinander zu bringen. Ziel der Arbeit mit dem inneren Schweinehund oder anderen inneren Anteilen ist, dem Klienten ein Gefühl von Selbstverantwortlichkeit und Selbstkontrolle über sich und sein Verhalten zurückzugeben.

Schwerpunkte und Umsetzung der Arbeit mit dem inneren Schweinehund

Im Kontext der Beratung von Menschen, die alkoholabhängiges Verhalten zeigen, sind folgende Interventionen für das Zurückgewinnen bzw. die Erweiterung von Kontrolle hinsichtlich des eigenen Trinkverhaltens nützlich. Diese Interventionsschwerpunkte sind eingebettet in die Arbeit mit dem inneren Schweinehund, die hier als eine methodische Vorgehensweise entworfen wird. Utilisierung des Phänomens des inneren Schweinehundes: Die meisten Menschen, die wenigstens einmal vergeblich versucht haben,

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ihr Suchtverhalten zu kontrollieren oder ganz einzustellen, kennen das Phänomen des inneren Schweinehundes. Es gilt nun, das Phänomen für einen beraterischen, therapeutischen Prozess nutzbar zu machen. Es empfiehlt sich eine Erweiterung und Konkretisierung der Wahrnehmung für den Nutzen des Phänomens. Der Klient wird mit seinem inneren Schweinehund als Teil seiner Persönlichkeit vertraut gemacht. Die Funktion und die Gestalt des inneren Schweinehundes wird herausgearbeitet und dessen Beziehung zu anderen Anteilen. Bildhaft-metaphorische Darstellung des inneren Schweinehundes: Die Exploration des inneren Schweinehundes wird erweitert. Die verbale Exploration wird mit der bildhaft-metaphorischen Arbeit ergänzt. Der Nutzen solcher räumlichen und figürlichen Methoden wurde an anderen Stellen des Buches ausführlich beschrieben. Der innere Schweinehund wird als Tierfigur dargestellt. »Welchen inneren Schweinehund hätten Sie denn gern?« Der Klient sucht entsprechend den Erfahrungen mit seinem inneren Schweinehund eine passende Tierfigur dafür und für andere relevante Anteile aus und entwirft eine räumliche Tierfigurenskulptur. Ähnlich der Methode der Versammlung der Gefühle in Tierfiguren werden diese dann in einen sinnstiftenden Dialog miteinander gebracht. Positive Umdeutung des inneren Schweinehundes: Die Umdeutung oder positive Konnotation ist eine traditionelle Interventionsform der Familientherapie. Sie ist hilfreich, um neue Denkmuster zu etablieren und Problemkonstruktionen zu stören. Innere Schweinehunde sind Tiere mit guten Absichten. Hannes sieht ihre Funktion darin, für Wohlbefinden zu sorgen, und wenn es sein muss, auch mit Alkohol (Hannes, 1996, S. 23). Die Dynamik des inneren Konflikts lässt sich stören, wenn der innere Schweinehund nicht ausschließlich als Feind, als Gegner verstanden wird. Er kann als Entspannungsteil, Tröster, Wertschätzer, als eine innere Kraft umgedeutet werden, die hilfreich ist, den Konflikt zu lösen oder zu beenden. Es hat sich für Klienten als nützlich erwiesen, den inneren Schweinehund als Kooperationspartner zu verstehen, dessen Anliegen zu akzeptieren und anders als mit Alkohol zu befriedigen.

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96 Beratung bei Suchtverhalten Neuregelung des Zugriffs des inneren Schweinehundes auf das Verhaltenssystem: Einige Teilearbeitskonzepte (Schwartz, 2007) gehen von einer übergeordneten inneren Instanz, dem »Selbst«, aus. Ob es aus moderner neurobiologischer Sicht tatsächlich eine alles regulierende Instanz gibt, ist fraglich. Dennoch kann der Klient ein solches Konstrukt im Zusammenhang mit seinem inneren Konflikt entwickeln. Wenn dies der Fall ist und der Klient von einer derartigen inneren Instanz berichtet, die er als Organisator seines Verhaltenssystems erlebt und beschreibt, dann lässt sich diese ebenfalls räumlich-bildhaft in die Tierfigurenskulptur der inneren Anteile einfügen bzw. aufstellen. Um den übergeordneten Organisator oder Moderator des Verhaltenssystems darzustellen, empfiehlt sich eine einfache Holzfigur, wie sie vom Familienbrett her bekannt ist (siehe Abbildung 8 und 9). Nun lässt sich der Einfluss des inneren Schweinehundes und der anderen inneren Teile auf diese übergeordnete Instanz reflektieren. Man kann Umstellungen vornehmen und prüfen, welche Positionen geeignet sind, den Einfluss des inneren Schweinehundes auf den unmittelbaren Organisator des Verhaltens im Sinne der Lösung des inneren Konflikts zu verändern. Entwicklung einer idealeren Rolle und Position des inneren Schweinehundes: Diese Intervention leite ich üblicherweise mit der Frage ein, wo denn die ideale Position des inneren Schweinehundes bezogen auf die Lösungsbestrebung des Klienten wäre: »Angenommen, Sie haben Ihr Ziel erreicht, was hat sich in der Beziehung Ihrer Anteile verändert, welche Tierfigur steht dann wo?« Die Tierfigurenskulptur wird somit zum Experimentierfeld für neue Denkund Konfliktlösungsmuster. Entscheidend ist bei diesem Vorgehen nicht, dass die so vom Klienten aufgestellte Situation die endgültige Lösung beinhaltet. Wichtiger ist, ihm den Eindruck zu vermitteln, dass neue Bilder, Haltungen und veränderte Positionen Entwicklungen anregen.

Fallbeispiel

In der ersten Einzelberatung mit der Klientin, nennen wir sie Frau Müller, aus dem bereits eingangs beschriebenen Kontext von Super-

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Gespräche mit dem inneren Schweinehund

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vision prüfte der Berater seine Burnout-Hypothese. Dabei war es nicht das Ziel, der Klientin eine weitere Diagnose19 zu verleihen, sondern ihr zu erlauben, ihren allgemeinen körperlichen und psychischen Zustand realistisch einzuschätzen. Sie beschrieb sich als erschöpft und fühlte sich am Ende ihrer Kräfte. Zu Hause fühlte sie sich für alles zuständig. Der gesamte Haushalt und die Erziehung von zwei pubertierenden Kindern hingen an ihr. Dennoch suchte die Mutter die Ursachen für ihren Erschöpfungszustand vor allem in der Arbeitssituation und dem schlechten Klima im Team bzw. im Unternehmen. Außerdem sei sie 46 Jahre alt und da kämen noch die Wechseljahre und das Alter allgemein als Ursachen hinzu. Das Alkoholproblem lag ihrer Ansicht nach auch in der Familie. Ihr Vater, dem sie sehr nahe stand, habe schon getrunken, und sie sei praktisch mit seinen Trinkexzessen und mit den daraus resultierenden familiären Problemen aufgewachsen. Der Vater, inzwischen tot, sei ein sehr leistungsorientierter Mensch gewesen, das habe sie wohl von ihm geerbt. Der Frage, ob sie sich manchmal von einer inneren Kraft angetrieben fühlte, stimmte sie zu. Ihr Vater habe ihr immer gesagt: »Erst die Arbeit und dann das Vergnügen.« Diesen Leitsatz befolgt sie seit ihrer Kindheit, nur leider habe ihr der Vater nicht gesagt, gezeigt oder spüren lassen, wann die Arbeit gut sei und wann man sie ruhen lassen kann. Da ihr Vater sie nur über ihre Leistung wertschätzte, entwickelte sie einen übertriebenen Arbeitseifer. So schätzte sie ihre Situation selbst ein. Der Berater ließ sie in der Sitzung noch einen Burnout-Fragebogen20 beantworten. Sie erreichte eine relativ hohe Punktzahl, die nach Angaben der Autoren eine beginnende Burnout-Situation darstellte. Sie war hinsichtlich des Ergebnisses nicht überrascht. Abschließend gingen die Klientin 19 Bislang fehlen zudem einheitliche Leitlinien zur klinischen Diagnose des Störungsbildes. Das Burnout-Syndrom wird nicht als psychische Störung in Kapitel F der ICD-10 aufgeführt (ICD = Internationale Klassifizierung psychischer Störungen). Das Burnout-Syndrom hat unter diesem Gesichtspunkt keinen Krankheitswert. Ihm wird lediglich eine Z-Diagnose im Anhang der ICD-10 (Z.73.0) zugestanden. Burnout bzw. Ausgebranntsein wird als ein Faktor beschrieben, der den Gesundheitszustand beeinflusst. 20 Der Fragebogen umfasst 21 Items und basiert auf Selbstwahrnehmung. Er geht auf Dr. G. Possnigg (www.burnoutnet.at) zurück und ist zu finden unter: www.hilfe-bei-burnout.de.

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98 Beratung bei Suchtverhalten und der Berater noch die einzelnen Fragen und ihre Antworten dazu durch. Reflektiert wurde die Bedeutung ihres körperlichen und psychischen Zustandes unter dem Aspekt ihres Trinkverhaltens. In der zweiten Sitzung wurde die Klientin vom Berater aufgefordert, ein Gesamtbild von ihrer derzeitigen Situation und dem, was sie gern mit der Beratung erreichen möchte, zu entwerfen. Die Klientin sagte, sie will das Trinken sein lassen und wieder, wie bereits mehrere Jahre zuvor, abstinent leben. Ich fragte sie, ob ihr Ziel realistisch sei. Sie meinte, dass sie dies für durchaus machbar halte, denn schließlich sei es ihr ja schon einmal gelungen, mit dem Trinken aufzuhören. Damals habe sie noch viel mehr getrunken, da würde sie das nun auch schaffen können. Auf die Frage, warum sie das Alkoholtrinken noch nicht sein gelassen habe, wenn es doch leichter sei als damals, erwiderte sie sinngemäß: »So leicht ist es nun auch nicht.« Schließlich sei sie eine Suchtkranke im Rückfall. Und der Drang zu trinken sei momentan noch stärker als ihre Vernunft. Das war etwa der Punkt, an dem der Einstieg in die Teilearbeit bzw. in die Arbeit mit ihrem inneren Schweinehund angemessen ist. Ich fragte sie, ob es passend wäre, wenn man den Drang zu trinken als inneren Schweinehund bezeichnen würde. Sie meine, dies könnte gut passen. Auf diese Metapher eingestimmt, klärten wir ihre Beziehung zum inneren Schweinehund genauer: seit wann sie diesen kennt, wie er aussieht, wo seine Stärken und seine Schwächen liegen und ob es Zeiten gab, zu denen sie den inneren Schweinehund ganz vergessen habe, und ob er auch während der Beratung dabei sei. Dann wurde sie gefragt, ob ihr Glaubenssatz »Erst die Arbeit, dann das Vergnügen« den Charakter eines inneren Antreibers habe. Diese Metapher fand sie gut und regte sie an, nochmals von ihrem Vater zu erzählen, der sich oft wie ein Antreiber ihr gegenüber verhalten habe. Sie offenbarte unter Tränen, als Kind oft von ihrem Vater geschlagen worden zu sein, wenn dieser etwas an der Erledigung ihrer häuslichen Pflichten auszusetzen hatte. »Doch wie ich mich auch anstrengte, mein Vater hatte immer etwas an mir auszusetzen.« Die Klientin wurde nun befragt, ob es noch andere innere Stimmen, Persönlichkeitsanteile oder Glaubenssätze in ihr gibt, die mit ihrem Trinkverhalten und dem Wunsch, dies wieder besser kon-

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Gespräche mit dem inneren Schweinehund

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Abbildung 10: Arbeit mit dem inneren Schweinehund (erste Beratungssequenz)

trollieren zu wollen, zu tun haben könnten. Insgesamt beschrieb sie dann vier in diesem Konflikt dominante innere Anteile: 1. der innere Schweinehund, der sie zum Trinken drängt; 2. der innere Antreiber, der sie zwingt, sich nur über Leistung zu definieren und rücksichtslos mit dem eigenen Körper umzugehen; 3. die Vernunft, die sie in Beratung bringt und die einen Gegenpol zum Antreiber und zum inneren Schweinehund darstellt, und 4. ihr eiserner Wille, den sie immer dann aufbringen kann, wenn sie in große Not gerät oder von einer Sache völlig überzeugt ist. Nun wurde ihr die Tierfigurensammlung vorgelegt und sie wurde gebeten, für jeden inneren Anteil ein Tier zu suchen und entsprechend den Beziehungen zueinander auf das Brett zu stellen. Es entstand folgende Tierfigurenskulptur (Abbildung 10). In einem weiteren Schritt erforschten wir die Bedeutung ihrer Tierfiguren und die Dynamik innerhalb der Tierfigurenskulptur. Den Wolf wählte sie zur Darstellung ihres inneren Schweinehundes. »Der Wolf ist ein Raubtier. Ihn gilt es zu fürchten. Wenn man nicht aufpasst, treten Wölfe im Rudel auf. Dann sei es allerdings zu spät«, so die Klientin. Die Kuh symbolisierte den inneren Antreiber. Hier hatte sie die Assoziation einer Hochleistungsmilchkuh. »Eigentlich bin ich zu einer Hochleistungskuh erzogen worden. Manchmal denke ich, dass mein ganzer Lebenssinn darin besteht,

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100 Beratung bei Suchtverhalten in einer kleinen Box zu stehen und Milch zu produzieren.« Für den inneren Anteil des eisernen Willens wählte sie den Esel aus. »Das ist kein dummer Esel. Nein. Er ist stur. Er hat einen sehr eigenen Kopf, einen Dickkopf. Das kenne ich gut von mir. Wenn ich etwas wirklich will, dann bekomme ich es auch. Das gilt auch, wenn ich etwas nicht will, dann bin ich stur und nicht zu überzeugen.« Der Delfin stand für den inneren Anteil der Vernunft. Sie habe mal ein Buch gelesen, in dem die Intelligenz von Delfinen beschrieben wurde. Dieses Buch habe sie sehr beeindruckt und sie denkt, dass sie über eine natürliche Vernunft verfügt, die sie bisher immer gerettet habe. »Ich habe als Einzige bei uns in der Familie studiert. Ich will nicht sagen, dass ich klug bin, aber mein Fachwissen und meine Lebensschläue haben mich schon vor Schlimmerem bewahrt.« Die Arbeit wird hier nur in Ausschnitten wiedergegeben. Sie beschränkt sich in der Darstellung auf einige spezielle Interventionen aus der Arbeit mit dem inneren Schweinehund und stellt eine Gesprächssequenz zur positiven Umdeutung des inneren Schweinehundes dar (B. = Berater, M. = Frau Müller). B.: M.: B.: M.:

B.:

M.: B.:

M.:

B.: M.:

»Welchen Eindruck macht denn der innere Schweinehund auf Sie?« »Der Wolf hat mir schon immer Angst gemacht.« »Wie lange kennen Sie den inneren Schweinehund, den Wolf schon?« »Eigentlich seit meiner Kindheit. Schon als Kind habe ich manchmal Dinge gemacht, die ich eigentlich nicht wollte und die mir hinterher schrecklich leid taten. Er verkörpert das Böse in mir. Der Wolf ist unberechenbar.« »Was glauben Sie, warum der Wolf so lange bei Ihnen bleibt und warum er Sie zwingt, Sachen zu machen, die Sie nicht wollen? Sachen, die Ihnen vielleicht auf den ersten Blick auch schaden?« »Das weiß ich nicht genau.« (überlegt) »Eigentlich macht es keinen Sinn, sich zu schaden und Alkohol zu trinken. Es ist eine destruktive Kraft.« »Der Wolf, der ja Ihren inneren Schweinehund verkörpert, scheint demzufolge überflüssig zu sein? Oder? Ich frage mich, was ihn hält, warum er da so bei der Kuh, Ihrem inneren Antreiber, steht?« »Der innere Antreiber ist ein Kapitel für sich … Der Wolf und die Hochleistungskuh brauchen sich vielleicht gegenseitig. Beide haben etwas Selbstzerstörerisches.« »Wenn deren Macht und Einfluss auf Ihr Leben zu groß wird, was passiert dann innerlich?« »Dann kommen der Esel und der Delfin ins Spiel. Sie bilden den Gegenpol.«

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Gespräche mit dem inneren Schweinehund

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B.: »Heißt das, Esel und Delfin kommen erst dann groß raus, wenn die Macht der anderen beiden zu groß wird?« M.: »Ja, bezogen auf das Trinken kann man das so sagen.« B.: »Ein schwacher innerer Schweinehund würde also Ihre Vernunft und den eisernen Willen nicht stärken können?« M.: »Der Wolf ist der Herausforderer und er stellt sich außerdem noch schützend vor die Kuh.« B.: »So hat der Schweinehund indirekt die Aufgabe, Ihre Vernunft und Ihre Willensstärke zu fördern und die Kuh zu schützen?« M.: »Ja, die Hochleistungskuh schützen. Sonst bin ich nichts mehr.« B.: »Ohne Leistung würde Ihnen ein wichtiger Teil Ihrer Identität fehlen?« M.: »Das Einzige, was ich wirklich gut kann, ist arbeiten und mich für andere aufopfern.« B.: »Der innere Schweinehund bewahrt Sie davor, diesen Leistungsteil aufzugeben. Was sagt denn der Delfin, Ihre Vernunft dazu?« M.: »Vom Kopf her weiß ich schon lange, dass ich mich kaputt arbeite.« B.: »Und der Alkohol soll Ihnen dabei helfen?« (etwas provozierend) M.: »Nein! Ich muss lernen Nein zu sagen, ich muss mehr an mich denken …« B.: »Angenommen, Sie hätten den inneren Schweinehund, den Wolf, nicht …?« M.: (schneidet mir das Wort ab) »Dann hätte ich keinen Anlass, meine Arbeitssucht zu ändern.« B.: »Ohne den Wolf kämen Sie also kaum unter Druck, Ihr Arbeits- und Leistungsverhalten zu ändern?«

Hier werden einige sinnvolle Funktionen des inneren Schweinehundes herausgearbeitet. Seine Rolle bleibt ambivalent. Der innere Schweinehund ist wahrscheinlich nicht zu besiegen, er ist Bestandteil der Persönlichkeit dieser Klientin und ermöglicht ihr, weiter Höchstleistung in allen Lebensbereichen zu bringen. Andererseits zeigt seine Stärke der Klientin auch, dass es so mit ihrem Leistungsverhalten nicht mehr weitergeht, dass sie etwas daran ändern muss. Der innere Schweinehund wird zum Herausforderer der Vernunft und des eisernen Willens. Das macht ihn nützlich und verringert vielleicht die Angst der Klientin vor ihm. Hier an dieser Stelle hätte man als Berater noch konsequenter die Kooperation mit und die Abhängigkeit der anderen Teile vom inneren Schweinehund fokussieren können. Damit wäre die Umdeutung noch stärker und klarer geworden. Doch in der Praxis entwickeln die meisten Gesprächsverläufe eigene Dynamiken und man kann sie als Berater unter dem Aspekt der Arbeitshypothese und geplanten Intervention nur

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102 Beratung bei Suchtverhalten bedingt steuern. Dennoch zeigt der Ausschnitt im Ansatz, wie sich die Funktionen des inneren Schweinehundes umdeuten lassen. Ein weiterer Ausschnitt soll andeuten, wie man eine idealere Rolle und Position des inneren Schweinehundes für die Bewältigung des Problems mit dem Klienten entwickeln kann. B.: »Ich bitte Sie nun mal, sich vorzustellen, Sie haben Ihr Ziel erreicht und haben Ihr Trinkbedürfnis so, wie Sie es wünschen, unter Kontrolle. Was würde sich in den Positionen der inneren Anteile, der Tierfiguren verändert haben? Bitte stellen Sie das Bild mal um!« M.: »Oh, das ist nicht so einfach. Da muss ich erst einmal überlegen.« B.: »Gut, überlegen Sie. Sie können auch verschiedene Varianten ausprobieren, bis Sie den Eindruck haben, so wäre es für die Lösung am besten.« M.: »Soll ich die Tiere umstellen?« B.: »Das können Sie selbst entscheiden. Sie haben vorhin gesagt, dass Sie sich ziemlich sicher sind, dass Sie Ihr Trinkverhalten verändern können. Stellen Sie sich dies nun einmal vor. Vermutlich wird sich dann auch etwas im Kräfteverhältnis Ihrer inneren Anteile verändern. Vielleicht wird das ein oder andere Tier einen anderen Platz einnehmen, die Beziehung zwischen den Anteilen wird sich wohl ändern … Stellen Sie sich mal vor, Sie haben Ihr Trinkverhalten wieder unter Kontrolle, wie wird sich Ihr Verhalten, außer dass Sie nicht mehr trinken, ändern?« M.: (stellt die Tierfiguren um) »So wäre es wohl besser. Der Wolf geht zum Esel. Beide wissen sehr genau, was sie wollen. Sind sich irgendwie ähnlich. Die Hochleistungskuh müsste nun etwas kleiner sein. Sie haben aber keine kleinere Kuh, so habe ich sie umgedreht, das geht auch.« B.: (Die Klientin wird unterbrochen.) »Heißt das, Ihr innerer Antreiber würde an Einfluss und Macht verlieren? Ihr Leistungsverhalten und der Umgang mit sich selbst wäre anders?« M.: »Ja! Dies geht aber nur mit meiner Vernunft [Delfin]. Ich muss es mir immer wieder mit meinem Verstand sagen: Ich denke mehr an mich.« B.: »Heißt das auch, ich mag mich auch ohne Höchstleistung? Ich bin wertvoll, toll und liebenswert, auch wenn ich nicht alles so perfekt tue oder wenn ich Fehler mache?« M.: (Stille, die Klienten zeigt sich traurig berührt) »Ich bin liebenswert, auch wenn ich Fehler mache.« (wiederholt meine Worte) »Aus Ihrem Mund klingt das so gut.« (Stille und Betroffenheit) B.: »Sie haben keinen, der Ihnen das sagt?« … (Die Klientin nickt.) »Ihre Vernunft, der Delfin aber weiß Bescheid und kann Ihnen immer wieder sagen: Ich bin liebenswert.« M.: »Das stimmt.« B.: »Was sagt die Hochleistungskuh dazu und die anderen Anteile, wenn Sie das erfahren, was der Delfin schon lange weiß?«

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Gespräche mit dem inneren Schweinehund

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Abbildung 11: Arbeit mit dem inneren Schweinehund (zweite Beratungssequenz)

M.: »Alle können das gut hören. Auch die Kuh, … die Dumme (lächelt), die wird es auch noch begreifen.« B.: »Meine Großmutter sagte manchmal: ›Dumm wie ’ne Kuh und lernt doch noch dazu.‹ Wie geht es denn der Kuh in dieser Position gerade?« M.: »Gut, sie ist froh, nicht ausgetauscht worden zu sein. Sie hat so einen guten Platz.« B.: »Das hört sich versöhnlich an, gar nicht wie eine Kampfansage. So als ob Sie diesen Teil auch akzeptieren können, ihm aber eine andere Rolle in Ihrem Leben schenken wollen?« M.: (sehr ruhig und gefasst) »Ich will auch nicht mehr kämpfen, ich habe in meinem Leben genug gekämpft.« B.: »Wie sieht das Ihr innerer Schweinehund? Welche Aufgabe kommt ihm denn nun zu, wenn er die Kuh nicht mehr unterstützen muss, darf?«

Die zwei Gesprächssequenzen und die Abbildungen illustrierten die Arbeit mit dem inneren Schweinehund aus einer Sitzung. In der folgenden Sitzung wurde die Beziehung zu ihrem Vater thematisiert und über Möglichkeiten gesprochen, von dessen Anerkennung unabhängiger zu werden. Nach diesem Gespräch stellte sie vorübergehend das Trinken von Alkohol ein. Es folgte noch ein letztes Gespräch im Rahmen dieser Einzelsupervision, in dem es um Strategien für den Alltag ging, die ihr helfen sollten, sich selbst mehr zu wertschätzen. Etwa fünf Monate später folgte eine weitere Ehrenrunde und die Klientin trank wieder. Sie erzählte es mir vor einer turnusmäßigen Supervision. Offenbar hatte der innere Schweinehund wieder die Seiten gewechselt.

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Tierfiguren in der Teamberatung – Wenn der Chef zum Schwein wird

Dass sich Tierfiguren auch außerhalb des klassisch beraterischen bzw. familientherapeutischen Settings verwenden lassen, soll in diesem Kapitel dargestellt werden. Das »Team in Tierfiguren« (Natho, 2007c) stellt eine Methode dar, die sich im Rahmen von Teamsupervision und Teamentwicklung gewinnbringend einsetzen lässt. Gerade dann, wenn eine Rollen- und Beziehungsreflexion im Team angeregt werden soll, ist das Vorgehen hilfreich. Solche Situationen ergeben sich in der Teamarbeit immer wieder. Denn Teams sind höchst dynamische Systeme. Sie verändern sich ständig, weil Personen sich weiterentwickeln, sich Anforderungen und Arbeitsprozesse verändern. Teammitglieder beschreiben dann die Zusammenarbeit als konfliktreich und wenig harmonisch. Aus Sicht der Teamentwicklung ist dies eine notwendige Phase, die eine Überprüfung der Selbst- und Fremdwahrnehmung der Kollegen nötig macht, um sich in der Zusammenarbeit neu zu ordnen.

Tiermetaphern im Team – Wie Kollegen zu Tieren werden Beobachtet man Teams aufmerksam, so kann man feststellen, dass häufig auch Tiermetaphern kommuniziert werden. Da wird in der Supervision – zumindest in der verbalen Beschreibung der Teammitglieder – der Chef schon mal zum Schwein. Wenn dieser dann brüllt wie ein Löwe, sind die meisten Kollegen mucksmäuschenstill oder stecken den Kopf in den Sand. Andere stellen sich wie Pferde oder sture Esel auf die Hinterbeine und behaupten so ihren Standpunkt. Man verteidigt sein Revier oder es wird mit den Wölfen geheult. Teammitglieder beschreiben sich selbst oder gegenseitig als Tiere. Da gibt es eine dumme Gans, einen begossenen Pudel, einen Pech-

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Tiermetaphern im Team

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vogel, einen Angsthasen, einen Hecht im Karpfenteich oder einen Wolf im Schafspelz. Im Gespräch wird das eigene Team auch schon mal zum Saustall, zum Affentheater oder zur Löwengrube. Es kräht kein Hahn danach, wenn ein hohes Tier ein Machtwort spricht, nur die getroffenen Hunde, die bellen natürlich. Manchmal geht es auf keine Kuhhaut, dass einige Kollegen sogar Artenschutz genießen. Aber wie das Sprichwort sagt, es passen viele geduldige Schafe in einen Stall. Man kann feststellen, dass Tiermetaphern in Teams häufig Verwendung finden, um sich selbst, bestimmte Charaktere von Kollegen oder soziale Interaktionen im Team zu beschreiben. »Metaphern sind Bausteine zur Konstruktion unserer Wirklichkeit«, so postuliert Lauterbach (2004, S. 137). Menschen können nicht anders, als ihre Welt metaphorisch zu beschreiben. Tiermetaphern sind besonders geeignet zur Beschreibung von Persönlichkeitsanteilen (fauler Hund) oder von sozialen Interaktionen (der Hahn im Korb). Metaphern reduzieren die Komplexität der Welt und schaffen einen Rahmen für Verhalten, Wahrnehmung und Erkenntnis. Die im Team verwendeten Metaphern spiegeln individuelle und kollektive Wirklichkeiten der Teammitglieder wider und bilden die Basis für Verständnis und Missverständnis. Sie motivieren und rechtfertigen das Verhalten im Team. Tiermetaphern im Team werden eher unbewusst verwendet. Macht man sie bewusst, stellen sie oft eine Einladung dar, mit ihnen zu spielen. Die kreative Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Ebenen einer Metapher (Tier und Mensch) schafft neue Sichtweisen und Interpretationsmöglichkeiten. Der fließende Übergang zwischen den Ebenen erleichtert dabei die Wirklichkeitsübertragung. So können Kollegen die den Tieren zugeschriebenen Fähigkeiten nutzen, indem sie die metaphorische Konstruktion in das eigene Erleben übertragen. Sie können beispielsweise ihre Krallen ausfahren oder ihre Zähne zeigen wie ein Tiger. Das heißt, die den Tieren zugeschriebenen Fähigkeiten lassen sich als Ressource interpretieren. Metaphern sind nützlich, um ausgehend vom Detail das Ganze zu verstehen und umgekehrt vom Detail wiederum auf das Ganze zu schließen. So können bewusst reflektierte und hinterfragte Tiermetaphern außerordentlich nützlich für die Beratung von Teams oder für Teamentwicklung sein.

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106 Tierfiguren in der Teamberatung Die Wirksamkeit der Metapher für beraterische Prozesse ist in ihrer speziellen Struktur zu suchen. Sie verbindet mindestens zwei unterschiedliche Kontexte miteinander. Die Kontexte haben unterschiedliche Bedeutungen, die in der Metapher zusammenfließen und im Rahmen der beraterischen Konversation, vor dem Hintergrund der gemeinsamen Lösungssuche, weitere Interpretationsmöglichkeiten eröffnen. Ein anschauliches Beispiel für die Struktur der Metapher beschreibt Retzer (1993, S. 133) und bezieht sich dabei auf eine wissenschaftliche Arbeit von Umberto Eco, in der er folgendes klassisches Beispiel der Metapher fand. Die ursprüngliche Wirklichkeit ist »Mönch« und die andere Wirklichkeit ist »Hund«. Beide Wirklichkeiten haben nichts miteinander zu tun und doch weisen sie Ähnlichkeiten oder Verknüpfungsmöglichkeiten wie etwa die »Treue« auf. Der Hund ist seinem Herrn treu und auch der Mönch ist ein treuer Diener seines Herrn (Gott). Eine weitere Verknüpfung ist die »Verteidigung«. Der Hund verteidigt seinen Herrn und auch der Mönch verteidigt seinen Herrn bzw. seinen Glauben an Gott. Die Ähnlichkeiten, die in beiden Unterschieden zu finden sind, fließen in der Metapher »Gotteshunde« zusammen. So nannte man die Bettelmönche eines Ordens im 12. Jahrhundert. Die Metapher erlaubt die Verbindung von zwei Dingen bzw. Wirklichkeiten, die ihrem Wesen nach eigentlich nicht zusammenpassen, weil sie völlig unterschiedlich sind. Ein Beispiel aus dem Kontext von Teamberatung: Der Kollege Maier (einer von vielen Mitarbeitern einer sozialen Einrichtung) und ein Hahn (auf dem Hof von Bauer Bruno) – beide Lebewesen – haben nichts miteinander zu tun und können unterschiedlicher nicht sein. Doch beide haben etwas gemeinsam. Der Hahn ist hinter den Hühnern her und stolziert zwischen ihnen herum und Herr Maier hinter seinen Kolleginnen, vor denen er sich übermäßig darstellt. So kommt es dazu, dass die Kollegen den sonst ganz gewissenhaften Herrn Maier metaphorisch als Hahn im Hühnerstall bzw. im Korb beschreiben. Die Metapher nimmt die Unterschiede in sich auf und bewahrt sie. Durch sie werden wir auf die Unterschiede und die dennoch verblüffenden Ähnlichkeiten aufmerksam. Wir wissen, dass Herr Maier kein Hahn ist, auch wenn er sich so verhält. Die Metapher regt aufgrund der Unterschiede an zu fragen, ob das Verhalten von

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Teamentwicklung

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Herrn Maier im Kontext eines sozialen Unternehmens angemessen ist. Kommunizierte Metaphern schaffen Unterschiede, weil sie diese auf ungewöhnliche Art miteinander verknüpfen und Fragen nach dem Sinn der Verknüpfung anregen.

Teamentwicklung – Wie böse ist der Wolf wirklich? Der Zustand eines Teams ist niemals statisch. Es gibt immer Entwicklungen. Doch nicht immer führen die Entwicklungen zu neuen Handlungsoptionen und zu vernetzungsfähigen Unterschieden, die einen Lernprozess begünstigen. Oftmals zeigen sich Entwicklungen im Team, die im Blick auf die Aufgabe des Teams eher unerwünscht sind, weil sie Probleme fokussieren und den Handlungsspielraum einschränken. Solche Situationen werden als Stagnation empfunden. Trotz scheinbarer Stagnation, die man auch als Problemtrance bezeichnen könnte, gibt es in der Rollen- und Beziehungsgestaltung des Teams immer potentielle Entwicklungsanregungen. Die Ressourcen liegen in Form von nicht wahrgenommenen bzw. nicht kommunizierten Unterschieden vor. Das Konzept der Unterschiedsbildung in system-therapeutischen Kontexten geht auf Bateson zurück. Er postulierte, dass Informationen oder kommunikative Wirklichkeiten als Entwicklungsanregung nur dann bedeutsam sind, wenn sie einen Unterschied bilden oder beschreiben, der wiederum bei anderen einen sinnvollen Unterschied und damit einen Entwicklungsanreiz hervorruft: »[…] die elementare Informationseinheit –, ist ein Unterschied, der einen Unterschied ausmacht […]« (Bateson, 1999, S. 582). Die verborgenen Unterschiede gilt es zu entdecken und zu diskutieren. Hier eignen sich bildhaft-metaphorische Arbeitsformen, die vor allem die Möglichkeit beinhalten, von einer kommunizierten Oberfläche in den Mikrokosmos eines Teams vorzudringen. Spätestens seit der Entwicklung des Familienbretts (Ludewig et al., 1983) sind bildhaft-metaphorische Arbeitstechniken aus der systemischen Beratung nicht mehr wegzudenken. Die Arbeit mit Tierfiguren stellt eine spezielle Variante der Systemrekonstruktion dar, die vordergründig die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Bedeutungen von Rollen und Beziehungen im Team fokussiert.

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108 Tierfiguren in der Teamberatung Die Wirkung von Teamsupervision oder Teamentwicklung als Instrument zur Teampflege beruht im Wesentlichen darauf, Denkund Handlungsmuster, die sich problematisch darstellen, zu verändern. Dies ist in der Regel für einen Außenstehenden am einfachsten, weil dieser nicht Bestandteil der problemerzeugenden Denk- und Handlungsmuster ist. Aus diesem Grund stellt der von außen kommende Supervisor selbst schon eine Störung für die interne Kommunikation dar. Leider lassen sich die Muster nicht linear zielgerichtet von außen verändern, da Teams nicht wie triviale Maschinen funktionieren. Veränderungen sind aufgrund der hohen Komplexität von Kommunikation immer von den jeweiligen inneren Zuständen des Teams abhängig (von Foerster, 1995). Die Wechselwirkung von individuellen, ganz unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen der Teammitglieder und den spezifischen Beziehungsstrukturen, die sich daraus ergeben, bestimmen wesentlich den inneren Zustand eines Teams. Denk- und Handlungsmuster lassen sich dann verändern, wenn sich die Ansichten über Persönlichkeitsmerkmale von Teammitgliedern und deren damit verknüpfte Rollen wandeln, das heißt, wenn eingefahrene Denkmuster durch Unterschiede, durch neue Interpretationsmöglichkeiten verunsichert werden. Dieser hochkomplexe Prozess lässt sich als Selbstlernprozess verstehen (Natho, 2004, S. 49 ff.), der sich aus den in der Supervision hergestellten Unterscheidungen und Neuigkeiten ergibt. Die meisten Teams definieren ihre sozialen Wirklichkeiten über Rollenkonzepte. Das heißt, man konstruiert von sich selbst und anderen Teammitgliedern soziale Stereotype und legt bestimmte Rollen für das soziale Miteinander fest. Die Vielfalt und damit auch die Unterschiede einer Person werden dadurch reduziert. Für diese Reduktion benutzen wir Symbole und Metaphern. Sie scheinen auf den ersten Blick eindeutig und nahe liegend. Doch schon beim ersten Innehalten und Nachdenken wird erkennbar, dass Metaphern mit den unterschiedlichsten Bedeutungen aufgeladen sind. Schnell wird klar, dass ein Fuchs keineswegs schlauer ist als andere Tiere und dass ein Esel sich nicht nur auf seine Sturheit reduzieren lässt. Das ist die Chance in der Arbeit mit Tiermetaphern in Verbindung mit Tierfiguren. Die Tierfigurenskulptur verleiht der Metapher Realität und stellt diese zugleich in Frage. Mit der figürlichen Dar-

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Tierfiguren zur Rekonstruktion von Wirklichkeiten im Team

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stellung gewinnt die Kommunikation an Klarheit und das Rollenverständnis im Team wird bedient. Sieht man sich die Teamrekonstruktion mit Tierfiguren dann genauer an, entstehen viele Fragen, die die Konstruktion wieder in Frage stellen und deren Antworten Unterschiede aufdecken.

Tierfiguren zur Rekonstruktion von Wirklichkeiten im Team Dass Tierfiguren aufgrund ihrer symbolisch-metaphorischen Eigenschaften geeignet sind, im Team kursierende Tiermetaphern darzustellen und weiterzuentwickeln, liegt auf der Hand. So bedarf es bei der Einführung der Technik im Team kaum größerer Kommentare und Plausibilitätsbrücken. Ich war in der Experimentierphase mit dieser Technik immer wieder überrascht, wie selbstverständlich und bereitwillig sich die Kollegen auf diese Arbeitstechnik einließen. Grundsätzlich lassen sich in der Arbeit mit Tierfiguren in der Verknüpfung mit Tiermetaphern drei Wirklichkeitsebenen bzw. Bedeutungsebenen unterscheiden: 1. Das Wesen des Tiers: Das sind typische Verhaltensweisen und Eigenschaften, die dem Tier zugeschrieben werden (stolz wie ein Pfau, anpassungsfähig wie ein Chamäleon, glatt wie ein Aal, schlau wie ein Fuchs usw.). 2. Die Interaktionen zwischen Einzelnen im Team: Zwischen zwei oder drei Personen im Team kann es ganz eigene Kommunikationsmuster geben, die sich deutlich von anderen Mustern unterscheiden und sich mit Tiermetaphern bzw. mit Tierfiguren gut beschreiben lassen. So können sich einige Kollegen wie Hund und Katze verhalten, während sich zwei andere wie die Hähne streiten. 3. Ausgehend von typischen Formen des Zusammenlebens in manchen Tiergruppen beschreiben Tierfiguren und diesbezügliche Metaphern auch ein bestimmtes soziales Klima im Team näher (wie im Taubenschlag, wie im Schweinestall, das reinste Affentheater). In der Arbeit mit Tierfiguren, so wie sie im Folgenden dargestellt wird, lassen sich alle drei Bedeutungsebenen reflektieren.

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110 Tierfiguren in der Teamberatung

Abbildung 12: Schlau wie ein Fuchs

Rollen und Persönlichkeitsanteile

Tiere bzw. Tierfiguren, die Menschen beschreiben, fokussieren auf spezielle Eigenschaften oder Fähigkeiten (Abbildung 12). Diese lassen sich konkretisieren und im Nachdenken darüber kann geprüft werden, ob es sich dabei eher um individuelle Wahrnehmungen oder bereits um geteilte Wirklichkeiten und damit um kollektiv zugeschriebene Rollen handelt. Es ist in der Arbeit mit Tierfiguren nicht wichtig, die Objektivität der Wahrnehmungen zu verifizieren, sondern die Wirkung der Eigenschaftszuschreibungen im Team, in der Zusammenarbeit zu untersuchen. Darüber hinaus lassen sich wie in der systemischen Beratung üblich, alle Zuschreibungen umdeuten. Obwohl Rollen für das Funktionieren von Teams eine große Bedeutung haben, weil sie Orientierung und Struktur bieten (Kriz u. Nöbauer, 2002, S. 44 ff.), sind sie im Rahmen von Teamsupervision und Teamentwicklung zu hinterfragen. Eine gewisse Flexibilität in den Rollen schafft in Problemtrancen neue Handlungsoptionen.

Interaktionen zwischen Einzelnen im Team

Wenn wir sagen, zwei Menschen verhalten sich wie Hund und Katze, dann versuchen wir, einen Aspekt ihrer Beziehung genauer

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Tierfiguren zur Rekonstruktion von Wirklichkeiten im Team

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Abbildung 13: Wie Hund und Katze

zu beschreiben (Abbildung 13). Die Metapher soll ausdrücken, dass sie sich viel streiten oder lieber aus dem Weg gehen, weil das Konfliktpotential zwischen ihnen sehr groß ist. Es ist nicht unbedingt nötig, für jeden Beziehungsaspekt eine gebräuchliche Tiermetapher zu finden. Legt man den Teammitgliedern eine genügend große Auswahl an Tierfiguren vor und fordert sie auf, ihre Beziehungen untereinander mittels der Tierfiguren darzustellen, bringt man diese in eine effektive Suchhaltung. In der Regel findet das Team Tierfiguren, die seinem Beziehungskonstrukt entsprechen.

Abbildung 14: Maus und Elefant

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112 Tierfiguren in der Teamberatung Die Maus und der Elefant stellen ein eher ungleiches Paar dar. Es ist ein häufig verwendetes Bild dafür, dass große Unterschiede sich anziehen und eine durchaus symbiotische Beziehung miteinander entwickeln können. Es gibt unzählige Beziehungsformen, die sich sehr klar mit Tierfiguren ausdrücken lassen.

Das Klima im Team

Es gibt einige Tiermetaphern, die eine spezielle Form des sozialen Miteinanders hervorheben. Da geht es zu wie in einem Ameisenhaufen, wie in einem Schweinestall, wie unter Wölfen oder wie im Taubenschlag. Meist beschreiben solche Metaphern lediglich das Zusammenleben einer speziellen Tierart. Individuelle Unterschiede spielen bei solchen Beschreibungen eher eine untergeordnete Rolle. Die meisten Teams schauen in der Arbeit mit Tierfiguren vordergründig auf die Rollen und individuellen Unterschiede der Kollegen und stellen ihr Team mit unterschiedlichen Tierarten zusammen. Aber auch bei diesen Aufstellungen lässt sich in den meisten Fällen ein teamtypisches Klima interpretieren. Es gibt Teams, in denen geht es eher ruhig zu (Abbildung 15). In anderen ist der Bär los und die Atmosphäre ist eher angespannt oder aggressiv (Abbildung 16).

Abbildung 15: Eine eher friedliche Teamatmosphäre

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Team in Tierfiguren

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Abbildung 16: Eine eher aggressive Teamatmosphäre

Team in Tierfiguren Grundlagen und Einführung in die Arbeitstechnik

Teammitglieder haben ein großes Interesse, sich in ihren Beziehungen gegenseitig zu reflektieren. Sie tun dies im beruflichen Alltag ständig. Es geschieht nicht immer offen, viel häufiger jedoch hinter vorgehaltener Hand. Das ist in Teams so. Das Bedürfnis zur Reflexion von Rollen und Beziehungen ist potentiell vorhanden und stellt eine wichtige Entwicklungsressource des Teams dar. Die dabei erzeugten Neuigkeiten und Unterschiede sollten als Entwicklungsanregung allen Teammitgliedern zur Verfügung stehen. Deshalb ist es sinnvoll, solche Diskussionen in Anwesenheit aller Kollegen zu führen. Die Bereitschaft, dies öffentlich zu tun, wächst mit einer bestimmten kommunikativen Atmosphäre im Team, die sich dadurch auszeichnet, dass Ideen und Neuigkeiten als Hypothesen und nicht als Tatsachen dargeboten werden. Wird eine Kritik als subjektive Wahrnehmung beschrieben, gewinnt sie hypothetischen Charakter. Eine Hypothese zwingt niemanden zur Veränderung. Sie stellt eher eine mögliche Option neben vielen anderen dar. Jeder im Team

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114 Tierfiguren in der Teamberatung entscheidet selbst, in welcher Weise er sich und seine Beziehungen verändern will. Genau diesen Aspekt unterstützt die Rollen- und Beziehungsreflexion mit Tierfiguren. Aufgrund der Vieldeutigkeit von Tiermetaphern und der mit Tierfiguren dargestellten Rollen und Beziehungen wirkt die gesamte Arbeit sehr hypothetisch. Dieser Charakter motiviert die Teammitglieder für diese Form der Reflexion und erhöht die Bereitschaft, sich auf ein solches Experiment oder Spiel einzulassen. Darüber hinaus ist die Arbeit mit bildhaftmetaphorischen Techniken, wie die mit Tierfiguren, sehr nachhaltig. Kollegen reden noch Wochen später darüber und die in diesem Zusammenhang gesetzten Entwicklungsanregungen wirken lange nach. In der Regel zeigen sich Teams an der Arbeit mit Tierfiguren sehr interessiert und es bedarf keiner aufwändigen Einführung in das Vorgehen. Bereits die bloße Präsentation des Materials führt zu einem aktiven Austausch zwischen den Kollegen und zu ersten Äußerungen von Tiermetaphern. In diesem Arbeitszusammenhang hat sich eine Anzahl von etwa 80 unterschiedlichen Tierfiguren bewährt. Die Tierfigurensammlung sollte verschiedene Arten enthalten (Raubtiere, Vögel, Kriechtiere, Fische, Nutztiere und Tiere aus dem Zusammenhang bekannter Tiermetaphern). Die Arbeitstechnik ist anwendbar in Teams mit einer Größe von drei bis zehn Personen.

Sechs Arbeitsschritte

1. Präsentation der Tierfiguren und Manifestation der Selbstwahrnehmung: Alle Tierfiguren werden in die Mitte gestellt. Jeder Kollege erhält folgenden Auftrag: »Tiere werden oft benutzt, um Wesenszüge, spezielle Fähigkeiten und Eigenschaften von Menschen darzustellen. Überlegen Sie nun, wie Sie sich selbst im Team erleben, wie Sie Ihre Arbeit erledigen und wie Sie sich in Beziehungen verhalten. Suchen Sie sich nun in Gedanken eines der hier präsentierten Tiere, welches am ehesten zu Ihnen passt, aus! Schreiben Sie dieses auf einen Zettel, ohne dass die Kollegen sehen, für welches Tier Sie sich entschieden haben!« (Der Zettel findet in einer späteren Arbeitsphase Verwendung.)

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Team in Tierfiguren

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2. Auswahl der Tierfiguren für die Teamaufstellung: Eine Person aus dem Team wird gebeten, für jedes Teammitglied, sich selbst eingeschlossen, eine Tierfigur auszuwählen. Dabei benennt er zunächst noch nicht, welche Tierfigur welchen Kollegen darstellen soll. Eine Instruktion könnte lauten: »Ich bitte Sie zu überlegen, wie Sie jeden Einzelnen hier im Team erleben. Stellen Sie sich die Arbeitsweise und die Beziehungsgestaltung des jeweiligen Kollegen vor und suchen Sie nach einer passenden Tierfigur, sich selbst eingeschlossen! Vielleicht erinnern Sie auch Metaphern, die in dem einen oder anderen Zusammenhang schon gefallen sind und die Sie für die eine oder andere Person passend finden! Bitte reden Sie nicht dabei!« Manche Kollegen nehmen die Instruktion sehr ernst und überlegen lange und können sich nur schwer entscheiden. Hier können die Hinweise hilfreich sein, dass man bei der Auswahl seiner Intuition, seinem Gefühl folgen kann und dass es sich dabei eher um eine subjektive Sinnzuschreibung handelt, die lediglich Grundlage für ein gemeinsames Gespräch sein soll. Tierfiguren, die einhundertprozentig den Charakter des Kollegen beschreiben, gibt es nicht. Nach diesen Hinweisen können sich die Kollegen dann doch festlegen. 3. Aufstellung der Teamsituation: Dieselbe Person stellt die Tierfiguren auf einem Brett oder einer anderen geeigneten Unterlage so auf, dass die Beziehungen untereinander durch Nähe-Distanz-Verhältnisse beschrieben werden. Dabei geht es nicht um Objektivität, sondern lediglich um die Wahrnehmung der Beziehung aus Sicht der aufstellenden Person. Instruktion: »Bitte stellen Sie nun die einzelnen Kollegen, Tierfiguren, in Beziehung zueinander auf das Brett! Lassen Sie sich dabei von für Sie typischen Beziehungskonstellationen im Team leiten! Bitte reden Sie nicht dabei!« Der Hinweis, nicht zu reden, soll eine vorzeitige Diskussion und Beeinflussung der Wahrnehmung durch andere Kollegen verhindern. 4. Erforschung der Tierfiguren und der aufgestellten Beziehungssituation: Stehen die Tierfiguren, werden zunächst gemeinsam die Tiere mit ihren typischen Verhaltensweisen interpretiert. Welches Verhalten wird den Tieren zugesprochen, welche Tiermetaphern sind zu den aufgestellten Tieren bekannt? Welches Aussehen und wel-

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116 Tierfiguren in der Teamberatung chen Ausdruck weisen die hier aufgestellten Tiere auf? Um welche Gattungen handelt es sich? Wie lässt sich die Beziehung der Tiere untereinander interpretieren? 5. Benennen der Personen hinter den Tierfiguren und Überprüfung von Eigen- und Fremdwahrnehmung: Im nächsten Arbeitsschritt werden von dem Kollegen, der die Tierauswahl getroffen und die Aufstellung vorgenommen hat, die einzelnen Teammitglieder hinter den Tierfiguren benannt. Jeder prüft, wie es ihm mit dem ihm zugedachten Tier und innerhalb der Aufstellung, also im dargestellten Beziehungsgeflecht, geht. Die Befindlichkeiten werden ausgesprochen und reflektiert. Das aus dem ersten Arbeitsschritt für sich selbst gewählte Tier wird benannt. Die Selbstwahrnehmung wird kommentiert und mit der Wahrnehmung der anderen verglichen. 6. Klärung von Bedeutungen und Entwicklungsimpulsen: In der Reflexion gibt es unzählige Hypothesen und Bedeutungszuschreibungen, diese werden mit dem alltäglichen Erleben im Team abgeglichen. Darüber hinaus wird geprüft, welche Vor- und Nachteile bestimmte Rollen- und Verhaltenszuschreibungen im Team für die Erledigung der jeweiligen Teamaufgabe mit sich bringen. Neuigkeiten werden festgehalten und auf ihren Umsetzungswert hin geprüft. Variation: Eine andere Variante in der Umsetzung dieser Technik besteht darin, dass jeder Kollege sich aus einer größeren Menge unterschiedlicher Tiere das für ihn passende Tier selbst heraussucht und es dann auf dem Brett in Beziehung zu den anderen zuordnet. Die letzten drei Arbeitsschritte bleiben dabei gleich.

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Arbeit mit Tierfiguren im Kontext neuropsychologischer Rehabilitation Markus Hasselbach

Zum klinischen Kontext der Anwendung Ich arbeite als Psychologe in einem neuropsychologischen Rehabilitationszentrum im Südharz. Es handelt sich um eine Nachsorgeeinrichtung, in der vor allem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit erworbenen Hirnschädigungen und Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) behandelt werden. Zu den häufigsten Ursachen einer Hirnschädigung zählen traumatische Hirnverletzungen (wie das Schädel-Hirn-Trauma), Durchblutungsstörungen des Gehirns (z. B. Schlaganfall), entzündliche Krankheiten (z. B. Meningitis), frühkindliche Schädigungen und Entwicklungsstörungen des ZNS sowie Tumoren und andere Raum fordernde Prozesse im Gehirn. Die Rehabilitation von Patienten mit krankheitsbedingten Funktionsstörungen des Gehirns bezieht sich zunächst auf die Phase der Frührehabilitation. Hier steht die Wiederherstellung der Basisfunktionen im körperlichen, geistigen und sprachlichen Bereich im Vordergrund. Das primäre Ziel ist die Wiedererlangung einer höchst möglichen Selbstständigkeit bei Anforderungen des täglichen Lebens, wie zum Beispiel beim Ankleiden, der persönlichen Hygiene und der Zubereitung bzw. Einnahme von Mahlzeiten. In der Phase der anschließenden medizinisch-beruflichen Rehabilitation konzentriert sich die Behandlung auf die Wiedereingliederung der betroffenen Person in relevante soziale Kontexte wie Familie, Schule, Ausbildung bzw. Beruf. Dabei bildet eine ausführliche neuropsychologische Diagnostik der komplexen Folgen der Hirnschädigung die Grundlage für die weitere Förderung in einem multidisziplinären Fachteam. Die Folgen von Erkrankungen des Gehirns und des ZNS stellen meist einen tief greifenden Einschnitt in das bisherige Leben

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118 Tierfiguren in der neuropsychologischen Rehabilitation dar. Viele betroffene Menschen erleben eine Bedrohung oder den Verlust der körperlichen Unversehrtheit. Damit können erhebliche Einschränkungen in der Steuerung und Kontrolle von Körperbewegungen verbunden sein, was zu einer Verminderung von Mobilität und Lebensqualität führt. Bei der Mehrheit der Betroffenen kommt es nach einer Hirnschädigung zu Störungen im Bereich der geistigen Leistungsfähigkeit. Damit sind vorübergehende oder dauerhafte Einschränkungen von bestimmten Fähigkeiten gemeint, welche die Grundlage für schulische und berufliche Leistungen bilden (wie z. B. Aufmerksamkeit, Konzentration, Wahrnehmung, Gedächtnis). Zudem können als Folge einer Erkrankung des Gehirns bei den betroffenen Menschen auch Störungen im Gefühlsleben, in der Impulskontrolle oder im Sozialverhalten beobachtet werden. Betrachtet man die Gesamtheit der möglichen Folgen, die ein Hirn schädigendes Ereignis nach sich ziehen kann, lässt sich nachvollziehen, dass die betroffenen Menschen oftmals gezwungen sind, eigene Lebenspläne sowie schulische oder berufliche Zielvorstellungen aufzugeben. Die dazu notwendige Einsicht in die eingetretenen Veränderungen und Neubewertung der persönlichen Lebenssituation wird nicht unmittelbar von den betroffenen Personen entwickelt, sondern erstreckt sich meistens über einen längeren Zeitverlauf im Rahmen der Krankheitsverarbeitung. In dieser Zeit berichten die Betroffenen vom Abbruch früherer Kontakte zu Freunden und Arbeitskollegen und von sozialer Isolation. In der Folge kann es bei Patienten und Angehörigen zu Depressionen, Angststörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen kommen. In der neuropsychologischen Rehabilitation bezieht sich die therapeutische Behandlung durch Diplom-Psychologen sowohl auf die betroffenen Patienten als auch auf die Angehörigen und Begleitpersonen der Patienten. Die zu behandelnden Patienten werden bezüglich der hirnorganisch bedingten funktionellen und psychischen Beeinträchtigungen sowie hinsichtlich ihrer psychosomatischen Auffälligkeiten diagnostiziert und therapiert (z. B. Realitätsund Reorientierungstraining, soziales Kompetenztraining, Übungen zur Selbstwahrnehmung). Dazu werden neuropsychologische Interventionen, Methoden der Verhaltenstherapie, der Gesprächstherapie, der systemischen Therapie und Entspannungstechniken angewendet.

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Situation des Patienten

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Im Folgenden wird ein Ausschnitt aus einer therapeutischen Arbeit mit einem Patienten vorgestellt, der über einen Zeitraum von circa zwölf Monaten in der Rehabilitationseinrichtung behandelt wurde. Der Ausschnitt soll die Anwendung der Arbeit mit Tierfiguren im Rahmen der Krankheitsverarbeitung nach einer erworbenen Hirnschädigung verdeutlichen. Speziell greife ich hier auf eine Tierfigurentechnik, die »Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren« (Natho, 2007a, S. 187 ff.; auch in diesem Buch beschrieben) zurück.

Situation des Patienten Der 22-jährige Herr G. Maier (Name geändert) verursachte im Juni 2006 einen Verkehrsunfall. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er als Tischlergeselle in der Firma seines Onkels und lebte im Haushalt seiner allein stehenden Mutter. Herr Maier war Realschüler und beendete 2003 die Ausbildung zum Tischler. Zwei Monate vor dem Unfall hatte er die langjährige Beziehung zu seiner Freundin beendet. Herr Maier war in der Freizeit in einen größeren Freundeskreis eingebunden. Als Folgen des Unfalls erlitt Herr Maier unter anderem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Einblutungen im Hirnstamm, im limbischen System und im Schläfenlappen des Großhirns. Zusätzlich wurden verschiedene innere Organe schwer verletzt. Im Rahmen der Akutbehandlung wurde bei Herrn Maier ein apallisches Syndrom festgestellt. Dieser auch als Wachkoma bezeichnete Zustand beschreibt neben dem Verlust des Bewusstseins und der Kommunikationsfähigkeit auch das Fehlen von willkürlichen Verhaltensänderungen infolge externer Stimulation. In den meisten Fällen kann nach einer solch schweren Traumatisierung des Gehirns eine Regeneration der Hirnfunktionen auf verschiedenen Stufen erfolgen (Gerstenbrand, 1967). So konnte bei Herrn Maier während der medizinischen Intensivbehandlung innerhalb von vier Monaten eine zunehmende Aktivität des Bewusstseins in der Form beobachtet werden, dass ein bedingtes Sprach- und Situationsverständnis eintrat, die Koordination und Kraftdosierung von willkürlichen Bewegungen sich verbessert hatte und ein rasch wechselndes Affektverhalten gezeigt wurde (Klüver-Bucy-Phase).

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120 Tierfiguren in der neuropsychologischen Rehabilitation Im Oktober 2006 wurde der Patient zur neurologisch-neuropsychologischen Rehabilitationsbehandlung stationär in unserer Rehabilitationsklinik aufgenommen. Hier setzte sich im Verlauf der nächsten drei Monate eine Stabilisierung der vegetativen und körperlichen Verfassung fort. Parallel dazu kam es zu einer Erhöhung der konzentrativen Belastbarkeit für kurze Zeiträume und zur Verbesserung der Kommunikation. Im März 2007 wurde die erstmalige Erhebung der kognitiven Funktionen und des intellektuellen Leistungsniveaus durchgeführt. In den Ergebnissen der neuropsychologischen Diagnostik zeigten sich Stärken in der visuellen Wahrnehmung, in der selektiven Auslenkung der Aufmerksamkeit und in der unmittelbaren Merkfähigkeit von einfachen sprachlichen Informationen. Als unfallbedingte Einschränkungen konnten hingegen eine Verlangsamung der Denkabläufe und eine verminderte Flexibilität bei komplexen Anforderungen an die Aufmerksamkeit und Konzentration erhoben werden. Darüber hinaus fiel es Herrn Maier schwer, neuartige sprachliche Informationen längerfristig stabil abzuspeichern und konnten bei dem Patienten Symptome einer retrograden Amnesie beobachtet werden. Diese Gedächtnisstörung betraf das autobiographische und semantische Altwissen im Zeitraum der letzten fünf bis sechs Jahre vor dem Unfall. So war es Herrn Maier nicht möglich, sich an persönliche Erlebnisse (wie z. B. den 18. Geburtstag, den Abschluss der Berufsausbildung, gemeinsame Urlaube mit seiner damaligen Freundin) oder Ereignisse aus dem öffentlichen Leben zu erinnern. Wie sich aus den Äußerungen Herrn Maiers entnehmen ließ, bestanden als Folge der Hirnschädigung erhebliche Probleme in der zeitlichen Orientierung. Nach den persönlichen Angaben befragt, war der junge Mann der Meinung, 16 Jahre alt zu sein und sich im ersten Lehrjahr der Ausbildung zum Tischler zu befinden. Als aktuelles Jahr wurde nicht 2007, sondern das Jahr 2003 genannt. Vor diesem Hintergrund führte jede Begegnung mit der Realität des Klinikalltages zu einer großen Verunsicherung. In der Konfrontation mit Zeugnissen der eigenen Vergangenheit, wie dem Gesellenbrief oder dem Führerschein, reagierte der Patient fassungslos und zeigte Entsetzen über die verloren gegangenen Erinnerungen. Wie sich im Verlauf zeigte, verstärkte sich bei Herrn Maier der Widerspruch zwischen gefühlter und erlebter Wirklichkeit. Die, wie er

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es beschrieb, »sechs verlorenen Jahre« rückten in den Vordergrund der Auseinandersetzung mit der Krankheitssituation. Einerseits bemerkte der Patient zunehmend die motorischen und kognitiven Einschränkungen und betonte, dass sein Verstand die Notwendigkeit der Rehabilitationsmaßnahme erkenne. Andererseits fühlte sich Herr Maier wie beschrieben im 16. Lebensjahr, sah sich einer »gemeinschaftlichen Verschwörung« ausgeliefert und wollte die Rehabilitationsklinik verlassen. Dieses Chaos in der Wahrnehmung der subjektiven Wirklichkeit führte zu einer inneren Zerrissenheit und einem »Auf und Ab« in der emotionalen Befindlichkeit. Phasen, in denen Herr Maier eine hohe Therapiemotivation und Anstrengungsbereitschaft sowie überschießende Erwartungen an den Genesungsprozess zeigte, wechselten sich mit Phasen der Trauer, Enttäuschung und erlebten Hilflosigkeit ab. An solchen Tagen geriet Herr Maier in eine depressive Gefühlslage und reagierte mit der Äußerung suizidaler Absichten. Je mehr dem jungen Mann die langfristigen Folgen der motorischen und kognitiven Einschränkungen bewusst wurden, umso stärker beschrieb er eine Angst vor dem Verlust der eigenen Fähigkeiten und des Selbstbildes. In diesem Zustand der Unsicherheit über die Lebensperspektiven und der fehlenden zeitlichen Strukturierung der Lebensgeschichte suchte Herr Maier Halt und Orientierung in der Entwicklung einer Wunschvorstellung. Diese fand Gestalt in der emotionalen Hinwendung zu einer langjährigen Freundin, mit der er sich nach dem Rehabilitationsaufenthalt eine gemeinsame Zukunft wünschte. In der Verarbeitung des beschriebenen emotionalen Chaos zog sich Herr Maier zunehmend aus der Patientengruppe auf Station zurück. Dabei verbrachte er viel Zeit mit dem Schreiben von Briefen an die Mutter, den Onkel und Freunde. In diesen Briefen beschrieb Herr Maier die Verzweiflung über die Folgen der Gedächtnisstörung und thematisierte wiederholt die oben beschriebene Wunschvorstellung. An diesem Punkt setzte ich in den Therapien mit der Unterstützung der Krankheitsverarbeitung an und wollte Struktur und Nachvollziehbarkeit in das emotionale Erleben des Patienten bringen. Ein weiteres Ziel bestand in der Steigerung der Therapiemotivation. Wie sich in den Gesprächen herausstellte, vergaß Herr Maier die wesentlichen Inhalte von der einen

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122 Tierfiguren in der neuropsychologischen Rehabilitation zur nächsten Therapiesitzung und war aufgrund der Einschränkungen im abstrakten Denken nur begrenzt in der Lage, sich bei der Betrachtung der eigenen Gefühle auf eine »Metaebene« zu begeben. Hier erhoffte ich mir, mit der Anwendung der Tierfigurentechnik »Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren«, die eine visuelle und räumliche Darstellung innerer Anteile ermöglicht, eine Reduktion des sprachlichen Informationsflusses auf die wesentlichen Inhalte zu erreichen. Daneben sollte eine Verarbeitung der Gefühlsinhalte auf dem visuellen Verarbeitungsweg bewirkt werden, der im Gegensatz zur sprachlichen Verarbeitung keine begrenzten Kapazitäten aufwies.

Die Arbeit mit Tierfiguren in der Therapie Erste Therapiesitzung – Differenzierung des Gefühlserlebens im Zusammenhang mit der wahrgenommenen Krankheitssituation und Zuordnung der einzelnen Tierfiguren: In der ersten Sitzung wurden die mit der oben beschriebenen Situation in Verbindung stehenden Gefühle bzw. inneren Anteile erfragt und gegeneinander abgegrenzt: »Herr Maier, wenn Sie sich hier in der Rehaklinik befinden, wie geht es Ihnen da? Wie fühlen Sie sich?« Nach der Nennung eines bestimmten Gefühls wurde der Patient gebeten, aus einer Anzahl von 35 Tierfiguren ein Tier herauszusuchen, welches das angesprochene Gefühl am besten verkörpern könnte. In der vorangegangenen Sitzung wurde das Konzept der Tiermetaphern als Brücke zu den Gefühlen vorgestellt und erläutert. Als erstes Gefühl nannte Herr Maier die Wut auf den Umstand, in der Rehabilitationsklinik sein zu müssen. Schon mehrmals hatte er einen Abbruch der Therapien erwogen. Der Patient beschrieb die Wut als einen aggressiv getönten inneren Anteil, der schon vor dem Unfallzeitpunkt existierte (»ich kenne diese Wut von früher«, »das war mir immer sehr unangenehm«) und sich nun auf das Erleben einer scheinbar ausweglosen Situation sowie auf die fehlende autobiographische Anknüpfung an die Jetzt-Zeit bezog. Als entsprechende Tierfigur wählte Herr Maier den Löwen aus (»in solchen Momenten sehe ich mich als Löwe, ich bin ja auch vom Sternzeichen her ein Löwe«).

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Die Arbeit mit Tierfiguren in der Therapie

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Ein weiterer innerer Anteil wurde als Vernunft bezeichnet. Dieser von Herrn Maier als verständig und angepasst beschriebene Anteil akzeptierte die Notwendigkeit von weiteren therapeutischen Maßnahmen und war bereit, dafür eine längere Zeit in der Rehabilitationsklinik in Kauf zu nehmen (»im Grunde weiß ich ja, dass ich hier richtig bin«, »was soll ich auch jetzt in meinem Zustand zu Hause?«). Als Tierfigur wählte Herr Maier den Hasen aus. In den Gesprächen zur Krankheitsverarbeitung stand oft die Frage nach den Chancen einer vollständigen Gesundung im Mittelpunkt. Die Wiedererlangung der Gesundheit war für Herrn Maier von existentieller Bedeutung (»wenn ich erstmal wieder gesund bin, kann ich mein altes Leben weiterführen«). Aufgrund der hohen Wertigkeit wurde der Wunsch nach Gesundheit als weiterer innerer Anteil genannt und von einem Hund verkörpert. Eng mit dieser inneren Stimme verknüpft, nannte Herr Maier als weiteres Gefühl die Angst vor dem Verlust körperlicher und geistiger Fähigkeiten, welche von einem Pferd dargestellt wurde. Obwohl der Patient im Therapieverlauf beachtliche Fortschritte in den kognitiven Leistungen und vor allem hinsichtlich der Mobilität erreichen konnte, war es ihm aufgrund der Probleme im Kurzzeitgedächtnis nur eingeschränkt möglich, diese Verbesserungen im Langzeitverlauf vergleichend betrachten und anerkennen zu können (»alle Therapeuten sagen, ich könne vieles schon besser als am Anfang, aber ich merke das einfach nicht …, das ist schlimm«). Als letzten inneren Anteil, der im Durcheinander der Gefühle und Wünsche einen Stellenwert beanspruchte, nannte Herr Maier die oben schon angesprochene Hoffnung auf die Liebe zu der langjährigen Freundin (von der Katze verkörpert). Zum damaligen Zeitpunkt war nicht klar, inwieweit die Freundin tatsächlich eine Liebesbeziehung offen hielt. Herr Maier war sich dennoch der vermeintlichen Aussage gewiss, er müsse nur gesund werden, dann würde sich eventuell mehr als eine Freundschaft ergeben. Wie sich in den vorangegangenen Gesprächen herausstellte, schien von diesen Worten eine große Motivation für die Weiterführung der Rehabilitation auszugehen (»Manchmal frage ich mich, für wen ich das hier eigentlich mache. Dann schaue ich auf ihr Foto und weiß: Zu Hause wartet sie auf mich.«).

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124 Tierfiguren in der neuropsychologischen Rehabilitation Zweite Therapiesitzung – Aufstellung der Tierfiguren und das Gespräch der versammelten Tiere: In der zweiten Sitzung wurde Herr Maier gebeten, die ausgewählten Tierfiguren in eine räumliche Beziehung zu setzen. Als Voraussetzung dafür war es erforderlich, dass sich Herr Maier an die in der ersten Sitzung geschilderten Gefühle und die dazugehörigen Tierfiguren erinnert. Da diese Gedächtnisleistung intakt war, konnte die Aufstellung der einzelnen Anteile durchgeführt werden. Der Patient wurde dazu gebeten, die Tierfiguren auf einem Brett aufzustellen und die Beziehung der Gefühle untereinander zu berücksichtigen: »Herr Maier, bitte stellen Sie nacheinander jede der Tierfiguren auf das Brett. Das Brett soll Sie dabei unterstützen, Ihren Gefühlen hier Raum zu geben. Ich kann mir vorstellen, dass es für jede der Figuren einen passenden Platz gibt. Vielleicht steht ein Gefühl im Zentrum oder es gibt Anteile, die sich näher stehen. Vielleicht schaut eine Tierfigur eine bestimmte andere Figur an?« Nach der Aufstellung (Abbildung 17) wurde die Wahrnehmung der räumlichen Beziehungen zwischen den Tierfiguren durch mich zusammengefasst: »Ich sehe, dass der Hase im Zentrum steht und den Löwen anschaut. Gleichzeitig schauen sich der Löwe und die Katze an. Der Hund steht abseits und beobachtet die anderen Tiere. Das Pferd schaut zur Katze.« In dem anschließenden Arbeitsschritt wurde die Dynamik zwischen den einzelnen inneren Anteilen aufgegriffen, indem der Patient ermutigt wurde, die Tiere zueinander in Kontakt treten zu lassen (T. = Therapeut, P. = Patient): T.: »Herr Maier, wenn Sie auf Ihre Gefühlswelt schauen, wie geht es Ihnen dabei und was fällt ihnen auf?« P.: »Der Löwe gibt den Ton an und will sich gegen den Hasen durchsetzen.« T.: »Sie meinen, von dem Löwen geht eine große Wut aus. Und diese Wut richtet sich allein gegen den Hasen?« P.: »Nein, nicht direkt gegen den Hasen. Der Hase hindert den Löwen aber daran, das zu machen, was er will.« T.: »Und was wäre das?« P.: »Das Ganze hier zu beenden. Endlich nach Hause zu gehen. Koste es, was es wolle. Da lässt sich der Löwe von niemandem etwas vorschreiben.«

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Die Arbeit mit Tierfiguren in der Therapie

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Abbildung 17: Tierfigurenskulptur (Herr Maier, zweite Therapiesitzung)

T.: »Wie hindert denn der Hase den Löwen daran, einfach die Reha zu beenden? Was sagt er zum Löwen?« P.: »Er sagt, dass es besser ist hier zu bleiben. Schließlich sagen das alle hier … Und dann sagt er noch, ich soll erstmal gesund werden.« T.: »Wie geht es dem Löwen damit?« P.: »Eigentlich ist es ihm egal. Es gibt Tage, da hält er es einfach nicht länger aus und würde die anderen Tiere einfach stehen lassen.« T.: »Was sagen denn die anderen Tiere dazu?« P.: »Die denken das Gleiche wie der Hase. Vor allem die Katze weiß, dass der Löwe alles kaputt machen kann.« T.: »Was kann der Löwe kaputt machen?« P.: »Na, wenn ich zu früh aus der Klinik gehe, wird mich Anja [Name der Freundin] nicht haben wollen – so wie ich jetzt aussehe.« (deutet auf den Rollstuhl) T.: »Was sagt die Katze zum Löwen?« P.: »Ich liebe Anja. Ich will nach Hause. Mach das nicht kaputt.« T.: »Welche Rolle spielt denn der Hund? Er scheint von den anderen Tieren etwas entfernt zu stehen?« P.: »Was war noch mal mit dem Hund?« T.: »Im letzten Gespräch hatten Sie den Hund für den Wunsch gewählt, wieder gesund zu werden.« P.: »Natürlich will ich wieder gesund werden. Wenn das nichts wird, dann kann ich mein altes Leben vergessen. Und Anja will mich dann bestimmt auch nicht haben. Wer will schon einen Krüppel als Freund?« T.: »Was könnte der Hund zu den anderen Tieren sagen?« P.: »Was soll der sagen … Von dem hängt ja alles ab. Vielleicht: ›Ich schaffe es‹ oder ›Ich schaffe es nicht‹.«

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126 Tierfiguren in der neuropsychologischen Rehabilitation T.: »Was meint das Pferd dazu?« P.: »Das glaubt insgeheim nicht daran, dass es mit Anja klappt. Jetzt bin ich schon lange hier und muss immer noch in dem Ding sitzen (deutet auf Rollstuhl). Die Sprache hat sich auch nicht verbessert. Und merken kann ich mir auch nichts.«

Weiterer Ausschnitt: T.: »Wenn Sie sich Ihre Gefühle und inneren Stimmen so anschauen, womit geht es Ihnen dann am besten?« P.: »Mit dem Hasen, der ist vernünftig. Das will ich ja auch sein.« T.: »Ist der Hase momentan das Tier, mit dem Sie sich am besten identifizieren können?« P.: »Ja, auch wenn es gar nicht so einfach ist, wie der Hase zu denken.« T.: »Wer ist sein größter Konkurrent?« P.: »Der Löwe. Schließlich bin ich ja auch ein Löwe, vom Sternzeichen her. Und die Wut war schon immer in mir.« T.: »Wie lange wird die Vernunft dem Gefühl der Wut noch standhalten?« P.: »Wie lange, das weiß ich nicht. Wenn es noch weiter so geht, wird es jedenfalls sehr schwer werden.« T.: »Könnte es irgendwoher eine Unterstützung für den Hasen geben?« P.: (überlegt) »Die anderen Tiere sind ja auch noch da. Vielleicht könnten die dem Hasen helfen.« T.: »Von welchem Tier könnte am ehesten eine Hilfe ausgehen?« P.: »Vom Hund … Wenn der sich mit dem Hasen zusammentut, lässt sich der Löwe vielleicht eher überzeugen.« T.: »Von welchem Tier kann der Hase die wenigste Hilfe erwarten?« P.: (überlegt) »Die Katze – von der Katze kommt eigentlich am wenigsten.«

Anhand der Ausschnitte lässt sich nachvollziehen, wie die inneren Anteile ins Gespräch gebracht werden konnten. Es wurde deutlich, dass Herr Maier durch die plastische Darbietung der Gefühle einen besseren Überblick über die emotionale Dynamik erhielt. Er war in der Lage, jedes Gefühl einzeln zu betrachten und die Wirkung auf die anderen Anteile zu beurteilen. Schließlich konnten in dieser Sitzung auch erste Lösungsimpulse bzw. Einigungsideen von dem Patienten entwickelt werden. Dritte Therapiesitzung – Aufgreifen der Lösungsimpulse und ressourcenorientierte Integration: Am Anfang der dritten Sitzung fand eine nochmalige Betrachtung der »Versammlung der Gefühle« statt. Trotz der Einschränkungen im Kurzzeitgedächtnis war es wie-

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derum erstaunlich, dass Herr Maier unter Zuhilfenahme kleinerer Hinweise gedanklich an die Bedeutung der einzelnen Figuren anknüpfen konnte. In der Reflexion der Tierfigurenversammlung wurden dabei eine hohe Konsistenz der mit den Tierfiguren in Verbindung gebrachten Gefühle/inneren Anteile sowie die zugrunde liegende Dynamik deutlich. Zentrales Thema der dritten Sitzung waren die vom Patienten genannten Lösungsimpulse. Von der Einigung der inneren Anteile versprach ich mir aus therapeutischer Sicht positive Impulse für die Bereitschaft, am weiteren Rehabilitationsverlauf teilzunehmen. Dazu wurde erwogen, bestimmten Anteilen über eine ressourcenorientierte Umdeutung eine hilfreiche Rolle zu verleihen. So wurde die Figur des Löwen vom Patienten bisher ausschließlich als aggressiver und destruktiver Anteil gewertet und mit Ablehnung behaftet. Die Figur der Katze setzte Herr Maier wie beschrieben mit dem Wunsch nach einer Liebesbeziehung gleich. Von der Freundin Anja wurden im Verlauf der Rehabilitation hingegen verstärkt Vorbehalte bezüglich einer Partnerschaft deutlich, über die sie Herrn Maier auch informierte. Dennoch schien es, dass der Patient davon unbeeindruckt die Wunschvorstellung in sich trug. T.: »In der letzten Sitzung hatten Sie sich am meisten mit dem vernunftorientierten Hasen identifiziert, der ja hier mit der Reha weitermachen möchte. Und wir sprachen über den Einfluss des wütenden Löwen, der so schnell wie möglich die Reha beenden will.« P.: »Ja, das stimmt.« T.: »Um den Hasen zu unterstützen, dachten Sie an die Hilfe durch den Hund … Wie kann es denn den beiden Tieren gelingen, den Löwen zu überzeugen? Ich kann mir vorstellen, dass dieses kraftvolle und energische Tier sich nicht so leicht umstimmen lässt?« P.: »Ja, könnte sein.« T.: »Wie ist es Ihnen denn in der Vergangenheit gelungen, den inneren Löwen zu besänftigen?« P.: »Meistens wenn ich merkte, dass ich dem anderen überlegen bin … Dann wurde die Wut ganz schnell kleiner.« T.: »Ja, dann war sie nicht mehr so groß. Und wie sieht das heute aus? In welcher Form könnte denn dieser Löwe dem Hasen und dem Hund überlegen sein?« P.: (überlegt) »Weil er so groß ist, und ein starkes Tier …« T.: »Und weil er vielleicht auch eine Menge Energie und Willen in sich trägt?« P.: »Ja, genau.«

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128 Tierfiguren in der neuropsychologischen Rehabilitation

Abbildung 18: Tierfigurenskulptur (Herr Maier, dritte Therapiesitzung)

T.: »Vermutlich hat der Löwe genau das, was Ihnen in den letzten Monaten geholfen hat, die schwere Zeit zu überstehen.« P.: (wirkt überrascht) »Ja, so kann man es auch sehen.« T.: »Wie würde denn der Löwe reagieren, wenn man diese Energieleistung irgendwie anerkennen würde? Angenommen, der Hase und der Hund würden dem Löwen dafür danken. Wie ginge es dem Löwen dann?« P.: »Ich glaube besser. So was hört er ja nicht so oft.« T.: »Und meinen Sie, der Löwe könnte sich dann leichter auf den Hasen und den Hund einlassen?« P.: »Das könnte schon sein.«

Weiterer Ausschnitt: T.: »Wie Sie in der letzten Sitzung meinten, geht von der Katze die wenigste Hilfe für den Hasen aus. Können Sie das noch einmal näher beschreiben?« P.: »Die Katze steht so weit am Rand und wartet, dass alles besser wird … Irgendwie ist die abhängig von den anderen Tieren.« T.: »Von welchem Tier ist sie denn am meisten abhängig?« P.: »Na von dem Hund, von der Gesundheit. Wenn ich wieder gesund bin, kann es ja was werden mit mir und Anja.« T.: »Und wenn die Gesundheit nicht so wieder kommt, wie Sie es sich wünschen?« P.: »Daran möchte ich lieber gar nicht denken …« T.: »Wie würde es Ihnen dann gehen? Welches Gefühl würde an erster Stelle stehen?« P.: »Ich glaube, ich würde durchdrehen und mich schlecht fühlen. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob ich dann noch leben möchte.«

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Die Arbeit mit Tierfiguren in der Therapie

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T.: »Was verbinden Sie denn konkret mit dem Wieder-gesund-Werden?« P.: »Na ja, vor allem das Laufen lernen und die Sprache.« T.: »Und momentan fällt es Ihnen schwer, auch daran zu denken, dass das Laufen und die Sprache nach dem Unfall nicht wieder hergestellt werden könnten?« P.: »Ja, das kann ich mir nicht vorstellen. Und wenn dann noch Anja wegfällt, wird es ganz schlimm. Sie ist mein einziger Halt.« T.: »Anja ist momentan eine wichtige Person in Ihrem Leben. Gibt es noch jemand anderen, der Sie in der jetzigen Zeit unterstützt?« P.: (überlegt) »Na, meine Mutter und meine Tante sind mir wichtig … Alexander und Karsten auch [Freunde].« T.: »Woran merken Sie denn die Unterstützung Ihrer Mutter?« P.: »Meine Mutter macht alles für mich. Wäre sie nicht gewesen, wäre ich heute wahrscheinlich immer noch in der anderen Klinik … oder wäre so zu Hause, in diesem Zustand.« T.: »Wie sieht denn die Hilfe von Alexander und Karsten aus?« P.: »Die besuchen mich, so oft sie können. Natürlich klappt das nicht jede Woche. Aber dafür schreiben sie mir. Und die neueste Musik bringen sie mir auch mit.« T.: »Wenn Sie von Ihrer Familie und Ihren Freunden regelmäßig Besuch bekommen, dann ist Ihrer Mutter und dem Alexander ja bestimmt schon aufgefallen, welche Fortschritte Sie in den letzten Wochen und Monaten gemacht haben. Was sagen die denn dazu?« P.: »Die freuen sich natürlich über die Fortschritte. Und dann sagen sie immer, ich soll unbedingt weitermachen … Damit wir zu Hause wieder was zusammen machen können.« T.: »Wie geht es Ihnen denn damit?« P.: »Ich möchte wieder in mein altes Leben. Und scheinbar habe ich schon eine Menge geschafft. Das klingt aber trotzdem irgendwie …« (Pause) »Ich kann das einfach nicht glauben. Ich merke die Veränderungen nicht.« T.: »Sie können nur schwer glauben, was andere Personen an Ihnen bemerken. Zumal Sie selbst davon nur wenig mitbekommen. Und wie Sie wissen, sind es ja nicht nur Ihre Mutter und Ihre Freunde, die enorme Fortschritte bei Ihnen bemerken …« P.: (nickt) T.: »Angenommen, Sie würden es sich für einen Moment erlauben, dem, was Ihre Mutter und Ihre Freunde an Ihnen beobachten, ein klein wenig mehr Glauben zu schenken. Ihnen vielleicht auch etwas mehr zu vertrauen … Könnte Ihnen das irgendwie helfen? Würden Sie damit Ihrem Ziel ein Stück näher gekommen sein?« P.: »In gewisser Weise schon. Was bleibt mir auch anderes übrig? Wenn ich nicht daran glaube, geht es mir schlechter. Also versuche ich daran zu glauben.«

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130 Tierfiguren in der neuropsychologischen Rehabilitation

Nachbetrachtung Wie an anderer Stelle dieses Aufsatzes schon beschrieben, führte ich die therapeutische Methode der Versammlung der Gefühle mit Tierfiguren (Natho, 2007) bei Herrn Maier zu einem Zeitpunkt durch, an dem sich die allgemeine Belastbarkeit und die Fähigkeit zur Selbstreflexion so weit verbessert hatten, dass er sich mit den Folgen der Erkrankung zunehmend auseinandersetzen konnte. Dabei wirkten sich die erheblichen Einschränkungen von autobiographischen Gedächtnisinhalten und die problematische Aufnahme von neuartigen Informationen erschwerend auf die Aktualisierung von Aspekten des Selbstbildes aus. Es schien, als ob Herr Maier weder in der eigenen Vergangenheit noch in der Zukunft einen »persönlichen Anker« setzen konnte, der einen Bezug zur momentanen Situation der Rehabilitation herstellte: So war es Herrn Maier nur schwer verständlich, dass er vor dem Unfall eine Berufsausbildung abgeschlossen hatte, da er die entsprechenden theoretischen und praktischen Kenntnisse nicht abrufen konnte. Der Patient konnte sich ebenfalls nicht an verschiedene Erlebnisse mit Familienangehörigen oder Freunden erinnern, die in der Aufarbeitung der Unfallfolgen als Ressourcen hätten genutzt werden können. Die im Verlauf der Rehabilitation erreichten Fortschritte im motorischen und kognitiven Bereich wurden von Herrn Maier lange Zeit nicht akzeptiert. Mithilfe eines Videotagebuches konnte er die Veränderungen zwar unmittelbar wahrnehmen, diese aber aufgrund der reduzierten Merkfähigkeit nicht langfristig behalten. Vor dem Hintergrund dieser erschwerten »Selbstfindung« erschien die gravierende emotionale Verunsicherung nachvollziehbar, die Herr Maier während des Rehabilitationsaufenthaltes zeigte. Zur Unterstützung der Krankheitsverarbeitung war es daher hilfreich, das komplexe Geschehen der beteiligten Gefühle für den Patienten nachvollziehbar zu verdeutlichen. Mithilfe der »Versammlung der Gefühle« wurde das emotionale Erleben Herrn Maiers in eine anschauliche und plastische Struktur transformiert. Dadurch bekam der junge Mann eine Vorstellung von den Motiven, die ihn zu bestimmten Verhaltensweisen führten. Hier erwies sich die Methode als besonders hilfreich, da sie es Herrn Maier trotz der bestehenden Schwierigkeiten im abstrakten Denken ermöglichte, auf

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Nachbetrachtung

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eine Metaebene zu gelangen. Als weiterer Vorteil gegenüber der meist sprachlich begleiteten emotionalen Aufarbeitung von Krankheitsfolgen erwies sich der starke visuelle und (be-)greifbare Eindruck, der von der Präsenz der Tierfiguren ausging. Dadurch war es möglich, den sprachlichen Informationsfluss auf die wesentlichen Inhalte zu beschränken, was den reduzierten Verarbeitungskapazitäten des Patienten entgegen kam. Gerade die Nutzung des visuellen Informationsweges machte die thematische Anknüpfung von einer zur nächsten Therapiestunde möglich. Es war offensichtlich, dass Herr Maier die mentale Repräsentation der zuvor ausgesuchten Tierfiguren und assoziierten Gefühle langfristig speichern und konsistent abrufen konnte. Über die drei beschriebenen Therapiesitzungen kam Herr Maier so zu der Erfahrung, Bekanntes auch tatsächlich wieder zu erkennen. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Gedächtnisproblematik führte dies bei Herrn Maier zum Erleben von Selbstwirksamkeit und vermittelte im »Chaos der Erinnerungen« eine Orientierung. In der Nachbetrachtung stellt die Methode der »Versammlung der Gefühle« eine hilfreiche Ergänzung in der therapeutischen Arbeit zur Verarbeitung von Krankheitsfolgen dar. Der beschriebene Patient konnte von der einfachen und anschaulichen Anwendung der Methode profitieren, da diese seine vorhandenen kognitiven Stärken ansprach. Nach eigenen Aussagen profitierte Herr Maier von der Würdigung der verschiedenen inneren Anteile und der Möglichkeit, ihnen eine Gestalt zu geben, was wiederum die Akzeptanz (und das Aushalten) der schwankenden emotionalen Erlebniszustände verstärkte. In der Folge war es Herrn Maier möglich, die Therapiemotivation zu erhöhen und länger an der Rehabilitation teilzunehmen.

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Kleine Auswahl von Tiermetaphern

Im Folgenden werden einige alltäglich verwendete Tiermetaphern aufgeführt. sich zum Affen machen – den Clown für andere machen Affenliebe – übertriebene Liebe der Eltern zu den Kindern Affenstall – lautes, undiszipliniertes Benehmen in einer Gruppe Affentheater – unsinniges, übertriebenes Handeln oder Verhalten Affenzirkus – großes Durcheinander Brummbär – schlecht gelaunter, vor sich hin schimpfender Mann da ist der Bär los – da ist Stimmung, da kann man was erleben jemanden einen Bären aufbilden – eine unwahre Geschichte erzählen bärenstark – sehr kräftig sein flotte Biene – junge attraktive Frau geiler Bock – Mann, der Frauen besonders begehrt Sündenbock – unschuldige Person, die anstelle eines anderen zur Verantwortung gezogen wird Bulle – Bezeichnung für einen Polizisten Bullenbeißer – jemand, der aggressiv und laut ist Frechdachs – vorwitziges, übermütiges Kind Dinosaurier – jemand, der lange und unflexibel eine Tätigkeit ausübt (eine Behörde arbeitet wie ein D. – langsam und uneffektiv) Hausdrache – herrschsüchtige, streitsüchtige (Ehe-)Frau Drachenbrut – böse und unerzogene Kinder Elefantenhochzeit – Zusammenschluss großer Firmen oder Organisationen Elefant im Porzellanladen – durch ungeschicktes Verhalten Schaden anrichten diebische Elster – jemand, der alles stiehlt, was man stehlen kann

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138 Kleine Auswahl von Tiermetaphern geschwätzig wie eine Elster – sehr mitteilsame Frau lahme Ente – jemand ohne Elan und Begeisterung störrischer Esel – jemand, der nicht einfach zu lenken ist (dickköpfig) klug wie eine Eule – sehr schlau, weise sein wie eine Eule aussehen – nicht ansehnlich, hässlich sein Nachteule – jemand, der in der Nacht viel unterwegs ist dicker Fisch – wichtige Person kalt wie ein Fisch sein – jemand, der gefühllos, ohne jede menschliche Regung ist stumm wie ein Fisch – schweigsam sein, nichts sagen Fischblut haben – gefühlskalt sein die Fliege machen – schnell verschwinden alter Fuchs – jemand, der viel Lebenserfahrung hat schlauer Fuchs – kluger oder auch durchtriebener Mensch dumme Gans – Frau, die sich unklug verhält wie eine Gans schnattern – sehr viel oberflächliches Zeug reden wie ein Geier – jemand, der nur auf seinen Vorteil bedacht ist Pleitegeier – Umschreibung für den Bankrott, die Pleite Glucke – Frau, die ihre Kinder überbehütet bzw. andere bemuttert alter Gockel – Mann im vorgerückten Alter, der sich eitel verhält Leithammel – Person, der andere kritiklos folgen Hammelherde – Bezeichnung für eine Gruppe unselbständiger Menschen, die einer anderen Person unkritisch folgen Betthäschen – Bezeichnung für eine Frau, mit der man (Mann) Spaß im Bett hat alter Hase – jemand mit langjährigen Erfahrungen Angsthase – jemand, der übertrieben viel Angst hat Hasenfuß – jemand, der feige ist Hahn im Korb – einziger Mann in einer Gruppe von Frauen sein toller Hecht – Mann, den man bewundert bzw. der die Bewunderung sucht Platzhirsch – Mann, der sein Revier verteidigt dummes Huhn – jemand, der albern lacht (kichert), kindisch ist

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Kleine Auswahl von Tiermetaphern

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verrücktes Huhn – jemand, der übermütig und ausgelassen ist armer Hund – ein bedauernswerter Mensch dummer Hund – abwertende Bezeichnung für einen Mann wie ein Schießhund aufpassen – jemand, der übertrieben aufmerksam ist und andere kontrolliert Windhund – unzuverlässiger, leichtsinniger Mann wie Hund und Katze – zwei Personen, die sich nicht vertragen hündisch – sich unterwürfig verhaltend Schweinigel – jemand, der gern anzügliche Witze erzählt sich einigeln – sich zurückziehen flotter Käfer – attraktive junge Frau Schmusekatze – Person, die sich gern Zärtlichkeiten holt heilige Kuh – jemand, der nicht angerührt werden darf dumme Kuh – eine Frau, die sich nicht gerade klug anstellt lammfromm sein – sich friedlich, sanftmütig verhalten, keinen Widerstand zeigen sich in die Höhle des Löwen wagen – mutig zu jemandem gehen, den man fürchtet Löwengrube – ein Ort voller Feinde, von Feinden umgeben sein löwenstark – mutig, majestätisch, kräftig wie ein Löwe sein Luchs – jemand, der listig ist oder sich durch List etwas aneignet Augen wie ein Luchs haben – jemand, dem nichts entgeht Maulwurf – jemand, der vertrauliche, interne Informationen weitergibt, ohne sich zu erkennen zu geben graue Maus – eine unscheinbare, unattraktive Frau weiße Maus – Bezeichnung für einen Verkehrspolizisten mausig sein – sich vordrängeln, sich unangenehm hervortun mucksmäuschenstill – sehr leise Lustmolch – ein Mann, der mit Frauen Spaß haben möchte aus einer Mücke einen Elefanten machen – eine Kleinigkeit übertreiben und aufbauschen, etwas erheblich übertreiben singen wie eine Nachtigall – besonders gut singen können

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140 Kleine Auswahl von Tiermetaphern sturer Ochse – jemand, der sich dickköpfig und widerspenstig verhält Ochserei – schwere, anstrengende Arbeit Papagei – jemand, der anderen alles nachplappert sich wie ein Pfau spreizen – jemand, der stolz und eitel ist, sich aufplustert schuften wie ein Pferd – sehr hart und ausdauernd arbeiten das beste Pferd im Stall – Bezeichnung für die/den fähigste/n Mitarbeiter/in Pinguin – umgangssprachlich für einen Menschen im Frack dumme Pute – Bezeichnung für eine Frau, die sich unklug verhält Unglücksrabe – Bezeichnung für Menschen, die oft Pech haben Rabenvater/-mutter – Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen, schlecht behandeln jemanden zur Sau machen – jemanden beschimpfen, anschreien oder demütigen Saustall – vernachlässigtes, schmutziges, unordentliches Zimmer schwarzes Schaf – jemand, der aufgrund eines bestimmten Verhaltens oder Aussehens von einer Gruppe ausgeschlossen oder verachtet wird verirrtes Schaf – jemand, der seinen Weg, seine Gruppe verloren hat oder vom rechten Weg abgekommen ist Schlange – jemand, der falsch, verlogen, listig ist; jemand, der sich aus schwierigen Situationen ohne Konsequenzen »herausschlängeln« kann Schnecke – jemand, der langsam ist, bedächtig seine Arbeit verrichtet (innerer) Schweinehund – innere Schwäche; besonders niederträchtiger, gemeiner Mensch Mauerspecht – Menschen, die aus der Berliner Mauer Stücke herausgemeißelt haben Schluckspecht – jemand, der gern viel Alkohol trinkt brüllen wie ein Stier – laut und aggressiv schreien wie der Storch im Salat – sich steif und unbeholfen bewegen

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Kleine Auswahl von Tiermetaphern

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sanft wie eine Taube – friedlich sein Bürotiger – vorbildlicher Beamter Papiertiger – Person, die nur scheinbar einen gefährlichen und starken Eindruck macht schräger Vogel – zwielichtiger Mensch frei wie ein Vogel – ungebunden, unabhängig sein, seine eigenen Wege gehen flink wie ein Wiesel – sich schnell und geschickt bewegen, arbeiten Wolf im Schafspelz – Mensch, der Böses im Sinn hat, sich aber äußerlich sanft und freundlich gibt mit den Wölfen heulen – sich der Mehrheit anschließen, keine eigene Meinung haben blöde Ziege – abschätzig für eine Frau, die sich dumm anstellt

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Systemische Therapie und Beratung Jan Bleckwedel

Andreas Bürgi / Herbert Eberhart

Systemische Therapie in Aktion

Beratung als strukturierter und kreativer Prozess

Kreative Methoden in der Arbeit mit Familien und Paaren 2. Auflage 2009. 314 Seiten mit 25 Abb. und 26 Tab., kartoniert ISBN 978-3-525-49137-9

Ein Lehrbuch für die ressourcenorientierte Praxis Sonderausgabe 2006. 274 Seiten mit 5 Abb., kartoniert ISBN 978-3-525-46247-8

Helga Brüggemann / Kristina Ehret-Ivankovic / Christopher Klütmann

Walter Milowiz

Systemische Beratung in fünf Gängen Buch und Karten 2. Auflage 2007. 150 Seiten mit 25 Karten und 16 Abb., kartoniert ISBN 978-3-525-49098-3

Herbert Eberhart / Paolo J. Knill

Lösungskunst Lehrbuch der kunst- und ressourcenorientierten Arbeit Mit einem Vorwort von Jürgen Kriz. 2009. 267 Seiten mit 1 Abb. und 2 Tab., kartoniert ISBN 978-3-525-40159-0

Rainer Schwing / Andreas Fryszer

Systemisches Handwerk Werkzeug für die Praxis 3. Auflage 2009. 352 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-525-45372-8

Teufelskreis und Lebensweg Systemisch denken im sozialen Feld Mit einem Vorwort von Johannes HerwigLempp. 2., überarb. Auflage 2009. 222 Seiten mit 38 Abb., kartoniert ISBN 978-3-525-40158-3

Markus Schwemmle / Bernd Schmid (Hg.)

Systemisch beraten und steuern live Modelle und Best Practices in Organisationen 2009. 213 Seiten mit 48 Abb. und 1 Tab., kartoniert. ISBN 978-3-525-40350-1

Johannes Herwig-Lempp

Ressourcenorientierte Teamarbeit Systemische Praxis der kollegialen Beratung. Ein Lern- und Übungsbuch 2., durchgesehene Auflage 2009. 253 Seiten mit 10 Abb., kartoniert ISBN 978-3-525-46197-6

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Zum Weiterlesen empfohlen Mina Schneider-Landolf / Jochen Spielmann / Walter Zitterbarth (Hg.)

Peter Bünder / Annegret SirringhausBünder / Angela Helfer

Handbuch Themenzentrierte Interaktion (TZI)

Lehrbuch der Marte-Meo-Methode

Mit einem Vorwort von Friedemann Schulz von Thun. 2009. 367 Seiten mit 16 Abb. und 3 Tab., gebunden ISBN 978-3-525-40152-1

Entwicklungsförderung mit Videounterstützung Mit einem Vorwort von Arist von Schlippe. 2009. 410 Seiten mit 21 Abb. und 14 Tab. sowie einer DVD, gebunden ISBN 978-3-525-40206-1

Ornella Garbani Ballnik

Schweigende Kinder Formen des Mutismus in der pädagogischen und therapeutischen Praxis 2009. 293 Seiten mit 4 Abb. und 3 Tab., kartoniert. ISBN 978-3-525-40201-6

Barbara Bräutigam

Susanne Altmeyer / Friedebert Kröger

Theorie und Praxis der Systemischen Familienmedizin 2003. 247 Seiten mit 7 Abb., 8 Tab. und 31 Fallbeispielen, kartoniert ISBN 978-3-525-46173-0

Die Heilungskräfte des starken Wanja

Haim Omer / Arist von Schlippe

Kinder- und Jugendliteratur in der Beratung und Therapie mit Kindern und Jugendlichen Mit einem Vorwort von Jochen Schweitzer. 2009. 186 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-525-40202-3

Coaching für Eltern von Kindern mit Verhaltensproblemen. »Elterliche Präsenz« als systemisches Konzept 6. Auflage 2008. 214 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-525-01470-7

Martin Baierl

Herausforderung Alltag Praxishandbuch für die pädagogische Arbeit mit psychisch gestörten Jugendlichen 2008. 448 Seiten mit 54 Tab., gebunden ISBN 978-3-525-49134-8

Autorität ohne Gewalt

Carola Otterstedt / Michael Rosenberger (Hg.)

Gefährten – Konkurrenten – Verwandte Die Mensch-Tier-Beziehung im wissenschaftlichen Diskurs 2009. Ca. 400 Seiten mit zahlr. Abb. und Tab., gebunden. ISBN 978-3-525-40422-5

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