Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) einschließlich Rechnungslegung zum Einzel- sowie zum Konzernabschluss: Kommentar [Reprint 2014 ed.] 9783110903775, 9783110076264


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German Pages 1886 [1888] Year 1987

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Table of contents :
Vorwort
Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur
Erster Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft
§ 1 Zweck
I. Einleitung
II. Statistische Grundlagen
III. Gesellschaftszweck und Gegenstand des Unternehmens
IV. Zulässiger Zweck
V. Unzulässiger Zweck
VI. Gründer
VII. Die Einmann-Gesellschaft
VIII. Umwandlung des Unternehmens eines Einzelkaufmannes durch Übertragung des Geschäftsvermögens auf eine GmbH
§ 2 Form des Gesellschaftsvertrags
§ 3 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
§ 4 Firma
§ 5 Stammkapital und Stammeinlagen
§ 6 Geschäftsführer
§ 7 Anmeldung
§ 8 Inhalt der Anmeldung
§ 9 Nachzahlungspflicht bei Sachgründung
§ 9a Gründungshaftung
§ 9b Verzicht, Vergleich, Verjährung
§ 9c Prüfung durch das Gericht
§ 10 Eintragung in das Handelsregister und Bekanntmachung
§ 11 Rechtslage vor Eintragung
§ 12 Zweigniederlassung
Zweiter Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und dtr Gesellschafter
§ 13 Juristische Person; Handelsgesellschaft
§ 14 Geschäftsanteil
I. Einleitung
II. Der Geschäftsanteil
III. Die Mitgliedschaft
IV. Verhaltensmaßstäbe zwischen Gesellschaftern und der GmbH und Gesellschaftern untereinander
V. Streitigkeiten aus der und um die Mitgliedschaft
§ 15 Übertragung von Geschäftsanteilen
I. Veräußerlichkeit der Geschäftsanteile (Abs. 1 und Abs. 5)
II. Vererblichkeit der Geschäftsanteile
III. Selbständigkeit der Geschäftsanteile
IV. Übertragung von Geschäftsanteilen (Abs. 3)
V. Verpflichtung zur Abtretung von Geschäftsanteilen (Abs. 4)
VI. Gewährleistung bei Anteilskauf
VII. Steuern
VIII. Austritt und Ausschluß eines Gesellschafters
IX. Verpfändung, Sicherheitsübertragung und Pfändung von Geschäftsanteilen
X. Nießbrauch an Geschäftsanteilen
XI. Der Geschäftsanteil im Vergleichs- und Konkursverfahren
§ 16 Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber
§ 17 Veräußerung von Teilen des Geschäftsanteils
§ 18 Mitberechtigung am Geschäftsanteil
§ 19 Leistungen auf die Stammeinlage
§ 20 Verzugszinsen
§ 21 Ausschließung säumiger Gesellschafter
§ 22 Haftung der Rechtsvorgänger
§ 23 Versteigerung des Geschäftsanteils
§ 24 Gesamthaftung der Gesellschafter
§ 25 Zwingendes Recht
§§ 26-28 Nachschußpflicht
A. Einleitung
B. Satzungsmäßige Nachschußpflicht (§ 26 Abs. 1)
I. Satzungsmäßige Verankerung
II. Charakter des Nachschusses
III. Einforderungsbeschluß, Voraussetzungen
IV. Umfang der Nachschußpflicht (§ 26 Abs. 2)
V. Aufhebung, Rückzahlung
C. Die Beschränkbarkeit (§ 26 Abs. 3), die Alternativen und ihre Rechtsfolgen
I. Unbeschränkte Nachschußpflicht/Unbeschränktes Preisgaberecht (§ 27 Abs. 1)
II. Beschränkte Nachschußpflicht/Kaduzierungsrecht bzw. Gestaltungsfreiheit (§ 28 Abs. 1 S. 1)
III. Beschränktes Preisgaberecht/Kaduzierungsrecht bzw. Gestaltungsfreiheit (§ 28 Abs. 1 S. 2, § 27 Abs. 4)
IV. Freiwillige Kapital-Zuschüsse
§ 29 Gewinnverwendung
I. Einleitung
II. Übergangsrecht
III. Verwendung des Ergebnisses (Abs. 1)
IV. Ergebnisverwendungsbeschluß (Abs. 2)
V. Maßstab der Ergebnisverteilung
VI. Wertaufholungsgebot (Abs. 4)
VII. Einzelfragen
VIII. Steuern
§ 30 Erhaltung des Stammkapitals
§ 31 Erstattung verbotener Rückzahlungen
§ 32 Rückzahlung von Gewinn
§ 32a Gesellschafterdarlehen
§ 32b Erstattungspflicht des Gesellschafters
§ 33 Eigene Geschäftsanteile
§ 34 Einziehung (Amortisation)
Dritter Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung
§§ 35-38 (Vertretung, Wirkung der Vertretung, Beschränkung der Vertreterbefugnis, Widerruf der Bestellung, Angaben auf Geschäftsbriefen)
A. Einleitung
B. Der Geschäftsführer als notwendiges Vertretungsorgan
I. Allgemeines
II. Qualifikationen
III. Zahl
IV. Titel
C. Die Vertretung
I. Abgrenzung zur Geschäftsführung und zu korporativen Akten
II. Umfang der Vertretungsmacht
III. Ausübung der Aktiv-Vertretung
IV. Passiv-Vertretung - Erklärungen gegenüber der GmbH (S 35 Abs. 2 S. 3)
V. Zurechnungen
VI. Zeichnung, erkennbare Vertretung (§ 35 Abs. 3, § 36)
VII. Angaben auf Geschäftsbriefen (§ 35a)
D. Die Geschäftsführung
I. Allgemeines
II. Die Geschäftsführungsbefugnisse
III. Die Einschränkungen (§ 37 Abs. 1)
IV. Geschäftsführung durch mehrere
V. Die Haftung der Geschäftsführer
E. Der Geschäftsführer als Prinzipal und Angestellter
I. Allgemeines
II. Die gesetzlichen Regelungen
III. Typologie der Geschäftsführer
F. Die Bestellung und ihre Beendigung
I. Verhältnis von Bestellung und Anstellung
II. Die Bestellung, § 6
III. Die Abberufung, § 38
IV. Suspendierung
V. Vertragliche Aufhebung
VI. Amtsniederlegung
VII. Erlöschen des Amtes
G. Die Anstellung und ihre Beendigung
I. Allgemeines
II. Anstellung
III. Beendigung der Anstellung
IV. Inhalt des Anstellungsvertrages
H. Mitbestimmungsrecht
I. Anwendbare Vorschriften
II. Bestellung und Abberufung
III. Das Anstellungsverhältnis
IV. Einzelfragen
J. Geschäftsführer-Konzernrecht
I. Einleitung
II. Bestellung und Anstellung der Geschäftsführer
III. Rechte und Pflichten
§ 39 Anmeldung der Geschäftsführer
§ 40 Gesellschafterliste
Rechnungslegung
Vorbemerkung zu §§ 41, 42
§ 41 Buchführungspflicht
§ 42 Rechnungslegung
I. Einleitung
II. Sorgepflicht der Geschäftsführer für eine ordnungsmäßige Buchführung (§41)
III. Ausweis des Stammkapitals im nach §§ 242, 264 HGB aufzustellenden Jahresabschluß (§ 42 Abs. 1)
IV. Bilanzierung von Nachschüssen (§ 42 Abs. 2)
V. Ausleihungen, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern (§ 42 Abs. 3)
HGB §§ 238-335
A. Einleitung
B. Voraussetzungen für die Aufstellung des Jahresabschlusses
I. Buchführung (§§ 238-239 HGB)
II. Inventar (§§ 240-241 HGB)
C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht
I. Allgemeines
II. Aufstellungsfristen (§§ 243, 264 HGB)
III. Geschäftsjahr (§ 240 HGB)
IV. Zweck von Jahresabschluß und Lagebericht (§§ 243, 264 HGB)
V. Die Grundsätze für die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts (§§ 242 ff. HGB)
VI. Materieller und formeller Inhalt der Bilanz (§§ 264 ff. HGB)
VII. Materieller und formeller Inhalt der Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 275-278 HGB)
VIII. Materieller und formeller Inhalt des Anhangs (§§ 284-288 HGB)
IX. Materieller und formeller Inhalt des Lageberichts (§ 289 HGB)
D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht
I. Allgemeines
II. Aufstellunspflicht (§§ 290-291 HGB)
III. Ausnahmen (§§ 292-293 HGB)
IV. Abgrenzung des Konsolidierungskreises (§§ 294-296 HGB)
V. Konzernbilanzstichtag (§ 299 HGB)
VI. Aufstellungsgrundlagen für den Konzernabschluß und den -lagebericht (§§ 297 ff HGB)
VII. Materieller und formeller Inhalt der Konzernbilanz (§§ 300 ff HGB)
VIII. Materieller und formeller Inhalt der Konzernerfolgsrechnung (§ 305 HGB)
IX. Materieller und formeller Inhalt des Konzernanhangs (§§ 313-314 HGB)
X. Materieller und formeller Inhalt des Konzernlageberichts (§ 315 HGB)
E. Zusammenfassung der Anhangsangaben im Jahres- oder Konzernabschluß
F. Prüfung (§§ 316-324 HGB)
I. Einleitung
II. Pflicht zur Prüfung (§ 316 HGB)
III. Gegenstand und Umfang der Prüfung (§ 317 HGB)
IV. Bestellung und Abberufung der Abschlußprüfer (§ 318 HGB)
V. Auswahl der Abschlußprüfer (§ 319 HGB)
VI. Recht auf Vorlage und Auskunft (§ 320 HGB)
VII. Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk (§§ 321, 322 HGB)
VIII. Verantwortlichkeit der Prüfer (§ 323 HGB)
IX. Meinungsverschiedenheiten (§ 324 HGB)
X. Sondervorschriften für die Konzernprüfung
G. Offenlegung (§§ 325-330 HGB)
I. Offenlegung (§ 325 HGB)
II. Erleichterung für kleine GmbH (§ 326 HGB)
III. Erleichterung für mittelgroße GmbH (§ 327 HGB)
IV. Form und Inhalt der Unterlagen (§ 328 HGB)
V. Prüfungspflicht des Registergerichts (§ 329 HGB)
VI. Verordnungsermächtigung für Formblätter (§ 330 HGB)
H. Straf- und Bußgeldvorschriften - Zwangsgelder (§§ 331-335 HGB)
I. Unrichtige Darstellung (§ 331 HGB)
II. Verletzung der Berichtspflicht (§ 332 HGB)
III. Verletzung der Geheimhaltungspflicht (§ 333 HGB)
IV. Bußgeldvorschriften (§ 334 HGB)
V. Festsetzung von Zwangsgeld (§ 335 HGB)
§ 42a Feststellung des Jahresabschlusses
I. Einleitung
II. Vorlagepflicht der Geschäftsführung (Abs. 1)
III. Beschlußfassung der Gesellschafter (Abs. 2)
IV. Teilnahme der Abschlußprüfer (Abs. 3)
V. Konzernabschluß
§ 43 Haftung der Geschäftsführer
§ 43a Kreditgewährung an Geschäftsführer
§ 44 Stellvertretende Geschäftsführer
§ 45 Rechte der Gesellschafter im allgemeinen
§ 46 Zuständigkeit der Gesellschafter
§ 47 Beschlüsse
I. Einleitung
II. Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit (Abs. 1)
III. Abweichende Regelungen
IV. Beschlußfähigkeit
V. Änderung und Aufhebung von Beschlüssen
VI. Stimmrechtsbindung
VII. Uneinheitliche Stimmabgabe
VIII. Berechnung der Stimmen (Abs. 2)
IX. Vertretung bei Abstimmungen (Abs. 3)
X. Stimmverbote (Abs. 4)
XI. Stimmrechtsmißbrauch
XII. Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse
§ 48 Gesellschafterversammlung
§ 49 Einberufung der Versammlung
§ 50 Minderheitsrechte
§ 51 Form der Einberufung
§ 51 a Auskunfts-und Einsichtsrechte
§ 51b Gerichtliche Entscheidung über das Auskunfts- und Einsichtsrecht
§ 52 Aufsichtsrat
Vierter Abschnitt. Abänderungen des Gesellschaftsvertrages
§ 53 Form
§ 54 Anmeldung der Eintragung
§ 55 Erhöhung des Stammkapitals
§ 56 Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen
§ 56a Leistungen der Einlagen
§ 57 Anmeldung der Erhöhung
§ 57a Prüfung durch das Gericht
§ 57b Bekanntmachung
Anhang: Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
(§§ 1 bis 18, 36 KapErhG)
§ 58 Herabsetzung des Stammkapitals
§ 59 Zweigniederlassung
Fünfter Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft
§ 60 Auflösungsgründe
I. Einleitung
II. Auflösung und Beendigung der GmbH
III. Gesetzliche Auflösungsgründe
IV. Satzungsmäßige Auflösungsgründe (Abs. 2)
V. Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft
§ 61 Auflösung durch Urteil
§ 62 Auflösung durch Verwaltungsbehörde
§ 63 Konkursverfahren
§ 64 Konkursantragspflicht
§ 65 Anmeldung der Auflösung
§ 66 Liquidatoren
§ 67 Anmeldung der Liquidatoren
§ 68 Zeichnung der Liquidatoren
§ 69 Rechtsverhältnisse von Gesellschaft und Gesellschaftern
§ 70 Aufgaben der Liquidatoren
§ 71 Bilanz; Rechte und Pflichten; Angaben auf Geschäftsbriefen
§ 72 Vermögensverteilung
§ 73 Sperrjahr
§ 74 Bücher und Schriften
§ 75 Nichtigkeitsklage
§ 76 Mängelheilung durch Gesellschafterbeschluß
§ 77 Wirkung der Nichtigkeit
Anhang: Verschmelzung (§§ 19 bis 35, 37 bis 39 KapErhG)
Sechster Abschnitt. Schlußbestimmung
§ 78 Anmeldungspflichtige
§ 79 Zwangsgelder
§§ 80-81a (aufgehoben)
§ 82 Falsche Angaben
§ 83 (aufgehoben)
§ 84 Pflichtverletzung bei Verlust, Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung
§ 85 Verletzung der Geheimhaltungspflicht
Stichwortverzeichnis
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Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) einschließlich Rechnungslegung zum Einzel- sowie zum Konzernabschluss: Kommentar [Reprint 2014 ed.]
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Meyer- Landrut/Miller/Niehus GmbHG

Sammlung Guttentag

Gesetz

betreffend die

Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) einschließlich Rechnungslegung zum Einzel- sowie zum Konzernabschluß Kommentar von

Dr. Joachim Meyer-Landrut

Dr. F. Georg Miller

Rechtsanwalt in Düsseldorf

Rechtsanwalt in Düsseldorf

Dipl.-Kfm. Rudolf J. Niehus Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Düsseldorf unter Mitarbeit von

D r . Willi S c h o l z Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Düsseldorf

w DE

G 1987

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Es haben bearbeitet: Joachim Meyer-Landrut: S§ 1-18, 29-34, 316-335 HGB, 42a-85 F. Georg Miller: %% 19-28, 35-40 Rudolf J. Niehus/Willi Scholz: SS 41, 42, 238-315 H G B

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) einschliesslich Rechnungslegung : Kommentar / von Joachim Meyer-Landrut . . . - Berlin ; New York : de Gruyter, 1987. (Sammlung Guttentag) ISBN 3-11-07626-8 N E : Meyer-Landrut, Joachim [Mitverf.]

© Copyright 1987 by Walter de Gruyter & Co., 1000 Berlin 30 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter V e r w e n d u n g elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz und D r u c k : H . H e e n e m a n n G m b H & Co, 1000 Berlin 42 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer Buchgewerbe G m b H , 1000 Berlin 61

Vorwort Dieser Kommentar ist von Praktikern für Praktiker geschrieben worden. Er wendet sich nicht nur an Richter, Rechtsanwälte und Geschäftsführer, sondern vor allem auch an Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Finanzbeamte und die leitenden Mitarbeiter des Rechts-, Finanz- und Rechnungswesens der Unternehmen. Die besondere praktische Ausrichtung verlangte, daß einerseits wohl erstmalig in einem G m b H G - K o m m e n t a r die Rechnungslegung völlig gleichrangig erläutert wurde, aber andererseits auch die Handlichkeit gewahrt wurde, d. h. die Einbändigkeit. Für die G m b H hat die Rechnungslegung durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19. Dezember 1985 (BGBl. I, 2355) bedeutsame Änderungen erfahren. Zwar ist, wie bisher, die Pflicht zur Buchführung und zur Aufstellung des Jahresabschlusses im GmbH-Gesetz nur kursorisch geregelt (§§ 41 und 42), jedoch verweist § 42 G m b H G nunmehr auf die §§ 242/264 des H G B . In §§ 238 ff H G B sind die f ü r alle Kaufleute geltenden Vorschriften niedergelegt. Sie waren bisher zum Teil schon im H G B enthalten oder stellten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung dar, die nunmehr kodifiziert worden sind. Die f ü r alle Kapitalgesellschaften und somit — erstmals — auch f ü r die G m b H geltenden Vorschriften finden sich in den §§ 264 ff H G B f ü r den Einzelabschluß und in §§ 290 ff H G B für den Konzernabschluß. Aus diesem Grunde muß ein G m b H - K o m m e n t a r sich auch mit den Vorschriften über die Buchführung und die Rechnungslegung der G m b H im einzelnen befassen. Dies ist dergestalt geschehen, daß zunächst die §§41 und 42 generell kommentiert und sodann die für die G m b H geltenden Vorschriften des H G B umfassend erläutert werden. Wie bereits angedeutet, dürfte somit erstmalig ein GmbH-Handkommentar vorliegen, der eine gleichrangige und geschlossene Erläuterung nicht nur des Einzel- sondern auch des Konzernabschlusses enthält. Auch bei der Kommentierung der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften wurde versucht, im Hinblick auf die praktische Verwendbarkeit neue Wege zu beschreiten: So wurden alle die Geschäftsführer betreffenden Fragen, wegen der einfacheren Auffindbarkeit und Ubersicht, einheitlich dargestellt und nicht bei den verstreuten Rechtsvorschriften, und zwar unter Einschluß der mitbestimmungsrechtlichen Probleme, wie sie sich aus der Sicht der Geschäftsführer und der Gesellschafter stellen, mit einer Kommentierung der für den G m b H Praktiker nicht immer geläufigen oder greifbaren einschlägigen aktienrechtli-

V

Vorwort chen Bestimmungen. Weitere Schwerpunkte bilden die Einbindung der mit dem BiRiliG erweiterten, durchweg zwingenden Pflichten für Geschäftsführung und Gesellschafter, den Jahresabschluß (außer bei kleinen Gesellschaften) prüfen zu lassen, ihn festzustellen und offenzulegen in das bisher weitgehend dispositive GmbH-Recht. Auch konnten die mit der GmbH-Novelle 1980 eingeführten Neuerungen anhand der inzwischen angefallenen Rechtsprechung f ü r den Benutzer eher kalkulierbar erläutert werden. Die Ausrichtung auf die Praxis bedeutet jedoch nicht, daß das Wissenschaftliche vernachlässigt wurde. Die Verfasser haben sich bemüht, die aktuelle einschlägige und weiterführende Literatur, soweit es der beschränkte Raum zuließ, vollständig zumindest nachzuweisen; sie haben es lediglich vermieden, sich auf längere akademische Diskussionen einzulassen. Aus diesem Grunde wurde auch das GmbH-Konzernrecht (noch) nicht gesondert kommentiert, denn es mehren sich die Zweifel, ob der bisher eingeschlagene Weg der richtige ist. Schließlich kam den Verfassern noch ein Zufall zugute: Da alle wichtigeren Erläuterungswerke nach der GmbH-Novelle 1980 bereits erschienen sind, aber parallel, so daß sie nicht aufeinander Bezug nehmen, stellt der vorliegende Kommentar jedenfalls eine Synopse dar, ob auch eine Synthese, wird die Praxis zeigen. Der Dank gilt den Partnern und Mitarbeitern, die angeregt und geholfen haben, letztere nicht zuletzt bei der Erstellung der Verzeichnisse. Zu danken ist sodann den Schreibkräften, die mit nimmermüdem Einsatz zahlreiche Neufassungen geschrieben haben, und nicht zuletzt dem Verlag f ü r seine fast überstrapazierte Geduld. Rechtsprechnung und Literatur sind bis Ende September 1986, hinsichtlich der Vorschriften über die Rechnungslegung bis April 1986, eingearbeitet.

Düsseldorf, im Oktober 1986

VI

Die Verfasser

Inhaltsübersicht Vorwort Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur

V XV

Erster Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft § 1

§ 2 § 3 § 4 § 5 § 6 §7 § 8 §9 § 9a § 9b § 9c § 10 $ 11 § 12

Zweck I. Einleitung II. Statistische Grundlagen III. Gesellschaftszweck und Gegenstand des Unternehmens IV. Zulässiger Zweck V. Unzulässiger Zweck VI. Gründer VII. Die Einmann-Gesellschaft VIII. Umwandlung des Unternehmens eines Einzelkaufmannes durch Übertragung des Geschäftsvermögens auf eine G m b H Form des Gesellschaftsvertrags Inhalt des Gesellschaftsvertrags Firma Stammkapital und Stammeinlagen . Geschäftsführer Anmeldung Inhalt der Anmeldung Nachzahlungspflicht bei Sachgründung Gründungshaftung Verzicht, Vergleich, Verjährung P r ü f u n g durch das Gericht Eintragung in das Handelsregister und Bekanntmachung Rechtslage vor Eintragung Zweigniederlassung

1 3 3 5 5 6 8 11 18 29 39 57 71 91 101 111 127 132 139 142 147 151 164

Zweiter Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter § 13 Juristische Person; Handelsgesellschaft 5 14 Geschäftsanteil I.Einleitung II. Der Geschäftsanteil III. Die Mitgliedschaft IV. Verhaltensmaßstäbe zwischen Gesellschaftern und der G m b H und Gesellschaftern untereinander V. Streitigkeiten aus der und um die Mitgliedschaft

175 181 182 183 184 190 197

VII

Inhaltsübersicht § 1 5 Übertragung von Geschäftsanteilen I. Veräußerlichkeit der Geschäftsanteile (Abs. 1 und Abs. 5) II. Vererblichkeit der Geschäftsanteile III. Selbständigkeit der Geschäftsanteile IV. Übertragung von Geschäftsanteilen (Abs. 3) V. Verpflichtung zur Abtretung von Geschäftsanteilen (Abs. 4) . . . . VI. Gewährleistung bei Anteilskauf VII. Steuern VIII. Austritt und Ausschluß eines Gesellschafters IX. Verpfändung, Sicherheitsübertragung und Pfändung von Geschäftsanteilen X. Nießbrauch an Geschäftsanteilen XI. D e r Geschäftsanteil im Vergleichs- und Konkursverfahren . . . . § 1 6 Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber § 1 7 Veräußerung von Teilen des Geschäftsanteils § 1 8 Mitberechtigung am Geschäftsanteil § 1 9 Leistungen auf die Stammeinlage § 20 Verzugszinsen § 2 1 Ausschließung säumiger Gesellschafter § 22 H a f t u n g der Rechtsvorgänger § 23 Versteigerung des Geschäftsanteils § 24 Gesamthaftung der Gesellschafter § 25 Zwingendes Recht §§26-28 Nachschußpflicht A. Einleitung B. Satzungsmäßige Nachschußpflicht (§ 26 Abs. 1) I. Satzungsmäßige Verankerung II. Charakter des Nachschusses III. Einforderungsbeschluß, Voraussetzungen IV. U m f a n g der Nachschußpflicht (§ 26 Abs. 2) V. Aufhebung, Rückzahlung C. Die Beschränkbarkeit (§ 26 Abs. 3), die Alternativen und ihre Rechtsfolgen I. Unbeschränkte Nachschußpflicht/Unbeschränktes Preisgaberecht (§ 27 Abs. 1) II. Beschränkte Nachschußpflicht/Kaduzierungsrecht bzw. Gestaltungsfreiheit (§ 28 Abs. 1 S. 1) III. Beschränktes Preisgaberecht/Kaduzierungsrecht bzw. Gestaltungsfreiheit (§ 28 Abs. 1 S. 2, § 27 Abs. 4) IV. Freiwillige Kapital-Zuschüsse § 2 9 Gewinnverwendung I.Einleitung II. Übergangsrecht III. Verwendung des Ergebnisses (Abs. 1) IV. Ergebnisverwendungsbeschluß (Abs. 2) V. Maßstab der Ergebnisverteilung VI. Wertaufholungsgebot (Abs. 4) VII. Einzelfragen

VIII

201 204 212 215 216 219 221 223 224 230 234 235 236 243 249 254 274 277 284 289 293 297 298 300 301 301 302 302 303 303 304 304 308 309 310 311 313 314 317 318 320 321 322

Inhaltsübersicht VIII. Steuern § 30 Erhaltung des Stammkapitals § 3 1 Erstattung verbotener Rückzahlungen § 32 Rückzahlung von Gewinn § 32a Gesellschafterdarlehen § 32b Erstattungspflicht des Gesellschafters § 33 Eigene Geschäftsanteile § 34 Einziehung (Amortisation)

331 332 343 349 351 362 364 374

Dritter Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung §§ 35-38 befugnis, A. B.

C.

D.

E.

F.

(Vertretung, Wirkung der Vertretung, Beschränkung der VertreterWiderruf der Bestellung, Angaben auf Geschäftsbriefen) Einleitung Der Geschäftsführer als notwendiges Vertretungsorgan I. Allgemeines II. Qualifikationen III. Zahl IV. Titel Die Vertretung I. Abgrenzung zur Geschäftsführung und zu korporativen Akten II. U m f a n g der Vertretungsmacht III. Ausübung der Aktiv-Vertretung IV. Passiv-Vertretung - Erklärungen gegenüber der G m b H (§ 35 Abs. 2 S. 3) V.Zurechnunge n VI. Zeichnung, erkennbare Vertretung (§ 35 Abs. 3, § 36) VII. Angaben auf Geschäftsbriefen (§ 35a) Die Geschäftsführung I. Allgemeines II. Die Geschäftsführungsbefugnisse III. Die Einschränkungen (§ 37 Abs. 1) IV. Geschäftsführung durch mehrere V. Die H a f t u n g der Geschäftsführer Der Geschäftsführer als Prinzipal und Angestellter I.Allgemeines II. Die gesetzlichen Regelungen III. Typologie der Geschäftsführer Die Bestellung und ihre Beendigung I. Verhältnis von Bestellung und Anstellung II. Die Bestellung, § 6 III. Die Abberufung, § 38 IV. Suspendierung V. Vertragliche Aufhebung VI. Amtsniederlegung VII. Erlöschen des Amtes

380 391 392 392 397 397 398 398 398 399 407 412 413 415 416 420 420 421 425 434 435 435 435 436 438 442 442 443 444 456 457 457 461

IX

Inhaltsübersicht G. Die Anstellung und ihre Beendigung I.Allgemeines II. Anstellung III. Beendigung der Anstellung IV. Inhalt des Anstellungsvertrages H . Mitbestimmungsrecht I. Anwendbare Vorschriften II. Bestellung und Abberufung III. Das Anstellungsverhältnis IV. Einzelfragen J. Geschäftsführer-Konzernrecht I. Einleitung II. Bestellung und Anstellung der Geschäftsführer III. Rechte und Pflichten § 3 9 Anmeldung der Geschäftsführer § 40 Gesellschafterliste

461 461 462 467 476 493 493 495 500 503 507 507 508 509 510 516

Rechnungslegung Vorbemerkung zu §§ 41, 42 § 41 Buchführungspflicht $ 42 Rechnungslegung I. Einleitung II. Sorgepflicht der Geschäftsführer f ü r eine ordnungsmäßige Buchführung (§41) III. Ausweis des Stammkapitals im nach §§ 242, 264 H G B aufzustellenden Jahresabschluß (§ 42 Abs. 1) IV. Bilanzierung von Nachschüssen (§ 42 Abs. 2) V.Ausleihungen, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern (§ 42 Abs. 3) H G B §§ 238-335 A. Einleitung B. Voraussetzungen f ü r die Aufstellung des Jahresabschlusses I. Buchführung (§§ 238-239 H G B ) II. Inventar (§§ 240-241 H G B ) C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht • I.Allgemeines II. Aufstellungsfristen (§§ 243, 264 H G B ) III. Geschäftsjahr (§ 240 H G B ) IV. Zweck von Jahresabschluß und Lagebericht (§§ 243, 264 HGB) V. Die Grundsätze f ü r die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts (§§ 242 ff. H G B ) VI. Materieller und formeller Inhalt der Bilanz (§§ 264 ff. H G B ) VII. Materieller und formeller Inhalt der Gewinn- und Verlustrechnung 275-278 H G B ) VIII. Materieller und formeller Inhalt des Anhangs (§§ 284-288 H G B )

X

521 524 524 526 531 555 561 563 566 640 641 641 942 658 658 662 665 666 668 728 903 942

Inhaltsübersicht IX. Materieller und formeller Inhalt des Lageberichts (§ 289 HGB) D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht I.Allgemeines II. Aufstellunspflicht (§§290-291 H G B ) III. Ausnahmen (§§ 292-293 H G B ) IV. Abgrenzung des Konsolidierungskreises ( S S 294-296 H G B ) . . V. Konzernbilanzstichtag (§ 299 H G B ) VI. Aufstellungsgrundlagen f ü r den Konzernabschluß und den -lagebericht (SS 297 ff H G B ) VII. Materieller und formeller Inhalt der Konzernbilanz (SS 300 ff HGB) VIII. Materieller und formeller Inhalt der Konzernerfolgsrechnung (S 305 H G B ) IX. Materieller und formeller Inhalt des Konzernanhangs (SS 313-314 HGB) X . Materieller und formeller Inhalt des Konzernlageberichts (S 315 HGB) E. Zusammenfassung der Anhangsangaben im Jahres- oder Konzernabschluß F. P r ü f u n g ( S S 316-324 H G B ) I.Einleitung II. Pflicht zur P r ü f u n g (S 316 HGB) III. Gegenstand und U m f a n g der P r ü f u n g (§317 H G B ) IV. Bestellung und Abberufung der Abschlußprüfer (S 318 H G B ) V. Auswahl der Abschlußprüfer (§319 H G B ) VI. Recht auf Vorlage und Auskunft (§ 320 H G B ) VII. Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk ( S S 321, 322 H G B ) VIII. Verantwortlichkeit der Prüfer (S 323 H G B ) IX. Meinungsverschiedenheiten (S 324 H G B ) X. Sondervorschriften f ü r die K o n z e r n p r ü f u n g G. Offenlegung ( S S 325-330 H G B ) I. Offenlegung (S 325 H G B ) II. Erleichterung f ü r kleine G m b H (S 326 H G B ) III. Erleichterung f ü r mittelgroße G m b H (§ 327 H G B ) IV. Form und Inhalt der Unterlagen (§ 328 H G B ) V. Prüfungspflicht des Registergerichts (§ 329 H G B ) VI. Verordnungsermächtigung f ü r Formblätter (§ 330 H G B ) . . . H . Straf- und Bußgeldvorschriften - Zwangsgelder (SS 331-335 HGB) I. Unrichtige Darstellung (S 331 H G B ) II. Verletzung der Berichtspflicht (S 332 H G B ) III. Verletzung der Geheimhaltungspflicht (§ 333 H G B ) IV. Bußgeldvorschriften (§ 334 H G B ) V. Festsetzung von Zwangsgeld (§ 335 H G B ) §42a Feststellung des Jahresabschlusses I.Einleitung II. Vorlagepflicht der Geschäftsführung (Abs. 1) III. Beschlußfassung der Gesellschafter (Abs. 2)

975 986 986 988 998 1012 1025 1029 1067 1167 1178 1184 1186 1208 1208 1209 1211 1212 1215 1218 1220 1224 1227 1228 1229 1229 1237 1238 1239 1243 1245 1246 1246 1249 1251 1254 1256 1259 1260 1261 1262

XI

Inhaltsübersicht IV. Teilnahme der Abschlußprüfer (Abs. 3) V. Konzernabschluß § 43 H a f t u n g der Geschäftsführer § 43a Kreditgewährung an Geschäftsführer § 44 Stellvertretende Geschäftsführer § 45 Rechte der Gesellschafter im allgemeinen § 46 Zuständigkeit der Gesellschafter § 4 7 Beschlüsse I.Einleitun g II. Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit (Abs. 1) III. Abweichende Regelungen IV. Beschlußfähigkeit V. Änderung und Aufhebung von Beschlüssen VI. Stimmrechtsbindung VII. Uneinheitliche Stimmabgabe VIII. Berechnung der Stimmen (Abs. 2) IX. Vertretung bei Abstimmungen (Abs. 3) X. Stimmverbote (Abs. 4) XI. Stimmrechtsmißbrauch XII. Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse § 48 Gesellschafterversammlung § 4 9 Einberufung der Versammlung § 50 Minderheitsrechte § 5 1 Form der Einberufung §51 a A u s k u n f t s - u n d Einsichtsrechte § 51b Gerichtliche Entscheidung über das A u s k u n f t s - u n d Einsichtsrecht . . . . § 52 Aufsichtsrat

1264 1265 1266 1286 1292 1295 1302 1327 1329 1329 1332 1334 1334 1335 1337 1337 1338 1341 1350 1352 1364 1376 1383 1389 1393 1409 1414

Vierter Abschnitt. Abänderungen des Gesellschaftsvertrages § 53 Form § 54 Anmeldung der Eintragung § 55 Erhöhung des Stammkapitals § 56 Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen § 56a Leistungen der Einlagen § 57 Anmeldung der Erhöhung § 57a P r ü f u n g durch das Gericht §57b Bekanntmachung

1453 1464 1471 1484 1490 1496 1503 1506

Anhang: Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 1 bis 18, 36 KapErhG)

1508

§ 58 Herabsetzung des Stammkapitals § 59 Zweigniederlassung

1536 1550

Fünfter Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft § 60 Auflösungsgründe I.Einleitung II. Auflösung und Beendigung der G m b H

XII

1551 1551 1553

Inhaltsübersicht III. Gesetzliche Auflösungsgründe IV. Satzungsmäßige Auflösungsgründe (Abs. 2) V. Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft Auflösung durch Urteil Auflösung durch Verwaltungsbehörde Konkursverfahren Konkursantragspflicht Anmeldung der Auflösung Liquidatoren Anmeldung der Liquidatoren Zeichnung der Liquidatoren Rechtsverhältnisse von Gesellschaft und Gesellschaftern Aufgaben der Liquidatoren Bilanz; Rechte und Pflichten; Angaben auf Geschäftsbriefen Vermögensverteilung Sperrjahr Bücher und Schriften Nichtigkeitsklage Mängelheilung durch Gesellschafterbeschluß Wirkung der Nichtigkeit

1554 1562 1564 1568 1575 1578 1589 1601 1606 1615 1618 1622 1629 1636 1646 1651 1658 1666 1670 1673

Anhang: Verschmelzung (§§ 19 bis 35, 37 bis 39 KapErhG)

1677

$ 61 § 62 § 63 $ 64 §65 § 66 § 67 §68 § 69 § 70 § 71 § 72 § 73 § 74 § 75 § 76 § 77

Sechster Abschnitt. Schlußbestimiming § 78 Anmeldungspflichtige § 79 Zwangsgelder §§ 80-81 a (aufgehoben) § 82 Falsche Angaben § 8 3 (aufgehoben) § 84 Pflichtverletzung bei Verlust, Zahlungsfähigkeit oder Uberschuldung § 85 Verletzung der Geheimhaltungspflicht

Stichwortverzeichnis

. .

1737 1740 1744 1745 1751 1751 1755

1763

XIII

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur a.A. aaO Abk. abl. Abi E G Abs. abw. AcP Adler-Düring-Schmaltz

a.E. a.F. AG AG ähnl. AktG oder AktG 1965 allg. allg.A. allg.M. Alt. a.M. Amtl.Begr. Amtsbl E G AnfG

Anh. Anl. Anm. AO AP APB

anderer Ansicht am angegebenen O r t (Hinweis auf die nach einem Paragraphentext oder innerhalb einer Rdn. zitierte Literatur) Abkürzung ablehnend Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz abweichend Archiv f ü r die civilistische Praxis (Zeitschrift; zitiert nach Band und Seite) Rechnungslegung und P r ü f u n g der Aktiengesellschaft, H a n d k o m m e n t a r , Band 1, Rechnungslegung; Band 2, Prüfung/Feststellung/Rechtsbehelfe; Band 3, Rechnungslegung im Konzern, 4. Aufl. 1968/72 am Ende alte(r) Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Amtsgericht (mit Ortsnamen) ähnlich Aktiengesetz vom 6. September 1985 (BGBl. I Seite 1089) allgemein allgemeine Ansicht allgemeine Meinung Alternative andere Meinung Amtliche Begründung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Gesetz betr. die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens i.d.F. vom 20. 5. 1898 (RGBl. S. 709) Anhang Anlage Anmerkung Abgabenordnung i.d.F. vom 16. 3. 1976 (BGBl. I S. 613) Arbeitsrechtliche Praxis (Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts) Accounting Principles Board (USA)

XV

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur ApothG AR ArbG ArbGG ArbuR arg. Art. Aufl. AuR AuslG AuslInvestmG

AußenwirtschG AußenwirtschaftsVO

AVG AWG BBÄrzteO BAG Bartl-Henkes Baumbach-Duden H G B oder Baumbach/Duden/Hopt Baumbach-Hueck oder Baumbach/Hueck Baumbach-Hueck AktG oder Baumbach/Hueck AktG Baumbach-Lauterbach ZPO BausparKG BayObLG BayObLGZ BB

XVI

Gesetz über das Apothekenwesen i.d.F. vom 15. 10. 1980 (BGBl. I S. 1993) Aufsichtsrat Arbeitsgericht (mit Ortsnamen) Arbeitsgerichtsgesetz i.d.F. vom 2 0 . 7 . 1979 (BGBl. I S. 853, berichtigt S. 1036) Arbeit und Recht (Zeitschrift für die Arbeitsrechtspraxis) argumentum Artikel Auflage Arbeit und Recht (Zeitschrift für die Arbeitsrechtspraxis) Ausländergesetz vom 28. 4. 1965 (BGBl. I S. 353) Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (Auslandsinvestmentgesetz) vom 28. 7. 1969 (BGBl. I S. 986) Außenwirtschaftsgesetz vom 28. 4. 1961 (BGBl. I S. 481, 495, 1555) Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes vom 22. 8. 1961 i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. 8. 1981 (BGBl. I S. 853) Angestelltenversicherungsgesetz i.d.F. v. 28.5. 1924 (RGBl. S. 563) Außenwirtschaftsgesetz v. 28. 4. 1961 (BGBl. I S. 481) BundesBundesärzteordnung Bundesarbeitsgericht Bartl-Henkes, GmbH-Recht, Handbuch und Kommentar, 2. Aufl., Heidelberg 1986 Baumbach-Duden-Hopt, Handelsgesetzbuch, Kurzkommentar, 26. Aufl. 1985 Baumbach-Hueck, GmbH-Gesetz, Kommentar, 14. Aufl., München 1985; soweit nicht eine andere Auflage zitiert Baumbach-Hueck, Aktiengesetz, Kurzkommentar, 13. Aufl. 1968 Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, Zivilprozeßordnung, Kommentar, 44. Aufl. 1986 Gesetz über Bausparkassen i.d.F. v. 16. 11. 1972 (BGBl. I S. 2097) Bayerisches Oberstes Landesgericht; Entscheidungssammlung des Gerichts Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Betriebs-Berater (Zeitschrift)

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur BBankG BBergG BBG Bd. (Bde.) BdF Bearb. bearb. Begr. Bericht Rechtsausschuß bes. bestr. betr. BetrAVG Berlin FG BetrR BetrVG BeurkG BewG BFH BFHE BFM BFuP BG BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ Biener BiRiLiG BJagdG BKartA BNotO BRAO BR-Drucks. BSG BSpG bspw. BStBl. BT-Drucks.

Gesetz über die Deutsche Bundesbank v. 26.7. 1957 (BGBl. I S. 745) Bundesberggesetz vom 13. 8. 1980 (BGBl. I S. 1310) Bundesbeamtengesetz i.d.F. v. 3. 1. 1977 (BGBl. I. S. 1, 795, 842) Band (Bände) Bundesminister der Finanzen Bearbeiter bearbeitet Begründung Bericht des Rechtsausschusses zum RegEntw 1977 BT-Drucks. 8/3908 v. 18. 4. 1980 besonders bestritten betreffend Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung v. 19. 12. 1974 (BGBl. I S. 3610) Gesetz zur Förderung der Berliner Wirtschaft (Berlinförderungsgesetz) v. 10. 12. 1986 (BGBl. I S. 2415) Der Betriebsrat (Zeitschrift) Betriebsverfassungsgesetz v. 15. 1. 1972 (BGBl. I S. 13) Beurkundungsgesetz v. 28. 8. 1969 (BGBl. I S. 1513) Bewertungsgesetz i.d.F. v. 26. 9. 1974 (BGBl. I S. 2369) Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bundesfinanzministerium Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Börsengesetz v. 27. 5. 1908 (RGBl. S. 215) Bürgerliches Gesetzbuch v. 18. 8. 1896 (RGBl. S. 195) Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof; zugleich Entscheidungssammlung Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Biener, AG, KGaA, GmbH, Konzerne, Rechnungslegung, Prüfung und Publizität nach den Richtlinien der EG, 1979 Bilanzrichtlinie-Gesetz v. 19. 12. 1985 (BGBl. I S. 2355) Bundesjagdgesetz v. 29. 9. 1976 (BGBl. I S. 2849) Bundeskartellamt Bundesnotarordnung i.d.F. v. 24. 4. 1961 (BGBl. I S. 98) Bundesrechtsanwaltsordnung v. 1.8. 1959 (BGBl. I S. 565) Drucksache des Deutschen Bundesrates Bundessozialgericht Gesetz über Bausparkassen v. 16. 11. 1972 (BGBl. I S. 2097) beispielsweise Bundessteuerblatt Drucksache des Deutschen Bundestages

XVII

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur

BWM bzw.

Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht i.d.F. v. 3. 2. 1971 (BGBl. I S. 105) Bundesminister für Wirtschaft beziehungsweise

c.i.c.

culpa in contrahendo

DB DBW DepG

Der Betrieb (Zeitschrift) Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) v.4. 2.1937 (RGBl. 171) derselbe Deutler, Das neue GmbH-Recht, 2. Aufl. desgleichen, dergleichen das heißt Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Mark D-Mark-Bilanzgesetz v. 21. 8. 1949 (WiGBI. 271)

BVerfG BVerfGE BVerfGG

ders. Deutler dgl. d.h. Die A G Diss. DJT DM D M B G oder DMBiLG DNotZ DR DStZ d.V. DVO Ε EDV EFG EG EGAO EGAktG oder EinfG AktG EGBGB E G H G B oder E G i H G B oder E i n f G H G B oder EinfG H G B EGZPO Einl. einschl. EK01

XVIII

Deutsche Notarzeitung (Zeitschrift) Deutsches Recht (Zeitschrift) Deutsche Steuerzeitung Ausg.A (Zeitschrift) die Verfasser Durchführungsverordnung Entwurf, Entscheidung (in der amtlichen Sammlung eines Gerichtes) Elektronische Datenverarbeitung Entscheidungen der Finanzgerichte a) Europäische Gemeinschaft; b) Einführungsgesetz Einführungsgesetz zur Abgabenordnung Einführungsgesetz zum Aktiengesetz v. 6. 9. 1965 (BGBl. I, S. 1185) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch v. 18. 8. 1896 (RGBl. S. 604) Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch v. 10. 5. 1897 (RGBl. S. 437) Gesetz betr. der Einführung der Zivilprozeßordnung v. 30. 1. 1877 (RGBl. S. 244) Einleitung einschließlich unbelastetes, aus ausländischen Einkünften entstandenes Eigenkapital

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur EK 02 E K 03 E K 56 entspr. Entw. ErbStG Erl. EStDV EStG EStR etc. EuGH e.V. evtl. EWG EWGV EWiR EzA f, ff FASB FiFo FG FGG

FGO Fischer Fischer-Lutter Fitting-Wlotzke-Wiß mannKommentar, 2. Aufl. 1978 Fn. FR FS G GaststättenG GbR

unbelastetes, aus steuerlichen Vermögensmehrungen entstandenes Eigenkapital vor dem 1.1. 1977 entstandene Altrücklagen ungemildert belastetes Eigenkapital entsprechend Entwurf Erbschaftssteuer und Schenkungssteuergesetz v. 17.4. 1974 (BGBl. I S. 933) Erlaß Einkommensteuer-Durchführungsverordnung v. 24.7. 1986 (BGBl. I S. 1239) Einkommensteuergesetz 1985 v. 12.6. 1985 (BGBl. I S. 977) Einkommenssteuer-Richtlinien v. 15.4. 1985 (BGBl. Sonder Nr. 2/1985) und so weiter Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingetragener Verein eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft v. 25. 3. 1957 Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht folgend(e) Financual Accounting Standards Board of the Financial Accounting Fondation (USA) First in — First out Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 17. 5. 1898 (RGBl. S. 189) i.d.F. der Bekanntmachungv. 20. 5.1898 (RGBl. S. 771) Finanzgerichtsordnung v. 6. 10. 1965 (VGB1.1 S. 1477) Robert Fischer, GmbH-Gesetz, Kommentar, 10. Aufl. 1983 Fischer-Lutter, GmbH-Gesetz, Kommentar, 11. Aufl. 1985 Fitting-Wlotzke-Wißmann, Mitbestimmungsgesetz,

Fußnote Finanzrundschau (Zeitschrift) Festschrift Gesetz Gaststättengesetz v. 5. 5. 1970 (BGBl. I S. 465) Gesellschaft bürgerlichen Rechts

XIX

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur GEFIU gem. GenG Gersch-Herget-MarschStützte Gessler-Hefermehl-Ekkardt-Kropff oder Geßler-..., auch zitiert als Gessler u.a. ... GewO GewStDV GewStG GG ggfGKR Gleis-Hirsch GmbH GmbHÄndG

GmbH-Handbuch GmbHG GmbHR oder GmbHRdsch. GO GoB Gol GoS Goutier-Seidel grds. GrEStG Großkomm-AktG oder Großkomm. Großkomm-HGB GRUR GüKG oder GüterKVG

XX

Gesellschaft für Finanzwirtschaft in der Unternehmensführung e.V. gemäß Gesetz betr. die Erwerbs- u. Wirtschaftsgenossenschaften v. 20. 5. 1898 (RGBl. S. 369, 810) Gersch-Herget-Marsch-Stützle, GmbH-Reform 1980, 1980 Gessler-Hefermehl-Eckardt-Kropff, Aktiengesetz, Kommentar 1973 ff.

Gewerbeordnung i.d.F. der Bekanntmachung v. 1. 1. 1978 (BGBl. I S. 97) Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung v. 26. 1. 1979 (BGBl. I S.114) Gewerbesteuergesetz v. 14. 5. 1984 (BGBl. I S. 657) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v. 23. 5. 1949 (BGBl. I S. 1) gegebenenfalls Gemeinschaftskostenrahmen der Industrie Kommentar zum EWG-Kartellrecht, 3. Aufl. 1978 Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz zur Änderung des Gesetzes betr. die Gesellschaft mit beschränkter Haftung u.a. handelsrechtliche Vorschriften v. 4. 7. 1980 (BGBl. I S. 836) Handbuch der GmbH, Loseblattsammlung; zitiert: Bearbeiter in ... Gesetz betr. die Gesellschaft mit beschränkter Haftung v. 20. 5. 1889 (RGBl. S. 846) GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Geschäftsordnung Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur Grundsätze ordnungsmäßiger Speicherbuchführung Handkommentar zum GmbH-Gesetz und zur GmbHNovelle 1980 grundsätzlich Grunderwerbsteuergesetz v. 17. 12. 1982 (BGBl. I S. 1777) Aktiengesetz, Großkommentar bearb. v. Barz, Brönner, Klug, Mellerowicz, Meyer-Landrut, Schilling, Wiedemann und Würdinger, 3. Aufl. 1970—1975 Handelsgesetzbuch, Großkommentar, bearb. v. Brüggemann u.a., 3. Aufl. 1967—1982, zit.: Bearbeiter in ... Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Güterkraftverkehrsgesetz i.d.F. v. 10. 3. 1983 (BGBl. I S. 257)

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz i.d.F. v. 9. 5. 1975 (BGBl. I S. 1077) Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen v. 24. 9. 1980 (BGBl. I S. 1761)

GWB

Hachenburg

Hanau-Ulmer HandelsRegVfG HandwO HansOLG Heubeck-Heitmann HFA HGB hins. h.L. h.M. Hifo H o f f m a n n , Lehmann, Weinmann Hrsg. HRV

Hs. Hueck HypbankG i.a. IAS IASC i.d.F. i.d.R. IdW IdW-BFA IdW-FAMA IdW-NA i.e.

Hachenburg, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g ( G m b H G ) Großkomm, bearb. v. Barz u.a., 7. Aufl. 1975—1984; 7". Aufl.: Ergänzungsband 1985; zit.: Bearbeiter in... Hanau-Ulmer, Mitbestimmungsgesetz, Kommentar 1981 Handelsregisterverfügung vom 12. August 1937 (BGBl. III 315—320) Handwerksordnung i.d.F. v. 28. 12. 1965 (BGBl. I S. 1) Hanseatisches Oberlandesgericht Die Altersversorung der Geschäftsführer bei G m b H und G m b H 4- Co, 2. Aufl., 1983 Hauptfachausschuß des IdW Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897 (RGBl. S. 219) hinsichtlich herrschende Lehre herrschende Meinung Highest in — First out H o f f m a n n Lehmann Weinmann, Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 1978 Herausgeber Ausführungsverordnung über die Errichtung und Führung des Handelsregisters (Handelsregisterverfügung) v. 12. 8. 1937 (RMB1. S. 515) Halbsatz Baumbach-Hueck, GmbH-Gesetz, Kommentar, 13. Aufl. 1970 Hypothekenbankgesetz v. 5. 2. 1963 (BGBl. I S. 81) im allgemeinen Rechnungslegungsgrundsatz des International Accounting Standards Committee International Accounting Standards Committee in der Fassung in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Institut der Wirtschaftsprüfer — Bankfachausschuß Institut der Wirtschaftsprüfer — Fachausschuß f ü r moderne Abrechnungssysteme Institut der Wirtschaftsprüfer-Sonderausschuß Neues Aktienrecht im einzelnen

XXI

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur i.E. IFAC IHK inbs. oder insbes. i.H.v. IKR i.S.d. i.V.m. IWB

im Ergebnis International Federation of Accountants Industrie- und Handelskammer insbesondere in Höhe von Industriekontenrahmen im Sinne des (der) in Verbindung mit Internationale Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift, Loseblattsammlung)

Jäger

Jäger. Konkursordnung, Kommentar 8. Aufl. 1958—1973; zit. Jäger/Bearbeiter Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts Justizministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen Juristische Rundschau (Zeitschrift) Die Justiz (Zeitschrift) Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift)

JFG JMinBl N R W JR Justiz JW JZ KapAnlG KapErhG

KauG Keidel-Kuntze-Winkler Kfz. KG KG KGaA KGJ

Kifo KK

KO Kölner Komm-Bearbeiter KoordG

XXII

Gesetz über Kapitalanlagengesellschaft v. 14. 1. 1970 (BGBl. I S. 789) Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Verschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung v. 23. 12. 1959 (BGBl. I S. 789i) Konkursausfallgeld Keidel-Kuntze-Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 11. Aufl. 1978 Kraftfahrzeug Kammergericht (Berlin) Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- u. Strafsachen Konzern in — First out Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, bearbeitet von Biedenkopf u.a., 1973—1985; sofern besonders zitiert, 2. Aufl. herausgegeben von Zöllner 1986; zit.: Bearbeiter in ... Konkursordnung v. 10.2. 1877 (RGBl. S. 351) i.d.F. v. 20.5. 1898 (RGBl. S. 612) Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, s. K K ; zit.: Kölner Komm-Bearbeiter Gesetz zur Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v. 15. 8. 1969 (BGBl. I 1146)

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur KostO

KR

Krieger krit. Kropff

KSchG KStG KStRichtl. KTS KVStDVO KVStG KWG

LAG LG Lifo Lit. lit. LM LöschG, LöschungsG Lofo LZ max. m.a.W. MDR m.E. MinBlfWi Mio MitbestG MitbestGespräch

Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Kostenordnung) i.d.F. v. 26.7. 1957 (BGBl. I S. 960) Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz u. sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, Bearbeiter Becker u.a., 2. Aufl. 1984 Krieger, Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, 1981 kritisch Kropff, Aktiengesetz, Textausgabe mit Begründung des Regierungsentwurfs und Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages 1965 Kündigungsschutzgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. 8. 1969 (BGBl. I S. 1317) Körperschaftsteuergesetz 1984 i.d.F. v. 10.2. 1984 (BGBl. I S. 217) Körperschaftsteuer-Richtlinien v. 22. 12. 1981 (BStBl. 1982, S. 71) Zeitschrift f ü r Konkurs-, Treuhand- u. Schiedsgerichtswesen Kapitalverkehrsteuer-Durchführungsverordnung i.d.F. v. 20. 4. 1960 (BGBl. I S. 243) Kapitalverkehrsteuergesetz i.d.F. v. 17. 11. 1972 (BGBl. I S. 2129) Gesetz über das Kreditwesen i.d.F. v. 3. 5. 1976 (BGBl. I S. 1121) Landesarbeitsgericht Landgericht Last in — First out Literatur litera Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Gesetz über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften v. 9. 10.1934 (RGBl. I S . 914) Lowest in — First out Leipziger Zeitschrift f ü r Deutsches Recht maximal mit anderen Worten Monatsschrift f ü r Deutsches Recht (Zeitschrift) meines Erachtens Ministerialblatt des Bundesministers f ü r Wirtschaft Millionen Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer v. 4. 5. 1976 (BGBl. I S. 1153) Das Mitbestimmungsgespräch (Zeitschrift)

XXIII

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur Montan-MitbestErgG

Montag-MitbestG

MünchKomm.

Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und V o r ständen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie v. 7. 8. 1956 (BGBl. I S. 707) Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie v. 21.5. 1951 (BGBl. I S . 347)

m.w.N.

Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Herausgeber Rebmann-Säcker, 1978 ff.; 2. Aufl. 1984 ff.; zit.: MünchKomm-Bearbeiter ... mit weiteren Nachweisen

NB n.F. NJW Nr. NZA

Neue Betriebswirtschaft (Zeitschrift) neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift f ü r Arbeitsrecht (Zeitschrift)

o.a. OFD OFH OGH OGHZ

oben angeführt Oberfinanzdirektion Oberster Finanzhof Oberster Gerichtshof in Osterreich Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes f ü r die Britische Zone in Zivilsachen O f f e n e Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts, herausgegeben von Mugdan und Falkmann Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts, herausgegeben von Mugdan und Falkmann Rechtsprechung der Oberlandesgerichte in Zivilsachen, amtliche Entscheidungssammlung Gesetz über Ordnungswidrigkeiten i.d.F. der Bekanntmachung v. 2. 1.1975 (BGBl. I S . 80, 520)

OHG OLG OLGE

OLGR

OLGZ OWiG

Palandt PersBefG Probleme der G m b H Reform Pro GmbH

XXIV

Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 45. Aufl. 1986; zit.: Palandt-Bearbeiter Personenbeförderungsgesetz v. 21.3. 1961 (BGBl. I S. 241) Bericht über die Arbeitstagung G m b H - R e f o r m , 1970 P r o G m b H , Analysen und Perspektiven des Gesellschaftsund Steuerrechts der G m b H , 1980

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur PublG

Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen v. 15. 8.1969(BGBl. I S . 1198)

R RabattG Raiser

Recht Rabattgesetz v. 25. 11. 1933 (RGBl. I S. 1011) Thomas Raiser, Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1984 Recht der Arbeit (Zeitschrift) Randnummer(n) Rechtsprechung Referentenentwurf zum G m b H - G e s e t z 1969 Regierungsentwurf zum GmbH-Gesetz 1972 bzw. 1977

RdA Rdn. Rechtspr. RefE. RegE u. RegEntW oder Reg.-Entw. RFH RFHE RG RGBl. RGSt RGZ Richtl. RIW-AWD RJA RM Roth Rowedder

Rpfleger Rspr. RStBl. RVO S. s. SABi SAE SchG SchiffbankG oder SchBG Schmidt-Priester Scholz

Reichsfinanzhof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsfinanzhofes Reichsgericht Reichsgesetzblatt Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Reichsgerichtes in Zivilsachen Richtlinien Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechtes Reichsmark Roth, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g , Kommentar, 1983 Rowedder u.a., Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkten H a f t u n g , Kommentar, 1985; zit.: Rowedder-Bearbeiter Der deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Rechtsprechung Reichssteuerblatt Reichsversicherungsordnung v. 19. 7. 1911 (RGBl. S. 509) Seite, Satz siehe Sonderausschuß Bilanzrichtlinien-Gesetz des I d W Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen (Zeitschrift) Scheckgesetz v. 14. 8. 1933 (RGBl. I S. 597) Gesetz über Schiffspfandbanken (Schiffsbankgesetz) i.d.F. der Bekanntmachung v. 8. 5. 1963 (BGBl. I S. 301) GmbH-Novelle — Konsequenzen f ü r die Praxis, 1980 Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 6. Aufl., bearbeitet von Emmerich u.a., 1978—1983; zit.: Scholz-Bearbeiter

XXV

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur SGB

SJZ s.o. sog. SprengG SSAP Staub

StBerG StBFG std. SteuerÄndG SteuerberatungsG StGB StPO str. StuW s.u. Sudhoff G m b H Sudhoff

TDM teilw. Tillmann Tz. u. u.a. u.ä. u.E. UEC u.M. UmwG

XXVI

Sozialgesetzbuch — Allgeraeiner Teil v. 11. 12. 1975 (BGBl. I S. 3015); gemeinsame Vorschriften f ü r die Sozialversicherung v. 23. 12. 1976 (BGBl. I S. 3845) Süddeutsche Juristenzeitung (Zeitschrift) siehe oben sogenannt Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe i.d.F. der Bekanntmachung v. 17. 4. 1986 (BGBl. I S. 577) Statements of Standard Accounting Practice Staub, Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, H e r ausgeber Canaris, Schilling, Ulmer, 4. Aufl. 1983 ff.; zit.: Bearbeiter in ... Steuerberatungsgesetz i.d.F. v. 4.11. 1975 (BGBl. I S. 2735) Städtebauförderungsgesetz i.d.F. 18.8. 1976 (BGBl. I S. 2318, 3617) ständig(e) Steueränderungsgesetz 1977 vom 16. 8. 1977 (BStBl. I, S. 442) Steuerberatungsgesetz i.d.F. v. 4.11. 1975 (BGBl. I S. 2735) Strafgesetzbuch i.d.F. v. 2. 1. 1975 (BGBl. I S. 1) Strafprozeßordnung i.d.F. der Bekanntmachung v. 7. 1. 1975 (BGBl. I S. 129, 650) streitig Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) siehe unten Sudhoff, Der Gesellschaftvertrag der G m b H , 6. Aufl. 1982 Die Rechte und Pflichten des GmbH-Geschäftsführers, 11. Aufl., 1984 Tausend D M teilweise Der Geschäftsführervertrag der G m b H und G m b H + Co, 3. Aufl., 1984 Textziffer und, unten, unter unter anderem, und andere und ähnliche(s) unseres Erachtens Union Europeenne des Experts Comestables Economiques et Financiers unsere Meinung Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften (Umwandlungsge-

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur

UmwStG

unstr. UrhG Urt. USA UStDVO UStG usw. u.U. UWG

v. VAG

VereinsG VerglO VersAufsG VerschmelzRichtlG VerschmG

vgl. VO Voormann Voraufl. Vorb. VStG VStR

VwGO VwVfG

setz) i.d.F. der Bekanntmachung v. 6. 11. 1969 (BGBl. I S. 2081) a) Gesetz über Steuererleichterungen bei der Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften v. 11. 10. 1957 (BGBl. I S. 1713) b) Gesetz über steuerliche Maßnahmen der Unternehmensform v. 6. 9. 1976 (BGBl. I S. 2641) unstreitig Gesetz über Urheberrechte und verwendete Schutzrechte v. 9. 9. 1965 (BGBl. I S. 1273) Urteil United States of America Umsatzsteuerdurchführungsverordnung v. 21. 12. 1979 (BGBl. I S. 2359) Umsatzsteuergesetz v. 26. 11. 1979 (BGBl. I S. 1953) und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v. 7. 6. 1909 (RGBl. S. 499) von, vom Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) i.d.F. v. 13. 10. 1983 (BGBl.IS. 1261) Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts v. 5. 8. 1964 (BGBl. I. S. 593) Vergleichsordnung v. 26. 2. 1935 (RGBl. I S. 321, 356) Versicherungsaufsichtsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. 10. 1983 (BGBl. I S. 1261) Verschmelzungsrichtliniengesetz vom 25. 10. 1982 (BGBl. I S. 1425) §§ 19 ff. des Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Verschmelzung von Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g v. 23. 12. 1959 (BGBl. I S . 789) vergleiche Verordnung Die Stellung des Beirats im Gesellschaftsrecht, 1981 Vorauflage Vorbemerkung Vermögenssteuergesetz i.d.F. v. 14.3. 1985 (BGBl. I S. 558) Vermögenssteuer-Richtlinien f ü r die VermögensteuerHauptveranlagung, zuletzt i.d.F. der Bekanntmachung v. 22. 1. 1986 (BStBl. I Sondernummer 2) Verwaltungsgerichtsordnung v. 21. 1. 1960 (BGBl. I S. 17) Verwaltungsverfahrensgesetz v. 25. 5. 1976 (BGBl. I S. 1253)

XXVII

Verzeichnis der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur VwZG

Verwaltungszustellungsgesetz S. 379)

WEG

Gesetz über das Wohnungseigentum und Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) v. 15.3. 1951 (BGBl. I S. 175) Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen v. 29. 2. 1940 (RGBl. I S. 437) Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, 1980 Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, 1986 (BGBl. I S . 721) Wirtschaftsprüferordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. 11. 1975 (BGBl. I S. 2803) Das Wirtschaftsstudium (Zeitschrift) Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer G m b H , 1964 Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wirtschaftsprüfer H a n d b u c h ; zit. nach dem Jahrgang Wirtschaftsprüferkammer Warenzeichengesetz i.d.F. der Bekanntmachung v. 2. 1. 1968 (BGBl. I S. 29)

WGG Wiedemann WiKG WirtschPO WISU WM Wolany W p oder W P g WP-Handbuch WPK WZG

z.B. ZfA o. ZFA ZfB ZfbF ZGR ZHR Ziff. ZIP zit. ZonRFG ZPO z.T. zust. ZustG zutr.

v.

3.7.

1952

(BGBl. I

zum Beispiel Zeitschrift f ü r Arbeitsrecht Zeitschrift f ü r Betriebswirtschaft Zeitschrift f ü r betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift f ü r Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift f ü r das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift f ü r Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Gesetz zur Förderung des Zonenrandgebiets (Zonenrandförderungsgesetz) v. 5. 8. 1971 (BGBl. I S.1237) Zivilprozeßordnung i.d.F. v. 12. 9. 1950 (BGBl. I S. 533) zum Teil zustimmend Zustimmungsgesetz zutreffend

55 ohne Gesetzesangabe sind solche des Gesetzes betreffend der Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g ( G m b H G ) Zeitschriften werden, soweit nicht anders angegeben, nach Jahrgang und Seite zitiert; die amtlichen Entscheidungssammlungen nach Band und Seite. Soweit nach der Zitierung der Kommentare nur eine Zahl folgt, so verweist diese auf die Randziffer in der Kommentierung desselben Paragraphen im zitiertem Werk.

XXVIII

ERSTER A B S C H N I T T E r r i c h t u n g der G e s e l l s c h a f t

§1 Gesellschaften mit beschränkter Haftung können nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck durch eine oder mehrere Personen errichtet werden.

Übersicht Rdn. I. Einleitung II. Statistische Grundlagen III. Gesellschaftszweck und Gegenstand des Unternehmens IV. Zulässiger Zweck 1. Erwerbswirtschaftliche Zwecke 2. Ideelle Zwecke 3. Sonstige Zwecke V. 1. UnzulässigerZweck 2. Rechtsfolgen VI. Gründer 1. Mindest-und Höchstzahl . . . 2. Strohmanngründung 3. Qualifikation der Gründer . . VII. Die Einmann-Gesellschaft 1. Begriff 2. Organe a) Allgemeines b) Geschäftsführer c) Gesellschafterversammlung d) Aufsichtsrat 3. Vermögen 4. Durchgriffshaftung VIII. Umwandlung des Unternehmens eines Einzelkaufmanns durch

1 2 3

5 7 8 9 11 12 14 15 18 21 22 23 27 28 29

Meyer-Landrut

Rdn. Übertragung des Geschäftsvermögens auf eine G m b H 1. Anwendbare Vorschriften 2. Einleitung 3. Voraussetzungen der Umwandlung 4. Hinderungsgründe 5. rDieUmwandlungserkläun g

6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

a)Inhal t b)Form c) Gesellschaftsvertrag . . . . d)Firm a e)Vermögensübersicht . . . Umwandlungsbilanz Sachgründung Mängel der Umwandlungserklärung Anmeldung zum Handelsregister Ablehnung der Eintragung Wirkung der Eintragung . . Fortdauer der Haftung des Einzelkaufmanns Verjährung Steuern

30 31 32 33

34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47

§1

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

Schrifttum Ballerstedt Zur Rechtstellung der Auftraggeber eines Strohmanns nach G m b H Recht, JZ 60, 513; Benne Haftungsdurchgriff bei der G m b H , Köln, 1978; Bebrens Der Durchgriff über die Grenze, RabelsZ 46 (1982) 308; Biener Die Rechnungslegung der G m b H nach der Bilanzrichtlinie der EG, G m b H - R d s c h 78, 197; Brinkmann Begrenzte H a f t u n g der E i n m a n n - G m b H in Gründung, GmbH-Rdsch 82, 269; Ehlke Z u r Behandlung von Treugeber und Treuhänder an einem GmbH-Anteil, D B 85, 795; den. Konzerninduzierter Haftungsdurchgriff auf den GmbH-Gesellschafter? DB 86, 523; Flume Die Gründung der E i n m a n n - G m b H nach der Novelle zum GmbH-Gesetz DB 80, 1781; den. Die GmbH-Einmanngründung, Z H R 146 (1982) 205; Fezer Die Einmanngründung der G m b H , J Z 81, 608; Fleck Neueste Entwicklungen in der Rechtsprechung zur V o r - G m b H , G m b H - R d s c h 83, 5; Haegele Vertragliche Güterrechte und G m b H , G m b H - R d s c h 68, 69 ff, 95 ff, 138 f f ; Hansen Die Gesellschafter größerer G m b H , GmbH-Rdsch 80, 99; ders. Neue Ergebnisse über die Entwicklung der G m b H , GmbH-Rdsch 86, 37; Heinsius Haftungsfragen im faktischen G m b H - K o n z e r n , Die AG 86, 99; Hüffer Vorgesellschaft, Kapitalaufbringung und Drittbeziehungen bei der Einmanngründung, Rechtsfragen nach dem Ε der BReg zur Änderung des G m b H G , Z H R 142 (1978), 486; ders. Zuordnungsprobleme und Sicherung der Kapitalaufbringung bei der Einmanngründung der G m b H , Z H R 145 (1981)521; John Gesellschafterfreundlicher Durchgriff? J Z 1979, 511; ders. Zur Problematik der V o r - G m b H , insbesondere bei Einmanngründung, BB 82, 505; ders. Die doppelstöckige E i n m a n n - G m b H Gründung, BB 85, 626; ders. Die Gründung der E i n m a n n - G m b H , Köln 1986; Kahler Die H a f t u n g des Gesellschafters im Falle der Unterkapitalisierung einer G m b H , BB 85, 1429; Kornblum Rechtstatsachen zum Unternehmens- und Gesellschafterrecht, G m b H - R d s c h 81, 227; Kremer Freie Berufe in der Rechtsform der G m b H , G m b H Rdsch 83, 259; O. Kuhn Strohmanngründung bei Kapitalgesellschaften, 1964; Koch Die Beteiligung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an der G m b H - G r ü n d u n g , Z H B 146 (1982) 118; Kuhn H a f t e n die GmbH-Gesellschafter für Gesellschaftsschulden persönlich? FS f ü r Robert Fischer, 1979, 351; Lieb Schadensersatzansprüche von Gesellschaftern bei Folgeschäden im Vermögen der Gesellschaft, FS f ü r Robert Fischer, 1979, 385; Lutter Die GmbH-Novelle und ihre Bedeutung f ü r die G m b H , die G m b H & Co. K G und die AG, D B 80, 1317; ders. Die H a f t u n g des herrschenden Unternehmens im G m b H - K o n z e r n , Z I P 85, 1425; Nirk Zur Rechtsfolgenseite der Durchgriffshaftung, FS Stimpel, 1985; 443; Priester Die Ausgliederung von Aktiven und Passiven bei Umwandlung des Einzelhandelsunternehmens in eine G m b H , DB 82, 1967; Rehbinder Zehn Jahre Rechtsprechung zum Durchgriff, FS f ü r Robert Fischer, 1979, 597; ders. Minderheiten- und Gläubigerschutz im faktischen G m b H - K o n z e r n , Die AG 86, 85; Schick Die Befreiung des Geschäftsführers einer E i n m a n n - G m b H von den Beschränkungen des § 181 BGB durch Gesellschafterbeschluß, D B 84, 1024; K. Schmidt Grundzüge der GmbH-Novelle, N J W 80, 1769; ders. Einmanngründung und Einmann-Vorgesellschaft Z H R 145 (1981) 540; ders. Die GmbH-Beteiligung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts als Publizitätsproblem, BB 83, 1697; ders. Insolvenzrisiko und gesellschaftsrechtliche H a f t u n g , J Z 85, 301; ders. Zum Haftungsdurchgriff wegen Sphärenvermischung und zur Haftungsverfassung im G m b H - K o n z e r n , BB 85, 2074; Schulte Rechtsprechungsübersicht zum Trennungsprinzip bei juristischen Personen, W M 1979, Sonderbeilage 1; ders. Die Vermögenseinbuße bei einer Kapitalgesellschaft — ein ersatzfähiger Schaden des Alleingesellschafters, N J W 1979, 2230; Schulze zur 2

Meyer-Landrut

§1

Zweck

Wiesche Einbringung eines Betriebes, Teilbetriebes, Mitunternehmensanteils in eine GmbH, GmbH-Rdsch 81, 60, 88; StimpelDie Rechtsprechung des BGH zur Innenhaftung des herrschenden Unternehmens im GmbH-Konzern, AG 86, 117; Ulmer Die Einmanngründung der GmbH — ein Danaergeschenk, BB 80, 1001; ders. Verlustübernahmepflicht des herrschenden Unternehmens als konzernspezifischer Kapitalerhaltungsschutz, AG 86, 123; ders. Gläubigerschutz im „qualifizierten" faktischen GmbH-Konzern NJW 86, 1579; Wiedemann Spätlese zu Autokran, ZGR 86, 657; Wilhelm Konzernrecht und allgemeines Haftungsrecht, DB 86, 2113; H.P. Westermann Die GmbH ohne erwerbswirtschaftliche Zielsetzung, GmbH-Rdsch 70, 319; K. Winkler Nichtgewerbliche, ideale, insbesondere politische Zielsetzungen als Inhalt von Gesellschaftsverträgen und Satzungen, N J W 7 0 , 499; Winter Gründungs- und Satzungsprobleme bei der Einmann-GmbH nach der GmbH-Novelle, Pro GmbH, 1980,191.

I. Einleitung Die Vorschrift regelt in der Fassung der Novelle 1980 die Zulässigkeit auch 1 der Gründung einer Einmann-Gesellschaft. Während der RegEntw 1971 (BR-Drucks. 595/71) zwar auch die Zulässigkeit der Einmann-Gesellschaft voraussetzte, aber es bei der Gründung durch mindestens zwei Personen beließ, enthält der RegEntw 1977 (BT-Drucks. 8/1347) den Gesetz gewordenen Text. Der Rechtsausschuß hat den RegEntw hinsichtlich der Einzelregelung f ü r die Einmann-Gesellschaft stark vereinfacht, die Grundregelung des § 1 aber in der Fassung des RegEntw 1977 unverändert gelassen (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908). Die Höchstzahl der Gründer ist theoretisch unbegrenzt (Rdn. 12). Der übrige Text über die Zweckbestimmung der G m b H ist seit 1892 unverändert.

II. Statistische Grundlagen Die Rechtsform der G m b H erfreut sich seit ihrer Einführung im Jahre 1892 2 ständiger und stetig wachsender Beliebtheit bei den betroffenen Wirtschaftskreisen. Dank der Flexibilität sind der Ausgestaltung im einzelnen kaum Grenzen gesetzt. Man findet die G m b H in allen Wirtschaftsbereichen und in allen Größenordnungen. Am 31. Dezember 1984 betrug die Zahl der in den inländischen Handelsregistern eingetragenen G m b H 324 724 mit einem nominellen Stammkapital von insgesamt D M 129 723 Milliarden. Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung seit 1953 und der Aufteilung auf die einzelnen Wirtschaftszweige Hansen GmbH-Rdsch 79, 169. Für Ende 1983 ergibt sich, daß fast 80 Prozent aller G m b H der Größenklasse bis zu D M 100 000 Stammkapital zuzurechnen sind, während die 1 901 Gesellschaften mit einem Stammkapital von D M 10 000 000 und mehr 64,9 Prozent oder D M 79,5 Milliarden des Stammkapitals aller G m b H repräsentieren (Hansen Meyer-Landrut

3

§1

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

GmbH-Rdsch 86, 37). In einer weiteren Untersuchung in GmbH-Rdsch 80, 99 in bezug auf die Gesellschafter von Gesellschaften mit einem Stammkapital von mehr als D M 0,5 Mio. ergibt sich, daß dies weniger als 5 Prozent aller G m b H waren, die damals über mehr als neun Zehntel des nominellen Stammkapitals aller Gesellschaften repräsentierten, wobei hiervon mehr als ein Drittel, hinsichtlich der Zahl der Gesellschaften mehr als ein Viertel, ausländischen Gesellschaftern gehörte. Die G m b H erweist sich auch anhand dieser Untersuchung in ihrer ganz überwiegenden Zahl somit als Organisationsform mittelständischer Unternehmen und andererseits als bevorzugte Unternehmensform ausländischer Investitionstätigkeit in der Bundesrepublik. Die Zahl der G m b H & Co. KG wird auf rund 42 000 geschätzt. Wegen weiterer Nachweise s. auch Biener GmbH-Rdsch 78, 197. Zur Problematik der Tatsachenerhebung Kornblum GmbH-Rdsch 81,227. Legt man die Größenklassen im Sinne des BiRiLiG zugrunde (§ 267 HGB), so ergibt sich folgende Schätzung für 1987 (nach Hansen GmbH-Rdsch 86, 38): Kleine GmbH ca. 340 000 (Bilanzsumme bis D M 3,9 Mio., Umsatzerlöse im Geschäftsjahr bis DM 8 Mio., im Jahresdurchschnitt bis fünfzig Arbeitnehmer). Diese Gesellschaften sind nicht prüfungspflichtig und unterliegen einer beschränkten Publizität. Mittlere GmbH ca. 9 000 (Bilanzsumme bis zu D M 15,5 Mio., Umsatzerlöse im Geschäftsjahr bis zu DM 32 Mio., Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt bis 250). Große G m b H ca. 4 000 (Bilanzsumme über D M 15,5 Mio., Umsatzerlöse im Geschäftsjahr über D M 32 Mio., im Jahresdurchschnitt über 250 Arbeitnehmer). Die jeweilige Größenklasse ist erreicht, wenn zwei der vorstehend jeweils genannten drei Merkmale hinsichtlich der kleinen G m b H nicht überschritten, hinsichtlich der großen G m b H überschritten werden und hinsichtlich der mittleren GmbH, wenn zwei der drei Größenmerkmale für die kleine G m b H überschritten und jeweils zwei der drei Merkmale für die große G m b H nicht überschritten werden. Wie viele G m b H mit einem Stammkapital mit weniger als D M 50 000 bzw. mit eingezahlten Stammeinlagen von weniger als DM 25 000 mit dem Auslaufen der Übergangsregelung gemäß Art. 12 § 1 GmbH-Novelle 1980 (dem 31. Dezember 1985) aufgelöst sind, ist in den vorstehend genannten Angaben noch nicht berücksichtigt. In Zukunft unterfallen G m b H der Amtslöschung nicht nur bei Vermögenslosigkeit, sondern auch bei dreimaliger Verletzung der Verpflichtung, den Jahresabschluß offenzulegen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 LöschG i.d.F. des BiRiLiG); in einem solchen Falle wird Vermögenslosigkeit vermutet (amtliche Begründung zu Art. 9 BilRichtlG; BT-Drucks. 10/317, S. 130) und eine Bereinigung des Handelsregisters bezweckt. 4

Meyer-Landrut

§1

Zweck

Die in der Rechtsform der G m b H betriebenen Großunternehmen unterliegen, wenn sie in der Regel mehr als 2 000 Arbeitnehmer beschäftigen, dem MitbestG; das sind weniger als 200 Gesellschaften. N u r eine G m b H unterliegt dem Montan-MitbestG kraft gesetzlicher Anordnung, einige weitere wenden es, zum Teil modifiziert, aufgrund von Vereinbarungen der Sozialpartner an. Keine G m b H unterliegt dem MitbestErgG.

III. Gesellschaftszweck und Gegenstand des Unternehmens 1. Das Gesetz schränkt die Möglichkeit der Verwendbarkeit einer G m b H 3 nicht ein. Zwar gilt die Gesellschaft unbeschadet ihrer Zweckbestimmung als Handelsgesellschaft im Sinne des H G B (§ 13 Abs. 3), ohne daß aber mit dieser Fiktion eine Beschränkung des zulässigen Gesellschaftszwecks auf Handelsgeschäfte gegeben wäre. Das gilt auch für die gesetzlich angeordnete Kaufmannseigenschaft der G m b H (§ 3 Abs. 1 HGB). Stellt es sich als unmöglich heraus, den Gesellschaftszweck zu erreichen, so kann die Auflösung der G m b H betrieben werden (§61 Abs. 1). Der Gesellschaftszweck stellt sich damit als das in der Regel gemeinsam zu erreichende Ziel i.S. von § 705 BGB dar, das die Gründer veranlaßt, eine G m b H zu errichten. 2. Regelmäßig wird dieser Zweckbestimmung im Gesellschaftsvertrag 4 Ausdruck gegeben. Denn das Gesetz schreibt zwingend vor (§ 3 Abs. 1 Nr. 2), daß der Gesellschaftsvertrag den Gegenstand des Unternehmens enthalten muß. Fehlt er oder sind die Bestimmungen über den Gegenstand nichtig, so kann die Gesellschaft durch Urteil für nichtig erklärt werden (§ 75 Abs. 1) oder der Amtslöschung verfallen (§ 144 FGG). Es ist davon auszugehen, daß Zweck der Gesellschaft und Gegenstand des Unternehmens in aller Regel identisch sind. Die Gegenstandsklausel stellt somit die Haupterkenntnisquelle f ü r den Unternehmenszweck dar, wenn sie auch nicht die einzige ist, denn gegebenenfalls können auch andere Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages und auch außervertragliche Erkenntnisquellen zur Bestimmung des Gesellschaftszweckes herangezogen werden (RGZ 164, 140). Bloße Motive einzelner Gründer, die nicht vertraglichen Niederschlag gefunden haben, sind allerdings unbeachtlich. Dennoch können im Einzelfall Zweckbestimmung und Gegenstand des Unternehmens auseinanderfallen, so wenn ein kommerzielles Unternehmen f ü r ideelle, etwa wohltätige, Zwecke betrieben wird (Ulmer in Hachenburg 6).

IV. Zulässiger Zweck 1. Erwerbswirtschaftliche Zwecke. Weitaus die Mehrzahl der GmbHs ver- 5 folgen mittelbar oder unmittelbar erwerbswirtschaftliche Zwecke, das heißt sie betreiben ein Gewerbe zur Erzielung dauerhafter Einnahmen ( B G H Z 33, 324). In Betracht kommen alle Arten kaufmännischer, gewerblicher und handMeyer-Landrut

5

§1

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

werklicher Geschäftstätigkeit unbeschadet von Umfang und Größe (anders § 4 HGB), ferner die Urproduktion einschließlich der Forst- und Landwirtschaft sowie die Ausübung freier Berufe, soweit nicht standesrechtliche Einschränkungen hinsichtlich der Rechtsform bestehen (Kremer GmbH-Rdsch 83,259). 6

Mittelbar erwerbswirtschaftlichen Zwecken dienen Gesellschaften, die als abhängige Konzerngesellschaften ganz oder mehrheitlich beherrscht rechtlich ausgegliederte Tätigkeiten des Gesamtkonzerns wahrnehmen, wobei durch Gewinn- und Verlustübernahmeverträge das wirtschaftliche Ergebnis bei der Obergesellschaft realisiert wird. Auch Gemeinschaftsunternehmen werden jedenfalls fast immer dann als G m b H betrieben, wenn sie von juristischen Personen errichtet werden. Auch sogenannte Holding-Gesellschaften oder Zwischen-Holdings mit Leitungsfunktionen verfolgen normalerweise nur mittelbar und über die beherrschten Untergesellschaften erwerbswirtschaftliche Zwecke. Auch die Komplementär-GmbH der G m b H & Co. betreibt normalerweise kein eigenes Gewerbe außer der Führung der Geschäfte der Personenhandelsgesellschaft. Man findet die Rechtsform der GmbH auch im wirtschaftlichen Verbandswesen und im Kartellwesen, wobei sich im letzteren Falle die Zulässigkeit des Zweckes der G m b H nach dem GWB richtet.

7

2. Ideelle Zwecke. Die G m b H kann auch für nicht wirtschaftliche ideelle, etwa kulturelle, wissenschaftliche, politische oder religiöse Zwecke gegründet werden. In der Praxis spielen Gesellschaften für die verschiedensten gemeinnützigen und wissenschaftlichen Zwecke eine Rolle, ebenso öffentliche Zwecke besonders im Bereich der sogenannten Daseinsvorsorge. Gesellschaften, die gemeinnützigen Zwecken dienen, sind regelmäßig von Steuern für Einkommen und Vermögen befreit (§§ 51 ff AO).

8

3. Als sonstige Zwecke kommen besonders betriebliche Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen in Betracht. Schließlich sind auch politische Zwecke zulässig (§§ 2 Abs. 1, 17 VereinsG).

V. 1. Unzulässiger Zweck 9

Daß eine G m b H nicht zu gesetzwidrigen Zwecken errichtet werden kann, folgt auch aus den §§ 134, 138 BGB. Gründung zur Steuerersparnis ist keine unzulässige Zweckbestimmung, auch nicht einmal dann, wenn die steuerliche Anerkennung gemäß §42 AO versagt wird (Ulmer in Hachenburg 26; Rowedder-Rittner 16; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 16); etwas anderes gilt bei offensichtlich bezweckter Steuerhinterziehung (Ulmer aaO; Rowedder-Rittner aaO; Bartl/Henkes 8). Unzulässig sind Zweckbestimmungen, die verbotenes Glücksspiel, gewerbliche Hehlerei oder gewerblichen Schmuggel zum Ge6

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Zweck

genstand haben (Ulmer 20, Baumbach-Hueck aaO). Unzulässig ist auch die Errichtung eines nach § 1 GWB unzulässigen Kartells. Ebenso fehlt es an einem gesetzlich zulässigen Zweck, wenn die G m b H beabsichtigt, auf einem dem Staat vorbehaltenen Gebiet tätig zu werden (s. BayObLG DB 72, 1015 betr. Zündwarenmonopol und BayObLG N J W 71, 528 betr. Arbeitsvermittlung). Eine G m b H kann auch nicht zur Umgehung der einem Ausländer gemäß § 7 Abs. 3 AuslG untersagten selbständigen Tätigkeit errichtet werden (dazu Rdn. 10). Die registergerichtliche P r ü f u n g wird allerdings in aller Regel kaum Anhaltspunkte f ü r gesetzwidrige Zwecke zu Tage fördern und damit Gründungen insoweit verhindern (Bartl/Henkes 9). Eine Verwendung der Rechtsform der G m b H ist im Versicherungswesen unzulässig (§ 7 VersAufsG) sowie f ü r Bausparkassen und Hypothekenbanken (§2 BausparKG; § 1 HypBankenG und § 1 SchiffbankG). Alle juristischen Personen sind vom Betreiben einer Apotheke (§ 8 ApothekenG) und des Versteigerungsgewerbes (§ 34b Abs. 3 GewO) ausgeschlossen. Andere Geschäftstätigkeiten bedürfen zu ihrer Aufnahme der behördlichen 10 Genehmigung, wie etwa alle Arten von Bank- und Kreditgeschäften oder der Güterfernverkehr (dazu B G H W M 67, 229). Rechtlich haben wir es mit Verboten mit Erlaubnisvorbehalt zu tun. In solchen Fällen erfolgt daher die Eintragung der G m b H im Handelsregister erst, wenn die Genehmigung vorliegt (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 4). Wird diese endgültig nicht erteilt, so entfällt der Gesellschaftszweck mit der Folge, daß im Falle erfolgter Eintragung (entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 4) die Auflösung nach § 61 oder im Verfahren nach § 62 betrieben werden kann (§8, 16). Ist die Gesellschaft noch nicht eingetragen, so kann gemäß § 723 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden (Rowedder-Rittner\7). Soweit die Aufnahme des Geschäftsbetriebs von Eigenschaften bzw. Befähigungen des Geschäftsführers (Betriebsleiters) abhängig ist (vgl. etwa § 7 H a n d w O ; § 28 Abs. 1 WirtschaftsprüferO; § 17 Abs. 1 SteuerberatungsG) ist zwar formell die Zweckbestimmung der G m b H vor Erteilung der entsprechenden Genehmigung nicht unzulässig, bei ihrer Verweigerung entfällt aber der Gesellschaftszweck (Ulmer in Hachenburg 24). Sind die Gesellschafter Ausländer (Rdn. 15), deren Aufenthaltserlaubnis durch Gewerbesperrvermerk eingeschränkt ist (§ 7 Abs. 3 AuslG), so stellt sich die Errichtung einer G m b H mit gewerblicher Zweckbestimmung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot dar mit der Folge der Nichtigkeit gemäß § 134 BGB (str.; s. einerseits O L G Stuttgart BB 84, 690 = GmbH-Rdsch 84, 156; LG Krefeld GmbH-Rdsch 83, 4; O L G Celle DB 77, 993 = GmbH-Rdsch 78, 132; O L G Frankfurt N J W 77, 1595 = GmbH-Rdsch 77, 183; Eder Handbuch der G m b H I, 547, sowie andererseits Miller DB 83, 977; einschränkend auch Bartl/Henkes 9; Baumbach-Hueck 16 und Ulmer in Hachenburg 28, wonach lediglich ein Verstoß gegen § 138 BGB als Nichtigkeitsgrund in Betracht kommt). § 7 H G B steht nicht entgegen (OLG Stuttgart aaO). Meyer-Landrut

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l. Abschnitt. E r r i c h t u n g d e r Gesellschaft

2. Rechtsfolgen. Ist der Gesellschaftszweck von vornherein unzulässig, so fehlt es an einer ordnungsgemäßen Errichtung (§ 9c), und das Registergericht hat die Eintragung abzulehnen. Damit wird die Gesellschaft am Entstehen gehindert (§ 11 Abs. 1). Stellt sich die Unzulässigkeit des Gesellschaftszwecks nachträglich heraus oder ändert die Gesellschaft nach Eintragung ihren Zweck, so ist zu unterscheiden: Ist der Gesellschaftszweck mangels behördlicher Genehmigung oder aus sonstigen Gründen von vornherein nichtig und ist die Gesellschaft trotzdem eingetragen worden oder entspricht der Zweck nicht mehr dem Gegenstand des Gesellschaftsvertrages, so kann Nichtigkeitsklage nach § 75 erhoben (s. auch § 7 5 , 4 ) oder die Amtslöschung nach § 144 FGG durchgeführt werden. Folgt die Unzulässigkeit des Gesellschaftszwecks aus gesetzwidrigen Handlungen oder Unterlassungen der G m b H , so kann ein Auflösungsverfahren durch die zuständige Verwaltungsbehörde eingeleitet werden (§ 62) oder es kann Auflösungsklage erhoben werden (§61), allerdings nur von einer Minderheit von wenigstens 10% des Stammkapitals. Eine Amtsauflösung nach § 144a Abs. 4 FGG durch das Registergericht erscheint in einem solchen Fall dagegen nicht möglich, da das Gesetz zwar auf § 3 Abs. 1 Bezug nimmt, aber nur auf die Nr. 1, 3 und 4, nicht aber Nr. 2, die den Gegenstand des Unternehmens erwähnt (a.A. Ulmer in Hachenburg 31; Rowedder-Rittner 21). Ein Mangel, der die Bestimmungen über den Unternehmensgegenstand betrifft, kann durch einstimmigen Gesellschafterbeschluß geheilt werden, § 76.

VI. Gründer 12

1. Mindest- und Höchstzahl. Trotz Anerkennung der Einmann-Gesellschaft im deutschen Recht — von der Rechtsprechung seit der Grundsatzentscheidung R G Z 23, 202, dann auch vom Gesetzgeber (vgl. etwa §§ 24, 15, 55 ff UmwandlungsG; § 319 AktG, § 76 Abs. 6 BetrVG 1952) und ganz überwiegend im Schrifttum — wurde doch unverrückbar daran festgehalten, daß zur Errichtung einer Gesellschaft schon begriffsnotwendig mindestens zwei Personen gehören. Das galt auch f ü r die Errichtung einer G m b H , wobei allerdings durch die Zulassung der sogenannten Strohmanngründung ( B G H Z 31, 271; 21, 382) die Rechtsprechung eine Praxis sanktionierte, die nur noch scheinbar auf das Mindesterfordernis zweier Gründer Rücksicht nahm. Erst in der Reformdiskussion zum RegEntw (dazu Arbeitskreis G m b H - R e f o r m , Thesen und Vorschläge zur G m b H - R e f o r m , Bd. 2, 1972, 35 ff und Ulmer in Hachenburg § 2, 3) griff der Gesetzgeber Vorschläge auf, die Gründung einer Einmann-Gesellschaft zuzulassen (kritisch hierzu Hüffer Z H R 78, 487). In der Praxis ist die Einmann-GmbH ohnehin nicht mehr wegzudenken. Sie dient der Organisation in der H a f t u n g begrenzter Geschäftstätigkeiten des Einzel8

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kaufmanns, oft im Gewand der G m b H & Co. KG, genauso wie als Instrument der nationalen und internationalen Konzernorganisation. Demgemäß bestimmen § 1 i.d.F. der Novelle 1980, daß eine oder mehrere 1 3 Personen eine G m b H errichten können, und die §§ 56a bis 56f UmwG, daß ein einzelkaufmännisches Unternehmen in eine G m b H umgewandelt werden kann (dazu Rdn. 30 ff). Damit ist die Errichtung einer G m b H durch eine natürliche oder juristische Person zulässig. Die früher übliche Einschaltung eines Strohmannes (Rdn. 14) ist nicht mehr erforderlich, allerdings auch nach wie vor nicht unzulässig (Lutter DB 80, 1320). Die Zulässigkeit der Einmann-Gründung hat den Gesetzgeber der Novelle 1980 allerdings mit einer Verschärfung der Gründungsvoraussetzungen und Sonderregeln für die E i n m a n n - G m b H verknüpft. Vor allem zu nennen ist die Erhöhung des Mindeststammkapitals auf D M 50 000,— (§ 5 Abs. 1) und der Mindesteinzahlung auf D M 25 000,— bei Anmeldung der G m b H (§ 7 Abs. 2 Satz 2) mit der weiteren Einschränkung, daß der Einmann-Gesellschafter auch noch für den nicht eingezahlten Teil der Einlage Sicherheit zu bestellen hat. Hinsichtlich der weiteren, die Einmann-Gesellschaft betreffenden Regelungen der Novelle 1980, s. Rdn. 19 und 20. Die Zahl der Gründer ist nach oben theoretisch unbegrenzt. In der Praxis haben wir es in der Regel mit einer kleinen oder doch überschaubaren Zahl von Gründern zu tun (vgl. Winter GmbH-Rdsch 69, 145). 2. Strohmanngründung. Nach wie vor (Scholz-Winter § 1 n.F., 24; Rowed- 14 der-Rittner § 2, 24) kann im Einzelfall ein sachlich gebotenes Interesse bestehen, die Gründung einer G m b H mit einem sog. Strohmann durchzuführen, d.h. an der Errichtung einer G m b H , die als Einmann-Gesellschaft konzipiert ist, eine weitere Person als Treuhänder zu beteiligen mit der Maßgabe, daß der Treuhänder verpflichtet ist, den von ihm übernommenen Geschäftsanteil nach Eintragung der G m b H im Handelsregister auf den Alleingesellschafter zu übertragen (so Rspr. und Lehre zu § 1 a.F.; vgl. außer B G H Z 21, 378 und 31, 271 insbesondere Ulmer in Hachenburg §2, 50; Scholz-Winter §2, 47). Ein Scheingeschäft i.S. von § 117 BGB liegt auch dann nicht vor, wenn der Treuhänder den entstehenden Geschäftsanteil bereits vor Eintragung der G m b H an den Alleingesellschafter abtritt (s. Nachweise wie vorstehend und K G GmbH-Rdsch 68, 182). Der Strohmann (Treuhänder) ist solange Gesellschafter, bis er den Geschäftsanteil auf seinen Auftraggeber überträgt (BGHZ 21, 378, 382; B G H W M 71, 306). Die zwingenden Vorschriften der §§ 19 Abs. 2, 24, 30, 31, 32a und 32b zur Sicherung der Kapitalaufbringung sind zur Verhinderung von Umgehungen allerdings entsprechend auch auf den Auftraggeber schon während des Bestehens des Treuhandverhältnisses anzuwenden B G H Z 31, 258, 266; 75, 334, 336; B G H W M 81, 1201; Baumbach-Hueck 13. Aufl. § 19, 3A; §24, 3A; § 30, 1; s. aber 14. Aufl. § 1,43). Die Rechtsprechung des B G H ist Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

zwar in der Literatur überwiegend auf Widerspruch gestoßen (vgl. jeweils m w N Beierstedt J Z 60, 513; Ulmer in Hachenburg § 2, 52; Scholz-Winter § 2, 28; Rowedder-Rittner § 2, 26; Ehlke DB 85, 795). Da jedoch der Haftungsdurchgriff auf den Hintermann entsprechend § 46 Abs. 5 AktG durch den Gesetzgeber der Novelle 1980 in § 9 a Abs. 4 auch im GmbH-Recht eingeführt worden ist, kann die von der Rechtsprechung geforderte Heranziehung der Hintermänner zur H a f t u n g beim Gründungsvorgang auch nicht mehr als rechtspolitisch unvertretbar bezeichnet werden (jetzt auch O L G Hamburg DB 84,1515 = BB 84,1253; ferner § 9a, 13, § 19,17, § 24, 6).

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3. Qualifikation der Gründer. Gründer können natürliche oder juristische Personen sein. Im einzelnen gilt: Als Gründer kommen alle geschäftsfähigen natürlichen Personen in Betracht. Alter, Geschlecht, Wohnsitz, Staatsangehörigkeit sind ohne Bedeutung, von gewissen Meldepflichten für Gebietsfremde abgesehen (§ 3 Abs. 1 AußenwirtschG i.V.m. § 55 ff AußenwirtschaftsVO). Ebenso können inländische und ausländische juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts grundsätzlich Gründer einer G m b H sein. Die Vermögensverhältnisse des Gründers spielen keine Rolle; Eintragungen im Schuldnerverzeichnis nach § 915 Z P O oder § 107 Abs. 2 K O sind kein Hinderungsgrund, ebensowenig wie etwaige Vorstrafen, auch nicht die in § 6 Abs. 2 Satz 2 genannten. Den N o t a r trifft keine Amtspflicht, die Beurkundung der Gründung zu unterlassen, wenn ihm einschlägige Vorstrafen eines Gründers bekannt sind, solange kein gesetzwidriger Zweck der Gesellschaft (Rdn. 11) erkennbar ist (OLG Frankf u r t / M , BB 86, 55). Dient die Errichtung der G m b H dem Zweck, ein die Gründer betreffendes gesetzliches Verbot zu umgehen, so mangelt es an einem zulässigen Zweck (Rdn. 10); vgl. f ü r Ausländer ohne behördliche Erlaubnis, selbständig tätig zu sein Rdn. 10 a.E.

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Beschränkt Geschäftsfähige und Geschäftsunfähige können durch ihre gesetzlichen Vertreter als Gründer auftreten. Dabei ist nach wie vor umstritten, ob eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist (§ 1643 i.V.m. § 1822 Nr. 3 BGB). Man wird das mit der wohl ganz überwiegenden neueren Lehre angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 1822 Nr. 3 BGB für eine G m b H mit erwerbswirtschaftlichem Zweck bejahen müssen (Ulmer in Hachenburg § 2, 62; Scholz-Winter § 2, 9; Rowedder-Rittner § 2, 13; Fischer/ Lutter § 2, 4). Auch im Falle der Umwandlung einer Personalhandelsgesellschaft in eine G m b H bedarf es bei Beteiligung Minderjähriger der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, jedenfalls nach § 1643 i.V.m. § 1822 Nr. 10 BGB (OLG Stuttgart GmbH-Rdsch 80, 102). Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand leben, bedürfen zur Beteiligung an einer G m b H nur dann der Zustimmung des anderen Partners, wenn die Einlage das Gesamtvermögen des sich beteiligenden Ehegatten umfaßt (§ 1365 BGB). Wegen weiterer 10

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Einzelheiten und den Regelungen bei vertraglichen Güterständen s. ScholzWinter § 2 , 9 sowie Haegele GmbH-Rdsch 68,69 ff, 95 ff, 138 ff m.w.N. Als Gründer können auch die Personenhandelsgesellschaften ( O H G und 1 7 KG) auftreten. O b andere Rechtsgemeinschaften wie die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die Erbengemeinschaft, der nicht rechtsfähige Verein u. a. als Gründer zuzulassen seien, war früher umstritten. Nach der heute überwiegenden Meinung bestehen aber gegen die Zulassung von BGB-Gesellschaften und anderen Gesamthandsgemeinschaften keine durchgreifenden Bedenken (Ulmer in Hachenburg ξ 2, 65 ff; Scholz-Winter 15; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 32; Rowedder-Rittner $ 2, 20; Fischer, 10. Aufl. § 2, 1 f; ders. Z G R 79, 256; B G H Z 78, 311 betreffend die BGB-Gesellschaft, s. hierzu Koch Z H R 146 (1982) 118, und O L G H a m m GmbH-Rdsch 75, 83 betr. die Erbengemeinschaft; kritisch K. Schmidt BB 83,1697).

VII. Die Einmann-Gesellschaft 1. Begriff. Die Einmann-Gesellschaft entsteht entweder bei Gründung 18 durch einen Gesellschafter (dazu § 1, 13), bei Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens (Rdn. 30 bis 47) oder dadurch, daß sich nach der Gründung mehrere Anteile durch Rechtsgeschäft oder im Wege der Rechtsnachfolge in einer Hand vereinigen (im einzelnen s. Mertens in Hachenburg § 13 Anh. I, 23 ff; Baumbach-Hueck 52). Ausdrücklich stellt der Gesetzgeber der Novelle 1980 der Einmann-Gesellschaft auch Gesellschaften gleich, deren Geschäftsanteile sich in der H a n d eines Gesellschafters und daneben in der H a n d der Gesellschaft selbst befinden (vgl. §§ 19 Abs. 4, 35 Abs. 4 und 48 Abs. 3). Damit ist klargestellt, daß die neuen gesetzlichen Regelungen betreffend die Organisation der Einmann-Gesellschaft auch eingreifen, wenn neben dem Alleingesellschafter eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft vorhanden sind. Für den Anwendungsbereich der Einmann-Gründung gilt das in Rdn. 15 ff Gesagte: Neben natürlichen oder juristischen Personen können auch Personalhandelsgesellschaften und andere Gesamthandsgemeinschaften eine Einm a n n - G m b H errichten. Im einzelnen s. John Die Gründung der Einmanngesellschaft, 1986. Die Gründung der Einmann-Gesellschaft ist insoweit erschwert, als neben 1 9 der in jedem Fall erforderlichen Mindesteinzahlung von D M 25 000,— eine Sicherheit für die Resteinlage zu bestellen ist (§ 7 Abs. 2 Satz 3); wirtschaftlich muß also das Mindeststammkapital von D M 50 000,— aufgebracht werden. Entsprechendes gilt, wenn sich innerhalb von drei Jahren nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister alle Geschäftsanteile in einer Hand vereinigen. Auch in diesem Fall sind auf nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile die Resteinlagen zu entrichten oder es sind entsprechende Sicherungen zu bestellen (§ 19 Abs. 4). Von dieser Verpflichtung kann sich der Alleingesellschafter Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

dadurch befreien, daß er einen oder mehrere Geschäftsanteile an Dritte überträgt. Bei Mängeln gelten auch bei der Errichtung (Gründung) der EinmannGesellschaft die allgemeinen Regeln (s. dazu § 2 Rdn. 17 ff). Zur Firma der Einmann-Gesellschaft s. § 4, 19 (Zulässigkeit des Firmenbestandteiles „Gesellschaft"). Die Gründung der Einmann-GmbH erfolgt durch einseitige Erklärung des Gründers über die Errichtung der Gesellschaft (allg. Ansicht; s. O L G H a m m DB 83, 2679 m.w.N.). Obgleich es somit an einem Vertrag fehlt, hält das Gesetz auch f ü r die Einmann-GmbH an der Bezeichnung Gesellschaftsvertrag für die Gründungssatzung fest (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908 S. 68; s. auch O L G F r a n k f u r t / M . W M 83, 405). Eine sog. doppelstöckige EinmannG m b H - G r ü n d u n g , d. h. die Errichtung einer Tochtergesellschaft vor Eintragung der Obergesellschaft, scheitert bei Personenidentität an § 181 BGB (LG Mosbach, BB 84, 1963; a. A .John, BB 85, 626; Rowedder-Rittner% 11,140). Die Bedenken, die Ulmer BB 80, 1001 und Hüffer Z H R 145 (1981) 521 (s. auch den. Z H R 142 (1978) 486, 492 ff; ferner Rowedder-Rittner § 11, 132 ff; Ulmer in Hachenburg 5 11, 16) hinsichtlich der Sicherung der Kapitalaufbringung im Gründungsstadium der Einmann-Gesellschaft äußern, und die sich auf das begriffsnotwendige Fehlen einer Vorgesellschaft stützen (s. dazu auch § 7, 17) dürften für die Praxis, wie auch Ulmer einräumt (aaO 1004), jedenfalls bei Bargründung ohne größere Bedeutung sein; wie hier K. Schmidt N J W 1980, 1769, 1774 und eingehend in Z H R 146 (1981) 540; John BB 82, 505; ders. Die Gründung der Einmann-GmbH, 1986, 35 ff; Winter Pro G m b H , 1980, 201; Raiser Das neue GmbH-Recht in der Diskussion, S. 37 ff; Gessler BB 80, 1389 sowie Flume DB 1980, 1781. Daß auch das Gesetz in den §§ 7 ff keine Rechtsgrundlage dafür bietet, im Gründungsstadium der Einm a n n - G m b H Fremdgeschäftsführung zu verlangen, wird von Fezer J Z 8 1 , 608, überzeugend nachgewiesen; wie hier auch Flume Z H R 146 (1982), 205. Im übrigen ist und bleibt das Vermögen der G m b H und das des Alleingesellschafters getrennt ( B G H Z 22, 229), das im Gründungsstadium bereits als Sondervermögen der zu errichtenden G m b H zugeordnet ist (Fleck G m b H Rdsch 83, 16). Zur ausnahmsweise platzgreifenden Durchgriffshaftung s. Rdn. 29, 30. 20

Durch die Novelle 1980 sind in das Gesetz zahlreiche Vorschriften eingeführt worden, die der Abgrenzung der Geschäfte des Alleingesellschafters von denen der Gesellschaft und der Durchsetzung verschärfter Voraussetzungen bei Gründung und Sicherung der Kapitalaufbringung der Einmanngesellschaft dienen. Es sind dies § 7 Abs. 2 Satz 3, § 19 Abs. 4, §35 Abs. 4, § 4 8 Abs. 3, § 56a Satz 1 und § 57 Abs. 2. Die Regelungen in den §§ 7a und 19 und §§ 56a Satz 1 und 57 insbesondere betreffen die Sicherstellung der Resteinzahlungen bei Gründung, bei Kapitalerhöhungen sowie bei Anteilsvereinigung innerhalb von drei Jahren seit der Gründung. T r o t z gewisser Bedenken, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens geäußert wurden, ist auch der Rechts12

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ausschuß des Bundestages dem RegEntw insoweit gefolgt. Eine Gründung durch mehrere Personen bietet, so der Ausschußbericht (BT-Drucks. 8/3908), im Ergebnis doch mehr Sicherheit für die Kapitalaufbringung als ein einzelner Gründer. § 35 Abs. 4 ordnet entgegen der bisherigen Rechtsprechung (BGHZ 56, 97; 59, 239 ff und 75, 358), die jetzt überholt ist (BayObLG DB 81, 1127 = BB 81, 869), und entgegen dem RegEntw 1977 die Anwendbarkeit des § 181 BGB für die Rechtsgeschäfte des geschäftsführenden Alleingesellschafters mit sich selbst an (s. Rdn. 22). Ferner verlangt das Gesetz nunmehr Schriftform für die Beschlüsse des Alleingesellschafters (§ 48 Abs. 3). 2. Organe a) Allgemeines. Die Regeln des GmbH-Rechts und ggf. bestehende ergän- 21 zende statutarische Regelungen werden durch die Tatsache, daß die Geschäftsanteile einer G m b H in einer H a n d vereinigt sind, nicht berührt. Es gelten also auch f ü r die Einmann-GmbH grundsätzlich alle Vorschriften des GmbH-Rechts. Das gilt insbesondere auch f ü r die Förmlichkeiten der Gründung (§ 2), von Satzungsänderungen (§ 53) sowie von Anteilsübertragungen (§ 15), es gilt f ü r die Mindesterfordernisse hinsichtlich des Inhalts des Gesellschaftsvertrages (§ 3) und des Erfordernisses der Bestellung mindestens eines Geschäftsführers (§ 6 Abs. 1), der allerdings auch, wenn die persönlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 vorliegen, der Alleingesellschafter sein kann. Es gelten die Vorschriften der §§ 30, 31 betreffend die Erhaltung des Stammkapitals und die Regelungen des Rangrücktritts von Gesellschaftsdarlehen im Konkurs (§ 32a). Es gelten schließlich auch bei der Einmann-GmbH die gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Organe der G m b H . b) Geschäftsführer. Geschäftsführer der Einmann-GmbH kann auch, wenn 2 2 nicht Drittgeschäftsführung vorliegt, der Alleingesellschafter sein. Es gilt dann das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 35 Abs. 4 n.F. i.V.m. § 181 BGB), von dem durch entsprechende satzungsmäßige Bestimmung Befreiung gewährt werden kann (BayObLG BB 84, 1117 = W M 84, 1570; DB 81, 1127 = BB 81, 869; Scholz-Winter § 1 n.F., 36). Die Publizität des Handelsregisters (§ 9 HGB) gewährleistet, daß Dritte sich über diese Erweiterung der Vertretungsbefugnis informieren können. Darüber hinaus hat eine Eintragung im Handelsregister zu erfolgen ( B G H Z 87, 59 f = W M 83, 446 = N J W 83, 1676 = BB 83, 857; O L G F r a n k f u r t / M . BB 83, 146; BayObLG W M 84, 1570; W M 82, 1033 = DB 82, 689; GmbH-Rdsch 79, 207 = DB 79, 1933; O L G Köln W M 80, 1157 = DB 80, 1390 = BB81, 143 = IMinBl. N R W 82, 254; Scholz-Schneider § 35 Abs. 4 n.F., 70d; jetzt auch Ulmer in Hachenburg 11; a.A. LG Köln DB 80, 922; AG Hamburg W M 80, 1158; Scholz-Winter § 10, 7). S. auch § 10, 9. Nicht eingetragen werden kann, daß die Befreiung nur dann gilt, wenn der Geschäftsführer auch alleiniger Gesellschafter ist Meyer-Landrut

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l. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

( B G H aaO). Einen entsprechenden Befreiungsbeschluß kann auch der Alleingesellschafter fassen, allerdings auch immer nur in der Form eines satzungsändernden Beschlusses ( B G H Z 33, 89; B a y O b L G BB 84, 1117; D B 80, 2029 m.w.N.; a.A. Schick D B 84,1024). D a auch der Alleingesellschafter § 30 zu beachten hat, sind etwaige Gehaltszahlungen, Tantieme oder sonstige Zuwendungen gem. §31 an die Gesellschaft zu erstatten, wenn durch derartige Zahlungen das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wird. Gleiches gilt bei Kreditentnahme durch den Gesellschafter-Geschäftsführer (§ 43a). 23

c) Gesellschafterversammlung. Die vom Alleingesellschafter abgehaltene Gesellschafterversammlung ist notwendig eine Universalversammlung. Es kann daher bei der Abhaltung auf gesetzliche oder etwaige satzungsmäßige Regularien, wie Formen und Fristen der Einberufung, verzichtet werden, und zwar auch konkludent. Nicht verzichtet werden kann aber auf die gesetzlichen Formvorschriften, insbesondere bei Gründung (§ 2 Abs. 1), Satzungsänderungen (§ 53), bei Ubernahmeerklärungen anläßlich einer Kapitalerhöhung (§ 55) und bei Beschlußfassung über Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (§ 2 K a p E r h G ) .

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Gesellschafterbeschlüsse, die nicht der notariellen Beurkundung bedürfen, sind gemäß § 48 Abs. 3 unverzüglich nach der Beschlußfassung zu protokollieren und zu unterzeichnen, eine Formvorschrift, die für Gesellschafterbeschlüsse im übrigen nicht gilt. Dieses Formerfordernis ist für die Einmann-Gesellschaft durch die Novelle 1980 eingeführt worden (s. auch § 48, 31), allerdings nicht mit der im RegEntw vorgesehenen Sanktion der Nichtigkeit bei Fehlen der Niederschrift (a.A. wohl Lutter D B 80, 1317, 1322). Siehe im übrigen § 4 8 , 31 ff. O b man die Beschlußfassung des Alleingesellschafters als Entschluß (so B G H Z 12, 339 und Mertens in Hachenburg § 13 Anh. I, 32), Entschließung (so B G H W M 68, 1329) bezeichnen oder, wie in § 48 Abs. 3, von einer Beschlußfassung auch des Alleingesellschafters spricht, bleibt sich in der Sache gleich. Bei Gründung durch einen Gründer verwandte der RegEntw 1977 den wohl noch präziseren Ausdruck „ E r k l ä r u n g " (§ 2 Abs. 2), denn der Sache nach gibt der Alleingesellschafter bei der Gründung, wie bei der Feststellung des Gesellschaftsvertrages, wie auch bei jeder Änderung des Gesellschaftsvertrages und wie auch bei jeder sonstigen Beschlußfassung eine Erklärung ab. Wesentlich ist, daß der Alleingesellschafter unmißverständlich zum Ausdruck bringt, daß er eine Erklärung in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und nicht etwa als Geschäftsführer oder als Dritter im Verhältnis zur Gesellschaft abgibt und daß dieser Erklärungswille in der anzufertigenden Niederschrift zum Ausdruck kommt.

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Die Niederschrift bedarf zu ihrer Ordnungsmäßigkeit außer der Unterschrift des Beschlußfassenden zweckmäßiger- und üblicherweise mindestens 14

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Zweck

noch der Angaben über Ort und Zeit der Beschlußfassung und die Person des Aufnehmenden. Auf eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dieser Selbstverständlichkeiten hat der Rechtsausschuß zur Vereinfachung des RegEntw verzichtet (Ausschußbericht zu Nr. 19, BT-Drucks. 8/3908). Außerhalb einer Versammlung gefaßte Entschließungen des Einmanngesellschafters genügen auch in Briefform dem Protokollierungserfordernis des § 48 Abs. 3 (§ 48, 32). Das Stimmverbot des § 47 Abs. 4 greift nicht Platz (§ 47, 35), da ein Interes- 2 6 senkonflikt, wie ihn diese Vorschrift voraussetzt, bei der Einmann-Gesellschaft nicht gegeben ist (vgl. BGHZ 18,210). d) Aufsichtsrat. Die gesetzlichen Vorschriften über die Bildung eines Auf- 2 7 sichtsrats gelten auch uneingeschränkt für die Einmann-GmbH. Beschäftigt diese in der Regel mehr als 2 000 Arbeitnehmer, so ist der Aufsichtsrat gemäß dem MitbestG zu bilden, ebenso wenn eine G m b H Komplementär einer typischen G m b H & Co. KG ist und insgesamt über 2 000 Arbeitnehmer beschäftigt werden (§§ 1, 4 MitbestG), es sei denn, die G m b H beschäftigt selbst mehr als 500 Arbeitnehmer. Entsprechendes gilt, wenn eine G m b H herrschendes Unternehmen eines Konzerns ist (§ 5 MitbestG). Werden mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt, so ist ein Aufsichtsrat nach den Vorschriften des BetrVG zu bilden. Das gleiche gilt, wenn eine GmbH die Konzernspitze bildet und im Konzern insgesamt mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt werden (§§77, 77a BetrVG 1952). Eine GmbH, die ein Unternehmen des Bergbaus oder der eisen- und stahlerzeugenden Industrie betreibt und auf die das Montan-MitbestG anwendbar ist, hat nach den Regeln dieses Gesetzes einen Aufsichtsrat zu bilden (§ 3 Montan-MitbestG). Der Bildung eines fakultativen Aufsichtsrats (§ 52) steht auch bei der Einmann-Gesellschaft nichts entgegen. Es sind jeweils die einschlägigen aktienrechtlichen Vorschriften zu beachten, insbesondere also auch die Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Zugehörigkeit zu Vorstand und Aufsichtsrat (§ 105 AktG) und die persönlichen Voraussetzungen (§ 100 AktG). 3. Vermögen. Das Vermögen der GmbH und des Alleingesellschafters ist 2 8 grundsätzlich getrennt (Baumbach-Hueck 14. Aufl. 55). Es haftet auch für Verbindlichkeiten der Einmann-GmbH nur das Gesellschaftsvermögen (§13 Abs. 2; BGHZ 22, 229; BGH W M 81, 1022). Ein Durchgriff auf das nicht in der Gesellschaft gebundene übrige Vermögen des Alleingesellschafters, sei er nun eine natürliche oder eine juristische Person, findet nur ausnahmsweise statt bei Vorliegen von jeweils von Fall zu Fall zu prüfenden, die Haftung begründenden Umständen; dazu im einzelnen Rdn. 29. Aus der Vermögenstrennung folgt, daß auch die Gläubiger des Alleingesellschafters sich grundsätzlich nicht an das Gesellschaftsvermögen halten können (BGHZ 26, 37); ihrem Zugriff stehen nur die Geschäftsanteile des Alleingesellschafters an der Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

G m b H offen. Zum Umfang der H a f t u n g des Einmanns im Gründungsstadium s. Brinkmann GmbH-Rdsch 82, 269. Nicht als Durchgriff sind die Fälle zu erörtern, in denen die gesetzlichen Vorschriften als Adressaten zwar Eigenschaften oder Verhältnisse natürlicher Personen voraussetzen, deren Zweck aber auch ggf. die Anwendung auf juristische Personen verlangt; das führt zu einer Identifizierung von Gesellschaft und Gesellschaftern, sogenannte Normanwendungsfälle. So ist eine juristische Person nicht als vertrauenswürdig i.S. von § 119 Abs. 2 BGB (Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften) angesehen worden, deren Gesellschafter unzuverlässig sind (RGZ 159, 42, 57). Eine juristische Person kann „wirtschaftsfähig" im Sinne des Höferechts sein, wenn bei Gesellschaftern die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen ( O G H Z 2, 314). Der B G H versagt in ständiger Rechtsprechung einem Makler den Anspruch auf Maklerlohn, wenn die vermittelnde Tätigkeit zugunsten einer dem Makler gehörenden oder von ihm beherrschten G m b H erfolgt (zuletzt B G H N J W 1971, 1130). Weitere zahlreiche Beispiele aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Mertens in Hachenburg, § 13 Anh. I Rdn. 49 ff. 29

4. Durchgriffshaftung. Es hat sich im Anschluß zunächst an die Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung von Forderungen gegen das ehemalige Deutsche Reich mit Forderungen von Kriegsgesellschaften (vgl. B G H Z 3, 316 und B G H Z 10, 205; 15, 27; 17, 19), im Anschluß ferner an rechtsvergleichende Untersuchungen, insbesondere Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 1955, ein kaum noch übersehbares Schrifttum zur Durchgriffshaftung und die damit zusammenhängenden dogmatischen Ansätze entwickelt; vgl. die Nachweise bei Mertens in Hachenburg, § 13 Anh. I von Rdn. 1 und Rdn. 37 und Wilhelm Rechtsform und H a f t u n g bei der juristischen Person, 1981; zusammenfassend Nirk FS Stimpel, 1985, 443; ferner Baumbach-Hueck 14. Aufl. § 13, 12; Schanze Die AktG 82, 42. Diskutiert wird insbesondere darüber, ob es genügt, rein objektiv einen Mißbrauch der Rechtsform der G m b H festzustellen, um einen Durchgriff auf den oder die Gesellschafter zu rechtfertigen, oder ob noch der Nachweis einer subjektiven Mißbrauchsabsicht erforderlich ist oder ob es nur eine Frage der Normanwendung ist, bestimmte Verhaltensweisen der Gesellschaft oder den Gesellschaftern zuzurechnen. Die Rechtsprechung des B G H hat angesichts der Vielfalt der zu entscheidenden Sachverhalte keine allgemeine Stellung bezogen (s. W M 61, 1103, B G H Z 68, 315 f, W M 85, 54 f). Allerdings ist durch die erneute Anerkennung der Einmann-GmbH durch den Gesetzgeber der Novelle 1980 das Prinzip der Haftungsbegrenzung und Vermögenstrennung der juristischen Personen bestätigt worden. Die Interessen Außenstehender sind, jedenfalls im Bereich des GmbH-Rechts, durch verstärkten Gläubigerschutz berücksichtigt. Durchgriffe dürften daher auch in Zukunft die Ausnahme bilden (s. aber BSG, N J W 84, 2117 = GmbH-Rdsch 85, 294 m.abl. Anm. von Kahler), nicht zuletzt auch, weil der Schutz Außenstehender im Falle von 16

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§1

Zweck

K o n z e r n b i n d u n g nach der neuesten Rechtsprechung über die Ausfallhaftung entsprechend den §§ 303, 322 Abs. 2 und 3 A k t G gesichert wird ( B G H Z 95, 330 = W M 8 5 , 1 2 6 3 = N J W 86,188 = Z I P 85,1263, s. dazu § 13,11). H i e r kann es somit nur darauf a n k o m m e n , einen Überblick über die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung zu geben. Eine H a f t u n g der Gesellschafter, insbesondere des Alleingesellschafters einer G m b H , nimmt die Rechtsprechung dann an, wenn im Einzelfall T r e u und Glauben und die guten Sitten ein Beiseiteschieben der juristischen Person als einer fiktiven Konstruktion verlangen und damit den Durchgriff auf die hinter der juristischen Person stehenden Gesellschafter freigeben. Die Rechtsfigur der juristischen Person kann demnach nur in dem U m f a n g Beachtung finden, in dem ihre Verwendung dem Zweck der Rechtsordnung entspricht (so schon B G H Z 20, 4 , 1 4 und zuletzt etwa B G H W M 77,658). Das gilt etwa f ü r das Vorschieben einer G m b H zur U m g e h u n g eines bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Wettbewerbsverbots (vgl. R G Z 114, 68). D e r Alleingesellschafter kann sich auch der Verpflichtung der G m b H , Bilanzeinsicht zu gewähren, nicht mit Berufen auf seine Gesellschaftereigenschaft entziehen ( B G H Z 25, 115). Streitig ist, wieweit neben der Gesellschaft auch die Gesellschafter bei wettbewerbswidrigen H a n d l u n g e n wie irreführender Firmierung oder unzulässiger W e r b u n g in Anspruch g e n o m m e n werden können. D a die Gesellschafter als solche nicht f ü r die G m b H handeln, kann f ü r Verstöße der G m b H nur diese haften. Die Gesellschafter können nicht unmittelbar gezwungen werden, sei es Satzungsänderungen d u r c h z u f ü h r e n , sei es, Weisungen bestimmter Art an die G e s c h ä f t s f ü h r e r zu erteilen zur Beseitigung etwaiger Wettbewerbsverstöße (Hommelhoff zu O L G F r a n k f u r t , E W i R § 13 G m b H G 2 / 8 5 / 3 9 7 ) . Auch eine P r o s p e k t h a f t u n g des Alleingesellschafters bei W e r b u n g der G m b H als solcher mit unrichtigen Angaben wird abgelehnt ( B G H W M 81,1021 = D B 81, 2071). Ein Durchgriff ist immer dann zulässig und möglich, wenn nach außen der Anschein einer persönlichen Haftung des Alleingesellschafters neben der G m b H erweckt wird ( B G H Z 62, 220; 68, 315). Das gilt auch bei Verletzung der Aufklärungspflicht bei riskanten Geschäften durch den GeschäftsführerGesellschafter, vorausgesetzt, die objektiven und subjektiven Merkmale des § 826 BGB liegen vor ( B G H Z I P 85, 473). Ebenso wird ein Durchgriff zugelassen, wenn Gesellschafts- und Privatvermögen vermischt werden, der Gesellschafter selbst also die gesetzlich vorausgesetzte T r e n n u n g der Vermögensmassen aufhebt ( B G H Z 95, 330; ferner B G H W M 85, 54; 80, 956; O L G N ü r n b e r g W M 55, 1566). S. auch § 13, 11. Dagegen läßt die Rechtsprechung einen Durchgriff auf das V e r m ö g e n der Gesellschafter bei sogenannter Unterkapitalisierung im G r u n d s a t z nicht zu, also bei einem Mißverhältnis zwischen Stammkapital und Geschäftsumfang ( B G H Z 31, 258, 268; 68, 313; 78, 333; so auch Kahler BB 85, 1429 und im Ergebnis BSG, N J W 84, 2117 = Z I P 84, 1117; Scbolz-Westermann Anh. 10; anders z.T. die Rechtslehre, vgl. Ulmer in Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

Hachenburg § 30 Anh. 35 ff, 59 ff; Fischer/Lutter % 13, 8; Wiedemann Gesellschaftsrecht Bd. I, § 4 III 1 m.w.N.; s. im übrigen § 5, 8). Die entsprechenden Vorschriften der Novelle 1980 (§ 32a und § 32b) sowie die Rechtsprechungsgrundsätze zu eigenkapitalersetzenden Darlehen (dazu § 30, 5), die nach wie vor weitergelten (BGH WM 84, 652 = N J W 84, 1891) ermöglichen in angemessenem Rahmen einen Schutz Außenstehender auch bei nicht ausreichender Zurverfügungstellung von haftendem Kapital. Es wird daher zu Recht gefolgert, daß Fragen der Unterkapitalisierung nicht Gegenstand eines möglichen „Durchgriffs" seien, sondern allein im Rahmen des Rechts der kapitalersetzenden Darlehen oder sonstigen Einlagen der Gesellschafter zu erörtern seien (Κ. Schmidt JZ 85, 304). Ist eine unzulängliche Kapitalausstattung allerdings in Schädigungsabsicht erfolgt oder mindestens in Kauf genommen (§ 826 BGB), so können die Gesellschafter im Wege des Durchgriffs wegen vorsätzlich sittenwidriger Gläubigerschädigung in Anspruch genommen werden (BGH, N J W 79, 2104; OLG Karlsruhe, BB 78,1332). Ob und in welchem Umfang sogenannte Patronatserklärungen zu einer Haftung des Gesellschafters führen (vgl. Obermüller Z G R 4 (1975), 1 ff), ist jedoch nicht eine Frage des Durchgriffs, sondern die Auslegung der Erklärung des Gesellschafters. Das gilt entsprechend für jede sonstige Haftung des Gesellschafters aus besonderem Rechtsgrund wie Bürgschaft, Garantie, unerlaubte Handlung usw. (BGHZ 31,271). Dem Grundsatz der Vermögenstrennung im Verhältnis von Gesellschaft und Gesellschafter entspricht es, daß auch eine Identifizierung mit der G m b H zugunsten und im Interesse des Alleingesellschafters grundsätzlich nicht möglich ist, der sogenannte gesellschafterfreundliche Durchgriff. Hieran ist trotz BGHZ 61, 380 (bestätigt in einer weiteren Entscheidung BB 1977, 714) festzuhalten. Diese durchweg kritisierte Rechtsprechung, die dem Alleingesellschafter Ersatz für einen Schaden zuspricht, der der von ihm beherrschten GmbH entstanden ist, kann zur Begründung eines prinzipiell möglichen Durchgriffs im Gesellschafterinteresse nicht herangezogen werden (Näheres bei Mertens in Hachenburg, § 13, Anh. I Rdn. 46 und Eder, Handbuch der GmbH I, 185.1).

VIII. Umwandlung des Unternehmens eines Einzelkaufmanns durch Übertragung des Geschäftsvermögens auf eine GmbH 30

1. Anwendbare Vorschriften des UmwG § 56a Ein Einzelkaufmann kann ein von ihm betriebenes Unternehmen, dessen Firma im Handelsregister eingetragen ist, nach den Vorschriften dieses Abschnitts in eine Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g umwandeln. § 50 Satz 2 gilt sinngemäß. 18

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§1

Zweck § 56b

(1) Zur Umwandlung bedarf es einer Umwandlungserklärung des Einzelkaufmanns. Die Umwandlungserklärung muß 1. die Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g , deren einziger Gesellschafter er ist, 2. die Übertragung des Geschäftsvermögens, das dem Betrieb des zur Umwandlung bestimmten Unternehmens dient, auf die Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g enthalten. (2) Soweit sich aus den folgenden Vorschriften nichts anderes ergibt, findet auf die Errichtung der Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g der Erste Abschnitt des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g entsprechende Anwendung. Den Gesellschaftern steht der Einzelkaufmann gleich. § 56c (1) Die Umwandlungserklärung muß notariell beurkundet werden. (2) In der Umwandlungserklärung ist der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g durch den Einzelkaufmann festzustellen. (3) Für die Fortführung der Firma findet § 48 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Für die Verpflichtung zur Beifügung einer Übersicht über die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten gilt § 52 Abs. 4. § 56d Im Sachgründungsbericht nach $ 5 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g sind auch der Geschäftsverlauf und die Lage des Unternehmens darzulegen. § 56e (1) Die Umwandlungserklärung ist bei dem Gericht von dem Einzelkaufmann und den Geschäftsführern zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung sind beizufügen 1. die Urkunden nach § 8 Abs. 1 Nr. 2, 4 bis 6 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g , 2. eine Ausfertigung der Umwandlungserklärung, 3. die Übersicht nach § 56c Abs. 3 Satz 2, 4. die der Übersicht*· zugrunde gelegte Bilanz. Für die Bilanz gilt § 43 Abs. 4 entsprechend. (2) Das Gericht hat die Eintragung auch abzulehnen, wenn 1. die Übersicht nach § 56c Abs. 3 Satz 2 unvollständig ist, 2. die in der Übersicht aufgeführten Vermögensgegenstände des Einzelkaufmanns sein Vermögen im Sinne des § 419 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind, 3. die Verbindlichkeiten des Kaufmanns sein Vermögen übersteigen. *) Redaktionsfehler im Gesetzgebungsverfahren, richtig: Umwandlung § 56f (1) Die Umwandlung wird mit der Eintragung der Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g in das Handelsregister wirksam. Mit der Eintragung gehen die dem EinMeyer-Landrut

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§1

l. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

z e l k a u f m a n n g e h ö r e n d e n , in d e r Ü b e r s i c h t nach § 56c Abs. 3 Satz 2 a u f g e f ü h r t e n V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e u n d die V e r b i n d l i c h k e i t e n , die d e r E i n z e l k a u f m a n n in d e r U b e r s i c h t a u f g e f ü h r t hat, auf die Gesellschaft mit b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g über. D i e v o r d e r U m w a n d l u n g v o n d e m E i n z e l k a u f m a n n g e f ü h r t e Firma ist damit erloschen. D a s Erlöschen d e r Firma ist von A m t s w e g e n in das H a n d e l s r e g i s t e r e i n z u t r a g e n . (2) ξ 55 Abs. 2 u n d 3 ü b e r die H a f t u n g f ü r die V e r b i n d l i c h k e i t e n des E i n z e l k a u f m a n n s u n d § 56 über die V e r j ä h r u n g der A n s p r ü c h e der G l ä u b i g e r des E i n z e l k a u f m a n n s gelten e n t s p r e c h e n d .

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2. Einleitung. Der (neue) Fünfte Abschnitt des Umwandlungsgesetzes U m w G (§§ 56a—56f) ist mit der GmbH-Novelle 1980 Gesetz geworden. Mit der Zulässigkeit der Einmanngründung (Rdn. 1) wurden frühere Bedenken zurückgestellt, auch f ü r die G m b H eine den Vorschriften der §§ 50—56 U m w G f ü r die AG und die KGaA entsprechende Regelung einzuführen (amtliche Begründung, BT-Drucks 8/1347, S. 60) und daß trotz des Wegfalls der noch in dem RegEntw 1977, § 5d vorausgesetzte Gründungsprüfung (RegEntw. 1977 § 56d Abs. 2 UmwG). In der Sache stehen dem Einzelkaufmann, der sein Unternehmen in die Rechtsform der G m b H überführen will, nunmehr drei Gestaltungsformen offen. Einmal die Umwandlung gemäß §§ 56a ff U m w G mit der Folge der in § 56f U m w G geregelten partiellen Gesamtrechtsnachfolge (Rdn. 44). Zum anderen, im Zuge der Gründung oder einer Kapitalerhöhung, die Einbringung des Einzelhandelsgeschäfts als Sacheinlage (dazu §§5, 34 und 56, 11) und schließlich die nach ξ 19 Abs. 4 nur bei Offenlegung gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 wirksame „verschleierte" Sachgründung (§ 19, 38). Die Umwandlung des Einzelhandelsunternehmens erfolgt gemäß den §§ 56a ff U m w G , ferner nach den dort in Bezug genommenen Vorschriften des Vierten Abschnitts des U m w G betreffend die Umwandlung der AG oder KGaA in ein Einzelhandelsunternehmen und schließlich, soweit die Vorschriften der §§ 56c bis 56f nicht entgegenstehen, nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts des G m b H G (§§1 — 12).

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3. Voraussetzung der Umwandlung. N u r ein im Handelsregister eingetragenes einzelkaufmännisches Unternehmen kann in eine G m b H umgewandelt werden (§ 56a Satz 1 UmwG). Es muß sich also um ein vollkaufmännisches Handelsgewerbe i.S. der §§ 1, 2, 3 Abs. 2 H G B handeln. Mit der Umwandlung entsteht eine Einmann-GmbH. Es handelt sich um eine sogenannte übertragene Umwandlung (Rowedder-Zimmermann Anh. § 77, 336; Goutier/Seydel § 56a, 3) mit der Maßgabe, daß das dem Einzelhandelsunternehmen zugeordnete Vermögen (Aktiva und Passiva) des Einzelkaufmanns, soweit es in der Vermögensübersicht enthalten ist (Rdn. 38), mit Wirksamwerden der Umwandlung (Rdn. 44) von Gesetzes wegen (§ 56f Abs. 1 Satz 2 UmwG) auf die 20

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§1

Zweck

G m b H übergeht, ohne daß es einer Einzelübertragung bedarf und ohne daß eine Mitwirkung der Gläubiger (§415 BGB) erforderlich wäre. 4. Hinderungsgründe. Nach § 56a Satz 2 U m w G i.Y.m. § 50 Satz 2 U m w G 3 3 ist die Umwandlung zum einen ausgeschlossen, wenn die auf die G m b H übergehenden Vermögensgegenstände das gesamte Vermögen des Einzelkaufmanns i.S. von § 419 Abs. 1 BGB darstellen. Ob mit der Vorschrift verhindert werden soll, daß die G m b H für nicht übernommene Privatverbindlichkeiten des Einzelkaufmanns als Übernehmerin i. S. von §419 BGB haftbar gemacht wird (vgl. § 56e Abs. 3 Satz 2 U m w G i.V.m. § 52 Abs. 4 UmwG) oder ob Zweck der Vorschrift ist, den Privatgläubigern des Einzelkaufmanns die Haftungsgrundlage zu erhalten (zur entsprechenden Diskussion s. Schilling in Hachenburg § 77 Anh. U m w G § 56a, 3 und Rowedder-Zimmermann § 77 Anh. 342), kann dahinstehen. Denn wie immer man den Gesetzeszweck deutet, das Umwandlungsverbot des § 50 Abs. 1 Satz 2 U m w G besteht, wenn Gegenstand der Umwandlung das gesamte (oder nahezu das gesamte) Vermögen des Einzelkaufmanns i.S. von § 419 Abs. 1 BGB ist. Ferner stellt Überschuldung sich als ein Umwandlungshindernis dar (§ 50 Abs. 2 Satz 2 UmwG). Diese ist gegeben, wenn das gesamte Aktivvermögen (Unternehmens- und Privatvermögen) des Einzelkaufmanns nicht die Schulden, einschließlich der privaten Verbindlichkeiten deckt. Eine überschuldete G m b H wäre konkursreif (§ 64 Abs. 1 i.V.m. §§ 213, 207 KO). Allerdings besteht kein Ausschließungsgrund, wenn nach Durchführung der Umwandlung hinsichtlich des verbleibenden (privaten) Vermögens des Einzelkaufmanns Überschuldung eintritt (Schilling a a O 6; Rowedder-Zimmermann aaO 345; jeweils unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien. Liegen die Hinderungsgründe des § 50 Satz 2 U m w G vor, so hat das Gericht die Eintragung der Umwandlung abzulehnen (§ 56e Abs. 2 U m w G ; im einzelnen Rdn. 43). Wird trotzdem eingetragen, so bleibt die Umwandlung wirksam (Schilling a a O 7; Rowedder-Zimmermann aaO 346; Bartl/Henkes UmwG, 121; Scholz-Skibbe Anh. III., §§ 56a—56f n.F., 92d unter Hinweis auf die nach § 56f Abs. 2 U m w G anwendbare Regelung des § 55 Abs. 3 U m w G ; s. auch Rdn. 44). 5. Umwandlungserklärung a) Inhalt. Gemäß ξ 56b Abs. 1 U m w G (dem § 51 U m w G nachgebildet) be- 3 4 darf es zur Umwandlung der Abgabe einer entsprechenden Erklärung des Einzelkaufmanns, deren Form in § 56c U m w G (Rdn. 35) geregelt ist. Die Umwandlungserklärung muß einmal die Errichtung der G m b H mit dem Einzelkaufmann als einzigem Gesellschafter enthalten und zum anderen die Übertragung des Geschäftsvermögens des Einzelhandelsunternehmens, wie in der Vermögensübersicht (dazu Rdn. 38) im einzelnen aufgeführt, enthalten. Die Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Umwandlungserklärung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft wie auch die Erklärung zur Errichtung der Einmann-GmbH (Rdn. 19). Darüber hinaus ist in der Umwandlungserklärung der Gesellschaftsvertrag der G m b H durch den Einzelkaufmann festzustellen (§ 56c Abs. 2 UmwG). Es gelten insoweit nach § 56b Abs. 2 U m w G die Vorschriften der §§1—12 G m b H G (Rdn. 36). Die Vermögensübersicht i. S. von § 56c Abs. 3 Satz 2 U m w G ist nicht Bestandteil der Umwandlungserklärung, sondern dieser gesondert beizufügen. Das folgt aus § 56e Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 52 Abs. 4 (Rowedder-Zimmermann a a O 356; Priester DB 82, 1967; Goutier/Seydel U m w G § 56c, 3; wohl auch Bartl/Henkes U m w G 125). 35

b) Form. Nach § 56c Abs. 1 U m w G muß die Umwandlungserklärung (Rdn. 34) notariell beurkundet werden. Das entspricht dem Formerfordernis des § 2 Abs. 2. Die Beurkundung hat durch einen inländischen N o t a r zu erfolgen; zur Auslandsbeurkundung s. § 2, 5. Gebührenrechtlich löst die Umwandlung des Einzelhandelsunternehmens nur eine Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO aus (§ 2, 3). Vertretung ist in demselben Umfang wie im Rahmen des § 2 Abs. 2 zulässig mit der Maßgabe, daß die Vollmacht notarieller Beurkundung oder Beglaubigung bedarf (§ 2, 10). Zur Auslandsbeglaubigung s. § 2, 11 und zu den für die gesetzlichen Vertreter erforderlichen Nachweise § 2,12. Die Vermögensübersicht gemäß § 56c Abs. 3 Satz 2 U m w G bedarf hingegen nur der öffentlichen Beglaubigung der Unterschrift des Einzelkaufmanns (S 52 Abs. 4 UmwG).

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c) Gesellschaftsvertrag. Für den nach § 56c Abs. 2 U m w G in der Umwandlungserklärung durch den Einzelkaufmann festzustellenden Gesellschaftsvertrag gelten gemäß § 56b Abs. 2 U m w G die Vorschriften des Ersten Abschnitts des G m b H G . Es gilt somit insbesondere § 3 hinsichtlich des mindestens erforderlichen Inhalts des Gesellschaftsvertrages. Das Stammkapital der mit der Umwandlung entstehenden G m b H muß mindestens D M 50 000,— betragen (§ 5 Abs. 1). Die gemäß § 56e Abs. 2 Nr. 4 U m w G bei Gericht einzureichende Umwandlungsbilanz (Rdn. 39) muß demnach ein mindestens entsprechendes Eigenkapital ausweisen. Da die Umwandlung entsprechend einer Sacheinlage zu behandeln ist (§ 56d UmwG), ist § 7 Abs. 2 Satz 3 nicht anwendbar (Gersch/ Herget/Marsch/Stützle 406; Bartl/Henkes 124). Ist das Eigenkapital höher, so braucht der übersteigende Wert nicht als Stammkapital geleistet zu werden (Bartl/Henkes aaO). Im übrigen werden die Vorschriften der §§ 5, 7, 8 G m b H G durch die einschlägigen Bestimmungen (insbes. § 56e) des U m w G ersetzt. § 5 Abs. 4 gilt kraft ausdrücklicher Verweisung (§ 56d UmwG). Es gelten ferner die Vorschriften zur Sicherung der Kapitalaufbringungen, insbesondere die §§ 9, 9a und 9b G m b H G . Es gilt ferner das Prüfungsrecht des § 9c G m b H G neben der Sondervorschrift des § 56e Abs. 2 UmwG. Zur Firma (§ 4) s. Rdn. 37. 22

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Zweck

Gemäß § 6 sind im Zuge der Errichtung der G m b H (Rdn. 34) die Geschäftsführer der G m b H zu bestellen. N u r diese können, zusammen mit dem Einzelkaufmann, die Umwandlungserklärung zur Eintragung im Handelsregister anmelden (§ 56e Abs. 1). Es gelten die Eignungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 2. Bestellt werden kann der Einzelkaufmann und Alleingesellschafter. Es kann aber auch ein Fremdgeschäftsführer allein oder neben dem Einzelkaufmann und Alleingesellschafter bestellt werden (im einzelnen § 1, 21). Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so ist die Vertretungsbefugnis zu bestimmen; anderenfalls gilt Gesamtvertretung (§ 35 Abs. 2 Satz 2). Für die Eintragung der Umwandlung und die Veröffentlichung gilt § 10 G m b H G ergänzt durch § 56 f U m w G . d) Firma. Hinsichtlich der Firma der durch die Umwandlung des Einzel- 3 7 handelsunternehmens entstehenden G m b H gilt § 4 Abs. 1 Satz 2, d. h. sie kann den Namen des Alleingesellschafters führen oder dem Unternehmensgegenstand entnommen werden oder sie kann gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 gemäß § 25 H G B gebildet werden, d. h. Fortführung der bisherigen Firma des Einzelhandelsunternehmens mit oder ohne Nachfolgezusatz (§4, 16). Der Firmenzusatz „mit beschränkter H a f t u n g " (oder abgekürzt) muß in jedem Falle aufgenommen werden (§ 4 Abs. 2). Streitig ist, ob bei Firmenfortführung die G m b H nach § 25 Abs. 1 H G B f ü r alle im Bereich des Einzelhandelsunternehmens begründeten Verbindlichkeiten haftet, also auch solche, die durch Nichtaufnahme in die Vermögensübersicht (Rdn. 38) auch nicht auf die G m b H übergegangen sind (§ 56f Abs. 1 Satz 2 UmwG). Da kein echter Fall einer Gesamtrechtsnachfolge vorliegt, da nicht das gesamte Vermögen des Einzelkaufmanns als solches, sondern dieses nur soweit wie in der Vermögensübersicht aufgeführt, von Gesetzes wegen auf die G m b H übergeht (Rdn. 44 — partielle Gesamtrechtsnachfolge), entfällt auch die Anwendbarkeit von § 25 H G B nicht ( H ü f f e r in Staub, H G B 4. Aufl. § 25, 77 ff; a.A. Scholz-Skibbe a a O 92n). Diese H a f t u n g gilt neben der nach § 56f Abs. 2 UmwG angeordneten Fortdauer der H a f t u n g des Einzelkaufmanns (Rdn. 45). e) Vermögensübersicht. Zusammen mit der Umwandlungserklärung ist bei 3 8 Anmeldung der Umwandlung die Übersicht nach § 56c Abs. 3 Satz 2 UmwG beim Handelsregister einzureichen (§ 56e Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Für diese Übersicht der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten gilt § 52 Abs. 4 UmwG. Danach hat die Übersicht zu enthalten „1. Die Vermögensgegenstände, die dem Einzelkaufmann gehören und dem Betrieb des Unternehmens dienen, das umgewandelt werden soll. Der Einzelkaufmann kann in der Ubersicht andere ihm gehörende Vermögensgegenstände aufführen und sie dadurch als zum Unternehmen gehörend erklären, 2. die Verbindlichkeiten des Einzelkaufmanns, die im Betrieb des UnternehMeyer-Landrut

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§1

1. A b s c h n i t t . E r r i c h t u n g d e r G e s e l l s c h a f t mens, das u m g e w a n d e l t w e r d e n soll, begründet w o r d e n sind o d e r mit d e m unter N r . 1 a u f g e f ü h r t e n V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e n in wirtschaftlichen Z u s a m m e n h a n g stehen."

Die Vermögensübersicht dient ihrerseits als Grundlage der partiellen Gesamtrechtsnachfolge i. S. von § 56f Abs. 1 Satz 2 UmwG, wonach mit der Eintragung der Umwandlung von Rechts wegen die in der Übersicht aufgeführten Aktiva und Passiva auf die G m b H übergehen (Rdn. 44). Erforderlich ist eine soweit genaue Beschreibung der einzelnen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, so daß eine Feststellung dahingehend möglich ist, welche Aktiven und Passiven auf die G m b H übergegangen sind (Scholz-Skibbe a a O 92g; Bartl/Henkes UmwG 125). Aufzuführen sind daher in der Übersicht auch nicht bilanzierungsfähige oder nicht bilanzierte Vermögenswerte (RowedderZimmermann a a O 358; Goutier/Seydel U m w G § 56c, 3; a.A. Schilling a a O § 56f, 2). Dagegen ist eine Aufstellung der Rechte und Pflichten (ζ. B. laufender Verträge und dergleichen) nicht erforderlich (Schilling a a O § 56c, 6). Neben der Vermögensübersicht und unabhängig von dieser ist eine der Umwandlung zugrundezulegende Umwandlungsbilanz zu erstellen (dazu Rdn. 39). Die Vermögensübersicht dient auch dazu, dem Registergericht die P r ü f u n g zu ermöglichen, ob Hinderungsgründe i.S. von § 50 Satz 2 U m w G (s. § 56a Satz 2 UmwG) vorliegen (Rdn. 33). Ein weiterer Ablehnungsgrund f ü r die Eintragung der Umwandlung ist die Unvollständigkeit der Vermögensübersicht (§ 56e Abs. 2 Nr. 1 UmwG). Das hat zu der Frage geführt, ob der Einzelkaufmann mehr oder weniger beliebig weitergehende Aktiva und Passiva durch Aufnahme in die Übersicht als zum umzuwandelnden Unternehmen gehörig oder durch Herausnahme als nicht in das Vermögen der G m b H übergehend bezeichnen kann. Etwa bei Betriebsaufspaltung anläßlich der Umwandlung tritt die Frage auf. Daß auch nicht zum Betriebsvermögen gehörende Aktiva und mit diesen im Zusammenhang stehende Passiva in die Vermögensübersicht aufgenommen werden können, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 50 Abs. 4 U m w G . Eine Ausgliederung von Aktiva läßt sich dagegen nur dann rechtfertigen, wenn man mit Priester DB 82, 1968 gegen die h. L. das Vollständigkeitsgebot des § 56e Abs. 2 Nr. 1 U m w G dahingehend relativiert, daß es sich nur auf die Vollständigkeit insoweit bezieht, als tatsächlich Vermögen auf die G m b H übertragen wird. Das erscheint nicht angängig (wie hier Schilling a a O §57, 7; Meyer-Landrut in Großkomm AktG § 393 Anh. § 5 3 UmwG, 2). Die Ausgliederung von Passiva ist gleichfalls nicht zulässig (Priester aaO). Ebenso können nicht Passiva, die nicht im Betrieb des umgewandelten Vermögens begründet sind, in die Übersicht aufgenommen werden und damit auf die G m b H übergehen (Goutier/Seydel§ 56c, 3). Gegebenenfalls kann das Gericht, wenn es begründete Zweifel an der Vollständigkeit der Vermögensübersicht hat, entsprechend § 53 Abs. 2 AktG eine Gründungsprüfung insoweit veranlassen. 24

Meyer-Landrut

§1

Zweck

6. Umwandlungsbilanz. Einzureichen ist mit der Anmeldung der Umwand- 3 9 lung ferner die der Umwandlung zugrundegelegte Bilanz (§ 56e Abs. 1 Nr. 4 UmwG). Der Wortlaut entspricht insoweit § 54 Abs. 1 Nr. 4. Der im Gesetzestext gebrauchte Ausdruck „Ubersicht" beruht auf einem Redaktionsversehen {Deutler Das neue GmbH-Recht, 2. Aufl. S. 180; a.A. Rowedder-Zimmermann a a O 357). „Übersicht" ist eine Aufstellung der Aktiva und Passiva zu Zeitwerten, insbesondere, um prüfen zu können, ob die Hinderungsgründe des § 50 Satz 2 U m w G vorliegen. Deren Aufstellung und Beifügung zur Anmeldung regelt sich nach den §§ 56 Abs. 3 Satz 2 und 56e Abs. 1 Nr. 3. In § 56e ist Abs. 1 Nr. 4 demnach zu lesen: „die der Umwandlung zugrundegelegte Bilanz". Auch die Umwandlungsbilanz ist eine Vermögensbilanz. Die §§ 242 bis 256 H G B brauchen nicht, können aber beachtet werden, d. h. es kann auf die Aufdeckung stiller Reserven verzichtet werden (Meyer-Landrut Großkomm AktG 3. Aufl., § 393 Anh. § 43, 4; Schilling in Hachenburg a a O § 56f, 4). Die Bilanz ist zeitnah zu erstellen. Ist sie für einen mehr als sechs Monate vor dem Tage der Anmeldung der Umwandlung zugrundeliegenden Stichtag erstellt, so soll das Gericht gemäß dem entsprechend anwendbaren § 43 Abs. 4 U m w G die Umwandlung nicht eintragen (§ 56e Abs. 1 Satz 2 UmwG). Die Bilanz dient der Prüfung durch das Registergericht, ob der Wert der übergehenden Vermögensgegenstände vermindert um die übergehenden Verbindlichkeiten das Stammkapital der G m b H (mindestens D M 50 000,—) deckt (ScholzSkibbe aaO § 92h). Sie dient weiterhin als Eröffnungsbilanz f ü r die G m b H i. S. § 342 Abs. 1 H G B ; insoweit sind auch die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften zu beachten. Der Umwandlungsbilanz entspricht steuerrechtlich die Einbringungsbilanz, auf der wiederum die Aufnahmebilanz i.S. von § 20 Umwandlungssteuergesetz beruht (Rdn. 47).

7. Sachgründungsbericht. Gemäß § 56e Abs. 1 Nr. 1 ist mit der Anmeldung 4 0 auch ein Sachgründungsbericht einzureichen, der nach § 56d noch dahin zu ergänzen ist, daß in ihm auch der Geschäftsverlauf und die Lage des Unternehmens darzulegen sind. Insoweit wird sich der Bericht an den Anforderungen des § 289 H G B zu orientieren haben, wobei Art und Umfang sich nach den f ü r die Größenmerkmale des umgewandelten Unternehmens maßgebenden Grundsätzen ordentlicher Buchhaltung zu richten haben. Es kommen also nicht ohne weiteres die f ü r die (große) Aktiengesellschaft geltenden Grundsätze in Betracht (so auch Schilling in Hachenburg, § 56d, 2). Auch der Lagebericht hat, wie die Angabe des Jahresergebnisses, sich auf die beiden letzten vor der Anmeldung der Umwandlung abgeschlossenen Geschäftsjahre zu beziehen (Bartl/Henkes UmwG 128). Im übrigen gilt für den Sachgründungsbericht, daß in diesem die wesentlichen Umstände der für die Angemessenheit der in der Umwandlungsbilanz (Rdn. 39) vorgenommenen Bewertung der Aktiva und Passiva des EinzelhanMeyer-Landrut

25

§1

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

delsunternehmens anzugeben sind, einschließlich der Jahresergebnisse der beiden letzten Geschäftsjahre (im einzelnen § 5, 41—44). Erläuterungen zur Vermögensübersicht i.S. von § 56c Abs. 3 Satz 2 U m w G (Rdn. 38) gehören nicht in den Sachgründungsbericht (a.A. Bartl/Henkes 129). Ob Hinderungsgründe i.S. von § 50 Abs. 2 U m w G (Rdn. 32) vorliegen, ist der Vermögensübersicht zu entnehmen, wobei bei Anlaß zu Zweifeln das Gericht gemäß § 9c ermitteln und vorgehen wird {Bartl/Henkes U m w G 132). 41

8. Mängel der Umwandlungserklärung. Für die Wirksamkeit der U m wandlungserklärung und ihre Folgen gelten die gleichen Grundsätze, die auch bei Gründung der G m b H Platz greifen. Fehlende notarielle Beurkundung nach § 56c Abs. 1 U m w G macht diese nichtig (§ 125 BGB). Ebenso ist die Umwandlungserklärung nichtig, sofern sie von einem nicht Geschäftsfähigen abgegeben wird (§1, 17). Formmängel werden mit der Eintragung im H a n delsregister geheilt, nicht aber fehlende Geschäftsfähigkeit (§1, 18; wie hier auch Rowedder-Zimmermann a a O 361). Das Registergericht kann nach § 142 FGG vorgehen. Verstöße gegen die Hinderungsgründe des § 50 Abs. 2 U m w G berühren nach Eintragung die Wirksamkeit der Umwandlung nicht (Rdn. 33 a. E.); ebensowenig wird die Wirksamkeit der Umwandlung berührt, wenn trotz unvollständiger Übersicht (§ 56e Abs. 2 Nr. 1 UmwG) eingetragen worden ist (Rowedder-Zimmermann aaO) oder wenn die Umwandlungsbilanz zu einem früheren als nach § 43 Abs. 4 U m w G zulässigen Stichtag aufgestellt war. Mängel der Eintragung der G m b H sind im Rahmen der §§ 75, 76 bzw. § 144 Abs. 1 FGG geltend zu machen; s. auch § 144a Abs. 4 FGG (§ 3, 23).

42

9. Anmeldung zum Handelsregister. Nach § 56e Abs. 1 Satz 1 UmwG ist die Umwandlung sowohl vom Einzelkaufmann als auch von dem oder den Geschäftsführern der GmbH zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden; es gilt das in § 7, 4—8 Gesagte. Zuständig ist das Registergericht, in welchem die Firma des umzuwandelnden Einzelhandelsunternehmens eingetragen ist. Der Anmeldung sind (nach § 56c Satz 2 UmwG) die in § 8 Abs. 1 Nr. 2, 4—6 G m b H G genannten Urkunden beizufügen. Es handelt sich dabei um den Nachweis der Bestellung der Geschäftsführer, den Sachgründungsbericht (Rdn. 40), den Nachweis über den Wert der Sacheinl'agen, der sich aus der Vermögensübersicht ergibt (Rdn. 38), die gleichfalls der Anmeldung beizufügen ist (Abs. 1 Nr. 3). Beizufügen ist der Nachweis einer etwa erforderlichen staatlichen Genehmigung. Schließlich ist der Anmeldung die Umwandlungsbilanz (Rdn. 39) beizufügen (§ 56e Abs. 1 Nr. 4 UmwG). Nicht ausdrücklich erwähnt sind der Gesellschaftsvertrag und die Liste der Gesellschafter (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 und 3), denn diese Angaben enthält die Umwandlungserklärung (Rdn. 34, 36). 26

Meyer-Landrut

§1

Zweck

D a s G e s e t z n e n n t in § 5 6 c Abs. 1 N r . 2—4 als w e i t e r der A n m e l d u n g der Umwandlung

beizufügen

eine A u s f e r t i g u n g

der

Umwandlungserklärung

( R d n . 3 5 ) und die V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t ( R d n . 3 8 ) . I n s b e s o n d e r e die letztgen a n n t e n U n t e r l a g e n bilden, w e n n o r d n u n g s g e m ä ß , die G r u n d l a g e für die E i n t r a g u n g der U m w a n d l u n g ins H a n d e l s r e g i s t e r ( R d n . 4 3 ) . 1 0 . A b l e h n u n g der E i n t r a g u n g . D a s G e r i c h t m u ß die E i n t r a g u n g der U m W a n d l u n g a b l e h n e n , w e n n die H i n d e r u n g s g r ü n d e des § 50 Abs. 2 U m w G i . V . m . § 5 6 e S a t z 2 U m w G vorliegen (kein verbleibendes P r i v a t v e r m ö g e n o d e r U b e r s c h u l d u n g des E i n z e l k a u f m a n n s ) o d e r w e n n die V e r m ö g e n s ü b e r sicht ( R d n . 3 8 ) unvollständig ist (§ 5 6 e Abs. 2 U m w G ) .

43

N i c h t e i n g e t r a g e n w e r d e n soll die U m w a n d l u n g f e m e r , w e n n die U m w a n d lungsbilanz für einen m e h r als sechs M o n a t e v o r der A n m e l d u n g der U m w a n d lung z u r ü c k l i e g e n d e n S t i c h t a g aufgestellt w o r d e n ist (§§ 5 6 e Abs. 1 S a t z 3 i . V . m . 4 3 Abs. 4 U m w G ) . Ist die E i n t r a g u n g t r o t z des V o r l i e g e n s v o n Eintragungshindernissen e r folgt, so w e r d e n die e n t s p r e c h e n d e n M ä n g e l geheilt ( R d n . 4 1 ) . 1 1 . W i r k u n g der E i n t r a g u n g . D i e U m w a n d l u n g wird mit der E i n t r a g u n g der G m b H im H a n d e l s r e g i s t e r w i r k s a m (§ 5 6 f S a t z 1). Es entsteht die G m b H ( § 1 1 Abs. 1). G l e i c h z e i t i g erlischt die v o r der U m w a n d l u n g g e f ü h r t e F i r m a des E i n z e l k a u f m a n n s (5 5 6 f Abs. 1 S a t z 3). H i n s i c h t l i c h des E i n z e l h a n d e l s u n t e r n e h m e n s tritt V o l l b e e n d i g u n g ein. E i n e Liquidation findet nicht statt. D a s E r l ö s c h e n der E i n z e l h a n d e l s f i r m a wird v o n Amts w e g e n in das H a n d e l s r e g i s t e r e i n g e t r a g e n (§ 5 6 f Abs. 1 S a t z 4 ) . D i e E i n t r a g u n g der G m b H e r f o l g t g e m ä ß § 10. M i t der E i n t r a g u n g der G m b H g e h t o h n e weiteres im W e g e der s o g e n a n n ten partiellen G e s a m t r e c h t s n a c h f o l g e das in der V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t a n g e f ü h r t e Aktiv- und P a s s i w e r m ö g e n ( R d n . 3 8 ) auf die G m b H über. N i c h t bilanzfähige o d e r nicht bilanzierungspflichtige R e c h t e , G e g e n s t ä n d e o d e r V e r b i n d lichkeiten gehen nur über, w e n n sie in der V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t a u f g e f ü h r t w e r d e n (str., N a c h w e i s e in R d n . 3 8 ) . M i t ü b e r g e h e n hingegen auch o h n e A u f n a h m e in die V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t die im U n t e r n e h m e n des E i n z e l h a n d e l s g e schäfts b e g r ü n d e t e n R e c h t e und P f l i c h t e n und nicht a b g e w i c k e l t e S c h u l d v e r hältnisse ( R o w e d d e r - Z i m m e r m a n n a a O 3 5 8 ; Schilling a a O § 56e, 2 ; a.A.

Scholz-Skibbe

aaO 92g).

S o w e i t V e r m ö g e n s w e r t e nicht o h n e weiteres a u f die G m b H ü b e r g e h e n , g e nügt, um den Ü b e r g a n g zu e r r e i c h e n , deren pauschal z u s a m m e n g e f a ß t e A u f f ü h r u n g in der V e r m ö g e n s ü b e r s i c h t (Rowedder-Zimmermann a a O , s. auch insoweit Scholz-Skibbe aaO). I m Ausland b e l e g e n e V e r m ö g e n s w e r t e sind, w e n n das ausländische R e c h t die G e s a m t r e c h t s n a c h f o l g e nicht a n e r k e n n t , einzeln zu ü b e r t r a g e n

(BartlΊ

Henkes 135). Meyer-Landrut

27

44

§1

l. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Veränderungen der Aktiva und Passiva in der Zeit zwischen dem Stichtag der Vermögensübersicht und dem Tag der Eintragung der Umwandlung im Handelsregister werden vom Rechtsübergang in entsprechender Anwendung des Surrogationsprinzips des § 718 Abs. 2 BGB erfaßt (Meyer-Landrut Großkomm AktG a a O §55, 2; Bartl/Henkes a a O ; s. auch Schilling a a O § 56f, 2; § 56c, 5; a.A. Rowedder-Zimmermann a a O 359; Scholz-Skibbe aaO 92m). 45

12. Fortdauer der Haftung des Einzelkaufmanns. Für die Fortdauer der H a f t u n g des Einzelkaufmanns gilt gemäß § 56f Abs. 2 U m w G die Regelung des § 55 Abs. 2 und 3 UmwG. Zunächst einmal gilt, daß trotz der Umwandlung und des Vermögensübergangs auf die G m b H der Einzelkaufmann nicht von der H a f t u n g f ü r die übergehenden Verbindlichkeiten befreit ist. Vielmehr haftet er nach außen als Gesamtschuldner zusammen mit der G m b H . Entgegen §418 BGB erlöschen Sicherungsrechte nicht. Die Rechtstellung der Gläubiger des umgewandelten einzelkaufmännischen Unternehmens ändert sich also mit der Umwandlung nicht. N u r im Innenverhältnis ist die G m b H allein aus den von ihr übernommenen Verbindlichkeiten verpflichtet. Wird die Umwandlung eingetragen, obgleich das gesamte Vermögen des Einzelkaufmanns i.S. von ξ 419 BGB auf die G m b H übertragen worden ist (vgl. Rdn. 43), so gilt nach § 55 Abs. 3 UmwG, daß auch die Privatgläubiger, also die Gläubiger, deren Forderungen nicht in der Vermögensübersicht aufgeführt und demgemäß auch nicht von der G m b H übernommen worden sind, ihre im Zeitpunkt der Umwandlung bestehenden Forderungen gegen den Einzelkaufmann auch gegenüber der G m b H geltend machen können. Das gilt aber nur, wenn vom Einzelkaufmann eine Befriedigung nicht zu erlangen ist. Eine Vorausklage entsprechend §771 BGB ist nicht erforderlich. Das Zahlungsunvermögen kann auf jede Weise nachgewiesen werden (Rowedder-Zimmermann a a O 368; Scholz-Skibbe a a O 92n; Schilling a a O § 56f, 4). Im übrigen gilt zugunsten der G m b H § 419 Abs. 2 BGB, d. h. die Beschränkung der H a f t u n g auf das übernommene Vermögen. Ferner gilt § 419 Abs. 3 BGB mit dem Verbot, die H a f t u n g des Ubernehmers durch Vertrag auszuschließen oder zu beschränken.

46

13. Verjährung. Es gilt nach § 56f Abs. 2 U m w G der § 56 U m w G über die Verjährung der Ansprüche der Gläubiger des Einzelkaufmanns. Danach verjähren diese Ansprüche gegen den Einzelkaufmann aus den in der Vermögensübersicht aufgeführten und von der G m b H übernommenen Verbindlichkeiten mit dem Ablauf von fünf Jahren, sofern nicht nach den allgemeinen Vorschriften kürzere Verjährungsfristen anwendbar sind. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ende des Tages, an dem das Erlöschen des Einzelhandelsunternehmens (§ 56f Abs. 1 Satz 4 UmwG) im Handelsregister eingetragen worden ist (§ 56 Abs. 1). Tritt die Verjährung nach den allgemeinen Vorschrif28

Meyer-Landrut

Form des Gesellschaftsvertrags

§ 2

ten schon früher ein, so behält es dabei sein Bewenden. Wird der Anspruch des Gläubigers nach Löschung des Einzelhandelsunternehmens im Handelsregister fällig, so beginnt die Verjährung erst mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit. Die Vorschrift ist § 159 H G B bzw. § 45 UmwG nachgebildet. Zweck der Regelung ist es, den Einzelkaufmann nach Wegfall der persönlichen Haftung in einer absehbaren Zeit von den im Unternehmen begründeten Verbindlichkeiten freizustellen (s. im einzelnen Schilling aaO § 45, 3). 14. Steuern. Die Umwandlung des Einzelhandelsunternehmens in eine 4 7 G m b H gilt steuerlich als Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft. Es kommen die §§ 20 bis 23 UmwStG zur Anwendung. Demnach kann das eingebrachte Betriebsvermögen bei der übernehmenden G m b H mit den Buchwerten angesetzt werden. Ein eventueller Einbringungsgewinn unterliegt der Einkommenssteuer. Gewerbesteuer fällt jedoch nicht an (§ 18 UmwStG). Ferner fallen an Gesellschaftssteuer, Grunderwerbssteuer und Umsatzsteuer. Ein steuerlicher Verlustvortrag (§ lOd EStG) kann nicht auf die GmbH übertragen werden (Rowedder-Zimmermann aaO 374).

§2 (1) Der Gesellschaftsvertrag bedarf notarieller Form. Er ist von sämtlichen Gesellschaftern zu unterzeichnen. (2) Die Unterzeichnung durch Bevollmächtigte ist nur aufgrund einer notariell errichteten oder beglaubigten Vollmacht zulässig.

Rdn. I. E i n l e i t u n g II. V e r t r a g s f o r m und U n t e r z e i c h nung 1. A l l g e m e i n e s 2. F o r m 3. U n t e r z e i c h n u n g 4. N e b e n a b r e d e n 5. E i n m a n n g e s e l l s c h a f t III. H a n d e l n d u r c h Bevollmächtigte 1. F o r m 2. A u s l a n d s b e g l a u b i g u n g 3. G e s e t z l i c h e V e r t r e t e r 4. I n h a l t d e r V o l l m a c h t 5. M ä n g e l d e r V o l l m a c h t IV. V o r v e r t r a g

1

2 3 6 7 9 10 11 12 13 14 16

Rdn. V . M ä n g e l des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a ges und d e r B e i t r i t t s e r k l ä r u n g 1. D e s G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s a) V o r d e r E i n t r a g u n g b) N a c h d e r E i n t r a g u n g . . . . 2. D e r B e i t r i t t s e r k l ä r u n g a) V o r d e r E i n t r a g u n g b) N a c h d e r E i n t r a g u n g . . . . V I . A u s l e g u n g des G e s e l l s c h a f t s v e r trages 1. Allgemein 2. K ö r p e r s c h a f t l i c h e R e g e l u n gen .· •

Meyer-Landrut

3. I n d i v i d u a l r e c h t l i c h e Bestimmungen 4. Personalistisch o r g a n i s i e r t e Gesellschaften

17 18 19 21

22 23 25 26

29

§2

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

Schrifttum Anton Nichtige G m b H - S a t z u n g , G m b H - R d s c h 73, 75; Bokelmann G m b H - G e s e l l schafterversammlungen im Ausland und Beurkundung durch ausländische N o t a r e , N J W 7 2 , 1729; Eder Gefahren beim Erwerb von Geschäftsanteilen, G m b H - R d s c h 74, 173; Gonella Neubildung eines Anteils anstelle eines nicht entstandenen Geschäftsanteils, G m b H - R d s c h 65, 30; Priester Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei K a p i talgesellschaften, D B 79, 6 8 1 ; Wiedemann D i e Auslegung von Satzungen und Gesellschaftsverträgen, D N o t Z S o n d e r h e f t 7 7 , 1 3 3 .

I. Einleitung 1

Die Vorschrift ist durch die Novelle 1980 in Abs. 1 Satz 1 sprachlich geändert. Durch das B e u r k G v o m 28. 8.1969 wurde mit Wirkung ab 1.1. 1970 in beiden Absätzen der Hinweis auf eine mögliche gerichtliche Beurkundung gestrichen. Der RegEntw 77 hatte die Einfügung eines neuen zweiten Absatzes vorgesehen, wonach bei Errichtung durch einen Gesellschafter dem Gesellschaftsvertrag die Erklärung über die Errichtung der G m b H gleichstehe. Diese V o r schrift hat der Rechtsausschuß gestrichen; dafür wurde der Hinweis auf den „Abschluß" des Gesellschaftsvertrages im bisherigen Abs. 1 Satz 1 gestrichen. Damit ist keine sachliche Änderung zum RegEntw gemeint. Dem Ausschuß erschien der jetzige Wortlaut i.V.m. der Neufassung des § 1 genügend, auch die Errichtung der Einmann-GmbH zu erfassen (Ausschußbericht zu Nr. 2, BT-Drucks. 8/3908). Der Text ist im übrigen seit 1892 unverändert.

II. Vertragsform und Unterzeichnung 2

1. Allgemeines. Abs. 1 Satz 1 bestimmt nur die Formalitäten des Gesellschaftsvertrages, nämlich die notarielle Beurkundung. Der Inhalt des Gesellschaftsvertrages ergibt sich aus § 3. Der Gesellschaftsvertrag ist ein Vertrag besonderer Art, der nach richtiger Ansicht im Anschluß an Würdinger Aktien- und Konzernrecht, 3. Aufl., § 9 1 , als Organisationsvertrag bezeichnet wird (Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 5; Rowedder-Rittner 2; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 5). Er begründet einmal den Zusammenschluß der Gründer zu einem Verband und enthält zum anderen die Regelungen der rechtlichen Verhältnisse dieses Verbandes. Daneben können auch individualrechtliche Vereinbarungen der Gründer, Sonderrechte einzelner Gesellschafter u. dgl. aufgenommen werden. D a der Gesellschaftsvertrag mit der Eintragung der G m b H im Handelsregister grundsätzlich der privatrechtlichen Dispositionsbefugnis der Vertragsparteien entzogen ist, kann man ihn nur als einen Vertrag besonderer Art begreifen. Gebräuchlich 30

Meyer-Landrut

§2

Form des Gesellschaftsvertrags

ist auch die gesellschaftsrechdich treffendere Bezeichnung Satzung oder Statut (vgl. §§ 23 AktG und 5 GenG). 2. Form. Das Gesetz verlangt notarielle Form, also Beurkundung durch 3 einen inländischen Notar (Auslandsbeurkundungen s. Rdn. 5). Der notariellen Beurkundung stehen Beurkundungen durch Konsularbeamte gleich (§10 KonsularG, BGBl. 74 1, 2317). Die örtliche Zuständigkeit der Notare ist grundsätzlich auf den Oberlandesbezirk des Amtssitzes beschränkt (§11 Abs. 1 BNotO). Bei der Beurkundung sind die Vorschriften des BeurkG zu beachten, insbesondere ist eine Niederschrift mit dem gesetzlich vorgesehenen Inhalt aufzunehmen (§§ 8 ff BeurkG). Die Urkunde ist in Gegenwart des N o tars den Beteiligten vorzulesen, von diesen zu genehmigen und von dem Notar und den Beteiligten zu unterzeichnen (§13 BeurkG). Der Gesellschaftsvertrag muß auch bei der Gründung (entsprechend § 54 Abs. 1 Satz 2) in sich geschlossen in einem Schriftstück zusammengefaßt sein (OLG Hamm GmbH-Rdsch 86, 311; OLG Frankfurt W M 81, 698 = DB 81, 1183; O L G Stuttgart D N o t Z 79, 359; Ulmer in Hachenburg 7 n Aufl. § 3, 5; teilw. abw. Scholz-Winter§ 3, 2, s. auch § 54, 6). Die Beurkundung der Gründung ist gebührenrechtlich eine Vertragsbeurkundung i. S. von § 36 Abs. 2 KostO. Dagegen löst die nur einseitige Errichtungserklärung bei Einmann-Gründung (§1, 19) nur eine Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO aus (BayObLG W M 83, 185 m.w.N.; OLG Frankfurt/M. W M 83, 405; OLG Hamm DB 83,2679). Wird die Erklärung der Gründung der G m b H zur notariellen Niederschrift dem Gesellschäftsvertrag als Anlage beigefügt, so ist dieser damit Bestandteil der Niederschrift (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BeurkG). Die Niederschrift über die Gründung der G m b H und den Abschluß des Ge- 4 sellschaftsvertrages ist in deutscher Sprache zu errichten (§ 5 Abs. 1 BeurkG). Die Verwendung einer anderen Sprache (§ 5 Abs. 2 BeurkG) kommt jedenfalls bei Urkunden, die zum Handelsregister einzureichen sind, nicht in Betracht, da die Gerichtssprache Deutsch ist (§ 184 GVG). Ist ein Beteiligter der deutschen Sprache unkundig, so ist zur Beurkundung, falls der Notar nicht selbst die Fremdsprache beherrscht, ein Dolmetscher beizuziehen (§18 Abs. 3 BeurkG). Die Beurkundung einer GmbH-Gründung ist auch durch einen ausländi- 5 sehen Notar möglich. Voraussetzung ist, daß die ausländische Beurkundung der inländischen gleichwertig ist. Auf die bestehenden Prüfungs- und Belehrungspflichten des deutschen Notars (§17 BeurkG) kann durch die Beteiligten verzichtet werden (h.L., Fischer/Lutter 11 sowie für Satzungsänderungen BGHZ 80, 76 = W M 81, 376 gegen OLG Hamm N J W 7 4 , 1057 und OLG Karlsruhe R I W / A W D 79, 576; ferner Baumbach-Hueck 9; Rowedder-Rittner 33; Eder in Handbuch der GmbH I, 23, 2; Bokelmann NJW 72, 1730; ScholzMeyer-Landrut

31

§2

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Westermann Einleitung 108; Hüffer in Staub, 4. Aufl. §8, 70 ff; jetzt auch Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 12; Barz in Großkomm AktG § 23, 5 jeweils m.w.N.; a.A. Behrens in Hachenburg, Einl. 101; kritisch insbes. bezüglich Beurkunden im Kanton Zürich Bredthauer BB 86, 1864). 6

3. Unterzeichnung. Die Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages (gem. Abs. 1 Satz 2) hat durch sämtliche Gesellschafter zu erfolgen. Bei der Einmann-Gesellschaft unterzeichnet der alleinige Gesellschafter. Die Gründer sind gleichzeitig die ersten Gesellschafter der GmbH. Das Erfordernis der Unterzeichnung durch sämtliche Gesellschafter stellt klar, daß eine sogenannte Stufengründung (vgl. §30 AktG 1937) nicht zulässig ist. Darüber hinaus ergibt sich das Erfordernis der Unterzeichnung der den Gesellschaftsvertrag enthaltenden notariellen Urkunde durch die Beteiligten aus § 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG.

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4. Nebenabreden. Die notarielle Form ist gewahrt, wenn der beurkundete und von sämtlichen Beteiligten unterzeichnete Gesellschaftsvertrag vollständig ist, d. h. wenn er alle wesentlichen Bestandteile enthält. Auch Sonderrechte zugunsten einzelner Gesellschafter unterliegen grundsätzlich dem Formzwang ( B G H N J W 6 9 , 1 3 1 = LM § 2 G m b H Nr. 5). Nebenabreden, etwa ein verschleiertes Einlageversprechen, sind ebenso unwirksam (RGZ 82, 303) wie andere Absprachen, die sich auf den Gesellschaftsvertrag als solchen beziehen, aber für den Außenstehenden nicht erkennbar sind (RGZ 140, 303).

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Individuelle Nebenabreden der Gründer unter sich, die nicht die Organisation der Gründung betreffen, sind jedoch zulässig. Das können Stimmabreden, Wettbewerbsverbote sein, Vorzugsrechte auf Geschäftsführung oder Sitze im Aufsichtsrat u. dgl. Bei Gemeinschaftsunternehmen, die häufig als G m b H errichtet werden, spielen derartige, außerhalb des Gesellschaftsvertrages getroffene sogenannte Konsortialabreden eine bedeutende Rolle. Allerdings binden solche Abreden nicht künftige Erwerber von Geschäftsanteilen. Ist eine solche Bindung beabsichtigt, so müssen die entsprechenden Absprachen ebenso wie Sonderrechte im Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden (BGH N J W 6 9 , 131 = LM § 2 G m b H G Nr. 5; Baumbach-Hueck 12; Rowedder-Rittner 35 jeweils m.w.N.). Auch jede spätere Änderung oder Ergänzung des Gesellschaftsvertrages bedarf der notariellen Form (§ 53 Abs. 2). Ist eine Beitrittserklärung in notarieller Form erklärt, aber wegen fehlender Geschäftsfähigkeit schwebend unwirksam, so kann bei Eintritt der Volljährigkeit die Beitrittserklärung formfrei genehmigt werden (BGH W M 80, 866 = N J W 80, 1842). Die Genehmigungserklärung durch den gesetzlichen Vertreter bedarf jedoch der Form des § 2 Abs. 1 Satz 1 (Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 83). 32

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§2

Form des Gesellschaftsvertrags

5. Einmann-Gesellschaft. Gemäß § 1 kann eine G m b H auch durch eine 9 Person errichtet werden; im einzelnen s. § 1, 18 ff. Auch f ü r die EinmannG m b H muß ein Gesellschaftsvertrag mindestens mit dem Inhalt gemäß § 3 festgestellt werden. Den Gründungsbeschluß hat der alleinige Gesellschafter zu erklären (ξ 1, 25), und zwar auch gemäß Abs. 1 Satz 1 in notarieller Form. Besonderheiten verglichen mit der Gründung durch mehrere Personen bestehen nicht.

III. Handeln durch Bevollmächtigte 1. Form. Gemäß Abs. 2 kann sich der Gesellschafter bei Abschluß des Ge- 1 0 sellschaftsvertrages bzw. der alleinige Gesellschafter bei dessen Errichtung durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Abweichend von § 167 Abs. 2 BGB bedarf die Vollmachterteilung der notariellen Beurkundung oder Beglaubigung. Das Formerfordernis dient dem Zweck, „Zweifel und Streitigkeiten über die Legitimation des Vertreters auszuschließen" (so die amtliche Gesetzesbegründung). Die in der Praxis regelmäßig gebräuchliche Beglaubigung hat gemäß § 40 BeurkG zu erfolgen. Es ist also nur die Unterschrift des Vollmachtgebers, die in Gegenwart des Notars zu vollziehen ist, von diesem anzuerkennen. Eine konsularische Beglaubigung im Ausland unter Beachtung von § 18 KonsularG ersetzt die notarielle Beglaubigung. 2. Auslandsbeglaubigung. Vollmachtsbeglaubigungen durch einen auslän- 11 dischen Notar richten sich hinsichtlich der formellen Anforderung nach Ortsrecht (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Zur Verwendung im Inland ist Legalisation durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung erforderlich, es sei denn, es bestehen staatsvertragliche Erleichterungen. Das gilt einmal im Verhältnis der Signatarstaaten des Haager Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 5. 10. 1961 (BGBl. II 1965, 876); hier wird die Legalisation durch eine Bestätigung des Errichtungsstaates in Form der Apostille ersetzt. Im Verhältnis zu anderen Staaten entfällt jede Art der Zwischenbeglaubigung bei öffentlichen Urkunden, so im Verhältnis der Bundesrepublik zu Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien und Osterreich (im einzelnen Keidel-Kunze- Winkler FGG Teil B, Einl. 70 ff) sowie eingeschränkt im Verhältnis zur Schweiz und zu Griechenland (Nachweise über die geltenden Staatsverträge auf dem Gebiete der Legalisation bei Bülow-Böckstiegel Der internationale Rechtsverkehr, Rdn. 760 ff u. Bartl/Henkes 2. Aufl. Anh. VI). 3. Gesetzliche Vertreter. Gesetzliche Vertreter bedürfen keiner Vollmacht. 1 2 Die gesetzlichen Vertreter der juristischen Personen und Personalhandelsgesellschaften wie auch deren Prokuristen weisen sich durch einen Handelsregisterauszug aus. Familienrechtliche Vertretungsverhältnisse sind durch standesMeyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

amtliche Urkunde zu belegen, Amtsstellungen wie Konkursverwalter, Vormund, Pfleger, Nachlaßverwalter durch die Bestallungsurkunde. Entsprechendes gilt für die gesetzlichen Vertreter natürlicher oder juristischer Personen ausländischen Rechts oder ausländische Amtsträger. Diese haben ihre Vertretungsbefugnis gleichfalls durch Urkunden, etwa beglaubigte Registerauszüge, nachzuweisen. Fremdsprachlichen Urkunden sind beglaubigte Übersetzungen beizufügen. 13

4. Inhalt der Vollmacht. Der Inhalt der Vollmacht kann ganz allgemein zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages beliebigen Inhalts und zur Übernahme von Stammeinlagen in beliebiger Höhe ermächtigen. Die Vollmacht kann aber auch dem Bevollmächtigten praktisch keinen oder nur kaum Ermessensspielraum lassen. Eine Generalvollmacht wird, vorausgesetzt, sie ist notariell beglaubigt, ausreichen (RGZ 102, 17), wenn nicht deren Wortlaut oder die Umstände etwas anderes nahelegen. Handlungsvollmacht gemäß § 54 H G B reicht dagegen nicht aus (h.L., Nachweise bei Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 23). Die Bevollmächtigung eines Mitgründers ist möglich, auch die Bevollmächtigung eines Dritten durch sämtliche Gründer; allerdings muß Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB gewährt werden, die auch der notariellen Form bedarf, ebenso wie eine nachträgliche Gestattung des Selbstkontrahierens (vgl. Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 25; Scholz-Winter § 3, 36; Rowedder-Rittner 42; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 17 und BayObLG NJW 59, 989). Liegt eine notarielle Vollmacht vor, so wird der Vollmachtgeber auch dann wirksam vertreten, wenn er zwischenzeitlich die Vollmacht widerrufen hat (§ 172 Abs. 2 BGB).

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5. Mängel der Vollmacht. Ist die Vollmacht nicht notariell beurkundet oder beglaubigt oder weist die Beurkundung oder Beglaubigung formelle Mängel auf, etwa das Fehlen einer Legalisation bei Auslandsurkunden, soweit dieses Erfordernis besteht, so liegt schwebende Unwirksamkeit der Beitrittserklärung bzw. der Errichtungserklärung durch den Alleingesellschafter vor. Eine Eintragung der G m b H in das Handelsregister kann erst erfolgen, wenn der Mangel geheilt ist (Scholz-Winter 37; Rowedder-Rittner 45; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 18). Andernfalls ist die Eintragung abzulehnen (§ 9c i.V.m. § 125 BGB). Gleiches gilt, wenn ein vollmachtloser Vertreter gehandelt hat. Auch hier ist die Erklärung schwebend unwirksam. Der Vollmachtgeber kann sie nachträglich genehmigen (§ 177 BGB), wobei aber auch die Genehmigungserklärung dem Formerfordernis des § 2 Abs. 2 unterliegt. Das Prinzip der Einheitsgründung (Rdn. 6) verlangt, daß vor der Eintragung sämtliche Gesellschafter, sei es persönlich oder auch ordnungsgemäß Bevollmächtigte, den Gesellschaftsvertrag unterzeichnen. 34

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§2

Form des Gesellschaftsvertrags

Alle Arten von Mängeln der Vollmacht, materiell wie formell, sind geheilt, 1 5 wenn die G m b H im Handelsregister eingetragen ist und damit als Rechtspersönlichkeit entstanden ist (§11 Abs. 1). Eine Nichtigkeitsklage nach § 7 5 kommt ebensowenig in Betracht wie eine Amtslöschung nach § 144a Abs. 3 FGG (h.L., s. Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 34). Ist allerdings überhaupt keine Vollmacht erteilt oder konnte sie mangels Geschäftsfähigkeit nicht erteilt werden, so ist der Gesellschaftsvertrag nicht zustande gekommen und es kann nach § 144a FGG verfahren werden (Rowedder-Rittner 46). Unabhängig vom Bestand der Gesellschaft haftet im Innenverhältnis der Vertreter, wenn materiell der Vertretung keine Vollmachtserteilung zugrunde liegt (§ 179 BGB).

IV. Vorvertrag Nach heute herrschender Lehre bedarf auch der Vorvertrag, durch den sich 16 die Beteiligten zur Gründung einer G m b H verpflichten, der notariellen Form (vgl., m.w.N., Ulmer in Hachenburg aaO 36 ff; Scholz-Winter 65; BaumbachHueck 29; Rowedder-Rittner 74). Es gilt insoweit dasselbe wie f ü r die Gründung selbst (Rdn. 3). Nebenabreden sind auch hier formlos verbindlich, sofern sie nicht unmittelbar den Organisationsakt der G m b H - G r ü n d u n g betreffen (Rdn. 7). Andererseits muß auch der Vorvertrag die seinem Zweck entsprechende Bestimmtheit haben, also mindestens in etwa die in § 3 genannten Gegenstände regeln. Entgegen der Regelung in § 2 Abs. 2 bedarf dagegen die Vollmacht zum Abschluß eines Vorgründungsvertrages nicht der notariellen Form (BGH N J W 69, 1856 = LM § 2 G m b H G Nr. 6; a.A. Fischer/Lutter 17; Baumbach-Hueck a a O ; Rowedder-Rittner aaO). Mit dem Abschluß des Vorvertrages entsteht eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, deren Zweck die Durchführung der Gründung der G m b H ist; zur Vorgesellschaft s. im übrigen §11, 2 ff.

V. Mängel des Gesellschaftsvertrages und der Beitrittserklärung 1. Mängel des Gesellschaftsvertrages a) Vor der Eintragung. Fehlt es an der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 geforderten 1 7 notariellen Form, so ist der Gesellschaftsvertrag nichtig (§ 125 BGB). Gleiches gilt, wenn die gesetzlichen Erfordernisse einer wirksamen Beurkundung verletzt sind, etwa das Fehlen der Unterschrift eines Beteiligten oder des Notars (§13 BeurkG; s. auch § 47, 70). Die Nichtigkeit kann von jedermann jederzeit geltend gemacht werden. Im übrigen richtet sich das Innenverhältnis der Beteiligten danach, welche Vorgründungsabsprachen vorliegen. Dritten gegenüber haften die Handelnden persönlich und solidarisch (§11 Abs. 2). Meyer-Landrut

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§2 18

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

b) Nach der Eintragung. Ist die Eintragung der G m b H im Handelsregister trotz fehlender oder fehlerhafter notarieller Beurkundung erfolgt, so ist der Mangel insoweit geheilt. Der früheren Rechtsprechung des RG, derzufolge auch Formmängel als Nichtigkeitsgründe gemäß § 75 geltend gemacht werden konnten (RGZ 54, 418; 83; 259; 102, 17; dann aber RGZ 114, 77), folgt das neuere Schrifttum nicht mehr (s. m.w.N. Ulmer in Hachenburg 20; Hohner in Hachenburg § 75, 9 und Scholz-Winter 40). § 75 zählt die möglichen Nichtigkeitsgründe erschöpfend auf (BGHZ 21, 381). Es ist auch mit dem Gebot der Rechtssicherheit unvereinbar, daß eine einmal ins Leben getretene juristische Person wegen eines für Dritte nicht erkennbaren Formmangels mit den entsprechenden Konsequenzen für den gutgläubigen Geschäftsverkehr sollte für nichtig erklärt werden können. S. auch BGHZ 21, 378, wonach auch eine auf §117 BGB (Scheingeschäft) gestützte Nichtigkeitsklage abgewiesen wurde. Eine Ausnahme gilt für die Beteiligung Minderjähriger: deren Schutz geht den Interessen des Rechtsverkehrs vor, mit der Folge, daß die Beteiligungserklärung eines Minderjährigen trotz Eintragung der GmbH im Handelsregister schwebend unwirksam ist (BGHZ 17, 160, 164 f; BGH WM 80, 866 = NJW 80, 1842). Die gemäß § 108 Abs. 3 BGB die Unwirksamkeit heilende Genehmigungserklärung kann formfrei abgegeben werden (§ 182 Abs. 2 BGB; s. auch B G H a a O ) . 2. Mängel der Beitrittserklärung

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a) Vor der Eintragung. Die Beitrittserklärung des einzelnen Gründungsgesellschafters ist integraler Bestandteil des Gesellschaftsvertrages (BGHZ 29, 303). Sie hat die Konstituierung der werdenden GmbH zum Gegenstand, ist also nicht individualrechtlicher, die Beziehungen der Gesellschafter untereinander regelnder Natur, sondern ein korporationsrechtlicher Akt (vgl. B G H Z 45,345). Daher ist auch vor Eintragung der GmbH im Handelsregister ein Wechsel im Mitgliederbestand durch Abtretung der Mitgliedschaft nicht anders möglich als durch Änderung bzw. Neuvornahme des Gesellschaftsvertrages. Etwas anderes gilt nur, wenn die Abtretung unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der G m b H in das Handelsregister erfolgt.

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Bei Mängeln vor Eintragung, also im Stadium der Vorgesellschaft, gelten grundsätzlich die durch das BGB angeordneten Rechtsfolgen: Beitrittserklärungen können wegen Verstoßes gegen ein Gesetzesverbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§138 BGB) oder als Scheinerklärungen (§117 BGB) nichtig sein. Sie können wegen Irrtums (§119 BGB) oder Täuschung (§ 123 BGB) anfechtbar oder wegen fehlender Genehmigung des gesetzlichen Vertreters (§§ 107, 108 BGB) schwebend unwirksam sein. Nichtigkeit einer Beitrittserklärung berührt ohne weiteres die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages. Heilung der Nichtigkeit setzt Neuvornahme der Gründung voraus (§141 Abs. 1 36

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§2

Form des Gesellschaftsvertrags

BGB). Ist der Mangel erkennbar, so hat das Registergericht den Eintragungsantrag abzulehnen (§ 9c). b) Nach der Eintragung. Mängel der Beitrittserklärung (auch Mängel des 21 Gesellschaftsvertrages) sind nach Eintragung der G m b H in der Regel geheilt. Die Nichtigkeitsgründe in § 7 5 G m b H G bzw. § 144 Abs. 1 Satz 2 FGG sind insoweit als abschließende Regelung anzusehen (RGZ 114, 77, 80). Daher ist auch § 139 BGB auf den Gesellschaftsvertrag nach Eintragung der G m b H nicht anwendbar, auch wenn Beteiligungserklärungen unheilbar nichtig sind {Hohner in Hachenburg § 75, 11 und Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 86, 104; Rowedder-Rittner 52; Baumbach-Hueck 39). Nichtigkeit kommt insbesondere bei der Beitrittserklärung eines nicht voll Geschäftsfähigen in Betracht ( B G H Z 17, 166), die jedoch durch Genehmigung geheilt werden kann (dazu auch Rdn. 18). Es ist dann die Neubildung eines Anteils anstelle des nicht entstandenen Geschäftsanteils vorzunehmen. Näheres bei Gonella GmbH-Rdsch 65, 30 und in Rdn. 18. Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot kann im Einzelfall dann zur Nichtigkeit der Beitrittserklärung führen, wenn dessen Durchsetzung dem schutzwürdigen Interesse am Bestand einer eingetragenen G m b H vorgeht (Scholz-Winter 52).

VI. Auslegung des Gesellschaftsvertrages 1. Allgemein. Bei Auslegung des Gesellschaftsvertrages ist zu unterscheiden 2 2 zwischen den körperschaftlichen Regelungen, die die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen der G m b H betreffen, und individualrechtlichen Bestimmungen. Dabei ist nicht maßgebend, ob die jeweilige Regelung das Außen- oder Innenverhältnis der Gesellschaft betrifft, sondern ob es sich um Bestimmungen handelt, die sich an einen unbestimmten Personenkreis richten, wie zukünftige Gesellschafter, Gläubiger, die Allgemeinheit überhaupt, oder ob sie die Beziehungen einzelner bestimmter Gesellschafter untereinander oder der Gesellschaft zu einem bestimmten Gesellschafter oder einem Dritten betreffen; so die herrschende Rechtsprechung und Lehre, s. B G H Z 14, 25, 36; B G H LM § 549 Z P O Nr. 25; B G H W M 66, 1262; W M 81,438; B G H LM § 47 G m b H G Nr. 20 = N J W 7 3 , 1039 sowie Ulmer in Hachenburg 119 ff; BaumbachHueck 25 ff; Rowedder-Rittner 67 ff; teilweise abw. Scholz-Winter 44. Zur Auslegung von Gesellschafterbeschlüssen s. § 47,2. 2. Körperschaftliche Regelungen. Die körperschaftlichen Regelungen der 2 3 Satzung sind wegen ihrer Maßgeblichkeit für die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen der G m b H , nach rein objektiven Gesichtspunkten auszulegen. Es ist also in erster Linie auf den Wortlaut und den Sinnzusammenhang der betreffenden Vorschrift abzustellen (s. auch Rdn. 24). Im Gesellschaftsvertrag nicht zum Ausdruck gekommene Motive oder Absichten der Gründer Meyer-Landrut

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§2

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

oder sonstige Vorgänge der Entstehungsgeschichte können nicht berücksichtigt werden (BGHZ 14, 36 f; 47, 180; BGH W M 74, 372; 81, 438 = BB81, 926; WM 83, 334; OLG Düsseldorf BB 82, 762; teilw. abw. Rowedder-Rittner 70). Nur so kann die von der Rechtsprechung geforderte einheitliche und gleichmäßige Auslegung der Satzung gewährleistet werden (s. schon RG JW 39, 354). Wenn allerdings Besonderheiten der Entstehungsgeschichte aus anderen, zum Handelsregister einzureichenden Unterlagen, etwa dem Gründungsprotokoll, ersichtlich sind, können diese subsidiär bei der Auslegung von Satzungsbestimmungen herangezogen werden. Zu personalistisch organisierten Gesellschaften s. Rdn. 26. 24

Konsequenterweise unterwirft der B G H die Satzung der G m b H in bezug auf die körperschaftsrechtlichen Regelungen der unbeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. die in Rdn. 23 zitierten Entscheidungen, ferner BGHZ 48, 144; W M 85, 22; 83, 836 sowie BGH LM § 549 Z P O Nr. 18). Typische körperschaftliche Satzungsbestandteile sind der in § 3 Abs. 1 aufgeführte notwendige Inhalt des Gesellschaftsvertrages, aber nicht nur dieser. Auch alle Vorschriften, etwa zu Formen und Fristen bei Abhaltung von Gesellschafterversammlungen, vom Gesetz abweichende Mehrheitserfordernisse, Regeln betreffend das Geschäftsjahr, den Jahresabschluß, die Gewinnverwendung, ferner Bestimmungen über die Einschränkungen oder Modalitäten der Teilung, Übertragung oder sonstigen Verfügung über Geschäftsanteile, der Bestellung eines Aufsichtsrats, sind typische körperschaftliche Regelungen (vgl. dazu § 3,2).

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3. Individualrechtliche Bestimmungen verschiedenster Art sind neben den körperschaftlichen Vorschriften in Gesellschaftsverträgen zu finden. Es kann sich dabei um Regelungen des Dienstverhältnisses eines Geschäftsführers handeln, etwa Gewinnbeteiligung oder Versorgungszusagen (wie in BGH LM § 549 Z P O Nr. 25) oder die Dauer der Bestellung, es kann sich um Wettbewerbsverbote einzelner Gesellschafter handeln, im Gegensatz zu entsprechenden allgemeinen Verpflichtungen, die dann körperschaftlichen Charakter tragen würden. Es gelten die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Das Revisionsgericht kann daher die Auslegung dieser Bestimmungen nur daraufhin nachprüfen, ob die Vorinstanz diese allgemeinen Regeln beachtet hat.

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4. Personalistisch organisierte Gesellschaften. Es erscheint nicht möglich, neben den hier erörterten Unterscheidungskriterien zur Auslegung von Satzungsbestimmungen, noch besondere Regeln für die Auslegung der Gesellschaftsverträge von rein personalistisch organisierten Gesellschaften aufzustellen (so aber Ulmer in Hachenburg 127 und Wiedemann D N o t Z 77, 99; wie 38

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§3

Inhalt des Gesellschaftsvertrags

hier Ulmer in Hachenburg 7 I L Aufl. 121; Baumbach-Hueck 26). Auch die personalistisch organisierte G m b H muß den gesetzlichen Mindestanforderungen an den Satzungsinhalt genügen, und die Gesellschafter müssen es sich auch im übrigen gefallen lassen, daß jedenfalls Dritte den Regelungen des Gesellschaftsvertrages unter denselben Voraussetzungen gegenübertreten wie im Falle einer nicht typisch personalistisch angelegten G m b H (vgl. hierzu auch BGHZ 14, 25). Das bedeutet, daß auch Formeln wie kapitalistisch und personalistisch geprägte Gesellschaft für die Auslegung des Gesellschaftsvertrages keinen zuverlässigen Maßstab abgeben. Mit Recht bezeichnet B G H WM 81, 438, 439 = BB 81, 926 die Grenzen hier als offen und auch als im Laufe der Zeit verschiebbar. Dasselbe gilt für den oft gebrauchten Begriff Familiengesellschaft (BGH aaO). S3 (1) Der Gesellschaf tsvertrag muß enthalten: die Firma und den Sitz der Gesellschaft, den Gegenstand des Unternehmens, den Betrag des Stammkapitals, den Betrag der von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital zu leistenden Einlage (Stammeinlage). (2) Soll das Unternehmen auf eine gewisse Zeit beschränkt sein oder sollen den Gesellschaftern außer der Leistung von Kapitaleinlagen noch andere Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft auferlegt werden, so bedürfen auch diese Bestimmungen der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag. 1. 2. 3. 4.

Übersicht Rdn. I. Allgemeines 1. Inhalt des Gesellschaftsvertrages a) Obligatorischer Inhalt . . . b) Fakultativer Inhalt 2. U n e c h t e S a t z u n g s b e s t a n d teile 3. U n b e d i n g t h e i t des Gesellschaftsvertrages II. W e s e n t l i c h e Bestimmungen (Abs. 1) 1. Firma 2. Sitz Exkurs:Doppelsitz 3. G e g e n s t a n d a) Allgemeines b) Sinn der V o r s c h r i f t c) G e g e n s t a n d und Z w e c k . . d) Ä n d e r u n g

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Rdn. e) K o n k r e t i s i e r u n g Exkurs: Mantelgründung und-kauf 4. S t a m m k a p i t a l 5. Gesellschafter und S t a m m e i n lage III. Nichtwesentliche Bestimmungen (Abs. 2) 1. D a u e r d e r Gesellschaft 2. Nebenleistungspflichten a) Allgemeines b) B e g r ü n d u n g und Ä n d e rung c) D u r c h f ü h r u n g , Leistungsstörung d) A r t d e r N e b e n p f l i c h t e n . . . e) B e e n d i g u n g s g r ü n d e 3. S o n d e r r e c h t e u n d - v o r t e i l e der Gesellschafter

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§3

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

Schrifttum Bommert GmbH-Mantelkauf und Gründungsrecht, G m b H - R d s c h 83, 209; Butz D i e Mantelverwertung bei der G m b H , G m b H - R d s c h 72, 270; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft, 1970; Kornmeier Die Schiedsgerichtsvereinbarung in der G m b H - S a t z u n g , D B 80, 193; Priester Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften, D B 79, 681; den. Die Formulierung des GmbH-Vertrages bei Kapitalerhöhung, G m b H - R d s c h 73, 169; den. Mantelverwendung und Mantelgründung bei der G m b H , D B 83, 2291; Ullrich Formzwang und Gestaltungsgrenzen bei Sonderrechten und Nebenleistungspflichten in der G m b H , Z G R 85, 235; Ulmer Die wirtschaftliche N e u g r ü n d u n g einer G m b H unter Verwendung eines GmbH-Mantels, BB 83, 1123; ders. D i e G m b H und der Gläubigerschutz, G m b H - R d s c h 84, 258; ders. Begründung von Rechten für Dritte in der Satzung einer G m b H , FS für W. Werner, 1984, S. 913; Wallner D e r Unternehmensgegenstand der G m b H als Ausdruck der Unternehmensfreiheit, N J W 86, 721; Wessel D e r Sitz der G m b H , BB 84, 1057.

I. Allgemeines 1. Inhalt des Gesellschaftsvertrages 1

a) Obligatorischer Inhalt. Der Gesellschaftsvertrag im Sinne des G m b H G wird häufig entsprechend der aktienrechtlichen Terminologie (vgl. § 23 AktG) auch als Satzung bezeichnet, gelegentlich auch als Statut (vgl. § 5 ff GenG). Das Gesetz, insoweit seit 1892 unverändert, bestimmt in Abs. 1 die Gegenstände, die der Gesellschaftsvertrag einer G m b H mindestens enthalten muß. Ihr Fehlen führt zur Ablehnung des Antrags auf Eintragung (§ 9c). Ist die G m b H eingetragen, so führt das Fehlen der mindestens erforderlichen Bestimmungen zum Amtslöschungsverfahren nach § 144 Abs. 1 Satz 2 FGG bzw. zur Nichtigkeitsklage gemäß § 75 oder zum Verfahren nach § 144a Abs. 4 FGG i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 5. Wenn auch ein offenes Fehlen der Mindestregelungen kaum praktisch ist, ist eine von vornherein oder später eintretende Nichtigkeit der entsprechenden Bestimmungen durchaus denkbar (vgl. § 1, 10 ff). Dann gilt folgendes: N u r bei Nichtigkeit der Bestimmungen über den Gegenstand können Nichtigkeitsklage nach § 75 und das Amtslöschungsverfahren nach § 144 FGG betrieben werden. Das Auflösungsverfahren nach § 144a FGG kann dagegen eingeleitet werden, wenn die übrigen in § 3 Abs. 1 genannten Bestimmungen (mit Ausnahme der Bestimmung des Gegenstandes in Nr. 2) nichtig sind. Zur Auslegung des Gesellschaftsvertrages s. § 2, 22 ff.

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b) Fakultativer Inhalt. Die in Abs. 2 erwähnten nichtwesentlichen Bestimmungen über Dauer der Gesellschaft und Nebenleistungen bedürfen gleichfalls, sollen sie verbindlich sein, der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag. Daneben erwähnt das Gesetz eine große Zahl weiterer Zuweisungen an den Gesellschaftsvertrag beginnend mit § 4, der Näheres über die Ausgestaltung der Firma der G m b H bestimmt, und § 5, der Regeln betreffend das Stammka40

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Inhalt des Gesellschaftsvertrags

§3

pital und die Einlage enthält, die in unmittelbarer Ergänzung zu § 3 stehen. Ferner § 5 Abs. 4 (Sacheinlagen), § 15 Abs. 4 (Erschwerung der Abtretung von Geschäftsanteilen), § 17 Abs. 3 und Abs. 6 (Erleichterung bei der Veräußerung und Teilung von Geschäftsanteilen an andere Gesellschafter oder Erben sowie Erschwerung der Teilung), § 26 Abs. 1 (Nachschuß), § 34 Abs. 1 (Amortisation), § 52 (Aufsichtsrat), § 53 Abs. 2 (vom Gesetz abweichende Mehrheitserfordernisse), § 60 Abs. 2 (Auflösungsgründe). Weiterhin geht das Gesetz von gesellschaftsvertraglichen Regeln aus in § 10 Abs. 3 und § 30 Abs. 2 (Bekanntmachung); vgl. dazu § 23 Abs. 4 AktG), § 28 (beschränkte Nachschußpflicht), § 29 (Gewinnverteilung), § 35 Abs. 2 (Vertretungsbefugnis und Zeichnung der Geschäftsführer), § 37 Abs. 1 (Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis), § 38 Abs. 2 (Einschränkung des Widerrufs der Geschäftsführerbestellung), § 60 Abs. 2 (Auflösungsgründe), § 66 Abs. 1 (Bestellung von Liquidatoren), §72 Satz 2 (Verteilung des Liquidationserlöses, §318 Abs. 1 Satz 2 H G B (Wahl der Abschlußprüfer). Auch die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens für Geschäftsführer einer mehrgliedrigen G m b H ist als Regelung der Vertretungsbefugnis Satzungsbestandteil (BayObLG DB 80, 2029). Gleiches gilt für den Alleingeschäftsführer der Einmann-GmbH kraft gesetzlicher Regelung (§35 Abs. 4; vgl. § 1,22; § 10,9). § 51a Abs. 3 schränkt die Satzungsautonomie dagegen ein (Auskunfts- und Einsichtsrechte der Gesellschafter, ebenso § 264 Abs. 1 H G B (Bilanzierungszeitraum), §§ 316 ff H G B (Pflichtprüfung), §§ 325 ff H G B (Offenlegung). Mindestens die in Abs. 1 aufgeführten Regelungen müssen in einer den 3 Gesellschaftsvertrag darstellenden Urkunde zusammengefaßt werden (entspr. § 54 Abs. 1 Satz 2; s. die Nachweise in § 2, 3 und § 54, 6). Enthält der Gesellschaftsvertrag darüber hinaus, wie das allgemein üblich ist, weitere körperschaftliche Regelungen, wie vorstehend in Rdn. 2 im einzelnen aufgeführt, sind auch diese im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.

2. Unechte Satzungsbestandteiie. Keiner Aufnahme in den Gesellschaftsver- 4 trag bedürfen Bestimmungen, die als sogenannte unechte Satzungsbestandteile bezeichnet werden (BGHZ 18, 205). Hierbei handelt es sich um Regelungen, die anläßlich der Gründung (oder einer späteren Satzungsänderung), in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen worden sind, ohne daß ihre Wirksamkeit von einer derartigen Aufnahme in die Satzung abhängig ist. Diese Regelungen beziehen sich lediglich auf individuelle Rechtsbeziehungen zwischen den jeweils Beteiligten. Typisch hierfür ist die oft anzutreffende Geschäftsführerbestellung durch die Gründer, ferner Gehalts- oder Pensionsvereinbarungen mit Geschäftsführern (so B G H Z 18, 205) oder die personelle Zusammensetzung eines Aufsichtsrats oder eines Beirats (vgl. B G H W M 70, 246). Maßgebend ist, ob nach dem erkennbaren Parteiwillen die betreffende Bestimmung als Bestandteil gesellschaftsrechtlich erhöhter Bindung gedacht war Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

oder nur aus Anlaß des Abschlusses oder einer Änderung des Gesellschaftsvertrages geschaffen wurde (vgl. BGHZ 38, 155, 161 eine Schiedsklausel betreffend und Fischer Anmerkung zu LM § 47 G m b H G Nr. 4; ferner eingehend Ulmer FS Werner, S. 913). Die Änderung einer unechten Satzungsbestimmung in dem hier beschriebenen Sinn bedarf nicht der Einhaltung der für Satzungsänderungen bestehenden Vorschriften (§53,3); auch wird die Beachtung dieser Vorschriften andererseits bei Änderung individualrechtlicher Rechte oder Pflichten regelmäßig nicht genügen. H a t sich der Regelungsgegenstand erledigt, so erlischt auch eine entsprechende Satzungsbestimmung automatisch und ohne, daß es einer formellen Aufhebung durch Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung bedarf (BGHZ 18,209). 5

3. Unbedingtheit des Gesellschaftsvertrages. Die Beitrittserklärung zur Gründung einer G m b H kann nicht unter einer Bedingung oder unter irgendeinem sonstigen Vorbehalt erklärt werden. Es handelt sich insoweit nicht um eine individualrechtliche Willenserklärung, sondern um einen korporationsrechtlichen Akt (BGHZ 45, 345). Enthält der Gesellschaftsvertrag also hinsichtlich der Regelungen, die mindestens in ihm enthalten sein müssen, Bedingungen oder Vorbehalte, so kann eine Eintragung im Handelsregister nicht erfolgen. Ist das dennoch geschehen, so können Nichtigkeitsgründe allerdings nur noch im Rahmen des § 75 bzw. der §§ 144 und 144a FGG geltend gemacht werden sowie gegebenenfalls im Rahmen einer Auflösungsklage gemäß §61 (vgl. im übrigen § 2, 21). II. Wesentliche Bestimmungen (Abs. 1)

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1. Firma. In § 3 Abs. 1 Nr. 1 ist zwingend bestimmt, daß im Gesellschaftsvertrag u. a. die Firma der G m b H enthalten sein muß. Die Firma ist, entsprechend § 17 HGB, der gesetzliche Name, unter dem die G m b H am Rechtsverkehr teilnimmt (BGH W M 69, 1321). Ist die Firma wegen Gesetzesverstoßes oder aus anderen Gründen nichtig, so berührt das den Bestand der G m b H nicht. §75 i.d.F. des G vom 15.8. 1969 erwähnt die Firma nicht mehr, es kommt also nur das Auflösungsverfahren gemäß § 144a Abs. 4 FGG i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 5 in Betracht. Zum Firmenrecht der G m b H s. im übrigen die Erläuterungen zu § 4.

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2. Sitz. Des weiteren ist zwingender Bestandteil des Gesellschaftsvertrages gemäß Abs. 1 Nr. 1 die Bestimmung über den Sitz der Gesellschaft. Der Sitz muß im Inland liegen. Dieses Erfordernis ergibt sich bereits aus § 7, wonach die Gesellschaft bei dem für den Sitz zuständigen Gericht zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist. Gemeint ist hier selbstverständlich das Handelsregister im Sinne der §§ 8 ff HGB. Die Bestimmung eines Sitzes 42

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Inhalt des Gesellschaftsvertrags

außerhalb des Geltungsbereichs des HGB, also der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West), ist nichtig. Als Sitz ist im Gesellschaftsvertrag regelmäßig die Gemeinde, in welcher die G m b H Geschäftsräume unterhält oder jedenfalls auch Geschäftsräume unterhält oder sich sonstwie betätigt, zu bestimmen. Denn das GmbH-Recht kennt keine dem § 5 Abs. 2 AktG entsprechende Vorschrift, wonach der Sitz an dem O r t zu sein hat, an dem die Gesellschaft einen Betrieb hat oder an dem sich Geschäftsführung oder Verwaltung befinden. Es kann also als Sitz der G m b H auch ein O r t gewählt werden, an dem sich weder ein Betrieb noch die Geschäftsleitung befinden (RGZ 59, 107 zu § 182 H G B ; O L G Karlsruhe BB 72, 852). Unzulässig ist ein fiktiver Sitz (OLG Frankfurt GmbH-Rdsch 79, 226; Bay Ob LG BB 82, 578 = DB 82, 894 = W M 82, 521), einmal in dem Sinne, daß eine gewisse irgendwie geartete Beziehung zum Geschäftsbetrieb der G m b H gegeben sein muß, der Sitz also nicht völlig willkürlich gewählt werden darf (h.L., BayObLG DB 81, 1128 = W M 81, 1396; BB 82, 578; weitere Nachweise bei Ulmer in Hachenburg 9). Zum anderen muß gewährleistet sein, daß die G m b H unter der f ü r den Sitzort angegebenen Anschrift auch postalisch erreichbar ist, daß Zustellungen durchgeführt werden können, daß überhaupt ein dem Geschäftsumfang entsprechender Geschäftsverkehr abgewickelt werden kann. Es ist aber nicht angängig, aus den Zustellungsbestimmungen (§§ 171 bzw. 184 Abs. 1 Z P O ) zu folgern, daß wirksam ein Sitz nur begründet werden kann, wenn mindestens ein eigenes Geschäftslokal vorhanden ist oder der Wohnsitz eines Geschäftsführers gewählt wird (Wessel BB 84, 1058), denn Ersatzzustellungen können nicht nur an Angestellte, sondern auch an Bevollmächtigte erfolgen (allg. Ansicht s. Baumbach-Lauterbach Z P O , 45. Aufl., § 184, 2). Es obliegt den Industrie- und Handelskammern und gegebenenfalls den Handwerks- und Landwirtschaftskammern, die Registergerichte bei entsprechenden Uberprüfungen zu unterstützen (§ 126 FGG). Da der Sitz der G m b H nichts darüber besagt, wo deren Vermögenswerte belegen sind, kann eine Pfändung in bewegliches oder unbewegliches Vermögen auch außerhalb der Geschäftsräume der G m b H und auch an einem anderen O r t als dem O r t des Sitzes durchgeführt werden (Landgericht Mannheim DB 83, 1481). Eine Sitzverlegung ist nur in der Form einer Satzungsänderung möglich 8 (§ 53). Die Ordnungsmäßigkeit der Sitzverlegung und die Beachtung von § 30 H G B prüft das Gericht des neuen Sitzes (§ 13c Abs. 2 Satz 3 HGB). Ob die Verlegung tatsächlich vollzogen ist, prüft das Gericht nicht (OLG Köln BB 84, 1065). Etwas anderes gilt, wenn der neue Sitz eine reine Fiktion ist (dazu im Folgenden). Keine Sitzverlegung liegt vor, wenn die Geschäftsanschrift innerhalb der Sitz-Gemeinde verlegt wird. Ändert sich der tatsächliche Sitz, ohne daß eine formelle Sitzverlegung durchgeführt wird, so führt das jedoch nicht zur Nichtigkeit der den Sitz betreffenden Satzungsbestimmung (im einzelnen s.u.). Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Der Sitz hat Bedeutung für den Gerichtsstand (§§ 17, 21, 22 ZPO) und die Zuständigkeit des Registergerichts (§ 7). Er dient ferner zur Anknüpfung im Internationalen Privatrecht. Zum Gerichtsstand im Konkursfalle s. §63, 10. Ist die Satzungsbestimmung den Sitz betreffend nichtig, etwa weil rein fiktiv, oder fehlt eine solche Bestimmung, so greift das Amtslöschungsverfahren nach § 144a Abs. 2 FGG Platz (allg. Ansicht; vgl. BayObLG DB 81, 1128). Fällt erst nach Eintragung der Gesellschaft der satzungsmäßige und der tatsächliche Sitz auseinander, so entfällt nach h.L. eine Anwendbarkeit von § 144a Abs. 2 FGG, da diese Vorschrift nur Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages, die von vornherein nichtig sind, betrifft (Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 9; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 6, Rowedder-Rittner 7; Roth 2.2.1; OLG Frankfurt D N o t Z 80, 121 = GmbH-Rdsch 79, 226; BayObLG BB 82, 578 = DB 82, 894 = W M 82, 521; DB 81, 1128; a.A. Wessel BB 84, 1059; Fischer/ Lutter 2; s. auch BayObLG GmbH-Rdsch 80, 11 zur Frage der nachträglichen Nichtigkeit der Firma sowie § 4, 33). Das Registergericht hat demnach gemäß § 142 FGG vorzugehen: Eine Löschung der unzulässigen Bestimmung über den Sitz berührt den Bestand der Gesellschaft somit nicht. Gesellschafter können gegebenenfalls Auflösungsklage gemäß § 61 erheben. 9

Exkurs: Doppelsitz. Einen doppelten Sitz, wie er allgemein unter Hinweis auf § 62 WertpBerG, § 2 Abs. 3 35. D V O zum UStG und § 5 DMBilErgG im Zuge der Teilung Deutschlands und der Währungsumstellung nach 1945 zugelassen wurde, kann die GmbH, von diesen Ausnahmetatbeständen abgesehen, nicht haben (wie hier Scholz-Winter 9; Eder Handbuch der G m b H I 50.1; Fischer/Lutter 3; Baumbach-Hueck 7; Rowedder-Rittner 8; s. auch KG BB 73, 1001; a.A. Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 12). Das gilt auch bei der Verschmelzung zweier Gesellschaften mit unterschiedlichem Sitz (BayObLG BB 85,949 = DB 85, 1280 = ZIP 85, 929). 3. Gegenstand

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a) Allgemeines. Gemäß Abs. 1 Nr. 2 muß der Gesellschaftsvertrag den Gegenstand des Unternehmens enthalten. Das GmbH-Recht kennt keine dem AktG entsprechende Vorschrift, wonach namentlich bei Industrie- und Handelsunternehmen die Art der Erzeugnisse und Waren, die hergestellt und gehandelt werden, näher anzugeben sind (§ 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG). Das Gesetz mißt der Bestimmung über den Unternehmensgegenstand im Gesellschaftsvertrag dennoch eine besondere und vorrangige Bedeutung bei (wie hier Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 18; Eder in Handbuch der G m b H 1.53). Fehlen oder Nichtigkeit der entsprechenden Bestimmung im Gesellschaftsvertrag löst, wenn die G m b H entstanden ist, Klage auf Nichtigkeit (§ 75) oder das Amtslöschungsverfahren (§ 144 Abs. 1 Satz 2 FGG) aus, anders als andere Mängel des Gesellschaftsvertrages, die in der Regel mit der Eintragung geheilt werden 44

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(§ 2, 18) oder nur zum Auflösungsverfahren nach § 144a FGG führen. Auch ist die Heilung eines Mangels betreffend die Bestimmung über den Unternehmensgegenstand nur unter den erschwerten Voraussetzungen des § 76 möglich, der einen einstimmigen Gesellschafterbeschluß erfordert, während Satzungsänderungen im übrigen lediglich einer qualifizierten Mehrheit gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 bedürfen (über die mögliche Pflicht der Gesellschafter zur Mitwirkung bei der Heilung s. Hohner in Hachenburg § 76, 16). Das gilt allerdings auch für eine Änderung des Unternehmensgegenstandes, sofern nicht bereits Nichtigkeit i.S.v. § 75 eingetreten ist. Ist dagegen ein Erreichen des Gesellschaftszwecks unmöglich geworden, so greift die Auflösungsklage gemäß §61 ein (§1, 13). Fehlt eine Angabe über den Unternehmensgegenstand bei der Anmeldung zum Handelsregister, so ist die Eintragung abzulehnen (§ 9c). b) Sinn der Vorschrift. Zwar wird durch die Umschreibung des Unterneh- 11 mensgegenstandes die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer nicht beschränkt (§ 37 Abs. 2). Die Geschäftsführer haben aber im Verhältnis zur Gesellschaft und den Gesellschaftern bei ihrer Geschäftsführung die Beschränkungen, die sich aus dem Unternehmensgegenstand der G m b H ergeben, einzuhalten (BayObLG GmbH-Rdsch 76, 38; OLG Köln W M 81, 805; s. auch §§ 35—38, 74). Insofern ist der Gegenstand mehr als eine für die Öffentlichkeit bestimmte Erklärung (durch Eintragung im Handelsregister, § 10 Abs. 1) über die beabsichtigte Geschäftstätigkeit der G m b H (Rdn. 12). Andererseits ist die klassische anglo-amerikanische ultra-vires-Lehre dem deutschen Recht fremd, welche nicht nur die Geschäftsführung, sondern auch die Vertretungsbefugnis der gesetzlichen Vertreter einer Korporation auf den Unternehmensgegenstand beschränkt. c) Gegenstand und Zweck. Der Gegenstand ist nicht identisch mit dem 12 Zweck i.S.v. § 1. Der Gegenstand meint den Geschäftstätigkeitsbereich, den die Gesellschaft beabsichtigt aufzunehmen, während die Zweckbestimmung weiter geht (s. dazu im einzelnen § 1 , 2 bis 5). Dabei ist der Unternehmensgegenstand im Gesellschaftsvertrag so bestimmt anzugeben, daß der Schwerpunkt der beabsichtigten Geschäftstätigkeit den beteiligten Verkehrskreisen hinreichend erkennbar ist, denn Sinn der Vorschrift ist auch, im Außenverhältnis die Öffentlichkeit wenigstens in groben Zügen über den Tätigkeitsbereich des neuen Unternehmens zu unterrichten (BGH W M 81, 163). d) Änderung des Gegenstandes. Ändert sich tatsächlich der Unternehmens- 13 gegenständ, so muß die betreffende Satzungsbestimmung angepaßt werden (§ 75, 4). Geschieht das nicht, so kann der Mangel nur durch Beschlußfassung gemäß § 76 geheilt werden (Scholz-Winter 10; Ulmer in Hachenburg 7", 23a; Bartl/Henkes 37). Eine Änderung liegt immer dann vor, wenn die Gesellschaft eine nicht durch die Satzung gedeckte Tätigkeit aufnimmt. Bei Aufgabe einer satzungsmäßigen Tätigkeit bedarf es einer Änderung der GegenstandsbestimMeyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

mung, wenn im Einzelfall eine Wiederaufnahme der eingestellten Tätigkeit nicht mehr möglich ist (RG D R 39, 720; OLG Hamburg DB 81, 74, 77; Wallner N J W 86, 729; a.A. Ulmer in Hachenburg aaO 23). 14

e) Konkretisierung. Umstritten waren früher Notwendigkeit und Ausmaß einer Konkretisierung des Unternehmensgegenstandes. Nach der heute h.L. und Rspr. wird eine soweit konkretisierte Fassung des Gegenstandes gefordert, daß der Schwerpunkt und die beabsichtigte (und die tatsächlich durchgeführte) Geschäftstätigkeit deutlich erkennbar sind (OLG Hamburg GmbH-Rdsch 68, 118; O L G Köln OLGZ 81, 428 = W M 81, 805; BayObLG 76, 38; Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 19; Baumbacb-Hueck 10; Rowedder-Rittner 13; Fischer/Lutter 6; Scholz-Winter 10; Eder in Handbuch der G m b H 1.53; Bartl/ Henkes 35; teilw. abw. Wallner NJW 86, 726 f für den Fall, daß tatsächlich eine umfassende und im einzelnen nicht konkretisierte Geschäftstätigkeit beabsichtigt ist). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß der Unternehmensgegenstand einmal im Interesse der Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer im Innenverhältnis jedenfalls bindet (§§ 35—38, 74), daß ferner durch die Eintragung des Gegenstandes im Handelsregister und dessen Veröffentlichung (§ 10 Abs. 3) Dritte über den tatsächlichen Tätigkeitsbereich der G m b H informiert werden (Rdn. 11) und daß schließlich auch eine Prüfung der Erlaubtheit der Geschäftstätigkeit durch das Registergericht ermöglicht wird (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 6). Im Ergebnis kommt man in der Praxis somit doch zu einer Anwendung der in § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG niedergelegten Grundsätze, d. h. dem Erfordernis der näheren Angabe der hergestellten oder vertriebenen Erzeugnisse bzw. einer individualisierenden Beschreibung der betriebenen Dienstleistungen oder sonstigen Tätigkeiten. ,,Im- und Export von Waren" genügt demnach genauso wenig wie „Verkauf von Waren aller Art", selbst wenn ein sehr umfangreiches Sortiment vertrieben werden soll. Allgemein scheiden Gegenstandsbestimmungen und auch Zusätze in der Bestimmung der Satzung über den Gegenstand aus, die inhaltsleer und nichtssagend sind, nicht individualisierte und auch nicht individualisierbare Floskeln (OLG Köln OLGZ 81, 428 = W M 81, 805). Insoweit kann auch eine Eintragung im Handelsregister nicht erfolgen, da nicht zulässige Gegenstandsbestimmungen oder entsprechende Zusätze auch nicht eintragungsfähig sind (OLG Köln aaO). Ob der Gegenstand einer Komplementär-GmbH mit dem Hinweis auf diese Funktion genügend umschrieben ist, oder ob auch ein Hinweis auf den Gesellschaftszweck der Kommanditgesellschaft erforderlich ist, ist umstritten (s. einerseits OLG Hamburg und BayObLG jeweils aaO; zum anderen Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 22; Fischer/Lutter 6; Baumbach-Hueck 11, Rowedder-Rittner 14 und Scholz-Winter 10 m.w.N.). Da der Zweck der Komplementär-GmbH ausschließlich diese Funktion ist, sollte man, mit der h.L. auch eine entsprechende Gegenstandsbestimmung für genügend halten. 46

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Inhalt des Gesellschaftsvertrags

Exkurs: Mantelgründung und -kauf a) Als Mantelgründung wird die Errichtung einer G m b H bezeichnet, die 1 5 gleichsam auf Vorrat gegründet wird, eine Tätigkeitsaufnahme also zunächst jedenfalls nicht beabsichtigt ist. Angesichts des durch die Novelle 1980 angehobenen Mindestkapitals auf D M 50 000,— (§ 5 Abs. 1) und der Mindesteinzahlung auf D M 25 000,— (§ 7 Abs. 2 Satz 2), der Verpflichtung jetzt auch zur Offenlegung des Jahresabschlusses (§ 325 HGB), der laufend anfallenden Pflichtbeiträge zu berufsständischen Organisationen sowie schließlich angesichts des insbesondere steuerlich geforderten Verwaltungsaufwands dürften Mantelgründungen (auch Vorratsgründungen genannt) in der Praxis in Zukunft eine weniger große Rolle spielen (s. allerdings Priester DB 83, 2291). Ihre rechtliche Zulässigkeit ist umstritten. Die h.L. folgt der Rechtsprechung des K G (JFG 2, 206; 3, 193), wonach eine derartige Gründung als Scheingeschäft (§117 BGB) bzw. wegen Gesetzesverstoß (§ 134 BGB) nichtig ist (Fischer/Lutter 7; Baumbach-Hueck 13; Roth 2.3.3). Neuerdings wird Nichtigkeit aus dem Fehlen eines Unternehmensgegenstands hergeleitet (Ulmer in H a chenburg 7" Aufl. 26; Wallner N J W 86, 729). Da nun aber auch Mantelgründungen ernsthaft gemeint sein können, den gesetzlichen Gründungsanforderungen im Zeitpunkt ihrer Eintragung im Handelsregister genügen und da selbst ein unrichtig beschriebener Gegenstand nur zu einer nach § 76 heilbaren Nichtigkeit gemäß § 75 führen könnte, sollte die Wirksamkeit der sogenannten Mantelgründung jedenfalls dann nicht länger in Frage gestellt werden, wenn eine Geschäftsaufnahme grundsätzlich beabsichtigt ist oder die Geschäftstätigkeit nur in der Verwaltung des eigenen Vermögens besteht und die Gesellschaft ihren rechtlichen Verpflichtungen etwa gegenüber dem Handelsregister und dem Finanzamt nachkommt (Priester DB 83, 2299; RowedderRittner\6; Rowedder-Rasner§ 60, 7; s. auch Scholz-Winter 11). b) Ebenso umstritten ist die rechtliche Zulässigkeit des sogenannten Man- 1 6 telkaufs. Gemeint sind hier die Fälle der Übertragung aller Anteile oder einer qualifizierten Mehrheit der Anteile einer G m b H , die im wesentlichen vermögenslos ist und ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat, wobei der Erwerber nicht beabsichtigt, das bisherige Geschäft fortzuführen, sondern unter Änderung des Gegenstandes (und gegebenenfalls auch von Firma und Sitz) einen andersartigen Geschäftsbetrieb aufnimmt. Es wird auch von Mantelverwertung gesprochen, wenn der Tatbestand der „ U m g r ü n d u n g " durch die bisherigen Gesellschafter verwirklicht wird. Wirtschaftliche Zwecke verschiedenster Art können einen solchen Erwerb bzw. eine derartige Umgründung nahelegen, nicht nur eine Umgehung der Gründungsvorschriften und eine Vermeidung einer H a f t u n g aus § 11 Abs. 2 (dazu LG Hamburg, BB 85, 1286) während des oft zeitraubenden Eintragungsverfahrens. Auch das Vorhandensein eines steuerlich noch verwertbaren Verlustvortrags (§ lOd EStG) oder etwa Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

bei der G m b H ruhende Konzessionen oder ähnliche Rechte, ein noch vorhandener Kundenstamm und dergleichen können im Einzelfall eine Mantelverwertung nahelegen. 17

Mit der Änderung des Unternehmensgegenstandes (auch wenn gleichzeitig etwa Firma und/oder Sitz geändert werden) kann für sich allein eine gesetzoder sittenwidrige Umgehung der Gründungsvorschriften (sog. verdeckte Neugründung) noch nicht gesehen werden (so aber KG JW 34, 988), denn die Gesellschafter einer G m b H sind rechtlich nicht gehindert, bei Beachtung der formellen Erfordernisse, den Gegenstand des Unternehmens beliebig zu ändern. Das muß auch dann gelten, wenn die Anteile einer nicht mehr tätigen und gegebenenfalls vermögenslosen G m b H übernommen werden (so OLG Karlsruhe DB 78, 1219; OLG Hamburg ZIP 83, 517 = BB 83, 1116 sowie Ulmer in Hachenburg 7° Aufl. 29; Rowedder-Rittner 17; Baumbach-Hueck 14; Fischer/Lutter 8; Scholz-Winter 12). Ist bei einem derartigen Erwerb eine Umgehung der Gründungsvorschriften beabsichtigt, insbesondere hinsichtlich der Einzahlung des Mindestkapitals, so wird teils darauf abgestellt, ob eine solche verdeckte Nachgründung wirtschaftlich solide und lebensfähig ist (LG Ravensburg GmbH-Rdsch 64, 137; hierzu kritisch Scholz-Winter 10), teils ohne weiteres Nichtigkeit gemäß § 134 BGB angenommen (Baumbach-Hueck 13. Aufl. 4 C) oder die Nichtigkeit damit begründet, daß seit Inkrafttreten der Novelle 1980 ein — unwirksamer — Mantelkauf anstelle einer Neugründung dann vorliegt, wenn es sich um Gesellschaften handelt, deren Stammkapital unter DM 50 000,— liegt (OLG Hamburg ZIP 83, 573 = BB 83, 1116; hiergegen mit Recht Bommert GmbH-Rdsch 83, 210). Ulmer (in Hachenburg 30 und insbesondere in BB 83, 1123 und GmbH-Rdsch 84, 258) sowie ihm folgend Priester (DB 83, 2294 ff), Baumbach-Hueck (14. Aufl. 15), Fischer/Lutter (8) und Roth (2.3.3) nehmen grundsätzlich Zulässigkeit sogenannter verdeckter Neugründungen an unter der Voraussetzung, daß gegebenenfalls der Erwerber der Anteile erneut wenigstens die Mindesteinlage leisten müsse, eine Rechtsfolge, die sich aus dem Gesetz allerdings nicht begründen läßt. Die von Priester aaO befürwortete Analogie zum Gründungsrecht dürfte schon am Fehlen einer Entsprechung der Regelungsgegenstände scheitern, abgesehen davon, daß offen bleibt, wie das Registergericht bei einer Satzungsänderung (in der Regel Gegenstand und Firma und möglicherweise Sitz), der gegebenenfalls, aber nicht notwendig, eine Anteilsübertragung vorausgegangen ist, ermitteln und feststellen soll, ob eine „wirtschaftliche Neugründung" beabsichtigt ist (so Ulmer BB aaO 1126 und Priester aaO; s. auch LG Hamburg GmbH-Rdsch 85, 335; wie hier Bommert GmbH-Rdsch 83, 212; RowedderRasner% 60, 7). Hinzu kommt, daß derartige „Umgründungen" in der Praxis durchaus auch unter völlig soliden Voraussetzungen ausgeführt werden (Bommert aaO; auch Priester aaO; S. 2296 f sieht diese Problematik, die formell ohne gesetzliche Regelung nicht lösbar sein dürfte). Auch dürften die von 48

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Inhalt des Gesellschaftsvertrags

Ulmer und Priester a a O vertretenen Thesen selbst zu der restriktiven Praxis der Finanzbehörden (Rdn. 18) in Widerspruch stehen, die die Weiterführung steuerlicher Verlustvorträge bei Mantelkauf (oder Umgründung) u. U. zulassen (vgl. Rdn. 18). Vielmehr gebietet es der Grundsatz der Satzungsautonomie, der auch die unbeschränkte Zulässigkeit der Änderung des Unternehmensgegenstandes einer G m b H unbeschadet ihrer Geschäfts- und Vermögenslage beinhaltet (s. § 1), den sog. Mantelkauf, auch wenn er einer verdeckten Neugründung wirtschaftlich gleichkommt, entsprechend zu behandeln, d. h. auch dem Erwerber der Anteile einer untätigen und vermögenslosen G m b H zuzugestehen, unter deren Mantel ein Neugeschäft aufzunehmen. Aus § 2 LöschungsG läßt sich nichts Gegenteiliges herleiten, solange nicht tatsächlich die Löschung der G m b H wegen Vermögenslosigkeit erfolgt, da dieses Verfahren nur auf Antrag der Industrie- und Handelskammer oder der Steuerbehörde eingeleitet werden kann, also nicht von Amts wegen. Auch erscheint es angesichts der Ubergangsregelung des Art. 12 § 1 Abs. 1 G m b H - N o velle nicht angängig, sogenannte Altgesellschaften auszunehmen. Im übrigen sind die Auflösungsgründe in den §§ 60 bis 62 sowie in Art. 12 § 1 G m b H - N o velle abschließend angeführt (vgl. O L G Karlsruhe DB 78,1219). Der Bundesfinanzhof erkennt die Fortführung des steuerlichen Verlust- 18 vortrags allerdings nur in sehr eingeschränktem Umfang bei Mantelkäufen an, nämlich nur dann, wenn trotz Gesellschafterwechsels die wirtschaftliche Identität des Unternehmens im wesentlichen erhalten bleibt (vgl. zuletzt BFH BStBl 66 III, 289 = BFHE 86, 369; BFHE 111, 155)); andernfalls liegt ein steuerlich nicht anzuerkennender Mißbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts vor (§ 42 AO). 4. Stammkapital. Zu den weiteren Bestimmungen, deren Aufnahme in den 1 9 Gesellschaftsvertrag unverzichtbar ist, gehört nach Abs. 1 Nr. 3 der Betrag des Stammkapitals. Fehlt eine entsprechende Angabe bei Gründung der G m b H , so ist der Antrag auf Eintragung im Handelsregister abzulehnen (§ 9c). Fehlen oder Nichtigkeit nach Eintragung führen zur Nichtigkeitsklage (§ 75) oder Amtslöschung (§ 144 FGG). Erforderlich ist die bestimmte ziffernmäßige Angabe des in Betracht kommenden Betrages in Deutscher Mark. Der Mindestbetrag des Stammkapitals beträgt D M 50 000,— (§ 5 Abs. 1). Eine Angabe lediglich der einzelnen Stammeinlagen, deren Addition das Stammkapital ergeben würde, ist nicht genügend (Scholz-Winter 14; Rowedder-Rittner 18; Fischer/Lutter 9; a.A. Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 34; Baumbach-Hueck 17), denn das Gesetz verlangt die Angabe der Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter neben der Angabe des Betrages des Stammkapitals (Abs. 1 Nr. 4). Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen sind nur im Wege der Satzungsänderung möglich (§§ 55 ff und § 1 KapErhG). Das G m b H G kennt nicht die Möglichkeit der Bildung genehmigten Kapitals (vgl. aber § 202 AktG). Das Stammkapital muß also sowohl bei der Gründung wie auch bei Kapitalerhöhungen Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

voll gezeichnet werden. Wirtschaftlich kommt allerdings die Zulässigkeit der Teilleistung der Einlage (§ 7 Abs. 2 Satz 1) genehmigtem Kapital nahe. 20 Das Stammkapital hat wirtschaftlich die Bedeutung einer Garantieziffer für die Gläubiger, da das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter verteilt werden darf (§ 30 Abs. 1; s. auch § 5, 5). Es beinhaltet jedoch keine Aussage über das Vermögen der GmbH, dessen Höhe nur insoweit zum Stammkapital in Beziehung steht, als dieses in der Bilanz zu passivieren ist (§ 42 Abs. 1).

5. Gesellschafter und Stammeinlage 21

a) Im Gesellschaftsvertrag ist ferner gemäß Abs. 1 Nr. 4 zwingend die Stammeinlage jedes Gründers aufzuführen, die, wie das Gesetz definiert, von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital zu leistende Einlage. Bei Gründung (§ 5 Abs. 2) und entsprechend bei Kapitalerhöhung (§ 55 Abs. 4) kann jeder Gesellschafter nur eine Stammeinlage übernehmen. Mit dem Begriff Stammeinlage bezeichnet das Gesetz die vom Gesellschafter bei Gründung bzw. Kapitalerhöhung übernommene Einlageverpflichtung. Darüber hinaus bestimmt sich nach dem Betrag der Stammeinlage der Geschäftsanteil jedes Gesellschafters (§ 14), womit der Inbegriff der Rechte und Pflichten des Gesellschafters, sein Mitgliedschaftsrecht also, bezeichnet ist. Zu dem bei Gründung erworbenen Geschäftsanteil kann der Gesellschafter durch Erwerb, Erbschaft (§15 Abs. 1), Teilung (§ 17) und Kapitalerhöhung (§ 55) weitere Anteile erwerben. Diese Anteile behalten neben dem ursprünglich erworbenen Geschäftsanteil ihre rechtliche Selbständigkeit (§ 15 Abs. 2).

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b) Weiterhin ist neben dem Betrag der Stammeinlage bei Gründung im Gesellschaftsvertrag die Person der einzelnen Gründer aufzuführen (BGHZ 29, 303; LG Glessen, GmbH-Rdsch 86, 162; Ulmer in Hachenburg 39). Erforderlich ist eine soweit genaue Bezeichnung, daß eine Identifizierung möglich ist; in der Regel also mindestens Name, Vorname, Geburtsname und Wohnsitz, bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften die vollständige Firma und der Sitz. Bei späterer Neufassung des Gesellschaftsvertrags brauchen die ursprünglichen Angaben über die Stammeinlagen und deren Ubernehmer (die Gesellschafter) nach jetzt wohl überwiegender Ansicht nicht mehr fortgeführt zu werden (Rdn. 24).

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c) Fehlen im Gesellschaftsvertrag die Angaben über die einzelnen Stammeinlagen, deren Höhe und deren Ubernehmer (die Gesellschafter), so ist gemäß § 144a Abs. 4 FGG zu verfahren. Das Amtslöschungsverfahren wäre auch einzuleiten, wenn sich Stammeinlage und Ubernehmer zwar zweifelsfrei aus der notariellen Urkunde ergeben (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG), aber nicht im Gesellschaftsvertrag selbst aufgeführt sind (Scholz-Winter 15). 50

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Inhalt des Gesellschaftsvertrags

d) Umstritten ist, ob und wieweit die nach Abs. 1 Nr. 4 geforderten Angaben 2 4 bei außerhalb des Gesellschaftsvertrages erfolgenden Veränderungen in der Person der Gesellschafter, ζ. B. bei Kapitalerhöhung oder Veräußerung, beizubehalten sind. Während früher Lehre und Rspr. im Anschluß an K G D R 41, 2128 und K G D R 43, 984 die Aufnahme der jeweiligen Gesellschafter anläßlich einer Neufassung des Gesellschaftsvertrages für unzulässig hielten und eine spätere Beibehaltung der Angaben über die ursprünglichen Stammeinlagen und deren Übernahme mindestens so lange für erforderlich hielten, wie die Einlage nicht voll geleistet war, setzt sich jetzt die den Erfordernissen der Praxis allein gerecht werdende Auffassung durch, daß trotz des nur deklaratorischen Charakters eine Feststellung der jeweiligen gegenwärtigen Beteiligungsverhältnisse im Gesellschaftsvertrag zulässig ist (wie hier Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 38, 39; Scholz-Priester § 53, 19 und 21; § 55, 37; Rowedder-Rittner 22, 24; Fiscber/Lutter 12 f; Priester Anm. zu O L G Frankfurt, GmbH-Rdsch 73, 200 BayObLG W M 81, 1285 = N J W 82, 1400 = D B 81, 2485; a . A . m.w.N. jedoch O L G Frankfurt W M 81, 698; LG Stuttgart, N J W 72, 1997; LG Köln GmbH-Rdsch 85, 24; Scholz-Winter 15 f; s. auch § 53, 6). Das gilt allerdings nur eingeschränkt, soweit Sacheinlagen erbracht worden sind: Diese Angaben müssen gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 im Gesellschaftsvertrag beibehalten werden (s. aber § 53, 6), unbeschadet der Möglichkeit, die derzeitigen Gesellschafter bei stattgefundenen Veränderungen im Gesellschaftsvertrag anzuführen.

III. Nichtwesentliche Bestimmungen (Abs. 2) 1. Dauer der Gesellschaft a) Die Beschränkung der Gesellschaft auf eine bestimmte Zeit ist der Aus- 2 5 nahmefall. Wird über die Zeitdauer im Gesellschaftsvertrag nichts ausgesagt, so gilt die Gesellschaft als auf unbestimmte Zeit errichtet. Eine Auflösung ist jederzeit durch qualifizierten Gesellschafterbeschluß möglich (§ 60 Abs. 1 Nr. 2). Häufig findet sich dennoch in Gesellschaftsverträgen der nicht erforderliche Hinweis darauf, daß die Zeitdauer der Gesellschaft nicht beschränkt ist. Ist sie beschränkt, so bedarf es der Aufnahme der betreffenden Bestimmung im Gesellschaftsvertrag (s. auch § 3 Abs. 2 auch § 60 Abs. 1 Nr. 1), mit der Folge, daß auch jede Änderung — also eine Verlängerung oder Verkürzung der Frist — oder eine Aufhebung der Bestimmung als satzungsändernder Beschluß der qualifizierten Mehrheits- oder Formerfordernisse der §§ 53, 54 bedarf. Enthält der Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung über die Zeitdauer der Gesellschaft, so ist diese im Handelsregister einzutragen (§ 10 Abs. 2). In diesem Zusammenhang ist es streitig geworden, ob nicht ausnahmsweise eine Änderung der zeitlichen Befristung der Gesellschaft, insbesondere eine Verlängerung der Frist nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich ist Meyer-Landrut

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§3

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

(s. dazu im einzelnen Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 51). Grundsätzlich ist ein derartiges unentziehbares Recht auf Auflösung nicht anzuerkennen, da Satzungsänderungen und auch die Auflösung der GmbH, wenn die Satzung keine ausdrücklichen Erschwernisse vorsieht, zur Disposition der qualifizierten Kapitalmehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen stehen (wie hier außer Ulmer aaO auch Scholz-Winter 22; Eder Handbuch der G m b H I, 711; Baumbach-Hueck 30; Rowedder-Rittner 28; Fischer/Lutter 16). Ein Zustimmungserfordernis des betroffenen Gesellschafters ist mit der h.L. (s. die vorstehenden Nachweise) jedoch dann anzunehmen, wenn sich aus einer Änderung der Zeitbestimmung eine Vermehrung der einem oder mehreren Gesellschaftern obliegenden Nebenleistungen — über die Leistung der Einlage hinaus — ergibt (§ 53 Abs. 3). 26

b) Eine zeitliche Beschränkung ist nicht nur bei einer kalendermäßig, sondern auch bei einer sonst bestimmten Zeitdauer gegeben, auch dann, wenn die Zeitdauer anderweitig objektiv bestimmbar ist, also an ein bestimmtes, in der Zukunft liegendes Ereignis geknüpft ist, wie etwa den Tod eines Gesellschafters, das Auslaufen eines gewerblichen Schutzrechts und dergleichen (BayObLG BB75, 249 m.w.N.). Dagegen liegt keine zeitliche Beschränkung im Sinne von § 3 Abs. 2 bzw. § 60 Abs. 1 Nr. 2 vor, wenn den Gesellschaftern ein Kündigungsrecht eingeräumt ist, denn der Zeitpunkt der Ausübung der Kündigung ist ungewiß und damit die Zeitdauer der Gesellschaft (BaumbachHueck 28; Rowedder-Rittner 26). Die für die Gegenansicht angeführte Entscheidung RGZ 79, 418 betrifft in Wirklichkeit auch den Fall einer zeitlichen Beschränkung und nicht die Kündigung einer Gesellschaft unbeschränkter Dauer. Allerdings bedarf auch die Vereinbarung eines Kündigungsrechts, das zur Auflösung der Gesellschaft führt, der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag (§60 Abs. 2). Im Gegensatz zur zeitlichen Befristung ist aber das Kündigungsrecht nicht im Handelsregister einzutragen (§ 10 Abs. 2). Von einem vertraglichen Kündigungsrecht, nach dessen Inhalt eine Auflösung bewirkt werden kann, ist das Kündigungsrecht einzelner Gesellschafter auf Austritt aus der GmbH zu unterscheiden. Auch derartige Vorschriften berühren die Zeitdauer der Gesellschaft nicht, sie sind also weder eintragungsfähig, noch handelt es sich um Vorschriften im Sinne von § 3 Abs. 2 bzw. § 60 (BayObLG BB 75, 249). Eine gesetzliche Beschränkung der Dauer der Gesellschaft enthielt Art. 12 § 1 Abs. 1 und 2 GmbH-Novelle, wonach Gesellschaften, die ihre Kapitalverhältnisse nicht den neuen Vorschriften anpassen oder sich in eine Personenhandelsgesellschaft umwandeln, mit dem Ablauf des 31. 12. 1985 als aufgelöst gelten; im einzelnen § 60, 19.

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c) Im Gesellschaftsvertrag kann auch der Zeitpunkt des Beginns der Gesellschaft festgelegt werden. Zwar entsteht die Gesellschaft immer erst mit der 52

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§3

Inhalt des Gesellschaftsvertrags

Eintragung im Handelsregister (§ 11 Abs. 1). Die Angabe des Zeitpunkts des Beginns der Gesellschaft kann aber als Zeitpunkt der Geschäftsaufnahme durch die Vorgesellschaft gemeint sein (OLG Zweibrücken GmbH-Rdsch 81, 214). 2. Nebenleistungspflichten a) Allgemeines. Während das Aktienrecht Nebenleistungen der Aktionäre 2 8 nur beschränkt auf wiederkehrende Leistungen zuläßt (§ 55 AktG), kennt das G m b H G eine derartige Einschränkung nicht. Zwar müssen Nebenleistungen, das sind Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft außer der Leistung der Kapitalanlage, wie es das Gesetz in § 3 Abs. 2 ausdrückt, um gesellschaftsrechtlich wirksam zu sein, in die Satzung aufgenommen werden. Art und Umfang sind aber grundsätzlich nicht begrenzt. Durch die in dieser Hinsicht besonders weitgehenden Gestaltungsmöglichkeiten läßt sich die GmbH in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen und in ihrer rechtlichen Ausgestaltung weitgehend der Personalgesellschaft annähern (vgl. BGH DB 58, 1038), ohne daß die Adressaten dieser Nebenpflichten natürliche Personen zu sein brauchen und ohne daß eine unbeschränkte Haftung besteht. Nebenleistungspflichten kommen in der Praxis vor allem bei Zweimanngesellschaften vor; insgesamt ergab eine Befragung für 1969, daß bei 16,4% der befragten Gesellschaften Nebenleistungspflichten bestanden (GmbH-Rdsch 69,147). Von Nachschüssen im Sinne von § 26 unterscheiden sich die Nebenleistungspflichten in vielfacher Weise. Einmal handelt es sich bei der Nachschußpflicht immer um die Zuführung finanzieller Mittel zum Gesellschaftsvermögen, und zwar in der Regel derart, daß sie alle Gesellschafter verhältnismäßig gleich trifft (§ 26 Abs. 2). Bei Nebenleistungen handelt es sich dagegen regelmäßig nicht um Geldzahlungen. Auch ist Gleichbehandlung möglich, aber nicht unbedingt die Regel. Nachschüsse werden üblicherweise (vgl. § 26 Abs. 1) durch Gesellschafterbeschluß eingefordert, Nebenleistungen sind dagegen normalerweise schon aufgrund des Gesellschaftsvertrages verpflichtend. Die Einforderung obliegt dann den Geschäftsführern. Nachschüsse sind in der Bilanz als besonderer Passivposten auszuweisen (§ 42 Abs. 2); das gilt für Nebenleistungen nicht (Ulmer in Hachenburg 56) mit der Folge, daß ihre Rückzahlung an Gesellschafter nicht den Einschränkungen des § 30 Abs. 2 unterliegt, wonach Nachschüsse nur, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, zurückgezahlt werden dürfen, und auch das erst nach Ablauf einer Dreimonatsfrist, gerechnet von der erforderlichen öffentlichen Bekanntmachung. b) Begründung und Änderung. Nebenleistungspflichten werden entweder 2 9 bei Gründung der GmbH durch den Gesellschaftsvertrag oder durch spätere Ergänzung der Satzung begründet. Im letzteren Fall bedarf es der Zustimmung aller betroffenen Gesellschafter (§ 53 Abs. 3). Es ist nicht erforderlich, daß die Meyer-Landrut

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§3

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g d e r Gesellschaft

Satzung die Pflichten zur Erbringung von Nebenleistungen in allen Einzelheiten umschreibt. Sie müssen aber soweit in ihrem wesentlichen Kern konkretisiert sein, daß der Verpflichtete, die Gesellschaft und Dritte den Inhalt der Verpflichtung dem Gesellschaftsvertrag entnehmen können (RGZ 87, 261). Ist der Leistungsumfang nicht bestimmbar, so wäre die entsprechende Verpflichtung wirkungslos (Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 72; Fischer/Lutter 40). Das bedeutet aber nicht, daß die Leistungspflicht nicht bedingt oder befristet sein kann oder sonstigen Vorbehalten unterliegt (Scholz- Winter 2). Die Nebenleistungspflichten sind formell Bestandteil der Satzung, materiell aber nicht Bestandteile der Stammeinlagen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4). Sie unterliegen daher auch nicht den strengen Regeln über den Bestandsschutz der Gesellschaft (s. dazu § 2, 17 bis 21) sowie der Kapitalerhaltung (§ 30). Der Verpflichtete kann sich auch gegenüber dem Verlangen auf Leistung auf Willensmängel berufen (Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 58). Auch außerhalb der Satzung können durch schuldrechtlichen Vertrag Leistungspflichten aller oder einzelner Gesellschafter begründet werden (s. auch §2, 25); es besteht grundsätzlich Wahlfreiheit (vgl. B G H N J W 6 3 , 204; W M 65, 1077; BB 69, 1410, kritisch Ullrich Z G R 85, 248 ff). Unwirksam sind außerhalb der Satzung getroffene Vereinbarungen, die zwingend im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen sind (vgl. §§ 3, Abs. 1, 5 Abs. 4, 53, 56; s. B G H BB aaO). 30

c) Durchführung, Leistungsstörungen. Grundsätzlich sind die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Normen auch auf die Nebenleistungen i. S. von § 3 Abs. 2 jedenfalls soweit anwendbar, als sie mit deren gesellschaftsrechtlicher Natur vereinbar sind. Dabei ist (Ulmer in Hachenburg 75 f) das gesellschaftsrechtliche Grundverhältnis vom schuldrechtlichen Ausführungsvertrag zu unterscheiden. Daraus folgt, daß etwa die Abwicklung eines Darlehens- oder Dienstvertrages oder eines Mietverhältnisses sich nach den einschlägigen Vorschriften des BGB richtet, daß aber die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht den zur Nebenleistung verpflichteten Gesellschafter im Einzelfalle zu einem von den gesetzlichen Grundregeln modifizierten Verhalten verpflichten kann (Scholz- Winter 35; Ulmer in Hachenburg 76). Streitig ist, ob die Leistungsstörungen (Verzug, Unmöglichkeit oder positive Vertragsverletzung) Schadensersatzansprüche aus §§ 280, 325, 326 BGB bzw. Rücktrittsrechte aus den beiden letztgenannten Vorschriften sich nur auf bereits erbrachte Teilleistungen oder aber auf mögliche weitere, noch zu erbringende Leistungen erstrecken. Mit der h.L. ist davon auszugehen, daß es nicht in der Hand des gesellschaftsrechtlich zu Nebenleistungen Verpflichteten liegen kann, sich bei Leistungsstörungen für erbrachte Leistungen auch den satzungsmäßigen Verpflichtungen für die Zukunft zu entziehen. Dem betroffenen Gesellschafter stehen die gesellschaftsrechtlichen Instrumente, etwa die Auflösungsklage (§61), zur Verfügung, wenn ein satzungsändernder 54

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Inhalt des Gesellschaftsvertrags

§3

Beschluß nicht durchsetzbar, eine Veräußerung der Anteile nicht möglich sein sollte (wie hier Ulmer in Hachenburg 81 bis 86 m.w.N.; Baumhach-Hueck 48; Rowedder-Rittner 45; a.A. Scholz-Winter hi). d) Art der Nebenpflichten. Die Art der gesellschaftsrechtlich begründbaren 31 Nebenpflichten der Gesellschafter einer G m b H im Rahmen des § 3 Abs. 2 ist unbegrenzt (vgl. Rdn. 28). Leistungen und Unterlassungen aller Art sind bekannt geworden. Lieferungs- und Abnahmeverpflichtungen, insbesondere auf Ausschließlichkeitsbasis (vgl. R G Z 73, 429, 433), spielen eine Rolle, Wettbewerbsverbote sind bei aktiv im Geschäft tätigen Gesellschaftern häufig, ebenso Dienstverpflichtungen. Überlassung von Fabrikations- oder Geschäftsräumen, von Erfindungen, Rechten oder Konzessionen ist ein weiterer Gegenstand in der Praxis anzutreffender Nebenleistungen in gesellschaftsrechtlichem Rahmen. Verpflichtungen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs zum Gegenstand haben, also die sogenannte Kartell-GmbH, spielen heute angesichts des grundsätzlichen Kartellverbots gem. § 1 GWB eine untergeordnete Rolle (s. dazu Scholz-Winter 29), wenn auch gerade sogenannte Gemeinschaftsgründungen wettbewerbsbeschränkende Ziele haben können (vgl. Gleiss/Hirsch Komm. z. EWG-Kartellrecht, 3. Aufl. Art. 85, 221 ff; Art. 86, 102). Weiterhin finden sich Verpflichtungen für die Gewährung von Darlehen, Bürgschaften oder andersartiger finanzieller Unterstützung der Gesellschaft, Finanzierungsformen, die flexibler und informeller gehandhabt werden können wie Kapitalerhöhungen gem. § 55 oder Nachschüsse im Sinne von § 26. e) Beendigungsgründe. Nebenleistungspflichten erlöschen, sofern und so- 3 2 weit der Gesellschaftsvertrag entsprechende Regelungen enthält. Von der Verpflichtung zur Erbringung zukünftiger Leistungen kann sich der Gesellschafter durch Übertragung seines Geschäftsanteils befrfeien. Häufig macht der Gesellschaftsvertrag allerdings die Übertragung von weitergehenden Voraussetzungen, ζ. B. der vorherigen Zustimmung durch die Gesellschaft, abhängig, wie das auch für Aktien mit Nebenverpflichtungen in § 55 Abs. 1 AktG vorgesehen ist. Bereits fällig gewordene Leistungen kann der Gesellschafter nicht schuldbefreiend gegenüber der Gesellschaft an einen Dritten übertragen. Für die Vererbung von Sonderpflichten gilt Entsprechendes: Grundsätzlich besteht freie Vererbbarkeit (§ 15 Abs. 1), es sei denn, es handelt sich um höchstpersönlich zu erbringende Leistungen. Streitig ist, ob bei Dienstverhältnissen die außerordentlichen Kündigungs- 3 3 rechte nach § 624 BGB (Dienstvertrag über mehr als fünf Jahre) und 5 627 BGB (fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung) sowie § 626 BGB (fristlose Kündigung bei wichtigem Grund) anwendbar sind. Da es sich bei den Rechten auf fristlose Kündigung wie auch bei dem Recht auf Kündigung langfristiger Verträge um Bestimmungen von grundsätzlicher Bedeutung im Recht der Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Dienstverhältnisse handelt, kann deren Anwendbarkeit auch im Bereich gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen nicht ausgeschlossen werden (wie hier R G Z 128, 1, 17; a.A. Scholz-Winter 37; Ulmer in Hachenburg 77), während eine fristlose Kündigung (aus § 626 BGB) nach allg.M. als immer zulässig angesehen wird ( W i n t e r a a O ; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 52). 34

Die Zulässigkeit einer Kündigung der Leistungsverpflichtungen seitens der Gesellschaft wie seitens des Gesellschafters ist aber auch immer daran zu messen, ob ihr Ausspruch mit der die Parteien treffenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht vereinbar ist. Ist die Kündigung treuewidrig, so kann dies f ü r den betroffenen Gesellschafter ein Grund sein, die Auflösung der Gesellschaft gemäß § 61 zu betreiben. Umgekehrt können die übrigen Gesellschafter entsprechend § 140 H G B gegenüber einem treuewidrig handelnden Gesellschafter die Ausschließung durch Klage betreiben (Näheres in § 15, 43). Im übrigen bleibt bei wirksamer Kündigung der Nebenleistungspflichten die Gesellschafterstellung unberührt (str.; wie hier Scholz-Winter 37; a. A. Ulmer in H a chenburg 98; Rowedder-Rittner 52; Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften 1965, 91). Ein dem § 27 entsprechendes Abandon-Recht kennt das Gesetz für Gesellschafter, die mit Sonderpflichten belastet sind, nicht.

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3. Sonderrechte und -vorteile der Gesellschafter Wie Sonderpflichten können auch Sonderrechte oder besondere Vorteile zugunsten einzelner Gesellschafter grundsätzlich frei vereinbart werden (5 14, 13). Von der Möglichkeit unterschiedlicher Maßstäbe bei der Gewinnverteilung (§ 29 Abs. 3 Satz 2) und hinsichtlich des Liquidationserlöses (§ 72 Satz 2) geht das Gesetz selbst aus. Zu den Sondervorteilen gehören auch die Gründervorteile, die einmal oder laufend für Verdienste bei Errichtung der Gesellschaft gewährt werden. Als unentziehbares Sonderrecht kann auch die Bestellung zum Geschäftsführer und die Belassung in diesem Amt satzungsmäßig begründet werden; ein Widerruf ist dann nur aus wichtigem Grund möglich (§ 38 Abs. 2, s. B G H W M 81, 438 = GmbH-Rdsch 82, 129). Soweit keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen, kann die Besetzung des Aufsichtsrats oder eines Beirats gemäß Sonderrecht einzelnen Gesellschaftern oder Gesellschaftergruppen vorbehalten bleiben. Ebenso können unterschiedliche Stimm- u n d / o d e r Gewinnbezugsrechte bei nominal gleicher Kapitalbeteiligung gewährt werden (dazu § 47, 10 ff) und auch Geschäftsanteile ohne Stimmrecht gebildet werden (BGHZ 14,269).

36

Nach heute allg. M. bedürfen Sonder- und Vorzugsrechte einzelner Gesellschafter, um gegenüber der Gesellschaft wirksam zu sein, wie auch die Gewährung jeder Art von Gründervorteilen nach der Grundregel des § 3 Abs. 2 der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag (BGH N J W 69, 131; Scholz-Winter 38; Ulmer in Hachenburg 99; Rowedder-Rittner 53; Ullrich Z G R 85, 240). 56

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§4

Firma

Das gilt auch f ü r das Sonderrecht auf Bestellung zum Geschäftsführer und Belassung in diesem Amt (BGH W M 81, 438 = GmbH-Rdsch 82, 129; vgl. im übrigen §§ 35—38, 116). Da der Gesellschaftsvertrag nicht nur bezüglich gegenwärtiger, sondern auch für zukünftige Gesellschafter rechtlich verbindlich ist, entspricht es einem Erfordernis der Rechtssicherheit, die Gesellschaft betreffende außerordentliche Pflichten oder Lasten offenzulegen. In Anlehnung an § 26 AktG, wonach Sonder- und Gründervorteile jeder Art nur wirksam durch Aufnahme in die Satzung begründet werden können, sah der RegEntw 1977 in § 5a eine entsprechende Regel vor, die vom Bundestag jedoch gestrichen worden ist (s. den Ausschußbericht BT Drucks. 8/3908, S. 70) mit der Begründung, daß die vorgesehene Regelung ungeschriebenem geltenden Recht entspricht und daher nicht erforderlich sei (s. auch § 5, 53). Für die Auslegung derartiger satzungsmäßiger Sonder- oder Vorzugsrechte gilt, daß nur der Wortlaut der Regelung und nicht auch sonstige Umstände der Vorgeschichte allein maßgeblich ist; das folgt aus dem Umstand, daß es sich um eine mitgliedschaftliche Regelung handelt und nicht um persönliche Beziehungen von einzelnen Gesellschaftern (BGH W M 81,438; vgl. auch § 2, 22 ff). Zur Entziehbarkeit der Sonderrechte bzw. den Voraussetzungen einer Entziehbarkeits. § 14,12 ff.

§4 (1) Die Firma der Gesellschaft muß entweder von dem Gegenstand des Unternehmens entlehnt sein oder die Namen der Gesellschafter oder den Namen wenigstens eines derselben mit einem das Vorhandensein eines Gesellschaftsverhältnisses andeutenden Zusatz erhalten. Die Namen anderer Personen als der Gesellschafter dürfen in die Firma nicht aufgenommen werden. Die Beibehaltung der Firma eines auf die Gesellschaft übergegangenen Geschäfts (Handelsgesetzbuch § 22) wird hierdurch nicht ausgeschlossen. (2) Die Firma der Gesellschaft muß in allen Fällen die zusätzliche Bezeichnung „mit beschränkter Haftung" enthalten.

Übersicht Rdn. I. A l l g e m e i n e s II. S a c h f i r m a 1. V o m G e g e n s t a n d e n t l e h n t . . 2. P h a n t a s i e b e z e i c h n u n g e n . . . 3. G e g e n s t a n d s ä n d e r u n g e n . . .

1 5 8 9

Rdn. III. P e r s o n e n f i r m a 1. N a t ü r l i c h e P e r s o n e n 2. J u r i s t i s c h e P e r s o n e n 3. P e r s o n e n - u n d S a c h f i r m a . . . IV. Abgeleitete F i r m a ( § 2 2 H G B ) . .

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§4

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft Rdn.

V. Notwendige Zusätze 1. A n d e u t u n g des G e s e l l s c h a f t s verhältnisses 2. G e s e l l s c h a f t m i t b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g (Abs. 2) VI. Allgemeines Firmenrecht 1. U n z u l ä s s i g e Z u s ä t z e 2. V e r w e c h s l u n g s g e f a h r a) F i r m e n k l a r h e i t . . . b) U n t e r s c h e i d b a r k e i t c) G m b H & C o . K G .

19 20 23 25 26 27

Rdn. VII. Firma der Zweigniederlassung . . VIII. R e c h t s f o l g e n bei U n z u l ä s s i g k e i t 1. V o r E i n t r a g u n g 2. N a c h E i n t r a g u n g a) § 3 7 Abs. 1 H G B b)$142FG G c) § 144a F G G . . . IX. Erlöschen der Firma X . F i r m e n z u s ä t z e in S o n d e r f ä l l e n . . XI. Änderung der Firma

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Schrifttum Bokelmann Das Recht der Firmen- und Geschäftsbezeichnungen, 2. Aufl. 1980; äers. Wichtige Rechtsprechung zum Firmenrecht der G m b H & Co. KG und der G m b H , GmbH-Rdsch. 83, 236; Bullinger Warenzeichen als Firmenname einer G m b H , G m b H Rdsch. 79, 178; Riegger Der Doktor-Titel in der Firma der G m b H , D B 84, 441; Sachs Zur gemischten Firma der G m b H , BB 78, 1144; S. Weber Das Prinzip der Firmenwahrheit im H G B und die Bekämpfung irreführender Firmen nach dem U W G , Köln, 1984; Wellmann Die Firma der G m b H , GmbH-Rdsch. 72, 193; ders. Die Gründung eines U n ternehmens, 2. Aufl., 1971; Wessel Überlegungen zu einer Reform unseres Firmenrechts, BB 81, 822; ders. Zur gemischten Firma der G m b H , BB 78, 1334; ders. Unbekanntes Warenzeichen als Sachfirma einer G m b H , N J W 68, 733; Wittmann Rechtsprechung zum Firmenrecht, BB 69, Beilage 10 und BB 71, Beilage 9.

I. Allgemeines 1

Die Vorschrift ist, obgleich es Reformbestrebungen gab (dazu Ulmer/Heinrich in Hachenburg 2 bis 4), bisher seit 1892 unverändert. Die Firma ist obligatorischer Bestandteil des Gesellschaftsvertrages (ξ 3 Abs. 1 Nr. 1). Insoweit stellt § 4 eine Ergänzung zu den Regelungen des § 3 dar. Wie andere obligatorische Bestandteile der Satzung wird auch die Firma im Handelsregister eingetragen (§10 Abs. 1). Das gleiche gilt für jede Änderung der Firma (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1). Fehlt die Firma oder ist sie nichtig oder unzulässig, so hat das Registergericht die Eintragung abzulehnen (§ 9c Satz 1; s. im übrigen Rdn. 30 bis 33), gegebenenfalls nach fruchtlosem Ablauf einer entsprechenden Frist zur Behebung des Mangels. Das Gericht trifft im Verhältnis zur Gesellschaft keine Amtspflicht auf Vollständigkeit oder Richtigkeit der zur Eintragung angemeldeten Firma; § 4 dient allein dem Schutz der Öffentlichkeit vor irreführenden Firmen (BGH W M 82,975 m.w.N.)

2

Die Firma ist dem Gegenstand des Unternehmens zu entlehnen oder aus dem Namen eines oder mehrerer Gesellschafter, die ihrerseits juristische Personen sein können (§ 1, 15), zu bilden. Es sind auch gemischte Firmen zulässig (Rdn. 15). Beizufügen sind der Firma zwingend ein das Gesellschaftsverhältnis 58

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§4

Firma

a n d e u t e n d e r Z u s a t z sowie die W o r t e „ m i t b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g " ( R d n . 19 und 2 0 ) ; m ö g l i c h sind weitere zulässige Z u s ä t z e ( R d n . 2 3 ) . D i e F i r m a ist der N a m e d e r Gesellschaft. Anders als beim E i n z e l k a u f m a n n ( § 1 7 Abs. 1 H G B ) ist neben der F i r m a ein N a m e der G m b H nicht d e n k b a r . D i e F i r m a ist schlechthin der gesetzliche N a m e , unter dem die G m b H am R e c h t s v e r k e h r teilnimmt ( B G H W M 6 9 , 1 3 2 1 ) . D a h e r k a n n auch die G m b H nur eine F i r m a h a b e n , auch w e n n sie m e h r e r e G e s c h ä f t s z w e i g e o d e r H a n d e l s g e s c h ä f t e betreibt (so die g a n z h . L . und R s p r . ; vgl. Ulmer/Heinricb 65; ScholzWinter 1). W e g e n B e s o n d e r h e i t e n bei Zweigniederlassungen s. R d n . 2 8 .

3

D i e F i r m a g e n i e ß t d a h e r auch, wie der N a m e der natürlichen P e r s o n , den S c h u t z des § 12 B G B (vgl. B G H Z 3 0 , 7, 9 ; B G H L M B G B § 12 N r . 2 1 ; B G H W M 6 9 , 1 3 2 1 ) . D a n e b e n k a n n f ü r die F i r m a der G m b H R e c h t s s c h u t z auch aus §§ 37 H G B , 16 U W G und 2 4 W Z G in Anspruch g e n o m m e n w e r d e n .

4

II. Sachfirma 1. Vom Gegenstand entlehnt a) M a ß g e b e n d f ü r die E n t l e h n u n g ist der im Gesellschaftsvertrag enthaltene (§ 3 Abs. 1 N r . 2 ) und im H a n d e l s r e g i s t e r e i n g e t r a g e n e (§ 10 Abs. 1) G e g e n stand des U n t e r n e h m e n s . S o , wie die A n g a b e des G e g e n s t a n d e s der G e s e l l s c h a f t in der S a t z u n g dazu dient, den S c h w e r p u n k t der beabsichtigten G e schäftstätigkeit o f f e n z u l e g e n ( § 3 , 14), dient auch die S a c h f i r m a d a z u , den U n t e r n e h m e n s g e g e n s t a n d im wesentlichen und schlagwortartig zu individualisieren ( S c h o l z - W i n t e r 5 ; Ulmer/Heinrich 2 3 , jeweils m . w . N . aus Rspr. und L e h r e ) und erkennbar zu m a c h e n (Baumbach-Hueck 14. Aufl. 5 ; RowedderRittner 5). D a h e r sind nichtssagende A l l g e m e i n b e g r i f f e und B r a n c h e n b e z e i c h n u n g e n (dazu O L G H a m m G m b H - R d s c h . 7 8 , 6 4 ) g e n a u s o w e n i g ausreichend wie B e z u g n a h m e n auf nicht im U n t e r n e h m e n s g e g e n s t a n d enthaltene T ä t i g k e i t e n o d e r N e b e n t ä t i g k e i t e n . Ist dagegen die G m b H gleichwertig in m e h r e r e n G e s c h ä f t s z w e i g e n tätig, so g e n ü g t für die F i r m i e r u n g E n t l e h n u n g aus einem der T ä t i g k e i t s g e b i e t e (Ulmer/Heinrich 8 ; Bokelmann Rdn. 341). Die B e t r i e b s a r t als solche ( H a n d e l o d e r P r o d u k t i o n o d e r D i e n s t l e i s t u n g e n ) m u ß sich nicht unbedingt aus der F i r m a e r g e b e n , s o f e r n nicht die G e f a h r einer T ä u schung g e g e b e n ist ( B G H W M 8 2 , 5 8 5 = Z I P 82, 5 6 7 ) . Ist eine G m b H als S t e u e r b e r a t e r a n e r k a n n t (§ 4 9 S t B e r G ) , so ist sie v e r pflichtet, die B e z e i c h n u n g „ S t e u e r b e r a t u n g s g e s e l l s c h a f t " in die F i r m a a u f z u n e h m e n (§ 5 3 S t B e r G ) . E i n e als W i r t s c h a f t s p r ü f e r a n e r k a n n t e G m b H hat die B e z e i c h n u n g „ W i r t s c h a f t s p r ü f u n g s g e s e l l s c h a f t " in der F i r m a zu führen (§ 31 WPO). D i e G r u n d s ä t z e gelten auch f ü r eine G m b H , die allein die F u n k t i o n e n eines persönlich h a f t e n d e n Gesellschafters einer P e r s o n e n h a n d e l s g e s e l l s c h a f t ausMeyer-Landrut

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§4

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

übt. Die Praxis ist aber insofern weniger streng, als daß sich die Zulässigkeit der Sachfirma nach dem Gegenstand der betreffenden Personenhandelsgesellschaft richten kann {Ulmer/Heinrich in Hachenburg 10; Rowedder-Rittner7). 6

b) Bei Frage der Zulässigkeit der Entlehnung f ü r die Firma ist auf die Verständnismöglichkeit der interessierten Verkehrskreise abzustellen (BayObLG DB 78, 579). Hiernach beantwortet sich auch die Frage, wieweit fremdsprachliche Gegenstandsbezeichnungen als Firma verwandt werden dürfen. Man wird dabei angesichts der engen Verknüpfungen der inländischen Wirtschaft im europäischen und weltweiten Bereich nicht engherzig auf die Verständnismöglichkeiten einer fiktiven Allgemeinheit abstellen, sondern nur die Verkehrskreise berücksichtigen, an die sich die G m b H wendet (Scholz-Winter 6; Baumbach-Hueck 11). Abkürzungen, Warenzeichen und Firmenschlagworte können als Firmenbezeichnungen und auch als individualisierende Zusätze verwandt werden, wenn sie eine entsprechende Kennzeichnungskraft f ü r die laut Unternehmensgegenstand hergestellten oder vertriebenen Waren oder erbrachten Dienstleistungen haben und in diesen aufgenommen sind (Ulmer/ Heinrieb in Hachenburg 19 ff; Bokelmann Rdn. 343 m.w.N.; BaumbachHueck 14. Aufl. 14). Auch hierbei kommt es auf den Bekanntheitsgrad bei den von der G m b H angesprochenen Verkehrskreisen an (Bullinger G m b H Rdsch. 79,178).

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c) Dagegen scheiden als Firma alle Entlehnungen aus, die inhaltsleer, nichtssagend oder unverständlich sind. Das gilt natürlich auch und gerade f ü r fremdsprachliche Wortbildungen (s. aber O L G Frankfurt, GmbH-Rdsch. 80, 226).

Ebenso sind Firmierungen unzulässig, die geeignet sind, über Art und Umfang des Geschäftsbetriebs oder die Verhältnisse der G m b H zu täuschen (vgl. auch Rdn. 14); insoweit ist § 18 Abs. 2 H G B auch für den Firmenkern, nicht nur für Zusätze, anwendbar {Ulmer/Heinrich in Hachenburg 26; BaumbachHueck a a O 18; Scholz- Winter 26).

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2. Phantasiebezeichnungen. Zu unterscheiden von der Verwendung von im Verkehr bekannten Warenzeichen, Firmenschlagworten und eingebürgerten Abkürzungen als Firma (oder Firmenzusätze) sind Phantasiebezeichnungen. Die Zulässigkeit ihrer Verwendung richtet sich nach den allgemein anwendbaren Grundsätzen, d.h. danach, ob ihre Verwendung zu einer Individualisierung der Firma führt, die f ü r die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar eine Entlehnung aus dem Unternehmensgegenstand darstellt. Danach scheiden Phantasiebezeichnungen aus, wenn sie den angesprochenen Verkehrskreisen nichts sagen. Sie sind auch unzulässig in Verbindung mit nichtssagenden allgemeinen Begriffen wie „Handelshaus", „Agentur" oder „Fabrik". 60

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§4

Firma

Dagegen sind Phantasiebezeichnungen als Zusätze zu einer ohnehin individualisierten Sachfirma zulässig. Häufig dienen Phantasiebezeichnungen wie auch Abkürzungen ohne Verkehrsdurchsetzung einer von den Gründern angestrebten, über die gesetzlichen Mindesterfordernisse hinausgehenden Individualisierung der Firma. Zu Reformüberlegungen s. Wessel BB 81, 822. 3. Gegenstandsänderung. Soweit der Unternehmensgegenstand sich ändert, 9 kann und muß auch eine Sachfirma geändert werden. Das ist unproblematisch bei einer vollständigen Änderung des Unternehmensgegenstandes, wie etwa der Fortführung eines Produktionsunternehmens als Vermögensverwaltung. Aber auch jede weniger tiefgreifende tatsächliche Änderung des Unternehmensgegenstandes macht dann eine Anpassung bzw. Änderung einer ursprünglich zulässigen Sachfirma notwendig, wenn andernfalls eine Täuschung des Geschäftsverkehrs möglich wäre (Ulmer/Heinrich in Hachenburg 28 bis 32; Bokelmann Rdn. 350 ff; Rowedder-Rittner 9; Roth 3.1.2.; BaumbacbHueck 8). Die Rspr. läßt Änderungen auch dann zu, wenn die Interessen der Gesellschafter eine Anpassung der Firma an geänderte Verhältnisse als erforderlich erscheinen lassen (BGH BB 65,1047).

III. Personenfirma 1. Natürliche Personen a) Die Firma einer G m b H kann, anders als die Firma einer AG (§ 4 Abs. 1 1 0 AktG), auch aus dem Namen eines, mehrerer oder aller Gesellschafter gebildet werden. Wird nur der Name eines Gesellschafters in die Firma aufgenommen, so ist ein das Gesellschaftsverhältnis andeutender Zusatz erforderlich, wobei „Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g " genügend ist. Das gilt auch f ü r die Einmann-Gründung (§ 1), da der Gesellschaftszusatz zugleich als Hinweis auf die Rechtsform dient (OLG Frankfurt BB 82, 694). Gemeint ist bei natürlichen Personen der Name, auch bei Kaufleuten. Diese können also nicht unter ihrer Firma (§17 HGB) als Gründer bzw. Gesellschafter einer G m b H fungieren (str.; wie hier BayObLG N J W 54,1933, Baumbach-Hueck 13. Aufl. 2.BB; a.A. Ulmer/Heinrich in Hachenburg 39; Baumbacb-Hueck 14. Aufl., 28; ScholzWinter 12; Rowedder-Rittner 12). Vornamen und akademische und andere Titel können, brauchen aber nicht in die Firma aufgenommen zu werden. Ob Künstlernamen oder Pseudonyme verwandt werden können, ist streitig (vgl. Ulmer/Heinrich in Hachenburg 38; Rowedder-Rittner a a O ; Baumbacb-Hueck a a O 28). Man sollte in Ausnahmefällen bei Vorliegen eines berechtigten Interesses die Verwendung in der Firma zulassen. Streitig ist auch, ob abgekürzte Vornamen verwendet werden dürfen (vgl. O L G H a m m , N J W 79,1376). Auch bei Gründung durch zwei Personen genügt es, wenn der Name nur eines Gesellschafters in der Firma aufgenommen wird. Entgegen der einzeln vertretenen a.A. (Roth 4.1; Bartl/Henkes 64) läßt nämlich auch eine PersonenMeyer-Landrut

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§4

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

firma der G m b H keine Rückschlüsse auf die Zahl der Gesellschafter zu, so daß, ohne daß eine Täuschungseignung gegeben ist, der vom Gesetz allein verlangte Hinweis auf das Gesellschaftsverhältnis genügt (wie hier BayObLG DB 84, 1821 = W M 84,1153 = GmbH-Rdsch. 85,117; vgl. auch Rdn. 19). 11

b) Wenn alle Gesellschafter in der Firma aufgeführt werden, so entfällt der das Gesellschaftsverhältnis andeutende Zusatz; er ist im Hinblick auf das Erfordernis der Beachtung des Grundsatzes der Firmenwahrheit weder notwendig noch erforderlich. Ein derartiger Zusatz ist auch bei Firmenbildung durch Aufnahme des Namens nur eines Gesellschafters entbehrlich, wenn der Firmenzusatz „Gesellschaft" oder „ G m b H " aufgenommen wird. Es kommt somit praktisch der das Gesellschaftsverhältnis andeutende Zusatz nur in Betracht, wenn mehr als einer, aber nicht alle Gesellschafter in der Firma aufgeführt werden (Scholz-Winter 11; s. im übrigen m.w.N. Rdn. 19).

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c) Nicht zulässig ist nur die Aufnahme des Namens eines Nicht-Gesellschafters. Die namengebende Person muß also zu den Gründern der G m b H gehören oder zu einem späteren Zeitpunkt Gesellschafter geworden sein (OLG Stuttgart, GmbH-Rdsch. 71, 90). § 4 Abs. 1 Satz 2 verbietet ausdrücklich die Aufnahme der Namen anderer Personen in die Firma. Bei einem Verstoß fehlt es an einer gültigen Firma mit der Folge, daß das Amtslöschungsverfahren gemäß § 144a Abs. 4 FGG einzuleiten ist (Rdn. 33). Etwas anderes gilt nur, wenn ein Name Bestandteil einer Sachfirma ist; dann kann auch der N a m e eines Nichtgesellschafters in die Firma einer G m b H aufgenommen werden (Scholz- Winter 16; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 34).

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d) Die Aufnahme eines Gesellschafternamens in die Firma bedarf der ausdrücklichen Genehmigung; §12 BGB, (Bokelmann Rdn. 287; BaumbachHueck 14. Aufl. 31; Rowedder-Rittner 15; Scholz-Winter 13). Dagegen darf die Firma, die den Namen eines ausgeschiedenen Gesellschafters enthält, fortgeführt werden. Der namengebende Gesellschafter hat grundsätzlich keinen Unterlassungsanspruch, es sei denn, es besteht eine entsprechende Vereinbarung. § 24 Abs. 2 HGB, wonach bei Ausscheiden eines Gesellschafters die Fortführung der Firma, die seinen Namen enthält, einer ausdrücklichen Einwilligung bedarf, gilt f ü r die Firma der G m b H nicht ( B G H Z 58, 322; W M 80, 1360; s. auch Ulmer/Heinrich in Hachenburg 78). Ebenso kann der Konkursverwalter (oder sonstiger Verwalter des Vermögens der G m b H ) den Geschäftsbetrieb der G m b H zusammen mit der Firma veräußern, ohne daß der namengebende Gesellschafter widersprechen kann ( B G H Z 85, 221 = W M 83, 149, = N J W 83, 755); in einem solchen Falle muß f ü r die veräußernde G m b H eine neue Firma gebildet werden (§ 63, 14; § 69, 8). Auch einer Änderung der Firma durch Streichung des Namens eines vorhandenen Gesellschafters kann dieser nicht widersprechen, sofern die Voraussetzungen des § 53 gegeben sind (Scholz- Winter 31). 62

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§4

Firma

Auch akademische Titel des namensgebenden Gesellschafters können nach dessen Ausscheiden, sofern in der Firma enthalten, fortgeführt werden (Riegg e r D B 84, 441). Das Recht auf Fortführung des Namens eines ausgeschiedenen Gesellschafters schließt allerdings nicht das Recht ein, seinen Namen bei getrennter Veräußerung einer Zweigniederlassung (dazu auch Rdn. 28) auf deren neuen Rechtsträger weiterzuübertragen (BGH W M 80, 1360 = N J W 81, 343).

2. Juristische Personen. Namengebender Gesellschafter kann auch eine in- 14 ländische oder ausländische juristische Person sein. In diesem Fall kann die Rechtsformbezeichnung immer wegfallen; sie muß wegfallen, wenn durch ihre Aufnahme in die Firma der G m b H eine Irreführung über die Rechtsform möglich ist (OLG Düsseldorf D N o t Z 56, 611; Scholz-Winter 12; BaumbachHueck 14. Aufl. 30). Wegfallen können auch, und müssen im Falle einer möglichen Irreführung, die Firmenbestandteile der namengebenden juristischen Person, die allein auf deren geographisches oder sachliches Tätigkeitsgebiet Bezug nehmen. Anders als bei der Sachfirma (Rdn. 7) ist bei der von dem Namen einer juristischen Person abgeleiteten Personenfirma nicht darauf abzustellen, ob die angesprochenen Verkehrskreise zwischen Firma und deren Gegenstand eine Beziehung herstellen können. Das gilt auch in bezug auf die namengebende ausländische juristische Person (BayObLG NJW 73, 1886; LG Wuppertal BB 73, 722; Ulmer/Heinrich in Hachenburg 49 und Eder GmbH-Handbuch I 36.4). Eine etwa europa- oder weltweiten Geschäftsumfang behauptende oder sonst über Art und Umfang des Geschäfts täuschende Firma ist aber auch als Namensfirma gemäß § 18 Abs. 2 H G B unzulässig (Bokelmann aaO Rdn. 312).

3. Personen- und Sachfirma. Es wird allgemein als zulässig angesehen, daß 1 5 die Firma der G m b H als sogenannte gemischte Firma sowohl dem Gegenstand des Unternehmens entlehnt wird als auch den Namen einzelner Gesellschafter enthält. Dabei bedarf es aber, entgegen der h.L., nicht der Erfüllung sowohl der Erfordernisse der Sachfirma als auch der Personenfirma. Vielmehr ist es genügend, wenn die Firma entweder den Erfordernissen der Sach- oder der Personenfirma genügt. Der jeweils weitergehende Zusatz darf nur nicht geeignet sein, eine Täuschung im Sinne von § 18 Abs. 2 H G B herbeizuführen (wie hier OLG Bremen GmbH-Rdsch. 78, 111; zustimmend Sachs BB 78, 1144; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 33; Roth 4.3.; Goutier/Seydel 7; a.A. OLG Hamm, GmbH-Rdsch. 86, 89; Ulmer/Heinrich in Hachenburg 58; ScholzWinter 17; Eder aaO 37; Wessel BB 78, 1334; Rowedder-Rittner 17). Meyer-Landrut

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§4

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

IV. Abgeleitete Firma (§ 22 HGB) 16

1. §22 H G B bestimmt: „(1) Wer ein bestehendes Handelsgeschäft unter Lebenden oder von T o d e s w e g e n erwirbt, darf für das Geschäft die bisherige Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführen, w e n n der bisherige Geschäftsinhaber oder dessen Erben in die Fortführung der Firma ausdrücklich willigen. (2) Wird ein Handelsgeschäft auf Grund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Verhältnisses übernommen, so finden diese Vorschriften entsprechende Anwendung."

Es ist nach § 4 Abs. 1 Satz 3 auch zulässig, neben der Sach- oder Personenfirma als Firma der G m b H die Firma eines übernommenen Handelsgeschäfts beizubehalten oder zu übernehmen. In Betracht kommt einmal die Einbringung eines Handelsgeschäfts bei Gründung der GmbH (§ 5 Abs. 4) oder im Wege der Kapitalerhöhung (§ 56) sowie zum anderen Kauf, Erbgang, Pacht oder Nießbrauch. Ferner gelten gemäß § 48 Abs. 3 UmwG dem § 22 H G B entsprechende Regelungen bei Umwandlung einer Personenhandelsgesellschaft oder des Unternehmens eines Einzelkaufmannes (§ 56c Abs. 3 Satz 1 UmwG) in eine GmbH. Schließlich ist § 22 HGB entsprechend bei Umwandlung einer AG oder KGaA in eine G m b H anwendbar (§§ 369 Abs. 5 und 388 AktG; dazu Meyer-Landrut Großkomm. AktG § 369,11). Die abgeleitete Firma kann aber nur anstelle, nicht neben der bisherigen Firma der G m b H geführt werden (OLG Stuttgart BB 83, 1688). Denn eine GmbH kann immer nur eine Firma führen, auch wenn sie mehrere Handelsgeschäfte betreibt (h.L. Ulmer/Heinrich in Hachenburg 65; Scholz-Winter 2; Rowedder-Rittner 18). Auch bei Firmenfortführung bleibt § 4 Abs. 2 unberührt, d.h. der Zusatz „mit beschränkter H a f t u n g " ist der Firma des übernommenen Handelsgeschäfts beizufügen. Ein Nachfolgezusatz kann der bisherigen Firma beigefügt werden. 17

2. Voraussetzung der Firmenfortführung ist die ausdrückliche Einwilligung der bisherigen Geschäftsinhaber. Die Einwilligung zur Fortführung einer unzulässigen Firma ist unwirksam (BGH BB 57, 943).

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3. Führt die G m b H die Firma des übernommenen Handelsgeschäfts fort, so haftet sie gemäß § 25 H G B für alle im Betrieb des Geschäftes begründeten Verbindlichkeiten. Eine Haftung bei Nichtfortführung der Firma kann sich trotzdem ergeben, wenn infolge der Übernahme des Vermögens des Handelsgeschäfts die Haftung nach § 419 BGB bzw. § 75 Abs. 1 A O eingreift. 64

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§4

Firma

V. Notwendige Zusätze 1. Andeutung des Gesellschaftsverhältnisses. Das Gesetz verlangt bei Perso- 19 nenfirmen dann einen das Vorhandensein eines Gesellschaftsverhältnisses andeutenden Zusatz, wenn nicht die Namen aller Gesellschafter in der Firma der G m b H enthalten sind. Wird nur der N a m e eines Gesellschafters in die Firma aufgenommen, so genügt der Zusatz „ G m b H " (Fischer 10. Aufl. 3; Hohner N J W 81, 2399; Rowedder-Rittner 11; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 27; Scholz-Winter 11; Roth 4.1; a.A. Bartl/Henkes 64 f). Sind dagegen die Namen mehrerer, aber nicht aller Gesellschafter in die Firma aufgenommen, so reicht die Bezeichnung „Gesellschaft" oder „ G m b H " allein zur Andeutung des Vorhandenseins eines Gesellschaftsverhältnisses nicht aus ( B G H Z 65, 89). Bei drei Gesellschaftern kann die Firma somit lauten ABC G m b H oder AB & C o . G m b H oder A & Co. G m b H , nicht aber Α G m b H . S. im übrigen Rdn. 11. Auch im Falle der Einmanngründung (§ 1) oder der späteren Entstehung einer Einmanngesellschaft ist der Firmenbestandteil „Gesellschaft" zulässig (s. auch Rdn. 10), da dieser im Verkehr nicht nur als die Andeutung eines Gesellschaftsverhältnisses, sondern auch als Bezeichnung der Rechtsform aufgefaßt wird (OLG Frankfurt BB 82, 694).

2. „Gesellschaft mit beschränkter Haftung" a) Das Gesetz verlangt in Abs. 2 den Firmenzusatz „mit beschränkter H a f - 2 0 tung". Fehlt er, so hat die G m b H keine gültige Firma, und es greift das Amtslöschungsverfahren gemäß § 144a Abs. 4 FGG Platz, da es sich bei diesem Firmenzusatz um ein zwingendes und damit wesentliches gesetzliches Erfordernis handelt (Rdn. 33). Der Firmenzusatz ist auch in allen Fällen zwingend, in denen nach § 4 Abs. 1 Satz 3 im übrigen die Beibehaltung der Firma eines übernommenen Handelsgeschäfts zulässig ist (Rdn. 16). W o die Bezeichnung „ G m b H " oder „ m b H " innerhalb der Firmenbezeichnung piaziert wird, ist freigestellt (LG Köln GmbH-Rdsch. 78,256). b) Entgegen einer verbreiteten Auffassung in der Praxis ist das Wort „Ge- 21 sellschaft" im Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Haftungsbeschränkung nicht notwendiger Firmenbestandteil (Ulmer/Heinrich in Hachenburg 53; Bartl/Henkes 66; a.A. Baumbach-Hueck 41; Roth 6.1; Scholz-Winter 24; offen gelassen O L G H a m m GmbH-Rdsch. 86, 89). Sachlich gerechtfertigt ist allerdings bei allen Personenfirmen, die nicht die Namen aller Gesellschafter enthalten, der übliche Zusatz „Gesellschaft" mit beschränkter H a f t u n g zur Verdeutlichung des Gesellschaftsverhältnisses und der Rechtsform (OLG Frankfurt BB 82, 694). Lebhaft umstritten war die Frage, ob die in der Praxis eingebürgerte Abkürzung „GmbH" den Erfordernissen des Abs. 2 genügt und ob dementsprechend die Abkürzung auch im Handelsregister eintragungsfähig sei. Seit Meyer-Landrut

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§4

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

B G H Z 62, 230 ist entschieden, daß die Verwendung der Abkürzung „ G m b H " zulässig ist; zur bisherigen Diskussion s. Ulmer/Heinrich in Hachenburg 54, 55. 22

c) Unterläßt die G m b H im Geschäftsverkehr den gemäß Abs. 2 erforderlichen Zusatz „mit beschränkter H a f t u n g " zu führen, so schafft sie in der Regel den Anschein des Vorliegens einer persönlichen H a f t u n g des Handelnden (BGH W M 81, 873 = LM § 4 G m b H G Nr. 8 = N J W 81, 2569). Der Zwang, den Rechtsformzusatz zu führen, beruht darauf, daß dem Rechtsverkehr auch ohne Einsicht in das Handelsregister die Haftungsbeschränkung erkennbar sein soll. Insoweit hat Abs. 2 auch Vorrang vor § 15 Abs. 2 H G B (BGHZ 62, 216, 229; 71, 354, 357). Das gilt gleichermaßen für Personen- und Sachfirmen, denn auch eine Sachfirma kann als Einzelhandelsuntemehmen oder Personalhandelsgesellschaft weiterbestehen, wenn der m.b.H.-Zusatz gestrichenwird (BGH W M 77,1377).

VI. Allgemeines Firmenrecht 1. Unzulässige Zusätze 23

a) Zusätze, die auf bestimmte freiberufliche und bankmäßige Tätigkeiten hinweisen, sind nur zulässig, wenn die G m b H qualifiziert bzw. ermächtigt ist, derartige Tätigkeiten auszuüben, vgl. §§31 WirtschaftsprüferO, 53 SteuerberatungsG sowie §§ 39 und 40 K W G und 7 KapAnlageG.

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b) Allgemein sind nach § 18 Abs. 2 H B G alle Zusätze unzulässig, die geeignet sind, „eine Täuschung über die Art oder den Umfang des Geschäfts oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers herbeizuführen". Damit ist der gesetzlichen Forderung nach Firmenwahrheit Ausdruck gegeben. Der Grundsatz gilt uneingeschränkt auch für Firmenzusätze juristischer Personen, also auch der G m b H (vgl. § 6 Abs. 1 H G B , § 13 Abs. 3 G m b H G ; B G H Z 65, 89, 92). Unzulässig sind alle Arten von Firmenzusätzen, die über die Größe, den Geschäftsumfang, die geographische Bedeutung, die Rechtsform, die Art des Geschäftsbetriebs, die Art der Geschäftstätigkeit, den Zweck u.ä. den Verkehr zu täuschen in der Lage sind. Nachweise aus der umfangreichen Rspr. s. bei Scholz-Winter 26 und bei Wittmann BB 69, Beilage 10. Ist keine Täuschungsgefahr gegeben, so ist ein besonderer Zusatz über die Betriebstätigkeit (etwa Herstellung oder Vertrieb) jedoch nicht erforderlich (BGH N J W 82, 2446; Bokelmann GmbH-Rdsch. 83, 237; s. auch den Vorlagebeschluß O L G Stuttgart GmbH-Rdsch. 82,275). Der Firmenzusatz „ G m b H " setzt nicht ohne weiteres voraus, daß die Gesellschaft im privatwirtschaftlichen Bereich tätig ist, denn auch die öffentliche H a n d bedient sich dieser Rechtsform bei Erfüllung nicht nur fiskalischer Aufgaben; daher deutet der Firmenzusatz „Institut" nicht ohne weiteres auf 66

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§4

Firma

einen privat-gewerblichen Tätigkeitsbereich eines Unternehmens hin, wenn nur der Firmenzusatz „ G m b H " geführt wird (OLG Frankfurt/M OLGZ 81, 414 = DB 81, 222; BayObLG BB 85, 2269 = ZIP 85, 861; a.A. BayObLG BB 68,313). Nicht entscheidend ist, ob eine Täuschung beabsichtigt ist. Auch ob eine Täuschung tatsächlich vorgekommen ist, ist belanglos (RGZ 156, 16, 22). Maßgeblich ist allein, ob nach der allgemeinen Verkehrsauffassung der in Betracht kommende Firmenzusatz zur Täuschung bzw. Irreführung der beteiligten Verkehrskreise oder eines Teils dieser Kreise geeignet ist (Scholz-Winter aaO). Zur Anwendbarkeit des § 3 UWG neben § 18 Abs. 2 H G B s. Weber Das Prinzip der Firmenwahrheit, Köln, 1984 S. 52 ff. 2. Verwechslungsgefahr a) Der Grundsatz der Firmenklarheit erfordert, daß jede neue Firma sich 2 5 von allen in derselben Gemeinde oder im selben Ort bestehenden eingetragenen Firmen, für die ein gemeinsames Handels- oder Genossenschaftsregister geführt wird, unterscheidet (§ 30 Abs. 1 HGB). Das bedeutet einmal, daß die Unterscheidbarkeit zu allen eingetragenen Firmen jeder Rechtsform gegeben sein muß; gelöschte Firmen sind im Rahmen der Prüfung nach § 30 Abs. 1 H G B genauso wenig zu berücksichtigen wie die Firmen nicht im Handelsoder Genossenschaftsregister eingetragener Unternehmen. Zum anderen bezieht sich die Vorschrift auf alle neuen Firmen im Registergerichtsbezirk, also Neugründungen, Sitzverlegungen, Änderung der Firma bestehender Unternehmen sowie Errichtung oder Verlegung von Zweigniederlassungen. b) Unterscheidbarkeit ist gegeben, wenn eine Verwechslungsgefahr ausge- 2 6 schlossen ist. Dabei ist nach wohl allgemeiner Ansicht nicht nur auf den kaufmännischen Verkehr abzustellen, sondern auf die allgemeine Verkehrsauffassung der jeweils beteiligten oder angesprochenen Kreise (Scholz-Winter 25). Zu vergleichen ist die volle Firmenbezeichnung, wie sie im Register eingetragen ist bzw. zur Eintragung angemeldet wird. Dabei ist der Gesamteindruck von Wortbild und Wortklang sowie Wortsinn maßgebend (RGZ 100, 45). Der Rechtsformzusatz allein begründet keine Unterscheidbarkeit (BGHZ 24, 238, 245). Da das Gesetz deutliche Unterscheidbarkeit verlangt, sind grundsätzlich strenge Maßstäbe anzulegen. Andererseits ist aber auch in Betracht zu ziehen, ob die betreffenden Firmen in verschiedenen Branchen tätig sind und damit einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr ausgesetzt sind. c) Fragen der Verwechslungsgefahr i.S. des § 30 Abs. 1 H G B ergeben sich 2 7 in der Praxis häufig im Bereich der Kapitalgesellschaft & Co. Denn grundsätzlich wird auch im Verhältnis der Kommanditgesellschaft und der an ihr beteiligten G m b H im Interesse der Firmenklarheit deutliche Unterscheidbarkeit Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

verlangt ( B G H Z 46, 7, 12). Weder ein Rechtsformzusatz noch ein das Gesellschaftsverhältnis sonst andeutender Zusatz genügt (BayObLG GmbH-Rdsch. 80, 84). Andererseits können in der Firma der Komplementär-GmbH enthaltene Firmenbestandteile ohne besondere Kennzeichnungskraft (wie „Verwaltungs-") bei der Firmenbildung der Kommanditgesellschaft (gemäß § 19 Abs. 2 HGB) weggelassen werden (BGHZ 80, 353). Hinsichtlich der Firma einer Personenhandelsgesellschaft, an der keine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt ist, gilt jetzt § 19 Abs. 5 H G B in der Fassung der GmbH-Novelle 1980. Das Gesetz verlangt ausdrücklich, daß in der Firma eine Bezeichnung aufzunehmen ist, welche die Haftungsbeschränkung kennzeichnet. Zur entsprechenden bisherigen Rechtslage s. B G H Z 62, 216; 65, 103.

VII. Firma der Zweigniederlassung 28

a) Die Errichtung einer Zweigniederlassung bestimmt sich nach § 13 HGB. Hinsichtlich der Firma heißt es in § 30 Abs. 3 H G B , daß sich auch eine neu einzutragende Zweigniederlassung von bereits im Registergerichtsbezirk eingetragenen gleichen Firmen unterscheiden muß. Die Zweigniederlassung führt grundsätzlich dieselbe Firma wie die Hauptniederlassung. Der Zusatz „Zweigniederlassung" oder ein entsprechender Zusatz mit oder ohne Ortsangabe ist zulässig und üblich, aber nicht erforderlich (RGZ 113, 213, 218). Streitig ist, ob die Firma der Zweigniederlassung im übrigen, d.h. unbeschadet der vorstehend erwähnten Zusätze, mit der Firma der Hauptniederlassung identisch sein muß (so insbesondere Scholz-Winter 29) oder ob es auch zulässig ist, für die Zweigniederlassung eine abweichende Firma zu bilden, wenn nur der Zusammenhang zwischen der Haupt- und der Zweigniederlassung klar zum Ausdruck kommt (so Baumbach-Hueck 14. Aufl. 45; Rowedder-Rittner 40; Eder in Handbuch der G m b H I 200; Ulmer/Heinrich in Hachenburg 67). Der letztgenannten Meinung, die den Erfordernissen der Praxis entspricht und die den Grundsatz der Firmenklarheit bewahrt, ist beizustimmen. Bei gleichlautender, nur die Zweigniederlassung als solche kennzeichnender Firmierung bedarf es bei einer Änderung der Firma der Hauptniederlassung hinsichtlich der Firma der Zweigniederlassung keines besonderen satzungsändernden Beschlusses und auch keiner entsprechenden Anmeldung (OLG Köln, BB 84, 1066).

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b) Es können unter Beachtung des § 30 Abs. 3 H G B in einem Registerbezirk bzw. an einem O r t und unter einer Geschäftsadresse mehrere Zweigniederlassungen einer Gesellschaft errichtet werden. Auch am Ort der Hauptniederlassung können eine oder mehrere Zweigniederlassungen errichtet werden, vorausgesetzt immer, die Unterscheidbarkeit zu schon eingetragenen Firmen und 68

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§4

Firma

Zweigniederlassungen einschließlich bereits vorhandener Zweigniederlassungen derselben Hauptniederlassung ist gegeben.

VIII. Rechtsfolgen bei Unzulässigkeit 1. Vor Eintragung. Das Registergericht prüft gemäß § 9c Satz 1 im Rahmen 3 0 der Ordnungsmäßigkeit der Errichtung und Anmeldung auch die Zulässigkeit der Firma. Ein Fehlen der Firma ist kaum denkbar. Denkbar sind jedoch Verstöße gegen die Regelungen des § 4 oder gegen die handelsrechtlichen Grundsätze der Firmenwahrheit und Firmenklarheit (§§18 Abs. 2, 22, 30 Abs. 1 HGB, vgl. Rdn. 24 ff). Auch bei Änderung der Firma muß diese im Zeitpunkt der Anmeldung den Grundsätzen des § 4 (BayObLG GmbH-Rdsch. 85, 116) und den allgemeinen handelsrechtlichen Grundsätzen entsprechen. Liegen Verstöße vor, so ist die Eintragung abzulehnen. Hiergegen ist das Beschwerdeverfahren nach §§ 19, 20 und 27 FGG gegeben. Der gutachtlich einzuschaltenden Industrie- und Handelskammer steht insoweit ein Beschwerderecht nicht zu (BayObLG WM 83, 1402). In der Regel ist den Beteiligten vor Ablehnung Gelegenheit zur Heilung des Mangels zu geben. Nichtigkeit oder Unzulässigkeit der Firma berührt die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages im übrigen nicht; das folgt aus § 75 i.d.F. des Gesetzes vom 15. 8. 1969 i.V.m. § 144a Abs. 4 FGG. 2. Nach Eintragung. Wird eine nichtige oder unzulässige Firma eingetragen oder wird eine eingetragene Firma nachträglich unzulässig, so ist zu unterscheiden: a) Das Registergericht kann einmal, soweit ein firmenrechtlich unzulässiger 31 Gebrauch vorliegt - Verstoß gegen die §§ 18 Abs. 2, 22, 30 Abs. 1 HGB - , gemäß § 37 Abs. 1 H G B Unterlassung unter Androhung von Ordnungsstrafen verlangen. b) Ferner kann ein Löschungsverfahren gemäß § 142 FGG eingeleitet wer- 3 2 den, welches nur die Löschung der unzulässigen Eintragung, hier der Firma, zur Folge hat (sehr strittig; wie hier BayObLG GmbH-Rdsch. 80, 11; ScholzK.Schmidt % 60, 25; Ulmer in Hachenburg § 60, 44; s. auch RGZ 169, 151; ferner jetzt auch Ulmer/Heinrich in Hachenburg 93; a.A. Scholz-Winter 34; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 51; Weher Das Prinzip der Firmenwahrheit, Köln 1984 S. 133; s. auch § 60, 10) ohne sonst den Bestand der Gesellschaft zu berühren. c) Schließlich kann das Amtslöschungsverfahren nach § 144a FGG eingelei- 3 3 tet werden, wenn die Firma schon bei Gründung nichtig oder unzulässig war oder es durch spätere Änderung wurde (Ulmer/Heinrich in Hachenburg 89 bis 93; Scholz-Winter 34; Baumbach-Hueck aaO; Rowedder-Rittner 36). Dieses Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Verfahren bezweckt die Auflösung der G m b H und deren Löschung im Handelsregister (§ 60 Abs. 1 Nr. 5). Ist die Firma der G m b H dagegen nicht von vornherein bei Gründung oder durch satzungsmäßige Änderung der Firma nach § 4 oder nach den handelsrechtlichen Vorschriften des Firmenrechts unzulässig, sondern ist sie erst nachträglich aus anderen Gründen unzulässig geworden, etwa durch Änderung des Geschäftsbetriebes, so ist für die Anwendung des Verfahrens nach § 144a FGG neben den Rechtsbehelfen aus § 37 Abs. 1 H G B bzw. § 142 FGG kein Raum (BayObLG GmbH-Rdsch. 80, 11; Meyer-Landrut in Großkomm. AktG § 4, 6; Baumbach-Hueck 54). Denn der Gegenstand dieser Vorschrift sind nur Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages der GmbH, die von vornherein nichtig sind. Ist aber eine Bestimmung, wie etwa die über die Firma, zunächst wirksam und wird sie erst durch veränderte tatsächliche Umstände unzulässig, so liegt eine gemäß § 144a FGG vorausgesetzte Nichtigkeit nicht vor (a.A. Scholz-Winter 34). Die bisher noch h.L. (s. die weiteren Nachweise BayObLG aaO) übersieht, daß die Einschränkung der Nichtigkeitsgründe in § 75 n.F. durch das KoordinierungsG v. 15.8.69 nicht im Rahmen des § 144a FGG wieder aufgehoben werden kann (wie hier jetzt auch Ulmer in Hachenburg § 60, 44 und § 4,93; Scholz-K.Schmidt § 60, 25).

IX. Erlöschen der Firma 34

Die Firma der G m b H erlischt mit Löschung im Handelsregister. Diese erfolgt bei Beendigung der Liquidation aus den in § 60 angeführten Gründen. Ferner ist Löschung der Firma bei Vermögenslosigkeit gemäß § 2 des G vom 9.10.34 möglich. Dagegen berühren eine Betriebseinstellung sowie die Eröffnung des gesetzlichen Vergleichsverfahrens die Firma nicht, anders als die Eröffnung des Konkursverfahrens, die zur Auflösung gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 5 führt. Die Firma erlischt bei Verschmelzung durch Aufnahme (§ 25 Abs. 3 KapErhG) und bei übertragender Umwandlung (§ 24 i.V.m. § 6 Abs. 1 UmwG).

X. Firmenzusätze in Sonderfällen 35

Nimmt die G m b H schon vor Eintragung im Handelsregister den Geschäftsbetrieb auf, so ist ein Zusatz, aus dem sich ergibt, daß die Gesellschaft rechtlich noch nicht entstanden ist und somit lediglich als Vorgesellschaft am Rechtsverkehr teilnimmt, erforderlich und genügend (Ulmer/Heinrich in H a chenburg 102; Rowedder-Rittner 38; Baumback-Hueck 46). Üblich ist der Zusatz „in Gründung" oder „i.G.". Betreibt die Vorgesellschaft kein Handelsgeschäft, so kann sie vor Eintragung im Handelsregister gleichfalls die vorgesehene Firma als Namen unter Hinweis auf das Gründungsstadium verwenden (Ulmer/Heinrich in Hachenburg 105; Baumbach-Hueck aaO). 70

Meyer-Landrut

§5

Stammkapital und Stammeinlagen

Bei Auflösung ist die bisherige Firma als Liquidationsfirma zu bezeichnen (§ 68 Abs. 2). Das geschieht in der Regel durch Beifügung des Zusatzes „in Liquidation" oder „in Abwicklung" oder entsprechender Abkürzungen.

XI. Änderung der Firma Wie jede Satzungsänderung kann auch die Firma unter Beachtung der 3 6 Regeln des § 53 geändert werden (§ 54, 4). Für die neu zu bildende Firma und deren Zulässigkeit gehen die gleichen Grundsätze, wie sie bei Gründung der Gesellschaft zu beachten sind. Auch die neue Firma muß also im Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister entweder dem im Zeitpunkt der Änderung tatsächlich gegebenen Gegenstand entnommen sein oder den Namen wenigstens eines im Zeitpunkt der Firmenänderung vorhandenen Gesellschafters enthalten {Ulmer in Hachenburg 86; Scholz-Winter 31; Rowedder-Rittner 31; Baumbach-Hueck 43; Roth 7.3; Wittmann GmbH-Rdsch. 72, 197). Keine Firmenänderung ist erforderlich, wenn der namengebende Gesellschafter ausscheidet (dazu im einzelnen Rdn. 13). Ist jedoch ein namengebender Gesellschafter im Zeitpunkt der Firmenänderung ausgeschieden, so kann dessen Name nicht in die neue Firma aufgenommen werden (BayObLG BB 84, 1672.)

§5 (1) Das Stammkapital der Gesellschaft muß mindestens fünfzigtausend Deutsche Mark, die Stammeinlage jedes Gesellschafters muß mindestens fünfhundert Deutsche Mark betragen. (2) Kein Gesellschafter kann bei Errichtung der Gesellschaft mehrere Stammeinlagen Ubernehmen. (3) Der Betrag der Stammeinlage kann für die einzelnen Gesellschafter verschieden bestimmt werden. Er muß in Deutscher Mark durch hundert teilbar sein. Der Gesamtbetrag der Stammeinlagen muß mit dem Stammkapital übereinstimmen. (4) Sollen Sacheinlagen geleistet werden, so müssen der Gegenstand der Sacheinlage und der Betrag der Stammeinlage, auf die sich die Sacheinlage bezieht, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden. Die Gesellschafter haben in einem Sachgründungsbericht die für die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen wesentlichen Umstände darzulegen und beim Ubergang eines Unternehmens auf die Gesellschaft die Jahresergebnisse der beiden letzten Geschäftsjahre anzugeben. Meyer-Landrut

71

§5

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft Übersiebt Rdn.

I. E i n l e i t u n g II. S t a m m k a p i t a l 1. Allgemeines 2. H ö h e des S t a m m k a p i t a l s a) M i n d e s t b e t r a g b) U n t e r k a p i t a l i s i e r u n g . . . . c) S o n d e r r e g e l u n g e n d) W ä h r u n g 3. Ü b e r g a n g s r e g e l u n g e n ( N o velle 1980) a) M i n d e s t s t a m m k a p i t a l . . . . b) M i n d e s t e i n z a h l u n g c) FortsetzungsbeschlulS . . . . d) M i t w i r k u n g s p f l i c h t d e r G e sellschafter e) E i n Z a h l u n g s v e r p f l i c h t u n g

III. S t a m m e i n l a g e n 1. Begriff 2. Ü b e r n a h m e (Abs. 2) 3. Betrag 4. R e c h t s f o l g e n bei V e r s t o ß IV. S a c h e i n l a g e (Abs. 4) 1. R e f o r m 2. S a c h ü b e r n a h m e 3. S a c h e i n l a g e a) D e r E i n l a g e v e r t r a g

Rdn.

1 3 7 8 9 10

11 12 13

4. 5.

14 15

6.

...

16 17 18 22 23 26

7. 8. 9.

b) G e g e n s t a n d d e r S a c h e i n lage aa) Allgemeines bb) S a c h e n , F o r d e r u n g e n , Rechte cc) F o r d e r u n g e n geg e n ü b e r d e r Gesellschaft dd) Dienstleistungen ee) S a c h g e s a m t h e i t e n f f ) F e s t s e t z u n g e n im G e sellschaftsvertrag . G e m i s c h t e Einlage Bewertung der Sacheinlage a) G r u n d s ä t z e b) S a c h g r ü n d u n g s b e r i c h t Mängel a) V o r d e r E i n t r a g u n g . . b) N a c h d e r E i n t r a g u n g . Differenzhaftung Verschleierte Sachgründung S o n d e r v o r t e i l e und G r ü n dungsaufwand

30 31

32 33 34 35 37 39 41 47 48 49 50 53

28

Schrifttum Bartl Notwendige Maßnahmen f ü r G m b H zum 31.12.1985, BB 85, 2080; Baums Neues Recht f ü r G m b H und G m b H & Co. KG, StuW 80, 298; Deutler Änderungen des GmbH-Gesetzes und anderer handelsrechtlicher Vorschriften durch die G m b H - N o velle 1980, GmbH-Rdsch. 80, 145; ders. Das neue G m b H - R e c h t 2. Aufl. S. 202 ff; Ehlke Stammkapitalerhöhung bis zum 31.12.1985 oder Auflösung, GmbH-Rdsch. 85, 284; Ensslin/Stauder Rechtsfragen bei mangelhafter Sacheinlage in die G m b H , G m b H Rdsch. 68, 155; P. Emmerich Gründungsaufwand als notwendiger Bestandteil des Gesellschaftsvertrages einer G m b H , GmbH-Rdsch. 85, 324; Fleck Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und Insolvenzprobleme in der G m b H , 2. Aufl. 1982; Geßler Die GmbH-Novelle, BB 80, 1385; Günthner Probleme bei der Sachgründung einer G m b H , N J W 75, 524; Gustavus Die Kapitalanpassung nach der GmbH-Novelle mit minderjährigen Gesellschaftern, GmbH-Rdsch. 82, 10; Happ Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen im G m b H - R e c h t und „Sacherhöhungsbericht", BB 85, 1927; Herber Zum Entwurf einer GmbH-Novelle, GmbH-Rdsch. 78, 25; Knobbe-Keuk „ U m w a n d l u n g " eines Personenunternehmens in eine G m b H und verschleierte Sachgründung, ZIP 86, 885; Kröller (Alt)-Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g nach der GmbH-Novelle, BB 83, Beilage 7; Langenfeld Verschleierte Sacheinlagen bei der G m b H , GmbH-Rdsch. 81, 53; Liessem Die Versicherung der Geschäftsführer über die H ö h e der erbrachten Einlagen, N J W 85, 1321; Lutter Die GmbH-Novelle und ihre Bedeutung f ü r die G m b H , die 72

Meyer-Landrut

§5

Stammkapital und Stammeinlagen

G m b H & Co. K G und die A G , D B 80, 1317; Müller Änderungen des G m b H Gesetzes, u.a. handelsrechtliche Vorschriften zum 1.1.1981, W p 1980, 369; Priester Die Zusammenlegung von GmbH-Anteilen, G m b H - R d s c h . 76, 130; den. Die Festsetzung im GmbH-Vertrag bei der Einbringung von Unternehmen, BB 80, 19; Raiser Die neuen Gründungs- und Kapitalerhöhungsvorschriften für die G m b H in Das neue G m b H Recht in der Diskussion, 1981, S. 21; Scheel Trennung von Minderheitsgesellschaften durch Auflösung der G m b H kraft Gesetzes, BB 85, 2012; K. Schmidt Grundzüge der G m b H - N o v e l l e , N J W 8 0 , 1 7 6 9 ; ders. Zur Differenzhaftung des Sacheinlegers (nach gegenwärtigem Stand von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Lehre), G m b H - R d s c h . 78, 5; Schmidt-Troschke, Zur Festsetzung des von der G m b H zu übernehmenden Gründungsaufwands in der Satzung, G m b H - R d s c h . 86, 253; Schulte D i e Pflicht des Gesellschafters einer G m b H zur Mitwirkung bei einer Erhöhung des Mindeststammkapitals auf D M 50 0 0 0 , — , BB 85, 2009; Skibbe Dienstleistungen als Sacheinlage bei der G m b H , G m b H - R d s c h . 80, 73; Sudhoff/Sudhoff Die Sacheinlage bei Gründung einer G m b H , N J W 82, 129; Timm Das neue G m b H - R e c h t in der Diskussion, G m b H - R d s c h . 80, 286; Wüst Unterkapitalisierung und Überschuldung bei Beschränkthaftern, JZ 85, 817.

I. Einleitung Die Erhöhung des Mindeststammkapitals von DM 20 000,— auf 1 DM 50 000,— in § 5 Abs. 1 Satz 1 stellt die für die Praxis wesentlichste durch die Novelle 1980 eingeführte Änderung des GmbH-Rechts dar. Während noch der RegEntw 1971 von dem seit Einführung der G m b H im Jahre 1892 unveränderten Mindestkapital von D M 20 000,— ausging, enthielt der RegEntw 1977 bereits den jetzt Gesetz gewordenen erhöhten Betrag. Auch noch im Rechtsausschuß ist die rechtspolitische Zweckmäßigkeit der Erhöhung kontrovers diskutiert worden (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908 S. 60), wobei den Ausschlag nicht der in der Begründung zum RegEntw herausgestellte Gläubigerschutz gab, sondern die Auffassung, daß der Zugang zur G m b H jedenfalls von einem gewissen — höheren — Mindesteinsatz abhängig gemacht werden sollte. Daran ist richtig, daß auch ein um D M 30 000,— erhöhtes Mindestkapital kaum wirksamen Schutz gegen unsolides Geschäftsgebahren und Konkursanfälligkeit darstellen kann, während ein anfänglicher Mindestkapitalaufwand von immerhin D M 25 000,— (§ 7 Abs. 2 Satz 2), verglichen zu früheren D M 5 000,— (§ 7 Abs. 2 a.F.), trotz des veränderten Geldwertes doch allzu leichtfertige Gründungen eindämmen kann und nach den bisherigen Erfahrungen wohl auch eingedämmt hat (GmbH-Rdsch. 81, 215). Gemäß Art. 12 §2 GmbH-Novelle galt für Gesellschaften, die vor dem 1.1.1981 zum Handelsregister zur Eintragung angemeldet, aber noch nicht eingetragen waren, das frühere Recht (OLG Hamm OLGZ 81,419 = BB 81, 993). Die weitere durch die Novelle 1980 erfolgte Änderung betrifft die Vor- 2 Schriften über die Sachgründung, also § 5 Abs. 4. Hier ist durch den Bundestag Meyer-Landrut

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§ 5

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

eine drastische Vereinfachung des R e g E n t w 1977 durch Streichung der §§ 5a bis 5d vorgenommen worden. Nicht mehr erwähnt wird im Gesetz darüber hinaus neben der Sacheinlage die Sachübernahme (vgl. § 5 Abs. 4 a.F. und RegEntw § 5b und 5d), die als „Stammeinlage, welche nicht in Geld besteht" (vgl. § 19 Abs. 5) vom Begriff Sacheinlage mit erfaßt ist. Auch fehlt in der N e u f a s s u n g des § 5 Abs. 4 die Bestimmung über die Zuordnung der Sacheinlage zu der Person des einbringenden Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag. N e u eingefügt ist Abs. 4 S a t z 2, dem § 5c des R e g E n t w entsprechend, wonach die Gesellschafter über die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen einen Sachgründungsbericht zu erstatten haben. Entfallen ist der dem § 26 A k t G nachgebildete § 5a R e g E n t w über Sondervorteile und Gründungsaufwand. Entfallen ist ferner die im RegEntw § 5d vorgesehene Pflichtprüfung für Sacheinlagen durch Wertpapiere ohne Börsen- und Marktpreis. Entfallen ist schließlich auch die den §§ 52, 53 A k t G entsprechende Regelung in § 12a RegEntw betreffend die sogenannte Nachgründung. D e r Bundestag hielt eine derartige Vorschrift angesichts der Tatsache, daß nach § 5 Abs. 4 n.F. eine Übernahme von Vermögenswerten ohne Anrechnung der Vergütung auf die dafür gewährte Stammeinlage (Sachübernahme) nicht vorgesehen sei, für überflüssig (s. zu Vorstehendem Ausschußbericht B T - D r u c k s 8 / 3 9 0 8 , S. 69 f und 72 f).

II. Stammkapital 1. Allgemeines 3

a) Der Betrag des Stammkapitals muß zwingend im Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 3). Fehlt diese Angabe, so kann die Nichtigkeitsklage aus § 75 durch jeden Gesellschafter, jeden Geschäftsführer und jedes Aufsichtsratsmitglied, sofern ein solcher besteht, eingeleitet werden. Daneben kann die Gesellschaft im Verfahren nach § 144a Abs. 1 F G G für nichtig erklärt werden. D a s Amtslöschungsverfahren aus § 144a Abs. 4 F G G ist einzuleiten, wenn die Bestimmung betreffend das Stammkapital nichtig ist.

4

b) D a ß die Angaben über das Stammkapital den rechtlichen Bestand der G m b H voraussetzen, beruht auf der Bedeutung, die das Gesetz diesem Erfordernis beimißt. Denn das Stammkapital gibt einmal Auskunft über den Geldbetrag bzw. Sachwert, den die Gründer der Gesellschaft zur V e r f ü g u n g stellen, also das mindestens vorhandene Anfangskapital; vgl. § 7 Abs. 2 über die Mindesteinzahlung bei Bargründungen. Durch zwingende Regelungen, die durch die Novelle 1980 nicht unerheblich verschärft wurden, ist auch für Sachgründungen der Grundsatz der Sicherung der Kapitalaufbringung verstärkt im G e setz verankert worden (§§ 5 Abs. 4, 7 Abs. 2 und 3, 8 Abs. 1 N r . 4 und 5, 9, 9a, 9b, 9c S a t z 2). 74

Meyer-Landrut

Stammkapital und Stammeinlagen

§5

Das Stammkapital stellt auch als Korrelat zur H a f t u n g s b e g r e n z u n g der ju- 5 ristischen Person eine bei Personenhandelsgesellschaften und Einzelhandelsunternehmen nicht vorhandene Garantieziffer dar, die mit der G m b H in Geschäftsverkehr tretende Dritte schützen soll. Diese Gläubigerschutzfunktion, die auch mittelbar dem Schutz der Gesellschaft dient, findet ihren Ausdruck vornehmlich in den Vorschriften zur Kapitalerhaltung (§§ 19, 30, 31, 34 Abs. 3), welche besagen, daß das Gesellschaftsvermögen bis zur H ö h e des Betrages des Stammkapitals nicht zugunsten der Gesellschafter in Anspruch gen o m m e n werden kann. D e m G r u n d s a t z der Kapitalerhaltung dient auch die Regelung des § 42 Abs. 1 (Einstellung des Stammkapitals in die Passiva der Bilanz). Ist das Stammkapital zur H ä l f t e verloren, so ist die Gesellschafterversammlung unverzüglich einzuberufen (§ 49 Abs. 3). c) Veränderungen des Stammkapitals sind nur unter erschwerten V o r a u s - 6 Setzungen möglich. So sind Kapitalherabsetzungen (gemäß § 58) nur zulässig, wenn ein Gläubigeraufruf in den Gesellschaftsblättern erfolgt; die Eintragung des Beschlusses ist erst nach einer einjährigen Sperrfrist möglich. Kapitalerhöhungen, sei es durch Bareinlagen (§ 55), sei es durch Sacheinlagen (§§ 56, 56a), e r f o r d e r n die Beachtung der insoweit bei G r ü n d u n g der Gesellschaft bestehenden Regeln. Entsprechendes gilt auch für Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ( § § 1 , 6 und 7 K a p E r h G ) . 2. H ö h e des Stammkapitals a) Mindestbetrag. Das Mindeststammkapital beträgt D M 50 000,—. Einzu- 7 zahlen ist bei G r ü n d u n g ein Viertel, mindestens aber D M 25 000,— (§ 7 Abs. 2 Satz 1 und 2). Erst bei einem Stammkapital ab D M 100 000,— greift also die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 1 uneingeschränkt Platz. Bei EinmannGründungen ist unbeschadet der H ö h e des Stammkapitals f ü r den nicht eingezahlten Teil der Einlage Sicherheit zu leisten (§ 7 Abs. 2 Satz 3). O b das Stammkapital ausreicht, eine anspruchsvolle Firma zu rechtfertigen, ist keine Frage des Mindestkapitals, sondern des Firmenrechts. Eine etwa weltoder europaweiten Geschäftsumfang behauptende Firma wird bei nur vorhandenem Mindeststammkapital in der Regel geeignet sein, über den U m f a n g des Geschäfts im Sinne von § 18 Abs. 2 H G B zu täuschen (§ 4 , 1 4 ) . Begrenzungen des Stammkapitals der H ö h e nach bestehen nicht. b) Unterkapitalisierung. Es gibt keine Bestimmungen, w o n a c h sich die 8 H ö h e des Stammkapitals am beabsichtigten Geschäftsumfang der G m b H zu orientieren hat ( B G H 2 31, 268; 68, 313; 76, 334; s. auch § 1, 30). D e r Gesetzgeber hat es auch weiterhin den Gesellschaftern freigestellt, welche Finanzierungsform gewählt wird. Neben der Einzahlung haftenden Kapitals ist die Gew ä h r u n g von Gesellschafterdarlehen in den verschiedensten Gestaltungsformen eine weit verbreitete Art der Mittelzuführung. Allerdings werden im K o n Meyer-Landrut

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§ 5

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

kursfall unmittelbare und mittelbare kapitalersetzende Darlehensgewährungen wie Eigenkapital behandelt (§§ 32a und 32b) neben ihrer Einbeziehung in den Schutz des § 30 Abs. 1 (§ 30, 2 bis 9). Es läßt sich somit auch zukünftig eine Durchgriffshaftung allein wegen Unterkapitalisierung nicht rechtfertigen (a.A. Lutter/Fischer 5; Wüst JZ 85, 817; weitere Nachweise bei § 1, 29). Ebensowenig kann ohne Festsetzung im Gesellschaftsvertrag bzw. ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters eine Nachschußpflicht einzelner oder aller Gesellschafter begründet werden (§§ 26 und 53 Abs. 3). 9

c) Sonderregelungen. N u r bei bestimmten Unternehmensgegenständen ist gesetzlich ein Mindestkapital vorgeschrieben: D M 500 000,— bei Kapitalanlagegesellschaften (§ 2 Abs. 2 KapAnlG), DM 50 000,— bei Wirtschaftsprüfungs- oder Buchprüfungsgesellschaften (§§ 25 Abs. 5, 130 Abs. 2 WirtschPO (eine durch Neufassung des § 5 Abs. 1 gegenstandslos gewordene Regelung) und „angemessen haftendes Eigenkapital" bei Banken (§ 33 Abs. 1 KWG).

10

d) Währung. Das Stammkapital ist in Deutscher Mark zu bezeichnen und bei Bargründungen auch in D M zu leisten (vgl. § 7 Nr. 2 Satz 2). Zu den mit der Währungsreform 1948 entstandenen Umstellungsfragen s. ScholzWinter 6.

3. Übergangsregelung (Novelle 1980) 11

a) Mindeststammkapital. Gemäß Art. 12 § 1 Abs. 1 GmbH-Novelle 1980 galten Gesellschaften, deren Stammkapital weniger als D M 50 000,— betrug, mit dem Ablauf des 31.12.1985 als aufgelöst, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht eine Kapitalerhöhung auf mindestens D M 50 000,— oder die Umwandlung in eine Personenhandelsgesellschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Handelsregister angemeldet hatten. Diese Frist verlängerte sich bei angefochtenen Beschlüssen auf sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung über die Anfechtung (s. Bartl BB 85, 2080). Während der Übergangszeit konnte die erforderliche Kapitalerhöhung in mehreren Stufen erfolgen (LG Münster ZIP 82, 61 = GmbH-Rdsch. 82, 160; OLG Frankfurt/M., WM 83, 692 = DB 83, 1480 = NJW 83, 1743). Gemäß Abs. 1 Satz 3 wird im übrigen verlangt, daß nach Ablauf der Übergangsfrist auch bei Altgesellschaften mindestens D M 25 000,— als Einlage tatsächlich geleistet sind und bei Anmeldung der Kapitalerhöhung eine entsprechende Versicherung abgegeben wird (BayObLG BB 84, 1447 = WM 84, 1250; auch § 57, 7). Zu den steuerlichen Konsequenzen der erforderlichen Kapitalerhöhung s. KröllerJSB 83, Beilage 7.

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b) Mindesteinzahlung. Dementsprechend galt auch für Gesellschaften, deren Stammkapital zwar mehr als DM 50 000,—, aber weniger als DM 100 000,— betrug, daß diese Gesellschaften mit Ablauf des 31.12.1985 als 76

Meyer-Landrut

§5

Stammkapital und Stammeinlagen

aufgelöst galten (Art. 12 § 1 Abs. 2 GmbH-Novelle), wenn nicht eine Versicherung der Geschäftsführer zum Handelsregister eingereicht wurde, daß mindestens D M 25 000,— eingezahlt bzw. durch Sach- oder Bareinlagen gedeckt sind. Die Versicherung war, entsprechend § 78, durch sämtliche Geschäftsführer abzugeben (allg. Ansicht; Ulmer in Hachenburg, 7 " Aufl. § 7, 29; Scholz-Winter § 7 n.F., 8e; Liessem N J W 85, 1321). Zu den Förmlichkeiten s. § 7, 7. c) Fortsetzungsbeschluß. Nach Art. 12 § 1 Abs. 3 können selbst nach Abs. 1 1 3 oder 2 kraft Gesetzes aufgelöste Gesellschaften noch so lange einen Fortsetzungsbeschluß fassen, wie mit der Verteilung des Vermögens nicht begonnen worden ist (im einzelnen Bartl BB 85, 2080). Der Beschluß über die Fortsetzung ist aber nur wirksam, wenn er zusammen mit einem Beschluß bzw. einer Anmeldung zum Handelsregister über die Anpassung der Kapitalverhältnisse an die gesetzlichen Mindesterfordernisse gefaßt wird (im einzelnen § 60, 30). d) Mitwirkungspflichten der Gesellschafter. Streitig ist, ob und wieweit die 14 Gesellschafter einer Altgesellschaft verpflichtet werden konnten, bei einer Kapitalerhöhung zur Anpassung des Mindestkapitals auf D M 50 000,— mitzuwirken. Feststehen dürfte, daß auch die Beschlußfassung über eine derartige Kapitalerhöhung gemäß § 53 Abs. 2 bzw. § 1 Abs. 2 KapErhG einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf oder den weitergehenden satzungsmäßigen Erfordernissen. Kam eine derartige Beschlußfassung nicht zustande, so verfiel die Gesellschaft mit Ablauf des 31.12.1985 der Auflösung. Dagegen wird eingewandt, die Gesellschafter seien verpflichtet, an dem Zustandekommen derartiger Beschlüsse mitzuwirken, da es sich nicht um eine Veränderung, sondern eine Wiederherstellung der Geschäftsgrundlage unter den Gesellschaftern handle (Ulmer in Hachenburg § 55, 28; Deutler Das neue GmbH-Recht, 2. Aufl. 202; Schmidt/Priester S. 14; differenzierend ScholzPriester §55, 112; Ehlke GmbH-Rdsch. 85, 284; Baums StuW 80, 298; Schulte BB 85, 2009 und eingehend, m.w.N., Timm GmbH-Rdsch. 80, 286, 288). Mit Recht wird aber sowohl gegen die Mitwirkungspflicht bei Beschlußfassungen zu einer Kapitalerhöhung wie auch zur Frage, ob darüber hinaus eine Pflicht zur Übernahme neuer Einlägen besteht, darauf hingewiesen, daß derartige Verpflichtungen im Widerspruch zu der nicht bestehenden Nachschußpflicht (§ 26; vgl. auch § 707 BGB) und zu dem Verbot der Vermehrung der dem Gesellschafter obliegenden satzungsmäßigen Leistungen (5 53 Abs. 3) stehen und daß auch den gegen seinen Willen mitwirkenden Gesellschafter noch die Ausfallhaftung des § 24 treffen würde ( T i m m aaO). Es kann somit weder eine Mitwirkungspflicht bei der Beschlußfassung zur Kapitalerhöhung noch auch eine Pflicht zur Übernahme neuer Stammeinlagen im Rahmen des Art. 12 § 1 GmbH-Novelle anerkannt werden (so Rowedder-Rittner 7; Priester D N o t Z 80, 518 im Ergebnis auch Scholz-Priester § 55, 114; Lutter/Fischer 37; Scheel Meyer-Landrut

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§5

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

BB 85, 2012 und Geßler Das neue G m b H - R e c h t in der Diskussion, S. 43; LG Bielefeld Z I P 85, 1327 = G m b H - R d s c h . 86, 50 bei zerstrittenen Gesellschaftern; a.A. B G H W M 86, 1348 = Z I P 86, 1383 bezüglich der Mitwirkungspflichten in einer personalistisch strukturierten Gesellschaft). Eine Ausnahme ist allerdings dann zu machen, wenn die E r h ö h u n g aus Gesellschaftsmitteln erfolgt (vgl. Art. 12 § 1 Abs. 3 K a p E r h G ) , denn in einem solchen Fall wird nur bereits der Gesellschaft zugeführtes Kapital in Stammkapital umgewandelt (Gustavus G m b H - R d s c h . 82, 14; Lutter/Fischer a a O ; Rowedder-Rittner aaO). Z u r Frage, ob bei der D u r c h f ü h r u n g einer Kapitalerhöhung die Gesellschafter ein Bezugsrecht haben, ist auf § 55, 19 zu verweisen. 15

e) EinZahlungsverpflichtung. Die S c h a f f u n g der Voraussetzungen des Art. 1 2 ^ 1 Abs. 2, Erreichen der Mindesteinlage von D M 25 000,— bei Gesellschaften mit einem Stammkapital unter D M 100 000,—, erforderte keinen Kapitalerhöhungsbeschluß. Vielmehr w a r lediglich, mit entsprechender M e h r heit, die noch erforderliche Einzahlung auf die Stammeinlagen einzufordern (§ 46 N r . 2) oder es war entsprechend den etwa abweichenden Satzungsbestimmungen zu verfahren. Die EinZahlungsverpflichtung der Gesellschafter hinsichtlich der restlichen Einlagen ergibt sich aus § 19 Abs. 2.

III. Stammeinlagen 16

1. Begriff. G e m ä ß § 5 Abs. 3 Satz 3 muß der Gesamtbetrag der Stammeinlagen mit dem Stammkapital übereinstimmen. Das entspricht der Regelung in § 3 Abs. 1 N r . 3 und 4, w o n a c h der Gesellschaftsvertrag den Betrag des Stammkapitals und den Betrag der hierauf von den Gesellschaftern zu leistenden Einlage enthalten muß. Die Stammeinlagen stellen also den ziffernmäßigen Betrag der bei G r ü n d u n g durch die Gesellschafter ü b e r n o m m e n e n V e r pflichtung zur Leistung einer Bar- oder Sacheinlage dar. N a c h dem Betrag der Stammeinlage bestimmt sich sodann der Geschäftsanteil des Gesellschafters (§ 14), der den Inbegriff der Mitgliedschaftsrechte beinhaltet (§ 3, 21). Insoweit besagen Stammeinlage und Geschäftsanteile dasselbe (so auch §§ 5 und 6 R e g E n t w 1971).

17

2. Übernahme (Abs. 2). W ä h r e n d jeder Gesellschafter bei G r ü n d u n g nur eine Stammeinlage übernehmen (Abs. 2) und damit nur einen Geschäftsanteil erwerben kann, können die Gesellschafter nach Errichtung der G m b H durch Ü b e r n a h m e neuer Stammeinlagen weitere Geschäftsanteile bei Kapitalerhöhungen erwerben (§ 55 Abs. 3), allerdings auch wieder jeweils nur eine (§ 55 Abs. 4); diese Regelung ist Ausdruck des im G m b H - R e c h t herrschenden Grundsatzes der einheitlichen Beteiligung (s. dazu auch § 17, 1 und § 15, 23). Bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln können neben der E r h ö h u n g des Nennbetrags bestehender Geschäftsanteile neue Geschäftsanteile gebildet 78

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§5

Stammkapital und Stammeinlagen

werden (§ 6 Abs. 2 KapErhG). Des weiteren kann ein Gesellschafter durch Kauf, Erbgang, Teilung gesonderte Geschäftsanteile erwerben. Auch ist die Vereinigung aller Geschäftsanteile in einer H a n d möglich, ohne daß das Auswirkungen auf den Bestand der G m b H hätte (§ 1, 18); s. aber § 19 Abs. 4, der Volleinzahlung des Stammkapitals oder entsprechende Sicherheitsleistung bei Anteilsvereinigung innerhalb von drei Jahren seit Errichtung der G m b H vorsieht. Soweit ein Gesellschafter Inhaber mehrerer Geschäftsanteile ist, so bleiben diese rechtlich selbständig (§5 15 Abs. 2, 55 Abs. 3), können also als solche Gegenstand unterschiedlicher Rechte und Pflichten sein und können auch selbständig veräußert oder belastet werden. Andererseits ist nach allgemeiner Ansicht eine Zusammenfassung mehrerer Anteile eines Gesellschafters zu einem Geschäftsanteil zulässig, sofern die Anteile voll eingezahlt sind und keine Nachschußpflicht besteht (Scbilling/Zutt in Hachenburg § 15, 140). Eine derartige Anteilsvereinigung setzt weder eine satzungsmäßige Ermächtigung noch einen einstimmigen Gesellschafterbeschluß voraus (a.A. Priester GmbH-Rdsch. 76,130). S. im übrigen § 15,24. Das Verbot der Übernahme mehrerer Stammeinlagen durch einen und denselben Gesellschafter hindert nicht die Übernahme durch eine juristische Person oder Gesamthandsgemeinschaft (§1, 17) neben ihren Gesellschaftern oder Gesamthändern (allg. M. s. Scholz- Winter 8). 3. Betrag a) Die Stammeinlage jedes Gesellschafters muß mindestens D M 500,— be- 1 8 tragen (§ 5 Abs. 1, 2. Halbs.). Ist sie höher, so muß der Betrag der Stammeinlage durch hundert teilbar sein (§ 5 Abs. 3 Satz 2). Das gilt gleichermaßen f ü r Bar- wie für Sacheinlagen, deren Wert gegebenenfalls entsprechend abzurunden ist. Der Mindestbetrag von D M 500,— darf auch bei Teilung (§ 17 Abs. 4) oder bei Kapitalherabsetzung (§58 Abs. 2) nicht unterschritten werden; eine Ausnahme gilt f ü r Kapitalherabsetzungen, die der Beseitigung einer Unterbilanz dienen (Ulmer in Hachenburg 13). Bei Kapitalerhöhung kann der Mindestbetrag von D M 500,— bei vorausgesetzter Teilbarkeit durch hundert unterschritten werden, wenn ein an einer Kapitalerhöhung teilnehmender Gesellschafter zu den Gründern der G m b H gehört ( B G H Z 63, 116). Im Zuge einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftermitteln und bei Verschmelzung können, um unteilbare Spitzen möglichst auszuschließen, Geschäftsanteile zu einem durch zehn teilbaren Mindestbetrag von D M 50,— gebildet werden (§§ 6, 22 Abs. 2, 23 Abs. 2 KapErhG). Soweit im Zuge der Währungsumstellung 1948/49 niedrigere Mindestbeträge zugelassen waren, gelten diese nicht für der Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse folgende spätere Teilveräußerungen ( B G H Z 14, 25). b) Ebenso wie das Stammkapital sind auch die Stammeinlagen in Deutscher 1 9 Mark auszudrücken (Rdn. 10) und zu leisten (§ 7 Abs. 2 Satz 2). Der GesellMeyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

schafter genügt seiner Einlageverpflichtung, wenn die Einzahlung auf ein für die G m b H in Gründung (Vorgesellschaft) errichtetes Bankkonto erfolgt, vorausgesetzt, daß damit die freie Verfügbarkeit der Geschäftsführer i.S. von § 8 Abs. 2 Satz 2 gegeben ist. Nicht erfüllt werden kann die Einlageverpflichtung durch Aufrechnung mit Ansprüchen gegen die Gesellschaft (§ 19 Abs. 2 Satz 2; im einzelnen § 19, 22 ff) oder gar durch Leistung an Dritte, etwa durch Erfüllung von Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft (BGH W M 83, 1201). 20

c) Erfolgt die Gründung durch einen Gesellschafter (§ 1, 19), so beträgt die einzige vorhandene Stammeinlage D M 50 000,—. Sind mehr als ein Gründer vorhanden, so muß die zweite Stammeinlage mindestens in dem Betrag von D M 500,— übernommen werden. Es kann gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 der Betrag der einzelnen Stammeinlagen unterschiedlich bestimmt werden. Die H ö h e der einzelnen Stammeinlagen ist unbegrenzt.

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d) Es ist heute unbestritten, daß den Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag wie auch bei einer Kapitalerhöhung die Zahlung eines Aufgeldes (Agio) über die Stammeinlage hinaus auferlegt werden kann (§ 3 Abs. 2). Eine dem AktG § 150 Abs. 2 Nr. 2 a.F. entsprechende Vorschrift, wonach das Agio in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist, gilt nunmehr gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 1 H G B auch f ü r die G m b H . Die z.T. vertretene abw.L. etwa Baumbach-Hueck 14. Aufl. 9, ist überholt. Eine sogenannte Unterpari-Emission ist unzulässig (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1).

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4. Rechtsfolgen bei Verstoß. Während bei Fehlen des Stammkapitals der Gesellschaftsvertrag der G m b H nichtig ist (§ 75), stellen Verstöße gegen Mindestbetrag bzw. Teilbarkeit der Stammeinlage lediglich ein Eintragungshindernis dar. Nach Eintragung kommt nur das Amtslöschungsverfahren nach nach § 144a Abs. 3 FGG in Betracht.

IV. Sacheinlagen (Abs. 4) 23

1. Reform. Im Zuge der Zielsetzung der GmbH-Novelle 1980, einen verbesserten Gläubigerschutz zu gewährleisten, ist trotz der Kürzungen des RegEntw durch den Bundestag (Rdn. 2) in einer Reihe neuer Vorschriften das Recht der Sachgründung auf mannigfaltige Weise reformiert worden. Zu nennen ist hier vor allem der in § 5 Abs. 4 bei Sacheinlagen geforderte Sachgründungsbericht, in dem die Angemessenheit der Leistung für die Sacheinlage durch die Gründer darzulegen ist. Dieser Bericht ist zusammen mit Verträgen, die aus Anlaß oder in Ausführung der Einbringung der Sacheinlage geschlossen wurden und zusammen mit Unterlagen, durch die der Wert der Sacheinlagen belegt wird, der Anmeldung zum Handelsregister beizufügen (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5). 80

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§5

Stammkapital und Stammeinlagen

Zwar wird eine Gründungsprüfung nicht verlangt (so noch RegEntw in 2 4 § 5d f ü r bestimmte Sacheinlagen), doch ist durch die jetzt auch gesetzlich festgeschriebene Prüfungspflicht des Registergerichts sichergestellt, daß eine Überbewertung von Sacheinlagen unterbleibt. Liegt eine solche vor, so ist die Eintragung abzulehnen. Aber selbst, wenn eine Eintragung erfolgt, greift nach dem neu geschaffenen § 9 bzw. § 56 Abs. 2 eine gesetzliche Differenzhaftung desjenigen ein, der die Sacheinlage erbracht hat. Unmittelbar dem Gläubigerschutz, aber auch allgemein zur Sicherung der 2 5 Kapitalaufbringung bei Sachgründungen dient der neue § 7 Abs. 3 bzw. § 56a, wonach Sacheinlagen jeder Art, also auch in Form der nicht mehr ausdrücklich im Gesetz erwähnten Sachübernahme vor Anmeldung zum Handelsregister so an die Gesellschaft zu bewirken sind, daß sie endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen (so allerdings auch schon B G H Z 45, 338). Es muß also Eigentum an beweglichen oder unbeweglichen Sachen bereits vor der Anmeldung auf die Vorgesellschaft übertragen werden (s. Rdn. 31). Demgemäß haben auch die Geschäftsführer bei Anmeldung zu versichern, daß die Einlagen endgültig bewirkt und sich zu ihrer freien Verfügung befinden (§ 8 Abs. 2 Satz 1). 2. Sachübernahme a) Die bisher in § 5 Abs. 4 a.F. erwähnte Sachübernahme wird in § 5 Abs. 4 2 6 n.F. nicht mehr erwähnt. Ihre Zulässigkeit folgt dennoch aus § 19 Abs. 5, vorausgesetzt, die Anforderungen des § 5 Abs. 4 werden beachtet (§ 19, 32). Insoweit ist also nach wie vor die Sachübernahme (Geßler BB 80, 1386 meint versehentlich) vom Gesetzgeber zugelassen worden. Praktisch dürfte aber angesichts der Pflicht, die Einlage vor Anmeldung zum Handelsregister zu bewirken (§ 7 Abs. 3), ein Unterschied zur Sacheinlage nicht mehr zu bestehen (s. auch den Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908 S. 69); anders das Aktienrecht (§ 27 AktG), wonach Vereinbarungen dahingehend, daß bei Übernahme von Vermögensgegenständen durch die Gesellschaft die Vergütung mit der Stammeinlage verrechnet werden kann, nach wie vor zulässig sind. Der neu ins Gesetz eingeführte Begriff „Sacheinlage" ersetzt die frühere Terminologie „Einlagen, welche nicht in Geld zu leisten sind". Es kann also eine Sachgründung (wie auch Sachübernahme) nur in der Weise durchgeführt werden, daß der im Gesellschaftsvertrag festzusetzende Gegenstand der Einlage gegen eine bestimmte Stammeinlage in die Gesellschaft eingebracht wird. Und es muß vor Anmeldung der G m b H (§ 7 Abs. 3) bzw. der Kapitalerhöhung (§ 57 Abs. 2) die Einlage zur freien Verfügung der Geschäftsführer erbracht werden. b) Der Gesetzgeber hat nicht verkannt, daß durch die jetzt Gesetz gewor- 2 7 dene Regelung verschleierte Sachgründungen (Rdn. 50, 51) genausowenig wie bisher ausgeschlossen werden können, meint aber, daß durch die jetzt allMeyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

gemein gefaßte Vorschrift in Abs. 4 sachgerechte Entscheidungen eher möglich sind (Ausschußbericht S. 69, BT-Drucks. 8/3908). Auch die im RegEntw § 12a vorgesehene Regelung zur Nachgründung (entsprechend § 52 AktG) ist zusammen mit der in Abs. 4 entfallenden Sachübernahme nicht Gesetz geworden. Es sind also zwar alle Arten von Rechtsgeschäften zum Erwerb von Sachwerten durch die GmbH nach ihrer Errichtung auch mit Gesellschaftern prinzipiell zulässig, wenn nur keine Verrechnung gegen Einlageforderung der Gesellschaft erfolgt (§ 19, 36) und wenn nicht ein Umgehungstatbestand vorliegt (§ 19, 38). Zur Frage, wieweit die Vorgesellschaft bereits Verbindlichkeiten zu Lasten des eingezahlten Kapitals übernehmen kann, s. § 8, 18 ff und §11, 14. 3. Sacheinlage 28

a) Der Einlagevertrag. Der Gegenstand der Sacheinlage ist im Gesellschaftsvertrag festzusetzen. Dieser muß somit die Pflicht des Gesellschafters enthalten, den Gegenstand der Einlage zu leisten, und zwar gegen den gleichfalls im Gesellschaftsvertrag festzusetzenden Betrag der Stammeinlage (Rdn. 36). Seiner Natur nach haben wir es nach h.L. mit einem körperschaftlichen Vertrag zu tun, der nach den Grundsätzen über die körperschaftlichen Bestandteile der Satzung auszulegen ist (BGHZ 45, 338, 345; §2, 23; Baumbach-Hueck 21; Fischer/Lutter 12; weitere Nachweise bei Ulmer in Hachenburg 23; a.A. Scholz-Winter 15). Bei Leistungsstörungen wie Unmöglichkeit, Sach-oder Rechtsmängeln haften die Gründer auf die Wertdifferenz in Geld, subsidiär gilt Kaufrecht (Scholz-Winter 25; Ensslin/Stauder QmbH-Rdsch. 68, 155; Fleck Kapitalaufbringung S. 14).

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Von der im Gesellschaftsvertrag aufzunehmenden Einlageverpflichtung ist der Vollzug der Sacheinlage zu unterscheiden, also die tatsächliche Bewirkung der endgültigen freien Verfügungsmacht der Geschäftsführer (§7 Abs. 3; dazu § 7, 23 ff). Insoweit richtet sich das Übertragungsgeschäft zwischen Gesellschafter und Gesellschaft nach den allgemeinen Vorschriften, wie sie zur Beschaffung von Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen, an Sachgesamtheiten oder Rechten in Betracht kommen (Ulmer in Hachenburg 24; BaumbachHueck 22). Die Vorgesellschaft ist insoweit, trotz fehlender Eintragung, rechtsfähig ( § 1 1 , 6 ) . Daß sie auch im Grundbuch eingetragen werden kann, ist seit B G H Z 45, 338 außer Streit (s. im übrigen Ulmer in Hachenburg § 11, 47). Soweit im Vollzug der Einlageverpflichtung Verträge geschlossen werden, sind diese der Anmeldung zum Handelsregister beizufügen (§ 8 Abs. 1 Nr. 4). b) Gegenstand der Einlage

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aa) Allgemeines. Die Definition dessen, was einlagefähig ist, fehlt im Gesetz und schwankt daher. Überwiegend wird jeder übertragbare und bilanzfähige 82

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Stammkapital und Stammeinlagen

Vermögensgegenstand als geeignet für eine Sacheinlage angesehen (Ulmer in Hachenburg 37; kritisch Scholz-Winter 16; Langenfeld GmbH-Rdsch. 81, 54; a.A. Skibbe GmbH-Rdsch. 80, 73). Aufgrund der Zweiten gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie (ABl. EG L 26/1 vom 31.1.77) bestimmt jetzt § 27 Abs. 2 AktG i.d.F. des G vom 13.12.78 als einlagefähig nur Vermögensgegenstände, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Diese Umschreibung (vgl. auch B G H Z 29, 300, 304) dürfte entsprechend auch f ü r das GmbH-Recht gelten. Sie ist einerseits geeignet, jeden Vermögenswert als einlagefähig vorauszusetzen, verbietet aber Einlagen ohne Wert, wovon auch das G m b H G ausgeht (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 5). Zur Einlagefähigkeit von Dienstleistungen s.Rdn. 33. bb) Sachen, Forderungen, Rechte. Gegenstand der Sacheinlage können alle 31 Arten beweglicher Sachen sein wie Maschinen, Kraftfahrzeuge, Büroeinrichtungen. Künftige Sachen können nur dann als Einlage dienen, wenn sie im Zeitpunkt der Anmeldung vorhanden und der Gesellschaft zur freien V e r f ü gung durch die Geschäftsführer stehen (§ 7 Abs. 3). Ebenso können Grundstücke, Grundstücksrechte, auch alle Arten von Nutzungsrechten an beweglichen und unbeweglichen Sachen als Sacheinlage in Betracht kommen. In der Praxis spielen auch immaterielle Rechte als Gegenstand der Sacheinlage eine Rolle wie Patente, Warenzeichen, Urheberrechte, Konzessionen, Geheimverfahren und andere, gesetzlich nicht geschützte Verfahren. Einlagefähig sind auch börsennotierte und auch nicht notierte Wertpapiere, Geschäftsanteile an einer G m b H und sonstige Beteiligungen, ferner Forderungen des Gesellschafters gegenüber Dritten, vorausgesetzt immer, ein wirtschaftlicher Wert ist objektiv feststellbar. cc) Forderungen gegenüber der Gesellschaft. Weniger bei Gründungen als 3 2 bei Kapitalerhöhungen spielen Gesellschafterforderungen als Sacheinlage eine Rolle (§ 56, 4). Während eine nicht gemäß Abs. 4 in der Satzung festgesetzte Aufrechnung mit Gesellschafterforderungen gegen Einlageverpflichtungen grundsätzlich nicht zulässig ist bzw. den Gesellschafter nicht von seiner Verpflichtung zur Leistung der Bareinlage befreit (dazu § 19, 37), können gegen die Gesellschaft gerichtete Gesellschafterforderungen Gegenstand einer Sacheinlage sein. Insoweit steht das Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 Satz 2 nicht entgegen (§ 19, 33). Allerdings muß die Forderung fällig, liquide und vollwertig sein ( B G H Z 15, 52, 58); s. im einzelnen auch § 19, 25. Die sogenannte Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in haftendes Kapital ist auch vom Standpunkt der Sicherung der Gläubigerinteressen nicht zu beanstanden. Der Schuldbefreiung des Gesellschafters von der Verpflichtung zur Einlage entspricht eine Verminderung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft (Ulmer in Hachenburg 44), vorausgesetzt immer, daß eine Offenlegung gemäß Abs. 4 Satz 1 erfolgt (dazu Rdn. 35), die zur Folge hat, daß die Werthaftigkeit im Sachgründungsbericht zu bestätigen und durch Unterlagen, die gemäß § 8 Meyer-Landrut

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1. A b s c h n i t t . E r r i c h t u n g d e r G e s e l l s c h a f t

Abs. 1 N r . 5 bei der Anmeldung zum Handelsregister einzureichen sind, nachzuweisen ist. Z u m P r ü f u n g s r e c h t des Registergerichts s. Rdn. 40. 33

dd) Dienstleistungen. N a c h § 27 Abs. 2 AktG i.d.F. des G v. 13.12.78 sind Dienstleistungen nicht einlagefähig. Die Frage ist f ü r das G m b H - R e c h t nach wie vor umstritten. W ä h r e n d Skibbe G m b H - R d s c h . 80, 73 sowohl Dienstleistungen Dritter wie auch des Gesellschafters f ü r einlagefähig hält, verneint die h.L. die Einlagefähigkeit eigener künftiger Dienste des Gesellschafters {Ulmer in H a c h e n b u r g 7"Aufl. 42; Sudhoff/Sudhoff N J W 82, 130; BaumbachHueck 14. Aufl. 27; Rowedder-Rittner 28), läßt aber die Erbringung von Diensten Dritter als Einlage zu. Im Hinblick auf die regelmäßig höchst persönliche Verpflichtung zur Dienstleistung (§613 BGB) und die fehlende Vollstreckbarkeit (5 888 Abs. 2 Z P O ) und abgesehen davon, daß ein wirtschaftlicher W e r t künftiger Dienste kaum objektiv erfaßbar ist, ist die Einlagefähigkeit von Diensten jeder Art nicht anzuerkennen (wie hier Scholz-Winter 19; Ulmer in H a c h e n b u r g 7 11 Aufl. 43; Fischer/Lutter 16). Ebenso sind als Einlage ungeeignet obligatorische sonstige Ansprüche des Gesellschafters gegen sich selbst, ohne „dingliche" Vermögensaussonderung wie Wechsel und Bürgschaften Fleck, Kapitalaufbringung S. 11). Einzubringende Dienste eines Gesellschafters stellen sich rechtlich als N e benleistungspflichten im Sinne von § 3 Abs. 2 d a r ; s. im einzelnen § 3, 20 ff.

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ee) Sachgesamtheiten. Die Einbringung eines Unternehmens als Sacheinlage hat f ü r die Praxis erhebliche Bedeutung. Möglich ist einmal die Einbringung im R a h m e n der Vorschriften des U m w G , und zwar durch U m w a n d l u n g einer Personenhandelsgesellschaft (§§ 46—56 U m w G ) oder eines Einzelunternehmers (§§ 56a bis 56f U m w G ) in eine G m b H . Daneben k o m m t die Sacheinlage nach G m b H - R e c h t in Betracht. D e r Gesetzgeber trägt der Bedeutung Einbringung von U n t e r n e h m e n als Sacheinlage R e c h n u n g durch die in Abs. 4 Satz 2 durch die Novelle 1980 eingeführte Bestimmung, bei Geschäftsübernahmen die Jahresergebnisse der beiden letzten Geschäftsjahre offenzulegen (Rdn. 44). Steuerlich wird die Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben als Sacheinlage im Rahmen der §§ 20 ff U m w S t G begünstigt. Es können — und werden regelmäßig — bei Einlage von U n t e r n e h m e n Aktiva und Passiva aufgrund einer eigens erstellten Vermögensübersicht bzw. Einbringungsbilanz (dazu Rdn. 44) übertragen mit dann der Folge der H a f tungsübernahme nach § 4 1 9 BGB oder, bei F i r m e n f o r t f ü h r u n g , nach § 2 5 H G B . Einzelheiten regelt üblicherweise der zum Vollzug der Sacheinlage abzuschließende Einbringungsvertrag (Rdn. 29). Auch ein N a c h l a ß oder ein Miterbenteil sind einlagefähig (Ulmerin H a c h e n b u r g 51).

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ff) Festsetzung im Gesellschaftsvertrag. Der Gegenstand der Sacheinlage und der Betrag der Stammeinlage, auf die sich die Sacheinlage bezieht, müssen im Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden. D a m i t wird erreicht, daß Dritte, 84

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Stammkapital und Stammeinlagen

§5

die mit der G m b H in Geschäftsverkehr treten, darüber unterrichtet sind, welche Werte als Haftungsgrundlage in der Gesellschaft vorhanden sind. Wegen notwendiger Veröffentlichung s. § 10 Abs. 3. Ohne eine derartige Festsetzung ist die Sacheinlage der Gesellschaft gegenüber in entsprechender Anwendung von § 27 Abs. 3 AktG unwirksam ( B G H Z 45, 343; Ulmer in H a chenburg, 7" Aufl. 138; a.A. Knobbe-Keuk Z I P 86, 885). Gleiches gilt für die Sachübernahmen i.S.v. § 19 Abs. 5 (§ 19, 40). Die Sacheinlage muß soweit bestimmt umschrieben werden, daß ihr Inhalt aus dem Wortlaut der Satzung oder einer mit ihr verbundenen Anlage (Ulmer in Hachenburg 7 " , 103) selbst verständlich ist. Weitergehende Angaben können im Sachgründungsbericht gemacht werden (Rdn. 38). N u r unter diesen Voraussetzungen reicht eine verkehrsübliche Bezeichnung der Einlage aus (dazu aber Sudboff/Sudhoff N J W 82, 130; s. auch Rdn. 44). Anzugeben ist im Gesellschaftsvertrag ferner der DM-Betrag (Rdn. 10) der Stammeinlage, mit der die Sacheinlage angenommen und auf die Stammeinlage angerechnet worden ist. Bei Sachgesamtheiten genügt eine einheitliche Festsetzung des Wertes. c) Nach dem früheren Wortlaut des Abs. 4 war ausdrücklich auch vorge- 3 6 schrieben, daß die Person des übernehmenden Gesellschafters anzugeben ist. Dieses Erfordernis ist in der Neufassung des Abs. 4 nicht mehr enthalten. Es ergibt sich nunmehr aus der allgemeinen Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 4, wo verlangt ist, daß der Gesellschaftsvertag jeder Stammeinlage den Gesellschafter (Gründer) zuordnet (§ 3, 22; s. auch Scholz-Winter§ 5 n.F. 33; Ulmer in H a chenburg § 56, 18; Scholz-Priester § 56, 43; Fischer/Lutter 24; Rowedder-Rittner 47; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 44). Bei Sacheinlagen müssen diese Angaben auch bei einer Neufassung des Gesellschaftsvertrages, anders als im Falle der Kapitalerhöhung (§ 56, 6), beibehalten werden. Abweichend von §§ 27 Abs. 5 i.V.m. 26 Abs. 5 AktG kennt das GmbH-Recht nicht die Möglichkeit einer Beseitigung der insoweit erfolgten Festsetzungen (einschränkend LG Hamburg, GmbH-Rdsch. 68, 207); die entsprechenden Reformbestrebungen sind nicht Gesetz geworden (vgl. § 5b Abs. 4 i.V.m. § 5a Abs. 4 und 5 RegEntw 1977). Dennoch erscheint es zulässig, derartige Bestimmungen nach Ablauf einer angemessenen Frist fallen zu lassen (§ 53, 6 a.E.).

4. Gemischte Einlage. Als gemischte Einlage stellt sich einmal der Fall dar, 3 7 daß eine Stammeinlage teils durch Sacheinlage, teils durch Bareinlage erbracht wird. Es gelten die Regeln des Abs. 4. Es ist also satzungsmäßige Festsetzung erforderlich. Allerdings braucht nur der Sacheinlageteil vor Anmeldung voll erbracht zu werden (§ 7 Abs. 3), während hinsichtlich der Bareinlage Einzahlung eines Viertels genügt (Ulmer in Hachenburg § 7, 25). Insgesamt muß jedoch immer die Mindesteinzahlung von D M 25 000,— erreicht werden. Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

§5 38

Zum anderen wird als gemischte Einlage der Fall bezeichnet, in dem die Sacheinlage des Gesellschafters seine Einlageverpflichtung übersteigt und ihm somit ein Vergütungsanspruch gegenüber der Gesellschaft entsteht (Ulmer in Hachenburg, 7 " Aufl. 99; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 20; Rowedder-Rittner 44; Scholz-Winter 32). In der T a t haben wir es bei einer derartigen Fallgestaltung nicht mit einer gemischten Einlage, sondern einer Überpariemission zu tun, einer Sacheinlage also, deren tatsächlicher Wert die Einlageverpflichtung übersteigt. Auch hier gelten die Regeln des Abs. 4, einmal, weil eine Sacheinlage vorliegt, zum anderen, weil auch die in dem Rechtsgeschäft enthaltenen Elemente der Sachübernahme dem Formzwang des Abs. 4 unterliegen (§19 Abs. 5). Es liegt ein einheitliches, den Grundsätzen der Sacheinlage unterliegendes Geschäft vor (RGZ 159, 321, 326). Art und H ö h e der dem Gesellschafter aus Anlaß der Sachübernahme zustehenden Vergütung, sei es in Form von Barzahlung, sei es als Gutschrift auf Darlehenskonto, ist also auch im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen (Ulmer in Hachenburg 101; O L G Stuttgart BB 82, 397 = GmbH-Rdsch. 82, 109; BayObLG DB 79, 1075; a.A. Priester BB 80, 19, 22 und GmbH-Rdsch. 82, 112). Bei Fehlen der Festsetzung ist der Anspruch des Gesellschafters nicht durchsetzbar (Rdn. 35).

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a) Grundsätze. Zu den wesentlichen Grundsätzen der Sicherung der Kapitalaufbringung gehört das Verbot der Überbewertung von Sacheinlagen (s. auch §9, 2). Während man früher annahm, daß mangels gesetzlicher Regelung die Wertfestsetzung dem freien Ermessen der Gründer unterlag, ist schon durch die neuere Rechtsprechung (BGHZ 29, 300, 307) und jetzt den Gesetzgeber der Novelle 1980 sichergestellt, daß durch die verschärften Prüfungsmöglichkeiten des Registergerichts Überbewertungen verhindert werden (Rdn. 40) und bei dennoch erfolgter Falschbewertung die Differenzhaftung der Einleger (§§ 9 bzw. 56 Abs. 2) und bei unrichtigen Angaben die weitergehenden Haftungsvorschriften der §§ 9a bzw. 57 Abs. 4 sowie die Strafvorschriften des § 82 Abs. 1 Nr. 1 eingreifen. Dagegen ist eine Unterbewertung vom Standpunkt der Sicherung der Kapitalaufbringung, die sog. Überpariemission, unschädlich (OLG Stuttgart BB 82, 397; RegEntw 1977, Begründung zu § 5; Ulmer in Hachenburg, 7" Aufl. 117).

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Die Prüfung des Registergerichts, die sich ausdrücklich auch darauf zu erstrecken hat, ob Sacheinlagen überbewertet worden sind (§§ 9c Satz 2 bzw. 57a), wird vereinfacht (zum bisherigen Recht s. Günthner N J W 75, 524), indem die Gründer nicht nur einen Gründungsbericht zu erstellen haben (Rdn. 41), sondern auch die Verträge der Anmeldung beizufügen haben, die den Festsetzungen nach Abs. 4 zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen wurden (§§ 8 Abs. 1 Nr. 4 bzw. 57 Abs. 2 Nr. 3) sowie Unterlagen, aus denen sich die Bewertung der Sacheinlage ergibt (§ 8 Abs. 1 Nr. 5).

5. Bewertung der Sacheinlage

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§5

Stammkapital und Stammeinlagen

b) Sachgründungsbericht. Dem RegEntw 1977 folgend (dort § 5c) ist durch 41 die Novelle 1980 in Abs. 4 Satz 2 auch für die G m b H das Erfordernis aufgestellt, bei Sacheinlagen einen Sachgründungsbericht zu erstellen. Die Regelung ist im Vergleich zu § 32 AktG wegen der meist eher übersichtlichen und kleineren Verhältnisse der G m b H vereinfacht. Eine förmliche Gründungsprüfung ist nicht vorgesehen (so noch f ü r bestimmte Fälle § 5d RegEntw 1977). Das Gesetz schreibt lediglich vor, daß bei Geschäftsübernahme die Jahresergebnisse der beiden letzten Geschäftsjahre anzugeben sind und daß im übrigen die f ü r die Angemessenheit der Sacheinlage wesentlichen Umstände darzulegen sind. Der Bericht braucht nicht unbedingt die in § 32 Abs. 2 Satz 2 AktG besonders genannten Angaben zu enthalten (Scholz-Winter § 5 Abs. 1 und 4 n.F., 36d; Rowedder-Rittner 56; Baumbacb-Hueck 53; weitergehend Roth 5.5; Fischer/Lutter 25 und Lutter DB 80,1319). Falsche Angaben im Sachgründungsbericht können strafrechtlich geahndet werden (§82 Abs. 1 Nr. 2). Der Sachgründungsbericht ist schriftlich abzufassen. Das folgt aus dem 4 2 Erfordernis, ihn der Anmeldung zum Handelsregister beizufügen (§ 8 Abs. 1 Nr. 4). Damit wird der Bericht Bestandteil auch der Registerakten. Der Bericht muß persönlich erstattet werden; rechtsgeschäftliche Vertretung ist unzulässig (Scholz-Winter § 5 Abs. 1 und 4 n.F., 36b; Ulmer in Hachenburg, 7" Aufl. 131; Fischer/Lutter 26; Rowedder-Rittner 55). Der Bericht ist von allen Gründern zu unterzeichnen. Eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908, S. 70). Die geforderten Angaben zur Angemessenheit der Leistungen f ü r die Sacheinlage werden sich regelmäßig aus dem gleichfalls der Anmeldung beizufügenden Unterlagen über den Wert der Sacheinlage (§ 8 Abs. 1 Nr. 5) und gegebenenfalls auch aus den zu überreichenden Ausführungsverträgen (§ 8 Abs. 1 Nr. 4) ergeben. Insoweit kann im Gründungsbericht auf diese Unterlagen Bezug genommen werden. Die Richtigkeit der Angaben im Gründungsbericht ist wie die der anderen 4 3 Angaben zur Gründung von den Gesellschaftern im Rahmen des § 9a zu verantworten. Falsche Angaben sind außerdem strafbar (§82 Abs. 1 Nr. 2; s. § 82, 5). Der Bericht unterliegt auch, wie die aus Anlaß der Sachgründung dem Registergericht zu übermittelnden Unterlagen der P r ü f u n g gemäß § 9c Satz 2. Besonderheiten von Gesetzes wegen bei der Einbringung eines Unterneh- 4 4 mens als Sacheinlage bestehen nicht, abgesehen von dem Erfordernis, die Jahresergebnisse der beiden letzten Jahre anzugeben (Rdn. 34). Die Vorlage eines Bewertungsnachweises wird aber regelmäßig vom Gericht verlangt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 9c Satz 2). Ob die Vorlage der Bilanzen ausreicht oder erforderlich ist (so Lutter DB 80, 1319; a.A. Ulmer in Hachenburg 115; Rowedder-Rittner 57; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 53; Fischer-Lutter 25, wonach in der Regel nur die Ziffer des Ergebnisses zu nennen ist), hängt vom Einzelfall ab (s. im übrigen Ulmer in Hachenburg 66 ff und Priester BB 80, Meyer-Landrut

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1. A b s c h n i t t . E r r i c h t u n g d e r G e s e l l s c h a f t

19). Problematisch ist die Einbringung auf der Grundlage vorläufiger (geschätzter) Werte (dazu Sudhoff/Sudhoff N J W 82, 132; s. auch Rdn. 45). In der Praxis wird man aus steuerlichen Gründen von der Aufstellung einer Einbringungsbilanz oder einer entsprechenden Vermögensübersicht in der Regel nicht absehen können. Die steuerlichen Bewertungsvorschriften (§ 20 UmwStG) werden dabei in der Mehrzahl aller Fälle ohnehin die Grundlage für die Bewertung des als Sacheinlage einzubringenden Unternehmens oder Unternehmensteils bilden. Ein rechtliches Erfordernis, eine Einbringungsbilanz zu errichten und der Festsetzung der Sacheinlage im Gesellschaftsvertrag beizufügen, besteht jedoch nicht {Priester aaO). 45

Der Bewertungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Anmeldung der G m b H zum Handelsregister (§ 9, 4). Das folgt daraus, daß das Registergericht die Eintragung bei Uberbewertung von Sacheinlagen abzulehnen hat (s. auch Ulmer in Hachenburg 68). Fällt der Wert bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages und nach Eintragung der G m b H auseinander, so greift bei Uberbewertung die Differenzhaftung des § 9 Platz (K. Schmidt N J W 80, 1771). Gegebenenfalls werden die Gründer ergänzende oder zeitnähere Bewertungen beizubringen haben, wenn sich bei Prüfung durch das Registergericht Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Wertfestsetzung bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages im Zeitpunkt unmittelbar vor der Eintragung nicht mehr richtig ist. Zulässig ist es allein, Wertfestsetzung bei Unternehmenseinbringungen im Gesellschaftsvertrag derart festzulegen, daß die bei einer Bilanzaufstellung zum Stichtag sich etwa ergebende Differenz in bar nachzuzahlen ist (OLG Zweibrücken GmbH-Rdsch. 81, 214; Ulmer in Hachenburg a a O 66). Ein anderer Weg, den Zeitraum zwischen Bilanzstichtag und dem späteren Bewertungsstichtag (Zeitpunkt der Anmeldung) zu überbrücken, besteht darin, der Einbringungsbilanz eine zeitnahe Vermögensaufstellung beizufügen, die dem Registergericht, etwa als Anlage zum Sachgründungsbericht, als Prüfungsunterlage dient {Sudhoff/Sudhoff N J W 82, 133). Liegt eine unterwertige Schätzung vor, so kann im Gesellschaftsvertrag ein entsprechender Ausgleichsanspruch desjenigen, der die Sacheinlage erbracht hat, vorgesehen werden (OLG Stuttgart BB 82, 397 = GmbH-Rdsch. 82, 109; im einzelnen s. Rdn. 38).

46

Streitig ist, ob bei einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen auch ein Sachgründungsbericht zu erstellen ist ( T i m m GmbH-Rdsch. 80, 280, 290 m.w.N.). Das Gesetz in der Fassung der Novelle 1980 nimmt weder auf § 5 Abs. 4 (in § 56) noch auf § 8 Abs. 1 (in § 57) Bezug. Damit ist auch insoweit für die G m b H die aktienrechtliche Regelung übernommen worden; denn auch § 188 Abs. 3 AktG verzichtet bei einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen auf die Vorlage eines Sachgründungsberichts i.S. von § 32 AktG (dazu Deutler Das neue G m b H - R e c h t in der Diskussion, S. 47; wie hier Happ BB 85, 1927; Fischer/Lutter § 57, 8; a.A. Eder Handbuch der G m b H I, 506; ferner O L G Stuttgart BB 82, 397 = GmbH-Rdsch. 82, 109 mit zust. Anm. von Priester, wonach 88

Meyer-Landrut

Stammkapital und Stammeinlagen

§5

das Registergericht auch bei Kapitalerhöhungen im Rahmen der Prüfungspflicht aus § 57a i.V.m. § 9c einen Sachgründungsbericht i.S. von § 5 Abs. 4 Satz 2 anfordern kann). S. im übrigen ξ 56, 10. 6. Mängel a) Vor der Eintragung. Das Registergericht hat die Eintragung abzulehnen, 4 7 wenn die Errichtung der Gesellschaft nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, die Anmeldung fehlerhaft oder wenn Sacheinlagen überbewertet sind. Die Errichtung ist fehlerhaft, wenn die nach Abs. 4 erforderlichen Festsetzungen im Gesellschaftsvertrag fehlen, unvollständig oder unrichtig sind oder wenn der Sachgründungsbericht fehlt oder unvollständig ist. Die Anmeldung ist fehlerhaft, wenn die gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 die Sacheinlagen betreffenden Unterlagen nicht vorliegen. Schließlich ist die Anmeldung zurückzuweisen, wenn die Prüfung gemäß § 9c ergibt, daß Sacheinlagen überbewertet sind. b) Nach der Eintragung. Ist die Eintragung erfolgt, so kann das Registerge- 4 8 rieht bei fehlender oder unrichtiger satzungsmäßiger Festsetzung der Sacheinlage gem. § 144a Abs. 4 FGG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 vorgehen. Ist die Formvorschrift des Abs. 4 nicht gewahrt, so ist der Gesellschafter durch Einbringung einer Sacheinlage von seiner Verpflichtung, die Einlage in bar zu leisten, nicht befreit (§ 19 Abs. 5). Darüber hinaus greift bei Uberbewertung die Differenzhaftung nach § 9 ein (Rdn. 49). Bei unrichtigen Angaben entstehen gegebenenfalls Ersatzansprüche gemäß § 9a. 7. Differenzhaftung. Welche Bedeutung die mit der Novelle 1980 gesetzlich 4 9 festgeschriebene Differenzhaftung praktisch erlangen wird, (s. zum bisherigen Recht K. Schmidt GmbH-Rdsch. 75, 5; Ulmer in Hachenburg, 7" Auflage 71 ff), ist offen angesichts der verschärften Vorschriften, die jetzt bei Sachgründungen zu befolgen sind (Rdn. 23) und der damit einhergehenden verschärften Prüfungspflicht durch das Gericht (§ 9c i.V.m. § 8 i.d.F. der Novelle 1980). S. zur Differenzhaftung bei Bareinlage §9, 7. Gemäß § 9 Abs. 2 verjährt der Anspruch der Gesellschaft in fünf Jahren seit Eintragung der Gesellschaft bzw. der Kapitalerhöhung (§ 56 Abs. 2). Wegen der Einzelheiten bei Sachgründungen s. § 9, 2 bis 6 und § 9c, 6. 8. Verschleierte Sachgründung. Der Rechtsausschuß (BT-Drucks. 8/3908, 50 S. 69) meint, die vereinfachte gesetzliche Regelung in § 5 Abs. 4 durch Verzicht auf den Begriff der Sachübernahme würde der Rechtsprechung auch sachgerechte Entscheidungen bei verschleierten Sachgründungen ermöglichen. Nun handelt es sich bei Sachübernahmevereinbarungen nicht um verschleierte, sondern um offenzulegende Verrechnungen in bezug auf die EinMeyer-Landrut

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§5

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

lageforderung (s. im einzelnen § 19, 32 ff), deren Bedeutung angesichts der Verpflichtung, jede Art der Sacheinlage vor Anmeldung zum Handelsregister zu bewirken (§ 7 Abs. 3), allerdings stark eingeschränkt ist (Rdn. 26). 51

Eine verschleierte Sachgründung liegt immer dann vor, wenn nach außen hin der Anschein einer Bargründung erweckt wird, insbesondere also die nach Abs. 4 geforderten Festsetzungen in der Satzung nicht erfolgen. Ein derartiger Sachverhalt ist gegeben, wenn die Bareinlage vom Gründer nur unter der Voraussetzung geleistet wird, daß sie unmittelbar nach der Errichtung der G m b H zum Erwerb eines Vermögensgegenstandes von dem Gründer verw a n d t w i r d oder daß umgekehrt die G m b H die einzubringenden Sacheinlagen erst käuflich erwirbt und sodann die Einlageverpflichtung des Gesellschafters mit dem Kaufpreis verrechnet wird (s. auch § 19, 38). Entsprechend sind Absprachen zu behandeln über die Verrechnung der Einlageforderung der Gesellschaft mit bestehenden Forderungen des Gesellschafters aus Miete, Leasing, Darlehen oder Dienstleistungen (Langenfeld GmbH-Rdsch. 81, 53). Die Grenze der noch zulässigen Vorbelastung der G m b H in Gründung mag fließend sein ( S u d h o f f / S u d h o f f N J W 82, 129); die Kapitalaufbringung ist durch die entsprechend § 9 gegebene Differenzhaftung gewährleistet (BGH W M 81, 400; s. im einzelnen § 9, 7). Zu unterscheiden hiervon sind aber die sogenannten Nachgründungsverträge (dazu Rdn. 27), die erst nach der Errichtung der G m b H mit einem Gesellschafter abgeschlossen werden und auf den entgeltlichen Erwerb von Vermögensgegenständen durch die Gesellschaft gerichtet sind. Anders als im Aktienrecht (5 52 AktG) unterliegen derartige Vereinbarungen grundsätzlich keinen Einschränkungen; entsprechende Reformvorschläge sind nicht Gesetz geworden (vgl. § 12a RegEntw 1977). Zu der möglichen Zweckbindung bei Kapitalerhöhungen gegen Bareinlage s. § 55, 5 am Ende. 52 Es gilt f ü r das G m b H - R e c h t somit jedenfalls seit der Neufassung des § 5 Abs. 4, daß jede Art von Aufrechnung oder Verrechnung gegen die Einlageforderung der Gesellschaft bei Bargründungen unzulässig ist (Langenfeld GmbH-Rdsch. 81, 53; im einzelnen 19, 22 bis 24). N u r bei satzungsmäßiger Festsetzung im Rahmen des Abs. 4 können Aufrechnungen oder Verrechnungen gegen die Einlageforderung der Gesellschaft erfolgen (§ 19, 32 bis 37).

53

9. Sondervorteile und Gründungsaufwand. Im RegEntw 1977 § 5a war in Anlehnung an § 26 AktG bestimmt, daß Sondervorteile zugunsten einzelner Gesellschafter und von der Gesellschaft zu tragender Gründungsaufwand im Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden müssen. Der Rechtsausschuß hielt eine derartige Regelung nicht für erforderlich, da es ohnehin geltendem, ungeschriebenem Recht entspräche, daß derartige Vorteile zu ihrer Wirksamkeit einer Festsetzung in der Satzung bedürfen (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908, S. 70). 90

Meyer-Landrut

§6

Geschäftsführer

Es entspricht in der Tat einhelliger Meinung, daß Sondervorteile, die ein- 5 4 zelnen Gesellschaftern eingeräumt werden, um gegenüber der Gesellschaft Wirksamkeit zu entfalten, entsprechend § 26 Abs. 1 AktG im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen sind (Ulmer in Hachenburg 152; s. im übrigen § 3 , 3 6 ) . Daß auch die Übernahme des Gründungsaufwands durch die Gesellschaft der Festsetzung in der Satzung bedarf, entspricht gleichfalls praktischer Übung und herrschender Lehre (Baumbach-Hueck 14. Aufl. 55; Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 170 ff; Rowedder-Rittner 59; weitergehend allerdings Scholz-Winter44). In Betracht kommen hier die kraft Gesetzes von der G m b H zu tragenden Kosten für Gründung, Eintragung und Gesellschaftssteuer (§§ 2 KostO, 10 Abs. 1 KVStG), dazu s. § 7, 12, sowie weitere Gebühren und Beratungskosten anläßlich der Gründung u.a., deren Übernahme durch die Gesellschaft durch § 26 Abs. 2 AktG nicht gedeckt wäre. Da aber der Gesetzgeber in § 9a Abs. 1 (s. auch § 82 Abs. 1 Nr. 1) u.a. ausdrücklich bestimmt, daß eine Vergütung, die nicht unter den Gründungsaufwand aufgenommen ist, von den Gesellschaftern oder Geschäftsführern zu ersetzen ist, und daß wohl nur eine satzungsmäßige Aufnahme gemeint sein kann (s. auch § 9a, 7), ist davon auszugehen, daß jede Art von Gründungsaufwand durch die Gesellschaft nur dann zu tragen ist, wenn eine ausdrückliche Festsetzung im Gesellschaftsvertrag erfolgt (wie hier O L G H a m m , BB 84, 87 = DB 84, 283 = G m b H Rdsch. 84, 155; Geßler BB 80, 1386 f; Schmidt/Priester S. 19; Deutler Das neue GmbH-Recht in der Diskussion, S. 17; P. Emmerich GmbH-Rdsch. 85, 324; Ulmer in Hachenburg, 7 n Aufl., 173 f; a.A. Roth 6, der eine Übernahme der gesetzlich anfallenden Auslagen auch ohne Festsetzung in der Satzung für zulässig hält; kritisch Fischer 10. Aufl. 5). Eine Bezifferung des in der Satzung festgesetzten Gründungsaufwands bedarf es nicht; § 5a RegEntw 1977 ist nicht Gesetz geworden (Rdn. 2). Insoweit kann auch § 26 Abs. 2 AktG nicht entsprechend angewendet werden (Schmidt-Troschke GmbH-Rdsch. 86, 253; a.A. O L G H a m m aaO). Das vom Gesetzgeber vorausgesetzte ungeschriebene Recht hinsichtlich der Festsetzung des Gründungsaufwands in der Satzung bezog sich ersichtlich nur auf die Festsetzung als solche (Ausschußbericht, BT-Drucks. 8/3908 S. 70). Vom Gründungsaufwand zu unterscheiden sind Aufwendungen der Gesellschaft vor Eintragung im Handelsregister, die der Vorbereitung und Einrichtung des Geschäftsbetriebs der G m b H dienen; hierzu s. § 11, 14.

§6 (1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben. (2) Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Wer wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283 d des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von fünf Jahren seit der Meyer-Landrut

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§6

1. A b s c h n i t t . E r r i c h t u n g d e r G e s e l l s c h a f t

Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein; in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. W e m durch gerichtliches Urteil oder durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein. (3) Zu Geschäftsführern können Gesellschafter oder andere Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts. (4) Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, so gelten nur die der Gesellschaft bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörenden Personen als die bestellten Geschäftsführer.

Übersicht Rdn.

Rdn. I. E i n l e i t u n g

4. R e c h t s f o l g e n bei f e h l e n d e r

1

Qualifikation

I I . G e s c h ä f t s f ü h r e r als n o t w e n d i g e s O r g a n ( A b s . 1) 1. A l l g e m e i n e s

2

2. G r ü n d u n g s s t a d i u m

3

3.

gen

1. D r i t t o r g a n s c h a f t

5

vertrag schafterbeschluß

6

4.

Ausschlußgründe 7

b) Berufsverbote

8

c) Auslandsstraftaten

9

18

Bestellung durch andere O r gane

a) V o r s t r a f e n

V . Auslegungsregel (Abs. 4) VI. Notgeschäftsführer

19 20 21

VII. Fehlerhafte oder fehlende Bestel-

3. S a t z u n g s m ä ß i g e Q u a l i f i k a t i o nen

16

3. B e s t e l l u n g d u r c h G e s e l l -

(Abs. 2) 2.

13

2 . B e s t e l l u n g im G e s e l l s c h a f t s -

PersönlicheQualifikationen 1. G e s e t z l i c h e Q u a l i f i k a t i o n e n

14

(Abs. 3) 4

b) S a t z u n g s m ä ß i g e R e g e l u n III.

11

IV. Bestellung der Geschäftsführer

Zahl a) G e s e t z l i c h e R e g e l u n g . . . .

a) N a c h G e s e t z b) N a c h S a t z u n g

lung

22

10

Schrifttum s. zu §§ 3 5 - 3 8 .

I. Einleitung 1

Durch die Novelle 1980 ist der Abs. 2 neu eingeführt worden. Die Abs. 3 und 4 entsprechen dagegen, wie Abs. 1, dem bisherigen Recht, das insoweit seit 1892 unverändert ist. Im Gesetzgebungsverfahren zur Einfügung des 92

Meyer-Landrut

§6

Geschäftsführer

Abs. 2 ist weitergehend angeregt worden, daß außer der Verurteilung wegen Konkursdelikten und bei Berufsverboten auch die Aufnahme ins Schuldnerverzeichnis nach § 915 Z P O und nach § 107 Abs. 2 K O sowie auch Verurteilung wegen Betrugs und Untreue (§§ 263 und 266 StGB) Hinderungsgründe zur Amtsausübung eines Geschäftsführers darstellen sollten. Dem ist der Gesetzgeber nicht gefolgt (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908).

II. Geschäftsführer als notwendiges Organ (Abs. 1) 1. Allgemeines. Die G m b H muß mindestens einen Geschäftsführer haben. 2 Der Geschäftsführer ist das ständige, notwendige und einzige gesetzliche Vertretungsorgan (§§ 35 bis 38, 5). Fällt der Geschäftsführer weg, so hat das Bestellungsorgan, in der Regel die Gesellschafterversammlung, unverzüglich eine Neubestellung vorzunehmen. Fehlen des Geschäftsführers führt aber weder zu einem Amtslöschungsverfahren nach FGG, noch kann das Registergericht durch Ordnungsstrafen die Bestellung eines Geschäftsführers erzwingen. Das Gericht kann nur in dringenden Fällen entsprechend § 29 BGB einen Notgeschäftsführer bestellen (Rdn. 21). Anläßlich des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages (§ 2, 2) ist regelmäßig mindestens auch ein Geschäftsführer zu bestellen. Die Bestellung muß jedenfalls vor der Anmeldung zum Handelsregister erfolgen, da nur der Geschäftsführer anmelden kann (Rdn. 3). Kommt eine Beschlußfassung des Bestellungsorgans nicht zustande, so kann die Auflösungsklage gemäß §61 betrieben werden (Ulmer in Hachenburg 4). 2. Gründungsstadium. Da das Anmeldungsverfahren gemäß §§ 7 ff voraus- 3 setzt, daß diese und die mit der Anmeldung abzugebenden Erklärungen und Versicherungen von den Geschäftsführern abgegeben werden, müssen die Geschäftsführer schon im Gründungsstadium bestellt werden. Eine Eintragung der G m b H , ohne daß eine solche Bestellung erfolgt wäre, ist daher nicht möglich. Die von einer nicht ausdrücklich und rechtswirksam zum Geschäftsführer bestellten Person erfolgte Anmeldung ist zurückzuweisen; eine etwa doch erfolgte Eintragung ist jedoch wirksam (§ 11); es ist wie bei Wegfall des Geschäftsführers nach Eintragung zu verfahren. Zur Frage, ob sich der Geschäftsführer bei Durchführung der Anmeldung vertreten lassen kann, s. § 7, 5. Zum Wegfall nach Anmeldung s. Scholz-Schneider § 35, 24. 3. Zahl a) Gesetzliche Regelung. Das Gesetz verlangt die Bestellung mindestens 4 eines Geschäftsführers. Die Zahl der Geschäftsführer nach oben ist theoretisch unbegrenzt und richtet sich ganz nach den Umständen und Erfordernissen der jeweiligen Gesellschaft. Zu möglichen Einschränkungen aus § § 1 , 3 U W G s. §§ 35 — 38, 15. Anders als im Aktienrecht (§ 76 Abs. 2 Satz 1) kann auch bei Meyer-Landrut

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§6

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

einem Stammkapital von über D M 3 Mio. nur ein Geschäftsführer bestellt werden. Bei Gesellschaften mit in der Regel mehr als 2 000 Arbeitnehmern, die dem MitbestG unterliegen, ist als gleichberechtigtes Mitglied der Geschäftsführung ein Arbeitsdirektor zu bestellen (§ 33 MitbestG); in diesem Fall müssen nach allg. Ansicht mindestens zwei Geschäftsführer vorhanden sein (s. §§ 35 — 38, 15). Gleiches gilt für Unternehmen, die dem Montan-MitbestG und dem K W G unterliegen. 5

b) Satzungsmäßige Regelungen. Die Satzung kann Mindest- oder Höchstzahlen festsetzen. Wird die Höchstzahl überschritten, so ist die Bestellung nicht unwirksam; der Beschluß unterliegt jedoch der Anfechtung (Mertens in Hachenburg, § 35, 17). Wird die satzungsmäßige Mindestzahl nicht erreicht, so ergeben sich im Außenverhältnis keine Rechtsfolgen, solange Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl vorhanden sind. Ob die Nichtvollständigkeit ein wichtiger Grund für eine Auflösungsklage nach § 61 darstellen kann, hängt von den Einzelumständen ab. Im übrigen s. §§ 35 — 38, 10 ff.

III. Persönliche Qualifikationen (Abs. 2) 6

1. Gesetzliche Qualifikationen. In Abs. 2 Satz 1 wird jetzt entsprechend § 76 Abs. 3 AktG bestimmt, daß nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person Geschäftsführer sein kann (so auch die bisherige h.L.; s. Ulmer in H a chenburg 7; Mertens in Hachenburg § 35, 29). Geschäftsunfähige (§ 104 BGB) und beschränkt Geschäftsunfähige (§ 106 BGB) können also nicht Geschäftsführer sein, ebensowenig wie juristische Personen oder Personengesellschaften oder Gemeinschaften. Dagegen können juristische Personen auch nach Inkrafttreten der Novelle 1980 als Liquidatoren bestellt werden (S. im einzelnen §66,5). Der Bundespräsident und die Mitglieder der Bundesregierung dürfen kraft Verfassungsrechts nicht Geschäftsführer sein (Art. 55 Abs. 2, und 66 GG). Entsprechendes gilt nach Maßgabe der meisten Länderverfassungen für die Mitglieder der Landesregierungen. Beamte bedürfen einer beamtenrechtlichen Genehmigung (§65 Abs. 1 Nr. 3 BBG); auch hier gilt Entsprechendes nach den Beamtengesetzen der einzelnen Bundesländer (Nachweise bei Mertens in Hachenburg § 35, 31). Gleiches gilt für Notare § 8 Abs. 2 Nr. 2 BNotO). Die Tätigkeit, jedenfalls als alleiniger oder alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer, ist mit dem Beruf des Rechtsanwalts nicht vereinbar (§ 7 Nr. 8 BRAO), sofern die G m b H erwerbswirtschaftlich tätig ist (BGHZ 68, 399; 72, 283). Weitergehende Eignungsvoraussetzungen, abgesehen von den in Abs. 2 Satz 2 (Rdn. 8 ff) behandelten, kennt das Gesetz nicht. Es spielen also Alter oder Geschlecht genau so wenig eine Rolle, wie Vorstrafen aller Art (außer 94

Meyer-Landrut

§6

Geschäftsführer

den in Abs. 2 Satz 2 genannten) oder zerrüttete Vermögensverhältnisse (Rdn. 1). Auch kommt es weder auf Staatsangehörigkeit noch auf Wohnsitz an; auch Ausländer mit Wohnsitz im Ausland wie im Inland können als Geschäftsführer bestellt werden (h.M. O L G Düsseldorf GmbH-Rdsch. 78, 110 = DB 77, 1840; O L G F r a n k f u r t / M N J W 77, 1595 = GmbH-Rdsch. 77, 183; LG Braunschweig DB 83, 977 = ZIP 83, 576; LG Aachen R J W / A W D 81, 856; Ulmer in Hachenburg 7." Aufl. 9; Roth 3.3; Mertens in Hachenburg § 35, 29; Scholz-Winter 8; Scholz-Schneider § 39, 21; Bartl/Henkes 118; a.A. Fischer/ Lutter 8 sowie LG Köln GmbH-Rdsch. 83, 48 und GmbH-Rdsch. 84,157 insoweit, als eine eingeschränkte Aufenthaltserlaubnis gem. § 7 Abs. 3 AuslG als behördliches Berufsverbot i. S. von Abs. 2 Satz 3 — dazu Rdn. 8 — angesehen wird). Diese Auffassung ist nicht haltbar, da ausländerpolizeiliche Maßnahmen sich nicht als Einschränkungen der Berufs- und Gewerbeausübung i.S. von Abs. 2 Satz 3 darstellen (dazu im einzelnen m.w.N. Miller DB 83, 977; jetzt auch Ulmer in Hachenburg 10). Zu Fragen der G m b H - G r ü n d u n g durch Ausländers. § 1 , 1 0 . H a t die G m b H einen Aufsichtsrat, so können dessen Mitglieder nicht zugleich Geschäftsführer sein (§52 Abs. 1 i.V.m. § 105 AktG); Abweichendes kann auch bei fakultativem Aufsichtsrat die Satzung nicht bestimmen (§ 52, 11). Dagegen bestehen keine Beschränkungen, als Geschäftsführer anderer Gesellschaften tätig zu sein. Eine dem Wettbewerbsverbot des § 88 Abs. 1 Satz 2 AktG entsprechende Regelung fehlt im GmbH-Recht. Zum Umfang eines Wettbewerbsverbots als Ausfluß der Treuepflicht des Geschäftsführers s. §§ 35—38, 169 sowie Mertens in Hachenburg § 43, 40. 2. Ausschlußgründe a) Vorstrafen. Das Gesetz bestimmt in Abs. 2 Satz 2, daß nicht Geschäfts- 7 führer sein kann, wer wegen der Konkursdelikte nach den §§ 283 bis 283c StGB vorbestraft ist. Dabei gilt eine Frist von fünf Jahren seit Rechtskraft, in die nicht die Zeit eingerechnet wird, in welcher der Täter aufgrund behördlicher Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Bei den genannten Delikten handelt es sich um betrügerischen Bankrott, Verletzung der Buchführungspflichten, Gläubiger- und Schuldnerbegünstigungen. Die Nichteinrechnung der Anstaltsverwahrung in die Frist erfolgt gleichgültig, ob diese in Zusammenhang mit einer konkursrechtlichen Straftat gemäß §§ 283 ff StGB erfolgte oder aus anderen Gründen (s. die Begründung zum RegEntw 77). Der Fristenlauf kann also auch durch eine Sicherungsverwahrung wegen anderer Delikte, auch wenn sie nicht aus dem Bereich der Wirtschaftskriminalität resultieren, gehemmt werden. b) Berufsverbote. Nicht Geschäftsführer einer G m b H können ferner Per- 8 sonen sein, die durch Gerichte oder Verwaltungsbehörden mit einem Berufsverbot belegt worden sind, und zwar f ü r die Zeit, f ü r die das Verbot wirksam Meyer-Landrut

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§6

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

ist. Allerdings kommt das Eignungshindernis nur zum Zuge, wenn sich das Verbot der Berufs- oder Gewerbeausübung mit dem Unternehmensgegenstand der G m b H ganz oder wenigstens teilweise deckt. Strafrechtliche Berufsausübungsverbote können nach §§ 61 Nr. 7 und 70 StGB ausgesprochen werden, verwaltungsrechtliche nach § 35 G e w O oder nach den § 35 Abs. 8 G e w O vorgehenden Spezialregelungen etwa in §§ 15, 16 GastG, § 6 BÄrzteO, § 4 ApothG, § 47 W a f f e n G , § 34 SprengG, § 25 PBefG, § 78 G Ü K G . Eine Untersagungsverfügung gemäß § 35 G e w O führt nur dann zur Amtsunfähigkeit, wenn das Verbot ausdrücklich auf die Vertretungsberechtigten der G m b H erstreckt wird (BayObLG DB 86, 1786 ist durch die Neufassung von § 3 5 G e w O i.d.F. 2 WiKG überholt). Eine ausländerpolizeiliche Einschränkung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 7 Abs. 3 AuslG (dazu Rdn. 6 a.E.), eine Handwerksuntersagung nach § 16 Abs. 3 H a n d w O (BayObLG aaO) oder ein vorläufiges Verbot nach § 132a S t P O reicht nicht aus. 9

c) Auslandsstraftaten. Die in Abs. 2 Satz 2 erwähnten Straftaten sind solche des inländischen StGB. Ob und wieweit im Ausland entsprechende Tatbestände strafbar sind, läßt sich nur unterschiedlich von Staat zu Staat beantworten. Es kann daher bei der eindeutigen Bezugnahme des Gesetzes nicht davon ausgegangen werden, daß entsprechende Verurteilungen nach ausländischen Gesetzen und durch ausländische Gerichte einer Geschäftsführerbestellung entgegenstehen (a.A. Bartl/Henkes 126). Das ergibt sich auch daraus, daß die in der Anmeldung nach § 8 Abs. 3 abzugebende Versicherung mit einer Belehrung über die Auskunftspflicht nach dem deutschen BundeszentralregisterG zu verbinden ist, die sich ihrerseits nur auf inländische Verurteilungen bezieht. Ebenso stehen auch von ausländischen Gerichten oder Behörden erlassene Berufs- oder Gewerbeverbote der Bestellung zum Geschäftsführer nicht entgegen; auch hier ist Vergleichbarkeit zu inländischer Rechtslage, von der der Gesetzgeber ausgegangen ist, im Einzelfall schwierig, wenn nicht unmöglich.

10

3. Satzungsmäßige Qualifikationen. Die Satzung kann grundsätzlich jede Art von weiteren Eignungsvoraussetzungen aufstellen. Es kann Gesellschaftereigenschaft verlangt werden (dazu Rdn. 15), Wohnsitz z.B. am Sitz der Gesellschaft, eine bestimmte Staatsangehörigkeit oder Religion (so die allg. Ansicht; s. Mertens aaO § 35, 35; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 4; RowedderRittner 15; Fischer/Lutter 9 sowie auch §§ 35—38, 14). 4. Rechtsfolgen bei fehlender Qualifikation

11

a) Nach Gesetz. Fehlen dem Geschäftsführer die Eignungsvoraussetzungen des Abs. 2, ist er also nicht voll geschäftsfähig oder wegen der in Betracht kommenden Konkursdelikte vor weniger als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden oder liegt ein sich mit dem Gegenstand der Gesellschaft über96

Meyer-Landrut

§6

Geschäftsführer

schneidendes Berufs- oder Gewerbeverbot vor, so ist die Bestellung nichtig (Begründung zum RegEntw 1977); das folgt aus dem Wortlaut „kann nicht" Geschäftsführer sein in den drei Sätzen des Abs. 2 (BayObLG W M 82, 168 = BB 82, 1508; s. auch Scholz-Winter 15; Mertens in Hachenburg 35, 34; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 12; Rowedder-Rittner 11). Es liegt ein gesetzliches Verbot vor (§ 134 BGB). Daraus folgt, daß eine G m b H durch einen Geschäftsführer, der nach Abs. 2 nicht qualifiziert ist, nicht rechtswirksam zum H a n delsregister angemeldet werden kann (§ 7 Abs. 1). Da die Anmeldung durch sämtliche Geschäftsführer zu bewirken ist (§ 78), kann eine wirksame Anmeldung auch dann nicht erfolgen, wenn nur einer von mehreren Geschäftsführern nicht qualifiziert ist. Das Gericht prüft, ob für die Amtsunfähigkeit Gründe vorliegen (§9c); dazu dient einmal die in der Anmeldung üblicherweise enthaltene Altersangabe f ü r Geschäftsführer und ferner die Versicherung der Geschäftsführer gemäß § 8 Abs. 3. Erfolgt trotzdem, ob durch Täuschung oder infolge Versehens, die Eintra- 1 2 gung der G m b H aufgrund der Anmeldung durch einen Nichtgeschäftsführer, so gelangt die G m b H trotzdem zur Entstehung (§11; Ulmer in Hachenburg 5). Eine Amtslöschung der G m b H als solcher kommt also weder nach § 144 FGG noch nach § 142 FGG in Betracht. N u r die Eintragung der nichtigen Geschäftsführerbestellung ist von Amts wegen zu löschen (§ 142 FGG). Es ist im übrigen so zu verfahren, wie wenn es zu einem Geschäftsführerwegfall nach Eintragung kommt (Rdn. 2). Das Bestellungsorgan hat also unverzüglich eine Neubestellung vorzunehmen. Unter Umständen muß ein Notgeschäftsführer bestellt werden (Rdn. 21). Es kann Auflösungsklage nach § 61 gegeben sein, wenn das Bestellungsorgan eine Neubestellung nicht durchführen kann (Mertens in Hachenburg § 35, 20). Fallen die Eignungsvoraussetzungen erst nach der Bestellung zum Ge- 1 3 schäftsführer weg, so endet die Amtsstellung ohne weiteres (BayObLG W M 82, 168 = BB 82, 1508; Baumbach-Hueck 12; Scholz-Winter § 6 Abs. 2 n.F., 8c). Solange eine nicht-qualifizierte Person als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen ist, wird der Rechtsverkehr gemäß § 15 H G B trotz Nichtigkeit der Bestellung geschützt. b) Nach Satzung.Das Fehlen satzungsmäßiger Voraussetzungen macht die 14 Bestellung eines Geschäftsführers nicht unwirksam. Der entsprechende Bestellungsbeschluß ist lediglich anfechtbar (Mertens in Hachenburg § 35, 40). Daneben kann die Bestellung widerrufen werden (§ 38 Abs. 1). Regelmäßig wird das Fehlen oder der spätere Wegfall satzungsmäßiger Bestellungsvoraussetzungen auch einen wichtigen Grund zum Widerruf der Bestellung darstellen (§§ 35—38, 22). Das ist von Bedeutung, wenn entsprechende satzungsmäßige (§ 38 Abs. 2) oder gesetzmäßige (§ 31 MitbestG i.V.m. § 84 Abs. 3 AktG) Einschränkungen der Befugnis zum Widerruf der Bestellung nur bei Vorliegen eines gewichtigen Grundes bestehen (wie hier die h.L.; a.A. Mertens aaO). Meyer-Landrut

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§6

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

IV. Bestellung der Geschäftsführer (Abs. 3) 15

1. Drittorganschaft. Anders als bei den Personalgesellschaften gilt bei der GmbH, wie bei allen juristischen Personen, der Grundsatz der Drittorganschaft. Es können Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt werden, aber ebenso auch beliebige Dritte (Abs. 3 Satz 1). Es ergeben sich formal nach GmbH-Recht keine Unterschiede zwischen Gesellschafter-Geschäftsführern und angestellten Fremdgeschäftsführern (Ulmerin Hachenburg 16; Mertens in Hachenburg § 35, 72); anderes gilt im Sozialversicherungsrecht, im Bereich der betrieblichen Altersversorgung und im Steuerrecht (s. im einzelnen §§ 35 bis 38, 92 ff). Auch der Alleingesellschafter kann sich zum Geschäftsführer bestellen; das erkennt das Gesetz jetzt in § 35 Abs. 4 ausdrücklich an. Auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft ist § 181 BGB anzuwenden (§ 1, 22 und §§ 35—38, 21).

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2. Bestellung im Gesellschaftsvertrag. Die Bestellung des oder der ersten Geschäftsführer kann im Gesellschaftsvertrag erfolgen (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2). Dann handelt es sich um einen sogenannten unechten Satzungsbestandteil (§ 1, 4), also eine Regelung, die gelegentlich der Gründung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wurde, ohne zu einem Satzungsbestandteil zu werden (Ulmer in Hachenburg 17; Scholz-Winter 10; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 14). Abberufungen oder Neuberufungen von Geschäftsführern stellen in einem solchen Falle keine Satzungsänderung dar; es sind also weder die entsprechenden Formvorschriften noch die entsprechenden Mehrheitserfordernisse (§ 53 Abs. 2) zu beachten (s. u.a. BGHZ 18,205, 208; RGZ 44, 95).

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Es kann aber eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung auch die Begründung eines Sonderrechts auf Geschäftsführerbestellung und die Belassung in diesem Amt beinhalten. Dann ist sie der Disposition durch die Gesellschaftermehrheit entzogen (§ 3, 36). Ob ein Sonderrecht oder ein Sondervorteil im Einzelfall gewährt worden ist, ist dem Wortlaut und Sinnzusammenhang der betreffenden Vorschriften und gegebenenfalls einer besonderen satzungsmäßigen Gestaltung und eventuellen späteren Satzungsänderungen zu entnehmen (BGH W M 68, 1350; W M 81, 438 = GmbH-Rdsch. 82, 130; O L G Düsseldorf BB 82, 762; zur Auslegung des Gesellschaftsvertrages s. im übrigen

S 2, 22 ff). 18

3. Bestellung durch Gesellschafterbeschluß. Erfolgt die Bestellung nicht in der Gründungssatzung, so hat sie „nach Maßgabe der Bestimmungen des 3. Abschnitts" zu erfolgen, also den §§ 35 — 52. Das bedeutet, daß die Bestellung der Geschäftsführer der Bestimmung der Gesellschafter unterliegt (§ 46 Nr. 5), in der Regel also durch Beschluß der Gesellschafterversammlung zu erfolgen hat. Der Gesellschaftsvertrag kann qualifizierte Mehrheitserforder98

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Geschäftsführer

§ 6

nisse für Bestellung (und Abberufung) festlegen, kann Eignungsvoraussetzungen bestimmen (Rdn. 7) und kann auch die Zuständigkeit zur Bestellung (und Abberufung der Geschäftsführer einem anderen Gesellschaftsorgan, einzelnen Gesellschaftern, einer Gruppe von Gesellschaftern oder auch an Dritte delegieren (Scholz-Winter 12; Rowedder-Rittner 18; Baumbach-Hueck 18; s. auch B G H WM 73, 1295); ein Bestimmungsrecht durch Dritte wird gelegentlich in Frage gestellt (vgl. dazu Teichmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, 1970, S. 176 und Wiedemann Gesellschaftsrecht, Bd. 1, § 7 II lb. Im einzelnen s. auch § 46, 20.

4. Bestellung durch andere Organe. Hat die G m b H einen Aufsichtsrat, so 19 obliegt diesem nicht kraft Gesetzes die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer; § 52 Abs. 1 enthält keine Verweisung auf § 84 AktG. H a t die G m b H gemäß §77 BetrVG 1952 einen Aufsichtsrat zu bilden, so gilt das Gleiche, d.h. kraft Gesetzes ist der Aufsichtsrat nicht zur Bestellung (und Abberufung) der Geschäftsführer zuständig. Nur im Geltungsbereich des MitbestG gilt etwas anderes: Hier ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes zusammengesetzte Aufsichtsrat Bestellungsorgan für die Geschäftsführer (§31 MitbestG). Entsprechendes gilt im Geltungsbereich der Montan-Mitbest. Eine Bestellungskompetenz des fakultativen Aufsichtsrats kann durch den Gesellschaftsvertrag oder im Wege einer späteren Satzungsänderung begründet werden. Ebenso kann die Zuständigkeit durch Satzungsregelung einem aufsichtsratsähnlichen Organ, einem Beirat, Verwaltungsrat, einem einzelnen Gesellschafter oder einem Gesellschafterausschuß übertragen werden sowie auch Dritten wie einer Behörde oder einer Konzernobergesellschaft (Rdn. 18).

V. Auslegungsregel (Abs. 4) Abs. 4 enthält eine Auslegungsregel. Bestimmt der Gesellschaftsvertrag, daß 20 alle Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, so gilt das im Zweifel nur für die Gründer. Ob es sich dabei um ein Sonderrecht jedes einzelnen Gründers oder um eine nur anläßlich der Gründung erfolgte Regelung handelt (Rdn. 16), ist aus dem Vertragswortlaut und den Umständen seines Zustandekommens zu ermitteln. Das Gesetz geht davon aus, daß ein Sonderrecht nicht begründet wird (Ulmer in Hachenburg 23; Rowedder-Rittner 19; Scholz- Winter 7) und daß neu eintretende Geschäftsführer, auch wenn sie Gesellschafter sind, durch einen entsprechenden Beschluß der Gesellschafterversammlung oder des sonstigen Bestellungsorgans bestellt werden müssen. Meyer-Landrut

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§6

1. A b s c h n i t t . E r r i c h t u n g d e r G e s e l l s c h a f t

VI. Notgeschäftsführer 21

H a t die G m b H keinen Geschäftsführer oder ist eine zur Vertretung der G m b H erforderliche Zahl von Geschäftsführern nicht vorhanden, so kann in entsprechender Anwendung des § 29 BGB (RGZ 116, 118; O L G Frankfurt BB 86, 1601; weitere Nachweise bei Hohlfeld GmbH-Rdsch 86, 182; Mertens in Hachenburg § 35, 63; Rowedder-Koppensteiner § 35, 63; s. auch § 35 - 38, 13) durch das für den Sitz der G m b H zuständige Amtsgericht ein Notgeschäftsführer bestellt werden, s. auch §66, 12 zur Bestellung von Notliquidatoren. Das Gericht wird nur auf Antrag eines Beteiligten tätig. Das kann ein nicht mehr vertretungsberechtigter Geschäftsführer, die Gesellschafterversammlung, der Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender oder einzelne seiner Mitglieder (Meyer-Landrut Großkomm. AktG § 85, 3) oder einzelne Gesellschafter sein oder auch sonstige Dritte, wie Gläubiger der Gesellschaft (Hohlfeld a a O 183). Da der Notgeschäftsführer vollständig in die Stellung des fehlenden Geschäftsführers eintritt, für den er bestellt wird, muß auch er die etwa satzungsmäßig geforderten Qualifikationen erfüllen (BayObLG N J W 81, 905). Die Vertretungsbefugnis des Notgeschäftsführers kann nicht beschränkt werden, wohl aber die Geschäftsführungsbefugnis; es gilt § 37 Abs. 2 (BayObLG Z I P 86, 93 = GmbH-Rdsch. 86, 189). Die Bestellung erfolgt, wenn der zur Vertretung der G m b H erforderliche Geschäftsführer endgültig weggefallen ist oder aber aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen daran gehindert ist, das Amt auszuüben (Mertens in Hachenburg § 35, 64). Eine vorübergehende Verhinderung (etwa Reise oder Krankheit) reicht ebensowenig aus wie die Weigerung, die Geschäfte zu führen (OLG F r a n k f u r t / M N J W 66, 504). In solchen Fällen und auch bei unzweckmäßiger oder treuwidriger Geschäftsführung ist es allein Sache der Gesellschafter bzw. der Gesellschaftermehrheit, gegebenenfalls für einen Wechsel in der Geschäftsführung zu sorgen (OLG F r a n k f u r t / M . BB 86, 1601). Die Bestellung erfolgt nur in dringenden Fällen und nur f ü r die Zeit bis zur Behebung des Mangels (Mertens in Hachenburg § 35, 65; Hohlfeld aaO 182). Das Bestellungsorgan hat es also jederzeit in der H a n d , den gerichtlich bestellten Geschäftsführer durch einen ordnungsgemäß Bestellten zu ersetzen. In Anlehnung an § 85 Abs. 3 AktG wird man annehmen müssen, daß auch der Notgeschäftsführer einer G m b H Anspruch auf Auslagenersatz und Vergütung hat und daß im Falle der Nichteinigung das Gericht Auslagenersatz und Vergütung festsetzen kann (Mertens in Hachenburg § 35, 71 und 115). Schuldner der Vergütung ist die G m b H (BayObLG BB 75, 1037; Handbuch der G m b H I, 549, 2; Hohlfeld a a O 184); die Gesellschafter sind weder verpflichtet, das Amt unentgeltlich zu übernehmen noch die erforderlichen Beträge nachzuschießen, wenn das Stammkapital nicht ausreicht (BGH W M 85, 52 = Z I P 85, 283 = GmbH-Rdsch. 85, 149). Wird der Beschluß zur Bestellung von Geschäftsführern als nichtig ange100

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§7

Anmeldung

griffen, so wird die G m b H nicht durch einen Notgeschäftsführer, sondern durch die Geschäftsführer vertreten, deren Bestellung beanstandet wird (BGH W M 81, 138). Neben eine Notbestellung nach § 29 BGB kommt auch die Bestellung eines Prozeßvertreters gemäß § 57 Z P O durch das Prozeßgericht in Betracht, wenn die G m b H wegen Fehlens eines Vertretungsorgans prozeßunfähig ist und f ü r den Kläger Gefahr im Verzug besteht. In einem solchen Falle ist f ü r die Bestellung eines Notgeschäftsführers kein Raum (str., wie hier Fischer 10. Aufl. 5), es sei denn, es werden im Zusammenhang mit dem Prozeß Handlungen notwendig, die der Prozeßpfleger als solcher nicht wahrnehmen kann (Mertens in Hachenburg § 35, 65; Ulmer in Hachenburg, 7" Aufl. 21; weitergehend Rowedder-Rittner26; s. auch O L G H a m m O L G Z 65, 289 = N J W 65, 504). Unterliegt die G m b H dem MitbestG, so gilt gemäß § 31 Abs. 1 MitbestG für die gerichtliche Bestellung eines Ersatzgeschäftsführers die Regelung des § 85 AktG entsprechend. S. zum Fehlen von gesetzes- oder satzungswegen erforderlichen Geschäftsführern im übrigen §§ 35—38 Rdn. 10 ff.

VII. Fehlende oder fehlerhafte Bestellung Zu den Rechtswirkungen, wenn das Geschäftsführeramt trotz fehlender 2 2 oder fehlerhafter Bestellung aufgenommen wird, sog. faktische Bestellung, s. §§ 35—38, 105 und % 43, 28.

§7 (1) Die Gesellschaft ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. (2) Die Anmeldung darf erst erfolgen, wenn auf jede Stammeinlage, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, ein Viertel eingezahlt ist. Insgesamt muß auf das Stammkapital mindestens soviel eingezahlt sein, daß der Gesamtbetrag der eingezahlten Geldeinlagen zuzüglich des Gesamtbetrags der Stammeinlagen, für die Sacheinlagen zu leisten sind, fünfundzwanzigtausend Deutsche Mark erreicht. Wird die Gesellschaft nur durch eine Person errichtet, so darf die Anmeldung erst erfolgen, wenn mindestens die nach den Sätzen 1 und 2 vorgeschriebenen Einzahlungen geleistet sind und der Gesellschafter für den übrigen Teil der Geldeinlage eine Sicherung bestellt hat. (3) Die Sacheinlagen sind vor der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister so an die Gesellschaft zu bewirken, daß sie endgültig zur freien Verfügung stehen. Meyer-Landrut

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§7

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft Übersicht Rdn.

I. Einleitung II. A n m e l d u n g z u m H a n d e l s r e g i s t e r (Abs. 1) 1. B e d e u t u n g d e r A n m e l d u n g . . 2. Zuständiges G e r i c h t 3. Form und Inhalt 4. D u r c h s e t z b a r k e i t III. Leistung auf die Stammeinlage (Abs. 2) 1. M i n d e s t e i n z a h l u n g 2. G r ü n d u n g s k o s t e n 3. Mindesteinlage 4. Gemischte Einlage

1

4 6 7 8

9 12 14 15

Rdn. 5. Einmanngesellschaft a) Allgemeines b) Art d e r Sicherung c) B ü r g s c h a f t o d e r Schuldmitübernahme d) D a u e r d e r S i c h e r u n g . . . . 6. Art und Weise der E i n z a h lung IV. Sacheinlage (Abs. 3) 1. B e d e u t u n g d e r V o r s c h r i f t . . . 2. G r u n d s t ü c k e 3. Bewegliche Sachen und sonstige Rechte

16 18 19 20 21 23 24 25

Schrifttum Deutler Änderungen des GmbH-Gesetzes u.a. handelsrechtlicher Vorschriften durch die GmbH-Novelle 1980, GmbH-Rdsch. 80, 145; Gustavus Die Vollmacht zu Handelsregisteranmeldungen bei Personalgesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, GmbH-Rdsch. 78, 219; Kreuzer Die Gläubigerschutzbestimmungen der GmbH-Novelle, Z I P 80, 597; Priester Die GmbH-Novelle, Überblick und Schwerpunkte aus notarieller Sicht, D N o t Z 80, 515; K. Schmidt Barkapitalaufbringung und „freie V e r f ü g u n g " bei der AG und der G m b H , Die AG 86, 106; Sudhoff Rechte und Pflichten des Geschäftsführers einer Gesellschaft, 10. Aufl. 1980.

I. Einleitung 1

Die Vorschrift entspricht in Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 dem bisherigen Recht. Entgegen früheren Reformvorstellungen (§6 RegEntw 1971, BR-Drucks. 595/71), die Volleinzahlung vorsahen, ist die Zulässigkeit der Einzahlung nur eines Viertels jeder Bareinlage beibehalten worden. Eingeführt ist durch die Novelle 1980 allerdings ein Mindesteinzahlungsbetrag von D M 2 5 000,— entsprechend der Hälfte und nicht mehr, wie früher, eines Viertels des Mindeststammkapitals von jetzt DM 50 000,—. Damit erweist sich die Regelung in Abs. 2 Satz 2 als die für den Rechtsverkehr tatsächlich effektive Eintrittsschwelle zur GmbH, die deutlich gegenüber dem bisherigen Mindesteinzahlungsbetrag von DM 5 000,— erhöht worden ist. Die frühere Regelung, daß auf jede Stammeinlage mindestens D M 250,— einzuzahlen sind, ist im geltenden Recht in Abs. 2 nicht übernommen worden, so daß nunmehr auch auf die Mindeststammeinlage von D M 500,— (§ 5 Abs. 1) DM 125,— eingezahlt werden können.

2

Aus dem RegEntw 1977 hat der Gesetzgeber die §§ 7a und 7b nicht übernommen, wobei allerdings der Regelungsgegenstand der Sätze 2 und 3 des Abs. 2 im wesentlichen dem § 7a Abs. 1 RegEntw 1977 entnommen ist. 102

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§7

Anmeldung

Verzichtet hat der Gesetzgeber auf eine Regelung, wonach Gesellschafter, die im Schuldnerverzeichnis gemäß § 915 Z P O oder § 107 Abs. 2 K O eingetragen sind, ihre Einlagen voll zu leisten haben. Die für den Einmann-Gründer im RegEntw vorgesehene Sicherung der nicht eingezahlten Resteinlage ist jedoch Gesetz geworden. Für die im RegEntw enthalten gewesenen Bestimmungen entsprechend §§ 54 Abs. 3 und 36 Abs. 2 AktG sah der Gesetzgeber kein Regelungsbedürfnis: hier sind somit Streitfragen offen geblieben (Rdn. 21 und Rdn. 13). Abs. 3 entspricht § 7b Abs. 1 Satz 1 RegEntw 1977. Da das GmbH-Recht 3 nach wie vor keine Gründungsprüfung kennt (§ 5, 2), geht die Vorschrift weiter als § 36a Abs. 2 AktG, wonach die Sacheinlage noch innerhalb von höchstens fünf Jahren geleistet werden kann. Auch die in § 7b Abs. 2 RegEntw 1977 als ausreichend für die Bewirkung der Einbringung eines Grundstücks angesehene Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Eintragungsanspruchs ist nicht Gesetz geworden (s. dazu Rdn. 24).

II. Anmeldung zum Handelsregister 1. Bedeutung der Anmeldung. Da die G m b H erst mit der Eintragung im 4 Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft entsteht (§ 11 Abs. 1), verlangt Abs. 1 die entsprechende Anmeldung. Diese stellt sich rechtlich als eine an das Registergericht gerichtete empfangsbedürftige Erklärung dar (Ulmer in H a chenburg 7° Aufl. 17; Rowedder-Rittner 4). Die Anmeldung wird also erst durch Eingang beim Registergericht wirksam (OLG Hamm BB 81, 993). Anzumelden haben sämtliche Geschäftsführer, auch wenn Einzelvertretung besteht (§ 78). Das bedeutet, daß alle im Gründungsstadium bestellten Geschäftsführer (dazu § 6, 3) mitzuwirken haben einschließlich stellvertretender Geschäftsführer (§ 44). Personen, die nicht ordnungsgemäß zu Geschäftsführern bestellt sind, können nicht anmelden. Es ist daher der Anmeldung auch die Legitimation der Geschäftsführer beizufügen (§ 8 Abs. 1 Nr. 2). Ebensowenig sind zur Anmeldung Personen befugt, die ihr Amt als Geschäftsführer vor der Anmeldung mit sofortiger Wirkung niedergelegt haben (BayObLG GmbH-Rdsch. 82,214). Die anmeldeberechtigten Geschäftsführer handeln nicht als gesetzliche Vertreter der G m b H (§ 35 Abs. 1), sondern in Erfüllung einer ihnen obliegenden Organpflichten (OLG Hamm OLGZ 81, 421; s. Rdn. 8). Bei Zurückweisung des Antrages sind daher nur die Geschäftsführer als Antragsteller (§ 20 Abs. 2 FGG) beschwerdeberechtigt (OLG Hamm aaO; BayObLG BayObLGZ 81, 90; DB 85,699 = BB85,610). Vertretung der Geschäftsführer durch Dritte bei Anmeldung der Gesell- 5 Schaft ist nicht möglich, schon weil in der Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 und 3 Versicherungen abzugeben sind, deren Richtigkeit der anmeldende Geschäftsführer persönlich zivil- und strafrechtlich zu verantworten hat (§ 9a Meyer-Landrut

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§7

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Abs. 1 und § 82 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4). Es ist also mit der auch bisher schon h.L. davon auszugehen, daß die Anmeldung durch die Geschäftsführer persönlich vorgenommen werden muß; insoweit ist Abs. 1 i.V.m. § 8 eine Spezialregelung, die der allgemeinen Bestimmung in § 12 Abs. 2 H G B (Zulässigkeit der Anmeldungen zum Handelsregister auch durch Bevollmächtigte) vorgeht (Gustavus GmbH-Rdsch. 78, 219, 224; Scholz-Winter 4; Ulmer in Hachenb u r g 7 " Aufl. 12; Rowedder-Rittner 8; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 3; Fischer1 Lutter 1; Sudhoff Rechte und Pflichten des GmbH-Geschäftsführers, 10. Aufl. S. 34; zur Anmeldung der Kapitalerhöhung s. BayObLG, DB 86, 1666 = BB 86, 1532; a.A. O L G Köln W M 86, 1412 = DB 86, 2376 = BB 86, 2088; Roth 7.2.2.; Eder Handbuch der G m b H I, 84; Bartl/Henkes 157, wonach nur die Versicherungen nach § 8 Abs. 2, nicht die Anmeldung als solche höchstpersönlich abzugeben ist. 6

2. Zuständiges Gericht. Anzumelden ist die G m b H bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat. Für die Führung des Handelsregisters sind die Amtsgerichte zuständig (§ 8 H G B i.V.m. § 125 FGG). Maßgebend ist nicht ein tatsächlicher, sondern der in der Satzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 angegebene Sitz; wegen Einzelheiten s. § 3, 7. Einen doppelten Sitz kann die G m b H grundsätzlich nicht haben (§ 3, 9). Die sachliche und örtliche gesetzliche Zuständigkeit ist zwingend. Die Anmeldung bei einem nicht zuständigen Gericht ist zurückzuweisen.

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3. Form und Inhalt. Die Form der Anmeldung ergibt sich aus § 12 Abs. 1 H G B : Sie hat in öffentlich beglaubigter Form zu erfolgen, regelmäßig also in notariell beglaubigter Form (§ 129 Abs. 1 BGB, § 40 BeurkG). Der notarielle Beglaubigungsvermerk muß die Person des oder der Geschäftsführer, die die Anmeldung unterzeichnet haben, namentlich benennen (OLG H a m m , O L G Z 83, 257). Notarielle Beurkundung (§ 129 Abs. 2 HGB) oder gerichtlicher Vergleich (§ 127a BGB) sind auch zulässig. Die Beglaubigung kann auch durch einen ausländischen N o t a r erfolgen. Prüfungs- und Belehrungspflichten (5 17 BeurkG) bestehen bei der Unterschriftsbeglaubigung nicht (s. §8, 31); zu den weiteren Förmlichkeiten s. § 2, 11. Anzumelden ist die Gesellschaft unter Angabe von Firma und Sitz und unter Beifügung der in § 8 genannten Urkunden, Versicherungen und Angaben.

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4. Durchsetzbarkeit der Anmeldung. Das Registergericht kann die Durchführung der Anmeldung nicht erzwingen (§ 79 Abs. 2). Zur Anmeldung sind die Geschäftsführer auch nicht aus § 7, sondern aufgrund ihrer Organstellung verpflichtet (OLG H a m m GmbH-Rdsch. 84, 343, Ulmer in Hachenburg 7 1 1 Aufl. 6; Rowedder-Rittner 6; Fischer/Lutter 1; Scholz-Winter 1). Werden sie nicht tätig, so können sie sich jedoch den Gründern gegenüber ersatzpflichtig machen. 104

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§7

Anmeldung

Da andererseits die Gründer gegenseitig als verpflichtet anzusehen sind, die Gesellschaft zu errichten (Scholz-Winter 1), wird man sie auch als verpflichtet anzusehen haben, gegebenenfalls einen nicht kooperativen Geschäftsführer zu ersetzen (Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 6). Die strittige Frage, ob eine Klage der Gesellschaft gegen Geschäftsführer auf Durchführung der Anmeldung zulässig ist, insbes. wegen der abzugebenden Versicherungen, dürfte praktisch nicht bedeutungsvoll sein; prinzipiell wird man sie mit Ulmer in Hachenburg 8 und Scholz- Winter 1 zu bejahen haben. Zur Frage der Beschwerdeberechtigung bei Zurückweisung des Auftrags auf Eintragung s. § 9,10. Falsche Angaben in der Anmeldung zur Eintragung der G m b H im Handelsregister über die Übernahme der Stammeinlagen, die Leistung der Einlagen, die Verwendung der eingezahlten Beträge, über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sicherungen für nicht voll eingezahlte Geldeinlagen werden nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Falsche Angaben im Zusammenhang mit einer nach Art. 12 § 1 GmbH-Novelle 1980 durchzuführenden Kapitalerhöhung (oder Liquidation) sind nach Art. 12 § 5 GmbH-Novelle strafbar (dazu Pfohl/RichferBB 86,1311).

III. Leistungen auf die Stammeinlage 1. Mindesteinzahlungen a) Während Sacheinlagen immer, auch im Rahmen sogenannter gemischter 9 Einlagen (§ 5, 37), voll zu erbringen sind (Rdn. 23), gilt das für Geldeinlagen nicht. Trotz gewisser Bedenken und entgegen entsprechender Reformvorstellungen (Rdn. 1) hat der Gesetzgeber der Novelle 1980 es bei der Regelung belassen, der zufolge bei Anmeldung grundsätzlich nur mindestens ein Viertel auf jede einzelne Stammeinlage eingezahlt werden muß. Da die Mindeststammeinlage D M 500,— (§5 Abs. 1) beträgt, muß mindestens DM125,— auf jede Stammeinlage eingezahlt werden. Die restlichen, nicht eingezahlten Einlageforderungen sind in der Eröffnungsbilanz der GmbH als solche auszuweisen. Insoweit wird auch bei Bareinlagen wertmäßig das volle Stammkapital aufgebracht. Der in § 7 Abs. 2 a.F. enthaltene gesetzliche Mindesteinzahlungsbetrag von D M 250,— je Stammeinlage ist mit der Novelle 1980 entfallen. Freiwillige Mehrleistungen der Gesellschafter können dann auf die Stammeinlage angerechnet werden, wenn sie im Zeitpunkt der Eintragung noch in Geld vorhanden sind (h.L. vgl. BGHZ 51, 157, 159; Ulmer in Hachenburg 40; Rowedder-Rittner 26 jeweils m.w.N.). Zur Art und Weise der Einzahlung s. Rdn. 21 ff. Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

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b) Einzuzahlen ist eine Mindesteinlage von D M 25 000,— auf das gesamte Stammkapital der G m b H (dazu Rdn. 14). Das bedeutet, daß erst bei Bargründungen von D M 100 000,— und mehr die gesetzliche Regelung des Abs. 2 Satz 1 Platz greift (Rdn. 14).

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c) Das Gesetz geht in § 19 Abs. 1 davon aus, daß die Gesellschafter gleichmäßig im Verhältnis ihrer Stammeinlagen zur Einzahlung herangezogen werden. Der Gesellschaftsvertrag kann, immer unter Beachtung der mindestens erforderlichen Gesamteinlage von D M 25 000,—, abweichende Regelungen treffen (§ 19, 10). Solche Abweichungen betreffen in der Regel unterschiedliche H ö h e und unterschiedlichen Zeitpunkt der Einzahlungsverpflichtungen der einzelnen Gesellschafter.

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2. Gründungskosten. Streitig ist, ob die Gründungskosten, insbesondere die Gebühren des beurkundenden Notars und des Handelsregisters, die Kapitalverkehrssteuer und etwaige Grundsteuer bei Einbringung von Grund und Boden zu Lasten der Mindesteinzahlung auf das Stammkapital gezahlt werden dürfen. Der RegEntw sah in § 7a Abs. 3 eine dem § 36 Abs. 2 AktG entsprechende Regelung vor, wonach bei Gründung anfallende Steuern und Gebühren aus dem eingezahlten Betrag geleistet werden dürfen. Der Gesetzgeber hat diese Vorschrift wegen fehlenden Regelungsbedürfnisses gestrichen.

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Damit gilt, daß im GmbH-Recht die entsprechenden aktienrechtlichen Regelungen (§ 36 Abs. 2 AktG), wonach die unmittelbar mit der Gründung zusammenhängenden Gebühren und Steuern aus dem eingezahlten (Mindest-) Stammkapital geleistet werden können, nicht zum Zuge kommen (OLG H a m m BB 84, 87; Ulmer in Hachenburg 48; Scholz-Winter 17). Gründungsaufwand kann von der G m b H nur übernommen werden, wenn die Gesellschafter eine entsprechende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag treffen (§ 5, 53 ff), die damit auch offen gelegt wird {Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 49). Die Versicherung der Geschäftsführer gemäß § 8 Abs. 2 über die freie Verfügbarkeit der Einlage (§ 8, 18) steht der Entrichtung der erst nach Einreichung der Anmeldung beim Handelsregister fällig werdenden Gebühren im Falle der Offenlegung der Übernahme des Gründungsaufwandes in der Satzung nicht entgegen. Die früher erforderlich gewesene Vorauszahlung der Kapitalverkehrssteuer ist im übrigen entfallen (§ 7 K V S t D V O i.d.F. von Art. 11 GmbH-Novelle 1980). Andernfalls sind Zahlungen zu Lasten des Stammkapitals vor Einreichung der Anmeldung zum Handelsregister nicht zulässig bzw. von den Anmeldenden oder den Gesellschaftern zu ersetzen (vgl. § 9a Abs. 1).

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3. Mindesteinlage. Gemäß Abs. 2 Satz 2 muß insgesamt auf das Stammkapital bei Anmeldung mindestens D M 25 000,— eingezahlt werden. Ist also das Stammkapital nur in H ö h e des Mindestbetrags von D M 50 000,— (§ 5 Abs. 1) 106

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Anmeldung

festgesetzt, so ist bei Bareinlage insgesamt die Hälfte einzuzahlen. Auch wenn die Gründer Stammeinlagen unterschiedlicher H ö h e übernehmen und auch, gegebenenfalls freiwillig, Einzahlungen über den gesetzlichen Mindestbetrag leisten mit der Folge, daß die Gesamteinzahlung D M 25 000,— übersteigt, befreit das den einzelnen Gesellschafter nicht von der Verpflichtung, ein Viertel seiner Einlage einzuzahlen (§ 7 Abs. 2 Satz 1). Die Mindestleistung muß also von jedem Gesellschafter erbracht werden ohne Verrechnung mit der Mehrleistung anderer Gesellschafter (Gersch/Herget/Marscb/Stiitzle G m b H - R e f o r m 1980, 32; Roth 3.2); s. auch § 56a, 2. Auf diesen Mindestbetrag ist eine erbrachte Sacheinlage anzurechnen. Leistet also ein Gesellschafter eine Sacheinlage im Wert von D M 25 000,— bei einem Gesamtkapital von D M 50 000,—, so ist auf die weiteren Stammeinlagen von D M 25 000,— nur mindestens je ein Viertel einzuzahlen. Es ist nicht Sinn der vom Gesetz geforderten Mindesteinlage, sicherzustellen, daß bei neu gegründeten Gesellschaften liquide Mittel in H ö h e von D M 25 000,— verfügbar sind. Sichergestellt werden soll lediglich, daß der Gesellschaft bei Gründung Vermögenswerte in der H ö h e des Mindestbetrages zur Verfügung stehen. Auch bei einer Sachgründung, ohne zusätzliche Bareinlagen, stehen der Gesellschaft unmittelbar liquide Mittel nicht zur Verfügung. Allerdings ist in diesem Fall Leistung der gesamten Einlage erforderlich (Rdn. 23 ff). Sonderregeln gelten auch f ü r Einmanngesellschaften (Rdn. 16 ff). 4. Gemischte Einlage. Werden teils Sach- und teils Bareinlagen geleistet 1 5 (§ 5, 37), so wird die Sacheinlage, die vollständig zu leisten ist (Rdn. 23 sowie § 5, 29), in H ö h e des Gesamtbetrages der Stammeinlagen, für die Sacheinlage zu leisten ist, auf den Mindesteinlagebetrag von D M 25 000,— angerechnet. Es kann somit im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, daß neben einer (vollständig) zu erbringenden Sacheinlage Bareinlagen bei Gründung nur zu einem Viertel einzuzahlen sind (Roth 3.2). 5. Einmanngesellschaft a) Allgemeines. Abweichendes gilt, wenn die G m b H von einer Person er- 1 6 richtet wird (§ 1, 13). Nach Abs. 2 Satz 3 darf hier die Anmeldung zum H a n delsregister erst erfolgen, wenn einmal die Bestimmungen über die Mindesteinzahlung (Rdn. 9) und die Mindesteinlagen (Rdn. 14) erfüllt sind und zum andern, wenn der Alleingesellschafter für den nicht eingezahlten Teil der Geldeinlage eine Sicherung bestellt hat. Auch der Einmanngesellschafter hat also ein Viertel, mindestens aber D M 25 000,— einzuzahlen, bei Anrechnung des Wertes einer etwa erbrachten Sacheinlage (s. § 1, 19). Entsprechendes gilt, wenn sich innerhalb von drei Jahren nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister alle Geschäftsanteile in einer Hand oder daneben in der H a n d der Gesellschaft selbst vereinigen (§ 19 Abs. 4; dazu § 19, 49 ff). Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

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Der Gesetzgeber hat die Erschwerung der Einmanngründung damit begründet, daß ansonsten mehrere Gründer für die Aufbringung des Stammkapitals haften (§ 24). Darüber hinaus ist in der möglicherweise nicht erfolgenden Trennung zwischen dem Vermögen des Alleingesellschafters und dem der Gesellschaft eine Gefahr gesehen worden, der durch die geforderte Sicherheitsleistung vorgebeugt werden soll (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/8308 S. 71). Problematisch ist (s. dazu auch § 1, 19), wie der Einmanngesellschafter seine Leistung bzw. die Sicherung nach Abs. 2 Satz 3 zu erbringen hat, da eine Vorgesellschaft, die ansonsten Träger der Einlagen und sonstigen Rechte der werdenden G m b H ist (§ 11, 6) begriffsnotwendig nicht vorhanden ist (Ulmer in Hachenburg 50 bis 54) Dennoch ist davon auszugehen, daß dem Erfordernis der Kapitalsicherung bei Gründung einer Einmanngesellschaft dann genügt ist, wenn der Gründer die zu leistende Einlage aus seinem Vermögen aussondert und dem Vermögen der werdenden G m b H zuordnet. Das kann bei Bargründung durch Errichtung eines entsprechenden Bankkontos und bei Sachgründung durch nachvollziehbare Ubereignung oder Übertragung der Einlage an die Vorgesellschaft erfolgen (wie hier, außer den bereits in § 1, 19 angeführten Autoren, Rowedder-Rittner § 11, 138; Timm GmbH-Rdsch. 80, 290; a.A. Fischer 10. Aufl. 6). Leistung der Einlage an einen Treuhänder im Falle der Identität von Alleingesellschafter und Geschäftsführer kann nicht verlangt werden.

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b) Art der Sicherung. Die Art der vom Gesetzgeber verlangten Sicherung des offenen Teils der Bareinlage des Einmanngesellschafters ist im Gesetz nicht bestimmt. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die Sicherung regelmäßig in Form einer Sicherheit gemäß § 232 BGB geleistet wird, daß aber auch andere, wirtschaftlich gleichwertige Absicherungen in Betracht kämen (RegEntw 1977 BT Drucks. 8/1347 S. 32). Im Einzelfall hat das Registergericht im Rahmen der Prüfungspflicht nach § 9c über die Tauglichkeit der Sicherung zu befinden. Dabei dürfen keine anderen Maßstäbe angelegt werden als bei Gründung unter Teilnahme mehrerer Gesellschafter, da grundsätzlich auch der Gläubigerschutz bei einer Einmanngründung nicht weitergehen kann als bei anderen Gründungen. Bei diesen besteht die Sicherung der Resteinzahlungen auf das Stammkapital nur in der persönlichen H a f t u n g der Gründer und gegebenenfalls deren Rechtsnachfolger (§ 24, vgl. auch § 16 Abs. 3 und § 19 Abs. 2). Daher obliegt dem Registergericht im Normalfall auch nicht eine P r ü f u n g der Bonität des Bürgen (LG München GmbH-Rdsch. 85, 397).

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c) Bürgschaft oder Schuldmitübernahme. Zulässig als Sicherung ist demgemäß auch entsprechend § 232 Abs. 2 BGB die Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft ( S u d h o f f Der Gesellschaftsvertrag der G m b H , 6. Aufl., S. 25; a.A. offenbar O L G Frankfurt/M., W M 83, 634). Da Zweck der Sicher108

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§7

Anmeldung

Stellung ist, auch bei der Einmanngesellschaft eine der Ausfallhaftung des § 24 entsprechende Gläubigersicherung herzustellen, muß Sicherheitsleistung durch Bürgschaft auch dann als genügend angesehen werden, wenn eine Sicherheitsleistung durch Hinterlegung oder Verpfändung gemäß § 232 Abs. 1 BGB auch geleistet werden könnte (Gerscb/Herget/Marsch/Stützle Die G m b H - R e f o r m 1980, Rdn. 155). Die Voraussetzungen des § 239 Abs. 1 BGB, wonach ein Bürge nur dann als tauglich anzusehen ist, wenn er ein der H ö h e der Sicherheit angemessenes Vermögen besitzt und seinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, brauchen nicht erfüllt zu werden, da dem Gesetzeszweck entsprechend die uneingeschränkte persönliche H a f t u n g einer weiteren Person der Ausfallhaftung des § 24 gleichwertig ist (OLG Celle O L G 2 84, 318). Hieraus folgt, daß auch natürliche oder juristische Personen mit Wohnsitz im Ausland als Bürgen in Betracht kommen. Hieraus folgt weiter, daß auch eine Schuldmitübernahme durch einen anderen als den Gründer der Einmanngesellschaft dem Erfordernis einer Sicherung i.S. von § 7 Abs. 2 Satz 3 genügt. (OLG Celle a a O ; Fischer/Lutter 6, Ulmer in Hachenburg 58; Scholz-Winter § 7 n.F. lOd; a.A. Gessler BB 80, 1388; Roth 5.1). d) Dauer der Sicherung. Die Sicherung ist so zu leisten, daß sie bei Anmel- 2 0 dung zugunsten der Gesellschaft bestellt ist. Dieses ist von den Geschäftsführern gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 zu versichern. Ein Nachweis braucht nicht erbracht zu werden (anders noch § 8 Abs. 2 RegEntw 1977). Die Sicherung ist für unbestimmte Zeit zu leisten. Sie wird frei, wenn die besicherte Einlage geleistet wird oder wenn durch Eintritt eines oder mehrerer Gesellschafter die Einmanngesellschaft nicht mehr besteht (Deutler GmbH-Rdsch. 80, 146; Scholz- Winter § 7 Abs. 2 und 3 n.F., lOf). 6. Art und Weise der Einzahlung. Entgegen RegEntw 1977 (in §§ 7a Abs. 2 21 und 8 Abs. 2) sieht das Gesetz keine Regelung dazu vor, in welcher Weise die Bareinlage zu leisten ist; auch ist ein Nachweis über die Leistung bei der Anmeldung nicht zu erbringen. Rechtsprechung und Lehre (s. die Nachweise bei Ulmer in Hachenburg 31 ff; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 5; Rowedder-Rittner 23; Fischer/Lutter 9 und Scholz-Winter 11) haben die Regelungen des AktG zur Art und Weise der Einzahlung von Bareinlagen prinzipiell auch f ü r das GmbH-Recht übernommen. Danach kann der einzuzahlende Betrag nur in bar in inländischer Währung, durch bestätigten Bundesbankscheck oder durch Gutschrift auf ein Konto bei einer inländischen Bank oder auf Postscheckkonto geleistet werden (vgl. § 54 Abs. 3 AktG). Das Konto kann bereits auf den Namen der G m b H in Gründung errichtet sein (BGH GmbH-Rdsch. 62, 233) oder auf den Namen der Geschäftsführer. Auch im letzteren Falle stehen die Gutschriften rechtlich der G m b H als solcher zu, denn die Geschäftsführer handeln bei Errichtung Meyer-Landrut

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§7

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

des Kontos bereits als Organ der Vorgesellschaft und nicht als Privatperson (Ulmer 35 aaO). Befreiend wirkt auch die Einzahlung auf das Konto eines (uneigennützig handelnden) Treuhänders (OLG Stuttgart W M 85, 1066 = Z I P 85, 476 = GmbH-Rdsch. 85, 299 = DB 85, 1985 m. Anm. von K. Schmidt-, Ulmer aaO). Dagegen hat die Einzahlung auf ein Konto einer KG, deren persönlich haftender Gesellschafter die G m b H ist, auch dann keine befreiende Wirkung der Einzahlung einer GmbH-Stammeinlage, wenn die Geschäftsführung der KG einziger Tätigkeitsbereich der G m b H ist (OLG Stuttgart aaO). 22

Erfüllungshalber hingegebene Leistungen wie Schecks, Wechsel, Zahlungsversprechen u.dgl. stellen keine ausreichende Form der Einzahlung dar, ebensowenig Einzahlungen auf ein Kreditkonto der G m b H . N u r Leistungen, die sich, wie es in § 8 Abs. 2 heißt, endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden, ohne daß diese also in der Verfügungsbefugnis beschränkt sind (K. Schmidt Die AG 86, 106, 107 ff.), sind als Einzahlung im Sinne von § 7 Abs. 2 anzusehen. Alle Arten von Leistung an Erfüllungs Statt sind damit also ausgeschlossen (s. schon für das Aktienrecht des H G B R G Z 144, 348, 351). Ebenso ist Aufrechnung gegen den Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Einzahlung nicht zulässig (§ 19 Abs. 2). Auch jede Form der Verrechnung mit Forderungen des Gesellschafters (§ 19, 23) oder deren Erlaß befreien diesen nicht von der Pflicht zur baren Einzahlung der Einlage (OLG F r a n k f u r t / M W M 83, 634). Auch wenn die Gesellschaft in sonstiger Weise gegenüber dem Einleger gebunden ist, fehlt es an einer freien Verfügbarkeit in bezug auf die Bareinlage ( B G H Z 96, 231, 241 = W M 86,2,4). O h n e Bedeutung ist es, ob die Einzahlung durch den Gesellschafter persönlich oder von einem Dritten zu seinen Gunsten geleistet wird, wenn sie nur vorbehaltlos erfolgt.

IV. Sacheinlage (Abs. 3) 23

1. Bedeutung der Vorschrift. Während hinsichtlich der Bareinlagen das Erfordernis, daß die Leistung bewirkt ist und sich zur endgültigen freien Verfügung der Geschäftsführer befindet, in § 8 Abs. 2 als Inhalt der dort genannten Versicherung normiert wird, bestimmt $ 7 Abs. 3 dieses für die Sacheinlagen bereits ausdrücklich (so auch schon B G H Z 45, 338). Diese, und damit sind auch die früher sogenannten Sachübernahmen gemeint (§ 5, 50 und § 19, 32 ff.), sind vor Anmeldung so an die Gesellschaft zu bewirken, daß sie endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen. Es sind also Sacheinlagen, die erst nach Eintragung der G m b H übernommen werden sollen (vgl. dagegen § 27 Abs. 1 AktG), nicht zulässig (Scholz-Winter § 7 Abs. 2 und 3 n.F., 15c). 110

Meyer-Landrut

§8

Inhalt der Anmeldung

2. Grundstücke. Bewirkung der Sacheinlage zur freien Verfügung der Ge- 2 4 schäftsführer bedeutet, daß auch Grundstücke und andere Grundrechte vor Anmeldung an die Vorgesellschaft übertragen werden müssen (§ 5, 29). Die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Übertragungsanspruches (so § 7b Abs. 2 RegEntw 1977) genügt nicht; das hat der Gesetzgeber durch die NichtÜbernahme des § 7b Abs. 2 RegEntw 1977 zu erkennen gegeben. Ob, wie früher, bei Einbringung von Grundstücken oder Grundstücksrechten Einigung (Auflassung) in bindender Form genügend ist (Ulmer in Hachenburg 7. Aufl. 45; Baumbach-Hueck 13. Aufl. I V B ; Scholz-Winter 15), kann angesichts des geänderten Wortlautes, daß nämlich eine endgültige freie Verfügbarkeit gegeben sein muß, fraglich sein (so jedoch Bartl/Henkes 150; ähnlich auch Roth 6). Genügen dürfte aber jedenfalls, wenn der Eintragungsantrag mit den Umschreibungsunterlagen beim Grundbuchamt eingereicht und somit der Rechtsübergang sichergestellt ist (so Priester D N o t Z 80, 523; Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 44; Fischer/Lutter 10; a.A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 11; kritisch Hüffer Z H R 148 (1984), 76). Die Eintragung der Vorgesellschaft im Grundbuch braucht nicht abgewartet zu werden (so aber Kreuzer Z I P 80, 600; Baumbach-Hueck aaO). 3. Bewegliche Sachen und sonstige Rechte. Hinsichtlich aller anderen Ver- 2 5 mögenswerte, die einlagefähig im Sinne von § 5 Abs. 4 sind (s. im einzelnen §5, 30 ff), gilt, daß sie vor Anmeldung so an die Vorgesellschaft zu bewirken sind, daß sie sich zur endgültigen freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Bewegliche Sachen sind zum Eigentum zu übertragen, Rechte sind vorbehaltlos abzutreten, Sachgesamtheiten sind mit allen in Betracht kommenden Einrichtungen, Sachen, Rechten und Pflichten zu übertragen. Das Risiko, daß es aus irgendwelchen Gründen nicht zur Eintragung der G m b H kommt und somit eine Rückübertragung erforderlich wird (vgl. Baumbach-Hueck 13. Aufl. IV B), trägt der Gründer, der eine Sacheinlage leistet.

§8 (1) Der Anmeldung müssen beigefügt sein: 1. der Gesellschaf tsvertrag und im Fall des § 2 Abs. 2 die Vollmachten der Vertreter, welche den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet haben, oder eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunden, 2. die Legitimation der Geschäftsführer, sofern dieselben nicht im Gesellschaftsvertrag bestellt sind, 3. eine von den Anmeldenden unterschriebene Liste der Gesellschafter, aus welcher Name, Vorname, Stand und Wohnort der letzteren sowie der Betrag der von einem jeden derselben übernommenen Stammeinlage ersichtlich ist, Meyer-Landrut

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§8

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

4. im Fall des § 5 Abs. 4 die Verträge, die den Festsetzungen zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind, und der Sachgründungsbericht, 5. wenn Sacheinlagen vereinbart sind, Unterlagen darüber, daß der Wert der Sacheinlagen den Betrag der dafür übernommenen Stammeinlagen erreicht, 6. in dem Fall, daß der Gegenstand des Unternehmens der staatlichen Genehmigung bedarf, die Genehmigungsurkunde. (2) In der Anmeldung ist die Versicherung abzugeben, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 bezeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen bewirkt sind und daß der Gegenstand der Leistungen sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet. Wird die Gesellschaft nur durch eine Person errichtet und die Geldeinlage nicht voll eingezahlt, so ist auch zu versichern, daß die nach § 7 Abs. 2 Satz 3 erforderliche Sicherung bestellt ist. (3) In der Anmeldung haben die Geschäftsführer zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Die Belehrung nach § 51 Abs. 2 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 1976 (BGBl. I S. 2005) (jetzt § 53 Abs. 2 i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. 9. 1984, BGBl. I S. 1229) kann auch durch einen Notar vorgenommen werden. (4) In der Anmeldung ist ferner anzugeben, welche Vertretungsbefugnis die Geschäftsführer haben. (5) Die Geschäftsführer haben ihre Unterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gericht zu zeichnen.

Rdn.

Rdn. I. E i n l e i t u n g II. A n l a g e n z u r A n m e l d u n g (Abs. 1) 1. a) G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g a) V o l l m a c h t e n 2. L e g i t i m a t i o n d e r G e s c h ä f t s führer

1

3. Liste d e r G e s e l l s c h a f t e r . . . . 4. S a c h g r ü n d u n g a) V e r t r ä g e z u r S a c h g r ü n dung b) S a c h g r ü n d u n g s b e r i c h t . . . c) B e w e r t u n g s u n t e r l a g e n . . . 5. Staatliche G e n e h m i g u n g s u r kunden

6

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3 4 5

III. V e r s i c h e r u n g e n d e r G e s c h ä f t s f ü h r e r (Abs. 2) 1. A l l g e m e i n e s 2. Bei B a r e i n l a g e n 3. Bei S a c h e i n l a g e n 4. Bei Sicherheitsleistung IV. V e r s i c h e r u n g ü b e r E i g n u n g s v o r a u s s e t z u n g e n (Abs. 3)

7 8 9 12

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1. Allgemeines 2. G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t 3. Fehlen v o n V o r s t r a f e n und Berufsverboten a) I n h a l t d e r E r k l ä r u n g b) U n b e s c h r ä n k t e A u s k u n f t

17 21 23 23

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29 30

§8

Inhalt der Anmeldung

Rdn.

Rdn. c) B e l e h r u n g d u r c h a u s l ä n d i schen N o t a r V. W e i t e r e A n g a b e n 1. V e r t r e t u n g s b e f u g n i s d e r G e s c h ä f t s f ü h r e r (Abs. 4) 2. A u f s i c h t s r a t

31

32 33

3. A n s c h r i f t VI. U n t e r s c h r i f t s z e i c h n u n g (Abs. 3) VII. Gründungssteuern V I I I . R e c h t s f o l g e n bei U n r i c h t i g e r o d e r unvollständiger Anmeldung

34 35 36 39

Schrifttum Bodens Die Eintragung einer G m b H in die Handwerksrolle als Voraussetzung f ü r die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister, GmbH-Rdsch. 84, 177; Gustavus Die Vollmacht zu Handelsregisteranmeldungen bei Personengesellschaft und G m b H , GmbH-Rdsch. 78, 219; Huber Die Vorgesellschaft mit beschränkter H a f t u n g — le lege ferenda betrachtet, FS Robert Fischer, 1979, 263; Quecke Anmeldung und Veröffentlichung des ersten Aufsichtsrats der G m b H zum Handelsregister, GmbH-Rdsch. 58, 117; K. Schmidt Barkapitalaufbringung und „freie V e r f ü g u n g " bei der AG und der G m b H , Die AG 86, 106; Ulmer Abschied vom Vorbelastungsverbot im Gründungsstadium der V o r - G m b H und V o r - G m b H & Co. K G , Z G R 81, 593; Wernicke Prüfungspflicht der Registergerichte von Zahlungen auf das GmbH-Stammkapital, BB 86,1869.

I. E i n l e i t u n g

Die Vorschrift füllt die Regelung des § 7 Abs. 1 aus, indem sie bestimmt, 1 was die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister zu beinhalten hat, entsprechend den Regelungen in § 33 H G B und § 37 AktG. Der jetzige Abs. 4 war als Abs. 3 durch das KoordG vom 15.8.1969 eingeführt, welches u.a. die Offenlegung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer anordnete (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2). Durch die Novelle 1980 sind Abs. 1 Nr. 4 und 5 in Anpassung an die Vorschriften über die Sachgründung (§ 5 Abs. 4) neu eingefügt; Abs. 2 ist den geänderten Vorschriften über die Anmeldungsvoraussetzungen in § 7 Abs. 2 angepaßt, während der neue Abs. 3 sich aus der Einfügung des § 6 Abs. 2 über die Eignungsvoraussetzungen für das Amt des Geschäftsführers ergibt. Nicht Gesetz geworden sind die Regelungen des RegEntw 1977 (dort § 8 2 Abs. 2), wonach statt der Versicherung über die geleisteten Einlagen der Nachweis zu erbringen war, daß die Bar- oder Sacheinlage tatsächlich bewirkt ist und daß eine nach § 7 Abs. 2 Satz 3 notwendige Sicherung bestellt ist. Auch nicht Gesetz geworden ist der Vorschlag, neben den Geschäftsführern auch alle Gesellschafter zu verpflichten, die Anmeldung durchzuführen (§16 RegEntw 1971; BR-Drucks. 595/71). Der durch die Novelle 1980 erweiterte Umfang der insbesondere bei Sachgründungen einzureichenden Unterlagen (Abs. 1 Nr. 4 und 5) soll die auch gesetzlich angeordnete Prüfung der Wertansätze bei Sacheinlagen durch das Registergericht (§ 9c Satz 2) erleichtern (so die Begründung BT-Drucks. 404/1977 zum RegEntw 1977 S. 33). Meyer-Landrut

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§8

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

II. Anlagen zur Anmeldung (Abs. 1) 3

1. a) Gesellschaftsvertrag. Der Anmeldung, die regelmäßig in öffentlich beglaubigter Form (§ 7, 7) zu erfolgen hat, ist eine Ausfertigung des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages beizufügen. Dieser muß vollständig und in sich geschlossen in einem Schriftstück enthalten sein entsprechend der Regelung in § 54 Abs. 1 Satz 2 (§ 2, 3). Statt einer Ausfertigung (§ 47 BeurkG) kann auch eine beglaubigte Abschrift (§ 42 BeurkG) eingereicht werden. Die Urschrift des Gesellschaftsvertrages verbleibt beim Notar (§ 45 Abs. 1 Satz 1 BeurkG). Wird der Gesellschaftsvertrag noch vor der Anmeldung geändert, so ist auch in entsprechender Anwendung von § 54 Abs. 1 Satz 2 außer der Urkunde, aus der sich die Änderung ergibt (§ 53 Abs. 2), der neue vollständige Wortlaut des Gesellschaftsvertrages mit notarieller Bescheinigung der Anmeldung beizufügen (OLG Schleswig-Holstein GmbH-Rdsch. 75,183).

4

b) Vollmachten. Die Gründer können sich bei Errichtung der GmbH durch Bevollmächtigte vertreten lassen (§ 2 Abs. 2). Die Vollmachtsurkunden sind im Original oder gleichfalls in beglaubigter Abschrift (§ 42 BeurkG) mit der Anmeldung zum Handelsregister einzureichen. Zur Form der Vollmacht s. § 2, 10.

Entsprechend ist die Genehmigungserklärung eines vollmachtslos Vertretenen in der Form des § 2 Abs. 2 oder in beglaubigter Abschrift einzureichen. 5

2. Legitimation der Geschäftsführer. Gem. 5 6 Abs. 3 Satz 2 erfolgt die Bestellung der Geschäftsführer der GmbH in Gründung entweder im Gesellschaftsvertrag (§ 6, 16) oder durch Gesellschafterbeschluß (§ 6, 18) oder gegebenenfalls durch andere Organe (§ 6, 19). Ist die Bestellung Bestandteil des Gesellschaftsvertrages, so bedarf es keiner weiteren Nachweise. Ist sie jedoch, wie es in der Regel üblich ist, außerhalb des Gesellschaftsvertrages erfolgt, so ist ein entsprechender Nachweis durch Übermittlung der Urkunde im Original oder in öffentlich beglaubigter Abschrift zu führen (vgl. § 39 Abs. 2). Der Beschluß zur Bestellung der Geschäftsführer bedarf keiner Form. Eine Ausnahme gilt für die Beschlußfassung des Einmanngesellschafters gemäß § 48 Abs. 3. Wird eine mündliche Beschlußfassung behauptet, so kann im Rahmen der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung durch das Gericht (§ 9c) eine schriftliche Bestätigung der Gesellschafter gefordert werden {Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 6).

6

3. Liste der Gesellschafter. Nach Abs. 1 Nr. 3 ist mit der Anmeldung eine Liste der Gesellschafter zu überreichen, aus der Name, Vorname, Stand und Wohnort (s. auch § 40, 2) der Gesellschafter sowie die von jedem Gesellschafter übernommene Stammeinlage ersichtlich ist. 114

Meyer-Landrut

§8

Inhalt der Anmeldung

Bei juristischen Personen und Personengesellschaften ist die vollständige Firma und der Sitz der Gesellschaft anzugeben. Bei natürlichen Personen ist außer den Namen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen der W o h n o r t sowie der Stand (Beruf) anzugeben. Wenig aussagefähige Allgemeinbezeichnungen wie Industrieller, Kaufmann, Hausfrau oder dgl. sind üblich und genügend. Akademische Titel oder Funktionsbezeichnungen reichen nicht aus. Nicht erforderlich sind Angaben über die Art der Stammeinlagen sowie über die H ö h e der Einzahlung bei Bareinlagen. Anzugeben ist also nur der Nennbetrag der jeweils übernommenen Stammeinlage (s. auch § 40, 3). Die Liste ist von allen Anmeldenden, also von sämtlichen Geschäftsführern, die anmelden (§ 7, 4), zu unterzeichnen. Einfache Schriftform ist ausreichend. Die Liste ist, soweit sich im Bestand der Gesellschafter Veränderungen ergeben, alle zwölf Monate neu zu erstellen und zum Handelsregister einzureichen (§ 40). Bei Kapitalerhöhungen ist sie zu ergänzen (§ 57 Abs. 3 Nr. 2). 4. Sachgründung a) Verträge zur Sachgründung. Abs. 1 Nr. 4 verlangt in Fällen von Sach- 7 gründungen im Sinne von § 5 Abs. 4 u.a. die Beifügung der Verträge, die der Festsetzung der Sacheinlage zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind. Die Vorschrift entspricht § 37 Abs. 4 Nr. 2 AktG. Mit dieser Regelung soll der Gläubigerschutz verstärkt werden (Begründung zum RegEntw 1977 S. 33). Sie dient, ähnlich wie der Sachgründungsbericht und die nach Nr. 5 zu überreichenden Unterlagen (Rdn. 9), auch der Erleichterung der in § 9c Satz 2 angeordneten Prüfung des Wertansatzes von Sacheinlagen durch das Registergericht. Der Festsetzung der Sacheinlagen im Gesellschaftsvertrag, also der Verpflichtung zur Einbringung der Sacheinlagen liegen nur selten weitergehende Verträge zugrunde. Ebenso ist es in der Regel bisher nicht üblich gewesen, Verträge zur Ausführung der Einlageverpflichtung abzuschließen (Priester Das neue G m b H - R e c h t in der Diskussion, S. 48 f). Auch zukünftig verlangt das Gesetz nicht, daß derartige Verträge erstellt werden (vgl. auch Barz in Großkomm. AktG, 3. Aufl. § 37, 5). N u r wenn sie vorliegen, sind sie der Anmeldung beizufügen (Schmidt/Priester S. 21; Ulmer in Hachenburg 10; Scholz-Winter § 8, Abs. 1 bis 3 n.F., 4b; GoutierlSeidel6; weitergehend Ulmer in Hachenburg ξ 57, 12, wonach über formlose Verträge Aufzeichnungen über deren Inhalt zu erstellen sind). Nicht erforderlich ist es, auf das Fehlen von derartigen Verträgen hinzuweisen (a.A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 7, Fischer/Lutter 5; auch Rowedder-Rittner 7). b) Der Sachgründungsbericht. Mit der Anmeldung ist ferner der von allen 8 Gründern unterzeichnete Sachgründungsbericht zum Handelsregister einzureichen. Zu Form und Inhalt des Berichts s. § 5, 41 ff. Zusammen mit den Meyer-Landrut

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§8

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

gemäß Nr. 5 (Rdn. 9) einzureichenden Bewertungsunterlagen wird der Sachgründungsbericht somit Bestandteil der Registerakten und damit für Dritte einsehbar (§ 9 Abs. 1 HGB). 9

c) Bewertungsunterlagen. Zur Erleichterung der registergerichtlichen Prüfung der Bewertung der Sacheinlagen (s. auch Rdn. 7) verlangt die auch neu in das Gesetz eingefügte Regelung in Abs. 1 Nr. 5, daß der Anmeldung neben dem Sachgründungsbericht auch Unterlagen beigefügt werden, aus denen sich der Wert der Sacheinlage ergibt, der Nachweis also der Vollwertigkeit der Einlage. In der Begründung zum RegEntw 1977 S. 34 werden Kurszettel, Preislisten und Tarife als mögliche Nachweise angeführt. In Betracht kommen weiter Schätzurkunden und ähnliche Bewertungsnachweise durch amtlich oder halbamtlich bestellte Gutachter, ferner Kaufverträge, Rechnungen, Nachweise über Herstellungskosten. Auch in der amtlichen Begründung wird davon ausgegangen, daß es im übrigen notwendig werden kann, Sachverständigengutachten vorzulegen. Im Rahmen der von Amts wegen erfolgenden Uberprüfung der Bewertung der Sacheinlagen (§ 9c Satz 2) hat das Registergericht die im Einzelfall sachdienlichen Nachweise anzufordern. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß der Gesetzgeber entgegen entsprechenden Reformvorschlägen von einer, wenn auch eingeschränkten Gründungsprüfung bei der G m b H abgesehen hat (§ 5, 2); es wird also auch bei Einlage von Wertpapieren ohne Börsen- oder Marktpreis und von immateriellen Vermögenswerten (vgl. § 5d Abs. 1 RegEntw 1977) nur dann ein Bewertungsgutachten im Sinne eines Gründungsprüfungsberichts verlangt werden können, wenn andere sachgerechte Wertnachweise durch die Gründer nicht erbrachtwerden können.

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Bei Einbringung ganzer Unternehmen oder von Unternehmensteilen wird regelmäßig eine Einbringungsbilanz oder eine zur Einbringung erstellte Vermögensübersicht der Anmeldung beizufügen sein (s. auch § 5, 37). Wird zu Buchwerten eingebracht und ist die Ordnungsmäßigkeit durch einen Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten bescheinigt, so wird dies in aller Regel als Wertnachweis ausreichen {Ulmer in Hachenburg 12; Scholz-Winter § 8 Abs. 1 bis 3, 4d; Rowedder- Rittner 8; Fiscber/Lutter 6). Daneben sind im Sachgründungsbericht bei Unternehmensübergang durch Sacheinlage die Jahresergebnisse der beiden letzten Geschäftsjahre anzugeben (§ 5 Abs. 4 Satz 2). Nicht verlangt werden kann die Übermittlung von Jahresabschlüssen zurückliegender Jahre (Ulmer a a O ; Scholz-Winter a a O ; grundsätzlich auch Rowedder-Rittner a a O ; a.A. Lutter DB 80,1317 f). 11 Sind die gemäß Abs. 1 Nr. 5 zu überreichenden Unterlagen bereits Bestandteil des Sachgründungsberichts, so ist eine gesonderte Beifügung nicht erforderlich. 116

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§8

Inhalt der Anmeldung

5. Staatliche Genehmigungsurkunden a) Bedarf der Gegenstand des Unternehmens der G m b H der staatlichen 1 2 Genehmigung, so ist die Genehmigungsurkunde gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 6 der Anmeldung beizufügen. Die Genehmigung ist Eintragungsvoraussetzung (h.M. Ulmer in Hachenburg 11; Scholz- Winter 5; Fischer/Lutter 7; BayObLG GmbH-Rdsch. 79, 225). Die Vorschrift des Abs. 1 Nr. 6 stellt insoweit eine Sonderregelung zu dem Grundsatz des § 7 H G B dar, wonach die Vorschriften des öffentlichen Rechts über Gewerbebeschränkungen die handelsrechtlichen Vorschriften nicht berühren und somit auch grundsätzlich die Erlaubnis zum Gewerbebetrieb keine Eintragungsvoraussetzung ist (str.; wie hier O L G F r a n k f u r t / M W M 83, 1248; O L G Celle BB 72, 145 jeweils m.w.N.). Die Genehmigung muß für die G m b H in Gründung beantragt und erteilt werden, gegebenenfalls unter dem Vorbehalt erfolgender Eintragung. Die Entscheidung der staatlichen Genehmigungsbehörde ist für das Handelsregister bindend (BayObLG DB 79, 85). Das gilt sowohl für ein Negativattest wie auch für die Zurückweisung eines Antrags auf Genehmigung. Die Genehmigung ist der G m b H als solcher zu erteilen. Soweit im Einzelfall subjektive Anforderungen gestellt werden, so sind diese von den Geschäftsführern oder gegebenenfalls angestellten Betriebsleitern zu erbringen, wie etwa berufliche Qualifikationen oder Zuverlässigkeit im Sinne der §§ 30, 35 G e w O oder gemäß § 1 Abs. 2 i.V.m. § 3 3 Abs. 2 K W G (Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 14; Scholz-Winter §1,8). b) Maßgebend für die Frage, ob eine staatliche Genehmigung erforderlich 1 3 ist, ist der Gegenstand des Unternehmens, wie er in der Satzung niedergelegt ist (BayObLG BB 76, 437 f; Scholz-Winter 5). Ist der Gegenstand so allgemein gehalten, daß er verschiedene, auch genehmigungspflichtige Gegenstände umfassen kann, so ist seitens des Gerichts auf eine Konkretisierung hinzuwirken zur Verdeutlichung der tatsächlich beabsichtigten Geschäftstätigkeit (vgl. § 3, 14). U.U. mag es genügen, wenn sich das Registergericht die tatsächlichen Grundlagen der im Zeitpunkt der Anmeldung beabsichtigten Geschäftstätigkeiten nachweisen läßt (s. dazu auch Scholz-Winter 5; Ulmer in Hachenburg 17). Allein aufgrund inhaltsleerer und inhaltsloser, allgemein gehaltener Gegenstandsbestimmungen, die denkbar auch genehmigungspflichtige Tätigkeiten umfassen können, kann das Verlangen auf Nachweis der staatlichen Genehmigung bzw. deren Nichterfordernis jedoch nicht gestützt werden (OLG Köln W M 81, 805); hier taucht dann aber die Frage auf, ob eine derart allgemein gehaltene Gegenstandsbestimmung überhaupt eintragungsfähig ist (dazu §3, 14). Zur Frage, ob bereits der allgemein gehaltene Unternehmensgegenstand „Betrieb von Gaststätten" eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG und damit eine staatliche Genehmigung im Sinne von Abs. 1 Nr. 6 voraussetzt, s. O L G Frankfurt GmbH-Rdsch. 79, 280: hiernach kommt das Genehmigungserfordernis Meyer-Landrut

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§8

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

erst zum Zuge, wenn der konkrete Betrieb einer Gaststätte Unternehmensgegenstand ist (so auch Bartl/Henkes 170). Im übrigen ist die staatliche Genehmigung auch dann durch Vorlage der entsprechenden Urkunde nachzuweisen, wenn nur ein Teil des Geschäftsbetriebes genehmigungspflichtig ist (BayO b L G D B 79,2028). Ergibt sich ein Genehmigungserfordernis durch spätere Änderung des Unternehmensgegenstandes, so kann auch diese erst nach Vorlage der staatlichen Genehmigungsurkunde eingetragen werden (BayObLG DB 79, 85). 14

c) Nicht nachzuweisen sind etwa erforderliche staatliche Genehmigungen f ü r das Betreiben einzelner Betriebsanlagen (vgl. §§61 ff GewO) oder maschineller Einrichtungen (Ulmer in Hachenburg 16; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 1 d; Fischer/Lutter 7).

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d) Staatliche Genehmigungserfordernisse finden sich trotz der grundsätzlich bestehenden Gewerbefreiheit in zahlreichen gesetzlichen Vorschriften. Hinzuweisen ist beispielhaft außer auf § 2 GastG betreffend den Betrieb von Gast- und Schankwirtschaften auf § 3 EinzelhandelsG, ferner auf die zahlreichen Genehmigungsvorbehalte in der GewO, z.B. § 30 (Privatkrankenanstalten); § 3 3 (Spielhallen), §§ 34 ff (Pfandleihe, Versteigerung, Bewachung), § 34c (Baubetreuung u.ä.), s. ferner f ü r gewerblichen Personenverkehr § 2 PersBefG, f ü r Güternah- und fernverkehr §§ 8, 80, 90 GüterKVG sowie f ü r das Betreiben von Bankgeschäften aller Art § 32 KWG. Weitere Nachweise bei Bartl/Henkes 170. Für den Betrieb eines Handwerks greift § 8 Abs. 1 Nr. 6 nicht ein, da die gemäß § § 1 , 7 Abs. 4 H a n d w O vorgesehene Eintragung auch juristischer Personen in die Handwerksrolle lediglich Voraussetzung f ü r die Ausübung der Handwerkstätigkeit ist (str.; wie hier O L G H a m m O L G Z 85, 163; BayObLG BB 82, 763; O L G F r a n k f u r t / M DB 83, 39 = BB 83, 400 = W M 83, 1247; O L G Düsseldorf O L G Z 85, 431 = DB 85, 2499; Rowedder-Rittner 10; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 10; Roth 8.2.1; Ulmer in Hachenburg 12; Scholz-Winter 5; a.A. Bodens GmbH-Rdsch. 84, 177; Ulmer in Hachenburg 16a; Fischer/Lutter 7, Sudhoff Oer Gesellschaftsvertrag der G m b H , 5. Aufl. S. 25; LG Köln GmbH-Rdsch. 86, 123; AG Göppingen GmbH-Rdsch. 75, 113). Ist allerdings offensichtlich, daß der Geschäftsführer (bzw. vorgesehene Betriebsleiter) mit einer Eintragung in der Handwerksrolle nicht rechnen kann, so versagt die h. Rechtspr. auch die Eintragung der G m b H (OLG Düsseldorf a a O m.w.N.).

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e) Wird die G m b H trotz fehlender Genehmigung eingetragen oder nimmt die G m b H nach Eintragung unerlaubt eine genehmigungsfähige Geschäftstätigkeit auf, so kann neben anderen in Betracht kommenden verwaltungsrechtlichen Sanktionen eine Auflösung gemäß § 62 durchgeführt werden. Ebenso kann u.U. bei Nichterteilung einer erforderlichen staatlichen Genehmigung oder bei späterer Versagung ein wichtiger Grund für eine Auflösungsklage im 118

Meyer-Landrut

§8

Inhalt der Anmeldung

Sinne von §61 gegeben sein. Die Voraussetzungen für eine Amtslöschung nach § 144a FGG sind dagegen bei fehlender staatlicher Gewerbegenehmigung ebensowenig gegeben wie f ü r eine Löschung von Amts wegen nach § 144 Abs. 1 Satz 2 FGG in Betracht kommt {Fischer/Lutter 8; Ulmer in H a chenburg/ 1 1 Aufl. 22).

III. Versicherung der Geschäftsführer (Abs. 2) 1. Allgemeines. In der Anmeldung haben die Geschäftsführer zu versichern, daß die in § 7 Abs. 2 und Abs. 3 verzeichneten Leistungen auf die Stammeinlagen von den Gesellschaftern bewirkt worden sind (§ 7, 9 ff). Die Versicherung bedarf, wie auch die Anmeldung (§ 7, 7) öffentlich beglaubigter Form und ist durch alle vorhandenen Geschäftsführer abzugeben (§ 7). Eine Stellvertretung ist wegen der persönlichen zivil- und strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Anmeldenden (§ 7, 5) nicht möglich. Werden noch vor Eintragung der Gesellschaft weitere Geschäftsführer bestellt, so haben diese die Versicherung nachzuholen (KG N J W 72, 951).

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Inhaltlich braucht die Versicherung nicht den Wortlaut des Gesetzes zu 18 wiederholen (Ulmer in Hachenburg 24; Fischer/Lutter 9; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 11), sollte es jedoch tun, da das Registergericht auf einer unmißverständlichen Erklärung bestehen kann. Die formelhafte Wiederholung des Textes von § 8 Abs. 2 genügt nicht (OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 86, 266; Fischer/Lutter 11). Es genügt auch nicht, wenn die Versicherung nur allgemein dahingeht, daß den gesetzlichen Mindesteinzahlungsverpflichtungen Genüge getan ist. Es muß vielmehr konkret erklärt werden, welche Leistungen auf welche Stammeinlagen erbracht worden sind (BayObLGZ 79, 458 = DB 80, 439; O L G H a m m DB 82, 945 = GmbH-Rdsch. 83, 102; O L G Düsseldorf a a O ; O L G Celle GmbH-Rdsch. 86, 309; Scholz-Winter 7; Baumbach-Hueck a a O ; Fischer/Lutter 11; Roth 3; a.A. Scholz-Priester § 57, 8; s. auch § 57, 7). Ist das eingezahlte Kapital durch Schulden vorbelastet, so ist das zu erklären (Rdn. 21); das Gericht kann auch eine entsprechende Negativerklärung verlangen (§ 9c, 4 a.E.). Weiterhin ist zu erklären, daß sich die Bareinlagen bzw. der Gegenstand der Sacheinlage endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden, die Gründer also keine irgendwie geartete Bedingung oder Rücktrittsrechte vorbehalten haben (OLG Köln W M 84, 741; s. auch schon B G H Z 28, 314). Die Versicherung über die freie Verfügbarkeit der Einlage steht, bei entsprechender satzungsmäßiger Bestimmung, der Entrichtung mit der Anmeldung fälliger Gebühren nicht entgegen (§7, 13). Die Versicherung muß im Zeitpunkt ihrer Abgabe, d.h. bei Anmeldung der 1 9 G m b H zum Handelsregister und auch noch im Zeitpunkt des Eingangs der Anmeldung beim Registergericht, vollständig und richtig sein. Ändern sich im Zeitraum nach Abgabe der Versicherung tatsächliche oder rechtliche VerMeyer-Landrut

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§8

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

hältnisse, so ist die Versicherung weder zu ergänzen noch zu berichtigen (Ulmer in Hachenburg 23; a.A., außer für den Fall einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, Scholz-Winter 7). Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, sicherzustellen, daß den gesetzlichen Erfordernissen der Kapitalaufbringung bei Errichtung der Gesellschaft Genüge getan ist. Daher muß gefordert werden, daß die Geschäftsführer bei ihnen bekannt werdenden Veränderungen wie dem Wertverlust einer Sacheinlage oder der Verminderung einer Bareinlage die Versicherung berichtigen (vgl. B G H Z 80, 129 = W M 81, 400, 402). Das Gericht kann demgemäß, wenn es besonderen Anlaß zu Zweifeln an der Richtigkeit der Versicherung hat, Nachweise darüber verlangen, daß die Erklärungen richtig sind (OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 86, 267; LG Berlin Rpfleger 80, 65), insbesondere also, ob eine Sacheinlage tatsächlich zur endgültigen freien Verfügung der Geschäftsführer erbracht ist oder ob das eingezahlte Kapital tatsächlich vorhanden ist zur Verfügung der Geschäftsführer. Ist die Versicherung aber formell ordnungsgemäß und nicht offenkundig oder nachgewiesener Massen unrichtig oder unvollständig, so haben weitere Ermittlungen zu unterbleiben (OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 86, 266). Zweck der gesetzlichen Regelung ist es, das Anmeldungsverfahren zu erleichtern und zu vereinfachen. 20

Unrichtige oder unvollständige Versicherungen führen zu einer H a f t u n g nach § 9a und zur Strafbarkeit gemäß 5 82 Abs. 1 Nr. 1.

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2. Bei Bareinlagen. Nach § 7 Abs. 2 darf die Anmeldung der G m b H erst erfolgen, wenn auf jede Stammeinlage, die in bar zu erbringen ist, ein Viertel eingezahlt ist. Darüber hinaus sind mindestens D M 25 000,— einzuzahlen (§ 7, 9 ff). Die Versicherung der Geschäftsführer hat sich konkret darauf zu erstrecken, welch ein Betrag auf die einzelnen Stammeinlagen geleistet worden ist (Rdn. 18) und daß sich die Einlage endgültig zu ihrer freien Verfügung befindet. Damit ist gemeint, daß die Geschäftsführer weder rechtlich noch tatsächlich gehindert sind, über den eingezahlten Betrag zu verfügen, dieser vielmehr endgültig und unwiderruflich der Gesellschaft zugeflossen ist (Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 45; ÄT. Schmidt Die AG 86, 107; s. im einzelnen § 7, 22). Ist das bei Gründung eingezahlte Kapital bereits durch Schulden vorbelastet, so ist das in der Versicherung anzugeben (BGHZ 80, 129, 136, 143 = W M 81, 400; Fleck GmbH-Rdsch. 83, 11; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 13; Fischer/Lutter 12; Rowedder-Rittner 20; Koch Z H R 146, 137; a.A. Fischer 10. Aufl. 2; Ulmer Z G R 81, 604; den. in Hachenburg § 9c, 27; Huber FS Robert Fischer, 263, 289). Soweit durch derartige Vorbelastungen bei einer G m b H in Gründung die Mindesteinzahlungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, hat das Gericht im Zuge der Prüfung gemäß § 9c die Eintragung abzulehnen (vgl. LG Berlin, Rpfleger 80, 65), sofern nicht die gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Bareinzahlungsverpflichtungen durch Nachleistungen erfüllt werden (§ 9, 8). Dagegen erscheint eine Wertermittlung von Amts wegen 120

M e y e r - L a n d rut

§8

Inhalt der Anmeldung

zur Prüfung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der in der Anmeldung gemachten Angaben weder durch den Wortlaut des § 9c noch durch dessen Zweck (im einzelnen § 9c, 4) gedeckt (a.A. L G Glessen G m b H - R d s c h . 86, 163). Zu Art und Weise der Einzahlung (insbesondere Gutschrift auf Bankkonto) s. § 7, 21 und 22. Gründungskosten können, wenn satzungsgemäß zulässig, zu Lasten der Mindesteinzahlungen geleistet werden ( § 7 , 12 und 13). Nachweise über die erfolgte Leistung der Einlage und über deren freie Verfügbarkeit brauchen grundsätzlich nicht erbracht zu werden ( O L G Düsseldorf G m b H Rdsch. 86, 2 6 6 ; Wernicke B B 86, 1869; a.A. L G Glessen G m b H - R d s c h . 86, 162 und RegEntw 1977, vgl. Rdn. 2.

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3. Bei Sacheinlagen a) Sacheinlagen sind gemäß § 7 Abs. 3 vor Anmeldung der Gesellschaft von den Gründern so zu bewirken, daß sie, wie auch Bareinlagen (Rdn. 21), endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen. Hierauf hat sich die nach § 8 Abs. 2 insoweit abzugebende Versicherung der Geschäftsführer zu erstrecken. Es ist nicht erforderlich, in der Versicherung die mit der Anmeldung zu überreichenden Unterlagen wie etwaige Einbringungsverträge (Rdn. 7), den Sachgründungsbericht (Rdn. 8) und die Bewertungsunterlagen (Rdn. 9) zu wiederholen.

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b) Mit der Versicherung, daß sich der Gegenstand der Sacheinlage endgüldg in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet, wird versichert, daß einzubringende unbewegliche (§ 7, 24) oder bewegliche Sachen oder Rechte (§ 7, 25) in das Eigentum der Vorgesellschaft übergegangen sind und daß damit auch im Falle einer Sachübernahme oder Sacheinlage bei Aufrechnung diese durch die tatsächlich erfolgte Verrechnung geleistet ist (dazu § 5, 26). Eine freie Verfügbarkeit ist nicht gegeben, wenn eine Rückgewährpflicht besteht, wenn die eingebrachten Gegenstände mit Eigentumsvorbehalt oder anderen Rechten Dritter belastet sind oder einem Dritten Sicherungseigentum übertragen worden ist.

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4. Bei Sicherheitsleistung. G e m ä ß § 7 Abs. 2 Satz 3 n.F. kann bei Einmanngründungen die Anmeldung erst erfolgen, wenn neben den mindest erforderlichen Einzahlungen für die Resteinlagen eine Sicherung bestellt ist (dazu § 7, 16 ff). Demgemäß ist durch die Novelle 1980 in § 8 Abs. 2 in dem neu eingefügten Satz 3 vorgeschrieben, daß die Versicherung der Geschäftsführer sich darauf zu erstrecken hat, daß die Sicherung bestellt ist; zur Versicherung bei Kapitalerhöhung s. § 56a, 6. Die Versicherung ist nur dann und nur soweit abzugeben, als die Geldeinlage des Einmanngründers nicht voll eingezahlt ist.

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§8 26

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g d e r Gesellschaft

Es ist kein Nachweis über die bestellte Sicherung zu erbringen. Entsprechende Reformvorschläge (§ 8 Abs. 2 RegEntw 1977) sind nicht Gesetz geworden. Es ist dennoch fraglich, ob eine schlichte Erklärung, daß die Sicherung bestellt ist, genügt. Da das Gericht die Möglichkeit haben muß, nachzuprüfen, wie und in welcher Höhe die Sicherung bestellt ist (§7, 18 f), muß davon ausgegangen werden, daß die Versicherung sich jedenfalls auf Art und Höhe der Sicherung zu erstrecken hat (Scholz-Winter § 8 Abs. 1 und 3 n.F., 7b; Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 29; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 12; Rowedder-Rittner 12, Bartl/Henkes 178; Fischer/Lutter 13). IV. Versicherung über Eignungsvoraussetzungen (Abs. 3)

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1. Allgemeines. Mit der Novelle 1980 sind in § 6 Abs. 2 persönliche Voraussetzungen für Geschäftsführer gesetzlich normiert worden. Um dem Registergericht auch insoweit eine Prüfung zu ermöglichen (§ 9c), sieht das Gesetz in § 8 Abs. 3 vor, daß die Geschäftsführer zu versichern haben, daß ihrer Bestellung die Ausschließungsgründe gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 nicht entgegenstehen (Rdn. 29) und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Registergericht belehrt worden sind (Rdn. 30).

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2. Geschäftsfähigkeit. Das Gesetz läßt nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen als Geschäftsführer zu (§ 6, 6). Das braucht aber bei der Anmeldung nicht versichert zu werden, da in § 8 Abs. 2 Satz 3 nur auf die Ausschließungsgründe nach § 6 Abs. 2 und 3 Bezug genommen wird. Üblicherweise wird aber in der Anmeldung das Geburtsdatum der Geschäftsführer mit aufgenommen. Das Fehlen anderer gesetzmäßiger oder satzungsmäßiger Ausschließungsgründe ( § 6 , 6 und 7) braucht gleichfalls nicht versichert zu werden.

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a) Inhalt der Erklärung. In der Anmeldung ist das Fehlen von Vorstrafen und Berufs- und Gewerbeverboten im Sinne von $ 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 in Bezug auf die Geschäftsführer von diesen zu versichern. Streitig ist, ob es genügt, unter Wiederholung des Wortlauts des Abs. 3 allgemein zu erklären, daß Hinderungsgründe im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 nicht vorliegen (so etwa Hoffmann-Becking/Schippel Beck'sches Formularbuch, 2. Aufl., S. 877; ferner LG Kassel Rpfleger82, 152), oder ob die Versicherung ausdrücklich dahin lauten muß, daß weder Bestrafungen im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 2 noch Verurteilungen oder vollziehbare Verwaltungsentscheidungen im Sinne von Satz 3 vorliegen (so BayObLG W M 83, 1171 = DB 83, 2408 = BB 84, 238; W M 82, 168 = DB 82, 274; Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 31; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 14; Fischer/Lutter 14; Rowedder-Rittner 23; Scholz-Tiedemann §82, 83; Heidenhain/Meister Münchener Vertragshand-

3. Fehlen von Vorstrafen und Berufsverboten

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§8

Inhalt der Anmeldung

buch, 1982 S. 272). Es ist nicht einsichtig, inwiefern eine mögliche zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 82 Abs. 1 Nr. 4) oder eine registergerichtliche P r ü f u n g der Wahrhaftigkeit und Vollständigkeit der Versicherung der Geschäftsführer eingeschränkt oder erschwert wird, wenn die Versicherung nur unter Bezugnahme oder auch unter Wiederholung des Textes in § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 das Fehlen der entsprechenden Umstände erklärt wird. Auch wenn in der Erklärung eine Art Selbstauskunft zu sehen ist (so BayObLG W M 83 aaO), von der erwartet wird, daß der Erklärende ihr die erforderliche Bedeutung beimißt, so erreicht man diesen Zweck in erster Linie mit dem Hinweis auf die Strafdrohung des § 82 Abs. 1 Nr. 4, die allerdings gerade nicht Bestandteil der Erklärung gemäß Abs. 3 ist. Es genügt daher eine sich nur auf die einschlägigen Vorschriften beziehende Versicherung. Die Geschäftsführer haben ferner zu versichern, daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Registergericht belehrt worden sind. b) Unbeschränkte Auskunftspflicht. Das Fehlen von Vorstrafen und von 3 0 Berufs- und Gewerbeverboten kann vom Registergericht durch Einholen einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister überprüft werden (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 BundeszentralregisterG). Um einen entsprechenden Verwaltungsaufwand für den Regelfall zu vermeiden und das Verfahren zur Eintragung von Gesellschaften (und bei Geschäftsführerwechsel) nicht weiter zu erschweren, hat der Gesetzgeber eine Versicherung der Geschäftsführer als genügend angesehen (Begründung S. 34 RegEntw 1977). Um jedoch sicherzustellen, daß die nach §51 Abs. 2 BundeszentralregisterG unbeschränkte Auskunftspflicht Platz greift, ist die normalerweise durch ein Gericht zu erteilende Belehrung erforderlich. Hier sieht das Gesetz, auch aus Vereinfachungsgründen, eine Belehrung durch den N o t a r als genügend an. Eine Verpflichtung, den Geschäftsführer zu belehren, hat der N o t a r allerdings nur, wenn er insoweit beauftragt wird. Eine Belehrungspflicht nach $ 17 BeurkG greift bei Beglaubigungen (§ 40 BeurkG) nicht ein. Der Geschäftsführer kann auch auf einer Belehrung durch das Gericht bestehen (s. auch die Begründung S. 34 zum RegEntw 1977). H a t das Gericht Zweifel an der Richtigkeit (oder Vollständigkeit) der Versicherung, so kann es im Rahmen der Prüfungspflicht eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister einholen. Das Gericht kann aber auch bei Zweifeln stau der Auskunft zunächst die Geschäftsführer veranlassen, die Erklärung zu ergänzen (BayObLG W M 82, 168 = DB 82, 273); das kann etwa dann der Fall sein, wenn fraglich ist, ob der Gegenstand des Unternehmens ganz oder teilweise mit dem Gegenstand eines Berufs- oder Gewerbeverbots übereinstimmt. Unrichtige Angaben können strafrechtlich geahndet werden (5 82 Abs. 1 Nr. 4). Wie bezüglich der Versicherung nach Abs. 2 (dazu Rdn. 17) ist daher Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

auch bei Abgabe der Versicherung nach Abs. 3 wegen dieser strafrechtlichen Sanktion Stellvertretung nicht zulässig (Nachweise bei § 7, 5). 31

c) Belehrung durch ausländischen Notar. Ob die Belehrung durch einen ausländischen N o t a r erfolgen darf, kann zweifelhaft sein. Die Anmeldung ist nach § 12 H G B lediglich öffentlich zu beglaubigen (§7, 7), d.h. die Unterschrift des Erklärenden ist notariell zu beglaubigen (§ 129 Abs. 1 BGB; s. auch § 40 BeurkG). Die Beglaubigung schafft keine Prüfungs- und Belehrungspflicht gemäß § 17 BeurkG (Rdn. 30), so daß grundsätzlich öffentlich beglaubigte Urkunden auch vor ausländischen Notaren errichtet werden können (zu den weiteren Formalitäten ausländischer notarieller Beglaubigungen s. § 2, 11). Stehen ausländische Notare deutschen Notaren in ihrer Qualifikation gleich ( B G H Z 80, 76 = W M 81, 376), bestehen keine Bedenken, daß sie auch Belehrungen im Sinne von § 51 Abs. 2 BundeszentralregisterG über das unbeschränkte Auskunftsrecht des Registergerichts gegenüber dem Bundeszentralregister vornehmen. Gegenüber dem Registergericht kann der Nachweis einer erfolgten Belehrung durch Unterzeichnung und Vorlage eines entsprechenden Belehrungsbogens erfolgen.

V. Weitere Angaben 32

1. Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer (Abs. 4). In der Anmeldung ist gemäß Abs. 4 (früher Abs. 3) anzugeben, welche Vertretungsbefugnis die Geschäftsführer haben. Diese Bestimmung wurde im Gesetz durch das K o o r d G vom 15.8.1969 im Zusammenhang mit der in § 10 Abs. 1 Satz 2 verlangten Eintragung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer im Handelsregister eingefügt. Zweck dieser Vorschrift ist es, sicherzustellen, daß in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft die gesetzlichen Vertreter der H a n delsgesellschaften und deren Vertretungsbefugnisse aus den einschlägigen Registern ohne weiteres offenkundig sind ( E u G H 1974, 1201; B G H Z 87, 59, 61). Demnach genügen auch in der Anmeldung Angaben nicht, die hinsichtlich der Vertretungsbefugnis auf andere Unterlagen wie den Bestellungsbeschluß oder den Gesellschaftsvertrag verweisen (Scholz-Winter 5; Fischer/ Lutter 5) oder die nicht eindeutig die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer darlegen. Fehlt eine Regelung der Vertretungsbefugnis in der Satzung, so ist die gesetzliche Regelung des § 35 Abs. 2 Satz 2 anzumelden. Anzumelden ist auch die sich aus dem Gesetz ergebende Schlußfolgerung, daß die Gesellschaft, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt ist, durch diesen vertreten wird (vgl. B G H Z 63, 261 und BayObLG DB 80, 681 sowie im einzelnen § 10, 6 ff). Ist satzungsmäßig Gesamtvertretung angeordnet (§§ 35-38, 33), so ist diese, jedoch nicht die Folgerung, daß ein Geschäftsführer die Gesellschaft nicht allein vertreten kann, anzumelden. Nicht anzumelden ist auch die satzungsmäßige Ermächtigung zur Befreiung einzelner Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB; anzumelden ist jedoch, wenn von der Ermächti124

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§8

Inhalt der Anmeldung

gung Gebrauch gemacht worden ist; dieses ist auch einzutragen (§ 10, 8). Für den alleinigen Gesellschafter/Geschäftsführer, für den kraft Gesetzes (§ 35 Abs. 4) die Vorschrift des $181 BGB gilt, ist eine durch Satzung oder Gesellschafterbeschluß erfolgende Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB anzumelden und einzutragen (Nachweise s. § 1, 22). S. auch § 10, 9. 2. Aufsichtsrat. Hat die Gesellschaft einen Aufsichtsrat und ist dieser schon 3 3 vor Eintragung der G m b H im Handelsregister gebildet worden, so ist der Anmeldung die Urkunde über die Bestellung des Aufsichtsrats beizufügen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 37 Abs. 4 Nr. 3 AktG). Das gilt sowohl im Falle eines obligatorischen sowie eines fakultativen Aufsichtsrats (§52 Rdn. 45; zur Rechtslage vor der Neufassung von § 52 Abs. 2 s. Quecke GmbH-Rdsch. 58, 117). Anzugeben ist ferner Name, Beruf und Wohnort der Mitglieder des Aufsichtsrats (§ 40 Abs. 1 Nr. 4 AktG). Da das G m b H G eine dem § 30 AktG entsprechende Bestimmung nicht kennt, besteht für die Gründer einer GmbH auch keine Verpflichtung, schon für die Vorgesellschaft einen Aufsichtsrat zu bestellen (Scholz-Winter 6; s. auch Ulmer in Hachenburg 20 und § 11, 34). Erst, wenn die GmbH entstanden ist (§ 11), ist, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, ein Aufsichtsrat zu bestellen. Diese Bestellung, wie auch jeder spätere Wechsel von Aufsichtsratsmitgliedern, ist von den Geschäftsführern in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen. Die Bekanntmachung ist zum Handelsregister einzureichen (§ 52 Abs. 2 Satz 2). Eine förmliche Anmeldung zum Handelsregister ist nicht erforderlich. 3. Anschrift. Es soll bei der Anmeldung auch die Anschrift (Lage der Geschäftsräume) angegeben werden (§ 24 HandelsRegVfG).

34

VI. Unterschriftszeichnung (Abs. 5) Nach § 8 Abs. 5 (früher Abs. 4) haben die Geschäftsführer ihre Unterschrift 3 5 entsprechend der Regelung in § 35 H G B (s. auch § 37 Abs. 5 AktG) zur Aufbewahrung bei Gericht zu zeichnen (s. auch §§ 39 Abs. 4, 67 Abs. 5). Auch hier ist öffentlich beglaubigte Form (§ 12 HGB) erforderlich. Die Zeichnung kann mit oder neben der Anmeldung erfolgen. Stellvertretung ist aus der Natur der Sache nicht möglich, da es sich um die Hinterlegung der eigenhändigen Unterschrift der Geschäftsführer zum Zweck der Prüfung durch den Rechtsverkehr handelt. Zu zeichnen ist daher so, wie der Geschäftsführer üblicherweise unterschreibt (Scholz-Winter 9; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 16; Rowedder-Rittner 26). Weder braucht der Vorname ausgeschrieben zu werden, noch bedarf es der Zeichnung der Firma. Bei Doppelnamen genügt Unterschrift nur eines Namens, wenn der Geschäftsführer im Geschäftsverkehr so zeichnet (OLG Frankfurt GmbH-Rdsch. 86, 47). Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

VII. Gründungssteuer 36

Der erste Erwerb von Gesellschaftsrechten (Geschäftsanteilen) an einer inländischen G m b H unterliegt der Gesellschaftssteuer (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§5 Abs. 1,6 Abs. 1 K V S t G ) . D i e Steuer wird vom Wert der Gegenleistung berechnet, das ist die Summe der tatsächlich eingezahlten Stammeinlagen (§ 8 KVStG). Zu versteuern ist also die gesetzliche oder die höhere satzungsmäßige Mindesteinlage zuzüglich freiwilliger Mehrleistungen. Zur Gegenleistung gehören auch von den Gründern übernommene Kosten der Gründung. Die Steuer beträgt 1 % der Bemessungsgrundlage (§ 9 KVStG). Von der Besteuerung ausgenommen sind Gesellschaften, deren Gegenstand gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient, Versorgungsunternehmen der öffentlichen Hand sowie Gesellschaften, die die Vermögensverwaltung nicht rechtsfähiger Berufsverbände betreiben (§ 7 KVStG). Die Steuer ist zwei Wochen nach Entstehung der Steuerschuld fällig (§ 27 KVStG). Das ist der Zeitpunkt der Eintragung der G m b H im Handelsregister, denn vor Entstehung der G m b H entstehen auch keine Gesellschaftsrechte im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG. Die Beteiligten, also insbesondere die Gründer, sind verpflichtet, den steuerpflichtigen Rechtsvorgang innerhalb von zwei Wochen bei der zuständigen Kapitalverkehrssteuerstelle (Finanzamt) anzumelden (§ 4 K V S t D V O ) . Der die Gründung beurkundende u n d / o d e r die Anmeldung beglaubigende N o t a r hat beglaubigte Abschriften der entsprechenden Urkunden dem Finanzamt zu übermitteln (§ 5 K V S t D V O ) . Ebenso besteht eine Mitteilungspflicht des Handelsregisters, u.a. über die Eintragung der Errichtung einer G m b H (§ 8 K V S t D V O ) . Die Steuer wird durch schriftlichen Steuerbescheid festgesetzt (§ 6 K V S t D V O ) . Steuerschuldner ist die G m b H ; die Gründer haften (§ 10 KVStG).

37

Die früher vor Eintragung der G m b H in das Handelsregister geforderte steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung, die Zahlung der voraussichtlich anfallenden Steuer voraussetzte, ist f ü r die G m b H seit Neufassung des § 7 K V S t D V O durch Art. 11 der GmbH-Novelle 1980 entfallen. Damit soll das Eintragungsverfahren beschleunigt werden, um damit die praktisch bestehende Sperrfrist über die Guthaben der G m b H vom Zeitpunkt der Anmeldung bis zur Eintragung (Rdn. 19) abzukürzen (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908 S. 81).

38

Werden Sacheinlagen erbracht, so fällt bei Einbringung von Grundstücken Grunderwerbssteuer an, bei Einbringung von Wertpapieren Börsenumsatzsteuer (§18 Abs. 2 Nr. 1 KVStG). Insoweit entfällt die Umsatzsteuer (§4 Nr. 9a und 8f UStG 1980). Bei Einbringung sonstiger Wirtschaftsgüter besteht seit Inkrafttreten des UStG 1980 Umsatzsteuerpflicht, sofern der Gesellschafter Unternehmer ist; auf dem eingebrachten Wirtschaftsgut lastende Vor126

Meyer-Landrut

§9

Nachzahlungspflicht bei Sachgründung

Steuer kann im Wege des Vorsteuerabzugs geltend gemacht werden (SolchRingleb-List UStG 1980, § 4, 9).

VIII. Rechtsfolgen bei unrichtiger oder unvollständiger Anmeldung Fehlen mit der Anmeldung zu überreichende Unterlagen oder sind die An- 3 9 meidung oder deren Anlagen unrichtig oder unvollständig, so ist der Antrag auf Eintragung zurückzuweisen (§ 9c Satz 1). Vor Zurückweisung ist den Beteiligten regelmäßig Gelegenheit zu geben, zu Beanstandungen Stellung zu nehmen und etwaige Mängel zu beheben. Eine Festsetzung von Zwangsgeld findet nicht statt (§ 79 Abs. 2). Ist allerdings die G m b H trotz fehlender Anmeldungsunterlagen eingetragen worden und kommt eine Amtslöschung nicht in Betracht, so kann die Nachreichung fehlender Unterlagen durch Ordnungsstrafen nach § 14 H G B erzwungen werden (Scholz-Winter 11; Fischer/Lutter 18; Kohlmann in Hachenburg § 79, 8). Geschäftsführer, die gegenüber dem Handelsregister im Rahmen der Anmeldung falsche Angaben machen, machen sich darüber hinaus nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 strafbar (§ 82, 4).

§9 (1) Erreicht der Wert einer Sacheinlage im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister nicht den Betrag der dafür übernommenen Stammeinlage, hat der Gesellschafter in Höhe des Fehlbetrags eine Einlage in Geld zu leisten. (2) Der Anspruch der Gesellschaft verjährt in fünf Jahren seit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister.

Übersiebt Rdn. I. E i n l e i t u n g

Rdn. III. D i f f e r e n z h a f t u n g bei B a r e i n l a g e

II. D i f f e r e n z h a f t u n g n a c h A b s . 1

1. U n t e r b i l a n z i e r u n g 2

1. S a c h e i n l a g e ....

4

3. B e w e r t u n g 4. G e m i s c h t e S a c h e i n l a g e . .

5 6

2. B e w e r t u n g s s t i c h t a g

2. S o n s t i g e Fälle I V . A n s p r u c h s g r u n d l a g e n ( A b s . 2)

7 8

1. A n s p r u c h s b e r e c h t i g t e r . . . .

9

2. A n s p r u c h s v e r p f l i c h t e t e r . . .

10

3. H a f t u n g D r i t t e r

11

4. V e r j ä h r u n g

12

Schrifttum s. die Nachweise zu § 1 und §11. Meyer-Landrut

127

§9

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

I. Einleitung 1

Der jetzige § 9, der die sogenannte Differenzhaftung bei Sachgründungen regelt, ist mit der Novelle 1980 in das Gesetz neu eingefügt. Der Bundestag hat den Wortlaut der RegEntw 1977 nur in der Formulierung, aber nicht in der Sache geändert. Es handelt sich um die Kodifizierung von im wesentlichen durch Lehre und Rechtsprechung bereits unter dem früheren Recht entwikkelte Grundsätze (vgl. B G H Z 29, 300; 64, 52; 68, 191; s. auch K. Schmidt GmbH-Rdsch. 78, 5). Unklarheiten und Streitfragen, die bei Abfassung der Begründung zum RegEntw 1977 noch bestanden, sind durch die erwähnten Urteile des B G H im wesentlichen geklärt worden (K. Schmidt N J W 80, 1770 f). Durch die Novelle 1980 sind mehrere weitgehende Sicherungen zur Kapitalaufbringung bei Sachgründungen eingeführt worden, insbesondere durch das Erfordernis, den Sachgründungsbericht zu erstellen (§ 5 Abs. 4), bei Anmeldung Unterlagen über den Wert zum Handelsregister einzureichen (§ 8 Abs. 1 Nr. 5) und schließlich die Regelung des § 9c Satz 2, wonach die Eintragung bei Uberbewertung von Sacheinlagen abzulehnen ist (§ 9c, 11). Die Vorschrift gilt im Prinzip nur für Gesellschaften, die nach Inkrafttreten der GmbH-Novelle 1980 zum Handelsregister zur Eintragung angemeldet worden sind (Art. 12 § 2 GmbH-Novelle). Da die Vorschrift allerdings schon vor dem 1.1.1980 geltendes Richterrecht kodifiziert, gelten auch für nach früherem Recht gegründete Gesellschaften materiell die Regeln über die Differenzhaftung (ähnlich Scholz-Winter § 9 n.F., 1). Das gilt auch f ü r die Vorschriften über die Verjährung in Abs. 2 (LG Ravensburg GmbH-Rdsch. 85, 25). Die Differenzhaftung kommt auch bei Errichtung einer G m b H durch Umwandlung einer Personenhandelsgesellschaft oder eines Einzelunternehmens zum Zuge (§§ 47 Abs. 2, 56b Abs. 2 UmwG). Die Differenzhaftung beseitigt nicht das Eintragungshindernis (§ 9c Satz 2). Daher hat bei festgestellter Uberbewertung zwischen den Mitgliedern der Vorgesellschaft im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen eine Auseinandersetzung stattzufinden.

II. Differenzhaftung 2

1. Sacheinlage. Die Nachzahlungspflicht des § 9 Abs. 1 tritt ein, wenn der Wert der Sacheinlage nicht dem Betrag der dafür übernommenen Stammeinlage entspricht. Damit ist gesetzlich das Verbot der Unterpari-Emission ebenso statuiert, wie das korrespondierende Verbot der Überbewertung von Sacheinlagen (s. § 5, 39). Die Differenzhaftung greift nur ein, wenn trotz Erstellung und Übermittlung der in § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 genannten Unterlagen und trotz deren Prüfung durch das Registergericht (§ 9c Satz 2) die Überbewertung nicht erkannt und die Gesellschaft eingetragen worden ist (Gessler BB 80, 1385, 1387; Müller W p 80, 369, 373; Ulmer in Hachenburg 7 I L 128

Meyer-Landrut

Nachzahlungspflicht bei Sachgründung

§9

Aufl. 18; Baumbacb-Hueck 14. Aufl. 3; a.A. insoweit Scholz-Winter § 9 n.F., 5; Rowedder-Rittner 6). Sie beseitigt somit nicht das Eintragungshindernis der überbewerteten Sacheinlage (§ 9c Satz 2), denn es ist nicht der Sinn der Differenzhaftung, die Eintragung einer G m b H mit unzureichender Kapitalausstattung zu ermöglichen ( B G H Z 80, 129, 143). Von der Subsidiarität des Ergänzungsanspruchs ist auch der Gesetzgeber ausgegangen (Begründung zu § 8 RegEntw 1977). Durch § 9 c Satz 2 ist klargestellt, daß bei Überbewertung von Sacheinlagen eine Eintragung der G m b H nicht erfolgen kann. Eines Schutzes der Gläubiger der Vorgesellschaft bedarf es angesichts der gegebenenfalls eingreifenden persönlichen H a f t u n g der Handelnden (dazu §11, 4) nicht (§ 11, Abs. 2). Die H a f t u n g tritt unabhängig vom Verschulden der Beteiligten ein. Es ist 3 auch ohne Bedeutung, ob die Gründer willkürlich oder nur versehentlich einen unrichtigen, zu hohen Wert f ü r die Sacheinlage auf die Stammeinlage angerechnet haben (Scholz-Winter § 9 n.F., 4; Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 10; Rowedder-Rittner 3; Fischer/Lutter 3; teilw. abw. Roth 2.2). Der T a t bestand einer Uberbewertung führt in der Regel, neben dem Umstand, daß ein Eintragungshindernis vorliegt, nicht zur Nichtigkeit der zugrunde liegenden Sacheinlage-Vereinbarungen der Gründer, es sei denn, die Voraussetzungen des § 138 BGB wären erfüllt (Begründung zu § 8 RegEntw 1977). 2. Bewertungsstichtag. Durch das Gesetz ist klargestellt, daß maßgebend 4 für die Wertbestimmung der Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister (§ 5, 44) ist. Damit tragen die Gründer das Risiko einer Wertminderung in dem Zeitabschnitt zwischen Einbringung der Sacheinlage und Einreichung der Anmeldung. Wertminderungen, die nach der Anmeldung eintreten, bleiben außer Ansatz (Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 16; Baumbacb-Hueck 14. Aufl. 4). Der Gesetzgeber bezweckt mit dieser Regelung, den Zeitraum zwischen dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages und der Eintragung möglichst einzuschränken (Begründung zu § 9, RegEntw 1977). 3. Bewertung. Über die Bewertung von Sacheinlagen muß bei Anmeldung 5 der G m b H zum Handelsregister einmal der Sachgründungsbericht eingereicht werden, in welchem die Gründer die f ü r die Angemessenheit der Sacheinlage wesentlichen Umstände darzulegen haben (§ 5 Abs. 4). Sodann sind Unterlagen über den Wert der Sacheinlagen zum Handelsregister zu übermitteln (§ 8 Abs. 1 Nr. 5). Auch § 9 geht vom wirklichen Wert der Sacheinlage aus. Es ist also der angenommene Wert im Zeitpunkt der Einlage mit dem wirklichen Wert im Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung (Rdn. 4) zu vergleichen. Allerdings ist bei der Bewertung die Zweckbestimmung f ü r die Gesellschaft zu berücksichtigen (Scholz-Winter § 9 n.F., 9; Ulmer in Hachenburg 13). Nicht nur unrichtige Bewertungen, auch objektiv eintretende WertminderunMeyer-Landrut

129

§9

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g d e r Gesellschaft

gen wie der Kursverfall einzubringender börsennotierter Wertpapiere oder Waren sind zu berücksichtigen sowie auch Mängel des Gegenstandes der Sacheinlage. Treten diese vor Eintragung der G m b H zu Tage, so besteht ein Eintragungshindernis (§ 9c Satz 2); nach der Eintragung auftretende Mängel lösen Ansprüche gem. § 9 aus und daneben u.U. Gewährleistungsansprüche (Scholz- Winter § 9 n.F., 10 \ Baumbach-Hueck 14. Aufl. 3). 6

4. Gemischte Einlage. Auch bei gemischten Einlagen, also solchen, die teils durch Sachen, teils durch Bareinlage erbracht werden (§ 5, 37), muß der Sacheinlageanteil voll erbracht werden (§ 5 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 3). N u r für diesen Teil der Einlage gilt unmittelbar die Regelung des § 9. Liegt eine gemischte Einlage in dem Sinn vor, daß der Gesellschafter mit Einbringung der Sacheinlage seine Einlageverpflichtung übersteigt und er demnach einen Vergütungsanspruch gegenüber der Gesellschaft erwirbt, so kann ein Anspruch aus Differenzhaftung gegen den Anspruch des Gesellschafters auf Vergütung verrechnet werden (Ulmer in Hachenburg 7" Aufl. 11; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 7 im Ergebnis ebenso Scholz-Winter § 9 n.F., 12).

III. Bareinlagen 7

1. Unterbilanzierung. Der Gedanke der Wertgarantiehaftung des § 9 Abs. 1 ist auch bei Bareinlagen anwendbar. Zwar kann sich eine Unterpari-Emission bei Einlage des nominellen Betrages der Stammeinlage nicht ergeben. Der Wert der Bareinlage kann aber durch Vorbelastungen, d.h. Verpflichtungen, die die Vorgesellschaft zu Lasten der G m b H eingeht, gemindert sein. Dann entsteht auch bei Bareinlagen eine Kapitallücke, in der Art, daß das Aktivvermögen der neu gegründeten G m b H (Bareinlage und Resteinlageforderungen) auf der Passivseite durch Verbindlichkeiten, die das Stammkapital übersteigen, belastet ist. Man spricht daher auch von einer Unterbilanzhaftung (im Einzelnen § 11, 15). Es fehlt hinsichtlich eines Teils der Bareinlage, die durch Vorbelastungen gebunden ist, auch an der endgültigen und freien Verfügbarkeit durch die Geschäftsführer im Sinne der in der Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 abzugebenden Versicherung (§ 8, 23). Demgemäß läßt B G H Z 80, 129, 141 die Differenzhaftung der Gesellschafter auch bei Bargründung dann eintreten, wenn der Wert des Gesellschaftsvermögens im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft durch Vorbelastungen gemindert oder gar aufgezehrt ist (s. auch Ulmer in Hachenburg, 71 Aufl. § 11, 30). Die Differenzhaftung umfaßt (einschließlich einer etwaigen Ausfallhaftung gemäß § 24) somit den Betrag, um den die Bareinlage durch Vorbelastungen, ausgenommen satzungsmäßig geleistete Gründungskosten (§ 7, 13) gemindert ist. Sie ist in dem Sinne unbeschränkt, als daß die Gesellschafter sicherstellen müssen, daß das Stammkapital der Gesellschaft im Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregi130

Meyer-Landrut

Nachzahlungspflicht bei Sachgründung

§9

ster voll zur Verfügung steht und sie sonst für die Differenz auch dann aufzukommen haben, wenn diese den Nennwert des Stammkapitals übersteigt (BGH W M 82, 40). Zur Haftung bei der Einmann-Gründung s. Brinkmann GmbH-Rdsch. 82,269. Als Bewertungsstichtag ist nicht entsprechend § 9 (Rdn. 4) auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister, sondern auf den Zeitpunkt der Eintragung selbst abzustellen (John BB 82, 510; Maulbetsch DB 84, 1563; Baumbach-Hueck §11, 58; Rowedder-Rittner §11, 26; Fischer/Lutter § 11,9; a.A. Fischer 10. Aufl. § 11, 4, der entsprechend §9 Abs. 1 auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister abstellt; ferner Ulmer Z G R 8 1 , 607; den. in Hachenburg 7 11 Aufl. § 11, 88). Bei Kapitalerhöhungen greift die Differenzhaftung nicht Platz (§ 55, 22). 2. Sonstige Fälle. Ergibt sich eine anderweitige Wertminderung der Barein- 8 läge vor Eintragung der GmbH, insbesondere durch teilweisen oder vollständigen Verbrauch der bei der Anmeldung vorhanden gewesenen baren Mittel, so stellt das, genau wie eine die Bareinlage mindernde Vorbelastung, ein Eintragungshindernis dar, sofern der Mangel von den Gesellschaftern nicht vor Eintragung behoben wird (BGH aaO 141; a.A. auch hierzu Ulmer Z G R 8 1 , 593, 606; den. in Hachenburg § 11, 88; Baumbach-Hueck 14. Aufl. §11, 58). Kommt es zur Eintragung, so ist der Fehlbetrag der Einlage in Geld zu leisten. Die übrigen Gesellschafter haften gemäß § 24. Eine weitergehende Haftung kann sich aus § 9a ergeben (dazu Rdn. 11).

IV. Anspruchsgrundlagen 1. Anspruchsberechtigte. Der Differenzanspruch gemäß § 9 Abs. 1 ist ein 9 Anspruch der G m b H gegen den Gesellschafter, der eine nicht vollwertige Sacheinlage erbracht hat. Entsprechendes gilt auch für den Fall einer nicht vollwertigen Bareinlage (Rdn. 7 und 8). Bei Geltendmachung wird die G m b H durch ihre Geschäftsführer vertreten. Uber das Erfordernis eines Einforderungsbeschlusses der Gesellschafter s. Rdn. 10. Da es sich um eine ergänzende Einlage handelt, sind auch die übrigen Vorschriften des Gesetzes, die der Sicherung der Kapitalaufbringung im Zusammenhang mit der Leistung der Einlage dienen, unmittelbar anwendbar, insbesondere also die §§ 19 bis 25. 2. Anspruchsverpflichtete. Der Anspruch richtet sich gegen den Gesell- 10 schafter, dessen Einlage nicht vollwertig ist. Er entsteht mit der Eintragung der G m b H (Rdn. 2) und nicht schon bei der Anmeldung (Ulmer in Hachenburg 9; a.A. Scholz-Winter §9 n.F., 15; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 8; RowedderRittner 8, wonach schon der Zeitpunkt der Anmeldung maßgeblich ist). Er ist Meyer-Landrut

131

§ 9a

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

durch die Geschäftsführer geltend zu machen (Rdn. 9), setzt aber einen entsprechenden Einforderungsbeschluß der Gesellschafter (§ 46 Nr. 2) voraus (Gersch/Herget/Marsch/Stiitzle 1980, Rdn. 84; a.A; Scholz- Winter § 9 n.F., 15; Ulmer a a O ; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 8; Rowedder-Rittner 9; Fischer/Lutter 5). Es erscheint nicht anhängig, den Ergänzungsanspruch hinsichtlich der H a f t u n g der Gesellschafter als Einlage zu behandeln (Rdn. 9), andererseits aber die Anwendbarkeit des § 46 Nr. 2 in Frage zu stellen, der die Einforderung von Einzahlungen von Stammeinlagen der Bestimmung durch die Gesellschafter unterwirft. Im einzelnen s. § 46, 14. 11

3. Haftung Dritter. Außer der Ausfallhaftung des § 24 kommt eine H a f t u n g der Gründer und auch der Geschäftsführer gemäß § 9a dann in Betracht, wenn zum Zwecke der Eintragung der G m b H falsche Angaben gemacht werden. Außerdem sind bei betrügerischen Gründungen Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB gegeben.

12

4. Verjährung. Da nach Ablauf von fünf Jahren eine Überbewertung von Sacheinlagen praktisch nur noch schwer feststellbar ist und da der Gesetzgeber auch davon ausging, daß nach einem solchen Zeitraum eine Uberbewertung sich nicht mehr negativ auf die Vermögenslage auswirken wird, ist für die Differenzhaftung gemäß Abs. 2 eine Verjährung in fünf Jahren seit Eintragung der G m b H im Handelsregister angeordnet (Begründung S. 35 zum RegEntw 1977). Soweit eine Differenzhaftung auch bei Bareinlagen in Betracht kommt (Rdn. 7 f), wird man gleichfalls, in entsprechender Anwendung des Abs. 2, die fünfjährige Verjährungsfrist, gerechnet vom Tage der Eintragung der G m b H , anzuwenden haben. Die Interessenlage ist die gleiche (Ulmer in Hachenburg § 1 1 , 7 11 Aufl. 91; Rowedder-Rittner § 11, 26; Baumbach-Hueck 14. Aufl. §11, 59; Fleck GmbH-Rdsch. 83, 13; Priester Z I P 82, 1143).

§ 9a (1) Werden zum Zweck der Errichtung der Gesellschaft falsche Angaben gemacht, so haben die Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft als Gesamtschuldner fehlende Einzahlungen zu leisten, eine Vergütung, die nicht unter den Gründungsaufwand aufgenommen ist, zu ersetzen und für den sonst entstehenden Schaden Ersatz zu leisten. (2) Wird die Gesellschaft von Gesellschaftern durch Einlagen oder Gründungsaufwand vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit geschädigt, so sind ihr alle Gesellschafter als Gesamtschuldner zum Ersatz verpflichtet. (3) Von diesen Verpflichtungen ist ein Gesellschafter oder ein Geschäftsführer befreit, wenn er die die Ersatzpflicht begründenden Tatsachen weder 132

Meyer-Landrut

Gründungshaftung

kannte noch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes kennen mußte. (4) Neben den Gesellschaftern sind in gleicher Weise Personen verantwortlich, für deren Rechnung die Gesellschafter Stammeinlagen übernommen haben. Sie können sich auf ihre eigene Unkenntnis nicht wegen solcher Umstände berufen, die ein für ihre Rechnung handelnder Gesellschafter kannte oder bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes kennen mußte.

Rdn. I. E i n l e i t u n g II. G r ü n d u n g s h a f t u n g (Abs. 1) 1. V o r a u s s e t z u n g e n 2. G e s e l l s c h a f t e r 3. G e s c h ä f t s f ü h r e r 4. Falsche A n g a b e n a) Allgemeines b) F e h l e n d e E i n z a h l u n g e n c) G r ü n d u n g s a u f w a n d

Rdn.

1

..

2 3

III.

4

IV. V. VI.

5 6 7

5. H a f t u n g s v o r a u s s e t z u n g e n und - u m f a n g H a f t u n g bei S c h ä d i g u n g s a b s i c h t (Abs. 2) H a f t u n g s a u s s c h l u ß (Abs. 3) . . . . H i n t e r m ä n n e r (Abs. 4) Entsprechende Anwendung . . . .

V I I . S o n s t i g e E r s a t z a n s p r ü c h e aus Anlaß der Gründung

8 11 12 13 14 15

Schrifttum Kion Die H a f t u n g des GmbH-Geschäftsführer, BB 84, 864.

I. Einleitung Die Vorschrift verschärft und erweitert die bisher in § 9 Abs. 1 a.F. geregelte 1 Haftung der Geschäftsführer für die Richtigkeit der hinsichtlich der Stammeinlagen gemachten Leistungen. Die Erweiterung bezieht sich insbesondere auf die jetzt auch für die G m b H bestehende Gründerhaftung. Außerdem haften jetzt ausdrücklich auch die Hintermänner. Die Gesetz gewordene Regelung folgt sachlich dem RegEntw 1977 ohne die dort in großen Teilen vorgeschlagene wortwörtliche Übernahme der §§ 46 bis 51 AktG. Soweit keine besonderen GmbH-rechtlichen Haftungsregelungen des RegEntw 1977 Gesetz geworden sind, gelten im GmbH-Recht weiterhin die allgemeinen Haftungsgrundsätze des Bürgerlichen Rechts und nicht die aktienrechtlichen Spezialregelungen, auch wenn die Interessenlage für beide Gesellschaftsformen weitgehend dieselbe sein mag (wie es in der Begründung zu § 9a RegEntw 1977 heißt). Die Vorschrift gilt nur für Gesellschaften, die nach dem Inkrafttreten der GmbH-Novelle 1980 zum Handelsregister angemeldet worden sind (Art. 12 § 2 GmbH-Novelle). Sie ist in dem Sinne zwingend, als daß sie durch die Satzung nicht abgeändert werden kann (Ulmer in Hachenburg 7° Aufl. 4; RoMeyer-Landrut

133

§ 9a

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

wedder-Rittner 2; Scholz-Winter §9, 1) und daß Vergleiche und Verzichte nur in den Grenzen des § 9b wirken. In der Praxis dürfte die Bedeutung der Vorschrift neben der verschuldensunabhängigen Differenzhaftung der Gründer (§ 9, 2 ff) zurücktreten. Für die Verantwortlichkeit der Geschäftsführer bei Anmeldung einer Kapitalerhöhung zur Eintragung im Handelsregister gelten nach § 57 Abs. 4 die §§ 9a Abs. 1 und 3 und 9b entsprechend. Rechtsfolgen bei Verzichten und Vergleichen über Anspruch nach § 9a und deren Verjährung regelt § 9b. Falsche Angaben der Geschäftsführer und Gesellschafter bei Errichtung der Gesellschaft insbesondere hinsichtlich der Kapitalaufbringung und Sicherung der Kapitalaufbringung sind gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 1 strafbar.

II. Gründungshaftung (Abs. 1) 2

1. Voraussetzungen. Die nach § 9a n.F. erweiterte Gründungshaftung stellt eine weitere Regelung der Novelle 1980 zur verstärkten Sicherung der Kapitalaufbringung bei der G m b H dar. Die H a f t u n g tritt nur ein, wenn es zur Errichtung der GmbH durch Eintragung im Handelsregister kommt (Ulmer in Hachenburg § 9a, 8; BaumbachHueck 13; Rowedder-Rittner 19; Roth 2.3.; Fischer/Lutter 1 ; ) . Die Vorgesellschaft und deren Gläubiger sind nicht Schutzobjekt der Vorschrift (dazu Rdn. 15). Daher ist auch nur die eingetragene G m b H anspruchsberechtigt, nicht aber Gesellschafter, Gläubiger oder sonstige Dritte. Die Geltendmachung der Ansprüche aus § 9a setzt einen Gesellschafterbeschluß voraus (Ulmer in Hachenburg § 9a, 9; Baumbach-Hueck 14; Rowedder-Ritter 19; Fischer/Lutter 1; im einzelnen § 46, 43 bis 45), auch soweit sie gegen frühere Gesellschafter oder nicht mehr im Amt befindliche Geschäftsführer durchgesetzt werden sollen (vgl. auch § 9, 10). Betroffene Gesellschafter haben kein Stimmrecht (§ 47 Abs. 4). Ein Zwang zur Geltendmachung der Ersatzansprüche besteht nicht. Kommt es nicht zu einem Gesellschafterbeschluß nach § 46 Nr. 8 oder liegt eine Einmanngründung vor, so können die Ansprüche gegen den Willen der Gesellschafter nur dann geltend gemacht werden, wenn es noch innerhalb der Verjährungsfrist (§ 9b Abs. 2) zur Konkurseröffnung kommt.

3

2. Gesellschafter. Es haften neben Geschäftsführern (dazu Rdn. 4) und Hintermännern (dazu Rdn. 13) die Gründungsgesellschafter gemäß Abs. 1 bei durch falsche Angaben verursachtem Schaden auf Nachleistung fehlender Einlagen, Ersatz unzulässiger Gründervergütungen und weitergehenden sonstigen Schaden. Die H a f t u n g setzt Verschulden voraus; das war nach früherem Recht streitig (vgl. Ulmer in Hachenburg 7 1 Aufl. § 9, 8), ist aber jetzt durch § 9a Abs. 3 (dazu Rdn. 12) klargestellt. Neben der Verantwortlichkeit 134

Meyer-Landrut

Gründungshaftung nach § 9a machen sich die Gründer nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 und 2 strafbar, wenn sie im Zusammenhang mit dem Eintragungsverfahren falsche Angaben machen. 3. Geschäftsführer. Entsprechend § 9 a.F. wird auch in § 9a Abs. 1 n.F. die 4 H a f t u n g der Geschäftsführer f ü r den der Gesellschaft durch falsche Angaben entstandenen Schaden geregelt. Deren H a f t u n g ist vor allem im Zusammenhang mit der ihnen nach § 7 obliegenden Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister und den gemäß § 8 zu machenden Angaben zu sehen. Das Registergericht muß sich, da eine Amtsprüfung der Gründungsvoraussetzungen grundsätzlich nur im Rahmen des § 9c besteht, auf die Richtigkeit der Erklärung der Geschäftsführer verlassen können. Ergänzend ist die Strafvorschrift des § 82 Abs. 1 Nr. 4 bei falschen Angaben im Eintragungsverfahren anwendbar. Geschäftsführer und Gründer haften als Gesamtschuldner; es gelten die §§421 bis 426 BGB. Die Gesellschaft kann bei jedem Haftpflichtigen volle Befriedigung suchen. Mitverpflichtete sind Ausgleichsansprüchen nach § 426 BGB ausgesetzt. 4. Falsche Angaben a) Allgemeines. Es haften Gründer und Geschäftsführer bei falschen Anga- 5 ben, die zum Zwecke der Errichtung der G m b H gemacht werden. Es handelt sich dabei insbesondere um die Angaben im Gesellschaftsvertrag (§ 3) und in der Anmeldung und der der Anmeldung beigefügten Unterlagen (§ 8), wobei die Angaben über Geld-und Sacheinlagen, deren Bewertung, ferner zur Übernahme und Leistung der Einlagen den Schwerpunkt bilden, aber auch die Angaben zum Gründungsaufwand oder die Versicherungen über die Eignungsvoraussetzungen f ü r die Geschäftsführer (Ulmer in Hachenburg 13). W ä h rend § 9 a.F. von einer Unrichtigkeit der Angaben als Haftungsvoraussetzung ausging (ähnlich auch § 9a RegEntw 1977), ist der jetzt im Gesetz verwendete Begriff insoweit weitergehend, als zum Zwecke der Errichtung der G m b H gemachte Angaben in Betracht kommen, die entweder nicht richtig oder nicht vollständig oder entgegen den gesetzlichen Vorschriften unterlassen worden sind (Ausschußbericht BT-Drucks 8/3908 S. 71; s. auch Ulmer in Hachenburg 14; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 8; Rowedder-Rittner 8; Fischer/Lutter 4). Gewährleistet werden soll also Richtigkeit und Vollständigkeit, wie das auch in § 46 Abs. 1 AktG verlangt wird. Für die H a f t u n g ist es gleichgültig, wer die falschen Angaben gemacht hat. Es haften also die Gründer auch für Angaben der Geschäftsführer und umgekehrt. Gründer und Geschäftsführer haften auch f ü r falsche Angaben Dritter, etwa von Sachverständigen bei Bewertungsgutachten (§ 8 Abs. 1 Nr. 5). Die H a f t u n g tritt auch ein in bezug auf Angaben, die nicht unmittelbar gegenüber dem Registergericht gemacht werden, wenn sie nur zum Zwecke der Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Errichtung der G m b H gemacht werden, also etwa gegenüber Sachverständigen (Scholz-Winter §§ 9a, 9b n.F., 10; Ulmer in Hachenburg 12; BaumbachHueck7 ; Rowedder-Rittner7). 6

b) Fehlende Einzahlungen. Es handelt sich in erster Linie um Angaben, die aus Anlaß der Gründung zum Handelsregister gemäß § 8 hinsichtlich der Kapitalausstattung der G m b H zu machen sind (Rdn. 5). § 9a RegEntw 1977 zählte im einzelnen auf die Angaben über die Übernahme der Stammeinlagen, bezüglich Geld- und Sacheinlagen sowie deren Leistung, ferner die Verwendung eingezahlter Beträge, Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sachübernahmen und Sicherung für nicht voll eingezahlte Geldeinlagen, ferner Erklärungen über die freie Verfügbarkeit der Einlagen. Das Gesetz jetzt spricht nur von fehlenden Einzahlungen und nicht berechtigtem Gründungsaufwand (hierzu Rdn. 7), die zu ersetzen sind, ohne zu bestimmen, was für Angaben im einzelnen gemeint sind. Im wesentlichen handelt es sich dabei um die in § 9a RegEntw 1977 angeführten Sachverhalte, die, wenn falsch dargestellt, zu einer Wertminderung der Kapitalausstattung der G m b H führen. Es handelt sich hierbei um „Angaben, die zum Zweck der Errichtung der Gesellschaft über die Übernahme der Stammeinlagen, Geld- und Sacheinlagen sowie deren Leistung, Verwendung eingezahlter Beträge, Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sachübernahme und Sicherung für nicht voll eingezahlte Geldeinlagen" gemacht werden. Allerdings ist die Aufzählung in § 9a RegEntw 1977 nicht als eine erschöpfende Aufzählung möglicher falscher Angaben anzusehen (Rowedder-Rittner 5, Roth 2.1; a.A. Scholz-Winter §§ 9a, 9b n.F., 7). In der Praxis dürften insbesondere die Angaben eine Rolle spielen, die zu einer etwaigen Überbewertung von Sacheinlagen bzw. einer Wertminderung der Bareinlage führen und somit auch primär den Tatbestand der Differenzhaftung der Gesellschafter nach § 9 auslösen. Maßgebender Zeitpunkt ist der Eingang der Anmeldung zur Errichtung der G m b H bei dem zuständigen H a n delsregister bzw. der Zeitpunkt des Eingangs vom Register gegebenenfalls angeforderter weiterer Angaben (Ulmer in Hachenburg 15; a.A. nämlich daß Zeitpunkt der Eintragung maßgeblich, Rowedder-Rittner 11; BaumbachHueck 2, s. f ü r die Differenzhaftung § 9, 4 bzw. 7). Die H a f t u n g greift auch ein, wenn über die gesetzliche Mindesteinzahlung gemäß § 7 Abs. 2 hinaus höhere satzungsmäßige Leistungen auf die Stammeinlagen zwar angemeldet, aber nicht erbracht werden (Ulmer in Hachenburg 18). Keine H a f t u n g nach § 9a lösen dagegen falsche Angaben aus, die sich auf freiwillige Leistungen der Gesellschafter beziehen, soweit diese weder nach Gesetz noch Satzung zu erbringen sind (Scholz-Winter §§9a, 9b n.F., 21).

7

c) Gründungsaufwand. Gehaftet wird auch auf Ersatz von Gründervergütungen, die nicht unter Gründungsaufwand aufgenommen sind. Gemeint ist hier eine Aufnahme in den Gesellschaf tsvertrag. Der Gesetzgeber hat zwar 136

Meyer-Landrut

Gründungshaftung davon abgesehen, für das GmbH-Recht ausdrücklich zu bestimmen, daß Gründungs- und Sondervorteile zur Wirksamkeit der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag bedürfen (so § 5a RegEntw 1977). Hiervon ist dennoch auszugehen (§ 5, 55). Das setzt auch der Gesetzgeber der GmbH-Novelle 1980 voraus, wie die Regelungen in 5 9a Abs. 1 und in der entsprechenden Strafvorschrift in § 81 Abs. 1 Nr. 1 zeigen. Danach sind Gründungsaufwand (und Sondervorteile) nur wirksam, wenn sie in der Satzung aufgenommen werden (§ 5, 53,54). 5. Haftungsumfangvoraussetzungen und -umfang a) Die Haftung nach Abs. 1 setzt Verschulden (Rdn. 3) voraus (Ulmer in 8 Hachenburg $ 9a, 33, 43; Kion BB 84, 864). Maßgeblicher Zeitpunkt, ob falsche Angaben gemacht worden sind, ist der Zeitpunkt der Anmeldung der G m b H zur Eintragung im Handelsregister (Rdn. 6). Bis zur erfolgten Eintragung können die Angaben noch zur Vermeidung der Haftung aus § 9a berichtigt bzw. ergänzt werden (Ulmer in H a chenburg 16; Baumbach-Hueck 8; Fischer/Lutter 5; Rowedder-Rittner 10). b) Die Haftung auf Ersatz des durch falsche Angaben verursachten Scha- 9 dens geht einmal, wie die Differenzhaftung nach § 9, auf Leistung der fehlenden Einlagen, also den Betrag der Stammeinlage, der bei Sacheinlage wegen Uberbewertung, bei Bareinlage wegen fehlender Vollwertigkeit, nicht gedeckt ist (§9, 10). Zu ersetzen ist die fehlende Deckung, entsprechend dem Schutzzweck der Vorschrift, die Sicherung der Aufbringung des festgesetzten Stammkapitals. Der Wertersatz ist in Geld zu leisten. Die Vorschrift wird durch die solidarische Haftung aller Gesellschafter aus § 27 ergänzt. Gehaftet wird ferner für nicht in den Gesellschaftsvertrag aufgenommenen Gründungsaufwand (Ulmer aaO 26). Das sind Kosten und Gebühren anläßlich der Gründung einschließlich Steuern, Veröffentlichungskosten und Beratungshonorare. Dagegen stellen Aufwendungen zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs, soweit sie vor Eintragung der G m b H entstehen, u.U. Vorbelastungen dar, die eine Differenzhaftung der Gesellschafter auslösen können (§9,7). c) Gehaftet wird schließlich für den sonst entstehenden Schaden, also den 10 Schaden, der über die Ersatzleistung für fehlende Einlagen oder nicht wirksam geleisteten Gründungsaufwand hinausgeht. Ein derartiger Schaden, der weitergeht als die Vervollständigung der Einlage, ist von der Gesellschaft nachzuweisen. III. H a f t u n g bei Schädigungsabsicht (Abs. 2) Während nach Abs. 1 Gründer und Geschäftsführer haften, wenn sie die die 11 Ersatzpflicht betreffenden Tatsachen, nämlich die zum Zwecke der ErrichMeyer-Landrut

137

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

tung der Gesellschaft gemachten falschen Angaben, entweder kannten oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt kennen mußten (Abs. 3), regelt Abs. 2 den Fall der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Schädigung der Gesellschaft durch Einlagen oder Gründungsaufwand. Die Bedeutung der Vorschrift liegt darin, daß sie Schädigungsfälle bei Gründungen erfassen soll, die nicht auf falschen Angaben im Sinne von Abs. 1 beruhen (Ausschußbericht S. 71 f BT-Drucks 8/3908). Es handelt sich um einen echten Schadensersatzanspruch, der grundsätzlich auf Naturalrestitution geht, nicht (nur) auf Geldausgleich, wie die sonstigen Ansprüche nach Abs. 1. Vorsätzlich und grob fahrlässig handelnde Gesellschafter haften gesamtschuldnerisch (Barz Großkomm. AktG 3. Aufl. § 46, 14). Die Vorschrift ist im Verhältnis zu Abs. 1 subsidiär (Ulmer in Hachenburg 39). Geschäftsführer unterliegen keiner besonderen Haftung im Rahmen des Abs. 2. U.U. kommt jedoch eine Haftung nach den allgemeinen Vorschriften über unerlaubte Handlung in Betracht.

IV. Haftungsausschluß (Abs. 3) 12

Die Vorschrift, entsprechend der Regelung in § 46 Abs. 3 AktG, stellt klar, daß die Haftung nach Abs. 1 nur bei Verschulden Platz greift (Rdn. 3). Es können also einzelne Gründer oder Geschäftsführer die Vermutung des Abs. 1 widerlegen, wenn sie nachweisen, daß sie die die Ersatzpflicht begründenden Tatsachen nicht kannten oder auch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht kennen konnten. Es handelt sich somit nicht, wie früher vielfach angenommen wurde, um eine Garantiehaftung (Nachweise bei Ulmer in Hachenburg 7 1 Aufl. § 9, 8). Der Verschuldensmaßstab, die im ordentlichen Geschäftsverkehr übliche Sorgfalt, setzt auf Seiten der Beteiligten voraus, daß sie sich gegebenenfalls über die juristischen Voraussetzungen einer Gesellschaftsgründung und die Konsequenzen von deren Nichtbeachtung unterrichten lassen. Auf fehlende Ausbildung oder Erfahrung können sich die Beteiligten in der Regel nicht berufen (Scholz-Winter §§ 9a, 9b n.F., 16; Baumbach-Hueck 11; Rowedder-Rittner 13). Auch kann sich ein Gesellschafter oder Gründer auf mitwirkendes Verschulden der Gesellschaft im Rahmen der Haftung aus § 9a nicht berufen.

V. Hintermänner (Abs. 4) 13

Um Schwindelgründungen auch durch Strohmänner entgegentreten zu können, haften gemäß Abs. 4 neben Gründern auch Personen, für deren Rechnung Stammeinlagen übernommen worden sind, die sogenannten Hintermänner. Die Vorschrift entspricht § 46 Abs. 5 AktG. Die Gründerhaftung wird damit auf Personen erstreckt, die andere für sich handeln lassen, aber ihrerseits von haftungsbegründenden Tatsachen Kenntnis haben oder haben müßten. Die Vorschrift ist entsprechend anwendbar auf gesetzlich Bevoll138

Meyer-Landrut

Verzicht, Vergleich, Verjährung mächtigte und gesetzliche Vertreter ( B a r z G r o ß k o m m . A k t G § 46, 23). Mit der A n e r k e n n u n g der D u r c h g r i f f s h a f t u n g auf H i n t e r m ä n n e r im G m b H R e c h t ist durch den G e s e t z g e b e r auch die entsprechende (und umstritten gewesene) R e c h t s p r e c h u n g des B G H z u r H a f t u n g des T r e u g e b e r s des S t r o h manns aus den §§ 19 Abs. 2, 24, 30, 31, 32a und 32b (im einzelnen s. § 1, 14) bestätigt ( O L G H a m b u r g D B 8 4 , 1 5 1 5 = B B 8 4 , 1 2 5 3 ) . Eine H a f t u n g sonstiger Dritter, wie sie in § 9b R e g E n t w 1977 vorgesehen w a r , enthält das G e s e t z nicht. D e r G e s e t z g e b e r hielt insoweit besondere H a f tungsregelungen f ü r überflüssig, d a die V o r s c h r i f t e n des Bürgerlichen Rechts über die H a f t u n g aus unerlaubter H a n d l u n g z u m S c h a d e n s a u s g l e i c h ausreichen (Ausschußbericht B T - D r u c k s . 8 / 3 9 0 8 S. 72).

VI. Entsprechende Anwendung D i e Verantwortlichkeit des § 9a f ü r fehlende A n g a b e n gilt bei K a p i t a l e r h ö hungen nur f ü r die G e s c h ä f t s f ü h r e r (§ 57 Abs. 4 n.F.).

14

VII. Sonstige Ersatzansprüche aus Anlaß der Gründung W ä h r e n d die G r ü n d u n g s h a f t u n g aus § 9 a nur eingreift, wenn es zur G r ü n - 1 5 d u n g der G m b H k o m m t ( R d n . 2), können die V o r g e s e l l s c h a f t und deren G l ä u biger, daneben aber auch die entstandene G e s e l l s c h a f t und deren G l ä u b i g e r dann E r s a t z a n s p r ü c h e g e g e n die G e s c h ä f t s f ü h r e r und G r ü n d e r geltend m a chen, wenn der T a t b e s t a n d des Gründungsschwindels in F o r m vorsätzlichen Betrugs bzw. vorsätzlicher U n t r e u e g e g e b e n ist (§ 826 B G B b z w . § 823 Abs. 2 B G B i.V.m. §§ 263 o d e r 266 S t G B ) . Ist der T a t b e s t a n d des § 82 Abs. 1 erfüllt, können E r s a t z a n s p r ü c h e auch insoweit auf § 823 Abs. 2 B G B gestützt werden, als § 82 als S c h u t z g e s e t z sowohl im Verhältnis z u Gläubigern wie zu Gesellschaftern anzusehen ist (h.L. Ulmer in H a c h e n b u r g 52 m . w . N . ; s. auch Rowedder-Rittner 35 sowie zu § 82). D a r ü b e r hinaus haften die G e s c h ä f t s f ü h r e r bereits im G r ü n d u n g s s t a d i u m entsprechend § 43 der G e s e l l s c h a f t bei Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten auf S c h a d e n s e r s a t z . V e r z i c h t e o d e r V e r g l e i c h e sind nur unter den V o r a u s s e t z u n gen des § 9b Abs. 1 w i r k s a m , also nur dann, wenn die A n s p r ü c h e nicht z u r G l ä u b i g e r b e f r i e d i g u n g erforderlich sind ( § 4 3 Abs. 3 S a t z 2). E r s a t z a n sprüche verjähren entsprechend 5 43 Abs. 4 in fünf J a h r e n .

§9b (1) Ein Verzicht der Gesellschaft auf Ersatzansprüche nach § 9a oder ein Vergleich der Gesellschaft über diese Ansprüche ist unwirksam, soweit der E r Meyer-Landrut

139

§

9b

1. A b s c h n i t t . E r r i c h t u n g d e r G e s e l l s c h a f t

satz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist. Dies gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung oder Beseitigung des Konkursverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht. (2) Ersatzansprüche der Gesellschaft nach § 9a verjähren in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister oder, wenn die zum Ersatz verpflichtende Handlung später begangen worden ist, mit der Vornahme der Handlung.

Übersicht Rdn. I. E i n l e i t u n g II. V e r z i c h t und V e r g l e i c h 1. A l l g e m e i n e s 2. Relative U n w i r k s a m k e i t .

Rdn. 3. V e r g l e i c h bei Z a h l u n g s u n f ä higkeit III. V e r j ä h r u n g 1. Beginn 2. Frist

I. Einleitung 1

Die Vorschrift entspricht dem früheren Recht (§ 9 Abs. 2 und 3 aF) und dem § 9c RegEnt 1977. Durch den Bezug auf alle Ersatzansprüche gemäß § 9a ist allerdings die Anwendbarkeit in dem Umfang ausgedehnt, in dem die H a f tung für Schäden der Gesellschaft durch falsche Angaben nicht nur, wie früher, hinsichtlich der Anmeldenden, sondern auch für Gründer-Gesellschafter und deren Hintermänner besteht (vgl. § 9a, 1). Die Vorschrift findet auf Ersatzansprüche gegenüber Geschäftsführern aus § 43 gemäß § 43 Abs. 3 Satz 2 entsprechende Anwendung.

II. Verzicht und Vergleich 2

1. Allgemeines. Gläubiger der Ersatzansprüche aus § 9a wegen des durch falsche Angaben verursachten Schadens ist die Gesellschaft. Soweit Anspruchsgegner Gesellschafter oder im Amt befindliche Geschäftsführer sind, setzt die Geltendmachung einen Beschluß gemäß § 46 Nr. 8 voraus (§ 9a, 2). Bei Geltendmachung der Ansprüche wie auch bei Verzichtleistung und Vergleichen wird die G m b H jedoch durch die Geschäftsführer vertreten. Zweck der Vorschrift ist ausschließlich der Gläubigerschutz. Gesellschafter und Gesellschaft selbst können sich auf die Unwirksamkeit von Verzicht oder Vergleich mit Haftungsschuldnern aus § 9a nicht berufen (Ulmer in Hachenburg 2; Baumbach-Hueck 1).

3

2. Relative Unwirksamkeit. Verzichtleistungen auf Schadensersatz sind Erlaßverträge im Sinne von § 397 BGB und negative Schuldanerkenntnisse; Vergleiche über Ersatzleistungen sind Vereinbarungen im Sinne von § 799 BGB und Prozeßvergleiche nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 Z P O {Scholz-Winter 140

Meyer-Landrut

§ 9b

Verzicht, Vergleich, Verjährung

§ 9 , 6; Ulmer in Hachenburg 7, 8; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 2; RowedderRittner 5,6). Derartige Rechtsgeschäfte sind, ohne daß es einer besonderen Geltendmachung bedarf {Ulmer in Hachenburg 10; Scholz-Winter §9, 7; Fischer/Lutter 2; a.A. Baumbach-Hueck 13. Aufl. § 9, 2A), insoweit unwirksam, als ein Ersatz zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist (s. dazu § 43, 19). Es ist also keineswegs unzulässig, entsprechende Verzichte zu vereinbaren oder Vergleiche zu schließen. N u r stehen diese bis zum Auflauf der Verjährungsfrist nach Abs. 2 unter einer auflösenden Bedingung, deren Eintritt die Wirkung von Verzicht oder Vergleich beseitigt. Der Ersatzanspruch ist im Konkursfall der G m b H immer zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich. Ob das auch in einem früheren Stadium des Vermögensverfalles der G m b H der Fall sein kann, hängt davon ab, ob die G m b H nur mit vorübergehenden oder mit anhaltenden Zahlungsschwierigkeiten zu kämpfen hat. Im letzteren Falle dürfte bereits der Ersatz zur Gläubigerbefriedigung erforderlich sein {Ulmer in Hachenburg 9; Baumbach-Hueck 2; s. auch Fischer/Lutter 2). Die Anspruchsvoraussetzungen hat die Gesellschaft zu beweisen. Gläubiger können sich die Ansprüche abtreten lassen. 3. Vergleich bei Zahlungsunfähigkeit. Nach Abs. 1 Satz 2 tritt die in Satz 1 4 angeordnete relative Unwirksamkeit nicht ein, wenn Verzicht oder Vergleich im Rahmen eines Vergleichs- oder Konkursverfahrens über das Vermögen des Ersatzpflichtigen abgeschlossen wird. Dabei kommt einmal das Verfahren gemäß VerglO in Betracht, und sodann ein Zwangsvergleich im Rahmen des Konkursverfahrens (§§ 173 ff KO). Außergerichtliche Vergleiche, wenn sie der Abwendung eines Konkurses dienen und tatsächlich zu einer Abfindung aller Gläubiger des Ersatzpflichtigen führen, sind gleichfalls im Rahmen des Abs. 1 Sat? 2 privilegiert {Ulmer in Hachenburg 14; Scholz-Winter § 9, 9; Fischer/Lutter 3; Rowedder-Rittner 7).

III. Verjährung 1. Beginn. Entsprechend dem bisherigen Recht (§ 9 Abs. 3 aF) beginnt die 5 Verjährungsfrist grundsätzlich mit der Eintragung der Gesellschaft bzw. bei H a f t u n g im Rahmen einer Kapitalerhöhung (§ 9a, 14) mit der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister (§ 57 Abs. 4). Wann der Schaden entstanden ist oder wann er bekanntgeworden ist, ist f ü r den Lauf der Verjährungsfrist ohne Bedeutung. In Anlehnung an § 51 AktG sieht das Gesetz einen weiteren Fristbeginn vor in bezug auf ersatzpflichtige Handlungen, die erst nach Eintragung der G m b H begangen worden sind. Hier beginnt der Fristablauf mit der Vornahme der Handlung. Da die Ersatzansprüche aus § 9a ausgelöst werden durch falsche Angaben, „zum Zwecke der Errichtung der Gesellschaft", ist nicht Meyer-Landrut

141

§ 9c

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

recht ersichtlich, welche nach Eintragung der G m b H im Handelsregister begangene Handlungen noch in Betracht kommen können, es sei denn, es ist die Anwendbarkeit der Vorschrift im Rahmen von 5 57a Abs. 4 gemeint; doch auch bei H a f t u n g bei Kapitalerhöhung beginnt, wie dargelegt, der Fristablauf mit deren Eintragung im Handelsregister. 6

2. Frist. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre. Lauf, Hemmung, Unterbrechung und Wirkung richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 198 bis 225 BGB.

§ 9c

Ist die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet und angemeldet, so hat das Gericht die Eintragung abzulehnen. Dies gilt auch, wenn Sacheinlagen überbewertet worden sind. Übersiebt Rdn. I. E i n l e i t u n g II. P r ü f u n g s u m f a n g 1. F o r m e l l e P r ü f u n g 2. Materielle P r ü f u n g a) A l l g e m e i n e s b) S a c h g r ü n d u n g c) E i n m a n n g e s e l l s c h a f t

1 2

....

3 5 6

Rdn. d) V e r s c h l e i e r t e S a c h g r ü n dung e) W i r t s c h a f t l i c h e G r u n d l a gen III. M ä n g e l 1. V o r l ä u f i g e B e a n s t a n d u n g e n 2. E n d g ü l t i g e B e a n s t a n d u n g e n

9 10

Schrifttum Baums Eintragung und Löschung von Gesellschafterbeschlüssen, 1981; Fleck Neueste Entwicklungen in der Rechtsprechung zur V o r - G m b H ; GmbH-Rdsch. 83, 5; Koch Die Beteiligung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an der G m b H - G r ü n d u n g , Z H R 146 (1982) 118; Säcker Inhaltskontrolle von Satzungen mitbestimmter Unternehmen durch das Registergericht, FS Stimpel, 1985, 866.

I. Einleitung 1

Die Vorschrift ist mit der Novelle 1980 in das Gesetz eingefügt. Sie kodifiziert auch früher prinzipiell geltendes Recht. Geklärt wird mit dieser Regelung die Diskussion zu den rechtlichen Grundlagen des registergerichtlichen Prüfungsrechts (vgl. einerseits Ulmer in Hachenburg, 7 11 Aufl. § 10, 5 und andererseits Scbolz-Winter § 10, 3.) RegEntw 1977 5 9d bestimmte positiv, daß das Gericht zu prüfen habe, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist und ob Sacheinlagen den Wert der übernommenen Stammein142

Meyer-Landrut

P r ü f u n g durch das Gericht

§ 9C

läge erreichen (vgl. auch § 38 AktG und § 1 la Abs. 1 GenG). Der Gesetzgeber hielt diese positive Umschreibung des richterlichen Prüfungsrechts für nicht erforderlich und die Gesetz gewordene Fassung für gesetzestechnisch ausreichend, denn aus der Pflicht des Gerichts, nicht ordnungsgemäß errichtete und angemeldete Gesellschaften nicht einzutragen und so auch bei überbewerteten Sacheinlagen zu verfahren, folge notwendigerweise ein Prüfungsrecht (Ausschußbericht S. 72 BT-Drucks 8/3908).

II. Prüfungsumfang 1. Formelle Prüfung. Uber den Umfang der Prüfungen der Förmlichkeiten 2 der Gründung besteht im wesentlichen Einigkeit. Dazu gehört einmal die Prüfung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des Gerichts. Zuständig für die Führung der Handelsregister sind die Amtsgerichte (§ 8 H G B i.V.m. § 125 FGG). Örtlich ist das Gericht des Sitzes zuständig (§7, 6). Die Prüfung der formellen Voraussetzungen hat sich des weiteren auf die Vollständigkeit der gemäß § 8 der Anmeldung beizufügenden Unterlagen zu erstrecken (§ 8, 38), ferner darauf, daß die Anmeldungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 über das Mindeststammkapital und die Mindeststammeinlagen vorliegen. Zu überprüfen ist ferner, ob den Formerfordernissen des § 2 hinsichtlich des Gesellschaftsvertrages und etwaiger Vollmachten genügt ist und ob der Gesellschaftsvertrag inhaltlich den Mindestanforderungen des § 3 entspricht. Zu prüfen ist die Zulässigkeit der Firma der G m b H (§ 4, 30) und bei Sacheinlagen, ob die Festsetzungen im Gesellschaftsvertrag erfolgt sind und ob der Sachprüfungsbericht vorliegt (§ 5, 47). Wegen der Überbewertung bei Sacheinlagen s. Rdn. 4. Nicht zu prüfen ist seit dem 1.1.1980, ob gegen die Eintragung steuerliche Bedenken bestehen (Art. 11 GmbH-Novelle). 2. Materielle Prüfung a) Allgemeines. Hinsichtlich der materiellen Prüfungspflicht bzw. dem 3 Prüfungsrecht des Registergerichts, von dem auch der Gesetzgeber ausgeht (Ausschußbericht aaO S. 72 und Begründung zum RegEntw 1977 S. 36) bestand ein Unterschied der Meinungen über Inhalt und Umfang der im Rahmen des § 12 FGG vom Gericht anzustellenden Ermittlungen. Die Praxis der Registergerichte und die herrschende Meinung im Schrifttum hielt bis zum Inkrafttreten der Novelle 1980 eine materielle Prüfungspflicht dann für gegeben, wenn das Gericht Zweifel oder begründete Bedenken dahingehend hat, daß die Voraussetzungen zur Errichtung der G m b H vorliegen (zum früheren Recht Baumbach-Hueck 13. Aufl. § 10, 2B; Ulmer in Hachenburg, 7 11 Aufl. § 10, 7 ff; Scholz-Winter § 10, 3). Diese Prüfung schließt auch die Frage nach Meyer-Landrut

143

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

der Rechtswirksamkeit des Gesellschaftsvertrages oder einzelner seiner Bestimmungen ein (Rdn. 4). Durch die mit der Novelle 1980 eingeführte ausdrückliche gesetzliche Regelung der gerichtlichen P r ü f u n g der Eintragungsvoraussetzungen ist der materielle Prüfungsumfang des Registergerichts im Vergleich zum früheren Recht nicht erweitert worden. D a f ü r geben auch die Gesetzesmaterialien (vgl. Rdn. 3) nichts her (a.A. MüllerWpg 1980, 373). Es gilt also weiterhin, daß das Gericht eigene Ermittlungen nur dann anzustellen hat, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit des angemeldeten Sachverhalts bestehen (wie hier O L G Düsseldorf GmbH-Rdsch. 86, 367; Scholz-Winter § 9c n.F.; Ulmer in Hachenburg 11; Deutler GmbH-Rdsch. 80, 148; Geij/erBB 80; 1387; s. auch Fischer/Lutter2; a.A. LutterOK 80, 1319). 4

Das materielle Prüfungsrecht hinsichtlich des Gesellschaftsvertrages ist auf die zwingenden Anforderungen seiner Wirksamkeit beschränkt; es ist also insoweit nur das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen zu prüfen, nicht sonstige inhaltliche Richtigkeit, Klarheit, Zweckmäßigkeit oder Auslegungsfähigkeit einzelner Bestimmungen (str.; wie hier BayObLG W M 83, 248 = DB 83, 99 = Z I P 83, 57; BayObLG Ζ 74, 483 = DB 75, 295; O L G Köln BB 81, 1596 = GmbH-Rdsch. 82, 187; O L G Stuttgart GmbH-Rdsch. 67, 232; BayObLG BB 85, 545 = DB 85, 964 = GmbH-Rdsch. 85, 261; Ulmer in H a chenburg 9, 10; Scholz-Winter § 10, 3 a.E.; Fischer/Lutter 12; Rowedder-Rittner7; Baumbach-Hueck 4; a.A. O L G Stuttgart Justiz 80, 354; auch Säcker FS Stimpel, 1985, S. 867, 879, wonach sich das Prüfungsrecht allein auf die ordnungsgemäße Errichtung der G m b H beschränkt, nicht aber die Wirksamkeit fakultativer Satzungsbestimmungen betrifft). Sind einzelne Bestimmungen wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht nichtig, so kann allerdings der Eintragungsantrag auch dann zurückgewiesen werden, wenn die Nichtigkeit der Einzelbestimmung nicht zur Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages im Ganzen führt (OLG Stuttgart GmbH-Rdsch. 67, 232; BayObLG W M 83, 248 = DB 83, 99; O L G Stuttgart BB 84, 690; Ulmer in Hachenburg 9; Scholz-Winter^ 10,3). Eine Ausdehnung der materiellen Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen wird seit B G H Z 80, 143 im Zusammenhang mit der Differenzhaftung der Gründer bei Vorbelastung des Gründungskapitals angenommen (dazu § 9, 7). Es kann eine entsprechende Versicherung der Geschäftsführer verlangt werden (§8, 18; a.A. Ulmer in Hachenburg 27; § 7, 4; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 8). Denn es ist nicht Sinn der Differenzhaftung, die Eintragung einer G m b H trotz offenbar unzureichender Kapitalgrundlage zu ermöglichen. Allerdings dürfen besondere, über eine etwaige ergänzende Versicherung gemäß § 8 Abs. 2 hinausgehende Nachweise oder Kontrollen nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen vertretbar sein (Fleck GmbH-Rdsch. 83, 11; Lutter/Fischer 6; Rowedder-Rittner7; im einzelnen § 7, 21). 144

Meyer-Landrut

Prüfung durch das Gericht

Auch gebietet das besondere gesellschaftspolitische Gewicht und die gesamtwirtschaftliche Zielsetzung des MitbestG 1976, daß das Registergericht Satzungsbestimmungen auf ihre Ubereinstimmung mit diesem Gesetz zu überprüfen hat (OLG Hamburg DB 84, 1616 = Z I P 84, 957; s. auch B G H Z 83, 106; a.A. Säcker aaO). b) Sachgründungen. Ausdrücklich wird in Satz 2 die Uberbewertung von 5 Sacheinlagen als Eintragungshindernis bezeichnet. Damit ist zur Beseitigung aller Zweifel klargestellt, daß auch eine Prüfung des Wertnachweises der Sacheinlage stattzufinden hat. Diese Bestimmung ist im Zusammenhang mit der Neufassung der § 5 Abs. 4 zu sehen, wonach die Gründer in einem Sachgründungsbericht die Angemessenheit der Leistung f ü r die Sacheinlage darzulegen haben und darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 n.F. mit der Anmeldung Wertnachweise für die Sacheinlage zum Handelsregister einzureichen sind. Anhand dieser Unterlagen ist das Gericht in aller Regel in der Lage, die Vollwertigkeit der Sacheinlage zu prüfen und festzustellen. Weitergehende eigene Ermittlungen des Gerichts dürften sich daher im allgemeinen erübrigen. Prüfungen durch Bestellung gerichtlicher Sachverständiger erscheinen grundsätzlich nicht zulässig (a.A. Ulmer in Hachenburg 30; Fischer/Lutter 16; Rowedder-Rittner 14; Deutler GmbH-Rdsch. 80, 148; s. auch Gessler BB 80, 1387). Auch im Rahmen weitgehend zulässiger Ermittlungen nach § 12 FGG wird das Gericht nur weiteren oder gegebenenfalls beweiskräftigeren Wertnachweis für die Sacheinlage fordern können (ähnlich Scholz- Winter § 9c n.F., 3). Bei fehlendem Wertnachweis ist die Eintragung abzulehnen. Damit stellt das Gesetz in viel wirksamerer Weise als durch ausgedehnte und u.U. kostspielige gerichtliche Prüfungen sicher, daß erkennbare Überbewertungen nicht erfolgen. Darauf, daß sie auf etwaige Wertdifferenz nach § 9 haften, können sich die Gründer im Eintragungsverfahren nicht berufen (Fleck GmbH-Rdsch. 83, 12; Schmidt/Priester Die GmbH-Novelle 1980, S. 30 f). Deckt die Sacheinlage zwar die Stammeinlage, nicht aber ein zusätzlich zu entrichtendes Agio, so liegt ein Eintragungshindernis nicht vor, da die gerichtliche P r ü f u n g nur sicherstellen soll, daß die gesetzlichen Vorschriften zur Kapitalaufbringung erfüllt sind (str.; wie hier Scholz-Winter § 10 n.F., 4 m.w.N.; im Grundsatz auch Ulmer in Hachenburg 28). Bewertungsstichtag ist, entsprechend § 9 Abs. 1, bei Sacheinlagen der Zeitpunkt der Anmeldung der Gründung zur Eintragung im Handelsregister, nicht der Tag der Eintragung (Scholz-Winter § 9c n.F., 5; Rowedder-Rittner 15; Gessler BB 80,1387; zweifelnd Müller W p 80, 373; s. auch § 9, 4); der Zeitpunkt der Eintragung ist hingegen maßgebend bei der Differenzhaftung bei Bargründungen (§ 9, 7). c) Einmanngesellschaft. Die registergerichtliche Prüfung umfaßt auch die 6 im Gesetz niedergelegten, erschwerten Voraussetzungen bei Errichtung einer Meyer-Landrut

145

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Einmanngesellschaft. Das gilt nicht nur für die erhöhten Mindesteinzahlungen nach § 7 Abs. 2 Satz 3, sondern auch für die vom Einmanngesellschafter für Resteinzahlungen zu bestellenden Sicherungen (§7, 17 bis 20). 7

d) Verschleierte Sachgründung. Die P r ü f u n g des Gerichts hat sich auch darauf zu erstrecken, ob eine verschleierte Sachgründung vorliegt (dazu § 5, 50 ff), also Einlagevereinbarungen, die abweichend von einer wirklich gewollten Sachgründung eine Bargrüridung vortäuschen {Ulmer in Hachenburg 19). Mängel treten insoweit in der Regel allerdings erst nach der Eintragung zutage, da das Gericht von der Richtigkeit der Versicherungen der Geschäftsführer nach § 8 Abs. 2 ausgeht.

8

e) Wirtschaftliche Grundlagen. Eine P r ü f u n g der wirtschaftlichen, finanziellen oder sonstige geschäftlichen Grundlagen der angemeldeten G m b H durch das Gericht findet nicht statt. Lediglich zu prüfen ist, ob der Gegenstand des Unternehmens staatlicher Genehmigung bedarf (§ 8 Abs. 1 Nr. 6). Liegt eine erforderliche staatliche Genehmigung nicht vor oder wird kein Negativattest beigebracht, so ist der Eintragungsantrag zurückzuweisen (§8, 12 bis 15). Da es ein gesetzliches Verbot der Unterkapitalisierung nicht gibt, kann eine solche, selbst wenn sie sichtbar sein sollte, kein Eintragungshindernis sein {Scholz-Winter § 10, 3 am Ende; Handbuch der G m b H I 87.3; RowedderRittner 18, 19; a.A. Ulmer in Hachenburg 25; Fischer/Lutter 12; auch Baumbach-Hueck 4). Die Vorschriften des Gesetzes über Mindestkapital, Mindesteinzahlung und die Sicherung der Kapitalaufbringung zeigen, daß der Gesetzgeber bei Erfüllung dieser Anforderungen die Errichtung einer die H a f t u n g der Gesellschafter beschränkenden Rechtsperson zuläßt. Schwindelgründungen zu verhindern kann nicht Sache der registergerichtlichen Prüfung sein. Es erscheint auch nicht vertretbar, bei Gründungen durch nichtrechtsfähige Personenvereinigungen (§1, 17) ein erweitertes Prüfungsrecht der Finanzierungsgrundlage zu verlängern (a.A. Koch Z H R 146 (1982) 136).

III. Mängel 9

1. Vorläufige Beanstandungen. Ergibt sich bei Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen ein behebbarer Mangel, so hat das Gericht die Beteiligten auf den Mangel hinzuweisen und unter Fristsetzung zu einer Beseitigung aufzufordern (allg. Ansicht; vgl. Ulmer in Hachenburg 34; Scholz-Winter § 10, 4; Baumbach-Hueckl-, Rowedder-Rittner 22; Fischer/Lutter 17). Auch bei Uberbewertung von Sacheinlagen ist so zu verfahren. Er muß den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden, entweder durch Herabsetzung der Stammeinlage oder durch Wertausgleich die Sachgründung durchzuführen; daß die Anmeldung (§ 7 Abs. 2) und die Versicherung (§ 8 Abs. 2) zu ergänzen wären, versteht sich {Scholz-Winter § 9c n.F., 6). Entsprechendes gilt, wenn im Falle einer Bareinlage diese im Zeitraum zwischen Anmeldung und Eintragung 146

Meyer-Landrut

Eintragung in das Handelsregister und Bekanntmachung

§ 10

im Wert durch Verbrauch oder Vorbelastung gemindert oder aufgezehrt ist ( § 1 1 , 15). 2. Endgültige Beanstandungen. Lehnen es die Beteiligten ab, gerichtlich be- 10 anstandete Mängel zu beheben, sind sie dazu nicht in der Lage oder stellt es sich heraus, daß die Mängel objektiv unbehebbar sind, so ist der Antrag auf Eintragung zurückzuweisen. Gegen die Entscheidung des Registergerichts ist die unbefristete Beschwerde gegeben ( § 1 9 F G G ) . Beschwerdegericht ist das Landgericht, Kammer für Handelssachen (§ 30 Abs. 1 F G G ) . Beschwerdeberechtigt sind bei Anmeldung zur Eintragung nur die Geschäftsführer ( O L G H a m m D B 84, 238). Sie müssen alle, wie bei der Anmeldung, mitwirken (h.L. B a y O b L G BB 85, 610 = Die A G 86, 52; Ulmer in Hachenburg 37; Scholz-Winter § 10, Α Jansen F G G , 2. Aufl. 5 128, 33; Rowedder-Rittner 21; Baumbach-Hueck 13. Aufl. § 10, 2B). Die weitere (Rechts-) Beschwerde ist beim O L G zu erheben (§ 27 FGG).

§10 (1) Bei der Eintragung in das Handelsregister sind die Firma und der Sitz der Gesellschaft, der Gegenstand des Unternehmens, die Höhe des Stammkapitals, der T a g des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages und die Personen der Geschäftsführer anzugeben. Ferner ist einzutragen, welche Vertretungsbefugnis die Geschäftsführer haben. (2) Enthält der Gesellschaf tsvertrag eine Bestimmung über die Zeitdauer der Gesellschaft, so ist auch diese Bestimmung einzutragen. (3) In die Veröffentlichung, durch welche die Eintragung bekanntgemacht wird, sind außer dem Inhalt der Eintragung die nach § 5 Abs. 4 Satz 1 getroffenen Festsetzungen und, sofern der Gesellschaftsvertrag besondere Bestimmungen über die Form enthält, in welcher öffentliche Bekanntmachungen der Gesellschaft erlassen werden, auch diese Bestimmungen aufzunehmen.

Übersicht Rdn.

Rdn. I. E i n l e i t u n g

3. G e s c h ä f t s f ü h r e r und d e r e n

II. E i n t r a g u n g d e r G e s e l l s c h a f t 1. A l l g e m e i n e s

Vertretungsbefugnis 2

III. V e r ö f f e n t l i c h u n g e n

6 10

2. G e g e n s t ä n d e d e s G e s e l l schaftsvertrages

4

Meyer-Landrut

147

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

I. Einleitung 1

Die Vorschrift ist durch das KoordinierungsG vom 15.8.1969 in Abs. 1 geändert worden, und zwar durch Einfügung von Satz 2 (Eintragung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer) in Anlehnung an die seinerzeit gleichfalls erfolgte Änderung des § 8 Abs. 3, jetzt Abs. 4 (vgl. auch § 33 Abs. 2 HGB). Zweck der Vorschrift insoweit ist es, entsprechend der Zielsetzung der ersten gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie sicherzustellen, daß jeder, der Geschäftsverbindungen in anderen Mitgliedstaaten aufzunehmen gedenkt, sich unschwer Kenntnis über die Befugnisse der mit der Vertretung betrauten Personen verschaffen könne ( B G H Z 87, 61). Ferner wurde Abs. 2 durch das KoordinierungsG neu gefaßt. Die Novelle 1980 hat in Abs. 3 lediglich die Neufassung des § 5 Abs. 4 ohne sonstige sachliche Änderung berücksichtigt. Neben den in § 10 aufgestellten gesetzlichen Erfordernissen ist gemäß § 130 Abs. 1 FGG das Datum der Eintragung einzutragen, ein für die Bestimmung der rechtlichen Existenz der G m b H als juristische Person maßgebender Zeitpunkt (§ 11). Auch die Verjährungsfrist des § 9 Abs. 2 beginnt mit dem Tage der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu laufen.

II. Eintragung der Gesellschaft 2

1. Allgemeines. Das Gesetz erklärt in Abs. 1 und 2, welche die Gesellschaft betreffenden Daten im Handelsregister einzutragen sind. Die Vorschrift ist zwingend. Dabei orientiert sich das Gesetz an den Mindestanforderungen, denen der Gesellschaftsvertrag genügen muß (§ 3) und dem Erfordernis, vor Eintragung der Gesellschaft mindestens einen Geschäftsführer zu bestellen (§ 6 Abs. 1). Weitergehende Eintragungen sind nicht zulässig (Ulmer in H a chenburg 7 11 Aufl. 3; Rowedder-Rittner 5). Das gilt insbesondere auch f ü r die Gesellschafter und deren Stammeinlagen. Insoweit dient die nach § 40 einzureichende Gesellschafterliste dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit (S 40,6).

3

Die Eintragung im Handelsregister gemäß § 10 setzt voraus, daß die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. Ist das nicht der Fall, so ist die Eintragung abzulehnen (§ 9c Satz 1). Zum Prüfungsumfang des Gerichts s. § 9c, 2 ff. Eingetragen wird die Gesellschaft in das Handelsregister des nach § 7 Abs. 1 zuständigen Gerichts. Erst mit der Eintragung im Handelsregister ist die G m b H als solche entstanden (§ 11). Ebenso haben Änderungen der Satzung vor Eintragung im Handelsregister keine rechtliche Wirkung (§54 Abs. 3)

4

2. Gegenstände des Gesellschaftsvertrages. Einzutragen sind Firma und Sitz entsprechend § 3 Abs. 1 Nr. 1, ferner der Gegenstand des Unternehmens der G m b H entsprechend § 3 Abs. 1 Nr. 2 und die Höhe des Stammkapitals 148

Meyer-Landrut

Eintragung in das Handelsregister und Bekanntmachung

entsprechend § 3 Abs. 3 Nr. 3. Nicht eingetragen wird die von den einzelnen Gesellschaftern geleistete Stammeinlage (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4). Dagegen verlangt das Gesetz die Eintragung des Tages des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages; daß der Gesellschaftsvertrag zu datieren ist, folgt aus § 9 Abs. 2 BeurkG. Entsprechend ξ 3 Abs. 2 ist gemäß § 10 Abs. 2 auch eine im Gesellschafts- 5 vertrag enthaltene Bestimmung über die Zeitdauer der Gesellschaft einzutragen. Dabei ist nach den in § 3, 26 im einzelnen dargelegten Grundsätzen davon auszugehen, daß jede irgendwie bestimmte Zeitdauer der Eintragung bedarf, nicht dagegen ein Kündigungsrecht, dessen Ausübung ungewiß und demnach auch insoweit die Zeitdauer der Gesellschaft nicht bestimmt ist. 3. Geschäftsführer und deren Vertretungsbefugnis a) Anzugeben sind ferner die Personen der Geschäftsführer einschließlich 6 der stellvertretenden Geschäftsführer (§ 44). Um eine erforderliche Individualisierung zu gewährleisten, werden Nachname, Vorname, Beruf und W o h n o r t eingetragen (§ 43 Nr. 4 HRV). Zusammen mit der Anmeldung haben die Geschäftsführer darüber hinaus ihre Unterschrift beim Registergericht zu hinterlegen (§ 8 Abs. 5). b) Entsprechend der Bestimmung in § 8 Abs. 4, wonach in der Anmeldung 7 die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer anzugeben ist, ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 die Vertretungsbefugnis auch zwingend im Handelsregister einzutragen, unabhängig davon, ob entsprechende satzungsmäßige Regelungen bestehen; zum Gesetzeszweck s. im übrigen § 8, 32. Es ist also auch einzutragen der in der Praxis seltene Fall der Kollektiwertretung aller Geschäftsführer gemäß § 35 Abs. 2. Einzutragen ist auch, das war früher streitig, daß bei Bestellung nur eines Geschäftsführers dieser die Gesellschaft allein vertritt ( B G H Z 63, 261; BayObLG DB 80, 681). Diese sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Rechtsfolge ist auch dann einzutragen, wenn der Gesellschaftsvertrag keine entsprechende ausdrückliche Bestimmung enthält (LG Mainz GmbH-Rdsch. 86, 163). Einzutragen ist ferner immer eine von der gesetzlichen Regelung abweichende satzungsmäßige Bestimmung der Vertretungsbefugnis, insbesondere die häufig satzungsmäßig angeordnete Kollektiv-Vertretung durch zwei Geschäftsführer oder einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen. c) Einzutragen ist aber nur die allgemeine Regelung der Vertretungsbefug- 8 nis (h.L. BayObLG BB 74, 291 m. zahlreichen w.N.; Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 9; Scholz-Winter 7; Baumbach-Hueck, 14. Aufl. 2; Rowedder-Rittner 12; Fischer/Lutter 3). Personenbezogene Eintragungen sind nur dann erforderlich, wenn für individuell bestimmte Geschäftsführer eine von der allgemeinen satzungsmäßigen Regelung abweichende Vertretungsbefugnis festgesetzt Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

wird. Nicht eintragungsfähig ist die nicht ausgeübte satzungsmäßige Ermächtigung, bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer, die Vertretungsbefugnis abweichend vom Gesetz zu regeln (OLG Frankfurt W M 83, 1431 = BB 84, 238 = GmbH-Rdsch. 84, 184), wie auch die satzungsmäßige Ermächtigung zur Befreiung eines Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB (OLG Frankfurt aaO). Dagegen ist, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, die dem Geschäftsführer erteilte Befreiung im H a n delsregister einzutragen (OLG Stuttgart, GmbH-Rdsch. 85, 221; O L G Frankfurt BB 83, 146 = ZIP 83, 183; BayObLG W M 82, 1033 = DB 82, 689 m.w.N.; Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 11; Fischer/Lutter 4; Rowedder-Rittner 13; Baumbacb-Hueck 14. Aufl. § 8 , 1 5 ) . 9

d) Wird der Einmanngesellschafter von den Beschränkungen des §181 BGB befreit, so ist dies einzutragen; vgl. die Nachweise zu § 1, 22. Da es sich um die Befreiung von einer gesetzlich in § 35 Abs. 4 angeordneten Beschränkung handelt und damit um eine materielle Erweiterung der Vertretungsbefugnis des alleinigen Gesellschafters/Geschäftsführers, erscheint es geboten, auch im Hinblick auf die Ziele des KoordinierungsG vom 15.8.69, den Rechtsverkehr hierüber durch Eintragung im Handelsregister zu informieren (BGHZ 87, 59 f = W M 83, 446 = N J W 83, 1676 = DB 83, 1192 mit zust. Anm. von Schick; BayObLG W M 84, 1570) neben der sich aus § 9 H G B ergebenden Publizität der Registerakten.

III. Veröffentlichungen 10

1. Die Veröffentlichung der Eintragungen im Handelsregister erfolgt gemäß § 10 H G B im Bundesanzeiger und in mindestens einem anderen Blatt, wobei die Veröffentlichungsblätter neben dem Bundesanzeiger jährlich vom Gericht zu bezeichnen sind (§ 11 HGB). Zu veröffentlichen ist grundsätzlich die Eintragung ihrem ganzen Inhalt nach (§ 10 Abs. 1 Satz 2 HGB). Damit ist jedenfalls der gesamte Inhalt der Eintragung, wie sie in § 10 Abs. 1 gefordert wird, zu veröffentlichen. Weiterhin ist zu veröffentlichen eine etwaige Bestimmung über die Zeitdauer der Gesellschaft, soweit sie gemäß § 10 Abs. 2 einzutragen ist.

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Nach Abs. 3 sind weitergehend zu veröffentlichen, obgleich eine Eintragungspflicht soweit nicht besteht, einmal die nach § 5 Abs. 4 Satz 1 getroffenen Festsetzungen, d.h. bei Leistung von Sacheinlagen, deren Gegenstand und der Betrag der Stammeinlage, auf die sich die Sacheinlage bezieht. Damit wird auch der N a m e des Gesellschafters, der eine Sacheinlage einbringt, veröffentlicht, während Namen der Gesellschafter, die eine Bareinlage leisten, nicht veröffentlicht werden. Ebensowenig wird bei Bareinlage die H ö h e der Stammeinlage der einzelnen Gesellschafter veröffentlicht. 150

Meyer-Landrut

§ 11

Rechtslage vor Eintragung

Schließlich sind etwaige satzungsmäßige Formvorschriften über die öffent- 1 2 liehe Bekanntmachung der Gesellschafter zu veröffentlichen. Hierbei handelt es sich um gelegentlich durch den Gesellschaftsvertrag ausdrücklich benannte Veröffentlichungsorgane. 2. Werden die Mitglieder eines fakultativen oder obligatorischen Aufsichts- 13 rats der G m b H vor Eintragung der G m b H in das Handelsregister bestellt, so sind auch Name, Beruf und W o h n o r t der Aufsichtsratsmitglieder zu veröffentlichen (S 52 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. $ 40 Abs. 1 Nr. 4 AktG; s. auch § 8, 33 und §52,45).

§11

(1) Vor Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft besteht die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche nicht. (2) Ist vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt worden, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch.

Rdn. I. E i n l e i t u n g II. V o r g e s e l l s c h a f t 1. R e c h t s n a t u r 2. A n w e n d b a r e V o r s c h r i f t e n a) R e c h t s f ä h i g k e i t b) V e r t r e t u n g c) Firma d) Ä n d e r u n g des Gesellschaftsvertrages e) L i q u i d a t i o n

! 2 6 7 9 10 11

III. R e c h t s ü b e r g a n g auf die G m b H 1. Allgemeines 2. Bisherige R e c h t s l a g e 3. J e t z i g e R e c h t s l a g e IV. H a f t u n g d e r H a n d e l n d e n (Abs. 2) 1. B e d e u t u n g und V o r s c h r i f t . . 2. B e t r o f f e n e r P e r s o n e n k r e i s . . 3. H a n d e l n im N a m e n d e r G e sellschaft 4. H a f t u n g s u m f a n g 5. E n d e d e r H a f t u n g 6. H a n d e l n f ü r die V o r g r ü n dungsgesellschaft V. Steuerliche Verhältnisse

12 13 14 16 18 19 20 21 22 24

Schrifttum Brinkmann Begrenzte H a f t u n g der E i n m a n n - G m b H in Gründung, GmbH-Rdsch. 82, 269; R. Fischer Die G m b H in der Rechtsprechung des B G H , Pro G m b H 1980, 437; Fleck Die neuere Rechtsprechung des B G H zur Vorgesellschaft und zur H a f t u n g des Handelnden, 2 G R 75, 212; den. Neueste Entwicklung in der Rechtsprechung zur VorG m b H , GmbH-Rdsch. 83, 5; Flume Zur Enträtselung der Vorgesellschaft N J W 81, 1753; Ganssmüller Zum Recht der V o r - G m b H , insbesondere im Falle ihrer Liquidation, GmbH-Rdsch. 63, 101; Hennerkes/Binz Zur Handelndenhaftung im Gründungsstadium der G m b H & Co, DB 82, 1971; Huber Die Vorgesellschaft mit beschränkter H a f t u n g — de lege ferenda betrachtet, FS Robert Fischer, 1979, 263; Hüffer Vorgesellschaft, KaMeyer-Landrut

151

§11

1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

pitaiaufbringung und Drittbeziehungen bei der Einmanngründung — Rechtsfragen nach dem Entwurf der BReg zur Änderung des G m b H G , Z H R 142 (1978), 486; John Zur Problematik der V o r - G m b H , insbes. bei der Einmanngründung BB 82, 505; Lieb Meilenstein oder Sackgasse? Bemerkungen zum Stand von Rechtsprechung und Lehre zur Vorgesellschaft, FS Stimpel, 1985, 399; Maulbetsch H a f t u n g f ü r Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft und der Vorgesellschaft einer G m b H , DB 84, 1561; Meister Zur Vorbelastungsproblematik und zur Haftungsverfassung der Vorgesellschaft bei der G m b H , FS W. Werner, 1984, S. 521; Priester Die Unversehrtheit des Stammkapitals bei Eintragung der G m b H — ein notwendiger Grundsatz? Z I P 82, 1141; W.-H. Roth Die Gründungshaftung im Recht der V o r - G m b H , Z G R 84, 597; K. Schmidt Die V o r - G m b H als Unternehmerin und Komplementärin, N J W 81, 1345; ders. Rechtsgrundlagen der Mitunternehmerschaft im Gründungsstadium der G m b H , G m b H Rdsch. 82, 6; M. Scholz Die H a f t u n g im Gründungsstadium der G m b H , 1979; Schumann Vorgesellschaft, Gründungsgesellschaft, unechte Vorgesellschaft im Steuerrecht, GmbH-Rdsch. 81, 196; Theobald V o r - G m b H und Gründerhaftung, 1984; Ulmer Abschied vom Vorbelastungsverbot im Gründungsstadium der G m b H , Z G R 81, 593; ders. Die wirtschaftliche Neugründung einer G m b H unter Verwendung eines G m b H - M a n tels, BB 83, 1123.

I. Einleitung 1

Die Vorschrift ist durch die Novelle 1980 trotz der zahlreichen offenen Fragen im Zusammenhang mit der G m b H in Gründung nicht geändert worden. Der Wortlaut des Abs. 1 beruht auf der Fassung von 1898, der des Abs. 2 aus 1892. Zu der im Zug der Reform vorgesehenen Einführung der Regelungen des § 41 Abs. 2 AktG (betreffend die Übernahme von Schulden, die vor Eintragung der Gesellschaft begründet wurden) und des §41 Abs. 3 AktG (keine Schuldübernahme für nicht satzungsgemäß festgesetzte Einlagen sowie Sondervorteile und Gründungsaufwand) in das GmbH-Recht ist es nicht gekommen. Eine Vorschrift dem § 41 Abs. 3 AktG entsprechend wäre angesichts der Unwirksamkeit der Übernahme von nicht im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Sacheinlagen (§ 5, 52), von nicht satzungsgemäß festgesetzten Sondervorteilen (§ 5, 54) und von Gründungsaufwand (§ 5, 55) auch überflüssig (s. Kraft, KK AktG § 41, 59). Kritisch zur Zurückhaltung des Gesetzgebers (vgl. dazu die amtliche Begründung zur RegEntw § 22 BT-Drucks. 7/253) R. Fischer, Pro G m b H , 1980, 161.

II. Vorgesellschaft 1. Rechtsnatur 2

a) Es entspricht heute allgemein h.L. und Rechtsprechung, die G m b H in Gründung (§ 2), die sogenannte Vor-GmbH, als eine Rechtsgemeinschaft eigener Art anzusehen. Eine Gesellschaft, die als notwendige Vorstufe der werdenden juristischen Person bereits auch insoweit dem G m b H - R e c h t unter152

Meyer-Landrut

Rechtslage vor Eintragung

§11

liegt, als dieses nicht die Eintragung der GmbH und damit deren Rechtsfähigkeit voraussetzt (BGHZ, 81, 130, 134; 51, 30, 32; 45, 338, 347; 21, 242, 246; Scholz-Winter 2; Ulmer in Hachenburg 8 ff; Rowedder-Rittner 6, 13; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 6; Fischer/Lutter 2; Maulbetsch DB 84, 1561; weitere Nachweise bei Fleck GmbH-Rdsch. 83, 6). Das Gesetz sagt auch in Abs. 1 nur, daß die G m b H als solche vor der Eintragung nicht existent ist. Es besteht aber eben nach notarieller Beurkundung des Gesellschaftsvertrages die VorG m b H als eigenständiges Rechtsgebilde, deren Rechtsverhältnisse sich nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag richten (s. auch B G H Z 70, 138; 72, 45; WM 80,955; früher sehr streitig, Nachweise bei Ulmer in Hachenburg 7). Erste und vornehmste Pflicht der Gründer besteht in der Mitwirkung an allen Maßnahmen zur Eintragung und damit zur Entstehung der G m b H und entsprechend auch zur Mitwirkung bei Ausräumung aller etwaigen Eintragungshindernisse (h.L. Ulmer in Hachenburg 31 m.w.N.; Baumbach-Hueck 8; Rowedder-Rittner 37). b) Während die G m b H mit der Eintragung im Handelsregister rechtlich 3 existent wird, entsteht die Vorgesellschaft mit der Errichtung der GmbH, also mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages gemäß § 2 bzw. mit dessen Feststellung durch den Einmanngesellschafter (§ 2, 9). Zur Streitfrage, welche Konsequenz das begriffliche Fehlen einer Vor-Gesellschaft bei der Einmanngründung hats. § 7, 17 und §1,19. Ein Zusammenschluß, der der Errichtung einer GmbH dient, zunächst mit dem Ziel des Abschlusses eines Gesellschaftsvertrages im Sinne von § 2, ist rechtlich als BGB-Gesellschaft oder, wenn ein Handelsgewerbe betrieben wird, als offene Handelsgesellschaft anzusehen (h.L. BGHZ 51, 30, 32; 22, 240, 243; W M 65, 246; WM 82, 861; BGHZ 91, 148, 150 = W M 84, 929 = BB 84, 1315; Ulmer in Hachenburg 23; Baumbach-Hueck 33; Fischer/Lutter 16; Rowedder-Rittner § 2, 76). Man spricht von einer Gründervereinigung, von einer unechten Vorgesellschaft oder Vorgründungsgesellschaft (dazu im einzelnen K. Schmidt GmbH-Rdsch. 82, 6). Bei (oft) nicht eindeutiger Bezeichnung ist der Interessenlage zu entnehmen, ob tatsächlich eine VorgründungsG m b H gewollt war oder etwa die Errichtung einer O H G oder eines Einzelhandelsgeschäfts (BGH WM 84,1507 = GmbH-Rdsch. 85,114). Soweit Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft von der Vorgesellschaft ausdrücklich übernommen werden und diese Verbindlichkeiten dann mit der Eintragung der GmbH im Handelsregister auf diese übergehen (Rdn. 14), erlischt die Haftung der Gründer (BGH WM 81, 1300 = GmbH-Rdsch. 82, 183) entsprechend den für die Vorgesellschaft entwickelten Regeln (Rdn. 22). Da aber die Rechte und Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft nicht automatisch auf die V o r - G m b H übergehen, vielmehr bei Errichtung der G m b H die Vorschriften zur Sicherung der Kapitalaufbringung beachtet werden müssen, insbesondere § 5 Abs. 4 und eine Vorbelastung des eingezahlten Meyer-Landrut

153

§11

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Stammkapitals vor Eintragung abzugleichen ist (§ 9, 7), besteht für die Beteiligten einer am Geschäftsverkehr bereits teilnehmenden Vorgründungsgesellschaft in aller Regel ein über die Einlage hinausgehendes Haftungsrisiko ( B G H Z 9 1 , 1 5 0 = W M 84,929; B G H W M 85, 479). Dazu s. auch Rdn. 22. 4

c) Entsprechendes gilt, wenn ein Eintragungsantrag rechtskräftig abgelehnt oder zurückgenommen worden ist, die Gründergesellschafter aber dennoch die bereits als V o r - G m b H aufgenommene Tätigkeit fortsetzen: In diesem Fall hört die Vorgesellschaft zu bestehen auf und der Zusammenschluß stellt eine BGB-Gesellschaft oder, wenn ein Handelsgewerbe betrieben wird, eine O H G dar ( B G H Z 51, 30, 32; W M 65, 246; Scholz-Winter 2; Rowedder-Rittner 22; Baumbach-Hueck 29; Fischer/Lutter 8). Andererseits haften die Gesellschafter nach den allgemeinen Grundsätzen persönlich und unbeschränkt.

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d) Die Rechtsentwicklung führt mit der sich immer weiter konsolidierenden Rechtsprechung zur Vorgesellschaft (vgl. jetzt B G H Z 80, 129 und 182; B G H W M 84, 929 = BB 84, 1315) dahin, daß der Abschluß des Gesellschaftvertrages (die Errichtung der G m b H ) faktisch wie rechtlich das die Existenz der G m b H bestimmende Datum darstellt (vgl. auch Rdn. 22) und nicht erst, wie es der Gesetzgeber des Jahres 1892 sah, die Eintragung im Handelsregister (Κ. Schmidt N J W 81, 1345). Denn die V o r - G m b H geht mit der Eintragung der G m b H im Handelsregister mit allen Aktiva und Passiva in dieser auf. Die Rechte und Pflichten der Vorgesellschaft sind nach Eintragung solche der G m b H ( B G H W M 85, 166 = D B 8 5 , 4 8 1 = Z I P 8 5 , 2 8 0 = N J W 8 5 , 7 3 6 ) . 2. Anwendbare Vorschriften

6

a) Rechtsfähigkeit. Die Rechtsfähigkeit der V o r - G m b H ist im Prinzip unstreitig. Das Gesetz geht davon aus, daß vor Anmeldung der Gesellschaft die Bar- oder Sacheinlagen an die Vorgesellschaft bewirkt werden (§ 7 Abs. 3 und § 8 Abs. 2 Satz 1). Diese wird Inhaber der geleisteten Vermögenswerte; für Grundstücke und Grundstücksrechte und zur Fähigkeit, ein Bankkonto zu führen, s. B G H Z 45, 338 und im übrigen § 7, 23 ff. Auch eine Auflassungsvormerkung zugunsten der V o r - G m b H ist selbst dann möglich, wenn der beabsichtigte Grunderwerb nicht als Sacheinlage eingebracht werden soll (BayObLG 79, 172 Z I P 85, 1487 = BB 86, 549; O L G H a m m Z I P 81, 737). Die geleisteten Einlagen und sonstigen Vermögenswerte der V o r - G m b H bleiben aber bis zur Eintragung der Gesellschaft im Gesamthandsvermögen der Gründer (h.L. Ulmer in Hachenburg 32; Scholz-Winter 9; Baumbach-Hueck 7; Fischer/Lutter2;z.A.. Rowedder-Rittner: Sondervermögen eigener Art). Die Vorgesellschaft ist passiv (OLG H a m m W M 85, 658) und aktiv parteifähig (Scholz-Winter 6; Ulmer in Hachenburg 48; Fischer/Lutter 3; Rowedder-Rittner 79; a.A. Baumbach-Hueck 16). Sie ist als solche Unternehmer und damit auch Schuldner der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung (BSG Z I P 154

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Rechtslage vor Eintragung

§11

86, 645). Scheitert die Gründung, so müssen sich die Gründer nach den Regeln des Rechts der Personalgesellschaft auseinandersetzen (Rdn. 11). Die Wechsel- und Scheckfähigkeit der Vorgesellschaft wurde von der Rechtsprechung jedoch verneint (BGH N J W 62, 1008; B G H Z 61, 59; a.A. Scholz-Winter 5; Baumbach-Hueck 14; Fischer/Lutter 3). Dagegen wird jetzt die Komplementärfähigkeit der V o r - G m b H anerkannt; sie kann also persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft sein (BGHZ 80, 129 = W M 81, 400, 404 unter Aufgabe der früheren gegenteiligen Auffassung in B G H Z 63, 45, 47; ferner B G H W M 85, 165 = N J W 85, 736 = Z I P 85, 280; wie hier auch Ulmer in Hachenburg 122; Baumbach-Hueck 15; Rowedder-Rittner 78; Fischer-Lutter 4; M. Scholz Die H a f t u n g im Gründungsstadium der G m b H , S. 71 ff; s. auch Ulmer, Z G R 81, 593, 614 und Fleck G m b H Rdsch. 83, 15; kritisch Hennerkes/Binz DB 82, 1971). Hinsichtlich des Rechts zum Besitz s. O L G H a m m GmbH-Rdsch. 84, 343. b) Vertretung. Rechte erwerben und Pflichten eingehen kann die Vor- 7 G m b H durch die Geschäftsführer, sofern diese in vertretungsberechtigter Zahl handeln ( B G H Z 53, 210, 214; B G H Z 80, 129, 130; Rowedder-Rittner 82).

Die Anmeldung zum Handelsregister (§ 7) setzt eine gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 erfolgte Bestellung von mindestens einem Geschäftsführer voraus, entweder im Gesellschaftsvertrag (§6, 16) oder durch einen außerhalb der Satzung zu fassenden Gesellschafterbeschluß (§ 6, 18) oder gegebenenfalls durch andere Organe (§6,19). Dabei gilt auch bereits f ü r die Vorgesellschaft, daß die Bestellung, wenn sie nicht im Gesellschaftsvertrag erfolgt, nach Maßgabe des Dritten Abschnitts des Gesetzes (§ 6 Abs. 3 Satz 2) zu erfolgen hat, also mangels abweichender satzungsmäßiger Bestimmungen nach § 46 Nr. 5 mit §47 Abs. 1 durch Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter ( B G H Z 80, 212 = W M 81, 646; s. auch § 46, 20). Entsprechendes gilt für die Abberufung von Geschäftsführern im Gründungsstadium. Der Umfang der Vertretungsmacht der Geschäftsführer der V o r - G m b H ist 8 entsprechend derem Zweck als notwendige Vorstufe der werdenden juristischen Person darauf begrenzt, die Eintragung zu betreiben und bis zu diesem Zeitpunkt vorhandenes Vermögen zu verwalten; § 37 Abs. 2 ist nicht anwendbar ( B G H Z 53, 212; 65, 378; 72, 49; 80, 139; Fleck GmbH-Rdsch. 83, 8; Ulmer in Hachenburg 52; Baumbach-Hueck 18; Rowedder-Rittner 83; Fischer/ Lutter 5; a.A. Theobald V o r - G m b H und Gründerhaftung, S. 27 ff m.w.N.). Entsprechend kann der Geschäftsführer im Gründungsstadium auch weder die G m b H noch deren Gesellschafter ohne weitergehende Ermächtigung verpflichten (BGHZ 86, 122 = W M 83, 86; BayObLG Z I P 85, 1487 = BB 86, 549). Liegt eine ausdrückliche Ermächtigung seitens der Gründer vor, kann auch eine über den Gründungszweck hinausgehende Geschäftstätigkeit ausgeübt werden (BGH L M § 11, Nr. 12; B G H Z 80, 129, 139; Ulmer in HachenMeyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

bürg 33; Fischer/Lutter 5; Rowedder-Rittner 85; Baumbach-Hueck 19). Auch hier tritt die entstandene G m b H ohne weiteres in die f ü r die Vorgesellschaft begründeten Rechte und Pflichten ein (Rdn. 14). Somit kann die Vorgesellschaft, auch wenn sie als Einmanngesellschaft errichtet ist, bei Vorliegen einer entsprechenden (unter Umständen stillschweigend erteilten) Ermächtigung ihrerseits sich an der Gründung einer G m b H , auch einer Einmann-GmbH, beteiligen (a.A. LG Mosbach BB 84, 1963) : Ist ein Geschäftsbetrieb als Sacheinlage eingebracht, so sind die Geschäftsführer als von der Zweckbestimmung der V o r - G m b H aus ermächtigt anzusehen, den eingebrachten Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten und fortzuführen {Ulmerin Hachenburg 7 11 Aufl. 33; Baumbach-Hueck 19; Rowedder-Rittner 84). Die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht der Geschäftsführer nach § 37 Abs. 2 setzt aber auch in diesem Falle die Entstehung der G m b H als juristische Person voraus (a.A. Scholz-Winter 7). Zur H a f t u n g der Handelnden s. Rdn. 16 ff. 9

c) Firma. Die V o r - G m b H nimmt am Rechtsverkehr unter der Firma der G m b H teil. Erforderlich ist die Beifügung eines Zusatzes wie „in G r ü n d u n g " oder einer entsprechenden Abkürzung (§4, 35; s. auch Scholz-Winter 4; Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 46; Rowedder-Rittner 73; Baumbach-Hueck § 4,46). Die Geschäftsführer, die erkennbar f ü r die V o r - G m b H handeln, verpflichten diese, nicht etwa die künftige G m b H (str.; wie hier B G H Z 72, 45; Ulmer in Hachenburg 56; Baumbach-Hueck 17; Rowedder-Rittner 87; Fischer/Lutter 6; Scholz-Winter 8). Mit der Entstehung der G m b H tritt diese ohne weiteres in die vor der Eintragung eingegangenen Rechte und Pflichten ein, soweit diese mit ausdrücklicher oder stillschweigender Ermächtigung aller Gesellschafter (Gründer) begründet wurden (Rdn. 14). Daneben besteht eine persönliche Haftung der Gründer nicht, auch nicht in entsprechender Anwendung von §24 beschränkt auf die H ö h e der Einlageverpflichtungen (str.; wie hier B G H Z 80, 144; Huber FS Fischer 1979, S. 285; Scholz-Winter 10; Fischer/Lutter6; Fischer Pro G m b H , 164; a.A. B G H 65, 382; 72, 49, ferner Ulmer in H a chenburg 57 ff, 61; s. auch den. Z G R 81, 608; Rowedder-Rittner 92 ff; Baumbach-Hueck 22; Maulbetsch DB 84, 1562). Mit der Anerkennung einer Differenzhaftung der Gründer bei nicht vollständiger oder fehlender Aufbringung des Gesellschaftskapitals (Rdn. 15) ist den Interessen der Verkehrssicherheit Genüge getan (dazu Rdn. 12 ff).

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d) Änderungen des Gesellschaftsvertrages. Bei der V o r - G m b H sind Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht Satzungsänderungen im Sinne von §§ 53 ff. Diese, wie auch ein Wechsel von Gesellschaftern, ist analog der Gründung zu behandeln, bedarf also der Zustimmung aller Gründer und der Form des § 2 (Ulmer in Hachenburg 36, 37; Scholz-Winter 15; Rowedder-Rittner 60; Baumbach-Hueck 8). Wird der Gesellschaftsvertrag vor Eintragung geän156

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Rechtslage vor Eintragung

§11

dert, so ist eine vollständige N e u f a s s u n g z u m R e g i s t e r g e r i c h t e i n z u r e i c h e n (§ 8 Abs. 1 N r . 1 und e n t s p r e c h e n d § 5 4 Abs. 1 S a t z 2 ; vgl. § 2, 3 sowie § 5 4 , 6 ) . V o n einem G e s e l l s c h a f t e r w e c h s e l v o r E i n t r a g u n g ist die zulässige Vorausabtretung des zukünftigen Geschäftsanteils zu unterscheiden. D i e s e richtet sich bereits n a c h § 15, da sie unter der V o r a u s s e t z u n g e r f o l g t , d a ß die G m b H als solche entsteht (dazu § 1 5 , 2 6 ) . e) Liquidation. Streitig ist, nach w e l c h e n R e g e l n eine Liquidation der V o r gesellschaft d u r c h z u f ü h r e n ist (vgl. Ganssmüller G m b H - R d s c h . 63, 101). Z w a r e n d e t die V o r - G m b H o h n e weiteres mit der E n t s t e h u n g der G m b H . W i r d a b e r der E i n t r a g u n g s a n t r a g r e c h t s k r ä f t i g a b g e l e h n t o d e r der A n t r a g z u r ü c k g e n o m m e n ( o d e r sind schon v o r der E i n t r a g u n g die gesetzlichen A u f l ö sungsgründe des § 6 0 g e g e b e n ) , so m u ß eine Liquidation d u r c h g e f ü h r t w e r den, w e n n und soweit V e r m ö g e n s w e r t e und V e r b i n d l i c h k e i t e n v o r h a n d e n sind. M i t der h.L. ist a n z u n e h m e n , d a ß diese durch die G r ü n d e r g e s e l l s c h a f t e r in e n t s p r e c h e n d e r Anwendung des R e c h t s d e r Personengesellschaft zu e r f o l gen hat und nicht durch die G e s c h ä f t s f ü h r e r in e n t s p r e c h e n d e r A n w e n d u n g der § § 6 5 f f ( B G H G m b H - R d s c h . 6 3 , 1 0 7 ; B G H Z 5 1 , 30 = W M 6 9 ; 1 1 9 ; s. auch B G H Z 5 3 , 2 6 4 ; a.A. O L G H a m m , W M 8 5 , 6 5 8 ; Ulmer in H a c h e n b u r g 4 2 ; Hohner in H a c h e n b u r g § 6 6 , 3 0 ; Scholz-Winter 1 7 ; Scholz-K.Schmidt § 66, 53; Fischer/Lutter 7 ; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 2 7 ; Rowedder-Rittner 6 7 ; M. Scholz D i e H a f t u n g im G r ü n d u n g s s t a d i u m der G m b H S. 7 3 , 7 7 ; s. auch Rdn. 4).

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Sind u n g e d e c k t e V e r b i n d l i c h k e i t e n v o r h a n d e n , so haften die G r ü n d e r grundsätzlich nicht über ihre E i n l a g e hinaus ( R d n . 1 4 ) ; es kann aber die H a n d e l n d e n h a f t u n g nach Abs. 2 eingreifen ( B G H Z 8 6 , 122 = W M 8 3 , 8 6 ) . Im Innenverhältnis k ö n n e n die G r ü n d e r sich o h n e R ü c k s i c h t auf die b e s c h r ä n k t e P f l i c h t z u m Verlustausgleich auseinandersetzen ( B G H a a O ) .

III. Ubergang der Haftung auf die GmbH 1. Allgemeines. Fraglich und im einzelnen umstritten w a r f r ü h e r , in w e l c h e m U m f a n g die v o n der V o r - G m b H e i n g e g a n g e n e n V e r b i n d l i c h k e i t e n und e r w o r b e n e n R e c h t e auf die entstandene G m b H übergehen. D a m i t hängt die F r a g e der seitens der G m b H und g e g e b e n e n f a l l s seitens D r i t t e r zu erteilenden G e n e h m i g u n g e n f ü r nicht von R e c h t s w e g e n auf die G m b H ü b e r g e h e n d e

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R e c h t e und Pflichten z u s a m m e n . U n d schließlich richtet sich nach dem U m fang des U b e r g a n g s der V e r b i n d l i c h k e i t e n wieweit H a n d e l n d e o d e r Beteiligte persönlich h a f t b a r g e m a c h t w e r d e n k ö n n e n . 2. Bisherige Rechtslage. N a c h f r ü h e r h.L. und insbesondere h e r r s c h e n d e r R e c h t s p r e c h u n g w u r d e prinzipiell a n g e n o m m e n , d a ß R e c h t e und Pflichten n u r ü b e r g e h e n , w e n n es sich um s o g e n a n n t e notwendige Geschäfte handelt, Meyer-Landrut

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§11

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

also insbesondere Aufwendungen, die unmittelbaren Gründungsaufwand darstellen oder der Erhaltung des Vermögens der G m b H dienen (vgl. B G H N J W 73, 798; B G H Z 17, 385; 20, 281, 287; 45, 338; 53, 210; 65, 378; sogenannte eingeschränkte Indentitätstheorie). Entsprechend wurden Geschäfte behandelt, die seitens der Geschäftsführer nach Entstehung der G m b H (Eintragung im Handelsregister) gemäß §§ 177, 180 BGB genehmigt worden sind. In Konsequenz dieser Lehre wurden die Grundsätze des Vorbelastungsverbots entwickelt, welches die Einschränkung von Handlungen zu Lasten der werdenden G m b H vor Durchführung der Gründungskontrollen beinhaltet. Oberster Zweck der Gesellschaft in Gründung sei Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals bis zur Durchführung der Eintragung; zur Kritik zusammenfassend Ulmer in Hachenburg, 7 1 Aufl., 27. 3. Jetzige Rechtslage 14

a) Im Schrifttum ist dagegen zunehmend die Ansicht vertreten worden, daß Rechte und Pflichten der V o r - G m b H automatisch auf die mit der Eintragung „als solche" entstehende G m b H übergehen {Ulmer in Hachenburg, 71 Aufl., 90, Scholz-Winter 10, jeweils m.w.N.; ferner M. Scholz Die H a f t u n g im Gründungsstadium der G m b H , S. 106). Dieser Auffassung hat sich der B G H (BGHZ 80, 129, 182; zustimmend Ulmer Z G R 81, 593; den. in Hachenburg 72 ff; Baumbach-Hueck 51 ff; Rowedder-Rittner 126 ff; Fischer/Lutter 9; ferner B G H W M 82, 40) im Grundsatz angeschlossen. Jede rechtsgeschäftliche Handlung der Geschäftsführer f ü r die Vorgesellschaft, auch wenn sie nicht vom Umfang der Vertretungsmacht der Geschäftsführer gedeckt ist (Rdn. 8), berechtigt und verpflichtet ohne weiteres die mit der Eintragung entstandene G m b H , allerdings nur insofern und soweit die Geschäftsführer mit der ausdrücklichen oder stillschweigenden Ermächtigung aller Gründungsgesellschafter gehandelt haben. Das wirtschaftliche Risiko für Geschäftstätigkeiten, die über den Gründungszweck hinausgehen, tragen somit die Gründer (Rdn. 15): sie haben es in der H a n d , durch Kontrolle der Handlungen der Geschäftsführer den U m f a n g der Belastungen der Vorgesellschaft und damit der entstehenden G m b H vor Eintragung im Handelsregister zu bestimmen (kritisch zur Rechtsprechung der B G H Priester ZIP 82, 1141 und teilweise auch W.-H. Roth Z G R 84, 597, 617 ff). Demgemäß können auch aus einem Dienstverhältnis, das von der V o r - G m b H ohne Zustimmung der Gründungsgesellschafter eingegangen worden ist, Ansprüche gegenüber der G m b H als solcher nicht durchgesetzt werden (LAG H a m m Z I P 83, 312). Scheitert die Errichtung der G m b H , so haften neben den Handelnden nach Abs. 2 (Rdn. 18 ff) die Gründer, allerding nur beschränkt auf die Einlage (BGHZ 65, 383; 80, 129, 142 = W M 81, 400; O L G Hamburg DB 85, 2554; BayObLG Z I P 85, 1487 = DB 86, 106; O L G Hamburg W M 86, 738, 740; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 22; kritisch dazu Flume N J W 81, 1753, der eine unbeschränkte persönliche H a f t u n g befürwortet; so auch BSG Z I P 86, 645; 158

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Rechtslage vor Eintragung

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K.Schmidt N J W 81, 1347; Roth 4.4.2; Lieb FS Stimpel, 1985, 399, 414 und für die Einmann-GmbH Brinkmann GmbH-Rdsch. 82, 269; dagegen Fischer/ Lutter7\ Scholz-Winter 10; wie hier Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 63). Eine allgemeine Pflicht zum Verlustausgleich entsprechend § 735 BGB kennt das GmbH-Recht auch im Gründungsstadium nicht ( B G H Z 86, 122 = W M 83, 86 = GmbH-Rdsch. 83, 46). Etwas anderes gilt nur, wenn weitergehende Ermächtigungen vorliegen. Im übrigen tritt die unbeschränkte Haftung der Gründer erst ein, wenn nach Ablehnung des Antrags auf Eintragung der Geschäftsbetrieb der Vorgesellschaft fortgeführt wird, wobei es nicht darauf ankommt, ob ein Grundhandelsgewerbe i. S. von § 1 H G B oder eine sonstige Geschäftstätigkeit betrieben wird ( B G H Z 22, 240; 51, 30, 32; 80, 129; 142; BayObLG ZiP 85, 1487 = DB 86, 106; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 29; Ulmer in Hachenburg 18; Rowedder-Rittner 22\ Fischer/Lutter 8). b) Die mit der GmbH-Novelle 1980 kodifizierten Regeln zur Sicherung der 15 Kapitalaufbringung, insbesondere durch Erweiterung der von den Gründern zu erbringenden Nachweise bei Sachgründungen (§§ 5 Abs. 4, 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5) und durch weitergehende Versicherung der Geschäftsführer (§ 8 Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 3), durch Festschreibung der Prüfungspflicht des Handelsregisters (§ 9c) under Einführung der Differenzhaftung bei Sacheinlagen (§ 9) hat den B G H in weiterer Fortbildung des GmbH-Rechts veranlaßt, eine der Differenzhaftung der Gründer bei Sachgründung entsprechende H a f t u n g auch bei Bargründungen, bezogen auf den Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister, anzunehmen (dazu im einzelnen § 9, 7). Vorbelastungen bei Bareinlagen, sei es in Form von Verbrauch oder von Verbindlichkeiten (.Meister FS Werner, S. 526), lösen also eine entsprechende H a f t u n g der Gründer aus. Beträge, die der G m b H zu Händen der Geschäftsführer auch noch im Zeitpunkt der Eintragung zur endgültigen und freien Verfügung stehen, sind nur solche, denen auch bilanzmäßig im Zeitpunkt der Eintragung keine Belastungen entgegenstehen. Soweit durch Vorbelastungen eine bilanzmäßige Lücke entsteht, ist diese durch die Gründer aufzufüllen (zur Bilanzierung im einzelnen Meister aaO S. 540 ff). Geschieht das nicht vor Eintragung (§ 9, 8), so ist diese in entsprechender Anwendung von § 9c abzulehnen ( B G H Z 80, 129, 143; Baumbach-Hueck 14. Aufl, 58; a.A. Ulmer Z G R 81, 607; Maulbetsch DB 84, 1563, die ein Kontrollrecht des Registergerichts ablehnen und es als Aufgabe der Geschäftsführung betrachten, die Differenzhaftung durchzusetzen). Erfolgt die Eintragung dnnoch, so greift die Differenzhaftung ein (so auch Ulmer in Hachenburg 84 bis 86; Baumbach-Hueck 58; Fischer/Lutter 9; Rowedder-Rittner 26 ff; a.A. Priester Z I P 82, 1141). Diese geht auf vollen Verlustausgleich, kann also auch, wenn die Vorbelastung den Betrag des Stammkapitals übersteigt, weitergehen als die Einlageverpflichtung der Gesellschafter (BGH W M 82, 40; s. dazu im einzelnen auch Theobald V o r - G m b H und Gründerhaftung S. 61 ff). Die Differenz schulden die GesellMeyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

schafter entsprechend der Ausfallhaftung gemäß § 24 im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile (Ulmer in Hachenburg a a O ; Fischer/Lutter 9). Die Kapitalsicherungsvorschriften des GmbH-Rechts dienen in erster Linie dazu, Gründungen bei unsicherer Kapitalausstattung zu verhindern. Daneben gilt die Differenzhaftung wie auch die H a f t u n g nach § 11 Abs. 2 dem Schutz Dritter im Falle nicht ordnungsgemäß durchgeführter oder gescheiterter Gründungen.

IV. Haftung der Handelnden (Abs. 2) 16

1. Bedeutung der Vorschrift. Die in Abs. 2 bestimmte solidarische H a f t u n g der Handelnden, die vor der Eintragung der G m b H in deren Namen gehandelt haben, ist in ihren Voraussetzungen und ihrer Bedeutung in Rechtsprechung und Literatur kontrovers behandelt worden. Entsprechend der unterschiedlich angenommenen Zweckbestimmungen der Vorschrift wurde auch der in Betracht kommende Personenkreis von der h.L. eher weit gefaßt. Zu der Entwicklung im einzelnen s. Scholz-Winter 19 m.w.N.

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Für die Praxis läßt sich heute infolge der konsequenten Einschränkung der Handelndenhaftung in der neuen Rechtsprechung des B G H (dazu R. Fischer Pro G m b H , 137, 163; Fleck Z G R 75, 223, Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 93 bis 95 und Rdn. 18) allerdings festhalten, daß diese und die den Gründern durch Gesetz (§9 Abs. 1) und Rechtsprechung (BGHZ 80, 129; 182) auferlegte Differenzhaftung (§ 9, 7) ein für die Beteiligten überschaubares und auch steuerbares Risiko darstellt bei angemessener Sicherung der Interessen des Geschäftsverkehrs. Beschränken sich die Organe der Vorgesellschaft auf die ihnen durch das Gesetz vorgegebenen Funktionen, die Eintragung der G m b H zu betreiben und deren Entstehung nach Kräften zu fördern, so gehen sie kein unübersehbares Risiko ein, auch wenn das Eintragungsverfahren scheitert (kritisch hierzu Meister FS Werner, S. 551). Gleiches gilt f ü r die Gründer, die über die Differenzhaftung nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie das Gebot der Sicherung der Kapitalaufbringung im Gründungsstadium verletzt haben. Primär führt diese Verletzung jedoch dazu, daß der Eintragungsantrag zurückgewiesen wird (§ 9c). Es erscheint sachgerecht, den Gründern das Risiko einer verzögerten Eintragung aufzubürden (dazu K. Schmidt N J W 81, 1345), denn nur sie sind die Herren dieses Verfahrens (vgl. insbesonder §§ 5 Abs. 4 Satz 2, 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 bei Sacheinlagen und §§ 7 Abs. 2 und 8 Abs. 2 bei Bareinlagen). Eine weitergehende (unbeschränkte) Gründerhaftung, wie sie Theobald V o r - G m b H und Gründungshaftung, S. 121 ff, vertritt, sprengt nicht nur den Rahmen des gesellschaftsrechtlichen Haftungssystems, sondern ist auch rechtspolitisch überzogen ( W i ß m a n n N J W 84, 2875).

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2. Betroffener Personenkreis. Während nach der früher h.L. Gründer und Mitglieder der Vorgründungsgesellschaft ebenso wie die Geschäftsführer der 160

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Rechtslage vor Eintragung

§11

V o r - G m b H als Handelnde im Sinne von § 11 Abs. 2 angesehen wurden, schränkt die Rechtsprechung die H a f t u n g jetzt ein auf die Geschäftsführer oder Personen, die wie ein Geschäftsführer für die Vorgesellschaft (Rdn. 2) tätig geworden sind ( B G H Z 42, 25; 65, 378, 380; 66, 359; W M 78, 843; N J W 80, 287 s. ferner B G H Z 72, 45; 80, 129, 135 und W M 80, 955; noch enger M. Scholz Die H a f t u n g im Gründungsstadium der G m b H , S. 150, 155; wie hier Ulmer in Hachenburg 98; Scholz-Winter 21; Baumbach-Hueck 43; Rowedder-Rittner 103; Fischer/Lutter 12). Diese Organhaftung trifft allerding auch dann zu, wenn der Geschäftsführer mittelbar durch Dritte handelt (BGHZ 53, 206; O L G Hamburg W M 86, 738 = GmbH-Rdsch. 86, 203). Handelt der Geschäftsführer einer V o r - G m b H offen und erklärtermaßen für diese (vgl. Rdn. 19), dann tragen Gläubiger wie auch der Handelnde das Risiko einer Ablehnung des Eintragungsantrags. Andere Personen, die nicht als Geschäftsführer der V o r - G m b H am Rechtsverkehr teilnehmen, haften nicht aus § 11 Abs. 2 (etwa Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte; B G H Z 66, 359; Ulmer in H a chenburg 98; Scholz-Winter 21; Rowedder-Rittner 104). Hier kann nur eine H a f t u n g aus § 179 BGB oder ähnliche Fälle der vollmachtlosen Vertretung in Betracht kommen. Die H a f t u n g eines i.S. von Abs. 2 Handelnden entfällt auch nicht deshalb (BGH W M 78, 843 = N J W 78, 1978; O L G H a m m W M 85, 660), weil dieser u.U. auch als Gesellschafter mittelbar haftet (Rdn. 14).

3. Handeln im Namen der Gesellschaft. Das Gesetz knüpft die H a f t u n g aus 19 § 11 Abs. 2 daran, daß im Namen der Gesellschaft gehandelt wird. Dabei ist gleichgültig, ob der Handelnde ausdrücklich namens der V o r - G m b H oder namens der noch nicht eingetragenen G m b H für diese handeln will. Eine derartige Unterscheidung ist praktisch undurchführbar (sehr Str.; wie hier ScholzWinter 23; Ulmer in Hachenburg 7 1 1 Aufl. 101; Rowedder-Rittner 110; Baumbach-Hueck 44; a.A. die Rechtsprechung; vgl. B G H Z 51, 30; 53, 210, 214; 65, 378, 381; 66, 359; O L G H a m m W M 85, 658; Baumbauch-Hueck 13. Aufl. 3A). Da die G m b H nach jetzt h. L. (Rdn. 14) ohne weiteres in alle von der V o r - G m b H mit Ermächtigung der Gründer-Gesellschafter begründete Rechte und Pflichten eintritt, kann es auch für H a f t u n g gemäß Abs. 2 nicht darauf ankommen, ob der Geschäftsführer der V o r - G m b H auch f ü r die zukünftige G m b H oder nur f ü r die V o r - G m b H handeln wollte. § 11 Abs. 2 muß daher im Interesse einer sachgerechten Auslegung dahin verstanden werden, daß es nur darauf ankommt, ob namens der Gesellschaft, d.h. der noch nicht eingetragenen G m b H , für diese gehandelt worden ist (wie hier Ulmer in H a chenburg 101; K. SchmidtNJW73,1596; ders. GmbH-Rdsch. 73,149). Keine H a f t u n g nach Abs. 2, insbesondere keine solidarische H a f t u n g der Handelnden ist gegeben, wenn erkennbar im eigenen Namen gehandelt wird (Rdn. 23). Meyer-Landrut

161

§11

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

Ebenso entfällt eine Haftung, wenn ein Rechtsgeschäft unter der Bedingung abgeschlossen wird, daß die Eintragung der G m b H im Handelsregister erfolgt. Der Handelnde kann einen Rückgriff auf den Gründer dann haben, wenn aufgrund einer über die Gründungsgeschäfte hinausgehenden Ermächtigung gehandelt worden ist (Rdn. 8) und eine Differenzhaftung (Rdn. 15) mangels Entstehung der G m b H nicht zum Zuge kommt. 20

4. Haftungsumfang. Mehrere Handelnde haften solidarisch, also als Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421 ff BGB. Nach Abs. 2 Haftende können grundsätzlich alle Einreden und Einwendungen, die der G m b H als solcher zustehen würden, geltend machen (Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 107; Scholz-Winter 29). Die Gläubiger sind so zu stellen, als ob sie ein wirksames Rechtsgeschäft mit einer eingetragenen G m b H abgeschlossen hätten, aber auch nicht besser ( B G H 2 53, 210, 217). Die H a f t u n g aus § 11 Abs. 2 besteht nicht im Verhältnis zu den GründerGesellschaftern und auch nicht zu künftigen Gesellschaftern, sondern nur gegenüber Dritten (BGHZ 15, 206; W M 61, 425; s. auch Ulmer in Hachenburg 104; Scholz- Winter24; Fischer/Lutter 13).

21

5. Ende der Haftung. Die Frage der Beendigung der H a f t u n g der Handelnden aus § 11 Abs. 2 ist gleichfalls in Rechtsprechung und Lehre streitig. Außer für die sogenannten notwendigen Geschäfte, also f ü r solche, die sich unmittelbar aus der Zweckbestimmung der Vorgesellschaft ergeben, wurde überwiegend ein Fortbestand der H a f t u n g auch f ü r die Zeit nach Eintragung der G m b H im Handelsregister angenommen (Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 83). Die gesetzlichen Bestimmungen in § 41 Abs. 2 AktG, die die Übernahme von vor der Eintragung entstandenen Verbindlichkeiten durch die eingetragene AG regelt und dabei die Unterscheidung in notwendige und andere Verbindlichkeiten voraussetzt, wurde entsprechend für das GmbH-Recht herangezogen (M. Scholz Die H a f t u n g im Gründungsstadium der G m b H , S. 156 ff). In der Rechtsprechung wurde allerdings schon seit dem Urteil B G H Z 69, 95, 103 eine den zeitlichen Haftungsumfang einschränkende Tendenz sichtbar (vgl. auch schon B G H LM G m b H G § 11 Nr. 2 und B G H Z 70, 132, 139; 76, 320, 323). Mit dem Urteil vom 16.3.1981 ( B G H Z 80, 182 = W M 81,519 = GmbH-Rdsch. 81,192) brach der B G H endgültig mit der bisherigen Rechtsauffassung. Voraussetzung dafür ist, daß der B G H sich jetzt zu der Identitätstheorie mit der Maßgabe bekennt, daß die Verbindlichkeiten der V o r - G m b H aus Geschäften, die mit Ermächtigung aller Gründer abgeschlossen worden sind, ohne weiteres von der eingetragenen G m b H übernommen werden, es also keiner Eintritts- oder Genehmigungserklärung bedarf (Rdn. 14). Andererseits sind die Gläubiger durch die die Gründer treffende Differenzhaftung geschützt, soweit im Gründungsstadium das Stammkapital aufzehrende Wertminderungen oder Vorbelastungen stattgefunden haben 162

Meyer-Landrut

Rechtslage vor Eintragung

§11

(Rdn. 15; s. auch B G H W M 81, 1300 = DB 81, 2599 = N J W 82, 932). Damit entfällt jeder Grund einer fortdauernden Haftung der Handelnden nach Eintragung der G m b H f ü r Geschäfte, die sie im Rahmen des Gründungszwecks oder mit Ermächtigung der Gründer zu Lasten der G m b H vorgenommen haben. 6. Handeln für die Vorgründungsgesellschaft. Rechtsprechung und Lehre 2 2 ließen die H a f t u n g aus Abs. 2 auch dann zum Zuge kommen, wenn f ü r eine Vorgründungsgesellschaft (Rdn. 3) gehandelt wurde, d.h. also vor der Errichtung gemäß § 2 Abs. 1 (RGZ 122, 175; 151,91; B G H W M 62, 457; 79, 1389 = GmbH-Rdsch. 80, 198; a.A. Ulmer in Hachenburg 7 L Aufl. 20). Diese Rechtsprechung und Lehre beruhte auf einem heute nicht mehr vertretenen Verständnis der Vorgesellschaft (Rdn. 13). Daher hält der B G H jetzt zutreffend und in Anlehnung an Ulmer a a O eine H a f t u n g aus Abs. 2 als nicht gegeben, wenn vor formeller Errichtung der G m b H gehandelt worden ist ( B G H Z 91, 148 = W M 84, 929 = N J W 84, 2164; B G H W M 85, 479 = G m b H Rdsch. 85, 214). Vielmehr haften die Mitglieder der Vorgründungsgesellschaft solidarisch nach § 735 BGB. Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft werden nicht ohne weiteres zu solchen der Vorgesellschaft (BGH W M 85, 479 = GmbH-Rdsch. 85, 214; LG Düsseldorf DB 86, 958 = G m b H Rdsch. 86, 235; s. auch Rdn. 3). Die H a f t u n g entfällt auch nicht, wenn die in Aussicht genommene Gründung scheitert oder in der Form eines Anteilskaufs (sog. Mantelkauf) erfolgt (OLG Hamburg Z I P 83, 570 = BB 83, 1116), wobei dahingestellt bleiben kann, ober der Mantelkauf als solcher rechtswirksam ist (dazu § 3, 15; s. auch Ulmer BB 83, 1123). Auch die H a f t u n g eines für die Vorgründungs-GmbH als „Geschäftsführer" Handelnden überdauert mangels entgegenstehender Abrede mit dem Gläubiger die Eintragung (LG Münster, GmbH-Rdsch. 83, 73 mit Anm. von K. Schmidt). Gleiches gilt f ü r von den Geschäftsführern vorgenommene eigenmächtige 2 3 Geschäfte, die von der G m b H nicht übernommen werden. Insoweit haften die Handelnden persönlich auch f ü r die Zeit nach Eintragung der G m b H . Die H a f t u n g bleibt ferner bestehen, wenn die Eintragung abgelehnt oder Antrag auf Eintragung zurückgenommen wird und die G m b H als solche überhaupt nicht zur Entstehung gelangt, das Unternehmen der Vorgesellschaft aber fortgesetzt wird (Rdn. 4). N u r durch unverzügliche Liquidation der gescheiterten Vorgesellschaft können sich die Handelnden der persönlichen unbeschränkten H a f t u n g entziehen. Ebenso haften die Gründer persönlich und unbeschränkt, wenn sie, ohne unverzügliche Liquidation, ein Scheitern der Gründung wegen Vorbelastung oder Aufbrauch des einzuzahlenden Stammkapitals in Kauf nehmen (Fleck GmbH-Rdsch. 83, 14). Die H a f t u n g aus Abs. 2 erlischt ferner dann nicht, wenn mit formlosen Austritt eines Gesellschafters aus der V o r - G m b H diese scheitert und durch die verbleibenden GeMeyer-Landrut

163

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

seilschafter die Gründung durchgeführt wird, wenn also Identität des Gesellschafter'bestandes zwischen Vorgesellschaft und entstandener G m b H nicht gegeben ist (BGH W M 83, 230 = N J W 83, 876).

V. Steuerliche Verhältnisse 24

Während die G m b H als juristische Person gemäß Abs. 1 (erst) mit der Eintragung entsteht, entsteht sie als selbständiges Subjekt des Steuerrechts schon mit Abschluß des Gesellschaftsvertrages (§ 2). Der handelsrechtlich als Rechtsgemeinschaft eigener Art qualifizierten Vorgesellschaft (Rdn. 2) entspricht die steuerliche Behandlung der werdenden G m b H , wobei vorausgesetzt wird, daß die Eintragung im Handelsregister angestrebt wird und auch tatsächlich erfolgt (BFH BStBl. 52 III, 172; 73 II, 568). Die Steuerpflicht beginnt entsprechend bereits mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages, spätestens mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit für die Vorgesellschaft (BFH BStBl. 73 II, 568; BStBl. II 78, 486; W M 83, 690; BFH DB 82, 261 betr. Vermögenssteuer; z u r K r i t i k s . Schumann GmbH-Rdsch. 81,196). Entsprechend gilt die Vorgesellschaft umsatzsteuerlich bereits als Unternehmer; eine persönliche H a f t u n g der Handelnden nach Abs. 2 kommt daher nicht in Betracht (FG Düsseldorf EFG 81, 535). Die Buchführungspflicht beginnt gleichfalls bereits mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages. Scheitert die Gründung durch Ablehnung der Eintragung oder Rücknahme des Antrags, so ist auch steuerrechtlich davon auszugehen, daß eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw., wenn ein Handelsgewerbe betrieben worden ist, eine O H G entstanden ist (vgl. Rdn. 4 und BFH BStBl 52 III, 172; s. auch Rowedder-Rittner 149; a.A. Scholz-Winter 40). Entsprechendes gilt für die Vorgründungsgesellschaft.

§12 (1) Auf die Anmeldung der Errichtung einer Zweigniederlassung finden die Bestimmungen in § 8 Abs. 1 und 2 keine Anwendung. Der Anmeldung ist eine Abschrift des Gesellschaftsvertrages und der Liste der Gesellschafter beizufügen. Das Gericht des Sitzes hat vor Weitergabe der Anmeldung die bei ihm eingereichte Abschrift des Gesellschaftsvertrages und der Liste der Gesellschafter zu beglaubigen. (2) Die Eintragung hat die in § 10 Abs. 1 und 2 bezeichneten Angaben zu enthalten. In die Veröffentlichung, durch welche die Eintragung bekanntgemacht wird, sind auch die in § 10 Abs. 3 bezeichneten Bestimmungen aufzunehmen, die nach § 5 Abs. 4 Satz 1 getroffenen Festsetzungen jedoch nur dann, wenn die Eintragung innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft erfolgt. 164

Meyer-Landrut

Zweigniederlassung

Rdn. I. E i n l e i t u n g II. R e c h t s v e r h ä l t n i s s e d e r Z w e i g niederlassung 1. Begriff 2. V e r m ö g e n 3. O r t d e r Z w e i g n i e d e r l a s s u n g 4. F i r m a 5. R e c h t s s t e l l u n g 6. V e r t r e t u n g 7. E r r i c h t u n g u n d A u f h e b u n g . . III. E i n t r a g u n g im H a n d e l s r e g i s t e r 1. A n m e l d u n g a) F o r m b) I n h a l t 2. Z w e i g r e g i s t e r g e r i c h t IV. 1. E i n t r a g u n g 2. V e r ö f f e n t l i c h u n g V. Spätere Veränderungen

Rdn.

1

VI. Zwangsmittel VII. Zweigniederlassung einer ausländischen G e s e l l s c h a f t

2 3 4 3 6 7 8

1. Ü b e r b l i c k u n d a n w e n d b a r e s Recht 2. V o r a u s s e t z u n g e n 3. A n m e l d u n g z u m H a n d e l s r e g i ster

9 10 11 12 13 14

a) Ö r t l i c h e Z u s t ä n d i g k e i t . . . b) G r u n d s ä t z e c) E i n z e l h e i t e n 4. E i n t r a g u n g und B e k a n n t m a chung a) b) c) d)

Sitz und F i r m a Sonstige Eintragungen . . . Bekanntmachung Gebühren

15

16 18

19 20 21

22 23 24 25

Schrifttum Balser/Pichum Zweigniederlassung ausländischer Kapitalgesellschaften im Inland, 1958; Schilling Zweigniederlassung und Tochtergesellschaft im deutschen Niederlassungsrecht, RiW 54, 37.

I. Einleitung Die Vorschrift wurde durch das Gesetz über die Eintragung von Handels- 1 niederlassungen und das Verfahren in Handelsregistersachen vom 10.8.1937 (RGBl. I 897) neu gefaßt. Sie wird ergänzt durch die damals auch neu gefaßten §§ 13 und 13a H G B . Die Novelle 1980 ändert nur redaktionell die Verweisung in Abs. 2. Weitergehende Reformvorschläge sind nicht verwirklicht worden (dazu Ulmer in Hachenburg 7 1 Aufl. 3). Weitere Regeln über die Zweigniederlassung enthält das Gesetz lediglich in § 59 zur Anmeldung einer Kapitalerhöhung oder -herabsetzung.

II. Rechtsverhältnisse der Zweigniederlassung 1. Begriff. Nicht jede Niederlassung einer G m b H ist eine Zweigniederias- 2 sung im Sinne von § 12. Gewerbetreibende und andere Unternehmen verfügen häufig nicht nur über an einer Stelle räumlich konzentrierte Geschäftsräume; Büros, Fabrikationsstätten, Läger, und andere Betriebsstätten finden sich häufig an anderen Orten als am Ort des Sitzes der Gesellschaft oder auch an diesem, aber räumlich getrennt von der Hauptniederlassung. Rechtlich haben den Charakter einer Zweigniederlassung jedoch nur solche NiederlasMeyer-Landrut

165

1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

sungen, deren Organisation auf Dauer als eine räumlich selbständige Betriebstätte angelegt ist und die eine von der Hauptniederlassung nach außen verselbständigte Geschäftstätigkeit ausüben (h.L.; Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 4; Scholz-Winter 3; Rowedder-Rittner 4; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 2; Fischer/Lutter 1). Nicht verlangt werden kann, daß der Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung so beschaffen sein müsse, daß er bei Wegfall der Hauptniederlassung selbständig fortbestehen könnte (so aber Scholz-Winter 3 m.w.N.). Träfe das zu, so würde nur ein verschwindend geringer Bruchteil der eingetragenen Zweigniederlassungen den gesetzlichen Anforderungen genügen. 3

2. Vermögen. Der besonderen Zuweisung eines abgesonderten Teils des Vermögens der GmbH an die Zweigniederlassung bedarf es nicht (anders die h.L.; wie hier Kraft in KK AktG § 42, 15), wenn auch tatsächlich eine Nutzung von der G m b H gehörendem oder ihr zur Nutzung überlassenem Vermögen unausweichlich ist. Ebensowenig kann f ü r eine Zweigniederlassung eine gesonderte Buchführung verlangt werden (str.; wie hier Kraft a a O ; a.A. ScholzWinter})·, Ulmer'm Hachenburg 7 11 Aufl. 5; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 2; Rowedder-Rittner 7; Fischer/Lutter 1; BayObLG W M 79, 1270 = BB 80, 335). Buchführungspflichtig ist handelsrechtlich und steuerrechtlich nur die G m b H als solche, da auch nur die G m b H und nicht etwa die Zweigniederlassung Kaufmann im Sinne von § 6 H G B ist (vgl. § 238 H G B i.V.m. § 140 AO). Besteht aber keine Buchführungspflicht, so kann eine solche bei einer Zweigniederlassung auch nicht vorausgesetzt werden (a.A. Baumbach-Duden-Hopt 25. Aufl. H G B § 13, 2B). Werden am Ort der Zweigniederlassung gesonderte Bücher geführt, so sind diese spätestens bei Aufstellungen von Inventar und Bilanz (§§ 240, 242 HGB) in das Rechnungswesen der G m b H zu integrieren.

4

3. Ort der Zweigniederlassung. Das Gesetz geht davon aus, daß Zweigniederlassungen an einem anderen Ort als dem Ort des Sitzes der G m b H errichtet werden und damit auch im Bezirk eines f ü r die Hauptniederlassung nicht zuständigen Handelsregisters. In entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 12 und der §§ 13, 13a H G B läßt die Praxis jedoch auch die Errichtung von Zweigniederlassungen am Ort der Hauptniederlassung bzw. an einem anderen Ort im Bezirk des Gerichts der Hauptniederlassung zu (vgl. § 4, 29), sofern die Voraussetzungen f ü r die Errichtung einer Zweigniederlassung im übrigen gegeben sind, insbesondere also die räumliche und organisatorische Trennung und eine von der Hauptniederlassung im Außenverhältnis verselbständigte Geschäftstätigkeit (h.L.; Ulmer in Hachenburg 7 I L Aufl. 9; Scholz-Winter 3; Baumbach-Hueck 2; Fischer/Lutter 1; Rowedder-Rittner 5). Dabei ist es auch denkbar, daß diese Voraussetzungen vorliegen können, wenn H a u p t - und Zweigniederlassung oder gegebenenfalls mehrere Zweigniederlassungen in einem und demselben Gebäude untergebracht sind. 166

Meyer-Landrut

§ 12

Zweigniederlassung

4. Firma. Zur Firma der Zweigniederlassung s. § 4, 28.

5

5. Rechtsstellung. Die Zweigniederlassung ist nur organisatorisch, nicht 6 rechtlich im Verhältnis zur Hauptniederlassung der G m b H und gegebenenfalls im Verhältnis zu anderen Zweigniederlassungen verselbständigt. Ihr Vermögen haftet den Gläubigern der G m b H auch dann, wenn sie nach außen wie eine rechtlich selbständige Gesellschaft im Verhältnis zur Hauptniederlassung betrieben wird. Ebenso sind alle Willenserklärungen der Zweigniederlassung f ü r die G m b H als solche verpflichtend. Die G m b H kann demnach auch am Sitz einer Zweigniederlassung f ü r Forderungen und sonstige Ansprüche aus dem Geschäftsbetrieb der Niederlassung verklagt werden (§21 Z P O ) Die Zweigniederlassung selbst ist nicht parteifähig (Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 17; Rowedder-Rittner 18; Fischer/ Lutter 1). Die G m b H kann aber unter der Firma ihrer Zweigniederlassung verklagt werden ( B G H Z 4,62).

6. Vertretung. Die Geschäftsführer der G m b H und deren Prokuristen und 7 Handelsbevollmächtigte vertreten auch die Zweigniederlassung. Der Bestellung eines besonderen Niederlassungsleiters bedarf es nicht. Die formlose Erteilung von Handelsvollmacht an den Leiter der Zweigniederlassung ist genügend. Zulässig ist es auch, Prokuren auf eine oder mehrere Zweigniederlassungen zu beschränken oder auch nur auf die Hauptniederlassung (§ 50 Abs. 3 HGB).Um insoweit gegenüber Dritten wirksam zu sein, müssen die Zweigniederlassungen unter einer von der Firma der Gesellschaft abweichenden Firma betrieben werden, wobei allerdings schon der Zusatz „Zweigniederlassung" oder ein ähnlicher Zusatz genügt.

7. Errichtung und Aufhebung. Die Errichtung und Aufhebung von Zweig- 8 niederlassungen ist eine Maßnahme der Geschäftsführung. Es besteht hinsichtlich der Zahl eingetragener oder auch nicht eingetragener Niederlassungen keine Beschränkung. Eine Mitwirkung der Gesellschafterversammlung ist nicht erforderlich, wenn auch häufig Errichtung und Aufhebung von Zweigniederlassungen satzungsmäßig einem (nur im Innenverhältnis gem. § 37 Abs. 1 wirksamen) Genehmigungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung oder eines Aufsichtsrats unterliegt. In Satzungen wird häufig die Zulässigkeit der Errichtung von Zweigniederlassungen und anderen Betriebsstätten ausdrücklich vorgesehen. Ein Rechtserfordernis besteht hierzu nicht, da eine derartige Maßnahme auch ohne satzungsmäßige Ermächtigung durch die allgemeine Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer gedeckt ist (ξ 37 Abs. 2). Meyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

III. Eintragung im Handelsregister 1. Anmeldung 9

a) Form. Anzumelden ist die Errichtung einer Zweigniederlassung. Anzumelden haben die Geschäftsführer der G m b H in vertretungsberechtigter Zahl (Ulmerin Hachenburg 7 11 Aufl. 21; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 4; Fischer/Lutter 4). Gesamtvertretung zusammen mit einem Prokuristen reicht aus (BartlHenkes 957). Die früher geforderte Anmeldung durch sämtliche Geschäftsführer ist seit der Neufassung des § 78 durch die Novelle 1980 aus Gründen der Vereinfachung entfallen (§78, 1; unrichtig daher Rowedder-Rittner 22 und Roth 3.1). Die Anmeldung bedarf öffentlich beglaubigter Form (5 12 Abs. 1 HGB) Anmeldung durch Bevollmächtigte, deren Vollmacht gleichfalls der öffentlichen Beglaubigung bedarf, ist zulässig (§12 Abs. 2 HGB). Eine Vertretung bei Zeichnung der Unterschrift gemäß § 8 Abs. 5, der anwendbar ist, ist allerdings nicht möglich (§ 8, 34).

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b) Inhalt. Anzumelden ist neben der Errichtung der Zweigniederlassung deren Firma sowie Ort und Anschrift. Mit der Anmeldung verbunden wird üblicherweise die Anmeldung eventueller Prokuren. Nicht erforderlich sind die Angaben nach § 8 Abs. 1 und 2, also die bei Gründung der G m b H erforderlichen Erklärungen und Versicherungen. Die nach § 8 Abs. 3 erforderliche Versicherung über das Fehlen von Vorstrafen und Berufsverboten bei Geschäftsführern braucht gleichfalls bei Anmeldung einer Zweigniederlassung nicht wiederholt zu werden, obgleich das Gesetz insoweit in § 12 Abs. 1 nicht an die Neufassung des § 8 durch die Novelle 1980 angepaßt worden ist (Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 22; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 4; Roth 3.1.). Wohl ist jedoch, entsprechend § 8 Abs. 4, die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer ausdrücklich anzugeben (Scholz-Winter 11; Baumbach-Hueck a a O ; Rowedder-Rittner 23; a.A. Ulmer aaO), und diese haben, wie bei Anmeldung der Gesellschaft nach § 8 Abs. 5, ihre Unterschrift zur Aufbewahrung auch bei dem Gericht der Zweigniederlassung zu zeichnen (§13 Abs. 2 HGB). Ebenso haben Prokuristen, soweit ihre Prokura nicht ausschließlich auf den Betrieb einer anderen Zweigniederlassung oder Hauptniederlassung beschränkt ist, ihre Unterschrift (Name und Firma) zur Aufbewahrung bei Gericht zu zeichnen (§13 Abs. 2 HGB). Beizufügen sind der Anmeldung eine Abschrift des Gesellschaftsvertrages und eine Liste der Gesellschafter (Abs. 1 Satz 2), beide nach dem neuesten Stand. Eine Beglaubigung ist nicht erforderlich. Diese erfolgt durch das Gericht vor Weitergabe der Anmeldung an das Gericht der Niederlassung (Abs. 1 Satz 3).

11

2. Zweigregistergericht. Das Gericht der Zweigniederlassung hat die ihm vom Gericht des Sitzes der G m b H mitgeteilten Tatsachen, soweit sie im H a n 168

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Zweigniederlassung

§ 12

delsregister des Sitzes der G m b H eingetragen sind, nicht zu prüfen; es hat lediglich zu prüfen, ob die Zweigniederlassung tatsächlich errichtet ist und ob § 30 H G B (Unterscheidung der Firma der Zweigniederlassung von einer anderen Firma im Registerbezirk) beachtet ist (§ 13 Abs. 3 HGB) Irgendwelche weitergehenden Prüfungsrechte hat das Gericht der Zweigniederlassung nicht, auch wenn es Eintragungen im Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft für unzulässig hält (Scholz- Winter 19).

IV. 1. Eintragung Einzutragen sind im Handelsregister der Zweigniederlassung gemäß Abs. 2 12 Satz 1 die in § 10 Abs. 1 und 2 bezeichneten Angaben. Weiterhin ist einzutragen der Ort der Zweigniederlassung und, falls für die Firma der Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt ist, dieser Zusatz (§13 Abs. 3 Satz 3 HGB). Einzutragen sind ferner auf den Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung beschränkte Prokuren (§51 Abs. 1 HGB) 2. Veröffentlichungen. Die Veröffentlichung der Eintragung der Zweig- 13 niederlassung enthält, entsprechend § 10 Abs. 3, den Inhalt der Eintragung (Rdn. 12). Außerdem sind zu veröffentlichen etwaige besondere Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages über die öffentlichen Bekanntmachungen der Gesellschaft (vgl. § 10, 12). Schließlich sind, auch entsprechend § 10 Abs. 3, im Falle von Sacheinlagen die nach § 5 Abs. 4 Satz 1 getroffenen Festsetzungen (vgl. § 10, 11) zu veröffentlichen; dies gilt jedoch nur, wenn es sich um Eintragungen innerhalb der letzten zwei Jahre im Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft handelt (Abs. 2 Satz 2).

V. Spätere Veränderungen Hinsichtlich der Anmeldung der Aufhebung einer Zweigniederlassung ist 14 sinngemäß zu verfahren (§13 Abs. 5 HGB). Es ist die Aufhebung der Zweigniederlassung zum Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft durch die Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl anzumelden (Rdn. 9). Das Gericht der Niederlassung kann selbst prüfen, ob die Zweigniederlassung aufgehoben worden ist (Scholz-Winter23). Auch die Verlegung des Sitzes der Zweigniederlassung ist als solche einzutragen, nicht etwa als Aufhebung und Neuerrichtung (OLG Stuttgart BB 63, 1152 m. Anm. von Wessel; Ulmer in Hachenburg 7 " Aufl. 12; Rowedder-Rittner57; Hüffer in Staub, Großkomm H G B § 12a, 9 f). Bei Veränderungen ist nach § 13a H G B zu verfahren. Anmeldungen erfolgen stets bei dem Gericht des Sitzes der GmbH. Anmeldungen sind in so vieMeyer-Landrut

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1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

len Stücken einzureichen, wie eingetragene Niederlassungen bestehen (§ 13a Abs. 1 HGB). Dem Gericht der Zweigniederlassung teilt das Gericht des Sitzes von Amts wegen die eingetragenen Veränderungen mit, die das Gericht des Sitzes der Niederlassung dann ohne Prüfung zur Eintragung im Handelsregister der Zweigniederlassung übernimmt und bekanntmacht (§ 13a Abs. 3 HGB). Soweit § 59 bei Kapitalerhöhungen bestimmt, daß gewisse Versicherungen nur gegenüber dem Gericht des Sitzes abzugeben sind, ist die Vorschrift seit der Neufassung der §§ 13, 13a H G B (wonach nur noch beim Gericht des Sitzes anzumelden ist) überholt. Das gilt aber nicht, soweit § 59 die Einreichung der Ubernahmeerklärungen und der Belegblätter gemäß §§ 57 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 58 Abs. 1 Nr. 4 betrifft (dazu 59, 2).

VI. Zwangsmittel 15

Während die Anmeldung der Gründung einer G m b H nicht erzwungen werden kann (§ 79 Abs. 2), kann die Anmeldung einer bestehenden Zweigniederlassung einschließlich der Übermittlung der erforderlichen Urkunden sowie der Unterschriftszeichnung durch Zwangsgeld durchgesetzt werden (§14 HGB). Der Unterschied besteht darin, daß im ersten Fall die Eintragung als solche erst zur Entstehung der juristischen Person führt, während die Zweigniederlassung unabhängig von der Eintragung besteht und ein öffentliches Interesse an einer Eintragung im Handelsregister nur im letzteren Fall gegeben ist (vgl. Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 20).

VII. Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft 1. Uberblick und anwendbares Recht 16

a) Die Errichtung und Anmeldung inländischer Zweigniederlassungen durch eine Gesellschaft mit Sitz im Ausland bestimmt sich für ausländische Aktiengesellschaften nach § 44 AktG. Eine entsprechende Regelung fehlt im GmbH-Recht. Anwendbar ist § 13b HGB: „Befindet sich die Hauptniederlassung eines Einzelkaufmanns oder einer juristischen Person oder der Sitz einer Handelsgesellschaft im Ausland, so haben alle eine inländische Zweigniederlassung betreffenden Anmeldungen, Zeichnungen, Einreichungen und Eintragungen bei dem Gericht zu erfolgen, in dessen Bezirk die Zweigniederlassung besteht. Die Eintragung der Errichtung der Zweigniederlassung hat auch den O r t der Zweigniederlassung zu enthalten; ist der Firma für die Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt, so ist auch dieser einzutragen. Im übrigen gelten f ü r die Anmeldungen, Zeichnungen, Einreichungen, Eintragungen und Bekanntmachungen, soweit nicht das ausländische Recht Abweichungen nötig macht, sinngemäß die Vorschriften f ü r Hauptniederlassungen oder Niederlassungen am Sitz der Gesellschaft."

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Zweigniederlassung N u r soweit die ausländische Gesellschaft in wesentlichen Merkmalen einer G m b H nach deutschem Recht entspricht, kommt § 13b H G B und über dessen Abs. 3 GmbH-Recht zur Anwendung. Das gilt insbesondere f ü r die der deutschen G m b H entsprechenden Rechtsformen in Osterreich, der Schweiz, Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Italien und Dänemark (s. im einzelnen Behrens in Hachenburg Einl. 146 ff). Streitig ist, ob auch die private company des englischen und irischen Rechts und die close corporation des US-amerikanischen Rechtskreises gleichfalls entsprechend als G m b H zu qualifizieren sind; dafür spricht ihr Stellenwert (dazu Behrens a a O 594) in der anglo-amerikanischen Rechtsordnung (wie hier BayObLG R I W 86, 295 = W M 85, 1202 = DB 85, 2670; BayObLGZ 86 Nr. 65 = DB 86, 2530; Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 33; offengelassen Roth 4; a.A. Balser/Picbura S. 22; Scholz-Winter2%·, Rowedder-Rittner41 und teilw. abw. Fischer/Lutter 10). b) Die Errichtung einer inländischen Niederlassung durch eine ausländische 17 juristische Person zum Betrieb eines Handelsgewerbes setzte früher eine Genehmigung durch die örtlich zuständige oberste Landesbehörde (Minister oder Senator f ü r Wirtschaft) voraus. Keine Genehmigung war erforderlich, sofern die ausländische juristische Person nach dem Recht eines der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft gegründet war und ihren Sitz in einem Mitgliedstaat hatte. Nunmehr ist das Genehmigungserfordernis grundsätzlich entfallen; §§ 13 und 13a G e w O sind durch G vom 25.7.1984 (BGBl. I 1008) aufgehoben. Nach § 53 K W G bzw. § 105 ff VersAnfG bedarf die Aufnahme von Bankund Versicherungsgeschäften im Inland der aufsichtsrechtlichen GenehmigungDevisenrechtliche Beschränkungen (§ 23 AWG) bestehen derzeit nicht; zur Rechtlage vor Aufhebung der Devisenbewirtschaftung s. Schilling RiW 54, 38. Das Registergericht hat nach § 8 Abs. 1 Nr. 6 das Vorliegen der aufsichtsrechtlichen oder sonstiger Genehmigungserfordernisse zu prüfen und gegebenenfalls entsprechende Nachweise zu verlangen (Scholz-Winter 30). 2. Voraussetzung. Die Eintragung einer inländischen Zweigniederlassung 1 8 setzt eine nach dem Recht des Sitzstaates errichtete und bestehende ausländische juristische Person voraus (h.L.; Nachweise bei BayObLG W M 85, 1202 = DB 85, 2670 = EWiR § 13b H G B 1/85, 697 (Wiedemann)). Entsprechende Nachweise sind zusammen mit dem Antrag auf Eintragung der Zweigniederlassung zu erbringen (allg. Ansicht; s. Ulmer a a O 7 11 Aufl. 41; Rowedder-Rittner 40; Fischer/Lutter 16; Scholz-Winter 27). Die Sitztheorie wird auch nicht für den EG-Bereich durch Art. 58 E W G V verdrängt, solange nicht das EG-Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften und juristischen Personen vom 29.2.1968 in Kraft tritt; vgl. auch Art. 2 ZustG BGBl. II 1972, 369; a.A. Deville zu BayObLG a a O in RIW 86, 298 und NiesMeyer-Landrut

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1. Abschnitt. E r r i c h t u n g der Gesellschaft

sen, die AG 86, 116 unter Hinweis auf E u G H E 1974, 631; offengelassen BayObLGZ 86 Nr. 65 = DB 86, 2530. Voraussetzung ist ferner, daß nach den tatsächlichen Gegebenheiten begrifflich eine Zweigniederlassung im Inland vorhanden ist. Das beurteilt sich nach deutschem Recht (Rdn. 2 und 3). Dagegen ist im übrigen grundsätzlich f ü r die inländische Niederlassung das Recht der ausländischen Hauptniederlassung maßgeblich (Ulmer aaO 34). Das gilt insbesondere für Firmierung, Organisationsstruktur, Vertretungsbefugnis der Organe, Kapitalausstattung u.a. 3. Anmeldung zum Handelsregister 19

a) Örtliche Zuständigkeit. Nach § 13b Abs. 1 H G B hat die Anmeldung der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft bei dem Registergericht zu erfolgen, in dessen Bezirk die Niederlassung errichtet worden ist.

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b) Grundsätze. Im übrigen ist hinsichtlich der Anmeldung der inländischen Zweigniederlassung so zu verfahren, als ob es sich um die Anmeldung einer Hauptniederlassung handeln würde (§ 13b Abs. 3 HGB), denn während § 12 das Vorhandensein einer inländischen Registereintragung der Hauptniederlassung voraussetzt, fehlt gerade diese Voraussetzung bei einer ausländischen Hauptniederlassung ( H ü f f e r in H G B Staub Großkomm., 4. Aufl., § 13, 19). Ein Vorbehalt zugunsten des ausländischen Rechts besteht insoweit, als dieses Abweichungen nötig macht (BayObLG Die AG 86, 165, 166). Das bedeutet, daß von den Anmeldungs- (und Eintragungs-) -erfordernissen des deutschen Rechts in diesem Umfang abgesehen werden kann (Hüffer a a O 20; ScholzWinter 30). Die Anmeldung einer bestehenden inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft kann nach § 14 H G B erzwungen werden (Rdn. 15; Str.; wie hier Ulmer in Hachenburg 7 11 Aufl. 40; Fischer/Lutter 15). Gegen andere Personen wie inländische Beauftragte oder Repräsentanten der ausländischen Hauptniederlassung kann ein Zwangsgeld jedoch nicht festgesetzt werden (h.L.; vgl. Nachweise bei Scholz-Winter33; ferner Rowedder-Rittner 47).

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c) Einzelheiten. Anzumelden haben die gesetzlichen Vertreter der ausländischen Hauptniederlassung in vertretungsberechtigter Zahl, entsprechend den jetzt auch geltenden Erfordernissen bei Anmeldung inländischer Hauptniederlassungen (Rdn. 9). Eine Anmeldung durch Bevollmächtigte ist zulässig (Rdn. 9). Anmeldung und Bevollmächtigung zur Anmeldung bedürfen der öffentlichen beglaubigten Form (§12 Abs. 1 H G B ) ; zu ausländischen Beglaubigungens. §2, 11. In entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 1 sind neben dem Gründungsund Errichtungsnachweis (Rdn. 18) der ausländischen Hauptniederlassung 172

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Zweigniederlassung deren Gesellschaftsvertrag in seiner neuesten Fassung bzw. vollständig mit allen Änderungen in beglaubigter Abschrift der Anmeldung beizufügen, ferner eine Legitimation der anmeldenden gesetzlichen Vertreter und einer Liste der Gesellschafter mit den in § 8 Abs. 1 Nr. 3 geforderten Angaben. § 8 Abs. 1 Nr. 4 und 5 sind dagegen nicht entsprechend anwendbar, wohl aber Abs. 1 Nr. 6 (dazu Rdn. 16a.E.). § 8 Abs. 2 kommt bei Anmeldung einer bereits bestehenden Gesellschaft bzw. von deren inländischen Niederlassung nicht in Betracht (BayObLGZ 86 Nr. 65). Gleiches gilt f ü r die nach § 8 Abs. 3 abzugebenden Versicherung (s. auch Rdn. 10). Die nach § 6 Abs. 2 bestehenden persönlichen Ausschlußgründe f ü r die Übernahme des Amtes als Geschäftsführer einer inländischen G m b H können in Bezug auf Organmitglieder ausländischer Gesellschaften nicht angewandt werden. Die materiell-rechtlichen persönlichen Voraussetzungen bestimmen sich insoweit allein nach ausländischem Recht (Rdn. 18; a.A. BayObLGZ 86 Nr. 65 = DB 86, 2530). Soweit das ausländische Recht Regeln über die Vertretungsbefugnis der Organmitglieder kennt, sind auch diese in der Anmeldung anzugeben (§ 8 Abs. 4). Ferner haben alle Organmitglieder — entsprechend § 8 Abs. 5 — ihre Unterschrift zur Aufbewahrung bei Gericht in öffentlich beglaubigter Form zu zeichnen (§ 8, 35). Die Anmeldung hat in deutscher Sprache zu erfolgen (vgl. § 184 G V G ; Rowedder-Rittner 42; Balser/Pichura S. 27). Fremdsprachige Urkunden sind zusammen mit einer beglaubigten Ubersetzung einzureichen {Roth 4).

4. Eintragung und Bekanntmachung a) Sitz und Firma. Einzutragen ist im Handelsregister nach § 13b Abs. 2 2 2 H G B — neben dem Sitz der Hauptniederlassung — der Ort der Zweigniederlassung und — neben der Firma der Hauptniederlassung — ein gegebenenfalls für die Niederlassung beigefügter Firmenzusatz (§4,28). b) Sonstige Eintragungen. Außer den in Rdn. 22 genannten Eintragungen 2 3 sind gemäß § 12 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 die dort näher bezeichneten Angaben in Bezug auf die ausländische Hauptniederlassung einzutragen, nämlich in H ö h e des haftenden Kapitals, der T a g des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages und die Angaben der vertretungsberechtigten Personen bzw. die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft. Einzutragen ist ferner (gemäß § 10 Abs. 2), wenn satzungsmäßig vorgesehen, die Zeitdauer der Gesellschaft. c) Bekanntmachung. Hinsichtlich der Veröffentlichung der Eintragung der inländischen Zweigniederlassung gilt § 10 Abs. 3 entsprechend. Meyer-Landrut

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§ 12

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1. Abschnitt. Errichtung der Gesellschaft

d) Gebühren. D e r Geschäftswert für Anmeldungen und Registereintragungen für die inländische Zweigniederlassung einer ausländischen H a u p t niederlassung ist nach § 26 Abs. 1 bis 5 K o s t O zu ermitteln, nicht nach § 26 Abs. 8 K o s t O ( B a y O b L G Die A G 86, 165).

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ZWEITER ABSCHNITT Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter

§13 (1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. (2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen. (3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuches.

Übersicht Rdn. I. E i n l e i t u n g II. E i g e n e R e c h t e und Pflichten (Abs. I i 1. Beginn und E n d e d e r R e c h t s persönlichkeit a) Beginn b) E n d e

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Rdn. 2. A r t e n d e r R e c h t e und P f l i c h ten a) Zivilrechtlich b) P r o z e ß r e c h t l i c h c) Ö f f e n t l i c h r e c h t l i c h III. H a f t u n g f ü r V e r b i n d l i c h k e i t e n (Abs. 2) IV. H a n d e l s g e s e l l s c h a f t (Abs. 3)

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Schrifttum Nachweise bei $ 1

I. Einleitung Die Vorschrift bestimmt, daß die G m b H gegenüber ihren Gesellschaftern 1 selbständig ist und eigene Rechte und Pflichten hat, daß dementsprechend nur das Gesellschaftsvermögen den Gläubigern als Haftungsgrundlage zur Verfügung steht und daß die G m b H immer, unabhängig von ihrem Unternehmensgegenstand, Handelsgesellschaft im Sinne des § 6 H G B ist. Der Text ist seit 1892 unverändert. Auch der umfassende Reformentwurf 1973 (BT-Drucks. 7/253) wollte an § 13 sachlich nichts ändern, lediglich seine einzelnen Regelungen an anderer Stelle anordnen, nämlich die Abs. 1 und 2 Meyer-Landrut

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§ 13

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

als § 1 Abs. 1 und Abs. 3 als § 3 des Entwurfs. Die Reform 1980 hat diese Vorschläge nicht wieder aufgegriffen.

II. Eigene Rechte und Pflichten (Abs. 1) 2

Die G m b H hat, auch wenn dies im Gesetz — im Gegensatz zu § 1 Abs. 1 S. 1 AktG f ü r die AG — nicht ausdrücklich gesagt wird, eigene Rechtspersönlichkeit: sie ist juristische Person. Hierdurch unterscheidet sie sich von den Gesamthandgemeinschaften der O H G und KG. G m b H und Gesellschafter stehen sich als selbständige Personen gegenüber. Allerdings bestehen auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages besondere Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern sowie den Gesellschaftern untereinander. 1. Beginn und Ende der Rechtspersönlichkeit

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a) Beginn. Die Existenz als juristische Person beginnt mit der Eintragung der G m b H ins Handelsregister (§ 11 Abs. 1). Dies gilt auch, wenn die G m b H im Wege der übertragenden Umwandlung entsteht, also durch noltariell beurkundeten Beschluß über die Errichtung der G m b H und über die gleichzeitige Übertragung des Vermögens eines einzelkaufmännischen Unternehmens, einer O H G , KG, einer Gebietskörperschaft oder eines Gemeindeverbandes auf diese (vgl. §§ 46—49, 56a—56f, 58, 63 UmwG). Die übertragende U m wandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine G m b H ist durch die Novelle 1980 ermöglicht worden. Bei der formändernden Umwandlung einer schon vorher bestehenden juristischen Person in eine G m b H besteht dagegen die ursprüngliche juristische Person nunmehr in der Rechtsform der G m b H weiter (Scholz-Winter 3; a.A. Reinhardt Gesellschaftsrecht S. 24, dessen rechtstheoretisch beachtlichen Einwänden jedoch der Wortlaut der §§ 372 S. 1,387 Abs. 1 S. 1 AktG, 59 Abs. 5, 65 Abs. 1 S. 1 U m w G entgegensteht).

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b) Ende. Die Existenz als juristische Person erlischt nicht schon mit der Auflösung gemäß § 60, der gerichtlichen Feststellung nach § 60 Abs. 5, daß ein entsprechender Mangel vorliegt, der Eintragung der Nichtigkeitserklärung nach §§ 75, 77, der Amtslöschung nach §§ 144, 144a, 144b FGG oder der Abweisung des Konkursantrags mangels Masse nach § 1 LöschungsG vom 9.10.1934, da sich hieran jeweils noch die Abwicklung nach den §§ 66 ff, 77 anschließen kann (weitere Auflösungsgründe s. §60, 19). Sie erlischt jedoch durch die Löschung nach § 2 LöschungsG, da diese die Auflösung ohne Liquidation herbeiführt und eine Nachtragsabwicklung gemäß § 2 Abs. 3 LöschungsG nur in Ausnahmefällen erforderlich ist (im einzelnen § 60, 16). Zur Beendigung der Existenz ist somit nur erforderlich: Die Löschung der Firma nach § 31 H G B oder § 2 LöschungsG. Nach herrschender Rspr. ( B G H Z 48, 307, 53, 264; B G H LM Nr. 1 zu § 74; O V G Münster, N J W 81, 2373) und 176

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Juristische Person; Handelsgesellschaft

Lehre (Hohner in Hachenburg § 74, 25) wirkt die Löschung einer G m b H im Handelsregister allerdings nur deklaratorisch (§ 74, 5), denn auch im G m b H Recht ist entsprechend § 274 AktG bei noch vorhandenem oder auftauchendem Vermögen eine Nachtragsliquidation durchzuführen (§74, 10 f). Daraus folgt, daß sich auch die Gesellschafter einer zeitweise vermögenslosen G m b H entschließen können, ihr neues Kapital zuzuführen, damit sie den Geschäftsbetrieb wiederaufnehme. Denn erst mit der Löschung im Handelsregister, nicht schon mit der Vermögenslosigkeit, kommt es zur Beendigung der G m b H (§ 60, 2, s. auch Ulmer in Hachenburg § 60, 13 und 14). Die Existenz als juristische Person erlischt ferner, sobald die Verschmel- 5 zung der G m b H mit einer anderen G m b H (§ 25 Abs. 3 KapErhG) oder mit einer AG oder KGaA durch Vermögensübertragung auf diese Gesellschaften im Register eingetragen ist (§§ 355 Abs. 2, 356 Abs. 2, Abs. 4 AktG), desgleichen ihre Umwandlung durch Vermögensübertragung auf eine bestehende oder zu errichtende O H G , K G oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 24, 3, 15, 16, 20, 21 UmwG), sofern keine Kapitalgesellschaft als Gesellschafter beteiligt ist (§ 1 Abs. 2 UmwG). 2. Arten der Rechte und Pflichten a) Zivilrechtlich. Als selbständige juristische Person kann die G m b H alle 6 Rechte, Pflichten und Amter haben sowie alle Tätigkeiten ausüben, die nicht ihrem Wesen nach nur auf natürliche Personen zugeschnitten sind (ausführliche Liste bei Scholz-Winter 11 — 14). Die G m b H kann also Eigentum, dingliche Rechte, gewerbliche Schutzrechte, urheberrechtliche Nutzungsrechte erwerben und darüber verfügen. Ihr stehen das Firmenrecht, das Namensrecht, der zivilrechtliche Ehrenschutz, das Recht an der Geheimsphäre zu. Sie kann unmittelbarer Besitzer (BGH W M 71, 589, 591, 592), Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft sein, bei der Personengesellschaft auch geschäftsführender Gesellschafter; ferner Liquidator (§66, 5); des weiteren Erbe, Vermächtnisnehmer, Nachlaßpfleger, Testamentsvollstrecker (arg. aus §§2210 S. 3, 2163 Abs. 2 BGB) und Nachlaßverwalter (Baumbach-Hueck 14. Aufl. 4; Rowedder-Rasner teilw.; a.A. Scholz-Winter 12 m.w.N.; Fischer/ Lutter 2). Durch ihre Organe nimmt sie aktiv und passiv am Rechtsverkehr teil, schließt Verträge, bevollmächtigt und wird bevollmächtigt. Für unerlaubte Handlungen ihrer Organe (Geschäftsführer) haftet sie im Rahmen des nach allg. M. entsprechend anzuwendenden §31 BGB, ist also deliktsfähig. Sie kann auch durch unerlaubte Handlungen (z.B. an Eigentum und anderen dinglichen Rechten) verletzt werden. Als Halterin von Kraftfahrzeugen unterliegt sie der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG; desgleichen den sonstigen Vorschriften der Gefährdungshaftung. Dagegen kann die G m b H nicht Vorstandsmitglied einer AG sein (§ 76 7 Abs. 3 S. 1 AktG), Geschäftsführer einer G m b H (§ 6 Abs. 2 S. 1), Mitglied des Meyer-Landrut

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2. Abschnitt. R e c h t s v e r h ä l t n i s s e d. G e s e l l s c h a f t u. G e s e l l s c h a f t e r

Aufsichtsrats (§ 100 Abs. 1 AktG), Vormund, wie sich aus den ganz auf natürliche Personen zugeschnittenen §§ 1780 bis 1784 und e contrario § 1791a BGB ergibt, oder Konkursverwalter (allg. M. vergl. Schilling in Hachenburg 12 m.w.N.; Baumbach-Hueck, Roweder, Fischer/Lutter jeweils aaO). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht steht ihr nicht zu (vgl. Lessmann Persönlichkeitsschutz juristischer Personen AcP 170, 266 ff); ebensowenig kann sie Inhaberin der originären Urheber und Erfinderrechte sein, weil diese an den schöpferischen Akt anknüpfen, wie er nur einer natürlichen Person möglich ist. 8

b) Prozeßrechtlich. Das Gesetz hebt die Parteifähigkeit der GmbH vor Gericht hervor. Ob sie selbst prozeßfähig ist (Schilling in Hachenburg 14; Scholz-Winter54; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 6; Rowedderl) oder nicht (BFH NJW 74, 880 und die h.M. im zivilprozessualen Schrifttum), ist praktisch von untergeordneter Bedeutung: jedenfalls wird sie im Prozeß durch ihre Organe, die Geschäftsführer, vertreten, im Abwicklungsstadium durch die Liquidatoren (§71); zur Vertretung in Aktiv- und Passivprozessen nach Löschung der G m b H bzw. nach Eintragung ihrer Auflösung wegen Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse vgl. OLG Köln OLG Ζ 77, 240; OLG Frankfurt DB 78, 2355; Bokelmann N J W 77, 1130. Bei Prozessen zwischen G m b H und Geschäftsführern wird die GmbH, mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag, entweder von der durch Gesellschafterbeschluß hierzu bestimmten Person vertreten (§ 46 Nr. 8) oder — so bei der dem § 77 BetrVG 1952 oder den Mitbestimmungsgesetzen unterliegenden G m b H — durch den Aufsichtsrat (§112 AktG). Durch die Geschäftsführer wird die G m b H im Prozeß auch dann vertreten, wenn hierin gerade deren Bestellung als nichtig oder anfechtbar angegriffen wird (BGH W M 81, 138). Zivilprozessual sind ferner vor allem zu beachten die § 116 Abs. 1 Nr. 2 Z P O (Anspruch auf Prozeßkostenhilfe nur bei Erfüllung verschärfter Voraussetzungen, nämlich nur dann, wenn nicht nur die eigenen Belange der GmbH berührt würden, sondern auch allgemeine Interessen, wie die einer großen Zahl von Angestellten oder einer Vielzahl von Kleingläubigern (BGH WM 86, 405) und wenn die Kosten weder von der GmbH noch von am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können), § 130 Nr. 1 Z P O (Angabe der Geschäftsführer in der Klageschrift), § 171 Abs. 3 Z P O (Zustellung an nur einen Geschäftsführer ist ausreichend), §§ 445 ff Z P O (Vernehmung der Geschäftsführer nur als Partei), §§ 899 ff Z P O (eidesstattliche Offenbarungsversicherung ist durch den Geschäftsführer abzugeben). Der allgemeine Gerichtsstand richtet sich nach den §§ 17 (Sitz) und 21 Z P O (Niederlassung). Eine vom Gemeinschuldner beherrschte G m b H ist „naher Angehöriger" i.S. von § 31 Nr. 2 K O (BGH DB 86, 792 = NJW 86, 1047 = GmbH-Rdsch. 86, 116).

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c) Öffentlich-rechtlich. Als juristische Person ist die G m b H gemäß Art. 19 Abs. 3 GG grundrechtsfähig, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf 178

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Juristische Person; Handelsgesellschaft eine juristische Person anwendbar sind. Zur Frage, inwieweit dies bei den einzelnen Grundrechten der Fall ist, sei auf die Kommentare zum GG verwiesen (Übersichten bei Schilling in Hachenburg 22, 23; Scholz-Winter 58). Die G m b H ist in allen Verwaltungsverfahren beteiligUngs- und handlungsfähig (§§11 Nr. 1, 12 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG; Art. I § 10 Nr. 1, 11 Abs. 1 Nr. 3 SGB; 79 Abs. 1 Nr. 3 AO); ebenso in allen Verfassungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsverfahren (§§ 90 Abs. 1 BVerfGG; 61 Nr. 1, 62 Abs. 2 V w G O ; 70 Nr. 1, 71 Abs. 3 SGG; 58 Abs. 2 FGO). Auch materiell-rechtlich kann die GmbH Trägerin subjektiver öffentlicher Rechte und Pflichten sein, soweit diese nicht ausschließlich auf natürliche Personen zugeschnitten sind. Soweit begünstigende oder belastende Verwaltungsakte von persönlichen Eigenschaften gesetzlich abhängig gemacht sind (z.B. § 4 GaststättenG), kommt es auf die entsprechenden Eigenschaften der Geschäftsführer oder Betriebsleiter an. Die G m b H unterliegt der Körperschaftssteuer, bei Gründung und Kapi- 10 talerhöhung der Kapitalverkehrssteuer, der Gewerbesteuer und der Vermögenssteuer; ihre Umsätze unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer (Ausnahmen: § 4 UStG). Strafrechtlich ist die G m b H strafantragsfähig (5 77 StGB), kann auch Privat- und Nebenklage erheben (§§ 374 Abs. 3 395 Abs. 1 StPO). Sie kann jedoch nie selbst strafbar sein. Es kann allerdings gegen sie eine Geldbuße (§ 30 OWiG), der Verfall oder die Einziehung von Gegenständen (§§ 73 bis 75 StGB, 459g StPO, 22, 25 OWiG) festgesetzt werden, wenn der Geschäftsführer als Organ eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, durch welche die Pflichten der GmbH verletzt worden sind oder diese bereichert werden sollte (Geldbuße) bzw. wenn ein Straftäter für die GmbH handelnd ihr durch die Straftat einen Vermögensvorteil verschafft hat (Verfall) oder bei der Straftat der G m b H gehörende Gegenstände gebraucht oder hierbei jetzt der G m b H gehörende Gegenstände hervorgebracht worden sind (Einziehung). Geldbuße und Verfall können nicht nebeneinander gegen die G m b H festgesetzt werden (§ 30 Abs. 5 OWiG). III. H a f t u n g für Verbindlichkeiten (Abs. 2) Gemäß § 13 Abs. 2 haftet den Gläubigern der G m b H nur deren Vermögen. 11 Die Vermögenssphären der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter sind also vom Gesetz strikt getrennt. Dieses Prinzip ist vom Zivilgesetzgeber durchgängig eingehalten, nicht dagegen vom Steuergesetzgeber: §§ 73, 74 AO eröffnen dem Fiskus Möglichkeiten, die Organgesellschaft wegen Steuerschulden des Organträgers in Anspruch zu nehmen; ebenso den wesentlich beteiligten Gesellschafter mit einem Gegenstand, den er der G m b H zu Verfügung gestellt, aber nicht zu Eigentum übertragen hat, für Steuerschulden der G m b H haften zu lassen. Eine Haftung eines Gesellschafters für Schulden der GmbH besteht zivilrechtlich nur auf der Grundlage besonderer Verpflichtungsgründe (BürgMeyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

schaft, Schuldbeitritt, Rechtsscheinhaftung (BGHZ 62, 222; 64, 16; W M 81, 1021; Z I P 81, 983), Verschulden bei Vertragsschluß (BGH W M 77, 75), Mittäter einer unerlaubten Handlung), in den seltenen Fällen der Durchgriffshaftung (s.§ 1, 29 — 31) sowie schließlich bei besonderen konzernrechtlichen Tatbeständen. Insbesondere kommt nach der Rechtsprechung des B G H eine Ausfallhaftung des herrschenden Unternehmens in entsprechender Anwendung der 303, 322 Abs. 2 und 3 AktG dann in Betracht, wenn die Konzernobergesellschaft die Geschäfte der abhängigen G m b H dauernd und umfassend selbst geführt hat und nicht darlegen kann, daß die Geschäfte durch einen pflichtgemäß handelnden Geschäftsführer einer selbständigen G m b H genauso geführt worden wären ( B G H Z 95, 330 = W M 85, 1263 = N J W 86, 188 = Z I P 85, 1263; so in bezug auf den sog. qualifizierten faktischen Konzern auch Fischeri Lutter Anh. § 13, 18; Scholz-Emmerich Anh. II, 141; Baumbach-Hueck KonzernR 29; Hommelhoff EWiR § 13 G m b H G , 1985, 885; K. Schmidt BB 85, 2074; Lutter Z I P 85, 1425; StimpelAG 86, 117; Ulmer AG 86, 123; ders. N J W 86, 1579; kritisch Wilhelm DB 86, 2113; Wiedemann Z G R 86, 656; ferner Ehlke DB 86, 523 sowie Rehbinder Die AG 86, 85; Heinsius Die AG, 86,99. Steht den Gläubigern einerseits nur das Vermögen der G m b H als H a f tungsmasse zur Verfügung, so andererseits das ganze Vermögen der G m b H , also auch deren Forderungen gegen die Gesellschafter, darunter auch die Forderung auf Einzahlung einer Einlage, die vom Gläubiger gepfändet werden kann (s. § 19, 45) und die ebenfalls pfändbare Forderung auf Erstattung unzulässiger Auszahlungen (§31). Darüber hinaus trifft das Gesetz Vorsorge, daß ein richtig bewertetes Stammkapital ursprünglich vorhanden ist und daß dem Stammkapital entsprechendes Gesellschaftsvermögen zur Verfügung steht 5 Abs. 4, 8 Abs. 2, 9, 9a, 19, 22, 30 bis 33). Doch folgt aus dem Erfordernis, einen oder mehrere Geschäftsführer zu bestellen, (S 46 Nr. 5) keine Verpflichtung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, im Falle der Nichtbestellung von Geschäftsführern, die zur Bezahlung der Dienstbezüge eines Notgeschäftsführers erforderlichen Beträge nachzuschießen, wenn diese nicht aus dem Vermögen der G m b H bezahlt werden können (BGH W M 85,52).

IV. Handelsgesellschaft (Abs. 3) 12

Als Handelsgesellschaft (Abs. 3) unterliegt die G m b H immer den f ü r Kaufleute geltenden Vorschriften (S 6 Abs. 1 HGB). Sie ist stets Vollkaufmann (S 6 Abs. 2 HGB). Damit unterliegt sie nach allg. M. allen Vorschriften des Ersten und Vierten Buches der H G B , insbesondere dem Register- und Firmenrecht und dem Recht der Handelsgeschäfte. Alle von ihr betriebenen Geschäfte gehören — kraft Verweisung in Abs. 3 — zum Betrieb eines Handelsgewerbes im Sinne des S 343 Abs. 1 HGB. Ihre Forderungen aus Umsatzgeschäften verjäh180

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Geschäftsanteil

ren nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB in zwei Jahren; die dort genannten gegen sie bestehenden Forderungen verjähren nach § 196 Abs. 2 in vier Jahren, da sie ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens einen Gewerbebetrieb unterhält {Schilling in Hachenburg 27; Baumbach-Hueck 14. Aufl., 40, Rowedder 10; im Ergebnis ebenso mit abweichender Begründung Scholz-Winter 89). Sie ist nach allg. M. Kaufmann im Sinne des § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG. Ob sie jedoch ein Gewerbe der G e w O oder anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften betreibt, kann nicht auf der Grundlage der Fiktion des Abs. 3, sondern muß nach ihrer tatsächlich ausgeübten Geschäftstätigkeit beurteilt werden. Die Kaufmannseigenschaft der G m b H & Co. K G richtet sich, auch wenn eine G m b H persönlich haftender Gesellschafter ist, nicht nach Abs. 3, sondern bestimmt sich danach, ob Kaufmannseigenschaft der KG als solcher nach §§ 1 bis 3 H G B gegeben ist (BayObLG Z I P 85,613,614 m.w.N.).

§14 Der Geschäftsanteil jedes Gesellschafters bestimmt sich nach dem Betrage der von ihm übernommenen Stammeinlage. Übersicht Rdn. I. Einleitung II. D e r Geschäftsanteil 1. Begriff und A b g r e n z u n g . . . . 2. Anteilscheine, Dividendenscheine III. Die Mitgliedschaft 1. Allgemeines 2. D e r Inhalt einzelner Mitgliedschaftsrechte und -pflichten a) R e c h t e b) Pflichten 3. S o n d e r r e c h t e und S o n d e r pflichten 4. Die Entziehbarkeit der Gesellschafterrechte

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Rdn. IV. V e r h a l t e n s m a ß s t ä b e zwischen Gesellschaftern und der G m b H und Gesellschaftern u n t e r e i n a n der 1. Allgemeines 2. D e r G r u n d s a t z d e r g l e i c h m ä ßigen B e h a n d l u n g und das G e b o t d e r guten Sitten 3. Die T r e u e p f l i c h t V. Streitigkeiten aus der und um die Mitgliedschaft 1. Actio pro societate (Gesellschafterklagen) 2. Sonstige Streitigkeiten 3. Schiedsgericht VI. B e w e r t u n g

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19 25

32 33 35 38

Schrifttum Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften 1949, 174 ff; Berger Die actio pro socio im G m b H - R e c h t , Z H R (149) 1985, 599; v. Falkenhausen Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft nach dem Recht der Kapitalgesellschaften 1967, 28 ff; Fleck Stimmrechtsabspaltung in der G m b H , FS R. Fischer, 1979 S. 107; Flume Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, I. Bd. 1. Teil, Die Personengesellschaft, 1977 S. 139 ff; ders. Die Gesellschafter und das Vermögen der KapitalgesellMeyer-Landrut

181

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter schaft und die Problematik der verdeckten Gewinnausschüttung, Z H R 144 (1980), 18; Hartmann Schadensersatzanspruch der G m b H gegenüber einem Gesellschafter f ü r die Nutzung ihres Fachwissens und ihrer Geschäftsverbindungen außerhalb der G m b H , D B 81, 1073; Hoffmann Die Klagebefugnis des GmbH-Gesellschafters, GmbH-Rdsch. 63, 61; G. Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, 1958; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft 1970, 261 ff; Kornmeier Die Schiedsgerichtsvereinbarung in der GmbH-Satzung, DB 80, 193; den. Vergleichsbefugnis und Schiedsfähigkeit, 1982; Lutter Zur inhaltlichen Begründung von Mehrheitsentscheidungen Z G R 81, 171; den. Theorie der Mitgliedschaft AcP 180, 84; Maatz Geltendmachung von Gesellschaftsansprüchen durch Mitgesellschafter einer G m b H im eigenen Namen, GmbH-Rdsch. 74, 124; Martens Mehrheits- und Konzernherrschaft in der personalistischen ' G m b H , 1970; den. Die G m b H und der Minderheitsschutz, G m b H Rdsch. 84, 265; Mertens Die Geschäftsführungshaftung in der G m b H und das I T T - U r teil, Festschrift f ü r R. Fischer 1979, 461; Priester Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften D B 79, 681; Rücker Die Entziehung von Sonderrechten eines GmbH-Gesellschafters wegen mißbräuchlicher Rechtsausübung, Diss. München 1963; H.M. Schmidt Die gegenseitige Treuepflicht der GmbH-Gesellschafter, G m b H Rdsch. 60, 137; Teichmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, 1970; Timm Der Mißbrauch des Auflösungsbeschlusses durch den Mehrheitsgesellschafter, J Z 80, 665; ders. Wettbewerbsverbot und ,,Geschäftschancen"-Lehre im Recht der G m b H , GmbH-Rdsch. 81, 177; Vollmer Unternehmensverfassungsrechtliche Schiedsgerichte, Z G R 82, 15; H.P. Westermann GmbH-Konzernrecht kraft richterlicher Rechtsfortbildung?, GmbH-Rdsch. 76, 77; Wiedemann Gesellschaftsrecht Bd. I 1980, 404-470; ders. Die Bedeutung der ITT-Entscheidung, JZ 76, 392; Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer G m b H , 1964; Zöllner Die Schranken mitgliedschaftsrechtlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, 287 ff.

I. Einleitung 1

O h n e d e n in z a h l r e i c h e n V o r s c h r i f t e n des G m b H G (§§ 14, 15, 16, 17, 18, 19, 2 1 , 2 2 , 2 3 , 2 4 , 2 5 , 2 7 , 2 9 , 31, 33, 3 4 , 35, 4 2 , 43, 4 6 , 4 7 , 4 8 , 50, 55, 6 1 , 6 6 , 72) v e r w e n d e t e n Begriff des G e s c h ä f t s a n t e i l s z u d e f i n i e r e n , g r e n z t § 14 d i e s e n Begriff v o n d e m d e r S t a m m e i n l a g e n a b u n d e r k l ä r t g l e i c h z e i t i g die S t a m m e i n l a g e z u r m a ß g e b l i c h e n B e z u g s g r ö ß e f ü r d i e H ö h e des G e s c h ä f t s a n t e i l s . D a d e r G e s c h ä f t s a n t e i l die B e t e i l i g u n g des G e s e l l s c h a f t e r s a n d e r G m b H u n d d a m i t die G r u n d l a g e f ü r d i e z w i s c h e n d e n G e s e l l s c h a f t e r n u n d d e r G m b H b e s t e h e n d e n R e c h t s p o s i t i o n d a r s t e l l t , ist a u c h auf A r t u n d I n h a l t d i e s e r R e c h t s v e r h ä l t n i s s e , also auf die Mitgliedschaft, n ä h e r e i n z u g e h e n .

2

§ 14 ist seit 1892 u n v e r ä n d e r t . D e r im R e g E n t w 1971 ( B T - D r u c k s 7 / 2 5 3 ) enthaltene Versuch, nicht mehr zwischen Geschäftsanteil und Stammeinlage zu d i f f e r e n z i e r e n und d u r c h g ä n g i g n u r n o c h d e n Begriff des Geschäftsanteils — gleich d e m d e r A k t i e , vgl. § 1 Abs. 2 R e g E n t w u n d § 1 A b s . 2 A k t G — z u v e r w e n d e n , ist in d e r N o v e l l e 1980 n i c h t a u f g e g r i f f e n w o r d e n . 182

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Geschäftsanteil

II. Der Geschäftsanteil 1. Begriff und Abgrenzung. Der Geschäftsanteil ist die Beteiligung am 3 Gesellschaftsvermögen (RGZ 82, 169). Wegen der strengen Trennung zwischen dem Vermögen der G m b H und dem der Gesellschafter (vgl. § 13, 2) besteht diese Beteiligung, anders als bei Personengesellschaften, nicht unmittelbar, sondern nur wertmäßig (Schilling in Hachenburg 5, teilweise d e f l a t o risch abw. Scholz-Winter 2). Erst durch Ausscheiden aus der G m b H oder bei deren Liquidation läßt sich der Wert der Beteiligung realisieren. Die Beteiligung wird durch Übernahme einer Stammeinlage begründet (RGZ 82, 169). Ihre Höhe bestimmt sich nach dem Betrag der übernommenen Stammeinlage; ob diese geleistet ist, ist unerheblich. Die im Gesetz verwendeten Begriffe des Geschäftsanteils, der Stammein- 4 läge und des Stammkapitals sind voneinander abzugrenzen: Stammkapital ist der Sachwert, den die Gesellschafter der G m b H zur Verfügung zu stellen haben (§ 5, 4) und der nach Einbringung (Zahlung, Leistung von Sacheinlagen) ausschließlich der G m b H dinglich zugeordnet ist. Stammeinlage ist die im Gesellschaftsvertrag festgesetzte Höhe der Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters zur Leistung auf das Stammkapital durch Zahlung oder Sacheinlage (§ 3, 21; § 5, 16). Geschäftsanteil ist das Gegenstück zur Stammeinlage, das aus der Übernahme einer Verpflichtung resultierende Beteiligungsrecht, dessen Ausmaß konsequent durch den Umfang der übernommenen Verpflichtung bestimmt wird. Falls nicht im Gesellschaftsvertrag anderweitig geregelt, richten sich die Gewinn-, Stimm- und die Rechte auf einen eventuellen Liquidationserlös wiederum nach der Höhe der einzelnen Geschäftsanteile, desgleichen die Pflichten auf die eventuell nach §§ 24, 26 Abs. 2, 31 Abs. 3 zu leistenden Zahlungen. Der Wert des Geschäftsanteils kann naturgemäß nicht aus seinem Nennbetrag abgelesen, sondern nur aus dem tatsächlichen Wert des Gesellschaftsvermögens ermittelt werden (Rdn. 38). Grundsätzlich entspricht die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile dem Betrag des Stammkapitals und der Summe der Stammeinlagen; zu den Ausnahmen vgl. § 34, 11 sowie Scholz-Winter 3 einerseits, Schilling in Hachenburg 3 andererseits. 2. Anteilscheine, Dividendenscheine Anteilscheine über Geschäftsanteile werden in der Praxis selten ausgestellt. 5 Einen Anspruch hierauf haben die Gesellschafter nur, wenn der Gesellschaftsvertrag die Ausstellung anordnet. Die Scheine sind keine Wertpapiere, verkörpern also nicht das Anteilsrecht (die Beteiligung), sondern sind lediglich Beweisurkunden. Durch Übertragung des Rechts am Anteilschein kann deshalb ein Geschäftsanteil nicht übertragen werden. Hierzu bedarf es vielmehr der notariell beurkundeten Abtretung (§ 15 Abs. 3). Gem. $ 15 Abs. 5 kann der Gesellschaftsvertrag jedoch vorsehen, daß die Übertragung des Geschäftsanteils Meyer-Landrut

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§ 14

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

nur bei zusätzlicher Ubergabe des Scheins wirksam ist. Der Erwerber hat ohnehin einen Anspruch auf Übergabe nach § 402 BGB. Auch die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten (z.B. Stimmrechten, Dividendenrechten) kann im Gesellschaftsvertrag von der Vorlage des Anteilscheines abhängig gemacht werden. 6

Dividendenscheine oder Gewinnanteilscheine sind urkundliche Verbriefungen des nach § 2 9 bestehenden Gewinnanspruchs des Gesellschafters; in der Praxis sind sie kaum anzutreffen. Zur Ausgestaltung im einzelnen Goerdeler/ Müller in Hachenburg, Anh. § 2 9 , 1 ff.

III. Die Mitgliedschaft 7

1. Allgemeines. Der Geschäftsanteil gibt nicht nur der vermögensmäßigen Beteiligung an der G m b H Ausdruck, sondern ist vor allem ein vom Gesetzgeber gewählter Kurzbegriff f ü r sämtliche mit dieser Beteiligung verbundenen Rechte und Pflichten der Gesellschafter (RGZ 82, 169). Diese bestehen nicht nur gegenüber der G m b H , sondern nach neuerer Erkenntnis auch im Verhältnis der Gesellschafter zueinander (vgl. allgemein Scholz-Westermann Einleitung 7). Das Rechte- und Pflichtenbündel kann nach verschiedenen Kriterien systematisiert werden, wie es etwa bei der Einteilung in Verwaltungs- und Vermögensrechte, allgemeine Mitgliedsrechte und Sonderrechte, entziehbare und unentziehbare Rechte (Schilling in Hachenburg 8 ff) oder auch in Vermögens- und Personenrechte (Scholz-Winter 11) geschieht. Diese Unterteilungen betrachten jeweils einen für die Systematik hervorgehobenen Aspekt eines bestimmten Rechtes, das durchaus von mehreren Systemoberbegriffen erfaßt werden kann (z.B. erhöhtes Stimmrecht als u.U. unentziehbares Verwaltungssonderrecht). Das Gegensatzpaar Verwaltungs-/Vermögensrechte, wie auch das Paar Vermögens-/Personenrechte klassifiziert hierbei nach dem typischen Inhalt der Rechtspositionen, das Gegensatzpaar entziehbar/unentziehbare Rechte nach der gesetzlich oder besonders im Gesellschaftsvertrag angeordneten Beständigkeit der Rechtsposition und das Gegensatzpaar allgemeine Mitgliedsrechte/Sonderrechte nach der Gleichmäßigkeit der Rechte f ü r alle Gesellschafter. Eine Abspaltung einzelner Mitgliedschaftsrechte, insbesondere die Übertragung des Stimmrechts oder sonstiger Verwaltungsrechte losgelöst von der Mitgliedschaft auf Dritte, ist nicht zulässig (h.L., B G H Z 43, 261; B G H N J W 68, 397; B G H W M 76, 1247, 1249 = GmbH-Rdsch. 77, 245 = BB 77, 10; BayObLG W M 86, 87 = DB 86, 421; Scholz-K. Schmidt § 47, 21; BaumbachHueck 14. Aufl. § 47, 28; Roth § 47, 3.1.; Rowedder 5; a.A. Schilling in H a chenburg 31 f; differenzierend Fischer/Lutter §47, 2; Fleck FS R. Fischer, 1979, 128; Rowedder-Koppensteiner §47, 21 f). Desgleichen wird f ü r das GmbH-Recht auch die im Aktienrecht (§ 129 Abs. 3 AktG) zulässige Legitimationszession als nicht zulässig angesehen (Scholz-K. Schmidt a a O ; Baumbach184

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Geschäftsanteil Hueck aaO 29; a.A. Rowedder-Koppensteiner O b L G aaO). S. auch § 15, 48.

§47, 24; offen gelassen Bay-

2. Der Inhalt einzelner Mitgliedschaftsrechte und Pflichten a) Rechte. Für die Mitgliedschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind die 8 Rechte auf Beteiligung an den Entscheidungen, die der Gesellschafterversammlung obliegen (§ 46), also das Recht auf Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und vor allem das Stimmrecht, das den Gesellschaftern regelmäßig nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zusteht (§ 47) und das durch die Stimmverbote nach § 47 Abs. 4 begrenzt ist. Diese Rechte werden abgesichert durch das Recht einer qualifizierten Minderheit, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu erzwingen (§ 50), durch das Auskunftsund Einsichtsrecht jedes Gesellschafters (§ 51a) und durch dessen Recht, Gesellschafterbeschlüsse, die gegen Gesetz oder Gesellschaftsvertrag verstoßen, anzufechten oder in Ausnahmefällen auf die Feststellung ihrer Nichtigkeit zu klagen (vgl. § 47, 68 ff). Die vermögensmäßige Beteiligung steht im Vordergrund bei dem Recht auf Anteil am Gewinn (§ 29), der nach der dispositiven Regel des § 29 Abs. 3 gem. dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu verteilen ist, soweit nicht Beträge in Gewinnrücklagen eingestellt oder als Gewinn vorgetragen werden. Im Falle der Auflösung der G m b H haben die Gesellschafter Anspruch auf Beteiligung am Liquidationserlös, ebenfalls nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile (§ 72). Den Schutz gegen die Mehrheitsherrschaft betonen neben dem Recht aus § 50 die Minderheitenrechte auf gerichtliche Bestellung und Abberufung der Liquidatoren (§ 66 Abs. 2, 3) und auf Erhebung der Auflösungsklage (§ 61 Abs. 2) unter den Voraussetzungen des § 61 Abs. 1. Den gleichen Zweck verfolgen die in §§ 53 Abs. 2, 60 Abs. 1 Nr. 2 geforderten qualifizierten Mehrheitserfordernisse f ü r Satzungsänderungen und Auflösungsbeschlüsse. Um den Gesellschafter vor unübersehbaren finanziellen Belastungen zu schützen, gewährt ihm das Gesetz das Recht, den Geschäftsanteil im Falle der Einforderung von — gesellschaftsvertraglich nicht beschränkten — Nachschüssen preiszugeben (§ 27, Abandonrecht); um ihn auch sonst von zusätzlichen Belastungen gegen seinen Willen zu schützen, macht § 53 Abs. 3 entsprechende Änderungen des Gesellschaftsvertrages von seiner Zustimmung abhängig. Die individuellen Rechte auf Schutz vor Überfremdung und vor unzumutbarer weiterer Kooperation mit der Gesellschaft und einzelnen Gesellschaftern werden geschützt, wenn der Gesellschaftsvertrag die Verfügung über Geschäftsanteile an die Zustimmung der Gesellschafter bindet (§15 Abs. 5), und die Einziehung von Geschäftsanteilen bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Gesellschafterpflichten oder aus sonstigen Gründen zuläßt (§ 34 Abs. 2) wie auch dadurch, daß ein Gesellschafter ausnahmsweise einerseits aus wichtigem Grunde ausgeschlossen werden (§ 15, 43), andererseits seinen Austritt aus wichtigem Grund erklären kann (vgl. § 15, 40). Meyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

9

b) Pflichten. Das Gesetz erwähnt weder die von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelte Treuepflicht noch Pflichten zur Mitwirkung bei der Verwaltung der G m b H , wie sie im Sinne einer Teilnahme an der Erledigung der Aufgaben der Gesellschafter denkbar sind. Die Treuepflicht als Kardinalpflicht der Gesellschafter setzt einerseits der Ausübung ihrer formell bestehenden Rechte Grenzen und hat andererseits konkrete Unterlassungsgebote zum Inhalt (vgl. unten Rdn. 25 bis 28). Demgegenüber beschränkt sich das Gesetz auf die Aufzählung vor allem finanzieller Pflichten: die Pflichten zur Einzahlung auf die Stammeinlagen (§§ 7 Abs. 2, 19) und zur sofortigen Einbringung der Sachginlagen(§ 7 Abs. 3), zur Zahlung von Verzugszinsen bei verspäteter Einzahlung (§ 20), zur Differenzhaftung für überbewertete Sacheinlagen (§ 9 und bei Unterbilanzierung (§11, 15)), zur H a f t u n g des zahlungssäumigen Gesellschafters, seiner Rechtsvorgänger und ggf. der übrigen Gesellschafter auf Einzahlungen zur Stammeinlage (§§ 21—24), zur Leistung von im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen und durch Gesellschafterbeschluß festgesetzten Nachschüssen (§§ 26—28), auf Erstattung von unzulässigen Rückzahlungen (§31), zur H a f t u n g f ü r zurückgezahlte eigenkapitalersetzende Darlehen (§ 32b), zum Ersatz von Schäden, die der G m b H im Gründungsstadium zugefügt werden (§ 9a) und zur Erbringung von im Gesellschaftsvertrag festgelegten Nebenleistungen (§ 3 Abs. 2).

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3. Sonderrechte und Sonderpflichten. Die mit der Mitgliedschaft verbundenen allgemeinen (für alle Gesellschafter gleichen) Rechte und Pflichten gehen bei Übertragung des Geschäftsanteils auf den Erwerber über. Gleiches gilt f ü r die im Gesellschaftsvertrag festgelegten — und nur dort mit mitgliedschaftsrechtlicher, nicht allein schuldrechtlicher Wirkung festlegbaren (vgl. R G Z 170, 358, 367) — Sonderrechte und -pflichten, wenn die Auslegung der diesbezüglichen Vertragsbestimmung ergibt, daß sie fest mit der Inhaberschaft am Geschäftsanteil verbunden und nicht an die Person des derzeitigen Anteilsinhabers gebunden sein sollen. Letzteres wird meist der Fall bei einem Sonderrecht (Sonderpflicht) zur Geschäftsführung sein, wenn nicht aus der Interpretation des Gesellschaftsvertrages ohnehin folgt, daß der gesellschaftsvertraglich zum Geschäftsführer bestellte Gesellschafter nur bei Gelegenheit der Feststellung des Gesellschaftsvertrages in diesem (§ 6 Abs. 3 S. 2) bestellt worden ist, ohne daß damit ein Sonderrecht mit der Rechtsfolge der erschwerten Abberufung (unten 12) verbunden sein soll (vgl. B G H N J W 69, 131; Fleck G m b H Rdsch. 70, 221, 223). Dies ist der Regelfall. Bei allen gesellschaftsvertraglich eingeräumten (vgl. § 3, 35, 36) Sonderrechten und auferlegten Sonderpflichten ist ferner zu prüfen, ob sie die berechtigten/gebundenen Gesellschafter nur als Personen — losgelöst von der Mitgliedschaft — betreffen sollen oder in ihrer Eigenschaft als Anteilsinhaber. Allein schuldrechtlich bindende Sonderrechte (-pflichten) können durch einfachen Vertrag zwischen den von ihnen betroffenen Gesellschaftern ohne satzungsändernden Beschluß aufgehoben 186

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Geschäftsanteil

werden, bei an die Mitgliedschaft geknüpften Bestimmungen ist neben der Zustimmung des Berechtigten stets eine Satzungsänderung erforderlich (dazu ausführlich Priester DB 79, 681, und unten Rdn. 12). Von Bedeutung ist diese Unterscheidung insbesondere bei satzungsmäßig festgelegten Vorkaufsrechten, Anbletungspflichten bei beabsichtigter Anteilsübertragung, Schiedsvereinbarungen und Wettbewerbsverboten. Diese Rechte und Pflichten können, falls lediglich schuldrechtlich bindend, durch Einigung zwischen den Beteiligten aufgehoben werden, was dann allerdings dazu führt, daß der Text des Gesellschaftsvertrages unrichtig wird, sofern nicht gleichzeitig geändert (Priester a a O 685). Entsprechend den zu den in Rdn. 10 geschilderten notwendigen Differen- 11 zierungen wird der Erwerber eines Geschäftsanteils nur dann Inhaber der seinem Rechtsvorgänger zustehenden Sonderrechte (-pflichten), wenn diese einerseits an den Geschäftsanteil gebunden und andererseits von der Person des bisherigen Inhabers losgelöst sind. Ein derartiger mit Sonderrechten verbundener Geschäftsanteil ist ein Vorzugsgeschäftsanteil. Unabhängig von den Differenzierungen zu Rdn. 10 können alle Sonder- 1 2 rechte nur mit Zustimmung des Berechtigten, alle Sonderpflichten nur mit Zustimmung aller aus ihnen Begünstigten aufgehoben werden (§35 BGB; zu Wettbewerbsverboten vgl. aber B G H W M 81, 357; je nach Sachlage kann ein Befreiungsbeschluß mit einfacher Mehrheit ausreichen, wenn die Verpflichtungen aus dem Wettbewerbsverbot den Begünstigten keine entsprechenden Sonderrechte gewähren), es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor, der den Fortbestand des Sonderrechts für die Beteiligten unzumutbar macht und deshalb seine Einschränkung oder zeitweise, notfalls auch endgültige Aufhebung gegen den Willen der Begünstigten erlaubt (Schilling in Hachenburg 11; Scholz-Winter 21; Rowedder 9; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 18). Handelt es sich um Sonderrechte, die an die Mitgliedschaft geknüpft sind, so ist eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrages erforderlich, die in der Form und mit der Mehrheit nach § 53 Abs. 2 zu beschließen ist (h.M.; Schilling in Hachenburg 11; Scholz-Winter 21; a.A. Wolany S. 181: einfache Mehrheit genügt, und Rücker S. 122: Gestaltungsklage erforderlich) und durch welche die Sonderrechte aufgehoben werden. Der hierzu sonderberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführer ist nach Satzungsänderung zusätzlich mit einfacher Mehrheit abzuberufen. Gem. § 37 Abs. 1, 3 MitbestG war zur Abberufung von Geschäftsführern mitbestimmter GmbHs durch den Aufsichtsrat, die vor Inkrafttreten des MitbestG oder vor dessen erstmaliger Anwendung auf eine G m b H bereits bestellt waren, weder ein wichtiger Grund noch eine Satzungsänderung erforderlich (kritisch hierzu Ballerstedt Z G R 77, 133, 157; Steindorff Z H R 142 (1978), 192, 193). Beschlüsse, die ohne wichtigen Grund und ohne Zustimmung des Berechtigten in Sonderrechte eingreifen, sind ihm geMeyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

genüber unwirksam (BGHZ 15,177, 1 8 1 ; B G H GmbH-Rdsch. 62, 212), nicht nur anfechtbar (zu den Rechtsfolgen vgl. § 47, 79). 13 Sonderrechte können innerhalb der weiten gesellschaftsvertraglichen Gestaltungsfreiheit zum Inhalt haben, z.B.: erhöhte Stimmrechte, Rechte auf erhöhten Anteil am Gewinn oder Liquidationserlös, auf das Amt des Geschäftsführers oder auf Bestellung des Geschäftsführers (§§ 35—38, 116; § 3, 36), auf Entsendung von Mitgliedern des Aufsichtsrats, auf Mitgliedschaft im Aufsichtsrat, Zustimmungs- und Einspruchsvorbehalte gegenüber bestimmten Gesellschafterbeschlüssen, Rechte auf Nutzung von Gegenständen der G m b H und auf Belieferung der oder von der G m b H , Vorkaufs- und Anbietungsrechte hinsichtlich anderer Geschäftsanteile. Zum Inhalt von Sonderpflichten vgl. §3, 31. Sonderrechte und -pflichten können zeitlich begrenzt oder auf Dauer festgesetzt sein.

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4. Die Entziehbarkeit der Gesellschafterrechte. Im Anschluß an Schilling in Hachenburg 13 bis 15 ist zu unterscheiden zwischen absolut unentziehbaren, also auch unverzichtbaren Mitgliedschaftsrechten und solchen, die relativ unentziehbar sind, also mit Zustimmung des Gesellschafters, zum Teil, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, auch ohne sie entzogen werden können. Die f ü r das Recht der G m b H sehr weitgehenden Freiheit bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages führt dazu, daß nur die Rechte absolut unentziehbar sind, bei deren Fehlen von einer Mitgliedschaft nicht mehr gesprochen werden kann (BGH 14, 264, 270) und durch deren Ausschluß dem Gesellschafter jede Möglichkeit genommen wird, am Leben der Gesellschaft teilzunehmen und die Gesellschafterbeschlüsse zu beeinflussen (RGZ 167, 65, 73). Absolut unentziehbar und unverzichtbar sind dementsprechend: der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 G G (BVerfG W M 82, 325), das Auskunftsund Einsichtsrecht (§ 51a Abs. 3), das Recht auf Teilnahme an Gesellschafterversammlungen (RGZ 167, 65, 73), das Recht auf Vorlage von Jahresabschluß und Lagebericht (§ 42a Abs. 1), das Recht, die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen geltend zu machen oder sie anzufechten, die Minderheitenrechte, Auflösungsklage nach §61 zu erheben und die Liquidatoren gerichtlich bestellen oder abberufen zu lassen (§ 66), das Recht zum Austritt aus wichtigem Grund (§ 15, 40) und das Preisgaberecht bei der Einforderung unbeschränkter Nachschüsse nach Maßgabe des § 27 Abs. 4 (einschränkend zum Auskunfts- und Teilnahmerecht Rowedder 6). Streitig ist, ob satzungsmäßige Beschränkungen der Minderheitsrechte nach § 50 zulässig sind (dazu § 50, 14). Schließlich ist in diesem Zusammenhang auf §§ 53 Abs. 2, 60 Abs. 1 Nr. 2 hinzuweisen, wonach Satzungsänderungen und Auflösungsbeschlüsse mindestens der Dreiviertelmehrheit bedürfen; auch die sich daraus ergebenden Rechtspositionen der Minderheit sind absolut unentziehbar.

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Geschäftsanteil Relativ unentziehbar und damit verzichtbar sind zunächst die Sonderrechte 15 (oben Rdn. 13); ferner die Mitgliedschaft selbst, die ausnahmsweise auch aus wichtigem Grund durch Ausschlußklage entzogen werden kann, und alle sonstigen Mitgliedschaftsrechte, die oben in Rdn. 14 nicht genannt sind (vgl. die Aufzählung oben in Rdn. 8); insbesondere das Stimmrecht, das Recht auf Gewinn und auf Anteil am Liquidationserlös. Nach BGHZ 14, 265, 270, 273 können diese Rechte jedoch nicht sämtlich, sondern nur jeweils zwei ausgeschlossen werden; a.A. unter Hinweis auf die gesellschaftsvertragliche Gestaltungsfreiheit und $45 Abs. 2 Schilling in Hachenburg 13 und Scholz-Winter 24. Relativ unentziehbare Rechte können in der ursprünglichen Satzung ausgeschlossen oder, wenn der Berechtigte zustimmt, durch satzungsändernden Beschluß (§ 53 Abs. 2) aufgehoben werden. Auch ohne seine Zustimmung sollen sie nach Scholz-Winter 28 und Baumbach-Hueck 14. Aufl. 16 aufhebbar sein, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliege. Dies trifft für das Recht auf Auszahlung der Gewinnanteile zu, das, falls nicht die Entscheidung über Gewinnverteilung und/oder Rücklagenbildung einem Mehrheitsbeschluß unterliegt (§ 29 Abs. 2), nachträglich mit der notwendigen (§ 53 Abs. 2) Dreiviertelmehrheit zu diesem Ergebnis eingeschränkt werden kann, wenn eine derartige Satzungsänderung im wirtschaftlichen Interesse der GmbH erforderlich ist und wenn die anschließenden, dann entsprechend der geänderten Satzung u.U. mit einfacher Mehrheit zulässigen, konkreten Ausschüttungs- und Rücklagenbeschlüsse den Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung (unten Rdn. 17) wahren und ihrerseits nicht rechtsmißbräuchlich sind (z.B. überflüssige Rücklagenbildung zwecks Aushungerung eines lästigen Gesellschafters). Zur Anpassung der Satzung im Zuge der Neufassung des § 29 durch das BilRichtlG s. § 29, 3. Auch das nach der Ursprungssatzung vorhandene Recht auf freie Übertragung der Anteile kann nachträglich aus wichtigem Grund durch Satzungsänderung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden werden, wenn ein berechtigtes Interesse besteht, eine Überfremdung zu verhindern. Umgekehrt kann die ursprüngliche Bindung der Übertragung an die Zustimmung aller Gesellschafter aus wichtigem Grund durch Satzungsänderung aufgehoben werden, wenn z.B. ohne Übertragung die noch ausstehende Volleinzahlung nicht zu erreichen ist. Hier zeigt schon die nach § 23 gegebene Versteigerungsmöglichkeit, daß das Recht, die Zustimmung zu verweigern, nicht gegen alle Eventualitäten gesichert sein kann. Gleiches gilt auch für Sonderrechte (oben Rdn. 12). Bei den sonstigen relativ unentziehbaren allgemeinen Mitgliedsrechten, insbesondere dem Stimmrecht und dem Recht auf Liquidationserlös, ist jedoch ein wichtiger Grund, der ihren Entzug gegen den Willen des Berechtigten rechtfertigen würde, kaum vorstellbar. Fehlen wichtiger Grund und Zustimmung des Berechtigten, so ist der Beschluß ihm gegenüber unwirksam (BGHZ 15,117,181; B G H GmbH-Rdsch. 62,212).

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

IV. Verhaltensmaßstäbe zwischen Gesellschaftern und der G m b H und Gesellschaftern untereinander 16

1. Allgemeines. Zwischen den Gesellschaftern und der G m b H begründet die Mitgliedschaft ein umfassendes Rechtsverhältnis. Dies ist vordergründig durch das in Rdn. 8 und 9 genannte Rechte- und Pflichtenbündel gekennzeichnet, erschöpft sich jedoch nicht in diesen Rechtspositionen, sondern ist tiefgehender insofern, als die Mitgliedschaft auch fordert, bei der gegenseitigen Rechtsausübung auf die Interessen des jeweils anderen Teils Rücksicht zu nehmen. Für den Gesellschafter gilt zusätzlich in beschränktem Maße das Gebot, die GmbH-Interessen zu fördern. 17 Auch zwischen den Gesellschaftern besteht ein im Gesetz allerdings nur rudimentär (§24: Haftung für Fehlbeträge bei Bareinlagen; §31 Abs. 3: H a f tung für die Erstattung von verbotenen Rückzahlungen und § 32b für zurückgezahlte Darlehen) angelegtes Rechtsverhältnis, das sie zu gegenseitiger Rücksichtnahme, zur Unterlassung gesellschaftsschädlicher Handlungen und zur Mitwirkung an den notwendigen gesellschaftsrechtlichen Handlungen verpflichtet. Diese Feststellung ist nicht unbestritten. Teilweise werden Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern unter Hinweis auf die eigene Rechtspersönlichkeit der G m b H (§ 13, 2) verneint (Baumbach-Hueck 13. Aufl. 2A vor § 13; Schilling in Hachenburg 6. Aufl. § 1 3 , 3 ; RGZ 169, 65, 83; BGH W M 65, 578, 579). Durch den Gesellschaftsvertrag entstehen jedoch verbandsrechtliche Beziehungen zwischen den Gesellschaftern, denen zufolge die Gesellschafter die Erfüllung der Pflichten auf Berücksichtigung und gegebenenfalls Förderung der GmbH-Interessen nicht nur dieser, sondern auch gegenseitig schulden. Der die Erfüllung dieser Pflichten verlangende Gesellschafter nimmt hierbei nicht nur Interessen der GmbH, sondern eigene Rechte auf Rücksichtnahme auf die G m b H wahr, da sich in den GmbH-Interessen teilweise auch seine Rechte aus der Mitgliedschaft verkörpern. Daneben stehen ihm auch unmittelbar eigene und mit den GmbH-Interessen nicht verbundene Rechte zu, z.B. Schutz vor Mehrheitsmißbrauch, deren Berücksichtigung er verlangen kann. Die Berücksichtigung rein privater nicht mitgliedschaftsbezogener Interessen dürfte dagegen nur in seltenen Ausnahmefällen geboten sein (Zöllner 341, 349). Auf der Mitgliedschaft gründende Rechtsbeziehungen werden heute zunehmend auch von der Rechtsprechung anerkannt (RGZ 167, 65, 74; B G H Z 9, 157, 163; 14, 25, 38; 65, 15, 18; 76, 352; Schilling in Hachenburg § 13, 6; Scholz-Westermann Einl. 7; ScholzWinter% 13, 62-64; Baumbach-Hueck 14. Aufl. § 13, 20; Rowedder§ 13, 12 ff; Roth § 13, 5.3; Fischer/Lutter 9 ff; Ballerstedt 181 ff; Zöllner 349 ff; Immenga 270 ff; Ulmer N J W 76, 192; Wiedemann JZ 76, 392; H.P. Westermann GmbH-Rdsch. 76, 77; Timm JZ 80, 665; Hartmann DB 81, 1073). Die Rechtsbeziehungen und daraus folgende Pflichten sind allerdings von unterschiedlicher Intensität je nach Strukturierung der G m b H als mehr kapitalistisch oder 190

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Geschäftsanteil mehr personalistisch (Scholz-Winter § 13, 63, 64 und Baumbach-Hueck 14. Aufl. § 13, 23 für die Treupflicht). So kann sich in einer personalistisch strukturierten G m b H & Co. KG bei Personenidentität von Kommanditist und Gesellschafter der Komplementär-GmbH f ü r diesen aus dem Gesichtspunkt der Treuepflicht ein dem § 112 H G B entsprechendes Wettbewerbsverbot herleiten (vgl. B G H N J W 82, 938). Zu aus der Treupflicht hergeleiteten Mitwirkungspflichten im Zuge von Kapitalerhöhungen im Rahmen von Art. 12 § 1 GmbH-Novelle 1980 s. B G H W M 86, 1348 = Z I P 86, 1383 und § 5,14. Die gesellschaftsrechtliche Verbundenheit zwischen G m b H und Gesell- 18 schaftern sowie diesen untereinander führt konkret zur Ausbildung bestimmter Schranken bei der Rechtsausübung — Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung, Verbot des Sittenverstoßes, Teilaspekte der Treuepflicht und zusätzlich bestimmter Handlungs- und Unterlassungspflichten, die unter dem Uberbegriff Treuepflicht zusammengefaßt sind. Für die Praxis ist es unerheblich, ob diese Verhaltensmaßstäbe auf gleichen oder unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen (gute Sitten: §138 BGB, Treuepflicht: §242 BGB, Gleichbehandlung: Treuepflicht, oder sui generis, vgl. Schilling in Hachenburg 18, Scholz-Winter 30, jeweils m.w.N.); ein Verstoß gegen die guten Sitten oder den Gleichbehandlungsgrundsatz wird regelmäßig eine Verletzung der Treuepflicht sein, wenn auch nicht immer umgekehrt.

2. Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung und das Gebot der guten 1 9 Sitten. W e n n auch sein Geltungsgrund stets im Streit gelegen hat (oben Rdn. 18), so ist doch die Existenz des Gleichbehandlungsgrundsatzes von der h.M. anerkannt (vgl. nur B G H LM § 29 G m b H G Nr. 2; B G H Z 33, 186; Schilling in Hachenburg 18; Scholz-Winter 30; Scholz-H.P. Westermann Einl. 67; Fischer/Lutter 14; Baumbach-Hueck §13, 35; Rowedder §13, 11; Martens GmbH-Rdsch. 84, 266). Vor allem zum Schutze der Minderheit gegenüber eigennütziger Mehrheitsherrschaft dient er als Schranke der Rechtsausübung bei ansonsten formal zulässigen Gesellschafterbeschlüssen wie auch gegenüber sonstigen Rechts- oder tatsächlichen Handlungen der Gesellschaft. Erst nach Gründung der Gesellschaft kommt er zur Geltung, während die gesellschaftsrechtliche Vertragsgestaltungsfreiheit es zuläßt, daß im ursprünglichen Vertrag Rechte und Pflichten ungleich geregelt werden. Dies leuchtet schon deshalb ein, weil f ü r Ungleichbehandlungen in diesem Stadium die Zustimmung des Zurückgesetzten erforderlich ist, der Gleichbehandlungsgrundsatz aber gerade ungerechtfertigte Differenzierungen, die gegen den Willen des Benachteiligten erfolgen, verhindern soll. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die willkürliche, d.h. gesell- 2 0 schaftsvertraglich nicht zugelassene und darüber hinaus sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Gesellschafter, sei es durch Bevorzugung Einzelner oder der Mehrheit, sei es durch Auferlegung von Sonderlasten Meyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. G e s e l l s c h a f t e r

auf bestimmte Gesellschafter. Ungleich ist eine Behandlung dann, wenn sie nicht dem Verhältnis der Beteiligung entspricht, das vom Gesetz durchgängig als — zur Disposition des Gesellschaftsvertrages stehende — Richtschnur f ü r Rechte und Pflichten gewählt ist. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nicht vor, wenn alle Gesellschafter durch eine Maßnahme formal gleichbehandelt werden, auch wenn nach den Umständen sich diese Maßnahme nur bei einem Gesellschafter negativ auswirken kann und soll (a.A. Scholz-Winter 32). Eine derartige Maßnahme kann dagegen die Treuepflicht verletzen. Um die fehlende sachliche Rechtfertigung festzustellen, bedarf es einer Abwägung zwischen den mitgliedschaftsbezogenen Gleichbehandlungsinteressen der Benachteiligten und den Interessen der Gesellschaft. Die Interessen der bevorzugten bzw. nicht sonderbelasteten Gesellschafter sind in diese Abwägung nicht mit einzubeziehen. Die Abwägung kann ergeben, daß die Differenzierung zu Recht erfolgt, z.B. bei der Einforderung von Einzahlungen auf Geldeinlagen, die nicht mit der Begründung verweigert werden kann, ein anderer — leistungsunfähiger — Gesellschafter werde nicht in gleicher Weise herangezogen (§ 19, 4 bis 6). 21

Die Ungleichbehandlung kann von den Gesellschaftern ausgehen, sei es durch Gesellschafterbeschluß, sei es durch Weisung an die Geschäftsführer zur Bevorzugung Einzelner. Sie kann in gleicher Weise auch unmittelbar durch die Geschäftsführer als Organe der Gesellschaft geschehen. Beispielsweise sind hier Gewinnverteilungsbeschlüsse zu nennen, die dem gesetzlichen oder vertraglichen Maßstab widersprechen, Beschlüsse, wonach die Gewinnanteile nur einzelner Gesellschafter zur Rücklagenbildung herangezogen werden, satzungsändernde Beschlüsse über die Auferlegung von Sonderpflichten, über die Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels oder der Stimmrechte oder die Einräumung sonstiger Sonderrechte (Rdn. 13 oben), die Gewährung von Sondervorteilen durch Vorzugskonditionen an einzelne Gesellschafter (günstigerer Mietpreis, B G H W M 72, 931 = GmbH-Rdsch. 72, 224 = LM § 29 G m b H G Nr. 2), ferner die Überlassung von Vermögenswerten der Gesellschaft an eine Gesellschaftergruppe zu Lasten einer Minderheit (OLG Karlsruhe W M 84, 656) und sonstige verdeckte Gewinnausschüttungen, die nicht allen Gesellschaftern gleichmäßig zufließen (im einzelnen §29, 16 ff). Auch die mißbräuchliche Durchsetzung einer Konzernumlage zugunsten des Mehrheitsgesellschafters ( B G H Z 65, 15) und der mißbräuchliche Beschluß über die Auflösung, nachdem bereits durch Vorbereitungshandlungen die Geschäftsbeziehungen der G m b H zum Vorteil einzelner und Nachteil anderer Gesellschafter ausgehöhlt worden sind ( B G H Z 76, 352; s. auch § 60, 6), sind Verstöße nicht nur gegen die Treuepflicht, sondern auch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Weitere Beispiele bei Schilling in Hachenburg 22.

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Rechtsfolgen. Erfolgt der Verstoß durch Gesellschafterbeschluß, so geht die h.M. von dessen Anfechtbarkeit, nicht Unwirksamkeit aus (Schilling in 192

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Geschäftsanteil Hachenburg 21, Scholz-Winter 34, Baumbach-Hueck 14. Aufl. § 13, 39 jeweils m.w.N.). Dem kann nicht für alle Fälle gefolgt werden. Vielmehr ist zu differenzieren (vgl. auch Wiedemann Großkomm, zum AktG § 179, 8). Beschlüsse, welche den Gesellschafter schlicht für einen oder mehrere Fälle ungleich behandeln, ohne auf Dauer ihm Sonderpflichten aufzuerlegen oder den anderen Gesellschaftern Sonderrechte zu gewähren, sind aus der von der h.M. gegebenen Begründung anfechtbar. Beschlüsse, die über den Einzelfall hinaus Sonderrechte oder Sonderpflichten begründen, sind ohne Zustimmung der Benachteiligten unwirksam (Fischer/Lutter 14). Wird hierzu nicht einmal der Weg der Satzungsänderung, sondern nur des formfreien Gesellschafterbeschlusses ggf. sogar mit nur einfacher Mehrheit gewählt, so folgt die Unwirksamkeit bereits aus § 53 Abs. 2. Wird die Form des § 53 Abs. 2 eingehalten, werden einem Gesellschafter jedoch ohne seine Zustimmung Sonderpflichten auferlegt, so folgt die Unwirksamkeit aus § 53 Abs. 3 (§ 53, 20). Werden einem Gesellschafter — immer unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz — im Wege der Satzungsänderung Sonderrechte gewährt, so ist ebenfalls (entgegen Scholz-Winter 16) von der (schwebenden) Unwirksamkeit auszugehen, da hierdurch die Mitgliedschaftsrechte der nicht bevorrechtigten und nicht zustimmenden Gesellschafter in ihrem Kernbereich getroffen, die Grundlagen ihres Beitritts zur Gesellschaft betroffen werden (vgl. auch ξ 47, 80). Die Unterscheidung zwischen Fallregelung (Anfechtbarkeit) und Dauerregelung (Unwirksamkeit) ist auch deshalb angemessen, weil das Anfechtungsrecht nur binnen verhältnismäßig kurzer Frist durch Klage geltend gemacht werden kann (§ 47, 83), was den Rechtsschutz gegenüber die Mitgliedschaft verletzenden Dauerregelungen verkürzen würde. Die Anfechtbarkeit kann vor entsprechendem Gestaltungsurteil nicht einredeweise geltend gemacht werden. Ohne ein solches Urteil kann ein sich gegen den Beschluß richtender positiver Gleichstellungsanspruch nicht durchgesetzt werden. Die Unwirksamkeit kann dagegen auch einredeweise und zeitlich unbeschränkt (bei eintragungspflichtigen Beschlüssen nur binnen drei Jahren nach Eintragung, vgl. BGH W M 81, 645 und ξ 47, 78) geltend gemacht werden. Liegt wegen der Qualität des Beschlusses als Fallregelung nur Anfechtbarkeit vor, so muß der Gesellschafter, um sich seine Rechte zu erhalten, einen Beschluß, mit dem sein Antrag auf positive Gleichbehandlung abgelehnt wird, nicht erneut anfechten (BGH LM § 29 G m b H G Nr. 2). Erfolgt der Verstoß durch andere Handlungen der Gesellschaft, so ist diese 2 3 zur Wiederherstellung der Gleichheit verpflichtet, und zwar je nach Sachlage und Möglichkeit durch Rückforderung der Vorteile von den zu Unrecht Begünstigten, durch Einräumung gleicher Vorteile an den Benachteiligten oder durch sonstige Ausgleichsmaßnahmen (BGH LM § 29 Nr. 2), insbesondere durch Leistung geldwerten Ersatzes an die benachteiligten Gesellschafter (OLG Karlsruhe, W M 84, 656). Gegner des Ausgleichsanspruchs ist in solchen Fällen die Gesellschaft (OLG Karlsruhe aaO 661). Ein sich so eventuell Meyer-Landrut

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§ 14

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

ergebender Rückforderungsanspruch der Gesellschaft gegen die Begünstigten kann vom Benachteiligten notfalls selbst durch die Gesellschafterklage (actio pro societate, Rdn. 32 unten) durchgesetzt werden. 24 Das Verbot des Verstoßes gegen die guten Sitten (§138 BGB) hat zwar dogmatisch eigenständige Bedeutung, tritt jedoch praktisch, da lediglich die äußerste Schranke gegen unzulässiges Gesellschafterverhalten, hinter die sich aus der Treuepflicht ergebenden vorgelagerten Schranken zurück. Ein sittenwidriges, d.h. sittlich vorwerfbares, der Sozialmoral und rechtsethischen Prinzipien eindeutig widersprechendes Verhalten (Larenz Juristen-Jahrbuch 1966/67, 98, 107; Henkel Rechtsphilosophie 1964, 128), wird immer auch gegen die Treuepflicht verstoßen, zumal diese als ein derartiger der Rechtsordnung immanentes ethisches Prinzip verstanden werden muß. Im Einzelfall wird bei krass rechtsmißbräuchlichen gegen bestimmte Gesellschafter oder die Gesellschaft gerichteten Gesellschafterbeschlüssen dennoch zu prüfen sein, ob zu der Treuepflichtverletzung ein Sittenverstoß hinzukommt, da eine Treuepflichtverletzung den Beschluß nur anfechtbar macht, während ein Sittenverstoß analog § 241 Nr. 4 AktG und auch nach ξ 138 BGB zur Nichtigkeit führt (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 47 im Gegensatz zu Schilling in Hachenburg 30; vgl. unten § 47, 73). 25

3. Die Treuepflicht. Die Existenz einer Treuepflicht zur Gesellschaft wie auch zwischen den Gesellschaftern ist heute weitgehend anerkannt (Nachweise oben Rdn. 17 a.E. und Wiedemann Gesellschaftsrecht 431 ff). Sie folgt aus der durch die Mitgliedschaft gegebenen verbandsrechtlichen Rechtsbeziehung zwischen den Gesellschaftern und der GmbH. Sie ist um so stärker ausgeprägt, je personalistischer die G m b H ausgestaltet ist (BGH WM 78, 1205; 86, 1348 = ZIP 86, 1383). Da sie also in diesem Sinne als bewegliche Schranke der Rechtsausübung und als Generalklausel zu verstehen ist (dazu Zöllner 287 ff), lassen sich keine festen, sondern nur fallangepaßte Regeln über Intensität der Treuepflicht und der aus ihr folgenden Gebote der Interessenwahrung und Verbote der Interessenschädigung aufstellen (BGHZ 65, 15, 18). Auch sind diese zwei Seiten der Treuepflicht unterschiedlich stark ausgeprägt: stärker das Verbot der Interessenschädigung, positiv als Gebot der Rücksichtnahme zu bezeichnen, in seiner Schrankenfunktion, und schwächer das Gebot der Interessenwahrung, das zu positiven Handlungspflichten führen kann (s. aber BGH W M 86, 1348 = ZIP 86, 1383).

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Ob bei der Ausübung von formal gegebenen Gesellschafterrechten, bei Weisungen an die Geschäftsführung durch Mehrheitsbeschluß, rein faktischer Durchsetzung von Geschäftsführungsakten oder sonstigen gesellschaftsbezogenen Handlungen eine Treuepflichtverletzung vorliegt, ist zu entscheiden anhand einer Abwägung der betroffenen Gesellschafts- und gesellschaftsbezogenen Gesellschafterinteressen. Privatinteressen eines Gesellschafters, die in keiner Verbindung zur Mitgliedschaft stehen, können in die Abwägung nicht mit 194

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Geschäftsanteil einbezogen werden. Auch bei Prüfung einer Treuepflichtverletzung gegenüber einem Mitgesellschafter sind nicht nur die Mitgliedsinteressen abzuwägen, sondern auch die GmbH-Interessen einzubeziehen. Ferner ist insbesondere bei Maßnahmen der Mehrheit mit nachteiliger Auswirkung für die Minderheit, mögen sie auch formell zulässig sein, der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (konkretisiert in den Geboten der Geeignetheit, Erforderlichkeit und dem Übermaßverbot, vgl. BVerfGE 13, 97, 104; 21, 155, 157; 25, 1; 30, 292, 315) als Teilaspekt der Treuepflicht zu beachten; dies deshalb, weil dieser Grundsatz auch im Privatrecht allgemein zur Begrenzung von Machtpositionen in Rechtsverhältnissen anwendbar ist ( W e s t h o f f RdA 76, 353, 364) und der Mehrheit über das Stimm- und Weisungsrecht Macht anvertraut ist (ausführlich zur Treuepflicht Zöllner 335 ff; Wiedemann Gesellschaftsrecht 431 ff; Lutter AcP 180, 85, 102 bis 130). In gleicher Weise ist allerdings die Minderheit gebunden, soweit sie Machtpositionen, z.B. Zustimmungsvorbehalte innehat (Martens GmbH-Rdsch. 84, 267; Schilling in H a chenburg 25). Keinem Gesellschafts- oder gesellschaftsbezogenen Gesellschafterinteresse läßt sich generell ein Vorrang zusprechen. Entscheidend ist die konkrete situationsbezogene Abwägung. Ist eine G m b H zur Leitung von Untergesellschaften eingesetzt, so kann die Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit insoweit über die beiderseitigen GmbH-bezogenen Interessen hinausgehen, als die Mehrheit nicht mittels der G m b H die Untergesellschaften und damit die auch dort beteiligte Minderheit schädigen darf (BGHZ 65, 15,20). Die Treuepflicht kann, je nach Abwägung der konkreten Interessen, in 27 ihrer Schrankenfunktion beispielsweise verbieten: verdeckte Gewinnausschüttungen durch Gewährung ungleicher Vorteile, sei es durch Gesellschafterbeschluß (BGH LM § 29 Nr. 2), sei es auf sonstige Weise (BGHZ 65, 15, 18); verdeckte Gewinnausschüttung durch Veräußerung von Gesellschaftsvermögen auf Veranlassung der stimmberechtigten Gesellschafter zu Lasten stimmrechtsloser Vorzugsgesellschafter (OLG Karlsruhe WM 84, 656); mißbräuchlicher Auflösungsbeschluß zwecks Erzielung von Sondervorteilen (BGHZ 76, 352 = JZ 80, 355, oben Rdn. 21 a.E. und § 60, 6; dazu auch Timm JZ 80, 665); Mehrheitsbeschluß über die Befreiung eines Gesellschafters vom statutarischen Wettbewerbsverbot, wenn dadurch aufgrund besonderer Fallkonstellation die G m b H von ihm abhängig wird (BGH W M 81, 375 = GmbH-Rdsch. 81, 189 = DB 81, 931, 932, dazu Timm GmbH-Rdsch. 81, 177 und Lutter ZGR 81, 171 ff); Beschluß über die Entlastung eines Geschäftsführers trotz vorherigen Zusammenwirkens des Geschäftsführers und des entlastenden Gesellschafters zum Schaden der Gesellschaft und Vorteil des Gesellschafters (BGH W M 77, 361). Aus der Treuepflicht folgt auch das Verbot der Offenlegung vertraulicher Informationen durch die Gesellschafter, insbesondere solcher, die im Wege des Auskunfts- oder Einsichtsrechts durchgesetzt worden sind (§ 51a, 13). Meyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

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Darüber hinaus kann die Treuepflicht die W a h r u n g und Förderung der GmbH-Interessen und die Mitwirkung bei notwendigen Handlungen der Gesellschafter gebieten: insoweit kann z.B. der Gesellschafter einerseits zur notwendigen Mitwirkung überhaupt, d.h. zur Herstellung der Handlungsund Beschlußfähigkeit der Gesellschafterversammlung durch Erscheinen und Stimmabgabe verpflichtet sein (vgl. Zöllner 353 ff), andererseits auch zu einer inhaltlich konkreten Stimmabgabe — als Kehrseite des Verbotes des Stimmrechtsmißbrauchs —, denkbar etwa als Pflicht zur Mitwirkung bei der Bestellung eines Geschäftsführers für die ansonsten handlungsunfähige G m b H , bei der Abberufung eines untragbaren Geschäftsführers, bei der Feststellung des Jahresabschlusses, insbesondere dann, wenn nach der Satzung Entscheidungen ohne Teilnahme einer bestimmten Mehrheit nicht möglich sind. Eine Pflicht, Satzungsänderungen zuzustimmen, besteht in der Regel nicht (§ 53, 8; a.A. B G H W M 86, 1348 = Z I P 86, 1383 zur Zustimmung zu einer Kapitalerhöhung gem. Art. 12 § 1 GmbH-Novelle 1980). Zu der Frage, ob sich aus der Treuepflicht des Gesellschafters ein Wettbewerbsverbot herleiten läßt, s. Hartmann DB 81, 1073. Sie ist grundsätzlich zu verneinen, und zwar sowohl f ü r die Zeit des Bestehens der Mitgliedschaft (a.A. Scholz-Winter § 3, 32, Rowedder § 13, 14) wie erst recht nach deren Beendigung (vgl. O L G Karlsruhe BB 84, 2015 u. W M 86, 1473). Scholz-Winter 39, weisen allgemein zu Recht darauf hin, daß bei der Anerkennung positiver Handlungspflichten Zurückhaltung geboten ist. Im Vordergrund stehen die Rücksichtspflichten und ihre Schrankenfunktion (vgl. auch Zöllner 353 ff).

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Hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Treuepflichtverletzung ist zwischen den einzelnen Verletzungsarten und ihren tatsächlichen Folgen zu differenzieren: Ein Gesellschafterbeschluß, gleichgültig ob er sich gegen die Gesellschaft richtet oder nur gegenüber einzelnen Gesellschaftern eine Treuepflichtverletzung darstellt, ist stets anfechtbar (vgl. B G H Z 76, 352 = JZ 80, 355), es sei denn, er ist ohnehin — aus über die Treuepflichtverletzung hinausgehenden Gründen — entsprechend § 241 AktG und dem zu Rdn. 22 und 24 Gesagten nichtig. Richtet sich der anfechtbare Beschluß gegen die Gesellschaft und tritt durch ihn ein Gesellschaftsschaden ein, so kann die G m b H dessen Ersatz verlangen. Hierzu ist jedoch nicht nur (wie bei Ersatzansprüchen generell) ein Verschulden erforderlich, sondern auch die vorherige rechtzeitige Anfechtung des Beschlusses. Dieser schafft im Verhältnis zur G m b H zunächst Recht, das erst durch Anfechtung beseitigt werden muß (Scholz-Winter 40). Die G m b H kann sich gegen die durch ein Gesellschaftsorgan (Gesellschafterversammlung) gesetzte Tatsachenlage nicht selbst zur Wehr setzen, solange diese der vom Organ beschlossenen und noch gültigen Rechtslage entspricht. Die Schadensersatzklage, kombinierbar mit der Anfechtungsklage, kann von einem Gesellschafter im Wege der actio pro societate (unten Rd. 32) erhoben werden. Sie richtet sich auf Leistung an die Gesellschaft ( B G H Z 65, 15, 21). 196

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Geschäftsanteil

Werden durch den Beschluß Gesellschafterrechte verletzt und tritt ein Schaden direkt in der Mitgliedschaft ein, der nicht lediglich als Reflexschaden durch Minderung des Gesellschaftsvermögens zu verstehen ist (dazu Mertens FS R. Fischer 461 ff, 471, 472 mit Beispielen), so steht dem Gesellschafter ein eigener Ersatzanspruch zu. Dieser kann auch ohne vorherige Anfechtung geltend gemacht werden. Gegenüber dem selbst unmittelbar geschädigten Gesellschafter hat der treuwidrige Beschluß kein bindendes und erst durch Anfechtung zu beseitigendes Recht gesetzt, da die Gesellschafterversammlung ihm gegenüber keine Organfunktion hat. Wiedemann (JZ 76, 392, 396) und Mertens (FS R. Fischer, 451 ff, 470, 471) scheinen von der Notwendigkeit der Anfechtung in allen Fällen Abstand nehmen zu wollen. Das Erfordernis einer Anfechtung entfällt ferner immer, wenn das Ausgleichsbegehren sich auf Maßnahmen der Geschäftsführung stützt, mögen diese auch mittelbar von der Gesellschaftermehrheit veranlaßt sein (OLG Karlsruhe WM 84, 556, 661). Der Ersatzanspruch richtet sich auf Aufhebung der tatsächlichen Beeinträchtigung durch Naturalrestitution (dazu BGHZ 76, 352 = JZ 80, 355 und Timm JZ 80, 665, 671) und/oder auf finanziellen Ersatz bereits eingetretener und nicht aufhebbarer Schäden. Schädigungen der Gesellschaft durch sonstige treupflichtverletzende 30 Handlungen von Gesellschaftern berechtigen die GmbH zum Schadenersatz, der von einzelnen Gesellschaftern im Wege der actio pro societate (unter Rdn. 32) eingeklagt werden kann. Sonstige direkte Schädigungen eines Mitgliedschaftsrechts berechtigen den Gesellschafter gegenüber dem Schädiger (Mitgesellschafter oder GmbH) zum Schadenersatz. Zum Inhalt der Ersatzpflicht gilt das zu Rdn. 29 Gesagte. Treuepflichtverletzungen durch Nichterfüllung von Geboten können zur Erfüllungsklage berechtigen (Schilling in Hachenburg §13, 7; Scholz- Winter 40; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 31; kritisch Zöllner 417 ff). Als Verschuldensmaßstab gilt § 276 BGB, es sei denn, die Gesellschafter 31 (-mehrheit) ziehen die Geschäftsführung an sich oder setzen bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen durch Weisung durch. Hier gilt der Maßstab des § 43 (BGH NJW 76, 191, 192 = BGHZ 65, 15 ff, dort insoweit nicht abgedruckt). Dabei ist seitens der G m b H der Nachweis zu führen, daß dem Pflichtenstandard entsprechend § 43 Abs. 1 genügt worden ist (OLG Karlsruhe W M 84, 660; BGH BB 75, 1451; Schilling zu B G H aaO in N J W 76, 191; Roth § 43, 3.4). Schwerwiegende und wiederholte Treuepflichtverletzungen können ausnahmsweise eine Ausschließungsklage gegen einen Gesellschafter rechtfertigen. V. Streitigkeiten aus der und u m die Mitgliedschaft 1. Actio pro societate (Gesellschafterklage). Actio pro societate ist die 3 2 Klage eines Gesellschafters gegen einen Mitgesellschafter auf Leistung an die Meyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

G m b H . Aufgrund der zwischen den Gesellschaftern bestehenden Rechtsbeziehungen macht der Gesellschafter insoweit ein fremdes Recht in eigenem Namen und aus eigener Klagebefugnis (Prozeßstandschaft; str. s. einerseits Schilling in Hachenburg 8 und andererseits Fischer 10. Aufl. 6) geltend. Die actio pro societate ist auch in der Rechtsprechung anerkannt ( B G H Z 65, 15, Im Schrifttum wurde die Gesellschafterklage auch im Bereich der Kapitalgesellschaften zuerst befürwortet von Ballerstedt S. 150 ff; s. auch Immenga S. 286 ff und Maatz GmbH-Rdsch. 74, 124. Sie fand ferner Aufnahme im RegEntw 1971 § 90 Abs. 2, aber schon nicht mehr im RegEntw 1977. Sie wird als Magna Charta des Minderheitsschutzes bezeichnet (Flume Allgemeiner Teil S. 144). Im einzelnen ist allerdings manches umstritten. Sämtliche Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter können im Wege der actio pro societate verfolgt werden {Scholz-Winter § 13, 66). Dies sind Ansprüche, die aus den in Rdn. 9, 13 und § 3, 31 dargestellten allgemeinen und Sonderpflichten folgen, sowie Ansprüche auf Erfüllung der Treuepflicht gegenüber der G m b H und auf Ersatz des der G m b H aus einer Treuepflichtverletzung entstehenden Schadens. Es gehören hierher ferner Ansprüche auf Nachschüsse (§ 26), auf Rückzahlung verbotener (§31) oder verdeckter Gewinnausschüttungen (Flume Z H R 144 (1980), 32; Scholz-Emmerich §29, 111; BaumhachHueck 14. Aufl. §13, 32) sowie Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen (§ 43). Mit der h.M. (Schilling in Hachenburg § 13, 8; Scholz-Winter § 13, 66; Rowedder § 13, 18; Baumhach-Hueck § 13, 34; Fischer/Lutter § 13, 4; a.A. Fischer 10. Aufl. 6; Berger Z H R (149) 1985, 599) ist allerdings davon auszugehen, daß der einzelne Gesellschafter nicht ohne Grund die in erster Linie der Gesellschaft selbst zustehende Klagezuständigkeit an sich ziehen darf (BGH W M 82, 929 = Z I P 82, 1203). Dies folgt nicht nur aus der Organisation der G m b H (so Scholz-Winter § 13, 66; Fischer/Lutter a a O ; Baumhach-Hueck a a O 34), sondern auch aus der dem klagewilligen Gesellschafter selbst obliegenden Treuepflicht (vgl. auch oben Rdn. 29). Im einzelnen bedeutet dies: Der Gesellschafter hat zunächst darauf hinzuwirken, daß die Geschäftsführung aktiv wird bzw. dazu von der Gesellschaftsversammlung angewiesen wird (§ 46 Nr. 8). N u r wenn dieser Versuch mißlingt, kann er selbst klagen (Lutter AcP 180, 1980, 133 f; Martens GmbH-Rdsch. 84, 271; Rowedder-Koppensteiner% 43, 43). Lehnt die Gesellschafterversammlung eine entsprechende Anweisung durch — nicht nichtigen, sondern nur anfechtbaren — Beschluß ab oder weist sie den Geschäftsführer durch Beschluß an, nicht aktiv zu werden, so muß der Gesellschafter aus den in Rdn. 29 genannten Gründen diese Beschlüsse vor Erhebung der Leistungsklage anfechten, was aber im Wege der subjektiven Klagehäufung (§ 60 Z P O ) durch Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft und Leistungsklage gegen den Gesellschafter geschehen kann (a.A. Wiedemann J Z 76, 392, 396: vorherige Anfechtung nicht erforderlich). In der Zweimann-GmbH oder wenn die Klage der Gesellschaft gegen sämtliche an198

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Geschäftsanteil deren Gesellschafter zu richten wäre, steht dem einzelnen Gesellschafter das Klagerecht auch ohne vorherige Anfechtung des eventuell ergangenen Gesellschafterbeschlusses zu ( B G H 2 65, 21; BGH W M 82, 928; Scholz-Winter § 13, 66; Ulmer N J W 76, 193; Baumbach-Hueck 14. Aufl. § 13, 34; s. auch § 46, 44). Ansprüche der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer können ebenfalls unter den gerade genannten Voraussetzungen durch Gesellschafterklage erhoben werden (BGH WM 82,928; Schilling in Hachenburg § 46, 38; Wiedemann Gesellschaftsrecht Bd. I S. 462; Rowedder-Koppensteiner §43, 4; a.A. Baumbach-Hueck aaO; s. auch §43, 16). Ansprüche der Gesellschaft gegen Dritte können dagegen nur von der Gesellschaft selbst geltend gemacht werden. Dies folgt aus der strikten Trennung zwischen G m b H und Gesellschaftern und der Tatsache, daß zwischen dem Dritten und dem Gesellschafter eine rechtliche Beziehung, wie sie zwischen den Gesellschaftern und der G m b H besteht, nicht existiert. Der Gesellschafter kann deshalb kein, für die Anerkennung der Klagebefugnis notwendiges, eigenes rechtliches, sondern allenfalls ein wirtschaftliches Interesse an der Durchsetzung des Anspruchs haben. 2. Sonstige Streitigkeiten. Werden die Mitgliedschaftsrechte des Gesell- 3 3 schafters selbst unmittelbar verletzt, sei es durch rechtsbeeinträchtigende Gesellschafterbeschlüsse, sei es durch sonstige Handlungen der G m b H oder der Mitgesellschafter, durch Eingriffe in Sonder- oder unentziehbare Rechte, durch Verletzung der Gleichbehandlungs- oder der Treuepflicht, so kann der Gesellschafter diesen Rechtsverletzungen durch Klagen aus eigenem Recht begegnen. Anfechtungsklagen sind gegen die Gesellschaft zu richten, Schadensersatz- oder sonstige Leistungsklagen gegen den sich jeweils rechtswidrig Verhaltenden. Wird dem Gesellschafter die Existenz der Mitgliedschaft, seine Stellung als 3 4 Gesellschafter, bestritten, so kann er gegen den Bestreitenden (die GmbH, einen Mitgesellschafter) Feststellungsklage erheben; umgekehrt auch gegen die Gesellschaft auf Feststellung klagen, daß ein Dritter nicht Gesellschafter sei (BGH LM § 13 G m b H G Nr. 5 = Gmbh-Rdsch. 63, 7 mit Anm. vom Ganssmüller; B G H W M 69, 1257, 1258; 75, 512, 514; OLG Stuttgart GmbHRdsch. 67, 97; Schilling in Hachenburg § 13,10; Rowedder § 13,9). 3. Schiedsgericht. In der ursprünglichen Satzung oder durch spätere — al- 3 5 lerdings nur einstimmig mögliche (§ 53 Abs. 3) — Satzungsänderung kann angeordnet werden, daß bestimmte Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern und mit der G m b H durch ein Schiedsgericht zu entscheiden sind. Nach h.M. (Schilling in Hachenburg § 13, 16, 17 m.w.N.; Scholz-Winter § 13,55) handelt es sich um ein Schiedsgericht im Sinne des § 1048 Z P O , das nicht in der besonderen Form des § 1027 Z P O vereinbart werden muß. Die Schiedsklausel gilt Meyer-Landrut

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§ 14

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

auch gegenüber dem Erwerber eines Geschäftsanteils ( B G H W M 79, 886 = GmbH-Rdsch. 79,202). 36

Das Schiedsgerichtsverfahren kann f ü r alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis vereinbart werden, entgegen der h.M. (BGH W M 66, 1132, 1133; Schilling in Hachenburg § 13, 20 sowie Schilling/Zutt aaO Anh. §47, 146; Scholz-Winter § 13, 55 und Scholz-K. Schmidt § 45, 94; Rowedder § 13, 8; ders.-Koppensteiner § 47,115; Fischer/Lutter § 47 Anh. 54; vgl. aber differenzierend B G H W M 79, 886, 888 a.E.) auch für Klagen auf Anfechtung oder Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen (so mit überzeugender Begründung Kornmeier DB 80, 193 ff; ferner ders. Vergleichbefugnis und Schiedsfähigkeit, Göttingen, 1982 sowie Ulmer in Hachenburg § 61, 37). Die Gegenargumente der h.M. treffen deshalb nicht zu, weil die analog anwendbare Regelung des § 246 Abs. 3 AktG lediglich eine ausschließliche Zuständigkeit anordnet, nicht jedoch den vollständigen Ausschluß der ordentlichen Gerichtsbarkeit verbietet. Im übrigen kommt dem Argument, der GmbH-Geschäftsführer könne sich im Anfechtungsprozeß nicht für die G m b H vergleichen, weshalb derartige Streitigkeiten nach § 1025 Abs. 1 Z P O dem Schiedsgericht zwingend entzogen seien, deshalb keine Bedeutung zu, weil § 1025 Abs. 1 Z P O die Parteien des Schiedsvertrages meint, und dies sind die Gesellschafter, die auch vergleichsbefugt sind (so ausdrücklich B G H Z 38, 155, 158), nicht jedoch die Geschäftsführer als Vertreter einer Prozeßpartei (ausführlich Kornmeier DB a a O ; Ulmer in Hachenburg a a O ; wie hier auch Vollmer Z G R 82, 15). Allein Auseinandersetzungen über die Beschlußfassung zur Feststellung des Jahresabschlusses (§ 47, 76) muß wegen des hier auch bestehenden öffentlichen Interesses als nicht schiedsgerichtsfähig angesehen werden (Kommeier Vergleichsbefugnis und Schiedsgerichtsfähigkeit, S. 73 ff). Die Vereinbarung des Schiedsgerichtsverfahrens für besondere, nicht statutorisch begründete Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern kann nur in der besonderen Form des § 1027 Abs. 1 Z P O erfolgen ( B G H Z 38, 155, 161; 48, 35, 43). Gleiches gilt f ü r Streitigkeiten über zwar in der Satzung niedergelegte, aber allein schuldrechtlich bindende Bestimmungen über Sonderrechte und Sonderpflichten (oben Rdn. 10).

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Ein im Gesellschaftsvertrag sogenanntes Schiedsgericht, das bei Differenzen zwischen den Geschäftsführern oder an Stelle der Gesellschafterversammlung bindend entscheiden soll, ist kein Schiedsgericht, sondern ein besonderes Gesellschaftsorgan, dessen Entscheidungen wie Gesellschafterbeschlüsse angefochten werden können (BGHZ 43, 261, 264).

VI. Bewertung 38

Grundsätzlich richtet sich der Wert eines Geschäftsanteils nach dem Kaufpreis der zwischen rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängigen Parteien erzielt wird (BGH N J W 75, 1417). Da GmbH-Anteile nicht börsen200

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Übertragung von Geschäftsanteilen

§15

notiert sind, kommt ein Kurswert wie etwa bei Aktien oder Schuldverschreibungen nicht in Betracht. Für eine Wertfestsetzung nach § 30 Abs. 1 KostO ist das im steuerlichen Bewertungsverfahren maßgebliche sogenannte Stuttgarter Verfahren anwendbar (BayObLG BB 83, 147; s. im einzelnen VStR 1980 BStBl I 310 Nr. 76 bis 79). Zur Bewertung von GmbH-Anteilen s. auch Schöne GmbH-Rdsch. 75,121.

§ 15 (1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich. (2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit. (3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages. (4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorherigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig. (5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden. Ubersicht Rdn. Einleitung I. V e r ä u ß e r l i c h k e i t der Geschäftsanteile (Abs. 1 und Abs. 5) 1. Gesetzlicher G r u n d s a t z . . . . 2. Gesetzliche E i n s c h r ä n k u n gen a) E r w e r b eigener Anteile d u r c h die G m b H b) Familien- und erbrechtliche E i n s c h r ä n k u n g e n . . . c) G e m . § 1822 N r . 3 1. Alt. BGB d) G e m . § 1822 N r . 3 2. Alt. BGB e) G e m . § 1822 N r . 10 B G B . . f) Bei E h e g a t t e n g) Im E r b r e c h t 3. Gesellschaftsrechtliche Eins c h r ä n k u n g e n (Abs. 5) a) Ausschluß d e r V e r ä u ß e r lichkeit

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Rdn. b) Mögliche E i n s c h r ä n k u n gen aa) G e n e h m i g u n g s v o r b e halt d e r Gesellschaft . . bb) G e n e h m i g u n g s v o r b e halt d e r Gesellschafterversammlung cc) A n d e r e E i n s c h r ä n k u n gen II. Vererblichkeit d e r Geschäftsanteile 1. Allgemeines 2. E r b f o l g e 3. T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k u n g . . . 4. V o r - u n d N a c h e r b s c h a f t . . . . 5. E i n z i e h u n g III. Selbständigkeit d e r Geschäftsanteile 1. V o r a u s s e t z u n g e n 2. Z u s a m m e n l e g u n g IV. Ü b e r t r a g u n g von Geschäftsanteilen (Abs. 3) 1. F o r m

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

§15

Rdn.

V.

VI.

VII.

VIII.

2. Inhalt 3. Vollmachten VerpflichtungzurAbtretungvon Geschäftsanteilen (Abs. 4) 1. Inhalt 2. Formmängel 3. Heilung (Abs. 4 Satz 2) 4. Nichtigkeit und Willensmängel Gewährleistung bei Anteilsverkauf 1. Allgemeines 2. Unternehmenskauf Steuern 1. Umsatzsteuer 2. Einkommensteuer 3. Erbschaftssteuer 4. Grunderwerbssteuer Austritt und Ausschluß eines Gesellschafters 1. Voraussetzungen des Austritts 2. D u r c h f ü h r u n g 3. Satzungsmäßige Regelungen 4. Voraussetzungen des Ausschlusses 5. D u r c h f ü h r u n g 6. Das Ausschlußurteil

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Rdn. 7. Satzungsmäßige Regelungen IX. Verpfändung, Sicherheitsübertragung und P f ä n d u n g von Geschäftsanteilen 1. Zulässigkeit, Form und sonstige Voraussetzungen der Verpfändung 2. U m f a n g 3. Verwertung des Pfandrechts 4. Sicherungsabtretung a) Treuhändische Abtretung b) Abtretung und Sicherheit 5. P f ä n d u n g a) Gesetzliche Regelung . . . . b) Verwertung des Pfandobjekts c) Bestimmungen der Satzung X . Nießbrauch an Geschäftsanteilen 1. Voraussetzungen 2. Auswirkungen XI. Der Geschäftsanteil im Vergleichs- und Konkursverfahren 1. Vergleich 2. Konkurs a) Des Gesellschafters b) Der Gesellschaft

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Schrifttum Balz Rechte und Pflichten des Gesellschafters nach Austritt aus der G m b H , DB 84, 1865; Bredthauer Zur Wirksamkeit gesellschaftsrechtlicher Beurkundungen im Kanton Zürich, BB 86, 1864; Esch Die mitgliedschafts- und steuerrechtlichen Wirkungen der Ausschließung oder des Austritts aus der G m b H aus wichtigem Grund, G m b H - Rdsch. 81,25; Eser Zur Ausschließbarkeit eines GmbH-Gesellschafters außerhalb der Satzung, D B 85, 29; Fette Mehrheitserfordernis bei der nachträglichen Vinkulierung von G m b H Geschäftsanteilen, GmbH-Rdsch. 86, 73; Fichtner Austritt und Kündigung bei der G m b H , BB 67, 17; Finger Einziehung des Geschäftsanteils beim T o d e eines Gesellschafters und Nachfolgeregelung, GmbH-Rdsch. 75, 97; R. Fischer Die personalistische G m b H als rechtspolitisches Problem, FS Walter Schmidt 1959, S. 117; ders. Die Pfändung und Verwertung eines GmbH-Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 61, 21; ders. Das Recht der O H G als ergänzende Rechtsquelle zum G m b H G , GmbH-Rdsch. 53, 131; Fleck Stimmrechtsabspaltung in der G m b H , FS R. Fischer 1979, S. 107; ders. Die Beeinträchtigung erbrechtlicher Anwartschaften aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen in der G m b H , FS Stimpel, 1985, 353; Gessler Zur Buchwertabfindung bei Ausscheiden aus einer G m b H , GmbH-Rdsch. 84, 29; Großfeld Unternehmensbewertung im Gesellschaftsrecht, Köln, 1983; Grunewald Unerwartete Verbindlichkeiten beim Unterneh202

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Übertragung von Geschäftsanteilen

§15

menskauf, Z G R 81, 622; Goerdeler Das Ausscheiden aus der G m b H nach geltendem und künftigem Recht, FS R. Fischer, 1974, S. 113; Hadding Die Rechtsstellung des Vorerben von GmbH-Geschäftsanteilen, GmbH-Rdsch. 75, 73; Hommelhoff Die Sachmängelhaftung beim Unternehmenskauf durch Anteilserwerb, Z H R 140 (1976), 271; den. Zur Abgrenzung von Unternehmenskauf und Anteilserwerb, Z G R 82, 366; Hohner Die Bereinigung fehlerhafter GmbH-Anteile, FS C.H. Barz 1974, S. 147; Huber Mängelhaftung beim Kauf von Gesellschaftsanteilen, Z G R 72, 375; Knobbe-Keuk Inanspruchnahme des arglistig getäuschten Erwerbers eines noch nicht eingezahlten G m b H - G e schäftsanteils, ZIP 83, 274; U. Koch Die Zuordnung des vererbten GmbH-Geschäftsanteils, Diss. Heidelberg 1981; den. Kommanditanteile und Testamentsvollstreckung, N J W 83, 1762; Lessmann Vinkulierte Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen, GmbH-Rdsch. 85, 179; Mertens Sozialakt und Vertretung, Die AktG 81, 216; Mehring Die nachträgliche Vinkulierung der GmbH-Geschäftsanteile, GmbH-Rdsch. 63, 201; K. Müller Die Verpfändung von GmbH-Anteilen, GmbH-Rdsch. 60, 4, 34, 57; Petzold Gesellschaftsvertrag und Erbrecht bei der G m b H und der G m b H & Co. KG, G m b H Rdsch. 77, 25; Priester Die Zusammenlegung von GmbH-Geschäftsanteilen, G m b H Rdsch. 76, 130; den. Grundregelung, Wertmaßstäbe und Zahlungsmodalitäten des Einziehungsentgelts f ü r GmbH-Anteile bei Pfändung oder Konkurs, GmbH-Rdsch. 76, 5; den. Nachfolgeklauseln im GmbH-Vertrag, GmbH-Rdsch. 81, 206; ders. Testamentsvollstreckung am GmbH-Anteil, FS Stimpel, 1985, S. 463; Prölss Die H a f t u n g des Verkäufers von Geschäftsanteilen f ü r den Unternehmensmangel, Z I P 81, 337; Reichert Das Zustimmungserfordernis zur Abtretung von Geschäftsanteilen in der G m b H , 1984; ders. Zulässigkeit der nachträglichen Einführung oder Aufhebung von Vinkulierungsklauseln in der Satzung der G m b H , BB 85, 1496; Reuter Stimmrechtsvereinbarung bei treuhänderischer Abtretung eines GmbH-Anteils, Z G R 78, 633; den. Nochmals: Das Kündigungsrecht des GmbH-Gesellschafters, GmbH-Rdsch. 79, 77; Rittstieg Zur Problematik von Abfindungsbeschränkungen im G m b H - R e c h t , GmbH-Rdsch. 85, 2285; Schilling Z u r Ausübung fremder Gesellschafterrechte im eigenen Namen, FS Walter Schmidt 1959, S. 208; Schuler Die Verpfändung von GmbH-Anteilen, N J W 56, 689; ders. Die Pfändung von GmbH-Anteilen und die miterfaßten Ersatzansprüche, N J W 60, 1423; Schwerdtner Das Kündigungsrecht der GmbH-Gesellschafter, GmbH-Rdsch. 76, 101; Serick Sicherungsabtretung von GmbH-Anteilen, u. a. Kreditsicherungsmöglichkeiten, GmbH-Rdsch. 67, 133; Sigle/Maurer U m f a n g des Formzwangs beim Unternehmenskauf, N J W 84, 2657; Soufleros Ausschließung und Abfindung eines G m b H - G e sellschafters, Köln, 1983; v. Stetten Die Ausschließung von Mehrheitsgesellschaftern durch Minderheitsgesellschafter, GmbH-Rdsch. 82, 105; Sudhoff Oer Nießbrauch am Geschäftsanteil einer G m b H , G m b H - R d s c h 71, 53; ders. Nochmals: Das Nießbrauchrecht am GmbH-Geschäftsanteil, N J W 74, 2205; Teichmann Der Nießbrauch an Geschäftsanteilen, Z G R 72, 1; 73, 24; Traumann Probleme der Vollmacht zum Abschluß von Geschäftsanteils-Veräußerungsverträgen, GmbH-Rdsch. 85, 78; Ulmer Die Sicherung der G m b H gegen das Überfremdungsrisiko in der Insolvenz eines Gesellschafters, Z H R 149 (1985) 28; Vogel Zur Vererbung eines Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 71, 133; Wessing Vertragsklauseln beim Unternehmenskauf, Z G R 82, 455; Westermann Neuere Entwicklungen der Verkäuferhaftung beim Kauf von Unternehmensbeteiligungen, Z G R 82, 45; ders. Zum Anwendungsbereich von Vinkulierungsklauseln bei der Vererbung von GmbH-Geschäftsanteilen, ZIP 85, 1249; Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965; ders. GmbH-Anteile in der Erbengemeinschaft, GmbH-Rdsch. 69, 217; Wiesner Beurkun-

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§ 15

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

dungspflicht und Heilungswirkung bei Gründung von Personengesellschaften und U n ternehmensveräußerungen, N J W 84, 95; Winkler D i e Genehmigung des V o r m u n d schaftsgerichts zu gesellschaftsrechtlichen Akten bei Beteiligung Minderjähriger, Z G R 73,186.

Einleitung 1

Die Vorschrift hebt die freie Veräußerlichkeit und Vererblichkeit der Geschäftsanteile hervor (Abs. 1), läßt jedoch satzungsmäßige Beschränkungen zu (Abs. 5) und schränkt indirekt die Fungibilität der Geschäftsanteile durch die Formvorschriften für die Abtretung (Abs. 3) und den Verpflichtungsvertrag hierzu (Abs. 4) ein. Zusätzlich wird die mehr formale Frage der Selbständigkeit der Geschäftsanteile bei Anteilserwerb durch einen Gesellschafter geregelt (Abs. 2). § 15 behandelt nur einen Ausschnitt aus dem Kreis der Rechtsfragen, die bei Rechtsgeschäften über Geschäftsanteile und über einzelne Mitgliedschaftsrechte auftauchen können. Diesen Fragen wird hier des Zusammenhangs wegen ebenfalls nachgegangen.

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Der Text ist seit der Neubekanntmachung von 1898 im wesentlichen unverändert. Lediglich Abs. 3 und Abs. 4 S. 1 sind durch § 56 Abs. 1 des Beurkundungsgesetzes vom 28.8.1969 (BGBl I 1513) dahin geändert worden, daß die bis dahin mögliche gerichtliche Beurkundung entfallen ist. Die Vorschläge der §§51, 52, 53 Abs. 4 des RegEntw 1971 (BT-Drucks. 7/253), bestimmte Fragen zur Formbedürftigkeit der Abtretungs- und Annahmevollmacht und zur statutarischen Erschwerung der Abtretung einer ausdrücklichen gesetzlichen Lösung zuzuführen, sind in der Novelle 1980 nicht aufgegriffen worden. Auch sind bisher alle Vorstöße, insbesondere im Zuge der Bemühungen zur Verbesserung der Risikokapitalausstattung der deutschen Unternehmen, die Formvorschriften zur Übertragung von GmbH-Anteilen zu beseitigen, gescheitert. Mit Recht wird eingewandt, daß eine freie Übertragbarkeit die Anteile mit der Struktur der G m b H in ihrer derzeitigen Ausformung nicht vereinbar ist (s. dazu die Stellungnahme der Bundesregierung, BT-Drucks. 10/2881 = DB 85, 539 sowie GmbH-Rdsch. 85,139).

I. Veräußerlichkeit des Geschäftsanteils (Abs. 1 und 5) 3

1. Gesetzlicher Grundsatz. Veräußerung eines Geschäftsanteils ist die Übertragung der vollen Rechtsinhaberschaft vom bisherigen Anteilsinhaber auf einen anderen Gesellschafter, die Gesellschaft oder einen Dritten. Das Gesetz bestimmt in Abs. 1 die freie Veräußerlichkeit, läßt jedoch in Abs. 5 satzungsmäßige Beschränkungen zu. Danach kann die Veräußerlichkeit nicht nur beschränkt, sondern durch Gesellschaftsvertrag auch ausgeschlossen werden (heute ganz h.M.; s. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 37; Schilling/Zutt in H a chenburg 4; Fischer GmbH-Rdsch. 53, 131; weitere Nachweise Rdn. 12). 204

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Übertragung von Geschäftsanteilen A u ß e r d e m ist die V e r ä u ß e r l i c h k e i t in a n d e r e n V o r s c h r i f t e n des G m b H G und anderer Gesetze für besondere Situationen eingeschränkt. 2. Gesetzliche Einschränkungen a) E r w e r b eigener Anteile durch die G m b H . E i g e n e Anteile kann die G m b H n u r in dem durch § 3 3 g e s t e c k t e n R a h m e n e r w e r b e n . E n t s p r e c h e n d e B e s c h r ä n k u n g e n gelten auch f ü r die a b h ä n g i g e G m b H beim E r w e r b von G e schäftsanteilen an der h e r r s c h e n d e n G m b H , vgl. § 3 3 , 9. Z u m V e r b o t des E r w e r b s eigener Anteile bei der K a p i t a l e r h ö h u n g durch E i n l a g e vgl. § 5 5 , 17; z u m V e r b o t des E r w e r b s von Anteilen der h e r r s c h e n d e n G m b H bei deren K a p i t a l e r h ö h u n g durch E i n l a g e vgl. § 5 5 , 18; s. a b e r a u c h § 12 K a p E r h G .

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b) Familien- und erbrechtliche Einschränkungen. D e r E r w e r b und die V e r ä u ß e r u n g von G e s c h ä f t s a n t e i l e n für Minderjährige und e n t m ü n d i g t e V o l l j ä h r i g e g e s c h i e h t durch die s o r g e - und v e r t r e t u n g s b e r e c h t i g t e n P e r s o n e n , also e n t w e d e r durch die E l t e r n als g e m e i n s c h a f t l i c h e V e r t r e t e r (§ 1 6 2 9 B G B ) , die M u t t e r des nichtehelichen K i n d e s (§ 1 7 0 5 B G B ) , den V o r m u n d (§§ 1 7 9 3 , 1897 B G B ) o d e r den P f l e g e r (§ 1 9 1 5 B G B ) . In einzelnen Fällen b e d ü r f e n diese V e r t r e t e r für den E r w e r b o d e r die V e r ä u ß e r u n g von G e s c h ä f t s a n t e i l e n der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. I h r e V e r t r e t u n g s m a c h t ist durch dieses E r f o r d e r n i s b e s c h r ä n k t , vgl. §§ 1 8 2 8 bis 1 8 3 1 B G B .

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c) G e m ä ß § 1 8 2 2 N r . 3 1. Alt. B G B . D i e G e n e h m i g u n g ist nach § 1 8 2 2 6 N r . 3 1. Alt. B G B e r f o r d e r l i c h für einen V e r t r a g , „ d e r auf den entgeltlichen E r w e r b o d e r die V e r ä u ß e r u n g eines E r w e r b s g e s c h ä f t s g e r i c h t e t i s t " . D i e s ist der Fall, wenn die G m b H ein E r w e r b s g e s c h ä f t betreibt und w e n n sämtliche G e schäftsanteile e r w o r b e n o d e r v e r ä u ß e r t w e r d e n sollen ( S c h o l z - W i n t e r 1 5 2 ; Fischer/Lutter 24; Baumbach-Hueck 4; Winkler Z G R 7 3 , 186 f, Fischer A n m . L M N r . 3 zu § 1 8 2 2 N r . 3 B G B ; so auch unter B e z u g n a h m e auf K G N J W 7 6 , 1 9 4 6 , O L G H a m m W M 84, 1 3 1 4 = O L G Z 84, 3 2 7 ; offengelassen in B a y O b L G D B 8 5 , 1521 = B B 8 5 , 1 1 4 9 ) . D i e G e g e n m e i n u n g {Schilling/Zutt in H a c h e n b u r g 1 3 0 ; Rowedder 5 9 ; Baumbach-Hueck 13. Aufl. I B ; K G J W 2 6 , 6 0 0 ; 2 7 , 2 5 7 8 ; K G N J W 7 6 , 1 9 4 6 ; w . N . bei Scholz-Winter 1 5 2 ) stellt d e m g e g e n ü ber d a r a u f ab, o b die T r a n s a k t i o n wirtschaftlich dem E r w e r b o d e r der V e r ä u ß e r u n g des E r w e r b s g e s c h ä f t s gleichzusetzen ist, weil die H ö h e der Beteilig u n g und die A r t der G m b H dem M i n d e r j ä h r i g e n erheblichen E i n f l u ß auf den G e s c h ä f t s b e t r i e b geben würden ( E r w e r b ) b z w . g e g e b e n hatten ( V e r ä u ß e r u n g ) . D i e d a n a c h n o t w e n d i g e f a l l b e z o g e n e A b g r e n z u n g widerspricht j e d o c h der hier e r f o r d e r l i c h e n R e c h t s s i c h e r h e i t . d) G e m ä ß § 1 8 2 2 N r . 3 2. Alt. B G B . Schilling/Zutt in H a c h e n b u r g 129 (so a u c h Zagst In M ü n c h n e r K o m m , z u m B G B , § 1 8 2 2 , 5 ) ist a b e r darin zu f o l g e n , d a ß n a c h § 1 8 2 2 N r . 3 2. Alt. B G B der E r w e r b von G e s c h ä f t s a n t e i l e n stets der v o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t l i c h e n G e n e h m i g u n g b e d a r f , sofern die G m b H ein E r Meyer-Landrut

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werbsgeschäft betreibt. Mit dem Erwerb tritt der Minderjährige der Gesellschaft bei und akzeptiert damit den Gesellschaftsvertrag. Dies ist dem ursprünglichen Abschluß des Gesellschaftsvertrages bei Gründung der G m b H gleichzusetzen. Das Zusammenspiel der beiden Alternativen des § 1822 Nr. 3 BGB führt deshalb dazu, das der Erwerb von Geschäftsanteilen an einer G m b H mit „Erwerbsgeschäft" immer und die Veräußerung von Geschäftsanteilen nur dann nach dieser Vorschrift genehmigungspflichtig ist, wenn alle Geschäftsanteile veräußert werden. 8

e) Gemäß § 1822 Nr. 10 BGB. Ob und wann der Erwerb von Geschäftsanteilen zusätzlich nach § 1822 Nr. 10 BGB genehmigungspflichtig ist, ist wegen der in den meisten Fällen (Erwerbsgeschäft) ohnehin bestehenden grundsätzlichen Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 2. Alt. BGB von untergeordneter Bedeutung. Man wird Nr. 10 dann analog anwenden müssen, wenn bei Erwerb Einlagen auf andere Geschäftsanteile noch ausstehen oder an einen Gesellschafter nach § 31 Abs. 1 verbotene Rückzahlungen gemacht worden sind. ' In diesen Fällen haftet der erwerbende neue Gesellschafter subsidiär nach §§ 24, 31 Abs. 3. Eine derartige subsidiäre Haftungsübernahme unterfällt der ratio des § 1822 Nr. 10 BGB (Übernahme einer fremden Verbindlichkeit, d.h. einer Subsidiärhaftung: vgl. Zagst in Münchner Komm, zum BGB, § 1822, 14 m.w.N.). Da derartige Tatbestände insbesondere der nach § 31 Abs. 1, bei Erwerb jedoch mitunter nicht bekannt sind, wäre die alleinige Ausrichtung der Genehmigungspflicht an § 1822 Nr. 10 BGB mit erheblicher Rechtsunsicherheit belastet. O b die Einlagen auf den zu erwerbenden Geschäftsanteil geleistet sind, ist f ü r die Genehmigungspflicht nach Nr. 10 ohne Bedeutung, da bei noch nicht geleisteter Einlage eine im Sinne dieser Vorschrift „eigene" Verbindlichkeit übernommen wird (Scholz-Winter 152; Rowedder 60; BaumbachHueck 14. Aufl. 5; Fischer/Lutter 24; a.A. Schilling/Zutt in Hachenburg 131). Eine Genehmigungspflicht nach Nr. 10 besteht schließlich auch dann, wenn (bei Erwerb noch nicht erfüllte) Nachschußpflichten im Gesellschaftsvertrag dergestalt geregelt sind, daß über § 28 Abs. 1 hinaus auch andere Gesellschafter f ü r die Erfüllung der Nachschußpflicht eines Gesellschafters entsprechend § 24 subsidiär haften.

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f) Bei Ehegatten. Ein Ehegatte, der im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, bedarf nach § 1365 BGB der Zustimmung des anderen Ehegatten zur Veräußerung eines Geschäftsanteils, wenn dieser sein ganzes oder fast sein ganzes Vermögen bildet und (so die h.M.) dem Anteilserwerber die Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, daß der Geschäftsanteil (fast) das gesamte Vermögen des Veräußerers bildet ( B G H Z 35, 143; 43, 174; B G H W M 75, 865). Gleiches gilt im umgekehrten Fall, wenn der Erwerber (fast) sein gesamtes Vermögen als Gegenleistung für den Geschäftsanteil einsetzt. Die Rechtsfolgen fehlender Zustimmung ergeben sich aus § 1366 BGB (vgl. im einzelnen Gernhuber in Münchner Komm. § 1365, 83 ff; § 1366, 1 ff 206

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m.w.N.). Die Verfügungsbeschränkung aus § 1365 BGB kann durch Ehevertrag aufgehoben werden ( B G H 2 41, 370). Bei ehevertraglicher Gütergemeinschaft können die Ehegatten, wenn sie 1 0 gemeinschaftliche Verwaltung vereinbart haben, einen zum Gesamtgut (§ 1416 BGB) gehörenden Geschäftsanteil nur durch gemeinschaftliche Verfügungveräußern (§ 1419 Abs. 1 BGB). Ist Verwaltung durch einen Ehegatten vereinbart (§ 1421 BGB), so ist dieser — in den Grenzen der §§ 1423 ff BGB — zur alleinigen Verfügung berechtigt. g) Im Erbrecht. Für den Erwerb und die Veräußerung von Geschäftsantei- 11 len durch den Nachlaßpfleger (§§ 1960 Abs. 2 BGB) und den Nachlaßverwalter (§ 1985 BGB) gelten die oben Rdn. 6 bis 8 dargestellten Pflichten, die Zustimmung des Nachlaßgerichts einzuholen (§§ 1962, 1975, 1915, 1822 BGB). Die unentgeltliche Veräußerung eines zum Nachlaß zählenden Geschäftsanteils durch den Vorerben wird bei Eintritt des Nacherbfalles regelmäßig absolut unwirksam, weil sie das Recht des Nacherben vereitelt oder beeinträchtigt (§ 2113 Abs. 2 BGB, vgl. auch § 128 KO). Für Veräußerungen durch Miterben gelten die §§ 2040, 2038 Abs. 2 BGB). 3. Gesellschaftsvertragliche Einschränkungen (Abs. 5) a) Ausschluß der Veräußerlichkeit. Durch den Gesellschaftsvertrag kann 1 2 die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, d.h. ihre Wirksamkeit nicht nur von der Erfüllung der Formvorschrift des Abs. 3 abhängig gemacht werden. N u r die Abtretung, nicht auch die schuldrechtliche Verpflichtung hierzu, kann erschwert werden. Zulässig ist auch der völlige Ausschluß der Veräußerlichkeit in der Satzung (heute allg. M.; vgl. Schilling/ Zutt in Hachenburg 4; Fischer/Lutter 26; Rowedder 92; Baumbach-Hueck 37; Scholz-Winter 78; s. auch Rdn. 3). Der betroffene Gesellschafter wird hierdurch nicht unzumutbar an die Gesellschaft gebunden, da er im Wege der Kündigung aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft austreten kann (Rdn. 40). Dieses Recht ist unentziehbar (vgl. § 14, 14). Es besteht auch ohne ausdrückliche Erwähnung in der Satzung. Zur einschränkenden Auslegung von Vinkulierungsklauseln in GmbH-Satzungen bei Vererbungen von Geschäftsanteilen s. LG Bielefeld Z I P 85, 1269 und zustimmend Westermann Z I P 85, 1249. Geschieht die Einschränkung oder Ausschluß der Abtretbarkeit durch nachträgliche Satzungsänderung, so bedarf dies der Zustimmung aller nachteilig betroffenen Gesellschafter, es sei denn, daß im Falle der nachträglichen Beschränkung für diese ein wichtiger Grund gegeben ist (vgl. § 14, 15) und der Grundsatz der Gleichbehandlung gewahrt wird. Dann reicht die Mehrheit des § 53 Abs. 2 (so Schilling/Zutt in Hachenburg 102; Fette GmbH-Rdsch. 86, 73; a.A. Reicher BB 85, 1496; Lessmann GmbH-Rdsch. 85, 180; Scholz- Winter 59; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 39; Fischer/Lutter 17). Das Recht auf freie VerMeyer-Landrut

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äußerlichkeit ist in diesem Sinne ein relativ unentziehbares Mitgliedschaftsrecht (vgl. § 14, 15). Der entgegenstehenden h.M., die stets die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters verlangt, sind nicht nur die Argumente von Schilling/Zutt a a O und Fette a a O entgegenzuhalten (Veräußerlichkeit ist kein Sonderrecht; Einschränkung der Veräußerlichkeit führt entgegen Möhring GmbH-Rdsch. 63, 201, 204 nicht zu einer Vermehrung der Leistungen i.S. von § 53 Abs. 3). Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, daß die meisten Mitgliedschaftsrechte, selbst Sonderrechte, stets aus wichtigem Grund entzogen werden können (vgl. § 14, 12 bis 15). Dies gilt auch für das Recht auf Veräußerlichkeit. Entgegen Schilling/Zutt aaO reicht es jedoch nicht aus, daß bei seiner nachträglichen Einschränkung lediglich der Grundsatz der Gleichbehandlung gewahrt bleibt. Dies würde die von der h.M. (vgl. Möhring a a O ; Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 114 F N 20; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 76 ff.) befürchteten Mißbräuche ermöglichen. Vielmehr muß ein gerade die von der Mehrheit gewählte Einschränkung rechtfertigender wichtiger Grund vorliegen. Eine nachträgliche satzungsändernde Einschränkung der Veräußerlichkeit ist unwirksam, nicht lediglich anfechtbar, wenn die Zustimmung der Betroffenen fehlt und die Einschränkung ohne wichtigen Grund und unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz erfolgt, vgl. §14, 15. Der Vorschlag in §51 Abs. 2 RegEntw 1973 (BT-Drucks. 7/253), ausdrücklich die Zustimmung des Betroffenen wie in § 180 Abs. 2 AktG zu verlangen, ist nicht Gesetz geworden. Die Einschränkung der Veräußerlichkeit kann nur durch Satzungsregelung erfolgen. Vereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrages können gemäß § 137 BGB die Wirksamkeit einer ihnen zuwider vorgenommenen Abtretung nicht hindern. Die Satzung kann für die einzelnen Geschäftsanteile unterschiedliche Beschränkungen anordnen, einzelne Geschäftsanteile von Beschränkungen freistellen oder Beschränkungen nur für bestimmte Veräußerungsvorgänge festlegen, z.B. für Veräußerungen an bestimmte Personen oder Personengruppen (Nicht-Gesellschafter, Familie, Konfession, Alter, Vorbildung, Nationalität). Im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag herrscht Gestaltungsfreiheit. Bei nachträglichen Vertragsänderungen sind — ohne Zustimmung der Betroffenen — schon wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung Differenzierungen praktisch nicht möglich (im einzelnen dazu § 53, 18 ff). 13

b) Mögliche Einschränkungen. An erster Stelle erwähnt das Gesetz, daß die Abtretung von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden kann. Die Genehmigung ist nicht technisch i.S. von § 184 BGB, sondern allgemein als Zustimmung i.S. von § 182 BGB zu verstehen, kann also vor, bei und nach Abtretung erfolgen (allg.M.; vgl. Schilling/Zutt in Hachenburg 104 m.w.N.; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 40). Sie ist dem Erwerber oder Veräuße208

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rer zu erklären (§ 182 Abs. 1 BGB). Mangels statutarischer Formvorschriften genügt formlose Mitteilung (§ 182 Abs. 2 BGB). Die vor Abtretung mitgeteilte Zustimmung (Einwilligung) ist bis zur Vornahme der Abtretung widerruflich (§ 183 BGB, vgl. B G H 2 48, 163, 166), die nachträgliche Genehmigung unwiderruflich ( B G H Z 13, 179, 187). Eine Abtretung, zu der die vorherige Einwilligung versagt wurde, kann, wenn sie trotzdem vorgenommen wurde, noch nachträglich genehmigt werden (BGHZ 48, 163, 166). Dagegen kann eine einmal nach außen hin verweigerte Genehmigung nicht nachgeholt werden, weil die Verweigerung der Genehmigung die Abtretung endgültig unwirksam macht ( B G H Z 13, 179, 184). Die Abtretung ist in diesem Fall zu wiederholen und die Zustimmung erneut einzuholen. aa) Genehmigungsvorbehalt der Gesellschaft. Zur Frage, durch wen die 1 4 Zustimmung der „Gesellschaft" zu erteilen ist, steht die h.M. (RGZ 104, 413; 160, 225, 231; B G H Z 14, 25, 31; Scbilling/Zutt in Hachenburg 107 bis 109 m.w.N.; Scholz- Winter 68, 72; Rowedder 101; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 41; Fischer/Lutter 19; Roth 6.2) auf folgendem Standpunkt: Zuständig und allein vertretungsberechtigt sei der Geschäftsführer. Dessen Erklärung sei für die Gesellschaft selbst dann verbindlich, wenn er entgegen einer gesellschaftsoder anstellungsvertraglichen Verpflichtung einen notwendigen Gesellschafterabschluß nicht eingeholt oder gegen diesen Beschluß gehandelt habe. Das Vertretungsrecht folge aus §§ 35, 37 Abs. 2. Auch § 68 Abs. 2 S. 2 AktG sieht Entsprechendes f ü r die Übertragung von Namensaktien vor, ebenso § 51 Abs. 3 des RegEntw 1973 (BT-Drucks 7/253). Diese Meinung führt zu bedenklichen Ergebnissen: Die Zustimmung ist ein die gesellschaftsvertraglichen Grundlagen berührender Sozialakt körperschaftsrechtlichen Charakters ( B G H Z 48, 163, 167; Mertens AG 1981, 216, 217 m.w.N.). Dies ist unbestritten. Durch die Zustimmung wird darüber entschieden, ob ein anderer (neuer) Gesellschafter der Gesellschaft beitreten soll. Der Fall liegt nicht anders als der Abschluß des Ubernahmevertrages mit dem Ubernehmer einer neuen Stammeinlage bei Kapitalerhöhung. Dort ist anerkannt, daß die Gesellschafterversammlung f ü r den Vertragsabschluß zuständig und der Geschäftsführer insoweit nicht vertretungsberechtigt ist, sondern es nur kraft besonderer, auch stillschweigend erteilter Ermächtigung werden kann ( B G H Z 49, 120; dazu Mertens AG 1981, 216 m.w.N. und § 55, 7, 8). Das muß aus gleichen Erwägungen auch f ü r die Zustimmung zur Abtretung gelten. Das Einverständnis zur Zulassung eines neuen Gesellschafters mit einem neugebildeten Geschäftsanteil ist bei wertender Betrachtung dem Einverständnis zur Zulassung eines anderen Gesellschafters mit einem bereits bestehenden Geschäftsanteil gleichzusetzen. Im übrigen haben die Erwägungen von Schilling in Hachenburg 6. Aufl., 52 (aufgegeben in der 7. Auflage 109) nach wie vor Gültigkeit (vgl. auch Fischer GmbH-Rdsch. 53, 131, 135, 136 und im Ergebnis wie hier Immenga a a O S. 79 ff; Lessmann GmbH-Rdsch. 85, 182; ähnlich Wiedemann Meyer-Landrut

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aaO S 98 ff). Es darf nicht in der Macht der Geschäftsführer stehen, den Gesellschaftern einen neuen Gesellschafter verbindlich und endgültig, ohne oder gegen den Willen der Mehrheit, aufzudrängen. Zur Ausübung von Sozialakten besteht kein gesetzliches Vertretungsrecht der Geschäftsführer. Der Anteilserwerber ist nicht schutzbedürftig. Ihm obliegt ohnehin, sich vor Erwerb über satzungsmäßige Zustimmungsvorbehalte zu informieren. Auch der Hinweis auf § 68 Abs. 2 S. 2 AktG trägt angesichts der abweichenden rechtlichen Struktur der G m b H nicht. Allenfalls ließe sich ein gewillkürtes Vertretungsrecht, eine Ermächtigung der Geschäftsführer aus der Erwägung heraus annehmen, die Satzungsregelung, daß die Zustimmung der „Gesellschaft" erforderlich sei, beinhalte gleichzeitig die vorweggenommene Ermächtigung der Geschäftsführer, die Gesellschaft insoweit zu vertreten. Folgt man aus den genannten Gründen der h.M. nicht und sieht man auch die Geschäftsführer nicht als durch die Satzung zur Vertretung ermächtigt an, so hat die Gesellschafterversammlung über die Zustimmung zu beschließen. Der Beschluß bedarf der Mitteilung an die Betroffenen. Dies kann durch die Geschäftsführer geschehen, wenn ihnen die Gesellschafterversammlung diese Aufgabe ausdrücklich oder implizit überträgt. Zum Stimmrecht des veräußernden und des erwerbenden Gesellschafters vgl. § 47, 51. 15

bb) Genehmigungsvorbehalt der Gesellschafterversammlung. Gleiches gilt, wenn nach der Satzung die Zustimmung der „Gesellschafterversammlung" erforderlich ist. Auch hier ist entgegen der h.M. (RGZ 104, 413; 160, 225, 231; B G H Z 14, 25, 31) davon auszugehen, daß diese Zustimmung ein Wirksamkeitserfordernis für die Abtretung ist (so auch für diesen Fall Schilling/Zutt in Hachenburg 111; Scholz-Winter 75; wohl auch Baumbach-Hueck 14. Aufl. 42). Wird sie verweigert, so ist die Abtretung unwirksam, selbst wenn der Geschäftsführer beschlußwidrig die Zustimmung nach außen hin erteilt (Lessmann GmbH-Rdsch. 85, 186 f; str.). Er ist bei Mitteilung der Zustimmung an die Vertragspartner nur ausführendes Organ der Gesellschafterversammlung ohne eigenes Vertretungsrecht. Die Gesellschafterversammlung entscheidet durch Mehrheitsbeschluß nach § 47 Abs. 1 ( B G H Z 48, 163, 167; B G H DB 81, 931 = B G H Z 80, 69, dort aber nicht abgedruckt; Reichert S. 61 m.w.N.; Rowedder 102; Baumbach-Hueck aaO). Der Gesellschaftsvertrag kann jedoch besondere Mehrheitserfordernisse aufstellen oder die Zustimmung bestimmter einzelner Gesellschafter verlangen. Der Zustimmungsvorbehalt kann auch (u.U. zusätzlich) zugunsten anderer Organe der Gesellschaft (Aufsichtsrat, Beirat, Gesellschafterausschuß) bestehen. Der abtretende und der erwerbende Gesellschafter sind stimmberechtigt (vgl. § 47, 51), es sei denn, die Zustimmung der „übrigen" Gesellschafter ist laut Satzung erforderlich. Im übrigen gilt das zu Rdn. 14 Gesagte. Verlangt die Satzung die Zustimmung der „Gesellschafter" oder „der übrigen Gesellschafter", so ist f ü r den Beschluß Einstimmigkeit erforderlich (BGH DB 81, 931 = B G H Z 80, 69, dort aber 210

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nicht abgedruckt; Fischer/Lutter 20; Rowedder 103; a.A. Scholz-Winter 69; Schilling/Zutt in Hachenburg 114: im Regelfall reicht die einfache Mehrheit). Die Zustimmung kann nach freiem Ermessen erteilt oder verweigert werden. Einen Anspruch auf sie hat der Veräußerer nicht, es sei denn aus Gleichbehandlung oder deshalb, weil die Satzung vorsieht, daß die Zustimmung unter bestimmten Voraussetzungen zu erteilen sei oder nur bei Fehlen bestimmter Voraussetzungen versagt werden dürfe (h.M.; vgl. O L G Düsseldorf GmbH-Rdsch. 64, 250 m. zust. Anm. von Winter-, Schilling/Zutt in Hachenburg 116 m.w.N.; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 45; Fischer/Lutter 21). In allen anderen Fällen besteht nur die Grenze des Rechtsmißbrauchs (OLG Düsseldorf a a O ; Schilling/Zutt a a O ; Fischer/Lutter a a O ; weitergehend Reichert S. 217, 224 ff, wonach die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht das freie Ermessen der Gesellschaftermehrheit einschränkt und Lessmann GmbH-Rdsch. 85, 186, wonach das Ermessen pflichtgemäß ausgeübt werden muß). cc) Andere Einschränkungen. Die Satzung kann die Veräußerlichkeit auch 1 6 unmittelbar einschränken, also festsetzen, daß die Veräußerung (evtl. bestimmter bezeichneter) Geschäftsanteile an bestimmte Personen unzulässig sei oder daß nur die Veräußerung an einen bestimmten Personenkreis erlaubt sei oder daß Veräußerungen nur vor oder nach Ablauf bestimmter Fristen zulässig seien etc. (vgl. Scholz-Winter 63; Rowedder 93). Hier ist die satzungswidrig vorgenommene Abtretung unwirksam (Scholz-Winter 63). Jedoch können die Gesellschafter durch einstimmigen satzungsdurchbrechenden Beschluß in die Abtretung vorher einwilligen (Schilling/Zutt in Hachenburg 126) oder die Satzung rechtzeitig vorher gemäß § 53 ändern. Eine nachträgliche einstimmige Genehmigung oder Satzungsänderung wäre verspätet, da die vorher nicht bewilligte Abtretung wegen Verstoßes gegen ein satzungsmäßiges Abtretungserfordernis endgültig unwirksam ist und nicht nachträglich wirksam gemacht werden kann. Im Wege der Auslegung ist jedoch zu ermitteln, ob die Satzung tatsächlich die Veräußerlichkeit unmittelbar einschränkt oder nur Voraussetzungen aufstellen will, bei deren Nichterfüllung die Zustimmung der Gesellschafterversammlung nicht erteilt werden darf. Im letzteren Fall kann die Zustimmung auch nachträglich durch Gesellschafterbeschluß erteilt werden. Dieser ist, sofern nicht einstimmig gefaßt und sofern die Satzungsvoraussetzungen fehlen, lediglich anfechtbar (vgl. Schilling/Zutt in Hachenburg 126). Weitere Einschränkungen sind denkbar in der Form, daß die Satzung die 1 7 Ubergabe existenter Anteilsscheine (vgl. § 14, 5) verlangt. Hier wird die Abtretung erst mit notariellem Vollzug und nach Ubergabe des Scheins wirksam. Fernerhin können Vorkaufsrechte der Gesellschaft oder der Gesellschafter oder statt dessen Anbletungspflichten des veräußerungswilligen Gesellschafters statuiert werden (dazu O L G München W M 84, 262), ggf. gekoppelt mit der Bestimmung, daß bei Nichteinhaltung des Vorkaufs- oder AnbietungsverMeyer-Landrut

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fahrens die Abtretung unzulässig oder jedenfalls genehmigungspflichtig sei (vgl. im einzelnen Scbilling/Zutt in Hachenburg 27,127 und Anh. 26, 27).

II. Vererblichkeit der Geschäftsanteile 18

1. Allgemeines. Nach Abs. 1 ist der Geschäftsanteil vererblich. Während die Veräußerlichkeit nach Abs. 5 eingeschränkt und sogar ausgeschlossen werden kann (Rdn.12), gilt das nicht f ü r die Vererblichkeit. Diese kann durch den Gesellschaftsvertrag weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden (h.L. Schilling/Zutt in Hachenburg 6; Scholz-Winter \2, 13; Fischer/Lutter 2; Wiedemann Die Übertragung und Vererbung, S. 93 ff; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 12; Rowedder 62). Es kann der Ubergang auf die Erben auch nicht von einer Genehmigung gemäß Abs. 5 abhängig gemacht werden (BGHZ 92, 386 = B G H W M 85; 21, 23 = GmbH-Rdsch. 85, 150; Winter m Scholz § 18, 6; a.A. Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 100; Priester GmbH-Rdsch. 81, 206) oder satzungsmäßig eine Sondernachfolge angeordnet werden. Zulässig und möglich sind die im Todesfall erfolgende Einziehung (dazu Rdn. 22) und durch die Satzung begründete Pflichten der Erben des Gesellschafters zur Abtretung, sei es an einen Miterben, an die anderen oder an einen anderen Gesellschafter oder an Dritte (Scholz-Winter 15; Rowedder 63; Baumbach-Hueck 13; Fischer/Lutter 3; O L G Celle GmbH-Rdsch. 59, 113). Umgekehrt kann auch den Gesellschaftern das Recht eingeräumt werden, im Todesfall eines Gesellschafters die Abtretung von den Erben zu verlangen (Schilling/Zutt in Hachenburg 3; Scholz-Winter 15). Wird auf diese Weise den Erben eines Gesellschafters ein Recht auf Verbleib in der Gesellschaft verwehrt, so kann diesen auch bis zu deren Ausscheiden (s. auch Rdn. 22) die Ausübung des Stimmrechts versagt werden, nicht jedoch das Recht, an Gesellschafterversammlungen teilzunehmen (a.A. LG Berlin BB 85, 1752; zum Recht auf Teilnahme §14,14).

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2. Erbfolge. T r i f f t die Satzung für den Todesfall des Gesellschafters keine Regelung, so fällt der Gesellschaftsanteil an dessen gesetzliche oder testamentarische Erben. Solange der Anteil einer Erbengemeinschaft gehört, ist § 18 Abs. 3 für Rechtshandlungen der Gesellschaft gegenüber der Erbengemeinschaft zu beachten. Das Gesetz läßt für den Erbfall (ausnahmsweise) die Teilung von Geschäftsanteilen zu (§17 Abs. 6). Dabei ist zu beachten (§17 Abs. 4), daß Geschäftsanteile von mindestens D M 500 gebildet werden (§ 5 Abs. 1), die durch hundert teilbar sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2). Gegebenenfalls sind nicht aufteilbare Spitzen zwischen den Erben in Geld abzugleichen. Streitig ist, ob, wenn die Satzung für Übertragungen einen Genehmigungsvorbehalt vorsieht, dieser auch dann eingreift, wenn Anteilserwerb aufgrund eines Vermächtnisses in Frage steht, mit anderen Worten, ob der Anteilserwerb auf212

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grund testamentarisch angeordnetem Vermächtnis durch Verweigerung der Genehmigung seitens der verbleibenden Gesellschafter oder durch sonstige satzungsmäßige Vorbehalte verhindert werden kann. Es erscheint wenig einsichtig für einen Anteilserwerb aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge den Grundsatz der freien Vererblichkeit gelten zu lassen (Rdn. 18), diesen Grundsatz aber nicht zugunsten des Erblassers anzuwenden, der im Wege eines Vorausvermächtnisses seinen Geschäftsanteil einem namentlich bestimmten Erben zuwendet (wie hier Petzold GmbH-Rdsch. 77, 27; ScholzWinter 20; a.A. Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 112; Fischer/Lutter 3; Rowedder68; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 14). Auch in Fällen einer Zuwendung eines Geschäftsanteils im Rahmen testamentarischer Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) gilt, daß etwaige satzungsmäßig vorgesehene Genehmigungsvorbehalte nicht eingreifen {Petzold a a O m.w.N.). Schließlich greifen auch satzungsmäßige Genehmigungsvorbehalte i.S. von Abs. 5 nicht ein, wenn ein Miterbe nach § 2033 Abs. 1 BGB über seinen Anteil am Nachlaß verfügt, auch wenn im Nachlaß ein GmbH-Anteil enthalten ist (BGH N J W 85, 2592 = BB 85, 479 = Z I P 85, 350; Scholz-Winter l 18, 6; Baumbach-Hueck a a O 11; a.A. Priester GmbH-Rdsch. 81, 206; Schilling/Zutt in Hachenburg § 15 Anh. 100). Die freie Verfügungsbefugnis des Miterben an seinem Nachlaß-Anteil kann weder durch privatrechtliche noch durch öffentlich-rechtliche Genehmigungserfordernisse bezüglich einzelner Nachlaßgegenstände eingeschränkt werden (BGH aaO m.w.N.). Zur Frage der Beeinträchtigung erbrechtlicher Anwartschaften aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen s. Fleck FS Stimpel, 1985, 353. 3. Testamentsvollstreckung. Ein Geschäftsanteil kann entweder im Rahmen 2 0 einer für den gesamten Nachlaß angeordneten Testamentsvollstreckung oder auch als solcher der Verwaltung durch einen Testamentsvollstrecker unterworfen werden (Scholz-Winter 156). Das ist gesellschaftsrechtlich zulässig (BGH GmbH-Rdsch. 59, 256 = N J W 59, 1820; Wiedemann S. 338; Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 119; Fischer/Lutter 6; Baumbach-Hueck 16; Rowedder 70), auch dann, wenn die G m b H personalistisch strukturiert ist (Schilling in FS Walter Schmidt, S. 281; einschränkend Priester FS Stimpel, 1985,463); anderes gilt bezüglich eines Kommanditanteils (OLG F r a n k f u r t / M N J W 83, 1806 m. Anm. von Koch N J W 83, 1762). Bei Verwaltungsvollstreckung ist der Testamentsvollstrecker zu allen Rechtshandlungen berechtigt, welche sich aus dem Geschäftsanteil ergeben; nur zu unentgeltlichen Verfügungen ist er nicht berechtigt (§ 2025 Satz 2 BGB). Der Gesellschaftsvertrag kann allerdings die Ausübung der Verwaltungsrechte aus dem Geschäftsanteil durch Außenstehende ausschließen (BGH a a O ; Schilling/Zutt in Hachenburg a a O ; Fischer/Lutter a a O ; Baumbach-Hueck a a O ; Scholz-Winter 156; a.A. Wiedemann aaO); in einem solchen Fall verbleiben die Verwaltungsrechte beim Erben. Meyer-Landrut

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4. Vor- und Nacherbschaft. Die letztwillige Anordnung von Vor- und Nacherbschaft in bezug auf einen Geschäftsanteil ist zulässig (im einzelnen Hadding GmbH-Rdsch. 75, 73). Allgemein gilt, daß der Vorerbe alle aus dem Geschäftsanteil sich ergebenden Verwaltungs- und Vermögensrechte wie Stimmrecht, Zustimmungsbefugnisse, Gewinnbezugsrechte u. dgl. auszuüben berechtigt ist, was auch für rechtsändernde Beschlüsse wie Kapitalerhöhung, Kapitalherabsetzung, Liquidation gilt. Die Ausübung von Verwaltungsrechten stellt grundsätzlich keine unzulässige unentgeltliche Verfügung dar (§2113 Abs. 2 BGB), auch wenn eine solche Rechtsausübung sich im Ergebnis als wirtschaftlich unvorteilhaft oder f ü r den Nacherben sonst schädlich herausstellen sollte (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 113; Fischer/Lutter 5). Ist §2113 Abs. 3 BGB verletzt, so ist ein entsprechender Beschluß der Gesellschafter nichtig; allerdings tritt drei Jahre nach Eintragung entsprechend § 242 Abs. 2 AktG Heilung ein (im einzelnen Fleck FS Stimpel, 1985, 353, 374). Unter Umständen kann sich der Vorerbe allerdings Ersatzansprüchen des Nacherben aussetzen. Die Verwaltungsmaßnahmen des Vorerben sind jedoch immer wirksam. Die Nutzung, außer dem Gewinnanspruch auch das Recht auf Teilnahme an Kapitalerhöhungen, steht für die Dauer der Vorerbschaft dem Vorerben zu (§ 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Wege der Kapitalerhöhung erworbene Geschäftsanteile fallen als Surrogate (§2111 Abs. 1 Satz 1 BGB) dem Nacherben zu; das gilt auch im Falle einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln oder bei Wiedereinzahlung ausgeschütteter Gewinne (vgl. B G H GmbH-Rdsch. 72, 215 bei Nießbrauch). Auch das Entgelt bei Einziehung oder die Liquidationsquote gebühren dem Nacherben {Fischer/Lutter a a O ; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 15). Allerdings kann der Vorerbe in jedem Fall Auslagenersatz verlangen, soweit er eigene Mittel aufgewandt hat (§§ 2124, 2125 BGB; Schilling/ Zutt in Hachenburg Anh. 118; Fischer/Lutter aaO).

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5. Einziehung. Wenn auch die Vererblichkeit von Geschäftsanteilen durch Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden kann (Rdn. 18), so kann doch die Einziehung von Geschäftsanteilen eines Gesellschafters im Falle des Todes vorgesehen werden. Mit der h.M. ist dabei davon auszugehen, daß eine Einziehung nicht in der Weise erfolgen kann, daß sie im Todesfall ohne weitere Erklärung automatisch eintritt. Vielmehr muß die Einziehung durch Beschluß der Gesellschafter (§ 46 Nr. 4) oder ein sonstiges durch die Satzung bestimmtes Organ erklärt und dem betreffenden Gesellschafter bekannt gemacht werden (Schilling/Zutt in Hachenburg 8; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 1A; Fischer 2c; Wiedemann S . 9 3 ; a.A. Vogel GmbH-Rdsch. 71, 132; Finger GmbH-Rdsch. 75,98, jeweils m.w.N.). Bei Einziehung sind die allgemeinen Voraussetzungen des § 34 zu beachten. Eine Einziehung ohne Entgelt ist zulässig (str.; wie hier Scholz-Winter 18; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 13; Fi$cher/Lutter 4; Finger GmbH-Rdsch. 75, 99). 214

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Übertragung von Geschäftsanteilen

Erbrechtliche Formen brauchen auch bei unentgeltlicher Amortisation nicht gewahrt zu werden (Scholz-Winter 18; a.A. Wiedemann S. 96). Die Einziehung kann auch dem Zweck dienen, eine durch Gesellschaftsvertrag vorgesehene Abgabe des Geschäftsanteils seitens der Erben an einen Dritten oder an die verbliebenen Gesellschafter durchzusetzen (Wiedemann aaO).

III. Selbständigkeit der Geschäftsanteile (Abs. 2) 1. Voraussetzungen. Abs. 2 bestimmt die Selbständigkeit der Geschäftsan- 2 3 teile. Die Anteile, die ein Gründer oder ein Rechtsnachfolger hinzuerwirbt, sei es im Wege der Kapitalerhöhung (§ 55 Abs. 3), sei es durch rechtsgeschäftlichen oder sonstigen Erwerb, bleiben selbständig. Im Falle der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kann allerdings Kapitalerhöhung auch durch Erhöhung des Nennbetrages der Anteile durchgeführt werden (§ 6 Abs. 3 KapErhG); das gilt zwingend für teileingezahlte Anteile (§12 Abs. 2 Satz 2 KapErhG). Sind im Falle einer Kapitalerhöhung die bisherigen Anteile voll eingezahlt oder befinden sie sich noch in den Händen der Gründer und besteht keine Nachschußpflicht, so kann eine Kapitalerhöhung gleichfalls im Wege der Erhöhung des Nennwerts der einzelnen Geschäftsanteile durchgeführt werden ( B G H Z 63, 116; O L G H a m m DB 82, 945; Scholz-Priester 55, 22; im einzelnen s. § 55, 22). Ansonsten muß die Selbständigkeit der Anteile wegen der Verpflichtungen bzw. der Rückgriffsrechte bei nicht voll eingezahlten Anteilen wie auch bei beschränkter Nachschußpflicht (§ 28) aufrechterhalten bleiben. Sind hingegen die Anteile voll eingezahlt, so steht einer Vereinigung durch Zusammenlegung oder auch Neustückelung nichts im Wege (RGZ 142, 36; B G H Z 42, 89). Zur Frage, wieweit die Zusammenlegung einer Bereinigung unentwirrbar gewordener Beteiligungsverhältnisse dienen kann, s. Hohner FS R. Fischer, S. 160. 2. Zusammenlegung. Die Zusammenlegung setzt einen Gesellschafter- 2 4 beschluß voraus (h.L. Schilling/Zutt in Hachenburg 142; Scholz- Winter 79; Fischer/Lutter 7; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 18; Rowedder 110; Handbuch der G m b H I, 323). Einer entsprechenden satzungsmäßigen Ermächtigung bedarf es nicht, wie auch die Teilung von Anteilen (§ 46 N r 4 i.V.m. § 17 Abs. 6 Satz 2) ohne eine derartige Ermächtigung zulässig ist (str.; wie hier Fischer/Lutter a a O ; Baumbach-Hueck a a O ; Rowedder 110; Priester GmbH-Rdsch. 76, 132; Bartl/Henkes 254; a.A. Schilling/Zutt in Hachenburg 142; Scholz- Winter a a O ; Handbuch der G m b H I 323.1). Die in § 53 Abs. 4 RegEntw 1971 vorgesehene Anteilsvereinigung durch Erklärung des Inhabers der Anteile gegenüber der Gesellschaft ist vom geltenden Recht nicht gedeckt (a.A. Priester aaO). Eine Zustimmung der betreffenden Gesellschafter zur Anteilsvereinigung erscheint, sofern eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes im Einzelfall Meyer-Landrut

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nicht vorliegt, nicht erforderlich (Scbilling/Zutt in Hachenburg 142; a.A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 18; Rowedder 112; Fischer/Lutter 7). Der die Anteilsvereinigung oder Neustückelung anordnende Beschluß kann also mit einfacher Mehrheit gefaßt werden. Form- und Mehrheitserfordernisse des § 53 sind jedoch zu beachten, wenn die Stückelung oder die Nennwerte der einzelnen Anteile in der Satzung festgeschrieben sind (Bartl/Henkes 254). Die Satzung kann die Voraussetzungen zur Durchführung der Zusammenlegung und Neustückelung abweichend regeln, etwa erschwerte Mehrheiten, Zustimmungsbedürftigkeit durch alle Gesellschafter wie auch die Zusammenlegung durch einseitige Erklärung des Anteilsinhabers ohne Gesellschafterbeschluß oder auch ein Verbot der Zusammenlegung (entsprechend § 17 Abs. 6) vorsehen.

IV. Übertragung von Geschäftsanteilen (Abs. 3) 1. Form 25

a) Notarielle Beurkundung. Das Gesetz verlangt notarielle Form des Vertrages zur Abtretung von Geschäftsanteilen. Gemeint ist eine Beurkundung im Sinne von § 6 BeurkG; notarielle Beglaubigung ist nicht genügend (Schilling/Zutt in Hachenburg 57; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 21). Zu beurkunden sind das Angebot und die Annahme der Abtretung (BGHZ 21, 247 = G m b H Rdsch 63, 188). Fehlende Form führt zur Nichtigkeit (§ 125 BGB). Eine entsprechende Anwendung der Grundsätze über die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft (entspr. B G H W M 75, 512, 514 = LM § 15 G m b H Nr. 12) erscheint weder möglich noch sachgerecht (s. Rdn. 33); wie hier im übrigen die h.L. R G Z 77, 129; Schilling/Zutt in Hachenburg 60; Baumbach-Hueck a a O 28; Fischer/Lutter 8; Scholz-Winter 82; a.A. Rowedder 113; Wiesner N J W 84, 97). Die beiden Erklärungen können, brauchen aber nicht gleichzeitig abgegeben und beurkundet zu werden (§ 128 BGB). Die Vorschrift über den Formzwang ist, am Zwecke des Gesetzes orientiert, den formlosen spekulativen Handel mit GmbH-Anteilen zu verhindern, eng auszulegen. N u r in Ausnahmefällen kann ein Abtretungsvorgang vom Formzwang ausgenommen werden, wenn hierdurch keine Förderung des freien Handels mit GmbH-Anteilen begünstigt wird (BGHZ 75, 352; 19, 69; Fischer/ Lutter 11; R.Fischer in LM Nr. 3 zu § 15 G m b H G ; Ganssmüller G m b H Rdsch. 63, 188; a.A. Schilling/Zutt in Hachenburg 39; Scholz-Winter 28). Auch kann die Nichtigkeitsfolge grundsätzlich nicht durch ein Berufen auf Treu und Glauben aufgehoben werden; das kommt nur ganz ausnahmsweise zur Vermeidung schlechthin untragbarer Ergebnisse in Betracht (BGH W M 84, 181, 1001; Scholz-Winter53).

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b) Einzelheiten. Dem Formzwang unterliegen grundsätzlich alle Abtretungsvorgänge. Formbedürftig sind die entgeltlichen wie die unentgeltlichen 216

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Übertragung von Geschäftsanteilen

Übertragungen, auch wenn sie in Erfüllung einer letztwilligen Verfügung erfolgen (dazu Rdn. 19), ferner Übertragungen zur Sicherheit oder treuhänderisch. Der Form des Abs. 3 unterliegt auch die Teilung eines Geschäftsanteils (§ 17, 9) sowie die Begründung von Vorkaufs- oder Ankaufsrechten (dazu Rdn. 30) sowie die Ansprüche auf Rückübertragung von Anteilen (RGZ 159, 282; B G H N J W 65, 1376). Formbedürftig ist auch die Übertragung zukünftiger Anteile, die durch eine Kapitalerhöhung entstehen (Fischer/Lutter 12) sowie von Anteilen einer noch nicht durch Eintragung zur Entstehung gelangten G m b H . Auch die Gesellschaft kann eigene Anteile nur unter Beachtung der Formerfordernisse übertragen, denn insoweit ist auch sie „Gesellschaft e r " im Sinne des Abs. 3. Auch die Abtretung der Ansprüche auf Übertragung ist grundsätzlich formbedürftig ( B G H Z 75, 352; str.; s. die Nachweise in Rdn. 25 am Ende). Dem Formzwang unterliegt auch die Verpfändung von G m b H Anteilen (BGH W M 83, 1235, 1237; s. auch Rdn. 47). Eine Ausnahme vom Formzwang läßt die Rechtsprechung zu, wenn der Treugeber seinen Anspruch gegen den Treuhänder zum Zwecke der Ablösung an einen neuen Treuhänder abtritt ( B G H Z 19,69). Keiner Form unterliegen Übertragungen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, wie Erbfolge, Verschmelzung und übertragende Umwandlung. Formfrei ist auch der Erwerb im Wege der öffentlichen Versteigerung (§ 156 BGB): hier tritt der Zuschlag an die Stelle der Übertragung (Eder in H a n d buch der G m b H I, 343). Formfrei ist auch die Übertragung einzelner aus dem Geschäftsanteil fließender Rechte wie Gewinnbezugsrecht, Stimmrecht, Liquidationserlös, die Vorausabtretung des Auseinandersetzungsanspruchs (BGH W M 83, 1235 = BB 83, 2207) sowie die Begründung von Unterbeteiligungen (Schilling/Zutt in Hachenburg 86; Fischer/Lutter 12; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 26; Bartl/Henkes 255). c) Auslandsbeurkundungen. Dem Erfordernis der Absätze 3 und 4, die no- 2 7 tarielle Form als Wirksamkeitsvoraussetzung f ü r Übertragung und Verpflichtung zur Übertragung zu beachten, genügt auch eine Beurkundung im Ausland, sofern die ausländische Urkundsperson dem deutschen N o t a r nach Ausbildung, Auswahl und Stellung in etwa gleichwertig ist ( B G H Z 80, 76). Ortsform gem. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ist ausreichend, wenn das ausländische Recht entsprechende Rechtsgeschäfte nicht kennt (h.L. R G Z 160, 230; BayObLG DB 77, 2320 = N J W 78, 500; O L G Frankfurt W M 81, 946; O L G München W M 84, 261; Schilling/Zutt in Hachenburg 59; Behrens in Hachenburg Einl. 101; Handbuch der G m b H I, 341.3; Hüffer in Staub, GroßkommH G B , 4. Aufl. § 8, 74; Fischer/Lutter 15; Baumbach-Hueck a a O 21; Rowedder 22). Demgemäß genügt Beurkundung von Rechtsgeschäften im Sinne von § 15 etwa durch schweizer (RGZ 160, 230; O L G Frankfurt a a O ; BredthauerBB 86, 1864) und österreichische Notare (BayObLG aaO) den gesetzlichen Formerfordernissen. Zu beachten ist, daß ausländisches Ortsrecht dann nicht Meyer-Landrut

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zum Zuge kommen kann, wenn dieses eine notarielle Beurkundung entsprechend §§ 6 ff BeurkG nicht kennt (Fischer/Lutter aaO). Notarielle Unterschriftsbeglaubigungen, auch wenn diese dem Ortsrecht entsprechen, ersetzen eine Beurkundung (Rdn. 25) i.S.v. § 15 nicht. 28

2. Inhalt. Die beurkundete Erklärung muß unzweideutig die Vertragsparteien erkenntlich machen, insbesondere bei einem Abtretungsangebot den Erwerber bezeichnen. Es muß auch eindeutig aus der Urkunde hervorgehen, ob nur eine obligatorische Verpflichtung (Rdn. 30) oder auch der dingliche Rechtsübergang gemeint ist. Auf die Wahl bestimmter Worte kommt es nicht an, wenn sich aus dem Zusammenhang eindeutig der Übertragungswille ergibt (Schilling/Zutt in Hachenburg 74; Scholz-Winter 23; Baumbacb-Hueck 21 jeweils m.w.N.). Nebenabreden werden grundsätzlich vom Formzwang mitumfaßt (RGZ 67, 37; 112, 239; 168, 269; B G H N J W 59, 1433; BB 69, 1242; O L G Düsseldorf M D R 78, 668; Schilling/Zutt in Hachenburg 49; a.A. Sigle/Maurer N J W 84, 2657). Das gilt auch f ü r die mit der Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils gekoppelte Verpflichtung, im Rahmen einer G m b H & Co. KG den Kommanditanteil abzutreten (BGH BB 86, 1251; O L G München N J W 67, 1328). Sind Nebenabreden mangels W a h r u n g der Form nichtig, so beurteilt sich die Rechtsgültigkeit der Übertragung nach § 139 BGB. Nebenabreden zum Verpflichtungsgeschäft, wie auch dieses selbst, werden durch die formgültige Übertragung geheilt (Rdn. 32). Überträgt ein Gesellschafter einen von mehreren selbständigen Geschäftsanteilen (Rdn. 23), so ist der abzutretende Anteil eindeutig genau zu bezeichnen. Ein allgemeiner Hinweis auf den Nennwert des zu veräußernden Anteils, wenn dieser in Wirklichkeit mehrere selbständige Anteile oder Teilgeschäftsanteile umfaßt, genügt nicht (Scholz-Winter 23; teilw. abw. Schilling/Zutt in Hachenburg 75). Mangelt es an der Bestimmtheit der Bezeichnung des Anteils, so ist die Übertragung nichtig. Ist die Abtretung eines Teilgeschäftsanteils gewollt, so sind zunächst Teilung und Teilungsgenehmigung gem. § 17 herbeizuführen {Schilling/Zutt in Hachenburg 76; Rowedderl). Auch wesentliche Änderungen (Scholz-Winter 23; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 3C) wie auch die Rückgängigmachung der Übertragung (Scholz-Winter 25; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 24) unterliegen dem Formzwang.

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3. Vollmachten. Anders als nach § 2 Abs. 2 bei Gründung bedarf die Vollmacht zur Übertragung wie zur Annahme der Übertragung von G m b H - G e schäftsanteilen nicht der notariellen Beglaubigung (§ 167 Abs. 2 BGB; B G H Z 13, 51; 19, 72; Schilling/Zutt in Hachenburg 54; Scholz-Winter 29; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 22; Rowedder 14; Fischer/Lutter 14). Auch die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB kann formlos erteilt werden ( B G H Z 13, 51). Gleiches gilt auch f ü r die Genehmigung (§ 182 Abs. 2 BGB) bei Erklä218

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Übertragung von Geschäftsanteilen

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rungen durch einen vollmachtlosen Vertreter (§ 177 Abs. 1 BGB) oder einen Nichtberechtigten (§185 BGB). Privatschriftliche Blankovollmachten zur Übertragung von G m b H - G e schäftsanteilen, die die Bezeichnung des Erwerbers offenlassen und damit einer Umgehung der Formerfordernisse des § 15 Abs. 4 dienen, sind nichtig ( B G H Z 13, 49; 19, 72). Da aber der Gesetzeszweck, die Erschwerung der Umlauffähigkeit von GmbH-Geschäftsanteilen, mit dem Formzwang erreicht ist, muß auch eine Blankovollmacht ohne Nennung des Erwerbers in notariell beurkundeter Form als gültig angesehen werden (Eder in Handbuch der G m b H I, 343.1; Traumann GmbH-Rdsch. 85, 78; a.A. Schilling/Zutt in H a chenburg 55; Scholz-Winter29; Baumbach-Hueck; Fischer/Lutter; Rowedder]eweils a a O ; Bartl/Henkes 255).

V. Die Verpflichtung zur Abtretung von Geschäftsanteilen (Abs. 4) 1. Inhalt. Wie in Rdn. 28 dargelegt, bedarf die eine Übertragung beurkun- 3 0 dende Erklärung der Eindeutigkeit hinsichtlich der Beteiligten, des Übertragungswillens und der Bezeichnung der zu übertragenden Anteile. Für die Vereinbarung i.S.v. Abs. 4 Satz 1 gilt dasselbe. Es müssen alle wesentlichen Bestandteile einschließlich Nebenabreden aus der Urkunde selbst ersichtlich sein (BGH N J W 69,132; Schilling/Zutt in Hachenburg 35). Die Formvorschrift des Abs. 4 betrifft nur Vereinbarungen, die eine Verpflichtung zur Abtretung von GmbH-Anteilen begründen. Einseitige Verpflichtungserklärungen, wie durch Stiftungsgeschäfte, Auslobung, Vermächtnis oder Teilungsanordnung, unterliegen als solche nicht dem Formzwang {Scholz-Winter 34; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 30). Formfrei ist auch die Abtretung der Auseinandersetzungsforderung eines Gesellschafters (Schilling/Zutt in Hachenburg 86; Fischer/Lutter 12), die allerdings hinfällig wird, wenn dieser den Geschäftsanteil an einen Dritten abtritt, bevor in seiner Person ein Auseinandersetzungsanspruch entstanden ist (BGH N J W 84, 492). Ebenso ist die Verpflichtung zur Übertragung von Sachgesamtheiten (wie eines Unternehmens oder eines Nachlasses) verbindlich auch hinsichtlich von Geschäftsanteilen als Bestandteilen der Sachgesamtheit (Schilling/Zutt in Hachenburg 34). Immer bedarf jedoch die dingliche Übertragung von GmbH-Anteilen der notariellen Form (Rdn. 26). Nach h.L. ist auch allein die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils formbedürftig (Schilling/Zutt in Hachenburg 36; Scholz-Winter 38; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 32), obgleich der Gesetzeswortlaut diese Ansicht nicht unbedingt deckt. Vereinbarungen oder einseitige Verpflichtungen zur Abtretung von Geschäftsanteilen können auch im Gesellschaftsvertrag enthalten sein. Entsprechende Regelungen finden sich f ü r den Fall des Todes von Gesellschaftern (dazu Rdn. 22) oder bei Gesellschafter/Geschäftsführern f ü r den Fall von Meyer-Landrut

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deren Ausscheiden aus den Diensten der G m b H . Durch Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag (§ 2 Abs. 1) ist dem Formerfordernis des Abs. 4 genügt. Das gilt aber nur, wenn die Übertragung zu den im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Bedingungen erfolgt. Ist die satzungsmäßige Regelung unvollständig, etwa im Hinblick auf die Gegenleistung, so bedarf die Verpflichtung der notariellen Beurkundung (BGH DB 69, 1884 = LM § 2 G m b H G , Nr. 2 = GmbH-Rdsch. 69,288; DB 86,1513 = GmbH-Rdsch. 86,259). Auch die Einräumung von Vorkaufs- oder Erwerbs- bzw. Ankaufsrechten außerhalb des Gesellschaftsvertrages ist formbedürftig (Schilling/Zutt in H a chenburg 27; Scholz- Winter 40; Eder in Handbuch der G m b H I, 381, 382; Rowedder 13; Fischer/Lutter 12). Dagegen ist die Erklärung über die Ausübung dieser Rechte formfrei (Schilling/Zutt in Hachenburg 28; Scholz-Winter a a O ; Fischer/Lutter aaO). 31

2. Formmängel. Erfüllt ein Vertrag nicht die in Abs. 4 Satz 1 vorgesehene Form (fehlende, nur teilweise oder mangelnde Beurkundung), so ist er nichtig (§ 125 BGB). Es gilt das in Rdn. 25 Gesagte, es sei denn, es tritt Heilung nach Abs. 4 Satz 2 ein (Rdn. 32). Die gesetzliche Regelung bezweckt nicht nur den Schutz des veräußernden Gesellschafters; beide Vertragsparteien können die Nichtigkeit geltend machen (Schilling/Zutt in Hachenburg 60). Das in Erfüllung eines nichtigen Vertrages Hergegebene kann nach den Vorschriften der §§812 ff. BGB zurückgefordert werden. Nicht von der Nichtigkeit erfaßt werden jedoch solche Teile der Vereinbarung, die f ü r sich allein nicht formbedürftig sind, und von denen anzunehmen ist, daß sie auch ohne die Abtretung der Geschäftsanteile abgeschlossen worden wären (BGH DB 86, 1513 = G m b H Rdsch. 86, 258). Ist dagegen die Abtretungsvereinbarung formgültig zustande gekommen, so kann die Übertragung verlangt werden und die fehlende Erklärung der Abtretung oder Annahme durch rechtskräftige Verurteilung (§ 894 Z P O ) ersetzt werden.

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3. Heilung (Abs. 4 Satz 2). Ist die obligatorische Vereinbarung (Rdn. 30) nicht formgerecht beurkundet worden, so wird dieser Mangel geheilt, wenn es zu einer notariell beurkundeten Übertragung nach Abs. 3 kommt. Die Heilung erstreckt sich auf den gesamten Inhalt des schuldrechtlichen Vertrages einschließlich Nebenabreden und Ergänzungen (BGH W M 79, 1259; R G Z 65, 38; Schilling/Zutt in Hachenburg 69; Scholz- Winter 55; Wiesner N J W 84, 95, 99 insbes. zum Fall der Veräußerung von Geschäftsanteil und Kommanditanteil an einer G m b H & Co KG). Es bedarf nicht einer Wiederholung der Bestimmungen und Bedingungen des obligatorischen Geschäftes, nicht einmal bedarf es bei entgeltlichen Veräußerungen der Nennung des Kaufpreises (RGZ 112, 239; 168, 296). Eine eindeutig die Vertragsparteien, den Übertragungswillen und die in Betracht kommenden Geschäftsanteile bezeichnende 220

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Übertragung von Geschäftsanteilen

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Erklärung heilt das zugrunde liegende obligatorische Rechtsgeschäft in allen seinen Einzelheiten. Werden Teile des obligatorischen Geschäfts nicht beurkundet, so wird auch dieser Mangel durch die notarielle Abtretungsurkunde mit der Folge geheilt, daß sowohl der beurkundete wie der nicht beurkundete Teil des schuldrechtlichen Geschäfts rechtliche Wirksamkeit erlangen (Schilling/Zutt a a O ; B G H W M 83, 565 = DB 83,1141). Die Heilung wirkt erst vom Zeitpunkt der formgerechten Abtretung an (Schilling/Zutt in Hachenburg 71; Scholz-Winter 56; Rowedder 16; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 35). Die Heilung gemäß Abs. 4 Satz 2 bezieht sich allein auf den Formzwang nach Abs. 4 Satz 1. Andere Mängel, etwa fehlende Geschäftsfähigkeit oder fehlende Genehmigungen, sei es kraft Gesetzes oder gemäß Gesellschaftervertrag, Mängel der Bevollmächtigung (dazu Traumann GmbH-Rdsch. 85, 78) u.dgl., werden nicht geheilt, so daß trotz formgerechter Übertragung Unwirksamkeit aus anderen Gründen gegeben sein kann (Schilling/Zutt in Hachenburg 62,64; Rowedder a a O ; Baumbach-Hueck aaO). 4. Nichtigkeit und Willensmängel. Anders als bei Gründung (§ 2, 20) gelten 3 3 bei Nichtigkeit und Willensmängeln der Anteilsübertragung die allgemeinen Vorschriften des BGB. Bei Irrtum, arglistiger Täuschung, Sittenwidrigkeit oder Minderjährigkeit ist die Übertragung somit anfechtbar oder von vornherein nichtig; so das RG in std. Rechtspr. seit R G Z 76, 331 und die früher h.L.; s. auch Baumbach-Hueck 13. Aufl. 1D und jetzt insbesondere Scholz-Winter 82; Roth 2.7.; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 28 und Knobbe-Keuk Z I P 83, 274 jeweils m.w.N. a.A. B G H W M 75, 512, 414 = LM § 15 G m b H G Nr. ^ ( z u s t i m mend Schilling/Zutt Anh. § 15, 4; Wiesner N J W 84, 97; Rowedder 113), wonach in Verkennung der Sachlage die Grundsätze über die fehlerhafte Personengesellschaft bei Mängeln eines Gesellschafterwechsels auf die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen übertragen werden, w o f ü r jedoch weder ein Bedürfnis noch ein Erfordernis besteht, da der Bestand der G m b H als juristischer Person vom Gesellschafterwechsel nicht berührt wird, auch nicht bei rückwirkender Unwirksamkeit einer Anteilsübertragung (so auch Roth § 15, 2.7). Zur Legitimationswirkung der Anmeldung nach § 16 bei nichtiger oder anfechtbarer Übertragung s. § 16, 15.

VI. Gewährleistung bei Anteilsverkauf 1. Allgemeines. Der Kauf von GmbH-Anteilen ist grundsätzlich 3 4 Rechtskauf i.S.v. § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 13; Westermann Z G R 82,47; PräIss Z I P 80, 337 jeweils m.w.N.; Scholz-Winter 83; Rowedder 3; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 6). Die Rechtsfolgen bei Nichterfüllung oder Schlechterfüllung ergeben sich aus den §§ 440, 323 ff BGB. Der Meyer-Landrut

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Verkäufer hat f ü r den rechtlichen Bestand des verkauften Geschäftsanteils ohne Einschränkung einzustehen (§ 437 BGB). Er haftet ferner dafür, daß der Anteil frei von Rechten Dritter ist (§ 434 BGB). Eine Gewährleistung für Sachmängel i.S.v. §§ 459 ff BGB findet nicht statt ( B G H Z 65, 250); für den wirtschaftlichen Wert des Anteils oder der Vermögenswerte der G m b H wird nicht gehaftet. Bei Rechtsmängeln kann der Käufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder zurücktreten (Scholz-Winter 83; Rowedder 7). Daneben und darüber hinaus kann bei arglistiger Täuschung oder Irrtum Anfechtbarkeit gegeben sein, insbesondere wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der G m b H seitens des Verkäufers bewußt unrichtig dargestellt werden (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 21). Schließlich können den Käufer bei Verletzung von Offenbarungspflichten oder bei entsprechenden Tatbeständen Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß gegenüber dem Verkäufer zustehen (BGH N J W 80, 2408 = DB 80, 1786). Die beim Rechtskauf dem Käufer verschlossenen Gewährleistungsansprüche wegen Sachmängeln können vertraglich vereinbart werden, die gesetzlichen Regeln der §§ 459 ff BGB einschränkend oder ausdehnend.

2. Unternehmenskauf 35

a) Problematisch und umstritten ist, wann bei Erwerb von GmbH-Anteilen wirtschaftlich nicht mehr ein Anteilserwerb und damit ein Rechtskauf, sondern ein Unternehmenserwerb und damit ein Sachkauf vorliegt mit der Folge, daß die Vorschriften über die Sachmängelhaftung (§§ 459 ff BGB) Platz greifen. Den Verkauf sämtlicher Anteile einer G m b H sieht die Rechtsprechung unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise seit R G Z 98, 289 als Unternehmenskauf an und wendet entsprechend zugunsten des Käufers die Vorschriften über die Sachmängelhaftung an (BGH W M 69, 67 = N J W 69, 184; B G H Z 65, 246; W M 75, 230; B G H W M 80, 1006 = N J W 80, 2408 = DB 80, 1786). Das wird zutreffend damit begründet, daß der Alleingesellschafter unbeeinträchtigt durch die Befugnisse von Mitgesellschaftern über das Unternehmen der G m b H verfügt und daher rechtlich dem Inhaber eines Einzelunternehmens gleichzustellen ist. Entsprechendes gilt, wenn nur unbedeutende Splitteranteile in dritter H a n d verbleiben (BGH W M 70, 819; Scholz-Winter 83). Dagegen wird ein Erwerb auch einer wesentlichen Beteiligung (von der Hälfte und mehr der Geschäftsanteile) von der Rechtsprechung trotz zahlreicher kritischer Stimmen im Schrifttum (vgl. zuletzt Prölss a a O ; Grunewald Z G R 81, 622; Westermann Z G R a a O ; Hommelhoff Z G R 82, 366, 384) nicht als Unternehmenskauf angesehen und damit eine entsprechende Anwendung der §§ 459 ff BGB bei Sachmängeln (Vermögensminderung) abgelehnt ( B G H Z 65, 246; B G H W M 80, 1006 = N J W 80, 2408 = DB 80, 1786). Zwar hat der B G H in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung (DB 80,681) auch den Erwerb einer fünfzigprozentigen Beteiligung als Unternehmenskauf bezeich222

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Übertragung von Geschäftsanteilen

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net; diese Frage war aber nicht entscheidungserheblich (Müller BB 80, 1393) und ist durch das Urteil W M 80, 1006 = N J W 80, 2408 = DB 80, 1786 überholt (kritisch dazu auch Westermann Z G R aaO). b) Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher offengelassene Frage nach der Grenze, wann ein Anteilskauf noch als Rechtskauf oder schon als Sachkauf (Unternehmenskauf) zu behandeln ist (Westermann Z G R 82, 52), sollte sinnvollerweise im Anschluß an die Erwägungen in B G H W M 80, 1006 = N J W 8 0 , 2409 = DB 80, 1786 dort gezogen werden, wo der Verkäufer regelmäßig unternehmerische Entscheidungen ohne Mitwirkung anderer Gesellschafter treffen kann (vgl. auch O L G München N J W 67, 1326). Das ist der Fall, wenn der Mehrheitsgesellschafter satzungsändernde Beschlüsse allein fassen kann {Hommelhoff Z G R 1976, 285; Müller BB 80, 1397; Rowedder 8; s. auch Baumbach-Hueck 14. Aufl. 7; ferner Schlegelberger/Hefermehl H G B 5. Aufl. § 377, 6), also in der Regel bei einem Anteilsbesitz von fünfundsiebzig Prozent oder mehr (§ 53 Abs. 2). Auch kann man davon ausgehen, daß eine Mehrheitsbeherrschung von fünfundsiebzig Prozent oder mehr dem Inhaber der Geschäftsanteile jenen Informationsstand gibt, der es rechtfertigt, dem Käufer gegenüber auch für Sachmängel zu haften (Prölss a a O ; Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 20). Dieses entspricht auch der Verkehrsauffassung, denn ein Erwerb aller Anteile oder einer Mehrheit, die satzungsändernde Beschlüsse durchsetzen kann, wird als Unternehmenskauf verstanden und in aller Regel auch durch entsprechende vertragliche Absicherungen in Form von Gewährleistungen und Garantien seitens der Verkäufer zum Bestand des Vermögens der Gesellschaft, die Voraussetzungen und Grundlagen ihrer Geschäftstätigkeit und die Ertragsaussichten abgesichert (s. dazu etwa Wessing Z G R 82, 455 sowie die Handbücher von Hölters 1985, Beisell/Klumpp 1985 und Raedler/Pöllath 1982).

VII. Steuern 1. Umsatzsteuer. Die entgeltliche Übertragung (Veräußerung) eines Ge- 3 6 schäftsanteils unterliegt als Anschaffungsgeschäft gem. § 18 KVStG der Börsenumsatzsteuer. Der Steuersatz beträgt 2,5 vom Tausend (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 KVStG). Bei Auslandsgeschäften ermäßigt sich die Steuer auf die Hälfte, wenn nur ein Vertragsteil Inländer ist (§ 24 Abs. 2 KVStG). Sind beide Parteien Ausländer und wird das Anschaffungsgeschäft (der obligatorische Vertrag) im Ausland abgeschlossen und nur der Vollzug der Übertragung im Inland gem. § 15 Abs. 3 beurkundet (Rdn. 25), so fällt keine Börsenumsatzsteuer an (BFH BStBl. III 59, 215). Nicht steuerpflichtig sind unentgeltliche Übertragung wie Schenkung und Erbfall. Auch die Übertragung auf einen Treuhänder ist bei Unentgeltlichkeit nicht steuerpflichtig (Handbuch der G m b H III, 677). Meyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) fällt bei Übertragung von G m b H - G e schäftsanteilen nicht an, § 4 Nr. 8f UStG 1980. 37

2. Einkommensteuer. Soweit der Geschäftsanteil zu einem Betriebsvermögen gehört, unterliegt ein Veräußerungsgewinn der normalen Einkommensbesteuerung des Veräußerers. Gehört der Geschäftsanteil zum Privatvermögen, so ist ein Veräußerungsgewinn grundsätzlich nicht steuerpflichtig. Etwas anderes gilt bei Spekulationsgewinnen (§ 23 EStG), d.h. wenn Erwerb und Veräußerung innerhalb von sechs Monaten erfolgen. Steuerpflicht besteht auch gemäß § 17 EStG im Falle der Veräußerung von Geschäftsanteilen bei wesentlicher Beteiligung, d.h. wenn der Veräußerer unmittelbar oder mittelbar innerhalb der letzten fünf Jahre mit fünfundzwanzig Prozent oder mehr an der G m b H beteiligt ist. Hier entfällt die Steuerpflicht nur, wenn innerhalb eines Jahres weniger als ein Prozent der Beteiligung veräußert wird. Ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn wird nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG zum ermäßigten Satz besteuert, das ist die Hälfte des nach Tarif anfallenden Satzes.

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3. Erbschaftssteuer. Übertragung im Wege der Vererbung oder Schenkung unterliegt der Erbschaftssteuer. Für GmbH-Anteile ist nach § 11 Abs. 2 BewG der gemeine Wert anzusetzen. Dieser wird entweder aufgrund durchgeführter Verkäufe ermittelt oder es erfolgt die Wertermittlung auf der Grundlage des Stuttgarter Verfahrens (VStR §§ 76 bis 90). Der Steuersatz richtet sich nach dem für den Erben bzw. Beschenkten sich aus der Tabelle ergebenden Satz (§ 19 ErbStG), wobei maßgebend der Wert des steuerpflichtigen Erwerbs und der Verwandschaftsgrad des Empfängers ist.

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4. Grunderwerbssteuer. Gehört zum Betriebsvermögen der G m b H ein Grundstück, so entsteht Grunderwerbssteuer gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG bei Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft in einer Hand oder bei Übergang aller Anteile. Das Gesetz sieht in der Anteilsvereinigung mittelbar den Erwerb der Betriebsgrundstücke, wie es eine mittelbare Veräußerung der Betriebsgrundstücke in der Übertragung aller Anteile sieht. Bleibt auch nur ein Zwerganteil in der Hand eines vom Mehrheitsgesellschafter unabhängigen Dritten, so tritt keine Steuerpflicht ein (BFH BStBl. III 66, 254). Vorgeschobene Personen, Strohmänner, Treuhänder verhindern eine insoweit fingierte Anteilsvereinigung (§ 42 AO) in der Hand des Alleingesellschafters nicht.

VIII. Austritt und Ausschluß eines Gesellschafters 40

1. Voraussetzungen des Austritts. Grundsätzlich kann die Trennung eines Gesellschafters von der G m b H nur durch Veräußerung des Anteils erfolgen, wenn man von dem Abandon-Recht bei unbeschränkter Nachschußpflicht 224

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Übertragung von Geschäftsanteilen

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(§ 27) und der Auflösungsklage aus wichtigem Grund einer mindestens zehnprozentigen Minderheit (§61) absieht. Das Gesetz kennt kein ordentliches Kündigungsrecht eines GmbH-Gesellschafters (s. dazu etwa Reuter G m b H Rdsch 77, 77). Dennoch wird von der Rechtsprechung ein Kündigungsrecht des einzelnen Gesellschafters aus wichtigem Grund, jedenfalls bei einer Nebenleistungsgesellschaft bejaht (RGZ 128, 17) und auch, als Anwendungsfall des Grundsatzes der Kündbarkeit von Dauerschuldverhältnissen ( B G H Z 9, 161) dann, wenn der Gesellschaftsvertrag die Ubertragbarkeit der Anteile ganz ausschließt (Rdn. 12) oder in einer dem Austrittwilligen unzumutbaren Weise erschwert (Ulmer in Hachenburg §34 Anh. 43; Scholz-Winter 86; Baumbach-Hueck 13. Aufl. Einf. § 34, 3; Schwerdtner GmbH-Rdsch. 76, 101). N u r wenn ein wichtiger Grund dem Austrittwilligen den weiteren Verbleib in der Gesellschaft unzumutbar macht, ist das Austrittsrecht gegeben. Da ein Austritt nur das äußerste Mittel sein kann, bei Unmöglichkeit auf andere Weise eine Trennung herbeizuführen (Ulmer a a O 49; Fiscber/Lutter 18; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 34, 18; Rowedder § 34, 46), ist ein Austrittsbegehren regelmäßig nicht gerechtfertigt, wenn der Kündigende selbst die Umstände verschuldet hat, mit denen er sein Austrittsbegehren begründet (ScholzWinter 89). Im übrigen hat der Gesellschafter einer G m b H kein Kündigungsrecht entsprechend §§ 161 Abs. 2, 105 H G B i.V.m. §723 BGB, wie es den Kommanditisten zusteht (Schwerdtner&a.O 104). Voraussetzungen zur Ausübung eines Austrittsrechts ist ferner, daß der Geschäftsanteil voll eingezahlt ist; insoweit gebührt den Interessen der Gesellschaftsgläubiger der Vorrang (Ulmer in Hachenburg a a O 47; Scholz-Winter 92; Baumbach-Hueck aaO 19; Bartl/Henkes 258). Ein Austrittsbegehren kann ferner nicht durchgesetzt werden, wenn eine Abfindung nicht ohne Verletzung des § 30 Abs. 1 gezahlt werden kann. Streitig ist, ob die Mitgliedschaftsrechte des ausscheidenden Gesellschafters bis zum Vollzug des Austritts ruhen, oder ob auch im Falle des Austritts (oder des einvernehmlichen Ausscheidens) der Gesellschafter weiterhin alle Rechte und Pflichten hat, die sich aus dem Geschäftsanteil ergeben. Aus § 16 folgt zunächst, daß ein Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten als solcher gilt, bis eine Rechtsänderung gegenüber der Gesellschaft angemeldet und nachgewiesen ist (BGH W M 68, 1369; B G H Z 84, 47, 49). Da die Gesellschafterstellung im übrigen erst mit der endgültigen, rechtskräftigen Durchführung des Austritts des Gesellschafters ihr Ende findet, kann — auch bei sogenannten Nebenleistungsgesellschaften — nicht davon ausgegangen werden, daß allein durch die Kündigung bereits eine Gesellschafterstellung minderen Rechts entsteht (wie hier Scholz-Winter 91; Balz DB 84, 1865; B G H W M 83, 1354; B G H Z 88, 320 = W M 83, 1310; O L G Düsseldorf W M 83, 427; O L G Celle W M 83, 325 = ZIP 83, 442, 444; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. 34, 22; Fischer/Lutter § 34, 19; a.A. R G Z 114, 218; 125, 118; Ulmer in Hachenburg § 34 Anm. 52; Fichtner BB 67, 17). EntspreMeyer-Landrut

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chendes gilt f ü r den Fall eines rechtmäßigen Ausschließungsbeschlusses aufgrund einer satzungsmäßigen Ermächtigung ( B G H 2 32, 17, 23). Abweichende Regelungen setzen entsprechende Abreden der Beteiligten voraus (BGHZ 88, 320 = W M 83,1310). S. auch § 47,6. 41

2. Durchführung. Die Durchführung eines Austritts ist problematisch und mangels gesetzlicher Regelung schwer durchsetzbar (vgl. dazu § 211 RegEntw 1971 und Goerdeler FS R. Fischer, 113). Seitens des Austrittswilligen wird eine einseitige Erklärung als genügend angesehen (RGZ 128, 17; Ulmer in Hachenburg Anh. 34, 51 m.w.N.). Die zur Ausführung des Austrittsverlangens im Schrifttum dargelegten Möglichkeiten, Einziehung oder Abtretung des Anteils an einen von der Gesellschaft zu benennenden Dritten oder die Gesellschaft (Scholz-Winter 92; Fischer/Lutter 19), können an fehlenden satzungsmäßigen Voraussetzungen scheitern. Das gilt für eine Einziehung, wenn man nicht der Ansicht ist, daß § 34 vorliegend nicht anwendbar sei (so Scholz-Winter 92), oder gilt bei fehlendem Willen, einen Einziehungsbeschluß herbeizuführen. Die Übertragung kann gleichfalls scheitern an mangelndem Interesse oder Willen der Gesellschaft oder der verbleibenden Gesellschafter, eine Übertragung zuzulassen, zumal da dem Ausscheidenden ein Anspruch auf Abfindung (dazu Großfeld Unternehmensbewertung im Gesellschaftsrecht, 1983) in H ö h e des Verkehrswertes seines Geschäftsanteils zuerkannt wird (Ulmer in Hachenburg 54; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 34, 21; Scholz- Winter 93). Ob wirklich bei gescheitertem Versuch einer Durchführung des Austritts dem Austrittswilligen, auch wenn er keine zehnprozentige Beteiligung hat, ein Kündigungsrecht aus § 61 zusteht, erscheint gleichfalls fraglich (so aber wohl Ulmer aaO 50; Scholz-Winter 9 4).

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3. Satzungsmäßige Regelungen. Angesichts der bestehenden Rechtsunsicherheit empfehlen sich satzungsmäßige Regelungen. Diese können sowohl ein ordentliches wie ein außerordentliches Kündigungsrecht für den einzelnen Gesellschafter vorsehen und Regelungen über die Abfindung treffen, die auch die Interessen der Gesellschaft und der verbleibenden Gesellschafter berücksichtigt. Ein satzungsmäßiger Ausschluß des Austrittsrechts wäre nicht verbindlich, da aus den allgemeinen Erwägungen (Rdn. 40) eine unzumutbare Bindung möglichst lösbar sein soll. Dagegen erscheint es zulässig, den Austritt durch die Satzung einzuschränken hinsichtlich der Art und Weise der Ausübung und hinsichtlich der H ö h e (zur Buchwertklausel s. aber auch Rdn. 46) und Zahlungsweise einer Abfindung (Ulmer in Hachenburg 55; Scholz-Winter95).

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4. Voraussetzungen des Ausschlusses. Die Zulässigkeit der Ausschließung eines Gesellschafters ohne entsprechende satzungsmäßige oder gesetzliche Regelung (vgl. §§21 und 28 sowie RegEntw 1971 §§ 207 bis 210) wird einhellig von der Rechtsprechung und Lehre bejaht (BGHZ 9, 159; 16, 322; B G H 226

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GmbH-Rdsch. 72, 177; B G H N J W 77, 2316; B G H W M 81, 936 = N J W 81, 2302; R G Z 169, 333; O L G Nürnberg BB 70, 137; Ulmer in Hachenburg Anh. § 34, 4; Scholz-Winter 97; Fischer in FS Walter Schmidt S. 126; BaumbachHueck 14. Aufl. Anh. § 34, 2 ff; Rowedder 40; Eser DB 85, 29). Damit soll der Anwendungsbereich der als verfehlt angesehenen gesetzlichen Regelung in § 61 eingeschränkt werden (Fischer 10. Aufl. § 61, 1). Streitig sind die Voraussetzungen im einzelnen und problematisch ist die Durchführung (Rdn. 44). Ausgangspunkt ist der Rechtsgedanke, daß auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse dann lösbar sein müssen, wenn in der Person des Auszuschließenden ein wichtiger Grund gegeben ist ( B G H Z 9, 157; B G H W M 81, 937 = N J W 81, 2302). Das wird vor allem der Fall sein, wenn ein Gesellschafter die ihm vertraglich obliegenden Verpflichtungen vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt oder wenn die Erfüllung solcher Verpflichtungen unmöglich wird (vgl. entsprechend §§ 140 i.V.m. 133 Abs. 2 H G B ; Fischer in FS Walter Schmidt a a O ; Ulmer aaO 5). Bei Prüfung der Ausschließungsgründe hat eine Gesamtbewertung der im Einzelfall vorliegenden Umstände zu erfolgen ( B G H 2 16, 322; 32, 18), wobei maßgebend ist, ob es den verbleibenden Gesellschaftern zugemutet werden kann, eine weitere Mitgliedschaft des Auszuschließenden in der Gesellschaft hinzunehmen. In einer auf die aktive Mitarbeit der Gesellschafter angelegten personalistisch organisierten G m b H kann die Beendigung der Mitarbeit auch ohne entsprechende satzungsmäßige Regelung eine Ausschließung aus wichtigem Grunde rechtfertigen (vgl. B G H BB 83, 1628 bei Vorhandensein einer entsprechenden Regelung in der Satzung). N u r Gründe in der Person des Auszuschließenden können dessen Ausschließung rechtfertigen (Ulmer a a O 7; Scholz-Winter 101; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 34, 3). Grundsätzlich kann die Ausschließung auch im Rahmen einer Zweimanngesellschaft geltend gemacht werden, wobei das Begehren scheitert, wenn jeder der Gesellschafter gleichermaßen dem anderen einen wichtigen Grund gegeben hat (BGHZ 32, 35; Str.; zustimmend Ulmer aaO 9). T r i f f t jedoch den Ausschließungskläger auch ein Mitverschulden an dem eingetretenen Zerwürfnis des Gesellschaftsverhältnisses, während den Ausschließungsbeklagten das überwiegende Verschulden trifft, so kann die Ausschließungsklage Erfolg haben (BGH W M 81, 936 = N J W 81, 2302). Für den Ausschluß gilt wie f ü r den Austritt (Rdn. 40), daß es sich um das letzte und äußerste Mittel nur handeln kann, nach Ausschöpfung aller sinnvoller Möglichkeiten, die aufgetretenen Mißstände und Schwierigkeiten zu beseitigen ( B G H Z 16, 322; Ulmer in Hachenburg a a O 11; Baumbach-Hueck a a O ; Rowedder § 34, 43).

5. Durchführung. Die Ausschließung setzt einen Gesellschafterbeschluß 4 4 voraus, der nach h.L. in Anlehnung an § 60 Abs. 1 Nr. 2 einer DreiviertelmehrMeyer-Landrut

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heit der abgegebenen Stimmen bedarf ( B G H Z 9, 177; O L G Frankfurt GmbH-Rdsch. 80, 57; Ulmer in Hachenburg Anh. 34, 17 m.w.N.; a.A. ScholzWinter 108; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 34, 9; Fischer/Lutter § 34, 16; Rowedder §34, 51 Einf. §34, 2B; Soufleros Ausschließung und Abfindung, S. 59 ff jeweils m.w.N., wonach einfache Mehrheit genügt). Da es sich um keine Satzungsänderung i.S.v. § 53 Abs. 2 handelt, ist notarielle Beurkundung nicht erforderlich (OLG Frankfurt aaO). Der vom Ausschluß betroffene Gesellschafter hat bei der Beschlußfassung kein Stimmrecht (BGHZ 9, 177; Ulmer in Hachenburg Anh. § 34, 18; Schilling in Hachenburg § 47, 74; ScholzWinter 108; Rowedder § 34, 51; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 34, 9; v. Stetten GmbH-Rdsch. 82, 106). Es ist daher auch der Ausschluß des oder der Mehrheitsgesellschafter durch den oder die Minderheitsgesellschafter bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen denkbar (ν. Stetten aaO). Der Auszuschließende hat Anspruch auf Entschädigung, entsprechend dem wirklichen (vollen) Wert seines Geschäftsanteils ( B G H Z 9, 174; 16, 317 ff; BaumbachHueck aaO 11; Rowedder61; EserOK 85, 30). 45

6. Das Ausschlußurteil. Weiterhin setzt die Durchführung der Ausschließung Klageerhebung mit dem Ziel eines die Ausschließung aussprechenden Gestaltungsurteils voraus. Angesichts der Umstrittenheit im einzelnen ist der Ausgang eines derartigen Prozesses schwer kalkulierbar (s. dazu Fischer in FS Walter Schmidt, S. 133). Grundsätzlich ist Kläger die Gesellschaft; das ist aber bei Zweimanngesellschaften streitig; hier kann als Kläger auch der andere Gesellschafter auftreten (Ulmer in Hachenburg Anh. 34, 22; Fischer/Lutter 16; Rowedder 58; O L G München W M 82, 1061; a.A. Scholz-Winter 107). Gefordert wird weiter, daß das Ausschlußurteil die dem Ausscheidenden zustehende Abfindung festzusetzen hat, ohne allerdings damit eine selbständige Verurteilung zur Leistung des Abfindungsbetrages auszusprechen ( B G H Z 9, 174; Scholz-Winter 111; kritisch etwa Baumbach-Hueck a a O 12). Ist die im Urteil festzusetzende (vorläufige) Abfindungssumme nicht voll hinterlegt, so soll die Ausschließung nur wirksam werden, sofern die vollständige Abfindung binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist an den Ausscheidenden gezahlt wird (Scholz-Winter 112). Mit dem Bedingungseintritt endet die Mitgliedschaft des Ausgeschlossenen ( B G H Z 9, 178). Die im RegEntw 1971 §§ 207 ff vorgesehene Regelung, die zwingend die Feststellung einer vorläufigen Abfindung auf der Grundlage des steuerlichen Einheitswertes vorsah, ist nicht Gesetz geworden und kann schwerlich als geltendes Recht angewandt werden (s. aber Ulmer in Hachenburg § 34 Anh. 25, 26 sowie Soufleros Ausschließung und Abfindung, S. 94 ff); regelmäßig sind streitig und auch materiell relevant Werte, die sich nicht im steuerlichen Einheitswert niederschlagen wie stille Reserven, Firmenwert, gewerbliche Schutzrechte u.a. Die vom Gericht festzusetzende Abfindung darf nicht zu einer Verletzung 228

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Übertragung von Geschäftsanteilen

der Vorschriften zur Sicherung der Kapitalerhaltung (insbesondere § 30) führen (Scholz-Winter 115). Als Form der Ausschließung kommt Einziehung (Amortisation) oder Übertragung auf die Gesellschaft oder einen Dritten in Betracht; hier können gesetzliche oder satzungsmäßige Regelungen entgegenstehen oder fehlen (vgl. § 34 für die Einziehung und § 33 Abs. 2 hinsichtlich des Erwerbs eigener Anteile). Auch sind etwa erforderliche Gesellschafterbeschlüsse (vgl. § 46 Nr. 4) nicht unmittelbar erzwingbar, wie auch Einziehung oder Übertragung das Vorhandensein voll eingezahlter Anteile voraussetzen (Ulmer in Hachenburg a a O 29). 7. Satzungsmäßige Regelungen. Satzungsmäßige Gestaltungen des Aus- 4 6 schlusses von Gesellschaftern sind im Sinne einer Vereinfachung, Klärung oder auch Erschwerung der durch Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze möglich. Das Ausschließungsrecht kann der Gesellschafterversammlung übertragen werden, womit auf das Erfordernis der Herbeiführung eines Ausschlußurteils verzichtet wird (BHGZ 32, 22). Es kann der Gesellschaftermehrheit auch satzungsmäßig das Recht eingeräumt werden, die Ausschließung eines Gesellschafters derart durchzuführen, daß dessen Geschäftsanteil an einen Mitgesellschafter oder einen Dritten abzutreten ist (BGH BB 83, 1628). Geregelt werden kann ferner im einzelnen der Abfindungsanspruch, wobei die Grenzen der Gestaltungsfreiheit auch hier beim Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Sittengebot liegen. Unzulässig ist der völlige Ausschluß eines Abfindungsanspruches ( B G H 2 32, 156; 65, 27; W M 77, 1276; BayObLG DB 83, 99; Scholz-Winter 95; Ulmer in Hachenburg Anh. § 34, 55: Priester GmbH-Rdsch. 76, 5; Rowedder § 34, 65; kritisch Rittstieg DB 85, 2285). Zulässig sind jedoch allgemeine Einschränkungen des Abfindungsanspruches bei Ausschließung, etwa auf den Buchwert, oder die Ausklammerung des Firmenwertes ( B G H Z 65, 24; O L G Celle O L G Z 85, 464; Ulmer in Hachenburg Anh. 34, 38; Priester GmbH-Rdsch. 81, 210; Fischer/ Lutter 17; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 21). Führt allerdings im Einzelfall die Berufung auf eine Buchwertklausel zu einer wesentlichen Einschränkung des Abfindungsanspruchs, indem dieser erheblich hinter dem wirklichen Wert des abzufindenden Geschäftsanteils zurückbleibt, so kann der Anwendung der Buchwertklausel der Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegengesetzt werden ( B G H Z 65, 27 f; Geßler GmbH-Rdsch. 84, 32; Ulmer in Hachenburg aaO 38; Roth 6.6.2). Ist die Vorschrift über die Abfindung unwirksam, so tritt an die Stelle der nicht angemessenen die angemessene Abfindung, i.d.R. der wirkliche Wert bzw. der Verkehrswert (Baumbach-Hueck § 34, 20; Scholz-Westermann § 34, 29. Eine satzungsmäßige Regelung, die die Ausschließung aus wichtigem Grunde bei entsprechenden Verfehlungen des betreffenden Gesellschafters ohne Entgelt vorsieht, ist grundsätzlich als zulässig anzusehen {Ulmer aaO 39, Meyer-Landrut

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41; s. auch Priester GmbH-Rdsch. 76, 5). Ebenso kann der Gesellschaftsvertrag Zahlungsmodalitäten zugunsten der Gesellschaft oder des Erwerbers des Anteils des ausgeschlossenen Gesellschafters festlegen. Zu Minderentgeltsklauseln insbesondere bei Ausscheiden eines Gesellschafters im Todesfall s. Priester GmbH-Rdsch. 81, 210.

IX. Verpfändung und Pfändung von Geschäftsanteilen 47

1. Zulässigkeit, Form und sonstige Voraussetzungen der Verpfändung. Im Gesetz wird die Verpfändung von GmbH-Anteilen nicht behandelt. Sie ist nach allg. Ansicht zulässig, soweit die Ubertragbarkeit zulässig ist (§ 1274 Abs. 2 BGB; Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 15, 39; Scholz-Winter 119; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 6A; Müller GmbH-Rdsch. 69, 5; Fischer 10. Aufl. 9a). Die Verpfändung hat in der Form der Abtretung zu erfolgen (§ 1274 Abs. 1 BGB), es ist also notarielle Beurkundung gemäß Abs. 3 erforderlich (BGH W M 83, 1237; s. im einzelnen Rdn. 25 ff). Keiner Form bedarf die Verpflichtung zur Verpfändung (Scholz-Winter 121; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 48; Rowedder 48; Müller a a O 6; Eder in Handbuch der G m b H I, 374). Formlos gültig ist auch die Aufhebung der Verpfändung (Schilling/Zutt a a O 39; Scholz-Winter 129). Soweit die Satzung Einschränkungen der Abtretbarkeit des Geschäftsanteils i.S.v. Abs. 5 enthält (dazu Rdn. 12 ff), gelten diese auch f ü r die Verpfändung (§ 1274 Abs. 1 Satz 2 BGB): Die Verpfändung ist ausgeschlossen, wenn Abtretung ausgeschlossen ist, und sie unterliegt im selben Umfange wie die Abtretung einem satzungsmäßigen Genehmigungsvorbehalt (BGH W M 83, 1237). Soweit eine Veräußerung von Teilgeschäftsanteilen zulässig ist, kann auch eine Verpfändung von Teilgeschäftsanteilen erfolgen (Scholz-Winter 122; Rowedder 42). Satzungsmäßige und gesetzliche Genehmigungsvorbehalte sind zu beachten (§ 17). Einer Anmeldung bei der Gesellschaft gemäß § 16 wie auch einer Anzeige nach § 1280 BGB bedarf es nicht, da im Rahmen einer Verpfändung Mitgliedschaftsrechte grundsätzlich nicht mit übertragen werden (Rdn. 48) und auch ein Gläubiger/Schuldner-Verhältnis i.S.v. § 1280 BGB bei Mitgliedschaftsrechten nicht besteht (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 41; Rowedder 43). Die Satzung kann jedoch das Erfordernis einer Anmeldung vorsehen und die Wirksamkeit einer Verpfändung davon abhängig machen (Eder in Handbuch der G m b H I, 374).

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2. Umfang. Mit der Verpfändung erhält der Pfandgläubiger das Recht, sich unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Pfandobjekt zu befriedigen (§ 1204 Abs. 1 BGB). Dagegen verbleiben die Mitgliedschaftsrechte dem Gesellschafter. Er kann diese an den Pfandgläubiger, soweit das zulässig ist, im 230

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Übertragung von Geschäftsanteilen

Wege rechtsgeschäftlicher Abrede übertragen. Das gilt für das Gewinnbezugsrecht und den Anspruch auf Liquidationserlös. Dagegen können die Verwaltungsrechte, insbesondere das Stimmrecht als solches, nicht auf den Pfandgläubiger übertragen werden; sog. Abspaltungsverbot (str.; wie hier ScholzWinter 123; Scholz-K.Schmidt § 47, 21; Baumbach-Hueck 14. Aufl. § 47, 28; Fischer/Lutter % 47, 2; Wiedemann Die Übertragung und Vererbung, S. 276; Müller aaO 9; Fischer 10. Aufl. 9a; Fleck FS R. Fischer S. 107; vgl. ferner BGHZ 3, 354; 20, 363; 43, 267; BGH N J W 68, 397; GmbH-Rdsch. 77, 245; BayObLG W M 86, 226 = GmbH-Rdsch. 86, 87;a.A. RGZ 155, 55; Schilling/Zutt m H a chenburg Anh. § 15, 43; Schilling § 14, 31 ff; s. auch Baumbach-Hueck 13. Aufl. 6A). Der Gesellschafter kann aber im Wege der Vollmachterteilung (§ 47 Abs. 3) dem Pfandgläubiger die Ausübung des Stimmrechts ermöglichen. Die Erteilung einer unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht ist dagegen genauso wenig zulässig wie die unmittelbare Übertragung des Stimmrechts (s. im einzelnen §47,26). Man begründet das Abspaltungsverbot (s. auch § 14, 7) damit, und gleiches gilt für die unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht, daß das gesellschaftliche Gefüge einer nicht tragbaren Rechtsunsicherheit ausgesetzt würde, wenn die Abtrennung so wesentlicher Mitgliedschaftsrechte wie des Stimmrechts unwiderruflich zulässig wäre. Diese Bedenken bestehen jedoch dann nicht, wenn das der Stimmrechtsabspaltung zugrundeliegende schuldrechtliche Rechtsgeschäft kündbar ist (BGH W M 76, 1247 = GmbH-Rdsch. 77, 244), und wohl auch dann nicht, wenn alle Gesellschafter der Stimmrechtsabtretung zustimmen; denn in einem solchen Fall erfolgt kein automatisch sich vollziehender Eingriff in das Gesellschaftsgefüge. 3. Verwertung des Pfandrechts. Die Befriedigung des Pfandgläubigers er- 4 9 folgt durch Verwertung des Geschäftsanteils, die nur aufgrund eines vollstreckbaren Titels nach den Regeln der Zwangsvollstreckung erfolgen kann (§ 1277 BGB). Zustimmungserfordernisse gemäß Abs. 5 kommen bei einer Pfandverwertung nicht mehr zum Zuge, wenn der Verpfändung zugestimmt worden ist (Schilling/Zutt Anh. §15, 47; Rowedder 47; Wiedemann aaO S. 433). Anderes gilt bei einer vereinbarten freihändigen Verwertung: in einem solchen Fall sind die Formvorschriften der Absätze 3 und 4 genauso zu beachten wie etwaige satzungsmäßige Genehmigungsvorbehalte nach Abs. 5 (RGZ 164,170; Schilling/Zutt aaO 47; Scholz-Winter 133). § 1276 BGB, wonach eine Aufhebung oder Änderung des verpfändeten Rechts nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers zulässig ist, schützt bei Verpfändung eines Geschäftsanteils den Pfandgläubiger nur bedingt. Insbesondere kann der Pfandgläubiger Veränderungen des verpfändeten Geschäftsanteils durch Gesellschafterbeschlüsse nicht verhindern. Da die Verwaltungsrechte grundsätzlich nicht vom Pfandrecht erfaßt werden (Rdn. 48), entzieht Meyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

sich somit mangels abweichender Abreden jede Rechtsänderung im Wege gesellschaftsrechtlicher Willensbildung dem Einfluß des Pfandgläubigers (h.L. Schilling/Zutt a a O 42; Scholz-Winter 130; Fischer GmbH-Rdsch. 61, 21, 27; Müller GmbH-Rdsch. a a O 7; einschr. Wiedemann a a O S. 430; Schuler N J W 60,1428). 4. Sicherungsabtretung 50

a) Treuhändische Abtretung. Die Übertragung eines Geschäftsanteils an einen Treuhänder ist zulässig. Sie unterliegt dem Formzwang des Abs. 3 und führt im Außenverhältnis dazu, daß der Treuhänder voll berechtigter und voll verpflichteter Gesellschafter wird (h.L. B G H Z 21, 382; B G H GmbH-Rdsch. 62, 117; B G H W M 71, 306; 76, 736; 77, 73; Schilling/Zutt Anh. 15, 54; Scholz- Winter 9; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 54; Rowedder 24 ff; einschr. Serick GmbH-Rdsch. 67, 136). Voraussetzung dafür ist, daß der Treuhänder den Rechtsübergang gem. § 16 anmeldet. Enthält die Satzung einen Genehmigungsvorbehalt i.S. von Abs. 5 (Rdn. 12 ff), so ist die Zustimmung auch bei nur treuhändischer Übertragung erforderlich (Lessmann GmbH-Rdsch. 85, 181; Baumbach-Hueck a a O 57). Das Treugut, der Geschäftsanteil, wird bei Vorliegen eines Treuhandverhältnisses regelmäßig aus dem Vermögen des Treugebers in das des Treuhänders überführt. Aus dem zugrunde liegenden Treuhandverhältnis ergibt sich dessen Zweckbestimmung. Liegt wirtschaftlich eine Sicherungsabtretung vor, so brauchen bei Ausübung der Gesellschafterrechte die (eigennützigen) Interessen des Treuhänders nicht außer Acht gelassen zu werden (Rdn. 51), während die Verwaltungstreuhand, oft entgeltlich ausgeübt, vorwiegend der Interessenwahrung des Treugebers dient und zu dienen hat. Der Treuhandvertrag selbst ist formfrei, wenn er nicht allein die Verpflichtung beinhaltet, den Geschäftsanteil auf den Treuhänder zu übertragen (Schilling/Zutt a a O 52). Ist das der Fall, so greift der Formzwang des Abs. 4 Platz. Der Treugeber kann sich trotz des Abspaltungsverbots (Rdn. 48) die Stimmrechtsausübung wirksam schuldrechtlich vorbehalten (BGH W M 76,1247 = GmbH-Rdsch. 77,244; dazu ÄewferZGR78,633).

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b) Die Sicherungsabtretung. Wenn auch bei der Sicherungsabtretung das Sicherungsinteresse des Gläubigers und Treuhänders im Vordergrund steht, darf der Treuhänder auch die Gesellschafterinteressen des Treugebers nicht außer acht lassen. Jedes Treuhandverhältnis enthält Elemente des Auftragsrechts ( B G H Z 32, 67), und daher bestehen insoweit auch f ü r den Sicherungstreugeber Weisungsrechte (§ 665 BGB), die der Treuhänder zu beachten hat. Im Außenverhältnis ist der Erwerber vollberechtigter und vollverpflichteter Gesellschafter, einschließlich der H a f t u n g aus § 1 6 Abs. 3 (RGZ 138, 108; O L G H a m m GmbH-Rdsch. 85,22; Scholz-Winter9). Unter besonderen Umständen kann dem Treugeber wegen abredewidriger Ausübung von Gesellschafterrechten durch den Treuhänder der Arglistein232

Meyer-Landrut

§15

Übertragung von Geschäftsanteilen

wand gegen an sich gültige gesellschaftsrechtliche Maßnahmen zustehen (BGH GmbH-Rdsch. 62, 117) oder der Nichtigkeitseinwand aus § 138 BGB bei übermäßiger und sittenwidriger Bindung (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 15, 56). 5. Pfändung a) Gesetzliche Regelung. Die Zwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil 5 2 erfolgt durch Pfändung nach § 857 ZPO. Da ein Drittschuldner nicht vorhanden ist (§ 857 Abs. 2 ZPO), ist die Pfändung mit der Zustellung an den Gesellschafter bewirkt (RGZ 57, 415; 95, 231; Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 15, 78; Eder in Handbuch der G m b H I 384; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 59; Rowedder 74; Schuler NJW 60, 1423; a.A. Scholz-Winter 134 m.w.N.; Fischer 10. Aufl. 9; den. GmbH-Rdsch. 61, 21; Fischer/Lutter 29). Da die Gesellschaft nicht als Drittschuldner im Sinne der Vollstreckungsvorschriften gilt, hat sie auch kein Recht, die Vollstreckung durch Benennung eines zahlungskräftigen Käufers für den Geschäftsanteil abzuwenden (Eder in Handbuch der G m b H I 384.1; so aber Fischer GmbH-Rdsch. aaO). Neben dem Geschäftsanteil können auch die vermögensrechtlichen Ansprüche des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft gepfändet werden, insbesondere das Gewinnbezugsrecht und der Anspruch auf anteiligen Liquidationserlös; hier handelt es sich um eine Pfändung nach ξ 829 Z P O , die dem Gläubiger nach § 835 Z P O zur Einziehung oder an Zahlungs Statt überwiesen werden kann. In diesem Fall ist die Gesellschaft Drittschuldner und der Pfändungsbeschluß ist auch ihr zuzustellen. Die Mitgliedschaftsrechte des Schuldners, insbesondere sein Stimmrecht, werden von der Pfändung nicht erfaßt (Schilling/Zutt aaO 81; Scholz-Winter 135; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 6B; Handbuch der G m b H I 385). b) Verwertung des Pfandobjekts. Die Befriedigung des Pfandgläubigers er- 5 3 folgt auf Anordnung des Gerichts (§ 844 ZPO), und zwar regelmäßig durch Veräußerung des Geschäftsanteils im Wege der öffentlichen Versteigerung. Eine Uberweisung zur Einziehung kann mangels Vorliegen einer Geldforderung i.S.v. § 835 Z P O nicht erfolgen (Schilling/Zutt aaO 82; Scholz-Winter 136; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 62). Statt Versteigerung kann freihändiger Verkauf angeordnet werden (allg. Ansicht). Der Gesellschaft steht gegen die Anordnung des Vollstreckungsgerichts als betroffener Beteiligter das Beschwerderecht zu (OLG Frankfurt BB 76, 147; Handbuch der GmbH I 386). Ein etwa ausgestellter Anteilsschein hat bei Pfändung und Verwertung keine Bedeutung (Schilling/Zutt aaO 87; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 6B). c) Bestimmungen der Satzung. Bestimmungen der Satzung i.S.v. Abs. 5 5 4 können die Pfändung oder Verwertung des Geschäftsanteils nicht verhindern oder einschränken. Entsprechende Satzungsvorbehalte sind insoweit unbeMeyer-Landrut

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§15

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

achtlich (§ 851 Z P O ; BGHZ 32, 155; RGZ 57, 415; 142, 375; Schilling/Zutt aaO 68; Scholz-Winter 137; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 60; Rowedder 74; Wiedemann aaO S. 434). Die Satzung kann aber vorsehen, daß der Geschäftsanteil im Falle der Pfändung (wie auch bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters, dazu Rdn. 58) durch Gesellschafterbeschluß eingezogen werden kann. Sieht die Satzung für diesen speziellen Fall kein oder kein vollwertiges Entgelt vor, so ist die entsprechende Bestimmung jedoch unwirksam (h.L.; BGHZ 32, 151; RGZ 142, 376; Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 15, 90; Fischer 10. Aufl. 9; den. GmbH-Rdsch. 61, 21; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 60; a.A. mit eingehender Begründung Scholz-Winter 139). Sieht die Satzung nicht nur für den Fall der Pfändung (und des Konkurses), sondern auch für andere Fälle des Ausscheidens eine zwangsweise Einziehung ohne Entgelt oder gegen ein nicht vollwertiges Entgelt vor, so wirkt eine solche Bestimmung auch gegenüber den Pfändungsgläubigern (BGHZ 65, 22; Hans. OLG Hamburg DB 82, 2344; Schilling/Zutt aaO 91; Fischer/Lutter 29; Rowedder 84; Priester GmbH-Rdsch. 76, 5; s. auch schon OLG Hamburg GmbH-Rdsch. 70, 202; R. Fischer in LM § 34 G m b H G Nr. 3). Die Pfändung kann insoweit dem Gläubiger keine bessere Rechtsstellung verschaffen als der Gesellschafter sie hat. Entsprechend können auch Modalitäten, insbesondere Ratenzahlung, und diese u.U. bei niedriger Verzinsung, für die Zahlung des Einziehungsentgelts vorgesehen werden, wenn es sich um keine Sonderregelungen zum Nachteil der Pfandgläubiger handelt (Priester GmbH-Rdsch. 76,9).

X . Nießbrauch am Geschäftsanteil 55

1. Voraussetzungen. Nach allgemeiner Ansicht kann am GmbH-Geschäftsanteil ein Nießbrauch bestellt werden (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 15, 58; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 51; Scholz-Winter 142; Fischer/Lutter 28; Rowedder 33; Teichmann Z G R 72, 1 ff; Wiedemann Übertragung und Vererbung, S. 397 ff; Sudhoff GmbH-Rdsch. 71, 53). Die Bestellung hat in der für die Übertragung von Geschäftsanteilen vorgeschriebenen Form zu erfolgen (§ 1069 Abs. 1 BGB), d.h. in notarieller Form gem. Abs. 3 bzw. Abs. 4. Erschwert die Satzung die Abtretung (vgl. Rdn. 47 zur Verpfändung), so gilt entsprechendes für die Nießbrauchbestellung, wie auch ein Ausschluß der Übertragbarkeit eine Bestellung des Nießbrauchs ausschließt (§ 1069 Abs. 2 BGB). Der Gesellschaft gegenüber gilt der Nießbrauch auch ohne erfolgte Anmeldung nach § 16 als wirksam bestellt, da Mitgliedschaftsrechte vom Nießbrauch grundsätzlich nicht erfaßt werden (Rdn. 56; s. auch Rdn. 47). Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Berechtigten (§§ 1061, 1068 Abs. 2 BGB). Das Recht kann formlos aufgehoben werden (§ 1072 BGB; Scholz-Winter 149; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 51; Eder in Handbuch der G m b H I 371). 234

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Übertragung von Geschäftsanteilen

§15

2. Auswirkungen. Der Nießbraucher erwirbt das Recht, die Nutzungen des 5 6 Geschäftsanteils während der Dauer der Berechtigung zu ziehen (§ 100 BGB); d.h. ihm steht das Gewinnbezugsrecht zu. Uber den Gewinnanteil hinaus stehen dem Nießbraucher keine weiteren dem Gesellschafter sonst zustehenden oder zufallenden Vermögenswerten Leistungen zu, wie eine Geschäftsführervergütung des Gesellschafters (RGZ 170,369) oder Bezugsrecht bei Kapitalerhöhung. Alle gesellschaftsrechtlichen Pflichten und die Mitgliedschafts- bzw. Verwaltungsrechte des Gesellschafters verbleiben bei diesem. Der Gesellschafter kann diese Rechte auch nicht auf den Nießbraucher übertragen, da eine Abspaltung der Verwaltungsrechte (insbesondere des Stimmrechts) nicht möglich ist (s. die Nachweise in Rdn. 48). Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit, Stimmrechtsvollmacht zu erteilen (§ 47 Abs. 3). Auch die Surrogate des Geschäftsanteils fallen als solche nicht dem Nießbraucher zu, unterliegen aber dem Nießbrauch, soweit sie Gegenstand dieses Rechts sein können (Scholz-Winter 145; Schilling/Zutt a a O 63; Fischer/Lutter 28; a.A. Rowedder 36); das sind neue Geschäftsanteile bei Kapitalerhöhung, der Liquidationserlös, das Einziehungsentgelt u.a. Seitens der Gesellschaft ist in diesem Fall an den Gesellschafter und den Nießbraucher gemeinschaftlich zu leisten (§ 1077 BGB).

XI. Der Geschäftsanteil im Vergleichs- und Konkursverfahren 1. Vergleich. Wird über das Vermögen des Gesellschafters das Vergleichs- 5 7 verfahren eröffnet, so wird der Gesellschafter dadurch grundsätzlich nicht in der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über einen ihm gehörenden Geschäftsanteil beschränkt; er kann ihn unter Beachtung der Formen des § 15 und etwaiger satzungsmäßiger Einschränkungen veräußern oder verpfänden. Etwas anderes gilt, wenn nach § 12 VerglO vorläufige oder nach §§58 ff VerglO allgemeine Verfügungs- bzw. Veräußerungsverbote erlassen worden sind. 2. Konkurs a) Des Gesellschafters. Wird über das Vermögen des Gesellschafters das 5 8 Konkursverfahren eröffnet, so fällt der Geschäftsanteil in die Konkursmasse mit der Folge, daß allein der Konkursverwalter über den Geschäftsanteil verfügen kann und auch nur er allein die Mitgliedschaftsrechte auszuüben befugt ist. Durch Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages kann das eine wie das andere nicht ausgeschlossen werden. Übertragungsbeschränkungen nach Abs. 5 kommen nicht zum Zuge (BGHZ 32, 151, 155; 65, 24; Scholz-Winter 175; Fischer/Lutter 30; wohl auch Rowedder 85; a.A. UlmerZHR 149 (1985) 28), wie auch Beschränkungen der Satzung hinsichtlich der Ausübung der Gesellschafterrechte durch Dritte nicht anwendbar sind (Handbuch der G m b H 1 387.1). Meyer-Landrut

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§ 16

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

Allerdings kann die Satzung die Einziehung des Geschäftsanteils im Falle der Konkurseröffnung (oder der Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse) vorsehen (s. dazu auch Ulmer Z H R aaO). Die Einziehung kann unter den in Rdn. 54 erörterten Voraussetzungen auch unentgeltlich erfolgen. 59

b) Der Gesellschaft. Soweit Zustimmung zur Anteilsübertragung nach Abs. 5 nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der G m b H zu erteilen ist, bleiben die Zuständigkeiten der satzungsmäßig bestimmten Organe bzw. des Geschäftsführers bestehen; insoweit tritt der Konkursverwalter nicht an die Stelle der Gesellschaftsorgane (str.).

§ 16 (1) Der Gesellschaft gegenüber gilt im Fall der Veräußerung des Geschäftsanteils nur derjenige als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Ubergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist. (2) Die vor der Anmeldung von der Gesellschaft gegenüber dem Veräußerer oder von dem letzteren gegenüber der Gesellschaft in bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommenen Rechtshandlungen muß der Erwerber gegen sich gelten lassen. (3) Für die zur Zeit der Anmeldung auf den Geschäftsanteil rückständigen Leistungen ist der Erwerber neben dem Veräußerer verhaftet. Übersiebt Rdn. I. E i n l e i t u n g II. A n m e l d u n g des Ü b e r g a n g s (Abs. 1) 1. W i r k u n g u n d F o r m 2. Beteiligte 3. N a c h w e i s des Ü b e r g a n g s 4. E r k l ä r u n g s e m p f ä n g e r III. W i r k u n g d e r A n m e l d u n g 1. Beim E r w e r b e r (Abs. 2) 2. Beim V e r ä u ß e r e r

1

...

2 5 6 7 8 10

Rdn. 3. B e i d e r G m b H 4. Bei D r i t t e n IV. N i e ß b r a u c h u n d P f a n d r e c h t V. D i e f e h l e r h a f t e A n m e l d u n g

...

1. R e c h t s n a t u r d e r A n m e l d u n g 2. R e c h t s f o l g e n VI. G e s a m t s c h u l d n e r i s c h e H a f t u n g v o n E r w e r b e r und V e r ä u ß e r e r (Abs. 3)

11 12 13 14 15

16

Schrifttum Däubler Der Scheinerbe im Recht der G m b H , GmbH-Rdsch. 63, 181; Hohner Die Bereinigung fehlerhafter GmbH-Anteile, FS C.H. Barz 1974, S. 147; Knobbe-Keuk Inanspruchnahme des arglistig getäuschten Erwerbers eines noch nicht eingezahlten GmbH-Geschäftsanteils, ZIP 83, 274; Priester Der vermeintliche Erbe als G m b H - G e sellschafter, GmbH-Rdsch. 84, 193; Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965; Zutt Rechtsfragen der Anmeldung gemäß § 16 G m b H G , FS Oppenhoff, München 1985, S. 555.

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Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber

I. Einleitung Die Vorschrift ist seit 1892 unverändert. Reformvorschläge (§ 53 RegEntw 1 1971), die eine Verdeutlichung der gesetzlichen Regelungen anstrebten, sind nicht verwirklicht worden. Sinn und Zweck der Regelung ist es in erster Linie, im Interesse der Gesellschaft, aber auch zum Schutze von Veräußerer und Erwerber klare Verhältnisse über die Inhaberschaft der Geschäftsanteile zu schaffen, da die Gesellschaft, wenn keine satzungsmäßigen Einschränkungen der Übertragbarkeit bestehen (§15 Abs. 5), an der Übertragung von Geschäftsanteilen nicht beteiligt ist (vgl. neuerdings etwa B G H W M 82, 787). Nach h.L. findet § 16 auf eine Anteilsübertragung im Erbwege und auch in sonstigen Fällen der Gesamtrechtsnachfolge keine Anwendung (LG Berlin BB 85, 1753; Däubler GmbH-Rdsch. 63, 182; Schilling/Zutt in Hachenburg 4; Scholz- Winter 23; Fischer/Lutter; Rowedder 9 Baumbach-Hueck 14. Aufl. 3; Roth 2.1; a.A. KG GmbH-Rdsch. 60, 47 mit abl. Anm. von Pleyer und Priester GmbH-Rdsch. 84, 193). Im Erbrecht dient §2367 BGB dem Legitimationsnachweis, in anderen Fällen der Gesamtrechtsnachfolge die den Rechtsübergang dokumentierenden Urkunden.

II. Anmeldung des Übergangs (Abs. 1) 1. Wirkung und Form a) Die Anmeldung der Veräußerung ist kein Teil der Übertragung als sol- 2 eher gem § 15. Der Rechtsübergang des Geschäftsanteils vom Veräußerer auf den Erwerber vollzieht sich, ohne daß es der Anmeldung bei der Gesellschaft bedarf (BGH N J W 60, 628). Die Anmeldung hat auf die Wirksamkeit der Übertragung keinerlei Einfluß (jetzt allg. Ansicht; Schilling/Zutt in Hachenburg 7; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 9; Fischer/Lutter 1). Auch bei fehlender Anmeldung vollzieht sich der Rechtsübergang vom Veräußerer auf den Erwerber; ist dieser nichtig, so bewirkt auch eine Anmeldung nach § 16 keine Heilung (S 15, 33; s. auch Knobbe-Keuk ZIP 83, 274). Die Anmeldung führt jedoch zu einer gesetzlichen Fiktion (Scholz-Winter 2) hinsichtlich der Berechtigung aus dem übertragenen Geschäftsanteil im Verhältnis gegenüber der Gesellschaft. Die Anmeldung kann formlos erklärt werden, auch mündlich oder konkludent. Üblich ist die Übermittlung einer Ausfertigung oder Abschrift der notariellen Übertragungsurkunde oder eines Auszugs aus der Urkunde, welche die Veräußerung dokumentiert. Die Anmeldung kann nicht bedingt oder befristet erklärt werden (Schilling/ Zutt aaO 12). b) Die Satzung kann von der Regelung des § 16 nicht abweichen, insbeson- 3 dere nicht auf das Anmeldungserfordernis verzichten (Baumbach-Hueck Meyer-Landrut

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§ 16

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

14. Aufl. 1; Fischer/Lutter 2), da Zweck der Vorschrift neben dem Schutz der Gesellschaft auch der Schutz von Veräußerer und Erwerber ist (BGH LM § 16 G m b H G Nr. 3). Zulässig sind satzungsmäßige Regelungen, die die Anmeldung über die gesetzlichen Vorschriften hinaus formalisieren oder sonstige erhöhte Anforderungen aufstellen (Baumbach-Hueck a a O ; Fiscber/Lutter a a O ; Rowedder 6; Zutt FS Oppenhoff S. 572; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der G m b H , 5. Aufl., S. 396). 4

c) Das Anmeldungserfordernis des Abs. 1 kommt nur bei Veräußerungen zum Zuge, auch bei Veräußerungen im Wege der Zwangsvollstreckung (Sudhoff aaO S. 395), nicht aber bei Anteilsübertragungen kraft Gesetzes, also etwa bei Übertragung durch Vererbung, Verschmelzung oder übertragende Umwandlung (Nachweise s. Rdn. 1).

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2. Beteiligte. Zur Anmeldung sind befugt der Erwerber und der Veräußerer gemeinsam oder einer von ihnen (h.L.; Schilling/Zutt 10; Scholz- Winter 13; Fischer/Lutter 5; Baumbach-Hueck 5; Rowedder 6; a.A. Wiedemann 138). Eine Anmeldung durch Dritte löst genausowenig die Legitimationswirkung des § 16 aus {Hohner FS Fischer, S. 148; Zutt aaO 537) wie eine nicht infolge Anmeldung seitens des Erwerbers oder des Veräußerers erlangte Kenntnis der Gesellschaft vom Anteilsübergang. Die Anmeldung kann durch einen Bevollmächtigten erklärt werden (Rowedder?; Baumbach-Hueck 5). § 129 FGG beinhaltet jedoch keine Ermächtigung des beurkundenden Notars, ohne Auftrag die Anmeldung bei der Gesellschaft zu erklären (Scholz- Winter 13).

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3. Nachweis des Übergangs. Die Anmeldung hat unter Nachweis des Übergangs zu erfolgen. Diesen Nachweis erbringt die in der Form des § 15 Abs. 3 errichtete Urkunde. Die Gesellschaft kann eine Anmeldung, die keinen oder keinen genügenden Nachweis des Übergangs erbringt, zurückweisen (vgl. auch Rdn. 15). Andererseits kann die Gesellschaft auch, ohne formellen Nachweis, sich mit ihr glaubwürdig erscheinenden Angaben begnügen (BGH LM § 16 G m b H G Nr. 1; W M 67, 24; Schilling/Zutt in Hachenburg 20; ScholzWinter 13; Baumbach-Hueck 6; Rowedder 8; Fischer/Lutter 7). Auch in einem solchen Fall tritt die volle Legitimationswirkung des § 16 sowohl für die Gesellschaft wie auch für Veräußerer und Erwerber ein.

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4. Erklärungsempfänger. Die Anmeldung ist gegenüber der Gesellschaft zu erklären, diese vertreten durch mindestens einen Geschäftsführer (5 35 Abs. 2 Satz 3). Ist die Gesellschaft selbst als Veräußerer oder Erwerber am Anteilsübergang beteiligt, so bedarf es keiner besonderen Anmeldung. Ebenso ist eine Anmeldung dann (stillschweigend) als erfolgt anzusehen, wenn an der Übertragung (oder einer Zustimmung zur Übertragung gem. § 17 Abs. 3) ein Ge238

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Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber

schäftsführer als Gesellschafter beteiligt ist (h.L.; R G Z 127, 241; 157, 59; O L G H a m m GmbH-Rdsch. 85, 22; Scholz-Winter 12; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 2 B; Fischer 4; s. auch O L G München W M 84, 261; a.A. Schilling/ Zutt in Hachenburg 13; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 3).

III. Wirkung der Anmeldung (Abs. 2) 1. Beim Erwerber a) Mit der ordnungsgemäß erfolgten Anmeldung ist nur noch der ange- 8 meldete Erwerber aus dem übertragenen Geschäftsanteil berechtigt und verpflichtet. Mit dem Zeitpunkt der Anmeldung ist nur noch der Erwerber berechtigter Inhaber der aus dem Anteil sich ergebenden Mitgliedschaftsrechte sowie etwaiger Neben- und Sonderrechte, soweit letztere nicht ausschließlich an die Person des Veräußerers gebunden waren. Der Rechtsübergang folgt einmal aus der in Abs. 1 festgelegten Legitimationswirkung der Anmeldung und sodann aus der Regelung in Abs. 2, wonach der Erwerber alle vor der Anmeldung seitens der Gesellschaft gegenüber dem Veräußerer vorgenommenen Rechtshandlungen gegen sich gelten lassen muß, wie auch umgekehrt alle vor der Anmeldung vorgenommenen Rechtshandlungen des Veräußerers gegenüber der Gesellschaft. b) Mit der Übertragung tritt die H a f t u n g des Erwerbers f ü r rückständige 9 Leistungen auf den Geschäftsanteil ein (§ 19), gehen auf ihn etwaige H a f tungspflichten über (§ 26) sowie die Ausfallhaftung gemäß § 24. Der Erwerber ist der Gesellschaft nach erfolgter Anmeldung auch aus Ansprüchen auf Differenzhaftung bei nicht vollwertiger Sacheinlage (§ 9) oder vor Anmeldung verbrauchter Bareinlagen verpflichtet, unbeschadet einer Mithaftung des Veräußerers gemäß Abs. 3 bzw. § 19 Abs. 2 (Rdn. 15). Ebenso geht das Recht, Gesellschafterbeschlüsse anzufechten, mit ordnungsgemäß erfolgter und nachgewiesener Anmeldung auf den Erwerber über, wie andererseits auch nach Ubergang das Anfechtungsrecht bei nicht ordnungsgemäß erfolgter Anmeldung beim Veräußerer verbleibt (BGH W M 68, 1369). Der Rechtsübergang betrifft nur Rechte und Pflichten im Verhältnis zur Gesellschaft, nicht aber im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern. Insoweit hängt ein Rechtsübergang auf den Erwerber nicht von der Anmeldung gem. § 16 ab, sondern von den jeweils anwendbaren gesetzlichen, satzungsmäßigen oder vertraglichen Bestimmungen. Nicht erfaßt werden vom Übergang Gläubigerrechte, die bereits vor der Anmeldung in der Person des Veräußerers entstanden waren, wie fällige Ansprüche aufgrund eines bereits gefaßten Gewinnverteilungsbeschlusses (Schilling/Zutt in Hachenburg 28; Wiedemann Übertragung und Vererbung S. 135; Scholz-Winter 28; Fischer 10. Aufl. 5; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 11; anders Meyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

die Voraufl. 3 C) oder entsprechend Ansprüche aus verdeckter Gewinnausschüttung (OLG Karlsruhe W M 84,656,658). 10

2. Beim Veräußerer. Mit der ordnungsgemäßen Anmeldung verliert der Veräußerer all die Rechte, die auf den Erwerber übergehen (Rdn. 8). Andererseits bleiben alle vor der Anmeldung von ihm gegenüber der Gesellschaft und umgekehrt von der Gesellschaft ihm gegenüber vorgenommenen Rechtshandlungen gem. Abs. 2 wirksam. Auch von allen Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft ist der Veräußerer nach erfolgter Anmeldung des Erwerbers befreit (Schilling/Zutt aaO 34; Scholz-Winter29), soweit nicht durch das Gesetz (Rdn. 15) oder durch Vertrag der Parteien im Innenverhältnis etwas Abweichendes vorgesehen ist. Da § 16 nur die Rechte und Pflichten betrifft, die mit dem Geschäftsanteil verknüpft sind, hat die Anteilsübertragung keinen Einfluß auf die Verantwortlichkeit des Veräußerers aus Gründerhaftung nach § 9 a; derartige Ansprüche gehen somit nicht auf den Erwerber über.

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3. Bei der GmbH. Auch für die GmbH gelten Rechtshandlungen, die vor der Anmeldung vorgenommen worden sind, gegenüber dem Veräußerer als wirksam. Der Erwerber muß sie gegen sich gelten lassen. Ebenso ist bis zur ordnungsgemäß erfolgten Anmeldung allein der Veräußerer im Verhältnis zur Gesellschaft berechtigt, Gesellschafterrechte wahrzunehmen (zur Anfechtungsklage s. BGH LM § 16 G m b H Nr. 3). Andererseits ist die Gesellschaft berechtigt, aber auch verpflichtet, nur denjenigen Anteilsinhaber als Gesellschafter zu behandeln, der ordnungsgemäß angemeldet ist. Die Gesellschaft hat somit einen Rechtsübergang als maßgeblich zu betrachten, ohne Rücksicht darauf, ob dieser der materiellen Rechtslage entspricht (BGHZ 84, 47 = W M 82, 787). Insoweit entspricht die Legitimationswirkung der Anmeldung derjenigen der Eintragung von Namensaktien im Aktienbuch gem. § 67 Abs. 2 AktG. Die Gesellschaft kann sich jedoch dann nicht auf die Legitimationswirkung berufen, wenn sie dabei rechtsmißbräuchlich handelt, etwa wenn sie weiß oder wissen muß, daß der Erwerber vom Veräußerer arglistig getäuscht worden ist (Knobbe-Keuk ZIP 83, 274; Fischer/Lutter 14 und entsprechend für das Aktienrecht Barz in Großkomm. 3. Aufl. §67,14). Im Bereich der G m b H ist das Führen eines formellen Gesellschafterregisters nicht üblich. Es besteht lediglich die Pflicht, jährlich eine dem neuesten Stand entsprechende Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen (§ 40). Die G m b H kann die Meldung nicht erzwingen (Schilling/Zutt in Hachenburg 22; Rowedder 14; Baumbach-Hueck 5; Fischer/Lutter 5; a.A. Wiedemann aaO S. 139 für vinkulierte Anteile). Ob die Parteien des Veräußerungsgeschäftes im Verhältnis zueinander verpflichtet sind, die Anmeldungen durchzuführen, hängt von den bestehenden Absprachen ab, dürfte für die Praxis aber ohne Bedeutung sein, da jede der Parteien zur Anmeldung befugt ist (Rdn. 5). 240

Meyer-Landrut

Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber

Die Parteien des Veräußerungsvertrages können aber mit Wirkung gegenüber der Gesellschaft den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Gesellschafterwechsels bestimmen, indem sie durch Nichtanmeldung es dem Veräußerer ermöglichen (etwa für eine bestimmte Ubergangszeit), seine Gesellschafterstellung gegenüber der G m b H aufrechtzuerhalten (BGH NJW 69, 133 = BB 68, 1452; OLG Hamm GmbH-Rdsch. 85,22). Die Legitimationswirkung der Anmeldung kann der Gesellschaft gegenüber durch Widerruf oder Anfechtung beseitigt werden (dazu Rdn. 15), allerdings nur mit Wirkung für die Zukunft (BGHZ 84, 47; Schilling/Zutt aaO 44; Scholz-Winter 20; Fischer/Lutter 14; Rowedder 17; Baumbach-Hueck 4). Es sind Gesellschafterbeschlüsse oder sonstige Rechtshandlungen in bezug auf den Geschäftsanteil, dessen Veräußerung ordnungsgemäß angemeldet worden ist, dem Veräußerer gegenüber solange wirksam, bis Widerruf oder Anfechtung rechtskräftig feststeht; s. im übrigen zur fehlerhaften Anmeldung Rdn. 14 und 15. 4. Bei Dritten. Die Legitimationswirkung des § 16 greift nicht Platz im 1 2 Verhältnis zu Dritten. Insoweit ist allein maßgebend (Rdn. 2) das in der Form des § 15 vorzunehmende Veräußerungsgeschäft (Scholz-Winter 11; Fischer/ Lutter 1). Der Anteil ist also nach Veräußerung und unabhängig von der Anmeldung Bestandteil des Vermögens des Erwerbers; nur dessen Gläubiger können in den Anteil vollstrecken und nur er kann ihn wirksam weiter übertragen.

IV. Nießbrauch und Pfandrecht Bei Nießbrauch, Verpfändung und Pfändung fehlt es an einem Mitglied- 1 3 schaftswechsel (vgl. § 15, 47 ff) und damit an einer Veräußerung i.S.v. § 16 (Schilling/Zutt in Hachenburg 51; Scholz-Winter 33; Fischer/Lutter 3). Auch aus sonstigen Gründen ist eine Anmeldung des Berechtigten bei Nießbrauchbestellung (vgl. § 15, 55), bei Verpfändung (vgl. § 15, 47) und bei Pfändung (vgl. § 15, 52) nicht erforderlich; a.A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 2; Rowedder 10; s. aber auch Bartl/Henkes 263). Solange allerdings der aus Nießbrauch oder Pfandrecht Berechtigte seine Ansprüche (etwa auf Gewinn) nicht der Gesellschaft gegenüber geltend macht und auf Verlangen nachweist, kann die Gesellschaft in entsprechender Anwendung von § 16 Abs. 2 gegenüber dem Besteller bzw. Verpfänder oder Pfändungsschuldner leisten (Scholz-Winter aaO; Baumbach-Hueck aaO; im Ergebnis wie hier auch Schilling/Zutt aaO 51 unter Hinweis auf § 409 BGB).

V. Die fehlerhafte Anmeldung 1. Rechtsnatur der Anmeldung. Die Anmeldung wird nach überwiegender 14 Ansicht als eine empfangsbedürftige Rechtshandlung angesehen, die den ReMeyer-Landrut

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

geln über Willenserklärungen unterliegt (RGZ 127, 240; Schilling/Zutt in H a chenburg 7; Scholz-Winter 12; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 3; weitergehend Fischer/Lutter 5; Rowedder 4). Sie kann daher nichtig oder anfechtbar sein. Die Anmeldung ist unwirksam, wenn sie durch ein dem Berechtigten nicht zurechenbares Verhalten erfolgt, etwa durch einen vollmachtlosen Vertreter oder einen sonst nicht Berechtigten abgegeben wird. Sie kann auch wirksam nicht von einem Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsunfähigen abgegeben werden {Schilling/Zutt 49; Scholz-Winter 19; Rowedder 17). Wirkungslos ist eine Anmeldung, die im Einverständnis mit der Gesellschaft nur zum Schein erfolgt (§ 117 BGB; Schilling/Zutt aaO; Scholz- Winter a a O ; Roweddera.nO; vgl. auch Rdn. 2). 15

2. Rechtsfolgen. In allen Fällen des Irrtums (§119 BGB) und der Täuschung (§ 123 BGB) kann die Erklärung angefochten werden. Eine Anfechtung beseitigt die Legitimationswirkung grundsätzlich nur für die Zukunft (Rdn. 11). Der Veräußerer muß sich also alle Rechtshandlungen des Erwerbers und der Gesellschaft im Hinblick auf den Geschäftsanteil bis zur rechtskräftigen Feststellung der Nichtigkeit der Anmeldung entgegenhalten lassen (vgl. Rdn. 8). Die mit der Anmeldung eingetretene Legitimationswirkung (Rdn. 8 ff) erfaßt den Veräußerer wie den Erwerber (Wiedemann Übertragung und Vererbung S. 143). Daraus folgt, daß auch ein gemäß Abs. 3 entstandener Anspruch der Gesellschaft gegen den Erwerber auf rückständige Leistungen auf die Einlegeschuld (oder auf sonstige Leistungen) mit einer Anfechtung nur für die Zukunft beseitigt werden kann, der Erwerber also für die im Zeitpunkt der Anfechtung rückständigen Leistungen haftet (BGHZ 84, 47 = W M 82, 787 = BB 82, 1325; Wiedemann aaO S. 141; Fischer/Lutter 15; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 12; kritisch hierzu Zutt FS Oppenhoff S. 568 ff). Etwas anderes gilt, wenn die Gesellschaft die Anfechtbarkeit kannte oder kennen mußte; sie muß sich dann u.U. den Rechtsmißbrauchseinwand entgegenhalten lassen (Knobbe-Keuk ZIP 83, 274; s. auch Rdn. 11). Die Anfechtung der Anmeldung erfolgt gegenüber der Gesellschaft. Der Anfechtende hat den Nachweis der Wirksamkeit der Anfechtung zu erbringen (Rdn. 8). Dabei muß die Gesellschaft als berechtigt angesehen werden, bei Streit unter den Beteiligten eine rechtskräftige Entscheidung als Nachweis einer wirksam erfolgten Anfechtung zu verlangen (Schilling/Zutt aaO 43; Scholz-Winter 17). Dagegen kann die Gesellschaft bei Einigkeit der Beteiligten über die Wirksamkeit der Anfechtung oder über die Rückgängigmachung der Anteilsübertragung sich nicht ohne triftige Gründe weigern, diese anzuerkennen (Scholz-Winter 17; a.A. Schilling/Zutt in Hachenburg 43; unentschieden B G H Z 84, 51 = W M 82, 787 = BB 82, 1325). Auch ein Streit zwischen Veräußerer und Erwerber über die Wirksamkeit der der Anmeldung zugrundeliegenden Anteilsübertragung hat auf die mit der Anmeldung eingetretenen Legitimationswirkung im Verhältnis zur Gesell242

M e y e r - L a n d rut

Veräußerung von Teilen des Geschäftsanteils

§17

schaft keine Auswirkung (Schilling/Zutt aaO 41; Scholz-Winter 17; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 4; Rowedder 18; s. auch OLG Hamm GmbH-Rdsch. 85, 23). Der insoweit eingetretene Rechtsschein kann nur durch Ubereinkunft der Beteiligten oder durch ein rechtskräftiges Urteil beseitigt werden (Schilling/ Zutt in Hachenburg 42; Wiedemann aaO S. 140 ff; Scholz-Winter 20; a.A. Baumbach-Hueck 13. Aufl. 3 E). VI. Gesamtschuldnerische H a f t u n g von Erwerber und Veräußerer (Abs. 3) Daß mit der durchgeführten Anmeldung der Erwerber neben den Rechten 16 auch die Pflichten aus dem Geschäftsanteil übernimmt, also insbesondere für noch rückständige Einlagen, Nebenleistungen oder Nachschüsse haftet, ergibt sich aus der zugrundeliegenden Übertragung des Anteils (§ 15,3). Gem. Abs. 3 bleibt neben dem Erwerber auch der Veräußerer für rückständige Leistungen auf den Geschäftsanteil haftbar. Das gilt auch dann, wenn der Veräußerer die Geschäftsanteile nur sicherungshalber erworben hat (BGH DB 85, 1523). Rückständig ist die Leistung, wenn sie zwar fällig, aber noch nicht bewirkt worden ist (BGH GmbH-Rdsch. 61, 144; Schilling/Zutt in Hachenburg 36; Scholz-Winter 30; Fischer/Lutter 16). Sieht die Satzung Leistung der Stammeinlagen in bar vor, so ist damit noch keine Fälligkeit ausgesprochen (BGH LM § 16 G m b H G Nr. 2). Das ist erst dann der Fall, wenn die rückständige Leistung durch Gesellschafterbeschluß (§ 46 Nr. 2) oder durch das in der Satzung benannte Organ eingefordert wird (Scholz-Winter 30). Veräußerer und Erwerber haften gleichmäßig als Gesamtschuldner (BGHZ 68, 196; Schilling/ Zutt a a O 38; Scholz- Winter 31; Fischer/Lutter aaO; Rowedder 13; BaumbachHueck 14. Aufl. 12). Auch die Differenzhaftung ist eine rückständige Leistung, so daß auch insoweit der Veräußerer neben dem Erwerber haftbar bleibt (Scholz-Winter 30; Fischer/Lutter aaO; Baumbach-Hueck aaO, s. auch Rdn. 9). Soweit die Ausfallhaftung gem. § 24 im Zeitpunkt der Anmeldung fällig gestellt war (§24, 11), bleibt gleichfalls der Veräußerer neben dem Erwerber haftbar. Für nach der Anmeldung fällig werdende Leistungen haftet der Veräußerer nicht mehr (Schilling/Zutt aaO 39; Scholz- Winter 31). Das gilt wiederum nicht für die Subsidiärhaftung des Veräußerers nach § 22 Abs. 2 und 3 (§ 22, 6) und §28 (§§26 bis 28, 25).

§ 17 (1) Die Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils kann nur mit Genehmigung der Gesellschaft stattfinden. Meyer-Landrut

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§17

2. A b s c h n i t t . R e c h t s v e r h ä l t n i s s e d. G e s e l l s c h a f t u. G e s e l l s c h a f t e r

(2) Die Genehmigung bedarf der schriftlichen Form; sie muß die Person des Erwerbers und den Betrag bezeichnen, welcher von der Stammeinlage des ungeteilten Geschäftsanteils auf jeden der durch die Teilung entstehenden Geschäftsanteile fällt. (3) Im Gesellschaf tsvertrag kann bestimmt werden, daß für die Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils an andere Gesellschafter, sowie für die Teilung von Geschäftsanteilen verstorbener Gesellschafter unter deren Erben eine Genehmigung der Gesellschaft nicht erforderlich ist. (4) Die Bestimmungen in § 5 Abs. 1 und 3 über den Betrag der Stammeinlagen finden bei der Teilung von Geschäftsanteilen entsprechende Anwendung. (5) Eine gleichzeitige Übertragung mehrerer Teile von Geschäftsanteilen eines Gesellschafters an denselben Erwerber ist unzulässig. (6) Außer dem Fall der Veräußerung und Vererbung findet eine Teilung nicht statt. Sie kann im Gesellschaftsvertrag auch für diese Fälle ausgeschlossen werden.

Übersiebt Rdn. I. E i n l e i t u n g II. V e r b o t d e r T e i l u n g (Abs. 6) 1. R e a l t e i l u n g 2. E i n s c h r ä n k u n g e n III. Zulässigkeit d e r T e i l u n g 1. Z u s t i m m u n g d e r Gesells c h a f t (Abs. 2) a) F o r m und I n h a l t b) E r t e i l u n g d e r G e n e h m i gung · · · 2. S a t z u n g s m ä ß i g e A u s n a h m e n (Abs. 3)

Rdn. a) Bei V e r ä u ß e r u n g an Mitgesellschafter

2 3

4 5

b) Bei T e i l u n g u n t e r E r b e n 3. G l e i c h z e i t i g e Ü b e r t r a g u n g (Abs. 5) IV. F o r m und A r t d e r T e i l u n g 1. N o t a r i e l l e B e u r k u n d u n g . . . 2. M i n d e s t n e n n b e t r a g (Abs. 4) V . "Wirkung d e r T e i l u n g 1. R e c h t e 2. P f l i c h t e n

6 7 8 9 10 11 12

I. Einleitung 1

Das Aktienrecht verbietet die Teilung der Aktien (§ 3 Abs. 3 AktG), läßt aber den gleichzeitigen Erwerb mehrerer der in der Regel mit einem niedrigen Nennwert ausgestatteten Aktien zu und fördert so und durch die Verbriefung in Wertpapiere den Aktienhandel. Das GmbH-Recht dagegen geht vom Grundsatz der einheitlichen Beteiligung aus und sucht eine willkürliche Vervielfältigung der Geschäftsanteile zu verhindern (so die amtliche Begründung S. 65). Damit soll der Handel mit Geschäftsanteilen, wenn nicht verhindert, so doch erschwert werden (OLG H a m m DB 76, 907). Diesem Gesetzeszweck dienen die Formvorschriften des § 15, die Regel, daß jeder Gesellschafter nur einen Geschäftsanteil bei Gründung (§ 5 Abs. 2) bzw. bei Kapitalerhöhung (§ 55 Abs. 4) übernehmen kann und die Erschwerung und Einschränkung der Teilbarkeit nach § 17. 244

Meyer-Landrut

Veräußerung von Teilen des Geschäftsanteils

§17

Die Vorschrift ist unverändert seit 1892. Die nicht verwirklichten Reformvorschläge (§ 55 RegEntw 1971) betreffen Klarstellungen und die Streichung des Verbots des Abs. 5.

II. Verbot der Teilung von Geschäftsanteilen (Abs. 6) 1. Realteilung. Gegenstand der Regelung des§ 17 ist die Realteilung von Ge- 2 schäftsanteilen. Diese liegt vor, wenn der auf einen bestimmten Nennwert lautende Geschäftsanteil in zwei oder mehrere Anteile aufgeteilt wird, deren Nennwerte addiert dem Nennwert des ursprünglichen Geschäftsanteils entsprechen (Schilling/Zutt in Hachenburg 3; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 3; Fischer/Lutter 2). Es liegt somit keine Teilung vor, wenn ein Geschäftsanteil von mehreren Personen erworben wird, sei es in Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft (Schilling/Zutt a a O 5; Scholz-Winter 3; Rowedder 5; BaumbachHueck aaO). Ebenso liegt keine Teilung vor bei Beteiligung eines anderen am Geschäftsanteil durch Einräumung eines ideellen Anteils an einer Bruchteilsoder Gesamthandsgemeinschaft (RGZ 135, 74). 2. Einschränkung. Eine Teilung ist nur zulässig im Falle der Veräußerung 3 oder Vererbung. Weitergehende satzungsmäßige Erleichterungen der Teilung, etwa die Zulässigkeit einer Teilung auf Vorrat ohne tatsächlichen Veräußerungsfall, sind unzulässig und nichtig (OLG Frankfurt W M 78, 23 = 77, 2180). Die Satzung kann die Teilung auch ganz ausschließen (Abs. 6 Satz 2) oder f ü r den Fall der Veräußerung oder der Vererbung erschweren (Scholz-Winter 21, etwa nur bei Vererbung und nicht bei Veräußerung zulassen, weitergehende Genehmigungsvorbehalte vorsehen u. dgl.; Baumbach-Hueck 13; Rowedder 16; Fischer/Lutter 6).

III. Zulässigkeit der Teilung 1. Zustimmung der Gesellschaft (Abs. 2) a) Form und Inhalt. Grundsätzlich kann die Veräußerung von Teilen eines 4 Geschäftsanteils nur mit Genehmigung der Gesellschaft stattfinden (Abs. 1). Eine Teilung ohne Vorliegen der entsprechenden Genehmigung ist unwirksam. Die Genehmigung bedarf der Schriftform, d. h. ein von den Geschäftsführern in vertretungsberechtigter Zahl unterzeichnetes Schriftstück (§ 126 BGB). Die Erklärung muß ausdrücklich und unzweideutig erfolgen. Es ist Zweck der Vorschrift, die Veräußerung von Teilgeschäftsanteilen zu erschweren ( B G H Z 14, 34); daher wird das Formerfordernis von der Rechtsprechung und Lehre ernst genommen. Schlüssige Handlung oder Stillschweigen genügen nicht (Schilling/Zuttin Hachenburg 22; Scholz-Winter 14; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 11; Rowedder 12; Fischer/Lutter 11). Tritt allerdings Meyer-Landrut

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§17

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

der vertretungsberechtigte Geschäftsführer in notarieller Form einen Teilgeschäftsanteil ab, so liegt in der Abtretungserklärung auch die Erteilung der Genehmigung hierzu (BGHZ 16, 329; Scholz-WinteraaO). Die Genehmigung muß inhaltlich deutlich erkennbar machen, von welchem Geschäftsanteil eines bestimmten Gesellschafters welcher Teilgeschäftsanteil an einen eindeutig bezeichneten Dritten abgetreten wird. Es muß auch deutlich werden, welcher Geschäftsanteil des Abtretenden gemeint ist, wenn dieser Inhaber mehrerer Anteile ist. Die nach Abs. 2 erforderliche Genehmigung kann vor oder nach der Veräußerung oder auch im Hinblick auf eine bevorstehende oder beabsichtigte Veräußerung erteilt werden. Gemeint ist nicht nur die nachträgliche Zustimmung i.S.v. § 184 BGB (Schilling/Zutt in Hachenburg 27; Rowedder 13; Baumbach-Hueck 9; Fischer/Lutter 7). 5

b) Erteilung der Genehmigung. Die Genehmigung der Gesellschaft ist eine Willenserklärung, die den Beteiligten gegenüber von den Geschäftsführern zu erklären ist. Erklärung durch einen von zwei gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführern genügt auch dann nicht, wenn die Gesellschafterversammlung die Teilung genehmigt hat (Winter GmbH-Rdsch. 62, 158; a.A. O L G Frankfurt GmbH-Rdsch. 62, 157). Die Zuständigkeitsregelung ist insoweit zwingend, als der Gesellschaftsvertrag kein anderes Organ anstatt der Geschäftsführer mit der Erklärung der Genehmigung ermächtigen kann (Schilling/Zutt a a O 25; Scholz-Winter 13). Dagegen kann ein zwingendes Genehmigungserfordernis, etwa durch einen Aufsichtsrat, zusätzlich satzungsmäßig eingeführt werden (Rdn. 3). Im Innenverhältnis bedürfen die Geschäftsführer der Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 4). Eine ohne genügenden Beschluß erklärte Teilungsgenehmigung ist jedoch im Außenverhältnis wirksam (§ 46, 18 m.w.N.). Sind kraft Satzung keine Regelungen vorgesehen, die die Voraussetzungen, nach denen Teilungsgenehmigungen zu erteilen sind, festlegen (Rdn. 8), so ist Erteilung der Zustimmung durch eine Gesellschafterversammlung in deren freies Ermessen gestellt (vgl. auch 5 15, 15). An die Entscheidung der Gesellschafterversammlung sind die Geschäftsführer gebunden.

6

2. Satzungsmäßige Ausnahmen (Abs. 3) a) Bei Veräußerung an Mitgesellschafter. Das im Gesetz zur Teilung von Geschäftsanteilen aufgestellte Erfordernis der Genehmigung kann durch den Gesellschaftsvertrag für den Fall der Veräußerung von Teilgeschäftsanteilen an andere Gesellschafter aufgehoben werden. Hier, wie auch bei Teilung unter Erben eines Gesellschafters (Rdn. 7), wird durch den Teilungsvorgang der Grundsatz der einheitlichen Beteiligung, der das GmbH-Recht prägt 246

Meyer-Landrut

Veräußerung von Teilen des Geschäftsanteils

§17

(Rdn. 3), nicht verletzt. Als anderer Gesellschafter i.S.v. Abs. 3 gilt nur ein solcher, der gem. § 16 bei der Gesellschaft angemeldet ist. Streitig ist, ob der andere Gesellschafter nur ein solcher ist, der einen von dem zu teilenden Geschäftsanteil verschiedenen Geschäftsanteil innehat oder ob auch gesamthänderische oder bruchteilmäßige Mitberechtigung eine zustimmungsfreie Realteilung bei entsprechender satzungsmäßiger Freistellung ermöglicht. Mit h.L. ist davon auszugehen, daß auch gesamthänderische oder nach Bruchteilen Beteiligte Gesellschafter der G m b H sind und es daher nicht einsehbar ist, weshalb eine Auseinandersetzung derartiger Gemeinschaften nicht im Rahmen des Abs. 3 zulässig sein soll, zumal das Gesetz selbst eine Teilung im Erbfall (Rdn. 7) auch unter erleichterten Voraussetzungen zuläßt (BGHZ 32, 39; Scbilling/Zutt in Hachenburg 16; Fischer/Lutter 16; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 3 C; Bartl/Henkes 267; a.A. Scholz-Winter 18). Handelsgesellschaften, die ihrerseits Rechtssubjekte sind ( O H G , KG) sind als solche „andere Gesellschafter" i.S.v. Abs. 3, so daß insoweit eine Realteilung nicht genehmigungsfrei wäre (Scholz-Winter 18; Fischer/Lutter 15). b) Bei Teilung unter Erben. Genehmigungsfrei, bei entsprechender sat- 7 zungsmäßiger Regelung, ist auch die Teilung der Geschäftsanteile verstorbener Gesellschafter unter den Erben. Dieser Fall ist gegeben bei Erbauseinandersetzung unter gesetzlichen oder testamentarischen Erben, ebenso aber auch bei Erfüllung eines vom Erblasser testamentarisch angeordneten Vermächtnisses (streitig; wie hier BGHZ 32, 39; Schilling/Zutt in Hachenburg 18; Scholz-Winter 19; Fischer/Lutter 16; Roweddej 14; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 13; a.A. Baumbach-Hueck 13. Aufl. 3 C). 3. Gleichzeitige Übertragung (Abs. 5). Im Sinne der Erschwerung des Han- 8 delns mit Geschäftsanteilen ist nach Abs. 5 die gleichzeitige Übertragung mehrerer Teilgeschäftsanteile an einen Erwerber unzulässig und nichtig. Daraus folgt die Zulässigkeit der gleichzeitigen Übertragung vom Teilgeschäftsanteil an mehrere Erwerber und auch die Zulässigkeit der Übertragung mehrerer Teilgeschäftsanteile an einen Erwerber, sofern die Veräußerungen nicht gleichzeitig erfolgen. Gleichzeitigkeit ist immer dann gegeben, wenn mehrere Teilübertragungen an einen Erwerber in einer Urkunde vollzogen werden, der Übertragungsakt also objektiv gleichzeitig erfolgt (so die h.L.; Nachweise bei Scholz-Winter 10). Die Ansicht des BGH (BGHZ 11, 127; s. auch N J W 67, 2159, 2161), wonach weniger die objektiven Umstände als die Intention der Beteiligten als entscheidend angesehen wird, ist vom Wortlaut des Abs. 5 nicht gedeckt, soweit auch nicht gleichzeitige Übertragungen erfaßt werden, die auf einem ursprünglich einheitlichen Entschluß beruhen. Schließlich dürfte auch die Differenzierung zwischen gleichzeitiger, wirtschaftlich sinnvoller und somit zulässiger, und lediglich aus Selbstzweck erfolgender und somit unzulässiger gleichzeitiger Teilung (so Schilling/Zutt in Hachenburg 9; Meyer-Landrut

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§17

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

s. auch Rowedder 15; Baumbach-Hueck 8, Fischer/Lutter 17) vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt sein. Dagegen kann sinnvollerweise bei Auslegung des Begriffes „Gleichzeitigkeit" neben der äußeren Gleichzeitigkeit bei Durchführung der Teilung in einer Urkunde auch unzulässige Gleichzeitigkeit dann angenommen werden, wenn aus Umgehungsgründen ein scheinbares Fehlen der Gleichzeitigkeit dadurch vorgespiegelt wird, daß die Teilung in mehreren Urkunden niedergelegt wird (Scholz-Winter 10).

IV. Form und Art der Teilung 9

1. Notarielle Beurkundung. Die reale Teilung eines Geschäftsanteils in zwei oder mehrere selbständige Anteile kann nur in Form der notariellen Beurkundung gem. § 15 Abs. 3 durchgeführt werden, denn auch die teilweise Abtretung der im Geschäftsanteil verkörperten Mitgliedschaftsrechte ist eine Abtretung im Sinne des Gesetzes (RGZ 43, 136; 87, 228). Eine formlose obligatorische Teilungsvereinbarung wird mit formgültiger Abtretung wirksam (§15 Abs. 4). Ist ein Anteilsschein ausgegeben und ist der Übertragung des Anteils satzungsmäßig von der Übertragung des Scheines abhängig, so genügt Übergabe einer beglaubigten Abschrift des Anteilsscheines entsprechend § 444 BGB (Schilling/Zutt a a O 13; Scholz-Winter 8; a.A. Rowedder 20). Auch eine Realteilung zur Aufhebung einer Erbengemeinschaft (Rdn. 7) oder einer sonstigen Gesamthand (Rdn. 6) bedarf der Form des § 15 Abs. 3.

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2. Mindestnennbetrag (Abs. 4). Gem. Abs. 4 finden bei Teilung von Geschäftsanteilen die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 und 3 entsprechend Anwendung. Es muß also der durch Teilung entstehende Geschäftsanteil, entweder der in der H a n d des Veräußerers verbleibende oder der in der Hand des Erwerbers entstehende, mindestens D M 500,— betragen. Des weiteren müssen die durch die Teilung entstehenden neuen Geschäftsanteile (entsprechend § 5 Abs. 3 Satz 2) durch hundert teilbar sein (OLG Frankfurt W M 66, 472).

V. Wirkung der Teilung 11

1. Rechte. Mit Wirksamwerden der Teilung entstehen zwei oder mehrere selbständige Geschäftsanteile i.S.v. §14 (s. auch Rdn. 2). Sie sind nunmehr selbständig veräußerlich, vererblich und ggf. teilbar (OLG H a m m DB 76, 907). Für den neu entstandenen Teilgeschäftsanteil gilt § 16, d. h. der Gesellschaft gegenüber gilt der Erwerber erst mit der Anmeldung als aus dem Teilgeschäftsanteil berechtigt und verpflichtet (s. § 16, 8). Das Nachsuchen um die Teilungsgenehmigung beinhaltet, wenn es nach durchgeführter Teilung erfolgt, auch eine Anmeldung des Übergangs, vorausgesetzt, dieser wird gleichzeitig nachgewiesen (§ 16, 6; s. auch Scholz-Winter 24; Schilling/Zutt in H a chenburg 36; Fischer/Lutter 10). 248

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Mitberechtigung am Geschäftsanteil Der bisherige und der neue Geschäftsanteil haben grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten. Der neu entstandene Geschäftsanteil beinhaltet also in bezug auf seinen Nennwert alle gesetzlichen und satzungsmäßigen Gesellschafterrechte. Die Satzung kann, wenn mit dem Geschäftsanteil besondere Rechte oder Vergünstigungen verbunden sind, vorsehen, daß bei Teilung derartige Vorzüge etwa nur gemeinschaftlich ausgeübt werden können. Fehlt eine derartige Regelung, so ist jeder Erwerber eines Teilgeschäftsanteils insoweit gleichberechtigter Gesellschafter (Scholz-Winter 24; a.A. Scbilling/Zutt a a O 38). 2. Pflichten. Hinsichtlich der Verpflichtungen gilt, daß der Erwerber eines 12 Teilgeschäftsanteils für rückständige Leistungen nur verhältnismäßig haftet; Leistungen des Erwerbers sind daher auch nur auf seinen Geschäftsanteil anzurechnen (Schilling/Zutt aaO 39; Scholz-Winter24).

§ 18 (1) Steht ein Geschäftsanteil mehreren Mitberechtigten ungeteilt zu, so können sie die Rechte aus demselben nur gemeinschaftlich ausüben. (2) Für die auf den Geschäftsanteil zu bewirkenden Leistungen haften sie der Gesellschaft solidarisch. (3) Rechtshandlungen, welche die Gesellschaft gegenüber dem Inhaber des Anteils vorzunehmen hat, sind, sofern nicht ein gemeinsamer Vertreter der Mitberechtigten vorhanden ist, wirksam, wenn sie auch nur gegenüber einem Mitberechtigten vorgenommen werden. Gegenüber mehreren Erben eines Gesellschafters findet diese Bestimmung nur in bezug auf Rechtshandlungen Anwendung, welche nach Ablauf eines Monats seit dem Anfall der Erbschaft vorgenommen werden.

Rdn.

Rdn. I. E i n l e i t u n g II. M i t b e r e c h t i g u n g 1. A n w e n d u n g s b e r e i c h 2. I n n e n v e r h ä l t n i s III. G e m e i n s c h a f t l i c h e R e c h t s a u s ü b u n g (Abs. 1) 1. U n m i t t e l b a r 2. D u r c h g e m e i n s a m e V e r t r e tung IV. H a f t u n g d e r M i t b e r e c h t i g t e n (Abs. 2) 1. Allgemeines

1 2 3

2. E r b e n g e m e i n s c h a f t V . R e c h t s h a n d l u n g e n d e r Gesells c h a f t (Abs. 3)

4 5

1. G e g e n ü b e r e i n e m M i t b e r e c h tigten 2. G e g e n ü b e r einem g e m e i n s a men Vertreter 3. G e g e n ü b e r E r b e n 4. G e g e n ü b e r E r b e n eines Einmanngesellschafters

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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

Schrifttum Koch Die Beteiligung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an der G m b H - G r ü n dung, Z H R 146 (1982), 118; K. Schmidt Die obligatorische Gruppenvertretung im Recht der Personengesellschaften und der G m b H , Z H R 146 (1982) 525; Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965; ders. GmbH-Anteile in der Erbengemeinschaft, GmbH-Rdsch. 69, 247.

I. Einleitung 1

Die Vorschrift ist seit 1892 unverändert. Die im RegEntw 1971 § 56 vorgesehene Anpassung an die Regelung des § 69 AktG, wonach die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters für die Mitberechtigten vorausgesetzt wird, ist nicht Gesetz geworden.

II. Mitberechtigung 2

1. Anwendungsbereich. Das Gesetz meint in Abs. 1 mit den „mehreren Mitberechtigten", denen der Geschäftsanteil ungeteilt zusteht, sowohl Bruchteils· wie Gesamthandsgemeinschaften. Derartige Mitberechtigungen an einem Geschäftsanteil können von vornherein entstehen, wenn eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, eine Erbengemeinschaft oder eine sonstige Gesamthandsgemeinschaft als Gründer auftritt (zur Zulässigkeit s. § 1, 17). Der Fall der Entstehung einer Erbengemeinschaft beim Tod eines Gesellschafters dürfte den häufigsten Fall einer Mitberechtigung i.S.v. § 18 darstellen. Bruchteilsgemeinschaften können durch Übertragung eines oder mehrerer Geschäftsanteile an Dritte ohne Realteilung entstehen. Entstehen bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Teilrechte, die keinen vollen Geschäftsanteil ergeben, so setzt die Rechtsausübung aus derartigen Teilrechten einen Zusammenschluß nach § 18 voraus (§ 10 Abs. 2 KapErhG). Dagegen findet die Vorschrift keine Anwendung auf juristische Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit, da insoweit eine Mitberechtigung der Gesellschafter nicht gegeben ist. Die Vorschrift findet auch keine Anwendung auf Personenhandelsgesellschaften, die nach allgemeiner Ansicht, obgleich Gesamthandsgemeinschaften, als ein GmbH-Gesellschafter gelten, weil sie im Verhältnis zu ihren eigenen Gesellschaftern weitgehend verselbständigt sind (BGHZ 78, 316; Schilling/Zutt in Hachenburg 11; Scholz-Winter 2; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 2; Rowedder; Fischer/Lutter 2; weitergehend Koch Z H R 146 (1982), 127, der auch die BGB-Gesellschaft aus dem Anwendungsbereich des § 18 ausschließt).

3

2. Innenverhältnis. Geregelt wird in § 18 allein das Verhältnis der Gesellschaft zu den an einem Geschäftsanteil Mitberechtigten und umgekehrt deren 250

Meyer-Landrut

Mitberechtigung am Geschäftsanteil

Verhältnis zur Gesellschaft ( B G H Z 49, 191). Nicht berührt werden die Rechtsbeziehungen zu anderen Gesellschaftern oder Dritten sowie die Rechtsbeziehungen der Mitberechtigten untereinander. Insoweit gelten die jeweiligen Vorschriften des BGB, insbesondere §§ 705 ff für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, §§ 2032 ff f ü r die Erbengemeinschaft, §§ 1415 ff f ü r die eheliche Gütergemeinschaft und §§ 741 ff für die Bruchteilsgemeinschaft.

III. Gemeinschaftliche Rechtsausübung (Abs. 1) 1. Unmittelbar. Abs. 1 geht davon aus, daß die Mitberechtigten ihre Rechte 4 aus dem Geschäftsanteil nur gemeinschaftlich ausüben können (BGH W M 69, 591). Sie müssen sich also hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts und der sonstigen Mitgliedschaftsrechte auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, keineswegs aber unbedingt einen gemeinsamen Vertreter benennen und auch keineswegs notwendig einstimmig handeln. So gilt für die ordnungsgemäße Verwaltung des einer Erbengemeinschaft zustehenden Geschäftsanteils das Mehrheitsprinzip (§ 2038 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 745 Abs. 1 BGB; B G H Z 49, 1091; K. Schmidt Z H R 146 (1982), 546). Auch können der Gesellschaftsvertrag oder die vertraglichen Regelungen der jeweiligen Gemeinschaft Abweichendes vorsehen, etwa grundsätzlich Einstimmigkeit oder Abstimmung nach Mehrheit der Köpfe oder der Kapitalanteile. Auch kann der Gesellschaftsvertrag Rechtsausübung nur durch einen gemeinsamen Vertreter zulassen und Regelungen hinsichtlich der Person oder der Qualifikation des Vertreters treffen (Schilling/Zutt in Hachenburg 17; Fischer/Lutter 3; Rowedder 2; Baumbacb-Hueck 14. Aufl. 6). Auch die Rechtsausübung durch einen Testamentsvollstrecker kann insoweit im Verhältnis zur Gesellschaft durch satzungsmäßige Bestimmungen eingeschränkt sein, ohne daß dadurch im Prinzip dessen Verwaltungsbefugnis berührt wird. 2. Durch gemeinsame Vertretung. Das Gesetz erwähnt den gemeinsamen 5 Vertreter in Abs. 3 nur in bezug auf die (einseitigen) Rechtshandlungen der Gesellschaft gegenüber den Mitberechtigten. Daraus folgt, daß f ü r die aktive Rechtsausübung ein gemeinsamer Vertreter auch dann bestellt werden kann, wenn die Satzung kein entsprechendes Erfordernis aufstellt (Rdn. 4). Die Legitimation des gemeinsamen Vertreters ergibt sich beim Testamentsvollstrekker oder Nachlaßverwalter kraft Amtes. In anderen Fällen bedarf es der Ermächtigung des Vertreters durch die Mitberechtigten. Es gilt das Erfordernis der Schriftform gem. § 47 Abs. 3. Wie jeder Bevollmächtigte muß sich der gemeinsame Vertreter der Gesellschaft gegenüber legitimieren. § 16 ist nicht anwendbar; Kenntnis der Gesellschaft von der Bestellung genügt (Schilling-Zutt aaO 24; Baumbach-Hueck 5; Rowedder 4; a.A. Scholz-Winter 27; Fischer/Lutter 8). Meyer-Landrut

251

§ 18

2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. Gesellschafter

IV. Haftung der Mitberechtigten (Abs. 2) 6

1. Allgemeines. Bei der in Abs. 2 angeordneten solidarischen Haftung der Mitberechtigten handelt es sich um die gesamtschuldnerische H a f t u n g i.S.v. §§421 ff BGB hinsichtlich der auf den Geschäftsanteil zu bewirkenden Leistungen. Das gilt auch f ü r die Bruchteilsgemeinschaft (§§741 ff BGB). Die H a f t u n g bezieht sich auf rückständige Leistungen, die während des Bestehens der Mitberechtigung fällig werden wie rückständige Einlagen, Nachschüsse, Ausfall- und Differenzhaftung; im einzelnen s. § 16, 16.

7

2. Erbengemeinschaft. Die Solidarhaftung der Mitberechtigten für die auf den Geschäftsanteil zu bewirkenden Leistungen gilt grundsätzlich auch für Miterben (vgl. § 2058 BGB). Die Ausnahmen der §§ 2060, 2061 BGB sind auf gesellschaftsrechtliche Verhältnisse nicht anwendbar. Im übrigen steht dem Miterben, wenn er erbrechtlich noch nicht unbeschränkt haftet, bis zur Nachlaßteilung die Einrede der beschränkten Erbenhaftung zu (§ 2059 Abs. 1 BGB). Es kann für Nachlaßverbindlichkeiten aufgrund eines G m b H - G e schäftsanteils nicht etwas anderes gelten als für andere Nachlaßverbindlichkeiten; im Erbfall müssen sich die Gesellschafter gleich anderen Nachlaßgläubigern behandeln lassen (h.L. Scholz-Winter 19; Baumbacb-Hueck 14. Aufl. 8; Rowedder 11; Fischer/Lutter 4; für das Aktienrecht Kraft in KK § 69, 25 und Barz in Großkomm. § 69, 8; a.A. Schilling/Zutt in Hachenburg 26 sowie § 15, 103).

V. Rechtshandlungen der Gesellschaft (Abs. 3) 8

1. Gegenüber einem Berechtigten. Die Vorschrift dient der Vereinfachung des Rechtsverkehrs und entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz (vgl. §35 Abs. 2 Satz 3 sowie § 2 8 Abs. 2 BGB, §125 Abs. 2 Satz 3 H G B , §§69 Abs. 3 und 78 Abs. 2 Satz 2 AktG). Rechthandlungen der Gesellschaft gegenüber mehreren Mitberechtigten an einem Geschäftsanteil sind demnach auch dann wirksam, wenn sie nur einem Mitberechtigten gegenüber vorgenommen werden. Die Vorschrift kann durch die Satzung abbedungen werden (Schilling/Zutt in Hachenburg 29; Scholz-Winter 25), wie auch die Gesellschaft nicht gehindert ist, bei mehreren Mitberechtigten Rechtshandlungen gegenüber allen oder einigen von ihnen vorzunehmen. Anderes gilt, wenn ein gemeinsamer Vertreter bestellt ist (Rdn. 9). Rechtshandlungen i.S.d. Abs. 3 sind nur einseitige Rechtsgeschäfte wie Kündigung, Mahnung, Einladungen, Aufforderung zur Einzahlung u. ä. (Scholz-Winter 26; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 9; Rowedder 7; Fischer/Lutter 5). Durch die Rechtshandlung gegenüber einem der Mitberechtigten treten somit die entsprechenden Rechtsfolgen gegenüber allen Mitberechtigten ein, wie Verzug aufgrund einer Mahnung u. dgl. Ist jemand Mitberechtigter an mehreren Geschäftsanteilen, so muß er erkennbar in der in Betracht kommen252

Meyer-Landrut

Mitberechtigung am Geschäftsanteil

den Beziehungen angesprochen werden, wenn eine Rechtshandlung für jede der Beteiligungen wirksam sein soll (BGHZ 49,189). Zahlungen fallen nicht unter Abs. 3, können also wirksam nur an alle Mitberechtigten geleistet werden (h.L. Schilling/Zutt a a O 31; Fischer/Lutter a a O ; Roth 4.1; Baumbach-Hueck a a O ; a.A. Rowedder7). Umgekehrt wirkt auch Kenntnis (vgl. § 32) oder schlechter Glaube eines Mitberechtigten gegen alle anderen Mitberechtigten an dem Geschäftsanteil (Schilling/Zutt a a O 32; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 11; Fischer/Lutter 3). 2. Gegenüber einem gemeinsamen Vertreter. Mitberechtigte an einem Ge- 9 schäftsanteil können einen gemeinsamen Vertreter zur W a h r u n g ihrer Rechte bestellen. Eine Verpflichtung hierzu besteht nicht (anders § 69 Abs. 1 AktG und bei Vorliegen entsprechender satzungsmäßiger Regelungen) und kann auch nicht bei Erbengemeinschaften etwa als Erfordernis ordnungsgemäßer Nachlaßverwaltung gefordert werden (Wiedemann GmbH-Rdsch. 69, 249, s. aber Rowedder 6). Der Vertreter braucht nicht Mitglied der Rechtsgemeinschaft zu sein. Die Satzung kann jedoch im Falle der Mitberechtigung mehrerer an einem Geschäftsanteil die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters vorschreiben und Vorschriften zur Person und den Qualifikationen des Vertreters enthalten (Rdn. 4). Der gemeinsame Vertreter hat Bedeutung nicht nur im Bereich der Regelung des Abs. 3, wonach Rechtshandlungen der Gesellschaft nur wirksam f ü r alle Mitberechtigten ihm gegenüber ausgeübt werden können, sondern auch im Regelungsbereich des Abs. 1, wonach die Berechtigten ihre gemeinschaftlichen Rechte durch einen gemeinsamen Vertreter ausüben können und, wenn die Satzung es verlangt, ausüben müssen (Rdn. 4). Eine Anzeige gem. § 16 ist nicht erforderlich; es gilt nur das Schriftformerfordernis des § 47 Abs. 3 (str.; Nachweise in Rdn. 5). Da Abs. 3 eine Vereinfachung des Rechtsverkehrs im Interesse der Gesellschaft bei mehreren Berechtigten an einem Anteil bezweckt, sind Rechtshandlungen der G m b H , die auch bei Vorhandensein eines gemeinsamen Vertreters gegenüber allen Mitberechtigten erfolgen, wirksam (Schilling/Zutt in Hachenburg 29; Scholz-Winter 27; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 10; Rowedder 4; Fischer/Lutter 8). Das gilt nicht, wenn die Berechtigten nur durch einen Vertreter handeln können, wie bei Minderjährigkeit oder Testamentsvollstreckung. Voraussetzungen und Form von Bestellung und Abberufung des gemeinsamen Vertreters richten sich nach den für die jeweilige Rechtsgemeinschaft maßgeblichen Vorschriften. 3. Gegenüber Erben. Nach Abs. 3 Satz 2 können bei Mitberechtigung in- 1 0 folge Erbfall Erklärungen der Gesellschaft mit Wirkung für und gegen alle Mitberechtigten gegenüber einem Mitberechtigten erst nach Ablauf eines Meyer-Landrut

253

2. A b s c h n i t t . R e c h t s v e r h ä l t n i s s e d. G e s e l l s c h a f t u. G e s e l l s c h a f t e r

Monats seit dem Erbfall abgegeben werden. Damit erhalten die Erben eine Überlegungsfrist, wie sie auch etwa in den §§ 1958 und 2014 B G B gewährt wird. Ist schon vor Ablauf der Monatsfrist ein gemeinsamer Vertreter vorhanden, so kann die Gesellschaft diesem gegenüber wirksam Rechte ausüben. D e r Termin der Monatsfrist zählt nach allg. A. vom Todestage des Erblassers an und nicht vom Erbanfall bei dem einzelnen Erben (Schilling/Zutt in H a -

chenburg 33, Scholz- Winter28;

Fiscber/Lutter 6; Rowedder

8).

Bei Nacherbfolge gilt Abs. 3 Satz 2 zunächst für den Vorerben und dann erneut bei Eintritt der Nacherbfolge ( § 2 1 3 9 B G B ) .

11

4. Gegenüber Erben des Einmanngesellschafters. Auch wenn alle Geschäftsanteile eines Einmanngesellschafters an mehrere Mitberechtigte, etwa im W e g e der Erbfolge, fallen, gelten die Regeln des § 18 Abs. 3 i.V.m. den §§ 2032 ff B G B , die das Innenverhältnis unter den Miterben bestimmen, wie sich allgemein die Rechtsbeziehungen zwischen den Mitberechtigten immer nach den für die jeweilige Rechtsgemeinschaft geltenden Vorschriften richten (Rdn. 3) und nicht nach G m b H - R e c h t (h.L.; Schilling/Zutt 3 4 ; Scholz-Winter

29; Rowedder

6; a.A. Wiedemann

GmbH-Rdsch. 69, 252).

§ 19 (1) Die Einzahlungen auf die Stammeinlagen sind nach dem Verhältnis der Geldeinlagen zu leisten. (2) Von der Verpflichtung zur Leistung der Einlagen können die Gesellschafter nicht befreit werden. Gegen den Anspruch der Gesellschaft ist die Aufrechnung nicht zulässig. An dem Gegenstand einer Sacheinlage kann wegen Forderungen, welche sich nicht auf den Gegenstand beziehen, kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden. (3) Durch eine Kapitalherabsetzung können die Gesellschafter von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen höchstens in Höhe des Betrags befreit werden, um den das Stammkapital herabgesetzt worden ist. (4) Vereinigen sich innerhalb von drei Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister alle Geschäftsanteile in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft, so hat der Gesellschafter innerhalb von drei Monaten seit der Vereinigung der Geschäftsanteile alle Geldeinlagen voll einzuzahlen oder der Gesellschaft für die Zahlung der noch ausstehenden Beträge eine Sicherung zu bestellen oder einen Teil der Geschäftsanteile an einen Dritten zu übertragen. Die Geschäftsführer haben die Vereinigung der Geschäftsanteile unverzüglich zum Handelsregister anzuzeigen. (5) Eine Leistung auf die Stammeinlage, welche nicht in Geld besteht oder welche durch Aufrechnung einer für die Überlassung von Vermögensgegen254

Miller

Leistungen auf die Stammeinlage

ständen zu gewährenden Vergütung bewirkt wird, befreit den Gesellschafter von seiner Verpflichtung nur, soweit sie in Ausführung einer nach § 5 Abs. 4 Satz 1 getroffenen Bestimmung erfolgt.

Rdn.

Rdn. I. Einleitung 1. Allgemeines 2. R e f o r m II. G e b o t der gleichmäßigen H e r a n z i e h u n g (Abs. 1) 1. D a s Prinzip und seine Grenzen a) In gleicher H ö h e b) Z u r gleichen Zeit c) V o r r a n g des Gläubigerinteresses d) E i n z a h l u n g s - bzw. Einforderungsvoraussetzun!·,15,5 Mio DM UE £ 8,0 Mio DM UE >8,0 s 32,0 Mio DM UE >32,0 Mio DM ANs50 AN >250 AN>50 s 250 (§ 267 Abs. 1 HGB) (§267 Abs. 2 HGB)

(§267 Abs. 3 HGB)

Voraussetzung: Mindestens zwei der drei Merkmale liegen an den Abschlußstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren vor, im Falle der Verschmelzung, Umwandlung oder Neugründung ist allein der erste Abschlußstichtag nach der Verschmelzung, Umwandlung oder Neugründung maßgeblich (vgl. §264 Abs. 4 HGB). 1. Rechnungslegungsfrist:

2. Bestandteile der Rechnungslegung und Gegenstand der Rechnungslegungspflicht: 3. Bilanzform: Bilanzgliederung:

4. Form und Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung:

Spätestens inner- Innerhalb der ersten drei Monate des Geschäftshalb der ersten jahres für das vergangene Geschäftsjahr sechs Monate des (§264 Abs. 1 Satz 2 HGB) Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr (§ 264 Abs. 1 Satz 3 HGB) 1. Jahresabschluß: bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang 2. Lagebericht (§ 264 Abs. 1 Satz 1 HGB) Kontenf orm gemäß § 266 Abs. 1 Satz 1 HGB Aktivseite nach §266 Abs. 2 HGB Passivseite nach §266 Abs. 3 HGB jeweils gekürzt gem. § 266 Abs. 1 Satz 3 HGB

Aktivseite nach § 266 Abs. 2 HGB Passivseite nach § 266 Abs. 3 HGB

Staffelform nach dem Gesamtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren gemäß §§ 275 Abs. 1 und 277 Abs. 3 HGB Möglichkeit der Zusammenfassung der Posten im § 275 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 bzw. im Abs. 3 Nr. 1 bis 3 und 6 HGB zum Posten „Rohergebnis" (§ 276 HGB)

*) BS = Bilanzsumme UE = Umsatz erlöse A N = durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer in den 12 Monaten vor dem Abschlußstichtag Niehus/Scholz

661

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

83

Gem. § 264 Abs. 1 Satz 1 H G B obliegt es den gesetzlichen Vertretern der Kapitalgesellschaft, den Jahresabschluß aufzustellen. Gesetzlicher Vertreter der G m b H ist der Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1). Die Pflicht des Geschäftsführers (vgl. §§ 35-38 Rdn. 69) einer GmbH zur Aufstellung von Jahresabschluß (vgl. 75 ff) und Lagebericht (vgl. Rdn. 925 ff) kann als Folge der Vorschrift des § 29 gesehen werden, die den Anspruch der Gesellschafter auf den Jahresüberschuß normiert (vgl. § 29 Rdn. 6 f); denn die Ermittlung eines Jahresergebnisses erfolgt im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses, die an den internen Vorgang des Kontenabschlusses, soweit dieser lediglich Teil der Buchführung ist, anschließt. Die Aufstellung geht jedoch über die bloße technische Übernahme der Zahlen aus der Buchführung immer dort hinaus, wo es einen Spielraum für die Festlegung, Gruppierung oder Einordnung von Posten des Jahresabschlusses gibt. Mit der Aufstellung werden also bereits Vorentscheidungen gefällt über die Ausübung von Bilanzierungs-, Bewertungsund Gliederungswahlrechten (vgl. Rdn. 121 ff) und damit über den Einbehalt von Gewinn oder über eine der Voraussetzungen zur Gewinnverteilung (vgl. Castan 77, 209).

84

Die Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht ist gleichzeitig der erste Schritt im Rechnungslegungsverfahren (vgl. Rdn. 2).

85

Die Normen des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches sind grundsätzlich auf jeden Jahresabschluß anzuwenden, dessen Stichtag nach dem 31.12.1985 liegt (Art. 13 BiRiLiG). Zur Erleichterung der Umstellung hat der Gesetzgeber jedoch eine Ubergangsfrist bestimmt. Gem. Art. 23 Abs. 1 EinfG H G B sind die neuen Vorschriften über den Jahresabschluß und den Lagebericht sowie über die Pflicht zur Offenlegung erstmals auf das nach dem 31.12.1986 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. Beträgt das Geschäftsjahr ein Jahr, so ist der Jahresabschluß und ggf. der Lagebericht spätestens am 31.12.1987 auf das BiRiLiG bzw. auf das Dritte Buch des Handelsgesetzbuches umzustellen:

II. Aufstellungsfristen (§§ 243, 264 H G B ) 86

Nach altem Recht waren die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung für das verflossene Geschäftsjahr innerhalb der ersten drei Monate des nachfolgenden Geschäftsjahres aufzustellen (§41 Abs. 2 a.F.). Das GmbH-Gesetz verfügte damit wie das AktG 1965 in § 148 und das PublG in § 5 Abs. 1 über eine Spezialvorschrift für die Frist zur Aufstellung des Jahresabschlusses; nach § 41 Abs. 3 a.F. konnte die Aufstellungsfrist durch Gesellschaftsvertrag auf sechs Monate, in bestimmten Fällen sogar auf neun Monate verlängert werden. Voraussetzung war, daß die Bestimmung über die Fristerweiterung im Gesellschaftsvertrag enthalten war, ein einfacher Gesellschafterbeschluß 662

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

oder der Geschäftsführungsvertrag genügten nicht. Derartige Bestimmungen hatten, wenn sie nachträglich in den Gesellschaftsvertrag eingeführt wurden, keine rückwirkende Kraft (§ 54 Abs. 3; vgl. Goerdeler in Hachenburg § 41, 24), außerdem waren sie unwirksam, wenn sie gegen anders lautende zwingende Rechtsvorschriften, z.B. § 5 Abs. 1 PublG (sieht zwingend die Frist von drei Monaten vor), verstießen. Nunmehr sind die Aufstellungsfristen im H G B für alle Kapitalgesellschaf- 8 7 ten geregelt. Die Größe der jeweiligen Gesellschaft bestimmt künftig die Frist. Gem. § 264 Abs. 1 Satz 2 H G B müssen große und mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f), also auch G m b H s , ihren Jahresabschluß und ihren Lagebericht in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufstellen. Kleine Gesellschaften (vgl. Rdn. 78) dürfen ihren Abschluß und ihren Lagebericht auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht; spätestens müssen diese jedoch ihre Unterlagen innerhalb der ersten sechs Monate aufgestellt haben (§ 264 Abs. 1 Satz 3 H G B ) . Die Vorschriften in § 264 Abs. 1 Sätze 2 und 3 schließen als lex specialis die Generalnorm im § 243 Abs. 3 H G B aus, nach der ein Jahresabschluß innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen ist. Anders als im alten Recht können die im H G B vorgeschriebenen Fristen zur Aufstellung des Jahresabschlusses durch Gesellschaftsvertrag nicht verlängert werden. In Ubereinstimmung mit dem alten Recht gilt die Fristenregelung im H G B auch für Rumpfgeschäftsjahre. Zu den abweichenden Aufstellungsfristen bei Versicherungsunternehmen

vgl. Geib/Axer WPg. 86, 267 ff.

Ist eine Gesellschaft prüfungspflichtig, handelt es sich also um eine mit- 8 8 telgroße oder große Kapitalgesellschaft (vgl. Rdn. 79 f), so haben die gesetzlichen Vertreter der G m b H , also die Geschäftsführer, den Jahresabschluß und den Lagebericht unverzüglich nach ihrer Aufstellung den Abschlußprüfern vorzulegen (§ 320 Abs. 1 Satz 1 H G B ) . Was unter einem „aufgestellten Jahresabschluß" zu verstehen ist, wird im 8 9 Gesetz nicht näher geregelt; in der einschlägigen Literatur und in der Praxis wird der Begriff des „aufgestellten Jahresabschlusses" uneinheitlich definiert oder interpretiert. Keineswegs wird man soweit gehen dürfen und annehmen können, daß mit der Aufstellung sämtliche Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte (vgl. Rdn. 122 ff, 365 ff) sowie Gestaltungsfreiheiten in der Gliederung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ausgeschöpft seien (vgl. Rdn. 121). Wollte der Gesetzgeber dieses, hätte er die Geschäftsführer nicht zur Aufstellung, sondern zur Festlegung von Jahresabschluß und Lagebericht verpflichtet. Eine derartige Festlegung würde nicht nur unzumutbare AnfordeNiehus/Scholz

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

rungen an die Praxis stellen, sondern würde auch den Sinn der Abschlußprüfung verkennen. Denn jede Ausübung der genannten Wahlrechte und Freiheiten, die ggf. zu rechtfertigen ist, setzt umfangreiche wirtschaftliche Sachkenntnisse und das Wissen von Rechtsnormen ganz unterschiedlicher Art voraus, so daß sie verhältnismäßig viel Zeit erfordert und die Geschäftsführer deshalb auf Beratung angewiesen sind. Gerade die Praxis zeigt nämlich, daß es oft die Ergebnisse der Abschlußprüfung sind, die zur bestmöglichen Festlegung dieser Wahlrechte und Freiheiten beitragen. In der Auswertung der Ergebnisse der Abschlußprüfung zur Ausübung der Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte sowie der Gliederungs- und Gestaltungsmöglichkeiten für den Jahresabschluß ist ein Verstoß gegen die Unvereinbarkeit der Tätigkeit eines Abschlußprüfers, indem er die Bücher nicht führen und daraus den Jahresabschluß nicht aufstellen darf, den er anschließend prüft, nicht zu sehen (vgl. auch Vorschlag UEC-Empfehlung Nr. 8, WPg. 80,112). 90

Sinn dieser gesetzlichen Frist zur Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht ist demnach, sicherzustellen, daß spätestens drei Monate nach Beendigung des Geschäftsjahres die Jahresabschlußprüfung beginnen kann, also die „Prüfungsbereitschaft" der Gesellschaft hergestellt ist. Welche Voraussetzungen im einzelnen von der Gesellschaft geschaffen werden müssen, um prüfungsbereit zu sein, ist unterschiedlich zu beurteilen; die Beurteilungsmaßstäbe sind fließend. In jedem Fall, so wird man fordern dürfen, muß ein abgestimmter Entwurf des Jahresabschlusses (i.d.R. eine Saldenbilanz) sowie des Lageberichts so rechtzeitig vorgelegt werden, daß — unter Berücksichtigung der zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Prüfung erforderlichen Zeit — die Fristen für die Einladung zur Gesellschafterversammlung, auf der der Jahresabschluß von den Gesellschaftern festgestellt werden soll (vgl. § 42 a Abs. 2 n.F.), eingehalten werden können.

91

Besteht für eine Gesellschaft keine gesetzliche Prüfungspflicht, weil es sich um eine kleine Kapitalgesellschaft (vgl. Rdn. 8) handelt, gilt die oben genannte (vgl. Rdn. 87) erweiterte Frist zur Aufstellung des Jahresabschlusses und Lageberichtes; sie endet spätestens mit Ablauf der ersten sechs Monate nach Geschäftsjahresende.

92

Was inhaltlich in diesem Fall unter Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes zu verstehen ist, m.a.W., was im einzelnen die Geschäftsführer spätestens mit Ablauf der 6-Monatsfrist vorlegen müssen, damit der gesetzlichen Pflicht genügt ist, bringt auch in diesem Falle (vgl. dazu auch Rdn. 89) das Gesetz nicht expressis verbis zum Ausdruck. § 42 Abs. 1 n.F. fordert lediglich, daß der Jahresabschluß und der Lagebericht nach den §§ 242, 264 H G B aufzustellen sind. Der Inhalt dieser Rechnungslegungsunterlagen wird damit jedoch nicht festgelegt. Da die Geschäftsführer den Jahresabschluß und den Lagebericht unverzüglich nach dessen Aufstellung den Gesell664

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

schaftern zum Zwecke der Feststellung desselben (§ 42 a Abs. 1 Satz 1) oder, falls die Gesellschaft einen Aufsichtsrat hat, diesem die Unterlagen zum Zwecke der Prüfung vorzulegen haben (§ 52 Abs. 1 i.V.m. § 170 Abs. 1 AktG), muß davon ausgegangen werden, daß im aufgestellten Jahresabschluß die Geschäftsführer die gesetzlich bestehenden Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte sowie die Gestaltungsfreiheiten in der Gliederung des Jahresabschlusses abschließend ausgeübt haben. Das Recht der Gesellschafter, den ihnen zur Feststellung vorgelegten Abschluß ändern zu können (vgl. § 42 a Abs. 2), bleibt davon unberührt. Unbeschadet der Vorschrift, daß der Jahresabschluß und der Lagebericht 9 3 spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Geschäftsjahresende aufzustellen sind und unabhängig von einer statutarischen Frist, die innerhalb dieses Zeitraumes liegt, haben kleine Gesellschaften mbH den Jahresabschluß und den Lagebericht in einer einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen (§264 Abs. 1 Satz 3 HGB). Ob danach ein Abschluß sowie der Bericht rechtzeitig aufgestellt sind, ist nach den Verhältnissen des betreffenden Unternehmens und den billigerweise zu stellenden Anforderungen zu beurteilen. Es ist stets daran festzuhalten, daß es sich bei der Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes um eine vordringliche Arbeit handelt (vgl. Schlegelberger/Hildebrand/Steckmann § 38, 7b). Eine nicht zeitnahe Erstellung von Abschluß und Lagebericht stellt einen Verstoß gegen die GoB dar (vgl. Rdn. 104 ff; zu den Konsequenzen aus einer nicht ordnungsmäßigen Buchführung vgl. § 35-38 Rdn. 120, 159). Darüber hinaus stehen den Gesellschaftern, besonders den Minderheitsgesellschaftern, verschiedene Rechtsmaßnahmen zu, wenn die Geschäftsführer ihren Aufstellungspflichten nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen (vgl. Goerdeler in Hachenburg §41,23); daneben können sie Ansprüche aus den ihnen zustehenden Auskunftsrechten geltend machen (vgl. Schilling in Hachenburg § 46, 8). III. Geschäftsjahr (§ 240 H G B ) Der Jahresabschluß und der Lagebericht sind für das vergangene Geschäfts- 9 4 jähr aufzustellen, m.a.W., die Bilanz als Stichtagsrechnung ist also auf den Bilanzstichtag, den letzten Tag des vergangenen Geschäftsjahres, aufzustellen, während sich die Gewinn- und Verlustrechnung als Zeitraumrechnung sowie der Lagebericht (sein Inhalt erstreckt sich auch auf Vorgänge nach Schluß des Geschäftsjahres, vgl. § 289 Abs. 2 Nr. 1 und 2 H G B und Rdn. 925 ff) auf das betriebliche Geschehen im Laufe des vergangenen Geschäftsjahres beziehen. Der Anhang (vgl. Rdn. 846 ff) enthält sowohl Zeitpunkt- als auch zeitraumabhängige Ausführungen, da er die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung erläutert. Das Geschäftsjahr (steuerlich: Wirtschaftsjahr), das für eine Gesellschaft 9 5 mit beschränkter Haftung als eingetragenem Kaufmann nicht mit dem KalenNiehus/Scholz

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HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

derjahr übereinzustimmen braucht, ist die Periode zwischen zwei Bilanzstichtagen (vgl. Axel BB 8 5, 2211); es darf die Dauer von zwölf Monaten nicht überschreiten (§ 240 Abs. 2 Satz 2 HGB); d.h., daß einerseits der Beginn eines Geschäftsjahres mit dem ersten Kalendertag eines Jahres nicht übereinstimmen muß, andererseits die Länge eines Geschäftsjahres zwölf Monate nie überschreiten kann. 96

Handelsrechtlich können die Gesellschaften ihr Geschäftsjahr nach freiem Ermessen bestimmen und es beliebig wechseln. Gegen ein häufiges Wechseln sprechen jedoch die erforderliche Änderung des Gesellschaftsvertrages (vgl. § 54 Rdn. 3), organisatorische Gründe, die Kosten der Umstellung und vor allem steuerrechtliche Vorschriften (vgl. § 4 a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, § 8 b EStDV). Die Wahl des Geschäftsjahres selbst kann von unterschiedlichen Faktoren beeinflußt sein (z.B. betrieblich-organisatorischer, steuerlicher oder bilanzpolitischer Art). Traditionell weicht das Geschäftsjahr vom Kalenderjahr z.B. bei Zuckerfabriken (Stichtag 28. 2 oder 31.3.) oder Brauereien (30. 9.) ab. Grund f ü r ein abweichendes Geschäftsjahr eines Tochterunternehmens (vgl. Rdn. 956) kann z.B. ein entsprechender Bilanzstichtag der Muttergesellschaft (vgl. Rdn. 952) sein (vgl. Daniel BB 85, 2211).

97

Ein Geschäftsjahr von weniger als zwölf Monaten (ein Rumpfgeschäftsjahr) kann bei Gründung oder Auflösung einer Gesellschaft sowie bei Umstellung des Geschäftsjahres auftreten. Es erfaßt z.B. bei der Gründung einer Gesellschaft den Zeitraum vom T a g der Gründung (Stichtag der Eröffnungsbilanz, vgl. §§41, 42 Rdn. 33 ff) bis zum durch Satzung oder Gesellschaftsvertrag festgelegten Ende des ersten Geschäftsjahres, das innerhalb der Dauer eines Kalenderjahres liegen muß. Entsprechendes gilt bei der Auflösung einer Gesellschaft oder der Umstellung ihres Geschäftsjahres. Die Vorschrift über die Höchstdauer eines Geschäftsjahres von zwölf Monaten schließt u.a. auch folgende — nur als Beispiel angeführte — Regelung über die Dauer eines Geschäftsjahres aus, wie sie in einigen ausländischen Rechtsordnungen möglich ist: Das Geschäftsjahr läuft vom letzten Freitag im Dezember eines Jahres bis zum letzten Freitag im Dezember des Folgejahres, oder es umfaßt 52 Wochen und jedes 5. Jahr 53 Wochen (vgl. Niebus WPg. 70, 121). Dies ist wegen der unterschiedlichen Länge der Geschäftsjahre unzulässig.

IV. Z w e c k v o n Jahresabschluß und Lagebericht (§§ 2 4 3 , 2 6 4 H G B ) 98

Der nach den Vorschriften des GmbH-Gesetzes aufzustellende Jahresabschluß einschließlich des Lageberichts ist nicht Selbstzweck, sondern kann unterschiedlichen Zwecken dienen und wird somit Instrument zur Verfolgung verschiedener — nicht selten sich einander ausschließender — Ziele. 666

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

In erster Linie ist der Jahresabschluß Grundlage für die Ergebnisverwen- 9 9 dung; denn nach § 29 Abs. 1 haben die Gesellschafter Anspruch auf den Jahresüberschuß, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Darüber hinaus hat der Jahresabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln (§ 264 Abs. 2 HGB) und ist insofern für die Gesellschafter Informationsquelle zur Gewinnung der Daten, die bei der Entscheidung über die Verwendung des Jahresergebnisses Bedeutung erlangen. Dieser Aufgabe kann der Jahresabschluß aber nur gerecht werden, weil er das gesetzlich vorgeschriebene Instrument der Ergebnisermittlung ist (die Jahresbilanz ist eine Erfolgsbilanz, vgl. §§41,42 Rdn. 33). In dieser Funktion dient er mittelbar gleichzeitig der Realisierung von Renditeerwartungen oder -zielen, die die Gesellschafter mit ihren Anteilen an der G m b H verknüpfen bzw. zu erreichen suchen; denn mit der Aufstellung des Jahresabschlusses wird uno actu das Periodenergebnis bestimmt. Dazu müssen die Gesellschafter jedoch Einfluß auf die Aufstellung des Jahresabschlusses, der durch die Geschäftsführer zu erfolgen hat (vgl. §41, 42 Rdn. 15 ff), nehmen (vgl. §46 Rdn. 8 ff). Die Voraussetzung einer derartigen Einflußnahme auf die Gestaltung des Jahresabschlusses und damit auf das Periodenergebnis hat der Gesetzgeber in den sogenannten Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten (vgl. Rdn. 361 ff) geschaffen. In der Ausübung dieser Wahlrechte oder Bilanzierungsspielräume sind die Gesellschaften grundsätzlich frei. Zu beachten ist jedoch, daß die vom Gesetzgeber für den Jahresabschluß geforderte Klarheit und Übersichtlichkeit nicht verloren gehen (§ 243 Abs. 2 Satz 1 HGB). Ziel der Jahresbilanz ist folglich nicht die Vermögensbewertung, sondern die Gewinnermittlung (vgl. Grob StB-Jahrbuch 79/80, 129). Insoweit beschränkt sich heute die Aufgabe der Bilanz darauf, den verteilbaren Gewinn zu ermitteln (vgl. Moxter BB 84,1782). Wesentlicher Zweck des Jahresabschlusses (vgl. §§242 Abs. 1, 264 Abs. 1 100 Satz 1 HGB) und des Lageberichts (vgl. § 289 HGB) ist auch im gesetzlich vorgegebenen Rahmen die Rechenschaftslegung der Geschäftsführer einer GmbH. Zur Rechenschaft sind die Geschäftsführer den Gesellschaftern verpflichtet, da nach § 46 Ziff. 5 die Entlastung der Geschäftsführer, die i.d.R. auf dem Jahresabschluß einschließlich des Lageberichts basiert (vgl. § 46 Rdn. 24 ff), der Bestimmung durch die Gesellschafter unterliegt. Außerdem obliegt den Geschäftsführern eine Rechenschaftslegungspflicht Dritten (Gläubigern, Arbeitnehmern, potentiellen Anteilseignern) gegenüber, da diese einen unabdingbaren Anspruch auf Offenlegung u.a. des Jahresabschlusses und des Lageberichts — soweit es sich nicht um eine kleine Gesellschaft (vgl. Rdn. 78) handelt (vgl. § 325 Abs. 1 Satz 1 HGB) - oder - bei kleinen Gesellschaften — der Bilanz und des Anhangs haben (zum Begriff Anhang siehe Rdn. 846 ff). Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

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Weiterhin hat der Jahresabschluß Gläubigerschutzfunktion, denn namentlich die Bilanz ist Grundlage zur Beurteilung der Kapitalerhaltung (vgl. Goerdeler in Hachenburg § 42, 7). Nach den §§ 30, 43 und 43 a darf nämlich das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft nicht an die Gesellschafter ausgezahlt bzw. an die Geschäftsführer, andere gesetzliche Vertreter, Prokuristen und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte der Gesellschaft als Kredit gewährt werden. Die Bilanz ist in diesem Zusammenhang ein Instrument zur Sichtbarmachung der Schuldendeckung (vgl. Kupsch WPg. 77, 663, 665). Als ein solches Instrument ist sie auch in Verbindung mit der Feststellung zu sehen, ob die Hälfte des Stammkapitals verloren ist (§ 49 Abs. 3). Auch diese Vorschrift hat im weiteren Sinne Gläubigerschutzfunktion. Die Aufgabe der Bilanz, insbesondere die Vermögenslage der Gesellschaft darzustellen, steht hier also im Vordergrund. Zu der Frage, welche Bilanzierungsregeln zur Ermittlung der Vermögensverhältnisse im Sinne der §§ 30, 43 a und 49 G m b H G heranzuziehen sind, vgl. u.a. § 30 Rdn. 2 f.

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Der Jahresabschluß dient auch als Besteuerungsgrundlage (§8 KStG; § 5 EStG). Deshalb kommt in der Praxis der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (Maßgeblichkeitsprinzip, vgl. Rdn. 279 ff) und damit der Beachtung steuerrechtlicher Sondervorschriften bei der Aufstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses eine besondere Bedeutung zu. Durch diese Verbindung (Verzahnung) erhält die Rechnungslegung des Kaufmanns und damit auch der G m b H ihre besondere Aktualität.

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Diese Zwecksetzungen und Aufgabenstellungen, denen der Jahresabschluß unterliegt bzw. die er erfüllen soll, stehen grundsätzlich gleichrangig nebeneinander; ihre Realisierung bedingt aber gleichwohl nicht die gleichen Anforderungen an die Bilanz und führt nicht immer zum gleichen Bilanzergebnis (so Goerdeler in Hachenburg § 42, 8 mit Bezug auf Kropff in G e ß l e r / H e f e r mehl/Eckardt/Kropff 5 149, 98). Daher haben die den Jahresabschluß aufstellenden Geschäftsführer Prioritäten bei der Verfolgung einzelner Zwecke zu setzen. In der Setzung von Haupt- und Nebenzwecken, die bei der Bilanzierung beachtet werden sollen, sind die Geschäftsführer grundsätzlich frei; sie haben jedoch den vom Gesetz geschaffenen Bilanzierungsrahmen (§ 264 Abs. 2 HGB) zu beachten und sind darüber hinaus an die die Bilanzierung betreffenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages (vgl. § 3 Rdn. 19 ff) sowie an entsprechende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung (vgl. § 29 Rdn. 6 ff) gebunden.

V. Die Grundsätze für die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts 104

1. Begriff und Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Der neue § 42 enthält, wie sein Vorgänger, die alte Fassung des § 42, nur we668

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nige detaillierte Rechnungslegungsvorschriften; im übrigen sind die Bestimmungen der §§238 ff H G B anzuwenden. Für die Aufstellung des Jahresabschlusses sowie des Lageberichts einer G m b H sind also die §§ 242 ff H G B als lex generalis zu beachten (vgl. Rdn. 1). In § 264 Abs. 2 H G B hat der Gesetzgeber für Kapitalgesellschaften, also auch für die G m b H , eine Generalklausel f ü r den Inhalt des Jahresabschlusses geschaffen, indem er verlangt, daß der Jahresabschluß unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln hat. Die Verweisung auf die GoB wird deswegen beibehalten, weil sie sich im 1 0 5 alten Recht (z.B. § 38 H G B a.F., § 149 AktG 1965) bewährt haben (vgl. Begr. zum RegEntw, 76). Der Verweis hat zur Folge, daß es im Prinzip für die Bilanzierung keinen gesetzlichen Freiraum gibt, denn dort, wo f ü r die Bilanzierung auch im H G B keine Regelungen geschaffen sind, gelten die GoB. Die GoB sind die Regeln, nach denen der Kaufmann zu verfahren hat, um 1 0 6 zu einer dem gesetzlichen Zweck entsprechenden Bilanz zu gelangen (vgl. BFH BStBl. 67 III, 607). Zur Rechtsnatur der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung vgl. §§ 41, 42 Rdn. 30 ff. Die GoB konkretisieren sich in formellen Grundsätzen ordnungsmäßiger 1 0 7 Buchführung sowie in materiellen Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätzen, die generell für die Erstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts gelten. Sie schlagen sich in ganz speziellen und begrenzt greifenden Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften (-anweisungen) nieder. Die Buchführungsgrundsätze sind bei der Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle, die Bilanzierungsgrundsätze sind bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zu beachten.

2. Bilanzierungsgrundsätze a) Generalklausel. Der in der Vorschrift des § 264 Abs. 2 Satz 1 H G B nor- 1 0 8 mierte Grundsatz, der sinngemäß mit Artikel 2 Abs. 3 der 4. EG-Richtlinie übereinstimmt, stellt für die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften der Kapitalgesellschaften, somit auch f ü r die G m b H , eine Generalklausel dar, vergleichbar der Vorschrift des §149 Abs. 1 AktG 1965, die den Einzelvorschriften f ü r den Jahresabschluß einer Aktiengesellschaft voransteht. Sie fordert, daß der Jahresabschluß „im Rahmen der Bewertungsvorschriften einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft" geben muß. Für die handelsrechtliche Bilanzierungspraxis stellt das Arbeiten mit einer Generalklausel also kein Novum dar. Sie wird vom Gesetzgeber oft verwandt, um durch eine allgemein gehaltene Formulierung möglichst viele Tatbestände zu erfassen. Dadurch soll der Gesetzeswortlaut von der Belastung mit detailNiehus/Scholz

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Herten Merkmalen freigehalten, zugleich aber die Gefahr ungewollter Einengung des Anwendungsbereichs vermieden werden (vgl. Creifelds 81, 476). 109

Die Generalklausel ist zur Auslegung von Vorschriften — hier bei der Auslegung von Vorschriften zur Rechnungslegung — und zur Schließung von Lücken in den gesetzlichen Regelungen heranzuziehen. Sie steht nicht in dem Sinne über der gesetzlichen Regelung, daß sie es erlauben würde, den Jahresabschluß in Abweichung der gesetzlichen Vorschriften zu bestimmen (vgl. Begr. zum RegEntw, 76; Forster DB 82, 1578; Müller ZfbF 82, 249; Goerdeler ZfbF 82,243). Die Existenz der Generalklausel zwingt dazu, abschließend eine Beurteilung des Jahresabschlusses als Ganzes vorzunehmen. Folgende Anforderungen hat der Jahresabschluß zu erfüllen (vgl. Leffson ZfB 86, 31 f). (1) Vermittlung einer klaren Vorstellung durch die Jahresabschlüsse mehrerer Geschäftsperioden. (2) Erkennbarkeit der Entwicklungstendenz bei verzögerter Darstellung unter Beachtung der Bilanzierungsvorschriften. (3) Vermittlung keiner völlig falschen Vorstellung bei wörtlicher Anwendung der Bilanzierungsvorschriften.

Diese Forderungen sollen u.E. sicherstellen, daß bei einem Unternehmen, dessen Lage sich verschlechtert, die Verschlechterung auch aus dem Jahresabschluß ersichtlich ist. 110 Die Forderung nach einem die tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschaft darstellenden Abschluß ist allen anderen Anforderungen an den Jahresabschluß übergeordnet. In der Regel wird ihr jedoch keine selbständige Bedeutung zukommen, um dieses Merkmal zu erfüllen; es genügt im allgemeinen, daß die generellen Vorschriften beachtet werden. Daß die Erwähnung der GoB in diesem Grundsatz keine inhaltliche Einschränkung der Generalklausel, sondern schlicht eine Tautologie bedeutet, ist bereits festgestellt worden (vgl. Niehus DB 79, 225; Tubbesing AG 79, 91 ff). Denn der Jahresabschluß ist schon aufgrund der Vorschrift in § 243 Abs. 1 HGB, die f ü r alle Kaufleute gilt, nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen und muß nach Abs. 2 dieser N o r m klar und übersichtlich sein. 111

Fraglich kann sein — ein Normenvergleich mache dies deutlich —, ob sich durch den geänderten Wortlaut der Generalklausel der Bedeutungsgehalt verändert hat. Nach § 149 Abs. 1 AktG 1965 hat der Jahresabschluß im Rahmen der Bewertungsvorschriften einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögensund Ertragslage der Gesellschaft zu geben. Nach § 264 Abs. 2 H G B hat der Jahresabschluß der Kapitalgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen670

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des Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln. Führen besondere Umstände dazu, daß der Jahresabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Satzes 1 nicht vermittelt, so sind im Anhang zusätzliche Angaben zu machen. Kein Unterschied zwischen den Generalklauseln kann aus der nunmehr 1 1 2 fehlenden Abgrenzung „im Rahmen der Bewertungsvorschriften" hergeleitet werden, da diese nicht von der Anwendung der übrigen Gesetzesbestimmungen des H G B , also auch der Bewertungsvorschriften, entbinden (vgl. Begr. zum RegEntw 76). Ein Unterschied könnte jedoch darin gesehen werden, daß statt eines „möglichst sicheren Einblicks" nunmehr „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild" (a true and fair view) vermittelt werden soll. „ T r u e and fair view" ist jedoch nach langjähriger englischer Übung nicht ein absolut richtiges Bild, sondern nur ein solches, das so objektiv wie möglich innerhalb der Grenzen der in England herrschenden Bilanzierungsgrundsätze vermittelt werden kann (vgl. Lee 73, 311, in der Übersetzung von Niehus DB 79, 224). Damit ist deutlich, daß die neue Formulierung „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild" dem „möglichst sicheren Einblick" des § 149 Abs. 1 AktG 1965 entspricht. Stellt man außerdem die in England zu beachtenden Konventionen den deutschen GoB gleich (vgl. Herber StB Kongreß Report 79, 221; auch Niebus DB 79, 224), wird ersichtlich, daß die Formulierung in § 264 Abs. 2 Satz 1 H G B „unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung" keine einschränkende Bedeutung hat, sondern daß ihr Klarstellungsfunktion zukommt (vgl. schon Niehus a a O und WPg. 81, 2; Tubbesing AG 79, 91 ff; a.A. Schruff 83, 311; v. Wysocki BB 83, 99. Dieses Auslegungsergebnis wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte 1 1 3 der 4. EG-Richtlinie, auf der die deutsche Generalklausel beruht. Da nach Auffassung der Richtlinienverfasser die GoB anzuwenden sind, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu vermitteln, war eine Bezugnahme in Art. 2 Abs. 3 der 4. EG-Richtlinie unterblieben (vgl. Begr. zum geänderten Vorschlag einer 4. EG-Richtlinie vom 26. 2. 73, zitiert bei Luik 81, 54). Legt man darüber hinaus mit der h.M. den Einblick „in die Vermögenslage" 1 1 4 des § 149 Abs. 1 Satz 2 AktG 1965 als einen solchen in die „Vermögens- und Finanzlage" aus (vgl. z.B. Luik a a O 55; Begr. RegEntw, 76; Forster DB 82, 1578; Müller Z f b F 82, 249; Goerdeler Z f b F 82, 243; a.A. wohl Stein ZfbF 85, 760: „Jahresabschlüsse müssen allgemein richtig sein"), so besteht zwischen § 264 Abs. 2 Satz 1 H G B und $ 149 Abs. 1 Satz 2 AktG 1965 kein Unterschied (vgl. auch Begr. zum RegEntw, 76; auch Schult FR 81, 235; Herber StB Kongreß Report 79, 228; Eisele BB 82, 1026; Gross/Schruff 86, 73). Wie bisher wird das „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild" durch Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen und der GoB ermittelt. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

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Dennoch ist für die Zukunft zu bedenken, daß, sollte es einmal vor dem Europäischen Gerichtshof zu einem Streit über den Begriff „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage" kommen, auch ausländische Kriterien herangezogen werden könnten (vgl. NiekusWVg. 86,118).

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Darzustellen ist die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. In dieser Aufzählung ist keine Rangordnung der zu vermittelnden Informationen zu sehen. Die Regel wird jedoch sein, daß abhängig von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens in der Abschlußperiode, von der Branche oder der Größe des Unternehmens unterschiedlich tiefe und breite Ausführungen gemacht werden müssen, ggf. von Jahr zu Jahr im Schwerpunkt wechselnd.

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Zu der Vermögenslage eines Unternehmens sollten der U m f a n g und die Zusammensetzung des im Unternehmen eingesetzten Vermögens sowie die Quellen dargestellt werden, aus denen die im Unternehmen gebundenen Mittel herrühren. Bei den Quellen ist die Trennung von Eigen- und Fremdkapital insofern von besonderer Bedeutung, als auf diese Weise festgestellt werden kann, ob ein Unternehmen eine sog. Unterbilanz ausweist, überschuldet ist oder sich in ordentlichen wirtschaftlichen Verhältnissen befindet. Instrument dieser Darstellung ist die Vermögensübersicht, die Bilanz. Sie ist jedoch stichtagbezogen und damit in ihrer Aussagekraft eingeschränkt; ein besonderes Gewicht kommt daher den zur Darstellung der Vermögenslage einschlägigen Angaben in Anhang zu.

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Die ausdrückliche Hervorhebung der Finanzlage in der Rechtsnorm ist neu gegenüber den aktienrechtlichen Vorschriften. Damit werden keine grundsätzlich neuen Anforderungen an den Jahresabschluß gestellt, doch wird das Erfordernis der Darstellung der Finanzlage deutlicher in das Bewußtsein gerückt. Die Betriebswirtschaftslehre versteht darunter die Gesamtheit aller Aspekte, die sich auf die Finanzierung, Deckungsverhältnisse, Fristigkeiten, Finanzierungsspielräume, Investitionsvorhaben, schwebende Bestellungen und Kreditlinien der Unternehmen beziehen. Instrument zur Darstellung der Finanzlage kann eine Kapitalflußrechnung (Finanzierungsrechnung) sein. In der Protokollerklärung des Rates und der Kommission zur 4. EG-Richtlinie vom 18. 7. 78 zu Art. 2 Abs. 6 ist festgestellt, daß die Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften ermächtigt sind, in ihren nationalen Rechnungslegungsvorschriften die Aufstellung einer Kapitalflußrechnung zu verlangen. Die Bundesregierung hat von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht, so daß auch künftig dieses Instrument nicht regelmäßig vorliegen wird. Unabhängig von einer Kapitalflußrechnung kommt die Finanzlage u.a. in folgenden Ausweispflichten zum Ausdruck (vgl. Schult F R 81, 237): — Ausweis von Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr (bisher nur bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen); 672

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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— Ausweis von Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr (bisher nur bei Gesamtlaufzeiten von mindestens 4 Jahren und innerhalb dieser Gruppe bei Restlaufzeiten von weniger als vier Jahren erforderlich); — Einbindung des Bilanzgewinnes in das Eigenkapital; — getrennter Ausweis von geleisteten Anzahlungen nach Zugehörigkeit zum Anlage- oder zum Vorratsvermögen; — getrennter Ausweis von Steuerrückstellungen; — gesonderter Ausweis von Steuer- sowie der sozialen Verbindlichkeiten; — Angabepflicht des Gesamtbetrages der sonstigen finanziellen Verpflichtungen, die nicht in der Bilanz erscheinen und die auch nicht nach § 2 5 1 H G B anzugeben sind, sofern diese Angabe für die Beurteilung der Finanzlage von Bedeutung ist (§ 285 Nr. 3 H G B ) ; kleine G m b H s (vgl. Rdn. 78) sind jedoch von dieser Angabepflicht befreit (5 2 8 8 Satz 1 H G B ) ; — Angabepflicht von nicht passivierten Verpflichtungen aus Pensionszusagen (vgl. Art. 28 Abs. 2 EinfG H G B ) . Diese Verpflichtungen dürfen nicht in den Gesamtbetrag nach § 285 Nr. 3 H G B einbezogen werden. Gegenstand der Ertragslage sind Informationen über H ö h e und Zustandekommen des Erfolges (Gewinn oder Verlust der abgelaufenen Rechnungsperiode. Primäres Instrument dieser Darstellung ist die Gewinn- und Verlustrechnung mit ihren zeitraumbezogenen Einzelposten. Darüber hinaus sind im Anhang zahlreiche Angaben zu machen, die insgesamt eine Beurteilung der betrieblichen Ertragskraft zulassen sollen. D a nur aus der Ertragslage Rückschlüsse der Unternehmung auf ihre Ertragsentwicklung gezogen werden können, kommt diesem Teil der Darstellung der Lage der Unternehmung besondere Bedeutung zu.

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Die tatsächlichen Verhältnisse (vgl. Rdn. 110 ff) haben auf die individuelle 1 2 0 Lage der Gesellschaft abzuheben. Sie werden ermittelt durch die Ausübung von formellen (vgl. Rdn. 121) und materiellen (vgl. Rdn. 122) Wahlrechten, besonders durch die Beachtung bestimmter Bilanzierungsgrundsätze (vgl. Rdn. 108 ff) für die Aufstellung des Jahresabschlusses, die jedoch nicht immer gegeben sein müssen, d.h., durch besondere Umstände (Bilanzierungssituation) außer Kraft gesetzt sein können (vgl. Rdn. 123 ff). Die Ausübung von formellen Wahlrechten, d. h. Ausweiswahlrechten (vgl. 1 2 1 Rdn. 361), wird immer an der allgemeinen Forderung nach einer klaren und übersichtlichen Abschlußdarstellung gemessen werden müssen. Dies gilt u.a. dort, w o ein Wahlrecht besteht, Abschlußposten zusammenzufassen, Informationen aus der Bilanz oder aus der Gewinn- und Verlustrechnung in den Anhang zu verlagern. Aber auch dort, wo eine einmal gewählte Ausweisform gewechselt wird, ist die Verletzung der grundsätzlich vorgeschriebenen Stetigkeit nur zulässig, wenn sie unter dem Gesichtspunkt eines klaren und übersichtlichen Abschlusses gerechtfertigt werden kann (vgl. Jonas 80, 37). Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Die Ausübung der materiellen Wahlrechte erfolgt dagegen nicht im Rahmen eines allgemeinen Grundsatzes wie des „true and fair view", weil es keinen allgemeinen Maßstab gibt, aus dem sich ableiten ließe, was hierunter im konkreten Fall zu verstehen ist. Vielmehr ist die Ausschöpfung von materiellen Wahlrechten in das Ermessen und in die Interessenlage des bilanzierenden Kaufmanns gestellt, wobei die gesetzlichen Bewertungsvorschriften einschließlich der GoB den einzuhaltenden Rahmen bilden. „Daraus folgt, daß wie bisher auch in Zukunft jeder gesetzlich zulässige Bilanzansatz gewählt werden darf und daß nicht geprüft werden muß, welcher von zwei oder mehreren zulässigen Ansätzen den tatsächlichen Verhältnissen am nächsten kommt" (Wöhe DStR 85, 720; a.A. Ordelheide G m b H 86,12). So kann beispielsweise — eine Abwertung von Finanzanlagen auf einen nur am Bilanzstichtag vorübergehend gegebenen niedrigeren Tageswert, — der Ansatz von Herstellungskosten im Anlage- und Umlaufvermögen zu Teilkosten, — eine Bewertung bestimmter Vermögensteile zu Festwerten oder — die Übernahme steuerlicher Bewertungserleichterungen in die Handelsbilanz auch dann erfolgen, wenn dies unter dem Gesichtspunkt eines periodengerechten Ergebnisses zweifelhaft erscheinen mag (vgl. Jonas 80, 38).

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Einschränkungen in der Ausübung der Bewertungswahlrechte ergeben sich nur bezüglich der Art und Weise, in der die Wahlrechte in Anspruch genommen werden. Deshalb hat die erstmalige Ausübung eines Wahlrechts ordnungsgemäß zu erfolgen und zwar in bezug auf den Nachweis der betreffenden Bewertungsgrundlage und des Ausschlusses von Willkür bei der Anwendung von Wahlrechten. Hinsichtlich der Wahl muß in den Folgejahren Stetigkeit gewahrt sein und über die Auswahl von Bilanzierungs- und Bewertungsalternativen muß angemessen berichtet werden (vgl. Jonas 80, 39 ff; zur Berichterstattung im Anhang vgl. Rdn. 864).

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Führen besondere Umstände im Sinne des § 264 Abs. 2 Satz 2 H G B dazu, daß der Jahresabschluß trotz Anwendung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Unternehmung nicht vermittelt, so sind im Anhang zusätzliche Angaben zu machen (§ 264 Abs. 2 Satz 2 H G B ; vgl. Rdn. 846 ff). Welche besonderen Umstände der Handelsgesetzgeber in dieser Vorschrift im einzelnen erfassen wollte, wird in dieser Auffangklausel nicht weiter ausgeführt. Anhaltspunkte ergeben sich jedoch aus der Begründung zum Regierungsentwurf. Besondere Umstände liegen danach vor, wenn aufgrund dieser Gegebenheiten der Jahresabschluß eines bestimmten Unternehmens bei Anwendung der vorgenannten Gründe hinter der Aussagekraft eines Jahresabschlusses der anderen Kapitalgesellschaften oder des in Rede stehenden Unter674

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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nehmens unter normalen Verhältnissen zurückbleibt (vgl. Begr. zum RegEntw. 76). Ein solcher Anwendungsfall ist u.E. bei mehrjähriger Fertigung gegeben, wenn endgültige Teilabrechnungen nicht erteilt worden sind und der Gewinn aus dieser Produktion nicht unerheblich ist. Werden Teilgewinne in diesem Fall zulässigerweise nicht ausgewiesen (vgl. Rdn. 186), wird die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu ungünstig dargestellt. Ist die mehrjährige Fertigung Hauptgegenstand der Unternehmung (z.B. Schiff-, Anlagebau), müßte diese Unternehmung in den Jahren der Herstellung laufend Verluste ausweisen, während sie im Jahr der Fertigstellung bei unzweifelhaftem Wert der Forderung einen außerordentlich hohen Gewinn ausweisen würde, der in mehreren Jahren erwirtschaftet worden ist. Ohne entsprechende Angaben bleibt der Aussagegehalt des Jahresabschlusses dieses Unternehmens hinter dem anderer Unternehmen mit kontinuierlicher Gewinnrealisierung ohne Zweifel erheblich zurück, so daß gem. § 264 Abs. 2 Satz 2 H G B die Unternehmung verpflichtet ist, im Anhang über die Sondersituation zu berichten. Besondere Umstände können sich auch aus Geldwertveränderungen, insbesondere in Inflationszeiten ergeben. In diesem Zusammenhang wird der Fall erwähnt (Biener BFuP 79, 5), daß wesentliche Gewinnanteile eines deutschen Unternehmens aus einer Betriebsstätte in einem ausländischen Staat mit hoher Inflationsrate stammen. Auch Währungsumstellungen, wie z.B. die von Reichsmark in D M am 21. 6. 1948, sind besondere Umstände i.S. des § 264 Abs. 2 Satz 2 H G B . Sie würden den üblichen Aussagegehalt eines Jahresabschlusses erheblich beeinträchtigen, wenn keine diesbezüglichen Angaben im Anhang gemacht würden. Bei sich wandelnden wirtschaftlichen Verhältnissen können auch Teilliquidationen von Werken oder Betriebsabteilungen (derzeit z.B. in der Stahl-, Werftindustrie) bei Unternehmen, die nach dem going-concern-prinzip bilanzieren (vgl. Rdn. 169 f), dazu führen, daß im Rahmen des § 264 Abs. 2 H G B auf diese besonderen Umstände hinzuweisen ist. Prinzipiell kommt also die Vorschrift im § 264 Abs. 2 Satz 2 H G B dann zum Tragen, wenn die G o B einen Sachverhalt nicht erfassen und der Aussagewert des Jahresabschlusses hinter den üblichen Standard zurückfallen würde (Bsp.: Fall der mehrperiodischen Fertigung, bei dem die G o B keine Aufklärung darüber geben, ob die Teilgewinne aktiviert werden müssen, vgl. Rnd. 186). Auf keinen Fall ist es nach Satz 2 gerechtfertigt, zusätzliche Angaben zu verlangen, wenn ein Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung einen Sachverhalt eindeutig regelt, wie z.B. das Anschaffungskostenprinzip; d.h., die nach einer Aktivierung eines Vermögensgegenstandes auf ihn entfallenden stillen Reserven brauchen nicht nach § 264 Abs. 2 Satz 2 H G B offengelegt werden, denn auch nach der Bestimmung des § 264 Abs. 2 Satz 1 H G B ist ein unter Anwendung der G o B zustande gekommenes Bild der Unternehmung zu liefern. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Welche „zusätzlichen Angaben" i.S. der Generalklausel im Anhang zu machen sind, hat der Gesetzgeber ebenfalls nicht ausgeführt; ein besonderer Inhalt oder eine besondere Form sind nicht vorgeschrieben. Diese Ausnahmevorschrift kann aber mangels besonderer Umstände (vgl. Rdn. 124) nicht dazu benutzt werden, besondere Anforderungen an die Berichterstattung der Unternehmung im Rahmen des normalen Geschäftsverlaufs zu stellen. Z.B. ergibt sich hieraus kein grds. Ansatzpunkt zur Forderung nach einer Substanzerhaltungsrechnung oder zu einem gesonderten Ausweis der aus Bewertungsvorgängen stammenden Aufwendungen und Erträge in der Ergebnisrechnung (vgl. Jonas 80, 47 m.w.M.); etwas anderes könnte sich allerdings in Inflationszeiten ergeben (vgl. Ordelheide G m b H R 86,12).

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b) Grundsatz der Wesentlichkeit. Mit dem Grundsatz des „true and fair view", der sich in der Generalklausel des § 264 Abs. 2 H G B niedergeschlagen hat (vgl. Rdn. 108 ff), ist der Begriff der „materiality" oder Wesentlichkeit untrennbar verbunden. Bisweilen wird dieser Grundsatz als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung angesehen (vgl. z.B. Ausschußbericht 115; a.A. aber Helmrich G m b H R 86, 8). Der Gesetzgeber hat den Grundsatz der Wesentlichkeit in einzelnen Normen des Bilanzrichtlinien-Gesetzes in unterschiedlichen Qualifikationen ausgeformt (vgl. Niehus WPg. 81, 1). So werden im H G B an verschiedenen Stellen und in unterschiedlichen Zusammenhängen die Adjektive „wesentlich" (z.B. §255 Abs. 2, § 285 Nr. 9 c HGB) oder „nicht erheblich", „erheblich", „nicht unerheblich" (z.B. § 265 Abs. 7, § 284 Abs. 2, § 285 Nr. 12 HGB), aber auch die Begriffe „untergeordnete", „besondere", „nachrangige Bedeutung" (z.B. § 286 Abs. 3, § 289 Abs. 2 Nr. 1, § 240 Abs. 3 HGB) verwendet. Ohne diese Ausdrücke nach ihrer Gewichtigkeit beurteilen zu wollen, ist festzustellen, daß sie auf den Grundsatz der Wesentlichkeit verweisen. 128 Wesentlichkeit besagt, daß alle einzelnen Sachverhalte, die die Rechnungslegung berühren und für die vorgesehenen oder gedachten Empfänger der Jahresabschluß-Informationen von Bedeutung sein können, im Jahresabschluß berücksichtigt werden und aus den Jahresabschlußunterlagen hervorgehen müssen. „Wesentlich" sind alle Tatbestände, ohne deren Kenntnis z.B. ein Investor oder ein Lieferant auf der Grundlage des Jahresabschlusses anders entschieden hätte. Unwesentliches, z.B. kleine Unstimmigkeiten oder Verwerfungen, dürfen — sofern die Informationen noch ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermitteln — vernachlässigt werden. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen. Dabei ist auf sämtliche Umstände abzustellen, die für die Beurteilung von Bedeutung sind. Deshalb kommt es bei der Frage der Wesentlichkeit nicht nur auf die Größe des Betrages, sondern auch auf die sich ergebenden Auswirkungen an. Wesentlichkeit wird z.B. bei den zu beurteilenden Erträgen einer Gesellschaft 676

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immer dann zu bejahen sein, wenn die vorgeschlagene Gewinnausschüttung vollständig oder teilweise nur wegen dieser Erträge möglich ist oder nur auf diese Weise ein Verlustausweis vermieden werden kann. Umgekehrt sind bei Aufwendungen Fälle denkbar, in denen wegen dieser Aufwendungen die Gewinnausschüttung im Vergleich zu früheren Jahren niedriger ausfallen muß oder nur aus diesem Grunde Verluste ausgewiesen werden. Anhaltspunkte liefern auch der nicht beschlossene § 270 Nr. 3 Satz 2 RegEntw eines Handelsgesetzbuches oder § 160 Abs. 2 letzter Satz AktG 1965. Danach war im RegEntw vorgeschlagen, die Bewertungsänderungen im Anhang anzugeben, wenn diese 10 vom Hundert des Jahresergebnisses ausmachten oder im AktG vorgeschrieben, daß ein Betrag von 0,5 % des Grundkapitals als weiterer Hilfsmaßstab zur Bestimmung der Wesentlichkeit heranzuziehen war. Kennzeichnend ist, daß in der Literatur zur Beurteilung der Wesentlichkeit i.d.R. zwei — auf die jeweilige Beurteilungssituation abgestimmte — Bezugsgrößen angeführt werden, die je für sich oder beide zusammen erfüllt sein müssen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die relative Unbestimmtheit des Grundsatzes der Wesentlichkeit unter der Generalnorm des § 264 Abs. 2 H G B im deutschen Rechnungswesen, und hier vor allem für die rechnungsiegenden Gesellschaften, ein noch ungelöstes Problem ist (vgl. Niehus WPg. 81, 13). Im Art. 24 Abs. 6 EinfG H G B hat der Gesetzgeber u.E. erstmals mit den Worten: „nicht ohne unverhältnismäßige K o s t e n . . . feststellbar" den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (vgl. Leffson 82, 166) in die Rechnungslegungsvorschriften aufgenommen (vgl. Rdn. 1037). c) Bilanzwahrheit. Das Prinzip der Bilanzwahrheit stellt einen problemati- 129 sehen Bilanzierungsgrundsatz dar, denn Wahrheit ist ein ethischer Wert, der Anspruch auf absolute Geltung hat. Da sich die Auffassung durchgesetzt hat, daß es keinen Bilanzansatz gibt, der als objektiv oder absolut wahr und damit als der einzig mögliche angesehen werden kann, wird — will man keine „unwahren" Bilanzen aufstellen — der Begriff der Bilanzwahrheit oft durch Begriffe wie Richtigkeit, Wahrhaftigkeit oder Zweckmäßigkeit ersetzt (vgl. Wöhe 84, 185 f). Leffson (82, 181) ersetzt — in Anerkennung, daß der Begriff der Wahrheit besser philosophischen Fragestellungen vorbehalten bleiben soll — das Prinzip der Wahrheit durch den sachbezogenen „Grundsatz der Richtigkeit" und den personenbezogenen „Grundsatz der Willkürfreiheit". Er berücksichtigt damit gleichzeitig, daß bei der Bildung der Posten des Jahresabschlusses diese sich wohl dem Inhalt nach eindeutig als richtig oder falsch kennzeichnen lassen, ihre Werte aber nur als Ergebnis eines Wahrscheinlichkeitskalküls ausgedrückt werden können. Da im Bereich des Jahresabschlusses teils objektive, teils subjektive Wahrscheinlichkeiten vorliegen, formuliert Leffson für die in den Jahresabschluß eingehenden subjektiven Erwartungen den Grundsatz der Willkürfreiheit (subjektive Wahrhaftigkeit), der also der unvermeidlichen Subjektivität bei der Abschlußerstellung Rechnung trägt, daNiehus/Scholz

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neben den Grundsatz der Richtigkeit als Übereinstimmung von Aussage und Wirklichkeit im Hinblick auf die bei der Darstellung realer Tatbestände geltenden N o r m e n (vgl. Leffson 82, 180). 130

Der Grundsatz der Richtigkeit (vgl. §§ 41, 42 Rdn. 43) fordert, daß die Posten des Jahresabschlusses aus den in der Buchführung erfaßten Geschäftsvorfällen rechnerisch richtig entwickelt worden sind und sich ihre Bezeichnung mit dem Inhalt der Position deckt. Der Jahresabschluß darf danach nichts Falsches enthalten. Aktiva und Passiva, Aufwendungen und Erträge müssen vollständig erfaßt sein. Kein Vermögensgegenstand, keine Verbindlichkeit darf außer Ansatz bleiben. Selbst bei vollständiger Abschreibung müssen die Aktiva mit einem Erinnerungswert in die Bilanz eingesetzt werden (vgl. Rdn. 151). Es dürfen keine Vermögensgegenstände und Schulden hinzuerfunden, fingiert werden (Knobbe-Keuk 85,22).

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Mit dem Grundsatz der Willkürfreiheit ist gefordert, daß von der Person des Bilanzierenden keine Bilanzmanipulationen, z.B. zur Beeinflussung des Urteils der Bilanzadressaten zum Bilanzstichtag, vorgenommen werden dürfen, sogenanntes „window dressing". Darüber hinaus beinhaltet dieser Grundsatz, daß ein Bilanzierender im Zweifel aus verschiedenen Wertansätzen den Wert wählen soll (ggf. zu schätzen hat), der seiner persönlichen Überzeugung entspricht (vgl. Leffson 82, 108 ff); dabei wird er den mit dem Jahresabschluß zu realisierenden Zweck, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln, nicht unbeachtet lassen können (vgl. Wöhe 84, 178, mit einigen kritischen Bemerkungen dazu).

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d) Bilanzklarheit und Übersichtlichkeit. Dieser Grundsatz läßt sich unmittelbar aus § 243 Abs. 2 H G B (bisher schon aus § 149 Abs. 1 Satz 2 AktG 1965) ableiten, der fordert, daß der Jahresabschluß klar und übersichtlich aufzustellen ist. Während die Grundsätze der Richtigkeit und der Willkürfreiheit (vgl. Rdn. 129 ff) auf den materiellen Gehalt des Jahresabschlusses abstellen, beinhaltet der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit die Forderung nach formeller Richtigkeit des Jahresabschlusses.

133

Der Klarheit und Übersichtlichkeit wird im Jahresabschluß entsprochen, wenn die Bezeichnung der einzelnen aktiven und passiven Posten in der Bilanz' (vgl. Rdn. 399 ff) sowie der einzelnen Aufwands- und Ertragsposten in der Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. Rdn. 752 ff) verständlich und ihrer Art nach eindeutig, also zutreffend ist. Verständlichkeit besagt, daß die Darstellung niemanden irreführt, der mit der Buchführung und dem Jahresabschluß vertraut ist (vgl. Coenenberg 84, 44). Verständlich dürfte ein Jahresabschluß immer dann sein, wenn folgende, 678

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diesen allgemeinen Grundsatz konkretisierende Vorschriften bei seiner Erstellung beachtet werden: §§ 266 ff H G B über die Gliederung der Bilanz etc., §§ 275 ff H G B über die Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung etc. In den Vorschriften für die Erstellung von Bilanz und Erfolgsrechnung sind 134 u.a. für die äußere Form der Bilanz die Kontoform (§ 266 Abs. 1 Satz 1 HGB) und für die Gewinn- und Verlustrechnung die Staffelform (§ 275 Abs. 1 Satz 1 HGB) vorgeschrieben. Gefordert wird, daß die in den kodifizierten Gliederungen für die Bilanz 1 3 5 und die Gewinn- und Verlustrechnung einzeln bezeichneten Posten gesondert und in der vorgeschriebenen Reihenfolge ausgewiesen werden, sofern nicht eine abweichende Gliederung vorgeschrieben ist (§§ 266 Abs. 1 Satz 2 und 3, 275 f H G B ; vgl. Rdn. 767 ff). Das bedeutet einerseits, daß die in den gesetzlichen Schemata erfaßten Posten in der Regel nicht zusammengefaßt werden dürfen, andererseits, daß diese Mindestgliederungen Erweiterungen (z.B. eine tiefere Gliederung) erfordern können, wenn dem Grundsatz der Klarheit (vgl. Rdn. 132 f) nicht auf andere Weise entsprochen werden kann. Nach § 265 Abs. 7 H G B dürfen die mit arabischen Zahlen versehenen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung nur zusammengefaßt werden, wenn sie einen Betrag enthalten, der für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes im Sinne des § 264 Abs. 2 H G B nicht erheblich ist oder wenn dadurch die Klarheit in der Darstellung vergrößert wird; in diesem Falle müssen jedoch die zusammengefaßten Posten im Anhang gesondert ausgewiesen werden. Eine weitere Untergliederung der Posten ist ausdrücklich in der Vorschrift des § 265 Abs. 5 H G B zugelassen, wobei jedoch die vorgeschriebene Gliederung zu beachten ist. Völlig neue Posten dürfen aber nur dann zugefügt werden, wenn ihr Inhalt nicht von einem vorgeschriebenen Posten gedeckt wird, z.B. Schiffspark (Flotte), Eisenbahnen und Gleisanlagen, Bergwerksanlagen. Soll von der äußeren Form der Bilanz und/oder der Gewinn- und Ver- 136 lustrechnung, insbesondere von ihrer Gliederung, in aufeinanderfolgenden Jahren abgewichen werden, sind diese Abweichungen im Anhang anzugeben und zu begründen (§ 265 Abs. 1 Satz 2 HGB). Machen die Besonderheiten einer Kapitalgesellschaft eine Änderung der 137 Gliederung und Bezeichnung der mit arabischen Zahlen versehenen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung erforderlich, gewinnt der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit insofern eine besondere Bedeutung, als die Änderung Gewähr dafür bieten muß, daß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft entsteht (§ 265 Abs. 6 HGB). Die Änderung hat zur Folge, daß der Vorjahresbetrag entsprechend anzupassen ist und im Anhang Erläuterungen gemacht werden müssen (vgl. § 265 Abs. 2 HGB). Niehus/Scholz

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In Zukunft verwirklicht sich der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit auch darin, daß zu den einzelnen Posten der Bilanz sowie der Gewinnund Verlustrechnung der entsprechende Betrag des vorhergehenden Geschäftsjahres anzugeben ist und daß nicht vergleichbare Zahlen im Anhang anzugeben und zu erläutern sind (§ 265 Abs. 2 HGB).

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Weiterhin kann die Realisierung dieses Grundsatzes erforderlich machen, daß für einen Vermögensgegenstand, der unter mehrere Bilanzposten fällt, ein Mitzugehörigkeitsvermerk bei dem Posten angebracht wird, unter dem er ausgewiesen wird (§ 265 Abs. 3 Satz 1 HGB). H a t z.B. eine G m b H am Stichtag eine Anzahlung für eine Bestellung bei einem verbundenen Unternehmen geleistet, so kann sie diesen Geschäftsvorfall grds. unter „geleistete Anzahlungen" (§ 266 Abs. 1 Β. I. 4. HGB) oder als „Forderungen gegen verbundene Unternehmen" (§ 266 Abs. 1 Β. II. 2. HGB) ausweisen. Möchte die G m b H den Vorgang unter „geleistete Anzahlungen" ausweisen, so muß sie folgendermaßen bilanzieren: geleistete Anzahlungen, davon Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen D M . . .

Die G m b H kann auch anders entscheiden: Forderungen gegen verbundene Unternehmen, davon geleistete Anzahlungen D M . . . 140 Im übrigen können sowohl in der Bilanz als auch in der Gewinn- und Verlustrechnung Posten, die keinen Betrag ausweisen (sogenannte Leerposten), weggelassen werden, es sie denn, daß im vorhergehenden Geschäftsjahr unter diesem Posten ein Betrag ausgewiesen wurde (§ 265 Abs. 8 HGB). Immer häufiger ist festzustellen, daß in Jahresabschlüssen, in denen einzelne Posten Beträge von Hundertmillionen D M oder gar einer Milliarde D M überschreiten, Pfennigbeträge nicht mehr ausgewiesen werden, nachdem die Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung auf volle D M auf- oder abgerundet worden sind; dies entspricht auch einer international zu beobachtenden Erscheinung (vgl. Niebus WPg. 67, 65). Beabsichtigt ist mit dieser Maßnahme, den Jahresabschluß klarer und übersichtlicher zu gestalten; da Pfennigbeträge fast ohne Aussagekraft sind und der Übersichtlichkeit nicht dienen, dürften gegen diese Handhabung keine Einwendungen zu erheben sein (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 24). Insoweit gilt der Grundsatz, daß der veröffentlichte Jahresabschluß der Gesellschaft aus ihrem Hauptbuch abgeleitet sein muß, nur noch eingeschränkt. 141

Sowohl f ü r die Bilanz als auch f ü r die Gewinn- und Verlustrechnung hat der Gesetzgeber ein Verrechnungsverbot (Saldierungsverbot) fixiert (§ 246 Abs. 2 HGB). Danach dürfen Posten der Aktivseite nicht mit Posten der Passivseite, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten und Aufwendungen nicht mit Erträgen verrechnet werden. Für den Grundsatz der Bilanzklarheit und Übersichtlichkeit hat dies zur 680

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Folge, daß sowohl in der Bilanz als auch in der Gewinn- und Verlustrechnung alle Posten brutto, d.h. unsaldiert, auszuweisen sind (Bruttoausweis). Eine Saldierung ist jedoch nach den GoB bei Forderungen und Verbindlich- 1 4 2 keiten zulässig, wenn nach § 387 BGB die Voraussetzungen der Aufrechnung vorliegen; diese sind erfüllt, wenn Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber demselben Geschäftspartner bestehen, die Leistungen gleichartig sind, die Hauptforderung fällig und die Gegenforderung erfüllbar ist; dabei ist H a u p t f o r d e r u n g die Verpflichtung, die der Aufrechnende erfüllen muß, während Gegenforderung die Forderung des Aufrechnenden ist. Ob diese Saldierung auch unter Beachtung des „true and fair view" geboten erscheint, ist jeweils gesondert zu prüfen. Eine Pflicht zur Aufrechnung besteht jedoch zweifellos bei Vorliegen von Kontokorrentverhältnissen im Sinne von § 355 H G B oder in anderen Fällen, in denen zwischen den Beteiligten von vornherein an ein Abrechnungsverhältnis gedacht ist (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 152,167 m.w.N.). Mit der Verwirklichung des Bruttoausweises soll u.a. erreicht werden,

143

(1) daß in der Bilanz die Zusammensetzung der Vermögens- und Kapitalwerte, die finanzwirtschaftlichen Beziehungen, die Verhältnisse zu verbundenen Unternehmen (siehe u.a. § 271 Abs. 2 HGB) möglichst weitgehend erkennbar werden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149,21), (2) daß in der Gewinn- und Verlustrechnung u.a. dem Gesichtspunkt eines weitgehenden Einblicks in die Erfolgsquellen Rechnung getragen wird (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 22).

e) Bilanzkontinuität. In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden unter diesen Grundsatz folgende Bilanzierungsprinzipien subsumiert:

144

(1) die Bilanzidentität, (2) die formale Bilanzkontinuität und als Ausprägungen der materiellen Bilanzkontinuität, (3) die Bewertungskontinuität (Bewertungsstetigkeit, vgl. Rdn. 61) sowie (4) das Prinzip des Wertzusammenhangs (vgl. u.a. Wöbe 84, 180). D e r Grundsatz der Bilanzidentität besagt, daß die Schlußbilanz eines Ge- 1 4 5 schäftsjahres mit der Anfangsbilanz des folgenden Geschäftsjahres, und zwar jeder einzelne Posten wertmäßig, mengenmäßig und in seiner Bezeichnung, völlig übereinstimmen (identisch sein) muß. Dies gilt gleichermaßen für die Handels- und die Steuerbilanz. Dieser in § 252 Abs. 1 Nr. 1 H G B ausgesprochene GoB wird nur in Sonderfällen durchbrochen, letztmalig im Rahmen der Währungsreform im Jahr 1948. Das DMBG forderte zum 21.6. 1948 die Aufstellung einer DM-Eröffnungsbilanz, der eine RM-Schlußbilanz vorausNiehus/Scholz

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ging. Zwischen beiden Bilanzen bestand zwar eine mengenmäßige Identität, nicht jedoch eine wertmäßige Identität. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzidentität bedeutet einen Verstoß gegen die GoB, da die Einhaltung dieses Zusammenhangs für die Durchführung einer ordnungsmäßigen Buchführung so wesentlich ist, daß sie eine Voraussetzung für ein wahrheitsgetreues Rechnungswesen darstellt (vgl. AdlerlDüringlSchmaltz § 149, 27). 146

Der Grundsatz der formalen Bilanzkontinuität ist in § 265 Abs. 1 Satz 1 H G B kodifiziert und fordert, daß die einmal gewählte Bilanzgliederung beizubehalten ist, zumindest nicht ohne zwingenden wirtschaftlichen Grund (z.B. Änderung des Gegenstandes einer Gesellschaft) geändert werden kann. Der gleiche Anspruch wird auch für die Gewinn- und Verlustrechnung erhoben. Grund dieser Forderung ist, aufeinanderfolgende Jahresabschlüsse vergleichbar zu machen, d.h., die Entwicklung/Veränderung der einzelnen Posten der Bilanz und der Erfolgsrechnung über Jahre hinweg auf der Basis von Zeitvergleichen veranschaulichen zu können. Die Vergleichbarkeit setzt auch voraus, daß die einzelnen Abschlußpositionen in den verschiedenen Geschäftsjahren den gleichen Inhalt haben. Wegen der Angabe der Vorjahreszahlen vgl. Rdn. 138. Durchbrechungen der formalen Bilanzkontinuität, z.B. Abweichungen von der Gliederung des Vorjahres oder Änderung des Inhalts eines Jahresabschlußpostens, sind im Anhang (vgl. Rdn. 846 ff) anzugeben und zu begründen (§ 265 Abs. 1 Satz 2 HGB).

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Das Prinzip des Wertzusammenhangs (auch Prinzip der Wertfortführung) als Ausprägung des Grundsatzes der materiellen Bilanzkontinuität (vgl. Rdn. 172 ff) ist gewahrt, wenn die einmal angesetzten Werte auch für die späteren Bilanzen maßgeblich sind (vgl. Wöhe 84, 195 m.w.N.). Die Ausweise der einzelnen Bilanzpositionen müssen sich unmittelbar aus der Fortführung der entsprechenden Vorjahreszahlen herleiten lassen und die auf diese Weise gewonnenen Bilanzwerte bilden gleichzeitig die Grundlage für die Bilanzausweise des Folgejahres.

148

Handelsrechtlich wird hier vom eingeschränkten, steuerrechtlich vom uneingeschränkten Bilanzenzusammenhang gesprochen. Der uneingeschränkte Bilanzenzusammenhang erzwingt, daß bei Werterhöhungen (Wertaufholungen, vgl. Rdn. 710 ff) der vorhergehende Bilanzansatz nicht überschritten werden darf, während beim eingeschränkten Bilanzenzusammenhang der letzte Bilanzansatz unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. Rdn. 715 ff) zwar überschritten werden, jedoch die Wertaufholung nie über die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungswerte (vgl. Rdn. 715 ff) hinausgehen darf (vgl. u.a. Wöbe 84, 195 f). Der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG niedergelegte uneingeschränkte Bilanzenzusammenhang ist jedoch für die Fälle der handelsrechtlichen Regelung angepaßt worden, in denen eine Zuschreibung steu682

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erlich zuvor abgeschriebener Wirtschaftsgüter erfolgt (vgl. § 6 Abs. 3 EStG). D a m i t ist de facto der steuerrechtliche Bilanzenzusammenhang f ü r die praxisrelevanten Fälle eingeschränkt (vgl. die A u s f ü h r u n g e n z u m W e r t a u f h o l u n g s gebot, R d n . 710 ff). Erst die Einhaltung des Prinzips der W e r t f o r t f ü h r u n g und des Grundsatzes 1 4 9 der Bewertungsstetigkeit (vgl. Rdn. 172) läßt bei gleichzeitiger Beachtung des Prinzips der formalen Bilanzkontinuität (vgl. Rdn. 146) einen Betriebsvergleich in der Form des Zeitvergleichs zu. f) Vollständigkeitsgebot. Das Vollständigkeitsgebot f ü r die Bilanz und f ü r die Erfolgsrechnung läßt sich aus § 246 Abs. 1 H G B herleiten, da Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung Bestandteile des Jahresabschlusses sind (§ 242 Abs. 3 H G B ) . § 246 Abs. 1 H G B fordert, daß in den Jahresabschluß sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden und die Rechnungsabgrenzungsposten (vgl. Rdn. 298) nebst A u f w e n d u n g e n und Erträgen vollständig aufzunehmen sind. Z u m Begriff „ V e r m ö g e n s g e g e n s t a n d " (vgl. Rdn. 291 ff). Ein Vermögensgegenstand und ein Rechnungsabgrenzungsposten brauchen nur dann nicht in die Bilanz a u f g e n o m m e n zu werden, wenn d a f ü r ein gesetzlich eingeräumtes Bilanzierungswahlrecht (vgl. Rdn. 361 ff) besteht (vgl. § 2 4 6 Abs. 1 2. Hs. H G B ) . Für die Erfolgsrechnung ist durch dieses G e b o t die vollständige Erfassung der Aufwendungen und Erträge und deren Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung gefordert.

150

Vollständigkeit im Sinne dieser Gesetzesvorschriften kann nur einen rein quantitativen C h a r a k t e r haben. Aus der vollständigen Erfassung von Mengen, die insbesondere durch die Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände (vgl. R d n . 6, 29), die gedankliche Inventur der Risiken und die vollständige Auswertung aller zugänglichen Informationen über die Bilanzposten gesichert wird, (vgl. Leffson 83, 1187) einerseits und aus dem auf möglichst vollständige Informationen gestützten Bewertungsvorgang (vgl. Rdn. 634 f) andererseits ergeben sich die in Geldeinheiten ausgedrückten Posten, die in den Jahresabschluß eingestellt werden (vgl. Leffson 82, 200). D e r Verwirklichung dieses Grundsatzes wird nur entsprochen, wenn bei- 1 5 1 spielsweise auch nicht werthaltige Vermögensgegenstände erfaßt werden (vgl. Rdn. 38). Üblich ist, diese Gegenstände in einem Merkposten zu erfassen und sie mit dem Erinnerungswert von D M 1,— auszuweisen; andere Beträge wird man nicht f ü r zulässig halten d ü r f e n , da sie nicht ohne weiteres als Merkposten zu erkennen sind (vgl. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f § 149, 5). Die Bedeutung dieses Grundsatzes wird dadurch unterstrichen, daß seine V e r l e t z u n g die Nichtigkeit des Jahresabschlusses nach sich ziehen kann. N a c h den Grundsätzen der Rechtsprechung ist ein festgestellter Jahresabschluß der G m b H nichtig, wenn er ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild i.S. des § 264 Abs. 2 des H G B nicht oder nur teilweise vermittelt und es Niehus/Scholz

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sich um eine wesentliche, gesetzlich nicht zu rechtfertigende Beeinträchtigung der Darstellung handelt (vgl. Rdn. 108 ff). 153

g) Nominalwertprinzip. Das Nominalwertprinzip (Nominalitätsprinzip) ist ein währungsrechtlicher, gesamtwirtschaftlicher Fundamentalgrundsatz. Dieses Prinzip macht den Jahresabschluß zu einer nominellen, d.h. vom Nennbetrag des Geldes ausgehenden Geldwertrechnung. Dieser Grundsatz findet letztlich seinen Ausdruck in § 244 H G B , der einen Jahresabschluß in Deutscher Mark vorschreibt. Die Befolgung des Nominalwertgrundsatzes (Mark = Mark) läßt den Rückgang der Kaufkraft außer Betracht; dies kann z.B. zum Ausweis von allein auf Preissteigerungen zurückzuführenden Gewinnen — Scheingewinnen — führen, die u.a. die Vergleichbarkeit aufeinanderfolgender Jahresabschlüsse beeinträchtigen können. Zum Problem des Scheingewinns in betriebswirtschaftlicher und steuerrechtlicher Sicht vgl. u.a. Leffson 82, 414 ff; Franzen/Meyer/Ziemer Nr. 134; Niehus WPg. 75, 153 ff). Gem. Art. 33 der 4. EG-Richtlinie können die Mitgliedsstaaten jedoch nach Erklärung gegenüber der Kommission andere Bewertungsmethoden, die der Inflation Rechnung tragen, allen oder nur einzelnen Gruppen von Gesellschaften gestatten oder sogar vorschreiben. Von dieser Möglichkeit hat die Bundesrepublik mit dem vorliegenden Bilanzrichtlinien-Gesetz keinen Gebrauch gemacht.

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3. Bewertungsgrundsätze. Die allgemeinen Bewertungsgrundsätze sind in § 252 Abs. 1 H G B niedergelegt. Mit mindestens einer Ausnahme, des nunmehr normierten Stetigkeitsgebots (Nr. 6), das nach bisheriger Rechtsauffassung kein Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung war, werden hier lediglich bereits bisher allgemeingültige GoB kodifiziert (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 969). Darüber hinaus soll die in § 252 Abs. 1 Nr. 5 H G B normierte Forderung nach einem periodengerechten Gewinnausweis ebenfalls über die bisherigen GoB hinausgehen (vgl. Jonas 80, 169).

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a) Stichtagsprinzip. Seine rechtliche Grundlage findet dieses Prinzip im § 252 Abs. 1 Nr. 3 H G B , nach dem sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden zum Abschlußstichtag einzeln zu bewerten sind. Der Jahresabschluß, dessen Aufstellung in den §§ 242 Abs. 1 und 264 Abs. 1 Satz 1 H G B (vgl. Rdn. 75 ff) gefordert wird, bedeutet einen willkürlichen und künstlichen Einschnitt in das betriebliche Geschehen. Er unterteilt das gesamte betriebliche Geschehen (Totalperiode) von der Gründung einer Gesellschaft (vgl. §5 41, 42 Rdn. 26 ff) bis zu ihrer freiwilligen (Abwicklung, Liquidation, vgl. § 60 Rdn. 2 ff) oder zwangsweisen Auflösung (z.B. Konkurs, vgl. § 63 Rdn. 2 ff) in Teilperioden (vgl. Geschäftsjahr Rdn. 94 ff) und ermittelt folglich Teilergebnisse der Unternehmenstätigkeit, d.h. Periodengewinne oder Periodenverluste. An ihrer Feststellung haben die Gesellschafter ein berechtigtes Interesse, weil sie einen Anspruch auf den Jahresüberschuß haben (vgl. § 29 684

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Abs. 1 Satz 1). Dies gilt besonders für diejenigen Gesellschafter, die der Gesellschaft nicht während ihrer ganzen Lebensdauer angehören. Darüber hinaus ist die Pflicht zur Aufstellung von jährlichen Abschlüssen und zur Ermittlung von Periodenerfolgen gesetzlich verankert, weil der Steuergesetzgeber mit der Besteuerung der Gesellschaften u.a. an diese Größen anknüpft. Das Stichtagsprinzip soll der Forderung Rechnung tragen, daß nur die 156 Geschäftsvorfälle (vgl. §§41, 42 Rdn. 68) bei der Aufstellung des Jahresabschlusses berücksichtigt werden, die bis zum Abschlußstichtag stattgefunden haben; denn nur auf diese Weise kann erreicht werden, daß der Jahresabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens (§ 264 Abs. 2 HGB) am Bilanzstichtag oder in der abgelaufenen Abrechnungsperiode vermittelt. Daher konzentriert sich die Bilanzierungspraxis auch auf die Ermittlung und Erfassung dieser bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen bilanzierungspflichtigen Handelsgeschäfte; nach dem Abschlußstichtag eingetretene Geschäftsvorfälle bleiben unberücksichtigt. Von den letzteren sind die tatsächlichen Geschehnisse nach dem Stichtag 157 zu unterscheiden, aus denen der Bilanzierende im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bessere Erkenntnisse über einen Geschäftsvorfall der abgelaufenen Periode ableitet. Diese späteren Erkenntnisse über bereits am Abschlußstichtag verwirklichte Tatsachen, die sogenannten wertaufhellenden Tatsachen (vgl. BFH BStBl. 65 III, 409; BFH BStBl. 73 II, 485) sind nunmehr gesetzlich angedeutet und im zu erstellenden Jahresabschluß zu berücksichtigen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Hs. HGB). In ihrer nachträglichen Einbeziehung kommt das Vorsichtsprinzip zum Ausdruck (vgl. Rdn. 185 ff). In diesem Zusammenhang ist die Frage von Bedeutung, innerhalb welcher Frist nach dem Bilanzstichtag der Jahresabschluß zu erstellen ist, da allem Anschein nach zwischen der Länge der Zeitspanne vom Bilanzstichtag bis zur Bilanzerstellung und dem Umfang des Bekanntwerdens von wertaufhellenden Tatsachen eine enge Beziehung festgestellt werden kann. Diese Abhängigkeitsbeziehung muß zur Folge haben, daß die Bilanzierenden um so sorgfältiger allen Umständen nachforschen müssen, die für die Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden sowie die Erfassung von Aufwendungen und Erträgen von Bedeutung sind, je kürzer diese Zeitspanne ist. Zur gesetzlichen Aufstellungsfrist für den Jahresabschluß vgl. Rdn. 86 ff. Von den wertaufhellenden Tatsachen (vgl. Rdn. 157) sind jedoch die söge- 158 nannten wertbeeinflussenden Tatsachen zu unterscheiden, die nach h.M. nicht zu berücksichtigen sind (vgl. BFH BStBl. 73 II, 485; Adler/Düring/ Schmaltz § 149, 89), da ihnen Vorgänge zugrunde liegen, die Geschäftsvorfälle des neuen Geschäftsjahres betreffen (vgl. Falterbaum/Beckmann 85, 339; dazu auch Rdn. 691: Prinzip der verlustfreien Bewertung). Unberührt von der Nichtberücksichtigung wertbeeinflussender Tatsachen im Jahresabschluß Niehus/Scholz

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für das vorangegangene Geschäftsjahr bleibt die Pflicht, darüber ggf. im Lagebericht (vgl. Rdn. 927 ff) zu berichten. 159

b) Prinzip der Einzelbewertung. Der Grundsatz der Einzelbewertung ist wie das Stichtagsprinzip im § 252 Abs. 1 Nr. 3 H G B niedergelegt und fordert, daß die im Jahresabschluß ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden einzeln zu bewerten sind. Dieser Grundsatz ergibt sich auch schon aus § 240 Abs. 1 Satz 1 H G B für das handelsrechtliche Inventar (vgl. Rdn. 6 ff), aber auch aus § 6 Abs. 1 EStG für die Steuerbilanz (vgl. Rdn. 280). Das Festhalten an dem Einzelbewertungsgrundsatz ermöglicht exaktere und nachprüfbare Wertansätze in der Bilanz. Es verhindert, daß gegenläufige Wertentwicklungen verschiedener Bilanzierungsgegenstände verrechnet werden; erst dadurch kann das Imparitätsprinzip zur vollen Entfaltung gelangen (vgl. FallerBB 85,2017). 160 Die grundsätzliche Verpflichtung, daß sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden (vgl. Rdn. 291 ff) bei der Bilanzaufstellung einzeln erfaßt und bewertet werden müssen, zieht z.B. nach sich, daß ein Warenlager nicht als Ganzes zu bewerten ist, sondern daß die einzelnen Vermögensgegenstände getrennt zu bewerten sind. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß sich die Einzelmengen, aus denen sich ein Gesamtbestand zusammensetzt, nach den Wertmaßstäben (vgl. Rdn. 193 ff), mit denen die Einzelmengen zu bewerten sind, identifizieren lassen. 161

Dieser Grundsatz ist jedoch zahlreichen Ausnahmen unterworfen. Diese lassen sich in folgender Weise systematisieren (Faller BB 85, 2023):

I.

Abweichungen vom Grundsatz der Einzelbewertung Abweichungen bei faktisch realisierbarer Einzelbewertung (1) Abweichungen bei Zurechnungserschwernissen effektiver Anschaf fungs- bzw. Herstellungskosten (a) Verbrauchsfolgeverfahren (b) Durchschnittsbewertung (c) Pauschalierung von Anschaffungsnebenkosten (d) Vollkostenansatz bei der Herstellungskostenermittlung (e) Herstellungskosten bei der Kuppelproduktion (2) Abweichungen bei Unwirtschaftlichkeit der Einzelbewertung (a) Gruppenbewertung (b) Festbewertung (c) Stichprobeninventur (d) Pauschalierung der Abschreibungen bei Sachanlagen (Gruppenabschreibung) (e) Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (f) Nichtbilanzierung geringwertiger Vermögensgegenstände (z.B. Rechnungsabgrenzungsposten, Rückstellungen)

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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II. Abweichungen bei faktisch unmöglicher Einzelbewertung (1) Pauschalierung der Dotierung von gewissen Rückstellungsarten (z.B. Garantierückstellungen) (2) Pauschalierung der Abschreibungen eines Forderungskollektives Zu I (1): Einer Einzelbewertung auf Lager befindlicher Vermögensgegen- 1 6 2 stände stehen z.B. häufig technisch-organisatorische Schwierigkeiten im Wege, da unterschiedliche Güter nicht getrennt aufbewahrt werden. Aus diesen Gründen läßt § 256 H G B bestimmte Verbrauchsfolgeverfahren (vgl. Rdn. 263 ff) oder unter den Voraussetzungen des § 240 Abs. 4 H G B eine Durchschnittsbewertung (vgl. Rdn. 259 ff) zu, um die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Güter näherungsweise zu bestimmen. Bei Anschaffungsnebenkosten (vgl. Rdn. 199) besteht aufgrund der Stellungnahme der IdW-NA ein grundsätzliches Aktivierungswahlrecht, sofern diese im Verhältnis zum Kaufpreis gering sind oder deren Ermittlung nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist (vgl. IdW-NA 5/66 WPg. 66, 677). Diese Kosten können entweder als Aufwendungen pauschal in die Gewinnund Verlustrechnung eingestellt oder — wenn sie zum Warenwert üblicherweise in einem bestimmten Verhältnis auftreten — als durchschnittliche rechnerische Nebenkosten den Einzelwerten der aktivierten Güter zugeschlagen werden (vgl. Faller BB 85, 2018). Die Zuordnungsschwierigkeiten von (fixen) Gemeinkosten (vgl. Rdn. 219, 234) bei der Ermittlung der Herstellungskosten umgeht der Gesetzgeber dadurch, daß er diese mit Ausnahme der Vertriebskosten insoweit uneingeschränkt zuläßt, sofern sie nicht durch Stillegung von Betriebsteilen oder Katastrophen verursacht sind. Ein derartiger Vollkostenansatz hat somit i.d.R. auch eine Abweichung von dem Einzelbewertungsgrundsatz zur Folge (vgl. Faller aaO, 2019; Wöhe 84, 400 f). Gleiches gilt ex definitione für Kuppelprodukte. Zu I (2): Auch wenn nur die Gruppenbewertung (vgl. Rdn. 256 ff), die 1 6 3 Festbewertung (vgl. Rdn. 247 ff), die Stichprobeninventur (vgl. Rdn. 64 ff), die Pauschalierung der Abschreibungen bei Sachanlagen (vgl. Rdn. 637 ff), die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (vgl. § 6 Abs. 2 EStG) mit wirtschaftlichen Überlegungen begründet werden, so sind u.E. auch die Verfahren, die die Anschaffungs- oder Herstellungskosten approximieren, nur mit dem Wirtschaftlichkeitsprinzip (vgl. Rdn. 128) zu begründen. Zu II: Abweichungen vom Einzelbewertungsgrundsatz sind auch dann ge- 164 boten, wenn ihnen Vorgänge zugrundeliegen, die bis zum Bilanzstichtag nicht zu Zahlungsvorgängen geführt haben. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten können somit den einzelnen Vermögensgegenständen und Schulden nicht zugerechnet werden. Ersatzweise können gleichartige Bilanzierungssachverhalte zusammengefaßt unter Berücksichtigung statistischer Gesetzmäßigkeit bewertet werden (vgl. Faller aaO, 2022). Es ist z.B. bei FordeNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

rungen praktisch nicht durchführbar, für jeden einzelnen Fall eine Ausfallquote an Hand des allgemeinen Kreditrisikos oder schuldnerbezogener Faktoren zu bestimmen, wenn diesen keine bereits konkretisierte Risiken innewohnen. Deshalb müssen pauschale Forderungsabschreibungen (vgl. Rdn. 703) Platz greifen. Das gleiche gilt f ü r bestimmte Rückstellungsarten, wie Pensions·, Gewährleistungs- oder Garantierückstellungen, bei denen ebenfalls keine unmittelbaren Beziehungen zwischen den zu schätzenden künftigen Ausgaben und den. speziellen Rückstellungstatbeständen bestehen. Insofern sind diese Rückstellungen pauschal zu bestimmen (vgl. Rdn. 554 ff). 165

c) Going-Concern-Prinzip. Dieses Prinzip ist im § 252 Abs. 1 Ziff. 2 H G B erstmalig in einer deutschen Bilanzierungsnorm formuliert worden und weist die Bilanzierenden an, bei der Bewertung der im Jahresabschluß ausgewiesenen Vermögensgegenstände auch darauf zu achten, daß die Fortsetzung der Unternehmertätigkeit unterstellt wird, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.

166

Für die Bewertung der einzelnen bilanzierten Vermögensgegenstände und Schulden im Jahresabschluß (vgl. Rdn. 290 ff) bedeutet dieser Bewertungsgrundsatz, daß f ü r die Vermögensgegenstände nicht ihre Liquidationswerte angesetzt werden dürfen, vielmehr muß nach Regeln bilanziert werden, die unter Berücksichtigung der GoB den Erfolg des fortbestehenden Unternehmens (going-concern) auf die einzelnen aufeinanderfolgenden Geschäftsjahre verteilen. Instrument ist der zu bewertende Vermögensgegenstand (vgl. Rdn. 291 ff).

167

Von dieser Unterstellung bei der Bewertung kann solange ausgegangen werden, als keine Anhaltspunkte für die Einstellung des Unternehmens oder eines Teiles der Unternehmung (z.B. eines Zweigbetriebs, einer Produktsparte in einem Unternehmen) vorliegen. Kennzeichen, die zur Auflösung einer Gesellschaft führen können, sind z.B. anhaltende Ertragslosigkeit, die Uberschuldung, die Gewißheit, daß ein in Zukunft auftretender Liquiditätsengpaß nicht überwunden werden kann, das Fehlen von geeigneten Mitarbeitern oder von technischer Kapazität. Nach Luik (vgl. 85, 67) ist hingegen das GoingConcern-Prinzip erst aufzugeben, wenn die Unternehmensfortführung objektiv unmöglich geworden ist oder die Unternehmensleitung die Fortführungsabsicht aufgegeben hat. Bei ernstlich gefährdeten Unternehmen sei ein Abgehen f ü r niemanden hilfreich. Eine Uberschuldung, die durch einen Fortführungsvergleich beseitigt werden könne, stehe dem Going-Concern-Ansatz nicht entgegen (vgl. Luik aaO, 66).

168

Muß bei einem Unternehmen oder einem Unternehmensteil von einer Liquidation ausgegangen werden, erfordert eine den GoB entsprechende Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände den Ansatz von Liquidationswerten (Zerschlagungswerten), in der Regel von Einzelveräußerungswerten. 688

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Diese Bewertungssituation wirkt sich aber auch auf den Wertansatz von Verbindlichkeiten und Rückstellungen aus, besonders über die Anwendung des Vorsichtsprinzips (vgl. Rdn. 185), speziell des Imparitätsprinzips (vgl. Rdn. 191), und fordert darüber hinaus auch die Einhaltung spezieller Bilanzierungsgrundsätze, die u.U. den Ansatz von Verbindlichkeiten oder Rückstellungen für situationsabhängige Verbindlichkeiten erzwingen, z.B. den Ansatz von Aufwendungen eines aufgestellten Sozialplans. Aus den Ausführungen folgt, daß bei Teilliquidationen (Betriebsabteilung, 169 Werk) das Unternehmen nach dem Going-Concern-Prinzip zu bewerten hat, da dieses als solches fortgeführt wird (vgl. Leffson WPg. 84, 604 f). Soweit eine Gesellschaft bei der Aufstellung des Jahresabschlusses das 170 Going-Concern-Prinzip nicht beachten konnte, hat sie die Abweichungen von den normalen Bewertungsregeln, die bei Berücksichtigung dieses Grundsatzes anzuwenden sind, im Anhang anzugeben und zu erläutern (vgl. § 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB). Welche Bewertungssituation für ein Unternehmen realiter gegeben ist, 171 kann im Einzelfall schwierig zu entscheiden sein. Entscheidungsträger sind zunächst die Geschäftsführer (vgl. Egner/Wolff AG 78, 102 ff); sie unterliegen bei ihrer Entscheidung in der Regel dem Einfluß des den Jahresabschluß feststellenden Organs (vgl. $ 46 Rdn. 8 ff). d) Bewertungsstetigkeit. Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (Bewer- 172 tungskontinuität) als Ausprägung des Grundsatzes materieller Bilanzkontinuität ist einer der in § 252 Abs. 1 H G B normierten allgemeinen Bewertungsgrundsätze. Nach dieser Vorschrift sollen die Bewertungsmethoden beibehalten werden, die auf den vorhergehenden Abschluß angewendet worden sind (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB). Wie schon seine Stellung im Gesetz andeutet, muß der Stetigkeitsgrundsatz im Falle einer Kollision mit dem in Nr. 4 dieser Vorschrift geregelten Vorsichtsprinzip (Imparitätsprinzip) zurücktreten. Es ist nämlich nicht sinnvoll, wegen einer ohnehin nicht erreichbaren Vergleichbarkeit des Erfolges, die durch das Stetigkeitsgebot hätte konkretisiert werden sollen (vgl. Wöhe 84, 194), das Prinzip vorsichtiger Gewinnermittlung einzuschränken (vgl. Moxter BB 85, 1102). Dem Stetigkeitsgrundsatz dürfte in den übrigen Fällen aber große Bedeutung zukommen, weil dieser internationale Grundsatz der Rechnungslegung in der Bundesrepublik Deutschland bisher nur eingeschränkt beachtet worden ist (vgl. Biener G m b H R 82, 61). Dabei mag dahinstehen, ob er bisher einem Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung entsprach (so Ausschußbericht 100; vgl. auch Leffson 82, 391 ff; a.A. h.M. in der Lit.: vgl. Forster 85, 32 f; Hafner WPg. 85, 594 m.w.N.; Göllert/ Ringling BB 85, 968). Dieser Grundsatz verlangt Kontinuität in der bei der Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden anzuwendenden Bewertungsmethode. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

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Eine Bewertungsmethode liegt vor, wenn aufgrund zuvor festgelegter Verfahrensschritte ein Vermögensgegenstand nachprüfbar mit einem Geldwert versehen wird (in Anlehnung an Eckes BB 85, 1435). Ein Übergang von der degressiven zur linearen Abschreibung ist also weiterhin möglich, falls dies von vornherein vorgesehen war und entsprechend dokumentiert worden ist, denn in diesem Fall ist von einer (gemischten) Bewertungsmethode Gebrauch gemacht worden. Zu den Bewertungsmethoden zählen insbesondere (vgl. Wöbe 83, 96) die Methoden planmäßiger Abschreibung (Abschreibungsverfahren, vgl. Rdn. 649 ff), mit denen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 194 ff) abnutzbarer Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (vgl. Rdn. 637) auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (vgl. Rdn. 646) verteilt werden, die Methoden zur Ermittlung der Herstellungskosten von unfertigen und fertigen Erzeugnissen (vgl. Rdn. 211 ff) und die Methoden zur Bewertung gleichartiger Vorratsgegenstände (Bewertungsvereinfachungsverfahren, vgl. Rdn. 245 ff).

174

Da nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 H G B die Bewertungsmethode beibehalten werden soll, unterliegen die Bilanzansatzwahlrechte, wie z.B. die Aufwendungen für die Ingangsetzung oder Erweiterung des Geschäftsbetriebes (§ 269 HGB) oder die Rückstellungen für genau umschriebene Aufwendungen (§ 249 Abs. 2 HGB) nicht dem Stetigkeitsgrundsatz (vgl. Forster 85, 58; ders. BB 83, 36; Eckes BB 85, 1440; Heuser 83, 104; a.A. Emmerieb 85, 222 f). Gleiches gilt für die steuerrechtlichen Bewertungswahlrechte (vgl. Ausschußbericht 100; Eckes BB 85, 1441).

175

Welche Vermögensgegenstände und Schulden unter das Stetigkeitsgebot fallen, ist streitig. Eine einheitliche Meinung besteht nur bei den Vermögensgegenständen und Schulden, die bereits im Vorjahr körperlich vorhanden waren : sie unterliegen dem Stetigkeitsgebot.

176

Bei Vermögensgegenständen, die am vorhergehenden Bilanzstichtag noch nicht vorhanden waren, aber diesen gleichartig sind, weil sie derselben Warengattung angehören oder dieselbe Funktion bei annähernder Preisgleichheit ausüben, besteht Streit darüber, ob sie wie die zuvor beschafften Gegenstände bewertet werden müssen (so Forster 85, 36 m.w.N. zum § 160 Abs. 2 Sätze 4 und 5 AktG 1965; vgl. Emmerich 85, 222; Hafner WPg. 85, 596; a.A. Eckes BB 85, 1437 f). U. E. ist zu unterscheiden: Bestehen keine allgemeinen Buchungsund Bilanzierungsanweisungen darüber, wie neu hinzugekommene Gegenstände — die bereits bilanzierten Gegenständen in ihrer Funktion oder Art ähneln — zu bewerten sind, so sollten sie nicht dem Stetigkeitsgebot unterstellt werden. Da die Gegenstände bisher nicht vorhanden waren und auch keine Bilanzierungsanweisungen bestanden, ist auf diese Güter noch keine Bewertungsmethode angewandt worden. Das Stetigkeitsgebot kann erst greifen, wenn Güter bereits im Vorjahr bewertet worden sind (so auch Eckes aaO, 1438). Dennoch ist der Bilanzierende nicht völlig frei, da Bewertungen nicht 690

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willkürlich erfolgen d ü r f e n (vgl. z.B. § 253 Abs. 4 H G B ) und der Jahresabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln soll. Es wird sachlicher G r ü n d e bedürfen, wenn die G m b H von den Bewertungsmethoden bisher v o r h a n d e n e r ähnlicher Gegenstände abgehen will. Ist dagegen zulässigerweise in Bilanzierungsanweisungen bestimmt w o r d e n , daß alle — ggf. auch künftig h i n z u k o m m e n d e — Gegenstände mit den Kriterien χ, γ und ζ auf eine bestimmte Art und Weise bewertet werden, unterliegen sie dem Stetigkeitsgrundsatz (vgl. Eckes BB 85, 1437).

177

Aus den vorstehenden A u s f ü h r u n g e n ergibt sich zwangsläufig, daß nicht gleichartige Gegenstände, die bisher noch nicht vorhanden waren, also neu h i n z u g e k o m m e n sind, nicht dem Stetigkeitsgrundsatz unterliegen; diese d ü r fen aus sachlichen G r ü n d e n ebenfalls unterschiedlich bewertet werden.

178

D a gem. § 252 Abs. 1 N r . 6 H G B nur die auf den vorhergehenden Jahresabschluß angewendeten Bewertungsmethoden beizubehalten sind, findet dieser G r u n d s a t z keine Anwendung auf Vermögensgegenstände, die nicht jährlich, sondern in unregelmäßigen Zeitabständen zu bewerten sind. Dies wird bei betrieblichen Investitionen, wie z.B. bei der Errichtung neuer Betriebsstätten oder beim Bau neuer Anlagen v o r k o m m e n (vgl. Eckes BB 85,1442).

179

Das W o r t „sollen" vor der Bestimmung des § 252 Abs. 1 N r . 6 H G B ordnet eine grundsätzlich zwingende Verpflichtung an (a.A. Schneeloch W P g . 85, 570). Das W o r t , , m u ß " ist nämlich nur deshalb nicht in den Gesetzestext aufg e n o m m e n w o r d e n , weil im § 252 Abs. 2 H G B f ü r begründete Ausnahmefälle Abweichungen vom Stetigkeitsgrundsatz vorgesehen sind und eine Abweichung von Mußvorschriften logisch nicht möglich ist (vgl. Helmrich W P g . 84, 628 f).

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Abweichungen vom Grundsatz der Bewertungsstetigkeit sind in „ b e g r ü n - 181 deten Ausnahmefällen" möglich (§ 252 Abs. 2 H G B ) . „Begründete Ausnahmefälle" e r f o r d e r n gewichtigere G r ü n d e als die sachlichen G r ü n d e , die nach altem Recht ein Abgehen vom Stetigkeitsgrundsatz rechtfertigen (so auch Eckes BB 85, 1438); dies ergibt sich nach dem W o r t l a u t schon daraus, daß Ausnahmefälle nicht zur Regel werden dürfen (vgl. Hafner W P g . 85, 598). Die folgende A u f z ä h l u n g der Ausnahmefälle (vgl. Forster 85, 41), die nicht vollständig sein kann, ist als Auslegungshilfe f ü r weitere Fälle gedacht: — Ungünstigere Einschätzung der allgemeinen und B r a n c h e n k o n j u n k t u r lage mit U b e r g a n g zur vorsichtigen Bewertung (a.A. Pfleger D B 86, 1135: diesem Unternehmerrisiko sei durch Rücklagenbildung zu begegnen, es sei denn, die Werthaltigkeit eines Gegenstandes sei berührt); — Eigentümerwechsel oder V e r ä n d e r u n g e n bei wesentlichem Mitgesellschafter; — neues M a n a g e m e n t wegen unbefriedigender Leistungen des alten; Niehus/Scholz

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— Übergang von der Lifo- zur einfacheren Durchschnittsmethode bei Stabilisierung der Preise; — Ubergang von der Durchschnittsmethode zur Lifomethode zur Vermeidung des Ausweises von Scheingewinnen. Weitere Beispielsfälle hat Eckes (vgl. BB 85, 1443) zusammengestellt: — Verbesserung der Vermittlung des tatsächlichen Bildes durch Ubergang von Teilkosten- zur Vollkostenbewertung; — Befolgung veränderter Rechtsprechung; — Vermeidung einer Verlustanzeige in H ö h e der Hälfte des Grundkapitals (a.A. Pfleger a a O : nur bei gleichzeitig vorliegender Änderung der G e - schäftspolitik); — Übergang von der Einzel- zur Sammelbewertung; — Änderungen des Kostenrechnungssystems infolge organisatorischer Ablaufverbesserungen ; — veränderte Abgrenzung der Kostenbestandteile, z.B. durch Verstärkung lohnunabhängiger Produktion; — Änderung externer Umstände, z.B. bei Verlust eines wichtigen Absatzmarktes. Dagegen ist die Sicherstellung einer möglichst günstigen Besteuerung (vgl. Eckes aaO, 1443; vgl. auch Stein Z f b F 85, 754) nicht als eine begründete Ausnahmesituation anzusehen, weil sich damit fast jeder Wechsel der Bewertungsmethoden rechtfertigen läßt (vgl. Hafner WPg. 85, 598). Eine Verbesserung der Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse durch Änderung von Bewertungsmethoden dürfte dagegen immer gerechtfertigt sein. Deshalb ist z.B. die Umstellung von der Divisionskalkulation auf eine genauere Zuschlagskalkulation immer zulässig (vgl. Pfleger aaO, 1133). 182

Selbstverständlich sind gesetzlich vorgeschriebene Abweichungen vom Stetigkeitsgebot zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine Bewertungsmethode wegen Veränderung der Sachlage nicht mehr gegeben sind. So dürfen z.B. Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens u.a. nur dann mit einem Festwert bewertet werden, wenn ihr Gesamtwert f ü r das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist. Ist die Voraussetzung entfallen, sind die Gegenstände einzeln zu bewerten (vgl. Eckes BB 85, 1443).

183

Die Bewertungsänderung ist im Anhang (vgl. Rdn. 870 f) anzugeben und zu erläutern. Ihr Einfluß auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist darzustellen (§ 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB). Die neue Bewertungsmethode muß den GoB entsprechen und ebenfalls im Anhang beschrieben sein. 184 Um die Anwendung der Bewertungsmethoden des Bilanzrichtlinien-Gesetzes zu ermöglichen, sieht die Vorschrift des Art. 24 Abs. 5 EinfG H G B eine entsprechende Übergangsvorschrift vor. Danach braucht bei der erstmaligen 692

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Anwendung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes das Stetigkeitsgebot (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) nicht angewendet zu werden, sofern sich durch das neue Gesetz die Bewertungsmethoden ändern. e) Vorsichtsprinzip. In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden unter 185 dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht folgende Bewertungsgrundsätze zusammengefaßt: das Realisationsprinzip, das Imparitätsprinzip, das Niederstwertprinzip, das Höchstwertprinzip. Das Vorsichtsprinzip dient insbesondere dem Gläubigerschutz; dieser Grundsatz verpflichtet den Kaufmann, ganz allgemein seine Vermögensgegenstände eher zu niedrig, also vorsichtig, zu bewerten, so daß das Vermögen des Kaufmanns (der G m b H ) nicht durch zu hohe Gewinnausschüttungen oder zu hohe gewinnabhängige Steuerzahlungen gemindert wird. Der Handelsgesetzgeber hat im § 252 Abs. 1 Nr. 4 das Realisations- und Imparitätsprinzip, im §253 Abs. 2 Satz 3 1. Teilsatz das gemilderte Niederstwertprinzip und im 2. Teilsatz sowie im § 253 Abs. 3 das strenge Niederstwertprinzip (sämtliche §§ im HGB) normiert. Das Höchstwertprinzip leitet sich unmittelbar aus dem Niederstwertprinzip ab (vgl. Rdn. 189). Das Realisationsprinzip besagt, daß Gewinne erst ausgewiesen werden 186 dürfen, wenn sie realisiert sind, d.h. durch den Umsatzprozeß (also in der Regel am Markt) in Erscheinung getreten sind (vgl. Moxter BB 84, 1783). Allein die Chance oder das Risiko, Vermögensgegenstände in der Zukunft, namentlich nach dem Bilanzstichtag mit Gewinn absetzen zu können, berechtigt noch nicht zur Erfassung des jeweiligen Erfolgs. Die Beachtung dieses Prinzips schließt den bilanziellen Ausweis nicht realisierter Gewinne aus. Damit erfüllt es im System der GoB eine grundlegende Abgrenzungsfunktion bei der Aktivierung und Passivierung (vgl. Moxter aaO, 1780, 1786). Dem liegt die Bilanzaufgabe zugrunde, den verteilungsfähigen Gewinn zu ermitteln (vgl. Moxter aaO, 1782, 1784). Mit dieser Bilanzierungspraxis wird gleichzeitig dem Anschaffungskosten- 187 (Herstellungskosten-)prinzip (vgl. Rdn. 694) entsprochen (vgl. u.a. Wöbe 84, 382), das nahezu einhellig als Bestandteil des Realisationsprinzips gesehen wird (vgl. Moxter aaO, 1783). Die Einhaltung dieses Prinzips kann daher auch zur Bildung von stillen Reserven, sog. Zwangsreserven, führen. Zum Zeitpunkt der Realisierung von Gewinnen bei Lieferungs-, Leistungs- und Tauschgeschäften vgl. Rdn. 205, 324. Ob das Realisationsprinzip auch der Aktivierung von Teilgewinnen bei 188 mehrperiodiger Fertigung entgegensteht, ist nicht eindeutig. In einem dem R F H im Jahre 1931 erstatteten Gutachten zur Reichweite des Realisationsprinzips bejahten aber dennoch nur wenige Sachverständige ohne jede Ausnahme die Anwendung des Realisationsprinzips. Die weit überwiegende Mehrzahl lehnte die generelle Geltung ab. Man war nämlich fast einstimmig Niehus/Scholz

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der Auffassung, daß z.B. ein Bauunternehmer aus einem noch nicht abgewikkelten Bau Gewinne ausweisen dürfe; allerdings wurden solche Gewinne nur f ü r bilanzierungsfähig, aber niemals für bilanzierungspflichtig erachtet (vgl. Moxter aaO, 1784). Es war somit offenbar Handelsbrauch, das Realisationsprinzip nicht bei mehrperiodiger Fertigung anzuwenden. Weil das Problem der Teilrealisierung schon sehr alt ist, darf unterstellt werden, daß den Gesetzesverfassern diese Problematik bekannt war. Da diese zur Frage der Teilgewinnrealisierung keine N o r m vorgesehen haben, darf weiter unterstellt werden, daß sie die Umdeutung des Realisationsgrundsatzes der Praxis und Wissenschaft überlassen wollten. Die Bestimmung des 5 252 Abs. 1 Nr. 4 H G B steht also einer Aktivierung von Teilgewinnen nicht entgegen (a.A. vgl. Müller ZfbF 82,254). Da die GoB hier schweigen (vgl. zum Anwendungsbereich der Ausnahmeregel in §264 Abs. 2 Satz 2 H G B Rdn. 124), sind die Teilgewinne, wenn durch den Nichtansatz die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens wesentlich verzerrt würde, gem. § 264 Abs. 2 Satz 2 H G B im Anhang anzugeben. Teilgewinne brauchen somit ohne Vorliegen endgültiger Teilabrechnungen im Jahresabschluß nicht ausgewiesen zu werden (vgl. Müller aaO). Das Problem der Teilgewinne ist vielmehr unter Anwendung der Ausnahmeregel in § 264 Abs. 2 Satz 2 H G B zu lösen: Nicht realisierte Teilgewinne sind lediglich im Anhang zu zeigen. 189

Eine Ausweitung erfährt das Realisationsprinzip durch das Niederstwertprinzip. Dieses Prinzip fordert, daß von zwei möglichen Wertansätzen (vgl. dazu Rdn. 683) für einzelne Vermögensgegenstände, z.B. den Anschaffungskosten einerseits und dem Marktpreis andererseits, der niedrigere der beiden Werte anzusetzen ist — in diesem Fall wird vom strengen Wertprinzip gesprochen — oder angesetzt werden kann, in diesem Falle wird vom gemilderten Niederstwertprinzip gesprochen (vgl. Wöhe 84, 383 f). Dieses Prinzip verwirklicht das Vorsichtsprinzip durch die Aufwandsvorwegnahme (Verlustantizipation). Schulfall sind z.B. vorhersehbare Verluste aus schwebenden Geschäften, die bei ihrer Abwicklung in der nächsten Periode voraussichtlich eintreten werden, weil der Unternehmer seine Ware nur unter den Herstellungskosten verkaufen können wird. In dieser Situation sind die Fertigerzeugnisse bereits in der Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres nicht mit den Produktionskosten, sondern ausgehend von den niedrigeren Verkaufspreisen zu bewerten (vgl. Rdn. 691). Dieser Fall ist in § 252 Abs. 1 Nr.4 1. Teilsatz H G B angesprochen.

190

Das Höchstwertprinzip gilt für die Bewertung von Verbindlichkeiten (vgl. Rdn. 741) und ergibt sich aus der analogen Übertragung des Niederstwertprinzips auf Schulden. Das bedeutet, daß von zwei möglichen Wertansätzen für Verbindlichkeiten der jeweils höhere anzusetzen ist. Ist z.B. bei einer Verbindlichkeit in ausländischer Währung infolge eines gestiegenen Wechselkur694

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ses die Zahlungsverpflichtung am Bilanzstichtag — ausgedrückt in Einheiten der inländischen Währung — höher als die ursprünglichen Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 749), so ist dieser höhere Tageswert anzusetzen; denn erst dieser Wertansatz wird der gesetzlich geforderten Beachtung des Vorsichtsprinzips (vgl. §252 Abs. 1 Nr. 4 1. Teilsatz HGB) gerecht. Andererseits darf nie ein unter die Anschaffungskosten gefallener Tageswert angesetzt werden, weil dies den Ausweis eines nicht realisierten Gewinnes bedeuten würde (Verbot des Ausweises nicht realisierter Gewinne: vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Teilsatz H G B ; Wöhe 84, 384). Das Imparitätsprinzip hat erstmals seit dem Jahre 1861 wieder eine gesetz- 191 liehe Regelung im § 252 Abs. 1 Nr. 4 H G B gefunden. Der Ausdruck „Imparität" selbst ist wohl erstmals im Jahre 1925 von Lion geprägt worden (vgl. Weilbach BB 85, 1503). Dieser schrieb: „Dieser Grundsatz der Imparität, wie wir ihn nennen können, ist nicht mehr als eine uralte Standesauffassung der soliden Kaufmannschaft hinzunehmen, sondern er hat eine tiefere sittliche Grundlage und entspricht durchaus den Interessen einer wohlbegründeten Volkswirtschaft" (vgl. Lion 25, 67). Dieser Grundsatz faßt die drei Prinzipien (Realisations-, Niederst- und Höchstwertprinzip), die den kaufmännischen Grundsatz der Vorsicht verwirklichen, zusammen (a.A. wohl Weilbach aaO, 1506). Kern dieses Prinzips ist die ungleiche bilanzielle Behandlung von nicht realisierten, aber erwarteten Gewinnen und Verlusten. Das Imparitätsprinzip besagt, daß am Bilanzstichtag — noch nicht durch Umsatz-(Tausch)geschäfte verwirklichte Gewinne nicht ausgewiesen werden dürfen, — noch nicht durch Umsatz-(Tausch)Geschäfte realisierte — aber vorhersehbare — Risiken und Verluste ausgewiesen werden müssen. Der letztgenannte Tatbestand setzt das Realisationsprinzip außer Kraft. An seine Stelle treten das Niederst- oder Höchstwertprinzip für die Bewertung von Vermögensgegenständen bzw. Schulden (vgl. Wöhe 84, 384). Bei Fremdwährungsposten sollten nach Tubbesing das Imparitätsprinzip 1 9 2 und der Einzelbewertungsgrundsatz (vgl. Rdn. 159 ff) ausnahmsweise nicht angewendet werden, wenn Wechselkursänderungen sich in ihren Auswirkungen auf das Jahresergebnis neutralisierten, um eine Verzerrung in der Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu vermeiden (vgl. Tubbesing ZfbF 81, 816 ff, 826). Es sollten deshalb Fremdwährungsaktiva und -passiva oder sog. Grundgeschäfte und Kurssicherungsgeschäfte, die hinsichtlich Währung, Betrag und Fälligkeit der Einnahmen und Ausgaben kongruent sind, zusammengefaßt werden, sofern diese Posten nicht mit anderen Risiken, wie z.B. Bonitätsrisiken belastet sind (vgl. Tubbesing a a O ; HFA Entwurf einer Verlautbarung zur Währungsumrechnung, WPg. 84, 585 ff). Da das Imparitätsprinzip dort Niehus/Scholz

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keine Geltung beanspruchen kann, wo die Verluste sich nicht realisieren können, kann von der imparitätischen Bewertung nur abgesehen werden, wenn das Unternehmen planvolle Kurssicherung betreibt und lückenlose Anschlußgeschäfte gewährleistet sind (vgl. Grob DB 86, 877). 193

f) Periodenabgrenzungsgrundsatz. Das Periodisierungsprinzip ist in §252 Abs. 1 Nr. 5 H G B geregelt: „ A u f w e n d u n g e n und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluß zu berücksichtigen."

Es mag dahinstehen, ob diese N o r m eine Änderung der bisherigen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zur Folge hat (so Jonas 80, 169) oder ob damit lediglich schon ein bisheriger Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung erstmals kodifiziert wird (so Begr. zum RegEntw, 87; Göllert/Ringling BB 85, 969). Jedenfalls soll mit der Bestimmung des § 252 Abs. 1 Nr. 5 H G B zum Ausdruck gebracht werden, daß Aufwendungen und Erträge nicht in dem Geschäftsjahr verbucht werden, in dem die Zahlungen angefallen sind, sondern in der Periode, in der diese Aufwendungen und Erträge betriebswirtschaftlich geboten sind. I.d.R. wird der Verpflichtung in § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage darzustellen, Genüge getan, wenn die Aufwendungen und Erträge in der Periode ihrer Entstehung verbucht werden. 194

4. Allgemeine Bewertungsmaßstäbe. Zu den allgemeinen Bewertungsmaßstäben zählen die Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195) oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 211) sowie die Werte, in denen sich der beizulegende Wert (vgl. Rdn. 240) konkretisieren kann, namentlich im Wiederbeschaffungsoder Reproduktionskostenwert (vgl. Rdn. 241), im Einzelveräußerungswert (vgl. Rdn. 242), im Ertragswert (vgl. Rdn. 243) oder im Teilwert (vgl. Rdn. 244).

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a) Anschaffungskosten. Vermögensgegenstände können z.B. durch Kauf (§ 433 BGB) oder Tausch (§515 BGB) entgeltlich erworben werden. In beiden Fällen entstehen Anschaffungskosten; der Handelsgesetzgeber definiert sie für den Kauf im § 255 Abs. 1 HGB. Danach sind Anschaffungskosten beim Kauf eines Vermögensgegenstandes „ . . . die A u f w e n d u n g e n , die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen."

Mit dieser Normierung hat der Gesetzgeber nur einem Kodifizierungsrückstand abgeholfen, denn bisher waren diese Kosten durch die GoB in gleicher Weise inhaltlich gefaßt. 696

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Die überragende Bedeutung der Anschaffungskosten im Rahmen des Jah- 1 9 6 resabschlusses ist darin zu sehen, daß sie einen verhältnismäßig objektiven Wertmaßstab darstellen, da sie sich am Markt herausgebildet haben (vgl. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f § 153, 3). Durch den Zwang, erworbene Güter mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wird erreicht, daß die Vorratshaltung grundsätzlich keinen Einfluß auf das Periodenergebnis hat (vgl. Weirich AG 81, 141). Die Anschaffungskosten stellen einen Vergangenheitswert dar; nur im Zeitpunkt der Anschaffung sind sie gleich den Wiederbeschaffungskosten bzw. dem Tageswert, dem Börsen- oder Marktpreis (vgl. Wöhe 84, 389). Im Rahmen einer Vermögens- und Kapitalrechnung sowie einer Aufwandsund Ertragsrechnung wäre allerdings der Begriff „Anschaffungskosten" besser durch den der „Anschaffungsausgaben" ersetzt worden (vgl. Weber BFuP 81, 487). Bei den Anschaffungskosten ergeben sich gegenüber dem geltenden Handels- und Steuerrecht keine Änderungen. Anschaffungskosten eines käuflich erworbenen Vermögensgegenstandes setzen sich zusammen aus: ./. +

Anschaffungspreis Anschaffungspreisminderungen Anschaffungsnebenkosten

=

Anschaffungskosten

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Der Anschaffungspreis wird i.d.R. durch den Rechnungspreis (oder die 1 9 8 Summe von Rechnungspreisen) gebildet (vgl. Wöhe 84, 389) und zwar durch den Nettorechnungsbetrag ( = Bruttopreis ./. Umsatzsteuer (Vorsteuerbetrag)), wenn das Unternehmen einen Anspruch auf Erstattung des Vorsteuerbetrages hat (vgl. § 9 b Abs. 1 EStG). Ist der Anschaffungspreis in Fremdwährung vereinbart, so entsprechen nach h.M. die Anschaffungskosten bei Vorauszahlung dem tatsächlichen in D M gezahlten Betrag und bei einem Kauf auf Ziel dem mit dem Kassakurs im Zeitpunkt des Zugangs/Rechnungserhalts in D M umgerechneten Rechnungsbetrag. Wechselkursänderungen nach dem Zeitpunkt der Verbuchung berühren die Anschaffungskosten nicht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 163, 26; auch Tubbesing Z f b F 81, 807 f). Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören z.B. die Transportkosten 1 9 9 (Fracht, Rollgelder, Versicherung), Fundamentierungskosten und Aufwendungen f ü r das Aufstellen und Montage, auch wenn diese Arbeitsgänge von der empfangenden Gesellschaft erbracht werden und als eine Art Herstellung anzusehen sind, sowie Gebühren f ü r die Beurkundung von Kaufverträgen, Gerichtskosten f ü r Registereintragungen, Provisionen, Vermittlungsgebühren, Gutachterkosten, Zölle, Steuern (Grunderwerbsteuer, Gesellschaftersteuer) und sonstige Abgaben. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Da zu den Anschaffungskosten auch die Aufwendungen zur Erlangung der Betriebsbereitschaft zählen, müssen bei Produktionsanlagen auch die Kosten f ü r etwaige Probeläufe als Anschaffungskosten aktiviert werden. Nach altem Recht wurden häufig nur Fremdaufwendungen aktiviert, nach Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes sind auch Eigenaufwendungen der Unternehmung zu aktivieren, sofern diese einem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können (vgl. Ordelheide G m b H R 86, 38). Aufwendungen sind nicht einzeln zurechenbar, wenn sie nur anteilig oder pauschal aufgrund eines Verteilungsschlüssels zugerechnet werden. Die sog. echten Gemeinkosten (vgl. Rdn. 218) dürfen also nicht aktiviert werden. Von den Anschaffungsnebenkosten sind jedoch die Verwaltungsgemeinkosten des Anschaffungsvorganges zu unterscheiden, z.B. die Kosten der Einkaufsabteilung u n d / o d e r der Ingenieur-Abteilung, die für die Feststellung des günstigsten Angebots bzw. die Abnahme des gekauften Vermögensgegenstandes anfallen. Diese Kosten gehören nicht zu den Anschaffungskosten (vgl. Coenenberg 84, 72), da sie dem zu erwerbenden Gegenstand nicht einzeln zugerechnet werden können. 200

Anschaffungspreisminderungen, die den Anschaffungspreis ermäßigen, sind gewährte und in Anspruch genommene Nachlässe aller Art, wie Skonti, Rabatte, Boni. 201 Zuschüsse und Subventionen, die für die Beschaffung bestimmter Vermögensgegenstände von Dritten gezahlt werden, vermindern i.d.R. ebenfalls die Anschaffungskosten, da zu ihnen nur der Betrag gehört, den das Unternehmen selbst für die Anschaffung tatsächlich ausgegeben hat. Nicht unstrittige Bilanzierungspraxis ist es aber, daß für die bilanzielle Behandlung von Zuschüssen ein Wahlrecht besteht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 20; von Zwehl WPg. 70, 4 ff; Niehus WPg. 70, 633 f; Τ jaden WPg. 85, 33; Abschnitt 34 Abs. 1 EStR 1984 f ü r das Steuerrecht), das dem die Bilanz feststellenden Organ die Möglichkeit einräumt, den Zuschuß (Zuschußanspruch) auch sofort als Ertrag bilanziell zu erfassen. 202

Zulagen der öffentlichen H a n d , mit denen bestimmte wirtschaftspolitische Ziele verfolgt werden, z.B. Investitionszulagen nach § 19 BerlinFG, § § 1 , 2 und 4 Investitionszulagengesetz, gehören kraft gesetzlicher Vorschrift weder zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten noch stellen sie Betriebseinnahmen dar (vgl. § 19 Abs. 4 BerlinFG, § 5 Abs. 2 InvZulG).

203

Kosten der Geldbeschaffung gehören nicht zu den Anschaffungskosten der Vermögensgegenstände, die mit den beschafften Finanzierungsmitteln gekauft werden. Auch hinsichtlich der Fremdkapitalzinsen wird überwiegend die Meinung vertreten, daß der Einsatz von Fremdkapital zur Finanzierung von käuflich erworbenen Vermögensgegenständen deren Anschaffungskosten nicht erhöht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 47). Ausnahmen bestehen jedoch für solche Fälle, in denen die Kredite als Anzahlungen oder Vorauszahlungen zur 698

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Finanzierung von Neuanlagen mit längerer Bauzeit verwendet werden (in Anlehnung zur Behandlung vom Fremdkapitalzinsen — Bauzeitzinsen — als Herstellungskosten; § 255 Abs. 3 HGB). In solchen Fällen ersetzen die Kredite Betriebskapital des Lieferanten und führen deshalb zu einer Verminderung der produktionsbedingten Kosten beim Lieferanten und entsprechend zu einer Verminderung des Preises, d.h. der Anschaffungskosten der Anlage (vgl. Coenenberg 84, 71 f; AdlerDüring/Schmaltz § 153, 48). Eigenkapitalzinsen gehören dagegen ausnahmslos nicht zu den Anschaffungskosten, da sie zu einem Ausweis nicht realisierter Gewinne führen würden. Zur bilanziellen Behandlung sogenannter Bauzinsen vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 46. Nachträgliche Anschaffungskostenerhöhungen und -Verminderungen sind 2 0 4 den Anschaffungskosten zuzuschlagen bzw. von diesen abzusetzen. In welchem Umfang dies geschehen kann und welcher Maßstab bei der Frage ihrer Bilanzierung anzulegen ist, ist nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 35 m.w.N.). Als nachträgliche Anschaffungskosten für früher beschaffte Vermögensgegenstände kommen Ausbau-, Umbau- und Überholungsarbeiten in Betracht (vgl. dazu auch Rdn. 299 ff) sowie nachträgliche Kaufpreiserhöhungen, z.B. durch Gerichtsentscheidung oder Neufestsetzung von Steuern. Nachträgliche Anschaffungskostenminderungen stellen beispielsweise nachträgliche Lieferantengutschriften anläßlich der Aufdeckung verborgener Mängel dar. Sie werden i.d.R. eine Änderung des Abschreibungsplanes (vgl. Rdn. 656 ff) bewirken. Die Ermittlung der Anschaffungskosten eines durch Tausch erworbenen 2 0 5 Vermögensgegenstandes hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Nach früherer Auffassung sah man im Tausch keinen Umsatz, sondern nur einen Wechsel des verbuchten Gegenstandes, so daß der eingetauschte Gegenstand grundsätzlich mit dem Buchwert des hingegebenen Gegenstandes fortgeführt wurde (Ausschluß der Gewinnrealisation). Dieser Grundsatz ist unter dem Einfluß des Steuerrechts (sog. Tauschgutachten, BFH-Gutachten v. 16. 2. 58, BStBl. 59 III, 30) durchbrochen worden, so daß sich auch im Handelsrecht immer mehr die Ansicht der Gewinnrealisation bei Tauschgeschäften mit der Folge durchgesetzt hat, den eingetauschten Gegenstand mit dem vorsichtig geschätzten Zeitwert des hingegebenen Gegenstandes ansetzen zu müssen. Die derzeit herrschende Meinung bekennt sich zu einem Wahlrecht zwischen den beiden vorstehenden Alternativen (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 153, 20 f). Der eingetauschte Gegenstand „darf höchstens mit dem Betrag angesetzt werden, mit dem der hingegebene Gegenstand zuletzt hätte bilanziert werden können. Die Obergrenze bilden demnach die alten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ggf. vermindert um die bisher notwendig gewesenen Abschreibungen" (Adler/Düring/Schmaltz Niehus/Scholz

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§ 153,27). Die gewählte Methode ist im Anhang (vgl. Rdn. 864 ff) anzugeben. Steuerrechtlich ist die Fortführung des Buchwerts nur in Ausnahmefällen zulässig. Voraussetzung dafür ist, daß die getauschten Wirtschaftsgüter „wert-, art- und funktionsgleich" sind (vgl. Tauschgutachten, BFH-Gutachten v. 16. 2. 58, BStBl. 59 III, 30). 206

Bei der Ermittlung der Anschaffungskosten von im Wege der Zwangsversteigerung — zum Zwecke der Abwendung eines Verlusts dinglich gesicherter Forderungen — erworbenen Vermögensgegenständen ist nicht ohne weiteres der in der Versteigerung gezahlte Kaufpreis zuzüglich der Kosten der Zwangsversteigerung maßgebend, vielmehr kann in diesem Falle auch der Betrag der nicht ausgebotenen ausgefallenen Hypotheken des Erwerbers den Anschaffungskosten hinzugerechnet werden, soweit sie durch den wahren Wert des Grundstücks dinglich gesichert waren (vgl. Urteil des R F H RStBl. 37, 1136). Für den Erwerb nicht aufgewendet gelten damit alle von vornherein durch den wahren Grundstückswert nicht gedeckten Belastungen, so daß beispielsweise das ersteigerte Grundstück nicht mit einem über den Zeitwert hinausgehenden Betrag bilanziert werden darf (vgl. IdW-FG 1/36 W T 37, 10). 207 Bei unentgeltlichem Erwerb von Vermögensgegenständen (z.B. durch Schenkung) sind deren Anschaffungskosten höchstens gleich dem Zeitwert (dem vorsichtig zu schätzenden sonst üblichen Anschaffungswert) dieser Gegenstände (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 53). Auch steuerrechtlich gilt für den Erwerber der Betrag als Anschaffungskosten, den er für das einzelne Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Erwerbs hätte aufwenden müssen (§ 7 Abs. 2 EStDV). Für unentgeltlich erworbene materielle Vermögensgegenstände besteht handelsrechtlich keine Aktivierungspflicht, wohl aber ein Aktivierungsrecht (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 518; s. auch Rdn. 361); für unentgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens darf hingegen ein Aktivposten nicht angesetzt werden (§ 248 Abs. 2 HGB). 208

Werden Vermögensgegenstände auf Rentenbasis, z.B. gegen Leibrente, erworben, so werden die Anschaffungskosten i.d.R. durch den Barwert der Rente im Zeitpunkt des Erwerbs gebildet, es sei denn, der Zeitwert des Gutes ist niedriger. Der Barwert ist ggf. nach versicherungsmathematischen Grundsätzen nach den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegenden Bedingungen zu ermitteln. Der spätere tatsächliche Verlauf der Rentenzahlungen, auch wenn sich die Rentenzahlungen auf Grund einer Wertsicherungsklausel geändert haben, hat auf die Anschaffungskosten keinen Einfluß (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz % 153,49 am.w.N.).

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Als Anschaffungskosten einer Verbindlichkeit gilt der Nennwert der Verbindlichkeit (Rückzahlungsbetrag). Liegt der Auszahlungs- oder Verfügungsbetrag unter dem Rückzahlungsbetrag, so kann der Unterschiedsbetrag aktiviert und über die Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden (z.B. Dam700

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num, Dasagio (vgl. Rdn. 350), Abschluß-, Bearbeitungs- oder Verwaltungsgebühren). An einen Dritten zu entrichtende Aufwendungen (z.B. Vermittlungsprovision, Maklergebühren) sind im Jahr der Aufnahme der Verbindlichkeit voll als Aufwand zu verbuchen (vgl. Wöhe 84, 393 f m.w.N.). Zum Einstandswert von Währungsverbindlichkeiten (Valutaschulden) vgl. Rdn. 749). Besondere Probleme können bei der Ermittlung von Anschaffungskosten 210 für den einzelnen Vermögensgegenstand entstehen, wenn für den Erwerb mehrerer Gegenstände ein Gesamtanschaffungspreis vereinbart und gezahlt worden ist. Dieses Problem tritt namentlich beim Kauf ganzer Unternehmen oder von Betriebsteilen auf. Beim Kauf ganzer Betriebe sind die einzelnen Vermögensgegenstände mit dem Zeitwerte anzusetzen. Ubersteigen die Gesamtanschaffungskosten eines Betriebes die summierten Zeitwerte der einzelnen Vermögensgegenstände, berührt dies die ermittelten Einzelanschaffungswerte (vgl. Rdn. 159 f) nicht. Ubersteigt dagegen die Summe der Einzelanschaffungswerte die Gesamtanschaffungskosten, liegt es nahe, den Differenzbetrag von allen Zeitwerten in prozentual gleicher Höhe abzuschlagen. Es kann aber auch gerechtfertigt sein, den Abschlag in erster Linie bei langlebigen Anlagen vorzunehmen oder bei solchen Betriebsteilen, die aus anderen Gründen mit höheren Risiken behaftet erscheinen (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 153, 51).

b) Herstellungskosten. Im §255 Abs. 2 H G B hat der Handelsgesetzgeber 211 diesen für die handelsrechtliche Bilanzierung so bedeutenden Begriff erstmals umfassend definiert und damit gegenüber der bisher einschlägigen handelsrechtlichen Vorschrift im § 153 Abs. 2 AktG präzisiert (vgl. auch Bolin/Haeger/Zündorf BB 84, 506; Göllert/Ringling BB 85, 969; Biener G m b H R 82, 61). Das frühere Recht enthielt in § 153 Abs. 2 AktG 1965 lediglich eine Teilregelung, die die nicht unmittelbar zurechenbaren Kosten betrifft (vgl. Begr. zum RegEntw, 88). Zutreffender hätte der Gesetzgeber allerdings von „Herstellungsaufwand" gesprochen (vgl. Weber BFuP 81, 487). Das neue Bilanzrecht räumt einen größeren bilanzpolitischen Spielraum zur Gewinnverlagerung ein, indem es nur noch die Aktivierung von Einzelkosten vorschreibt; für die variablen Material- und Fertigungsgemeinkosten besteht nun kein Aktivierungszwang mehr (vgl. Wöhe DStR 85, 721). Die Vorschrift des § 255 Abs. 2 H G B hat folgenden Wortlaut: „Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. D a z u gehören die Materialkosten, die Fertigungskosten und die Sonderkosten der Fertigung. Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen auch angemessene Teile der notwendigen MaterialgeNiehus/Scholz

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meinkosten, der notwendigen Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit er durch die Fertigung veranlaßt ist, eingerechnet werden. Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie A u f w e n d u n g e n für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für betriebliche Altersversorgung brauchen nicht eingerechnet zu werden. Aufwendungen im Sinne der Sätze 3 und 4 dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Vertriebskosten dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden."

Diese Definition stimmt weitgehend mit Abschnitt 33 EStR 1984 überein, der sich in vielen Jahren bewährt hat und deshalb als GoB anzusehen ist (vgl. Ausschußbericht, 101). U.E. ist dieser Herstellungskostenbegriff weit auszulegen, so daß als Herstellungskosten nicht nur Aufwendungen aktiviert werden, die zu einer Veränderung der körperlichen Substanz führen, sondern auch Aufwendungen, durch die eine andere Verkehrsfähigkeit des Gutes herbeigeführt wird (vgl. IdW-HFA 5/75, WPg. 76, 59). Die Umschreibung der Herstellungskosten basiert auf betriebswirtschaftlich-kostenrechnerischem Gedankengut. Zur Ermittlung der Herstellungskosten sind eine Kostenrechnung und eine Betriebsabrechnung erforderlich, also eine ordnungsmäßige innerbetriebliche Abrechnung der Kosten und Leistungen. 212

Der handelsrechtliche Herstellungskostenbegriff stimmt jedoch in wesentlichen Punkten mit den kostenrechnerischen Herstellungskosten, die im Rahmen der betrieblichen Selbstkostenermittlung errechnet werden, nicht überein und weicht auch von den nach Steuerrecht zu bilanzierenden oder im Preisrecht definierten Herstellungskosten ab. Eine entscheidende Abweichung beruht auf der gesetzlichen Feststellung, daß Herstellungskosten Aufwendungen (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB) und keine Kosten im betriebswirtschaftlichen Sinne sind. Aufwendungen, soweit sie Zweckaufwand darstellen, und Kosten heben gemeinsam auf den Güterverbrauch zur betrieblichen Leistungserstellung ab. Sie unterscheiden sich jedoch darin, daß Aufwendungen auf Ausgaben abgestellte Werte sind, während Kosten je nach dem Rechnungszweck verschieden hoch sein können; zu ihrer Ermittlung ist der Wert des Güterverbrauchs in einem Geldbetrag adäquat auszudrücken (vgl. Menrad 78, 51). M.a.W. bei der Ermittlung der handelsrechtlichen Herstellungskosten ist nur von den betrieblichen Aufwendungen auszugehen; Zusatzkosten (Kosten, die nicht auf tatsächlichen Ausgaben beruhen, also kalkulatorische Kosten) dürfen nicht berücksichtigt werden.

213

Auch die nach den Vorschriften des Steuerrechts zu ermittelnden Herstellungskosten basieren auf Aufwendungen und nicht auf Kosten. Der Steuergesetzgeber verwendet jedoch anstelle des Begriffs der Aufwendungen den der Betriebsausgaben und versteht darunter die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG). 702

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Der in diesem Zusammenhang verwendete Begriff der Herstellung darf 2 1 4 nicht zu eng gesehen werden. Es ist darunter nicht nur ein rein betrieblichtechnischer Fertigungsvorgang zu verstehen, sondern der umfassende betriebliche Produktionsvorgang, der auch die Beschaffung, den Transport und teilweise die Lagerung (Eingangs-, Zwischenlagerung) einschließt. Der Herstellungskostenbegriff des Handels- und des Steuerrechts basiert auf pagatorischen (zahlungsorientierten) Größen, ist leistungsbezogen (bezweckt die Güterentstehung) und nicht fertigungstechnisch, sondern produktorientiert zu interpretieren. Bei der Ableitung der Herstellungskosten aus der betrieblichen Kostenrech- 2 1 5 nung ist außerdem zu beachten, daß in den Unternehmen unterschiedliche Kostenrechnungssysteme verwendet werden. Die Unterschiede resultieren aus den verschiedenen Anforderungen, die an diese Systeme gestellt werden. Als Basis zur Ermittlung der Herstellungskosten können beispielsweise in Betracht kommen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155,23): (1) (2) (3) (4)

die tatsächlich angefallenen Kosten, die Kosten auf Basis einer Normalbeschäftigung, die Kosten auf Basis einer optimalen Beschäftigung, die Kosten des innerhalb eines Unternehmens am kostengünstigsten arbeitenden Betriebes, (5) die Kosten des innerhalb des Konzerns kostengünstigsten Betriebes, (6) die Kosten eines nach dem jeweiligen Stand der Technik kostengünstigsten Betriebes.

Dies läßt die Frage aufkommen, welche Kosten der Berechnung der Her- 2 1 6 stellungskosten tatsächlich zugrundezulegen sind. Die Ist-Kosten stellen in jedem Falle die obere Grenze der handelsrechtlich bilanzierten Herstellungskosten dar. Im Zustand der Unterbeschäftigung werden sie jedoch nicht in jedem Falle aktiviert werden können (vgl. Forster WPg. 67, 337). Soll-Kosten werden nur dann der Bemessung der Herstellungskosten zugrundegelegt werden können, wenn die Festsetzung an Maßstäbe geknüpft ist, die in einem sinnvollen Zusammenhang mit den jeweiligen Kosten stehen, so daß die unter (5) und (6) aufgeführten Berechnungsgrundlagen nur in Ausnahmefällen relevant werden dürften (vgl. Forster aaO, 337 ff; Adler/Düring/Schmaltz § 155, 32/33). Aus der Vorschrift des § 255 Abs. 2 H G B läßt sich unter Beachtung be- 2 1 7 triebswirtschaftlichen Gedankenguts folgendes Schema zur Ermittlung der handelsrechtlichen Herstellungskosten ableiten:

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Rechnungslegung Materialkosten (= Materialeinzelkosten) + Materialgemeinkosten + Fertigungskosten (= Fertigungseinzelkosten) + Fertigungsgemeinkosten + Sonderkosten der Fertigung + Wertverzehr des Anlagevermögens + allgemeine Verwaltungskosten

Aufwendungen für soziale Enrichtungen des Betriebs +

Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen

+

Aufwendungen für betriebliche Altersversorgung

+ Sozialkosten Herstellungskosten

(Zur Behandlung von Fremdkapitalzinsen vgl. Rdn. 236). Mit diesem Schema wird einem von der betrieblichen Kostenrechnung erstrebten Prinzip gefolgt, das jeder erstellten Betriebsleistung die von ihr verursachten Kosten zurechnen will (Verursachungsprinzip), es steht mit den Kostenzurechnungsverfahren, die dieses Prinzip verwirklichen, im Einklang. Zu den Kostenzurechnungsprinzipien und -verfahren vgl. u.a. Menrad 78, 59 ff m.w.N. In diesem Schema sind die Material-, Fertigungs- und Sonderkosten der Fertigung nach Einzel- und Gemeinkosten differenziert aufgeführt, weil sie — wie auch der Wertverzehr des Anlagevermögens, die Sozial- und die allgemeinen Verwaltungskosten — bei der Ermittlung der handelsrechtlichen Herstellungskosten in unterschiedlichem Umfang zu berücksichtigen sind (vgl. Rdn. 228). Vertriebskosten dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden (§ 255 Abs. 2 letzter Satz HGB). Unter dieses Verbot fallen die Einzel-, die Gemein- und die Sondereinzelkosten des Vertriebs (vgl. im einzelnen Rdn. 842). 218

Einzelkosten sind die Kosten, die eine Zurechnung des bewerteten, leistungsverbundenen Güterverbrauchs gemäß nachweisbaren, eindeutigen quantitativen Zusammenhängen zwischen Kosten und Leistung (Kostenträger) zulassen, m.a.W. solche Kosten, die einem Kostenträger direkt zugerechnet werden können (vgl. Menrad 78, 63; Wöhe 84, 400). Zu den Einzelkosten 704

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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gehören im wesentlichen die Fertigungslöhne, das Fertigungsmaterial oder als Sondereinzelkosten der Fertigung u.a. Entwurfkosten, Modelle, Spezialwerkzeuge, Lizenzgebühren (vgl. Rdn. 224). Hierzu wird man auch die sog. unechten Gemeinkosten (vgl. Rdn. 219) zählen müssen. Diese werden lediglich aus wirtschaftlichen Gründen nicht bei den einzelnen Kostenträgern erfaßt. Beispiele sind z.B. Kleinteile oder der Stromverbrauch (vgl. Ordelheide G m b H R 86, 39 f). U.E. brauchen wegen des die Rechnungslegung beherrschenden Wesentlichkeitsgrundsatzes (vgl. Rdn. 127) die unechten Gemeinkosten nicht als Herstellungskosten aktiviert zu werden. Die Kosten, die sich einem Kostenträger nicht direkt zurechnen lassen, das 2 1 9 sind Kosten, die z.B. für mehrere oder alle Kostenstellen und mehrere oder alle Kostenträger anfallen und die eine Aufteilung (Zurechnung) nur mit Hilfe von Schlüsselgrößen (Bezugsgrößen) zulassen, werden als Gemeinkosten bezeichnet (vgl. Wöbe 84, 400). Sie werden nach ihrem Verhalten mit Bezug auf die Beschäftigung (Auslastung der Betriebskapazität) in fixe und variable Gemeinkosten eingeteilt. Ist die Höhe der Gemeinkosten vom Beschäftigungsgrad unabhängig, sind die Kosten fix. Variabel sind Gemeinkosten, wenn sie sich bei Änderung des Beschäftigungsgrades erhöhen oder vermindern. Zu den einzelnen Gemeinkosten vgl. Rdn. 221,223. Zu den Materialeinzelkosten gehören alle unmittelbar zur Erstellung der be- 2 2 0 trieblichen Leistungen verbrauchten, direkt zurechenbaren Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. Dazu gehören auch die Warenumschließungskosten (Verpakkung), wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Produktionsprozeß anfallen und die Produkte später in dieser Verpackung ausgeliefert werden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 40). In die Herstellungskosten gehen diese Materialverbräuche, mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet, ein. Die Verbrauche sind i.d.R. in Materialentnahmescheinen fixiert. Die Materialgemeinkosten umfassen z.B. die Kosten der Einkaufsabteilung, 221 Warenannahme, Materialprüfung, der Einlagerung und Lagerverwaltung. Die Fertigungseinzelkosten umfassen neben den direkt zurechenbaren 2 2 2 Löhnen, z.B. Arbeitsstunden lt. Zeitnachweis multipliziert mit dem Stundenlohn (ggf. einschließlich Uberstundenzuschlag etc.), auch bezahlte Ausfallzeiten sowie die gesetzlichen und tariflichen Sozialaufwendungen. Als Beispiele für Fertigungsgemeinkosten seien genannt: Energiekosten, 2 2 3 Gewerbekapital-, Vermögen- und Grundsteuer sowie Sachversicherungsprämien auf die Fertigungsanlagen, laufende Instandhaltungsaufwendungen für die Fertigungsbauten und -anlagen, Aufwendungen für die Werkstattverwaltung, den Meister, das Lohnbüro, die Arbeitsvorbereitung und Fertigungskontrolle sowie Kosten des innerbetrieblichen Transports. Zu diesen Gemeinkosten rechnen auch Wagniskosten, soweit sie pagatorischer Natur sind und einer Normalisierung der im Fertigungs- und Materialbereich auftretenden Wagniskosten dienen. Niehus/Scholz

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Als Sonderkosten der Fertigung kommen vor allem die Kosten für Modelle, Schablonen, Spezialwerkzeuge, Lizenzen etc. in Betracht, u.U. auftragsgebundene Entwicklungs-, Versuchs- und Konstruktionskosten. 225 Der Wertverzehr des Anlagevermögens wird weitgehend konkretisiert durch die Abschreibungen (vgl. Rdn. 637 ff) auf die Sachanlagen (vgl. Rdn. 413 ff) und die immateriellen Anlagegüter (vgl. Rdn. 405 ff) wie Patente, Lizenzen, Konzessionen etc. 226

Die allgemeinen Verwaltungskosten sind die Gehälter und Löhne des Verwaltungsbereichs, Porto-, Telefon- und Fernschreibgebühren, Reisekosten, Beratungskosten, Beiträge, Spenden, Ausbildungskosten etc. (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 40 ff).

227

Den Sozialkosten sind sämtliche freiwilligen Leistungen (z.B. für Gesundheitspflege, Fürsorge, Betriebssport und -speisung, Gratifikationen, zusätzliche Versicherungen zugunsten von Belegschaftsmitgliedern), die Aufwendungen für soziale Betriebseinrichtungen (Betriebskantinen, betriebliche Kindergärten etc.) sowie die Aufwendungen der betrieblichen Altersversorgung zuzuordnen, das gilt auch, wenn es sich dabei um Fertigungskosten handelt (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 969). Nach der nunmehrigen Regelung sind sämtliche Vertriebskosten von der Einbeziehung in die Herstellungskosten ausgeschlossen, während nach h.M. zum § 153 Abs. 2 AktG 1965 ein Verbot nur für die Vertriebseinzelkosten bestand. 228 Zu den handelrechtlichen Herstellungskosten gehören nach § 255 Abs. 2 Satz 2 H G B zwingend, und zwar in voller Höhe, die Material-, Fertigungsund Sonderkosten der Fertigung. Sie bilden damit die Wertuntergrenze der Herstellungskosten. Sämtliche Gemeinkosten dürfen nach Satz 3 dieser Vorschrift in die Herstellungskosten einbezogen werden. Dem Bilanzierenden ist hier ein gesetzliches Bewertungswahlrecht (vgl. Dziadkowsky BB 82, 1345) eingeräumt. Diese Gemeinkosten dürfen auch teilweise aktiviert werden (vgl. Forster BB 83, 33). Die Ausübung dieses Wahlrechts ist wie nach bisherigem Recht (vgl. Schult FR 81,240) wie folgt vorzunehmen: 1) Sie darf nur zur Aktivierung von angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten sowie des Wertverzehrs des Anlagevermögens, der Verwaltungs- und Sozialkosten führen, und 2) diese Gemeinkosten müssen sich auf den Zeitraum der Herstellung beziehen. Diese Vorschrift macht also den Ansatz von Teilkosten möglich. Der Ansatz der Herstellungskosten unter Ausübung des Wahlrechts führt dann zu einer Wertobergrenze. 229 Damit bestehen bei der Wertobergrenze mit Ausnahme der ehemals strittigen Behandlung der Sondereinzelkosten des Vertriebs keine Unterschiede 706

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zum alten Recht (vgl. Bolin/Haeger/Zündorf BB 84, 506). Lediglich die Untergrenze ist nach der h.M. zum alten handelsrechtlichen Rechtszustand herabgesetzt worden, da für die variablen Material- und Fertigungsgemeinkosten keine Aktivierungspflicht mehr besteht (vgl. Rüting DB 84, 4; auch Bolin/Haeger/Zündorf DB 85, 608). Da die bisher schon erheblichen Gemeinkosten infolge zunehmender Technisierung, gestiegener Energie-, Verwaltungs- und Vertriebskosten sich wesentlich erhöht haben, kann ein Großteil — häufig der überwiegende Teil — aller Kosten bei der Aktivierung außer Ansatz bleiben (vgl. Kilger BFuP 81,77; auch Forster BB 83, 33). Im Unterschied zum Handelsrecht sind in der Steuerbilanz angemessene Teile der notwendigen Material-, der Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens zwingend (vgl. Biener G m b H R 82, 61). Die Berücksichtigung der Gemeinkosten im Rahmen der Ermittlung der 2 3 0 Herstellungskosten — soweit das Aktivierungswahlrecht (s. o.) ausgeschöpft werden soll — erfolgt i.d.R. durch sogenannte Gemeinkostenzuschläge, d.h., die Gemeinkosten werden prozentual auf eine bestimmte Einzelkostenbasis (z.B. auf die Fertigungsmaterialeinzelkosten, die Fertigungslöhne als Bezugsgrößen) bezogen. So bedeutet bspw. ein Gemeinkostenzuschlag von 50 % auf das Fertigungsmaterial, daß auf je 1,— D M Fertigungsmaterial 0,50 D M Materialgemeinkosten zu verrechnen sind (vgl. Wöhe 84, 400). Eine solche undifferenzierte Vorgehensweise unterstellt Proportionalität von Einzel- und Gemeinkosten, die in der Praxis selten gegeben ist, da in den Gemeinkosten i.d.R. auch vom Grad der Beschäftigung abhängige (sogenannte variable) Gemeinkostenanteile enthalten sind. Ändert sich der Beschäftigungsgrad, ohne daß der Gemeinkostenzuschlag geändert wird, kann bei der Berechnung der Herstellungskosten dieser Zuschlag entweder zu hoch oder zu niedrig bemessen sein. Daher geht die Bilanzierungspraxis bei der Ermittlung des Gemeinkostenzuschlags i.d.R. von der Normalbeschäftigung aus und behandelt alle durch Unterbeschäftigung entstehenden zusätzlichen Kosten, denen Aufwendungen gegenüberstehen, als Periodenaufwand (vgl. Wöhe 84, 401). Auch steuerrechtlich wird diese Praxis gestützt (vgl. Abschnitt 33 Abs. 8 EStR 1984). Diese Bilanzierungsweise dürfte auch der gesetzlichen Forderung entsprechen, daß nur die notwendigen Gemeinkosten aktiviert werden dürfen. Die Forderung, daß bei der Berechnung der Herstellungskosten nur in an- 231 gemessenem Umfange der Wertverzehr des Anlagevermögens, die allgemeinen Verwaltungs- sowie die Sozialkosten berücksichtigt werden dürfen, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, wird in der Literatur als Angemessenheitsprinzip bezeichnet. Der Zweck dieses Prinzips ist, Klarheit über die grundsätzliche Aktivierbarkeit dieser Kosten herzustellen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155,53). Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

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Das Angemessenheitsprinzip ist — bezogen auf den angemessen zu berücksichtigenden Wertverzehr für das Anlagevermögen — nicht beachtet, wenn jede als planmäßig verrechnete Abschreibung in voller Höhe in die Herstellungskosten einbezogen wird. Abschreibungen (vgl. Rdn. 645) dürfen nur insoweit angesetzt werden, als es dem Wertzuwachs bei dem hergestellten Vermögensgegenstand entspricht. Zwischen den Kosten und der Leistung muß also ein sachlich eindeutiger Zusammenhang bestehen. Der Herstellungskostenberechnung sind daher grundsätzlich die kalkulatorischen Abschreibungen zugrundezulegen, die jedoch nicht auf den Wiederbeschaffungskosten, sondern auf den Anschaffungskosten basieren müssen (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 155,56). Daß sich der Gesetzgeber des Begriffs „Wertverzehr" bedient und nicht von Abschreibungen spricht, soll klarstellen, daß nicht nur der technisch bedingte Wertverzehr bei der Berechnung der Herstellungskosten in angemessenem Umfang zu berücksichtigen ist, sondern auch der wirtschaftliche, ggf. juristisch bedingte Wertverzehr. Dies hat auch zur Folge, daß die zur Ermittlung der bilanziellen und der kalkulatorischen Abschreibungen angewendeten Abschreibungsmethoden (vgl. Rdn. 649 ff) voneinander abweichen können. 233 Die Beachtung des Angemessenheitsprinzips hinsichtlich der in die Berechnung der Herstellungskosten einfließenden allgemeinen Verwaltungs- und Sozialkosten verlangt, daß diese Kosten so lange in effektiver Höhe angesetzt werden können, als sie einerseits nicht durch eine offenbare Unterbeschäftigung überhöht sind und andererseits durch ihre Hinzurechnung der den Vermögensgegenständen am Bilanzstichtag beizulegende Wert (vgl. Rdn. 240) nicht überschritten wird (vgl. Adler/Diiring/Schmaltz § 155, 62 m.w.N.). 234

Wie aus der Definition der handelsrechtlichen Herstellungskosten (vgl. Rdn. 211 ff) hervorgeht, schließt dieser Begriff nicht nur die ausschließlich durch die Herstellung der zu bewertenden Vermögensgegenstände angefallenen Kosten (die sogenannten variablen Kosten) ein, sondern läßt auch den Ansatz von Fixkosten zu. Als fix werden im allgemeinen Kosten bezeichnet, die von der Produktionsmenge unabhängig sind. Eine Obergrenze für die Herstellungskosten ist u.E. im Ansatz lediglich der Einzel- und der variablen Gemeinkosten nicht zu sehen. Diese Ansicht wird jedoch nicht unbestritten geteilt (vgl. dazu Adler/Düring/Scbmaltz § 155, 63; Wöbe 84, 405 f m.w.N.). Die Fixkosten sind insoweit als Herstellungskosten zu aktivieren, als diese auf Basis mindestens der Normalbeschäftigung anfallen; ist die Produktionsauslastung geringer, so dürfen nur Teile der Fixkosten in die Herstellungskosten einbezogen werden. 235 Ausdrücklich nicht zu den Herstellungskosten gehören die Zinsen für Fremdkapital (§ 255 Abs. 3 Satz 1 HGB). Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Fremdkapitalzinsen dürfen den Herstellungskosten hinzugerechnet werden, wenn das Fremdkapital zur Finanzierung eines (des zu bewertenden) Vermö708

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

gensgegenstandes verwendet wird, und nur soweit, als sie für den Zeitraum der Herstellung gezahlt werden (§ 255 Abs. 3 Satz 2 HGB). Durch die Inanspruchnahme dieser Bewertungshilfe (vgl. Rdn. 339) werden Aufwendungen aktiviert, denen am Bilanzstichtag noch keine konkretisierbaren Werterhöhungen des Vermögensgegenstandes gegenüberstehen. Diese Bewertungshilfe soll durch die Aktivierung die bereits als Aufwand verbuchten Zinsen neutralisieren. Auf diese Weise wird eine verlustfreie Bewertung halbfertiger Produkte während des Herstellungszeitraumes sichergestellt (vgl. Dziadkowski BB 82, 1344). Damit dient diese Bewertungshilfe ihrem Wesen entsprechend der periodischen Aufwandsverrechnung von Vermögensgegenständen, während bei der Bilanzierungshilfe (vgl. Rdn. 337 ff) die Eigenschaft, Vermögensgegenstand zu sein, fehlt (vgl. ebenda). Mit der eingeschränkten Zulassung der Aktivierung von Fremdkapitalzinsen soll solchen Unternehmen eine Hilfestellung gegeben werden, die bei langfristiger Herstellung durch hohen Zinsaufwand zum Verlustausweis gezwungen würden, was im Extremfall zur Uberschuldung führen könnte. Damit erweist sich auch die Bewertungshilfe als ein Überschuldungsverhinderungsinstrument (vgl. Dziadkowski äaO, 1345), da Verluste während des Herstellungszeitraumes durch die Aktivierung vermieden werden können (vgl. IdW-HFA Die Aktivierung von Fremdkapitalzinsen als Teil der Herstellungskosten, WPg. 74, 324 f). Ggf. kann die Wirkung aus der Aktivierung der Bilanzierungshilfe durch die Pflicht zur Passivierung latenter Steuern (vgl. Rückstellung f ü r Steuerabgrenzung Rdn. 574 f) gemildert werden. Zinsen f ü r Fremdkapital werden zur Finanzierung der Herstellung eines 2 3 6 Vermögensgegenstandes verwendet, wenn Fremdkapital zur Herstellung dieses Gegenstandes eingesetzt wurde. Ist zur Herstellung ein gesonderter Kredit aufgenommen worden, sind diese Kreditzinsen anzusetzen (vgl. Selchert DB 85, 2416). Besteht kein gesonderter Zusammenhang mit einer Kreditaufnahme, werden durchschnittliche Zinsen in H ö h e des Fremdkapitalanteils der Unternehmung angesetzt werden können; läßt sich nämlich nicht mehr feststellen, welche Vermögensgegenstände fremdfinanziert worden sind, kann man vereinfachend nur unterstellen, daß jeder einzelne Vermögensgegenstand anteilig mit Eigen- und Fremdkapital entsprechend der Kapitalstruktur der Unternehmung finanziert wurde. Für die Praxis wird dies bedeuten, daß die Unternehmung einen Nachweis über den durchschnittlichen Zinssatz mit entsprechenden Kreditverträgen führen muß (vgl. Selchert aaO, 2415 f). Zu den Zinsen gehören auch das Disagio und das Agio (vgl. Selchert aaO, 2418), da ersteres seinem Charakter nach eine einmalige Zinsvorauszahlung und letzteres eine Zinsnachzahlung zum Zeitpunkt der Kredittilgung darstellt (vgl. Biergans 85,241). Die Zinsen entfallen dann nicht mehr auf den Zeitraum der Herstellung, 2 3 7 wenn diese nach Fertigstellung des Vermögensgegenstandes anfallen (vgl. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

auch Selcbert a a O , 2416). D i e Einbeziehung derartiger Bauzeitzinsen ist ggf. im Anhang anzugeben (§ 284 Abs. 2 N r . 5 H G B ) . 238

Die Einbeziehung von Aufwendungen für Grundlagenforschung sowie für allgemeine Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang zur laufenden Herstellung stehen, sondern erst späteren Herstellungsprozessen zugute kommen, in die Herstellungskosten der laufenden Produktion ist nicht zulässig. Ihre Berücksichtigung verstößt gegen die G o B (vgl. Rdn. 104 ff), insbesondere gegen das Vorsichtsprinzip (vgl. Wöbe 84, 410 f; Rdn. 185). Diese H a n d h a b u n g entspricht auch der steuerrechtlichen Bilanzierungspraxis. N a c h einem Erlaß der Finanzverwaltung über die Behandlung von Forschungs- und Entwicklungskosten (vgl. BStBl. 58 II, 181 ff), stellen Aufwendungen für Grundlagenforschung und Neuentwicklung sofort abzugsfähige Betriebsaufwendungen dar.

239

D e r U m f a n g der im Steuerrecht definierten Herstellungskosten weicht — hinsichtlich der Verrechnung von Gemeinkostenbestandteilen — von dem des Handelsrechts ab. Unterschiede bestehen in der abweichenden Berücksichtigung der fixen Material- und Fertigungsgemeinkosten sowie der Sondergemeinkosten der Fertigung. Handelsrechtlich besteht für die Aktivierung ein Wahlrecht (vgl. Rdn. 228), d.h. sie dürfen in der Handelsbilanz angesetzt werden. Steuerrechtlich besteht dieses Wahlrecht nicht. Diese Gemeinkosten sind in der Steuerbilanz zu aktivieren (vgl. Abschnitt 33 Abs. 1 S a t z 2 und Abs. 2 E S t R 1984).

240

c) Beizulegender Wert. Die §§ 253 Abs. 2 S a t z 3 1. H s . und Abs. 3 S a t z 2 H G B sehen als weiteren Bewertungsmaßstab für einen Vermögensgegenstand den Wert vor, der dem Vermögensgegenstand am Abschlußstichtag beizulegen ist. Dies gilt sowohl für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens als auch für solche des Umlaufvermögens. Was unter dem „beizulegenden W e r t " zu verstehen ist, ist im Gesetz nicht ausgeführt. Welche konkreten Wertansätze für den beizulegenden Wert in Betracht kommen, läßt sich nicht allgemein festlegen. Grundsätzlich sind unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls zur Konkretisierung des beizulegenden Wertes Wiederbeschaffungs- oder Reproduktionskostenwerte (vgl. Rdn. 241) zum Bilanzstichtag, Einzelveräußerungspreise (vgl. Rdn. 242) oder Ertragswerte (vgl. Rdn. 243) zulässig. Zu den möglichen beizulegenden Wertansätzen am Bilanzstichtag kann auch der Teilwert (vgl. Rdn. 244) als steuerliche Wertkategorie gezählt werden (vgl. Heinen 8 5 , 2 1 2 f).

241

Ein Wiederbeschaffungs- oder Reproduktionskostenwert als beizulegender

Wert ist aus den auf den Bilanzstichtag festzustellenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten für einen vergleichbaren Vermögensgegenstand zu ermitteln. Für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (z.B. börsengängige 710

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Wertpapiere) kann ein Wiederbeschaffungswert auch aus einem Börsenkurs oder Marktpreis (vgl. Rdn. 686 f) am Bilanzstichtag herzuleiten sein. Bei begrenzt nutzbaren Gegenständen des Anlagevermögens kann man zwischen dem Wiederbeschaffungszeitwert und einem Wiederbeschaffungsneuwert abzüglich planmäßiger Abschreibungen unterscheiden. Beide Werte können erheblich voneinander abweichen; der Wiederbeschaffungspreis wird i.d.R. durch den Wiederbeschaffungszeitwert gegeben sein (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 154, 75). Ein Einzelveräußerungswert als beizulegender Wert wird in Betracht kom- 2 4 2 men, wenn ein Vermögensgegenstand in unmittelbarer Zukunft verkauft werden soll. Er wird gebildet aus dem Einzelverkaufspreis abzüglich aller noch entstehenden Aufwendungen (vgl. auch retrograde Bewertung Rdn. 691), beispielsweise Ausbau- oder Demontagekosten. Für unfertige und fertige Erzeugnisse ergibt sich dieser Wert aus dem vorsichtig geschätzten Veräußerungserlös abzüglich der noch entstehenden Kosten (z.B. für Verpackung, Vertrieb und weitere Bearbeitung). Für Vermögensgegenstände, die in ihrer Verwendbarkeit eingeschränkt sind, wird der beizulegende Wert ggf. durch den Schrottpreis repräsentiert (vgl. Coenenberg 84,78). Der beizulegende Wert, beispielsweise für Patente, Lizenzen an Patenten 2 4 3 und ähnliche Rechte (vgl. Rdn. 405 ff), aber auch für Beteiligungen (vgl. Rdn. 430 ff) wird häufig aus dem Ertragswert abzuleiten sein. Der Ertragswert wird aus der Differenz der Barwerte aller künftigen Einnahmen und aller künftigen Ausgaben gebildet. Es liegt in der Natur der Sache, daß dieser Wert oft nur unter Schwierigkeiten feststellbar ist (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 154, 77). Der Teilwert ist ein spezifisch steuerrechtlicher Wertmaßstab. Er kann je- 2 4 4 doch deswegen für die handelsrechtliche Bilanzierung von Bedeutung sein, weil er im Steuerrecht die gleiche Funktion erfüllt wie der beizulegende Wert im Handelsrecht, so daß sich beide Werte entsprechen können (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 154, 81). Der Teilwert ist nach §6 Abs. 1 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, daß er den Betrieb fortführt. Die Bedeutung dieses Begriffs ist stark umstritten. Dennoch können formal die Rechtsprechung zum Teilwert und die damit verbundenen Teilwertvermutungen als wertvolle Anhaltspunkte für die Bestimmung des beizulegenden Wertes betrachtet werden (vgl. Heinen 85, 212 f). 5. Bewertungsvereinfachungsverfahren. Das neue Handelsgesetzbuch 2 4 5 schreibt in § 252 Abs. 1 Nr. 3 H G B vor, bei der Aufstellung des Jahresabschlusses Vermögensgegenstände und Schulden einzeln zu bewerten. Dieser Grundsatz der Einzelbewertung (vgl. Rdn. 159 ff) wird jedoch durch die BeNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

wertungsvereinfachungsverfahren gem. § 240 Absätze 3 und 4 und § 256 H G B durchbrochen. Die Paragraphen haben folgenden Wortlaut: § 240 (3) Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können, wenn sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert f ü r das U n ternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden, sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Jedoch ist in der Regel alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen. (4) Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände können jeweils zu einer Gruppe zusammengefaßt und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden.

§256 Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, kann f ü r den Wertansatz gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens unterstellt werden, daß die zuerst oder daß die zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst oder in einer sonstigen bestimmten Folge verbraucht oder veräußert worden sind. § 234 Abs. 3 und 4 ist auch auf den Jahresabschluß anwendbar.

Der Handelsgesetzgeber hat damit in § 240 Abs. 3 Satz 1 H G B wie schon bisher in § 40 Abs. 4 Nr. 2 H G B a.F. — jedoch mit geringfügigen Änderungen entsprechend Artikel 38 der 4. EG-Richtlinie (vgl. Begr. zum Reg.-Entw., 90 und Erl. zur geänderten Konzeption, 10) — zur Vereinfachung der Inventur (vgl. Rdn. 48 ff) den Ansatz eines Festwertes (vgl. Rdn. 247 ff) in der Handelsbilanz für Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens (vgl. Rdn. 413) sowie für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (vgl. Rdn. 464) zugelassen. Darüber hinaus hat er im Absatz 4 Satz 1 dieser Norm die Gruppenbewertung (vgl. Rdn. 256 ff) für gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens (vgl. Rdn. 257) sowie für andere gleichartige oder annähernd gleichartige bewegliche Vermögensgegenstände geregelt. Schließlich hat er in § 256 H G B ein weiteres sogenanntes Sammelbewertungsverfahren (vgl. Rdn. 246) für gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens kodifiziert. Bislang waren diese Verfahren in §40 Abs. 4 Nr. 1 H G B a.F. und § 155 Abs. 1 Satz 3 AktG 1965 geregelt. Das Steuerrecht läßt sie nur eingeschränkt zu (vgl. Abschnitt 36 Abs. 2 EStR 1984). 246

Die Sammelbewertungsverfahren sind Bewertungsschätzmethoden. In Betracht kommen entweder die Durchschnittsmethode (vgl. Rdn. 259 ff), die durchschnittlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder die Verbrauchsfolgefiktionen (vgl. Rdn. 263 ff). Bei den letzteren Methoden wird zur Ermittlung des Bestandswertes von einer bestimmten Bestandszusammensetzung am Bilanzstichtag ausgegangen, die auf einer unterstellten chronologi712

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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sehen oder wertorientierten Verbrauchs- (oder Bestandabgangs-)folge beruht. Diese Methoden lassen sich teilweise auch miteinander kombinieren (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 85). Zu diesen — im Gesetz expressis verbis angeführten — Bewertungsvereinfachungsverfahren, die der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Vermögensgegenständen dienen, zählt auch das für die Praxis so bedeutsame Verfahren der retrograden Wertermittlung (vgl. Rdn. 691). a) Festwertverfahren. Nur aus Gründen der Vereinfachung der Bewer- 2 4 7 tungsarbeit im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses ist die Bewertung zum Festwert zugelassen, nicht jedoch zum Ausgleich von Preisschwankungen (vgl. BFH BStBl. 55 III, 144; Wöhe 165). Das Festwertverfahren ist anwendbar (vgl. Rdn. 248) bei allen Massengütern, wie z.B. Werkzeugen, Modellen, Formen, Gerüst- und Schalungsteilen, Hotelgeschirr und -bettwäsche, Signalund Gleisanlagen, Feuerlöschgeräten, Schreib- und Rechenmaschinen, Prüfund Meßgeräten, es sei denn, daß sie bereits als geringwertige Wirtschaftsgüter (vgl. Rdn. 865) voll abgeschrieben wurden (vgl. Coenenberg 84,97). Bei der Anwendung dieses Verfahrens werden für einen bestimmten Güterbestand eine feste Menge und ein fester Preis für das einzelne Gut unterstellt, so daß dieser Güterbestand in den Bilanzen aufeinanderfolgender Jahre mit dem gleichen Wert, dem Festwert, ausgewiesen ist. Dieses Verfahren unterstellt also, daß sich die Zugänge (Ersatzbeschaffungen) und der Verbrauch in jedem Jahr nahezu entsprechen. Die jährliche körperliche Bestandsaufnahme entfällt also, dies bewirkt in aller Regel eine erstrebte, mitunter erhebliche Kostenersparnis. Der Gesetzgeber hat zur Bildung eines Festwertes folgende Anwendungs- 2 4 8 Voraussetzungen fixiert: (1) Die Güter müssen regelmäßig ersetzt werden, (2) es muß sich um Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens oder um Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe handeln, (3) der Bestandswert (Gesamtwert der zusammengefaßten Vermögensgegenstände) muß von nachrangiger Bedeutung sein, (4) der Bestand darf in (a) seiner Größe, (b) seinem Wert, (c) seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegen, (5) es ist i.d.R. alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen. Die Anwendungsvoraussetzung der regelmäßigen Ersetzung ist in den Text 2 4 9 dieser Vorschrift neu aufgenommen worden. U.E. wird damit der Anwendungsbereich dieser Norm in seinem bisherigen Umfang nicht verändert, vielNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

mehr will der Gesetzgeber verdeutlichen, daß dieses Verfahren nur auf Massengüter anzuwenden ist, deren Charakteristikum u.a. der ständige Zu- und Abgang von Gütereinheiten ist. 250

Der Anwendungsbereich der Bewertungserleichterung wird jedoch dadurch verändert, daß der Bestandswert von nachrangiger Bedeutung für das Unternehmen zu sein hat. Das Kriterium der Nachrangigkeit ist gegenüber dem § 40 Abs. 3 N r . 2 H G B a.F. neu; die Anwendungsvoraussetzungen f ü r das Festwertverfahren sind also verschärft worden (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 966), während Stein (vgl. Z f b F 85, 758) dies nur als denkbare Möglichkeit ansieht. Wann dies der Fall ist, läßt der Gesetzgeber offen. Anhaltspunkte zur Beantwortung dieser Frage können u.a. aus dem Grundsatz der Wesentlichkeit (Principle of Materiality) abgeleitet werden (vgl. Rdn. 127).

251

Das Erfordernis einer nur geringen Veränderung der Größe des Bestandes ist solange erfüllt, als aufgrund einer körperlichen Aufnahme keine Mehrmenge festgestellt wird, die zu einem Wert führt, der um mehr als 10 % den bisherigen Festwert übersteigt. Dies entspricht auch der Regelung im Steuerrecht (vgl. Abschnitt 31 Abs. 5 Satz 4 EStR 1984). Minderungen führen dagegen stets zu einer Anpassung des Festwertes (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 68). Ist jedoch offensichtlich, daß die Beibehaltung eines Festwertes kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt, so ist der Festwert zu ändern. In diesem Falle ist ggf. eine körperliche Bestandsaufnahme vor Ablauf der Dreijahresfrist erforderlich. Änderungen von Festwerten können auch erforderlich werden, u.U. sogar jährlich, wenn sie an sogenannte Schlüsselgrößen geknüpft sind (z.B. Bettenzahlen im Hotel, Anzahl der Arbeitsplätze etc.) und sich diese Größen geändert haben (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 69).

252

Die Erhöhung eines Festwertes aufgrund des Ergebnisses der körperlichen Bestandsaufnahme ist dadurch vorzunehmen, daß der bisherige Festwert solange um die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der jährlichen Neuzugänge aufzustocken ist, bis der neue Festwert erreicht ist (vgl. Abschnitt 31 Abs. 5 Satz 5 EStR 1984; Adler/Düring/Schmaltz § 153, 71).

253

Mit der einzuhaltenden Voraussetzung einer nur geringen Veränderung des Wertes soll ausgeschlossen werden, daß f ü r Massengüter, wie einzelne Metalle, die bekanntlich starken Preisschwankungen unterworfen sind, ein Festwert gebildet wird. Das Erfordernis einer geringen Änderung in der Zusammensetzung des Bestandes verbietet, abnutzbare Vermögensgegenstände mit unterschiedlicher Nutzungsdauer zusammenzufassen.

254

Wird f ü r nicht neu angeschaffte oder hergestellte Güter zum ersten Mal ein Festwert gebildet, so geht die Praxis von den ursprünglichen Anschaffungsoder Herstellungskosten aus und vermindert sie um einen Abnutzungssatz von im allgemeinen 40 — 60 v.H. Bei neuen Vermögensgegenständen empfiehlt es sich, in gleichen, nach der Nutzungsdauer des einzelnen Gegenstandes be714

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

rechneten J a h r e s b e t r ä g e n bis z u m Festwert abzuschreiben (vgl. 84, 98).

Coenenberg

Mit der Pflicht, i.d.R. alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme 255 (§ 240 Abs. 3 S a t z 2 H G B ) d u r c h z u f ü h r e n , soll der Festwert periodisch meng e n m ä ß i g ü b e r p r ü f t werden. Im Steuerrecht ist im Abschnitt 31 Abs. 5 S a t z 3 E S t R 1984 eine a d ä q u a t e V o r s c h r i f t zu finden. D a n a c h hat eine körperliche B e s t a n d s a u f n a h m e mindestens zu j e d e m d e m Hauptfeststellungszeitpunkt v o r a n g e h e n d e n Bilanzstichtag, spätestens aber an j e d e m f ü n f t e n Bilanzstichtag, z u erfolgen. Generell gilt diese A u s n a h m e von der Pflicht einer jährlichen B e s t a n d s a u f n a h m e nur, s o l a n g e sämtliche V o r a u s s e t z u n g e n z u r Bildung eines Festwertes erfüllt sind. b) G r u p p e n b e w e r t u n g . D i e in § 240 Abs. 4 H G B geregelte G r u p p e n b e w e r - 2 5 6 tung (bisher kodifiziert in § 40 Abs. 4 N r . 1 H G B a.F.) soll die B e w e r t u n g s a r beiten bei der Erstellung des J a h r e s a b s c h l u s s e s vereinfachen, indem sie — nur zu B e w e r t u n g s z w e c k e n und in D u r c h b r e c h u n g des G r u n d s a t z e s der Einzelbew e r t u n g (vgl. § 252 Abs. 1 N r . 3 H G B ) , der lediglich eine Z u s a m m e n f a s s u n g v o n V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e n gleicher Beschaffenheit gestattet — auch die Z u s a m m e n f a s s u n g bestimmter gleichartiger oder annähernd gleichwertiger V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e zuläßt. D i e s e s Bewertungsverfahren ist nicht davon abhängig, wie der Bestand m e n g e n m ä ß i g a u f g e n o m m e n wird, ob durch Zählen, W i e g e n , Messen o d e r ein geeignetes S c h ä t z v e r f a h r e n ( W P - H a n d b u c h 8 5 / 8 6 I, 599). D i e Anwendung des Verfahrens ist aber begrenzt a u f : — gleichartige V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e des V o r r a t s v e r m ö g e n s (vgl. R d n . 257) — a n d e r e gleichartige o d e r annähernd gleichwertige bewegliche V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e (vgl. R d n . 258). Ziel dieses Bewertungsverfahrens ist eine summarische B e w e r t u n g der zu Gruppen zusammengefaßten Vermögensgegenstände mit bestimmten Durchschnittspreisen (z.B. mit d e m g e w o g e n e n Durchschnittswert; vgl. R d n . 259 f f ) . Mit d e m E r f o r d e r n i s der Gleichartigkeit wollte der G e s e t z g e b e r klarstellen, 257 daß es sich nicht u m g e n a u die gleichen V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e zu handeln braucht. Gleichartig bedeutet somit, daß die G e g e n s t ä n d e derselben W a r e n g a t t u n g a n g e h ö r e n müssen, z.B. Bandeisen verschiedener A b m e s s u n g e n , W a r e n erster, zweiter und dritter W a h l (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 155, 99). D e r Begriff der Gleichartigkeit umfaßt also die Artgleichheit. V o n Gleichartigkeit k a n n aber auch g e s p r o c h e n w e r d e n , wenn die V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e z w a r nicht der gleichen W a r e n g a t t u n g a n g e h ö r e n , aber dem gleichen V e r w e n d u n g s z w e c k dienen. D i e s trifft z.B. bei sogenannten Substitutionsgütern z u , Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

wie Plastikkästen anstatt von Metallkästen zum Transport von Flaschen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 101). Der Begriff der Gleichartigkeit umfaßt daher auch die Funkdonsgleichheit. Da für gleichartige Gegenstände ein nach den Erfahrungen der betreffenden Branche sachgemäßer Durchschnittswert anzugeben ist (vgl. Meinecke in Littmann/Bitz/Meinecke § 6, 295), ist für das Merkmal „gleichartig" auch annähernde Preisangleichheit, also Gleichwertigkeit, von Bedeutung (vgl. Adler.i Düring/Schmaltz § 155, 102). So erscheint es z.B. bei Vermögensgegenständen mit niedrigeren Stückpreisen, für die nach Lage der Dinge keine grossen Bestandsmengen gehalten werden, vertretbar, Preisabweichungen zwischen sonst gleichartigen Gegenständen von 20 bis 25 % in Kauf zu nehmen. Je größer dagegen die Bestandsmengen und damit auch die absoluten Abweichungen sein können, um so kleiner wird die noch vertretbare prozentuale Abweichung sein. Diese Auffassung kann also dazu führen, daß bei einem Unternehmen das Vorliegen der Gleichartigkeit zwischen den nicht genau gleichen Vermögensgegenständen bejaht, während es bei einem anderen Unternehmen verneint werden muß (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 102). 258 „Annähernd gleichwertige" Gegenstände brauchen nicht gleichartig zu sein, sie dürfen aber auch nicht gänzlich verschieden sein (vgl. Abschnitt 36 Abs. 3 Satz 5 1. Hs. EStR 1984). Zwischen ihnen muß ein irgendwie gearteter wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen, beispielsweise die Zugehörigkeit zum gleichen Sortiment (vgl. WP-Handbuch 85/86 II, 599). Vermögensgegenstände sind annähernd gleichwertig, wenn ihre Preise (je nach Bewertungsverfahren Einkaufspreise oder Verkaufspreise) nur geringfügig voneinander abweichen (vgl. Abschnitt 36 Abs. 3 Satz 4 EStR 1984), so daß der Gesamtwert nicht wesentlich von der Summe der Einzelwerte abweicht (vgl. WP-Handbuch aaO). Ein Spielraum von 20 % zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Einzelwert dürfte bei geringerem Wert der einzelnen Vermögensgegenstände noch als vertretbar angesehen werden können. Gleichwertigkeit ist aber immer bei genau gleichen Vermögensgegenständen (wie dies bei vermischten, vertretbaren — § 91 BGB — Gütern gleicher Sorte der Fall ist) gegeben (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155,140). 259

c) Durchschnittsmethoden. Vermögensgegenstände, die als Gruppe bewertet werden dürfen (Gruppenbewertung, vgl. Rdn. 256 ff), können mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden (§ 240 Abs. 4 HGB). Voraussetzung für den Ansatz des gewogenen Durchschnittswerts ist, daß ein solcher Wert bekannt ist. Stehen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einwandfrei fest oder sind sie ohne unverhältnismäßigen Aufwand feststellbar, so ist der Ansatz von Durchschnittswerten — weil dies ein Vereinfachungsverfahren ist — nicht zulässig (vgl. Jonas 80, 187). Die Durchschnittsmethoden, die in der Praxis weit verbreitet sind, treten 716

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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in zwei Varianten a u f ; sie f ü h r e n zu einem einfachen oder einem gleitenden gewogenen Durchschnittspreis. Im ersten Falle wird aus dem Anfangsbestand und den Zugängen des Ge- 2 6 0 schäftsjahres ein Durchschnittspreis gebildet, indem die jeweiligen Mengen sowohl des Anfangsbestandes als auch der Z u g ä n g e mit den einzelnen Einstandspreisen gewichtet (multipliziert) werden. D e n einfachen gewogenen Durchschnittspreis erhält man, indem man die Summe der P r o d u k t e aus Menge χ Preis durch die Summe der Mengen dividiert. Dieser gewogene Durchschnittseinzelpreis ist zur Ermittlung des Inventur-(Bilanz)ansatzes des zu bewertenden Güterbestandes mit der inventarisierten Bestandsmenge z u m Bilanzstichtag zu multiplizieren. Veranschaulicht sei dieses V o r g e h e n an folgendem festgestellten betrieblichen Sachverhalt: 1. 1. Anfangsbestand 19. 1. Zugang 1. 2. Abgang 5. 7. Zugang 25. 7. Abgang 12. 9. Zugang 22.11. Abgang

150 kg ä DM 250 kg ä DM 100 kg 200 kg ä DM 400 kg 150 kg ä DM 50 kg

40,—/kg 42,-/kg 38,-/kg 43,-/kg

Bestand lt. Inventur 200 kg. (vgl. Coenenberg

84, 135 f)

Beispiel: einfache Durchschnittsmethode (Sachverhalt s.o.)

Anfangsbestand + Zugang + Zugang + Zugang

150 kg ä DM 4 0 , 250 k g ä D M 4 2 , 200 kg ä DM 38,150 kg ä DM 43,—

=DM = DM =DM =DM

6.000,10.5007.600,6.450,-

./. Abgänge

750 kg _ = DM 30.550,550 kg ä DM 40,73 = DM 22.403,33

Endbestand

200 kg ä DM 40,73 = DM 8.146,67

einfacher gewogener Durchschnittspreis: 30.550 : 750 = DM 40,73/kg Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Dieses Verfahren kann modifiziert werden, z.B. bei schnell umschlagenden Beständen durch Zugrundelegung nur der Zugänge des letzten Halb- oder Vierteljahres (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 86). 261

Die Ermittlung des gleitenden gewogenen Durchschnitts stellt eine verfeinerte Rechnung dar. Sie schließt auch die Bewertung der Bestandsabgänge während des Geschäftsjahres ein, indem in der laufend zu führenden Rechnung die jeweils ermittelten Durchschnittspreise fortgeschrieben (skontriert) werden, d.h., nach jedem Zugang wird sofort ein neuer Durchschnittspreis berechnet, mit dem der nachfolgende Abgang bewertet wird, ggf. die nachfolgenden Abgänge bis zu einem neuen Zugang bewertet werden. Man kommt mit dieser Rechnung den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten u.U. erheblich näher, weil die tatsächlichen Preisveränderungen stärker berücksichtigt werden. Der Inventurwert eines zu bewertenden Lagerbestandes am Bilanzstichtag ergibt sich in diesem Falle unmittelbar aus der Lagerkartei (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 87).

Beispiel: Gleitende Durchschnittsmethode (Sachverhalt s.o.) 1.1. Anfangsbestand 19. 1. Zugang

150 kg ä DM 40,- = DM 6.000250 kg ä DM 42,- = DM 10.500,-

400 kg = DM 16.500,DM 16.500,-DM41,25 Durchschnittspreis 400 kg 100 kg ä DM 41,25 = D M 4.1251. 2. Abgang Bestand

Bestand 5. 7. Zugang Bestand Durchschnittspreis

500 kg DM 19.975,-

= DM 19.975-

25. 7. Abgang

= DM 39,95 500 400 kg ä DM 39,95 = DM 15.980,-

Bestand 12. 9. Zugang

100 kg = D M 3.995,150 kg ä DM 43,- = D M 6.450,-

Bestand Durchschnittspreis 22.11. Abgang Endbestand 718

300 kg = DM 12.375,200 kg ä DM 38,- = D M 7.600,-

250 kg DM 10.445,250

= DM 10.445,= DM 41,78

50 kg ä DM 41,78 = D M 2.089,200 kg ä DM 41,78 = DM 8.356,Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Der mittels der Durchschnittsmethode festgestellte Bestandswert nähert sich bei ständigen Zu- und Abgängen dem realen Wert. Die steuerrechtliche Zulässigkeit dieser Methoden ist im Abschnitt 36 Abs. 2 2 6 2 EStR 1984 geregelt.

d) Verbrauchsfolgefiktionen. Als Bewertungsvereinfachungsverfahren sind 2 6 3 im Gesetz ausdrücklich Verfahren zugelassen, bei denen die zuerst oder zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst oder in einer sonstigen bestimmten Folge verbraucht oder veräußert worden sind (§ 256 HGB). Mit ihrer Anwendung ist i.d.R. keine Kostenersparnis verbunden. Bewertet dennoch eine Gesellschaft ihre Vorräte in der Handelsbilanz z.B. nach dem Fifo-Verfahren, kann diese Bewertung latente Steuern auslösen (vgl. Rückstellung für Steuerabgrenzung Rdn. 574 f). Anwendungsvoraussetzungen für diese Verfahren sind: — sie müssen den GoB (vgl. Rdn. 104 ff) entsprechen und — sie dürfen nur auf gleichartige Gegenstände (vgl. Rdn. 257) des Vorratsvermögens (vgl. Rdn. 462) angewendet werden. Dieser Vorschrift sind folgende — in der betriebswirtschaftlichen Literatur ausführlich dargestellte — Verfahren zu subsumieren: Das Fifo-, Lifo-, H i f o und Lofo-Verfahren. Die ersten beiden Verfahren, in denen eine nach zeitlichen Gesichtspunkten geordnete Abgangs- oder Verbrauchsfolge unterstellt wird, sind im Gesetz selbst ausgeführt, die letzten beiden, in denen eine Abgangs· oder Verbrauchsfolge geordnet nach der H ö h e der Anschaffungskosten der einzelnen Zugänge unterstellt wird, werden im Gesetz als sonstige bestimmte Folgen bezeichnet. Grundsätzlich können diese Verfahren zur Bewertung der Vorräte herangezogen werden (vgl. Goerdeler in Hachenburg § 42, 156), jedoch haben nicht alle Verfahren in der Praxis gleich große Bedeutung erlangt. Dies wohl deswegen, weil die Verfahren für steuerliche Zwecke grundsätzlich abgelehnt werden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 88; Abschnitt 36 Abs. 2 Satz 3 und 4 EStR 1984). Das Fifo-Verfahren (First in — first out) unterstellt, daß die zuerst erworbenen Güter, d.h. die jeweils ältesten Bestände, als zuerst verbraucht oder veräußert gelten, und zwar buchtechnisch, nicht gegenständlich. Entsprechend dieser Abgangsfiktion besteht der Endbestand aus den zuletzt erfolgten Lagerzugängen. Wird diese Verbrauchsfolge auch tatsächlich eingehalten, so wird der Endbestand entsprechend dem Prinzip der Einzelbewertung zu Anschaffungskosten bewertet, da die jeweiligen Zugänge mit den Anschaffungskosten erfaßt werden. Niehus/Scholz

719

264

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

Beispiel: F i f o - V e r f a h r e n (Sachverhalt s. Rdn. 2 6 0 ) Anfangsbestand + Zugang + Zugang + Zugang

150 kg ä D M 4 0 — 250 kg ä DM 4 2 , 200 k g ä D M 38 — 150 kg ä DM 4 3 -

·/. Verbrauch

750 kg 550 kg

Endbestand

200 k g : 150 kg ä DM 4 3 , - = D M 6 . 4 5 0 50 kg ä DM 3 8 , - = DM 1 . 9 0 0 200 kg

= DM 8 . 3 5 0 -

D a bei diesem V e r f a h r e n die Abgänge in zeitlicher Reihenfolge der Z u gänge bewertet werden, ist es für die Bewertung des Endbestandes ohne Einfluß, ob die einzelnen Abgänge jeweils laufend oder nur zusammen am Ende des Abrechnungszeitraumes erfaßt werden (vgl. u.a. Wöhe 84, 4 8 1 ) . D i e Anwendung dieses Verfahrens führt bei sinkenden Preisen zu einem niedrigeren Gewinnausweis als bei Außerachtlassung dieser M e t h o d e , da die älteren, hohen Beschaffungspreise zur Bewertung des Endbestandes nicht herangezogen werden. 265

Beim Lifo-Verfahren (Last in — first out) wird unterstellt, daß buchtechnisch, nicht gegenständlich, die zuletzt zugegangenen G ü t e r stets als zuerst abgegangen gelten, so daß sich der Endbestand nur aus den zuerst beschafften Gütermengen zusammensetzt. D e r Bestand am Bilanzstichtag wird bei diesem V e r f a h r e n mit den Preisen der zuerst beschafften Mengen bewertet. Bei steigenden Preisen führt dieses V e r f a h r e n zu einem niedrigeren Gewinnausweis, da die höheren Beschaffungspreise der letzten Bestandszugänge keinen Einfluß auf die Bewertung haben. Dieses V e r f a h r e n tritt in der Praxis in zwei Formen in Erscheinung, dem

Perioden-Lifo und dem permanenten Lifo. Beispiel: Perioden-Lifo-Verfahren (Sachverhalt s. Rdn. 2 6 0 ) Anfangsbestand + Zuging + Zugang + Zugang

150 250 200 150

•/.Verbrauch

750 kg 550 kg

Endbestand

kg ä DM kg ä DM kg ä DM kg ä DM

40,— 42,3843,-

200 kg : 150 kg ä DM 40,— = DM 6.000,50 k g ä D M 4 2 - = D M 2 . 1 0 0 200 kg

720

Niehus/Scholz

= D M 8.100,-

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Beispiel: Permanentes Lifo-Verfahren (Sachverhalt s. Rdn. 260) 1.1. Anfangsbestand 19. 1. Zugang

150 kg a DM 40,- = D M 6.000250 kg ä DM 42,- = DM 10.500-

1. 2. Abgang

DM 16.500100 kg ä DM 4 2 - = DM 4.200,-

5. 7. Zugang

DM 12.300,200 kg ä DM 38,- = DM 7.600-

25. 7. Abgang 400 kg:

DM 200 kg ä DM 38,- = DM 150 kg ä DM 42,- = DM 50 kg ä DM 40,- = DM

19.9007.600,6.3002.000,-

12. 9. Zugang

DM 4.000,150 kg ä DM 43,— = DM 6.450,-

22.11. Abgang

DM 10.450,50 kg ä DM 43,- = DM 2.150,-

31.12. Endbestand

200kg

DM 8.300-

Beim permanenten Lifo-Verfahren werden die Bestandsabgänge während der Abrechnungsperiode fortlaufend mengen- und wertmäßig entsprechend der unterstellten Abgangsfolge erfaßt, beim Perioden-Lifo-Verfahren werden dagegen nur die Abgangsmengen zusammengefaßt berücksichtigt. Bei dem Hifo-Verfahren (Highest in — first out) werden grundsätzlich die 2 6 6 mit den höchsten Preisen angeschafften Güter als zuerst abgegangen angesehen und abgebucht, so daß der Bestand am Bilanzstichtag nur aus Gütern besteht, die mit den niedrigst möglichen Anschaffungskosten erworben worden sind. Dieses Verfahren führt immer zu einer Bestandsbewertung, die dem Vorsichtsprinzip gerecht wird, auch dann, wenn innerhalb einer Abrechnungsperiode die Preise starken Schwankungen unterliegen. Zur Bewertung der Bestände sind die niedrigsten Anschaffungskosten heranzuziehen.

Beispiel: Perioden-Hifo-Verfahren (Sachverhalt s. Rdn. 260) Anfangsbestand + Zugang + Zugang + Zugang

150 kg ä DM 250 kg ä DM 200 kg ä DM 150 kg ä DM

40,42,38,43,-

./. Verbrauch

750 kg 550 kg

Endbestand

200 kg : 200 kg ä DM 38,Niehus/Scholz

= DM 7.600721

HGB § § 238-335

Rechnungslegung

Auch dieses Verfahren ist als Perioden-Hifo-Verfahren oder als permanentes Hifo-Verfahren denkbar, ähnlich wie das Lifo-Verfahren (vgl. Rdn. 265), so daß sich, je nachdem, welche Methode realisiert wird, unterschiedliche Endbestandswerte ergeben. Im Gegensatz zu dem oben angeführten Beispiel ist beim permanenten Hifo-Verfahren notwendig, sämtliche Lagerbewegungen mengen- und wertmäßig zu erfassen. 267

Bei dem Lofo-Verfahren (Lowest in — first out) wird von der Unterstellung ausgegangen, daß die mit den niedrigsten Preisen angeschafften Güter zuerst verbraucht oder veräußert werden. Der Endbestand wird folglich (auch bei schwankenden Beschaffungspreisen) immer mit den höchsten Beschaffungspreisen der Periode bewertet. Beispiel: Perioden-Lofo-Verfahren (Sachverhalt s. Rdn. 260) Anfangsbestand + Zugang + Zugang + Zugang

150 kg ä DM 40,— 250 kg a DM 42,200 kg ä DM 38,— 150 kg ä DM 43,-

./.Verbrauch

750 kg 550 kg 220 kg : 150 kg ä DM 43,— = DM 6.450,50 kg ä D M 4 2 , - = DM 2.100-

Endbestand

= DM 8.550-

Dieses Verfahren führt bei steigenden Preisen zum gleichen Bilanzwert des Güterbestandes wie das Fifo-Verfahren, bei fallenden Preisen zum gleichen Bilanzansatz wie das Lifo-Verfahren. Auch bei diesem Verfahren kann zwischen dem Perioden-Lofo-Verfahren und dem permanenten Lofo-Verfahren, ähnlich den entsprechenden Methoden des Lifo-Verfahrens (vgl. Rdn. 265), unterschieden werden, so daß auch beim Lofo-Verfahren zwei unterschiedliche Endbestandswerte möglich sind. 268

Diese Schätzverfahren lassen sich auch kombinieren, bspw. derart, daß ein über den Anfangsbestand hinausgehender Endbestand nach dem Hifo-Verfahren, hingegen der Teil des Endbestandes, der dem Anfangsbestand gleicht, nach dem Lifo-Verfahren bewertet werden. Der Endbestandswert ergibt sich aus der Summe beider Teilmengenansätze (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 112 ff). 269 Die genannten Verbrauchsfolgeunterstellungen können auch im Zusammenhang mit dem sogenannten Kifo-Verfahren (Konzern in — first out) verwendet werden. Setzt sich beispielsweise der Bestand ein und derselben Art von Gütern aus selbstgefertigten, von Konzernunternehmen und von Fremden bezogenen Gütern zusammen, kann bei Anwendung der Kifo-Methode 722

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§

238-335

unterstellt werden, daß die zuerst getätigten Lagerabgänge Güter aus eigener Produktion oder aus der Produktion von Konzernunternehmen sind. Die Folge dieser Verbrauchsfiktion ist, daß der Endbestand nur oder fast nur aus fremdbezogenen Gütern besteht. Diese Vorgehensweise erleichtert oft die Bewertung der Bestände sowohl in der Einzelbilanz als auch in der Konzernbilanz. Zulässigkeitsvoraussetzung aller Bewertungsvereinfachungsverfahren ist, 2 7 0 daß ihre Anwendung den GoB (vgl. Rdn. 104 ff) entspricht. Die Anwendung steht im Widerspruch zu den GoB, wenn sie mißbräuchlich erfolgt. Mißbrauch könnte in Betracht zu ziehen sein, wenn die tatsächliche Abgangsfolge von der unterstellten Abgangsfolge abweicht. Nach h.M. kann jedoch im allgemeinen eine Ubereinstimmung nicht gefordert werden, da das Gesetz ausdrücklich („kann . . . unterstellt werden") ja gerade von einer Fiktion ausgeht. Wesen einer Fiktion ist, daß eine im Gesetz festgelegte Annahme eines Sachverhaltes in Wirklichkeit nicht besteht (dazu und zu Ausnahmefällen dieses Grundsatzes vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 95). Nach Adler/Düring/Schmaltz (§ 155, 96) muß die Bewertung gleichartiger Güter (vgl. dazu Rdn. 257) den GoB entsprechen. Danach können diese Gegenstände auch nach verschiedenen Methoden (Beispiel vgl. Rdn. 264 ff) bewertet werden, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen (vgl. IdW-NA 5/66 WPg. 66, 677 f). Auch ein Wechsel der Bewertungsmethoden ist grundsätzlich zulässig; zu den Ausweisfolgen der Bewertungsmethoden vgl. § 284 Abs. 2 Nr. 1 H G B ; Rdn. 864 ff. Die handelsrechtliche Zulässigkeit der Bewertungsverfahren auf der Basis 271 von Verbrauchsfolgeunterstellungen ist insoweit unbestritten, als die Anwendung zu Bewertungsansätzen bei den Gegenständen des Vorratsvermögens (vgl. Rdn. 462) führt, die dem Niederstwertprinzip (vgl. Rdn. 189) gerecht werden. Da das Lofo-Verfahren dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht wider- 2 7 2 spricht (vgl. Rdn. 185), erscheint seine Anwendung aus betriebswirtschaftlicher Sicht wenig zweckmäßig (vgl. Coenenberg 84, 140). Darüber hinaus muß wohl verneint werden, daß dieses Verfahren der Beachtung des Vorsichtsprinzips überhaupt, also den GoB, entspricht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 133). Da die Einhaltung des Fifo-Verfahrens sowohl dem handelsrechtlichen 2 7 3 Einzelwert- als auch dem Anschaffungskostenprinzip gerecht wird, wird die Anwendung dieses Verfahrens handelsrechtlich i.d.R. immer anerkannt. Die Frage nach der handelsrechtlichen Zulässigkeit des Lifo- und des Hi- 2 7 4 fo-Verfahrens stellt sich insbesondere dann, wenn die mittels dieser Verfahren geschätzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten unter dem Tageswert am Bilanzstichtag liegen. Die generelle Anwendbarkeit des Lifo-Verfahrens ist nicht unbestritten. Sie 2 7 5 muß jedoch vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt aus für zweckmäßig und Niehus/Scholz

723

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

vom rechtlichen Standpunkt aus für zulässig und dem Willen des Gesetzgebers entsprechend angesehen werden, denn eine zu hohe Bewertung wird durch das in § 253 Abs. 3 H G B zum Ausdruck kommende Niederstwertprinzip ausgeschlossen. Ein im Vergleich zur Einzelbewertung niedrigerer Wertansatz kann einen Verstoß gegen die Generalklausel des § 264 Abs. 2 H G B darstellen (vgl. Rdn. 108 ff), wenn das Lifo-Verfahren als Wahlrecht ausdrücklich — hier durch die Fiktion über die Verbrauchsfolge — in der Vorschrift über Bewertungsvereinfachungsverfahren enthalten ist. Außerdem läßt der Handelsgesetzgeber in der Handelsbilanz auch den Ansatz eines vom Handelsrecht abweichenden niedrigeren steuerlichen Bilanzwertes zu (vgl. §254 H G B ; zur steuerlichen Zulässigkeit des Lifo-Verfahrens vgl. Rdn. 277), so daß auch auf diese Weise ein unter dem Tageswert liegender geschätzter Wert ein zulässiger Wert ist. 276

Die Vereinbarkeit des Hifo-Verfahrens mit den GoB — und damit die handelsrechtliche Zulässigkeit — läßt sich damit begründen, daß nach § 256 H G B der Verbrauch nicht nur in einer zeitlichen Folge, sondern auch in „einer sonstigen bestimmten Folge" unterstellt werden kann (vgl. Wöhe 84, 491). Außerdem entspricht es guten kaufmännischen Prinzipien, zunächst die am teuersten eingekauften Teilmengen zu verbrauchen oder zu veräußern, um die mit einer späteren Verwertung ggf. verbundenen Risiken zu vermeiden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155,129).

277

Mit der steuerrechtlichen Zulässigkeit der Verbrauchsfolgeverfahren setzt sich der Abschnitt 36 Abs. 2 EStR 1984 auseinander: Nach Satz 2 dieser Richtlinie ist — bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von vertretbaren (§91 BGB) Wirtschaftsgütern, deren Einstandspreise im einzelnen nicht mehr einwandfrei feststellbar sind — nicht von den Verbrauchsfolgefiktionen „Last in — first out" (vgl. Rdn. 265) oder „First in — first out" (vgl. Rdn. 264) auszugehen. Nach Göllert/Ringling BB 85, 969 müßte jedoch das Lifo-Verfahren gem. § 5 Abs. 1 EStG nach der Neufassung des § 256 H G B zulässig sein. In diesen Fällen stellt die Durchschnittsbewertung (vgl. Rdn. 259 ff) nach Satz 3 dieser Vorschrift ein zweckentsprechendes Schätzungsverfahren dar (vgl. OFH-Gutachten, MinBIFin. 49/50, 333; BFH BStBl. 66 III, 274). Macht jedoch ein Steuerpflichtiger glaubhaft, daß in seinem Betrieb i.d.R. die zuletzt beschafften Wirtschaftsgüter zuerst verbraucht oder veräußert werden — das kann sich z.B. aus der Art der Lagerung ergeben —, so kann diese Tatsache nach Satz 4 dieser Richtlinie bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten berücksichtigt werden. Bei der Lagerung von flüssigen Brennstoffen (z.B. von Oel) in Tanks, bei denen eine Vermischung von Anfangsbestand und Zugang eintritt, kann steuerrechtlich zulässig — mangels Glaubhaftmachung einer Verbrauchsfolgefiktion — nur eine Bewertung des Bestandes nach der Durchschnittsmethode in Frage kommen. Läßt sich bei festen Rohstoffen die Beschickung und Leerung eines Behälters aufgrund 724

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

gegebener technischer Einrichtungen nachweisen — und damit eine bestimmte Verbrauchsfolge glaubhaft machen —, wird dieser Sachverhalt auch steuerrechtlich bei entsprechender Bestimmung des Wertansatzes der auf Lager befindlichen Güter zu würdigen sein. e) Retrograde Wertermittlung. Ein nicht gesetzlich geregeltes, aber in der 2 7 8 Praxis weit verbreitetes, namentlich von Einzelhandelsunternehmen häufig verwendetes Verfahren zur Ermittlung der Anschaffungskosten ist die sogenannte retrograde Ermittlung durch Abzug der Bruttospanne. Bei den genannten Unternehmen ist es oft schwer, die Anschaffungskosten der einzelnen Waren aus den jeweiligen Unterlagen (Eingangsrechnungen) festzustellen, da die Waren schon beim Einkauf mit Verkaufspreisen ausgezeichnet werden. In diesen Fällen kann die Ermittlung der Anschaffungskosten dadurch erfolgen, daß ausgehend von den Verkaufspreisen der jeweils darin enthaltene Gewinnaufschlag herausgerechnet wird. Dazu ist für jede Warengruppe der einheitlich auf ihre Anschaffungskosten angewandte Rohgewinnaufschlagssatz festzustellen. Die auf diese Weise ermittelten Anschaffungskosten verringern sich um ggf. erhaltene Preisnachlässe (Skonti, Boni, Rabatte). Dieses Verfahren ist handelsrechtlich nicht nur üblich, sondern auch vertretbar (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 155, 146), und steuerrechtlich ist es durch ständige Rechtsprechung (RFH RStBl. 38, 888; BFH BStBl. 61 III, 154; Β F H BStBl. 64 IV, 426 für das Warenlager eines Textilhandelsunternehmens) sanktioniert. 6. Maßgeblichkeitsprinzip (Verhältnis von Handels- und Steuerbilanz). § 5 2 7 9 Abs. 1 EStG bestimmt, daß u.a. Kaufleute, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, für den Schluß des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen haben, das nach den handelsrechtlichen GoB auszuweisen ist. Diese Bestimmung wird als Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz bezeichnet (vgl. Dziadkowski BB 86, 330) und macht alle für die Aufstellung von Handelsbilanzen entwickelten Buchführungs- und Bilanzierungsprinzipien verbindlich. Dieses materielle Maßgeblichkeitsprinzip wird durch das formelle Maß- 2 8 0 geblichkeitsprinzip, das in § 60 Abs. 3 EStDV normiert ist, ergänzt. Es fordert: Enthält die Vermögensübersicht (Bilanz) Ansätze oder Beträge, die den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechen, so sind diese Ansätze oder Beträge durch Zusätze oder Anmerkungen den steuerlichen Vorschriften anzupassen. D e r Steuerpflichtige kann auch eine den steuerlichen Vorschriften entsprechende Vermögensübersicht (Steuerbilanz) erstellen.

Ein Kaufmann ist also nicht verpflichtet, eine gesonderte Steuerbilanz aufzustellen. Es genügt der Finanzverwaltung, daß eine die steuerlichen Vorschriften beachtende, insoweit also korrigierte Handelsbilanz aufgestellt wird. Niehus/Scholz

725

Rechnungslegung

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5 281

Gegenstand des materiellen Maßgeblichkeitsprinzips ist, daß die Wertansätze in der Handelsbilanz f ü r die Steuerbilanz maßgeblich sind, es sei denn, daß zwingende steuerrechtliche Vorschriften abweichende Wertansätze erfordern. Läßt das Steuerrecht beispielsweise Bewertungsalternativen zu, die auch handelsrechtlich erlaubt sind, so sind die handelsrechtlichen Wertansätze maßgeblich. Besteht z.B. für die Steuerbilanz ein Wahlrecht, ob das Unternehmen f ü r ein Wirtschaftsgut die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 211 ff) oder den niedrigeren Teilwert (vgl. Rdn. 244) ansetzt, so ist der Ansatz des niedrigeren Teilwertes dann nicht zulässig, wenn in der H a n delsbilanz der betreffende Vermögensgegenstand mit den Anschaffungsoder Herstellungskosten bilanziert wurde (vgl. Wöhe 84, 198). Der Maßgeblichkeitsgrundsatz wirkt auch in seiner vollen Strenge, wenn das Handelsrecht für die Handelsbilanz einen niedrigeren Wertansatz erzwingt, während das Steuerrecht auch einen höheren Wert zulassen würde (vgl. Wöhe aaO).

282

Dieser Maßgeblichkeitsgrundsatz erfährt jedoch durch besondere Steuervergünstigungsvorschriften, die u.a. struktur-, konjunktur-, regional-, sozialund vermögenspolitischen Zwecken dienen, weitgehend eine Umkehrung. Die begünstigenden Vorschriften räumen i.d.R. die Möglichkeit ein, Teile des Steuerbilanzgewinns in zukünftige Abrechnungsperioden zu verschieben und damit die gegenwärtige Steuerlast zu mindern. Die Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen wird aber unter Berufung auf das Maßgeblichkeitsprinzip durchweg davon abhängig gemacht, daß in der Handelsbilanz entsprechende — durch gezielte Ausübung von Bilanzierungswahlrechten bestimmte — Bilanzansätze vorgenommen werden ( = wirtschaftliches, faktisches oder auch umgekehrtes Maßgeblichkeitsprinzip). Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Verabschiedung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes die umgekehrte Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Handelsbilanz nunmehr in § 6 Abs. 3 EStG kodifiziert; dieser Grundsatz ist damit nicht mehr als ein „ungeschriebener Grundsatz einkommensteuerlicher Bilanzierung" zusehen (vgl. Förschle/Kropp W P g . 86, 152). Der Anwendungsbereich der umgekehrten Maßgeblichkeit ist jedoch auf die Fälle „erhöhter" Abschreibungen, Sonderabschreibungen und bestimmte weitere, enumerativ aufgezählte Abschreibungen beschränkt (vgl. Dziadkowski BB 86, 334). Ein allgemein gültiges Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit gibt es also nicht. So setzt bspw. die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 14 BerlinFG, aber auch die Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit für geringwertige Anlagegüter (§ 6 Abs. 2 EStG) voraus, daß diese Abschreibungen (vgl. Rdn. 725) auch in der Handelsbilanz angesetzt werden. N u r in wenigen Ausnahmefällen, z.B. bei der Bildung einer Preissteigerungsrücklage nach § 74 EStDV, Abschn. 228 Abs. 5 Satz 1 EStR oder der Rücklage gem. §§ 3,4 Stillegungsgesetz im Steinkohlenbergbau, braucht diese Voraussetzung nicht eingehalten zu werden. 726

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Die Ausschöpfung steuerrechtlicher Wahlrechte, z.B. durch die Vornahme 2 8 3 von Sonderabschreibungen oder Bewertungsabschlägen, führt i.d.R. zu Unterbewertungen in der Handelsbilanz, die an sich mit der Forderung nicht in Einklang zu bringen sind, daß der Jahresabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens (vgl. Rdn. 108 ff) vermitteln soll. Handelsrechtlich werden derartige Bilanzierungsmaßnahmen aber durch 2 8 4 § 254 H G B sanktioniert. Die Vorschrift lautet: Abschreibungen können auch vorgenommen werden, um Vermögensgegenstände des Anlage- oder Umlaufvermögens mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der auf einer nur steuerrechtlich zulässigen Abschreibung beruht. § 253 Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden.

Diese Vorschrift geht auf Art. 35 Abs. 1 Buchstabe d und Art. 39 Abs. 1 Buchstabe e der 4. EG-Richtlinie zurück, die den Mitgliedsstaaten gestattet, Wertberichtigungen anstelle der handelsrechtlichen Abschreibungen nach Steuerrecht zuzulassen. Erst diese Möglichkeit erlaubt es den Mitgliedsstaaten, die Einheit zwischen Handels- und Steuerbilanz soweit wie möglich zu wahren. Die Regelung in dieser Norm knüpft an die entsprechenden Bestimmungen der §§ 154 Abs. 2 Nr. 2 und 155 Abs. 3 Nr. 2 AktG 1965 an. Sie gilt für die Minderung von Wertansätzen; für das Unterlassen von Wertaufholungen gelten die §§ 254 Satz 2 und 280 Abs. 2 H G B (vgl. Rdn. 721). Voraussetzung ist jeweils, daß der von den handelsrechtlichen Vorschriften abweichende Wertansatz in der Handelsbilanz zwingend notwendig ist, um bei der steuerlichen Gewinnermittlung Vergünstigungen zu erhalten oder Nachteile zu vermeiden; in allen Fällen muß aber der abweichende Wertansatz steuerlich zulässig sein (vgl. Begr. zum Reg.-Entw., 90; Erl. zur geänderten Konzeption, 21 und 30). Zu den Ansatz- und Ausweisfragen, die in diesem Zusammenhang auftreten, vgl. Rdn. 548 ff. 7. Formalprinzipien (Sprache und Währungseinheit). Das H G B fordert in 2 8 5 § 244, daß der Jahresabschluß in deutscher Sprache und in Deutscher Mark aufzustellen ist. Nach der Begr. zum Reg.-Entw. (S. 73) und den Erl. zur geänderten Konzeption (S. 11) bedarf es in Anbetracht der steigenden Zahl von Handelsgeschäften, die von ausländischen Kaufleuten betrieben werden, der Klarstellung, die in dieser Regelung ruht. Die Bestimmung macht u.E. erforderlich, daß ein in fremder Sprache und Währung aufgestellter Jahresabschluß einschließlich des Lageberichts (vgl. Rdn. 925 ff), ggf. auch die Darstellung der Ergebnisverwendung (vgl. § 29 Rdn. 9 ff) — obwohl für die beiden letztgenannten Unterlagen nicht ausdrücklich gefordert —, in deutscher Übersetzung und in Deutsche Mark umgerechnet vorgelegt werden muß. Niehus/Scholz

727

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

286

8. Gesellschaftsvertragliche Bilanzierungsvorschriften. Neben den handelsund steuerrechtlichen Vorschriften kann auch ein Gesellschaftsvertrag Regelungen enthalten, die auf Form und Inhalt des Jahresabschlusses einwirken. Derartige Vertragsbestimmungen werden aber nur zur Wirkung kommen, soweit sie nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften oder den Grundsatz verstoßen, daß der Jahresabschluß unter Beachtung der GoB (vgl. Rdn. 104 ff) ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln hat (vgl. Rdn. 108 ff). Diese Vertragsregelungen, die i.d.R. den für die Aufstellung des Jahresabschlusses gegebenen Ermessensspielraum einschränken, können z.B. die steuerrechtlichen Bilanzierungsvorschriften — soweit sie den handelsrechtlichen nicht entgegenstehen — ganz oder teilweise als zwingend anwendbar bestimmen, um ein Auseinandergehen von Handels- und Steuerbilanz (vgl. Rdn. 279 ff) zu vermeiden (vgl. auch Goerdeler in Hachenburg § 42,29).

287

Neben den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen, die auf die Bilanzerstellung Einfluß nehmen, haben außerdem die Gesellschafter durch entsprechende Gesellschafterbeschlüsse die Möglichkeit, zusätzliche allgemeine oder spezielle Bilanzierungsgrundsätze — unter Beachtung der oben angeführten Voraussetzungen — zu schaffen, bestehende Grundsätze zu ändern oder aufzuheben. Diese Beschlüsse bedürfen ggf. der den Gesellschaftsvertrag ändernden Mehrheit; sie können auch anfechtbar sein, wenn sie unter Verletzung der Treuepflicht den Gewinnanspruch eines Gesellschafters beeinträchtigen (vgl. Goerdeler in Hachenburg aaO).

VI. M a t e r i e l l e r u n d f o r m e l l e r Inhalt d e r Bilanz (§§ 264 ff H G B ) 288 1. Elemente der Bilanz. Gemäß dem § 247 Abs. 1 H G B sind in der Bilanz das Anlage- (§ 247 Abs. 2 H G B ; vgl. Rdn. 400) und das Umlaufvermögen (vgl. Rdn. 461 ff), das Eigenkapital (§272 H G B ; vgl. Rdn. 513 ff), die Schulden (vgl. Rdn. 294, 554 ff) sowie die Rechnungsabgrenzungsposten (§ 250 H G B ; vgl. Rdn. 502 ff, 628) gesondert auszuweisen. Diese neu eingefügte Bestimmung umreißt, welche Posten grundsätzlich für den Ausweis in der Bilanz in Betracht kommen. Die Vorschrift ist nicht als Gliederungsvorschrift zu verstehen (a.A. Havermann BFuP 86, 114). Sie soll nicht bedeuten, daß eine Bilanz, die den gesonderten Ausweis dieser Posten enthält, schon den GoB entspricht. Das Anlage- und das Umlaufvermögen sowie die Schulden sind also soweit aufzugliedern, wie dies die Grundsätze der Klarheit und Übersichtlichkeit (vgl. Rdn. 132 ff) gebieten (vgl. Forster ZfbF 85, 744). Für die GmbH ist § 247 Abs. 1 H G B deswegen ohne praktische Bedeutung, weil für große und mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) eine Bilanzgliederung nach § 266 Abs. 2 und 3 H G B verbindlich ist. Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) brauchen gem. § 266 Abs. 1 Satz 3 H G B nur eine auf bestimmte Posten verkürzte Bilanz aufzustellen. 728

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Weitere Elemente auf der Aktivseite der Bilanz sind die Bilanzierungshilfen (vgl. Rdn. 337 f) und auf der Passivseite die Sonderposten mit Rücklageanteil (vgl. Rdn. 548 ff), die in den §§ 247 Abs. 3,273 H G B verankert sind. Diese Posten sind auf das Maßgeblichkeitsprinzip (vgl. Rdn. 279 ff) zurückzuführen und in die Handelsbilanz einzustellen, wenn die Inanspruchnahme steuerlicher Erleichterungen eine entsprechende Berücksichtigung in der Handelsbilanz erfordert (umgekehrte, faktische Maßgeblichkeit vgl. Rdn. 141). Ansatz und Inhalt dieser Posten sind arteigen und können daher den übrigen Elementen nicht zugeordnet werden. Diese Aufzählung der Elemente der Bilanz ist erschöpfend, so daß sämtliche in praxi auftretenden Bilanzansätze diesen Elementen zu subsumieren sind. Der Bilanzinhalt nach Handelsrecht stellt sich, läßt man die Formvorschrif- 2 8 9 ten außer Betracht, nicht als eine Summe der Elemente der Bilanz (vgl. Rdn. 288) dar, sondern ist eine artspezifische Größe, die auf den Elementen der Bilanz basiert. Die zwischen diesen Elementen bestehenden gesetzlich determinierten Beziehungen führen zu folgendem Ermittlungsschema für den Bilanzinhalt: Ermittlungsschema für den Bilanzinhalt Vermögensgegenstände und Schulden (insgesamt) ./. nicht bilanzierungsfähige Vermögensgegenstände (Ansatzverbot) bilanzierungsfähige Vermögensgegeilstände und Schulden (Ansatzfahigkeit) + Bilanzierungshilfen (Ansatzhilfen) Basis zur Ausübung von Bilanzierungswahlrechten (Ansatzgebot) ./. Bilanzierungswahlrechte (Ansatzalternativen) bilanzierungspflichtige Vermögensgegenstände und Schulden (ggf. einschl. Bilanzierungshilfen) + Sonderposten mit Rücklageanteil (soweit steuerrechtlich erzwungen)

\ l

(Ansatzpflicht)

+ Rechnungsabgrenzungsposten (aktive, passive) ' + Eigenkapital Bilanzinhalt Diese „algebraische" Größe „Bilanzinhalt" stellt nicht die handelsrechtliche Bilanz eines bestimmten Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt dar, da sie die unternehmensindividuellen Bilanzierungssachverhalte und die in § 266 H G B für die Bilanz geforderte Gliederung (vgl. Rdn. 366 ff) nicht beNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

rücksichtigt, die eine spezifische Zerlegung des Bilanzinhalts in ganz bestimmte Bilanzposten fordert. In der auf den Bilanzstichtag einer Gesellschaft aufgestellten ordnungsmäßigen Handelsbilanz sind sowohl die Bilanzierungssachverhalte dieses Unternehmens berücksichtigt als auch die gesetzlichen Gliederungsvorschriften beachtet. Obgleich in der Bilanz überwiegend Vermögensgegenstände enthalten sind, zeigt sie kein Effektiwermögen, sondern nur ein Buchvermögen: es ist weder das bei einer Unternehmenszerschlagung vorhandene, noch das unter der Annahme der Unternehmensfortführung gegebene Effektiwermögen erkennbar (vgl. Moxterm 84, 1782). 290

2. Bilanzierungsfähigkeit und -pflicht. In § 246 Abs. 1 H G B hat der H a n delsgesetzgeber die wesentlichen Grundlagen des materiellen Inhalts der Bilanz niedergelegt. Mit dieser Norm werden die Ansatzvorschriften des neuen Bilanzrechtes (§§ 246 — 251 HGB) eingeleitet. Dabei ist zu bemerken, daß der Gesetzgeber zum ersten Mal den Ausdruck „Ansatzvorschriften" benutzt und Ansatzfragen rechtsformunabhängig regelt (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 967). Der Absatz 1 dieser Vorschrift lautet: Der Jahresabschluß hat sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

Primär regelt diese Norm das Vollständigkeitsgebot (vgl. Rdn. 150), das jedoch in engem Zusammenhang mit der Frage der Bilanzierungsfähigkeit steht. Eine nähere Umschreibung dieses Begriffs ist nach der Begr. zum Reg.Entw. (S. 79) jedoch nicht vorgesehen, weil diese auch in der 4. EG-Richtlinie fehlt und die weitere Entwicklung — wie bisher — den GoB überlassen bleiben soll; sie setzt jedoch nur die Klärung folgender Fragen, die diese Norm aufwirft, voraus: — Was sind Vermögensgegenstände (vgl. Rdn. 291 ff)? — Was sind Schulden (vgl. Rdn. 294, 554 ff)? — Was sind Rechnungsabgrenzungsposten (vgl. Rdn. 502 ff, 628)? Durch den Zusatz: „soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist" wird nach den Erläuterungen zur geänderten Konzeption (S. 12) u.a. ausgedrückt, daß § 246 H G B der Ausübung gesetzlich eingeräumter Wahlrechte nicht entgegensteht; es schließen sich also folgende zwei Fragen an: — Was ist ein Bilanzierungswahlrecht (vgl. Rdn. 361 ff)? — Welche Vermögensgegenstände und Rechnungsabgrenzungsposten sind bilanzierungspflichtig (vgl. Rdn. 298)? Da der Gesetzgeber darüber hinaus noch die Aktivierung bestimmter Auf730

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Wendungen als Bilanzierungshilfe (vgl. Rdn. 337 ff) zugelassen hat (vgl. z.B. §§ 269,274 Abs. 2 HGB), stellt sich zusätzlich noch folgende Frage: — Was sind Bilanzierungshilfen (vgl. Rdn. 337 ff)? Erst die Antworten auf die einzelnen Fragen klären u.E. die Bilanzierungsfähigkeit und die Bilanzierungspflicht.

a) Vermögensgegenstände und Schulden. Eine zentrale Stellung in der han- 291 delsrechtlichen Rechnungslegung nimmt der Begriff des Vermögensgegenstandes ein, weil z.B. in § 246 Abs. 1 H G B die Bilanzierung sämtlicher Vermögensgegenstände verlangt wird. Diese Rechtsquelle führt zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Vermögensgegenstände vorliegen, so daß sie „dem Grunde nach" bilanziert werden müssen. Derartigen Problemstellungen ist die Bewertungsfrage, also die Frage nach dem Betrag, mit dem die Vermögensgegenstände in die Bilanz einzustellen sind, nachgelagert. Das H G B benutzt diesen Begriff u.E. jedoch ohne eine Definition zu geben, denn in § 240 Abs. 1 Satz 1 H G B hat der Handelsgesetzgeber nur Beispiele für Vermögensgegenstände angeführt, wenn er dort „seine Grundstücke, seine Forderungen, den Betrag seines baren Geldes und seine sonstigen Vermögensgegenstände" aufzählt. Nach der Begr. zum Gesetzentw. vom 1.8.85 (S. 22) wird der bisherige handelsrechtliche Begriff des Vermögensgegenstandes beibehalten und „entsprechend dem überwiegenden Sprachgebrauch des aufgehobenen § 40 Abs. 2 H G B (a.F., d.V.) grundsätzlich nur für Gegenstände der Aktivseite verwendet werden (d.V.). Soweit in einer Vorschrift auch die passiven Vermögensgegenstände zu erfassen sind, wird dafür zusätzlich an allen entsprechenden Stellen der Begriff Schulden verwendet". Die von einer Definition erwarteten Abgrenzungskriterien als Instrumente zur Beantwortung der Fragen, ob und wann im Zweifelsfall ein Vermögensgegenstand bzw. eine Schuld vorliegt, liefert der Gesetzgeber nicht. Bei den handelsrechtlich nicht definierten Begriffen „Vermögensgegen- 2 9 2 stände" und „Schulden" handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die für die Rechtsanwendung auf einen gegebenen Sachverhalt im Einzelfall der Konkretisierung bedürfen. Folgende Merkmale dienen ihrer Wertauffüllung und werden als notwendig für die Begriffe „Vermögensgegenstände" und „Schulden" angesehen: 1) Bestehen eines wirtschaftlichen Nutzens bzw. einer wirtschaftlichen Belastung. 2) Verfügbarkeit des Gegenstandes bzw. Vorliegen einer Verpflichtung. 3) Selbständige Ubertragbarkeit der Gegenstände auf andere Wirtschaftssubjekte bzw. selbständige Übernahmefähigkeit einer wirtschaftlichen Belastung. Niehus/Scholz

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4) Selbständige Bewertbarkeit. 5) Relative Knappheit. (vgl. Müller-Dahl 79, 80 f)· Aus diesen Merkmalen wird im allgemeinen folgende Begriffsdefinition eines Vermögensgegenstandes abgeleitet: 293 Vermögensgegenstände sind einzelverkehrsfähige materielle und immaterielle Güter, an denen der Kaufmann das wirtschaftliche Verfügungsrecht über die Substanz für eigene Rechnung innehat (vgl. Maul AG 80, 233). Nach h.M. ist die selbständige Ubertragbarkeit das entscheidende Kriterium für das Vorhandensein eines Vermögensgegenstandes. 294 Schulden sind aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen zu erfüllende Zahlungs- oder sonstige Leistungsverpflichtungen (vgl. Maul AG 80, 233). 295

Da enge Beziehungen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz bestehen (vgl. Rdn. 279), sei im folgenden auf das steuerrechtliche Pendant zu den Vermögensgegenständen und Schulden, das „Wirtschaftsgut" eingegangen. In der steuerrechtlichen Praxis wird der ebenfalls gesetzlich nicht definierte Begriff des Wirtschaftsguts zunächst als Oberbegriff der folgenden Begriffe aufgefaßt und mit der Menge aller bilanzierungsfähigen Werte gleichgesetzt: Wirtschaftsgüter

z.B. Grundstücke, Forderungen, Geldbestand.

z.B. Verbindlichkeiten, Rückstellungen.

Darüber hinaus wird er in folgenden Unterbegriffen verwendet (vgl. Wöbe 84, 210). (1) Negative Wirtschaftsgüter (= Schulden) (2) Positive Wirtschaftsgüter (= Vermögen) Für das Steuerrecht hat die Rechtsprechung (vgl. z.B. BFH v. 18.1.54, BStBl. 54 III, 109; BFH v. 15.4.58, BStBl. 58 III, 261) folgende Grundsätze für das Vorliegen eines (positiven) Wirtschaftsguts entwickelt: 1) Wirtschaftsgüter müssen durch eine Geldleistung (Ausgabe) erworben sein. 2) Wirtschaftsgüter müssen nach der Verkehrsanschauung einen wesentli732

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3) 4) 5) 6)

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chen und über die Dauer der Abrechnungsperiode wesentlich hinausgehenden Wert für das Unternehmen besitzen. Wirtschaftsgüter müssen nach allgemeiner Verkehrsanschauung einer besonderen Bewertung zugänglich sein. Wirtschaftsgüter können auch solche Erwerbungen sein, die zivilrechtlich weder körperliche Sachen noch Rechte sind. Wirtschaftsgüter müssen nicht selbständig veräußerbare Gegenstände sein. Wirtschaftsgüter müssen sich im Gesamtwert des Betriebes auswirken,

(vgl. Wöhe 84, 221). Diese Rechtsprechung führte zu der folgenden eigenständigen Definition des Wirtschaftsguts: Wirtschaftsgüter sind Sachen und Rechte im bürgerlichrechtlichen Sinne sowie sonstige wirtschaftliche Vorteile, die durch Aufwendungen erlangt und nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertungsfähig sind sowie dem Betrieb einen über das Ende der Wirtschaftsperiode hinausgehenden Nutzen zu bringen versprechen. Zur Definition des negativen Wirtschaftsgutes (passivierungsfähige Last) soll der positive Begriff sinngemäß gelten (vgl. Jacobs 83, 1220). Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines Wirtschaftsguts ist also nach der angeführten Rechtsprechung die selbständige Bewertbarkeit. Die Merkmale, die die Rechtsbegriffe des Handelsrechts, nämlich Vermö- 296 gensgegenstände und Schulden, sowie des Steuerrechts, das Wirtschaftsgut, auffüllen, sind im wesentlichen die gleichen. Nur eine unterschiedliche Zwecksetzung beider Bilanzen führte bisher (vor dem Inkrafttreten des BiRiLiG) insbesondere zum handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstandes, der unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes durch seine Einzelveräußerbarkeit (isolierte Verkehrsfähigkeit) geprägt ist, im Gegensatz zum steuerrechtlichen Begriff des positiven Wirtschaftsguts, das nicht eine eventuelle Zerschlagung des Unternehmens berücksichtigen muß, sondern fiskalischen Zielen dient und deshalb auf seine Einzelbewertbarkeit abstellt, „sich mit der Übertragbarkeit im Rahmen des Betriebs begnügt" (Grob DB 85, 1850 m.w.N.). Diese Differenzierung führte in der Praxis dazu, daß in der Handelsbilanz zwar einzeln bewertbare, jedoch nicht einzeln veräußerbare Gegenstände keinen Platz fanden, weil sie keinen Vermögensgegenstand darstellen. Typisches Beispiel war der erworbene, sogenannte derivative (abgeleitete) Firmen- oder Geschäftswert (vgl. Rdn. 358 ff); Maul AG 80, 237. In der Handelsbilanz konnte und kann (vgl. Rdn. 358) er nur als Bilanzierungshilfe ausgewiesen werden. Hinsichtlich der Schulden als Begriff des Handelsrechts und der negativen Wirtschaftsgüter als Begriff des Steuerrechts werden aus begriffsauffüllenden Merkmalen (vgl. Rdn. 292) keine unterschiedlichen Folgerungen gezogen, so Niehus/Scholz

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daß die Begriffe auch in ihrer rechtlichen Wirkung als Synonyma aufgefaßt werden können. 297

Aus den begriffsauffüllenden Merkmalen der Begriffe „Vermögensgegenstand" und „Schulden" sowie aus den gegebenen Definitionen (vgl. Rdn. 293 f) und den gesetzlichen Bestimmungen über die Vermögensgegenstände läßt sich folgende Ubersicht über die Arten aller Vermögensgegenstände und Schulden ableiten: Arten der Vermögensgegenstände und Schulden

(Wirtschaftsgüter)

298

b) Aktivierungs- und Passivierungspflicht (Ansatzpflicht). Bilanzierungsfähigkeit und -pflicht konkretisieren sich in der Aktivierungsfähigkeit und -pflicht der Vermögensgegenstände bzw. in der Passivierungsfähigkeit und -pflicht der Schulden. Aktivierungs- und passivierungspflichtig sind nach dem Wortlaut des § 246 Abs. 1 H G B sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden (vgl. Rdn. 292 ff) sowie aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten (vgl. Rdn. 502 ff, 628), soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist; andere gesetzliche Bestim734

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mungen im Sinne dieser Vorschrift sind die normierten Bilanzierungsverbote (vgl. Rdn. 334) oder die Bilanzierungswahlrechte (vgl. Rdn. 361 ff). Aktivierungs- und passivierungspflichtig sind somit alle bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstände und Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten. Darüber hinaus besteht ein Ausweiszwang und damit eine Bilanzierungspflicht für die das Eigenkapital bildenden Posten (vgl. Rdn. 513) gemäß § 266 Abs. 3 A. HGB. Die gesetzliche Pflicht zur vollständigen Bilanzierung der dem Unternehmen zuzurechnenden Vermögensgegenstände (Vollständigkeitsgebot) verlangt mangels gesetzlicher Präzision zur Feststellung der Zurechenbarkeit von Vermögensgegenständen nach entscheidungsorientierten Bestimmungsmerkmalen. Diese sind in wirtschaftlich-rechtlichen und zeitlichen Abgrenzungs- oder Zurechnungskriterien zu finden (vgl. Rdn. 324 ff). c) Änderungen am Vermögensgegenstand. An Vermögensgegenständen 2 9 9 können durch Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Umbauarbeiten Veränderungen eintreten, die die Frage aufkommen lassen, ob dadurch zusätzlich ein neuer bilanzierungspflichtiger Vermögensgegenstand entstanden ist. Im Bilanzsteuerrecht wird mit dieser Frage das Abgrenzungsproblem zwischen dem Erhaltungsaufwand, der im Jahre der Aufwandsverursachung voll als Betriebsausgabe abzugsfähig ist, und dem Herstellungsaufwand, der grundsätzlich zu aktivieren ist, aufgeworfen. Die Nutzungsdauer eines der Abnutzung unterliegenden Wirtschaftsguts 3 0 0 wird unter der Voraussetzung geschätzt, daß an diesem Wirtschaftsgut Instandhaltungsarbeiten (Erhaltungsaufwand) laufend durchgeführt werden. Nur auf diese Weise läßt sich die Nutzungsdauer überhaupt erreichen. Diese Arbeiten führen also nicht zu einer Werterhöhung des Wirtschaftsguts, sondern verhindern eine schnellere Wertminderung als bei der Nutzungsdauerschätzung unterstellt. Erhaltungsaufwand liegt also dann vor, wenn ein Aufwand dazu dient, ein Wirtschaftsgut bis zum Ende der geschätzten Nutzungsdauer in einem nutzungsfähigen Zustand zu erhalten (vgl. Wöhe 84, 412). Dennoch ist zwischen Erhaltungs- und Herstellungsaufwand in der Praxis nicht immer einfach zu unterscheiden, weil die Grenze zwischen beiden Aufwandsarten fließend ist. Im Abschnitt 157 Abs. 1 EStR 1984 sind für das Steuerrecht die Merkmale für das Vorliegen von Erhaltungsaufwand zusammengefaßt. Dazu zählen Aufwendungen, die 1. die Wesensart eines Wirtschaftsguts nicht verändern, 2. das Wirtschaftsgut in einem ordnungsgemäßen Zustand erhalten sollen und 3. regelmäßig und in gleicher Höhe wiederkehren. Anders sind Aufwendungen zu beurteilen, die zur Folge haben, daß sich die 301 Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts quantitativ, d.h. in der Weise, daß das Wirtschaftsgut mehr (z.B. durch Aufstocken eines Gebäudes) oder länger Niehus/Scholz

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Nutzungen abgeben kann, oder qualitativ verändert, d.h. in der Weise, daß Nutzungen anderer Art zur Verfügung gestellt werden (z.B. Umbau von Verwaltungsräumen in Verkaufs- und Ausstellungsräume). In diesen Fällen ist Herstellungsaufwand gegeben. Aktivierungspflichtiger Herstellungsaufwand liegt also vor, wenn 1. ein Wirtschaftsgut durch die Aufwendungen in seiner Substanz vermehrt worden ist, 2. der Zustand des Wirtschaftsguts (Nutzungsvorrat, Verwendungsmöglichkeit) dadurch wesentlich verändert oder über seinen bisherigen Zustand hinaus erheblich verbessert worden ist, 3. die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes durch die Aufwendungen verlängert worden ist (vgl. Wöbe 84, 414). 302 Diese für das Steuerrecht entwickelten Grundsätze und Abgrenzungsmerkmale werden i.d.R. auch für die handelrechtliche Bilanzierung gelten, wenn zu entscheiden ist, ob aktivierungspflichtiger Herstellungsaufwand (Herstellungskosten) eines Vermögensgegenstandes vorliegt oder ob es sich um nicht aktivierungsfähigen Erhaltungsaufwand handelt (vgl. Wöhe 84, 413), da § 255 Abs. 2 Satz 1 H G B vorschreibt, daß Herstellungskosten die Aufwendungen sind, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. 303

d) Wirtschaftliche Betrachtungsweise. Grundsätzlich gilt, daß die Zurechenbarkeit von Vermögensgegenständen nicht nach juristischen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgt (vgl. Rdn. 19). Dieser als wirtschaftliches Eigentum bezeichnete Zurechnungsgrundsatz ist heute anerkannt (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 31). Er wird aber auch als Leerformel gesehen (vgl. Rittner7b, 47 ff). Für das Steuerrecht, das auf das Handelsrecht in vielen Fällen durchschlägt, ist dieser Grundsatz im § 39 Abs. 2 Nr. 1 A O wie folgt normiert: Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, daß er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Das wirtschaftliche Eigentum ist ein weiterer gefaßter Begriff als der des zivilrechtlichen Eigentums. Welche Voraussetzungen für die wirtschaftliche Zugehörigkeit erfüllt sein müssen, ist dennoch umstritten. Festzuhalten ist jedoch, daß eine Zurechenbarkeit aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit ein Ausnahmetatbestand ist. Die Regel ist, daß die zivilrechtliche Zuordnung (bei Sachen das zivilrechtliche Eigentum) auch die bilanzielle Vermögenszugehörigkeit indiziert. Dies gilt auch für das Steuerrecht; § 39 Abs. 1 AO formuliert: 736

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„Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen". Die Qualifikation des „wirtschaftlichen Eigentums" als Ausnahmetatbestand hat zur Folge, daß eine extensive Interpretation nicht möglich ist (vgl. Goerdeler in Hachenburg §42,55). Entsprechendes gilt für die Schulden. Sie sind dem Unternehmen zuzurech- 3 0 4 nen, wenn dieses Unternehmen wirtschaftlich verpflichtet ist. Auf die formaljuristische Entstehung der Schuld kommt es i.d.R. nicht an. Jedoch führt jede rechtliche Verbindlichkeit eines Unternehmens auch zu deren Bilanzierung. Dies folgt schon daraus, daß sich die Gläubiger an den rechtlichen Schuldner halten können ohne Rücksicht darauf, ob dieser auch im Innenverhältnis die Verbindlichkeit tragen muß oder ob die Verbindlichkeit im eigenen Namen für fremde Rechnung eingegangen ist (vgl. Goerdeler in Hachenburg § 42, 57). Unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. Rdn. 3 0 5 303) werden insbesondere folgende Handelsgeschäfte bilanziell geregelt: Geschäfte unter Eigentumsvorbehalt (vgl. Rdn. 306), die Sicherungsübereignung (vgl. Rdn. 307), Verpfändung von Vermögensgegenständen (vgl. Rdn. 308), Kommissionsgeschäfte (vgl. Rdn. 309), Treuhandgeschäfte (vgl. Rdn. 310), Pensionsgeschäfte (vgl. Rdn. 311 ff), Miet- und Pachtgeschäfte (vgl. Rdn. 314), Leasinggeschäfte (vgl. Rdn. 317 ff), schwebende Geschäfte (vgl. Rdn. 322). Im Wirtschaftsverkehr ist bei Verkäufen von Waren auf Ziel der Eigen- 3 0 6 tumsvorbehalt weitgehend üblich. Beim Eigentumsvorbehalt vereinbaren Käufer und Verkäufer, daß das Eigentum an der veräußerten Ware unter der aufschiebenden Bedingung restloser Kaufpreiszahlung übergeht (§ 455 BGB). In der Schwebezeit hat der Käufer ein veräußerbares Anwartschaftsrecht, das bilanziell wie das Vollrecht zu behandeln ist (vgl. Goerdeler in Hachenburg § 42, 58), der Verkäufer im Falle des Konkurses des Käufers ein Aussonderungsrecht (§43 KO). Sicherungsrechte hat der Verkäufer auch beim erweiterten Eigentumsvorbehalt, also dann, wenn von vornherein die Forderung aus dem Weiterverkauf an den Verkäufer zur Sicherheit abgetreten ist. Wird eine veräußerte Ware weiterverarbeitet, kann sich vereinbarungsgemäß der Eigentumsvorbehalt auch auf das Surrogat erstrecken. Obwohl der Veräußerer in diesem Fall noch rechtlicher Eigentümer ist, ist nach einhelliger Meinung die unter Eigentumsvorbehalt erworbene Ware wirtschaftlich dem Vorbehaltskäufer zuzurechnen; der Eigentumsvorbehalt bleibt bei gekauften und verkauften Waren also solange unberücksichtigt, wie er nicht geltend gemacht wird (vgl. Adler/ Düring/Schmaltz § 151, 130). Nach Geltendmachung des Eigentumsvorbehalts liegt jedoch entweder ein auf beiden Seiten noch nicht erfülltes schwebendes Geschäft i.S.d. § 249 Abs. 1 Satz 1 H G B (vgl. Rdn. 322) oder im Falle des Rücktritts durch den Verkäufer ein Rückabwicklungsverhältnis vor, so Niehus/Scholz

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daß der Käufer die Kaufpreisverbindlichkeit nicht mehr zu passivieren hat, ggf. aber Ersatzansprüche des Verkäufers (vgl. Goerdeler in Hachenburg §42,58). 307

Die Verpfändung von beweglichen Sachen, namentlich von Maschinen, Waren und Wertpapieren, ist ein verbreitetes Mittel der Kreditsicherung. Verpfändung setzt die Besitzübertragung voraus (der Gläubiger muß den unmittelbaren Besitz an der Sache erlangen, § 1205 BGB). In der Praxis wird dies oft als Hindernis empfunden, so daß an die Stelle der Verpfändung die Sicherungsübereignung tritt. Sie bietet den Vorteil, daß der Schuldner (Sicherungsgeber) unmittelbarer Besitzer der übereigneten Sache bleibt, so daß dieser z.B. die als Sicherheit übereignete Maschine, den Kraftwagen, die Geschäftseinrichtung weiter nutzen kann. Der Gläubiger (Sicherungsnehmer) erlangt die vollen Eigentumsrechte gem. § 903 BGB, ist aber im Innenverhältnis gebunden, nach den Weisungen des Schuldners zu verfahren, soweit der Schuldner seinerseits seine Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag erfüllt. Wenn der Schuldner säumig wird, darf der Gläubiger als Eigentümer also frei über das Sicherungsgut verfügen. Im Falle des Konkurses des Schuldners hat der Gläubiger ein Absonderungsrecht (§ 47 ff KO) des Sicherungseigentums. Die Sicherungsübereignung schließt den Ausweis des betreffenden Vermögensgegenstandes nicht aus (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 130). Ein zur Sicherung übereigneter Vermögensgegenstand ist also beim Sicherungsgeber (Schuldner) zu aktivieren; er erscheint in der Bilanz des Sicherungsnehmers nicht. Für das Steuerrecht ist dieser Zurechnungsgrundsatz im § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO geregelt. Nach Geltendmachung der Sicherungsrechte durch den Sicherungsnehmer hat der Sicherungsgeber jedoch entsprechende bilanzielle Konsequenzen zu ziehen. Im Verwertungsfall hat der Sicherungsgeber an Stelle des übereigneten Gegenstandes einen Anspruch gegen den Sicherungsnehmer auf den Verwertungserlös, der ggf. mit der Verbindlichkeit gegenüber dem Sicherungsnehmer saldiert werden kann (vgl. Goerdeler in Hachenburg § 42, 58).

308

Bei der Verpfändung von beweglichen Sachen (§§ 1204 ff BGB) bleibt - im Gegensatz zur Sicherungsübereignung (vgl. Rdn. 307) — der Schuldner (Pfandgeber) juristischer Eigentümer der Sachen. Der Gläubiger (Pfandnehmer) wird Besitzer, weil die Pfandsachen an ihn auszuliefern sind. Verpfändete Sachen sind als juristisches Eigentum unverändert beim Schuldner zu bilanzieren, weil dem Gläubiger durch die Besitzerlangung kein wirtschaftliches Eigentum verschafft wird. Denn das Pfandrecht ist akzessorisch zur Forderung. Es erlischt, sobald der Schuldner gezahlt hat. Im Fall der Pfandreife kann der Gläubiger nur öffentliche Versteigerung der Pfandsache verlangen.

309

Kommissions- und Konsignationsgeschäfte (im Exportgeschäft wird letzte Bezeichnung verwendet) sind auf Kommissionsverträge (§§ 383 ff HGB) zu738

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rückzuführen, in deren Rahmen eine W a r e (Kommissionsware) für Rechnung und Risiko des Kommittenten (Konsignenten) durch den Kommissionär in dessen Namen eingekauft oder verkauft wird. Bei der Einkaufskommission kauft der Kommissionär (Beauftragte) für den Kommittenten (Auftraggeber) Ware. Da der Kommissionär nach außen im eigenen Namen kauft, wird zunächst er der juristische Eigentümer. Dennoch geht im Zeitpunkt des Kaufs die Kommissionsware in das wirtschaftliche Eigentum des Kommittenten über, da dieser von diesem Zeitpunkt an die wirtschaftliche Gefahr, z.B. die Gefahr des Verlustes oder des Untergangs der Ware, trägt. Die Kommissionsware kann vom Kommittenten also frühestens zu dem Zeitpunkt bilanziert werden, zu dem sie bilanziert werden könnte, wenn er sie direkt ohne Einschaltung eines Kommissionärs eingekauft hätte. Da der Kommittent diesen Zeitpunkt nicht kennt, wird für ihn im allgemeinen eine Aktivierung der W a r e erst mit Eingang der Abrechnung des Kommissionärs in Frage kommen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 33). Kommissionsware, die beim Einkaufskommissionär in einem Konsignationslager gehalten wird, wird von ihm nicht bilanziert. Bei der Verkaufskommission ist es Aufgabe des Kommissionärs, eine im juristischen Eigentum des Kommittenten befindliche Ware zu verkaufen. Diese Kommissionsware bleibt solange im juristischen und wirtschaftlichen Eigentum des Kommittenten, bis sie verkauft ist, auch wenn die W a r e bereits vorher vom Kommissionär in Besitz genommen wird. Auch bei der Verkaufskommission bilanziert der Kommissionär keine Kommissionsware. Ver- und Einkaufskommissionäre haben ggf. nur Forderungen bzw. Forderungen und Verbindlichkeiten aus einem Kommissionsgeschäft zu bilanzieren. Im Rahmen von Treuhandgeschäften treten vor allem Bilanzierungspro- 3 1 0 bleme bezüglich des Treuhandvermögens auf. Treuhandgeschäfte resultieren aus einem zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrag. Das Treuhandvermögen besteht i.d.R. aus dem vom Treugeber an den Treuhänder übertragenen Treugut. Dazu können bewegliche wie unbewegliche Sachen, aber auch Forderungen und übertragbare Rechte gehören. Ein Treuhänder erhält nach außen am Treuhandvermögen die volle Rechtsstellung eines Eigentümers, die im Innenverhältnis zum Treugeber jedoch mehr oder weniger starken Beschränkungen unterworfen sein kann. Der Treuhänder kann also nach außen über das Treuhandvermögen im eigenen Namen als Berechtigter verfügen. Er kann sich aber dem Treugeber gegenüber u.U. schadensersatzpflichtig machen, wenn er von dem ihm nur treuhänderisch übertragenen Recht einen Gebrauch macht, der vertraglich nicht vereinbart ist (vgl. Creifelds 83, 1100). D a das wirtschaftliche Eigentum bei Treuhandverhältnissen beim Treugeber verbleibt, ergibt sich für den Treugeber aus einem Treuhandgeschäft hinsichtlich der Bilanzierung des Treuguts keine Änderung der bisherigen BilanNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

zierung. Das Treugut ist beim Treugeber zu bilanzieren (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 149, 57 m.w.N.; für das Steuerrecht im § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 1. Alt. AO geregelt). Diese Regel gilt für beide in der Praxis unterschiedenen Treuhandverhältnisse, und zwar für die uneigennützige (sog. Verwaltungs-) Treuhand uneingeschränkt — z.B. Verwaltung eines Unternehmens für einen Dritten und in dessen Interesse, aber im eigenen Namen — und für die eigennützige (sog. Sicherungs-) Treuhand eingeschränkt. Deren wichtigster Fall ist die Sicherungsübereignung (vgl. Rdn. 307). Die Bilanzierung von Treugut beim Treuhänder (kein Ausweis in dessen Bilanz; Ausweis in einer Vorspalte; Aktivierung des Treuguts und gleichzeitiger Ausweis eines Gegenpostens) war umstritten (vgl. Adler/Diiring/Schmaltz § 149, 58 m.w.N.). Unter der Generalklausel des §264 Abs. 2 H G B scheint Treugut als solches ausweispflichtig; wie lange es dauert, bis sich diese Bilanzierungsweise in der Praxis durchgesetzt hat, bleibt abzuwarten. 311

Pensionsgeschäfte treten vorwiegend, aber nicht nur in der Kreditwirtschaft auf. Die wirtschaftlichen Gründe für den Abschluß derartiger Geschäfte können vielfältig sein, oft sind es bilanzpolitische Maßnahmen (auch das sog. window dressing, vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 7), die mit ihnen verfolgt werden. Pensionsgeschäfte sind Geschäfte, durch die ein Kreditinstitut (Pen-sionsgeber) Vermögensgegenstände — z.B. Wechsel, Forderungen, Wertpapiere (im Prinzip alle Vermögensgegenstände, vgl. Goerdeler in Hachenburg § 42, 72) — gegen Zahlung eines Betrages auf einen anderen (Pensionsnehmer) mit der Maßgabe überträgt, daß a) entweder der Pensionsnehmer sie zu einem im voraus bestimmten oder vom Pensionsgeber noch zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Entrichtung des empfangenen oder eines im voraus vereinbarten anderen Betrages auf den Pensionsgeber zurückzuübertragen hat (echte Pensionsgeschäfte) oder b) der Pensionsnehmer berechtigt ist, die Rücknahme der Vermögensgegenstände zu einem im voraus bestimmten oder von ihm noch zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Rückzahlung des gezahlten oder gegen Zahlung eines im voraus vereinbarten anderen Betrages zu verlangen (unechte Pensionsgeschäfte) (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 288).

312

Bei einem echten Pensionsgeschäft ist der in Pension gegebene Gegenstand weiter dem Pensionsgeber zuzurechnen, wenn er unter den für die Bilanzierung maßgebenden Gesichtspunkten weiterhin zum Vermögen des Pensionsgebers gehört. Anhaltspunkte liegen hierfür z.B. vor, 740

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

1. wenn der in Pension gegebene Gegenstand in erster Linie als Sicherheit für ein Geldgeschäft bestimmt ist, 2. wenn das Pensionsgeschäft nach seiner vertraglichen Ausgestaltung ausschließlich dazu dient, die Erträge des in Pension gegebenen Gegenstandes auf Zeit dem Pensionsnehmer zu verschaffen, oder 3. wenn z.B. bei Aktien oder Anteilen an GmbHs der Pensionsgeber über die Ausübung des Stimmrechts entscheidet. (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 288). Ist bei einem echten Pensionsgeschäft der in Pension gegebene Gegenstand weiterhin dem Pensionsgeber zuzurechnen, so ist er unverändert bei diesem zu bilanzieren. Ist er dagegen als nicht mehr dem Vermögen des Pensionsgebers zugehörend anzusehen, ist er im Abschluß des Pensionsnehmers auszuweisen (vgl. aaO). Bei einem unechten Pensionsgeschäft ist der übertragene Vermögensge- 313 genstand dem Pensionsnehmer zuzurechnen und in seiner Bilanz auszuweisen (vgl. aaO, 289). Der Abschluß von Miet- oder Pachtverträgen im Sinne der §§ 535 ff bzw. 314 §§581 ff BGB ändert an der wirtschaftlichen Zugehörigkeit der Miet- oder Pachtgegenstände nichts. Echte Miet- und Pachtverträge sind nicht zu bilanzieren; sie sind schwebende Geschäfte (vgl. Rdn. 322) (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 149, 47). Der Vermieter oder Verpächter als Eigentümer hat die vermieteten oder verpachteten Gegenstände weiterhin zu bilanzieren. Bauten auf fremden Grundstücken, die ein Mieter oder Pächter errichtet 315 hat, sind grundsätzlich von diesem zu bilanzieren, und zwar unabhängig davon, ob sie nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden worden sind (§ 95 BGB) oder ob sie als wesentlicher Bestandteil (§§ 93, 94 BGB) in das Eigentum des Vermieters oder Verpächters übergehen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 48). Im letzteren Fall erfolgt die Entscheidung der Bilanzierungsfrage unter Beachtung der Kriterien des wirtschaftlichen Eigentums (vgl. auch Goerdeler in Hachenburg § 42,66 m.w.N.). Die gleichen Bilanzierungsgrundsätze gelten auch bei Einbauten in fremde 316 Bauwerke. Leasinggeschäfte beruhen auf Leasingverträgen. Sie stellen miet- oder 317 pachtähnliche Verträge über die Nutzung von meist industriellen Investitionsgütern dar. Die Erscheinungsformen sind vielgestaltig. Nach dem LeasingGeber unterscheidet man in direktes (Hersteller-, Händler-) und indirektes Leasing (unter Einschaltung einer Leasinggesellschaft) und nach der Art der Leasinggegenstände Immobilien- (Plant-) und Mobilien- (Equipment-)Leasing. Weitere Formen sind das sog. Sale-and-leaseback- (Verkauf und RückLeasing durch den Leasing-Nehmer) und das Full- Service- oder MainteNiehus/Scholz

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HGB §§

238-335

Rechnungslegung

nance-Leasing (unter Einschluß der Wartung). Charakteristisches Merkmal der meisten Leasing-Verträge ist eine weitgehende Überwälzung von Pflichten und Gefahren, die an sich beim Leasing-Geber ruhen, auf den LeasingNehmer und eine damit verbundene unwiderrufliche Leistungsverpflichtung des Leasing-Nehmers. Die rechtliche Einordnung ist nicht eindeutig bestimmt. Meist werden schuldrechtliche Verträge besonderer Art angenommen, auf die das Miet- oder Pachtrecht mehr oder weniger anzuwenden ist (vgl. Forster S3,685 f). 318

Begründet ein Leasing-Vertrag neben einem normalen, jederzeit kündbaren Mietverhältnis nur die Verpflichtung des Leasing-Gebers gegenüber dem Leasing-Nehmer, den Leasing-Gegenstand zu pflegen, zu warten, zu reparieren oder sonstige Arbeiten im Zusammenhang mit dem Gegenstand zu übernehmen, so spricht man von Operating-Leasing (vgl. Coenenberg 84, 64). D e r artige Verträge, die z.B. in der E D V - B r a n c h e üblich sind, bilden keine vom gewöhnlichen Fall der Miete abweichenden Verträge, so daß sie auch keine bilanziellen Besonderheiten nach sich ziehen. Aufgrund von Operating-Verträgen vermietete Vermögensgegenstände sind unverändert beim juristischen Eigentümer, dem Leasing-Geber, zu aktivieren.

319

V o n dem Operating-Leasing ist das Finanzierungs-Leasing zu unterscheiden, und zwar als Mobilien-Leasing und als Immobilien-Leasing. Zur bilanziellen Behandlung von Leasing-Gegenständen aufgrund von FinanzierungsLeasing-Verträgen hat die Finanzverwaltung in zwei Schreiben — des Bundesministers der Finanzen 31/71 (vgl. BStBl. 71 1, 264 f betreffend Mobilien-Leasing) und des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen 11/72 (vgl. BStBl. 72 I, 181 f) — Stellung genommen. Speziell zur handelsrechtlichen Bilanzierung des Finanzierungs-Leasing hat sich das IdW (vgl. IdW-HFA 1/73 W P g . 73, 102 f) geäußert; ferner Leffson D B 76, 637 f und 685 ff. T r o t z der Richtlinien der Finanzverwaltung, der Stellungnahme des IdW und eingehender Diskussion der Bilanzierungsprobleme bei Leasing-Verträgen in der Fachliteratur haben sich noch keine festen G o B für die Bilanzierung von Leasing-Verhältnissen entwickelt. D a das IdW die Anwendungen der genannten Stellungnahme derzeit ausgesetzt hat (vgl. IdW-HFA W P g . 74, 562) und es im Ergebnis weitgehend zu der Auffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich der Bilanzierung von Leasing-Gegenständen gelangt, (aufgrund der Beachtung des wirtschaftlichen Eigentums als Zurechnungskriterium eröffnen sich dem Bilanzierenden jedoch handelsrechtliche Ermessensspielräume, die zur Abweichung vom Steuerbilanzansatz führen können) werden nur die steuerrechtlichen Zurechnungsregelungen für diese Gegenstände dargestellt. W e g e n des Ausweises von Leasingverhältnissen im Anhang vgl. Rdn. 879.

320

Nach Ansicht der Finanzverwaltung (vgl. oben angeführte Schreiben) ist Finanzierungs-Leasing nur dann anzunehmen, wenn 742

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

a) der Vertrag über eine bestimmte Zeit abgeschlossen wird, während der der Vertrag bei vertragsgemäßer Erfüllung von beiden Vertragspartnern nicht gekündigt werden kann (Grundmietzeit), und b) der Leasing-Nehmer mit den in der Grundmietzeit zu entrichtenden Raten mindestens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten des Leasing-Gebers deckt. Abhängig von ihrer inhaltlichen Ausgestaltung lassen sich im wesentlichen folgende Vertragstypen unterscheiden: 1) Leasing-Verträge mit Kaufoption, d.h. dem Leasing-Nehmer steht das Recht zu, nach der Grundmietzeit diesen Gegenstand zu erwerben, 2) Leasing-Verträge mit Verlängerungsoption, d.h. der Leasing-Nehmer hat das Recht, nach Ablauf der Grundmietzeit das Vertragsverhältnis auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu verlängern, 3) Leasing-Verträge ohne Kauf- oder Verlängerungsoption, d.h. der Leasing-Nehmer hat die unter 1) und 2) aufgeführten Rechte nicht, 4) Verträge über Spezial-Leasing sind Verträge, bei deinen der LeasingGegenstand auf die besonderen Bedürfnisse des Leasing-Nehmers zugeschnitten und nur wirtschaftlich sinnvoll bei diesem zu verwenden ist. (vgl. Schreiben des BdF 31/71, BStBl. 71 I, 264 f)

Bei Finanzierungs-Leasing wird der Leasing-Gegenstand meist dem Lea- 321 sing-Nehmer als dem wirtschaftlichen Eigentümer zugerechnet. Eine Bilanzierung beim Leasing-Geber kommt nur in Betracht, wenn nach der Vertragsgestaltung zu erwarten ist, daß der Gegenstand nach Ablauf der Grundmietzeit an eine dritte Person vermietet wird. Ist dem Leasing-Nehmer der Gegenstand zuzurechnen, so hat dieser nicht nur den Gegenstand selbst zu aktivieren, sondern muß auch eine adäquate Verbindlichkeit passivieren. In diesem Falle hat der Leasing-Geber eine entsprechende Forderung zu bilanzieren (vgl. Coenenberg 84,66). Die Zurechnung von Leasing-Gegenständen aus steuerlicher Sicht auf die Vertragspartner, (Leasing-)Nehmer und (Leasing-)Geber, im Falle des Finanzierungs-Leasing ergibt sich aus der folgenden Tabelle:

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HGB §§ 238-335

Art des LeasingVertrages Ohne Mietverlängerungsoder Kaufoption

Art des LeasingGegenstandes

Rechnungslegung Bewegliche Wirtschaftsgüter und Gebäude Grundmietzeit 40-90% der Nutzungsdauer"

SpezialLeasing

Nehmer

Kein SpezialLeasing

Geber

Grundmietzeit 90% Boden d. Nutzungsdauer"' Nehm er

Geber

Nehmer

Wie Gebäude

Nehmer

Geber

SpezialLeasing Mit Kaufoption

Kein SpezialLeasing

Kaufpreis < Buchwert bei Verkauf Kaufpreis ä: Buchwert bei Verkauf

Nehmer

Geber

SpezialLeasing Mit MietverlänKein gerungs- Spezialoption Leasing

AnschlußMiete < Wertverzehr w

Nehmer

AnschlußMiete S Geber Wertverzehr"*

* Die Nutzungsdauer wird bei beweglichen Wirtschaftsgütern nach den Tabellen für die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ermittelt; bei Gebäuden wird gewöhnlich eine Nutzungsdauer von 50 Jahren zugrunde gelegt. ** Der Wertverzehr wird bei beweglichen Wirtschaftsgütern aus Restbuchwert und Restnutzungsdauer ermittelt; bei Gebäuden aus 75 % der marktüblichen Miete für vergjeichbare Gebäude. (aus Coenenberg 84, 67)

Z u r Frage d e r Passivierung v o n Rückstellungen f ü r Verluste aus schwebenden G e s c h ä f t e n , die zu bilden sind, w e n n sich die Leistung und die Gegenleistung aus F i n a n z i e r u n g s - L e a s i n g - V e r t r ä g e n nicht m e h r entsprechen, vgl. R d n . 588 ff. 744

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§

238-335

Unter schwebenden Geschäften versteht man im allgemeinen (in der Litera- 3 2 2 tur sind unterschiedliche Definitionen festzustellen) abgeschlossene, aber noch von keiner Seite (keinem Vertragspartner) erfüllte synallagmatische (gegenseitig-verpflichtende) Verträge. Die wichtigsten Vertragstypen des BGB für derartige Verträge sind insbesondere der Kauf-, Tausch-, Miet-, Pacht-, Dienst- und Werkvertrag. In einem gegenseitigen Vertrag stehen notwendigerweise die beiden Verpflichtungen (z.B. bei einem Kaufvertrag die Lieferung der Ware einerseits und die Bezahlung des Kaufpreises andererseits) in einem ausgewogenen gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis, und zwar derart, daß eine Leistung nur um der anderen willen erbracht wird. Für den Bilanzierenden selbst entstehen mit dem Abschluß des Vertrages Rechte ( = Pflichten des Vertragspartners) und Pflichten ( = Rechte des Vertragspartners), die jedoch nach den GoB (vgl. Rdn. 104 ff) nicht verbucht (vgl. §§ 41, 42 Rdn. 68) und auch nicht bilanziert werden.

Die Begründung für die Nichtaktivierung der Rechte und die Nichtpassi- 3 2 3 vierung der Pflichten aus dem Vertrag, aber auch für die Nichtbilanzierung des schwebenden Geschäftes selbst ist darin zu sehen, daß im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (des Verpflichtungsgeschäftes) davon ausgegangen werden kann, daß sich Leistung und Gegenleistung in gleicher Höhe gegenüberstehen und folglich für keinen der Partner eine Vermögensmehrung oder -minderung eingetreten ist (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 34). Ein Bilanzierungsgrund aus schwebenden Geschäften ist nur gegeben, wenn die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung nicht mehr unterstellt werden kann. Aufgrund des Imparitätsprinzips (vgl. Rdn. 191) finden aber nur Verluste aus diesen Geschäften ihren bilanziellen Niederschlag (vgl. Rdn. 588). Zu Fragen der Bilanzierung von Anzahlungen vgl. Rdn. 332, 473 und des Zeitpunktes von Lieferungen oder Leistungen aufgrund eines Vertragsabschlusses vgl. Rdn. 331. Der allgemeine Grundsatz, daß es für die Bilanzierung nicht auf die formalrechtliche Entstehung eines Rechts oder einer Verbindlichkeit ankommt, sondern darauf, ob wirtschaftlich durch die Zugehörigkeit einer Sache oder eines Rechts eine Vermögensmehrung oder durch die Belastung mit einer Verbindlichkeit eine Vermögensminderung eingetreten ist, (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 34) trifft im besonderen Maße auf die Bilanzierung von Schulden zu. So ist ein Rückstellungsgrund auch schon dann gegeben, wenn sich eine Gesellschaft ohne rechtlichen Grund ernsthaft entschlossen hat, einen Nachteil oder Schaden auszugleichen. Dabei ist unerheblich, ob die Gesellschaft später einen Rechtsanspruch einräumt oder nicht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 34). Niehus/Scholz

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

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e) Zugang von Vermögensgegenständen und Entstehung von Schulden. Die zeitlichen Zurechnungskriterien sollen vor allem dazu dienen, die Frage nach dem Zeitpunkt des bilanziellen Zugangs eines Vermögensgegenstandes oder des bilanziellen Zugangs (Entstehens) einer Schuld zu beantworten; mit der Antwort wird ggf. gleichzeitig über eine Erfolgsrealisation entschieden. Zu beachten ist dabei, daß der rechtliche und der wirtschaftliche Zeitpunkt auseinanderfallen können.

325

Bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten kommt es für die Bilanzierung nicht unbedingt auf den Zeitpunkt des rechtlichen Eigentumsübergangs (Eintragung im Grundbuch) an, sondern bspw. darauf, von welchem Zeitpunkt an nach dem Willen des Käufers und des Verkäufers die Rechte und Pflichten aus dem Grundstück (also das wirtschaftliche Eigentum; vgl. Rdn. 303) an den Käufer übergehen. Immer ist jedoch spätestens mit der Eintragung des Käufers in das Grundbuch bei diesem das Grundstück zu aktivieren. Vor einer Auflassung und dem Antrag auf Umschreibung ist die Aktivierung eines Grundstücks nie möglich (vgl. Bremser78, 127 m.w.N.).

326

Auf Grundstücken der bilanzierenden Gesellschaft von Dritten erbrachte Bauleistungen gehen zwar gemäß §§ 93 ff BGB sofort in ihr Eigentum über, zu bilanzieren sind die Leistungen jedoch erst, wenn die wirtschaftliche Verfügungsmacht duch Abnahme der Bau(-teil-)leistungen gegeben ist (vgl. IdWWFA 1 Π 1 WPg. 72, 250 ff).

327

Bei beweglichen Sachen entscheidet über den Zeitpunkt der Bilanzierung grundsätzlich der Ein- oder der Ausgang. Ein Käufer bilanziert dann, wenn die W a r e bei ihm eingegangen oder auf andere Weise in seine Verfügungsmacht gelangt ist. Die Verfügungsmacht kann bspw. auch durch die Ubergabe eines Traditionspapieres, z.B. Ladeschein, Konnossement, erfolgen oder durch eine einfache Mitteilung wie die eines Spediteurs, daß die Ware bei ihm zur Verfügung steht. Voraussetzung für die Verschaffung der Verfügungsmacht ist der diesbezügliche Wille des Verkäufers (vgl. Adler/Düring/Schmaltz §149,41).

328

Bei unterwegs befindlicher (schwimmender, rollender) Ware kann der Zeitpunkt f ü r die Bilanzierung der Ware schon im Augenblick des Gefahrenübergangs gesehen werden, also in dem Zeitpunkt, in dem Nutzen und Lasten aus der Ware auf den Käufer übergegangen sind; Voraussetzung ist aber, daß die Ware ausgesondert und hinreichend individualisiert ist (vgl. BFH DB 72, 1368). Nach Adler/Düring/Schmaltz (vgl. § 149, 41) hat der Bilanzierende hinsichtlich der Aktivierung unterwegs befindlicher Waren ein Wahlrecht, denn er kann sie auch erst im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs bilanzieren. Von diesem Wahlrecht macht die Praxis jedoch selten Gebrauch.

329

Der Bilanzierungszeitpunkt f ü r Wertpapiere ist unter Beachtung des Depotgesetzes zu bestimmen. Gekaufte Wertpapiere führen i.d.R. dann zu einem bilanziellen Zugang, wenn die Schlußnote erteilt und die Belastung des Kauf746

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

preises durch die Bank erfolgt ist, und zwar auch ohne Erlangung des juristischen Eigentums und unabhängig von der Verwahrungsart (vgl. hierzu und zu Bilanzierungsfragen in Ausnahmefällen Adler/Diiring/Schmaltz § 149,42). Eine Aktivierung der Ansprüche auf Dividenden- oder Beteiligungserträge 3 3 0 setzt voraus, daß sie dem Bilanzierenden am Bilanzstichtag bereits gehören. Der Rechtsanspruch auf diese Erträge müßte also vor dem Bilanzstichtag der die Beteiligung haltenden Gesellschaft (Obergesellschaft) durch einen Beschluß (Gewinnverwendungsbeschluß) der ausschüttenden Gesellschaft (Beteiligungsgesellschaft) entstanden sein. Bei einer Mehrheitsbeteiligung kann eine Aktivierung derartiger Ansprüche auch schon dann zugelassen werden, wenn das Geschäftsjahr der ausschüttenden Gesellschaft nicht nach dem Bilanzstichtag der Obergesellschaft endet, die Bilanz der ausschüttenden Gesellschaft vor Feststellung (§ 46 Ziff. 1) des Jahresabschlusses der Obergesellschaft (der GmbH) festgestellt wird und ein den Beteiligungserträgen entsprechender Vorschlag für die Gewinnverwendung vorliegt (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 173 m.w.N.); diese Auffassung teilt im Prinzip auch der B G H (vgl. WPg. 76, 80 ff). Während Adler/Düring/Schmaltz die Aktivierung derartiger Ansprüche im Rahmen eines Wahlrechts zulassen, ist steuerlich grundsätzlich eine Aktivierungspflicht festzustellen (vgl. BdF Schreiben v. 3.12.1976, BStBl. 1,678). Grundsätzlich sind Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen 331 und Leistungen zu bilanzieren, wenn der Verkäufer das zur Erfüllung des Vertrages Erforderliche getan hat und die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der Ware auf den Käufer übergegangen ist. Als Bilanzierungszeitpunkt kommen z.B. der Tag der Übergabe der Ware an den Kunden, Spediteur oder Frachtführer in Betracht. Zur Regelung in Ausnahmefällen vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 43. Geleistete Anzahlungen sind im Zeitpunkt des Abflusses des Geldbetrages 3 3 2 aus dem Vermögen der Gesellschaft als solche zu aktivieren; erhaltene Anzahlungen sind im Zeitpunkt des Zuflusses des Geldbetrages zu passivieren (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 44). Rückstellungen sind in dem Zeitpunkt zu bilden

333

a) wenn die Gesellschaft aus rechtlichen Gründen zu einer Leistung verpflichtet ist, b) wenn die Gesellschaft glaubt, sich aus anderen Gründen einer Leistung nicht entziehen zu können, oder c) wenn ein Verlust aus einem schwebenden Geschäft (vgl. Rdn. 322 f)) droht. (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 45). Folgende Beispiele sollen diese Abgrenzungsmerkmale verdeutlichen: Niehus/Scholz

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HGB § § 238-335

Rechnungslegung

zu a) Ansprüche aus einem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 38 AO). Für die Gewerbesteuer — soweit es sich nicht um Vorauszahlungen handelt — gilt, daß sie mit Ablauf des Erhebungszeitraumes (Erhebungszeitraum ist das Kalenderjahr; § 14 Abs. 2 Satz 2 GewStG), für den die Festsetzung vorgenommen wird, entsteht (5 18 GewStG). Sind keine Vorauszahlungen auf die Gewerbesteuer im Laufe eines Jahres gezahlt worden, ist in der Bilanz zum 31.12. eines Jahres die am Bilanzstichtag entstandene Gewerbesteuerschuld als Rückstellung zu passivieren, zub) So sind z.B. Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, schon in dem Zeitpunkt durch Rückstellungen zu erfassen, in dem sich beispielsweise in einer nach außen erkennbaren Entscheidung (z.B. Beschluß der Geschäftsführer) die Gesellschaft ernsthaft zur Übernahme dieser Verpflichtungen entschlossen hat. zu c) In diesem Falle ist der Zeitpunkt der Rückstellungsbildung schon dann gegeben, wenn die Verlustwahrscheinlichkeit entstanden ist, d.h. nachweisbar Anzeichen dafür gegeben sind, die den Eintritt des Verlustes im konkreten Fall als ernsthaft bevorstehend erscheinen lassen können (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz $ 152,141). 334

3. Bilanzierungsverbote (Ansatzverbote). Bilanzierungsverbote umfassen Aktivierungs- und Passivierungsverbote. Es sind Ansatzverbote, die den Ansatz eines Bilanzpostens ausschließen. Aktivierungsverbote resultieren insbesondere aus dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht (vgl. Rdn. 185), Passivierungsverbote sollen verhindern, daß bewußt überhöhte oder fingierte Posten und solche Posten, deren Rechtsgültigkeit erloschen ist, bilanziert werden (vgl. Heinen 85, 188). Im Handelsgesetzbuch sind in § 248 H G B expressis verbis zwei Aktivierungsverbote eingeführt. Nach Absatz 1 dieses Paragraphen dürfen A u f w e n d u n g e n für die Gründung des Unternehmens und für die Beschaffung des Eigenkapitals nicht in die Bilanz aufgenommen werden,

nach Absatz 2 darf für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden, ein Aktivposten nicht angesetzt werden.

Zu den Bilanzierungsverboten im weiteren Sinne wird i.d.R. auch das Verbot der Einbeziehung von Vertriebskosten in die Herstellungskosten (vgl. Rdn. 211) gerechnet. 335 a) Aufwendungen für die Gründung und Beschaffung des Eigenkapitals. Zu den Aufwendungen für die Gründung des Unternehmens und für die Beschaffung des Eigenkapitals, die nicht aktiviert werden dürfen, sind alle Aufwen748

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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düngen zu zählen, die anläßlich der Gründung, aber auch bei der Eigenkapitalerhöhung anfallen. Dabei handelt es sich vor allem um Gerichts- und Notariatskosten, Maklergebühren, Kosten für Prospekte, Kapitalverkehrsteuer, Aufwendungen für Gutachten sowie um Provisionen und sonstige Vergütungen. Derartige Kosten dürfen auch nicht von einem Agio (Ausgabeaufgeld) abgezogenwerden (vgl. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB). Das Bilanzierungsverbot für Gründungs- und Kapitalbeschaffungskosten im Sinne des § 248 Abs. 1 H G B erklärt sich aus dem Bilanzierungsgrundsatz, daß nur Vermögensgegenstände (vgl. Rdn. 290) aktiviert werden dürfen. In der Verwendung des Begriffs der Eigenkapitalbeschaffung im H G B anstatt des der Kapitalbeschaffung in § 153 Abs. 4 Satz 1 AktG 1965 ist keine materielle Änderung zu sehen, sondern nur eine präzisere Formulierung des Tatbestandes (vgl. Begr. zum Reg.-Entw., 80). b) Nicht entgeltlich erworbene immaterielle Anlagegegenstände. Für nicht 336 entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besteht nach § 248 Abs. 2 H G B ein striktes Aktivierungsverbot. Zu den Fragen, welche Gegenstände unter die immateriellen Vermögensgegenstände zu subsumieren sind und wann entgeltlicher Erwerb vorliegt, vgl. Rdn. 405 bzw. Rdn. 409. Aus dem Umkehrschluß zu § 248 Abs. 2 H G B und dem Vollständigkeitsgebot des 5 246 Abs. 1 H G B muß aber im Gegensatz zum bisherigen Recht für entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ein Aktivierungsgebot abgeleitet werden (vgl. Havermann BFuP 86,115 f). Das Bilanzierungsverbot geht darauf zurück, daß immaterielle Werte schwer schätzbar und daher unsichere Werte sind (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 115). Darüber hinaus ist diese Regelung schon deswegen erforderlich, weil die Aktivierung eigener Erfindungen letztlich eine Aktivierung zukünftiger Gewinne bedeuten und daher gegen das Realisationsprinzip (vgl. Rdn. 186 ff) verstoßen würde (vgl. Albach BB 66, 378 f). Somit ist es nicht möglich, selbstgeschaffene immaterielle Anlagewerte (z.B. Entwicklungskosten eines selbst entwickelten Patents, Aufwendungen für betriebseigene Erfindungen, vgl. auch Rdn. 410) zu aktivieren. Dieses Bilanzierungsverbot trifft auch den originären (selbstgeschaffenen) Geschäfts- oder Firmenwert, wenn auch die Norm des § 153 Abs. 5 Satz 1 AktG 1965: „Für den Geschäfts- oder Firmenwert darf kein Aktivposten angesetzt werden" in das H G B nicht expressis verbis übernommen worden ist; denn in § 255 Abs. 4 H G B ist nur der erworbene Geschäfts- oder Firmenwert (vgl. Rdn. 673) geregelt. Wann und inwieweit über nicht bilanzierbare Gegenstände im Anhang zu berichten ist, vgl. Rdn. 846 ff. 4. Bilanzierungshilfen (Ansatzhilfen). Der Handelsgesetzgeber hat den Be- 3 3 7 griff der Bilanzierungshilfe u.a. im § 269 Satz 1,1. Hs. H G B erstmals in einem Gesetzestext verwandt: Niehus/Scholz

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Die Aufwendungen f ü r die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs und dessen Erweiterung dürfen, soweit sie nicht bilanzierungsfähig sind, als Bilanzierungshilfe aktiviert werden.

Damit hat der Gesetzgeber den Begriff der Bilanzierungshilfe nicht definiert, wohl aber seinen inhaltlichen Umfang umrissen und insofern zur Begriffsklärung beigetragen. Denn in der einschlägigen Literatur wird — soweit überschaubar — dieser Begriff zwar schon lange verwendet, aber auch nicht definiert und hinsichtlich der darunter zu subsumierenden Sachverhalte sogar unterschiedlich weit gefaßt (vgl. Maul AG 80, 234). Einigkeit besteht jedoch darin, daß es sich bei einem Bilanzansatz von Aufwendungen f ü r die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs nicht um einen Vermögensgegenstand handelt und er nicht angesetzt zu werden braucht (Bilanzierungswahlrecht, vgl. Rdn. 361). Da diesen beiden Kriterien auch das Disagio gerecht wird (vgl. Rdn. 350), soll es ebenfalls den Bilanzierungshilfen zugerechnet werden. Gleiches trifft auf den Geschäfts- oder Firmenwert zu, der auch nach dem neuen H G B nicht als Vermögensgegenstand angesehen werden kann (vgl. Förschle/Kropp WPg. 86, 155); diese Auffassung ist jedoch nicht unstreitig (vgl. Rdn. 358). Zu den Bilanzierungshilfen zählt auch die aktivische Steuerabgrenzung (vgl. Rdn. 351 ff), die der Gesetzgeber in § 274 Abs. 2 H G B ebenfalls namentlich aufgeführt hat. Bilanzierungshilfen sind somit Posten auf der Aktivseite, die ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung nicht in die Bilanz eingestellt werden können, da sie keine Vermögensgegenstände sind. Daraus wird ersichtlich, daß es sich hierbei um bilanzielle Hilfsgrößen handelt, so daß sie zu Recht als Bilanzierungshilfe bezeichnet werden. Die genannten vier Bilanzierungshilfen unterscheiden sich in ihrer Wirkung auf die Ausschüttungspolitik einer Gesellschaft. Die beiden namentlich in den §§ 269, 274 H G B angeführten Bilanzierungshilfen (Aufwendungen f ü r Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs einerseits und aktivische Steuerabgrenzung andererseits) sind mit einer sog. Ausschüttungssperre verbunden. In den Vorschriften der §§ 269 Satz, 274 Abs. 2 Satz 3 H G B heißt es wortgleich, daß eine Ausschüttung nur vorgenommen werden darf, „wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden jederzeit auflösbaren Gewinnrücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags dem angesetzten Betrag (der Bilanzierungshilfe, d.V.) entsprechen". Die vom Gesetzgeber nicht als Bilanzierungshilfe bezeichneten Posten „Disagio" und „ G e schäfts· oder Firmenwert" sind dagegen nicht mit einer solchen Auflage versehen. Die Ausschüttung von Gewinn durch eine Gesellschaft wird also von der Aktivierung dieser Posten nicht behindert, im Gegenteil oft erst ermöglicht, denn Aktivierung bedeutet Gewinnerhöhung oder Verlustminderung (vgl. Rdn. 345 ff). 750

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § §

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Bilanzierungshilfen sollen für die Zukunft getätigte Ausgaben oder Auf- 3 3 8 Wendungen, die nicht zu einem bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstand geführt haben, in der Bilanz ausweisen. Eine Aktivierung kann dem Unternehmen helfen, eine buchmäßige Uberschuldung zu verhindern und ggf. auch Ausschüttungen zur Kapitalmarktpflege vorzunehmen (vgl. Dziadkowski BB 82, 1337). Die Bilanzierungshilfe kann deshalb als Überschuldungsverhinderungsinstrument angesehen werden (vgl. aaO, 1338). Weiterer Zweck ist die periodische Aufwandsverrechnung einmaliger Ausgaben, die nicht für Vermögensgegenstände getätigt werden (vgl. Harms/Küting BB 84, 649), so daß man sie auch als „Periodisierungsinstrument" bezeichnen könnte. Darüber hinaus werden Bilanzierungshilfen auch als Konkursvermeidungshilfen, Unterbilanzvermeidungshilfen, Ausschüttungssperrhilfen, Ausschüttungshilfen und als Hilfen zur Erfolgsermittlung im Sinne des erzielten Erfolgs interpretiert (vgl. u.a. Müller/Dahl79,131). Im Gegensatz zu den Rechnungsabgrenzungsposten ist die Bilanzierungshilfe nicht genau quantifizierbar und i.d.R. langfristiger Natur (vgl. Dziadkowski BB 82, 1338). In der Steuerbilanz dürfen die Bilanzierungshilfen auch künftig nicht anders behandelt werden als bisher, da die 4. EG-Richtlinie nach dem Willen des Gesetzgebers steuerneutral umgesetzt werden sollte (vgl. Dziadkowski BB 82, 1340). . . . . . . . · Von den Bilanzierungshilfen sind die Bewertungshilfen zu unterscheiden. 3 3 9 Eine Bewertungshilfe ist eine Aktivierungsmöglichkeit im Rahmen der Bewertungshöhe von Vermögensgegenständen. Es werden Aufwendungen aktiviert, denen am Bilanzstichtag noch keine konkretisierbaren Werterhöhungen des Vermögensgegenstandes gegenüberstehen. Beispiel: Aktivierung von Fremdkapitalzinsen, die in die Herstellungskosten selbsterstellter Anlagen einbezogen werden können. Ziel der Bewertungshilfen ist also die Neutralisierung entstandener Aufwandsbestandteile, denen im Rahmen der Wertermittlung nicht eindeutige Aktivierungsfähigkeit zugebilligt werden kann (vgl. Dziadkowski BB 82, 1344). Die Zulassung von Bewertungshilfen dient also ähnlichen Zwecken wie die der Bilanzierungshilfe (vgl. aaO, 1343). Im § 269 H G B werden zwei Tatbestände als Bilanzierungshilfen aufgeführt: 3 4 0 1) Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs. Dieser Tatbestand, der bisher schon für Aktiengesellschaften im § 153 Abs. 4 Satz 2 AktG 1965 geregelt war, wird im Steuerrecht unter dem Begriff Anlaufkosten diskutiert (vgl. u.a. Herrmann/Heuer/Raupach § 5, 57). 2) Aufwendungen für die Erweiterung des Geschäftsbetriebs. Diese Bestimmung ist wieder neu in das Handelsrecht aufgenommen worden, denn bis zum Inkrafttreten des AktG 1965 wurde auch eine Aktivierung von Inbetriebsetzungskosten bei Betriebserweiterungen und -Umstellungen als zulässig angesehen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz$ 153, 124). Niehus/Scholz

751

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

341

a) Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs. Zu den Aufwendungen der erstmaligen Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs gehören alle Aufwendungen, die im Interesse des Aufbaus der Innen- und Außenorganisation des Unternehmens, der Ingangsetzung und Ausübung des Betriebs während der Gründungsphase (vgl. Bolin/Haeger/Zündorf DB 85, 606) gemacht werden und nicht zu einem bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstand führen (vgl. Dziadkowski BB 82, 1337). Dazu gehören also nicht nur die Aufwendungen der Betriebs-, Verwaltungs- und Vertriebsorganisation (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 125), so z.B. Personaleinstellungsausgaben, Ausgaben für die Gewinnung von Kunden (Einführungswerbung etc.) und Lieferanten. Zweck dieser Bilanzierungshilfe ist es, im Nachgründungsstadium anfallende einmalige Aufwendungen bis zur Erreichung des Betriebszwecks, der Erzielung von Erträgen, in Zeiten der Ertragserzielung zu verschieben (vgl. Maul AG 80, 235). Keine Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebes sind die Kosten für die Kapitalbeschaffung und die Gründung; diese dürfen nicht bilanziert werden (§248 Abs. 1 HGB); sie sind nämlich keine Anlaufkosten, da sie vor der Ingangsetzung des Geschäftsbetriebes angefallen sind.

342

Nicht notwendig ist, daß durch diese Aufwendungen sichtbare Vermögensgüter geschaffen werden. Generelle Voraussetzung jeder Aktivierung ist aber nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (vgl. Rdn. 104), daß in Höhe der aktivierten Beträge mit entsprechenden Erträgen in der Zukunft gerechnet werden kann (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 153, 125 f), so daß nur solche Aufwendungen aktiviert werden dürfen, die den Unternehmenswert ceteris paribus erhöhen (vgl. Maul AG 80, 235). Die Aktivierung von Ingangsetzungsaufwendungen bringt keine Liquidität, in dieser Höhe haben sie vielmehr Liquidität entzogen. Der Posten kann deshalb nicht als Sicherheit für einen Kredit verwendet werden (vgl. Maul aaO, 236).

343

Zur bilanziellen Erfassung ist zu beachten, daß diese Aufwendungen künftig vor dem Anlagevermögen ausgewiesen werden müssen (vgl. § 269 Satz 1, 2. Hs. HGB). Zum Ausweis und zur Abschreibung aktivierter Aufwendungen der Ingangsetzung vgl. Rdn. 386 und 392 bzw. 735 f u n d 800.

344

Steuerrechtlich hat der BFH (vgl. BStBl. 54 III, 109) die Aktivierung der Anlaufkosten, die bei der Gründung einer Gesellschaft entstehen, abgelehnt. Sie stellen im Regelfall sofort abzugsfähigen Aufwand dar. Eine Aktivierung komme nur in Betracht, wenn ihnen ein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut gegenüberstehe. Im gemeinsamen Ländererlaß der Finanzverwaltung (vgl. StEK EStG § 5 Art.-Nr. 52) stellt diese fest, daß § 153 Abs. 4 Satz 2 AktG 1965 lediglich eine Bilanzierungshilfe, jedoch keinen allgemein gültigen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung darstelle, so daß die Ingangsetzungskosten auch dann nicht in der Steuerbilanz ausgewiesen werden dürften, wenn in der Han752

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

delsbilanz der Gesellschaft ihr Aktivierungswahlrecht positiv ausgenutzt worden ist. Anderer Ansicht sind Hermann/Heuer (vgl. § 7, 57). Die Auswirkungen einer Bilanzierungshilfe auf den Jahreserfolg zeigt fol- 3 4 5 gendes Schaubild (vgl. Harms/Küting BB 84,650). Übersicht: Auswirkungen der Aktivierung einer Bilanzierungshilfe bei negativem Jahreserfolg

^

Bilanz ohne Bilanzierungshilfe

A. Anlagevermögen

DM 1.000

B. Umlaufvermögen

1.000

C. Nicht durch Egenkapital gedeckter Fehlbetrag 2.000

A. Egenkapital - Gezeichnetes Kapital - Kapital-/Gewinnrücklagen - Verlustvortrag -Jahresfehlbetrag

ρ Vorspalte

Hauptspalte

DM

DM

+ 10.000 + 2.000 ./. 11.000 ./. 3.000 ·/. 2.000

B. Fremdkapital

4.000

4.000

A

4.000

Bilanz mit Βilanzierungshilfe

DM A. Ingangsetzungs-/Erweiterungsaufwendungen 2.000

B. Anlagevermögen

1.000

C. Umlaufvermögen

1.000

A. Egenkapital - Gezeichnetes Kapital - Kapital-/Gewinnrücklagen - Verlustvortrag -Jahresfehlbetrag

ρ Vorspalte

Hauptspalte

DM

DM

+ 10.000 + 2.000 ./.II .000 ./. 1.000 0

B. Fremdkapital 4.000

Niehus/Scholz

4.000 4.000

753

HGB §§ 238-335 346

Rechnungslegung

V o r Inanspruchnahme der Bilanzierungshilfe besteht in der Handels- und in der Steuerbilanz ein negatives Jahresergebnis. U m den Ausweis „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" in H ö h e von D M 2 000 in der Handelsbilanz zu vermeiden, werden Ingangsetzungs- oder Erweiterungskosten in gleicher H ö h e aktiviert. Gleichzeitig sinkt der Jahresfehlbetrag um den aktivierten Betrag auf D M 1 000. Bei positivem Jahresergebnis ergeben sich jedoch Probleme aus der Erfassung von latenten Steuern (vgl. Rdn. 351 ff), da die Ertragswirkung der Aktivierung der Bilanzierungshilfe durch eine Aufwandsverbuchung in H ö h e des dadurch anfallenden Körperschaftsteuer- und Gewerbesteueraufwands teilweise kompensiert wird. Bei 56 % Körperschaftsteuer und 18 % Gewerbeertragsteuer müßten die Unternehmen das 2,77fache des bisherigen Betrages aktivieren, um den Jahreserfolg wie nach altem Recht mit der Bilanzierungshilfe zu beeinflussen (vgl. Harms/Küting BB 84, 651 f): Ubersicht: Auswirkungen der Bilanzierungshilfe nach altem und neuem Bilanzrecht auf den Jahresüberschuß (Harms/Küting aaO) Abschlußpositionen

347

altes neues Bilanzrecht Bilanzrecht

Jahresüberschuß I vor Ertragsteuern

DM 1.000

DM 1.000

Aktivierung einer Bilanzierungshilfe

3.000

8.312

Jahresüberschuß Π vor Ertragsteuern Gewerbeertragsteuer - effektiv - latent Körperschaftsteuer - effektiv - latent

4.000

9.312

180

180 1.496

Jahresüberschuß nach Ertragsteuern

3.361



459 -

459 3.816 3.361

U.E. ist in diesem Zusammenhang aber keine Gesetzesänderung erforderlich, wie sie von Harms/Küting gefordert wird; denn bei positivem Jahresergebnis wird die bisherige bilanzpolitische Bedeutung der Bilanzierungshilfe eingeschränkt und das 2,77fache des Betrages müßte bei wörtlicher Auslegung des § 269 H G B von der Ausschüttung ausgenommen bleiben (vgl. Harms/Küting a a O , 652). Diese Auffassung hat zur Konsequenz, daß bei positivem Jahresergebnis eine Aktivierung der Aufwendungen unterbleiben muß, da die Bilanzierungshilfe für diesen Fall nicht gedacht ist und das gem. § 264 Abs. 2 Satz 1 754

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

H G B den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Fin a n z - und Ertragslage ohne G r u n d beeinträchtigt würde.

b) Aufwendungen für die Erweiterung des Geschäftsbetriebes. Die Zuläs- 3 4 8 sigkeit der Aktivierung der Aufwendungen für die Erweiterung des Geschäftsbetriebes, die auf Art. 9 Aktiva Buchstabe Β der 4. EG-Richtlinie zurückgeht, ist im deutschen Wirtschaftsrecht nicht neu, denn § 133 N r . 4 Satz 2 A k t G 1937 enthielt schon die Regelung, daß die Kosten der Betriebseinrichtung aktiviert werden dürfen. D e r Begriff der Betriebseinrichtung w a r seinerzeit vorherrschend dahin ausgelegt w o r d e n , daß zu diesen Kosten die A u f w e n d u n g e n gehören, die bei der Ingangsetzung oder Erweiterung im Interesse des Aufbaus der Innen- und Außenorganisation des U n t e r n e h m e n s anfallen. D a r unter können u.U. gewisse P r o p a g a n d a - und Werbekosten fallen, sofern sie von längerer W i r k u n g sind (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 133, 194). A u f w e n dungen zur Erweiterung des Geschäftsbetriebs liegen auch vor, wenn einzelne Sparten oder Geschäftsbereiche in einem schon seit längerer Zeit bestehenden U n t e r n e h m e n neu errichtet werden, da die G r ü n d u n g s p h a s e schon abgeschlossen ist (vgl. Harms/Küting BB 84, 649; a.A. wohl Bolin/Haeger/Zündorf D B 85, 606, die diese o f f e n b a r als Ingangsetzungsaufwendungen ansehen, da betriebswirtschaftlich von einer N e u g r ü n d u n g gesprochen werden könne). D a m i t dürfte die Aktivierung der Inbetriebnahmekosten bei Betriebser- 3 4 9 Weiterungen und -Umstellungen, insbesondere bei der A u f n a h m e neuer Betriebszweige, sowie der Kosten der Betriebsverlegung wieder zulässig sein. W e g e n der Schwierigkeiten, die bei inhaltlicher A b g r e n z u n g dieser Kosten f r ü h e r schon bestanden haben und immer noch gegeben sind, ist die Aktivierung dieser Kosten nicht unumstritten (vgl. Ü f W P g . 79, 178). Entsprechend der ehemaligen Bestimmung in § 133 Abs. 4 Satz 2 A k t G 1933 d ü r f t e auch die N e u r e g e l u n g eng auszulegen sein (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 153, 128), so daß nur A u f w e n d u n g e n f ü r grundlegende und umfassende M a ß n a h men aktiviert werden d ü r f e n , die nicht regelmäßig wiederkehren und in sich abgeschlossene Komplexe darstellen. Laufende A u f w e n d u n g e n f ü r W e r b u n g , Aufrechterhaltung und Verbesserung der Organisation, des Vertriebssystems, der Personalschulung und -einstellung sind keine A u f w e n d u n g e n f ü r die Erweiterung des Geschäftsbetriebs (vgl. Selchert BB 84, 1402). Beispiele f ü r aktivierungsfähige Erweiterungsaufwendungen sind: M a ß n a h m e n zur Erschließung eines neuen Marktes (einschließlich W e r b e k a m p a g n e ) , z u r E i n f ü h r u n g eines neuen Produktes oder zur Inbetriebnahme einer neuen Fabrikationsstätte. D a z u gehören u.E. auch die Kosten einer Betriebsverlegung (vgl. Müscheid B F u P 5 8 , 1 0 1 ff). Prinzipiell gelten f ü r die Erweiterungsaufwendungen die gleichen Argumente wie f ü r die Ingangsetzungskosten (vgl. Rdn. 341). Z u r Regelung des Niehus/Scholz

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

Ausweises, der Bewertung und Abschreibung dieses Bilanzansatzes vgl. Rdn. 735. Z u r Auswirkung der Bilanzierungshilfe auf den Jahreserfolg einschließlich der ggf. zu passivierenden latenten Steuern vgl. Rdn. 345. 350

c) Disagio. N a c h § 2 5 0 Abs. 3 H G B darf eine Gesellschaft den U n t e r schiedsbetrag zwischen dem Rückzahlungsbetrag von Verbindlichkeiten (vgl. Rdn. 5 0 9 ) , soweit dieser höher ist als der Ausgabebetrag (Disagio), in die Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite der Bilanz als Bilanzierungshilfe (vgl. Rdn. 3 3 7 ) einstellen. Die Regelung entspricht der Vorschrift des § 156 Abs. 3 A k t G 1965. Sie kann auf Grund von Art. 41 der 4. E G - R i c h t l i n i e beibehalten werden. Es handelt sich dabei um ein Aktivierungswahlrecht, das rechtsformunabhängig ist (vgl. Begr. zum R e g . - E n t w . , 82). Zu den Besonderheiten des formellen und materiellen Ausweises dieses Bilanzpostens sowie zur Abschreibung des Disagios vgl. Rdn. 5 0 8 , 7 3 8 .

351

d) Aktivische Steuerabgrenzung. Ist bei einer Gesamtbetrachtung der dem Geschäftsjahr und früheren Geschäftsjahren (vgl. Begr. zum Gesetzesentw. vom 1.8.85, 2 7 ) „zuzurechnende Steueraufwand zu hoch, weil der nach den steuerrechtlichen Vorschriften zu versteuernde Gewinn höher als das handelsrechtliche Ergebnis ist, und gleicht sich der zu hohe Aufwand voraussichtlich in späteren J a h r e n aus, so darf in H ö h e der voraussichtlichen Steuerentlastung nachfolgender Geschäftsjahre ein Abgrenzungsposten als Bilanzierungshilfe auf der Aktivseite der Bilanz gebildet w e r d e n " (vgl. § 2 7 4 Abs. 2 Satz 1 H G B ) . D e r Betrag dieser Bilanzierungshilfe ist jedoch nicht ausschüttungsfähig (vgl. S a t z 2, Rdn. 3 3 7 ) ; der Posten ist aufzulösen, sobald die Steuerentlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist (vgl. Satz 3). Das Gegenteil der aktivischen Steuerabgrenzung ist die passivische Abgrenzung. Ist der steuerrechtlich ermittelte Gewinn niedriger als das Handelsbilanzergebnis, so kommt in H ö h e der voraussichtlichen Steuerbelastung nachfolgender Geschäftsjahre grundsätzlich eine Rückstellung nach § 2 4 9 H G B in Betracht, die gesondert in der Bilanz oder im Anhang anzugeben ist (vgl. Rdn. 574 ff). D i e latente Steuer ist die D i f f e r e n z zwischen dem effektiven Ertragsteueraufwand abzüglich der fiktiven Ertragsteuer, die beim ausgewiesenen H a n delsbilanzergebnis anfallen würde (vgl. auch Rdn. 574 f).

352

Ziel des Ausweises der latenten Steuern ist es, zur Verbesserung der Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses einen mit dem handelsrechtlichen Ergebnis

korrespondierenden Ertragsteueraufwand periodengerecht auszuweisen (vgl. Bolin/Haeger/Zündorf B B 85, 5 0 8 ; a.A. Siegel B B 85, 1915). Dabei wird allerdings wegen sogenannter permanenter Differenzen keine völlige K o n g r u e n z erreicht werden können (vgl. Harms/Küting B B 82, 838). Außerdem wäre eine 756

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

periodengerechte Steueraufwandsverteilung nur gewährleistet, wenn für aktive latente Steuern gleichermaßen eine Ansatzpflicht bestünde (vgl. Kugel/ Müller WPg. 86, 214). Schließlich ist zu berücksichtigen, daß latente Steuern nicht immer zu tatsächlichen Steuerbe- und -entlastungen führen (vgl. Havermann BFuP 86,127). Die latenten Steuern beruhen — ganz allgemein — auf zeitlichen Unterschieden in der handels- und steuerrechtlichen Erfassung von Aufwendungen und Erträgen. Sie können, je nachdem, ob durch die Erfassungsunterschiede ein — gemessen am Handelsbilanzergebnis — zu hoher oder zu niedriger Steueraufwand entsteht, aktivisch oder passivisch abgegrenzt werden (vgl. Bolin/Haeger/Zündorf BB 85, 508). Ein zu hoher Steueraufwand liegt vor, wenn die Handelsbilanz im Vergleich zur Steuerbilanz einen niedrigeren Gewinn ausweist. Es sind z.B. folgende Ursachen möglich: die Aufwandsrückstellung gem. § 249 Abs. 2 H G B wird steuerlich nicht anerkannt (vgl. Ausschußbericht, 107), in der Handelsbilanz werden höhere Abschreibungen als in der Steuerbilanz verrechnet, zur Ermittlung der Rückstellungen für Pensionen und ähnlicher Verpflichtungen werden unterschiedliche Kapitalisierungszinsfüße in der Handels- und Steuerbilanz verwandt (vgl. Schult FR 81, 239). Wegen weiterer Ursachen vgl. Harms/Küting BB 82, 840. Die bei einem bestimmten Steuerbilanzgewinn zu aktivierende latente 3 5 3 Steuer dient auf folgende Weise der Ermittlung eines Jahresergebnisses, das als möglichst zuverlässiger Erfolgsindikator gesehen werden kann: Ein tatsächlich entstandener Steueraufwand wird buchmäßig durch Aktivierung vermindert, so daß als Differenz der dem Handelsbilanzgewinn entsprechende Steueraufwand verbleibt. Dieser Korrekturbetrag stellt keinen Anspruch gegenüber dem Finanzamt dar, sondern dient nur der möglichst zutreffenden Erfolgsabgrenzung (vgl. Maul AG 80,239). Diese erstmals eingeräumte Bilanzierungshilfe ist eingeführt worden, um den Unternehmen die Passivierung der steuerlich nicht anerkannten Aufwandsrückstellung gem. § 249 Abs. 2 H G B (vgl. Rdn. 604 ff) zu erleichtern (vgl. Ausschußbericht, 107). Mit der gesetzlichen Formulierung „der dem Geschäftsjahr und früheren 3 5 4 Geschäftsjahren zuzurechnende Steueraufwand" wird klargestellt, daß es bei der Frage der Aktivierung latenter Steuern nur auf die Beurteilung des Gesamtergebnisses eines Geschäftsjahres unter gleichzeitiger Saldierung mit (aktivischen und passivischen) Steuerabgrenzungen aus Vorjahren ankommt. Ubersteigen die aktiven die passiven Steuereffekte, so kommt nur eine Bilanzierungshilfe auf der Aktivseite in Betracht (vgl. Kugel/Müller WPg. 86, 215). Es soll nämlich nur eine periodengerechte Verteilung des Gesamtaufwandes sichergestellt werden, dazu bedarf es keines getrennten Ausweises von aktivischen und passivischen latenten Steuern (vgl. Ordelheide G m b H R 86, 18). Das generelle Saldierungsverbot (vgl. § 246 Abs. 2 HGB, Rdn. 141) ist somit in diesem Punkt aufgehoben. Ergibt sich als Saldo eine aktivische SteuerabNiehus/Scholz

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HGB § § 238-335

Rechnungslegung

grenzung, so läßt die Bestimmung des § 274 Abs. 2 H G B Aktivierung zu (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 968). In die Saldierung dürfen nicht andere ungewisse Steuerverbindlichkeiten, die sich nicht aus zeitlich befristeten Unterschieden zwischen der Handels- und der Steuerbilanz ergeben, einbezogen werden. Der zu hohe Steueraufwand des Geschäftsjahres und früherer Geschäftsjahre gleicht sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich aus, wenn Aufwendungen und Erträge in der Handelsbilanz nur vorübergehend anders erfaßt werden als in der Steuerbilanz. Bei dem Merkmal „in späteren Geschäftsjahren" ist u.E. ein überschaubarer Zeitraum zugrundezulegen. Dabei wird man auf den Einzelfall abstellen und prüfen müssen, ob der Nichtausweis mit dem Gebot, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln, vereinbar ist (§ 264 Abs. 2 Satz 1 HGB). Ist ein Ausgleich von Differenzen zwar grundsätzlich denkbar, ist dies am Abschlußstichtag aber nicht absehbar (z.B. bei einer Abschreibung auf Beteiligungen), so sind diese quasi permanenten Differenzen nicht in die Steuerabgrenzung einzubeziehen. Mit einem Ausgleich ist nämlich nicht in einem überschaubaren Zeitraum zu rechnen. Derartige Differenzen sind jährlich daraufhin zu überprüfen, ob sie die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Steuerabgrenzung erfüllen. Noch nicht geklärt ist, ob die aus einem Verlustvortrag resultierenden zeitlichen Differenzen als Bilanzierungshilfe gem. § 274 Abs. 2 H G B aktiviert werden können. Gegen ihre Berücksichtigung wird eingewandt, daß grundsätzlich nicht sichergestellt sei, daß sich die zeitlichen Differenzen durch später erwirtschaftete Gewinne wieder auflösten. Außerdem könnten die Steuereffekte nicht mehr als Folge der unterschiedlichen erfolgswirksamen Verrechnung lediglich eines Geschäftsvorfalles in Handel- und Steuerbilanz angesehen werden, da die Auflösung des Postens Steuerabgrenzung auf anderen Geschäftsvorfällen beruhe als die Bildung. Nach der Gegenauffassung wird die Verrechnung latenter Steuern dann für zulässig erachtet, wenn Verluste aufgrund außergewöhnlicher Sachverhalte (Brand, politische Ereignisse) auftreten würden, da nach Beseitigung ihrer Folgen einer künftigen Gewinnerzielung nichts im Wege stehe (vgl. Kugel/Müller'WPg. 86, 216 m.w.N.). Die durch den steuerlichen Verlustrücktrag entstehenden zeitlichen Differenzen können nicht als aktive latente Steuern ausgewiesen werden, da die sich daraus ergebenden Steuereffekte im Jahr des Verlustes als Ertrag oder Forderung in der Handelsbilanz ausgewiesen werden (vgl. Kugel/Müller aaO). Dürfen z.B. Aufwendungen der Handelsbilanz in der Steuerbilanz auf Dauer (sog. permanent differences) nicht als Betriebsausgaben ausgewiesen werden, kommt eine Aktivierung des hieraus resultierenden Steueraufwandes in der Handelsbilanz nicht in Betracht (vgl. Harms/Küting BB 82, 838). Mit dem gesetzlichen Merkmal „voraussichtlich" will der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung tragen, daß der Bilanzierende die zukünftige Steuerbela758

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

stung nicht mit Sicherheit vorausberechnen kann, weil sich z.B. in der Zukunft die Steuersätze, die steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften oder die betrieblichen Verhältnisse (über mehrere Jahre hinweg Verluste) verändern können (vgl. Göllert/Ringling BB 85,968). Bei der Prognose sind alle bis zum Tag der Bilanzerstellung erkennbaren Entwicklungen zu berücksichtigen; Planungsunterlagen über die zukünftige Geschäftsentwicklung werden bei ihrer Beurteilung von großem Nutzen sein. Das Wort „voraussichtlich" erfüllt daneben noch eine zweite Aufgabe, nämlich die quasi permanenten Differenzen aus der Steuerabgrenzungspflicht auszuscheiden, die nur unter bestimmten, unwahrscheinlichen Voraussetzungen (z.B. bei Liquidation) innerhalb des vorgenannten Zeitraumes sich ausgleichen (vgl. HWRev. 83,911). Zur Berechnung der latenten Steuern hat der Gesetzgeber eine bestimmte 356 Methode nicht vorgegeben. Die Steuerabgrenzung ist u.E. auf der Basis der gesellschaftsspezifischen Steuerlage der betreffenden Unternehmung zu berechnen. Niedrigere Steuersätze sind in bezug auf ihre Angemessenheit durch spezielle Berechnung nachzuweisen. Für die Körperschaftsteuer ist hierfür die voraussichtliche Entwicklung des verwendbaren Eigenkapitals von Bedeutung. Weitere Determinanten der Körperschaftsteuer sind das Ausschüttungsverhalten, vorhandene Verlustvorbzw. -rückträge sowie steuerfreie bzw. ermäßigt besteuerte Einkünfte (a.A. Schedlbauer DB 85, 2017). Die Höhe der voraussichtlichen Steuerentlastung wird u.E. durch Anwendung des körperschaftsteuerlichen Spitzensteuersatzes i.H.v. 56 % auf den Ergebnisunterschied zwischen der Handels- und der Steuerbilanz errechnet. Ein anderer Steuersatz würde nämlich dazu führen, daß sich vorübergehende steuerrechtliche Effekte auf das Ausschüttungspotential auswirken. Dies würde aber dem Zweck der latenten Steuer, die H a n delsbilanz gegenüber vorübergehenden steuerlichen Wirkungen neutral zu stellen, zuwiderlaufen. Die Praxis arbeitet hier i.d.R. mit einem einheitlichen Steuersatz, der die körperschaftsteuerliche und die gewerbesteuerliche Belastung zusammenfaßt. Da seine Höhe vom gewerbesteuerlichen Hebesatz abhängt, wird er oft nur als gerundeter Prozentsatz (z.B. 50 % , 55 % oder 60 °/o) verwendet; dies auch aus Gründen der Praktikabilität. Diese Bilanzierungshilfe dürfte jedoch in der Praxis keine große Bedeutung 357 erlangen, da sie kaum ein Unternehmen in guter Ertragslage in Anspruch nehmen wird (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 968), um u.a. keine Hinweise auf das Steuerbilanzergebnis zu geben. e) Geschäfts- oder Firmenwert. Da der Geschäftswert in das Bilanzgliede- 358 rungsschema des § 266 Abs. 2 A I H G B unter die Rubrik „Immaterielle Vermögensgegenstände" aufgenommen worden ist, könnte man annehmen, daß Niehus/Scholz

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

der Geschäftswert sich von einer Bilanzierungshilfe nunmehr in einen Vermögensgegenstand verwandelt habe (vgl. z.B. Stein ZfbF 85,754). 359

Dies ist nach Moxter insofern bedenklich, als nach dem bisherigen Verständnis der handelsrechtlichen GoB nicht Vermögensgegenstand sein könne, was nicht selbständig bewertbar sei. Dieses Bilanzierungskriterium beruhe nämlich auf einer Objektivierungsnotwendigkeit (vgl. Moxter BB 85, 1101 f). Der Geschäftswert sei nur durch willkürliches Greifen isoliert bewertbar (vgl. ebenda unter Hinweis auf den BFH BFHE 136, 274 = BStBl. 82 II, 652). Nach der zum alten Recht herrschenden Auffassung ist Kriterium des Vermögensgegenstandes jedoch die Einzelveräußerbarkeit (vgl. v. Wysocki ZfbF 85, 741), während die selbständige Bewertungsfähigkeit Merkmal des Wirtschaftsgutbegriffs ist (vgl. Stein ZfbF 85, 754). Da der Geschäftswert auch nach dem Inkrafttreten des BiRiLiG nicht einzeln übertragbar ist, erscheint es zweifelhaft, daß der Gesetzgeber mit dieser Rechtsauffassung durch die Eingruppierung als immateriellen Vermögensgegenstand im Bilanzgliederungsschema brechen wollte.

360

Gegen die Interpretation des Geschäftswerts als Vermögensgegenstand spricht auch § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB. Diese Bestimmung definiert den Unternehmenswert als Unterschiedsbetrag, „um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt". Wäre der Firmenwert ein „Vermögensgegenstand", müßte er als Vermögensgegenstand des Unternehmens angesehen werden. Der Mehrbetrag wäre Null. Das kann nicht gewollt sein (vgl. auch Ordelheide G m b H R 86, 15, wonach der Firmenwert als Residualgröße der Nicht-Vermögensgegenstände nicht selbst ein Vermögensgegenstand sein könne). Darüber hinaus ist zu beachten, daß noch in dem Vorentw. vom 29.3.85 das Wort „anderen" vor dem Satzteil „einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens" eingefügt und die Streichung dieses Wortes in der Anhörung vom 9.5.85 angeregt worden war, um den Eindruck zu vermeiden, bei dem Firmenwert handele es sich entgegen der damals h.M. um einen Vermögensgegenstand (vgl. Stenograph. Protokoll, 85). In § 255 Abs. 4 Satz 1 H G B wird der Firmenwert somit nicht als Vermögensgegenstand betrachtet. Obwohl das Gesetz in § 255 Abs. 4 H G B und 5 266 Abs. 2 H G B soweit widersprechende Schlußfolgerungen über die Rechtsnatur des Firmenwertes nahegelegt, wird man im Zweifel davon ausgehen müssen, daß an der bisherigen Rechtslage nichts geändert werden sollte. Der Goodwill des Unternehmens ist folglich wie bisher seiner Rechtsnatur nach eine Bilanzierungshilfe. Seine Einordnung in § 266 Abs. 2 H G B als (immaterieller) Vermögensgegenstand beruht offensichtlich auf der Tatsache, daß der Regierungsentwurf ursprünglich den Begriff des Wirtschaftsguts an Stelle des Vermögensgegenstandes vorsah. Die Einordnung des Firmenwertes als (immaterielles) Wirtschaftsgut aber ent760

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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sprach der BFH-Rechtsprechung (vgl. Großfeld 85, 88; im Ergebnis auch Dziadkowski BB 82, 1342 zum Reg.-Entw.: „Die herrschende Auffassung, den Geschäfts- oder Firmenwert als Bilanzierungshilfe anzusehen, wird vom Gesetzgeber damit nicht schlüssig widerlegt"; im Ergebnis auch Havermann BFuP 86, 115, wonach auch nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz die selbständige Ubertragbarkeit bestimmendes Merkmal eines Vermögensgegenstandes bleibe).

5. Bilanzierungswahlrechte (Ansatzalternativen). Der Gesetzgeber hat in 361 § 246 Abs. 1 H G B Bilanzierungswahlrechte weiterhin zugelassen; die Formulierung „soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist" bringt nämlich zum Ausdruck, daß § 246 Abs. 1 H G B der Ausübung gesetzlich eingeräumter Wahlrechte nicht entgegensteht (Begr. zur geänderten Konzeption, 12). Bilanzierungswahlrechte sind zu unterscheiden von den Bewertungswahlrechten. Bewertungswahlrechte unterstellen den Bilanzansatz als solchen, räumen dem Bilanzierenden jedoch Berwertungsalternativen ein, d.h. geben ihm die Freiheit, unter verschieden hohen, zulässigen Werten einen bestimmten für den Ausweis in der Bilanz auszuwählen. Ein Bilanzierungswahlrecht liegt dagegen vor, wenn an einen gegebenen Tatbestand mindestens zwei sich ausschließende Rechtsfolgen anknüpfen, zwischen denen der Bilanzierende wählen kann (vgl. Bauer BB 81, 767). Bilanzierungswahlrechte versetzen den Bilanzierenden also in die Lage, zwischen dem Ansatz und dem Nichtansatz eines Bilanzpostens entscheiden zu können. Wahlrechte dienen der Vereinfachung der Rechnungslegung, der Anpassung an besondere betriebliche Verhältnisse, der Lösung von Bilanzierungsproblemen und der Subventionierung durch Minderung der Ertragsteuerbemessungsgrundlagen (vgl. Bauer aaO, 768 f). Die Unterscheidung zwischen Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten ist nicht unproblematisch — sie hat sich in der einschlägigen Literatur jedoch durchgesetzt —, da ein Bilanzierungswahlrecht als Grenzfall eines Bewertungswahlrechts angesehen werden kann und folglich die Bilanzierungswahlrechte den Bewertungswahlrechten zu subsumieren sind. Entscheidet sich eine Gesellschaft, einen Gegenstand nicht zu bilanzieren, so mißt sie diesem Gut im Rahmen der Bilanzbewertung den Wert Null zu. Wird das Gut dagegen bilanziert, so ist es mit einem positiven Wert anzusetzen (vgl. Wöhe 84, 222). Gesetzlich zulässige Bilanzierungsalternativen sind wie die Bewertungs- 3 6 2 Wahlrechte Instrumente der Bilanzpolitik. Sie beeinflussen den Umfang des in der Bilanz ausgewiesenen Vermögens und der Schulden und damit gleichzeitig den Periodenerfolg. Braucht ein Aktivposten nicht aktiviert zu werden, so mindern seine Anschaffungskosten im Falle der Nichtaktivierung als Aufwand (vgl. Rdn. 753) den Periodenerfolg. Besteht für eine Schuld ein PassivierungsNiehus/Scholz

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HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

Wahlrecht, so ist im Falle der Passivierung der Erfolg um die Schuld niedriger als im Falle der Nichtpassivierung. 363

In der Steuerbilanz besteht nach h.M. für handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte eine Bilanzierungspflicht (vgl. BFH Großer Senat BB69,477; Döllerer BB 69, 501; Döllerer BB 69,1445), während umgekehrt handelsrechtliche Passivierungswahlrechte nicht zwingend einen Ansatz in der Bilanz zur Folge haben. So unterliegt z.B. die Rückstellung für den künftigen Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89 b H G B handelsrechtlich einem Passivierungswahlrecht (vgl. BGH 2. 2 R 134/65; vgl. Adler/Düring/Schmaltz 152, 126), steuerlich besteht dagegen ein Passivierungsverbot. In ähnlicher Weise sind handelsrechtlich zulässige Aufwandsrückstellungen (vgl. Rdn. 604 ff) nicht ohne weiteres in die Steuerbilanz zu übernehmen (vgl. Heinen 85, 189). 364 Bilanzierungswahlrechte erstrecken sich auf Bilanzierungshilfen (vgl. Rdn. 337) und Ansatzwahlrechte (vgl. Rdn. 365). Ihre Existenz beruht wohl auch auf der Tatsache, daß man sich im Kreise der Bilanzierenden und in der Wissenschaft nicht darüber einig war, ob die Bilanzierungs- und Ansatzhilfen in die Bilanz notwendigerweise einzustellen sind. Der Gesetzgeber hat daher dem Bilanzierenden die Antwort und — einstweilen — die Entscheidung überlassen. 365

Konkret kann der Bilanzierende z.B. zwischen dem Ansatz oder Nichtansatz folgender Bilanzierungshilfen und sonstiger Ansatzwahlrechte entscheiden: — Bilanzierungshilfen 1) Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs (§ 269 H G B ; vgl. Rdn. 341), 2) Aufwendungen für die Erweiterung des Geschäftsbetriebs (§269 H G B ; vgl. Rdn. 348), 3) Geschäfts- oder Firmenwert (§ 255 Abs. 4 HGB, vgl. Rdn. 358), 4) Aktive Steuerabgrenzung (§ 274 HGB, vgl. Rdn. 351), 5) Disagio (§ 250 Abs. 3 Satz 1 HGB; vgl. Rdn. 350). — sonstige Ansatzwahlrechte 1) Aufwandsrückstellungen (§ 249 Abs. 2 H G B ; vgl. Rdn. 604), 2) Rückstellungen für Instandhaltung (§249 Abs. 1 Satz 3 H G B ; vgl. Rdn. 593), 3) Zölle und Verbrauchsteuern (§ 250 Abs. 1 Satz 2 H G B ; vgl. Rdn. 506), 4) Sonderposten mit Rücklageanteil (§§247 Abs. 3 Satz 1,273 Abs. 1 Satz 1 H G B ; vgl. Rdn. 548), 5) Pensionsrückstellungen für Altzusagen und mittelbare Verpflichtungen (Art. 28 Abs. 1 EinfG H G B ; vgl. Rdn. 562, 567). Dieser Katalog weicht inhaltlich und vom Umfang her wesentlich von den Bilanzierungswahlrechten ab, die z.B. das AktG 1965 einräumte. 762

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

6. Bilanzgliederung a) Standardgliederungsschema. Gesellschaften mit beschränkter Haftung 366 waren bisher in der Gliederung ihrer Bilanz nur an die GoB (vgl. Rdn. 104 ff) gebunden, also weitgehend frei. Als Form für die Bilanz hat der Gesetzgeber nunmehr die Kontoform vorgeschrieben (§ 266 Abs. 1 Satz 1 HGB) und damit die Staffelform für die Bilanz, wie sie in Art. 9 der 4. EG-Richtlinie als eine der möglichen Bilanzformen angeboten wird, ausgeschlossen. Die Bilanz in Kontoform hat im deutschen Sprachraum Tradition und entspricht guter, bewährter Übung. Außeres Kennzeichen der Kontoform ist, daß beide Seiten des Kontos, in diesem Fall die beiden Seiten der Bilanz, i.d.R. überschrieben mit „Aktiva" und „Passiva", in den ausgewiesenen Endbeträgen (der Bilanzsumme) übereinstimmen. Große und mittelgroße Kapitalgesellschaften (Rdn. 79 f) haben die auf der nächsten Seite dargestellte Grundgliederung für eine Bilanz gem. § 266 Abs. 2 und 3 H G B aufzustellen (§ 266 Abs. 1 Satz 2 HGB), sofern nicht aufgrund von Spezialgesetzen eine abweichende Gliederung vorgesehen ist. Mittelgroße Gesellschaften brauchen jedoch die Bilanz nicht in ihrer vollen Untergliederung offenzulegen (§ 327 HGB). Diese Mindestgliederung kann gem. § 265 Abs. 5 H G B weiter untergliedert werden (vgl. Rdn. 375), unter Umständen ist eine solche Erweiterung zwingend geboten (vgl. Rdn. 380), Leerposten brauchen nicht aufgeführt zu werden (vgl. Rdn. 379). Die Form der Bilanz und ihre inhaltliche Gliederung (siehe folgende Seite) 367 sind vom Gesetzgeber — von Ausnahmen abgesehen — als zwingend einzuhaltende Formerfordernisse (vgl. Rdn. 369 ff) vorgeschrieben worden. Verstöße gegen diese Vorschriften können geahndet werden (§§ 331, 334 HGB, vgl. Rdn. 1565 f). Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) brauchen nur die mit Buchsta- 368 ben und römischen Zahlen versehenen Posten in ihre Bilanz aufzunehmen (vgl. § 266 Abs. 1 Satz 3 HGB). Die Bilanz verkürzt sich somit von 27 auf 17 Posten. Dadurch verschlechtert sich der Einblick in die Vermögens- und Finanzlage ausgerechnet bei der kleinen GmbH, von der erfahrungsgemäß relativ eine erheblichere Gläubigergefährdung ausgeht (vgl. Ririgling Die Bank 85, 336; vgl. auch Göllert/Ringling BB 85, 971). In der Praxis dürften die Zusammenfassungsmöglichkeiten nur bei der Veröffentlichung von Bedeutung sein. Zur Befriedigung weiterer interner wie externer (z.B. Bank) Informationsbedürfnisse sollten auch mittlere und kleine GmbHs ihre Organisation der Finanzbuchhaltung an der Bilanzgliederung für große Kapitalgesellschaften ausrichten (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 970). Von dem Recht zum verkürzten Ausweis bleibt u.E. die Pflicht unberührt, die Ausweise vornehmen zu müssen, die alternativ in der Bilanz unter Posten mit arabischen Zahlen oder im Anhang vorzunehmen sind. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Aufbau der Bilanz der mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaft (Standardgliederungsschema) AKTIVSEITE

PASSIVSEITE

A. Anlagevermögen:

A. Eigenkapital:

I. Immaterielle Vermögensgegenstände:

I. Gezeichnetes Kapital;

1. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten;

Π. Kapitalrücklage; JH. Gewinnrücklagen: 1. gesetzliche Rücklage;

2. Geschäfts- oder Firmenwert;

2. Rücklage für eigene Anteile;

3. geleistete Anzahlungen;

3. satzungsmäßige Rücklagen;

Π. Sachanlagen: 1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken;

4. andere Gewinnrücklagen;

2. technische Anlagen und Maschinen;

IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag;

3. andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung; 4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau;

V. Jahresüberschuß/ Jahresfehlbetrag. B. Rückstellungen:

ΙΠ. Finanzanlagen:

1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen;

1. Anteile an verbundenen Unternehmen;

2. Steuerrückstellungen;

2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen; 3. Beteiligungen; 4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht;

3. sonstige Rückstellungen. C. Verbindlichkeiten:

5. Wertpapiere des Anlagevermögens; 6. sonstige Ausleihungen.

2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten; 3. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen;

B. Umlaufvermögen: I. Vorräte: 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe;

764

1. Anleihen, davon konvertibel;

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4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen;

C. Aufstellung von Jahres^bschluß und Lagebericht 2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen; 3. fertige Erzeugnisse und Waren;

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5 5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel;

4. geleistete Anzahlungen; Π. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände: 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen; 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen; 3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 4. sonstige Vermögensgegenstände;

6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen; 7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 8. sonstige Verbindlichkeiten, davon aus Steuern, davon im Rahmen der sozialen Sicherheit. D. Rechnungsabgrenzungsposten.

ΠΙ. Wertpapiere: 1. Anteile an verbundenen Unternehmen; 2. eigene Anteile; 3. sonstige Wertpapiere; IV. Schecks, Kassenbestand, Bundesbankund Postgiroguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten. C. Rechnungsabgrenzungsposten.

Die formellen Grundsätze der Bilanzgliederung sind weitgehend in 3 6 9 § 265 H G B geregelt. Der Absatz 1 dieser Vorschrift enthält die Pflicht, die Form der Darstellung, insbesondere die Gliederung aufeinanderfolgender Bilanzen (vgl. auch formelle Bilanzkontinuität, Rdn. 146), beizubehalten. Die Pflicht darf auch dann nicht außer acht gelassen werden, wenn der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen Nachteile aus einem Bilanzausweis entstehen (vgl. Adler/ Düring/Schmaltz §151,3). Um den Ubergang auf das neue Recht zu ermöglichen, braucht die Vorschrift des § 265 Abs. 1 H G B bei der erstmaligen Anwendung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes nicht angewendet zu werden (Art. 24 Abs. 5 2. Alt. EinfG HGB). Niehus/Scholz

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

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Die Forderung nach Ausweiskontinuität (einer bestimmten Ausweisfolge) ist insbesondere Voraussetzung für den Periodenvergleich, dient aber auch dem zwischengesellschaftlichen Bilanzvergleich. Ausnahmen von dieser Regelung sind nur wegen besonderer Umstände möglich, müssen dann jedoch im Anhang angegeben und begründet werden. Eine Änderung der Gliederung und eine Durchbrechung der Ausweiskontinuität liegt dann nicht vor, wenn die Änderung bedingt ist durch eine nachträgliche Änderung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse: z.B. Schuldner der bilanzierenden Gesellschaft ist neuerdings verbundenes Unternehmen geworden. In diesem Falle hat sich der Charakter der Forderung gewandelt und in der Bilanz ergibt sich aus dem Bilanzgliederungsschema der Zwang zu einer anderen Gliederung (vgl. Adler/ Düring!Schmaltz % 151, 2).

371

Neu gegenüber den bisher geltenden Rechnungslegungsvorschriften — seit Jahren jedoch schon praktische Übung — ist die Pflicht, zu jedem Bilanzposten die entsprechende Zahl des vorhergehenden Geschäftsjahres anzugeben. Nicht vergleichbare Zahlen sind im Anhang (vgl. Rdn. 861 f) anzugeben und zu erläutern (§ 265 Abs. 2 HGB). Diese Neuregelung ist besonders dazu geeignet, dem Bilanzleser einen Periodenvergleich zu erleichtern.

372

Gemäß den Übergangsvorschriften brauchen die Vorjahreszahlen bei der erstmaligen Anwendung dieser formellen Bilanzierungsvorschriften nicht angegeben zu werden (Art. 24 Abs. 5 Satz 2 EinfG HGB).

373

Fallen ein Vermögensgegenstand oder eine Schuld unter mehrere Posten der Bilanz, so ist bei dem Posten, unter dem dieser/diese ausgewiesen wird, die Mitzugehörigkeit zu den anderen Posten zu vermerken, wenn dies zur Aufstellung eines klaren und übersichtlichen Jahresabschlusses erforderlich ist (§ 265 Abs. 3 Satz 1 HGB). Dieser Fall tritt z.B. bei Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen auf, die gegenüber verbundenen Unternehmen bestehen. Diese Forderungen können — abgesehen von speziellen Regelungen, vgl. in diesem Falle Rdn. 478 — entweder bei den Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen oder bei den Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen ausgewiesen werden. Werden sie als solche gezeigt, müssen sie mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Zusatz versehen werden. Eigene Anteile hingegen dürfen nur unter den dafür vorgesehenen Posten im Umlaufvermögen ausgewiesen werden (§ 265 Abs. 3 Satz 2 HGB).

374

H a t ein Unternehmen mehrere Geschäftszweige und bedingt dies die Gliederung des Jahresabschlusses nach verschiedenen Gliederungsvorschriften, so hat das Unternehmen den Jahresabschluß nach der f ü r einen seiner Geschäftszweige vorgeschriebenen Gliederung aufzustellen und nach der für seine anderen Geschäftszweige vorgeschriebenen Gliederung zu ergänzen. Die Ergänzung ist im Anhang anzugeben und zu begründen (§ 265 Abs. 4 HGB). Zu den Wirtschaftszweigen, die nach ihrer Geschäftsart eine vom gesetzlichen Bilanzschema völlig abweichende Gliederung bedingen und für deren Bilanzen be766

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

sondere Formblätter vorgeschrieben sind, gehören u.a. Banken, Versicherungen, Wohnungsunternehmen, kommunale Eigenbetriebe. Auf das Bilanzrichtlinien-Gesetz abgestimmte Formblatt-Verordnungen sind jedoch noch nicht erlassen worden. Das Gesetz läßt eine weitere Untergliederung der einzelnen Bilanzposten 3 7 5 zu (§ 265 Abs. 5 Satz 1 1. Hs. H G B ; vgl. auch Rdn. 380). Dabei ist jedoch die vorgeschriebene Gliederung zu beachten (§ 265 Abs. 5 Satz 1 2. Hs. HGB). Neue Posten dürfen aber hinzugefügt werden, wenn ihr Inhalt nicht von 3 7 6 einem vorgeschriebenen Posten gedeckt wird (§ 265 Abs. 5 Satz 2 HGB). Dies dürfte im wesentlichen bei den Posten des Anlagevermögens von Reedereien, Energieversorgungsunternehmen, Bergbaubetrieben und Brauereien in Betracht kommen. Besondere Eigenarten in der Organisation eines Unternehmens (z.B. gesondert bilanzierende Abteilungen oder Nebenbetriebe) rechtfertigen nicht ein Abgehen von dem gesetzlichen Bilanzschema oder dem für den Geschäftszweig üblichen bzw. durch Formblätter angeordneten Schema (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 8 m.w.N.). Die Gliederung und Bezeichnung der mit arabischen Zahlen versehenen 3 7 7 Posten der Bilanz sind, soweit dies wegen Besonderheiten der Kapitalgesellschaft erforderlich ist, so zu ändern, daß ein klarer und übersichtlicher Jahresabschluß entsteht (§ 265 Abs. 6 HGB). Diese Vorschrift will z.B. für den Fall, daß eine Gesellschaft am Bilanzstichtag keinen Warenbestand hat, die Frage regeln, ob die im Gesetz vorgeschriebene Bezeichnung Aktivseite B.I.3. „fertige Erzeugnisse und Waren" unverändert beizubehalten ist. Aus dem Zusatz in der angeführten Norm, daß die Gliederung der Bilanz übersichtlich sein soll, entstehen keine Bedenken, die Postenbezeichnung den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen. Sinngemäß kann dieses Beispiel des Umlaufvermögens auch auf das Anlagevermögen übertragen werden. Mit arabischen Zahlen versehene Bilanzposten können, wenn nicht beson- 378 dere Formblätter vorgeschrieben sind, auch zusammengefaßt werden, wenn sie einen Betrag enthalten, der für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes (vgl. Rdn. 108 ff) nicht erheblich ist, oder wenn dadurch die Klarheit der Darstellung vergrößert wird; nur im letzteren Falle müssen die zusammengefaßten Posten jedoch im Anhang (vgl. auch Rdn. 861 f) gesondert ausgewiesen werden (§ 265 Abs. 7 HGB). Diese Vorschrift erstreckt sich nicht nur auf die Gliederung in § 266 H G B für große Kapitalgesellschaften, sondern auch auf das verkürzte Gliederungsschema der kleinen Kapitalgesellschaften. Bei großen Kapitalgesellschaften kann die Zulässigkeit, Bilanzposten zusammenzuziehen, nur dahin führen, daß einzelne Bilanzposten in dem Gliederungsschema des § 266 Abs. 2 und 3 H G B sich der verkürzten Gliederung der kleinen Kapitalgesellschaften annähern. Für die Gliederung der kleinen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 368) Niehus/Scholz

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HGB § § 238-335

Rechnungslegung

dürfte die Erlaubnis zur Zusammenfassung kaum praktische Bedeutung erlangen. 379

Nach § 265 Abs. 8 H G B braucht wie bisher ein Posten in der Bilanz, der keinen Betrag ausweist (ein sogenannter Leerposten), nicht aufgeführt zu werden, es sei denn, daß im vorhergehenden Geschäftsjahr unter diesem Posten ein Betrag ausgewiesen wurde. Aus der Verwendung des Verbs „brauchen" läßt sich aber kein absolutes Verbot des Ausweises von Leerposten ableiten, sondern es gestattet lediglich den Verzicht des Ausweises. Als Leerposten im weiteren Sinne müssen auch die bei verschiedenen Bilanzposten nach § 266 Abs. 2 und 3 H G B oder bei der gem. § 266 Abs. 1 Satz 3 H G B verkürzten Gliederung geforderten Vermerke angesehen werden, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 259).

380

b) Abweichungen. Die in § 266 H G B normierten Gliederungsvorschriften heben zum einen auf den Zwang zum gesonderten (getrennten) Ausweis der einzelnen auf der Aktiv- oder der Passivseite der Bilanz auszuweisenden Posten (vgl. Rdn. 367) ab und fordern zum anderen die grundsätzliche Einhaltung der vorgeschriebenen Reihenfolge, in der die Posten auszuweisen sind. Dieser Gliederungszwang dient vor allem der Bilanzklarheit (vgl. Rdn. 133), aber auch der Ausweiskontinuität (vgl. Rdn. 370) und darf nur in Ausnahmefällen durchbrochen werden (vgl. Rdn. 146). Die Legitimation zur Abweichung von der Mindestgliederung, sowohl im Sinne einer weiteren Untergliederung (vgl. Rdn. 375) als auch im Sinne einer Gliederungserweiterung (vgl. Rdn. 376) durch zusätzliche Posten, kann sich nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nur aus anderen gesetzlichen Bestimmungen ergeben. Neben der generellen Sanktionierung von Gliederungserweiterungen im Rahmen gesetzlich zugelassener Ausnahmen hat der Gesetzgeber noch spezielle Gliederungsänderungen normiert, die den Bilanzierenden sogar zwingen, von den gesetzlichen Gliederungsschemata abzuweichen (vgl. Rdn. 510).

381

Nach § 268 Abs. 1 H G B darf die Bilanz auch nach vollständiger oder teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt werden. Wird die Bilanz nach teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses (vgl. § 29 Rdn. 7) aufgestellt, so tritt an die Stelle der Posten „Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag" und „Gewinnvortrag/Verlustvortrag" der Posten „Bilanzgewinn/Bilanzverlust"; ein vorhandener Gewinn- oder Verlustvortrag ist in den Posten „Bilanzgewinn/Bilanzverlust" einzubeziehen und zu vermerken.

382

Gem. § 268 Abs. 2 H G B müssen alle Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Entwicklung der einzelnen Posten des Anlagevermögens und des Postens „Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs" in der Bilanz oder im Anhang darstellen. Dabei sind, ausgehend von den gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten, die Zugänge, Abgän768

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

ge, Umbuchungen und Zuschreibungen des Geschäftsjahres sowie die Abschreibungen in ihrer gesamten H ö h e gesondert aufzuführen (Anlagenspiegel/Anlagengitter). Bei den Zuschreibungen braucht also nicht mehr — wie noch in früheren Gesetzesentwürfen vorgesehen — der kumulierte Betrag angegeben zu werden (vgl. Küting/Haeger/Zündorf BB 85, 1952 m.w.N.). Folge dieser Lockerung des Bruttoprinzips ist, daß die Zuschreibungen aus Vorperioden nicht mit kumulierten Abschreibungen verrechnet werden müssen, um die Durchrechnung im Anlagengitter bis zur letzten Spalte zu gewährleisten (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 1828). Die Abschreibungen des Geschäftsjahres sind entweder in der Bilanz bei den betreffenden Posten zu vermerken oder im Anhang in einer der Gliederung des Anlagevermögens entsprechenden Aufgliederung anzugeben. Diese Entwicklung der oben genannten Posten ist nicht mehr integrierter Bestandteil der Bilanz, da sie auch im Anhang ausgewiesen werden kann. In der Bilanzierungspraxis war bisher für eine derartige Aufbereitung von Bilanzzahlen der Begriff des Anlagenspiegels verwendet worden. Da dieses Zahlenschema nach neuem Recht einen anderen materiellen Inhalt hat, kann vor allem in der Ubergangsphase auch eine terminologische Unterscheidung beider Schemata nützlich sein. Hier werden für das handelsrechtlich vorgesehene Schema die Begriffe Anlagenspiegel/Anlagengitter synonym verwendet. In der Entwicklung des Anlagevermögens sind die Anschaffungs- oder 3 8 3 Herstellungskosten in ihrer vollen Höhe (vgl. dazu und zur Übergangsregelung Rdn. 444) auszuweisen. Die in der Entwicklung zu erfassenden Zu- (vgl. Rdn. 446) und Abgänge (vgl. Rdn. 455) sowie Umbuchungen (vgl. Rdn. 447) beziehen sich dagegen auf die Bruttozugänge, -abgänge, -Umbuchungen und Zuschreibungen (vgl. Rdn. 458) nur der Abrechnungsperiode. Bei Abschreibungen (vgl. Rdn. 459) erfolgt ebenfalls ein Bruttoausweis in der Form, daß die jeweils aufgelaufenen (kumulierten) Beträge (einschließlich der, die auf die laufende Periode entfallen) aller Vermögensgegenstände auszuweisen sind, die am Geschäftsjahresende noch aktiviert sind. Die Periodenabschreibungen sind in diese Entwicklung des Anlagevermö- 3 8 4 gen zwar nicht separat aufgenommen worden, sie dürfen aber bei den betreffenden Posten vermerkt werden. Dieser Vermerk kann beispielsweise als eine abgesonderte Spalte oder als besondere Zeile unter jeder Position des Anlagevermögens in einem entsprechenden „Davon-Vermerk" vorgenommen werden. Ziel des Anlagengitters ist eine verbesserte Vermögensdarstellung. So lassen 3 8 5 sich f ü r jeden Posten der Anlagenabnutzungsgrad ( = kumulierte Abschreibungen/Anlagenbestand) ermitteln und tendenzielle Aussagen zur Altersstruktur, zum Reinvestitionsbedarf und zur Reinvestitionspolitik machen (vgl. Göllert BB 84, 1845). Außerdem läßt sich daraus die durchschnittliche Abschreibungsdauer, die f ü r Branchenvergleiche von Bedeutung ist, ermitteln. Niehus/Scholz

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Die Bestimmung dieser Kennzahlen wird allerdings durch die Übergangsvorschrift des Art. 24 Abs. 6 EinfG H G B erschwert. Danach dürfen statt der ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Buchwerte fortgeführt werden, sofern diese Beträge nicht ohne unverhältnismäßige Kosten oder Verzögerungen feststellbar sind (vgl. Krumnow ZfbF 85, 789). Allerdings werden nicht mehr ohne Nebenrechnung die Änderungen im Anlagenbestand ersichtlich (vgl. Weilbach BB 85, 1077). Das Muster auf Seite 770 soll das vom Gesetzgeber geforderte Anlagengitter veranschaulichen. Nach § 268 Abs. 3 H G B ist bei der Gliederung der Bilanz einer GmbH zu 3 8 6 beachten, daß, wenn das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht ist und sich ein Überschuß der Passivposten über die Aktivposten ergibt, dieser Betrag am Schluß der Bilanz auf der Aktivseite gesondert unter der Bezeichnung „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" auszuweisen ist. Diese Vorschrift durchbricht die vom Gesetzgeber beabsichtigte Systematik, auf der Passivseite der Bilanz unter Α. I. — V. das gesamte Eigenkapital einer Gesellschaft zu erfassen. Es wird damit handelsrechtlich an der bisher schon weitverbreiteten, für die Aktiengesellschaft im § 151 Abs. 1 AktG 1965 sogar zwingend vorgeschriebenen Bilanzierungspraxis festgehalten, einen Bilanzverlust am Schluß der Aktivseite einer Bilanz auszuweisen; für den ungeübten Bilanzleser ist dies sicher eine Erleichterung. Der Betrag der Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr 3 8 7 ist bei jedem gesondert ausgewiesenen Posten zu vermerken (vgl. § 268 Abs. 4 Satz 1 HGB). Diese Vorschrift bezweckt, die Finanzlage im Jahresabschluß deutlicher als bisher darzustellen. Die Vorschrift des § 268 Abs. 4 Satz 1 H G B enthält ein Bündel von Ausweisauflagen. Danach müssen die entsprechenden, mit arabischen Ziffern versehenen Bilanzposten folgenden Zusatz erhalten: „davon mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr D M . . . " . Dieser zusätzlich auszuweisende Betrag ist nicht (zusätzlich) in die Ermittlung der Bilanzsumme einzubeziehen. Da Art. 9 D II der 4. EG-Richtlinie den Vermerk nur für die im Umlaufvermögen ausgewiesenen Forderungen vorschreibt, ist der Vermerk über die Restlaufzeit nur bei den unter den Posten Β II Nr. 1. bis 4. der Aktivseite des Standardgliederungsschemas (vgl. Rdn. 367) auszuweisenden Forderungen erforderlich. Ausleihungen (vgl. Α III 2., 4. und 6. des Standardgliederungsschemas) brauchen somit keine zusätzlichen Angaben über die Restlaufzeit zu enthalten. Der Betrag der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr 3 8 8 ist bei jedem gesondert ausgewiesenen Posten zu vermerken. Verbindlichkeiten i.S.d. § 268 Abs. 5 Satz 1 H G B sind die, die unter den Posten der Passivseite C 1. bis 8. des Standardgliederungsschemas (vgl. Rdn. 367) ausgewiesen werden. Darüber hinaus sind gem. §285 Nr. 2 H G B die Verbindlichkeiten Niehus/Scholz

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mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren von mittelgroßen und großen GmbHs mit dem Gesamtbetrag anzugeben (§ 285 Nr. la HGB). Die Angaben können aus Gründen der Klarheit auch sämtlich in dem Anhang tabellenmäßig für jeden einzelnen Posten aufgeführt werden, wenn auch der Bilanzbetrag der einzelnen Verbindlichkeiten dort angegeben wird. Werden die Angaben im Anhang gemacht, so kann es u.E. im Interesse einer übersichtlicheren Darstellung der Finanzlage liegen, auch die Restlaufzeiten der Forderungen im Anhang entsprechend anzugeben. 389

Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen sind, soweit Anzahlungen auf Vorräte nicht von dem Posten „Vorräte" offen abgesetzt werden, unter den Verbindlichkeiten gesondert auszuweisen (§ 268 Abs. 5 Satz 2 HGB). Die im ersten Satz des § 268 Abs. 5 H G B enthaltene Anforderung führt zu einem Postenzuwachs (vgl. auch Rdn. 376). Für erhaltene Anzahlungen sieht der Gesetzgeber im Satz 2 ein Ausweiswahlrecht vor. Werden die erhaltenen Anzahlungen als Verbindlichkeiten ausgewiesen, sind sie bei großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) unter C. 3. „erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen" (s, Bilanzgliederungsschema in Rdn. 367) auszuweisen (§ 266 Abs. 3 C. 3. HGB). Bei kleinen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) braucht ein gesonderter Ausweis nicht zu erfolgen, da diese Gesellschaften nach der Norm des § 266 Abs. 1 Satz 3 H G B weder ihre Vorräte noch ihre Verbindlichkeiten aufgliedern müssen. 390 Bilanziert eine Gesellschaft den „Unterschiedsbetrag abzüglich der nach § 250 Abs. 3 Satz 2 H G B vorzunehmenden Abschreibungen nach § 250 Abs. 3 Satz 1 H G B " (Disagio) (vgl. Rdn. 350), so hat sie diesen Betrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufzunehmen und gem. § 268 Abs. 6 H G B gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben. Dieser Bilanzposten kann dadurch folgendes Aussehen annehmen: C. Rechnungsabgrenzungsposten I. Disagio II. Sonstige 391

Die in § 268 Abs. 7 H G B normierte Vermerkpflicht von Haftungsverhältnissen kann dagegen nicht, wie ihr Standort im § 268 H G B vermuten ließe, als Abweichung vom Bilanzgliederungsschema angesehen werden, da die H a f tungsverhältnisse unter der Bilanz oder im Anhang zu vermerken bzw. anzugeben sind.

392

Das handelsrechtliche Bilanzgliederungsschema erfährt aber eine Ausweitung durch Aufwendungen für die Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs und dessen Erweiterung (vgl. Rdn. 340 ff), wenn diese aktiviert werden. Der zu bildende Posten ist in der Bilanz vor dem Posten Anlagevermögen unter der Bezeichnung „Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs" auszuweisen und im Anhang zu erläutern (vgl. § 269 Satz 1 772

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2. Hs HGB). Dieser Posten ist in die Entwicklung des Anlagevermögens (vgl. Rdn. 440 ff) einzubeziehen. Die ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital sind auf der Aktiv- 3 9 3 seite vor dem Anlagevermögen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen; die davon eingeforderten Einlagen sind zu vermerken. Die nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen dürfen aber auch von dem Posten „ G e zeichnetes Kapital" offen abgesetzt werden. In diesem Falle ist der verbleibende Betrag als Posten „Eingefordertes Kapital" in der Hauptspalte der Passivseite auszuweisen und ist außerdem der eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte Betrag unter den Forderungen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen (§ 272 Abs. 1 Satz 2 ff HGB). Ob kleine Kapitalgesellschaften entgegen der gem. § 266 Abs. 1 Satz 3 3 9 4 H G B verkürzten Bilanz eine ggf. nach § 272 Abs. 4 H G B in die Bilanz einzustellende Rücklage für eigene Anteile (vgl. Rdn. 531 ff) unter dieser Bezeichnung in den Passivposten A. III. des § 266 Abs. 3 H G B aufnehmen müssen, ist u.E. fraglich. Der Sonderposten mit Rücklageanteil (§ 247 Abs. 3 HGB) ist auf der Pas- 3 9 5 sivseite unter der Bezeichnung „Sonderposten mit Rücklageanteil" vor den Rückstellungen auszuweisen (vgl. § 2 7 3 Abs. 1 Satz 1 HGB). Die Vorschriften, nach denen der Sonderposten gebildet worden ist, sind in der Bilanz oder im Anhang anzugeben. Dieser Posten, der dem sog. II a-Posten aus § 152 Abs. 5 AktG 1965 nachgebildet worden ist, führt zu einer Änderung der Postenbezeichnung im Standardgliederungsschema (vgl. Rdn. 367). Der angesprochene Posten ist nämlich dem Buchstaben Β zuzuordnen, die Folgeposten erhalten die nachfolgenden Buchstaben des Alphabets. U.E. sind nach dem Wortlaut des Gesetzestextes die einzelnen Sonderposten, und zwar jede Art für sich zusammengefaßt, unter Angabe der V o r schriften, nach denen sie gebildet sind, auszuweisen. Danach käme bei Passivierung mehrerer Arten z.B. folgender Ausweis in Frage: DM

DM

B. Sonderposten mit Rücklageanteil 1. Rücklage für Ersatzbeschaffung gem. Abschn. 35 Abs. 5 EStR 1984

4.250,-

2. Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG für Veräußerungsgewinn

56.500,-

3. Wertberichtigung nach § 81 EStDV (Sonderabschreibung im Kohlen-und Erzbergbau)

13.800,- 74.550,-

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Rechnungslegung

Auch eine Angabe der Einzelbeträge als Vermerk würde im Prinzip dieser Forderung genügen: DM B. Sonderposten mit Rücklageanteil

74.550,-

davon Rücklage für Ersatzbeschaffung gem. Abschn. 35 Abs. 5 EStR 1984 DM 4.250,-, Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG für Veräußerungsgewinne DM 56.500,—, Wertberichtigung nach § 81 EStDV (Sonderabschreibung im Kohlen- und Erzbergbau) DM 13.800(vgl. auch Adler/Düring/Schmalz § 152, 69).

Bei dem Ausweis der Rücklage nach § 6 b EStG darf nicht unbeachtet bleiben, ob die Rücklage bereits verwendet worden (auf ein abnutzbares oder nicht abnutzbares Wirtschaftsgut übertragen wurde) oder ob sie noch übertragbar ist und ihre Zwangsauflösung bevorsteht. U.E. ist die Rücklage entweder ausreichend bezeichnet in der Bilanz auszuweisen oder im Anhang entsprechend zu erläutern. 396 Gesondert haben u.E. alle GmbHs unter dem Bilanzposten Rückstellungen die Rückstellungen für latente Steuern (vgl. Rdn. 574 ff) auszuweisen (vgl. § 274 Abs. 1 Satz 1 HGB). 397 Die Bilanzgliederung des § 266 H G B kann auch durch Vorschriften des GmbH-Gesetzes Erweiterungen erfahren. So sind gemäß § 42 Abs. 2 Sätze 2 und 3 u.U. nachzuschießende Beträge (vgl. §§41, 42 Rdn. 112 ff) auf der Aktivseite unter den Forderungen mit der Bezeichnung „Eingeforderte Nachschüsse" und gleichzeitig ein diesem Posten entsprechender Posten auf der Passivseite unter dem Eigenkapitalposten A.II. „Kapitalrücklage" (vgl. Rdn. 518) gesondert auszuweisen. 398

Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern (zur Gesellschaftereigenschaft vgl. § 2 Rdn. 2 ff, § 16 Rdn. 2 ff) sind gemäß § 42 Abs. 3 ebenfalls als solche jeweils getrennt auszuweisen. Werden sie unter anderen Posten ausgewiesen, so muß diese Eigenschaft vermerkt werden.

399

7. Inhalt der einzelnen Bilanzposten. Der Inhalt der einzelnen Posten des Bilanzgliederungsschemas in § 266 Abs. 2 und 3 H G B ist in den §§ 247 — 251 und 266 — 274 H G B näher umrissen. Letztere gelten nur für Kapitalgesellschaften. Aufgabe dieser Normen ist es insbesondere, die den Bilanzinhalt (vgl. Rdn. 288 ff) bildenden Vermögensgegenstände, Bilanzierungshilfen etc. den gesetzlich vorgeschriebenen Bilanzposten zuzuordnen. Gegenstand dieser Normen ist jedoch nicht, auch die Werte zu bestimmen, mit denen die Ele774

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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mente des Bilanzinhalts, die einzelnen Posten, bewertet werden. Diese Aufgabe ist den Bewertungsvorschriften in den §§ 252 — 256 und 279 — 283 H G B vorbehalten. a) Anlagevermögen. Beim Anlagevermögen sind die Gegenstände auszu- 4 0 0 weisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Diese Bestimmung entspricht dem ehemaligen §152 Abs. 1 Satz 1 AktG 1965 mit der Ausnahme, daß auf die Worte „am Abschlußstichtag" verzichtet wird. Dies bedeutet keine Rechtsänderung. Es darf jedoch bei der Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen nicht ausschließlich auf die Verhältnisse am Abschlußstichtag abgestellt werden, ohne davor oder danach liegende Umstände zu berücksichtigen (vgl. Ausschußbericht, 98). Für die Einordnung der Vermögensgegenstände unter das Anlagevermögen ist nicht die Art des Vermögensgegenstandes, sondern seine Zweckbestimmung entscheidend, die sich teils aus der Sache selbst ergibt, teils vom Willen der Gesellschaft abhängt (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 3). Diese wiederum ist Ergebnis einer Ermessensentscheidung. Dabei darf das Ermessen aber nicht willkürlich ausgeübt werden, die objektive Meinung muß entscheidend sein (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff 152, 3). Der Bilanzierende muß also nach den Gesamtumständen auch in der Lage sein, diese Vermögensgegenstände längerfristig zu halten, da das objektive Kriterium der Haltefähigkeit der subjektiven Zweckbestimmung vorgehen muß. Besteht kein funktionsfähiger Markt, wie z.B. bei unverbrieften Kapitalan- 401 teilen an Personengesellschaften, sind diese in jedem Fall im Anlagevermögen auszuweisen. Da mit zunehmender Höhe des Anteilsbesitzes eine kurzfristige Veräußerung im Normalfall schwieriger wird, kann bei Mehrheit der Anteile ebenfalls nur von ihrer Dauerhaftigkeit ausgegangen werden. Das gleiche gilt für Anteile, die wegen schlechter wirtschaftlicher Lage der Beteiligungsgesellschaft nicht veräußerbar sind (vgl. Bieg DB Beilage Nr. 24/85, 7 f). Entsprechend der Zweckbestimmung ist es aber möglich, daß Vermögensgegenstände, die gemeinhin als Anlagevermögen definiert werden, auch als Umlaufvermögen (z.B. Grundstücke bei einer Terraingesellschaft) und umgekehrt Gegenstände des Umlaufvermögens als Anlagevermögen auszuweisen sind (z.B. unfertige Erzeugnisse, die dauernd im Betrieb als Demonstrationsobjekte eingesetzt werden). Die Abgrenzung des Anlage- von dem Umlaufvermögen soll dem Liquiditätsgliederungsprinzip Rechnung tragen. Danach ist die Geldnähe der Aktiva, die von der Zeitspanne bestimmt wird, in der sie sich üblicherweise im Rahmen des normalen betrieblichen Umsatzprozesses wieder in Zahlungsmittel umwandeln (Selbstliquidationsperiode), maßgeblich für die Aktivseite der Bilanz (vgl. Bieg DB Beilage 24/85, 2). Unter zeitlichen Aspekten betrachtet gehören z.B. Maschinen, auch wenn 4 0 2 in naher Zukunft eine Veräußerung geplant ist, jedenfalls so lange zum Anlagevermögen, wie sie tatsächlich betrieblich genutzt werden (vgl. hierzu Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

BFHE 135, 35). Werden solche zur Veräußerung bestimmten Maschinen bereits seit einiger Zeit nicht mehr genutzt, so sind sie selbst dann aus dem Anlagevermögen auszugliedern, wenn eine Einbeziehung in das Umlaufvermögen einen niedrigeren Wertansatz erforderlich machen würde. Die Stillegung einer Anlage allein steht einem Ausweis als Anlagevermögen nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Gesellschaft die Anlage zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. nach einem Umbau) wieder nutzen oder veräußern will (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 152, 5). 403

Ersatzteile, die zum Einbau in Gegenstände des Anlagevermögens bestimmt sind, gehören zum Anlagevermögen, da diese Teile in der Unternehmung bis zum endgültigen Verschleiß verbleiben. Diese werden i.d.R. bei den Vermögensgegenständen aktiviert, zu deren Einbau sie vorgesehen sind. In der Praxis werden sie jedoch oft als Umlaufvermögen unter den Vorräten bilanziert, weil sie aus Buchungs- und Kontrollgründen wie Magazinbestände behandelt werden. Speziaireserveteile, die anderweitig nicht verwendet werden können, müssen jedoch beim Anlagevermögen ausgewiesen werden, es sei denn, ihr Ansatz im Umlaufvermögen erfolgt mit dem Schrottwert (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 152, 5).

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Nach allgemeiner Meinung bedeutet „dauernd" in der zu kommentierenden Vorschrift soviel wie „längere Zeit". Dennoch können auch Gegenstände, die ihrer Natur nach beispielsweise innerhalb eines Jahres verbraucht sind, zum Anlagevermögen gehören; die Sache hat ja tatsächlich bis zu ihrer Wertlosigkeit dem Unternehmen gedient, so daß eine weitere Verwendung ausgeschlossen ist. Der Gegenstand hat somit auf Dauer dem Geschäftsbetrieb gedient. Eine „Daueranlage" im handelsrechtlichen Sinne liegt auch vor, wenn von vornherein feststeht, daß sie nur kurze Zeit dem Geschäftsbetrieb dienen wird, z.B. Kauf eines gebrauchten Pkw oder von Spezialmaschinen, die zur Durchführung eines einmaligen Auftrages dienen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz §152,3).

405

Unter dem Anlagevermögen sind nach § 266 Abs. 2 Α. I. H G B (vgl. Rdn. 367) immaterielle Vermögensgegenstände auszuweisen. Nach dem Bilanzierungsschema gehören dazu Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten, der Geschäfts- oder Firmenwert sowie die auf immaterielle Vermögensgegenstände geleisteten Anzahlungen. Diese Aufzählung ist für die großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) verbindlich. Die aufgeführten Vermögensgegenstände können kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) in dem Posten immaterielle Vermögensgegenstände zusammenfassen (vgl. § 266 Abs. 1 Satz 3 HGB); diese Vermögensgegenstände können u.U. sogar einzeln ausgewiesen werden, soweit die Vorschrift des § 264 Abs. 2 H G B (vgl. Rdn. 108 ff) beachtet wird. Zur Behandlung immaterieller Anlagegüter vgl. u.a. Hirte DB 82, 2361 ff. 776

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C. Aufstellung v o n Jahresabschluß und Lagebericht

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Als Geschäfts- oder Firmenwert darf gem. § 255 Abs. 4 Satz 1 H G B nur der 4 0 6 derivative Geschäfts- oder Firmenwert angesetzt werden, evtl. auch der diesem Wert ähnliche Verschmelzungsmehrwert (vgl. § 348 Abs. 1 AktG 1965), der z.B. bei der Verschmelzung von Gesellschaften m b H entstehen kann. Dieser Wert müßte jedoch dort gesondert ausgewiesen werden. Dieses im allgemeinen Teil fixierte Wahlrecht besteht auch für Kapitalgesellschaften, also auch für die G m b H (vgl. Ausschußbericht, 101; v. Wysocki ZfbF 85, 751). Es kann nämlich keine Aktivierungspflicht aus dem Vollständigkeitsgebot (§ 246 Abs. 1 HGB) i.V.m. dem Aktivierungsverbot des selbstgeschaffenen Firmenwertes (§ 248 Abs. 2 HGB) hergeleitet werden (so aber Maul zum Vorentwurf, AG 80, 234). Dieses Aktivierungswahlrecht entspricht auch der 4. EG-Richtlinie (vgl. Wysocki a a O ; a.A. Herber StB Kongreß-Report 79, 234), denn gem. Art. 37 Abs. 2 der 4. EG-Richtlinie ist Art. 34 Abs. l a anzuwenden, der ein Mitgliedsstaatenwahlrecht einräumt. Zur Frage, ob der Geschäfts- oder Firmenwert zutreffend unter den immateriellen Vermögensgegenständen einzuordnen ist, vgl. Rdn. 358. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte sind z.B. Güterfern- und Güter- 4 0 7 nahverkehrskonzessionen, Rechte in diesem Sinne sind u.a. Patente, Markenund Verlagsrechte, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster, Warenzeichen. Zu den ähnlichen Rechten und Werten gehören u.a. Zuteilungsquoten, 4 0 8 Lieferrechte, Nutzungsrechte, wie Miet-, Wohn- und Belegungsrechte, Brennrechte, Braurechte, Fischereirechte, außerdem Erfindungen, Rezepte, Geheimverfahren, Know-how, Kundenkarteien usw. (vgl. WP-Handbuch 85/861, 582), aber auch besondere Vorteile, die durch einen verlorenen Zuschuß erworben worden sind (vgl. BFH BStBl. 75 II, 874 zur Behandlung eines Zuschusses für eine öffentliche Verkehrseinrichtung). Voraussetzung für den Ausweis dieser Vermögensgegenstände ist, daß sie 4 0 9 gegen einmaliges Entgelt erworben worden sind. Denn aus dem Vollständigkeitsgebot des § 246 Abs. 1 H G B und dem Aktivierungsverbot für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gem. § 248 Abs. 2 H G B folgt eine Aktivierungspflicht für grundsätzlich alle entgeltlich erworbenen immateriellen Vermögensgegenstände (vgl. Schneeloch WPg 85, 567; Biener G m b H R 78, 16; Hirte DB 82, 2362: Art. 9 der EG-Richtlinie sei reine Gliederungsvorschrift, so daß das Aktivierungswahlrecht beibehalten werden könnte). Originäre immaterielle Werte hingegen dürfen gem. § 248 Abs. 2 H G B nicht aktiviert werden, da sie nicht genügend objektivierbar sind (vgl. Moxter BB 82, 1340). Daher gehören Rechte, die zur Nutzung gegen wiederkehrendes Entgelt berechtigen (Miete, Pacht), nicht hierher (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, ξ 151, 30). Entgeltlich bedeutet, daß hier nur Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff), keine Herstellungskosten (vgl. Rdn. 211 ff) gezeigt werden können; m.a.W. mit dem entgeltlichen Erwerb meint das Gesetz, daß ein Erwerb von einem Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Dritten — dies können auch Nahestehende sein — vorliegen muß, wobei es sich im Einzelfall entweder um einen Kauf- und/oder um einen Tauschvorgang oder um gesellschaftsrechtliche Vorgänge (Einbringung) handeln kann. Dabei muß der immaterielle Anlagewert als solcher Objekt des Erwerbsvorganges gewesen sein (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 153, 116 m.w.N.). 410

Die Frage, ob Erfindervergütungen an Arbeitnehmer für im Unternehmen genutzte Erfindungen oder Patente angesetzt werden können, dürfte zu bejahen sein, da die Arbeitnehmer in diesem Fall Dritte sind. Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten dann nämlich unterschiedliche Interessen. In der Zahlung der Erfindervergütung ist also ein Erwerbsvorgang zu sehen (vgl. auch Adler/Düring/Scbmaltz § 153, 116). Somit ist es nicht möglich, selbstgeschaffene immaterielle Anlagewerte (z.B. Entwicklungskosten eines Patents oder die Aufwendungen für betriebseigene Erfindungen) zu aktivieren. Auch von Werbeagenturen durchgeführte schlagartige Werbemaßnahmen sind, obwohl insoweit Fremdaufwendungen vorliegen, nicht aktivierbar, da die aufgrund des Werkvertrages angefallenen Aufwendungen nicht oder wenigstens nicht unmittelbar für den Erwerb eines immateriellen Anlagewertes gezahlt werden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz % 153, 115). 411 Lizenzen sind nur zu aktivieren, wenn sie gegen eine einmalige Ausgabe für mehrere Jahre erworben wurden. Wird hingegen eine laufende Lizenzgebühr nach Umsatz oder Zeitablauf gezahlt, kommt eine Aktivierung i.d.R. (evtl. jedoch als Herstellungskosten; vgl. Rdn. 211 ff) nicht in Betracht. Die Lizenzgebühren gehen dann sofort als Aufwand in die Erfolgsrechnung ein (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckard/Kropff § 151, 29). 412 Die unter den „immateriellen Vermögensgegenständen" zu erfassenden, geleisteten Anzahlungen stellen Vorleistungen des bilanzierenden Vertragspartners auf im übrigen noch schwebende Geschäfte dar, die sich auf die Beschaffung der in § 266 Abs. 2 A Nr. 1 und 2 H G B angeführten Gegenstände beziehen (vgl. Rdn. 405). Die Übernahme dieser Anzahlungen unter diesen Posten ist betriebswirtschaftlich begründet, da die Anzahlungen durch ihre Zweckbestimmung nicht nur zur Daueranlage, sondern auch zur ersten Phase einer bestimmten Investition geworden sind (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 83). Soweit feststeht, daß die Lieferung durch den Zahlungsempfänger nicht bewirkt werden wird, ist die geleistete Anzahlung nicht mehr als solche, sondern unter den sonstigen Vermögensgegenständen auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz % 153, 195). 413

Inhalt des Anlagevermögens sind nach §266 Abs. 2 Α. II. H G B die Sachanlagen. Zu den Sachanlagen gehören nach dem Gliederungsschema 1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken; 778

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2. technische Anlagen und Maschinen; 3. andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsaustattung; 4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau. Die Posten Aktiva A II des § 151 Abs. 1 AktG 1965 1. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte mit Geschäfts-, Fabrikund anderen Bauten; 2. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte mit Wohnbauten; 3. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte ohne Bauten; 4. Bauten auf fremden Grundstücken, die nicht zu Nummer 1 und 2 gehören; sind somit zusammenzufassen und nicht wie im Aktiengesetz 1965 gesondert auszuweisen (vgl. Begr. zur geänderten Konzeption, 23). Der angegebene Ausweis der Vermögensgegenstände des Sachanlagever- 4 1 4 mögens gilt nur für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f; § 266 Abs. 1 Satz 2 HGB). Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) brauchen die Sachanlagen nicht aufzugliedern (vgl. § 266 Abs. 1 Satz 3 HGB). Grundstücke sind räumlich abgegrenzte Teile der Erdoberfläche. Dabei ist 4 1 5 gleichgültig, ob die Grundstücke bebaut sind und die Bauten der Gesellschaft gehören. Unter dieser Position sind auch Grundstücke auszuweisen, auf denen ein Pächter oder Erbbauberechtigter ein Gebäude errichtet hat (vgl. Adler/ Düring/Schmaltz § 151, 61). Grundstücksgleiche Rechte sind dingliche Rechte am Grundstück, die den eigenen Grundstücken wirtschaftlich gleichzusetzen sind. Es sind solche Rechte, die auch bürgerlich-rechtlich wie Grundstücke behandelt werden, wie z.B. das Erbbaurecht, das Bergwerkseigentum und andere Abbaugerechtigkeiten (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 571 f), aber auch das Erbbaurecht und das Dauerwohnrecht gem. § 31 W E G (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz 151, 58). Bauten i.S.d. ξ 266 Abs. 2 Α. II. Nr. 1 H G B sind neben Fabrik- und Wohn- 4 1 6 bauten jede andere Art von selbständigen baulichen Einheiten. Hierher gehören also auch Parkplätze, Straßen, Eisenbahnanlagen, Hafen-, Kanalbauten, Brücken, Kirchtürme und Ziegelöfen. Wohnbauten sind z.B. Werkswohnungen, Arbeiterwohnheime, werkseigene Gästehäuser, Erholungsheime, Kindergärten und ähnliche Sozialeinrichtungen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 58). Selbstverständlich ist auch das Wohnungseigentum, das ein Sondereigentum an einer Wohnung sowie ein beschränktes Erbeigentum an einem Grundstück gewährt (§ 1 WEG), hier auszuweisen. Zu den Bauten gehören auch die ihrer Nutzung dienenden Gebäudeeinrichtungen wie Heizungsanlagen, Installationen, Rolltreppen und Fahrstühle. Entscheidendes Abgrenzungskriterium zu dem Ausweis „technische Anlagen und Maschinen" ist die Zweckbestimmung, unerheblich hingegen eine abweichende Nutzungsdauer. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Technische Anlagen und Maschinen gehören auch dann nicht in diesen Posten, wenn sie mit dem Gebäude fest verbunden und somit rechtlicher Bestandteil des Gebäudes geworden sind (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 53 f). 417

Schachtanlagen und Bauten unter Tage sollten besser gesondert ausgewiesen werden. Gleiches gilt für betrieblich ausgebaute Grundstücke wie Steinbrüche, Kohlefelder, Kies- und Lehmgruben bei großer Bedeutung, da dies der Bilanzklarheit förderlich ist (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 571).

418

Die ggf. gesondert auszuweisenden technischen Anlagen und Maschinen umfassen Kraft- und Arbeitsmaschinen, Apparate der chemischen Industrie, Hochöfen, Gießereien, Transportanlagen, Kräne, Umspannwerke, Kokereien, Arbeitsbühnen, Rohrbrücken und Rohrleitungen, Krafterzeugungs- und -Verteilungsanlagen, Gasometer, Lagerbehälter sowie alle Fundamente, Stützen usw. (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 580).

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Diese Sachanlagen sind nach h.M. ohne Rücksicht darauf, ob sie wesentliche Bestandteile von Grundstücken und damit rechtlich unselbständig geworden sind, unter diesem Bilanzposten auszuweisen. Es entscheidet auch hier die wirtschaftliche Zugehörigkeit. Dies gilt auch, wenn diese Vermögensgegenstände durch Einbau in fremde Grundstücke und Gebäude rechtlich Eigentum eines Dritten geworden sind. Allerdings ist in diesen Fällen — bei erheblichen Werten — ein gesonderter Bilanzausweis erforderlich oder es ist im Anhang entsprechend zu berichten (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 74 ff). Anlagen, die im wirtschaftlichen Verkehr als unselbständig angesehen werden, d.h. solche Vermögensgegenstände, die nicht der Fabrikation dienen, sondern Teil eines Gebäudes sind, dürfen nach h.M. nicht hier einbezogen werden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 76). Hilfen zur Lösung der in diesem Zusammenhang auftretenden Probleme geben die Richtlinien für die Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen vom Grundvermögen v. 13.5.1960 (vgl. BStBl. 60 II, 93 ff). Zur Erfassung von Ersatzteilen und Reparaturmaterialien unter diesem Posten vgl. Rdn. 403.

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Zu den Vermögensgegenständen, die unter dem Posten „andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung" auszuweisen sind, gehören u.a. Werkstätten- und Büroeinrichtungen, Arbeitsgeräte und Werkzeuge, Transportbehälter, Verteilungsanlagen usw., Modelle, Muster, Kraftwagen, Fahrzeuge aller Art, ggf. Einbauten in fremde Grundstücke (Berichterstattung im Anhang ist erforderlich, bei erheblicher Bedeutung sogar ein gesonderter Ausweis; vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 580). Die Abgrenzung dieses Posteninhalts besonders gegenüber den technischen Anlagen und Maschinen (soweit getrennter Ausweis erforderlich, vgl. § 266 Abs. 1 Sätze 2 und 3 HGB) bereitet in der Praxis nicht selten Schwierigkeiten. 780

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Die Grenzen sind z.T. fließend, so daß oft nur Richtlinien von Fachverbänden wertvolle Hilfe zur Lösung der Abgrenzungsproblematik bieten. Betriebsmaterialien, die dem sofortigen Verbrauch unterliegen, z.B. bei Baufirmen kleine Arbeitsgeräte, wie Schaufeln, Meßlatten, Karren etc., sowie Büromaterialien gehören nicht zu diesem Posten, sie werden in der Praxis häufig zu den Betriebsstoffen gerechnet (vgl. Rdn. 464; Adler/Düring/Schmaltz §151,78). In den Bereich dieses Postens fällt auch die Masse der geringwertigen Vermögensgegenstände (vgl. z.B. IdW-HFA 2/69, W P g 70, 20; auch Rdn. 865). Die Frage nach den Posten, unter denen sie auszuweisen sind, ist deswegen nicht leicht zu beantworten, weil das Gliederungsschema keinen Posten „geringwertige Vermögensgegenstände" vorsieht. Die Praxis verfährt — aus steuerrechtlichen Gründen und wegen der Praktikabilität — oft in der Weise, daß sämtliche geringwertigen Gegenstände, seien es Maschinen, maschinelle Anlagen oder Gegenstände der Betriebs- und Geschäftsausstattung, gesammelt unter einem besonderen Posten mit entsprechender Bezeichnung (zur Abweichung vom Gliederungsschema vgl. Rdn. 380 ff) ausgewiesen werden. Die von großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) 421 gem. § 266 Abs. 1 Satz 2 H G B gesondert auszuweisenden Anlagen im Bau und auf Sachanlagen geleistete Anzahlungen sind als Bilanzposten erstmals 1965 unter dieser Bezeichnung in das Handelsrecht eingeführt worden (§151 Abs. 1 A II Nr. 7 AktG 1965). Trotz ihrer gesonderten Benennung bleibt es bei einer Zusammenfassung dieser Vermögensgegenstände unter der Postenbezeichnung „geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau", da sie in manchen Fällen nicht klar auseinanderzuhalten sind (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff § 151,28). Die Anlagen im Bau umfassen alle zu aktivierenden Aufwendungen bis zum 4 2 2 Bilanzstichtag, die für alle an diesem Tage noch nicht fertiggestellten Sachanlagen gemacht worden sind. Dabei ist unerheblich, ob die Aufwendungen für Fremd- oder Eigenleistungen entstanden sind. Anlagen im Bau sind gesondert zu zeigen, weil ihr Ausweis unmittelbar als Zugang bei den einzelnen Posten des Anlagevermögens ein falsches Bild der tatsächlichen Verhältnisse vermitteln würde, denn zumindest das Verhältnis des Bestandes zu den Abschreibungen bei den einzelnen Posten würde verzerrt, wenn dort bereits Anlagen im Bau einbezogen würden, die im allgemeinen noch nicht abgeschrieben werden (vgl. Kropff aaO). In der Praxis ergibt sich häufig die Notwendigkeit, Korrekturen an den Zugängen vornehmen zu müssen, weil sich z.B. nachträglich herausstellt, daß nicht alle Aufwendungen aktivierbar sind. Betreffen die Korrekturen Zugänge des gleichen Geschäftsjahres, so sind die entsprechenden Beträge beim Zugang zu kürzen, betreffen sie dagegen Zugänge aus früheren Jahren, so Niehus/Scholz

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wird diese nachträgliche Korrektur der Aktivierung am besten dadurch kenntlich gemacht, daß der Betrag mit einem negativen Vorzeichen in die Zugangsspalte eingeordnet wird. Eine Saldierung mit den Zugängen des laufenden Geschäftsjahres ist unzulässig. Wird jedoch durch den Ausweis negativer Zugänge die Aussagekraft beeinträchtigt, bestehen keine Bedenken, je nachdem ob die nachträgliche Korrektur einem Mengenabgang oder einer Wertkorrektur nähersteht, sie als Abgang oder Abschreibung zu zeigen (vgl. Adler/DüringlSchmaltz % 151, 82). Als Zugang sind nur die Investitionen zu zeigen, die am Bilanzstichtag noch nicht fertiggestellt sind. Die bis zum Abschlußstichtag fertiggestellten Investitionen sind als Zugang bei dem endgültigen Bilanzposten auszuweisen (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 151, 28). 423

Der Ausweis der geleisteten Anzahlungen auf Sachanlagen (zum Begriff der Anzahlung vgl. Rdn. 412) im Anlagevermögen erfolgt aus betriebswirtschaftlichen Gründen, da diese Zahlungen durch ihre Zweckbestimmung zur Daueranlage geworden sind. 424 Einem freiwillig getrennten Ausweis der beiden Posten in der Bilanz einerseits in „Anlagen im Bau" und andererseits in „geleistete Anzahlungen auf Anlagen" als weitere Untergliederung steht das Gesetz nicht entgegen (vgl. Rdn. 135), in praxi jedoch selten anzutreffen (vgl. Rdn. 421). 425

Finanzanlagen (vgl. Bieg DB Beilage 24/85, 1 ff) sind gem. § 266 Abs. 2 A. III. H G B : 1. 2. 3. 4.

Anteile an verbundenen Unternehmen; Ausleihungen an verbundene Unternehmen; Beteiligungen; Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 5. Wertpapiere des Anlagevermögens; 6. sonstige Ausleihungen. Diesem Bilanzposten sind nicht die „eigenen Anteile" (vgl. Rdn. 492 ff) zu subsumieren, da sie nur in den dafür vorgesehenen Posten ausgewiesen werden dürfen (vgl. § 265 Abs. 3 Satz 2 HGB). 426 In § 271 Abs. 2 H G B hat der Gesetzgeber die verbundenen Unternehmen kodifiziert: „Verbundene Unternehmen im Sinne dieses Buches sind solche Unternehmen, die als Mutter- oder Tochterunternehmen (§ 290) in den Konzernabschluß eines Mutterunternehmens nach den Vorschriften über die Vollkonsolidierung einzubeziehen sind, das als oberstes Mutterunternehmen den am weitestgehenden Konzernabschluß nach dem Zweiten Unterabschnitt aufzustellen hat, auch wenn die Aufstellung unterbleibt, oder das einen befreienden Konzernabschluß nach $ 291 oder nach einer nach § 292 erlassenen Rechtsverordnung aufstellt oder aufstellen könnte;

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Tochterunternehmen, die nach § 295 oder § 296 nicht einbezogen werden, sind ebenfalls verbundene Unternehmen."

Damit bestimmt das deutsche Recht künftig den Begriff des verbundenen Unternehmens unterschiedlich im Aktiengesetz (§ 15 AktG) einerseits und im Handelsgesetzbuch (§ 271 Abs. 2 HGB) andererseits (vgl. Kropff DB 86, 364). Nach dem Wortlaut aus § 271 Abs. 2 H G B ist das Merkmal des verbünde- 4 2 7 nen Unternehmens an folgende Voraussetzungen gebunden: (l))fMutter- oder Tochterunternehmen i.S.v. § 290 H G B (vgl. Rdn. 952,956), (2a) Aufstellungspflicht des Konzernabschlusses, in den die Unternehmen einzubeziehen sind oder zulässigerweise nicht einbezogen werden (vgl. Rdn. 946 ff), (2b) Möglichkeit der Aufstellung eines befreienden Konzernabschlusses gem. § 291 oder § 292 H G B (vgl. Rdn. 966 ff, 981 ff). Nach dem Wortlaut des § 271 Abs. 2 H G B muß also die Bedingung (1) kumulativ mit den Bedingungen (2a) oder (2b) vorliegen. Damit setzt die Definition des verbundenen Unternehmens nach dem Gesetzeswortlaut auch die gesetzliche Aufstellungspflicht eines Konzernabschlusses als solche oder die gesetzliche Möglichkeit, einen befreienden Konzernabschluß aufzustellen, voraus. ,Dies führt aber z.B. dazu, daß in Konzernen unterhalb der in § 293 H G B definierten Größenmerkmale kein Verhältnis verbundener Unternehmen entstehen könnte, weil diese Konzerne von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses gem. § 293 H G B befreit sind. Entscheidungsrelevant wird dieses Merkmal auch, wenn ein Konzern unter der Leitung einer Nicht-Kapitalgesellschaft aus mehreren Schwesterkapitalgesellschaften besteht (einstufig gegliederter Konzern) und die Größenmerkmale des Publizitätsgesetzes nicht erreicht werden. Auch in diesem Fall braucht ein Konzernabschluß nicht aufgestellt zu werden (vgl. Kropff aaO, 366). Hier ist schwer einzusehen, weshalb Schwestergesellschaften von einigem Gewicht keine verbundenen Unternehmen sein sollen. Da auch Art. 41 der 7. EG-Richtlinie die Aufstellungspflicht nicht kennt, erscheint es u.E. nicht notwendig, die Aufstellungspflicht als gesetzliche Voraussetzung des Merkmals der verbundenen Unternehmung zu fordern (vgl. Kropff aaO). Die Begriffe „verbundene Unternehmen" im AktG und im H G B über- 4 2 8 schneiden sich: der aktienrechtliche Begriff ist in den folgenden Fällen weitergehend als der des H G B (vgl. Kropff aaO, 367): — nach § 16 AktG auch bei Besitz der Anteilsmehrheit (§290 Abs. 2 Nr. 1: nur Stimmenmehrheit); — nach §71 AktG bei jedem beherrschenden Einfluß (nach §290 Abs. 2 Nr. 2 und 3 nur, wenn der Muttergesellschaft als Gesellschafter das Recht zusteht, die Mehrheit der Verwaltungsmitglieder zu bestellen oder abzubeNiehus/Scholz

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rufen bzw. das Recht, einen beherrschenden Einfluß aufgrund eines Beherrschungsvertrages oder einer Satzungsbestimmung auszuüben); — nach § 18 AktG bei jeder Zusammenfassung, also auch beim Gleichordnungskonzern (§ 290 Abs. 1: nur Unterordnungskonzern und nur in Verbindung mit einer Beteiligung); — nach § 19 AktG bei wechselseitiger Beteiligung (in § 290 nicht erfaßt); — nach § 1 5 AktG i.V.m. §§291,292 bei allen Unternehmensverträgen (nach § 290 Abs. 2 Nr. 3 nur bei Beherrschungsvertrag). Der Begriff im H G B kann aber auch weiter als der im AktG sein. So ist z.B. denkbar, daß mit einem Recht nach § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB, die Mehrheit der Verwaltungsmitglieder zu bestellen oder abzuberufen, nicht gleichzeitig auch ein beherrschender Einfluß i.S.d. § 17 AktG oder ein anderes Merkmal des verbundenen Unternehmens durch § 15 AktG einhergeht. 429

430

Zu den Anteilen an verbundenen Unternehmen gehören gesellschaftsrechtliche Kapitalanteile an den vorgenannten Unternehmen, ohne Beteiligung (vgl. Rdn. 430 f) und ohne Wertpapiere (vgl. Rdn. 438) zu sein. Sie sind unter dem Posten des Anlagevermögens auszuweisen, wenn sie die Voraussetzungskriterien für das Vorliegen von Anlagevermögen erfüllen (vgl. Rdn. 400 ff). Beispielsweise wären Anteile an einer verbundenen GmbH, ohne daß eine Beteiligungsabsicht besteht, unter den Finanzanlagen als Anteil an verbundenen Unternehmen auszuweisen (§ 266 Abs. 2 Α III Nr. 1 HGB). Damit wird der Posten „Beteiligungen" künftig erheblich an Bedeutung verlieren (vgl. Bolin/ Haeger/ZündorfOB 85, 608). Der Begriff der Beteiligung ist in § 271 Abs. 1 H G B definiert: „Beteiligungen sind Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen. Dabei ist es unerheblich, ob die Anteile in Wertpapieren verbrieft sind oder nicht. Als Beteiligung gelten im Zweifel Anteile an einer Kapitalgesellschaft, deren Nennbeträge insgesamt den fünften Teil des Nennkapitals dieser Gesellschaft überschreiten. Auf die Berechnung ist § 16 Abs. 2 und 4 des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden. Die Mitgliedschaft in einer eingetragenen Genossenschaft gilt nicht als Beteiligung im Sinne dieses Buches."

Beteiligungen haben große und mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) immer gesondert auszuweisen (vgl. § 266 Abs. 1 Satz 2 HGB); bei mehreren Beteiligungsarten ist eine Aufteilung nicht erforderlich (vgl. Adler/ Düring!Schmaltz §151,90). Die ersten drei Sätze des §271 H G B stimmen inhaltlich mit Art. 17 der 4. EG-Richtlinie überein, sind also auf deren Transformation zurückzuführen. Es wurde auf die Klarstellung verzichtet, daß Kapitaleinlagen bei Personengesellschaften und i.d.R. wohl auch Genossenschaftsanteile — obwohl sie nicht als Beteiligung gelten — unter dem Posten „Beteiligungen" auszuweisen sind (vgl. Ausschußbericht, 106; WP-Handbuch 85/86 I, 585). 784

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Die Abgrenzung von Beteiligungen gegenüber den Wertpapieren, insbe- 431 sondere denen des Anlagevermögens, kann in der Praxis schwierig sein. Folgende Merkmale unterscheiden die Beteiligung von Anteilsbesitz ohne Beteiligungscharakter: a) Die Beteiligung ist wirtschaftliches Miteigentum an einem anderen Unternehmen (im Gegensatz zu einer nur obligatorischen Rechtsbeziehung); b) sie ist auf Dauer angelegt (im Gegensatz zu einer nur vorübergehenden Interessennahme) und c) sie ermöglicht es, unternehmerischen Einfluß im Interesse des eigenen Unternehmens auszuüben (nicht lediglich Gewinn zu erzielen). Die beiden letztgenannten Merkmale werden bei einem Besitz von mehr als 20 % der Nennbeträge des Nennkapitals der Beteiligungsgesellschaft vermutet (a.A. Bieg DB Beilage 24/85, 8, wonach nur die Dauerhaftigkeit des Besitzes vermutet werde); diese Vermutung ist widerlegbar (vgl. Kropff in Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff § 151, 32). Das wirtschaftliche Miteigentum kann z.B. in Aktien, GmbH-Anteilen be- 4 3 2 stehen oder mit der Stellung eines Gesellschafters an einer Personenhandelsgesellschaft, einer Reederei, aber auch eines stillen Gesellschafters mit Mitverwaltungsrechten im Innenverhältnis verbunden sein. Es muß sich aber um ein entsprechendes Miteigentum an einem verbundenen Unternehmen handeln; Arbeitsgemeinschaften des Baugewerbes beispielsweise sind keine Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift (vgl. Kropff aaO § 152, 17). Dieses Miteigentum muß dauernd dem eigenen Geschäftsbetrieb zu dienen 4 3 3 bestimmt sein. Diese Zweckbestimmung hat nach objektiven Kriterien zu erfolgen (vgl. Rdn. 404). Darüber hinaus muß nach h.M. das Miteigentum dazu bestimmt sein, auf 4 3 4 das andere Unternehmen Einfluß nehmen zu können. Ob das Engagement der unternehmerischen Einflußnahme dient, ist möglichst nach objektiven Kriterien, wie Vertretung in den Verwaltungsorganen des anderen Unternehmens, tatsächlicher Einflußnahme, zu beurteilen (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff § 152, 19; a.A. Bieg DB Beilage 24/85, 10, der auf die Dauerhaftigkeit des Besitzes abstellt). Zweifel können bei der Bilanzierung von Beteiligungen aufkommen, wenn 4 3 5 ein Gesamthand- oder Bruchteilsgemeinschaftsverhältnis vorliegt. Bei wirtschaftlicher Beurteilung erscheint auch in diesem Falle der Ausweis der die Gemeinschaft betreffenden Vermögenswerte unter Beteiligungen vertretbar (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151,91), ggf. mit entsprechenden Erläuterungen im Anhang. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

436

Für die Frage, ob der Anteilsbesitz 20 % erreicht, gilt nach Sinn und Zweck die Vorschrift § 16 Abs. 2 und 4 AktG. Eine Beteiligung wird daher z.B. auch vermutet, wenn der Anteilsbesitz erst zusammen mit dem eines abhängigen Unternehmens 20 % erreicht. Hingegen sind anders als nach § 20 Abs. 2 AktG Anteilscheine nicht zuzurechnen, deren Übereignung die Gesellschaft verlangen kann oder zu deren Abnahme sie verpflichtet ist. Denn da solche Optionsrechte und Abnahmepflichten auf vielerlei Gründen beruhen können, erlauben sie nicht allgemein den Schluß, daß die Gesellschaft die ihr bereits gehörenden Anteile als Dauerbesitz und für unternehmerische Zwecke hält (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 152, 21).

437

Nicht als Beteiligung gelten gem. § 271 Abs. 1 letzter Satz H G B die Genossenschaftsanteile (vgl. Rdn. 430) sowie Ansprüche aus Betriebs-, Vertriebs-, Gewinn- und ähnlichen Interessengemeinschaften wie Arbeits-, Patentverwertungsgemeinschaften, aus Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträgen, aber auch aus einer Beteiligung erwachsende Gewinnansprüche. Die genannten Ansprüche sind als sonstige Vermögensgegenstände (vgl. Rdn. 485) bzw. als Forderungen an verbundene Unternehmen (vgl. Rdn. 478) auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 92 f).

438

Zu den Wertpapieren des Anlagevermögens gehören zwei Gruppen von Wertpapieren (vorausgesetzt wird also, daß sie keine Beteiligung darstellen und daß sie die Voraussetzungskriterien für das Vorliegen von Anlagevermögen erfüllen): (a) Festverzinsliche Wertpapiere, z.B. Obligationen, Pfandbriefe, Anleihen des Bundes, der Kommunen und andere öffentliche Anleihen; (b) Wertpapiere mit Gewinnbeteiligungsansprüchen, z.B. Aktien, Kuxe, Genußscheine (Genußrechte) sind nur aktivierbar und hier auszuweisen, wenn sie Forderungsrechte verkörpern, die über eine Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös hinausgehen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz §151,95). Die unter (b) aufgeführten Wertpapiere sind, wenn sie Anteile an verbundenen Unternehmen (vgl. Rdn. 426) darstellen, gesondert auszuweisen. Ferner gehören nicht zu den Wertpapieren des Anlagevermögens Wechsel, Schecks und ähnliche Orderpapiere sowie Wertpapiere, deren Veräußerung gesetzlichen oder vertraglichen Beschränkungen unterliegt, da der Bilanzleser von den ausgewiesenen Wertpapieren eine unbeschränkte Fungibilität erwartet. Diese Wertpapiere wären unter Β. II. „sonstige Vermögensgegenstände" des § 266 Abs. 2 H G B auszuweisen. Auf jeden Fall ist bei wesentlichen Posten eine Erläuterung im Anhang erforderlich (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 98 f). Der Ausweis der Wertpapiere des Anlagevermögens hat bei kleinen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) gem. § 266 Abs. 1 Satz 3 H G B unter den Fi786

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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nanzanlagen zusammen mit anderen Finanzanlagen in einem Einzelposten zu erfolgen; bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) sind sie gesondert auszuweisen (vgl. § 266 Abs. 2 A. III. Nr. 5 HGB). Ausleihungen (vgl. §§41, 42 Rdn. 120) sind jeweils gesondert zu zeigen, 4 3 9 wenn sie verbundenen Unternehmen (vgl. Rdn. 478 f) oder Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht (vgl. Rdn. 482), gewährt worden sind (vgl. § 266 Abs. 2 A. III. Nr. 2 und 4 HGB). Sind Ausleihungen nicht spezifiziert auszuweisen, fallen sie unter den Posten „sonstige Ausleihungen" des in § 266 Abs. 2 und 3 H G B niedergelegten Bilanzgliederungsschemas (vgl. Rdn. 367). Bestandteil des Ausweises sind auch — wie bei den Gegenständen des 4 4 0 Sachanlagevermögens sowie dem Posten „Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs" (vgl. Rdn. 341 ff) — die Posten der horizontalen Gliederung, mit deren Hilfe die Entwicklung des Anlagevermögens gezeigt wird. Es sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, Zugänge, Abgänge, Umbuchungen und Zuschreibungen des Geschäftsjahres, die über die Abrechnungsperioden hinweg kumulierten Abschreibungen und als Zeilenergebnis der Stand der Anschaffungs- oder Herstellungskosten am Bilanzstichtag zu zeigen. Die Pflicht zum gesonderten Ausweis der Bestandsoder Bewegungsgrößen erstreckt sich auf jeden Posten der vertikalen Gliederung. Dabei ist jedoch zu beachten, daß die vertikale Struktur des Anlagengitters von der Größe des zur Rechnungslegung verpflichteten Unternehmens abhängig ist (vgl. Küting/Haeger/Zündorf BB 85, 1949), denn mittelgroße und kleine Gesellschaften (vgl. Rdn. 78 f) brauchen nur verkürzte Bilanzen zu veröffentlichen. Zur Abhängigkeit der vertikalen Gliederung von der Unternehmensgröße s. Übersicht bei Küting/Haeger/Zündorf aaO. Die Einhaltung einer bestimmten Reihenfolge der Spalten ist nicht vorgeschrieben (vgl. Küting/Haeger/ZündorfBB 85, 1950); die oben angeführte Reihenfolge ist jedoch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Auch in der horizontalen Gliederung auftretende Leerposten (vgl. Rdn. 379) können entfallen. Da die Entwicklung des Anlagevermögens gemäß § 268 Abs. 2 Satz 1 H G B 441 nicht in der Bilanz gezeigt zu werden braucht, sondern auch im Anhang dargestellt werden kann, greift die Vorschrift des § 265 Abs. 2 H G B , daß zu jedem Posten in der Bilanz auch die entsprechende Zahl des vorhergehenden Geschäftsjahres anzugeben ist, nicht auf die Zahlen dieses Zahlenschemas durch. In der Entwicklung des Anlagevermögens braucht f ü r die Zu- und Abgänge 4 4 2 sowie f ü r die Zu- und Abschreibungen oder für die Umbuchungen nicht immer eine gesonderte Spalte geführt zu werden. Zusammenfassungen verschiedener Posten in einer Spalte sind unter der Voraussetzung möglich, daß die unterschiedlichen Posten durch entsprechende Kennzeichnung eindeutig auseinandergehalten werden können (vgl. auch Küting/Haeger/Zündorf Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

BB 85, 1950). H ä u f i g werden Umbuchungen und Abgänge in einer Spalte zusammengefaßt, wobei die Umbuchungen mit oder , , U " versehen werden. Außerdem ist eine getrennte Addition der unterschiedlichen Posten erforderlich. Zusammenfassungen dürften aber zulässig sein, wenn der Grundsatz der Bilanzklarheit dadurch nicht beeinträchtigt wird (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz% 152, 12 f). 443

Die Spalte Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfaßt in der vollen H ö h e die ursprünglichen Anschaffungs- (vgl. Rdn. 195 ff) oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 211 ff) sämtlicher in den vorangegangenen Perioden angeschafften oder hergestellten und zu Beginn des Geschäftsjahres aktivierten Vermögensgegenstände einschließlich der Aufwendungen f ü r die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs.

444

Diese Ausweisregelung kann jedoch bei ihrer erstmaligen Anwendung durchbrochen werden. Nach Art. 24 Abs. 6 Satz 1 E i n f G H G B dürfen bei der erstmaligen Darstellung der Entwicklung des Anlagevermögens die Buchwerte der Vermögensgegenstände aus dem Jahresabschluß des vorhergehenden Geschäftsjahres als ursprüngliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten übernommen und fortgeführt werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Anlagegutes nicht ohne unverhältnismäßige Kosten oder Verzögerungen feststellbar sind. Dies gilt entsprechend für den Posten „Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs" (vgl. Art. 24 Abs. 6 Satz 2 EinfGHGB). Da es das eigentliche Ziel der N o r m ist, die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der im Unternehmen noch vorhandenen Vermögensgegenstände und die darauf vorgenommenen Abschreibungen insgesamt darzustellen, können die Unternehmen, wenn die ursprünglichen Anschaffungsoder Herstellungskosten und die zwischenzeitlichen Abschreibungen nicht mehr festgestellt werden können, den Buchwert des letzten Geschäftsjahres zugrunde legen. Die Unternehmen können statt des Buchwerts des letzten Geschäftsjahres aber auch jeden anderen Wert angeben, der dem vorgenannten Ziel näher kommt. Insbesondere können sie die Buchwerte eines früheren Geschäftsjahres zugrunde legen oder auch die ursprünglichen Anschaffungskosten schätzen. Eine Neubewertung, die über die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinausgeht, dürfen sie allerdings nicht vornehmen (vgl. Begr. zum RegEntw 136).

445

Die Anwendung dieser Ausnahmeregelung ist im Anhang anzugeben (vgl. Art. 24 Abs. 5 Satz 3 EinfGHGB).

446

In der Spalte Zugänge sind sämtliche, tatsächlich im Geschäftsjahr erfolgten mengenmäßigen Ausweitungen des Anlagevermögens zu erfassen (vgl. Küting/Haeger/Zündorf BB 85, 1950). Für immaterielle Vermögensgegenstände und für Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs ist der Zugang mit der jeweiligen Eingangsrechnung zu fingie788

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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ren (vgl. ebenda). Gemäß § 278 Abs. 2 i.V.m. § 247 Abs. 2 H G B besteht eine Ausweispflicht für Zugänge. Der Begriff „Zugang" hat, wie bereits bisher von der herrschenden Meinung angenommen wurde, einen materiellen Inhalt. Betriebswirtschaftlich sind Zugänge grundsätzlich Vermögensumschichtungen, sie sind als solche fast immer erfolgsneutral (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz §152,14). Die Spalte Umbuchungen zeigt Ausweisänderungen (Umgliederungen) in- 4 4 7 nerhalb des Anlagevermögens. Die Umbuchungen stellen Vermögensumschichtungen bereits verbuchter Beträge innerhalb des Anlagengitters dar (vgl. Küting/Haeger/Zündorf BB 85, 1951). Es sind also weder Mengen- noch Wertänderungen des Anlagevermögens. Umbuchungen beinhalten lediglich Umschreibungen von einem Posten auf einen anderen Posten und haben im Gegensatz zu den Zugängen keine materielle, sondern lediglich formelle Bedeutung (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 26). Nicht zu verwechseln sind diese Umbuchungen mit den vorbereitenden Abschlußbuchungen in der Hauptabschlußübersicht. Ihr gesonderter Ausweis ist zwingend vorgeschrieben. Anlagen im Bau (vgl. Rdn. 421 f) und Anzahlungen auf Anlagen (vgl. Rdn. 423 f) sind Posten, bei denen regelmäßig Umbuchungen vorkommen. Sie treten häufiger auch bei den Grundstücken durch deren Bebauung, durch den Abbruch von Bauwerken oder durch Änderungen in der Nutzung von Gebäuden auf. Die Umbuchungen beziehen sich — wie die Zu- und Abgänge — nur auf das jeweilige Geschäftsjahr. Sie treten in der Umbuchungsspalte als mit einem positiven oder negativen Vorzeichen versehene Beträge auf (vgl. Küting/Haeger/ Zündorf aaO), die sich ausgleichen müssen, so daß die Spalte mit ,,0,—" abgeschlossen wird. Die Umbuchung hat in konsequenter Anwendung der direkten Bruttomethode „brutto" zu erfolgen. Es dürfen somit nur die Anschaffungs- und Herstellungskosten in die Umbuchungsspalte eingehen. Es sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten, die auf den umzubuchenden Gegenstand vorgenommenen kumulierten Abschreibungen und eine evtl. Zuschreibung aus den betreffenden Spalten zu eliminieren und in die Spalten des Postens aufzunehmen, in die der Vermögensgegenstand umgebucht wird (vgl. Küting/Haeger/Zündorf aaO). Bei Umgliederung von Vermögensgegenständen aus dem Umlauf- in das 4 4 8 Anlagevermögen tritt die Frage auf, ob es sich dabei um Zugänge oder Umbuchungen handelt. H.M. ist, daß umgegliederte Vermögensgegenstände, z.B. die Umgliederung von Wertpapieren des Umlaufvermögens in Anlagegüter zum Zeitpunkt der Übernahme ins Anlagevermögen als Zugang auszuweisen sind, und zwar unabhängig davon, wann die ursprünglich angeschafften Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens erworben worden sind (a.A. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 15, wonach beide Alternativen zulässig sind). Niehus/Scholz

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Als Zugänge sind stets und in voller Höhe die mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 195 ff bzw. Rdn. 21 I f f ) bewerteten mengenmäßigen Zunahmen des Anlagevermögens auszuweisen. Verrechnungen mit Abschreibungen (vgl. Rdn. 637 ff) dürfen nicht vorgenommen werden. Ein Ausweis als Zugang ist auch dann erforderlich, wenn die angeschafften Vermögensgegenstände des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgeschrieben werden, z.B. geringwertige Wirtschaftsgüter (vgl. Rdn. 865). Von einer Sonderregel für geringwertige Wirtschaftsgüter wurde nämlich abgesehen (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 1828), um die Entwicklung der GoB nicht einzuengen. Die sofortige Aufwandsverrechnung sei mit den GoB vereinbar, so daß deren sofortiger Abgang unterstellt werden könne (vgl. Ausschußbericht, 105). Zu den damit verbundenen Ausweisproblemen und Ausweisalternativen im Anlagengitter vgl. KütinglHaegerl7.ündorf BB 85, 1954 f.

450

Nach kaufmännischer Übung, die vertretbar erscheint, werden jedoch erworbene oder selbst hergestellte Anlagegüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Einzelfall DM 100 nicht übersteigen, sofort als Aufwand behandelt und nicht als Zugang erfaßt (vgl. IdW-NA 2/66, WPg. 66, 328).

451

Der Grundsatz des ungekürzten Ausweises der Zugänge gilt auch dann, wenn aufgrund steuerlicher Vorschriften offene oder „stille" Reserven auf neu angeschaffte Wirtschaftsgüter übertragen werden können (z.B. die Ubertragung von Veräußerungsgewinnen nach § 6 b E S t G ) . Die „stillen" Reserven können in diesem Falle als Wertberichtigung auf der Passivseite der Bilanz durch Bildung eines entsprechenden Postens, der unter die Sonderposten mit Rücklageanteil einzustellen ist, übertragen oder gem. § 254 H G B abgeschrieben werden (§281 Abs. 1 Satz 1 HGB, vgl. auch Rdn. 553).

452

Festwerte, die für Gegenstände des Anlagevermögens gebildet werden (vgl. Rdn. 247 ff), nehmen in der horizontalen Gliederung des Anlagevermögens eine besondere Stellung ein. Solange der unveränderte Ansatz eines Festwertes zulässig ist, wird vom Gesetzgeber ein Ausgleich von Zu- und Abgängen und somit eine gleichbleibende Gütermenge unterstellt. Eine Anwendung der Regeln über den Ausweis der Zugänge, Abgänge, Zuschreibungen und Abschreibungen ist daher für den Sonderfall des Festwertes solange nicht sinnvoll, wie sich Größe, Wert und Zusammensetzung des Bestandes im Rahmen der vom Gesetzgeber angenommenen geringen Veränderungen bewegen. Als Zugang bzw. Zuschreibung oder Abgang bzw. Abschreibung sind daher normalerweise nur die bei der Bestandsaufnahme — i.d.R. jeweils im dritten Jahr — festgestellten wesentlichen Veränderungen zu zeigen. Alle regelmäßigen Aufwendungen zur Instandhaltung und Ergänzung der Festmengen sind folgerichtig Aufwand der jeweiligen Abrechnungsperiode.

453

Höhe und Veränderung der Festwerte sind in der Bilanz — soweit nicht gesondert ausgewiesen — bei dem betreffenden Bilanzposten zu vermerken oder 790

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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zumindest im Anhang anzugeben, damit das vom Gesetzgeber verlangte tatsächliche Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt wird (vgl. IdW-NA 3/66, WPg. 66, 328). Ein Ausweis als Zugang entfällt, wenn für eine Gesellschaft ein Aktivie- 4 5 4 rungswahlrecht (Ansatzwahlrecht, vgl. Rdn. 361 ff) besteht und sie auf die Möglichkeit der Aktivierung verzichtet. Instandsetzungs-, Instandhaltungsund Umbaukosten sind nur dann als Zugang zu erfassen, wenn sie aktivierungspflichtig sind (vgl. Rdn. 299 ff). Abgänge stellen ein mengenmäßiges, d.h. körperliches Ausscheiden von 4 5 5 Teilen des Anlagevermögens dar (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 24). Eine nur wertmäßige Verringerung kann nicht Abgang sein. Abgänge sind z.B. durch Veräußerung, Aus-, Abbau, Aufgabe oder aus sonstigem Grunde (z.B. Brand) ausgeschiedene Vermögensgegenstände. Buchtechnisch scheiden die Vermögensgegenstände des Anlagevermögens immer mit ihrem Restbuchwert als Abgang aus. Der Bruttoausweis in der Entwicklung des Anlagevermögens erfordert jedoch, daß Abgänge als solche in voller Höhe — also in Höhe der aktivierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten des ausgeschiedenen Vermögensgegenstandes — gezeigt werden müssen, d.h., daß ein Abgang gleichzeitig die Auflösung der auf diesen Vermögensgegenstand vorgenommenen aufgelaufenen Abschreibungen und der auf diesen Gegenstand ggf. angefallenen Zuschreibung des Geschäftsjahres nach sich ziehen muß (vgl. Rdn. 458). Die Abgangsgröße läßt sich demnach ermitteln als: Buchwert des ausgeschiedenen Vermögensgegenstandes + auf den Abgang entfallende kumulierte Abschreibungen ./. auf den Abgang entfallende Zuschreibungen des Geschäftsjahres = Abgang ( = Anschaffungs- oder Herstellungskosten)

(vgl. auch Küting/Haeger/Zündorf

BB 85, 1951).

Dabei wird davon ausgegangen, daß zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres die Zuschreibungen der Vorperiode mit den kumulierten Abschreibungen saldiert werden (vgl. Küting/Haeger/Zündorf BB 85, 1950 f). Ein richtiger Ausweis der Anlagen erfordert künftig, daß mehr als bisher die voll abgeschriebenen Vermögensgegenstände — dies wird i.d.R. bei geringwertigen Anlagegütern — aber keineswegs nur bei diesen — (vgl. Rdn. 865) der Fall sein — auf ihr tatsächliches Vorhandensein besonders überwacht werden müssen. Umgliederungen von Anlagegegenständen in das Umlaufvermögen, z.B. 4 5 6 die Umgliederung von Beteiligungen (vgl. Rdn. 430 ff) wegen Aufgabe der Beteiligungsabsicht, sind nicht als Umbuchungen (vgl. Rdn. 447 ff), sondern als Abgänge zu erfassen. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

457

Der Bilanzausweis der Abgänge bezieht sich immer nur auf die Vermögensgegenstände, die im Geschäftsjahr ausgeschieden sind.

458

Zuschreibungen sind Erhöhungen des Wertansatzes bereits vorhandener Anlagegegenstände, ohne daß eine Mengenveränderung im Anlagevermögen stattgefunden hat. In der Praxis treten Zuschreibungen als Nachaktivierungen und Reaktivierungen auf. Es sind Wertanhebungen, die nach § 252 Abs. 1 Nr. 5 H G B bereits in die Bilanz des Geschäftsjahres aufzunehmen sind. Nachaktivierungen entstehen häufig aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung durch erstmalige Aktivierung von Vermögensteilen, deren Aktivierung im Jahr des Zugangs unterlassen wurde. Derartige Nachaktivierungen sind keine Zugänge, da es an einer mengenmäßigen Ausweitung des Anlagevermögens fehlt (vgl. Adler/Düring/Sckmaltz § 152, 25 m.w.N.). Unabhängig davon, ob dieser Feststellung zuzustimmen ist, das Ergebnis ist u.E. treffend, weil Nachaktivierungen i.d.R. nicht die laufende Abrechnungsperiode betreffen, auf die sich die Zugänge beziehen. Reaktivierungen sind die Aufhebung früher übermäßig vorgenommener Abschreibungen (vgl. Rdn. 637 ff). Das Wertaufholungsgebot des § 280 Abs. 1 H G B (vgl. Rdn. 710 ff) wird ein häufiger Anwendungsfall der Zuschreibung sein. Zuschreibungen treten auch bei zinslosen oder niedrig verzinsten Ausleihungen auf. Da ihre Aktivierung i.d.R. mit dem niedrigeren beizulegenden Wert (vgl. Rdn. 240 ff) zu erfolgen hat — dieser Ansatz wird u.E. erreicht durch Aktivierung zum Nennwert als Zugang und gleichzeitige Abschreibung in Höhe des Abzinsungsbetrages — sind für einen zutreffenden Bilanzansatz ratierliche Zuschreibungen bis zum jeweiligen Barwert erforderlich. Im übrigen wird man die Zuschreibungen mit Mißtrauen betrachten, weil sie eine Auflösung stiller Reserven darstellen und oft einen Verlustausgleich vermeiden sollen (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 154, 43). Eine Zuschreibung ist immer erforderlich, wenn sich die bisher verrechneten Abschreibungen (wegen Wegfalls des Grundes einer außerplanmäßigen Abschreibung) in späteren Geschäftsjahren als zu hoch herausgestellt haben (vgl. Rdn. 710 ff). In keinem Falle dürfen durch eine Zuschreibung die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten — ggf. vermindert um vorsichtig bemessene planmäßige Abschreibungen (vgl. Rdn. 642 ff) — überschritten werden (vgl. Kropff aaO § 154, 44). Da nur die Zuschreibungen des Geschäftsjahres im Anlagengitter gezeigt werden sollen, sollten zu Beginn eines neuen Geschäftsjahres die Zuschreibungen des Vorjahres mit den kumulierten Abschreibungen saldiert werden. Beruhen die Zuschreibungen auf unterlassenen Aktivierungen, könnten auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten erhöht werden. Wegen Bedenken gegen diese Lösung und weiterer Ausweismöglichkeiten vgl. Küting/Haeger/ZündorfBB 85, 1952 f. 792

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Während das AktG 1965 buchtechnisch die Wahl zwischen direkter (Ab- 4 5 9 Schreibung unmittelbar vom Wert der Anlagegüter auf der Aktivseite) und indirekter Abschreibung (sie liegt vor, wenn die Anlagegüter auf der Aktivseite mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt und auf der Passivseite wertberichtigt werden) gestattet, kennt das H G B als Ausweismethode nur den Bruttoausweis der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der einzelnen Gegenstände des Anlagevermögens (zur Ubergangsregelung vgl. Rdn. 671) einerseits und den Ausweis der aufgelaufenen Abschreibungen andererseits. Dies schließt nicht aus, daß die Jahresabschreibungen z.B. in einer gesonderten Spalte gezeigt werden (vgl. Rdn. 440). Diese „Mischmethode" hat den Vorzug, daß die vollen Anschaffungs- oder Herstellungskosten sämtlicher aktivierten Anlagegüter gezeigt werden können, ohne daß damit eine Aufblähung der Bilanz, insbesondere der Bilanzsumme, verbunden ist. Die kumulierten Abschreibungen umfassen die Abschreibungen aus den 4 6 0 Vorjahren und des laufenden Geschäftsjahres; dabei sind auch die steuerrechtlichen Sonderabschreibungen einzubeziehen, sofern diese nicht in den Sonderposten mit Rücklageanteil eingestellt werden, (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 973). Die Abschreibungen sind zu jedem einzelnen Posten des Anlagevermögens gesondert auszuweisen. Soweit sie auf das Geschäftsjahr entfallen, sind sie außerdem zu vermerken (vgl. Rdn. 800). Die kumulierten Abschreibungsbeträge umfassen alle Abschreibungen, d.h. sowohl die planmäßigen (vgl. Rdn. 642 ff) als auch die außerplanmäßigen (vgl. Rdn. 662 ff) Abschreibungen. Sie sind auch dann noch in voller Höhe auszuweisen, wenn sie durch Zuschreibungen des Geschäftsjahres (vgl. Rdn. 458) teilweise wieder rückgängig gemacht worden sind. M.a.W. Saldierungen zwischen Zu- und Abschreibungen sind unzulässig. Beim Abgang eines Vermögensgegenstandes sind gleichzeitig die auf den ausgeschiedenen Anlagegegenstand insgesamt vorgenommenen aufgelaufenen Abschreibungen einschl. der Abschreibung für das laufende Geschäftsjahr auszubuchen, indem in der Abschreibungsspalte ein gleichhoher Betrag mit negativem Vorzeichen unter der Postenzeile ausgewiesen wird, in der das abgegangene Gut erfaßt war. Da das Gesetz den Ausweis der Abschreibungen in der Entwicklung des Anlagevermögens in voller Höhe vorschreibt (vgl. § 268 Abs. 2 Satz 2 HGB), sind Saldierungen zwischen den positiven und den ihnen entsprechenden negativen Beträgen unzulässig. b) Umlaufvermögen. Als Umlaufvermögen sind diejenigen Vermögensge- 461 genstände auszuweisen, die kein Anlagevermögen darstellen und nicht aktive Rechnungsabgrenzungsposten sind (vgl. Gliederungsschema in § 266 Abs. 2 HGB). Dazu gehören insbesondere Vermögensgegenstände, die von vornherein zum Verbrauch oder zur Weiterveräußerung bestimmt sind (vgl. Mellerowicz in Großkomm. §151,41) und solche, die bisher zwar als Anlagegüter gehalten wurden, nunmehr aber verbraucht oder veräußert werden solNiehus/Scholz

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len. Für die Einordnung eines Gegenstandes als Umlauf- oder Anlagevermögen ist somit allein seine Zweckbestimmung entscheidend (vgl. Rdn. 400). Das Umlaufvermögen ist entsprechend dem Gliederungsschema für die Bilanz gemäß § 266 Abs. 2 H G B in Vorräte, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände, Wertpapiere und einen weiteren Posten unterteilt, der die flüssigen Mittel aufnimmt. 462

Zu den Vorräten gehören (vgl. § 266 Abs. 2 Β. I. HGB): — Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, — unfertige Erzeugnisse und unfertige Leistungen, — fertige Erzeugnisse und Waren, — die auf die Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens geleisteten Anzahlungen. Diese Gruppierung hat sich gegenüber der bisher im Bilanzrecht normierten Untergliederung der Vorräte (vgl. § 151 Abs. 1 III A AktG 1965) um den letzten Posten erweitert. Die Zuordnung dieses Postens zu Vorräten ist betriebswirtschaftlich zu begrüßen, da sie die Qualität der Bilanzanalyse steigert (vgl. Krumnow ZfbF 85, 789). Für die in Form der G m b H geführten Handelsbetriebe entfällt in der Praxis i.d.R. der Posten Aktivseite B.I.2. „unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen" des Grundschemas in § 266 Abs. 2 HGB, während sich die Posten Aktivseite B.I.l. auf Hilfs- und Betriebsstoffe (zur Einordnung von Beständen an Heiz-, Büro- und Reinigungsmaterial) und Aktivseite B.I.3. auf Waren beschränken werden. Bei Unternehmen, die weder Fabrikations- noch Handelsbetriebe sind, erfordert der Geschäftszweig vielfach eine abweichende Gliederung, mindestens eine Anpassung der Postenbezeichnung (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 151, 44).

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Die Zuordnung zu den einzelnen Posten des Vorratsvermögens bereitet in der Praxis mitunter Schwierigkeiten, wenn die Identifikation eines Gegenstandes nicht möglich ist. Besonders bei mehrstufigen Verarbeitungsbetrieben sind häufig Erzeugnisse, die den verschiedenen Kategorien des Vorratsvermögens zuzuordnen sind, tatsächlich in einem Lager untrennbar miteinander vermengt. Gelagerte Erzeugnisse können zum Verkauf anstehen, da sie häufig in verschiedenen Stadien der Fabrikation veräußert werden. Sie können selbst hergestellt sein und auf ihre Weiterverarbeitung warten oder zugekauft sein. Bei einer Spinnweberei können sind z.B. Garne verkaufsfähige Fertigerzeugnisse, zur Weiterverarbeitung bestimmte unfertige Erzeugnisse sowie zugekaufte Garne Waren sein. In einem solchen Falle kann es sogar zweckmäßig sein, die Posten der Bilanz nicht entsprechend dem Text des § 266 Abs. 2 Β. I. H G B zu bezeichnen (vgl. Rdn. 366), sondern mit den Begriffen des betreffenden Gewerbezweiges; z.B. wird man bei den Spinnwebereien die Garne unter dieser Bezeichnung an Stelle der unfertigen Erzeug794

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nisse ausweisen können, evtl. mit dem Zusatz „einschließlich Kaufgarne und zum Verkauf bestimmte Garne". Erzeugnisse, die teilweise weiterverarbeitet, teilweise veräußert werden sollen, können aber auch entsprechend ihrer mutmaßlichen späteren Verwendung auf die einzelnen Bilanzposten aufgeteilt werden. Die Praxis verfährt entsprechend. Kann eine derartige Aufteilung nur willkürlich erfolgen, so wird ein zusammengefaßter Ausweis der unfertigen und fertigen Erzeugnisse sowie der Waren gem. § 265 Abs. 7 Nr. 2 H G B in Betracht kommen (vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz § 151 AktG 1965, 117). In diesem Fall müssen jedoch die zusammengefaßten Posten im Anhang gesondert ausgewiesen werden, sofern sie für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes erheblich sind (§ 265 Abs. 7 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 HGB). Im Posten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe werden die Stoffe erfaßt, die in 4 6 4 die Fertigung eingehen sollen. Es sind fremdbezogene Stoffe, die noch unverarbeitet oder nicht verbraucht sind (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 596). Rohstoffe gehen unmittelbar in das Fertigerzeugnis ein und bilden dessen 4 6 5 Hauptbestandteil. Hilfsstoffe gehen auch in das hergestellte Produkt ein, bilden jedoch einen 4 6 6 Produktbestandteil, der von untergeordneter Bedeutung ist (z.B. Nägel, Kleber, Farben in der holzverarbeitenden Industrie). Zu den Hilfsstoffen gehört auch das Verpackungsmaterial, das für die Verkaufsfähigkeit des fertigen Erzeugnisses wesentlich und im Kaufpreis enthalten ist, z.B. die Verpackung der Nahrungs- und Genußmittel wie Zigaretten, Schokoladen, Säfte und Marmeladen in Gläsern, ggf. auch Spulen oder Trommeln, wenn sie mitgeliefert werden und nicht zum Anlagevermögen gehören. Zum Anlagevermögen und damit nicht zum Vorratsvermögen gehören beispielsweise Kabeltrommeln, die den Kunden nur leihweise überlassen werden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz §151, 118). Betriebsstoffe sind Verbrauchsmaterialien in der Fertigung, die keinen 4 6 7 Produktbestandteil bilden (z.B. Brennstoffe, Schmiermittel, Reinigungsmaterial). Trotz gewisser Bedenken, die sich aus der grundsätzlichen Beschränkung auf den Produktionsprozeß ergeben, ist hier auch der Sachaufwand für Verwaltung und Vertrieb, z.B. Heiz-, Büro- und Werbematerial, Betriebsstoffe für Transportmittel auszuweisen (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Ekkardt/Kropff § 151, 46). Unfertige Erzeugnisse sind die Vermögensgegenstände, für die einerseits 4 6 8 bereits durch Be- oder Verarbeitung Aufwendungen entstanden sind, daher nicht zu den Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen gehören, die aber andererseits noch nicht auslieferungsfähig sind und daher nicht den fertigen Erzeugnissen zuzuordnen sind. Unfertig sind auch Erzeugnisse, die lediglich noch lagern müssen, z.B. Whisky, Wein (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff § 151, 47). Niehus/Scholz

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Vorwiegend bei Dienstleistungsbetrieben treten neben oder anstatt der unfertigen Erzeugnisse auch unfertige Leistungen auf, die rein rechtlich keine Sachen, sondern Forderungen darstellen und — entgegen der derzeitigen Bilanzierungspraxis (vgl. dazu u.a. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 121 f) — nach § 266 Abs. 2 Β. II. H G B unter den Forderungen gesondert (vgl. Rdn. 476) auszuweisen sind.

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Unter den Fertigerzeugnissen sind die Vorräte auszuweisen, die nach ihrem Fertigungsstand die Marktreife erlangt haben; es fallen dann nur noch Versandarbeiten an. Hierzu gehören für Kunden bereitgestellte Gegenstände; zum Ausweis der Forderung aus dem Verkaufsgeschäft vgl. Rdn. 477. Nicht unter die Fertigerzeugnisse aufzunehmen sind betriebsfremde Vermögenswerte (ausgebaute Anlagen, erworbene Pfandstücke etc.), selbst wenn die Absicht besteht, sie alsbald weiterzuveräußern. Diese sind gesondert — ggf. unter den sonstigen Vermögensgegenständen — auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 127). 471 Waren sind Handelsartikel fremder Herkunft, auch fremdbezogene Vermögensgegenstände, die ohne wesentliche Weiterverarbeitung sofort auf den Markt gebracht und veräußert werden können, z.B. Lichtanlagen für Automobile (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 128). 472

Ausweisprobleme treten in der Praxis z.B. bei Leihemballagen oder bei Ausleihung bestimmter Werbefilme auf. Wird den Kunden (Abnehmern) ein Wahlrecht eingeräumt, die Materialien zu erwerben oder zurückzugeben, bestehen gegen eine Einbeziehung in die Vorräte keine Bedenken. Werden die Materialien bei ihrer Ausgabe berechnet und in der Bilanz als Forderung erfaßt, so ist in Höhe des berechneten Pfandgeldes eine Rückstellung zu bilden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz §151,129). Zur Bilanzierung schwebender Geschäfte vgl. Rdn. 322, unterwegs befindlicher Ware vgl. Rdn. 328, von unter Eigentumsvorbehalt gekaufter und/oder verkaufter Ware vgl. Rdn. 306, von Kommissionsware vgl. Rdn. 309.

473

Gesondert unter den Vorräten — und nur hier — sind auch die Anzahlungen auszuweisen, die für den Kauf von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie auf Waren geleistet werden (vgl. hierzu auch Rdn. 462).

474

Im Interesse der Bilanzklarheit können aber auch unter dem Posten Vorräte erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen offen abgesetzt werden (Adler/Düring/Schmaltz § 151, 250 und 24; vgl. § 268 Abs. 5 Satz 2 H G B ; vgl. Rdn. 618). In praxi werden diese Anzahlungen in einer Vorspalte offen mit den aktivierten Erzeugnissen, denen sie wirtschaftlich zuzuordnen sind, verrechnet.

475

Saldierungen von geleisteten und erhaltenen Anzahlungen sind unzulässig (vgl. Rdn. 38). Darüber hinaus ist auch unzulässig, die auf unfertige, fertige Erzeugnisse oder Waren erhaltenen Anzahlungen mit diesen Vorräten verdeckt zu saldieren, so daß nur der überschießende Betrag in der Bilanz ausge796

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wiesen wird. Bei Verstoß gegen das Saldierungsverbot greift die Strafvorschrift des § 331 Nr. 1 H G B ein. Im Bilanzschema des § 266 Abs. 2 B.II.HGB ist der Inhalt des Bilanzpostens „Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände" wie folgt gefaßt:

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1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen; 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen; 3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; 4. sonstige Vermögensgegenstände. Ihr Liquiditätscharakter wird durch die Ausgliederung der Beträge mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr bei Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 388) deutlicher als bisher ausgewiesen und an den bisherigen Ausweis bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen angeglichen (vgl. Krumnow ZfbF 85, 788). Zum gesonderten Ausweis von ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital unter den Forderungen gemäß 5 272 Abs. 1 Satz 2 H G B vgl. §§41,42 Rdn. 111. N u r mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. 79 f) müssen Forde- 4 7 7 rungen aus Lieferungen und Leistungen gesondert ausweisen (vgl. § 266 Abs. 1 Satz 2 HGB). Zu diesen Forderungen gehören die Ansprüche aus gegenseitigen Verträgen (Kaufverträge, Werklieferungsverträge, Dienst- und Werkverträge), die von dem bilanzierenden Unternehmen erfüllt sind, vom Schuldner jedoch nicht (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 605). Es muß sich also um Forderungen aus Umsatzgeschäften handeln. Zu den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gehören auch die vom liefernden und leistenden Unternehmen vorgelegten Versandkosten (Frachten, Transportversicherungen etc.). Hinzu kommen auch Verzugszinsen und sonstige durch die Lieferung verursachte Finanzierungsaufwendungen. Von den Forderungen sind Rabatte, Umsatzprämien und andere Preisnachlässe abzuziehen. Für noch zu zahlende Umsatzsteuer und Provisionen sind dagegen Rückstellungen oder Verbindlichkeiten zu passivieren (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 138). Diese Forderungen sind auch dann noch hier auszuweisen, wenn für sie Wechsel hereingenommen wurden, ohne daß diese verwertet worden sind. Schadenersatz-, Darlehensforderungen, Kautionen, Vorschüsse an Arbeitnehmer oder Gewinnansprüche gehören nicht hierher (vgl. Kropff in Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff § 151, 52). Werden Forderungen aus Lieferungen und Leistungen längere Zeit ge- 4 7 8 stundet, verlieren sie nach Adler/Düring/Schmaltz (vgl. § 151, 141) dadurch ihren Charakter als Warenforderungen. Es handele sich nämlich dann wirtschaftlich um Kreditforderungen, die unter den „sonstigen Vermögensgegenständen" auszuweisen seien. Was als längerfristige Stundung zu gelten habe, könne nicht einheitlich für alle Branchen festgelegt werden. Maßgebliches Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Entscheidungskriterium sei vielmehr das branchenübliche Zahlungsziel. Werde dieses überschritten, so müßten diese als Kreditforderungen nunmehr unter den sonstigen Vermögensgegenständen ausgewiesen werden. A.A. Kropff (vgl. aaO § 151, 52): Danach bleiben Warenforderungen auch dann Warenforderungen, wenn sie länger als branchenüblich gestundet werden. Die Gegenauffassung läßt sich damit begründen, daß der Schwerpunkt der Geschäftsbeziehung weiterhin wirtschaftlich die Warenlieferung bleibt. Eine Saldierung von Forderungen und Verbindlichkeiten ist i.d.R. unzulässig (zum Saldierungsverbot vgl. Rdn. 141); ein Verstoß gegen das Saldierungsverbotkann strafrechtliche Folgen auslösen (vgl. § 331 Nr. 1 HGB). Unter Forderungen müssen mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) solche gegenüber verbundenen Unternehmen gesondert ausweisen (§ 266 Abs. 1 Satz 2 HGB). Verbundene Unternehmen sind in §271 Abs. 2 H G B definiert (vgl. Rdn. 426 ff). Zusammengefaßt bilden die Forderungen an verbundene Unternehmen ein Konglomerat, das u.a. folgende Forderungen beinhaltet: a) Forderungen aus dem normalen Geschäftsverkehr (d.h. aus dem Waren-, Leistungs- und Finanzverkehr einschl. Wechselverkehr mit verbundenen Unternehmen), b) Forderungen aus dem Beteiligungsverhältnis (z.B. Nachschüsse, Dividenden und sonstige Gewinnausschüttungen), c) Forderungen aufgrund von Unternehmensverträgen (z.B. im Sinne der §§ 291, 292 AktG). 479

Die Verpflichtung zum gesonderten Ausweis dieser Forderungen ist aber nicht dahingehend zu verstehen, daß diese unabdingbar in einem Posten zusammengefaßt ausgewiesen werden müssen, sie können auch getrennt unter dem jeweiligen Forderungsposten, jedoch mit entsprechendem Zusatz gezeigt werden. Dies wird insbesondere bei Forderungen der Fall sein, die wegen ihres besonderen Charakters an anderer Stelle ausgewiesen werden (z.B. Schecks, Guthaben bei Kreditinstituten). Darüber hinaus müssen sie nicht als Forderungen gegen verbundene Unternehmen bezeichnet werden, sondern können im Rahmen einer freiwilligen weitergehenden Gliederung auch unter ihrer entsprechenden Bezeichnung gezeigt werden. Daneben können auch den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Kombinationsbezeichnungen verwendet werden, z.B. Forderungen an abhängige oder Forderungen an wechselseitig beteiligte Unternehmen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 171). Unzulässig ist aber die Benutzung von Postenbezeichnungen wie Mutteroder Tochtergesellschaft, Ober- oder Untergesellschaft und ähnliche. Ob dem Ausweis „Forderungen gegen verbundene Unternehmen" oder dem jeweiligen Forderungsausweis der Vorrang einzuräumen ist, muß im Einzelfall entschieden werden; ist der Postenausweis Forderungen gegen verbundene Unterneh798

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men gem. § 266 Abs. 1 Satz 2 H G B gesondert auszuweisen, ist ihm grundsätzlich der Vorrang einzuräumen (vgl. Adler/Düring/'Schmaltz § 151, 174). Forderungen gegen verbundene Unternehmen sind als solche auch dann 480 auszuweisen, wenn der Tatbestand der Verbundenheit zeitlich erst nach der Entstehung der Einzelforderung verwirklicht worden ist, während umgekehrt Forderungen, die am Bilanzstichtag keine Forderungen gegen verbundene Unternehmen mehr waren, keine Forderungen im Sinne dieses Postens sind (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 172). Zur Bilanzierung von Ansprüchen aus Beteiligungserträgen, die auch hier 481 auszuweisen sind, vgl. Rdn. 330; zum Ausweis von Forderungen, die überwiegend Wertpapiercharakter tragen, vgl. Rdn. 487; zum zusätzlichen Vermerk bei Forderungen gegen verbundene Unternehmen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr vgl. Rdn. 388. Gemäß § 266 Abs. 2 B.II. Nr. 3 H G B haben große und mittelgroße Kapital- 482 gesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) unter den Forderungen gesondert die Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, auszuweisen. Der Gesetzgeber hat den Kreis dieser Unternehmen expressis verbis nicht ausformuliert. Darunter können aus dem Gesetz selbst heraus jedoch nur die Unternehmen zu verstehen sein, die keine verbundenen Unternehmen sind und an denen die G m b H Beteiligungen im Sinne des § 271 Abs. 1 H G B (vgl. Rdn. 258) hält. Maßgebende Kriterien für die Abgrenzung der Forderungen, die zu diesem Posten gehören, sind also a) der Beteiligungsausweis am Bilanzstichtag und b) das Nichtbestehen eines Verhältnisses, wie es zu verbundenen Unternehmen gegeben sein muß. Zu Ausweisproblemen, die diese Posten betreffen, vgl. Rdn. 430 ff. Dem Bilanzposten Forderungen sind gem. ξ 42 Abs. 2 Sätze 1 und 2 als ge- 483 sonderter Posten auch die Forderungen der Gesellschaft aus der Einziehung von Nachschüssen der Gesellschafter (vgl. §§ 41, 42 Rdn. 112 ff) zu subsumieren, wenn die Einziehung beschlossen ist und sich die Gesellschafter von der Zahlung der Nachschüsse nicht befreien können. Der nachzuschießende Betrag ist als „Eingeforderte Nachschüsse" auszuweisen. Gemäß § 42 Abs. 3 sind unter dem Posten Forderungen die Forderungen ge- 484 geniiber den Gesellschaftern i.d.R. gesondert auszuweisen; werden sie an anderer Stelle ausgewiesen, sind sie unter dem oder den entsprechenden Posten zu vermerken. Unabhängig von der Art der Forderungen gegenüber den Gesellschaftern (z.B. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, aus Kreditgewährungen) sind hier sämtliche entsprechenden Forderungen zusammengefaßt auszuweiNiehus/Scholz

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sen (Ausnahme: „Eingeforderte Nachschüsse", vgl. Rdn. 483). Diesem gesonderten Ausweis sollte — u.a. wegen der Übersichtlichkeit — Vorrang gegenüber den anderen Ausweisformen eingeräumt werden. Beläuft sich die Restlaufzeit einer hier auszuweisenden Forderung auf mehr als ein Jahr, ist sie gesondert zu vermerken (§ 268 Abs. 4 HGB). 485 Die sonstigen Vermögensgegenstände bilden einen Misch- und Sammelposten mit entsprechender Postenbezeichnung in dem Gliederungsschema der Bilanz für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. § 266 Abs. 2 Β. II. Nr. 4. H G B ; Rdn. 79 f). Dieser Posten erfaßt sämtliche nicht gesondert auszuweisenden Vermögensgegenstände jeder Art. Er hat daher die Funktion eines Restpostens. Unter ihm sind u.a. zu erfassen: — Darlehen (soweit sie nicht anderweitig auszuweisen sind, vgl. §§41,42 Rdn. 120). — Gehaltsvorschüsse an Arbeitnehmer (soweit nicht gesondert auszuweisen), — Bausparkassenguthaben, — Kostenvorschüsse (soweit nicht Anzahlungen), — Kautionen und sonstige Sicherheitsleistungen, — Ansprüche auf Steuererstattung, — Ansprüche auf Schadenersatzleistungen, — Ansprüche auf Versicherungsleistungen, — Ansprüche aus Betriebs-, Vertriebs-, Gewinngemeinschaften sowie Arbeits- und Patentverwertungsgemeinschaften, Ansprüche aus Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträgen, — Forderungen aus Bürgschaftsübernahmen und Treuhandverhältnissen, — Rückkaufwerte aus Lebensversicherungen, — Ansprüche auf Zinsen und Dividenden (soweit nicht anderweitig auszuweisen, vgl. Rdn. 488), — Forderungen aus Lieferung vertretbarer Sachen (z.B. Wertpapierdarlehen, Ansprüche gegen Lagerhäuser auf Lieferung von Getreide), — GmbH-Anteile, soweit keine Beteiligungsabsicht besteht (soweit vorhanden, vgl. Rdn. 482), — Ansprüche auf Umsatz- und Treuerabatte, — Konsortialguthaben bei Banken, — Forderungen aus Wirtschaftsübernahmen, also Forderungen aus Überlassung und Übereignung der übernommenen Betriebe, Maschinen, Fahrzeuge, Grundstücke, Waren etc., — Forderungen aus unterwegs befindlicher Ware, soweit sie nicht noch unter den Vorräten (vgl. Rdn. 462 ff) bilanziert werden müssen (vgl. Rdn. 328 analog). (Vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 195; Mellerowicz in Großkomm. § 151, 89). 800

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In diesem Posten sind gemäß § 268 Abs. 4 H G B auch „Beträge für Vermögensgegenstände auszuweisen, die erst nach dem Abschlußstichtag rechtlich entstehen". Hierbei handelt es sich um die sog. antizipativen Rechnungsabgrenzungsposten. Im einzelnen können hier z.B. bereits am Bilanzstichtag entstandene Ansprüche aus Miet-, Pacht-, Zinserträgen, aus nicht veranlagten Steuererstattungsansprüchen, aber auch aus Umsatzboni ohne Rechtsanspruch zum Ausweis gelangen. Soweit die in diesem Posten erfaßten Forderungen eine Restlaufzeit von 4 8 6 mehr als einem Jahr haben, sind diese Beträge besonders zu vermerken (vgl. Rdn. 388). Wie für alle Bilanzposten ist auch auf diesen Posten die Vorschrift des § 284 Abs. 2 Nr. 1 H G B anzuwenden, die die Angabe der Bilanzierungsund Bewertungsmethoden im Anhang verlangt. Die genannten antizipativen Forderungen sind darüber hinaus im Anhang zu erläutern, wenn sie einen größeren Umfang haben. Die unter diesem Posten ausgewiesenen Forderungen sind auch dann noch als solche hier zu erfassen, wenn sie durch Wechsel abgedeckt sind, die noch nicht verwertet worden sind. Der Bilanzposten Wertpapiere des Umlaufvermögens ist in dem Schema des 4 8 7 § 266 Abs. 2 H G B wie folgt gegliedert: 1. Anteile an verbundenen Unternehmen; 2. eigene Anteile; 3. sonstige Wertpapiere. Dieser Posten erfaßt alle Wertpapiere des Umlaufvermögens, soweit sie nicht unter anderen Posten auszuweisen sind, wie Schecks, Finanzwechsel von verbundenen Unternehmen usw. Wertpapiere sind Urkunden über ein privates Recht, das mittels Vorlage der Urkunde geltend gemacht wird. Das Gesetz meint also nur Orderpapiere (z.B. Namensaktien) und Inhaberpapiere (wie Inhaberschuldverschreibungen). Während Order- und Inhaberpapiere verhältnismäßig liquide Mittel sind, da sie den formalen Inhaber berechtigen und deswegen i.d.R. allein durch ihre Vorlage beim Schuldner zu Geld gemacht werden können, sind Namenspapiere nicht liquider als Forderungen (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff §151,61). Namenspapiere, Schuldverschreibungen und Hypothekenbriefe gehören deshalb nicht in diesen Posten. Zins- und Dividendenscheine, auch wenn sie schon getrennt sind, gehören 4 8 8 dagegen zu diesem Posten (vgl. auch WP-Handbuch 85/86 I, 608). Zu den Wertpapieren gehören auch Wechsel, sofern diese Wertpapiere 4 8 9 sind. Zum Ausweis als Wertpapiere kommen nur die Wechsel aus reinen Finanzgeschäften in Betracht, z.B. die zur Anlegung flüssiger Mittel hereingenommenen Privatdiskonte sowie Schatzwechsel des Bundes, der Länder und der Bundesbahn, da sie — wirtschaftlich gesehen — überwiegend Wertpapiercharakter haben (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 144). Niehus/Scholz

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Diese Ausweisregelung gilt unabhängig davon, ob das Unternehmen die Wechsel selbst verwahrt, sich die Wechsel im Bankdepot befinden oder zum Inkasso oder zur Diskontierung versandt wurden. 490

Enthält dieser Posten Wertpapiere, deren Veräußerung gesetzlichen oder vertraglichen Beschränkungen unterliegt, so kann dies einen entsprechenden Vermerk — „davon beschränkt veräußerbar" — erforderlich machen, wenn es sich nicht um nur unerhebliche Beträge handelt, da im allgemeinen erwartet wird, daß Wertpapiere des Umlaufvermögens jederzeit veräußerbar sind (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 160).

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Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) müssen gem. § 266 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 266 Abs. 2 B. III. Nr. 1 H G B unter dem Posten Wertpapiere auch Anteile an verbundenen Unternehmen (vgl. Rdn. 438 analog) gesondert ausweisen, soweit sie diese nicht als Finanzanlagen im Anlagevermögen entsprechend gesondert darzustellen haben. Dieser Posten umfaßt alle als Umlaufvermögen auszuweisenden Anteile an verbundenen Unternehmen. Diese Ausweispflicht ist gegenüber den Bestimmungen des Aktiengesetzes 1965 neu; sie geht auf das Bilanzgliederungsschema der 4. EG-Richtlinie zurück. Für den Ausweis dieser Anteile sind die Beteiligungsverhältnisse am Bilanzstichtag maßgeblich. Haben sie nur früher bestanden oder ist das Beteiligungsverhältnis erst nach dem Bilanzstichtag eingegangen worden, sind die Anteile nach den allgemeinen Grundsätzen unter den Finanzanlagen oder unter den übrigen Posten des Wertpapierpostens des Umlaufvermögens auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 151, 167).

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Gemäß § 265 Abs. 3 Satz 2 H G B sind eigene Anteile gesondert unter dem Umlaufvermögen auszuweisen. Diese Ausweispflicht ist unabdingbar. Es soll die Information sichergestellt werden, daß die Gesellschaft ihren Gesellschaftern Einlagen zurückgewährt hat. Es sind alle eigenen Anteile im Umlaufvermögen unabhängig von der Zweckbestimmung und unabhängig von den wirtschaftlichen Möglichkeiten ihrer Weiterverwendung hier zu zeigen (vgl. Bieg DB Beilage Nr. 24/85,9). Als O r t des Ausweises hat der Gesetzgeber für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) — wie aus dem Gliederungsschema in § 266 Abs. 2 B. III. H G B ersichtlich — einen gesonderten Posten unter dem Bilanzposten Wertpapiere vorgesehen; er folgt damit der Behandlung der eigenen Anteile im Bilanzgliederungsschema der 4. EG-Richtlinie. Bei einer G m b H kommen als eigene Anteile nur die Geschäftsanteile (vgl. §14 Rdn. 3) an der bilanzierenden Gesellschaftselbstin Betracht. Zum Erwerb von eigenen Geschäftsanteilen vgl. § 33 Rdn. 6 ff.

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Eigene Geschäftsanteile haben eine Doppelnatur. Im Hinblick auf die Möglichkeit ihrer Veräußerung muß ihnen die Eigenschaft echter Vermögenswerte zuerkannt werden. Andererseits können sie reine Korrekturposten zum Eigenkapital sein und sind im Falle der Liquidation wertlos. Wegen dieser Ge802

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fahren hat der Gesetzgeber wohl auch den besonderen Ausweis auf der Aktivseite verlangt in Durchbrechung des Bestrebens, die Eigenkapitalverhältnisse des Unternehmens auf der Passivseite darzustellen (vgl. Rdn. 513 ff). Eine Saldierung der eigenen Anteile mit der nach § 272 Abs. 4 H G B zu bil- 494 denden Rücklage für eigene Anteile (vgl. Rdn. 531 ff) ist nicht möglich (§ 246 Abs. 2 1. Alt. HGB). H.M. ist, daß unabhängig vom gesonderten Ausweis eigener Anteile dieser 495 Posten im Anhang zu erläutern ist, und zwar über Angaben zur angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethode (vgl. § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB) hinaus. Unabhängig von der anzuwendenden Bilanzgliederung brauchen Anteile 496 an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen nicht mehr (wie bisher vgl. § 151 Abs. 1 AktG 1965) gesondert ausgewiesen zu werden. Mittelgroße und große Gesellschaften müssen diese Anteile künftig unter dem Posten B. III. des § 266 Abs. 2 H G B als Anteile an verbundenen Unternehmen (vgl. Rdn. 429) ausweisen. Dies gilt für Anteile an einer AG, KGaA, GmbH, KG, O H G , ggf. auch an einer stillen Gesellschaft (geregelt in §§ 230 — 237 HGB), die an der ausweispflichtigen Gesellschaft mit Mehrheit (§16 AktG) oder herrschend (§17 AktG) beteiligt ist. Für den Ausweis dieser Anteile sind die Beteiligungsverhältnisse am Bilanzstichtag maßgeblich. Haben sie nur früher bestanden oder ist das Beteiligungsverhältnis erst nach dem Bilanzstichtag eingegangen, sind die Anteile nach den allgemeinen Grundsätzen unter den Finanzanlagen oder unter den übrigen Posten der Wertpapierposition des Umlaufvermögens auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 167). Wird eine Gesellschaft mehrstufig beherrscht oder steht sie in Mehrheitsbesitz mehrerer nacheinander geschalteter Unternehmen, so muß sie unter diesem Posten neben den Anteilen an dem unmittelbar beteiligten (herrschenden) Unternehmen auch die Anteile an dem nur mittelbar beteiligten (herrschenden) Unternehmen ausweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 168). Eine Saldierung von Anteilen in Form von Aktien eines herrschenden oder eines mit Mehrheit beteiligten Unternehmens mit der entsprechend auf diesen Aktienbesitz zu bildenden Rücklage (§ 272 Abs. 4 HGB) ist unzulässig (vgl. §246 Abs. 2 1. Alt. HGB). Der nur bei großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) 497 auftretende Bilanzposten Aktiva B. III. Nr. 3 des § 266 Abs. 2 H G B „sonstige Wertpapiere" ist ein Sammelposten für alle nicht gesondert (vgl. Rdn. 487 ff) auszuweisenden oder ausgewiesenen Wertpapiere. Da'als Folge der Bestimmungen der 4. EG-Richtlinie Besitzwechsel nicht mehr — wie bisher (vgl. § 151 Abs. 1 AktG 1965) — gesondert ausgewiesen werden dürfen, sind sie ggf. unter diesem Posten zu erfassen, wie auch Schatzwechsel aller Art (vgl. Rdn. 489) hierher gehören. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

D e r Besitz von Privatdiskonten bedarf nach h.M. zusätzlich der Erläuterung im Anhang (vgl. W P - H a n d b u c h 1985/86 I, 607). 498

In dem Gliederungsschema in § 266 Abs. 2 Β. IV. H G B werden die folgen-

den flüssigen Mittel zusammengefaßt: Schecks, Kassenbestand, Bundesbankund Postgiroguthaben und Guthaben bei Kreditinstituten. Der Ausweis der flüssigen Mittel erfolgt für alle Kapitalgesellschaften — entgegen der bisherigen Bilanzierungspraxis (vgl. § 151 Abs. 1 A k t G 1965) — in einem Posten.

499

500

501

Die auszuweisenden Schecks sind solche Urkunden, die entweder der Bank noch nicht zur Gutschrift eingereicht oder von dieser in alter Rechnung noch nicht gutgeschrieben worden sind. Ist der Scheck durch die Bank gutgeschrieben, entfällt sein Ausweis. Sein Gegenwert ist dann ein Guthaben bei einem Kreditinstitut. D e r Scheck ist kein Kredit-, sondern ein Zahlungspapier, so daß auch vordatierte Schecks als Scheckbestand gelten, da auch sie gemäß Art. 28 Abs. 2 S c h G am T a g e der V o r l a g e fällig sind. D a Schecks sofort weitergegeben werden können, ist bei ihnen keine Pauschalwertberichtigung möglich (vgl. Mellerowicz in Großkomm. § 151, 62).

Zum Kassenbestand, Bundesbank- und Postgiroguthaben gehören das am

Bilanzstichtag vorhandene Bargeld in der H a u p t k a s s e und in sämtlichen N e benkassen sowie die Bestände an ausländischen Münzen und Noten (Sorten). In diesen Posten werden außerdem einbezogen die Bestände an Brief-, G e richtskosten-, Wechselsteuer- und ähnlichen Marken, da sie wieder gegen Geld eingetauscht werden können, aber auch nicht verbrauchte Francotypwerte. Nicht hier auszuweisen sind Goldmünzen, Zins- und Dividendenscheine (vgl. Rdn. 488) und nicht verbuchte, als Kassenbestand behandelte Quittungen. Diese sind als Forderungen auszuweisen. Bundesbank- (einschließlich Außenstellen und Landeszentralbanken) sowie Postgiroguthaben sind wegen ihrer Sicherheit dem baren Geld gleichzustellen und daher mit diesem auszuweisen.

Guthaben bei Kreditinstituten sind Forderungen gegen Kreditinstitute i.S. des K W G (also einschließlich der Sparkassen) unabhängig davon, ob es sich um inländische oder ausländische Institute handelt. Auszuweisen sind sämtliche Guthaben, gleichgültig, ob sie in in- oder ausländischer Währung gehalten werden, und unabhängig davon, ob sie als täglich fälliges Geld oder als Festgeld (der höheren Verzinsung wegen) angelegt worden sind. Festgelder sollten aber im Anhang erläutert werden, wenn gegen entsprechende Zinsen das Festgeldguthaben vorfristig nicht freigegeben wird. In den Ausweis einzubeziehen sind Zinsen, Spesen und Gebühren bis zum Bilanzstichtag. Zugesagte, aber bis zum Bilanzstichtag nicht in Anspruch genommene Kredite sind bilanzmäßig nicht zu erfassen; es ist auch unzulässig, einen 804

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Kredit in der vollen zugesagten Höhe zu passivieren und den nicht in Anspruch genommenen Teil als Guthaben zu aktivieren. Bei Guthaben einerseits und Krediten andererseits, die bei demselben Kreditinstitut bestehen, muß eine Saldierung erfolgen, wenn sie kurzfristig und in den Konditionen gleichartig sind. Bei längerfristigen Krediten und bei Guthaben und Verbindlichkeiten gegenüber unterschiedlichen Kreditinstituten ist eine Aufrechnung unzulässig und damit ihr gesonderter Ausweis erforderlich (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 158). Akkreditivdeckungskonten sind gesondert auszuweisen. Nicht in diesen Posten gehören Ansprüche gegen Kreditinstitute aus Konsortialgeschäften sowie bei ausländischen Banken bestehende, nach ausländischem Recht gesperrte Guthaben; die sind i.d.R. unter den sonstigen Vermögensgegenständen (vgl. Rdn. 485 ff) auszuweisen. c) Aktive Rechnungsabgrenzungsposten. Rechnungsabgrenzungsposten 5 0 2 stellen neben den Vermögensgegenständen und Schulden (vgl. Rdn. 291 ff) einerseits und den Bilanzierungshilfen (vgl. Rdn. 341 ff) andererseits die dritte Gattung der bilanzierungspflichtigen Tatbestände dar. Rechnungsabgrenzungsposten sind Ausfluß der dynamischen Bilanzauffassung (bilanztechnische Aktiva und Passiva). Sie können als Ansprüche und Verpflichtungen des alten gegenüber dem neuen Geschäftsjahr angesehen werden (vgl. Freericks 76, 212 ff) und stehen den erhaltenen Anzahlungen nahe (vgl. Weber BFuP 81, 484). Zu unterscheiden ist zwischen den aktiven und den passiven Rechnungsabgrenzungsposten einerseits und antizipativen (vgl. Rdn. 485) und transitorischen andererseits. Gesondert ausgewiesen und als solche in der Bilanz bezeichnet werden nur die transitorischen. Als Rechnungsabgrenzungsposten sind auf der Aktivseite Ausgaben vor 5 0 3 dem Abschlußstichtag auszuweisen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 250 Abs. 1 Satz 1 H G B ; zu den passiven transitorischen Rechnungsabgrenzungsposten vgl. Rdn. 628). Inhaltlich stimmt diese Vorschrift mit der des § 152 Abs. 9 AktG 1965 überein (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 968), jedoch wurde durch die Verwendung des Wortes „sind" die Pflicht zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten deutlich gemacht. Eine grundsätzliche Abgrenzungspflicht bestand nach h.M. auch bisher (vgl. Mellerowicz in Großkomm. § 152,89; Adler/Düring/Schmaltz § 152, 184). Sie wurde aus der Forderung nach einem möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage abgeleitet (vgl. § 149 Abs. 1 Satz 2 AktG 1965). Ausgaben setzen sich in der betriebswirtschaftlichen Terminologie zusam- 5 0 4 men aus den Auszahlungen (Abgang an Zahlungsmitteln), dem Abgang an Forderungen und dem Zugang an Verbindlichkeiten (vgl. Wöhe 84, 16). Eine Ausgabe stellt jeweils Aufwand für die Periode dar, der sie wirtschaftlich zuzurechnen ist. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Damit ist zur Bilanzierung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens grundsätzlich ein Zahlungsvorgang (Kassen-, Bank- und Postgiroabgang, H e r g a b e eines Wechsels) vor dem Abschlußstichtag Voraussetzung. Die V e r buchung einer Verbindlichkeit f ü h r t dann zur Bildung eines solchen Postens, wenn sie bei vertragsmäßiger Abwicklung des Geschäfts durch einen Z a h lungsvorgang vor dem Abschlußstichtag erloschen wäre (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz % 152, 178 ff). 505

Die Ausgabe muß nach dem Abschlußstichtag erfolgswirksam und damit zu A u f w a n d (s.o.) werden, d.h., die Ausgabe muß wirtschaftlich der (den) Folgeperiode(n) zugehören (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 178). Die Ausgabe muß A u f w a n d f ü r einen kalendermäßig genau bestimmten Zeitraum nach dem Abschlußstichtag darstellen, wobei zu beachten ist, daß sich die Zeitraumbestimmung unmittelbar aus dem Sachverhalt ergeben muß (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 182). Beispiel: W u r d e vor dem Abschlußstichtag bereits eine Mietzahlung f ü r den ersten M o n a t des Folgegeschäftsjahres geleistet und als A u f w a n d verbucht, so muß diese A u f w a n d s b u c h u n g wieder neutralisiert werden, indem ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet wird. Im Folgegeschäftsjahr ist dieser Posten aufzulösen und der Mietaufwand ist erneut zu verbuchen. D a d u r c h wird erreicht, daß die Mietzahlung in dem Geschäftsjahr erfolgswirksam wird, in das sie wirtschaftlich gehört.

506

In § 250 Abs. 1 Satz 2 H G B finden sich weitere Bestimmungen, die zu aktiven Rechnungsabgrenzungsposten f ü h r e n und die bisher im deutschen Bilanzrecht nicht expressis verbis geregelt waren. D a n a c h dürfen auch ausgewiesen werden: „1. als A u f w a n d berücksichtigte Zölle u n d V e r b r a u c h s t e u e r n , soweit sie auf am Abschlußstichtag auszuweisende Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens entfallen,

2. als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlußstichtag auszuweisende oder von den Vorräten o f f e n abgesetzte Anzahlungen."

Die Vorschrift unter 1. stimmt fast wörtlich mit der des § 5 Abs. 4 Satz 2 EStG überein, die d o r t mit W i r k u n g z u m 1.1.77 durch Abs. 9 N r . 1 des E G A O v. 14.12.76 eingefügt wurde. Diese Vorschrift w u r d e durch ein Urteil des B F H (vgl. BStBl. 76 II, 13) ausgelöst: darin w u r d e entschieden, daß die Biersteuer als Verbrauchsteuer weder zu den Herstellungskosten des Bieres gehöre noch sonst selbständig aktiviert werden könne, und zwar weder als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten noch als sonstiges Wirtschaftsgut (vgl. Littmann §§4,5,831). Bei diesem Bilanzansatz d ü r f t e es sich um einen Korrekturposten handeln, nicht um einen Vermögensgegenstand, so daß auf ihn die Bewertungsvorschriften des H G B keine A n w e n d u n g finden. So wird z.B. der Posten nicht dadurch bewertet, daß die V o r r ä t e , die er betrifft, mit dem niedrigeren beizule806

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

genden Wert (vgl. Rdn. 240) angesetzt werden. Entscheidend ist, daß er eine sich als Aufwand auswirkende Behandlung von Zöllen und Verbrauchsteuern (Tabak-, Branntwein-, Bier-, Mineralöl-, Kaffee-, Teesteuer u.a.) insoweit neutralisiert, als diese Steuern auf am Bilanzstichtag auszuweisendes Vorratsvermögen entfallen. Die Steuern brauchen noch nicht gezahlt, sie können auch nur geschuldet sein, wenn sich nur die Verbindlichkeiten im Rechnungswerk des Unternehmens erfolgsmindernd niedergeschlagen haben. Beim Verkauf der Vorräte wird der Aktivposten insoweit aufgelöst, als er auf die verkauften Vorräte entfällt (vgl. Littmann SS 4, 5, 832). Dieser Posten ist als Ansatzwahlrecht ausgestattet worden, um den Bilanzierenden die Aktivierung dieser Aufwendungen in der Handelsbilanz zu ermöglichen (vgl. Erl. zum Gesetzentw. vom 1.8.1985, 30; IdW 5/75, WPg. 79, 59). Die oben unter 2. angeführte Gesetzesvorschrift, die den Ausweis von als 5 0 7 Aufwand berücksichtigter Umsatzsteuer regelt, dürfte insoweit ohne praktische Bedeutung bleiben, als die Umsatzsteuer auf erhaltene Anzahlungen beim Empfänger erfolgsunwirksam zu behandeln ist, so daß ein Aufwand nicht entsteht. Die Erfolgsunwirksamkeit ergibt sich aus dem Sinn des Umsatzsteuergesetzes selbst, aber auch aus der ertragsteuerlichen Behandlung der Umsatzsteuer auf Anzahlungen, die beim vorsteuerabzugsberechtigten Anzahlungsleistenden neben der Anzahlung als Vorsteuererstattungsanspruch zu aktivieren ist; denn die Anzahlung selbst ist gemäß § 9 b EStG mit den Anschaffungskosten, also ohne Umsatzsteuer, zu bilanzieren. Für den Ausweis des sogenannten Disagios — seinem Charakter nach eine 5 0 8 Bilanzierungshilfe (vgl. Dziadkowski BB 82, 1338 f) — sieht das H G B — wie die Bestimmung in § 156 Abs. 3 Satz 1 AktG 1965 — ein Bilanzierungswahlrecht vor. Für den Fall der Bilanzierung des Disagios besteht jedoch eine unabdingbare Ausweispflicht als gesonderter Posten unter den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten. Mit dieser Vorschrift wird die Bestimmung in § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB, wonach Verbindlichkeiten zu dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen sind, relativiert: Im Ergebnis sind damit Barwertansätze nicht ausgeschlossen (vgl. Moxter BB 85, 1103). Die Funktion des Disagios liegt u.a. in der Deckung der mit der Darlehensbearbeitung verbundenen Einmalkosten und der optischen Verringerung der laufenden Zinszahlungsverpflichtungen, wobei auch steuerrechtliche Überlegungen von Bedeutung sind (vgl. Maul AG 80, 239). § 250 Abs. 3 Satz 1 H G B faßt diese Bilanzierungsvorschrift wie folgt: Ist der Rückzahlungsbetrag von Verbindlichkeiten oder Anleihen höher als der Ausgabebetrag, so darf der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommen werden.

Die Voraussetzungen entsprechen dem bisher geltenden Recht (vgl. Göl- 5 0 9 lert/Ringling BB 85, 968). Prinzipiell kann sich ein Unterschiedsbetrag im Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Sinne dieser Vorschrift aus einem Rückzahlungsagio (Rückzahlungsaufgeld) oder aus einem Ausgabedisagio (Begebungsabgeid) ergeben. Das Damnum bei hypothekarisch gesicherten Krediten entspricht einem Ausgabedisagio. Wirtschaftlich betrachtet stellen derartige Beträge — wie der Zins — eine Gegenleistung des Schuldners f ü r das ihm zur Verfügung gestellte Kapital dar (vgl. auch die Begr. zum RegEntw des 5. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Hypothekenbankgesetzes v. 14.1.1963, 17). Der auszuweisende Unterschiedsbetrag resultiert aus der Differenz zwischen dem niedrigeren Ausgabebetrag und dem Rückzahlungsbetrag; i.d.R. wird der niedrigere Ausgabebetrag durch den Betrag bestimmt, der der Gesellschaft zugeflossen ist. Von einem Unterschiedsbetrag im Sinne dieser Vorschrift kann aber auch im folgenden Fall ausgegangen werden: Beim Bezug von Investitionsgütern kommt es gelegentlich vor, daß der Kaufpreis längerfristig (über mehrere Jahre) gestundet wird, ohne daß seitens des Abnehmers Zinsen für die Stundungszeit zu zahlen sind. Hier ist davon auszugehen, daß die Zinsen in der Kaufpreissumme mit enthalten sind, daß also die echten Anschaffungskosten der Investitionsgüter dem Barwert der Kaufpreisschuld entsprechen (vgl. Rdn. 203). N u r dieser ist daher zu aktivieren, während andererseits die Kaufpreisschuld nach § 156 Abs. 2 AktG 1965 in H ö h e des Rückzahlungsbetrages zu passivieren ist. Der Unterschied zwischen aktiviertem Betrag und Rückzahlungsbetrag kann ebenso wie der Unterschied aus einem üblichen Anleihedisagio abgegrenzt werden, da es sich in beiden Fällen wirtschaftlich um den gleichen T a t bestand (Zinsabgrenzung) handelt (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 156, 30). Nicht zu dem Unterschiedsbetrag gehören die z.B. mit der Ausgabe einer Anleihe verbundenen Ausgabe-(Emissions-)kosten, wie Druck- und Werbekosten, Bankprovision, Kapitalverkehrsteuer. 510

d) Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag. Auf der Aktivseite der Bilanz müssen Kapitalgesellschaften unabhängig von ihrer Größe ggf. einen Posten D. mit der Bezeichnung „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" ausweisen, da die Vorschrift in § 268 Abs. 3 H G B bestimmt: „Ist das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht und ergibt sich ein Uberschuß der Passivposten über die Aktivposten, so ist dieser Betrag am Schluß der Bilanz auf der Aktivseite gesondert unter der Bezeichnung ,Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag' auszuweisen."

Dieser Posten zeigt die buchmäßige Überschuldung der G m b H an, die aber nicht notwendigerweise zu einer Uberschuldung im Sinne des § 64 Abs. 1 führen muß, wenn die Gesellschaft über entsprechende stille Rücklagen verfügt (vgl. Küting/Weber G m b H R 8 4 , 176 f). Im Anhang muß aber dann erläutert werden, weshalb keine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vorliegt, wenn das Nichtvorhandensein einer Überschuldung sich nicht bereits aus an808

Niehus/Scholz

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deren Umständen ergibt (§ 264 Abs. 2 Satz 2 HGB). Dieser Posten ist nicht identisch mit dem Posten V. Bilanzverlust in der Gliederung der Bilanz nach §151 Abs. 1 AktG 1965. Gemeinsames Charakteristikum beider Posten ist aber, daß sie als Saldo sui generis in das jeweilige Gliederungsschema aufgenommen worden sind. Der aktivische Ausweis dieser Saldogröße erfolgt in Durchbrechung des Prinzips, die Eigenkapitalverhältnisse des Unternehmens geschlossen auf der Passivseite der Bilanz darzustellen. Er verhindert aber in der Bilanz den Ausweis von Beträgen mit negativem Vorzeichen. Die Saldogröße ist u.E. aus den zum Eigenkapital gehörenden Größen in 511 einer Vorspalte des Eigenkapitalpostens auf der Passivseite zu ermitteln, da unter dem Posten V. der Eigenkapitalposition immer ein Jahresüberschuß/ Jahresfehlbetrag in voller Höhe zu zeigen ist. Das Ergebnis dieser Rechnung ist dann unter dem Posten D. der Aktivseite auszuweisen, während das Eigenkapital auf der Passivseite betragsmäßig (in der Hauptspalte) keinen Ausweis aufweist. Ein Beispiel veranschauliche diese Verfahrensweise im Ausweis (von den 5 1 2 Vorschriften der Konkursordnung wird dieses Unternehmen nicht berührt, da es über beachtliche stille Reserven verfügt): Passivseite (Vorspalte) DM A. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital Π. Kapitalrücklage ΙΠ. Gewinnrücklage IV. Gewinnvortrag V. Jahresfehlbetrag

+ + + + -

50.000 5.000 1.000 1.000 58.000

-

1.000

(Hauptspalte) DM

Aktivseite (Hauptspalte) DM

D. Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag

1.000

Im Folgejahr ist nicht der aktivisch ausgewiesene Betrag aus der Vorjahresbilanz selbst in einer entsprechenden Rechnung auf der Aktivseite der Bilanz fortzuentwickeln, sondern es ist, angepaßt an die Verhältnisse des Bilanzjahres, erneut die oben aufgeführte Rechnung aufzumachen und deren Ergebnis Niehus/Scholz

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Rechnu ngslegung

— unabhängig vom Vorjahresergebnis — entsprechend ihrem Vorzeichen in der Bilanz zu zeigen. Fortführung des obigen Beispiels: Passivseite (Vorspalte) DM A. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital Π. Kapitalrücklage ΙΠ. Gewinnrücklage IV. Verlustvortrag (Gewinnvorttag) V. Jahresüberschuß (fahresfehlbetrag)

+ + +

(Hauptspalte) Vorjahr DM DM

50.000 5.000 1.000 57.000

50.000 5.000 1.000 -

1.000

-

+ +

20.000





58.000

19.000

19.000 Aktivseite (Hauptspalte) Vorjahr DM DM

D. Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag

513



1.000

e) Eigenkapital. Der Posten Eigenkapital als solcher ist in der Bilanzgliederung des § 266 Abs. 3 A. H G B ein Novum im deutschen Bilanzrecht. Er geht unmittelbar auf Art. 9 der 4. EG-Richtlinie zurück und bezweckt eine geschlossene Darstellung des Eigenkapitals des Unternehmens durch Zusammenfassung sämtlicher Bilanzposten mit Eigenkapitalcharakter (vgl. Bolin/ Haeger/Zündorf BB 84, 509). Der Posten kann als Restgröße vom Bruttovermögen abzüglich Fremdkapital angesehen werden (vgl. Weber BFuP 81, 486). Wird dem bilanziellen Eigenkapital der Eigenkapitalanteil der stillen Rücklagen hinzugerechnet, erhält man das effektive oder tatsächliche Eigenkapital (vgl. Küting/Weber G m b H R 84, 165). Mit der Zuordnung auf die verschiedenen Posten des Eigenkapitals wird zumeist über die Verfügungskompetenzen neu entschieden (vgl. im einzelnen Küting/Weber aaO, 166). Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) müssen künftig gem. § 266 Abs. 1 Satz 2 H G B folgende Posten ausweisen: 810

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

I. II. III.

Gezeichnetes Kapital; Kapitalrücklage; Gewinnrücklagen; 1. gesetzliche Rücklage; 2. Rücklage für eigene Anteile; 3. satzungsmäßige Rücklagen; 4. andere Gewinnrücklagen; IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag; V. Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag. Erstmals im deutschen Bilanzrecht müssen die Rücklagen nach Art ihres Zustandekommens getrennt gezeigt werden. Allerdings erweckt die gesonderte Bezeichnung „Kapitalrücklage" die irrtümliche Vorstellung, daß die Gewinnrücklagen keinen Kapitalcharakter hätten. Vielleicht sollte man sie beser „einbehaltene Rücklagen" nennen (vgl. Weber BFuP 81, 485). Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) brauchen die Gewinnrücklagen nicht aufzugliedern (§ 266 Abs. 1 Satz 3 HGB). Das gezeichnete Kapital ist in § 272 Abs. 1 H G B wie folgt definiert:

514

„Gezeichnetes Kapital ist das Kapital, auf das die H a f t u n g der Gesellschafter f ü r die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist. Die ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital sind auf der Aktivseite vor dem Anlagevermögen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen; die davon eingeforderten Einlagen sind zu vermerken. Die nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen dürfen aber auch von dem Posten „Gezeichnetes Kapital" offen abgesetzt werden; in diesem Falle ist der verbleibende Betrag als Posten „Eingefordertes Kapital" in der Hauptspalte der Passivseite auszuweisen und ist außerdem der eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte Betrag unter den Forderungen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen."

Zum gezeichneten Kapital zählen nicht die sogenannten Gesellschafterdarlehen (verdecktes Stammkapital), die aus haftungs- oder steuerrechtlichen Gründen gewährt werden. Diese Darlehen begründen Gläubigerrechte gegenüber der Gesellschaft; rechtlich handelt es sich hierbei um Fremdkapital (vgl. Küting/Weber G m b H R 84, 168). Ebenso ist nicht die Einlage des stillen Gesellschafters gezeichnetes Kapital. Eigenkapital ist sie nur dann, wenn künftige Verluste mit ihr in voller Höhe zu verrechnen sind, wenn sie im Konkursfalle nicht als Konkursforderung geltend gemacht werden kann oder wenn sie bei einer Liquidation der Gesellschaft erst nach Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger auszugleichen ist (vgl. IdW-HFA 1/76, WPg. 76, 115). Bei der G m b H ist das Stammkapital als gezeichnetes Kapital auszuweisen (§ 42 Abs. 1; vgl. §§ 41, 42 Rdn. 106 ff).

515

Die unter dem Eigenkapital gesondert auszuweisenden Rücklagen ein- 5 1 6 schließlich ihrer spezifischen Rücklagenbewegungen sind in der nachfolgenden Ubersicht zusammengefaßt. Niehus/Scholz

811

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

3 ά 8P , Ρ u -3

f g8

3

£-8

00

ν

Ί J < 0 | \ g p ^ .h fe "S 3 a f S a J 8=3 :3 60 g Ö 60 Kl « Ό 3 rt J3 g

C η

=3 :3 ω

3s 1

i r ιpi -Ω £ 812

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Zu den einzelnen Rücklagenarten vgl. Rdn. 517 ff. 517

Gemäß § 272 Abs. 2 H G B sind als Kapitalrücklage auszuweisen: 1. der Betrag, der bei der Ausgabe von Anteilen einschließlich von Bezugsanteilen über den Nennbetrag erzielt wird; 2. der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für W a n d lungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird; 3. der Betrag von Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten; 4. der Betrag von Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten. Der unter 2. aufgeführte Posten dürfte bei einer G m b H nicht auftreten, da das GmbH-Gesetz keine dem § 221 AktG 1965 (Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen) entsprechende Vorschrift enthält.

Der Posten Kapitalrücklage erfährt bei einer G m b H gem. § 42 Abs. 2 Satz 3 518 eine Erweiterung, wenn auf der Aktivseite ein gesonderter Posten mit der Bezeichnung „Eingeforderte Nachschüsse" auszuweisen ist (vgl. Schema in Rdn. 516). Der dem Aktivposten entsprechende Betrag wird nämlich auf der Passivseite im Posten „Kapitalrücklage" ausgewiesen (vgl. §§41, 42 Rdn. 118). Der Begriff der Kapitalrücklage ist im deutschen Bilanzrecht neu und auf 519 die Reform dieses Rechts durch die 4. EG-Richtlinie zurückzuführen. Das frühere GmbH-Gesetz kannte nur den Ausdruck Reservefonds (§ 42 Nr. 4 Satz 2 a.F.), der inhaltlich jedoch weitgefaßt war. Weitgehende inhaltliche Ubereinstimmung der Vorschrift des § 272 Abs. 2 H G B besteht dagegen mit § 150 Abs. 1 AktG 1965. Unter Rücklagen (Reserven) versteht man im täglichen Sprachgebrauch 520 Vermögenswerte, die den Charakter eines Notvorrats haben, d.h., erst eingesetzt werden, wenn die planmäßig zur Lebensführung im Haushalt oder zur Leistungserstellung im Betrieb bereitgestellten Vermögenswerte aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse nicht ausreichen. In der Betriebswirtschaftslehre wird der Begriff der Rücklagen zwar auch im Sinne von konkreten Reservevorräten (z.B. Reservegrundstück, Reservemaschinen, Reservefonds von Wertpapieren u.a.) verwendet, doch hat sich darüber hinaus der Begriff der Rücklage als terminus technicus des betrieblichen Rechnungswesens entwickelt. In diesem Sinne sind Rücklagen Eigenkapital, das (a) nicht unter dem Posten gezeichnetes Kapital, sondern unter gesonderten Rücklageposten ausgewiesen wird (offene Rücklagen) oder das (b) überhaupt nicht in der Bilanz in Erscheinung tritt, da z.B. Vermögenswerte unterbewertet worden sind (stille Rücklagen im engeren Sinne) oder das Niehus/Scholz

813

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Rechnungslegung

(c) in überhöhten Passivposten, z.B. Rückstellungen, steht (stille Rücklagen im Sinne von versteckten Rücklagen) (vgl. Wöbe 84, 559). 521

In die Kapitalrücklage sind alle Einlagen von Gesellschaftern aufzunehmen, die nicht gezeichnetes Kapital oder Einlagen und Kapitalanteile persönlich haftender Gesellschafter sind. Sie werden also von außen zugeführt (vgl. Küting/Weber G m b H R 84, 172 f).

522

Der Gewinnvortrag (vgl. Rdn. 546) ist nicht als Rücklage anzusehen; er stellt vielmehr den nicht ausgeschütteten Teil des Bilanzgewinns dar, der nicht den Rücklagen zugeführt und auch nicht anderweitig verwendet worden ist, sondern durch Beschluß der Gesellschafter (vgl. § 4 6 Nr. 1 Rdn. 12) als Gewinn vorzutragen ist (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 150, 1).

523

N u r die offenen Rücklagen erscheinen in der Bilanz, und zwar als Kapital-, aber auch als Gewinnrücklagen (vgl. Rdn. 530 ff). 524 Veränderungen erfahren diese Rücklagenposten durch Einstellungen in die Rücklagen und Entnahmen aus den Rücklagen. Die Gewinn- und Verlustrechnung wird durch sie nicht berührt, da es sich um gesellschaftliche Vorgänge handelt, die mit der Ergebnisermittlung in keinem Zusammhang stehen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 158, 36). Gemäß § 270 Abs. 1 Satz 1 H G B sind Einstellungen in die Kapitalrücklage bereits bei der Aufstellung der Bilanz vorzunehmen. Es ist also gleichgültig, ob ein Jahresüberschuß oder ein Jahresfehlbetrag erzielt worden ist. Die Gegenposten zu den Einstellungen in die Kapitalrücklage ergeben sich aus den Geschäftsvorfällen (vgl. Übersicht in Rdn. 516); der Gegenposten zu den Entnahmen aus der Kapitalrücklage (mit Ausnahme des Gegenpostens zum Posten „Eingeforderte Nachschüsse) wird sich aus der Ergebnisverwendung als Entnahme aus der Kapitalrücklage auch dann ergeben, wenn keine bestimmte Form der Ergebnisverwendung für die G m b H vorgeschrieben ist (vgl. Erl. zum Gesetzesentw. vom 1. 8. 85, 10), sie aber gem. §325 Abs. 1 Satz 1 H G B zu erfolgen hat. 525

Eine Kapitalrücklage entsteht bei einer G m b H nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 H G B u.a. aus der Zahlung eines Aufgeldes (Agio) bei der Gründung einer Gesellschaft oder anläßlich einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen (vgl. § 55 Rdn. 2 ff). Das Agio ist der Differenzbetrag zwischen der tatsächlichen Zahlung, die die Gesellschafter an die Gesellschaft auf ihre Stammeinlage bewirken, und dem Nennbetrag ihrer Einlage. Dabei wird unterstellt, daß die jeweiligen Zahlungen höher als die entsprechenden Nennbeträge der Anteile sind. Das Agio ist unter den Kapitalrücklagen gesondert auszuweisen, da § 272 Abs. 2 H G B den Ausweis der verschiedenen Kapitalrücklagen durch die kumulative Aufzählung ,,1., 2., 3. + 4." verbindlich vorschreibt; diese Auslegung 814

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

wird durch Art. 9 der 4. EG-Richtlinie, die den gesonderten Ausweis ausdrücklich anordnet, bestätigt. Bei Sacheinlagen tritt an die Stelle der Zahlung der Betrag, mit dem der ein- 526 gebrachte Gegenstand bewertet worden ist. Werden Gegenstände mit einem unter ihrem tatsächlichen Wert liegenden Betrag aus Anlaß der Sacheinlage angesetzt, so entstehen aus diesem Vorgang bei der G m b H zwangsläufig stille Reserven, wenn der Nennbetrag der ausgegebenen Anteile dem angesetzten Betrag entspricht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 150,22). Dies ist nach dem GmbH-Gesetz zulässig; es besteht kein Zwang zum offenen Ausweis dieser Reserven. Das Agio, d.h., die entsprechende Kapitalrücklage, kann jedoch durch Gesellschafterbeschluß im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses (vgl. § 42a Rdn. 5) zugunsten des Bilanzgewinns (vgl. Rdn. 547) zum Ausgleich eines durch die Kosten der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen geminderten Jahresüberschusses (bzw. eines Jahresfehlbetrages) aufgelöst werden. Zur steuerlichen Behandlung der Kosten für die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen vgl. § 9 Nr. 1 i.V.m. § 54 Abs. 5 KStG 1977. Die Bestimmung in § 272 Abs. 2 Nr. 3 H G B soll bewirken, daß Zuzahlungen 527 (evtl. sie ersetzende Sacheinlagen) der Gesellschafter, die gegen Gewährung eines Vorzugs zu leisten sind, nicht unmittelbar wieder zur Verteilung gelangen; dies erfolgt durch Einstellung dieser Beträge in die Kapitalrücklage. Das GmbH-Gesetz kennt keine der Vorschrift des § 11 Satz 1 AktG (Aktien 528 können verschiedene Rechte gewähren, namentlich bei der Verteilung des Gewinns und des Gesellschaftsvermögens) adäquate Norm. Dennoch sind infolge der grundsätzlichen Gestaltungsfreiheit der rechtlichen Verhältnisse der Gesellschafter einer G m b H untereinander auch bei einer G m b H derartige Zuzahlungen möglich, z.B. Zuzahlungen eines Gesellschafters zur Erlangung von Stimmrechten, die über die mit seiner Einlage verbundenen Rechte hinausgehen; denn für den Anteil des Gesellschafters am Stimmrecht, am Gewinn und am Liquidationsüberschuß ist der Nennbetrag eines Anteils nur maßgebend, wenn der Gesellschaftsvertrag hierüber keine abweichenden Regelungen enthält (vgl. Ulmer in Hachenburg § 3, 37). Eine derartige Zuzahlung müßte also im Gesellschaftsvertrag (ggf. durch seine Änderung) ihren zweckentsprechenden Niederschlag gefunden haben. Die Kapitalrücklage kann auch durch Zuzahlungen oder Zuschüsse gegen Gewährung eines Vorzugs aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung oder durch Bestimmung der einzahlenden Gesellschafter zu speisen sein; häufiger wird dieser Fall im Zusammenhang mit dem sogenannten „Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren" in praxi auftreten (vgl. dazu Felix/Stock DStR 77, 42 ff; Hintzen BB 77, 1247 ff). Erfolgen Zuzahlungen seitens der Gesellschafter ohne Gewährung von 529 Vorzügen, so können diese Beträge auch nicht freiwillig diesem Bilanzposten Niehus/Scholz

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

zugeführt werden. Diese Zahlungen gehen in die Gewinn- und Verlustrechnung ein (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 150, 45a). Ist dagegen die Rücklagenzuführung derartiger Zahlungen durch den Gesellschaftsvertrag oder einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß vorgeschrieben, werden auch diese Zahlungen — ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung — den Kapitalrücklagen zu subsumieren sein; derartige Zuführungen sollten jedoch im Anhang erläutert werden (vgl. § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB). Zur Höhe des als „Eingeforderte Nachschüsse" aktivierten Betrages zu der als Passivposten auszuweisenden Kapitalrücklage vgl. §§41, 42 Rdn. 118; Rdn. 483. 530 Neben der Kapitalrücklage nennt das H G B als zweite Rücklagenart die Gewinnrücklagen, die aus den in Rdn. 513 aufgeführten Rücklagenposten bestehen und in § 272 Abs. 3 H G B wie folgt definiert sind: „Als Gewinnrücklagen dürfen nur Beträge ausgewiesen werden, die im Geschäftsjahr oder in einem früheren Geschäftsjahr aus dem Ergebnis gebildet worden sind. Dazu gehören aus dem Ergebnis zu bildende, gesetzliche oder auf Gesellschaftsvertrag oder Satzung beruhende Rücklagen und andere Gewinnrücklagen."

Sie werden im Unterschied zu den von außen zugeführten Kapitalrücklagen im Unternehmen aus dem Gewinn gebildet (vgl. Küting/Weber G m b H R 84, 173). Zu den einzelnen Arten der Gewinnrücklage vgl. Rdn. 531 ff. 531

Gemäß § 272 Abs. 4 i.V.m. § 266 Abs. 3 A. III. H G B haben mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) unter den Gewinnrücklagen auch die Rücklage für eigene Anteile gesondert auszuweisen; eigene Anteile können reine Korrekturposten zum Eigenkapital, aber auch echte Vermögenswerte sein, wenn sie z.B. den Arbeitnehmern als Lohnbestandteil bzw. den Aktionären zur Abfindung angeboten werden sollen (vgl. Coenenberg 128). Der Absatz 4 lautet: „In eine Rücklage f ü r eigene Anteile ist ein Betrag einzustellen, der dem auf der Aktivseite der Bilanz f ü r die eigenen Anteile anzusetzenden Betrag entspricht. Die Rücklage darf nur aufgelöst werden, soweit die eigenen Anteile ausgegeben, veräußert oder eingezogen werden oder soweit nach § 253 Abs. 3 auf der Aktivseite ein niedrigerer Betrag angesetzt wird. Die Rücklage, die bereits bei der Aufstellung der Bilanz vorzunehmen ist, darf aus vorhandenen Gewinnrücklagen gebildet werden, soweit diese frei verfügbar sind. Die Rücklage nach Satz 1 ist auch f ü r Anteile eines herrschenden oder eines mit Mehrheit beteiligten Unternehmens zu bilden."

In der Begr. zum Reg.-Entw., 110, heißt es zu dieser N o r m : „Eine Rücklage für eigene Anteile wird vorgeschrieben, um sicherzustellen, daß der Erwerb eigener Anteile nicht zur Rückzahlung des Stammkapitals oder von Rücklagen führt, die aufgrund des Gesellschaftsvertrags nur f ü r bestimmte Zwecke verwendet werden dürfen. Diese Regelung entspricht dem bisherigen § 150a AktG

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

(zukünftig § 151 AktG), der aufgrund der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie der EG in das deutsche Recht eingeführt wurde."

Die Rücklage für eigene Anteile ist eine gesetzlich vorgeschriebene Rück- 532 läge; f ü r sie besteht Ausweiszwang auf der Passivseite der Bilanz. Sie ist in den Gewinnrücklagen zu erfassen (vgl. Rdn. 530) und nur von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) unter der gesetzlich festgelegten Postenbezeichnung gem. § 266 Abs. 3 A. III. 2. H G B gesondert auszuweisen. Diese Postenbezeichnung sollte auch dann verwandt werden, wenn eine Gesellschaft eine derartige Rücklage nicht nur für eigene Anteile, sondern auch für Anteile eines herrschenden oder eines mit Mehrheit beteiligten Unternehmens zu bilden hat (vgl. Rdn. 538); eine Klarstellung sollte im Anhang erfolgen (vgl. auch W P - H a n d b u c h 85/86 I, 623). Voraussetzung für die Bildung einer derartigen Rücklage ist der Ansatz 533 eigener Anteile auf der Aktivseite der Bilanz. Zur Frage, wann und in welcher Form eigene Anteile in der Bilanz zu aktivieren sind, vgl. Rdn. 492 ff. Maßgebend für den Betrag, der in die Rücklage einzustellen ist, ist der Wertansatz nach den §§ 253 Abs. 3, 279 H G B f ü r die eigenen Anteile auf der Aktivseite der Bilanz, da diese Vermögensgegenstände zum Umlaufvermögen gehören. Als Wertansatz f ü r diese Anteile werden i.d.R. die Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff) oder ein Wert unter Berücksichtigung der Vorschriften der §§ 279 Abs. 2, 280 Abs. 2, 253 Abs. 3, 254 H G B in Betracht kommen (vgl. Rdn. 240 ff). U.E. ist die Rücklage auch für eigene Anteile zu bilden, die durch Dritte für Rechnung der Gesellschaft gehalten werden. Die Rücklage ist nicht zu Lasten des Ergebnisses, aber aus dem Ergebnis 534 zu bilden; sie kann aber auch aus bereits bestehenden Gewinnrücklagen, die frei verfügbar sind, gebildet werden (vgl. Rdn. 540). Die Einstellung in diese Rücklage ist bereits bei Aufstellung des Jahresabschlusses vorzunehmen, und zwar unabhängig davon, ob ein Jahresüberschuß u n d / o d e r ob ausreichend freie Rücklagen vorhanden sind, d.h. die Bilanz weist neben der Rücklage f ü r eigene Anteile keinen „Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag" und keinen „ G e winnvortrag/Verlustvortrag" aus, sondern einen „Bilanzgewinn oder -verlust" (vgl. Rdn. 381), da bereits eine teilweise Ergebnisverwendung (vgl. § 29 Rdn. 7) stattgefunden hat. Diese Rücklageneinstellung kann u. U. dazu führen, daß ein aufgestellter, noch nicht festgestellter Jahresabschluß in der Gewinn- und Verlustrechnung mit einem Jahresüberschuß abschließt, während die Bilanz einen Bilanzverlust zeigt. U. E. hat jedoch dann keine teilweise Gewinnverwendung mit den angeführten Ausweisfolgen stattgefunden, wenn die Rücklagenzuführung allein aus bereits bestehenden Gewinnrücklagen (also durch Umschichtung) vorgenommen wurde. Zum Ausweis der Einstellung in die Rücklage vgl. Rdn. 836. Sinn dieser Rücklage ist es zu verhindern, daß ein der Aktivierung entspre- 535 chender Wert zu Ausschüttungen an die Gesellschafter verwendet wird. D a Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

nach ist in dieser Vorschrift vor allem eine Ausschüttungssperre zu sehen (vgl. Regierungsbegründung zu § 150a AktG 1965, 17). Der Gefahr, daß eigene Anteile einen reinen Korrekturposten zum Eigenkapital darstellen und z.B. im Falle des Konkurses oder der Liquidation wertlos sind, wird nunmehr — neben der eingeschränkten Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile (vgl. § 33 Rdn. 2 ff) — noch durch die Pflicht zur Bildung einer gesonderten Rücklage in der Bilanz Rechnung getragen. Diese Ausschüttungssperre, die in bestimmter H ö h e aktivierte Werte im Unternehmen bindet, geht unmittelbar auf die 4. EG-Richtlinie zurück und war bis zum Zeitpunkt der Schaffung der Vorschrift des § 150a AktG 1965 auch den deutschen Rechnungslegungsvorschriften fremd (vgl. Zilias/Lanfermann WPg. 80, 89 ff). 536

Diese Gewinnrücklage ist nicht zu Lasten des Ergebnisses des Abschlußjahres zu bilden, sondern erst im Rahmen der Ergebnisverwendung (vgl. § 29 Rdn. 6 ff). Dies ergibt sich aus § 272 Abs. 4 Satz 3 HGB. Daher kann die Rücklage — neben einer Entnahme aus vorhandenen Gewinnrücklagen (soweit diese ungebunden sind) — auch aus einem Gewinnvortrag oder einen Jahresüberschuß gespeist werden. Damit werden gleichzeitig die Quellen der Bildung einer derartigen Rücklage aufgedeckt. Gem. § 272 Abs. 4 Satz 3 H G B ist diese Rücklage bereits in die Bilanz des Abschlußjahres aufzunehmen. Darüber hinaus regelt § 272 Abs. 4 Satz 3 H G B noch die Zuständigkeit f ü r diese Rücklagenbildung. Zuständig sollen die Personen sein, die den Jahresabschluß aufzustellen haben. Wie sich aus § 264 Abs. 1 Satz 1 H G B , § 35 Abs. 1 ergibt, sind dies bei G m b H ' s die Geschäftsführer (vgl. Begr. zum Reg.Entw., 80).

537

Nach § 272 Abs. 4 Satz 2 H G B darf die Rücklage nur aufgelöst werden, soweit die eigenen Anteile ausgegeben, veräußert, eingezogen worden sind oder auf der Aktivseite ein niedrigerer Betrag gem. §§ 253 Abs. 3, 279 Abs. 2 H G B angesetzt wird. In diesem Zusammenhang stellen sich die Fragen nach dem Auflösungszwang einer derartigen Rücklage und nach der Möglichkeit ihrer Bildung vor dem Erwerb der eigenen Anteile. Wir neigen zu der Auffassung, daß entsprechend der Generalklausel in § 264 Abs. 2 H G B (true and fair view) eine derartige Rücklage aufzulösen ist, wenn die Auflösungsgründe vorliegen, und daß ihre Bildung vor Erwerb der Anteile zu unterlassen ist (zur Diskussion dieser Frage vgl. Zilias/Lanfermann WPg. 80, 93 f).

538

Der Zwang zur Bildung einer Rücklage besteht auch für Anteile an einer Obergesellschaft (vgl. § 272 Abs. 4 Satz 4 HGB), d.h. f ü r Anteile eines herrschenden oder eines mit Mehrheit beteiligten Unternehmens (vgl. §§ 16, 17 AktG 1965). Der Gesetzgeber hat nicht expressis verbis den gesonderten Ausweis dieser Rücklage verlangt. Das Gebot der Bilanzklarheit erfordert jedoch, diese Rücklage mit entsprechender Bezeichnung, ggf. getrennt von der Rücklage 818

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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für eigene Anteile, in der Bilanz auszuweisen, falls sie betragsmäßig ins Gewicht fällt. Der Posten Rücklage für eigene Anteile und für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen ist nach h.M. immer im Anhang zu erläutern. Der bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f; 5 3 9 § 266 Abs. 3 A. III. 3. HGB) geforderte gesonderte Ausweis der satzungsmäßigen Rücklagen erfaßt alle Rücklagen, zu deren Bildung (Dotierung) die Gesellschaft aufgrund des Gesellschaftsvertrages (ihrer Satzung, ihres Statuts) verpflichtet ist; denn der Gesellschaftsvertrag kann im Rahmen der grundsätzlichen Vertragsfreiheit nach Belieben die Verteilung des Bilanzgewinns durch Rücklagenbildung ausschließen (vgl. § 29 Rdn. 6 ff). Dies kann auch auf einer mit satzungsändernder Mehrheit nachträglich herbeigeführten Satzungsänderung beruhen (vgl. Hueck in Baumbacb/Hueck § 29, 8). Satzungsgemäße Rücklagen brauchen keinem besonderen Zweck gewidmet 540 zu sein (freie Rücklagen), obwohl eine Zweckbestimmung in praxi nicht unüblich ist (z.B. Werkerneuerungsrücklage, Rationalisierungsrücklagen u.ä.). Häufig ist eine solche Zweckbestimmung nicht einmal zweckmäßig, da Rücklagen Vermögensteile binden und insoweit eine Ausschüttungssperre herbeiführen. Erfolgten Rücklagendotierungen unter einer Zweckbestimmung, wird von 541 zweckgebundenen Rücklagen gesprochen. Eine satzungsmäßige Rücklagenbildung kann in unterschiedlichen Formen 5 4 2 angeordnet sein: z.B. ,,30% des Jahresüberschusses sind in die Rücklage einzustellen" oder „soweit der Jahresüberschuß ausreicht, sollen sämtliche über eine Dividende von 10% hinausgehenden Beträge in die Rücklage eingestellt werden" oder „über die Bildung von Rücklagen haben die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit zu beschließen". Da dem GmbH-Gesetz Vorschriften über die Auflösung von freiwilligen 5 4 3 Rücklagen fehlen, wären dahingehende gesellschaftsrechtliche Bestimmungen sinnvoll, z.B. freie Rücklagen dürfen nur zur Abdeckung eines Jahresfehlbetrages aufgelöst oder zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden (vgl. auch § 2 Abs. 3 Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln). Eine zweckgebundene Rücklage kann jedenfalls ohne Inanspruchnahme von Fremdmitteln so lange nicht aufgelöst werden, als entsprechendes Vermögen betriebsnotwendig auf der Aktivseite gebunden bleibt (vgl. Goerdeler in Hachenburg § 42, 127) und der Zweck nicht erreicht ist. Bestehen derartige satzungsmäßige Auflagen zur Bildung von Rücklagen, 5 4 4 sind diese bereits in der Bilanz des Abschlußjahres vorzunehmen. Entsprechendes gilt für die Auflösung derartiger Rücklagen (§ 270 Abs. 2 HGB). Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

545

Von den satzungsmäßigen Rücklagen unterscheiden sich die anderen Rücklagen, die immer dann gesondert gezeigt werden müssen, wenn entweder satzungsmäßige Rücklagen, Rücklagen für eigene Anteile oder gesetzliche Rücklagen auszuweisen sind. Andere Rücklagen bilden einen Restposten und umfassen als solche sämtliche nicht gesondert auszuweisenden Rücklagen. Sie werden i.d.R. nicht in der Bilanz des Abschlußjahres vorgenommen, sondern erst in der Folgebilanz gezeigt. Unabhängig davon sind derartige Rücklagenzuführungen bereits in der Darstellung der Ergebnisverwendung auszuweisen (vgl. Rdn. 836). Entsprechendes gilt f ü r die Auflösung derartiger Rücklagen.

546

Die Forderung nach einem gesonderten Ausweis des Postens Gewinnvortrag oder Verlustvortrag in der Bilanz geht auf die Bestimmungen der 4. EG-Richtlinie zurück. Im deutschen Bilanzrecht ist diese Ausweisform neu. Ein gesonderter Ausweis des Ergebnisvortrags aus dem Vorjahr wurde bisher nur in der Gewinn- und Verlustrechnung gefordert (vgl. § 157 Abs. 1 AktG 1965, Posten 29). Der Gewinn- und Verlustvortrag gehört zu den Posten, die in der Darstellung der Ergebnisverwendung (vgl. Rdn. 836) das Jahresergebnis (den Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag) in den Bilanzgewinn/Bilanzverlust überführen (vgl. Rdn. 547). Der gesondert zu zeigende Gewinn- oder Verlustvortrag ist mit dem Betrag in die Bilanz einzustellen, der sich aus der Vorjahresdarstellung der Ergebnisverwendung ergibt. H a t der Vorjahresabschluß nicht mit einem ausgeglichenen Ergebnis geendet, so daß sich eine positive (Gewinnvortrag) oder negative (Verlustvortrag) Restgröße in der Verwendungsrechnung ergab, ist dieser Betrag mit entsprechendem Vorzeichen in die Bilanz des Abschlußjahres zu übernehmen, d.h. bei der Ermittlung des Eigenkapitals als Gesamtbetrag in der Bilanz (vgl. Rechenbeispiel in Rdn. 512) ist der Gewinnvortrag eine positive Größe, er vermehrt das Eigenkapital; der Verlustvortrag (gleichzeitig Bilanzverlust des Vorjahres) ist eine negative Größe, er vermindert das Eigenkapital; ggf. ist die Vorschrift des § 268 Abs. 1 H G B zu beachten.

547

Auf die 4. EG-Richtlinie geht auch der gesonderte Bilanzausweis der Eigenkapitalposten Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag zurück. Diese Ausweisform des von dem Unternehmen erwirtschafteten Jahreserfolges war im deutschen Bilanzrecht bisher nicht vorgesehen. Der Posten Jahresüberschuß/ Jahresfehlbetrag trat bisher nur in der aktienrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung (§ 157 Abs. 1 AktG 1965) als Zwischensumme unter dem dortigen Posten Nr. 28 auf. Jahresüberschuß oder Jahresfehlbetrag ist der Betrag, der sich bei Aufstellung der Bilanz vor der Verwendung des Ergebnisses als Uberschuß der Aktivposten über die Passivposten (Jahresüberschuß) oder als Überschuß der Passiv820

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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posten über die Aktivposten (Jahresfehlbetrag) ergibt (vgl. auch Mellerowicz in Großkomm. § 157, 8). Dieser Posten zeigt somit den im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten Gewinn oder eingetretenen Verlust. Er ist identisch mit der sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung zwischen den Aufwendungen und Erträgen ergebenden Saldogröße (vgl. § 257 Abs. 2 Posten Nr. 20 H G B beim Gesamtkostenverfahren; Abs. 3 Posten Nr. 18 beim Umsatzkostenverfahren (Rdn. 761 f). Diese Saldogröße, d.h. nur ein Jahresüberschuß, ist Grundlage für seine Verteilung (vgl. § 29 Abs. 1, Rdn. 6), ein Jahresüberschuß oder ein -fehlbetrag ist gleichzeitig Ausgangsbasis f ü r die Ergebnisverwendung (vgl. Rdn. 836). Dieses Mehr an Kapital ist Maßstab der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens, sofern er in einer freien Marktwirtschaft erzielt wird (vgl. ebenda). Zum Unterschied von betriebswirtschaftlicher und bilanzrechtlicher Gewinnermittlung vgl.il/oxierBB 82, 1031. Die Bilanz darf auch nach vollständiger oder teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt werden. Wird die Bilanz nach teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt, so tritt an die Stelle der Posten „Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag" und „Gewinnvortrag/Verlustvortrag" der Posten „Bilanzgewinn/Bilanzverlust"; ein vorhandener Gewinn- oder Verlustvortrag ist in den Posten „Bilanzgewinn/Bilanzverlust" einzubeziehen und in der Bilanz oder im Anhang gesondert anzugeben (§ 268 Abs. 1 HGB). f ) Sonderposten mit Rücklageanteil. Die Vorschrift des § 273 H G B hat folgenden Wortlaut: „ D e r Sonderposten mit Rücklageanteil (§ 247 Abs. 3) darf nur insoweit gebildet werden, als das Steuerrecht die Anerkennung des Wertansatzes bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung davon abhängig macht, daß der Sonderposten in der Bilanz gebildet wird. Er ist auf der Passivseite vor den Rückstellungen auszuweisen; die Vorschriften, nach denen er gebildet worden ist, sind in der Bilanz oder im Anhang anzugeben. Der Sonderposten ist nach Maßgabe des Steuerrechts aufzulösen."

Ergänzend heißt es im § 247 Abs. 3 H G B : „Passivposten, die f ü r Zwecke der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag zulässig sind, dürfen in der Bilanz gebildet werden. Sie sind als Sonderposten mit Rücklageanteil auszuweisen und nach Maßgabe des Steuerrechts aufzulösen. Einer Rückstellung bedarf es insoweit nicht."

§281 Abs. 1 H G B lautet: „Die nach § 254 zulässigen Abschreibungen dürfen auch in der Weise vorgenommen werden, daß der Unterschiedsbetrag zwischen der nach § 253 in Verbindung mit § 279 u. der nach § 254 zulässigen Bewertung in den Sonderposten mit Rücklageanteil eingestellt wird. In der Bilanz oder im Anhang sind die Vorschriften anzugeben, nach denen die Wertberichtigung gebildet worden ist. Unbeschadet steuerrechtNiehus/Scholz

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licher Vorschriften über die Auflösung ist die Wertberichtigung insoweit aufzulösen, als die Vermögensgegenstände, für die sie gebildet worden ist, aus dem V e r m ö g e n ausscheiden oder die steuerrechtliche Wertberichtigung durch handelsrechtliche Abschreibungen ersetzt wird."

Und in § 254 H G B steht wiederum: „Abschreibungen können auch v o r g e n o m m e n werden, um V e r m ö g e n s g e g e n stände des Anlage- oder Umlaufvermögens mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der auf einer nur steuerrechtlich zulässigen Abschreibung beruht. § 253 Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden."

Im Sonderposten mit Rücklageanteil ist nach dem H G B nur noch der Ausweis von steuerlichen Wertansätzen zulässig, wenn die „umgekehrte Maßgeblichkeit" (vgl. § 6 Abs. 3 EStG) sie erzwingt (vgl. § 279 Abs. 2 H G B ; vgl. Gö lie rt/Ring ling BB 85, 967). Ein Ansatz in der Steuerbilanz muß also gem. den steuerrechtlichen Vorschriften einen entsprechenden Ansatz in der Handelsbilanz voraussetzen. Dies ist bei der Preissteigerungsrücklage gem. § 74 EStDV nicht der Fall. Sie darf daher nicht mehr in den Sonderposten eingestellt werden. Dies bedeutet eine Abkehr von der sog. Einheitsbilanz: eine Kapitalgesellschaft, die eine Preissteigerungsrücklage bildet, muß eine eigene Steuerbilanz erstellen (vgl. ebenda). Der Sonderposten enthält also künftig zwei Komponenten (vgl. Küting/Weber G m b H R 8 4 , 171; Bolin/Haeger/Zündorf DB 85, 60): (1) Beträge, die aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften nicht bei ihrer Bildung, sondern erst bei ihrer Auflösung zu versteuern sind, die häufig fälschlich als „steuerfreie Rücklage" bezeichnet werden; (2) Beträge, die in der Vergangenheit aktiv als Sonderabschreibungen auf den für Zwecke der Steuern vom Einkommen und Ertrag für zulässig gehaltenen Wert abgesetzt wurden. In der Bilanz wird der Ausweis des Sonderpostens oft untergliedert in Rücklagen nach Steuerrecht und Wertberichtigung nach Steuerrecht dargestellt. Die folgende Übersicht (vgl. Bolin/Haeger/Zündorf a a O 610) zeigt zum einen die Abgrenzung des Sonderpostens mit Rücklageanteil nach altem Recht und neuem Recht und zum anderen die genannten Komponenten dieses Postens:

822

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

Sonderposten

mit

Rücklageanteil

nach § 152 Abs. 5 AktG 1965 Noch nicht versteuerte

Rücklagen

Umgekehrtes Maßgeblichkeitsprinzip gilt nicht

Umgekehrtes Maßgeblichkeitsprinzip gilt, z.B. bei

- Preissteigerungsrücklage § 74 EStDV - Stillegungsrücklage für Steinkohlenbergwerke §§ 3, 4 Ges. ü. stl. Maßn. bei der Stillegung v. Steinkohlenbergwerken vom 11.7. 1967

- Reinvestitionsrücklage § 6b EStG - Sanierungsrücklage § 6d EStG - Ersatzbeschaffungsrücklage Abschn. 35 EStR

Steuerliche Sonderabschreibungen, Bewertungsabschläge aufgrund des umgekehrten Maßgeblichkeitsprinzips, z.B. bei

--§§ 7d EStG ff. - § 1 4 BeriinFG - U 8 0 EStDV ff. Sonderposten

mit

Rücklageanteil

nach § 247 Abs. 3 i.V.m. § 273 HGB

Die Beträge zu (2) brauchen allerdings nicht in den Sonderposten eingestellt zu werden, wenn diese aktivisch gem. § 254 H G B abgeschrieben werden (vgl. §281 Abs. 1 Satz 1 HGB). Werden sie in den Sonderposten eingestellt, werden die stillen Reserven aus steuerrechtlichen Sonderabschreibungen offengelegt (vgl. Göllert BB 84, 1846). Nach § 281 Abs. 2 Satz 2 H G B sind Einstellungen in den Sonderposten mit Rücklageanteil gesondert in dem Posten „sonstige betriebliche Aufwendungen" der Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. Rdn. 803, 845) auszuweisen; Erträge aus der Auflösung des Postens, die ausschließlich nach Maßgabe des Steuerrechts zu erfolgen hat, sind im Posten „sonstige betriebliche Erträge" (vgl. Rdn. 785, 844) gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben. Allen Sonderposten ist gemeinsam, daß durch ihre Bildung bestimmte Ge- 549 winnanteile zunächst der Ertragsbesteuerung entzogen werden. Die Ertragsteuerlast wird i.d.R. jedoch nicht endgültig aufgehoben, sondern nur für eine mehr oder weniger lange Zeit hinausgeschoben. Das gilt nicht nur für diejenigen Wertberichtigungen, die nach Ablauf einer bestimmten Zeit wieder aufgelöst werden müssen oder sich zwangsläufig auflösen (z.B. durch niedrigere Abschreibungsbeträge in den Folgejahren aufgrund von Sonderabschreibungen nach §81 EStDV; Maßnahmen für den Kohlen- und Erzbergbau), sondern auch für solche Rücklagen, die zunächst nur der Übertragung von stillen ReNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

serven auf andere Wirtschaftsgüter dienen (z.B. Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG, Vgl. Rdn. 553). Auch durch diese Rücklagen wird letztlich nur die Ertragsteuerbelastung hinausgeschoben, wenngleich der Zeitpunkt der endgültigen Realisierung und Versteuerung der stillen Reserve in vielen Fällen ungewiß ist. Das gilt insbesondere dann, wenn stille Reserven auf Wirtschaftsgüter übertragen werden, auf die im allgemeinen keine Abschreibungen vorgenommen werden (z.B. Grund und Boden). Wird diese Rücklage dagegen auf ein Wirtschaftsgut übertragen, das der Abnutzung unterliegt, so wird die übertragene Reserve aufgrund der Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des neuen Vermögensgegenstandes bereits vom ersten Jahr an in Höhe der Abschreibungsdifferenz aufgelöst (vgl. auch Rdn. 395). 550

Betriebswirtschaftlich sind die Sonderposten mit Rücklageanteil Mischposten aus Eigen- und Fremdkapital und enthalten Rücklage- und — wegen der Ungewißheit der Besteuerung überhaupt und der Höhe des Steuersatzes — Rückstellungsanteile (vgl. Adler/Düring/Schmaltz % 152, 67).

551

Der Wortlaut des § 273 H G B „darf nur insoweit gebildet werden" könnte für die Bildung dieses Sonderpostens ein Wahlrecht nahelegen. U.E. besteht weder ein handelsrechtliches Wahlrecht noch eine Bilanzierungspflicht. Eine Passivierung ist notwendig, um das gewünschte steuerliche Ziel zu erreichen (s.a. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 70). Letzteres gilt nicht, wenn das Steuerrecht eine Passivierung in der Handelsbilanz nicht voraussetzt, z.B. für die Preissteigerungsrücklage nach § 74 EStDV (vgl. Rdn. 548), daher darf sie in der Handelsbilanz als Sonderposten mit Rücklageanteil nicht mehr gebildet werden. Nach § 270 Abs. 1 Satz 2 H G B sind die Sonderposten unabhängig vom erzielten Jahresergebnis bereits bei der Aufstellung der Bilanz einzustellen bzw. aufzulösen.

552

Die Neuregelung erlaubt zwar einen verbesserten Einblick in die Vermögenslage, da dieser nicht mehr durch die sog. umgekehrte Maßgeblichkeit verzerrt wird, die buchungstechnische Behandlung kann jedoch einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand erfordern (vgl. Bolin/Haeger/Zündorf BB 85, 609 f). Die steuerlichen Sonderabschreibungen müssen, sofern sie in den Sonderposten eingestellt sind, regelmäßig — entsprechend der Behandlung des Vermögensgegenstandes, auf den die Sonderabschreibung vorgenommen wurde — fortgeschrieben werden (§ 281 Abs. 1 Satz 3 HGB), was vielfach eine Nebenbuchhaltung erfordern wird. Zur Darstellung der Zuführungs- und Auflösungsbeträge der umfangreichen Sonderposten könne u.U. ein mit dem Anlagengitter korrespondierendes Schema für den Sonderposten (Wertberichtigungsspiegel) nützlich sein. 824

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Nach dem Stand vom 1. 1. 86 dürfen unter dem Sonderposten mit Rückla- 5 5 3 geanteil folgende in Anspruch genommene steuerliche Vergünstigungen ausgewiesen werden: — Rücklage für Veräußerungsgewinne bei bestimmten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (§ 6b Abs. 3 EStG), — bis zum 31. 12. 86 befristete Rücklage bei Erwerb von Betrieben, deren Fortbestand gefährdet ist (§ 6d EStG), — Rücklage aus Zinssatzänderung für Pensionsrückstellungen (§ 52 Abs. 5 EStG), — Rücklage für Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln (Abschn. 34 Abs. 3 EStR 1984), — Rücklage für Ersatzbeschaffung (Abschn. 35 Abs. 5 EStR 1984), — Rücklage für neue Kraftwerke gemäß § 1 des Gesetzes zur Förderung der Verwendung von Steinkohle in Kraftwerken (BGBl. 65 I, 777) — Rücklage nach dem Zonenrandförderungsgesetz (§ 3 ZRFG) — Rücklage nach dem Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft (BGBl. 69 I, 1214), § 1 bei Überführung bestimmter Wirtschaftsgüter in ausländische Betriebe, § 3 für Verluste ausländischer Tochtergesellschaften, — Rücklage für Kapitalanlagen in Entwicklungsländern (§§ 1, 2 EntwLStG) — Rücklage gemäß § 82 Städtebauförderungsgesetz (BGBl. 711, 1125) i.V.m. § 6b EStG), — Rücklagen für Gewinne durch Vereinigung von Forderungen und Verbindlichkeiten bei Umwandlung von Unternehmen (§ 8 UmwStG 1977), ferner der Importwarenabschlag (§ 80 EStDV), sowie die Sonderabschreibungen nach — § 3 ZRFG (Sonderabschreibungen im Zonenrandgebiet) — §§7, 12 SchutzbauG (erhöhte Absetzung für Schutzbauten) — § 7b EStG (erhöhte Absetzung für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen) — § 7d EStG (erhöhte Absetzungen für Wirtschaftsgüter, die dem Umweltschutz dienen) — § 7e EStG (Bewertungsfreiheit für Fabrikgebäude, Lagerhäuser und landwirtschaftliche Betriebsgebäude) — § 7f EStG (Bewertungsfreiheit für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens privater Krankenhäuser) — § 7g EStG (Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe) Niehus/Scholz

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HGB § § 238-335

Rechnungslegung

— §81 EStDV (Bewertungsfreiheit für bestimmte Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Kohlen- und Erzbergbau) — § 82a EStDV (erhöhte Absetzungen für Herstellungskosten für bestimmte Anlagen und Einrichtungen bei Gebäuden) — § 82d EStDV (Bewertungsfreiheit für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Forschung und Entwicklung dienen) — § 82f EStDV (Bewertungsfreiheit für Handelsschiffe, für Schiffe, die der Seefischerei dienen und für Luftfahrzeuge) — § 82g EStDV (erhöhte Absetzung von Herstellungskosten für bestimmte Baumaßnahmen i.S. des BBauG und des StBFG) — § 8 2i EStDV (erhöhte Absetzung für Herstellungskosten bei Baudenkmälern) — § 14 BerlinFG (erhöhte Absetzung für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens) — § 14a, § 14b BerlinFG (erhöhte Absetzung für Mehrfamilienhäuser) — § 15 BerlinFG (erhöhte Absetzung für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen).

554

g) Rückstellungen. Rückstellungen sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht Passivposten, die die Aufgabe haben, Aufwendungen, die erst in einer späteren Periode zu einer in ihrer Höhe oder ihrem genauen Fälligkeitstermin am Bilanzstichtag noch nicht feststehenden Auszahlung (z.B. Steuerrückstellungen) oder Mindereinzahlungen (z.B. Delkredererückstellungen) führen, der Periode ihrer Verursachung zuzurechnen. Eine bereits feststehende rechtsverbindliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten muß nach dieser Auffassung nicht bestehen, um eine Rückstellung bilden zu können. Es muß lediglich die Wahrscheinlichkeit für eine spätere Inanspruchnahme und somit für eine spätere Ausgabe gegeben sein, deren wirtschaftliche Begründung bereits aus der laufenden Abrechnungsperiode herrührt (vgl. Wöhe 84, 512), (a.A. Jonas DB 86, 393: nicht die wirtschaftliche Betrachtungsweise, sondern die rechtlichen Tatsachen, aus denen sich eine — ungewisse — Verbindlichkeit ableiten lasse, bestimmten die Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten). Demgegenüber definiert Eifler (vgl. 76, 32; zustimmend Menger G m b H R 83, 214) Rückstellungen mit folgenden Merkmalen: Passivposten für Vermögensminderungen, die — Aufwand vergangener Rechnungsperioden darstellen, — durch künftige Handlungen des Unternehmens (Zahlungen, Dienstleistungen oder Eigentumsübertragungen an Sachen und Rechten) entstehen, — nicht den Bilanzansatz bestimmter Aktivposten korrigieren und — sich nicht eindeutig, aber ausreichend genau quantifizieren lassen. 826

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

W ä h r e n d die Eingangsdefinition die A u f w e n d u n g e n des Geschäftsjahres betont, sieht Eifler als Wesensmerkmal der Rückstellungen den A u f w a n d mehrerer vergangener Rechnungsperioden an. Gleichwohl besteht zwischen beiden Definitionen kein sachlicher Unterschied. Im ersten Fall wird die Bildung von Rückstellungen in der Bilanz, im zweiten Fall der Bilanzposten „Rückstellungen" beschrieben, der u.U. in den V o r j a h r e n gebildete Rückstellungen enthalten kann. Die Rückstellung kann als P e n d a n t zur Abschreibung gesehen werden. W ä h r e n d die Rückstellung Ausgaben späterer Perioden als A u f w a n d vorwegnimmt, verteilt die Abschreibung die bereits getätigte Ausgabe als A u f w a n d auf die N u t z u n g s d a u e r des Vermögensgegenstandes. Bei der Rückstellung folgt also die Ausgabe dem A u f w a n d , bei der Abschreibung folgt der A u f w a n d der Ausgabe. Zu den dadurch ausgelösten Finanzierungseffekten der Rückstellung vgl. Grünewald/Pfaff BB 83, 151 ff. Rückstellungen sind also keine Rücklagen (vgl. Rdn. 516 ff), keine Verbindlichkeiten (vgl. Rdn. 613 ff), keine Wertberichtigungen (nach Steuerrecht; vgl. Rdn. 548) und keine passiven Rechnungsabgrenzungsposten (vgl. Rdn. 628), obwohl ihre A b g r e n z u n g zu diesen passiven Bilanzposten in praxi mitunter Schwierigkeiten bereiten kann. Dieser Rückstellungsdefinition hat sich der Handelsgesetzgeber zur Formulierung der Bilanzierungsvorschrift f ü r Rückstellungen jedoch nicht unrelativiert bedient. D e r Inhalt des Bilanzpostens Rückstellungen, deutsches Bilanzrecht (§ 152 Abs. 7 A k t G 1965) als in Art. 20 der 4. EG-Richtlinie zurückgeht, wird Vorschrift des § 249 Abs. 1 und 2 H G B wie folgt

der sowohl auf bisheriges auch auf die Bestimmungen im wesentlichen durch die bestimmt:

„(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für l.im Geschäftsjahr unterlassene A u f w e n d u n g e n für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, 2.Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtungen erbracht werden. Rückstellungen dürfen für unterlassene A u f w e n d u n g e n für Instandhaltung auch gebildet werden, wenn die Instandhaltung nach Ablauf der Frist nach Satz 2 Nr. 1 innerhalb des Geschäftsjahres nachgeholt wird. (2) Rückstellungen dürfen außerdem für ihrer Eigenart nach genau umschriebene, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende A u f w e n d u n g e n gebildet werden, die am Abschlußstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer H ö h e oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind." Niehus/Scholz

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555

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5 556

Rechnungslegung

Aus diesen Normen lassen sich folgende Rückstellungstatbestände ableiten (vgl. Giese DB 81, 537): (1) Rückstellungen mit Verpflichtungscharakter gegenüber Dritten (a) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, (b) Rückstellungen f ü r drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (Verlustrückstellungen), (c) Rückstellungen für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden. (2) Rückstellungen ohne Verpflichtungscharakter gegenüber Dritten (Aufwandsrückstellungen) als Rückstellungen f ü r Wertminderungen aus der Nutzung bestimmter Vermögensgegenstände — jedoch begrenzt durch § 249 Abs. 1 Nr. 1 H G B — mit der Ausnahme, daß zusätzlich eine Rückstellung f ü r die Gewährleistung der Betriebsfähigkeit vorhandener Anlagegüter angesetzt werden darf.

557

Da der Gesetzgeber Rückstellungen f ü r Aufwendungen somit nur in den vorgenannten Fällen zuläßt, könnte man aus Sicht der dynamischen Bilanztheorie darin einen unvollständigen Aufwandsausweis sehen, während aus statischer Sicht unzulässige Aufwendungen ausgewiesen werden (vgl. Weber DB 72, 2314). Durch die Zulassung der in § 249 Abs. 2 H G B normierten Aufwandsrückstellung wird der Rückstellungsbegriff ausgeweitet, „so daß die Gefahr besteht, daß der Rückstellungsbegriff Rücklagecharakter erhält und deshalb eine klare Abgrenzung zur Rücklage nicht mehr möglich ist" (Entschließung des Europäischen Parlaments 75, 221).

558

Betriebswirtschaftlich sollen die Rückstellungen aus dynamischer Sicht das Periodenergebnis zutreffend ermitteln, aus statischer Sicht die Schuldendekkung kontrollieren. Die dynamischen und statischen Bilanztheorien führen zu unterschiedlichen Rückstellungsdefinitionen. Durch die erweiterte Zulassung von Aufwandsrückstellungen neben den Verbindlichkeitsrückstellungen wurde das dynamische Element stärker im Gesetz betont (vgl. Menger G m b H R 83, 214 f). Da Einstellungen in die Rückstellungen den Gewinn mindern, aber nicht zu einem sofortigen Zahlungsmittelabfluß führen, erhöhen sie die Liquidität; der Rückstellung kommt somit auch eine Finanzierungsfunktion zu. Zu den Finanzierungseffekten der Rückstellungen vgl. insbesondere Grünewald/Pfaffm 83, 151 ff. 559 Konkret haben große und mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) unter dem Posten Passivseite B. Rückstellungen gemäß § 266 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 266 Abs. 3 und § 274 Abs. 1 Satz 1 H G B (zum gesonderten Ausweis der Steuerabgrenzung siehe auch unten) folgende Rückstellungsarten auszuweisen, wenn eine Gesellschaft alle gesetzlich zulässigen Rückstellungen auszuweisen hat: 828

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen (vgl. Rdn. 562 ff), 2. Steuerrückstellungen (vgl. Rdn. 572), 3. Rückstellungen aus der Steuerabgrenzung (vgl. Rdn. 574 ff), 4. Sonstige Rückstellungen (vgl. Rdn. 583 ff). Dieser Katalog dient zwei Zwecken. Erstens bestimmt er, wofür Rückstellungen überhaupt gebildet werden dürfen, zweitens soll mit ihm zum Ausdruck gebracht werden, daß für andere als die bezeichneten Zwecke Rückstellungen nicht gebildet werden dürfen (§249 Abs. 3 Satz 1 HGB); m.a.W., die Rückstellungszwecke sind vom Gesetzgeber abschließend und gegenüber der eingangs angeführten Rückstellungsdefinition einschränkend geregelt. Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) brauchen lediglich die Rückstellungen für Steuerabgrenzung gesondert auszuweisen (§§ 266 Abs. 1 Satz 3 HGB, 274 Abs. 1 Satz 1 HGB). Anstelle eines gesonderten Ausweises dieser Rückstellung in der Bilanz können alle Kapitalgesellschaften hierzu auch Angaben im Anhang machen. Rückstellungen sind — wenn sie bilanziert werden — unabhängig davon, ob 560 ein Jahresüberschuß oder ein Jahresfehlbetrag erzielt worden ist, bereits in der Bilanz vorzunehmen. Sie dürfen i.d.R. nicht deshalb unterbleiben, weil ausreichende stille Reserven zur Deckung des Rückstellungsbedarfs vorhanden sind oder weil ggf. gleichwertige Rückgriffsrechte bestehen (vgl. W P - H a n d buch 85/86 I, 629). Das in der Vorschrift des § 249 Abs. 3 H G B zum Ausdruck kommende 561 Rückstellungsverbot bezieht sich insbesondere auf folgende Tatbestände, die zusammen mit den in der Rdn. 559 aufgeführten Tatbeständen einen vollständigen Katalog der nach den Bestimmungen der 4. EG-Richtlinie möglichen Rückstellungssachverhalte bilden: (a) Rückstellungen für drohende Verluste aus Geschäften, die aber noch nicht als schwebende Geschäfte konkretisiert sind, (b) Rückstellungen für Wertminderungen aus der Nutzung bestimmter Vermögensgegenstände, soweit sie über die unter Nr. 2 des Katalogs der Rdn. 556 (Aufwandsrückstellungen) hinausgehen, (c) Rückstellungen für gesamtvermögensbezogene Wertminderung, (vgl. Giese DB 81, 537). Rückstellungen für „Selbst"-Versicherung und Schadensausgleich, für unterlassenen Forschungs- und Reklameaufwand, für eine beabsichtigte Geschäftsverlegung, für Organisationsaufwand, für Mitarbeiterausbildung, für das allgemeine Unternehmerwagnis (z.B. Import-, Export-, Produktions-, Forschungs- und Entwicklungsrisiko) etc. sind also handelsrechtlich unzulässig. Niehus/Scholz

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HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

562

Pensionszusagen sind nach dem Inkrafttreten des neuen H G B erstmals grundsätzlich passivierungspflichtig. Diese Rückstellungspflicht ergibt sich aus der allgemeinen Rückstellungsverpflichtung f ü r ungewisse Verbindlichkeiten (vgl. Rdn. 584; Ausschußbericht, 98). Sie sind gem. §226 Abs. 3 Β. 1. H G B in dem Posten „Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen" auszuweisen. Z u r Erleichterung des Ubergangs braucht gem. Art. 28 Abs. 1 E i n f G H G B f ü r eine laufende Pension oder eine Anwartschaft auf eine Pension aufgrund einer unmittelbaren Zusage eine Rückstellung nicht gebildet zu werden, wenn der Pensionsberechtigte seinen Rechtsanspruch vor dem 1 . 1 . 1987 erworben hat oder ein sich vor diesem Zeitpunkt erworbener Rechtsanspruch nach dem 31. 12. 1986 erhöht. Für eine mittelbare Verpflichtung aus einer Zusage f ü r eine laufende Pension o d e r eine Anwartschaft auf eine Pension sowie f ü r eine ähnliche unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung braucht eine Rückstellung auf keinen Fall gebildet zu werden. Insoweit ist es u n z u t r e f f e n d , Art. 28 EinfG H G B als eine Übergangsvorschrift zu bezeichnen, wie dies der Gesetzestext in der Abschnittsüberschrift zu den Art. 23 bis 28 E i n f G H G B tut (vgl. Havermann BFuP 86, 120).

563

Bei der unmittelbaren Zusage einer Pension treffen die Rechtsfolgen aus dieser Verpflichtung den Arbeitgeber selbst, während bei der mittelbaren Verpflichtung nicht der Arbeitgeber, der die Pension i.d.R. versprochen hat, sondern ein Dritter bei Eintritt des Versorgungsfalles Leistungen in bestimmter H ö h e an den Versorgungsberechtigten zu erbringen hat (vgl. Ahrend/Förster/ Rößler D B Beilage 10/86, 4 f). Dritte in diesem Sinne können Unterstützungskassen, Pensionskassen oder Direktversicherungen sein (vgl. Ahrend/Förster/ Rößler a a O 2). Die Passivierungspflicht ist auf neue Zusagen beschränkt w o r den, um nicht in bestehende Vertragsverhältnisse einzugreifen (vgl. Erl. z u m Gesetzesentw. vom 1. 8. 85, 29). Für alte Zusagen besteht das Wahlrecht fort. Das gleiche gilt auch f ü r die E r h ö h u n g bestehender Zusagen (vgl. Ausschußbericht, 150). Wird aus einer mittelbaren Zusage durch Auflösung der Unterstützungskasse nach dem 31. 12. 86 eine unmittelbare Pensionsverpflichtung des Arbeitgebers begründet, so wird rechtlich zwar ein neuer Anspruch nach dem 31. 12. 86 begründet, wirtschaftlich gesehen ist das nicht der Fall. Deshalb bleibt u.E. bei einem Wechsel des D u r c h f ü h r u n g s w e g e s der Altersversorgung das Passivierungswahlrecht bestehen (vgl. Abrend/Förster/Rößler a a O 7).

564

Bislang bestand ein uneingeschränktes Ansatzwahlrecht, das auf das B G H Urteil vom 27. 2. 61 zurückging. Darin w u r d e entschieden, daß f ü r Pensionsanwartschaften und laufende Pensionen keine Passivierungspflicht, sondern ein -Wahlrecht besteht. Die Auswirkungen des Bilanzrichtlinen-Gesetzes auf die betriebliche Altersversorgung werden an folgenden Beispielen verdeutlicht (vgl. Ahrend/Förster/RößlerDB Beilage 10/86, 11): 830

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

Auswirkungen des Bilanzrichtlinen-Gesetzes auf die betriebliche Altersversorgung Inkrafttreten 1. Januar 1986

Steuerrechtlich besteht auch nach Inkrafttreten des neuen H G B das Passivierungswahlrecht (§ 6a EStG) fort (vgl. Ahrend/Förster/Rößler aaO 10). Aus betriebswirtschaftlicher Sicht und wegen der Generalklausel des § 264 Abs. 2 H G B (vgl. Rdn. 108) ist die Einführung der Passivierungspflicht derartiger Rückstellungen zu begrüßen. Was unter einer „pensionsähnlichen Verpflichtung" zu verstehen ist, läßt 5 6 5 sich aus der Gesetzesbegründung nicht entnehmen (vgl. zu den folgenden Niehus/Scholz

831

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

Ausführungen Ahrend/Förster/Rößler a a O 6). Diese Auslegungsfrage hat jedoch erhebliche Bedeutung f ü r die Praxis, weil die grundsätzlich bestehende Passivierungspflicht f ü r ungewisse Verbindlichkeiten (vgl. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EinfG H G B eingeschränkt wird. Da durch die Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Pensionsverpflichtungen in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EinfG H G B sämtliche direkt vom Arbeitgeber und die über einen Dritten zugesagten Pensionsleistungen erfaßt werden, sind die beim Arbeitgeber verbleibenden Verpflichtungen aus Unterstützungskassenzusagen als mittelbare Pensionsverpflichtungen anzusehen. Folglich können diese nicht mehr unter das gesetzliche Merkmal der „ähnlichen Verpflichtung" fallen (a.A. Siegel DB 85, 1033). Die „ähnlichen Verpflichtungen" müssen also andere Leistungen des Arbeitgebers beschreiben, die versorgungsähnlichen Charakter haben. Hierunter fallen insbesondere Leistungen mit Fürsorgecharakter, wie z.B. die typischerweise von einer Unterstützungskasse in Aussicht gestellten sog. nicht lebenslänglich laufenden Leistungen bzw. Leistungen von Fall zu Fall. Auch Schadensersatzansprüche der Versorgungsempfänger bei unterlassenen Beitragszahlungen an Versicherungen und Pensionskassen sollten den „ähnlichen Verpflichtungen" subsumiert werden. Auch Zusagen auf Ubergangsgelder oder Vorruhestandsgelder, die bis zum Eintritt des Versorgungsfalles gezahlt werden, sind den Pensionsverpflichtungen ähnlich, weil der Verpflichtungsumfang ebenfalls vom Lebensschicksal des Berechtigten abhängig ist (a.A. Siegel aaO). Schließlich dürften auch Jubiläumszahlungen und Treueprämien hierunter fallen, da sie ihrer Entstehung nach ebenfalls Entgelt f ü r erwiesene Betriebstreue darstellen. In der Praxis haben sich bisher noch keine einheitlichen Auslegungsgrundsätze zur Frage der ähnlichen Verpflichtungen durchgesetzt. 566

Als Pensionsverpflichungen sind die durch rechtsverbindliche Zusagen eines Ruhegeldes f ü r die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst entstandenen Pensionsverpflichtungen (vgl. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E k kard/Kropff § 152, 64 ff) sowie die Verpflichtung zur Anpassung der zukünftigen Versorgungsleistungen aufgrund der Bestimmungen des Gesetzes zur betrieblichen Altersversorgung und der dazu ergangenen Rechtsprechung rückstellungspflichtig, soweit diese Verpflichtung bereits quantifizierbar ist (vgl. Jonas 80, 112m.w.N.). Darüber hinaus bestehen keine Bedenken, in den Posten nicht nur wiederkehrende, sondern auch einmalige Leistungen für den Versorgungsfall, wie ein Sterbegeld oder Beihilfen im Krankheitsfall, einzubeziehen (vgl. Kropff aaO § 152, 69).

567

Soweit die Altersversorgung über besondere Rechtsträger, insbesondere Unterstützungskassen, geregelt ist, besteht grundsätzlich keine Notwendigkeit zur Bildung von Rückstellungen. Hinzuweisen ist aber auf das BAG-Urteil BB 73, 1308, wonach der Arbeitgeber verpflichtet ist, eine mit seiner Zustim832

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

mung errichtete Unterstützungskasse so zu dotieren, daß sie die in Aussicht gestellten Leistungen erbringen kann. Es besteht daher handelsrechtlich zumindest eine Verpflichtung, für einen „Fehlbetrag" der Unterstützungskasse Rückstellungen in der Bilanz des ggf. verpflichteten Unternehmens zu bilden (Rückstellung für die Subsidiärhaftung; vgl. entsprechend W P - H a n d b u c h 85/86 I, 632 m.w.N. zur alten Rechtslage als Wahlrecht). Wird die Altersversorgung über eine Versicherung gewährt, so ist bei einer 5 6 8 Unterversicherung der Differenzbetrag zwischen der zugesagten und versicherten Leistung als eigene unmittelbare Pensionszusage des Arbeitgebers passivierungspflichtig. Man wird in diesem Fall von einer gemischten Finanzierung ausgehen müssen (vgl. Ahrend/Förster/Rößler aaO 6). Soweit Rückdeckungsversicherungen für Pensionszusagen abgeschlossen 5 6 9 worden sind, ist der f ü r die Versicherungen zu aktivierende Betrag auf der Aktivseite unter den sonstigen Vermögensgegenständen (vgl. Rdn. 485) auszuweisen; eine Saldierung mit den Pensionsverpflichtungen ist unzulässig (vgl. Α die r/Dü ή ng/Schmaltz § 152, 162a). Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen haben mit- 5 7 0 telgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) gesondert auszuweisen (§ 266 Abs. 3 Β. 1 HGB). Zur Behandlung von Pensionsverpflichtungen vgl. auch Siegel BB 85, 1033 f. Im Gegensatz zur bisher geltenden Rechtslage, die auf dem Aktiengesetz 571 1965 basierte, ist nach Art. 28 Abs. 2 EinfG H G B der Betrag, der f ü r Pensionen- und ähnliche Verpflichtungen zurückzustellen wäre, aber nicht passiviert worden ist, im Anhang (vgl. Rdn. 846 ff) in einem Betrag anzugeben. Da nur für Pensionsverpflichtungen, die erst ab dem 1. 1. 87 eingegangen werden, Rückstellungen gebildet werden müssen (Art. 28 Abs. 1 EinfG HGB), würde ein Teil der Verpflichtungen dem Abschlußinteressenten unbekannt bleiben. Dies widerspräche dem in der Generalklausel des § 264 Abs. 2 Satz 1 H G B aufgestellten Gebot, wonach der Jahresabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft (vgl. Rdn. 108 ff) zu vermitteln hat. Der gesonderte Ausweis von Steuerrückstellungen wird nur von mittelgro- 5 7 2 ßen und großen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) gemäß § 266 Abs. 3 B. 2. H G B gefordert. An anderer Stelle wird dieser Begriff im Gesetz weder erwähnt, noch enthält er eine Beschreibung des Posteninhalts; gesetzlich erfaßt wird diese Rückstellungsart nur in den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Unter den Steuerrückstellungen sind Rückstellungen f ü r die Steuern auszuweisen, f ü r die die Gesellschaft Steuerschuldner ist (vgl. Rdn. 820 ff). Auszuweisen sind die Steuern und Abgaben, die bis zum Ende des Geschäftsjahres wirtschaftlich oder rechtlich entstanden sind und am Bilanzstichtag geschuldet werden; dies ist nach den Normen des Steuerrechts zu beurteilen. Niehus/Scholz

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

573

Zu den notwendigen Steuerrückstellungen gehört das Steuerrisiko, das erfahrungsgemäß aus Betriebsprüfungen resultiert und durch eine entsprechende Rückstellung abgedeckt wird (steuerlich nicht anerkannt, vgl. BFH v. 13. 1. 1966, BStBl. III, 189). Es bestehen keine Bedenken, den dafür vorgesehenen Rückstellungsbedarf in die allgemeine Steuerrückstellung einzubeziehen oder in einer Rückstellung für allgemeine Risiken zu erfassen, wenn der Betrag begründet ist. Gewerbesteuer darf den Gewinn eines Geschäftsjahres auch dann voll mindern, wenn das Geschäftsjahr vom Kalenderjahr (Erhebungszeitraum) abweicht (Wahlrecht, vgl. WPg. 65, 575). Bei der Berechnung der Körperschaftssteuerrückstellung ist von dem Ergebnis auszugehen, das den Gesellschaftern zur Beschlußfassung über die Verwendung des Ergebnisses vorgelegt wird (vgl. § 42a Rdn. 5 f; s.a. § 29 Rdn. 9 ff). Rechtsbeständig veranlagte Steuern sind nicht in diesem Posten, sondern als Steuerverbindlichkeiten unter den sonstigen Verbindlichkeiten (vgl. Rdn. 626) auszuweisen.

574

Nach § 274 Abs. 1 H G B ist bei einem zu niedrig ausgewiesenen Steueraufwand in Höhe der voraussichtlichen Steuerbelastung nachfolgender Geschäftsjahre eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 H G B zu bilden und gesondert auszuweisen. Die Bildung dieser Rückstellung, auch Rückstellung für latente Steuern oder Rückstellung zur Steuerabgrenzung genannt, wird begründet durch ein unterschiedliches Ergebnis zwischen Handels- und Steuerbilanz. A.A. Siegel BB 84, 1911, 1915, wonach die materielle Rechtfertigung der Passivierung darin zu sehen sei, daß der Buchwert eines Aktivpostens nicht ohne Schmälerung durch Gewinnsteuern reduziert werden könne, weil er in der Steuerbilanz niedriger angesetzt sei (zum Ziel des Ausweises der latenten Steuern vgl. Rdn. 352). Der Steueraufwand des Geschäftsjahres und früherer Geschäftsjahre wird nach h.M. bei einer Gesamtbetrachtung in bezug auf den Handelsbilanzgewinn als zu niedrig angesehen, weil eine Steuerverlagerung in zukünftige Perioden durch nur bei der steuerlichen Gewinnermittlung berücksichtigte Vergünstigungen zustande kommt. Durch die Rückstellung wird der Steueraufwand des Geschäftsjahres in der Handelsbilanz entsprechend erhöht.

575

Demgemäß ist die Bildung von Rückstellungen an die Erfüllung folgender Voraussetzungen gebunden (vgl. Siegel BB 84, 1909): (1) Höhere Aktivierung oder niedrigere Passivierung in der Handelsbilanz mit der Folge eines aus der Sicht der Handelsbilanz zu niedrigen Steueraufwands; (2) voraussichtlicher Ausgleich des Steuerminderaufwands durch späteren Steuermehraufwand. 834

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Die zur aktiven Steuerabgrenzung gemachten Ausführungen gelten entsprechend (vgl. Rdn. 351 ff). Dagegen setzt die passivische Steuerrückstellung nach h.M. keine tatsächlich erwartete Steuerzahlung voraus (vgl. Harms/Küting BB 85, 94 ff m.w. umfangreichen Nachw. auf die Lit.). So aber Siegel BB 84, 1909 u.a. unter Berufung auf den Wortlaut des § 274 Abs. 2 HGB, wonach eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 H G B zu bilden sei, die Verbindlichkeitscharakter habe. Die Steuerrückstellung ist bspw. auszuweisen bei der Bildung einer Preis- 576 steigerungsrücklage (vgl. Rdn. 548, 551) nach § 74 EStDV in der Steuerbilanz, für deren Ansatz in der Handelsbilanz kein Raum ist. Die Inanspruchnahme dieser Steuervergünstigung, die sich im Geschäftsjahr der Berücksichtigung als Steuerverlagerung (vorübergehende Steuerersparnis) auswirkt, führt in einem oder mehreren zukünftigen Geschäftsjahren bei entsprechender Ertragslage zu Steuerzahlungen. Diese künftigen Ausgaben, die Verbindlichkeitscharakter haben, sind also durch unternehmerisches Handeln im Geschäftsjahr verursacht und rückstellungspflichtig. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß die Entstehung der zukünftigen Ausgaben noch weitere Handlungsakte der Gesellschaft voraussetzt, z.B. die Auflösung der Rücklage (vgl. Giese 81, 537 ff). Nach herrschender Meinung sind auch bisher schon derartige Rückstellungen zu bilden gewesen (vgl. u.a. WP-Handbuch 85/86 1,547). Daneben müßten z.B. nach h.M. noch in folgenden Fällen latente Steuern passiviert werden:

577

— Aktivierung von Ingangsetzungs- bzw. Erweiterungsaufwendungen des Geschäftsbetriebs (a.A. Siegel BB 84, 1911 f), — Bewertung nach Fifo bei steigenden Preisen (vgl. Harms/Kiiting BB 82, 840), — Zuschreibungen bei abnutzbaren Anlagegütern (vgl. Siegel BB 84, 1912), — höhere steuerrechtliche AfA für Gebäude nach § 7 Abs. 5 EStG (Abschreibung nach fallenden. Staffelsätzen) als planmäßige handelsrechtliche Abschreibungen nach § 253 Abs. 2HGB, — höhere Aktivierungen von Fremdkapitalzinsen in der Handelsbilanz (vgl. Siegel BB 84, 1910, 1913). Da ein voraussichtlicher Ausgleich des Steuerminderaufwands durch späte- 578 ren Steuermehraufwand bei zeitlich unbegrenzten Differenzen oder auch bei den sog. quasi permanenten Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz nicht möglich ist, erübrigt sich ein Ausweis latenter Steuern in diesen Fällen (vgl. Rdn. 355; Kugel/Müller^/Pg. 86, 212). Zur Bestimmung der latenten Steuern hat der Gesetzgeber keine konkrete 579 Berechnungsmethode vorgegeben (vgl. Harms/Küting BB 82, 843). In der Literatur werden zwei Methoden, die sog. Deferral-Methode und die sog. LiabiNiehus/Scholz

835

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

lity-Methode, diskutiert. Während die Deferral-Methode der dynamischen Betrachtungsweise, der periodengerechten Steuerabgrenzung, Rechnung trägt, basiert die Liability-Methode auf der statischen Betrachtungsweise und ist in der Rückstellung für latente Steuer als voraussichtliche Steuerschuld zu erfassen. Bei der Wahl des Steuersatzes wird i.d.R. von einem Spitzensteuersatz von 56% Körperschaftsteuer für einbehaltene Gewinne auszugehen sein (vgl. jedoch auch Rdn. 356). 580 Die Verbuchung von latenten Steuern sei an folgendem Beispiel (vgl. Harms/Küting a a O 842) auf der Basis der Deferral-Methode gezeigt; dabei wird von einer Aktivierung von Ingangsetzungskosten i.H.v. D M 500 in der Handelsbilanz ausgegangen: Sachverhalt 1. Steuerbilanz - Gewinn vor Körperschaftsteuer

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2. Handelsbilanz - Gewinn I vor Körperschaftsteuer

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- Anlaufkosten - Aktivierung

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- Abschreibung

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100

100

100

100

500

1400

900

900

900

900

5000

- Körperschaftsteuer lt. Steuerbilanz

560

560

560

560

560

2800

- Körperschaftsteuer lt. Handelsbilanz

784

504

504

504

504

2800

- Gewinn Π vor Körperschaftsteuer

- Latente Steuern

+224 - 56 - 56 - 56 - 56

- Gewinn nach Körperschaftsteuer

616

396

396

396

396

-

2200

In ti sind „latente Steueraufwendungen 224 an Rückstellungen für latente Steuern 224" als Differenz zwischen dem fiktiven und dem tatsächlichen Steueraufwand zu buchen. In den Perioden t2—t5 ist die Rückstellung jeweils durch Buchung von „Rückstellungen für latente Steuern 56 an latenten Steueraufwand 56" aufzulösen, da die tatsächlichen Steuern nunmehr die fiktiven Steuern übersteigen (vgl. Harms/Küting BB 82, 843). 581

Gem. § 274 Abs. 1 Satz 2 H G B ist die Rückstellung den allgemeinen Grundsätzen entsprechend aufzulösen, wenn die höheren Steuern gezahlt werden oder mit entsprechenden Zahlungen nicht mehr zu rechnen ist. Mit Zahlungen ist nicht mehr zu rechnen, wenn sich Entwicklungen in dem Unter836

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

nehmen abzeichnen, die die Verpflichtung zur Zahlung von höheren Steuern gegenstandslos werden lassen. Ein passiver latenter Steuerabgrenzungsposten ist also z.B. nicht aufzulösen, wenn in der Steuerbilanz kein Gewinn ausgewiesen wird bzw. ein erzielter Gewinn durch einen Verlustvortrag neutralisiert wird und gleichzeitig in Zukunft Gewinne in solcher H ö h e erwartet werden können, daß eine Steuermehr- bzw. -minderbelastung eintreten kann. Werden keine tatsächlichen Steuerzahlungen erwartet, ist der passive Steuerabgrenzungsposten aufzulösen. Die subjektive Einschätzung des Bilanzierenden über die zukünftige Gewinnentwicklung ist also maßgeblich f ü r die Auflösung bzw. Fortführung einer bestehenden Rückstellung für latente Steuern (vgl. Kugel/Müller WPg. 86, 216 f). Eine nach § 274 Abs. 1 H G B zu bildende Rückstellung darf auch mit Beträ- 582 gen verrechnet werden, die aus einem im Geschäftsjahr zu hoch ausgewiesenen Steueraufwand resultieren, da es f ü r die Frage, ob ein Aktivposten als Bilanzierungshilfe (vgl. Rdn. 196) oder eine Steuerrückstellung gebildet wird, auf eine Gesamtbetrachtung mehrerer Geschäftsperioden ankommt (vgl. Rdn. 354; vgl. Erl. zum Gesetzesentw. vom 1. 8. 85, 44). Den „sonstigen Rückstellungen" sind als Restposten sämtliche Rückstel- 583 lungen zu subsumieren, die nicht gesondert auszuweisen sind. Dazu gehören namentlich die Rückstellungen f ü r ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, aber nunmehr auch Rückstellungen f ü r unterlassene Aufwendungen f ü r Instandhaltung und Abraumbeseitigung (vgl. Rdn. 593 ff); ebenso gehören hierher die Rückstellungen für Gewährleistungen (vgl. Rdn. 601 ff) und für bestimmte Aufwendungen (vgl. Rdn. 604). Es besteht grds. Passivierungspflicht. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten werden einerseits durch 584 den Schuldcharakter, andererseits durch die Ungewißheit über das Bestehen, Entstehen oder die H ö h e der Verbindlichkeit bestimmt. Auch die Ungewißheit, welcher Person gegenüber die Verbindlichkeit besteht, kann eine Rückstellung rechtfertigen (vgl. Jonas DB 86, 338). Wesentlich für den Schuldcharakter ist, daß eine Verpflichtung gegenüber 585 Dritten vorliegt oder wenigstens das Vorliegen einer Verpflichtung bei sorgfältiger Abwägung aller bekannten Umstände nicht verneint werden kann, also wahrscheinlich ist, vgl. Art. 20 Abs. 1 der 4. EG-Richtlinie. Der Schuldcharakter liegt eindeutig vor, wenn die Verpflichtung rechtlich bereits entstanden ist. Aber auch rechtlich noch nicht entstandene Verbindlichkeiten können zur Bildung von Rückstellungen f ü r ungewisse Verbindlichkeiten führen, wenn die Ursache für eine später erst entstehende Verbindlichkeit vor dem Bilanzstichtag liegt. Für den Begriff „Verbindlichkeit" gilt also die wirtschaftliche Betrachtungsweise (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 110). Diese Auffassung realisiert auch die Pflicht zu einer strengen Aufwandsabgrenzung (,,acNiehus/Scholz

837

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

cruals principle") aus Art. 31 Abs. 1 d) der 4. EG-Richtlinie, von der die Bilanzierung nach dem H G B geprägt ist (vgl. Niehus UEC-Journal 79, 419 ff). Als Verbindlichkeit kommen nicht nur Geldschuldverhältnisse, sondern auch Leistungsverpflichtungen in Betracht (vgl. $ 241 Satz 1 BGB), z.B. ist für im voraus vereinnahmte Treuhandgebühren, aufgrund deren noch nicht endgültig feststehende Leistungen zu erbringen sind, eine Rückstellung zu bilden. 586

Ungewißheit bedeutet, daß der zu klärende Sachverhalt (Höhe, Bestehen oder Entstehen einer Verbindlichkeit) nicht abschließend beurteilt werden kann. Nicht jede irgendwie denkbare Möglichkeit des Bestehens oder Entstehens einer Verbindlichkeit erfüllt den Tatbestand der Ungewißheit, sondern es müssen vernünftige Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß eine Inanspruchnahme der Gesellschaft erfolgen kann. Gleiches gilt f ü r die ungewisse H ö h e einer Verbindlichkeit. Auch kommt nicht jeder denkbare Betrag in Betracht, sondern nur der bei sorgfältiger kaufmännischer Beurteilung notwendige. In diesem Rahmen entscheidet dann das Ermessen des Kaufmanns über die H ö h e der Rückstellung (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 152, 115).

587

Konkret sind unter Beachtung der oben angeführten Grundsätze als Rückstellungen f ü r ungewisse Verbindlichkeiten unter den anderen Rückstellungen u.a. auszuweisen: (a) Rückstellungen f ü r Provisionen, Gratifikationen, Tantiemen, Gewinnbeteiligung, (b) Rückstellungen f ü r Zuweisungen zu Unterstützungskassen, (c) Rückstellungen für Jahresabschluß- und Prüfungskosten (ggf. Aufstellung und Prüfung des Konzernabschlusses) sowie Kosten der Gesellschafterversammlung, des Geschäftsberichts und sonstige durch den Jahresabschluß verursachte Kosten, (d) Rückstellungen f ü r Heimfallverpflichtungen, (e) Rückstellungen für Boni und Rabatte, (f) Rückstellungen aus Verpflichtungen zur Rekultivierung und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gepachteter Anlagen, (g) Rückstellungen f ü r rückständigen Urlaub, (h) Rückstellungen f ü r Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter und ähnliche Leistungen, (i) Rückstellungen f ü r Prozeßrisiken, (j) Rückstellungen für Patent-, Markenzeichenverletzungen, (k) Rückstellungen f ü r Garantieverpflichtungen, (1) Rückstellungen für die Inanspruchnahme aus dem Wechselobligo, (m) Rückstellungen für Bergschäden, (n) Rückstellungen f ü r Berufsgenossenschaftsbeiträge, (o) Rückstellungen f ü r drohende Verpflichtungen zur Verlustabdeckung bei Vorliegen von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen, (p) Rückstellungen f ü r Kosten der betrieblichen Berufsausbildung, 838

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

(q) Rückstellungen für Dekontaminierungskosten, (r) Rückstellungen für ungewisse Risiken, (s) Rückstellungen für Gruben- und Schachtversatz, (t) Rückstellungen für die Inanspruchnahme aus Bürgschaften, (u) Rückstellungen aus Gewährleistungsverträgen, (v) Rückstellungen aus Sozialplanverpflichtungen. (vgl. hierzu u.a. WP-Handbuch 85/86 I, 636 ff m.w.N.). Während Rückstellungen für Ausgleichsansprüche des Handelsvertreters handelsrechtlich zulässig sind (vgl. BGH BB 66, 916), hat der BFH bisher in ständiger Rechtsprechung (vgl. BStBl. 83 II, 375) ihre Zulässigkeit in der Steuerbilanz mangels Konkretisierbarkeit der Ansprüche abgelehnt. Aufgrund einer Entscheidung des FG Düsseldorf (vgl. EFG 80, 431) wird er sich erneut mit dieser Frage beschäftigen (vgl. Oswald OStK 81, 315). Rückstellungen für Garantieverpflichtungen dürfen wahlweise als Einzel- oder Pauschalrückstellungen gebildet werden (vgl. BFH BB 84, 11); für Haftpflichtverbindlichkeiten dürfen dagegen grundsätzlich keine Pauschalrückstellungen gebildet werden, es sei denn, diese Verpflichtungen bestehen gegenüber Vertragspartnern (vgl. Scharpf DStR 85, 173). Rückstellungen für unbelastetes verwendbares Eigenkapital sind als Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, soweit mit der KSt-erhöhenden Verwendung von EK01—EK03, z.B. für Gewinnausschüttungen, in absehbarer Zeit gerechnet werden muß (vgl. Selchert BB 82, 412). Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften galten 5 8 8 nach h.M. vor dem AktG 1965 als Unterfall der Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (vgl. BFH DB 83, 861; Sarx 85, 94); sie nahmen entsprechend dem Imparitätsprinzip (vgl. Rdn. 191 f) erst künftig eintretende Verluste vorweg. Schwebende Geschäfte sind von keiner Seite erfüllte Geschäfte und werden 5 8 9 in der Finanzbuchhaltung (vgl. 41, 42 Rdn. 68) nicht erfaßt. Nach dem BFH (vgl. DB 83, 861) setzt ein schwebendes Geschäft ein, wenn ein bindendes Vertragsangebot vorliegt und der Vertragsabschluß mit Sicherheit erwartet werden kann (a.A. HildWPg. 72, 117: bereits bei bindendem Vertragsangebot), denn diese Rückstellungsart setze eine Verbindlichkeit voraus, wobei nach allgemeinen Grundsätzen die wirtschaftliche Entstehung ausreiche. Dies sei der Fall, wenn sicher mit der Annahme des Vertragsangebots gerechnet werden könne. Im Wirtschaftsleben würden Vertragsangebote oft lediglich Verhandlungen einleiten, in denen die gegenseitigen Maximalpositionen festgelegt werden; es könne deshalb keineswegs aus ersten Angeboten auf einen Vertragsabschluß und dessen Inhalt geschlossen werden. Voraussetzung der Rückstellungsbildung ist, daß ein Verlust droht, d.h., 590 die Verluste müssen sich ihrer Eigenart nach genau umschreiben lassen (Art. 20 Abs. 1 der 4. EG-Richtlinie), ein allgemeines Risiko (Exportrisiko, Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Forschungsrisiko) genügt nicht. Vielmehr müssen Tatsachen vorliegen, die nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung einen Verlust nicht unwahrscheinlich machen (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff § 152, 72). Ein solcher Verlust wird darin gesehen, daß die Verpflichtungen des einen Vertragsteils aus dem gegenseitigen Vertrag am Bilanzstichtag höher zu bewerten sind als sein Anspruch auf die Gegenleistung (vgl. Groh StuW 76, 32). Fraglich könnte in diesem Zusammenhang sein, ob nur der Verlust zurückzustellen ist, der bis zum Bilanzstichtag bereits eingetreten ist, oder ob der bis zur Abwicklung insgesamt zu erwartende Verlust zurückzustellen ist. Die Frage ist ggf. bei bestehenden Einkaufsverträgen zu festen Preisen von Bedeutung, wenn zu erwarten ist, daß sich die Marktpreise rückläufig entwickeln werden. Nach dem strengen Abgrenzungsprinzip (Art. 31 Abs. 1 d. der 4. EG-Richtlinie: Aufwendungen und Erträge müssen für das Geschäftsjahr berücksichtigt werden, auf das sich der Jahresabschluß bezieht) wird davon auszugehen sein, daß nur eine Berücksichtigung der bis zum Bilanzstichtag eingetretenen unrealisierten Verluste verlangt werden kann. Ist jedoch eine genaue Abgrenzung des bis zum Bilanzstichtag eingetretenen Verlustes nicht möglich, kann das Vorsichtsprinzip (vgl. Rdn. 185) eine angemessene Berücksichtigung auch der weiteren Verluste erfordern (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 143 m.w.N.). Als Verlust aus einem schwebenden Geschäft ist die Differenz zwischen dem Wert der eigenen Leistung und dem Wert der zu erwartenden Gegenleistung anzusehen. Dabei ist die eigene Leistung zu dem wirklichen Wert anzusetzen. Bei der Bewertung des wahren Werts der eigenen Leistung dürfen übliche Gewinnaufschläge den Herstellungskosten hinzugerechnet werden; der Unternehmer produziert nämlich einen Gegenstand nur dann, wenn er sich davon Gewinn verspricht. Folglich hat der produzierte Gegenstand für den Unternehmer einen Wert, der neben den Herstellungskosten einen üblichen Gewinnaufschlag enthält. Da diese Gewinnanteile bei der Berechnung der Rückstellungshöhe zugrunde gelegt werden können, wird üblicherweise davon gesprochen, die Bildung dieser Rückstellung schließe eine Gewinnrealisierung bei der Bewertung der eigenen Leistung nicht aus (vgl. z.B. Adler/Düring/ Schmaltz § 152, 144); es ist nämlich auch zulässig, bei der Bewertung der eigenen Leistung von den Herstellungskosten auszugehen. Da hier aber gerade keine unrealisierten Gewinne aktiviert werden, was auch gegen den Grundsatz des Verbotes des Ausweises unrealisierter Gewinne (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs. HGB) verstoßen würde, sondern vielmehr bei der Berechnung der Rückstellungshöhe letztlich das Höchstwertprinzip (vgl. Rdn. 190) als Ausfluß des Vorsichtsprinzips (vgl. Rdn. 185) angewendet wird, sollte u.E. in diesem Zusammenhang nicht von einer Gewinnrealisierung gesprochen werden. Sind Leistung und Gegenleistung erst in weiterer Zukunft zu erbringen, so sind sie zum Vergleich ggf. auf den Bilanzstichtag abzuzinsen. Eine weitere 840

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Abzinsung des zu erwartenden Verlustes kommt daneben nicht in Betracht (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 152, 144). Nicht zu den Rückstellungen wegen drohender Verluste gehören „rück- 5 9 2 ständige Leistungen aus schwebenden Dauerschuldverhältnissen, die allgemeine Rückstellungen für Verbindlichkeiten erforderlich machen" (Sarx 85, 94). Bei Ausbildungsverhältnissen kommt die Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften auch dann nicht in Betracht, wenn Ausbildungsverträge der Anzahl nach über den eigenen Bedarf abgeschlossen worden sind, weil auf das einzelne Ausbildungsverhältnis abzustellen ist und die gegenseitigen Leistungen hier ausgewogen sind (vgl. Brandenberg DB 86, 619). Vgl. zu den Besonderheiten bei Dauerschuldverhältnissen, insbesondere Arbeitsverträgen, Sarx aaO 91 ff und Herzig/Esser DB 85, 1801. Die Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen fUr Instandhaltung 5 9 3 (nach Weber DB 72, 2314 eigentlich richtig: unterlassene Ausgaben), die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von 3 Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB), unterscheiden sich von ihrem Vorläufer im § 152 Abs. 7 AktG 1965 u.a. darin, daß aus dem ursprünglichen Bilanzierungswahlrecht für derartige Rückstellungen eine Bilanzierungspflicht geworden ist, wenn ihre — ebenfalls geänderten — Bildungsvoraussetzungen erfüllt sind. Die Zulassung dieser Rückstellung durch den Gesetzgeber ist in der Literatur mitunter auf Ablehnung gestoßen. Diese Rückstellung war ursprünglich steuerrechtlich aus Vereinfachungsgründen zugelassen worden, um den Nachweis einer Teilwertabschreibung oder einer Absetzung wegen außergewöhnlicher Abnutzung entbehrlich zu machen. Dieser Grundgedanke lasse sich aber nicht mehr auf das Handelsrecht übertragen, da eine außerplanmäßige Abschreibung beim abnutzbaren Anlagevermögen nur noch bei dauernder Wertminderung zulässig sei. Da die Vermögensgegenstände im Falle des 5 249 Abs. 1 Nr. 1 H G B jedoch innerhalb eines Jahres instandgesetzt werden müßten, könnten diese nicht mehr im Wert auf Dauer gemindert sein. Eine handelsrechtliche Abschreibung scheide also aus. Deshalb müsse auch die Rückstellung entfallen, da sie doch nur aus Vereinfachungsgründen eingeführt worden sei. Die Zulassung dieser Rückstellung sei aber auch deswegen abzulehnen, weil Leistungen nicht gegenüber Dritten erbracht würden. Der Hinweis auf die dynamische Bilanztheorie gehe fehl, da damit auch viele andere Aufwendungen passivierungsfähig sein müßten (vgl. WeberO>YüV 81, 481). Im übrigen bedeute die Zulassung dieser Rückstellung einen Bruch in der Tendenz des BFH, den statischen Charakter der Rückstellung stärker hervortreten zu lassen, da die Aufwandsrückstellung allenfalls dynamisch erklärt werden könne (vgl. Ohlenschlager WPg. 84, 245 f). Siegel (vgl. WPg. 85, 16) Niehus/Scholz

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HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

hält die Zulassung dieser Rückstellung für unterlassene Instandhaltung schlicht für einen „Grundsatz ordnungswidriger Bilanzierung", da sich Reparaturen entscheidungslogisch auf die Zukunft bezögen. A.A. ist Streim (vgl. BB 85, 1581):Reparaturen fielen auch an, weil in der Vergangenheit ein Anlagegut genutzt worden ist, so daß beide Betrachtungsweisen zulässig seien. Das zeitliche Zurechnungsproblem sei logisch nicht entscheidbar. Die Lösung ergebe sich vielmehr aus dem Sinn und Zweck der handelsrechtlichen Rechnungslegung. Diese könnte in einer möglichen Gläubigergefährdung bestehen, wenn z.B. unter Verweis auf eine Großreparatur die Abschreibungsdauer verlängert und damit die künftigen jährlichen Abschreibungsbeträge verringert würden. Diese Abschreibungsdifferenzen seien in die Rückstellung einzustellen. Die Rückstellung erscheine somit als passivischer Korrekturposten zu einem aus Gläubigersicht überhöht angesetztem Aktivum. Moxter vertritt, dagegen die Ansicht, die unterlassene Reparatur könne besser durch Abschreibung berücksichtigt werden (vgl. BB 85, 1102). Andererseits sind derartige Rückstellungen zur periodengerechten Gewinnermittlung erforderlich. Wenn Flugzeuge, Maschinen etc. in bestimmten Zeitabständen mit erheblichem Erhaltungsaufwand überholt werden, so ist kaum einzusehen, daß mit dem Aufwand allein der Erfolg des Jahres belastet wird, in dem die Überholung durchgeführt wird (vgl. Ä e n e r G m b H R 78, IS-Jonas DB 78, 1411 f). 594

Die Pflicht zur Bildung dieser Rückstellung ist an folgende drei Voraussetzungen geknüpft:

595

— Es müssen unterlassene Aufwendungen vorliegen, d.h., aus kaufmännischer und betriebswirtschaftlicher Sicht muß die Notwendigkeit einer Instandhaltung bestanden haben. Allein die Verursachung einer später nach weiterem Gebrauch erforderlich werdenden Reparatur genügt nicht, da insoweit keine Unterlassung vorliegt (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 147). Der Begriff „Instandhaltung" umfaßt Inspektion, Wartung und Instandsetzung (vgl. Streim BB 85, 1576). Darunter fallen auch Kleinreparaturen, wenn sie in einer Periode geballt auftreten(vgl. Streim aaO 1577; Ausschußbericht, 99, wonach nicht nur für Großreparaturen Rückstellungen gebildet werden dürfen). Der Reparaturaufwand darf aber nicht aktivierungsfähig sein. Es muß sich also um Erhaltungsaufwand handeln (vgl. Streim aaO).

596

— Die Aufwendungen für Instandhaltung müssen irgendwann im abgelaufenen Geschäftsjahr (vgl. Rdn. 94) unterlassen worden sein, die Instandhaltung muß also vor dem Bilanzstichtag möglich gewesen sein. Hätte z.B. die Instandhaltung bereits in einem früheren Jahr vorgenommen werden müssen, so ist hierfür keine Möglichkeit zur Rückstellungsbildung gegeben (es besteht das Nachholverbot!). Auch im Vorjahr zulässigerweise gebildete Rückstellungen müssen aufgelöst werden (es besteht unverändert das Fortführungsverbot; vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 148). 842

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C . Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

— Die Instandhaltung muß innerhalb der ersten 3 Monate des Folgege- 597 schäftsjahres durch Dritte oder das Unternehmen selbst nachgeholt und beendet worden sein. Dieser Zeitraum ist gegenüber der Vorschrift des § 152 Abs. 7 AktG 1965 (Zeitraum: ein Jahr) verkürzt worden, so daß nunmehr die handels- und steuerrechtlichen Voraussetzungen zur Bildung einer Rückstellung weitgehend übereinstimmen (vgl. Abschnitt 31a Abs. 6 E S t R 1984). Ist die Instandhaltung im Zeitpunkt der Bilanzerstellung noch nicht erfolgt, kommt es für die Bildung einer derartigen Rückstellung darauf an, ob die Nachholung innerhalb der 3-Monats-Frist möglich erscheint (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 150). Ob der B F H diese Rückstellung anerkennen wird, bleibt zweifelhaft, da die unterlassene Reparatur nicht selbständig bewertbar ist und deshalb die Rückstellung keinen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung konkretisiert (vgl. Moxter BB 85, 1102). Rückstellungsfähig ist nur der Betrag, von dem sich übersehen läßt, daß er 598 für die Nachholung in Frage kommt. Werden die Aufwendungen für unterlassene Instandhaltung nach Ablauf der drei Monate noch innerhalb von 12 Monaten nachgeholt, besteht ein Passivierungswahlrecht (vgl. § 249 Abs. 1 Satz 3 H G B ) . Streitig ist, ob in einem derartigen Fall eine Abschreibung des Vermögensgegenstandes zwingend geboten ist. D a g e g e n : B F H E 139, 398; BStBl. 84, II, 277); dafür: Moxter (vgl. BB 85, 1102), sofern das betreffende Aktivum nicht bereits unterbewertet ist. Unter Abraumbeseitigung ist das Wegschaffen nicht weiterverwendbarer 599 Materialien zu verstehen, um die Ausbeutung des Grund und Bodens zu wirtschaftlichen Zwecken zu ermöglichen. Darunter fiele z.B. das Beiseiteräumen von Steinen, um Kohle abbauen zu können. In ihren Anwendungsvoraussetzungen unterscheidet sich diese Pflicht- 6 0 0 rückstellung von der für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung (vgl. Rdn. 593) nur in ihrer Nachholungsfrist. Für Aufwendungen zur Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr, innerhalb 12 Monate, nachgeholt werden, sind zwingend Rückstellungen zu bilden. Die Dreimonatsfrist bei unterlassener Instandhaltung gilt hier nicht. O b die Begrenzung auf das folgende Geschäftsjahr sinnvoll ist, ist äußerst zweifelhaft, wenn die Abraumbeseitigungskosten im Verhältnis zu den sonstigen Abbaukosten im Laufe der Jahre steigen. Es wird sich trotz einmaliger Einrichtungskostenin vielen Fällen ein höherer Abschreibungsbetrag für die Förderung bis zum Abschlußstichtag ergeben als tatsächlich verausgabt worden ist. Dieser Unterschiedsbetrag ist nach den G o B zurückzustellen und zur Dekkung der überdurchschnittlichen Abräumungskosten der späteren Jahre zu verwenden. Anderenfalls wäre die Vergleichbarkeit der Periodenergebnisse verzerrt. Deshalb ist es steuerlich als unerheblich erkannt worden, ob der Aufwand innerhalb von 12 Monaten nachgeholt wird (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 151). Niehus/Scholz

843

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Rechnungslegung

601

Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 H G B sind Rückstellungen für Gewährleistungen, die ohne rechtlichen Grund erbracht werden, zu bilden. Die nunmehr normierte Passivierungspflicht löst das bisherige Wahlrecht für derartige Rückstellungen ab. Die Bilanz ist daher künftig unvollständig, wenn bei ihrer Aufstellung dem Bilanzierenden nicht jede Großzügigkeit der Mitarbeiter im Verkauf bekannt ist und daher nicht erfaßt wird. Andererseits sind Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, künftig bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung abzugsfähig. Dies ist auch von Bedeutung, wenn das Unternehmen seine am Bilanzstichtag vorhandene Bereitschaft zur Kulanzleistung erst nach dem Bilanzstichtag dem Kunden mitteilt (vgl. Stein ZfbF 85, 759). Bei diesen sog. Rückstellungen für Kulanzleistungen dürfte es sich in Wahrheit häufig um Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (vgl. Rdn. 584 ff) handeln, denn in vielen Fällen wird sich die Gesellschaft der Kulanzleistung aus wirtschaftlichen Gründen nicht entziehen können. Deshalb wäre diese besondere Rückstellungskategorie nicht nötig gewesen. Ihre gesonderte Aufführung könnte das Mißverständnis nähren, daß zu den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nur einklagbare Verpflichtungen gehörten (vgl. Moxter BB 85, 1102).

602

Kulanzrückstellungen sind nur unter diesem Posten auszuweisen, wenn sie eindeutig ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, d.h. der Empfänger bspw. keinen Anspruch auf Leistungen der Gesellschaft nach dem Bilanzstichtag hat, die der Behebung eines Mangels aus einer früheren Lieferung — basierend auf einem entsprechenden Rechtsgeschäft — dienen (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz % 152, 153).

603

Entgegen § 152 Abs. 7 Satz 2 2. Hs. AktG 1965 brauchen Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung und Abraumbeseitigung sowie für Kulanzrückstellungen nicht mehr gesondert ausgewiesen zu werden.

604

Das gleiche gilt für die weiteren Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 3 HGB sowie nach § 249 Abs. 2 HGB, soweit diese von der Gesellschaft gebildet werden, denn im Gegensatz zu den Rückstellungen nach § 249 Abs. 1 Sätze 1 und 2 H G B (vgl. Rdn. 584 ff, 588 ff) besteht für diese ein Passivierungswahlrecht. Werden sie gebildet, ist die Vorschrift des § 274 Abs. 2 H G B (aktivische Steuerabgrenzung, vgl. Rdn. 351) zu beachten. Für die Instandhaltungsrückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 3 H G B (Instandhaltung innerhalb des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt) gilt das in Rdn. 593 bis 596 Gesagte analog. § 249 Abs. 2 H G B geht auf Art. 20 der 4. EG-Richtlinie zurück. Die Zulassung dieser Rückstellung bedeutet eine Ausweitung des Rückstellungsbegriffs. Um der Gefahr vorzubeugen, daß der Rückstellungsbegriff Rücklagecharakter erhält (vgl. Europäisches Parlament 72, 211), ist dieser der Richtlinie gegenüber jedoch nicht unerheblich eingeschränkt worden. Die Rückstellung soll nur dem Zweck dienen, eine „geglättete" Vergleichsbasis der 844

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Jahresergebnisse zu erzielen (vgl. Maul BB 86, 632). Dies ergibt sich aus der Begründung zum Vorentwurf 81, wonach ein Rückstellungsgrund dann nicht gegeben sei, wenn die Aufwendungen in „vergleichbarer Höhe jährlich anfallen". Die Grenzen zur Bildung dieser Rückstellung werden durch folgende Nor- 6 0 5 menbestandteile gezogen: — Es muß sich um ihrer Eigenart nach genau umschriebene Aufwendungen handeln, — die Aufwendungen müssen dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnen sein, — die Aufwendungen müssen am Abschlußstichtag wahrscheinlich oder sicher sein, — die Aufwendungen müssen hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunktes ihres Eintritts unbestimmt sein. Mit diesen Voraussetzungen soll erreicht werden, daß nur die eindeutig be- 6 0 6 stimmbaren Aufwendungen zurückgestellt werden. Das ist notwendig, um diese Beträge zweifelsfrei feststellen und überprüfen zu können. Das erste Kriterium dient nur der Klarstellung. Rückstellungen sind nämlich grundsätzlich bilanzielle Vorsorgemaßnahmen für im einzelnen bekannte künftige Erfolgsbelastungen, die vor dem Bilanzstichtag verursacht wurden, z.B., wenn ein Unternehmer Waren zu einem Festpreis bestellt hat und aufgrund zwischenzeitlichen Preisverfalls auf der Absatzseite mit Verlusten aus der späteren Veräußerung dieser Ware rechnet. Treten dagegen später aufgrund unvorhersehbarer Änderungen der Marktbedingungen oder durch allgemein unwirtschaftliche Unternehmensführung hervorgerufene Verluste ein, so kann dafür keine Rückstellung für möglicherweise eintretende Verluste irgendwelcher Art gebildetwerden. Solche allgemeinen Unternehmensrisiken aufzufangen, ist Aufgabe des Eigenkapitals — wozu auch die Rücklagen gehören — einer Kapitalgesellschaft. Die Forderung des Gesetzgebers, daß Aufwandsrückstellungen nur für „ihrer Eigenart nach genau umschriebene Aufwendungen" gebildet werden dürfen, dient demnach nur der Abgrenzung gegenüber den Eigenkapitalposten (vgl. MaulaaO 486). Genau umschrieben sind die Aufwendungen dann, wenn die spätere Maß- 6 0 7 nähme in ihren Einzelheiten so genau abgegrenzt ist, daß die dafür angesetzten Aufwendungen nach Art und voraussichtlicher Menge der eingesetzten Sachgüter und Leistungen als für die Maßnahme erforderlich überprüft werden können. Bei Großreparaturen z.B. muß aus den Unterlagen des Unternehmens hervorgehen, welche Anlagen in welchem Umfang auf welche Weise repariert werden sollen. Es sind möglichst die Ersatzanlagen, -teile, Reparaturmaterialien, eigene Arbeitsleistungen sowie sonstige Verbrauche anzugeben, die bei der Aufwandsbemessung berücksichtigt werden sollen (vgl. Ordelheide Niehus/Scholz

845

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Rechnungslegung

G m b H R 8 6 , 16). Es genügt in diesem Fall, wenn sich die Kapitalgesellschaft auf die Zusammensetzung der von ihr für selbsterstellte Güter aktivierten Herstellungskosten stützt. Bei Fremdreparaturen ist die Fremdleistung anzugeben (vgl. Selchert 85, 1542). Rückstellungen nach § 249 Abs. 2 H G B dürfen nur gebildet werden, wenn sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Wegen Bedenken hinsichtlich ihrer Überprüfbarkeit in der Praxis vgl. Forster BB 83, 86. 608

Mit der Voraussetzung der Zurechenbarkeit sollen z.B. willkürliche Nachholungen von unterlassenen Aufwandsrückstellungen ausgeschlossen werden, soweit die Aufwendungen nicht ausnahmsweise erst später feststellbar sind. Häufiger Anwendungsfall sind wohl die Aufwendungen für Großreparaturen. Wird nämlich die Nutzungsdauer unter Berücksichtigung dieser Reparaturen geschätzt, dann ist die zu reparierende Anlage im Zeitpunkt der Großreparatur noch nicht abgeschrieben, obwohl ihre tatsächliche Benutzbarkeit zu Ende ist. Ohne Berücksichtigung der Reparatur hätte die Abschreibung höher ausfallen müssen und der Buchwert wäre geringer. Die Reparaturrückstellung korrigiert deshalb zu Recht den Buchwert der Anlage. Rückstellungen können auch mit anderen Lebenssachverhalten begründet werden, sofern eine Vorverrechnung von Aufwendungen sachlich geboten ist. H a t sich z.B. ein Handelsunternehmen vertraglich gegenüber einem Produzenten verpflichtet, nach einer Einführungswerbung in größeren Abständen umfangreiche Werbemaßnahmen für ein Produkt durchzuführen, wird man den sachlichen Zusammenhang annehmen können. Weiter wird man davon ausgehen müssen, daß für das Handelsunternehmen ohne diese Vereinbarung die Produkte um die Kosten dieser späteren Werbemaßnahmen teurer sein würden (vgl. Ordelheide G m b H R 86, 17).

609

Nach dem Wortlaut müssen die Aufwendungen am Abschlußstichtag „wahrscheinlich oder sicher" sein. Das Wort „sicher" ist nicht wörtlich zu nehmen. Es ist in dem Sinne von „hoher Wahrscheinlichkeit" zu deuten; denn zukünftige Ereignisse sind immer nur wahrscheinlich und niemals sicher (vgl. Ordelheide G m b H R 86, 16). Auch wenn entsprechende Verträge zur Durchführung von Leistungen zu Festpreisen abgeschlossen sind, sind u.E. diese Aufwendungen nicht sicher, da nicht mit Bestimmtheit vorausgesagt werden kann, daß der Schuldner dieser Leistungen auch zur Durchführung imstande sein wird (vgl. a.A. Ordelheide aaO).

610

Bei der Abschätzung der Höhe der Aufwendungen bleibt offen, welche Aufwandsarten anzusetzen sind. Es scheint angemessen, die Regelung über die Herstellungskosten (§ 255 Abs. 2 HGB) analog anzuwenden (vgl. Selchert DB 85, 1542). U.E. hat der Bilanzierende ein Wahlrecht, ob der Bewertung der Güter- und Leistungsverbräuche das Preisniveau am Bilanzstichtag oder das der Durchführung der Maßnahme zugrunde zu legen ist. Im ersten Fall wäre die Rückstellung entsprechend seiner Entwicklung an den späteren Bilanzstichtagen zu korrigieren (vgl. Ordelheide aaO 16 f). 846

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Die Problematik dieser N o r m liegt in der Definition des ihr zugrundelie- 6 1 1 genden Sachverhalts. Grundsätzlich dient diese Bestimmung dem Ziel, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln (vgl. Rdn. 108 ff). ' Diese Zielsetzung wird jedoch nicht erreicht, wenn die Aufwandsrückstellung dazu benutzt wird, durch unterschiedliche Ausübung des kaufmännischen Ermessens die Grundlage für die Bildung dieser Rückstellungen zu verändern, um sie so zu einem Instrument der Bilanzpolitik zu machen, bspw. im Hinblick auf eine Nivellierung des Ergebnisausweises. Diese Möglichkeit ist aber nicht auszuschließen, weil die einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnenden Aufwendungen sich aus sehr verschiedenen Sachverhalten ergeben können und auch das hierauf bezogene kaufmännische Ermessen in unterschiedlicher Weise ausgeübt werden kann. Würde der Kreis der hierunter fallenden Tatbestände nicht eingegrenzt werden, so könnte sich die Frage ergeben, ob hierunter nicht auch Aufwendungen fallen, die der Disposition des Bilanzierenden unterliegen, wie bspw. unterlassener Forschungsaufwand, Werbungsaufwand, Aufwand für die Schaffung einer Organisation, die Ausbildung der Mitarbeiter. Bei Zulassung dieser Tatbestände für die Bildung von Aufwandsrückstellungen wäre in der T a t der Ergebnisausweis nicht von den „tatsächlichen Verhältnissen", sondern von den subjektiven Ansichten des bilanzierenden Kaufmanns abhängig. Hieraus ergibt sich auch die Problematik der Zulassung einer Aufwandsrückstellung für immateriellen Wertverzehr. Das H G B schließt daher die Bildung derartiger Aufwandsrückstellungen aus (vgl. Jonas 80, 116). Konkret können also Rückstellungen für Aufwendungen, die sich in einem 6 1 2 zeitlichen Abstand von mehreren Jahren wiederholen — also nicht für den normalen, laufenden Reparaturaufwand —, gebildet werden, bspw. bei der Großreparatur von Anlagen oder der Überholung von Schiffen in einem größeren Abstand. Sind diese Reparaturen nicht aktivierungspflichtig, so würde sich aus dem zeitlichen Anfall eine unverhältnismäßige Belastung des einzelnen Geschäftsjahres ergeben, die nur durch Verteilung des Aufwands auf mehrere Jahre vermieden werden kann, oft auch nur auf diese Weise finanziell möglich wird (vgl. Jonas a a O 117). O b Rückstellungen für Preissteigerungen bei Vermögensgegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens unter die N o r m des § 249 Abs. 2 H G B subsumiert werden können, soweit deren Wiederbeschaffung bei Fortführung des Unternehmens im bisherigen U m f a n g zwingend ist und die höhere Wiederbeschaffungskosten auf Preissteigerungen des Geschäftsjahres oder eines früheren Jahres zurückzuführen sind, ist streitig. Der umsatzbezogene Substanzverzehr unter dem Einfluß von Preissteigerungen wurde bei den Beratungen der 4. EG-Richtlinie ausdrücklich angesprochen (vgl. Biener 79, 72). Eine Aufwandsrückstellung für Substanzerhaltung käme dann aber einer Neubewertung des gegenwärtigen Abschreibungsaufwandes gleich. Dies würde gegen Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

§ 253 Abs. 2 H G B verstoßen, wonach die Abschreibungen auf der Grundlage der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu bemessen sind (vgl. Coenenberg BB86, 910). 613

h) Verbindlichkeiten. Als Verbindlichkeiten sind die am Bilanzstichtag der Höhe und Fälligkeit nach feststehenden Verpflichtungen der Gesellschaft auszuweisen. Nicht jede zivilrechtliche Schuld ist indes passivierungspflichtig. Es muß jeweils eine Vermögensbelastung der Gesellschaft und damit nach den GoB eine bilanzrechtliche Schuld vorliegen, die bilanziert werden muß (vgl. Rdn. 298). Die Bildung von stillen Reserven durch Einsetzen fiktiver Kreditoren ist unzulässig (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 645). Hinweise zum Begriffsinhalt der Verbindlichkeiten lassen sich aus dem Bilanzgliederungsschema des § 266 Abs. 3 H G B entnehmen, das mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) beachten müssen: ,,C. Verbindlichkeiten: 1. Anleihen, davon konvertibel; 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten; 3. erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen; 4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen; 5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel; 6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen; 7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, 8. sonstige Verbindlichkeiten, davon Steuern, davon im Rahmen der sozialen Sicherheit."

Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) brauchen ihre Verbindlichkeiten nicht in dieser Weise aufzugliedern (§ 266 Abs. 1 Satz 3 HGB). Generell gilt auch für Verbindlichkeiten das Verrechnungsverbot des § 246 Abs. 2 H G B (vgl. Rdn. 141). Zum Saldierungsverbot bestimmter Verbindlichkeiten mit entsprechenden Forderungen vgl. Rdn. 142. Zur Bilanzierung von ungewissen Verbindlichkeiten vgl. Rdn. 588, zur Bilanzierungspflicht beLschwebenden Geschäften vgl. Rdn. 589. 614 Für sämtliche auszuweisenden Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit am Bilanzstichtag bis zu einem Jahr gilt gemäß § 268 Abs. 5 HGB, daß sie gesondert zu jedem einzelnen Bilanzposten der Verbindlichkeiten zu vermerken sind (z.B. — davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr DM —). Diese Vermerkpflicht kann auch zu Mehrfachvermerken führen (vgl. hierzu Rdn. 340). Die Vermerkvorschrift ist neu in den deutschen Rechnungslegungsvorschriften und soll insbesondere der Forderung nach einem mög848

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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liehst sicheren Einblick in die Vermögens- und Finanzlage einer Gesellschaft Rechnung tragen (vgl. auch Göllert/Ringling BB 85,971). Diese geht unmittelbar auf Art. 9 der 4. EG-Richtlinie zurück. Für den Ausweis des „davon-Vermerks" kommt es also nicht auf die vereinbarte Laufzeit an, jedoch ist diese Grundlage zur Ermittlung der Restlaufzeit. Bei der Berechnung der Laufzeit von kündbaren Verbindlichkeiten ist der Zeitpunkt von Bedeutung, zu dem der Gläubiger sie frühestens fällig stellen kann (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 151, 98), wobei jedoch einseitige Kündigungsrechte der Gesellschaft nicht unbeachtet bleiben dürfen, wenn die Ausübung des Kündigungsrechtes gewollt ist und die Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen objektiv möglich ist. Die Aufteilung der in der Bilanz auszuweisenden Verbindlichkeit in „langfristige" und „andere Verbindlichkeiten", wie in § 151 Abs. 1 AktG 1965 vorgeschrieben, hat der Gesetzgeber fallengelassen. Künftig sind nur noch Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren (vgl. Rdn. 875) sowie für Verbindlichkeiten gewährte Sicherheiten im Anhang in bestimmter Weise anzugeben (vgl. Rdn. 876 ff). Anleihen — davon konvertibel — davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr

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sind unabhängig von der Laufzeit von großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) gesondert unter den Verbindlichkeiten (vgl. Rdn. 613) auszuweisen. Anleihen sind die durch Inanspruchnahme des öffentlichen Kapitalmarktes beschafften langfristigen Darlehen. Von privaten Industrieunternehmen aufgenommen, werden sie auch Industrieobligationen genannt. Unter öffentlichem Kapitalmarkt dürfte i.d.R. nur der organisierte Kapitalmarkt zu verstehen sein, wenn es um den Posten Anleihen geht. Auf dem nicht organisierten Kapitalmarkt aufgenommene langfristige Darlehen dürften zu den sonstigen Verbindlichkeiten Posten Passivseite C. 8. gehören (vgl. Mellerowicz in Großkomm. §151, 117). Bringt die G m b H Anleihestücke in ihren Besitz (z.B. durch Rückzahlung oder durch Ankauf), kann sie diese Stücke vom passivierten Anleihebetrag erst absetzen, wenn die Stücke vernichtet sind. Solange dies nicht geschehen ist, sind solche Stücke im Umlaufvermögen (vgl. Rnd. 485 ff) auszuweisen (vgl. Mellerowicz aaO § 151, 117). Nicht zu den Anleihen gehören Schuldscheindarlehen. Bei konvertiblen Anleihen handelt es sich um Wandelschuldverschreibun- 6 1 6 gen, bei denen den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Anteile der Kapitalgesellschaft zusteht (vgl. § 221 Abs. 1 AktG). Für die G m b H gibt es im GmbH-Gesetz keine analoge Vorschrift. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 617 — davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr Niehus/Scholz

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sind von großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) gesondert unter den Verbindlichkeiten auszuweisen. Hierher gehören alle Kredite von Kreditinstituten, und zwar unabhängig von deren tatsächlicher Laufzeit. Für den Ausweis unter diesem Posten kommen also sowohl langfristige Investitionskredite als auch Kontokorrentkredite in Frage, die ihrem Wesen nach immer kurzfristig sind. 618

Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen — davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr müssen alle Kapitalgesellschaften unabhängig von ihrer jeweiligen Größe unter dem Posten Passivseite C. 3. (vgl. Bilanzgliederung nach § 266 Abs. 3 HGB) gesondert ausweisen, wenn sie nicht vom Aktivposten „Vorräte" offen abgesetzt werden (§ 268 Abs. 5 Satz 2 HGB). Vgl. hierzu auch Rdn. 473.

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Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen — davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr stellen alle nicht erfüllten Zahlungsverpflichtungen der Gesellschaft für alle Arten von bereits erhaltenen Lieferungen und Leistungen dar, die aus dem „Umsatzgeschäft" der Gesellschaft stammen. Die Zahlungsfrist hat auf ihre Bilanzierung keinen Einfluß. Nicht hierher gehören Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen und gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht (vgl. Rdn. 430, 482). Da unter Leistungen Sach-, Werk- und Dienstleistungen zu verstehen sind, gehören alle ursprünglichen Geldleistungen (z.B. Darlehen) ebenfalls nicht hierher, sondern je nach Herkunft und Charakter zum entsprechenden Posten, es sei denn, die Geldleistungen sind nicht originärer, sondern sekundärer Natur, wie bei der Kreditierung von Lieferungen und Leistungen (vgl. Mellerowicz in Großkomm. § 151, 123). Das generelle Saldierungsverbot für Forderungen und Verbindlichkeiten (vgl. Rdn. 141) gilt auch für diesen Posten. N u r mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) müssen diese Posten gesondert ausweisen (vgl. § 266 Abs. 1 Satz 2 HGB).

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Unter den Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel — davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr sind Schuldwechsel auszuweisen, die entweder gezogene Wechsel (Tratten) oder eigene Wechsel (Solawechsel) sind, unabhängig davon, ob es sich um Gefälligkeitswechsel (vgl. Mellerowicz in Großkomm. § 151, 123) oder um Wechsel handelt, denen ein Schuldverhältnis zugrunde liegt. Für den Bilanzausweis sind die Wechselverbindlichkeiten und die Verbindlichkeiten aus dem Schuldverhältnis identisch, eine Trennung ist daher unstatthaft. Entscheidend für die Bilanzierung ist ferner das sichere Vorhandensein einer Zahlungsverpflichtung. Neben der Wechselverbindlichkeit darf die Verbindlichkeit aus dem 850

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Schuldverhältnis nicht ein zweites Mal ausgewiesen werden. Kautions- oder Sicherungswechsel gehören dagegen nicht hierher, da sie von einem Dritten nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn die Gesellschaft einer bestimmten eingegangenen Verpflichtung nicht nachkommt. Erst wenn diese Verpflichtung verletzt ist, entsteht auch die Wechselverbindlichkeit. Im Anhang (vgl. Rdn. 846) wird jedoch auf die Hinterlegung solcher Wechsel unter Angabe der Verpflichtungsgründe hinzuweisen sein. Sind Kautionswechsel für die Verpflichtungen Dritter hinterlegt, so besteht nach § 251 Satz 1 letzte Alt. H G B die Pflicht, diese unter der Bilanz (unter dem Strich, vgl. Rdn. 629) auszuweisen oder, sofern sie nicht dort ausgewiesen werden, im Anhang (vgl. Rdn. 878) anzugeben (§ 285 Nr. 3 HGB). Auf die Gesellschaft von verbundenen Unternehmen gezogene oder von der 621 Gesellschaft ausgestellte und an verbundene Unternehmen weitergegebene eigene Wechsel sollen nach § 151 Abs. 3 Satz 2 AktG 1965 primär in dem Posten Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen ausgewiesen werden. Das H G B enthält eine derartige Ausweisprioritätsvorschrift nur für Anteile an verbundenen Unternehmen in § 265 Abs. 3 Satz 2 HGB. Satz 1 dieser Bestimmung fordert nur, die Mitzugehörigkeit zu dem anderen Posten zu vermerken, wenn ein Vermögensgegenstand unter mehrere Posten der Bilanz fällt. Daher ist der Ausweis von Wechselverbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen nach dem Gesetzeswortlaut nunmehr auch hier mit einem entsprechenden Vermerk möglich. Der Vermerk entfällt jedoch, wenn das empfangende verbundene Unternehmen das Akzept oder den Wechsel an einen Dritten weitergegeben hat (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 246). Allerdings käme man hier dem Ziel, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Gesellschaft zu vermitteln (vgl. § 264 Abs. 2 HGB) am nächsten, wenn man Wechselverbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen bei den „Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen" mit einem entsprechenden Hinweis auf die Art der Verpflichtung auswiese; dann nämlich würde die im Vergleich zum Posten Wechselverbindlichkeiten viel bedeutungsvollere Abhängigkeit gegenüber verbundenen Unternehmen unmittelbar ersichtlich. Gleiches gilt für Wechselverbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. Wechselkredite, die der Exportfinanzierung dienen und deren Gläubiger 6 2 2 Banken sind, können wahlweise unter diesem Posten oder unter dem Posten Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten ausgewiesen werden. Bei diesen Exportkrediten empfiehlt es sich, den Verwendungszweck (Exportfinanzierung, -tratten) erkennbar werden zu lassen (vgl. Mellerowicz in Großkomm. §151, 123). Zum gesonderten Ausweis sind nur die mittelgroßen und großen Kapitalge- 6 2 3 sellschaften (vgl. Rdn. 79 f) verpflichtet (§§ 266 Abs. 1 Satz 2 H G B ; vgl. Rdn 878). Niehus/Scholz

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I.d.R. sind alle Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen — davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr unter diesem Posten gesondert auszuweisen. Große und mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) müssen diesen Posten gesondert ausweisen (§§266 Abs. 1 S a t z 2 H G B ; vgl. Rdn. 389). Die Mitzugehörigkeit von unter diesem Posten erfaßten Schulden zu anderen Posten ist gemäß § 265 Abs. 3 S a t z 1 H G B zu vermerken (vgl. Rdn. 373). Im übrigen gelten die Erläuterungen zu den Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen (vgl. Rdn. 478 ff) sinngemäß.

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Gegenüber den Rechnungslegungsvorschriften des A k t G 1965 ist der gesonderte Ausweis (vgl. § 266 Abs. 3 H G B ) unter C . 7. des Bilanzgliederungsschemas Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht — davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr neu. Die Pflicht zum gesonderten Ausweis dieser Verbindlichkeiten geht unmittelbar auf Art. 10 der 4. EG-Richtlinie zurück. Primär sind hier alle entsprechenden Verbindlichkeiten zu erfassen, wobei die Vermerkpflicht nach § 265 Abs. 3 S a t z 1 H G B wegen Mitzugehörigkeit von Vermögensgegenständen unter mehreren Bilanzposten zu beachten ist. Im übrigen gelten sinngemäß die Erläuterungen zu den Forderungen gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht (vgl. Rdn. 482). Die in der Rdn. 624 genannten Unternehmen müssen auch diesen Posten gesondert ausweisen.

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D e r Bilanzposten sonstige Verbindlichkeiten — davon mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr — davon Steuern — davon im Rahmen der sozialen Sicherheit ist ein Sammelposten und das Gegenstück zu dem Aktivposten der Bilanz „sonstige V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e " (vgl. Rdn. 485). N u r bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) tritt er als eigenständiger Posten auf (§ 266 Abs. 1 S a t z 2 H G B ) , da kleine Gesellschaften ihren Verbindlichkeitenausweis nicht nach arabischen Ziffern zu untergliedern brauchen (vgl. § 266 Abs. 1 S a t z 3 H G B ; vgl. Rdn. 368). In dem Posten sonstige Verbindlichkeiten sind alle Verbindlichkeiten zu erfassen, die nicht gesondert unter den Verbindlichkeiten auszuweisen sind. Im einzelnen gehören in diesen Posten: (a) Darlehensverbindlichkeiten (soweit nicht Anleihen), (b) eigene Steuerlasten (z.B. Umsatzsteuer), (c) Verbindlichkeiten aus einbehaltenen und abzuführenden Steuern (z.B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer), (d) Verpflichtungen aus einbehaltenen und selbst zu tragenden Sozialabgaben, 852

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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(e) (f) (g) (h) (i) (j) (k) (1)

rückständige Löhne, Gehälter, Tantiemen, Gratifikationen, fällige Kapitalzinsen und nocht nicht abgehobene Dividenden, fällige Miet- und Pachtzinsen, fällige Provisionen, fällige Vereins- und Verbandsbeiträge, Kapitaleinzahlungsverpflichtungen gegenüber anderen Gesellschaften, Aufsichtsrats-, Beirats- und Gutachtergebühren, Verbindlichkeiten aus Zusagen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, Verpflichtungen gegenüber betrieblichen Sozialeinrichtungen, Verbindlichkeiten zu Unterstützungszwecken, z.B. aus Übernahme von Arzt-, Kur- oder Krankenhauskosten, und ähnliche Verbindlichkeiten (vgl. u.a. Adler/Düring/Schmaltz § 151,232). Hier wären auch die sog. antizipativen passiven Rechnungsabgrenzungsposten (vgl. Rdn. 485) i.S.v. § 268 Abs. 5 Satz 3 H G B auszuweisen. Darunter könnte z.B. die Gewährung von Umsatzboni fallen, zu deren Zahlung die Gesellschaft jedoch erst verpflichtet ist, sobald die Verpflichtung rechtlich entstanden ist. Haben diese Posten einen größeren Umfang, sind sie im Anhang zu erläutern. Ein Teil dieser Verbindlichkeiten zeigt, daß sie eine enge Verwandtschaft zu den Rückstellungen haben. Eine Reihe der aufgezählten „sonstigen Verbindlichkeiten" ist am Bilanzstichtag der Höhe nach oft nicht bekannt. Dann sind Rückstellungen zu bilden (vgl. Mellerowicz in Großkomm. § 151, 127). Auf Art. 10 der 4. EG-Richtlinie geht zurück, daß Verbindlichkeiten aus 627 Steuern und Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit jeweils gesondert als „davon-Vermerk" zum Posten „sonstige Verbindlichkeiten" zu zeigen sind. Zu den Steuerverbindlichkeiten gehören z.B. Verbindlichkeiten aus veranlagter Körperschafts-, Gewerbe-, Umsatzsteuer, aber auch einbehaltene Steuern, wie Lohn-, Kirchen-, Kapitalertragsteuer. Unter Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit sind solche zu erfassen, die sich aufgrund gesetzlicher Vorschriften, privatrechtlicher Vereinbarungen oder freiwilliger Zusagen zur Erbringung sozialer Leistungen für tätige oder ausgeschiedene Mitarbeiter ergeben, soweit diese nicht durch Rückstellungen gedeckt sind. Hierzu gehören: — Verbindlichkeiten aus gesetzlichen Pflichtabgaben, wie z.B. Beiträge an die Angestellten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Invaliditätsversicherung, Berufsgenossenschafts- und Knappschaftsbeiträge, Beiträge zur Insolvenzsicherung; — Verbindlichkeiten aus Zusagen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, wie bspw. Renten an gewerbliche Arbeitnehmer, AngestelltenNiehus/Scholz

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Pensionen mit oder ohne Rechtsanspruch, Verpflichtungen gegenüber betrieblichen Sozialeinrichtungen, wie Unterstützungs- und Pensionskassen, Stiftungen; — Verbindlichkeiten zu Unterstützungszwecken, wie bspw. aus der Übernahme von Arzt-, Kur- oder Krankenhauskosten, (vgl. Jonas 80, 120). Zu weiteren Vermerkpflichten vgl. Rdn. 861 ff. 628

i) Passive Rechnungsabgrenzungsposten. Als Abgrenzungsposten sind auf der Passivseite nur die sogenannten transitorischen Passiva, d.h. Einnahmen vor dem Bilanzstichtag, auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 250 Abs. 2 HGB). Als passive Rechnungsabgrenzungsposten sind beispielsweise an die Gesellschaft vorausgezahlte Mietzinsen, die erst in der folgenden Periode fällig werden, zu passivieren. Zu dem Abgrenzungsposten als solchen siehe auch Erläuterungen zum aktiven Rechnungsabgrenzungsposten (vgl. Rdn. 502 ff).

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j) Haftungsverhältnisse. Gemäß §§251, 268 Abs. 7 H G B haben Gesellschaften mit beschränkter Haftung unter der Bilanz, also unter dem Strich, oder im Anhang folgende Haftungsverhältnisse, die sog. Eventualverbindlichkeiten, gesondert unter Angabe der gewährten Pfandrechte und der sonstigen Sicherheiten darzustellen, soweit sie nicht auf der Passivseite auszuweisen sind, denn bei ihnen besteht lediglich die theoretische Möglichkeit, nicht aber die tatsächliche Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme durch Dritte (vgl. 5Wc£ertBB82,409): (a) Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln, (b) Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften, (c) Verbindlichkeiten aus Gewährleistungsverträgen, (d) Haftungsverhältnisse aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten. Diese Haftungsverhältnisse sind auch anzugeben, wenn ihnen gleichwertige Rückgriffsforderungen gegenüberstehen; besteht das Haftungsverhältnis gegenüberverbundenen Unternehmen, so ist dies jeweils gesondert anzugeben. Die Vermerke mußten auf Grund von Art. 14 der 4. EG-Richtlinien, der die Angabe aller Garantieverpflichtungen verlangt, sowie auf Grund von Art. 43 Abs. 1 Nr. 7 der 4. EG-Richtlinie vorgeschrieben werden. Die Verpflichtungen zu Buchstaben a bis d waren nach der alten Rechtslage gem. § 151 Abs. 5 AktG 1965 unter der Bilanz jeweils gesondert zu vermerken. Sonstige Haftungsverhältnisse waren bisher gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 7 AktG 1965 im Geschäftsbericht zu erläutern. Sie sind nunmehr im Anhang als Gesamtbetrag der sonsti854

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gen finanziellen Verpflichtungen, die nicht in oder unter der Bilanz erscheinen, anzugeben (§ 285 Nr. 3 H G B ; vgl. Rdn. 878). Bei dieser Regelung handelt es sich um einen bereits heute anerkannten Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung (vgl. Begr. zum Gesetzesentw., 92 f). Da die G m b H als Kapitalgesellschaft (vgl. SS 41, 42 Rdn. 3) gem. S 268 Abs. 7 H G B die Haftungsverhältnisse gesondert anzugeben hat, muß jede Eventualverbindlichkeit, jedes Haftungsverhältnis einzeln für sich gezeigt werden, ggf. unter Angabe gewährter Sicherheiten (vgl. Rdn. 877). Die Haftungsverhältnisse, die gegenüber verbundenen Unternehmen bestehen, sind gesondert in einem „davon-Vermerk" anzugeben. Die Bestimmung in § 251 Satz 2 HGB, daß diese Angaben auch zu machen sind, wenn diesen Verhältnissen gleichwertige Rückgriffsforderungen gegenüberstehen, ist unverändert aus dem AktG 1965 übernommen worden. Im einzelnen sind anzuführen: — Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln. Hier ist das Wechselobligo aufzuführen. Das Scheckobligo ist nicht anzugeben. Ebenso braucht das Obligo aus Mobilisierungs- und Kautionswechseln für eigene Verbindlichkeiten sowie aus Depotwechseln nicht vermerkt zu werden. In den Ausweis ist das Gesamtobligo einzubeziehen, d.h. alle Abschnitte sind einzubeziehen, aus denen die Gesellschaft als Ausstellerin oder Indossantin haftet. In der Praxis wird für die Berechnung des angabepflichtigen Betrages regelmäßig von der Wechselsumme ausgegangen; Nebenkosten bleiben im allgemeinen außer Betracht. Hierbei ist nicht maßgebend, ob es sich um Akzeptanten mit hoher oder geringer Bonität handelt. Entscheidend ist vielmehr, ob wechselmäßig ein Obligo besteht. Auch Akzepte öffentlicher Auftraggeber (z.B. Bundesbahn) sind daher hier zu nennen. Die Frage der Bonität der Akzeptanten ist bei der Bemessung etwa erforderlicher Rückstellungen zu berücksichtigen (vgl. WP-Handbuch 85/861,650; m.w.N.). — Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften. Es rechnen hierher Bürgschaften aller Art, auch Rückbürgschaften, Ausfallbürgschaften sowie (wegen S 778 BGB) Kreditaufträge. Wegen der Einzelheiten bei Wechsel- und Scheckbürgschaften vgl. u.a. Adler/Düring/ Schmaltz $ 151, 295 ff und 302. Dagegen sind bürgschaftsähnliche Rechtsverhältnisse als Verbindlichkeiten aus Gewährleistungsverträgen in diesen Unter-Strich-Ausweis nicht einzubeziehen. Zur Abgrenzung der Bürgschaft von einem Garantieversprechen vgl. B G H WPg. 67, 263. Die Schuldmitübernahme ist von der Bürgschaft nicht immer klar abgegrenzt. Dient sie primär der Absicherung des Gläubigers, so ist sie als Gewährleistung nicht zu vermerken; bezweckt sie dagegen die Befreiung des Hauptschuldners, so ist sie wie eine Erfüllungsübernahme als eigene Schuld zu passivieren. Bürgschaften Dritter zugunsten der Gesellschaft gehören nicht hierher; die Erwähnung im Niehus/Scholz

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Anhang ist aber möglich. H a t sich die Gesellschaft in unbeschränkter Höhe verpflichtet, gilt der Betrag des Bilanzstichtages. Haftet die Gesellschaft gesamtschuldnerisch, so ist der volle Betrag der Hauptschuld am Bilanzstichtag anzugeben (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 651). Zur Behandlung von Bürgschaften für Verpflichtungen, die aus dem Gewinn oder dem Liquidationsüberschuß zu tilgen sind, vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151,301. 632

— Verbindlichkeiten aus Gewährleistungsverträgen. Bei dem Begriff des Gewährleistungsvertrages i.S.v. § 251 H G B handelt es sich um einen bilanzrechtlichen Begriff. Die im Schrifttum und von der Rechtsprechung (vgl. RGZ 90, 416) in anderem Zusammenhang herausgestellten Begriffsmerkmale sind f ü r die Ausweispflicht nicht zwingend. Unter diese Ausweispflicht fallen die Gewährleistungen für fremde Leistungen; es kommen in Betracht bürgschaftsähnliche Rechtsverhältnisse: wie z.B. Kurs- und Ausbietungsgarantien, Patronatserklärungen (vgl. Id W - H FA 2/76 WPg. 76, 528 ff m.w.N.). Bei Gewährleistungen für eigene Leistungen kann es sich um unselbständige Garantiezusagen handeln. Sie sind nur insoweit ausweispflichtig, als Zusagen bei der Gesellschaft normalerweise nicht zu erwarten sind; branchenübliche Gewährleistungen brauchen daher nicht einbezogen zu werden. Ist das Risiko nicht bezifferbar, so ist eine entsprechende Erläuterung erforderlich. Für Gewährleistungen für fremde Leistungen ist der jeweilige Stand der Hauptschuld am Bilanzstichtag maßgebend (vgl. WP-Handbuch 85/861,651 f). 633 — Haftung aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten. Hier sind für fremde Verbindlichkeiten bestellte Sicherheiten auszuweisen, wie z.B. Grundpfandrechte, Sicherungsübereignungen, Verpfändungen beweglicher Sachen und Rechte. Die Bestellung von Sicherheiten für eigene Verbindlichkeiten ist dagegen im Anhang nach § 285 Nr. 1 b) H G B anzugeben. 8. Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden 634

a) Allgemeines. Bewerten bedeutet in diesem Zusammenhang die Zuordnung von Werten zu den im Rahmen der Inventur (vgl. Rdn. 9) ermittelten Gütermengen. Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren bisher in der Bewertung ihrer Vermögensgegenstände mehr oder weniger ausschließlich nur an die GoB (vgl. Rdn. 104 ff) gebunden, also weitgehend frei. Nunmehr ergibt sich insofern eine wesentliche Änderung in Bezug auf die Bewertung, als an die Stelle des allgemeinen Gebots der Bewertung zum beizulegenden Wert (§ 40 Abs. 2 H G B a.F.) detaillierte Bewertungsvorschriften treten, die grundsätzlich am Anschaffungswertprinzip orientiert sind. Dieses Prinzip erzwingt den Ansatz von Anschaffungskosten in der Bilanz, so daß diese Kosten in keinem Falle überschritten werden dürfen. Nach bisherigem Recht war eine 856

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niedrigere Bewertung als nach den aktienrechtlichen Vorschriften (§§ 149 ff AktG 1965) ausdrücklich zugelassen, sofern sie im Rahmen der GoB lag. So konnten z.B. im Anlagevermögen außerplanmäßige Abschreibungen dann vorgenommen werden, wenn sie bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig erschienen, um zu verhindern, daß in nächster Zukunft der Wertansatz außerplanmäßig geändert werden mußte. Gleiches galt für Rückstellungen und Valuta-Verpflichtungen. Nicht verboten war auch eine besonders vorsichtige, allen möglichen Risiken voll Rechnung tragende niedrigere Bewertung von Aktiv- bzw. umgekehrt von Passivposten. Nur dort, wo der Wertansatz willkürlich, also ohne sachbezogene Gründe gewählt war, war die Bewertung unzulässig. Des weiteren sind bei einer Bewertung nach den GoB Zwischenwerte, die zwischen den Wertansätzen verschiedener, zulässiger Bewertungsmethoden lagen, als zulässig angesehen worden. Diese Möglichkeiten entfallen nunmehr. Insgesamt stellen die Bewertungsvorschriften des H G B an die G m b H wesentlich strengere Anforderungen als nach bisherigem Recht (vgl. Jonas 80,200 f). Die Bewertungsvorschriften der §§ 252 ff und 279 ff H G B sind stark ge- 6 3 5 prägt durch die Bewertungsregeln der 4. EG-Richtlinie. So scheint das Vorsichtsprinzip (vgl. Rdn. 185) nicht mehr „primus inter pares" unter den Bewertungsvorschriften, sondern gleiches unter gleichen zu sein. Gefordert wird nämlich nunmehr ein den tatsächlichen Verhältnissen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft entsprechendes Bild (vgl. Rdn. 108 ff). Deshalb hat der Gesetzgeber auch die Wertaufholung grds. vorgeschrieben (§ 280 Abs. 1 Satz 1 HGB) und Ausnahmen nur zur Wahrung der Steuerneutralität der Transformation der 4. EG-Richtlinie zugelassen (§ 280 Abs. 2 HGB). Unter dieser Leitidee ist die Bewertung der Vermögensgegenstände vorzunehmen, die sich konkretisiert in allgemeinen Bilanzierungs- (vgl. Rdn. 108 ff) und Bewertungsgrundsätzen oder -prinzipien (vgl. Rdn. 154 ff) sowie in speziellen Bewertungsvorschriften, die ihrerseits weitgehend auf die Art der unterschiedlichen Vermögensgegenstände (vgl. Rdn. 291 ff) abheben. b) Bewertungsgrundsätze für das Anlagevermögen. Vermögensgegenstände 6 3 6 des Anlagevermögens (vgl. Rdn. 400 ff) sind mit den Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff) oder den Herstellungskosten (vgl. Rdn. 211 ff), vermindert um die Abschreibungen nach §§ 253 Abs. 2 (vgl. Rdn. 637 ff), 254 Abs. 1 H G B (vgl. Rdn. 725 ff), anzusetzen (§253 Abs. 1 Satz 1 l . H s . H G B i.V.m. §279 HGB). Wegen der Ubergangsvorschriften vgl. Rdn. 671. Diese Vorschriften enthalten die Grundsätze, nach denen Vermögensgegenstände der Kapitalgesellschaften zu bewerten sind, die nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften (vgl. Rdn. 108 ff) oder aufgrund spezieller Regelungen (vgl. Rdn. 194 ff) als Anlagevermögen auszuweisen sind. Diese Bewertungsgrundsätze treffen sowohl auf die immateriellen VermögensgegenNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

stände als auch auf die nicht abnutzbaren und die abnutzbaren Sachanlagen wie auch auf die Finanzanlagen zu. N u r für den zu aktivierenden derivativen Geschäfts- oder Firmenwert enthält der § 255 Abs. 4 H G B eine spezielle, davon abweichende Regelung (vgl. Rdn. 673). Diese Bewertungsvorschriften entsprechen weitgehend den §§ 153, 154 A k t G 1965. Die §§ 253 und 279 H G B erstrecken sich auf alle Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g , also auch auf Kreditinstitute, gemeinnützige Wohnungsunternehmen etc., soweit nicht im Einzelfall spezielle Vorschriften etwas abweichendes vorsehen (z.B. Vorschriften für Versicherungsunternehmen und Bausparkassen). § 253 Abs. 1 S a t z 1 H G B i.V.m. § 279 H G B schreibt zwingend den Ansatz von Anschaffungs- oder Herstellungskosten vor, soweit nicht Abschreibungen vorzunehmen sind. Damit soll grundsätzlich eine höhere Bewertung verhindert werden. Eine höhere Bewertung würde gegen das Realisationsprinzip (vgl. Rdn. 186) verstoßen, eine niedrigere Bewertung zur willkürlichen Bildung stiller Reserven führen, die nicht mit dem „true and fair v i e w " (vgl. Rdn. 112) vereinbar ist und die Folgen aus §§ 331 ff H G B nach sich ziehen kann.

Zu den Ubergangsvorschriften vgl. Rdn. 671.

637

638

c) Abschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens. Die auf die

Vermögensgegenstände des Anlagevermögens vorzunehmenden handelsrechtlichen Abschreibungen sind im § 2 5 3 Abs. 1 S a t z 1, Abs. 2 und Abs. 4 H G B i.V.m. § 279 H G B geregelt. N u r die Abschreibung auf den aktivierten Geschäfts- oder Firmenwert ist — an sich systematisch unbegründet — im § 255 Abs. 4 S ä t z e 2 und 3 H G B normiert (vgl. Rdn. 737). Die Berücksichtigung steuerrechtlicher Vorschriften bei der Bemessung der Abschreibungen ist in dem § 254 H G B erfaßt (vgl. Rdn. 725 ff).

Die Vorschrift des § 253 Abs. 2 H G B unterscheidet, wie ihre Vorgängerin im deutschen Bilanzrecht (§ 154 A k t G 1965), zwischen planmäßiger und außerplanmäßiger Abschreibung. N a c h § 253 Abs. 2 S ä t z e 1 und 2 H G B sind bei den Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren N u t z u n g zeitlich begrenzt ist (abnutzbare Vermögensgegenstände), die Anschaffungsoder Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen (vgl. Rdn. 642) zu vermindern. D e r Plan muß die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach einer den G o B (vgl. Rdn. 104 ff) entsprechenden Abschreibungsmethode auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. N a c h Abs. 2 S a t z 3 2. H s . dieser N o r m sind bei den Vermögensgegenständen des Anlagevermögens im Falle einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ohne Rücksicht darauf, ob ihre N u t z u n g zeitlich begrenzt ist, außerplanmäßige Abschreibungen (vgl. Rdn. 662) vorzunehmen, um die Vermögensgegenstände mit dem niedrigeren Wert, der ihnen am Abschlußtag beizulegen ist, anzusetzen. 858

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Gehören Vermögensgegenstände zu den Finanzanlagen, so dürfen Ab- 639 Schreibungen nach Satz 1 auch vorgenommen werden, wenn eine Wertminderung nicht von Dauer ist (§ 279 Abs. 1 Satz 2 H G B i.V.m. § 253 Abs. 2 Satz 3 1. Hs. HGB). Alle Gesellschaften mit beschränkter Haftung müssen den Betrag der außerplanmäßigen Abschreibungen in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert ausweisen oder diese Beträge im Anhang gesondert angeben (S 277 Abs. 3 Satz 1 HGB). Die Abschreibungen haben insofern Instrumentalcharakter, als sie dazu 640 beitragen, im Jahresabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln (vgl. Rdn. 108 ff). Abschreibungen wirken sich in der Bilanz auf die Darstellung der Vermögenslage aus, da eingetretene Wertminderungen der Anlagen bei deren Wertansatz berücksichtigt werden. Indem sie in der Gewinn· und Verlustrechnung als Aufwand berücksichtigt werden, nehmen sie Einfluß auf die Darstellung der Ertragslage. Da Abschreibungen die Ausschüttung von Erträgen und i.d.R. die Steuerlast einer Gesellschaft mindern, haben sie indirekt auch Einfluß auf die Finanzlage einer Gesellschaft (vgl. hierzu u.a. Wöhe 84, 652). Die Wertminderungen, die die Gegenstände des Anlagevermögens erfah- 641 ren, haben unterschiedliche Ursachen. Sie können durch technische Abnutzung der Anlage hervorgerufen, auf wirtschaftliche Entwertung der Anlage zurückzuführen oder durch juristische Zwänge begründet sein. In Zeiten allgemeiner Geldentwertung kann es auch vorkommen, daß Anlagen trotz der angeführten Wertminderungen einen über dem letzten Bilanzansatz liegenden Wertzuwachs aufgrund steigender Preise erfahren haben. Dieser Wertzuwachs darf nach herrschender Meinung bei den vorzunehmenden Abschreibungen nicht berücksichtigt werden (vgl. u.a. Adler/Düring/ Schmaltz § 154, 5). Abgeschrieben werden muß, d.h. planmäßige Abschreibungen sind vorzu- 642 nehmen, wenn die Nutzung der Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zeitlich begrenzt ist. Eine zeitliche Begrenzung der Nutzung kann sich daraus ergeben, daß der Gegenstand einer der angeführten Abschreibungsursachen (vgl. Rdn. 641) unterliegt. Zu diesen Gegenständen gehören u.a. Gebäude, Maschinen und technische Anlagen, die Betriebs- und Geschäftsausstattung, aber auch Grundstücke, die ausgebeutet werden, sowie nicht unbegrenzt nutzbare gewerbliche Schutzrechte und Lizenzen an solchen Rechten. Zweifelhaft kann sein, ob unbefristete Rechte einer langfristigen Entwertung unterliegen, ggf. fordert die kaufmännische Vorsicht (vgl. Rdn. 185), von zeitlich begrenzter Nutzung auszugehen. Anlagen, die z.T. zeitlich begrenzt, z.T. zeitlich unbegrenzt nutzbar sind, sind getrennt zu bewerten. Ist dies nicht möglich, so ist die Gesamtanlage bis auf den Wert der nach vollständiger Nutzung Niehus/Scholz

859

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

verbleibenden Restanlage abzuschreiben (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff § 154, 3 f). 643

Der Grundsatz der Planmäßigkeit fordert, daß bereits von der ersten Abschreibung ein Abschreibungsplan, d.h. ein bestimmter Plan, der nicht schriftlich und nicht für jeden einzelnen Gegenstand vorzuliegen braucht, sondern sich auch aus allgemeinen bilanzpolitischen Anweisungen oder aus ständiger Handhabung ergeben kann, aufgestellt sein muß. Er muß die rechnerischen Grundlagen der Abschreibung enthalten.

Die sind: a) die zu verteilenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 645), b) die voraussichtliche Nutzungsdauer des Anlagegegenstandes (vgl. Rdn. 646), c) die gewählte Abschreibungsmethode (vgl. Rdn. 649 ff). Die Abschreibungen für das erste Jahr und die künftigen Jahre werden solange durch diesen Plan bestimmt (damit wird dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit auf dem Gebiete der Abschreibung entsprochen, vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 154, 17), solange nicht wichtigere Gründe zu einer Änderung führen (vgl. Rdn. 656 ff). 644 Eine planmäßige Abschreibung dient nicht der Erfassung der Wertminderung zum Bilanzstichtag, sondern der aufwandsmäßigen Abgrenzung (Periodisierung) der angefallenen Ausgaben (vgl. Adler/Düring/Schmalz § 154,13). 645

Die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Nutzungsdauer wird dadurch verwirklicht, daß der Abschreibungsplan diese Kosteix so verteilt, daß in jedem Jahr der voraussichtlichen Nutzung des Gegenstandes ein Teilbetrag vom Wertansatz des Vorjahres abgezogen (abgeschrieben) wird. Verteilt werden darf nur der aktivierte Betrag, also die Anschaffungs· oder Herstellungskosten. Sie bilden die absolute Wertobergrenze. Der Wortlaut des Gesetzes scheint eine Abschreibung auf Null bzw. auf den Erinnerungswert (vgl. Rdn. 151) zu fordern. Nach den GoB ist es jedoch zulässig und grundsätzlich auch geboten, nur bis auf den am Ende der Nutzungsdauer verbleibenden Restwert abzuschreiben, da die Abschreibung die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nur — entsprechend einem grob geschätzten Wertverzehr der Anlage — über die Nutzungsdauer verteilen soll (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 154, 7 m.w.N.). Restwert ist der Betrag, der sich nach Abzug der Abgangskosten ergibt (Veräußerungs- oder Schrottwert). Läßt er sich nicht genügend sicher beziffern (z.B. bei stark schwankenden Schrottpreisen) oder ist er von untergeordneter Bedeutung, ist die Abschreibung der vollen aktivierten Kosten geboten.

646

Grundlage für den Abschreibungsplan (vgl. Rdn. 643) ist die voraussichtliche Nutzungsdauer. Sie dient der rechnerischen Ermittlung des Abschreibungssatzes (100 : Anzahl der Jahre der Nutzungsdauer) und der Verteilung 860

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

d e r A n s c h a f f u n g s - o d e r H e r s t e l l u n g s k o s t e n auf die P e r i o d e n d e r a n g e n o m m e n e n N u t z u n g des V e r m ö g e n s g e g e n s t a n d e s . D i e v o r a u s s i c h t l i c h e N u t z u n g s d a u e r ist z u s c h ä t z e n . F ü r die S c h ä t z u n g w i r d ein B e u r t e i l u n g s s p i e l r a u m z u g e s t a n d e n w e r d e n m ü s s e n , dessen G r e n z e n d u r c h die a l l g e m e i n e n B i l a n z i e r u n g s - (vgl. R d n . 108 f f ) u n d B e w e r t u n g s v o r s c h r i f t e n (vgl. R d n . 154 f f ) g e z o g e n w e r d e n . F ü r Z w e c k e d e r B e s t e u e r u n g h a t d e r B d F A f A - T a b e l l e n h e r a u s g e g e b e n (u.a. a b g e d r u c k t in B e c k ' s c h e T e x t a u s g a b e n , S t e u e r t a b e l l e n 1 / 6 ) , in d e n e n die „ b e t r i e b s g e w ö h n l i c h e N u t z u n g s d a u e r v o n W i r t s c h a f t s g ü t e r n " festgestellt ist. In b e g r ü n d e t e n Fällen k a n n v o n diesen T a b e l l e n , die in p r a x i w e i t e V e r b r e i t u n g g e f u n d e n h a b e n , a b g e w i c h e n w e r d e n . D i e v o r a u s s i c h t l i c h e N u t z u n g s d a u e r e n d e t spätestens, sobald die A n lage t e c h n i s c h v e r b r a u c h t ist. D i e s e t e c h n i s c h e N u t z u n g s d a u e r ist i.d.R. jed o c h n i c h t e n t s c h e i d e n d , d a die w i r t s c h a f t l i c h e N u t z u n g s d a u e r o f t f r ü h e r e n d e t ( a u c h bei A n l a g e n , die t e c h n i s c h n o c h e i n z u s e t z e n w ä r e n ) . Ist dies d e r Fall, ist die w i r t s c h a f t l i c h e N u t z u n g s d a u e r f ü r die S c h ä t z u n g m a ß g e b e n d . Diese k ü r z e r e N u t z u n g s d a u e r k a n n b e t r i e b s w i r t s c h a f t l i c h (z.B. m a n g e l n d e Rentabilität, Ü b e r h o l u n g durch technischen Fortschritt, Produktionsumstell u n g ) , juristisch (z.B. A b l a u f v o n S c h u t z f r i s t e n , h o h e i t l i c h e A u f l a g e n ) o d e r b e trieblich (z.B. P r o d u k t i o n s u m - o d e r - e i n s t e l l u n g e n ) b e g r ü n d e t sein (vgl. u.a. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f § 154, 9 f f ) . A n l a g e n , die im L a u f e eines G e s c h ä f t s j a h r e s d e r N u t z u n g z u g e f ü h r t w e r d e n , w e r d e n aus Vereinfachungsgründen meist nicht g e n a u e n t s p r e c h e n d i h r e r N u t z u n g s f r i s t ( p r o r a t a t e m p o r i s ) a b g e s c h r i e b e n , s o n d e r n in A n l e h n u n g an die s t e u e r r e c h t l i c h e R e g e l u n g in A b s c h n i t t 4 3 Abs. 7 S a t z 3 E S t R 1984 w i r d f ü r diese, s o w e i t sie im e r s t e n H a l b j a h r z u g e g a n g e n sind, die volle Jahresabschreibung, im ü b r i g e n die halbe Jahresabschreibung a n g e s e t z t .

647

P l a n m ä ß i g e Abschreibungen sind spätestens ( z u r A b s c h r e i b u n g auf d e n F i r m e n w e r t vgl. R d n . 737) a m Ende des Geschäftsjahres v o r z u n e h m e n , in d e m d e r V e r m ö g e n s g e g e n s t a n d e r w o r b e n w i r d ; sie m ü s s e n mit d e m E n d e d e r v o r aussichtlichen N u t z u n g s d a u e r a u s l a u f e n . R e s e r v e - A g g r e g a t e sind als solche v o m Z e i t p u n k t i h r e r B e t r i e b s b e r e i t s c h a f t an a b z u s c h r e i b e n .

648

P l a n m ä ß i g e A b s c h r e i b u n g e n s e t z e n eine Abschreibungsmethode v o r a u s , 6 4 9 die f r e i a u s z u w ä h l e n ist. U n t e r s t e l l t w i r d j e d o c h , d a ß die A b s c h r e i b u n g s v e r f a h r e n d e n G o B (vgl. R d n . 104 f f ) e n t s p r e c h e n , in d e r k a u f m ä n n i s c h e n P r a x i s üblich sind u n d z u e i n e r sinnvollen, n i c h t w i l l k ü r l i c h e n V e r t e i l u n g d e r A n s c h a f f u n g s - o d e r H e r s t e l l u n g s k o s t e n f ü h r e n . D i e s ist d e r Fall, w e n n die g e w ä h l t e M e t h o d e d e r v o r a u s s i c h t l i c h e n N u t z u n g s k u r v e nicht n a c h h a l t i g z u w i d e r l ä u f t (vgl. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f 5 154, 13 m . w . N . ) . D i e bisher b e k a n n t e n A b s c h r e i b u n g s v e r f a h r e n bleiben a u c h n a c h I n k r a f t t r e t e n des B i R i L i G zulässig (vgl. a u c h F o r s t e r BB 83, 33). In d e r P r a x i s w i r d v o r w i e g e n d mit f o l g e n d e n M e t h o d e n g e a r b e i t e t : Niehus/Scholz

861

HGB §§ 238-335

650

Rechnungslegung

— Lineare Abschreibung (Abschreibung in gleichen Jahresraten). Die einf a c h s t e A r t d e r zeitlichen A b s c h r e i b u n g ist die, bei d e r die A n s c h a f f u n g s - o d e r H e r s t e l l u n g s k o s t e n d u r c h die N u t z u n g s d a u e r geteilt w e r d e n u n d so ein f ü r die Jahre der N u t z u n g gleicher Abschreibungsbetrag ermittelt wird. Diese Abs c h r e i b u n g unterstellt eine völlige g l e i c h m ä ß i g e A b n u t z u n g des V e r m ö g e n s g e g e n s t a n d e s , w a s j e d o c h unrealistisch ist, b e r ü c k s i c h t i g t m a n , d a ß d e r N u t z e n e i n e r A n l a g e in s p ä t e r e n J a h r e n d u r c h z u n e h m e n d e R e p a r a t u r a n f ä l l i g k e i t a b n i m m t o d e r d a ß d e r M a r k t w e r t eines V e r m ö g e n s g e g e n s t a n d e s im allgemein e n s c h o n d a d u r c h e r h e b l i c h sinkt, d a ß er in G e b r a u c h g e n o m m e n w i r d . D a h e r e n t s p r i c h t die lineare A b s c h r e i b u n g nicht in allen Fällen d e n G o B (vgl. h i e r z u a u c h Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f § 154, 15 m.w.N.).

651

— Degressive Abschreibung (Abschreibung in fallenden Jahresraten). Bei b e w e g l i c h e n u n d i m m a t e r i e l l e n V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e n b e r ü c k s i c h t i g t sie i.d.R. a m besten d e n N u t z u n g s v e r s c h l e i ß u n d d a r ü b e r h i n a u s d e n V e r l a u f d e r W e r t m i n d e r u n g allgemein (vgl. Kropff a a O § 154, 14). Z w e i M e t h o d e n d e r d e gressiven A b s c h r e i b u n g w e r d e n u n t e r s c h i e d e n : die g e o m e t r i s c h e ( B u c h w e r t a b s c h r e i b u n g ) u n d die a r i t h m e t i s c h e (digitale).

652

Bei d e r g e o m e t r i s c h - d e g r e s s i v e n M e t h o d e w i r d mittels eines f e s t g e l e g t e n Abschreibungsprozentsatzes vom Buchwert abgeschrieben. Diese M e t h o d e f ü h r t b e s o n d e r s bei k u r z e r N u t z u n g s d a u e r z u e i n e m relativ h o h e n R e s t w e r t , d e r e n t w e d e r z u s a m m e n mit d e r letzten A b s c h r e i b u n g s r a t e o d e r bei w e i t e r e r N u t z u n g mit H i l f e d e r l i n e a r e n M e t h o d e a b g e s c h r i e b e n w i r d . Beispiel: K o m b i n a t i o n degressiver mit l i n e a r e r A b s c h r e i b u n g . A n s c h a f f u n g s k o s t e n D M 100 0 0 0 , — ; N u t z u n g s d a u e r 10 J a h r e Abschreibung geometrisch-degressiv Jahr

Satz

Satz

75.000 100.000 56.250 75.000 42.187 56.250 31.640 42.187 23.730 31.640 17.798 23.730

1/10 1/9 1/8 1/7 1/6 1/5

10.000 8.333 7.031 6.027 5.273 4.746

13.348

1/4

4.450

13.348

4.450 4.450 4.448

8.898 4.448 0

1 2 3 4 5 6

100.000 75.000 56.250 42.187 31.640 23.730

25% 25% 25% 25% 25% 25%

25.000 18.750 14.063 10.547 7.910 5.932

7

17.798

25%

4.450

25% 25% 25%

3.337 2.503 1.877

8 9 10 862

Buchw. alt

13.348 10.011 7.508

geometrisch-degressiv/linear

Buchw. Buchw. Betrag alt neu Verglächswert

Niehus/Scholz

17.798 13.348 8.898 4.448

Vergleichs- Buchw. wert neu Betrag

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

Soll im Rahmen dieser Methode auf einen bestimmten vorgegebenen Restwert abgeschrieben, d.h. die Differenz zwischen Anschaffungskosten (A) und Restwert am Ende der Nutzungsdauer ( R J auf die Jahre der Nutzungsdauer (n) verteilt werden, so errechnet man den Abschreibungssatz (p) nach folgender Formel

(aus Coenenberg 109). Das Steuerrecht (§ 7 Abs. 2 EStG; Abschnitt 43 Abs. 6 EStR 1984) läßt diese Methode nicht uneingeschränkt zu. Bei der arithmetisch-degressiven Abschreibung fallen die jährlichen Ab- 6 5 3 schreibungssätze jeweils um denselben Betrag, der in Abhängigkeit von dem gewünschten Restbuchwert am Ende der voraussichtlichen Nutzungsdauer und der ersten Abschreibungsrate bestimmt wird. Beispiel: Digitale Abschreibung Anschaffungswert: 20 000 DM, Nutzungsdauer 4 Jahre 20 000 Degressionsbetrae = = 2 000 1+2 + 3 + 4 Jahr

Buchwert alt

Abschreibungsbetrag

Buchwert neu

1 2 3 4

20.000 12.000 6.000 2.000

4 χ 2.000 = 8.000 3 χ 2.000 = 6.000 2 x 2.000 = 4.000 1 χ 2.000 = 2.000

12.000 6.000 2.000 0

(aus Coenenberg

110).

Zur steuerlichen Zulässigkeit vgl. § 7 Abs. 2 EStG. — Progressive Abschreibung (Abschreibung in steigenden Jahresraten). Die 6 5 4 Anwendung dieser Abschreibungsmethode führt in den ersten Jahren der Nutzung zu einer geringen Belastung des Jahresergebnisses. Die Abschreibungsbeträge können in geometrischer oder aritmethischer Folge steigen. Diese Methode entspricht nur selten dem Nutzungsverlauf (z.B. bei Obstplantagen, Einrichtungen der Verkehrs- und Versorgungsbetriebe). Daher wird sie nur in Ausnahmefällen den GoB entsprechen (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 154, 16). Das Steuerrecht läßt die progressive zeitbedingte AfA als Ausnahme von dem steuerrechtlichen Regelfall der linearen Abschreibung nicht zu (vgl. § 7 Abs. 2 EStG). — Abschreibung nach Maßgabe der Leistung. Die Abschreibung nach der 6 5 5 Inanspruchnahme oder Leistung (leistungsbedingte Abschreibung) kommt vor Niehus/Scholz

863

HGB § § 238-335

Rechnungslegung

allem bei Vermögensgegenständen in Betracht, deren Gesamtleistung einigermaßen sicher voraussehbar ist. Als weitgehend zeitlich unabhängige Abschreibung ist bei diesem Verfahren nicht die Nutzungsdauer, sondern die mögliche Leistungs- bzw. Nutzungsabgabe zu schätzen, z.B. zu produzierende Stücke, zu fahrende Maschinenstunden. Der Abschreibungsbetrag wird ermittelt, indem die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 195 ff, 211 ff) durch die Anzahl der voraussichtlich erzielbaren Leistungseinheiten dividiert werden. Die Periodenabschreibung richtet sich also nach dem Umfang der Inanspruchnahme oder Leistung in der Periode. Obwohl § 253 Abs. 2 Satz 2 H G B ausdrücklich die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verlangt, ist die Leistungsabschreibung in geeigneten Fällen zulässig (vgl. Kropff in Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff § 154, 17 m.w.N.). Zur steuerlichen Zulässigkeit dieser Methode vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG i.V.m. Abschnitt 43 Abs. 5 EStR 1984. 656

Planmäßige Abschreibung setzt voraus, daß der ursprünglich aufgestellte Abschreibungsplan eingehalten wird. Dennoch können später eintretende neue Umstände oder später gewonnene Erkenntnisse eine Änderung des Abschreibungsplans notwendig machen ( = obligatorische Planänderung) oder jedenfalls vertretbar erscheinen lassen ( = fakultative Planänderung). Willkürliche Planänderungen sind jedoch immer unzulässig.

657

Eine obligatorische Planänderung kann aus verschiedenen Gründen notwendig werden. Sie ist z.B. dann erforderlich, wenn (a) eine Abschreibung nach dem bisherigen Abschreibungsplan die Jahre der Nutzung mit zu niedrigen Abschreibungen belasten würde (Korrektur der Nutzungsdauerschätzung); (b) eine Abschreibung nach dem bisherigen Abschreibungsplan die ersten Jahre der Nutzung zu gering belasten würde (Korrektur der Abschreibungsmethode); (c) eine außerplanmäßige Abschreibung erfolgt ist (Korrektur der Bezugsgröße s.u.).; (d) eine Zuschreibung zur Aufhebung einer außerplanmäßigen Abschreibung vorgenommen wird (vgl. Rdn. 458). In diesen Fällen handelt es sich um notwendig durchzuführende Planänderungen, vorausgesetzt, daß es sich nicht um nur unwesentliche (vgl. Rdn. 128) Abweichungen vom ursprünglichen Plan handelt (vgl. Adler/Düring/Schmaltz §154, 51 ff). Die Korrektur führt dazu, daß der Restbuchwert auf die Restnutzungsdauer ggf. unter Anwendung einer neu festgesetzten Abschreibungsmethode verteilt wird. Die Korrektur der Abschreibungsmethode vollzieht sich derart, daß die neue Methode auf den Restbuchwert angewandt wird (vgl. hierzu auch 864

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§

238-335

das Beispiel in Rdn. 652, Übergang von der degressiven zur linearen Abschreibung). Die Technik zur Durchführung einer außerplanmäßigen Abschreibung (vgl. Rdn. 656, 662 ff) veranschaulicht folgendes Beispiel: Anschaffungskosten D M 10 000, voraussichtliche Nutzungsdauer 10 Jahre, lineare Abschreibungsmethode. Am Ende des vierten Jahres erfolgt eine außerplanmäßige Abschreibung auf den beizulegenden Wert (vgl. Rdn. 240): DM Anschaffungskosten Abschreibungen für die ersten drei Jahre

10 000 3 000 7 000 2 800 4 200

Abschreibung im vierten Jahr

restliche Nutzungsdauer

6 Jahre

künftige jährliche Abschreibung

D M 700

Fakultative Planänderungen sind nach dem Inkrafttreten des BiRiLiG nur 6 5 8 insoweit zulässig, als dem nicht das in § 252 Abs. 1 Nr. 6 H G B normierte Stetigkeitsgebot der Bewertungsmethoden (vgl. Rdn. 172 ff) entgegensteht, denn das Stetigkeitsgebot erfaßt auch die Abschreibungsmethode (vgl. Göllert/Ringling DB 83, 949 ff; Selcbert DB 84, 1890; Göllert/Ringling BB 85, 970; Eckes BB 85, 1441). Änderungen des Abschreibungsplans sind künftig nur noch in begründeten Ausnahmefällen (vgl. Rdn. 181) zulässig. Da die Ausnahme nicht zur Regel werden darf (vgl. aaO), wird darüber hinaus u.E. eine Planänderung nur anläßlich einer (nicht notwendigen) Neuschätzung der Nutzungsdauer in Betracht kommen. Eine Änderung der Nutzungsdauerschätzung ist u.E. auch künftig dann möglich, wenn sich während der Nutzung einer Anlage ihre erheblich längere Nutzungsdauer abzeichnet (vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz zum Aktiengesetz 1965 § 154, 59 ff). Wird aber durch eine zulässige Neuschätzung der Nutzungsdauer die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse, die das Stetigkeitsgebot gewährleisten will (vgl. z.B. Forster 85, 39) ohnehin gestört, so besteht u.E. kein Grund, eine mit der Neuschätzung der Nutzungsdauer einhergehende Änderung des Abschreibungsverfahrens zu untersagen. Zur Rückgängigmachung von außerplanmäßigen Abschreibungen vgl. Rdn. 710, zur buchtechnischen Durchführung einer Planänderung vgl. Rdn. 657. Uber Planänderungen ist grundsätzlich im Anhang zu berichten (vgl. 6 5 9 Rdn. 851). Abschreibungen nach Maßgabe des Jahreserfolgs oder der Rentabilität 6 6 0 einer Anlage sind nach h.M. unzulässig (vgl. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E k kardt/Kropff $ 154,18 m.w.N.); sie entsprechen nicht den GoB. Niehus/Scholz

865

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

661

Den planmäßigen Abschreibungen im Handelsrecht entsprechen die Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung im Steuerrecht (vgl. § 7 EStG). Die danach zulässigen Abschreibungssätze entsprechen i.d.R. dem Nutzungsverlauf und sind daher im allgemeinen auch für die Handelsbilanz zulässig (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 154, 19 m.w.N.). Steuerlich zulässige Sonderabschreibungen (vgl. Rdn. 725 ff) stellen jedoch keine planmäßigen Abschreibungen dar (vgl. hierzu auch Rdn. 636).

662

Außerplanmäßige Abschreibungen sind auf sämtliche Vermögensgegenstände des Anlagevermögens vorzunehmen, um sie mit dem niedrigeren am Bilanzstichtag beizulegenden Wert anzusetzen, sofern dieser niedrigere Wert voraussichtlich dauerhaft ist (vgl. § 253 Abs. 2 Satz 3 2. Hs. H G B ; vgl. Rdn. 670). Insoweit besteht eine Abschreibungspflicht wie bei der planmäßigen Abschreibung. Im Gegensatz zur planmäßigen Abschreibung besteht jedoch für die außerplanmäßige Abschreibung auf Finanzanlagen (vgl. Rdn. 669 f) grundsätzlich ein Bewertungswahlrecht (vgl. Rdn. 361), soweit, nicht eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt. Die übrigen Anlagegüter dürfen in diesem Fall nicht außerplanmäßig abgeschrieben werden (§ 279 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 253 Abs. 2 Satz 3 1. Hs. HGB). Dies erklärt sich daraus, daß diese Anlagegüter bis zu ihrem völligen Wertverzehr in den Unternehmen genutzt werden können. Eine vorübergehende Wertminderung dieser Gegenstände berührt also das Unternehmen wirtschaftlich nicht. Nimmt eine Gesellschaft außerplanmäßige Abschreibungen vor oder muß sie diese vornehmen, ist sie zum gesonderten Ausweis des Betrages dieser Abschreibungen in der Erfolgsrechnung (vgl. Rdn. 799) oder zur Erläuterung des Betrages im Anhang verpflichtet (§ 277 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. HGB). Die Angabepflicht erklärt sich daraus, daß in diesem Fall gesetzlich damit das Stetigkeitsgebot des § 252 Abs. 1 Nr. 6 H G B durchbrochen wird.

663

Welcher niedrigere Wert in diesem Falle für den Bilanzansatz heranzuziehen ist, kann im Einzelfall zweifelhaft sein, da der Gesetzgeber hierfür keinen eigenständigen Wertmaßstab geschaffen hat (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 154, 25). Fest steht lediglich die Basis. Das können die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 195 ff), ggf. vermindert um die planmäßigen Abschreibungen (vgl. Rdn. 642), sein oder ein Buchwert, der sich nach Vornahme einer in früheren Abrechnungsperioden verrechneten außerplanmäßigen Abschreibung ergeben hat. Da der niedrigere Wert i.S.d. § 253 Abs. 2 Satz 3 1. Hs. H G B nicht für alle Situationen definiert werden kann, darf davon ausgegangen werden, daß ein nach dem Zweck der Bestimmung (Verhütung eines zu hohen Bilanzansatzes) und unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles ermittelter Wert der sinnvollste Wert ist (vgl. Adler/Diiring/Schmaltz § 154, 73). Zur Bestimmung des beizulegenden Wertes (vgl. auch Rdn. 240 ff) lassen 866

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

sich der Ertragswert, der Wiederbeschaffungswert oder der Einzelveräußerungswert als Hilfswert heranziehen. Besonders für Beteiligungen und immaterielle Vermögensgegenstände (z.B. 6 6 4 Patente, Lizenzen und ähnliche Rechte), die als solche keinen Wiederbeschaffungswert haben, kann der beizulegende Wert aus dem Ertragswert abzuleiten sein, wenn er einigermaßen sicher ermittelt werden kann. Grundlage zur Ertragswertermittlung können z.B. vereinnahmte Lizenzgebühren bei Patenten oder zustehende Gewinnanteile bei Beteiligungen sein, ggf. bilden vermiedene Mehrkosten die Wertermittlungsbasis (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 154, 77 f; Kropffm G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f § 154,26 m.w.N.). Ein Wiederbeschaffungswert als beizulegender Wert kommt z.B. in Be- 6 6 5 tracht, wenn der gleiche oder ein vergleichbarer Gegenstand zu niedrigeren Anschaffungs- oder Herstellungskosten am Bilanzstichtag wiederbeschafft werden kann. Bei gebrauchten Anlagen, für die es ggf. keinen Markt gibt, kann der Wiederbeschaffungswert aus den Anschaffungskosten einer gleichwertigen neuen Anlage unter Abzug der notwendigen planmäßigen Abschreibungen entsprechend der bisherigen Nutzungsdauer hergeleitet werden. Für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, für die ein Börsen- oder Marktpreis bekannt ist, ist der Wiederbeschaffungswert aus dem zum Bilanzstichtag festgestellten Börsen- oder Marktpreis abzuleiten. Wiederbeschaffungskosten begrenzen einen beizulegenden Wert nach oben (vgl. u.a. Adler/ Düring/Schmaltz § 154,74 ff). Ein Veräußerungs- oder Einzelveräußerungswert — falls überhaupt fest- 6 6 6 stellbar — kommt nur in Ausnahmefällen als beizulegender Wert in Betracht, da Gegenstände des Anlagevermögens primär nicht zur Veräußerung bestimmt sind. Er ist aber als Hilfswert heranzuziehen, weil selbst bei niedrigerem Ertrags- oder Wiederbeschaffungswert außerplanmäßig nicht unter den Veräußerungswert abgeschrieben werden darf. Er stellt insoweit die untere Wertgrenze dar. Bei Gegenständen, die nicht mehr benötigt werden, daher auch nicht wiederbeschafft werden, ist jedoch nur der Veräußerungswert anzusetzen (vgl. Kropffm G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f § 154, 28). Veräußerungswert ist im allgemeinen der voraussichtliche Veräußerungspreis abzüglich Preisnachlässe, zurückgewährter Entgelte, noch entstehender Veräußerungskosten. Anhaltspunkte liefern z.B. Gebrauchtmarktpreislisten. Ist ein Verkaufserlös nur schwer abzuschätzen (z.B. bei Spezialanlagen), wird aus Vorsichtsgründen oft nur der Schrottwert abzüglich evtl. entstehender Abbruch- oder Demontagekosten als Veräußerungswert anzusehen sein. Außerplanmäßige Abschreibungen können auch wegen mangelnder Renta- 6 6 7 bilität des Unternehmens, wegen veralteter Anlagen oder wegen struktureller Unrentabilität eines ganzen Wirtschaftszweigs geboten erscheinen oder notwendig sein. Ggf. kommt in diesen Fällen eine Abschreibung auf den niedrigeNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

ren Veräußerungs- oder Schrottwert in Betracht (vgl. § 154, 79 ff).

Adler/Düring/Scbmaltz

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Im Rahmen des § 253 Abs. 2 Satz 3 1. Hs. H G B kommt dem steuerrechtlichen Teilwert (vgl. Rdn. 244) keine eigenständige Bedeutung zu. Er nimmt aber im Steuerrecht die Funktion wahr, die der beizulegende niedrigere Wert in der Handelsbilanz innehat. Der beizulegende Wert dokumentiert die Bewertungsuntergrenze in der Handelsbilanz. Aus der Aufgabengleichheit folgt, daß die Grundsätze zur Bestimmung des Teilwertes bei der Bestimmung des beizulegenden Wertes relevant werden können, sofern sich nicht aus der abweichenden Zielsetzung der Handelsbilanz (vgl. Rdn. 98 ff) etwas anderes ergibt. Darüber hinaus kann der Teilwert über die steuerrechtlichen Abschreibungen des § 254 Satz 1 H G B in der Handelsbilanz Bedeutung erlangen (vgl. Rdn. 725 ff)

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Außerplanmäßige Abschreibungen dürfen auf Vermögensgegenstände des Finanzanlagevermögens bei vorübergehender Wertminderung vorgenommen werden (fakultative außerplanmäßige Abschreibung, § 279 Abs. 1 Satz 2 H G B i.V.m. § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB). Insoweit ist die Beschränkung dieser Abschreibung auf Vermögensgegenstände des Finanzanlagevermögens neu im deutschen Bilanzrecht (§ 154 Abs. 2 AktG 1965 enthielt sie nicht). Sie geht auf Art. 35 Abs. 1 c) Unterabsatz aa) der 4. EG-Richtlinie zurück. Es genügt, daß lediglich am Bilanzstichtag ein niedriger Wert bestanden hat, der jedoch nicht eine dauernde Wertminderung darstellen darf. Die Gesellschaft hat bei diesen Gegebenheiten die Wahl, eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen oder nicht (Bewertungswahlrecht, vgl. Rdn. 361). Aus Vorsichtsgründen (vgl. Rdn. 185 ff) wird sich häufig eine derartige Abschreibung empfehlen, zumal oft zweifelhaft ist, ob eine Wertminderung tatsächlich nur vorübergehend ist. Häufiges Anwendungsgebiet dieser Bewertungsvorschrift sind die Wertpapiere des Anlagevermögens, z.B. wenn deren Kurswert am Bilanzstichtag unter den Anschaffungskosten liegt, in der Folgezeit jedoch wieder ansteigt (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 154, 82). Auch diese außerplanmäßige Abschreibung ist gem. § 277 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. H G B in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben.

670

Außerplanmäßige Abschreibungen müssen bei voraussichtlich dauernder Wertminderung von Anlagegütern (einschließlich Finanzanlagen) vorgenommen werden (obligatorische außerplanmäßige Abschreibung; vgl. § 253 Abs. 2 Satz 3 2. Hs. HGB). Eine dauernde Wertminderung ist in einem nachhaltigen Absinken des den Gegenständen des Anlagevermögens zum Bilanzstichtag beizulegenden Wertes unter den Buchwert zu sehen. Im Zweifel ist immer von einer dauernden Wertminderung auszugehen, wenn nicht konkrete Hinweise für eine nur vorübergehende Wertminderung vorliegen. N u r vorübergehende Wertminderung bei Gegenständen des Anlagevermögens, 868

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

die nicht Finanzanlagen sind, dürfen als außerplanmäßige Abschreibung nicht berücksichtigt werden (vgl. Rdn. 662 und 669). Diese Norm ist vor allem auf Gegenstände des Anlagevermögens zugeschnitten, deren Nutzung zeitlich unbegrenzt ist, weil sich hier ein möglicher Bewertungsfehler nicht wie bei Vermögensgegenständen, die planmäßig abgeschrieben werden, allmählich von selbst korrigiert (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 154, 83). Für Gegenstände des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, hat das Merkmal der voraussichtlich dauernden Wertminderung nicht dieselbe praktische Bedeutung, da ihr Wert im Zeitablauf ohnehin sinkt. Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung i.S. der oben angeführten Vorschrift ist bei abnutzbaren Vermögensgegenständen anzunehmen, wenn der jeweilige Stichtagswert voraussichtlich während eines erheblichen Teils der Restnutzungsdauer unter dem Wert liegen wird, der sich aus planmäßiger Abschreibung ergibt, denn planmäßige Abschreibungen können nicht den Wertschwankungen folgen, sondern diese nur trendmäßig berücksichtigen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 154, 83). Auch diese außerplanmäßige Abschreibung ist gem. § 277 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. H G B entweder in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben. Weitere Abschreibungen im Rahmen vernünftiger Beurteilung (§ 253 Abs. 4 HGB), die vorgenommen werden, um stille Reserven zu bilden, sind Kapitalgesellschaften, also auch der GmbH, nicht gestattet (§ 279 Abs. 1 Satz 1 HGB). Folgende Übergangsvorschrift soll die Umstellung auf die Bewertungsnormen des BiRiLiG erleichtern. „ W a r e n Vermögensgegenstände des Anlagevermögens im Jahresabschluß für das am 31. Dezember 1986 endende oder laufende Geschäftsjahr mit einem niedrigeren Wert angesetzt, als er nach § 240 Abs. 3 und 4, §§ 252, 253 Abs. 1, 2 und 4, §§ 254, 255, 279 und 280 Abs. 1 und 2 des Handelsgesetzbuchs zulässig ist, so darf der niedrigere Wertansatz beibehalten werden. 5 253 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs ist in diesem Falle mit der Maßgabe anzuwenden, daß der niedrigere Wertansatz um planmäßige Abschreibungen entsprechend der voraussichtlichen Restnutzungsdauer zu vermindern ist." (Art. 24 Abs. 1 EinfG H G B )

Ein niedrigerer Wert darf also beibehalten werden. Er ist auf die voraussichtliche Restnutzungsdauer zu verteilen. Die voraussichtliche Restnutzungsdauer ist also neu zu schätzen. Dies wird wohl darauf hinauslaufen, daß auch der bisherige Abschreibungsplan beibehalten werden kann (vgl. Muscheid BB 86, 356). Wird der niedrigere Wertansatz nicht beibehalten, so können Zuschreibungen in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem im letzten Jahresabschluß angesetzten Wert und dem nach dem BiRiLiG anzusetzenden Wert erfolgen (Art. 24 Abs. 3 EinfG HGB). Diese Vorschrift lautet: Niehus/Scholz

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HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

„Soweit ein niedrigerer Wertansatz nach den Absätzen 1 und 2 nicht beibehalten werden darf oder nicht beibehalten wird, so kann bei der Aufstellung des Jahresabschlusses für das nach dem 31. Dezember 1986 beginnende Geschäftsjahr oder bei Anwendung auf ein früheres Geschäftsjahr nach Artikel 23 in dem früheren Jahresabschluß der Unterschiedsbetrag zwischen dem im letzten vorausgehenden Jahresabschluß angesetzten Wert und dem nach den Vorschriften des Dritten Buchs des Handelsgesetzsbuchs anzusetzenden Wert in Gewinnrücklagen eingestellt oder für die Nachholung von Rückstellungen verwendet werden; dieser Betrag ist nicht Bestandteil des Ergebnisses. Satz 1 ist entsprechend auf Beträge anzuwenden, die sich ergeben, wenn Rückstellungen oder Sonderposten mit Rücklageanteil wegen Unvereinbarkeit mit § 247 Abs. 3, §§ 249, 253 Abs. 1 Satz 2, § 273 des Handelsgesetzbuchs aufgelöst werden."

672

d) Wertansätze einzelner Gegenstände des Anlagevermögens. Die Aktivierung von immateriellen Vermögensgegenständen, wie erworbenen Konzessionen, Patenten, Lizenzen und ähnlichen Schutzrechten, hat zu Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff) zu erfolgen.

673

Im Zeitpunkt der erstmaligen Aktivierung darf als Geschäfts- oder Firmenwert gemäß § 255 Abs. 4 Satz 1 H G B der Unterschiedsbetrag angesetzt werden, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt. Als Gegenleistung gilt in einem solchen Falle der vereinbarte Kaufpreis. Liegt ein Tauschvorgang vor, so ist der Kaufpreis nach den für den Tausch geltenden Grundsätzen zu ermitteln, vgl. Rdn. 205. Zu den einzelnen Vermögensgegenständen im Sinne dieser Norm rechnen die erworbenen Sachen und Rechte, soweit diese zu aktivieren sind. Übernommene Schulden sind von der Summe der Vermögensgegenstände abzuziehen. N u r was über die Zeitwerte der einzelnen Vermögensgegenstände hinaus als Gegenleistung vereinbart worden ist, kann als Geschäfts- oder Firmenwert angesehen werden. Die Bewertung des Firmenwertes ist zum Zeitpunkt der Übernahme des Unternehmens (nicht etwa des ersten Bilanzstichtages nach dem Erwerb) unabhängig von den bisherigen Bilanzwerten vorzunehmen, wobei die Gegenleistung insgesamt nicht überschritten werden darf (Anschaffungskostenprinzip).

Beispiel: Eine G m b H erwirbt von einem Unternehmer dessen ins Handelsregister eingetragenes Unternehmen zum Preis von D M 5,0 Mio. Eine Bewertung zum Zeitpunkt der Übernahme ergibt folgende Zeitwerte:

870

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335 in DM Mio

Grundstücke und Gebäude Maschinen Ausstattungen Patente Vorräte Forderungen

1,2 0,8 0,6 0,2 3,4 1,2

Übernommene Verbindlichkeiten

7,4 2,8 4,6

Wertansatz des Geschäfts- oder Firmenwertes

0j4

Kaufpreis

5,0

Wie das Beispiel zeigt, sind auch Patente und dgl., die nicht zum Firmen- 674 wert zu rechnen sind (RGZ 167/264), mit ihrem Zeitwert anzusetzen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153,136). Zum Wertansatz eines Verschmelzungsmehrwerts anläßlich der Verschmel- 6 7 5 zung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung vgl. unter sinngemäßer Anwendung die obigen Erläuterungen, aber auch Ausführungen dazu in Adler/ Düring/Schmaltz § 153, 139 ff; Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 153, 30 ff. Die Anschaffungskosten für Grundstücke und Bauten setzen sich aus dem 6 7 6 Kaufpreis, den Notariats- und Gerichtskosten, Provisionen, Vermessungsgebühren sowie der Grunderwerbsteuer zusammen. Kosten für die Herrichtung des Grundstücks, wie Planierung, Entwässerung, Parzellierung, stellen ebenfalls Anschaffungs- oder Herstellungskosten dar. Gebäude sind mit den angefallenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 84). Bei gemeinsamem Erwerb von Grund und Boden sowie Gebäuden sind die anteiligen Anschaffungskosten der einzelnen Vermögensgegenstände ggf. durch Schätzung zu ermitteln. Zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Maschinen und maschi- 6 7 7 nellen (technischen) Anlagen sowie der Betriebs- und Geschäftsausstattung rechnen z.B. nicht nur die Kosten für die Anlage selbst, sondern auch die Aufstellungs- und Fundamentierungskosten einschl. Prüf- und Abnahmekosten. Werden die Anlagen im Laufe der Nutzung an anderen Stellen neu aufgestellt, so sind die erneut anfallenden Aufstellungskosten zwar ebenfalls zu aktivieren, die früher aufgewendeten Kosten dieser Art sind dann voll abzuschreiben. Generalüberholungen von Anlagen führen insoweit zur Aktivierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten, als die Generalüberholung die Nutzungsdauer nicht nur unwesentlich verlängert hat und die angefallenen Aufwendungen zuzüglich des Restbuchwertes einen angemessenen Betrag nicht überschreiten (vgl. Adler/Diiring/Schmaltz § 153, 85). Niehus/Scholz

871

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

Zur Bewertung von Gegenständen, die zu einem Festwert zusammengefaßt sind, vgl. Rdn. 247 ff. 678

Anlagen im Bau und Anzahlungen auf Anlagen sind mit den tatsächlich angefallenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. O f t liegen nur Abschlagszahlungen vor; diese sowie Anzahlungen sind mit den gezahlten Beträgen zu aktivieren.

679

Beteiligungen sind mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Bei einem Erwerb von Dritten sind neben dem Kaufpreis anfallende Anschaffungsnebenkosten, wie Börsenumsatzsteuer, Provisionen, Spesen, Notariatskosten, nicht dagegen Aufwendungen, die der Vorbereitung der Kaufentscheidung dienten, sowie ein evtl. miterworbener Gewinnanspruch zu aktivieren. Bei einer Neugründung stellen der Betrag der Einlage und die Nebenkosten die Anschaffungskosten dar. Werden Beteiligungen durch Tausch erworben, ist zur Feststellung der Anschaffungskosten i.d.R. nach den für den Tausch bestehenden Grundsätzen zu verfahren (vgl. Rdn. 205). Zu- und Nachschüsse können nur bedingt aktiviert werden, allgemeine Voraussetzung ist, daß sie zu einer dauernden Wertsteigerung führen. Verlustübernahmen (vgl. Rdn. 830) werden i.d.R. nicht aktivierbar sein. Eine Aktivierung nicht ausgeschütteter Gewinne rechtlich selbständiger Beteilungsgesellschaften im Bilanzansatz ist mit den GoB (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) nicht vereinbar, es sei denn, es werden Abschreibungen (vgl. Rdn. 637) vergangener Perioden rückgängig gemacht. Anders ist dies bei der Equity-Bilanzierung im Rahmen der Konzernbilanzierung zu beurteilen (vgl. Rdn. 1324). Der in der Bilanz einer Personengesellschaft festgestellte Gewinn kann jedoch regelmäßig zu dem Zeitpunkt aktiviert werden, zu dem das Geschäftsjahr dieser Gesellschaft endet (vgl. IdW-HFA 3/76 WPg. 76, 591). Ob er dem Beteiligungskonto zuzuschreiben ist, hängt von den vertraglichen und den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen ab. Kapitalrückzahlungen und Liquidationsraten (Ratenzahlungen auf den Liquidationsüberschuß) mindern die Anschaffungskosten. Der Verkauf von Bezugsrechten führt zu einer Minderung des Beteiligungsansatzes, da sie einen Teil des in den alten Aktien verkörperten Stammrechts darstellen. Im Falle der Ausübung des Bezugsrechts sind die neuen Anteile mit dem Ausgabebetrag zuzüglich des von den Altanteilen abzuschlagenden Bezugsrechts zu aktivieren. Für die Bewertung von Gratisaktien gilt § 220 AktG. Danach sind die Anschaffungskosten der alten Aktien nach dem Verhältnis der Nennbeträge auf die alten und neuen Aktien zu verteilen. Für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei einer G m b H gilt § 17 KapErhG, der die gleiche Regelung enthält. Noch nicht voll eingezahlte Anteile an Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften sind mit den geleisteten Beträgen zuzüglich ggf. eingeforderter Beträge zu aktivieren (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153,91 ff m.w.N.; WP-Handbuch 85/861, 586). 872

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§

238-335

Für Wertpapiere des Anlagevermögens gelten im Prinzip die gleichen Be- 6 8 0 wertungsgrundsätze wie für Beteiligungen. Wertpapiere der gleichen Art können zu Durchschnittspreisen oder, wenn ein Identitätsnachweis für die einzelnen Papiere möglich ist, zu den individuellen Anschaffungskosten bewertet werden. Bei Wertpapieren kann auch eine Gruppenbewertung (vgl. Rdn. 256) in Betracht kommen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 108). Ausleihungen sind mit den Anschaffungskosten zu aktivieren; als solche 681 gelten die jeweils aufgewendeten Beträge, in der Regel iit dies der dem Darlehensnehmer hingegebene Geldbetrag (Auszahlungsbetrag). Bei unverzinslichen oder besonders niedrigverzinslichen langfristigen Forderungen gilt der Barwert als Anschaffungskosten. Dies gilt auch dann, wenn der Darlehensbetrag in voller Höhe an den Schuldner ausgezahlt worden ist. Der Unterschiedsbetrag stellt entweder Aufwand dar (zum Ausweis in der Erfolgsrechnung vgl. Rdn. 812) oder ist als Entgelt für einen dem Gläubiger zustehenden Vorteil (zum Ausweis vgl. Rdn. 509) aktivierungspflichtig (z.B. Belegungsrecht bei zinslosem Darlehen an Wohnungsgesellschaften). Bei unbedeutenden Beträgen ist statt einer gesonderten Aktivierung die Bilanzierung des vollen Darlehensbetrages vertretbar (vgl. Adler/Düring/Schmalz § 153, 109 ff). Währungsforderungen, die in diesem Posten zu erfassen sind, sind zum Geldkurs des Entstehungstages zu aktivieren (vgl. WP-Handbuch 85/861, 591). Die Anschaffungskosten von grundpfandrechtlich gesicherten Forderungen ergeben sich nicht aus der Valutierung der Hypothek oder Grundschuld, sondern aus der zugrunde liegenden Forderung. Bei Darlehen bildet grundsätzlich der Auszahlungsbetrag die Anschaffungskosten. Ein vereinbartes Damnum ist als zusätzlicher Zins zu betrachten und daher während der Laufzeit zu vereinnahmen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153,112). e) Bewertungsgrundsätze für das Umlaufvermögen. Vermögensgegen- 6 8 2 stände des Umlaufvermögens sind mit den Anschaffungs- (vgl. Rdn. 195 ff) oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 21 I f f ) , vermindert um Abschreibungen nach §§253 Abs. 3, 279 Abs. 2 H G B (vgl. Rdn. 683 ff) anzusetzen (§253 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. Abs. 3 HGB, § 279 Abs. 1 Satz 1 Abs. 3 HGB). Auf die Feststellung der Anschaffungs- und Herstellungskosten ist § 255 Abs. 1 bis 3 H G B anzuwenden. Die Vertriebskosten (vgl. Rdn. 217, 842) dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden (§ 255 Abs. 2 Satz 6 HGB). Nach diesen Vorschriften, deren Inhalt teilweise mit § 155 AktG 1965 übereinstimmt, sind sämtliche Vermögensgegenstände zu bewerten, die dem Umlaufvermögen (vgl. § 266 Abs. 2 H G B und Rdn. 461 ff) zuzuordnen sind. Ihr Geltungsbereich erstreckt sich auf sämtliche Gesellschaften mit beschränkter Haftung, unabhängig von ihrem geschäftlichen Gegenstand, soweit nicht im Einzelfall Spezialvorschriften die Anwendung abweichender BewerNiehus/Scholz

873

HGB § § 238-335

Rechnungslegung

tungsnormen erzwingen (ggf. für Versicherungsgesellschaften, Bausparkassen, Kreditinstitute). Die Anschaffungs- (vgl. Rdn. 195 ff) oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 211 ff), mit denen das Umlaufvermögen grundsätzlich anzusetzen ist, bilden die absolute Obergrenze des Wertansatzes; dieser ist ggf. um vorzunehmende Abschreibungen (vgl. Rdn. 683 ff) zu kürzen. Ausgeschlossen wird durch diese Norm vor allem der Ausweis unrealisierter Gewinne. Die Nichteinhaltung dieser Vorschrift, die ius cogens (zwingendes Recht) darstellt, kann zu Folgen aus den §§ 331 ff H G B (Straf- und Bußgeldvorschriften) führen. Die Abschreibungen gem. § 253 Abs. 3 Satz 3 H G B sind gem. § 277 Abs. 3 Satz 1 2 Alt. H G B entweder in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben. 683

f) Abschreibungen auf Gegenstände des Umlaufvermögens — Abschreibungen nach dem § 253 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HGB (Niederstwertprinzip). Der Gesetzgeber hat diese Abschreibungen wie folgt definiert: „Bei Vermögensgegenständen des Uralaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigen Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlußstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlußstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben."

Diese Vorschrift erfaßt das sogenannte Niederstwertprinzip, das schon in § 155 Abs. 2 AktG 1965 kodifiziert war und das das Anschaffungswertprinzip aus Gründen der Vorsicht durchbricht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 147). Es regelt die Bewertung von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens für den Fall, daß der aus dem Börsen- oder Marktpreis des Bilanzstichtags abzuleitende Wert (vgl. Rdn. 685 ff) oder, falls ein Börsenpreis oder Marktpreis nicht festzustellen ist, der den Gütern am Abschlußstichtag beizulegende Wert (vgl. Rdn. 688) unter den Anschaffungs- (vgl. Rdn. 195 ff) oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 21 I f f ) liegt. Die Realisierung dieser Vorschrift erzwingt also einen Vergleich zwischen den Anschaffungs- oder Herstellungskosten einerseits und dem abzuleitenden oder beizulegenden Wert (Vergleichswert) andererseits. Der niedrigere Wert — er bildet die relative Obergrenze des Wertansatzes — ist zwingend anzusetzen, d.h. ist der Vergleichswert niedriger, so sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten — unabhängig davon, wie sie ermittelt worden sind (z.B. nach der Methode der Einzelbewertung, Durchschnittsbewertung, Gruppenbewertung) — um den Differenzbetrag zwischen beiden Werten abzuschreiben. Auf diese Weise bewirkt das Niederstwertprinzip, daß am Bilanzstichtag erkennbare, aber noch nicht realisierte Verluste bereits in der abzuschließenden Rechnungsperiode berücksichtigt werden. 874

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Für die Bestimmung der Vergleichswerte (beizulegende Werte) kann frag- 6 8 4 lieh sein, ob die Verhältnisse auf dem Beschaffungs- oder Absatzmarkt bestimmend sind. Folgende Grundsätze können angewandt werden: 1. Maßgeblichkeit des Beschaffungsmarktes: Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige und fertige Erzeugnisse, soweit auch Fremdbezug möglich wäre; 2. Maßgeblichkeit des Absatzmarktes: Unfertige und fertige Erzeugnisse, Uberbestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Wertpapieren; 3. Doppelte Maßgeblichkeit (sowohl Beschaffungs- als auch Absatzmarkt): Handelsware, Uberbestände an unfertigen und fertigen Erzeugnissen. (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 152 m.w.N.). Die Zulässigkeit der Einbeziehung des Beschaffungsmarktes in die Bewertung der Gegenstände des Vorratsvermögens wird gelegentlich bestritten. In der Praxis wird in den o.a. Fällen der Beschaffungsmarkt einbezogen, zumal dies auch steuerrechtlich unbedenklich ist (vgl. FG Münster EFG 84, 281 — Revision eingelegt —, wonach der niedrigere Wert von Absatz- und Beschaffungsmarkt beizulegen ist). Die Beachtung dieser Grundsätze bewirkt, daß bei einer Bewertung vom Beschaffungsmarkt her die Wiederbeschaffungskosten anzusetzen sind. Wird der Wert, der sich aus Börsen- oder Marktpreis ergibt, vom Beschaffungswert abgeleitet, sind die üblicherweise anfallenden Anschaffungsnebenkosten hinzuzurechnen und evtl. Anschaffungskostenminderungen abzuziehen. Der Bewertung vom Absatzmarkt her liegt der Grundsatz der verlustfreien Bewertung zugrunde (vgl. Rdn. 691). Noch anfallende Aufwendungen sind vom vorsichtig geschätzten Verkaufserlös abzusetzen (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 594). Der sich aus dem Börsenkurs oder Marktpreis ergebende Wert ist aus dem 6 8 5 Börsenkurs oder Marktpreis am Bilanzstichtag abzuleiten. Rechtlich handelt es sich bei diesen um Börsen- oder Marktpreise im Sinne der §§ 385, 453 BGB und des § 373 HGB. Börsenpreis ist der in einem Verfahren nach §§ 29 ff Börsengesetz festge- 6 8 6 stellte Kurs, bei nur an einer ausländischen Börse amtlich notierten Werten ist es der dort festgesetzte Kurs. Handelt es sich um im amtlichen Freiverkehr gehandelte Werte, so ist als Börsenpreis der im Freiverkehr festgestellte Kurs, bei fortlaufend notierten Wertpapieren der festgesetzte Einheitskurs maßgebend (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155,165). Einem nach dem Börsenkurs zu ermittelnden Wert ist der zum Bilanzstichtag festgestellte Kurs unabhängig davon zugrunde zu legen, ob dieser ungewöhnlich niedrig war. Der abgeleitete Wert resultiert in diesem Falle aus dem Stichtagskurs zuNiehus/Scholz

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züglich Anschaffungsnebenkosten abzüglich Verkaufsspesen, je nachdem, ob die Verhältnisse am Beschaffungs- oder Absatzmarkt maßgeblich sind (vgl. Rdn. 684). 687 Der Marktpreis setzt einen Markt voraus, der für eine Ware dann vorliegt, wenn sie in einem bestimmten räumlichen Gebiet regelmäßig umgesetzt wird. Der Marktpreis ist derjenige Preis, der an diesem Handelsplatz und in diesem Handelsbezirk für Ware einer bestimmten Gattung von durchschnittlicher Art und Güte zu einem bestimmten Zeitabschnitt im Durchschnitt gewährt wird (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 164 m.w.N.). Man kann aber den Marktpreis auch untechnisch als Preis an dem für die Branche maßgebenden Beschaffungs- oder Absatzmarkt verstehen. Dann ist er der Durchschnittspreis, zu dem das Unternehmen bei einer Mehrheit von Lieferanten beziehen oder an eine Mehrheit von Kunden absetzen kann (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 155, 25). Der sich aus dem Marktpreis ergebende Wert ermittelt sich — abhängig davon, ob die Verhältnisse am Beschaffungsoder Absatzmarkt gelten (vgl. Rdn. 684) — durch Hinzurechnung von Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff) oder es sind Verkaufskosten abzuziehen. 688

Kann ein Börsen- oder Marktpreis für Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens am Bilanzstichtag nicht festgestellt werden, ist als Vergleichswert zur Bewertung des Umlaufvermögens der Wert zu ermitteln, der dem Vermögensgegenstand am Bilanzstichtag beizulegen ist. Wie dieser Wert zu ermitteln ist, regelt das Gesetz nicht. Bei diesem Wert kann es sich einerseits um den Wiederbeschaffungswert handeln, wenn für die Bewertung die Verhältnisse am Beschaffungsmarkt maßgebend sind (vgl. Rdn. 684), oder um den Reproduktionskostenwert, andererseits um den Verkaufswert abzüglich der noch anfallenden Aufwendungen, wenn sich die Bewertung nach den Verhältnissen auf dem Absatzmarkt richtet. Gem. § 253 Abs. 3 Satz 2 H G B sind unabhängig davon, wie sich die Wiederbeschaffungskosten zu den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten verhalten, der Zustand und die Verwertbarkeit des einzelnen Vermögensgegenstandes bei der Bewertung zu berücksichtigen. Daher kommt ggf. auch dann eine niedrigere Bewertung als die zu Anschaffungskosten in Betracht, wenn diese den Wiederbeschaffungspreisen entsprechen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz $ 155,171).

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Der Wiederbeschaffungswert ergibt sich aus dem Wiederbeschaffungspreis am Bilanzstichtag zuzüglich angemessener Nebenkosten, abzüglich erforderlicher Absetzungen für die eingeschränkte Verwendbarkeit der Vermögensgegenstände (z.B. Gängigkeitsabschreibung). 690 Bei der Ermittlung des Reproduktionskostenwertes handelt es sich im wesentlichen um die Feststellung der Herstellungskosten der zu bewertenden Vermögensgegenstände auf der Grundlage der Preis- und Kostenverhältnisse am Bilanzstichtag (normale Verhältnisse unterstellt). Der Reproduktionsko876

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stenwert kann z.B. unter den ursprünglichen Herstellungskosten liegen, so bei gesunkenen Preisen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe oder durch die Einführung kostengünstigerer Herstellungsverfahren (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155,176). Richtet sich der beizulegende Wert für Vermögensgegenstände des Um- 691 laufvermögens nach den Verhältnissen des Absatzmarktes, so ist der um noch anfallende Aufwendungen geminderte Verkaufswert nach dem Prinzip der verlustfreien Bewertung zu ermitteln, auch retrograde Bewertung genannt. Dabei kann von folgendem Schema ausgegangen werden: Voraussichtlicher Verkaufserlös ./. Erlösschmälerungen ./. Verpackungskosten und Ausgangsfrachten ./. Sonstige Vertriebskosten ./. noch anfallende Verwaltungskosten ./. Kapitaldienstkosten = am Bilanzstichtag beizulegender Wert

Der Abschlag eines fiktiven Gewinns ist im Rahmen der verlustfreien Bewertung in der Handelsbilanz weder erforderlich noch möglich. Da er aber steuerrechtlich im Rahmen der Teilwertermittlung als zulässig angesehen wird, ist auch handelsrechtlich eine Abschreibung gem. § 254 H G B oder eine entsprechende Wertberichtigung (§281 Abs. 1 H G B i.V.m. §273 HGB, vgl. Rdn. 548) zu bilden, wenn der niedrigere Wert in der Steuerbilanz wirksam werden soll (vgl. dazu Rdn. 725 ff). Bei unfertigen Erzeugnissen sind auch noch entstehende Produktionskosten zu berücksichtigen (vgl. hierzu Adler/ Düring/Schmaltz § 155, 179 ff). — Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB (Abschreibungswahlrecht). Diese Norm beinhaltet: „Außerdem dürfen Abschreibungen v o r g e n o m m e n werden, soweit diese nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig sind, um zu verhindern, daß in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieser Vermögensgegenstände aufgrund von Wertschwankungen geändert werden muß."

Diese Gesetzesvorschrift stimmt inhaltlich mit § 155 Abs. 3 Nr. 1 AktG 1965 überein und ermöglicht im Einklang mit dem Vorsichtsprinzip (vgl. Rdn. 172) die Antizipation bestimmter Wertminderungen, die in der nächsten Zukunft geboten sein könnten. Die Norm beinhaltet ein Bewertungswahlrecht und läßt niedrigere Wertansätze für grundsätzlich alle Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens zu, als sie unter Beachtung des Niederstwertprinzips (vgl. Rdn. 189) zwingend geboten sind. Ein niedrigerer Ansatz ist also nur insoweit zulässig, als er bei Niehus/Scholz

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a) vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist, um zu verhindern, daß b) in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieses Vermögensgegenstandes aufgrund von c) Wertschwankungen geändert werden muß. In diesen Normenbestandteilen findet die Anwendung des Bewertungswahlrechts ihre Grenzen. Abschreibungen nach dieser Vorschrift sind zwingend in der Erfolgsrechnung (vgl. Rdn. 752 ff) gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben (vgl. § 277 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. HGB). 693

Ein Beispiel verdeutliche den Unterschied zwischen der Bewertung nach dem Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 3 Satz 1 HGB) unter Beachtung des Stichtagsprinzips und der Bewertung nach Satz 3 dieser Bestimmung: Zu bewerten sei zum Bilanzstichtag am 31.12.01 der unverarbeitete Bestand eines Weltmarktstoffes. Der Anschaffungspreis habe je 100 kg DM 350 betragen, der Börsenpreis zum 31.12.01 belaufe sich auf D M 340, der daraus abgeleitete Wert wurde zum 31.12.01 mit D M 345 ermittelt. Die Bilanzbewertung muß somit, da eine Abwertung nach § 253 Abs. 3 Satz 2 H G B in Betracht kommt, mit dem niedrigeren, sich am Bilanzstichtag aus dem Börsenkurs ergebenden Wert in Höhe von D M 345 angesetzt werden. Ist jedoch bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung damit zu rechnen, daß sich im Laufe des folgenden Jahres (02) die Abwärtsentwicklung des Preises auf DM 320 fortsetzen wird, besteht nach Satz 3 des § 253 H G B die Möglichkeit, bei der Bewertung zum Bilanzstichtag diese Preisentwicklung bereits zu berücksichtigen und von einem Preis von D M 320 auszugehen. 694 Im Sinne dieses Gesetzes sind unter Wertschwankungen nicht nur die laufenden, mehr oder weniger periodisch wiederkehrenden Preisschwankungen — wie z.B. bei Weltmarktrohstoffen oder Börsenkursen — zu verstehen, sondern auch die Preisänderungen, die auf einen zu erwartenden einmaligen Preisrückgang zurückzuführen sind. Derartige Wertschwankungen können auch bei Forderungen auftreten (Beispiel: Bonität der Forderungen bei unterschiedlichen Konjunkturlagen) (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 195 ff m.w.N.). 695 Als nächste Zukunft im Sinne dieses Gesetzes kann ein Zeitraum von zwei Jahren angesehen werden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 199 m.w.N.). 696

Der Normenbestandteil, daß eine vernünftige kaufmännische Beurteilung erforderlich ist, soll jede willkürliche Begründung einer niedrigeren Beurteilung ausschließen, d.h. zur Begründung der in der nächsten Zukunft ggf. erforderlich werdenden Abwertung müssen objektive, in den tatsächlichen Verhältnissen begründete und sich unmittelbar auf das Bewertungsobjekt beziehende Anhaltspunkte herangezogen werden können. Solche Anhaltspunkte 878

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bieten die bisherigen Erfahrungen mit Marktwertschwankungen sowie sonstige konkretisierbare Risiken (z.B. sich bereits abzeichnende strukturelle Änderungen, vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 201 m.w.N.). Der Vermögensgegenstand darf nur in der Höhe abgeschrieben werden, soweit eine spätere Abwertung vermieden wird. Eine darüber hinausgehende Abschreibung ist unzulässig. Sie könnte die Folgen der §§ 331 ff H G B (vgl. Rdn. 1583 ff) auslösen. Für eine Abwertung nach dieser Norm kommt es nicht darauf an, ob die Vermögensgegenstände im Folgegeschäftsjahr tatsächlich veräußert werden. Werden Gegenstände ohne Ersatzbeschaffung veräußert, ist die Abwertung auf den Veräußerungsverlust beschränkt. Bei Ersatzbeschaffung ist der Abschlag auf die Höhe des Bestandes am Bilanzstichtag begrenzt (vgl. Adler/ Düring!Schmaltz § 155, 204 ff m.w.N.). Zur Bewertung des Umlaufvermögens hat der Gesetzgeber in Art. 24 Abs. 2 697 EinfGHGB folgende Ubergangsvorschrift erlassen: „ W a r e n Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens im Jahresabschluß f ü r das am 31. Dezember 1986 endende oder laufende Geschäftsjahr mit einem niedrigeren W e r t angesetzt als er nach 252, 253 Abs. 1, 3 und 4, §§ 254, 255 Abs. 1 und 2 des Handelsgesetzbuches zulässig ist, so darf der niedrigere Wertansatz insoweit beibehalten werden, als 1. er aus Gründen des § 253 Abs. 3, §§ 254, 279 Abs. 2, § 280 Abs. 2 des H a n delsgesetzbuches angesetzt worden ist oder 2. es sich um einen niedrigeren Wertansatz im Sinne des § 253 Abs. 4 des H a n delsgesetzbuches handelt."

Die im Gesetz genannten Gründe und der niedrigere Wertansatz im Sinne des § 253 Abs. 4 H G B müssen für den niedrigeren Wertansatz maßgebend gewesen sein. Ein aus anderen Gründen niedrigerer angesetzter Wert darf nicht beibehalten werden (vgl. Muscheid BB 86, 357). Es ist dann die Vorschrift des Art. 24 Abs. 3 EinfG H G B (vgl. Rdn. 671) anzuwenden. g) Wertansätze einzelner Gegenstände des Umlaufvermögens. Roh-, Hilfs- 698 und Betriebsstoffe sind grundsätzlich zu den Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff) zu bewerten, da es sich um von Dritten erworbene Vermögensgegenstände handelt; zu ihrer Ermittlung sind verschiedene Methoden zulässig (z.B. Durchschnittsbewertung, Lifo-Verfahren; vgl. dazu Rdn. 259 ff, 263 ff). Eine niedrigere Bewertung ist aufgrund des Niederstwertprinzips geboten, wenn sich aus dem Börsen- oder Marktpreis am Bilanzstichtag ein niedrigerer Wert herleiten läßt (vgl. Rdn. 685 ff). Ferner können sich niedrigere Bewertungsansätze aus dem Vorhandensein von Überbeständen, überalterten, beschädigten oder für die Produktion nur bedingt brauchbaren Beständen ergeben. Darüber hinaus können größere Schwankungen in den Anschaffungspreisen (vgl. Rdn. 198) zu zusätzlichen Abschreibungen führen. Zu weiteren, steuNiehus/Scholz

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erlich zulässigen Abschreibungsmöglichkeiten vgl. Rdn. 725 ff z u m W e r t a u f holungsgebot vgl. Rdn. 710 ff. 699

Unfertige Erzeugnisse sind grundsätzlich zu den Herstellungskosten zu bewerten. Z u r Ermittlung dieser Kosten vgl. Rdn. 195 ff. Ist den unfertigen Erzeugnissen am Bilanzstichtag ein niedrigerer W e r t als die Herstellungskosten beizulegen, sind diese insoweit abzuschreiben. Z u r Ermittlung des niedrigeren beizulegenden Wertes, der nach dem Prinzip der verlustfreien Bewertung zu ermitteln oder aus den Reproduktionskosten zu bestimmen ist, vgl. Rdn. 241. Eine noch niedrigere Bewertung als z u m niedrigeren beizulegenden W e r t i.S.d. § 253 Abs. 3 Satz 2 H G B wird besonders bei Vermögensgegenständen in Betracht k o m m e n , bei denen aus modischen, strukturellen oder anderen G r ü n d e n heraus in der nächsten Z u k u n f t mit einer weiteren W e r t m i n d e r u n g gerechnet werden muß (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 221). D a r u b e r hinausgehende Abschreibungsmöglichkeiten sind im R a h m e n steuerlicher Vorschriften (vgl. Rdn. 725 ff) gegeben. Z u m W e r t a u f h o l u n g s g e bot vgl. Rdn. 710 ff.

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Für fertige Erzeugnisse gelten sinngemäß die A u s f ü h r u n g e n zu den unfertigen Erzeugnissen (vgl. Rdn. 699). Waren (Handelswaren) sind Vermögensgegenstände, die dazu bestimmt sind, ohne Be- und Verarbeitung weiterveräußert zu werden. Sie sind mit den Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff) zu bewerten, w e n n nicht a u f g r u n d des Niederstwertprinzips (vgl. Rdn. 189) ein niedrigerer Wiederbeschaffungs- (vgl. Rdn. 241) oder ein noch geringerer V e r äußerungswert (vgl. Rdn. 242) anzusetzen ist. Zusätzliche Abschreibungen, die unter diesen W e r t f ü h r e n , sind bei W e r t schwankungen (vgl. Rdn. 694) auf der Beschaffungs- oder Absatzseite möglich, wenn mit diesen in nächster Z u k u n f t zu rechnen ist und diese die zu bewertenden Vermögensgegenstände betreffen. Z u r Möglichkeit weiterer Abschreibungen a u f g r u n d steuerlicher Vorschriften vgl. Rdn. 725 ff und z u m W e r t a u f h o l u n g s g e b o t v g l . Rdn. 710 ff.

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Geleistete Anzahlungen sind grundsätzlich in H ö h e des Anzahlungsbetrages ( = Anschaffungskosten, vgl. Rdn. 195 ff) anzusetzen. Besteht G r u n d zu der A n n a h m e , daß der AnZahlungsempfänger notleidend geworden ist, also weder der Betrag zurückgezahlt, noch die W a r e geliefert wird, und er nicht liefern k a n n , muß die Anzahlung auf den voraussichtlich an die Gesellschaft zurückfließenden Betrag (den niedrigeren beizulegenden Wert) abgeschrieben werden. Soweit feststeht, daß der E m p f ä n g e r der Anzahlung nicht liefern wird, ist sie, wie eine F o r d e r u n g bewertet (vgl. Rdn. 702), unter den sonstigen Vermögensgegenständen auszuweisen (vgl. Rdn. 485 ff).

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Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind grundsätzlich mit dem N e n n b e t r a g ( = Anschaffungskosten, vgl. Rdn. 195 ff) anzusetzen. Für zweifelhafte und uneinbringliche Forderungen, also Forderungen mit speziellen 880

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Kreditrisiken gilt, daß sie mit ihrem wahrscheinlichen Wert (als dem niedrigeren beizulegenden Wert) anzusetzen bzw. in voller H ö h e abzuschreiben sind. Spezielle Kreditrisiken ergeben sich aus der Kenntnis der individuellen Lage des Schuldners. Da es bei einem größeren Forderungsbestand oft unmöglich ist, sämtliche Forderungen einzeln zu untersuchen, ist es üblich, f ü r die speziellen Kreditrisiken, namentlich der kleineren Forderungen, einen Betrag in vereinfachter Weise zu errechnen, meist als Prozentsatz vom Nennbetrag ( = pauschal ermittelte Abschreibung wegen spezieller Risiken; vgl. dazu Adler/Düring/Schmaltz § 152, 84). Unverzinsliche oder besonders niedrig verzinsliche Forderungen sind 7 0 3 grundsätzlich auf ihren Barwert — als den am Bilanzstichtag beizulegenden niedrigeren Wert — abzuschreiben. Bei der Wertermittlung ist von einem normalen Zinsfuß auszugehen. Aus Vereinfachungsgründen können Abschreibungen auf derartige Forderungen unterbleiben, wenn es sich um kurzfristig fällige Forderungen handelt, d.h. ihre Restlaufzeit drei Monate nicht überschreitet, oder wenn sich die Gesellschaft zu gleich niedrigem Zinssatz refinanzieren könnte (vgl. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f §155, 48 m.w.N.). Abschreibungen auf den Forderungsbestand wegen des allgemeinen Kre- 7 0 4 ditrisikos werden i.d.R. ebenfalls in Durchbrechung des Prinzips der Einzelbewertung von Vermögensgegenständen pauschal ermittelt. Pauschalwertberichtigungen dürfen nicht mehr wie bisher im deutschen Bilanzrecht (vgl. §152 Abs. 6 AktG i.V.m. §151 Abs. 1 AktG 1965) passivisch ausgewiesen werden, sondern sind als Folge der Bestimmungen der 4. EG-Richtlinie, die den Begriff Wertberichtigung als Postenbezeichnung nicht kennt, aktivisch von den Forderungen abzusetzen. Obwohl sich keine Regelung im H G B über die Pauschalwertberichtigung findet, ist sie in Form der Abschreibung zulässig (vgl. Erl. zum Gesetzesentw. vom 1.8.85, 42). Da in die Bemessungsgrundlage f ü r die Pauschalwertberichtigung wegen des allgemeinen Kreditrisikos neben den einzelnen Forderungen (vgl. Rdn. 702 ff) auch die im Anlagevermögen ausgewiesenen Ausleihungen und sonstigen Vermögensgegenstände eingehen können, soweit sie Forderungscharakter haben, kann der vorgesehene Mitzugehörigkeitsvermerk (vgl. Rdn. 373) oder hat der gesonderte Ausweis unter dem entsprechenden Bilanzposten anzubringen sein bzw. erfolgen. Anzahlungen, die rechtlich keine Forderungen, sondern Vorleistungen aus schwebenden Geschäften sind, können auch in diese Bemessungsgrundlage einzubeziehen sein, sofern ein Kreditrisiko besteht, da sie Forderungen verwandt sind (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 82). Was unter dem allgemeinen Kreditrisiko zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber offengelassen. Nach h.M. sind darunter u.a. folgende Risiken zu verstehen: Niehus/Scholz

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(a) Das Risiko, daß ein Schuldner von an sich guter Bonität durch nicht vorhergesehene Ereignisse in Schwierigkeiten gerät; (b) das Risiko, daß durch ein Abschwächen der Konjunktur auch bei Schuldnern von bisher guter Bonität mit Ausfällen zu rechnen ist; (c) die unerkennbaren Bonitätsrisiken, die insbesondere dann, wenn der Umsatz ausgeweitet und neue Kunden hinzugewonnen werden, erheblich steigen können; (d) bei Auslandsforderungen auch die allgemeinen aus politischen oder wirtschaftlichen Maßnahmen herrührenden Risiken (z.B. Enteignungsrisiken, Transferrisiken, Abwertungsrisiken, Beschlagnahmerisiko, Kriegsrisiko). Im Einzelfall kann es erhebliche Schwierigkeiten bereiten, spezielle und allgemeine Risiken zu trennen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 85). In die Ermittlung der Pauschalwertberichtigung dürfen nur die Nettoforderungen einbezogen werden, nicht die vom Zahlungseingang abhängigen Forderungsbestandteile, wie z.B. die Umsatzsteuer. Mit einem allgemeinen Kreditrisiko sind Forderungen nur insoweit belastet, als dieses Risiko unmittelbar den Bestand der Forderungen berührt und ihre Realisierung in Frage stellt (allgemeines Ausfallrisiko; vgl. hierzu Adler/Düring/Scbmaltz § 152, 85 f). 705 Für die Höhe dieser Abschreibung ist maßgebend, mit welchen Ausfällen und Wertberichtigungen bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung in den nächsten zwei Jahren zu rechnen ist (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 200). Im übrigen sind die sog. wertaufhellenden Tatsachen zu berücksichtigen (vgl. W P - H a n d b u c h 85/86 I, 607). Diese Abschreibungen müssen entsprechend dem Niederstwertprinzip vorgenommen werden (vgl. Rdn. 65). Soweit diese Risiken am Abschlußstichtag tatsächlich bestehen (vgl. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f § 152, 44), kommt ggf. ihre Berücksichtigung als Abschreibung nach §253 Abs. 3 Satz 3 H G B in Betracht (vgl. Rdn. 692). Diese Abschreibung muß dann gesondert in der Erfolgsrechnung ausgewiesen oder im Anhang angegeben werden (§ 277 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. HGB). 706 Währungsforderungen sind grundsätzlich zum Umrechnungskurs des Tages ihrer Begründung zu bewerten ( = Anschaffungskosten), soweit nicht der Kurs am Bilanzstichtag gemäß dem Niederstwertprinzip den Ansatz eines niedrigeren Wertes erzwingt. Zu den steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften vgl. Rdn. 725 ff, zum Wertaufholungsgebot vgl. Rdn. 710 ff. 707

Sonstige Vermögensgegenstände sind, soweit es sich um Forderungen handelt, entsprechend den Grundsätzen in Rdn. 702 ff zu bewerten. 708 Wertpapiere des Umlaufvermögens sind grundsätzlich zu den Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff) zu bewerten. Zur Ermittlung der Anschaffungs882

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kosten können auch die Bewertungsvereinfachungsverfahren nach § 240 Abs. 3 und 4 H G B (vgl. Rdn. 245 ff) zur Anwendung kommen. Das Niederstwertprinzip (vgl. Rdn. 185 ff) macht für diese Vermögensgegenstände stets die Ermittlung eines Vergleichswertes aufgrund des Börsen- oder Marktpreises am Bilanzstichtag erforderlich. Der niedrigste der in den Vergleich einzubeziehenden Werte ist zwingend anzusetzen. Die Möglichkeit der Verlustantizipation nach § 253 Abs. 3 Satz 3 H G B (vgl. Rdn. 692 ff) führt ggf. zu weitergehenden Abschreibungen und der damit verbundenen erweiterten Ausweispflicht. Bis zum Bilanzstichtag aufgelaufene Stückzinsen sind grundsätzlich zu aktivieren, jedoch unter den sonstigen Vermögensgegenständen auszuweisen (vgl. Rdn. 485). Zum Wertaufholungsgebot vgl. Rdn. 710. Flüssige Mittel, wie Schecks, Guthaben bei Kreditinstituten, sind im allge- 7 0 9 meinen entsprechend den Grundsätzen zu bewerten, die für die Bewertung von Forderungen (vgl. Rdn. 702 ff) entwickelt worden sind. Beim Bargeldbestand treten nur insoweit Bewertungsfragen auf, als er Sorten einschließt. Sorten sind zum Umrechnungskurs am Bilanzstichtag zu bewerten. Muß in der nächsten Zukunft mit einer Änderung der Währungsverhältnisse gerechnet werden, die zu einem Wertabschlag zwingen, so kann eine Abschreibung nach § 253 Abs. 3 Satz 3 H G B (vgl. Rdn. 692 ff) in Betracht kommen. h) Wertaufholungsgebot. Einer Kapitalgesellschaft, also auch der GmbH, 7 1 0 ist es — entgegen der Vorschrift von § 253 Abs. 5 H G B — nicht gestattet, einen niedrigeren Wertansatz infolge außerplanmäßiger Abschreibung (§ 253 Abs. 4 ' HGB) beizubehalten, wenn die Gründe, die zu einem niedrigeren Wertansatz geführt haben, nicht mehr fortbestehen. Für Kapitalgesellschaften gilt gem. 5 280 Abs. 1 H G B in diesem Fall das Wertaufholungsgebot, d.h. der Zwang, durch Zuschreibung die überhöhte Abschreibung rückgängig zu machen. Dieses Gebot gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Das Wertaufholungsgebot ist neu im deutschen Bilanzrecht und geht un- 711 mittelbar auf Art. 35 Abs. lc) dd und Art. 39 Abs. ld) der 4. EG-Richtlinie zurück. Zweck dieses Gebots ist es, im Jahresabschluß eine den tatsächlichen Verhältnissen des Unternehmens entsprechende Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu geben, insbesondere die Sicherung, einen periodengerechten Ergebnisausweis sicherzustellen. Da die Zuschreibung eine Gewinnerhöhung (Verlustminderung) in der Handelsbilanz — und wegen des deutschen Maßgeblichkeitsprinzips der Handelsbilanz für die steuerrechtliche Gewinnermittlung (vgl. Rdn. 279 ff) in den meisten Fällen auch eine Steuermehrbelastung — zur Folge hat, ist in der Vorschrift des § 280 Abs. 2 H G B zugelassen, daß von der Zuschreibung abgesehen werden kann, wenn wegen des Maßgeblichkeitsprinzips auch eine ErhöNiehus/Scholz

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hung des steuerrechtlichen Gewinns eintritt. Damit soll ein Grundanliegen erfüllt werden, wonach die 4. EG-Richtlinie steuerneutral ins deutsche Recht umgesetzt werden sollte (vgl. Gross/Schruff 86,22). Praktische Bedeutung wird dem Wertaufholungsgebot somit nur bei abnutzbaren Anlagegegenständen zukommen, da nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei diesen „Wirtschaftsgütern" der Bilanzansatz über den letzten Bilanzansatz nicht hinausgehen darf, d.h. in diesem Falle gibt es keine Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz, so daß eine Wertaufholung in der Handelsbilanz nicht eine solche in der Steuerbilanz nach sich zieht. Prinzipiell führen die Vorschriften des § 280 H G B zu folgenden Ausweiszwängen oder -alternativen bei Wegfall der Gründe, die zu einer außerplanmäßigen (vgl. Rdn. 656), einer nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen (vgl. Rdn. 692) oder zu einer nur nach Steuerrecht zulässigen (vgl. Rdn. 725) Abschreibung geführt haben: (a) Wertaufholungszwang (§ 280 Abs. 1 Satz 1 HGB) (b) wahlweise Zuschreibung j 2gQ ^ 2 (c) wahlweise Wertbeibenaltung I, ' Der Zwang zur Zuschreibung führt zu einem Auseinanderfallen von Handels· und Steuerbilanz, während die wahlweise Zuschreibung oder Wertbeibehaltung die Ubereinstimmung beider Bilanzen bedeutet. Damit hat der Gesetzgeber das Wertaufholungsgebot im Hinblick auf das Steuerrecht relativiert, jedoch nicht ohne „Zuflucht" im Anhang zu suchen, denn gesetzlich zulässig unterlassene Zuschreibungen sind im Anhang anzugeben (§ 280 Abs. 3 HGB). Insoweit muß dem „true and fair view"-Grundsatz auch in einem solchen Fall Rechnung getragen werden. 712

Die Vorschrift in § 280 Abs. 1 H G B enthält im Prinzip drei Anwendungsfälle: — Das Wertaufholungsgebot ist auf Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nur insoweit anzuwenden, als außerplanmäßige Abschreibungen (vgl. Rdn. 662) vorgenommen worden sind, und zwar unabhängig davon, ob sie aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung vorgenommen werden mußten oder ob sie vorgenommen werden konnten, weil die Wertminderung nicht von Dauer ist (§ 280 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. HGB). — Auf die Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens ist das Wertaufholungsgebot nur insoweit anzuwenden, als diese Güter mit einem Wert unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen waren (§ 253 Abs. 3 Sätze 1 und 2 H G B ; Vgl. Rdn. 683 ff) oder angesetzt werden konnten (§ 253 Abs. 3 Satz 3 H G B ; vgl. Rdn. 692 ff; § 280 Abs. 1 2. Alt. HGB). — Das Wertaufholungsgebot gilt auch für alle Vermögensgegenstände, auf die aus nur steuerrechtlichen Vorschriften (§ 254 HGB) Abschreibungen vorgenommen worden sind (§ 280 Abs. 1 3. Alt. HGB). 884

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

Das Gebot kommt immer nur dann zum Tragen, wenn sich in einem späte- 7 1 3 ren Geschäftsjahr herausstellt, daß die Gründe, die zur ursprünglichen (besonderen) Abschreibung führten, nicht mehr bestehen. Deshalb sind die Gründe für derartige Abschreibungen zweckmäßigerweise zu dokumentieren, damit in nachfolgenden Geschäftsjahren überhaupt beurteilt werden kann, ob die Gründe entfallen sind. Diesem Gebot wird sich eine Gesellschaft nicht dadurch entziehen können, daß sie sich auf Unkenntnis oder mangelnde Nachweisfähigkeit beruft (vgl .Jonas 80, 193). Das Wertaufholungsgebot erfaßt nicht den Fall, daß der Wert des betreffenden Gegenstandes aus einem anderen Grunde als dem, der zur Abschreibung geführt hat, wieder gestiegen ist. Ist z.B. eine Anlage außerplanmäßig mangels anderer Verwertungsmöglichkeit auf den Veräußerungspreis abgeschrieben worden und steigt dieser Veräußerungspreis im nächsten Jahr infolge der Inflation des Geldwertes auf ein Niveau, das sich bei planmäßiger Abschreibung im nächsten Jahr ergeben hätte, so kommt gleichwohl eine Wertaufholung nicht in Betracht. Der Wert der Anlage ist nämlich nicht durch Wegfall des Abschreibungsgrundes, der in der Wiederverwendbarkeit zu sehen wäre, sondern durch Inflationstendenzen wieder gestiegen. Im konkreten Einzelfall mag es freilich schwierig sein festzustellen, ob sich eine gegenüber dem abgewerteten Wert ergebende Wertsteigerung durch Wegfall des Grundes, der zur Abwertung geführt hat, oder aus anderem Grunde ergibt. Das kann aber nicht zu einer Wertaufholung in jedem Falle führen, weil hierin eine grundsätzliche Verletzung des Anschaffungswertprinzips läge. Im Einzelfall muß daher der bilanzierende Kaufmann entscheiden, ob der Grund, der zu der Abwertung geführt hat, entfallen ist und sich damit grundsätzlich die Wertaufholung ergibt oder ob die Wertsteigerung eine andere Ursache hat (vgl. Jonas 80, 191 m.w.N.). Die Höhe der Wertaufholung, die zu einer Zuschreibung führt (vgl. 714 Rdn. 458), richtet sich grundsätzlich nach dem Umfang der Werterhöhung der abnutzbaren Anlagegegenstände abzüglich der Abschreibung, die in der Zwischenzeit vorzunehmen gewesen wäre (§280 Abs. 1 Satz 1 HGB). Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich 7 1 5 nicht begrenzt ist, dürfen die notwendigen Zuschreibungen die ursprünglichen Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff) nicht übersteigen; sie begrenzen die Höhe der Zuschreibung absolut. Ihre relative Obergrenze findet die Höhe der Zuschreibung in der tatsächlichen Werterhöhung, die sich aus der Differenz zwischen dem Buchwert des Vermögensgegenstandes und dem diesem am Bilanzstichtag beizulegenden Wert ergibt. Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich 7 1 6 begrenzt ist, darf dagegen höchstens bis zu dem Betrag zugeschrieben werden, der sich nach dem Abschreibungsplan ohne die außerplanmäßige Abschreibung ergeben hätte. Niehus/Scholz

885

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

Beispiel: Anschaffungskosten D M 10 000, Nutzungsdauer 10 Jahre, lineare Abschreibungsmethode; angenommener Wert am Ende des 3. Jahres der Nutzung nach außerplanmäßiger Abschreibung D M 4 200; am Ende des 5. Jahres fällt der Grund zur außerplanmäßigen Abschreibung a) ganz oder b) teilweise weg (Wert im Fall b) D M 4 000). Nutzungsjahr

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

lt ursprünglichem Plan

Buchwertverlauf nach Wertminderung

im Fall a)

im Fall b)

DM 10.000 9.000 8.000 7.000 6.000 5.000

DM

DM

DM

Ϊ , wie vor

1 4.200 3.600 3.000

4.000 3.000 2.000 1.000

2.400 1.800 1.200 600



(vgl. Adler/Düring/Schmaltz

f ) 5.000

4.000

4.000 3.000 2.000 1.000

3.200 2.400 1.600 800





§ 154, 87).

Am Ende des 5. Jahres ist also eine Zuschreibung im Falle a) in Höhe von D M 2 000,—, im Falle b) in Höhe von D M 1 000,— erforderlich. 717 Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens darf eine notwendige Zuschreibung höchstens bis zu den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfolgen (absolute Obergrenze). Da für diese Gegenstände das Niederstwertprinzip (vgl. Rdn. 189) gilt, darf jedoch eine Zuschreibung höchstens bis zu dem Wert vorgenommen werden (relative Obergrenze), der sich aus einem niedrigeren Börsen- oder Marktpreis ergibt (vgl. Rdn. 685 ff) oder der dem Vermögensgegenstand am Bilanzstichtag beizulegen ist (vgl. Rdn. 240 ff). Beispiel: Anschaffungskosten eines Wertpapieres im Jahr 01 Börsenpreis = Bilanzansatz am 31.12.01 Börsenpreis am 31.12.02 Börsenpreis am 31.12.03

DM DM DM DM

200 180 190 210

Die Zuschreibung zum 31.12.02 beläuft sich auf D M 10, da das Wertpapier am 31.12.02 mit DM 190 (relative Obergrenze) anzusetzen ist. Die Zuschreibung zum 31.12.03 beläuft sich ebenfalls auf D M 10, da der Vermögensgegenstand höchstens mit D M 200 (absolute Obergrenze) angesetzt werden darf. 886

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Zuschreibungen nur bis zur Höhe eines Zwischenwertes, im obigen Beispielsfalle im Jahre 02 in Höhe von D M 5 auf einen Wert von D M 185, sind nicht zulässig. Das Gesetz verlangt die volle Zuschreibung. Die Wertaufholung führt bei den betroffenen Wertansätzen der Gegen- 7 1 8 stände des Anlage- und des Umlaufvermögens zu Zuschreibungen. Das Wertaufholungsgebot erzwingt die Zuschreibung bereits im Jahr, in dem der Grund weggefallen ist, der zu der außerplanmäßigen Abschreibung oder zu denen nach den §§ 253 Abs. 3 HGB, 254 Satz 1 H G B geführt hat. Bei den Gegenständen des Anlagevermögens ist die Zuschreibung des Geschäftsjahres offen in der Spalte Zuschreibungen der Entwicklung des Anlagevermögens (vgl. Rdn. 382 ff) in der entsprechenden Zeile betragsmäßig zu zeigen. Die Zuschreibungen bei den Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind in der Bilanz nicht offen auszuweisen. Die Anwendung des Wertaufholungsgebots setzt weiter voraus, daß der 7 1 9 oder die zu bewertenden Vermögensgegenstände als solche bereits im vorangegangenen Jahresabschluß angesetzt worden sind. Es muß also die Identität der Vermögensgegenstände feststellbar sein (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 217). Dieser Nachweis wird i.d.R. bei gleichen oder gleichartigen Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens nicht zu führen sein, da diese Gegenstände nicht dazu bestimmt sind, dauernd dem Unternehmen zu dienen, sondern sich in relativ kurzer Zeit umschlagen. Daher erscheint die Anwendbarkeit dieses Gebots insoweit fraglich. Der Anwendungsbereich wird sich weitgehend auf nicht kurzfristige Forderungen sowie Wertpapiere des Umlaufvermögens erstrecken. Zuschreibungen bei den Vermögensgegenständen des Anlage- oder Um- 7 2 0 laufvermögens aufgrund dieses Gebots führen zu einer erfolgswirksamen (§ 280 Abs. 1 HGB) Wertaufholung, m.a.W. derartige Zuschreibungen führen durch eine entsprechende Ertragsbuchung (vgl. Rdn. 753) zu einem höheren Ertrag. Da die erfolgswirksame Wertaufholung zu einer Besteuerung des Mehrer- 721 trags in der Abschlußperiode führen würde, kann von der Zuschreibung abgesehen werden, sofern diese zu einer Versteuerung führen würde (vgl. § 280 Abs. 2 H G B ; auch Stenographisches Protokoll über die 17. Sitzung des Unterausschusses „Bilanzrichtlinie-Gesetz", 3). Dies ist der Fall, wenn der niedrigere Wertansatz in der Steuerbilanz beibehalten werden darf und wenn Voraussetzung für die Beibehaltung in der Steuerbilanz ist, daß der niedrigere Wertansatz in der Handelsbilanz beibehalten wird. Die letzte Voraussetzung ist für die Fälle der steuerrechtlichen Abschreibungen gem. § 254 H G B ausdrücklich in § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG niedergelegt. Das Wertaufholungsgebot gilt also nicht zwingend, wenn steuerrechtliche Vorschriften eine Nichtaufwertung in der Steuerbilanz davon abhängig machen, daß auch in der Handelsbilanz keine Aufwertung vorgenommen wurde (vgl. Bolin/Haeger/Zündorf Niehus/Scholz

887

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

BB 84, 507; Schmitz DB 86, 16). Die Wertaufholung wird also dann zu einem Wahlrecht, wenn auch steuerrechtlich ein Wahlrecht besteht. Das bedeutet im Ergebnis, daß faktisch das Wertaufholungsgebot nur dann greift, wenn es sich steuerrechtlich nicht auswirkt: — beim abnutzbaren Anlagevermögen, sofern der uneingeschränkte Wertzusammenhang (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG) nicht gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG aufgehoben wird; es darf also keine rein steuerrechtliche Abschreibung rückgängig gemacht werden; — beim nicht abnutzbaren Anlagevermögen, wenn eine höhere außerplanmäßige Abschreibung als in der Steuerbilanz durchgeführt wurde; das Zuschreibungsgebot besteht dann in Höhe der Differenz zwischen dem Handels- und Steuerbilanzansatz (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 970). In diesem Fall braucht das Wertaufholungsgebot zwecks Einhaltung der Steuerneutralität nicht aufgehoben zu werden, weil der Wert in der Steuerbilanz unabhängig von der Handelsbilanz fest vorgegeben ist. Ein Wertbeibehaltungswahlrecht ergibt sich folglich immer dann, wenn die außerplanmäßigen Abschreibungen oder die Abschreibungen auf einen niedrigeren Wert steuerrechtlich begründet sind, z.B. auf nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter nach §6 Abs. 1 Nr. 2 EStG (vgl. Stein ZfbF 85, 756) und der Grund dieser Abschreibung entfallen ist. Wird auf eine Zuschreibung verzichtet, ist dies im Anhang darzulegen (vgl. Rdn. 724). 722

Ein Beispielfall verdeutliche die bisher auftretenden Probleme und zeige ihre Folgewirkungen. Eine Teilwertabschreibung — hervorgerufen durch eine außerplanmäßige Abschreibung — bei einem abnutzbaren Wirtschaftsgut des Anlagevermögens hebt die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 4 EStG nicht auf, nach der der letzte Bilanzansatz nicht überschritten werden darf (zur Maßgeblichkeit in diesem Falle vgl. Förschle/Kropp WPg. 86, 156 f). Für eine Wertaufholung hat dies zur Folge, daß die Wertaufholung — insbesondere die Zuschreibung in der Handelsbilanz — den steuerlichen Teilwert nicht verändert. Fallen die Gründe für die Teilwertabschreibung weg, besteht wegen des uneingeschränkten Wertzusammenhangs in der Steuerbilanz die Pflicht zur Wertaufholung in der Handelsbilanz, und zwar ohne steuerrechtliche Auswirkung. Dies hat zur Folge, daß in den Nachfolgejahren zu prüfen bleibt, ob die Gründe für die Teilwertabschreibung entfallen sind. Die Wertaufholungspflicht entfällt erst, wenn der effektive Wertansatz nach der Teilwertabschreibung höher ist als ein hypothetischer Bilanzansatz bei Berücksichtigung der planmäßigen Abschreibungen. Für den Fall, daß eine Wertaufholung durchgeführt wird, greift die Vorschrift des § 274 Abs. 1 H G B (vgl. Rdn. 574 ff), d.h. latente Steuern sind abzu888

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

grenzen, da die unterschiedlichen W e r t a n s ä t z e in der Handels- und in der Steuerbilanz nur vorübergehend auftreten. D a r a u f , daß das W e r t a u f h o l u n g s g e b o t mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden ist, da jeder einzelne abnutzbare Vermögensgegenstand jährlich auf f r ü h e r v o r g e n o m m e n e „ ü b e r h ö h t e " Abschreibungen untersucht werden muß, deren G r ü n d e nun weggefallen sein könnten, hat Forster schon hingewiesen (vgl. Forster BB 83, 33). Die nachfolgende (siehe Seite 890) zusammenfassende Übersicht verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen Vermögenskategorien und der W e r t a u f holung nach dem Handels- und Einkommensteuerrecht f ü r Kapitalgesellschaften.

723

N a c h § 280 Abs. 3 H G B sind als Folge der Ausübung des Wahlrechts nach 7 2 4 § 280 Abs. 2 H G B aus steuerlichen G r ü n d e n unterlassene Zuschreibungen im Anhang anzugeben und zu begründen. Die anzugebenden Beträge der unterlassenen W e r t a u f h o l u n g werden i.d.R. nicht den f r ü h e r e n „ e r h ö h t e n " Abschreibungen entsprechen. Ggf. sind diese Beträge schon deswegen nicht leicht zu ermitteln, weil sich zwischenzeitlich die planmäßigen Abschreibungen geändert haben können, Teilveräußerungen stattgefunden haben oder die Bestandsmengen nur schwer feststellbar (identifizierbar) sind. Z w e c k der Angabepflicht ist, die H ö h e der am Bilanzstichtag durch unterlassene W e r t a u f h o l u n g gelegten stillen Reserven offenzulegen; danach ist die betragsmäßige Angabe auszurichten. D e r Begründungspflicht ist u.E. damit entsprochen, daß in einer kurzen A n m e r k u n g die veränderten Verhältnisse unter Hinweis auf die steuerlichen Konsequenzen dargelegt werden. i) Berücksichtigung steuerrechtlicher Vorschriften. Die Berücksichtigung 7 2 5 steuerrechtlicher Vorschriften bei der Bewertung von Vermögensgegenständen des Anlage- und des Umlaufvermögens in der Handelsbilanz ist in den §§254 und 281 H G B kodifiziert. D a r ü b e r hinaus enthält § 2 8 0 Abs. 2 H G B eine Regelung über den Einfluß steuerrechtlicher N o r m e n auf das Zuschreibungsgebot (vgl. Rdn. 710). D e r § 2 5 4 H G B ist N a c h f o l g e r der in §§154 Abs. 2 N r . 2 AktG, 155 Abs. 3 N r . 2 A k t G 1965 normierten Regelungen und transformiert gleichzeitig die Bestimmungen des Art. 35 Abs. 1 d) sowie des Art. 39 Abs. 1 e) der 4. EG-Richtlinie ins nationale Recht. Diese N o r m e n waren bzw. sind erforderlich wegen des im deutschen Bilanzrecht geltenden Maßgeblichkeitsprinzips (vgl. Rdn. 279 ff), da das Steuerrecht höhere Abschreibungsbeträge mit steuerrechtlicher W i r k u n g nur unter der Bedingung zuläßt, daß diese auch in der Handelsbilanz angesetzt worden sind. In diesen Fällen richtet sich faktisch der W e r t a n s a t z der Handelsbilanz nach dem der Steuerbilanz (in der Literatur und Praxis als umgekehrte Maßgeblichkeit bezeichnet (vgl. Rdn. 282). Niehus/Scholz

889

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

Wertaufholung nach Handels- und Einkommensteuerrecht für Kapitalgesellschaften Handelsrecht Aktiengesetz 1965 Neues Bilanzrecht (HGB)

Einkommensteuerrecht (EStG)

Aufwertungswahlrecht (§ 154 Abs. 2 Satz 2)

Aufwertungsgebot (§280 Abs. 1); jedoch: faktisches Aufwertungswahlrecht (§280 Abs. 2)

Aufwertungswahlrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3)

Aufwertungswahlrecht (§ 154 Abs. 2 Satz 2)

Aufwertungsgebot Aufwertungs(§280 Abs. 1) verbot (§6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4)

-Wegfall der Gründe für eine ursprünglich zulässige Abschreibung

Wahlrecht zur Wertkorrektur

Aufwertungsgebot Zwang zur Wert(§280 Abs. 1) korrektur

- Ursprünglich unzulässige Abschreibung

Wahlrecht zur Wertkorrektur

Aufwertungsgebot Zwang zur Wert(§ 280 Abs. 1) korrektur

Rechtsgrundlagen Vermögenskategorien 1. Anlagevermögen - Nutzung zeitlich nicht begrenzt

- Nutzung zeitlich begrenzt a) Grundsätzlich b) Vorausgegangene steuerrechtliche Abschreibung b)a) Wegfall der Vergünstigungsgrundlage

b) b) Freiwillige Aufgabe Aufwertung möglich (§ 154 Abs. 2 einer zulässigen Satz 2); wenn Abschreibung Aufwertung, dann steuerliche Konsequenzen strittig 2. Umlaufvermögen

(.Harms/Küting/Weber 890

AufwertungswahlrechtiS 155 Abs. 4)

Aufwertung möglich (§ 280 Abs. 1 und 2); wenn Aufwertung, dann steuerliche Konsequenzen

Aufwertungswahlrecht (§ 6 Abs. 3; § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 gilt nicht)

Aufwertungsgebot (§280 Abs. 1); jedoch: faktisches Aufwertungswahlrecht (§280 Abs. 2)

Aufwertungswahlrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3)

DB 86, 654) Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

D e r § 2 5 4 H G B hat f o l g e n d e n Wortlaut: „Abschreibungen können auch vorgenommen werden, um Vermögensgegenstände des Anlage- oder Umlaufvermögens mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der auf einer nur steuerrechtlich zulässigen Abschreibung beruht. § 253 Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden." 5 281 H G B lautet: „1) Die nach § 254 zulässigen Abschreibungen dürfen auch in der Weise vorgenommen werden, daß der Unterschiedsbetrag zwischen der nach § 253 in Verbindung mit § 279 und der nach § 254 zulässigen Bewertung in den Sonderposten mit Rücklageanteil eingestellt wird. In der Bilanz oder im Anhang sind die Vorschriften anzugeben, nach denen die Wertberichtigung gebildet worden ist. Unbeschadet steuerrechtlicher Vorschriften über die Auflösung ist die Wertberichtigung insoweit aufzulösen, als die Vermögensgegenstände, für die sie gebildet worden ist, aus dem Vermögen ausscheiden oder die steuerrechtliche Wertberichtigung durch handelsrechtliche Abschreibungen ersetzt wird. (2) Im Anhang ist der Betrag der im Geschäftsjahr allein nach steuerrechtlichen Vorschriften vorgenommenen Abschreibungen, getrennt nach Anlage- und Umlaufvermögen anzugeben, soweit er sich nicht aus der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung ergibt, und hinreichend zu begründen. Erträge aus der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklageanteil sind in dem Posten „sonstige betriebliche Erträge", Einstellungen in den Sonderposten mit Rücklageanteil sind in dem Posten „sonstige betriebliche Aufwendungen" der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben." Abschreibungen k ö n n e n auf einen n i e d r i g e r e n s t e u e r r e c h t l i c h e n W e r t vorg e n o m m e n werden, sofern das Steuerrecht bei der Gewinnermittlung den A n satz dieses Wertes in der Handelsbilanz voraussetzt. Steuerrechtliche Vorschriften, die derartige bilanziell zu berücksichtigende M a ß n a h m e n enthalten, beziehen sich i.d.R. entweder auf Wirtschaftsgüter des Anlage- o d e r auf solche des U m l a u f v e r m ö g e n s . D a z u gehören die Teilwertabschreibungen nach § 6 Abs. 1 N r . 1 Satz 2 und 3 sowie nach § 6 Abs. 1 N r . 2 Satz 2 EStG und die in Rdn. 553 aufgeführten, derzeit steuerlich zulässigen Sonderabschreibungen und Bewertungsfreiheiten. Abschreibungen auf g e ringwertige Anlagegüter (vgl. Rdn. 865) gehören u.E. nicht dazu, o b w o h l ihre Rechtsgrundlage steuerrechtlicher Art (§ 6 Abs. 2 EStG) ist. Sämtliche angeführten Vorschriften wirken bei ihrer Inanspruchnahme erfolgsmindernd.

726

D i e Vorschrift des § 2 5 4 H G B fordert nicht einen bereits festgelegten steuerlich zulässigen W e r t als Wertansatz, sondern nur einen Ansatz, der „auf einer s t e u e r r e c h t l i c h zulässigen A b s c h r e i b u n g beruht". Es muß also mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit damit gerechnet w e r d e n können, daß die niedrigeren Wertansätze auch steuerrechtlich anerkannt werden. D i e s gilt auch für streitige Fälle, in denen Rechtsmittel schweben. D i e Berücksichtigung der steuerrechtlichen Sonderabschreibungen und Bewertungsfreiheiten in der

727

Niehus/Scholz

891

HGB § § 238-335

Rechnungslegung

Handelsbilanz setzt voraus, daß die Gesellschaft ernsthaft beabsichtigt, von den steuerrechtlich gebotenen Vergünstigungen in der Steuerbilanz Gebrauch zu machen. Das schließt jedoch nicht aus, daß sich die Ansichten über die Zweckmäßigkeit der Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen bis zur Abgabe der Steuererklärung, die i.d.R. viel später erfolgen wird, ändern. Die Zulässigkeit des Handelsbilanzansatzes wird dadurch nicht berührt (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 211). 728

Die in der Rdn. 726 (vgl. auch Rdn. 553) aufgeführten steuerlichen Vergünstigungen können gem. § 254 H G B — wie nach den Vorschriften des AktG 1965 möglich — aktivisch abgesetzt werden oder gem. §281 Abs. 1 Satz 1 H G B passivisch als Wertberichtigung in den Sonderposten mit Rücklageanteil (vgl. Rdn. 548) eingestellt werden; dabei ist in der Bilanz oder im Anhang jeweils die Vorschrift anzugeben (Beispiele siehe in den Rdn. 729 ff), nach der dieser Posten gebildet ist. Ob es sich im letzten Fall um eine Wertberichtigung oder lediglich um einen Korrekturposten handelt, kann fraglich sein. Mit dieser Ausweismöglichkeit könnte ein vielfach in der internationalen Diskussion gegen die deutschen Jahresabschlüsse erhobener Vorwurf der zu niedrigen Bewertung aufgrund steuerrechtlich eingeräumter Sonderabschreibungsmöglichkeiten wesentlich entkräftet werden (vgl. IdW/WPK WPg. 81, 615).

729

Die Höhe der Abschreibung gem. § 254 HGB bzw. des Betrages der Einstellung in den Sonderposten mit Rücklageanteil ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem handelsrechtlich gebotenen Bilanz- und Bewertungsansatz sowie dem steuerlich zulässigen und steuerbilanziell gewollten Wertansatz. Derartige Bewertungsdifferenzen können sich bei den Vermögensgegenständen des Anlage- und des Umlaufvermögens ergeben. Bei bestimmten Importgütern (Umlaufvermögen) kann eine Bewertungsdifferenz z.B. durch die Inanspruchnahme des Importwarenabschlags nach § 80 EStDV auftreten. Die Höhe der Abschreibung bzw. des in den Sonderposten einzustellenden und ggf. gesondert auszuweisenden Betrags resultiert aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem nach § 253 Abs. 3 H G B ermittelten handelsrechtlichen Wertansatz (vgl. Rdn. 683 ff) und dem aus § 80 EStDV herzuleitenden Wertansatz. Das folgende Beispiel veranschauliche diesen Sachverhalt: In der Schlußbilanz sind 100 Einheiten des (begünstigten) Vermögensgegenstandes Α vorhanden. Anschaffungskosten pro Stück D M 40,—; der Börsenpreis am Bilanzstichtag beträgt DM 35,— je Stück. Diese Güter sind handelsrechtlich mit DM 3500,— anzusetzen. Steuerrechtlich können sie unter Berücksichtigung des Bewertungsabschlags mit DM 2800,— bewertet werden, handelsrechtlich können diese Güter um D M 700,— auf DM 2800,— abgeschrieben werden (vgl. § 254 HGB) oder es ist in Höhe von D M 700,— eine Wertberichtigung zu bilden, wenn der Bewertungsabschlag in Anspruch genommen worden ist (§ 281 Abs. 1 HGB). 892

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Die Ausweispflicht nach den o.g. Vorschriften bei einem Vermögensgegen- 7 3 0 stand des Anlagevermögens verdeutliche das folgende Beispiel: Sonderabschreibung auf Wirtschaftsgüter nach § 14 BerlinFG, Anschaffungskosten D M 1 Mio, steuerlich können im J a h r der Anschaffung bis zu 75 % abgeschrieben werden, in den Folgejahren ist der Restbuchwert auf die Restnutzungsdauer zu verteilen, die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer betrage 10 Jahre, Anschaffungszeitpunkt: J a n u a r des Wirtschaftsjahres. Wertansatz nach handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften (Handelsbilanz)

Anschaffung (Zugang) Abschreibung/Sonderabschreibung/ Einstellungsbetrag Wertansatz am Ende des Abschlußjahres (des ersten Jahres der Nutzung)

./.

steuerlich zulässig und gewollte Inanspruchnahme (Steuerbilanz)

nach § 254 HGB zulässige Abschreibung

als Wertberichtigung ausgewiesener Sonderposten mit Rücklageanteil (Handelsbilanz) DM

DM

DM

DM

1.000.000

1.000.000

1.000.000

100.000

./. 750.000

./. 750.000

650.000

900.000

250.000

250.000

650.000

-

Zum Ausweis des Gegenpostens „Einstellung in den S o n d e r p o s t e n " vgl. Rdn. 803. Die in den Sonderposten mit Rücklageanteil eingestellte Wertberichtigung 7 3 1 ist unbeschadet steuerrechtlicher Vorschriften insoweit aufzulösen, als die Vermögensgegenstände, zu denen sie gebildet worden ist, aus dem V e r m ö g e n der Gesellschaft ausscheiden oder steuerrechtlich vorweggenommene Abschreibungen handelsrechtlich „ n a c h g e h o l t " werden ( § 2 8 1 Abs. 1 S a t z 3 HGB). Unter Fortführung des in der Rdn. 730 angeführten Beispiels ergeben sich folgende jährlichen Auflösungsbeträge (planmäßige N u t z u n g des Vermögensgegenstandes im 2. und 3. J a h r , außerplanmäßige Abschreibung auf einen Restwert von D M 300 000,— im 4. J a h r ) :

Niehus/Scholz

893

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung Wertansatz nach handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften (Handelsbilanz)

steuerlich zulässiger, angesetzter Wert

Wertberichtigung nach Steuerrecht

(Steuerbilanz)

(Handelsbilanz)

DM

DM

DM

900.000

250.000

650.000

Abschreibung/Restabschreibung/ Auflösungsbetrag des zweiten Jahres der Nutzung

./. 100.000

./. 27.777

Wertansatz am Ende des zweiten Jahres der Nutzung

800.000

222.223

Abschreibung/Restabschreibung/ Auflösungsbetrag des dritten Jahres der Nutzung

./. 100.000

./. 27.777

Wertansatz am Ende des ersten Jahres der Nutzung

./.

72.223 577.777

./.

72.223

Wertansatz am Ende des dritten Jahres der Nutzung

700.000

194.446

505.554

außerplanmäßige Abschreibung

./. 400.000

./. 27.777

./. 372.223

Wertansatz am Ende des vierten Jahres der Nutzung

300.000

166.669

133.331

Im Falle der aktivischen Abschreibungen gem. § 254 H G B würde die zweite Spalte gelten. Sind die ebenfalls in der Rdn. 729 beispielhaft angeführten Importwaren, f ü r die eine Wertberichtigung nach § 80 EStDV gebildet worden ist, im folgenden Geschäftsjahr abzuschreiben, hat eine Auflösung/Teilauflösung des Sonderpostens mit Rücklageanteil zu erfolgen. Fortführung des Beispiels „Bewertung der Importwaren": Die Vermögensgegenstände sind am folgenden Bilanzstichtag noch vorhanden (Verkäuflichkeit unzweifelhaft). Der Börsenpreis an diesem Bilanzstichtag beträgt D M 30,— je Stück. Der Handelsbilanzwert der Güter ist auf D M 3000,— abzuschreiben, der steuerlich zulässige Wert beläuft sich demnach auf D M 2400,—. Die Wertberichtigung nach § 80 EStDV beträgt nur noch D M 600,—, so daß D M 100,— aufzulösen sind. Steuerrechtliche Vorschriften, die unabhängig von der handelsrechtlichen Regelung die Auflösung einer als Sonderposten mit Rücklageanteil eingestellten Wertberichtigung oder Rücklage erzwingen, enthält z.B. § 6 b EStG. 894

Niehus/Scholz

C . Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

Zur Behandlung des aus der Auflösung derartiger Sonderposten mit Rücklageanteil resultierenden Gegenpostens vgl. Rdn. 683. Zur Auswirkung der steuerlichen Vorschriften auf das Wertaufholungsgebot siehe Rdn. 711 ff.

732

Aus § 281 Abs. 2 S a t z 1 H G B ergeben sich für eine Gesellschaft zusätzliche 7 3 3 Berichtspflichten im Anhang. Die unter dem alten Recht bemängelte nicht erkennbare Verfälschung des Aussagewerts der Handelsbilanz durch steuerliche Vorschriften soll damit beseitigt werden (vgl. Wöbe D S t R 85, 756). S o weit nicht aus der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung ersichtlich, sind die Beträge in der Handelsbilanz vorgenommener, jedoch nur steuerrechtlich begründeter Abschreibungen, getrennt nach Anlage- u. Umlaufvermögen im Anhang anzugeben und zu begründen. Diese Berichtspflicht besteht nur in dem Geschäftsjahr, in dem diese Beträge erstmalig auftreten, und geht nicht über die allgemeinen Erläuterungspflichten hinaus. Uber die Beibehaltung derartiger Beträge (solange sie bestehen) oder deren Auflösung braucht nicht berichtet zu werden. Berichtspflichtig sind nicht die vollen Abschreibungs- oder Wertberichtigungsbeträge, sondern nur die Differenz zwischen dem handelsbilanzmäßig zulässigen und dem steuerlich erlaubten und gewählten Wertansatz (vg\. Jonas 80, 179). S o ist z.B. zu berichten über eine nur steuerlich bedingte Wertminderung nach § 14 BerlinFG (erhöhte Absetzungen für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens); die Berichterstattung dazu könnte lauten: „ A u f Grundstücke wurden außerordentliche Wertberichtigungen aufgrund steuerlicher Sondervorschriften (§ 14 BerlinFG) in H ö h e von D M 1 Mio vorgenommen." O b über die Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit für geringwertige Anlagegüter nach § 6 Abs. 2 E S t G zu berichten ist, kann zweifelhaft sein, da die Praxis zeigt, daß viele Unternehmen diese Wirtschaftsgüter nur pauschal inventarisieren und daß die volle Abschreibung im Zugangsjahr richtungsweisende Interpretation der kaufmännischen Ü b u n g ist (vgl. IdW-HFA 2/66 W P g . 66, 328). D e r Ausweis der Einstellungen in den Sonderposten mit Rücklageanteil sowie der Ausweis der Auflösung dieses Postens sind in § 2 8 1 Abs. 2 S a t z 2 H G B geregelt. Einstellungen sind Aufwendungen, Auflösungen stellen Erträge dar. Sie sind in der Gewinn- und Verlustrechnung in den Posten „ S o n stige betriebliche A u f w e n d u n g e n " (vgl. Rdn. 803 ff) bzw. „ S o n s t i g e betriebliche E r t r ä g e " (vgl. Rdn. 783 ff) gesondert auszuweisen, wenn sie wesentlich sind, und haben damit Einfluß auf die H ö h e des Jahresüberschusses/-fehlbetrages eines Geschäftsjahres. D e r gesonderte Ausweis dieser Beträge führt in den entsprechenden Posten zu einem „ d a v o n - V e r m e r k " . Sofern den steuerlichen Mehrabschreibungen durch erhöhte Abschreibungen gem. § 254 H G B Rechnung getragen wird, ist die dadurch bedingte WertNiehus/Scholz

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minderung unter den Abschreibungen gem. § 275 Abs. 2 Nr. 7 bzw. nach Abs. 3 Nr. 2 H G B auszuweisen (vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz § 157,159). 735

j) Abschreibungen auf Bilanzierungshilfen. Die Abschreibungen der aktivierten Aufwendungen f ü r die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs werden im § 282 H G B , die des Geschäftswertes im § 255 Abs. 4 Satz 2 H G B und die eines Disagios im § 250 Abs. 3 Satz 2 H G B wie folgt geregelt: „Für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs ausgewiesene Beträge sind in jedem folgenden Geschäftsjahr zu mindestens einem Viertel durch Abschreibungen zu tilgen" (§ 282 H G B ) . „Als Geschäfts- oder Firmenwert darf der Unterschiedsbetrag angesetzt werden, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt. D e r Betrag ist in jedem folgenden Geschäftsjahr zu mindestens einem Viertel durch Abschreibungen zu tilgen. Die Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwertes kann aber auch planmäßig auf die Geschäftsjahre verteilt werden, in denen er voraussichtlich genutzt wird" (§ 255 Abs. 4 HGB). „Ist der Rückzahlungsbetrag einer Verbindlichkeit oder Anleihe höher als der Ausgabebetrag, so darf der Unterschiedsbetrag in den Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite aufgenommen werden. D e r Unterschiedsbetrag ist durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können" (§ 250 Abs. 3 H G B ) .

Diese Bestimmungen sind weitgehend identisch mit den entsprechenden Normen (§§ 153 Abs. 4 und 5, 156 Abs. 3) des AktG 1965. Neu ist jedoch, daß die Geschäftswertabschreibung planmäßig auf die voraussichtliche N u t zungszeit verteilt werden kann. 736 Die Vorschrift des § 282 H G B erzwingt die Abschreibung aktivierter Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes (vgl. Rdn. 341) während eines Abschreibungszeitraumes von längstens 4 Jahren. Der Gesellschaft bleibt es — durch das gesetzlich eingeräumte Wahlrecht — vorbehalten, diesen Zeitraum zu verkürzen, d.h. sie kann dieses Aktivum auch mit Hilfe einer „Einmalabschreibung" auf einen handelsrechtlich zulässigen Wert bringen. Wird in den ersten Jahren mehr als 1 / 4 des aktivierten Betrages abgeschrieben, darf deswegen nach Wortlaut und Zweck in den späteren Jahren nicht weniger getilgt werden (vgl. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f § 153, 61). In diesem Fall kann fraglich sein, wann mit der Abschreibung zu beginnen ist. Die Formulierung im § 282 H G B läßt die erstmalige Abschreibung erst im auf die Aktivierung folgenden Jahr zu. Für die Ingangsetzungsaufwendungen darf daraus jedoch nicht geschlossen werden, daß auf die Abschreibung für das Jahr, in dem der Geschäftsbetrieb in Gang gesetzt worden ist, in 896

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jedem Fall verzichtet werden kann. Wurde etwa in den ersten Monaten des Geschäftsjahres mit der laufenden Geschäftstätigkeit begonnen, so sind für dieses Geschäftsjahr zumindest anteilige Abschreibungen zu verrechnen (vgl. AdlerlDüringlSchmaltz § 153, 127). Gleiches muß auch für die Erweiterungskosten gelten. Zum Problem der Steuerabgrenzung durch Auflösung eines solchen Aktivums vgl. Rdn. 351 ff. Für den Geschäfts- oder Firmenwert besteht eine dem § 282 H G B entspre- 737 chende Vorschrift in Satz 2 des § 255 Abs. 4 HGB. Auch er kann zu mindestens einem Viertel in jedem folgenden Geschäftsjahr getilgt werden, wenn er nicht planmäßig auf die Geschäftsjahre verteilt wird, in denen er voraussichtlich genutzt wird (§ 255 Abs. 4 Satz 3 HGB). In diesem Falle kann mit der Aktivierung bereits im Jahr des Erwerbs begonnen werden. Im Unterschied zum § 282 H G B eröffnet diese Bestimmung dem Bilanzierenden ein Bewertungswahlrecht; insoweit kann auf die vorherigen Ausführungen Bezug genommen werden (vgl. Rdn. 736). Neben der gesetzlichen Mindestabschreibung zu je einem Viertel in jedem folgenden Jahr nach der Übernahme eines Unternehmens eröffnet Satz 3 des § 255 Abs. 4 H G B erstmals die Möglichkeit, die Abschreibung des Firmenwertes planmäßig auf die Geschäftsjahre zu verteilen, in denen er voraussichtlich genutzt wird. Diese Änderung beruht auf dem neu eingefügten Satz 3 des § 7 Abs. 1 EStG, nach dem der Geschäfts- oder Firmenwert künftig bei der Gewinnermittlung für die Besteuerung auf eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 15 Jahren abgeschrieben werden darf. Um den Kaufleuten diese Regelung auch in der Handelsbilanz zu ermöglichen, ist § 255 Abs. 4 Satz 3 H G B eingeführt worden (vgl. Ausschußbericht, 101); eine Abschreibung über 15 Jahre setzt voraus, daß der Firmenwert über eine so lange Zeit genutzt wird (vgl. auch Havermann BFuP 86, 117). Ob das Nebeneinander von zwei so unterschiedlichen Nutzungsdauern (5 Jahre bzw. 15 Jahre) dem Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse des Unternehmens (§ 264 Abs. 2 Satz 1 HGB) förderlich ist, kann u.E. bezweifelt werden (vgl. auch Ordelheide G m b H R 86, 41). Unabhängig von den gesetzlich vorgeschriebenen Abschreibungsfristen können aber ein Wegfall oder die nachträgliche Erkenntnis, daß ein bei Übernahme eines Unternehmens angenommener Geschäfts- oder Firmenwert tatsächlich nicht vorhanden war (überhöhter Kaufpreis), zusätzliche Abschreibungen, u.U. auch eine sofortige Vollabschreibung erforderlich machen (§ 253 Abs. 2 Satz 3 2. Hs. HGB, außerplanmäßige Abschreibung; vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz § 153, 138). Da nach den Vorschriften des Steuerrechts der Firmen- oder Geschäftswert zwingend mit den Anschaffungskosten (5 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) abzüglich der genannten Absetzung für Abnutzung anzusetzen ist, führt eine höhere handelsrechtliche Abschreibung zu einem Auseinanderfallen von Handels- und Niehus/Scholz

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Steuerbilanz. An diese Erscheinung knüpft die Vorschrift des § 274 Abs. 2 H G B (aktive Steuerabgrenzung) an (vgl. Rdn. 351 ff). 738 Ein nach § 250 Abs. 3 Satz 1 H G B aktivierter Unterschiedsbetrag (Disagio) (vgl. Rdn. 350) ist durch planmäßige Abschreibungen zu tilgen. Die Abschreibungen sind auf die Laufzeit der Verbindlichkeit zu verteilen und müssen mit der Rückzahlung des Kredits enden. Die Abschreibung hat planmäßig (vgl. Rdn. 637 ff) zu erfolgen, d.h. auf der Basis eines mehrjährig gültigen Abschreibungsplanes. Der der Abschreibung zugrunde zu legende Tilgungsmaßstab ist dabei nach dem Verhältnis der auf die einzelnen Jahre entfallenden Zinsen zu den Gesamtzinsen auszurichten. Eine außerplanmäßige Abschreibung kann notwendig werden, wenn die Verbindlichkeit oder Anleihe vorzeitig zurückgezahlt wird oder sich das Zinsniveau wesentlich ermäßigt. Freiwillige außerplanmäßige Abschreibungen sind zulässig, über sie ist jedoch im Anhang (vgl. Rdn. 846 ff) zu berichten (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 615). Bei Realkreditinstituten sind hinsichtlich der Abgrenzung der § 25 HBG und der § 23 SchBG zu beachten (vgl. IdW-BFA 1/76 WPg. 76, 338). 739

k) Bewertungsgrundsätze für Passivposten. Die Wertansätze der Passivposten sind in §§ 253 Abs. 1 Satz 2 und 283 H G B wie folgt geregelt: „Verbindlichkeiten sind zu ihrem Rückzahlungsbetrag, Rentenverpflichtungen, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist, zu ihrem Barwert und Rückstellungen nur in H ö h e des Betrages anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist" (§ 253 Abs. 1 Satz 2 H G B ) . „ D a s gezeichnete Kapital ist zum Nennbetrag anzusetzen" (§ 283 H G B ) .

Diese Vorschriften gehen weitgehend auf den Wortlaut des § 156 AktG 1965 zurück. Folgen aus der Verletzung der in dieser Vorschrift normierten Regelungen können sich aus §§ 331 ff H G B (vgl. Rdn. 1583 ff) ergeben. 740 In der Bilanz der G m b H ist gemäß § 42 Abs. 1 das Stammkapital als gezeichnetes Kapital auszuweisen (vgl. §§41, 42 Rdn. 99 ff). Es entspricht der bisherigen Übung, das Stammkapital mit dem Nennbetrag anzusetzen und auszuweisen. Das gilt auch dann, wenn das Stammkapital nicht oder nicht vollständig eingezahlt ist (vgl. §§ 41, 42 Rdn. 111) oder wenn es ganz oder zum Teil durch Verluste aufgezehrt ist (vgl. Rdn. 510 ff). 741

Verbindlichkeiten — dazu gehören auch ungewisse Verbindlichkeiten, denen durch Rückstellungen Rechnung getragen wird — sind mit dem Rückzahlungsbetrag, also mit dem Betrag zu bilanzieren, mit dem die Schuld zu erfüllen ist. Dieser Betrag ist i.d.R. identisch mit dem Betrag, mit dem die Verbindlichkeit eingegangen ist; Ausnahme: Verbindlichkeiten mit Darlehenscharakter. Wegen bestehender Unsicherheitsmomente wird es bei Rückstellungen häufig nicht möglich sein, den Rückzahlungsbetrag anzugeben (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 156, 9 ff). Die Ansatzpflicht zum Rückzahlungsbetrag 898

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könnte jedoch bei Zero-Bonds bedenklich sein: So müßte z.B. eine Bank heute begebene 100 Mio Dollar Zero-Bonds, die in zehn Jahren zu 287 % zurückgezahlt werden sollen, bereits im Zeitpunkt der Begebung mit 287 Mio Dollar passivieren (vgl. /owierZfbF 85,751). Diese Bilanzierung würde zu einem völlig überhöhten Fremdkapitalausweis führen, der wiederum würde den Vermögensausweis in der Bilanz verzerren. Dies widerspricht aber dem Gebot, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln (§ 264 Abs. 2 Satz 1 HGB). Da diese Problematik dem Gesetzgeber offenbar nicht bewußt gewesen ist, ist der Wortlaut des § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB, wonach Verbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten seien, zu weit geraten. Es ist vielmehr in Wahrheit eine Regelungslücke des Gesetzgebers anzunehmen. Bei Zero-Bonds ist deshalb im Emissionsjahr beim Emittenten der niedrigere Ausgabebetrag, im obigen Beispiel also 100 Mio Dollar, zu passivieren. Zum Schluß eines Geschäftsjahres ist der auf dieses Jahr entfallende Zinsbetrag als Verbindlichkeit zu passivieren, der in dem Konto Zinsaufwand gegenzubuchen ist, da es sich hierbei letztlich um ein Entgelt für die Kapitalnutzung des abgelaufenen Jahres handelt (vgl. auch Bordewin WPg. 86, 265 f). Ausgabebetrag und Zinsverpflichtung sind also als einheitliche Schuld anzusehen, da die zuzurechnende Zinsschuld Bestandteil der Hauptschuld wird. Wie bei Anleihen mit periodischer Zinszahlung kann ein Agio bzw. Disagio entstehen, wenn der Kurs, zu dem die Anleihe verkauft worden ist (Ausgabebetrag), von dem in den Emissionsbedingungen festgelegten Betrag abweicht. Die Effektivzinsberechnung darf in diesem Fall auf der Basis des Emissionsbetrages durchgeführt und die Differenz zum Ausgabebetrag bilanziell als Agio bzw. Disagio behandelt werden (vgl. IdW-HFA 1/86, WPg. 86, 248). Rentenverpflichtungen — auch ungewisse Rentenverpflichtungen — sind 7 4 2 zum Barwert der zukünftigen Auszahlungen anzusetzen, ggf. kann ihnen nur durch Bildung einer Rückstellung (vgl. Rdn. 554) Rechnung getragen werden. Unter Renten sind für eine bestimmte Dauer periodisch wiederkehrende Leistungen in Geld oder Geldeswert aufgrund eines einheitlichen Rentenstammrechts zu verstehen. Bei Rentenschulden ist der Barwert mit der Ablösesumme (§ 1199 BGB) identisch. Im übrigen ist der Barwert einer Rentenverpflichtung unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und ggf. von Sterbetafeln nach mathematischen Grundsätzen zu ermitteln. Pensionsansprüche haben ebenfalls Rentencharakter. Hier ist der Barwert der Betrag, zu dem sie im Rahmen der Rückstellungsbewertung höchstens angesetzt werden dürfen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB) (s.a. Rdn. 562 Pensionsrückstellungen; vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 156,21 ffm.w.N.). § 253 Abs. 1 Satz 2 H G B bestimmt auch den Wertansatz von Rückstellungen. Sie sind mit dem Betrage zu bilden, der nach vernünftiger kaufmänniNiehus/Scholz

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scher Beurteilung das Risiko der Inanspruchnahme deckt, wenn für sie ein Ansatzzwang besteht; die vernünftige kaufmännische Beurteilung schließt den Grundsatz der Vorsicht mit ein. Eine Schätzung muß somit frei von jeder Willkür sein (vgl. Menger G m b H R 83, 219). Zur Rückstellungshöhe bemerkt Härtung (vgl. BB 84, 511) zutreffend, daß diese nicht danach bemessen wird, wieviel für die gleiche Leistung an Dritte zu bezahlen wäre (so aber offenbar BFH, vgl. BB 84,449). Unternehmen mit ungünstiger Kostenstruktur dürfen Verbindlichkeiten auch bezüglich der Einzelkosten — insbesondere Gehälter — auch dann in voller Höhe passivieren, wenn diese überhöht erscheinen (vgl. Härtung aaO). Ist dagegen ein Ansatzwahlrecht gegeben, ist ein Ausweis zwischen Null und dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung gebotenen Wert möglich. Die Ausschöpfung dieses Bewertungswahlrechts führt jedoch zu einer entsprechenden Berichtspflicht im Anhang (vgl. Rdn. 846 ff). Unzulässige Wertansätze für Rückstellungen ziehen ggf. die Folgen aus §§ 331 ff H G B (vgl. Rdn. 1583 ff) nach sich. 744 Hinsichtlich der Schulden hat der Gesetzgeber für die Umstellung auf das neue Recht folgende Übergangsvorschrift vorgeschrieben: „Waren Schulden im Jahresabschluß für das am 31. D e z e m b e r 1986 endende oder laufende Geschäftsjahr mit einem niedrigeren Wert angesetzt, als er nach §§ 249, 253 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs vorgeschrieben oder zulässig ist, so kann bei der Aufstellung des Jahresabschlusses für das nach dem 31. D e z e m b e r 1986 beginnende Geschäftsjahr oder bei Anwendung auf ein früheres Geschäftsjahr nach Artikel 23 in dem früheren Geschäftsjahr der für die N a c h h o l u n g erforderliche Betrag den Rücklagen entnommen werden, soweit diese nicht durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung für andere Zwecke gebunden sind; dieser Betrag ist nicht Bestandteil des Ergebnisses oder des Bilanzgewinns."

(Art. 24 Abs. 4 EinfG HGB). Waren also Schulden im letzten Jahresabschluß vor dem Übergang auf das neue Recht niedriger angesetzt, als es dem neuen Recht entspricht, so kann der erforderliche Betrag den Rücklagen entnommen werden, soweit die Rücklagen nicht für andere Zwecke gebunden sind. 745

1) Wertansätze einzelner Passivposten. Verbindlichkeiten auf Grund von Warenlieferungen und Leistungen, Bankverbindlichkeiten, Lohn- und Gehaltsverbindlichkeiten, Steuerverbindlichkeiten sind mit dem Rückzahlungsbetrag zu bilanzieren. Als Rückzahlungsbetrag ist der Betrag anzusetzen, der vom Betrieb bei normaler Abwicklung aufgebracht werden muß, also ohne Zuschläge für verspätete Zahlung. Aber auch Kosten der Rückzahlung (z.B. Überweisungsgebühren) rechnen nicht zum Rückzahlungsbetrag. Ist die geschuldete Leistung am Abschlußstichtag (noch) nicht genau bekannt, z.B. weil fremdbezogenes Material bereits eingebucht ist, die Rechnung 900

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aber noch aussteht, so ist sie vorsichtig zu schätzen (vgl. Kropff in Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff § 156, 9). Eine Abzinsung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten läßt die Bewertungsnorm des § 253 Abs. 1 Satz 2 H G B ebenfalls nicht zu. Darlehensverbindlichkeiten sind stets mit dem Rückzahlungsbetrag zu bi- 7 4 6 lanzieren. Da bei Darlehen häufig ein Disagio, seltener ein Rückzahlungsagio vereinbart wird, lassen sich bei diesen Verbindlichkeiten der Verfügungsbetrag, der Nennbetrag und der Rückzahlungsbetrag unterscheiden. Der Rückzahlungsbetrag stimmt i.d.R. mit dem Nennbetrag der Schuld überein, er kann aber auch über ihm liegen (Rückzahlungsagio). Zur aktivischen Abgrenzung des Unterschiedsbetrages zwischen dem Rückzahlungsbetrag und einem niedrigeren Verfügungsbetrag vgl. Rdn. 508. Wechselverbindlichkeiten sind stets mit dem Betrag in die Bilanz aufzuneh- 7 4 7 men, der der Wechselsumme entspricht, also grundsätzlich einschließlich des Diskontbetrages. Bei längerer Laufzeit kann ggf. eine Abgrenzung des Diskontbetrages nach § 250 Abs. 3 Satz 1 H G B in Frage kommen (vgl. Adler/Düring/'Schmaltz § 156,13). Bei der Bewertung von Verbindlichkeiten, für deren Erfüllung die Gesell- 7 4 8 schaft gesamtschuldnerisch haftet, braucht nur der auf die Gesellschaft im Innenverhältnis entfallende Teil ausgewiesen zu werden. Für den nicht passivierten Betrag ist eine Angabe nach § 251 H G B erforderlich (vgl. Rdn. 878 ff). Droht jedoch die Inanspruchnahme aus der gesamtschuldnerischen Haftung wegen Ausfalls der Mitverpflichteten auch für diesen Teil, so ist in entsprechender Höhe eine Rückstellung zu bilden; steht die Inanspruchnahme zweifelsfrei fest, ist die Verbindlichkeit entsprechend höher zu passivieren (vgl. Adler/Düring/Schmaltz$ 156,15m.w.N.). Valutaverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten in fremder Währung) sind 7 4 9 grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen, das ist i.d.R. der am Bilanzstichtag geltende Briefkurs. Langfristige Währungsverbindlichkeiten sind ggf. zum höheren Einstandswert zu bilanzieren, da auch hier der allgemeine Grundsatz gilt, daß Gewinne erst nach endgültiger Realisierung vereinnahmt werden dürfen. Eine Vereinnahmung kann ggf. schon darin gesehen werden, daß sich ein gesunkenes Kursniveau bleibend stabilisiert hat (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 156, 16 f m.w.N.). Die Beibehaltung eines höheren Einstandswertes sollte in der Form erfolgen, daß der höhere Einstandswert passiviert bleibt. Es ist aber auch möglich, die Verbindlichkeit zum am Bilanzstichtag geltenden Kurs auszuweisen und gleichzeitig eine Rückstellung in Höhe des Unterschiedsbetrages zum höheren Einstandswert zu bilden. Rückstellungen sind in Höhe des Betrages anzusetzen, der nach vernünfti- 7 5 0 ger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. Rückstellungen sind somit in Höhe des Betrages zu bilden, mit dem die Gesellschaft voraussichtlich in Anspruch genommen werden wird oder den sie zur Abdeckung des Risikos benöNiehus/Scholz

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tigt. Die Rückstellungsbildung muß den tatsächlichen (objektiven) wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung tragen. Die vernünftige kaufmännische Beurteilung schließt den Grundsatz der Vorsicht mit ein. Bei einer größeren Anzahl dem Grunde nach ungewisser Verbindlichkeiten kann die Wahrscheinlichkeit, nur aus einem Teil der Verbindlichkeiten in Anspruch genommen zu werden, berücksichtigt werden; andererseits darf bei seltenen und sehr hohen Rückstellungen die Schwierigkeit der Berechnung in keinem Fall zur Unterlassung notwendiger Rückstellungen führen. Dem Rückstellungserfordernis kann je nach Lage des Einzelfalls durch Bildung von Einzelrückstellungen, Sammelrückstellungen oder durch kombinierte Bildung von Einzel- und Sammelrückstellungen Rechnung getragen werden (vgl. WP-Handbuch 85/86, 631 m.w.N.). 751

Neue Pensionsverpflichtungen (vgl. Rdn. 562 ff), die ab 1. Jan. 1987 vereinbart werden (vgl. Art. 28 Abs. 1 EinfGHGB), sind künftig zu passivieren. Bereits laufende Pensionen sind, sofern sie auf freiwilliger Basis schon passiviert worden sind, mit dem Barwert zurückzustellen, d.h. es ist jede Pensionszahlung, die nach der wahrscheinlichen Lebensdauer des Berechtigten künftig geleistet werden muß, auf den Bilanzstichtag abzuzinsen. Ein höherer Ansatz wäre unzulässig. Wird ein niedrigerer Wert angesetzt, bedeutet dies, daß nicht voll passiviert ist (zur Angabepflicht nicht bilanzierter Pensionsverpflichtungen vgl. Rdn. 879). Für Pensionsanwartschaften kommen drei Ansätze in Betracht: (a) der Barwert; das ist die Gesamtsumme der auf den Bilanzstichtag abgezinsten künftigen Pensionsleistungen; (b) der Gegenwartswert; das ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die Rückstellung gleichmäßig über die Zeit von der Entstehung der Pensionsverpflichtung bis zu dem vertraglich vorgesehenen Eintritt des Versorgungsfalls angesammelt wird; (c) der Teilwert; auch bei ihm wird die Rückstellung gleichmäßig aufgefüllt, aber nicht erst von der Pensionszusage, sondern bereits vom Beginn des Arbeitsverhältnisses an, so daß im Zeitpunkt der Zusage für die Zeit seit Beginn des Arbeitsverhältnisses eine Einmalrückstellung vorzunehmen ist. Mit dem Herannahen des Versorgungsfalls nähern sich der Barwert (als höchster), der Gegenwartswert (als niedrigster) und der Teilwert (als zwischen beiden liegender Ansatz) immer mehr und erreichen bei planmäßigem Eintritt des Versorgungsfalls den Barwert der laufenden Rente. Im allgemeinen wird in der Praxis der Gegenwartswert angesetzt. Steuerlich ist nur dieser Wert rückstellungsfähig. Jedoch ist auch der Ansatz des Teilwertes (der namentlich bei einer kurz vor dem Ruhestand erteilten Pensionszusage die übernommene Verpflichtung zutreffender wiedergibt) betriebswirtschaftlich wohl begründet. Handelsrechtlich können daher auch der Teilwert oder der Barwert angesetzt 902

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werden. Die Abweichung von dem Regelansatz (Gegenwartswert) ist aber im Anhang anzugeben. Laufende Renten sind zum Barwert anzusetzen (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 156, 40 ff).

VII. Materieller und formeller Inhalt der Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 275-278 HGB) 1. Allgemeines. Neben der Bilanz hat der Kaufmann — wozu auch die 7 5 2 GmbH zählt (vgl. § 41, 42 Rdn. 3) — nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 242 Abs. 2 H G B auch eine Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. So gesehen, ist diese Vorschrift neu. Das Gesetz enthält folgende Definition der Gewinn- und Verlustrechnung: „Er hat für den Schluß eines jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen" (§ 242 Abs. 2 HGB).

Die Gewinn- und Verlustrechnung (Erfolgsrechnung) ist also der zweite wesentliche Bestandteil des Jahresabschlusses (vgl. Rdn. 76). Während die Bilanz den Jahreserfolg (vgl. Rdn. 547) nur in einer Gesamtsumme ausweist, erklärt die Erfolgsrechnung den Erfolg nach Art, Höhe und Quellen, indem in ihr die Erfolgskomponenten einer Periode, die „Aufwendungen" und „Erträge", gegenübergestellt werden. Teilweise werden dadurch die Marktbeziehungen der Gesellschaft aufgedeckt. So ist z.B. die Nachfrage nach Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens der Art und Höhe nach zu erkennen (vgl. Kuhn 76, 299). Der Saldo zwischen den Aufwendungen und Erträgen bildet den Jahreserfolg. Primäre Aufgabe der Erfolgsrechnung ist es, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln, d.h. die erfolgswirksamen Wertbewegungen der Gesellschaft für die Abrechnungsperiode artmäßig und nach Quellen gegliedert zu erfassen und offenzulegen (vgl. Heinen 85, 321). Um den gesellschaftsbezogenen Beitrag eines Unternehmens festzustellen, werden vielerorts die Kapitalfluß- und die Wertschöpfungsrechnung auf freiwilliger Basis aufgestellt; diese Rechnungen brauchen auch nach Inkrafttreten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes nicht aufgestellt zu werden. Zur Kapitalflußund Wertschöpfungsrechnung vgl. Teichmann/Lange ZfbF 80,518 ff. Die Erfolgsrechnung ist eine Aufwands- und Ertragsrechnung, keine Einnahmen· und Ausgabenrechnung. Aufwendungen und Erträge sind definitionsgemäß Minderungen bzw. 7 5 3 Mehrungen des betrieblichen Vermögens in einer Rechnungsperiode. Sie resultieren aus Ein- oder Auszahlungen sowie aus der Entstehung (Mehrung) von Verbindlichkeiten bzw. Forderungen in der Abrechnungsperiode. Ubersteigen die Erträge einer Periode die Aufwendungen, ist also die Differenz zwischen der Summe aller Erträge abzüglich der Summe aller AufwenNiehus/Scholz

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düngen positiv, schließt die Periode mit einem Gewinn ab, ist dagegen der Saldo negativ, schließt die Periode mit einem Verlust ab. Der Handelsgesetzgeber bedient sich im H G B dieser Termini nicht; dem Gewinn entspricht hier der Jahresüberschuß (vgl. Rdn. 836), dem Verlust der Jahresfehlbetrag (vgl. Rdn. 836). Das jeweils ausgewiesene Jahresergebnis bildet den Ausgangsbetrag für die Ergebnisverwendungsrechnung (vgl. Rdn. 836). 2. Gliederung 754

a) Standardgliederungsschema. Bei der Form und dem Aufbau der Erfolgsrechnung hat der Handelsgesetzgeber in § 275 Abs. 1 Satz 1 H G B dem Bilanzierenden teilweise ein Wahlrecht eingeräumt: „Die Gewinn- und Verlustrechnung ist in Staffelform nach dem Gesamtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren aufzustellen." Die Nichteinhaltung der Staffelform kann die Folgen aus §§331 ff H G B auslösen (vgl. Rdn. 1533). Prinzipiell könnten Erfolgsrechnungen nämlich in Konto- oder Staffelform aufgestellt werden. Bei der Kontoform der Erfolgsrechnung stehen sich Aufwendungen (linke Kontoseite) und Erträge (rechte Kontoseite) gegenüber. Stellt der Saldo der Summe der Aufwendungen und der Summe der Erträge einen Gewinn dar, wird er zum Ausgleich der Kontoseiten auf der linken Seite des Kontoschemas ausgewiesen, stellt der Saldo einen Verlust dar, wird er auf der rechten Kontoseite gezeigt. Diese Form der Gewinn- und Verlustrechnung sah beispielsweise das AktG 1937 vor. Bei der Staffelform (vgl. Rdn. 761 f) — diese Form der Erfolgsrechnung ist, von Ausnahmen abgesehen, seit 1959 die handelsrechtlich gebotene (§ 157 AktG 1965, § 275 Abs. 1 Satz 1 HGB) - werden die Aufwendungen und Erträge in einer skontrierten Aufstellung angeordnet, d.h. die Umsatz- und Erfolgselemente werden in beliebiger Differenzbildung untereinander dargestellt. Die Differenzbildung erleichtert besonders die Erfolgsanalyse in Form des Periodenvergleichs und dient im besonderen Maße der Beurteilung der Ertragslage einer Gesellschaft (vgl. u.a. Heinen 85, 322). 755 Erfolgsrechnungen können als Brutto- oder Netto-Erfolgsrechnung aufgestellt werden. Bei der Bruttorechnung werden die einzelnen Aufwands- und Ertragsarten vollständig und unsaldiert ausgewiesen. Sie stellt die Erfolgselemente mit größtmöglicher Klarheit dar und vermittelt auf diese Weise einen relativ weitgehenden Einblick in die Erfolgsquellen und Erfolgsursachen (vgl. Heinen 85, 322). Die in § 275 Abs. 1 Satz 2 H G B (vgl. Rdn. 760) vorgeschriebene Erfolgsrechnung stellt eine Bruttorechnung dar; denn in § 246 Abs. 2 2. Alt. H G B ist ein Verrechnungsverbot für die Erfolgsrechnung formuliert (vgl. Rdn. 141); Aufwendungen dürfen nicht mit Erträgen verrechnet werden. 904

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Bei der Nettorechnung werden in unterschiedlichem Umfange bestimmte Aufwendungen und Erträge saldiert ausgewiesen, ihre Aussagefähigkeit ist daher mehr oder weniger stark eingeschränkt. Die Nettorechnung ist gesetzlich nicht zulässig (§ 246 Abs. 2 HGB). Die Erfolgsrechnung kann nach dem Gesamtkosten- oder dem Umsatzko- 756 stenverfahren gegliedert werden (§ 275 Abs. 1 Satz 1 HGB). Korrekter wäre es, von Gesamtaufwand- und Umsatzaufwandverfahren zu sprechen, da es sich nicht um Posten der Kosten- und Leistungsrechnung handelt (vgl. Kommission Rechnungswesen DBW 80, 595 f). An die Wahl des Darstellungsverfahrens ist die Gesellschaft aber im Normalfall für die Zukunft gebunden. § 265 Abs. 1 HGB schreibt nämlich Stetigkeit für die Form der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung vor. Das Wahlrecht zwischen Gesamtkostenund Umsatzkostenverfahren besteht somit nur im Erstabschluß nach neuem Recht (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 974). Da dem Gebot der Generalklausel, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Lage des Unternehmens zu vermitteln, i.d.R. durch Anwendung der HGB-Vorschriften Genüge getan wird (vgl. Rdn. 114), kann das Wahlrecht auch nicht durch das in der Generalklausel zum Ausdruck gebrachte „true and fair view"-Prinzip (vgl. aaO) in irgendeiner Absicht eingeengt sein. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Verfahren besteht in der andersartigen Darstellung der Betriebsleistung. Beim Gesamtkostenverfahren werden sämtlichen, in der betrachteten Pe- 757 riode angefallenen Erträgen sämtliche Aufwendungen gegenübergestellt, die bei Erbringung der Betriebsleistungen angefallen sind. Die rechnerische Angleichung von Aufwand und Ertrag gelingt dadurch, daß Mehrungen des Bestandes an unfertigen und fertigen Erzeugnissen und Eigenleistungen mit ihren Herstellungskosten dem Umsatzerlös hinzugerechnet und Minderungen des Bestandes an unfertigen und fertigen Erzeugnissen mit ihren Herstellungskosten vom Umsatzerlös abgezogen werden. Das Gesamtkostenverfahren, dem das handelsrechtliche GuV-Schema in Abs. 2 des § 275 H G B entspricht, setzt keine laufende Ermittlung und Bewertung der Zugänge an fertigen und unfertigen Erzeugnissen voraus. Beim Gesamtkostenverfahren, das sich durch einen einfachen rechnerischen Aufbau auszeichnet, erübrigt sich die fortlaufende Nachkalkulation, da nur die Bestände an fertigen und unfertigen Erzeugnissen zum Ende der Berichtsperiode bewertet werden müssen. Diese Bewertung ist dann jedoch nicht rechnerisch — wie beim Umsatzkostenverfahren — möglich, vielmehr wird dafür immer eine körperliche Bestandsaufnahme erforderlich. Beim Umsatzkostenverfahren, das gem. § 275 Abs. 3 H G B zugelassen ist, 758 werden dem effektiven Umsatz der betrachteten Periode nicht die gesamten Aufwendungen der Periode, sondern außer den zeitlich abgegrenzten nur Niehus/Scholz

905

HGB § § 238-335

Rechnungslegung

diejenigen A u f w e n d u n g e n gegenübergestellt, welche f ü r die verkauften P r o dukte angefallen sind (sog. U m s a t z a u f w e n d u n g e n ) , wobei die betrieblichen A u f w e n d u n g e n überwiegend nach Funktionsbereichen gezeigt werden (vgl. Eimendorff Pg. 67, 624). D e r wesentliche Unterschied gegenüber dem Gesamtkostenverfahren besteht somit darin, daß die A u f w e n d u n g e n im betrieblichen Bereich nicht nach Kostenarten der Jahresproduktion (einschl. Bestandsveränderungen und anderer aktivierter Eigenleistungen), sondern nach den in den Kostenstellen (Fertigung, Vertrieb, allgemeine Verwaltung) angefallenen Herstellungskosten der abgesetzten P r o d u k t i o n zugeordnet werden (vgl. Gross/Schruff 86, 184). Das Umsatzkostenverfahren setzt eine laufende Erfassung und Bewertung der Bestandszugänge an fertigen und unfertigen Erzeugnissen voraus. N u r so ist es möglich, die angefallenen A u f w e n d u n g e n der in der Berichtsperiode verkauften Erzeugnisse (direkt) zu bestimmen (vgl. Coenenberg 84, 224). 759

D e r deutsche Gesetzgeber hat also das in den Art. 25 und 26 der 4. EG-Richtlinie den nationalen Gesetzgebern eingeräumte W a h l r e c h t zur Ausgestaltung der Erfolgsrechnung in das H G B ü b e r n o m m e n (vgl. Niebus D B 82,657). Z u r Beurteilung des Umsatzkostenverfahrens vgl. Göllert/Ringling BB 85, 974; Weber BFuP 81, 491 f; Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f § 157, 9; Offerhaus D B 72, 400; Greeß Z f b F S o n d e r h e f t 10/80, 166; Kuhn Diss., 302 f; Ringling Die Bank 85, 337; Forster Z f b F 85, 747; Herber StB Kongr. Rep. 79, 235.

760

Der Zwang zur Gliederung der Erfolgsrechnung ergibt sich unmittelbar aus § 275 Abs. 1 Satz 2 H G B , der vorschreibt, daß Gesellschaften mit beschränkter Haftung die in den nachstehenden Schemata der Erfolgsrechnung bezeichneten Posten in der angegebenen Reihenfolge gesondert auszuweisen haben. Gegenüber dem Aktienrecht (§ 157 Abs. 1 A k t G 1965) ist das Gliederungsschema f ü r die Gewinn- und Verlustrechnung deutlich verkürzt, was zu einer Erweiterung der bilanzpolitischen Möglichkeiten f ü h r t (vgl. Schult F R 81, 237). Ringling (vgl. Die Bank 85, 337) will sogar negative Konsequenzen bei der Bereitstellung von Risikokapital nicht ausschließen. So ist z.B. der gesonderte Ausweis der Buchgewinne bzw. -Verluste aus Anlagenabgängen und auch der Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen weggefallen. Dies ist nicht unproblematisch (vgl. Niehus W P g . 86, 120). D e r A u f b a u ist n u n m e h r nach Erfolgsquellen sachlogisch gegliedert: — Betriebsergebnis — Finanzergebnis — außerordentliches Ergebnis (vgl. Göllert/Ringling 906

BB 85, 973). Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Schema der handelsrechtlichen Gewinn- und Veriustrechnung beim Gesamtkostenverfahren (Standardgliederungsschema) Geschäftsjahr Vorjahr DM 1. Umsatzerlöse

DM

+

2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen

+/./

3. andere aktivierte Eigenleistungen

+

4. sonstige betriebliche Erträge

+

5. Materialaufwand: a) Aufwendungen für Roh-, Hilfe- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren b) Aufwendungen für bezogene Leistungen 6. Personalaufwand: a) Löhne und Gehälter b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung, davon für Altersversorgung D M 7. Abschreibungen: a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten 8. sonstige betriebliche Aufwendungen 9. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen

./

./

./.

DM + + DM

12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen

./.

./

10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen DM 11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen

./ ./.

./ ./

DM

Niehus/Scholz

907

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 15. außerordentliche Erträge

+/./.

DM

16. außerordentliche Aufwendungen D M . / 17. außerordentliches Ergebnis

+/./.

18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

./

19. sonstige Steuern

./.

20. Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag

+/./.

Schema der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung beim Umsatzkostenverfahren (Standardgliederungsschema) Geschäftsjahr Vorjahr DM 1. Umsatzerlöse

+

2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen

./

3. Bruttoergebnis vom Umsatz

+/./

4. Vertriebskosten

./

5. allgemeine Verwaltungskosten

./

6. sonstige betriebliche Erträge

+

7. sonstige betriebliche Aufwendungen

./

8. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen

DM

9. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen DM 10. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen

+

DM

13. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 908

+

DM

11. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen

+

Niehus/Scholz

./. ./ +/./

DM

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

14. außerordentliche Erträge

DM+

15. außerordentliche Aufwendungen

DM./.

16. außerordentliches Ergebnis

HGB § §

238-335

+/./

17. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

./

18. sonstige Steuern

./

19. Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag

+1.1.

Von diesen handelsrechtlichen Standardgliederungsschemata abweichende 7 6 3 Gliederungen für die Erfolgsrechnung sind z.B. vorgeschrieben für Gesellschaften bestimmter Wirtschaftszweige und ergeben sich folglich aus Spezialvorschriften zur Rechnungslegung, z.B. aus der Verordnung über Formblätter für die Gliederung des Jahresabschlusses von Kreditinstituten v. 20.12. 1967 i.d.F. der V O v. 27.5.1969 (vgl. BGBl. I, 444 ff). Die in den Standardgliederungsschemata dargestellten Gliederungen sind 7 6 4 von Gesellschaften mit beschränkter Haftung grundsätzlich anzuwendende Mindestgliederungen, die Ausweitungen (vgl. Rdn. 767 ff), i.d.R. aber keine Zusammenfassungen erfahren dürfen (vgl. Rdn. 765). Von den Umsatzerlösen ausgehend (immer eine positive Größe) führt die Erfolgsrechnung beim Gesamtkostenverfahren mittels arithmetischer Operationen über das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Posten Nr. 14) (vgl. Rdn. 813 ff), zum Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag (vgl. Rdn. 836). Beim Umsatzkostenverfahren werden die Umsatzerlöse um die Herstellungskosten der veräußerten Produkte vermindert, so daß man unter Nr. 3 das Bruttoergebnis vom Umsatz erhält. Hiervon werden die Vertriebs- und Verwaltungskosten abgezogen und nach Einbeziehung weiterer auch im Gesamtkostenverfahren vorhandener Posten gelangt man zum Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Posten Nr. 13); von dieser Position an sind beide Gliederungsmöglichkeiten identisch. Die Gliederungen ermöglichen so eine Aussage, inwieweit das ausgewiesene Ergebnis aus der betrieblichen Leistungserstellung, den finanziellen Prozessen oder den außerordentlichen Vorgängen hervorgegangen ist. Im Gegensatz zum Gliederungsschema für die Erfolgsrechnung in § 157 AktG 1965 hat der Handelsgesetzgeber im § 275 Abs. 1 H G B Gestaltungsfreiheiten im Zeilenausweis der einzelnen Erfolgsposten insofern eingeräumt, als er keine „Ausweisstriche" vorgeschrieben hat. Die in der Rdn. 761 f angeführten Standardgliederungsschemata sind mit „Ausweisstrichen", die nur als Beispiel angeführt sind, und mit den die jeweiligen Zeilen betreffenden Vorzeichen versehen worden. Damit soll die rechnerische Vorgehensweise zur Ermittlung des Jahreserfolgs verdeutlicht werden. Niehus/Scholz

909

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

765

Gemäß § 276 H G B dürfen kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78 f) die Posten § 275 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 oder Abs. 3 Nr. 1 bis 3 und 6 der Erfolgsrechnung zum Rohergebnis zusammenfassen. Obwohl dieses Zwischenergebnis beim Gesamtkosten- wie beim Umsatzkostenverfahren denselben Namen trägt, können betriebswirtschaftlich keine aussagefähigen Vergleiche angestellt werden, da das Rohergebnis völlig unterschiedlich definiert wird. Die Ermittlungsgrößen können ohne zusätzliche Informationen nicht ineinander übergeleitet werden (vgl. auch Rdn. 887). Diese Regelung bedeutet für die betreffenden Unternehmen, daß die Umsatzerlöse nicht angegeben werden müssen. Großen Gesellschaften (vgl. Rdn. 80) ist diese Ausweisalternative nicht gestattet, da diese nicht in den Kreis der begünstigten Gesellschaften einbezogen worden sind (vgl. § 276 HGB). Die offenzulegende Erfolgsrechnung beginnt also ggf. mit dem Posten „Rohergebnis" unter Voranstellung der laufenden Nummer 1, die weiteren Postennummern verschieben sich entsprechend. Das Rohergebnis kann entweder ein „Rohgewinn" (positive Größe) oder ein „Rohverlust" (negative Größe) sein.

766

Formelle Vorschriften über die Gliederungen der Gewinn- und Verlustrechnung hat der Handelsgesetzgeber im wesentlichen im § 265 H G B erlassen, und zwar zusammen mit entsprechenden Vorschriften zur Bilanz; die in den Rdn. 369 ff gemachten Ausführungen gelten daher entsprechend. Im § 265 H G B sind im wesentlichen geregelt: (a) das Gebot der Kontinuität der Gliederung der aufeinanderfolgenden Gewinn- und Verlustrechnungen (Abs. 1), (b) die Angabepflicht der entsprechenden Zahl des vorhergehenden Geschäftsjahres hinter jedem Posten der Erfolgsrechnung (Abs. 2). Zur Übergangsvorschrift vgl. Rdn. 372, (c) der Mitzugehörigkeitsvermerk zu anderen Posten (Abs. 3) — Anwendung auf die Erfolgsrechnung u.E. fraglich —, (d) die prinzipielle Zulässigkeit einer weiteren Untergliederung der Posten (Abs. 5), (e) die Option zur Änderung der Gliederung und Bezeichnung der Erfolgsrechnungsposten, soweit dies wegen Besonderheiten der Kapitalgesellschaft erforderlich ist, damit ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des § 264 Abs. 2 H G B entsteht (Abs. 6), (f) das Gebot zum zusammengefaßten Ausweis von Posten der Erfolgsrechnung, wenn sie einen Betrag enthalten, der für die Ermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes im Sinne des § 264 Abs. 2 H G B nicht erheblich ist, oder wenn dadurch die Klarheit der Darstellung vergrößert wird (Abs. 7), (g) Leerposten (vgl. Rdn. 379) brauchen nicht ausgewiesen zu werden, es sei denn, daß im vorangegangenen Geschäftsjahr unter diesem Posten ein Betrag ausgewiesen wurde (Abs. 8). 910

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Zur Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung einer Gesellschaft mit mehreren Geschäftszweigen (Abs. 4) gelten die Ausführungen in Rdn. 374 in sinngemäßer Anwendung. b) Abweichungen. Gemäß § 277 Abs. 3 Satz 2 H G B sind bei Anwendung 7 6 7 der Standardgliederungsschemata die Erträge und Aufwendungen aus Verlustübernahme (vgl. Rdn. 830 ff) und die auf Grund einer Gewinngemeinschaft, eines Gewinnabführungs- oder eines Teilgewinnabführungsvertrages erhaltenen oder abgeführten Gewinne jeweils gesondert unter entsprechender Bezeichnung auszuweisen. Absatz 3 Satz 2 übernimmt in der Sache die Regelung des § 157 Abs. 1 Nr. 7 (Erträge aus Gewinngemeinschaften, Gewinnabführungs- und Teilgewinnabführungsverträgen), 15 (Erträge aus Verlustübernahme), 25 (Aufwendungen aus Verlustübernahme), 27 (aufgrund einer Gewinngemeinschaft, eines Gewinnabführungs- und eines Teilgewinnabführungsvertrags abgeführte Gewinne) AktG 1965, ohne jedoch festzulegen, wie die gesondert auszuweisenden Poster! jeweils einzuordnen sind. Dies bleibt dem pflichtgemäßen Ermessen der Unternehmen überlassen (vgl. Begr. zum RegEntw 85). Nicht unzweckmäßig ist der Ausweis dieser Posten vor dem Posten „Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag". Die Gliederungsschemata der Erfolgsrechnung dürfen auch erweitert wer- 7 6 8 den um die Veränderungen der Kapital- und Gewinnrücklagen zur Darstellung der Ergebnisverwendung (§ 276 Abs. 4 HGB). Zum Ausweis der Ergebnisverwendung vgl. Rdn. 836. Die Posten der Gewinn- und Verlustrechnung sind zu ergänzen, um den 7 6 9 Betrag der außerplanmäßigen Abschreibungen (vgl. Rdn. 662) in dieser Rechnung zeigen zu können, soweit sie nicht im Anhang (vgl. Rdn. 846 ff) gesondert angegeben werden (vgl. § 277 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. HGB). Das gleiche gilt für Abschreibungen auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens (vgl. Rdn. 683), die gemäß der 2. Alt. dieser Bestimmung erfolgen. Gemäß § 281 Abs. 4 H G B sind unter den sonstigen betrieblichen Erträgen oder sonstigen betrieblichen Aufwendungen die Auflösungen bzw. Einstellungen in die Sonderposten mit Rücklageanteil gesondert auszuweisen. Zur Form des Ausweises vgl. Rdn. 785. 3. Inhalt der Posten der Erfolgsrechnung beim Gesamtkostenverfahren a) Umsatzerlöse. Diesen Posten definiert der Gesetzgeber in § 277 Abs. 1 7 7 0 H G B wie folgt: „ A l s Umsatzerlöse sind die Erlöse aus dem V e r k a u f und der Vermietung oder Verpachtung von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typischen Erzeugnissen und Waren sowie aus von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typischen Dienstleistungen nach A b z u g von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer auszuweisen." Niehus/Scholz

911

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

Kriterium für die Zuordnung zu diesem Posten ist die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Gesellschaft. Der § 158 Abs. 1 AktG 1965 legte bereits fest, daß bei den Produktionsunternehmen die Erlöse aus dem Verkauf der Enderzeugnisse und bei den Handelsunternehmen die Erlöse aus dem Verkauf der Handelswaren zum Umsatz zu rechnen sind. Dabei ist unerheblich, ob es sich bei der Veräußerung um Fertig- oder Teilprodukte handelt oder ob diese Produkte aus Haupt- oder Nebenbetrieben stammen. Entscheidend für den Ausweis ist, daß sie am Markt veräußert werden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 158, 9). Diesen Erlösen stehen Versicherungsleistungen für bereits verkaufte Waren gleich. Erlöse aus Schrottverkäufen und Verkäufen anderer Abfallprodukte gehören nur dann zu den Umsatzerlösen, ebenso wie die Erlöse aus der Veräußerung von Kuppelprodukten, wenn ihr Anteil wert- oder mengenmäßig unbedeutend ist. Verkäufe von Gegenständen des Anlagevermögens als Schrott sind dagegen nicht in die Umsatzerlöse einzubeziehen, wenn der Anlageschrott gesondert von dem übrigen Schrott erfaßt werden kann (vgl. Adler/Düring/Schmaltz §158, 11). 771 Erlöse aus der Vermietung oder Verpachtung zählen zu den Umsatzerlösen, wenn diese Leistungen Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft sind. Bei Wohnungsunternehmen und Grundstücksgesellschaften stellen somit die Mieterträge, bei Brauereien die Erträge aus verpachteten Gaststätten Umsatzerlöse dar. Die Erträge nicht selbstgenutzter und daher vermieteter oder verpachteter Anlagen sind unter den Umsatzerlösen auszuweisen, wenn die Vermietung oder Verpachtung nicht nur vorübergehend erfolgt. Einnahmen aus sogenannten Mietkaufverträgen und echten Leasing-Verträgen gehören stets zu den Umsatzerlösen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 158,12). 772 Erträge aus der Einräumung von Lizenzen sind dann den Umsatzerlösen zuzurechnen, wenn sie einem Dritten die Produktion der auch von dem Unternehmen selbst hergestellten Erzeugnisse ermöglichen; die Einnahmen stehen dann an Stelle möglicher eigener Umsätze. Andere Patent- und Lizenzeinnahmen sollten als sonstige betriebliche Erträge (vgl. Rdn. 803) ausgewiesen werden (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 158,13). 773 Erlöse, die im Rahmen einer für das Unternehmen typischen Dienstleistung erzielt werden, sind ebenfalls als Umsatzerlöse zu erfassen. Als Beispiele hierzu seien genannt: (1) Kundendienst- und Reparaturleistungen (2) Dienstleistungserträge aus Lohnarbeiten (3) Dienstleistungen aus der Erstellung von Bauten (4) Projektierungsleistungen (5) Bruttospeditionserträge des Speditionsgewerbes ( = Leistungsentgelt zuzüglich Auslagen) vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 158, 15 ff). 912

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Fallen dagegen Einnahmen aus Nebenbetrieben (Werksküchen, Erholungsheimen, Kantinen u.a.) an, sind sie unter den sonstigen betrieblichen Erträgen zu erfassen, da der unmittelbare Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit fehlt. Umsätze mit Arbeitsgemeinschaften, an denen die Gesellschaft beteiligt ist, 7 7 4 einschließlich der Erlöse aus der Beistellung von Arbeitskräften und Geräten, sind als Umsatzerlöse auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 158, 21). Für die Zuordnung der Umsatzerlöse aus Arbeitsgemeinschaften ( = ARGE) selbst bieten sich zwei Möglichkeiten an (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 158, 21a f), entweder (a) die Erträge aus den Arbeitsgemeinschaften den Umsatzerlösen zuzuordnen oder (b) die anteiligen Umsatzerlöse und Aufwendungen der Arbeitsgemeinschaft den eigenen Umsätzen und Aufwendungen zuzurechnen. Die gewählte Handhabung sollte aus Gründen der Vergleichbarkeit beibehalten werden. In der Praxis wird der unter a) angeführten Möglichkeit der Vorzug gegeben. Bei Vermittlungs- und Kommissionsgeschäften sind als Umsatzerlöse nur 7 7 5 die empfangenen Provisionen auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 158, 23). Die Umsatzerlöse setzen sich betragsmäßig wie folgt zusammen (vgl. § 277 Abs. 1 H G B ) :

776

— Rechnungsbeträge — zuzüglich Versand- und Verpackungskosten (falls sie berechnet worden sind) — abzüglich Erlösschmälerungen — abzüglich berechnete Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer). Als Erlösschmälerungen gelten:

777

(a) Preisnachlässe — Barzahlungsnachlaß = Kundenskonto (§ 2 RabattG), — Mengennachlaß (§ 7 RabattG), — Sondernachlaß (§ 9 RabattG), — Treuerabatte, — Treueprämien. (b) Zurückgewährte Entgelte Hierunter fallen Gutschriften an Abnehmer f ü r : — Mängelrügen — Gewichts- und Preisdifferenzen, Niehus/Scholz

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HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

— im Verkaufspreis enthaltene Fracht- und Verpackungskosten, — Rückwaren (Berechnung in voller Höhe des ursprünglichen Umsatzes). Die Bezeichnung für den Preisnachlaß ist unerheblich (z.B. auch Diskontrabatt), entscheidend ist für die Umsatzminderung, daß in Höhe dieses Preisnachlasses kein Umsatzerlös entstanden ist. Ein Preisnachlaß kann auch darin bestehen, daß das Entgelt langfristig unverzinslich gestundet wird. Die Abzinsung der Forderung ist dann zu Lasten der Umsatzerlöse vorzunehmen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 158, 30). Hier ist auch der Gegenposten für die Rückstellung zu erfassen, der für zum Bilanzstichtag noch nicht genau feststehende, aber erfahrungsgemäß einzuräumende Preisnachlässe und zurückzugewährende Entgelte zu bilden ist. Naturalrabatt (Lieferung von Freimengen) stellt ebenfalls einen Preisnachlaß dar. Er wird i.d.R. nicht besonders berücksichtigt, da insoweit kein zu mindernder Erlös erzielt wurde. Nicht zu den Preisnachlässen oder zu den zurückgewährten Entgelten gehören z.B. aufgewendete Vertreterprovisionen, Verkaufsfrachten und Versicherungen, denn das Gesetz erlaubt nicht, neben Preisnachlässen und zurückgewährten Entgelten andere Beträge von den Umsatzerlösen abzusetzen (vgl. § 277 Abs. 1 H G B ; expressis verbis § 158 Abs. 2 2. Hs. AktG 1965). Dies trifft auch auf die in den Umsatzerlösen enthaltenen Verbrauchsteuern (z.B. Tabaksteuer, Mineralölsteuer, Sektsteuer) oder Monopolabgaben zu. Sie sollten daher — entsprechend bisheriger weitverbreiteter Praxis — in einer Vorspalte von den Umsatzerlösen offen abgesetzt werden (vgl. Kröpff in Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff % 157, 47). 778

b) Bestandsveränderungen Zu diesem Posten führt der Gesetzgeber in § 277 Abs. 2 H G B aus: „Als Bestandsveränderungen sind sowohl Änderungen der Menge als auch solche des Wertes zu berücksichtigen; Abschreibungen jedoch nur, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft sonst üblichen Abschreibungen nicht überschreiten."

Der Posten ist notwendig bei einer Erfolgsrechnung, die nach dem Gesamtkostenverfahren aufgestellt wird (vgl. Rdn. 757), da eine Erfolgsrechnung das wirtschaftliche Ergebnis der Periode, für die sie aufgestellt wird, ausweisen soll. Die Umsatzerlöse (vgl. Rdn. 770) sind daher um die Beträge zu korrigieren, in deren Höhe sich während der Periode der Bestand an fertigen und unfertigen Erzeugnissen geändert hat. H a t sich der Bestand an Erzeugnissen seit Beginn des Geschäftsjahres erhöht, dann enthalten die Umsatzerlöse nicht die Beträge für diejenigen Erzeugnisse, die nicht abgesetzt, sondern auf Lager genommen wurden. Diese Beträge stellen aber auch eine Leistung der Periode dar. H a t sich umgekehrt in der Periode der Bestand an Erzeugnissen vermindert, enthalten die Umsatzerlöse Beträge für derartige Leistungen aus früheren Perioden. Die Differenz zwischen den Beständen zu Anfang und zu Ende 914

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

der Periode an unfertigen Erzeugnissen und fertigen Erzeugnissen (ohne H a n delsware) ist in einer Summe im Standardgliederungsschema (vgl. Rdn. 761) als gesondert auszuweisender Posten den Umsatzerlösen hinzuzurechnen odervon ihnen abzusetzen (vgl. Scherpf 67,155). Bestandsveränderungen können sich aus Mengenänderungen, ggf. Inven- 7 7 9 turdifferenzen, ergeben, auch aus Wertänderungen, nämlich insoweit, als sie auf Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Satz 3 H G B (vgl. Rdn. 692) beruhen, z.B. für Qualitätsabschläge, für Bewertungsabschläge auf Ladenhüter, wegen Bewertungsdifferenzen aus Verrechnungspreisbildungen. Besonderheiten bestehen i.d.R. bei Bauunternehmen und Dienstleistungsbetrieben. Noch nicht zu Umsatz gewordene Leistungen werden in diesen Unternehmen nicht unter Erzeugnissen, sondern unter einem besonderen Bilanzposten (z.B. „In Arbeit befindliche Aufträge", „Nicht abgerechnete Aufträge") ausgewiesen. Veränderungen im Bestand dieses Postens sollten in der Erfolgsrechnung gesondert unter „Erhöhung/Verminderung des Bestands an nicht abgerechneten Bauarbeiten" gezeigt werden. c) Andere aktivierte Eigenleistungen. Der Begriff der Eigenleistung stammt 7 8 0 zwar aus der Kosten- und Leistungsrechnung, ist aber als Ertragsgröße gemeint (vgl. Weber DB 72, 2313). Dieser Posten umfaßt „alle anderen", d.h. die nicht unter Nr. 1 oder 2 des Standardgliederungsschemas (vgl. Rdn. 761) auszuweisenden Leistungen der Gesellschaft. Hier sind vor allem Leistungen für selbst hergestellte Sachanlagen (z.B. selbst errichtete Gebäude, Maschinen und Werkzeuge, darüber hinaus selbst durchgeführte aktivierte Um- oder Ausbauten und Großreparaturen), aber auch die Bestandsveränderungen der selbsterzeugten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, soweit sie nicht fertige oder unfertige Erzeugnisse sind, auszuweisen. Die Notwendigkeit des gesonderten Ausweises dieser Leistungen resultiert daraus, daß z.B. die Aufwendungen für die Herstellung eigener Anlagen unter den entsprechenden Aufwandsposten der Erfolgsrechnung (Löhne und Gehälter, Materialaufwand etc.) gezeigt werden müssen. Daher sind diese Aufwendungen — quasi als Korrektiv — auf der „Ertragsseite" den aktivierten Eigenleistungen gegenüberzustellen. Entscheidend für die Einordnung unter Nr. 3 der Standardgliederung ist auch, daß die Leistung tatsächlich im Geschäftsjahr erbracht wurde, die Aufwendungen also angefallen sind; ferner müssen sie auch für den „Eigenverbrauch" bestimmt gewesen sein (vgl. Scherpf 67, 158). Eigenleistung bedeutet nicht, daß es sich nur um Leistungen aus eigenem 7 8 1 Lohnaufwand und Material handelt. Die Regel wird sein, daß eine Gesellschaft zur Erstellung eigener Anlagen auch fremde Zulieferungen und Leistungen in Anspruch nimmt. Diese Fremdlieferungen und -leistungen (Fremdbezüge) könnten an sich direkt als Zugang im Anlagevermögen erfaßt werden, so daß Niehus/Scholz

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HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

in den Posten Nr. 3 der Erfolgsrechnung (vgl. Rdn. 780) nur die eigene Leistung der Gesellschaft erscheint. Diese Nettomethode wird, bezogen auf die einschlägige Norm im § 157 AktG 1965, in der Literatur vorzugsweise empfohlen (vgl. hierzu Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 157, 55; Adler/Düring/Schmaltz § 157, 59), in der Praxis aber keinesfalls immer befolgt. Nach der Bruttomethode müssen die Fremdbezüge entsprechend ihrer Aufwandsart unter dem jeweiligen Aufwandsposten der Erfolgsrechnung erfaßt werden; erfolgt ihre Aktivierung als Herstellungskosten für bestimmte Vermögensgegenstände, sind auch diese Aufwendungen uno actu unter den anderen aktivierten Eigenleistungen auszuweisen. 782

Nachträgliche Aktivierungen von Eigenleistungen (z.B. aufgrund von Feststellungen der Betriebsprüfung) stellen keine Eigenleistungen dar, die unter der Nr. 3 der Standardgliederung zu erfassen wären, da sowohl die Leistung als auch die Aufwendungen in eine frühere Rechnungsperiode fallen. Die Erträge sind unter den „sonstigen betrieblichen Erträgen" (vgl. Rdn. 783) auszuweisen.

783

d) Sonstige betriebliche Erträge. Dieser Posten wurde neu in die Gewinnund Verlustrechnung aufgenommen. Er hat den Charakter eines Sammelpostens und geht unmittelbar auf Art. 23 der 4. EG-Richtlinie zurück. 784 Der Posten erfaßt alle Erträge aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, für die das Schema keinen gesonderten Ausweis vorsieht. Er schließt damit alle periodischen betrieblichen Posten (z.B. Erträge aus Anlagenabgängen, Rückstellungsauflösungen) ein. Das betriebliche Ergebnis ist deshalb nicht mehr aussagefähig (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 973; Zweifel auch bei Kropff in Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff 5 157, 9). Zu diesem Posten gehören, soweit nicht oben expressis verbis angeführt, Zahlungseingänge auf ausgebuchte Forderungen, Schuldnachlässe, Buchgewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren des Umlaufvermögens, Kursgewinne aus Währungsgeschäften, Kostenerstattungen und Gutschriften für frühere Jahre, Steuererstattungen (ggf. auch solche auf Grund eines Verlustrücktrages), Erträge aus Verwaltungskostenumlagen und aus sonstigen Weiterbelastungen bei Konzernen, aber auch Erträge aus nicht betriebstypischen Geschäften, beispielsweise Mieteinnahmen aus der Vermietung von Wohnungen, Einnahmen aus nicht betriebstypischen Pachtverträgen, Einnahmen aus Betriebsunterbrechungsversicherungen und Schadensersatzansprüchen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 133). 785

Ferner sind hier die Erträge aus der Auflösung von Sonderposten mit Rücklageanteil (vgl. Rdn. 548 ff) auszuweisen (vgl. §281 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. HGB). Hierbei handelt es sich um die Auflösung solcher Posten, die aufgrund steuerlicher Vorschriften erst bei ihrer Auflösung zu versteuern sind. Die Auflösungsbeträge sind brutto auszuweisen, die darauf entfallenden Steuern sind im Posten 18 „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag" auszuweisen. Die916

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sem Posten ist als „sonstiger Ertrag" auch ein Ertrag aus der Berücksichtigung des Verlustrücktrages zu subsumieren, soweit nicht nach allgemeinen Grundsätzen ein Ausweis unter den „Erträgen aus der Auflösung von Rückstellungen" oder eine Aufrechnung mit nachträglichem Steueraufwand für frühere Geschäftsjahre in Betracht kommen (vgl. IdW-HFA Uli WPg. 78, 463; 80, 80). Da dieser Posten in praxi häufig nicht von untergeordneter Bedeutung ist, hat der Gesetzgeber den Ausweis in einem gesonderten Posten der Erfolgsrechnung oder durch entsprechende Anhangsangaben gefordert. Für den gesonderten Ausweis bieten sich an: (1) ein „Davon-Vermerk" unter den sonstigen Erträgen, (2) die Untergliederung des Postens sonstige Erträge in: a) Erträge aus der Auflösung von Sonderposten mit Rücklageanteil b) übrige Erträge. Der bisherige (§ 157 Abs. 1 Nr. 14 AktG 1965) Vermerk - „davon außer- 7 8 6 ordentliche" — in den sonstigen (betrieblichen) Erträgen ist weggefallen, da nunmehr ein gesonderter Ausweis der „außerordentlichen Erträge" im Standardgliederungsschema vorgeschrieben ist. Im Vergleich zu § 157 AktG 1965 brauchen also Erträge aus Anlagenabgängen bzw. Zuschreibungen zu Anlagen, Erträge aus der Herabsetzung von Pauschalwertberichtigungen auf Forderungen und Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen nicht mehr gezeigt zu werden, womit die Beurteilung der Ertragslage wesentlich eingeschränktwird (Göllert/Ringling BB 85, 974). e) Materialaufwand. Dieser Posten hat nicht nur sprachlich gegenüber dem 787 §157 Abs. 1 Nr. 5 AktG 1965 eine Ausweitung erfahren, sondern hat sich u.E. auch inhaltlich ausgeweitet, a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren, b) Aufwendungen für bezogene Leistungen. Diese Änderungen gehen unmittelbar auf Art. 23 der 4. EG-Richtlinie zurück. Da der Gesetzgeber nicht bestimmt hat, welcher Materialaufwand, der gesamtgeschäftliche oder nur der betriebliche, in diesem Posten erfaßt werden soll, muß die Abgrenzung nach den allgemeinen Grundsätzen erfolgen. Da die Posten 1 — 5 des Standardgliederungsschemas ggf. zusammengefaßt als Rohergebnis ausgewiesen werden können (vgl. Rdn. 765), also entgegen dem Verrechnungsverbot des § 246 Abs. 2 2. Alt. H G B doch eine teilweise Saldierung von Aufwendungen und Erträgen möglich ist, sollten hier u.E. wirtschaftlich miteinander in Beziehung stehende Aufwendungen und Erträge ausgewiesen werden. Da die in das Rohergebnis einzubeziehenden Erträge um den Posten „sonstige betriebliche Erträge" (vgl. Rdn. 783) erweitert worden sind, muß prinzipiell auch der durch sie verursachte Materialaufwand hier erfaßt werden. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Andererseits ist der Rohertrag als Zwischenstufe — wie vom AktG 1965 in § 157 Abs. 1 Nr. 6 geregelt — nicht mehr vorgesehen. Daraus kann zusätzlich gefolgert werden, daß auch nicht weiter an dem Argument f ü r einen kongruenten Ausweis der Materialaufwendungen zur Gesamtleistung festgehalten werden kann, so daß nunmehr nicht nur der auf den Fertigungsbereich bezogene Aufwand hier auszuweisen ist (vgl./owdj 80, 132 m.w.N.). 788

Unter den Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sind grundsätzlich die Aufwendungen zu erfassen, die insgesamt in dem Unternehmen anfallen. Im Rahmen des Gesamtkostenverfahrens gibt es nämlich keine Gliederung nach betrieblichen Funktionsbereichen. Der gesamte Aufwand ist kostenartenbezogen auszuweisen, unabhängig davon, ob er sich auf den Fertigungsbereich, den Verwaltungs- oder Vertriebsbereich bezieht. Hierzu gehören also auch Reparaturmaterial (bei Selbstreparatur), Materialverbrauch im Verwaltungsbereich, Baumaterial für aktivierte, eigenerstellte Anlagen, als Gegenposten zu den „anderen aktivierten Eigenleistungen" (vgl. Jonas 80, 132).

789

Da dieser Posten den gesamten Aufwand für die hier auszuweisenden Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe enthalten soll, sind Inventur- und Bewertungsunterschiede, die ihre Ursache z.B. im Schwund, in Qualitätsverlusten oder in rückläufigen Marktpreisen haben, ebenfalls hier zu erfassen (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 157, 73). Ferner sind hier die Beträge auszuweisen, die sich aus dem Ubergang von einer zulässigen Bewertungsmethode zu einer anderen ebenfalls zulässigen Bewertungsmethode ergeben. (Diese Posten können naturgemäß sowohl Soll- als auch Habenbeträge sein; vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 157, 74). Liegt die Ursache der Inventurdifferenzen jedoch in Diebstählen, der Zerstörung durch Brand u.a., sind diese Abweichungen — sofern es sich um wesentliche Beträge handelt — unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 74).

790

Wird Sachanlagevermögen mit einem Festwert bewertet (z.B. Werkzeuge, Modelle, Formen, Schalungsteile), ist der Zugang dieser Vermögensgegenstände direkt als Aufwand zu verrechnen. Für diesen Aufwandsposten kann, da es sich um Hilfsstoffe (Kleinmaterialien) handelt, ebenfalls eine Zuordnung zu den Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe vorgenommen werden.

791

Sind Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe mit einem Festwert angesetzt worden, sind sowohl die Neuzugänge als auch die Veränderung des Festwertes unter diesem Posten auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 76). 792 Die Aufwendungen für bezogene Waren sind hier nur insoweit auszuweisen, als die Waren verkauft oder im Rahmen eines normalen Lagerschwundes untergegangen sind; hier ist nicht etwa der Aufwand für den gesamten Einkauf (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 81) auszuweisen. Der Aufwand für bezogene Waren kann nach der Formel 918

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

+

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Anfangsbestand an bezogenen Waren (lt. Bilanz) Zugang

./. Endbestand (lt. Inventur) Verbrauch = Aufwand ermittelt werden, da neben den Einkaufskosten der verkauften Waren hier auch die Bewertungs- und Inventurdifferenzen ausgewiesen sind. Im Gegensatz zu den an anderer Stelle auszuweisenden sonstigen betriebli- 7 9 3 chen Aufwendungen handelt es sich bei den Aufwendungen für bezogene Leistungen um Aufwendungen für Fremdleistungen, die dem Materialaufwand gleichzusetzen sind und die von Fremdfirmen erbracht werden. Als Beispiel seien genannt: Strom- und Energieaufwendungen, Kosten der Lohnverarbeitung, z.B. Umschmelzen von Metallen, Stanzarbeiten, Lackierung der eigenen Erzeugnisse etc. Ferner zählen dazu Aufwendungen für Fremdreparaturen (einschließlich der hier einbezogenen Materialkosten), für Fertigungslizenzen und Erfindervergütungen. Ausgangsfrachten und sonstige Transportund Verkehrskosten sind Teil des sonstigen betrieblichen Aufwands (vgl. Jonas 80,133).

f) Personalaufwand. Die Bezeichnung „Personalaufwand" und die Unter- 7 9 4 gliederung des Postens in a) Löhne und Gehälter, b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung — davon für Altersversorgung, gehen unmittelbar auf Art. 23 der 4. EG-Richtlinie zurück und sind neu im deutschen Bilanzrecht. Das AktG 1965 sieht in § 157 Abs. 1 dafür die Einzelposten 16. (Löhne und Gehälter), 17. (soziale Abgaben) und 18. (Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung) vor. Damit bleibt die bisherige Problematik des Ausweises der gesamten freiwilligen sozialen Aufwendungen unter dem Einzelposten 6 des Standardgliederungsschemas unverändert bestehen. Unter dem Posten 6 a) Löhne und Gehälter sind sämtliche Bruttolöhne und 7 9 5 -gehälter ( = Nettogehälter zuzüglich Abzüge, z.B. Lohnsteuer, Kirchensteuer, Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung) der eigenen Arbeiter und Angestellten sowie die Bezüge der Geschäftsführer der G m b H aufzuführen, gleichgültig für welche Arbeit, in welcher Form oder unter welcher Bezeichnung diese Beträge geleistet wurden. Daher gehören zu den Arbeitslöhnen auch Bruttoaufwendungen für Zulagen und Zuschläge, Urlaubs- und Feiertagslöhne, Zahlungen aufgrund des Lohnfortzahlungsgesetzes, Prämien, Fertigungs-, Hilfs-, Reparaturlöhne und Überstundenentgelte etc.; zu den Gehältern u.a. Prämien, Sonderzulagen, Provisionsaufwand, Tantiemen; zu den Bezügen der Geschäftsführer der G m b H ferner noch die Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte und Nebenleistungen jeder Art. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Sonstige Bezüge der Arbeiter oder Angestellten, wie z.B. Abfindungen für Erfindervergütungen, Vergütungen für Verbesserungsvorschläge der Arbeitnehmer, Lehrlingsbezüge, von der Gesellschaft übernommene Steuerschulden und Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherung, Weihnachts-, Urlaubs- und andere Sondervergütungen, Maigeld, vertragliche Gewinnbeteiligungen, Leistungen nach dem Vermögensbildungsgesetz und dem Lohnfortzahlungsgesetz, Jubiläumsgelder sind ebenfalls unter Löhnen und Gehältern auszuweisen. Auch die Form, in der die Löhne und Gehälter geleistet werden, spielt keine Rolle. Daher sind Deputate und Sachbezüge (z.B. mietfreie Wohnung) vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer übernommene Lohn- und Kirchensteuer (z.B. bei Nettolohnvereinbarung) wie Lohn- und Gehaltsaufwand zu behandeln und in diesem Posten zu erfassen. Da es ebenfalls unerheblich ist, welchen Zwecken die Arbeit gedient hat, sind z.B. die Löhne und Gehälter für die Erstellung eigener Anlagen, für Anlauf- und Versuchskosten sowie Schaffung organisatorischer Einrichtungen zusammen mit den übrigen betrieblichen Löhnen und Gehältern auszuweisen. Von den Belegschaftsmitgliedern erstattete Auslagen (z.B. für die private Nutzung des Dienstfahrzeuges) sind dagegen nicht mit den Lohn-Gehaltsaufwendungen, sondern mit den sonstigen betrieblichen Aufwendungen zu verrechnen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 146 und 148). Handelt es sich jedoch um Löhne und Gehälter für Angestellte und Arbeiter, die von fremden Firmen gestellt werden („Leiharbeiter"), so erfolgt der Ausweis nicht hier, sondern unter dem Posten „sonstige betriebliche Aufwendungen" (vgl. Rdn. 803). 796

Unter „soziale Abgaben" sind nur gesetzliche Abgaben der Gesellschaft zu verstehen und auszuweisen, nicht Aufwendungen aufgrund von Tarifverträgen, einer Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglichen Regelungen. Diese gesetzlichen Pflichtabgaben werden an folgende Institutionen geleistet: an die Angestellten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung ( = Arbeitgeberanteile), Invalidenversicherung, Knappschaft, Berufsgenossenschaft. Die von den Arbeitnehmern aufzubringenden Leistungen für die Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung (Arbeitnehmeranteile) sind Bestandteil der Bruttolöhne bzw. Bruttogehälter und als solche (vgl. Rdn. 795) auszuweisen.

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Bei den Aufwendungen für Unterstützung handelt es sich um Aufwendungen für tätige oder bereits ausgeschiedene Mitarbeiter, die zusammen mit den „sozialen Abgaben" (vgl. Rdn. 796) und den Aufwendungen für Altersversorgung (vgl. Rdn. 798) im Posten 6 b) des Standardgliederungsschemas zu zeigen sind. Sie beinhalten im einzelnen: Krankheits- und Unfallunterstützungen, übernommene Kur- und Arztkosten, Erholungsbeihilfen, Heirats- und Geburtsbeihilfen, Deputate für Invalide, Pensionäre und Witwen sowie Zuführungen zu Unterstützungskassen. Werden Unterstützungen, Spenden etc. 920

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an einen anderen als den vorgenannten Personenkreis gezahlt, sind diese Aufwendungen nicht hier, sondern unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen (Posten 8 des Standardgliederungsschemas) auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157,153). Die Aufwendungen für Altersversorgung sind nunmehr in einer Vorspalte 7 9 8 zum Posten 6 b) gesondert zu zeigen. Sie umfassen Pensionszahlungen mit und ohne Rechtsansprüche, die Zuführungsbeträge zu den Pensionsrückstellungen sowie die von der Gesellschaft übernommenen Aufwendungen für Lebensversicherungsprämien zur künftigen Altersversorgung der Mitarbeiter. Dagegen sind die Prämienaufwendungen zum Zweck der Rückdeckung künftiger Versorgungsleistungen nicht hier, sondern unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen zu erfassen, da sie der finanziellen Sicherstellung der Gesellschaft selbst dienen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157,152).

g) Abschreibungen. Dieser Posten des Standardgliederungsschemas geht 7 9 9 zurück auf die Posten 19 (Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sachanlagen und immaterielle Anlagewerte) und 20 (Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Finanzanlagen mit Ausnahme des Betrags, der in die Pauschalwertberichtigung zu Forderungen eingestellt ist) des § 157 Abs. 1 AktG 1965 und auf Art. 23 der 4. EG-Richtlinie und ist zu untergliedern in Abschreibungen a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten. Im Gegensatz zum Regierungsentwurf eines BiRiLiG sind — wie schon nach dem § 157 Abs. 1 Nr. 19 AktG 1965 — auch Abschreibungen, die ausschließlich auf steuerrechtlichen Normen beruhen, hier auszuweisen, sofern diese Wertminderungen nicht als Wertberichtigungen im Sonderposten mit Rücklageanteil ausgewiesen werden (§281 Abs. 1 HGB, vgl. Rdn. 548 ff). Werden sie in den Sonderposten eingestellt, sind sie in dem Posten „sonstige betriebliche Aufwendungen" des Standardgliederungsschemas gesondert auszuweisen (§281 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. HGB, vgl. Rdn. 548). Der Bilanzierende ist im Aufwandsausweis somit an die Ausübung seines Wahlrechts, ob er die steuerrechtlichen Mehrabschreibungen aktivisch absetzt oder in den Sonderposten einstellt, gebunden. Dieser Posten kann somit neben handelsrechtlichen Abschreibungen (vgl. §§ 250 Abs. 3 Satz 2 HGB, 253 f HGB, 255 Abs. 4 Sätze 2 u. 3 HGB, 279 HGB, 282 HGB) auch solche erfassen, die auf steuerrechtlichen Vorschriften beruhen (vgl. § 254 HGB). Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

800

Unter dem Posten 7 a) des Standardgliederungsschemas sind die Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (vgl. Rdn. 735), wie z.B. auf den derivativen Firmenwert (vgl. Rdn. 673), auf Sachanlagevermögen (vgl. Rdn. 637 ff) und auf aktivierte Aufwendungen für Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes (vgl. Rdn. 735 f) auszuweisen. Sie umfassen planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen. Letzte sowie die nach § 253 Abs. 3 Satz 3 H G B sind in der Erfolgsrechnung gesondert auszuweisen, wenn sie nicht im Anhang (vgl. Rdn. 846 ff) gesondert angegeben werden (§ 277 Abs. 3 Satz 1 H G B , vgl. Rdn. 637). Auch die aus steuerlichen Vergünstigungen herrührenden Mehrabschreibungen (vgl. § 254 HGB) fallen unter diesen Posten; ihr Einfluß auf das Jahresergebnis ist gem. § 285 Nr. 5 H G B im Anhang anzugeben. In der Entwicklung des Anlagevermögens (vgl. Rdn. 382 ff) in der Bilanz oder dem Anhang sind nunmehr die aufgelaufenen Abschreibungen zu zeigen. Sie umfassen die in den Vorjahren vorgenommenen Abschreibungen einschließlich der Abschreibungen des laufenden Geschäftsjahres, die dort nur besonders zu vermerken sind. Letzte müssen mit dem Ausweis in der Erfolgsrechnung betragsmäßig übereinstimmen, wobei ggf. die planmäßigen Abschreibungen zusammenzufassen sind. Damit ist auch der Umfang der Abschreibungen, die hier auszuweisen sind, eindeutig bestimmt. Wegen der Unzulässigkeit der Verrechnung von Abschreibungen vgl. Rdn. 460. 801 Unter der Nr. 7 b) des Standardgliederungsschemas sind Abschreibungen auf das Umlaufvermögen auszuweisen, soweit diese die üblichen Abschreibungen der Kapitalgesellschaft überschreiten. Das Umlaufvermögen umfaßt Vorräte, Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände, Wertpapiere und flüssige Mittel (§ 266 Abs. 2 B. HGB). Der Gesetzgeber hat nicht definiert, was er unter den „üblichen Abschreibungen" versteht. U.E. kann er damit nicht diejenigen gemeint haben, die auf Grund des strengen Niederstwertprinzips (vgl. Rdn. 189) vorgenommen werden müssen. M.a.W. Abschreibungen auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, die nach § 253 Abs. 3 Sätze 1 u. 2 H G B vorzunehmen sind, also Abschreibungen auf einen niedrigeren Börsen- oder Marktpreis am Bilanzstichtag (vgl. Rdn. 683) oder einen niedrigeren, am Abschlußstichtag beizulegenden Wert (vgl. Rdn. 240 ff) sind hier nicht auszuweisen. Derartige Abschreibungen sind z.B. den Posten 5, 8, 12 des Standardgliederungsschemas (vgl. Rdn. 761) zuzuordnen. Unter diesen Posten der handelsrechtlichen Erfolgsrechnung können also nur Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Satz 3 H G B zu erfassen sein, die nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig sind, um zu verhindern, daß in der nächsten Zukunft der Wertansatz eines Vermögensgegenstandes auf Grund von Wertschwankungen geändert werden muß (vgl. Rd. 692 ff), und deren gesonderter Ausweis in der Erfolgsrechnung oder im Anhang (vgl. § 277 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. HGB) vorgeschrieben ist. 922

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Durch das Wertaufholungsgebot des § 280 HGB, das ggf. Zuschreibungen 8 0 2 wegen des Wegfalls der Gründe notwendig macht (vgl. Rdn. 710 ff), die zu einer außerplanmäßigen Abschreibung nach § 253 Abs. 3 oder nach § 254 Satz 1 H G B geführt haben, wird der Posten Abschreibungen nicht berührt.

h) Sonstige betriebliche Aufwendungen. Dieser Posten im Standardgliede- 8 0 3 rungsschema hat mehr den Charakter eines Sammelpostens, denn er soll prinzipiell alle Aufwendungen erfassen, die nicht einem anderen Aufwandsposten zugerechnet werden können, jedoch begrenzt auf Aufwendungen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Insofern unterscheidet er sich von dem Posten „sonstige Aufwendungen" des § 157 Abs. 1 Nr. 26 AktG 1965, der auch außerordentliche Aufwendungen erfaßte. Diese sind nunmehr nach § 275 Abs. 2 Nr. 16 H G B gesondert zu erfassen (vgl. Rdn. 818). Damit dürfte der Umfang der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit praktikabel abgegrenzt sein. Ausdrücklich erwähnt er, daß auch aperiodische Posten darunter fallen. Sie sind nach § 277 Abs. 4 Satz 3 H G B hinsichtlich ihres Betrages und ihrer Art im Anhang zu erläutern (vgl. Rdn. 813). Zu den sonstigen betrieblichen Aufwendungen gehören somit alle Aufwendungen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, soweit sie nicht in vorhergehenden Posten enthalten sind und auch nicht als Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens oder als Zinsen und ähnliche Aufwendungen auszuweisen sind. Hierzu gehören insbesondere Verluste aus dem Abgang von Vermögensgegenständen des Anlage- und des Umlaufvermögens, Abschreibungen auf Forderungen, soweit diese den üblichen Rahmen nicht überschreiten sowie die Zuführungen zu Rückstellungen gem. §249 Abs. 2 HGB. Nach § 281 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. H G B gehören unter diesen Posten auch die Einstellungen in den Sonderposten mit Rücklageanteil. Zu ihrem Ausweis in der Erfolgsrechnung vgl. Rdn. 769, auch Ausweisbeispiel in Rdn. 785 analog). Im einzelnen sind diesem Posten folgende Aufwendungen zuzuordnen: Gründungskosten, Rechts- und Beratungskosten, Telefon-, Telex-, Telefax- und Postgebühren, Spenden, Beiträge, Gebühren, Versicherungsprämien, Prüfungskosten, Büromaterial und -bedarf, Reisekosten, Ausgangsfrachten, Provisionen, Aufwendungen für Werbung, Messekosten, Aufwendungen für Garantie-, Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche, Bücher, Zeitschriften, Druckkosten, Kantinenzuschüsse, Mieten, Leasingaufwendungen, Pachten, Erbbauzinsen, Hausverwaltungskosten, Fremdreparaturen, Transport- und Lagerkosten, Kosten des Aufsichtsrats (einschl. Tantiemen), Kosten der Gesellschafterversammlung, Kosten des Zahlungsverkehrs, Währungskursverluste, Bürgschaftsentgelte, Zuführungen zur Rückstellung für das Scheck- und Wechselobligo, Verluste aus Arbeitsgemeinschaften, Aufwendungen für Gästebewirtung, Konventionalstrafen, Stillegungskosten, ZuNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

schüsse an Organgesellschaften, Umlagen der Obergesellschaft, Zugänge zu Anlagewerten, für die in der Bilanz ein Festwert angesetzt ist, u.a. 804

i) Erträge aus Beteiligungen — davon aus verbundenen Unternehmen. Dieser Posten geht unmittelbar auf Art. 23 der 4. EG-Richtlinie zurück und hat seinen Rechtsvorgänger im § 157 Abs. 1 Nr. 8 AktG 1965. Neu ist jedoch der „davon-Vermerk". Was im einzelnen zu den Beteiligungen zählt, ist unter Rdn. 430 ff erläutert. Der Ausweis von Vermögensgegenständen unter diesem Bilanzposten präjudiziert den Ausweis der Erträge aus diesen Vermögensgegenständen; sie sind im Posten 9 des Standardgliederungsschemas zu erfassen. Dazu gehören vor allem Dividendenerträge und vergleichbare Ausschüttungen auf Kapitalanteile sowie aus Ergebnisabführungsverträgen (soweit nicht gesondert auszuweisen, vgl. Rdn. 834) einschließlich der anrechnungsfähigen Körperschaftsteuer (vgl. IdW-HFA 2/77 WPg. 77, 463).

805

Als Beteiligungserträge sind stets die Bruttobeträge auszuweisen. Soweit Kapitalertragsteuer einbehalten wurde, ist dieser Steueraufwand im Posten Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (vgl. Rdn. 820 ff) auszuweisen. Unzulässig ist eine Saldierung der Beteiligungserträge mit Verlusten aus Beteiligungen. Insbesondere dürfen die von der Muttergesellschaft übernommenen Verluste oder die Kapitalverluste bei Personengesellschaften mit Erträgen aus Beteiligungsgesellschaften nicht verrechnet werden. Derartige Verluste sind als sonstige betriebliche Aufwendungen (vgl. Rdn. 803) zu erfassen (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 157, 96).

806

Die Buchgewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen sind nicht hier, sondern unter den sonstigen betrieblichen Erträgen (vgl. Rdn. 783 ff) zu zeigen, da es sich um Erträge aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens handelt. 807 Zur Frage, ob der aus der Beteiligung an einer Gesellschaft erzielte Gewinn bei einer Kapitalgesellschaft für dasselbe Geschäftsjahr vereinnahmt werden kann, für das er von dem abhängigen Unternehmen ausgeschüttet wird, vgl. Rdn. 330. 808

Stammen die Beteiligungserträge aus verbundenen Unternehmen (vgl. Rdn. 426 ff), so sind sie — neben dem Ausweis im Postenbetrag — in dem „davon-Vermerk" zu diesem Posten gesondert aufzuführen. Ausschlaggebend für den Ausweis ist, daß im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf die Beteiligungserträge die Beteiligungsgesellschaft verbundenes Unternehmen ist. Ferner können Zinsen aus beteiligungsähnlichen Darlehen hier ausgewiesen werden, wenn diese als Beteiligungen bilanziert sind. Zahlt die Beteiligungsgesellschaft regelmäßig Lizenzgebühren oder Pachtzinsen bei Betriebsüberlassung und ist darin steuerlich eine „verdeckte Gewinnausschüttung" zu sehen, können diese Erträge ebenfalls unter diesem Posten erfaßt werden. 924

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Werden Beteiligungserträge nur als tatsächlich ausgeschüttete Gewinne verstanden, hat dies zur Folge, daß innerhalb von Konzernen mit gegenseitigen Lieferungen durch Verlustübernahmen, Zuschüsse oder durch die Gestaltung von Verrechnungspreisen handelsrechtliche Gewinne verlagert werden können (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 96). j) Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanla- 8 0 9 gevermögens — davon aus verbundenen Unternehmen. Der Posteninhalt entspricht weitgehend dem bisherigen deutschen Bilanzrecht (§ 157 Abs. 1 Nr. 9 AktG 1965) sowie dem Art. 23 Nr. 10 der 4. EG-Richtlinie. Der „davon-Vermerk" ist neu im Standardgliederungsschema. Bei den Erträgen, die unter Posten 10 des Standardgliederungsschemas zu erfassen sind, handelt es sich um solche aus Finanzanlagen, die keine Beteiligungen (vgl. Rdn. 431 ff) darstellen. Dazu gehören Zins-, Dividendenerträge und ähnliche Ausschüttungen aus Wertpapieren des Anlagevermögens (z.B. Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, vgl. Rdn. 438) und Zinserträge aus Darlehen (vgl. §§41, 42, Rdn. 122 ff) einschließlich der im Anlagevermögen ausgewiesenen Gesellschafterdarlehen. Hierher gehören auch die periodisch erfolgenden Zuschreibungen (Aufzinsungen) auf die zum Zeitpunkt der Hingabe abgezinsten unverzinslichen Darlehen und zinslosen Forderungen des Anlagevermögens. Nicht hierher gehören die gesondert auszuweisenden Beteiligungserträge (vgl. Rdn. 804 ff) (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157,98 f). Zum Bruttoausweis, zur Behandlung der anrechnungsfähigen Körperschaftsteuer und der Kapitalertragsteuer sowie zum Ausweis von Veräußerungsgewinnen/-verlusten gelten die in den Rdn. 785 f gemachten Ausführungen entsprechend. Beziehen sich die Erträge auf verbundene Unternehmen (vgl. Rdn. 426 ff), z.B. Zinsen für Darlehensforderungen des Anlagevermögens an verbundene Unternehmen, so sind sie im „davon-Vermerk" zusätzlich anzugeben. k) Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge 810 — davon aus verbundenen Unternehmen. Dieser Posten entspricht inhaltlich sowohl dem bisherigen Recht (§ 157 Abs. 1 Nr. 10 AktG 1965) als auch der 4. EG-Richtlinie (Art. 23 Nr. 11). Neu ist der „davon-Vermerk". Hierunter sind alle Finanzerträge zu erfassen, die nicht in den beiden vorangehenden Posten Nr. 9 und 10 des Standardgliederungsschemas auszuweisen sind. Zinsertrag ist „jedes auf das abgelaufene Geschäftsjahr entfallende Entgelt für die Ausgabe von Kapital (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 157, 85), z.B. Zinsen aus Forderungen an Kunden und Lieferanten, aus Bankguthaben, aus festverzinslichen Wertpapieren und Darlehen des Umlaufvermögens sowie Dividenden aus Wertpapieren des Umlaufvermögens, ferNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

ner weiterberechnete Diskonte auf Kundenwechsel und den Kunden berechnete Verzugszinsen. Zu den ähnlichen Erträgen rechnen u.a. solche aus einem Agio, Disagio, Damnum, Kreditprovisionen, Teilzahlungszuschläge. Keine Zinsen und ähnliche Erträge sind Lieferantenskonti, Kreditbearbeitungsgebühren, Spesen, Mahnkosten etc. Der Ausweis der Zinserträge hat brutto zu erfolgen. Daher ist auch eine Saldierung von Soll- und Habenzinsen gegenüber demselben Kreditinstitut — selbst auf einem Bankkonto — unzulässig (vgl. Kropff aaO, § 157, 87). Beziehen sich die genannten Erträge auf verbundene Unternehmen, so sind sie in dem „davon-Vermerk" zusätzlich aufzuführen.

811

1) Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens. Dieser Posten geht auf Art. 23 Nr. 12 der 4. EG-Richtlinie zurück. Er erfaßt die Abschreibungen auf sämtliche Vermögensgegenstände des Finanzvermögens (vgl. Rdn. 425 ff, 487 ff), unabhängig von der Abschreibungsursache (vgl. Rdn. 641).

812

m) Zinsen und ähnliche Aufwendungen — davon an verbundene Unternehmen. Der Posteninhalt entspricht sowohl dem bisherigen deutschen Bilanzrecht (§ 157 Abs. 1 Nr. 23 AktG 1965) als auch dem Art. 23 Nr. 13 der 4. EG-Richtlinie. Dieser Posten soll den Aufwand für das in der Gesellschaft arbeitende Fremdkapital zeigen, womit die Verbindungen der Gesellschaft mit dem Kapitalmarkt zum Ausdruck gebracht werden (vgl. Kuhn, Diss., 305). Er muß daher alle Entgelte erfassen, die die Gesellschaft für die Inanspruchnahme von Fremdkapital aufgewendet hat (vgl. Kröpf in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 157, 128). Eine Saldierung von Zinsaufwendungen und Zinserträgen ist i.d.R. (vgl. Rdn. 141) nicht zulässig. Zinsen und ähnliche Aufwendungen umfassen folgende Gruppen von Aufwendungen: — Zinsen für Bankkredite, Obligationen, Schuldscheindarlehen, Hypotheken, Lieferantenkredite, Darlehen einschl. Darlehen an Arbeitnehmer, Verzugszinsen, — Diskontbeträge für Wechsel und Schecks, — Kreditprovisionen, Bereitstellungsprovisionen, Uberziehungsprovisionen, Bürgschafts- und Avalprovisionen, Frachtstundungsgebühren, — Abschreibungen auf ein Disagio oder Damnum. Nicht hier auszuweisen sind: Kundenskonti (siehe Erlösminderung Rdn. 777), Kosten des Zahlungsverkehrs, Kontoführungsgebühren, Vermittlungsprovisionen und Geldbeschaffungskosten, Bankspesen, Optionsgebühren (vgl. Rdn. 803), ferner die Wechselsteuer (vgl. Rdn. 827). 926

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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In dem „davon-Vermerk" sind die Zinsen und ähnlichen Aufwendungen, die verbundene Unternehmen betreffen, zusätzlich auszuweisen. n) Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Diese neu, aber in Uber- 813 einstimmung mit der 4. EG-Richtlinie in das Standardgliederungsschema, eingeführte Zwischensumme stellt sich als Saldo der Posten 1 — 13 dar und beinhaltet das Jahresergebnis vor Berücksichtigung des außerordentlichen Ergebnisses sowie des Steueraufwandes. Ihre Ermittlung erfolgt unter Beachtung der im Standardgliederungsschema angeführten Vorzeichen. Die Aussagekraft dieser Größe ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht unproblematisch. Einen gängigen Begriff der Betriebswirtschaftslehre stellt sie nicht dar. Möglich ist, daß sie im Rahmen der Analyse der Ertragslage einer Gesellschaft, im zwischenbetrieblichen Vergleich oder im Zeitvergleich Bedeutung erlangt. In diesem Zusammenhang ist die Vorschrift in § 277 Abs. 4 Satz 3 H G B von Bedeutung, die fordert, daß Aufwendungen und Erträge im Anhang hinsichtlich ihres Betrags und ihrer Art zu erläutern sind, wenn sie einem anderen Geschäftsjahr zuzurechnen (aperiodische Aufwendungen und Beträge) und sie nicht von untergeordneter Bedeutung sind. o) Außerordentliche Erträge. Unter dem Posten „Außerordentliche Er- 814 träge" sind nach § 277 Abs. 4 Satz 1 1. Alt. H G B Erträge auszuweisen, die außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft anfallen. Sind die in dieser N o r m bezeichneten Erträge f ü r die Beurteilung der Ertragslage nicht von untergeordneter Bedeutung, so sind sie hinsichtlich ihres Betrages und ihrer Art im Anhang zu erläutern (Satz 2). Dies gilt auch f ü r Erträge, die einem anderen Geschäftsjahr zuzurechnen sind (Satz 3 1. Alt.). Der Begriff der normalen Geschäftstätigkeit ist sehr weit auszulegen. Er 815 umfaßt das gesamte Unternehmen, nicht nur den betriebstypischen Leistungsbereich. Daher ist das Ergebnis aus der normalen Geschäftstätigkeit nicht identisch mit dem Betriebsergebnis (vgl. Jonas 80,156). Im Rahmen der Rechnungslegungsvorschriften der 4. EG-Richtlinie und ihr folgend im H G B wird also nicht zwischen Betriebsergebnis und neutralem Ergebnis unterschieden. Zu dem Ergebnis aus dem normalen Geschäftsverlauf gehören auch nichtbetriebstypische Erträge, nämlich betriebsfremde, periodenfremde (vgl. Offerhaus DB 72, 400; Boltn/Haeger/Zündorf BB 84, 508 ff) und außerordentliche Erträge, die im Rahmen des Geschäftsbetriebs (goingconcern, vgl. Rdn. 165 ff) normalerweise anfallen (vgl. Biener G m b H R 82, 60).

Es fallen nur wenige Maßnahmen unter den Begriff „außerordentlich". 816 Folgende Fallgruppen sind denkbar: Umweltschutzmaßnahmen, wenn die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft bisher die Umwelt nicht belastet hat; AufNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

gäbe eines Geschäftszweiges, dazu gehören nicht Rationalisierungsmaßnahmen und auch nicht die bloße Einschränkung der Produktion; Enteignungen, Betriebsstillegung auf Grund behördlicher Anordnung, Veräußerung einer Beteiligung, wenn eine andere aus dem gleichen Geschäftsbereich statt derer nicht erworben wird, und Kapitalherabsetzung. 817

Außerordentliche Erträge sind demnach nur — betragsmäßig wesentliche Posten, — deren Ursache eine wesentliche Änderung des wirtschaftlichen Inhalts der Kapitalgesellschaft ist. Hierzu gehören z.B. wesentliche Erträge im Zusammenhang mit der Aufnahme von neuen Arbeitsgebieten, der Erschließung von Märkten, Veränderungen der Produktionsgrundlagen der Gesellschaft (vgl. Jonas 80, 156 m.w.N.). Fallen außerordentliche Erträge an, so sind sie hinsichtlich ihres Betrages und ihrer Art im Anhang (vgl. Rdn. 861 ff) zu erläutern, wenn sie nicht von untergeordneter Bedeutung sind (§ 277 Abs. 4 Satz 2 H G B ) . Was unwesentlich ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden (vgl. Rdn. 127 f). Bei Zugrundelegung der US-amerikanischen Praxis wäre davon auszugehen, daß alle Erträge, die, bezogen auf den einzelnen Geschäftsvorfall, das Ergebnis vor Steuern um 5 % beeinflussen, zu erläutern sind (vgl. Jonas 80, 161).

818

p) Außerordentliche Aufwendungen. Der Ausweis ist neu und im § 2 7 7 Abs. 4 Satz 1 2. Alt. H G B geregelt. Er bildet das Gegenstück zu den außerordentlichen Erträgen. Sinngemäß gelten daher die Erläuterungen in den Rdn. 814 ff). Unter den dort angeführten Voraussetzungen sind z.B. folgende Aufwendungen als außerordentliche Aufwendungen auszuweisen: Aufwendungen aus nicht betriebstypischen Geschäften, Abfindungen, Schadensersatzleistungen. Zur Berichterstattung über derartige Aufwendungen hinsichtlich ihres Betrages und ihrer Art im Anhang vgl. Rdn. 861 ff.

819

q) Außerordentliches Ergebnis. Das außerordentliche Ergebnis ist der Saldo aus außerordentlichen Erträgen und außerordentlichen Aufwendungen. Es ist unter Beachtung der im Standardgliederungsschema angeführten Vorzeichen zu ermitteln und kann einen positiven oder negativen Wert annehmen, d.h. es kann sich entweder ein außerordentlicher Gewinn oder ein außerordentlicher Verlust ergeben. Das entsprechende Ergebnis bildet zusammen mit dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit das von der Kapitalgesellschaft erzielte Jahresergebnis vor Abzug der Steuern. Sind in den beiden Einzelposten des außerordentlichen Ergebnisses sog. aperiodische Aufwendungen und Erträge enthalten, so sind sie ggf. im Anhang 928

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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zu erläutern (vgl. § 277 Abs. 4 Satz 3 H G B ; Rdn. 813 analog). Zu den aperiodischen Erträgen gehören z.B. periodenfremde Erträge aus langfristiger Auftragsfertigung, wesentliche ertragserhöhende Ergebnisse aus langfristigen Gerichtsverfahren (vgl. Jonas 80, 159), zu den aperiodischen Aufwendungen u.a. erhebliche Versicherungsentschädigungen für Verluste aus Vorjahren. r) Steuern vom Einkommen und vom Ertrag. Im Posten Steuern vom Ein- 8 2 0 kommen und vom Ertrag sind die Beträge auszuweisen, die das Unternehmen als Steuerschuldner (vgl. Rdn. 821 ff) vom Einkommen und Ertrag zu entrichten hat. Dieser Posten geht — inhaltlich eingeschränkt — auf § 157 Abs. 1 Nr. 24 a) AktG 1965 zurück. Die Herausnahme der Steuern vom Vermögen ermöglicht dem externen Bilanzanalytiker eine leichtere Ableitung des steuerrechtlichen Gewinns aus dem Ergebnis der Handelsbilanz (vgl. Bolin/Haeger/Zündorf BB 84, 507). Der Gesetzgeber hat die in Art. 23 vorgesehene, aus dem angelsächsischen Raum kommende Aufteilung dieser Steuern auf solche, die das normale Geschäftsergebnis betreffen, und solche, die auf das außerordentliche Ergebnis entfallen, nicht übernommen, weil sie bisher in Deutschland nicht üblich ist (vgl. Begr. zum RegEntw 85; jedoch entsprechende Erläuterung im Anhang verlangt, vgl. Rdn. 887 ff). Für die Zusammenfassung des Steuerausweises spricht auch die Willkür, die mit einer Aufgliederung des Steueraufwandes auf die beiden Ergebnisse selbst dann verbunden ist, wenn die im einzelnen zurechenbaren Steuern nicht aufgeschlüsselt, sondern direkt zugerechnet werden; denn die Steuerpflicht des Unternehmens ergibt sich aus dem Gesamtergebnis, nicht aus einzelnen Teilergebnissen (vgl .Jonas 80, 153 m.w.N.). In diesem Posten sind folgende Steuern zu erfassen: 821 — Steuern vom Einkommen, d.h. Körperschaftsteuer vor Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen und vor Abzug einer etwaigen Kapitalertragsteuer oder ausländischen Quellensteuer. Daraus ergibt sich, daß die Steuererhöhung nach § 27 Abs. 1 KStG 1977 bei Verwendung von unbelastetem Eigenkapital (EK 0) als Gewinnausschüttung zum Steueraufwand gehört. Wird dagegen ungemildert belastetes Eigenkapital (EK 56) verwendet, führt eine Steuerminderung nach § 27 Abs. 1 KStG 1977 zu einer Reduzierung des Körperschaftsteueraufwandes (vgl. IdW-HFA 2/77 WPg. 80, 8). Als Körperschaftsteueraufwand ist der unter Zugrundelegung der zu erwartenden Ausschüttung entstehende Steueraufwand zu erfassen. Bei der G m b H gilt grundsätzlich, daß bei seiner Berechnung von dem Ergebnisverwendungsvorschlag der Geschäftsführung ausgegangen werden kann (§ 278 Satz 1 l . H s . H G B ; vgl. IdW-HFA 2/77 aaO, 8; wegen weiterer Probleme bei der Gewinnverwendung Knapp DB 79,173 ff; Wimmer DB 82,1177 ff). — Steuern vom Ertrag, d.h. die Gewerbeertragsteuer. Es ist hier der gesamte Steueraufwand auszuweisen, der auf das jeweilige Geschäftsjahr entfällt, Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

gleichgültig, ob er als Vorauszahlung geleistet oder als Aufwand zurückgestellt wird. 822

Unter diesen Posten fallen auch die in ausländischen Staaten gezahlten Steuern, die den in der Bundesrepublik Deutschland erhobenen Steuern vom Einkommen und Ertrag entsprechen. Ebenso sind die latenten Steuern (Zuführungen zur Rückstellung für Steuerabgrenzung vgl. Rdn. 574 ff) in diesen Posten einzubeziehen (vgl. Grob DB 8 5, 1851). Ein Ausweis unter anderen Posten der Erfolgsrechnung wird wohl auch der Zielsetzung nicht gerecht.

823

Auch Nachzahlungen f ü r frühere Jahre sind hier einzubeziehen, soweit die Nachzahlungen nicht mit den Erstattungen für frühere Jahre oder zu Lasten anderer, in früheren Jahren gebildeter Rückstellungen für Steuern vom Einkommen oder Ertrag verrechnet werden können. Ein Verstoß gegen das Saldierungsverbot nach § 246 Abs. 2 H G B ist hierbei nicht zu sehen (vgl. Bullinger BB 86, 845). Wegen der Pflicht zu besonderen Angaben im Anhang vgl. Rdn. 813 (aperiodische Aufwendungen). 824 Steuererstattungen für frühere Jahre können nicht mit Steueraufwendungen des laufenden Jahres verrechnet werden, sondern sind vielmehr unter dem Posten sonstige betriebliche Erträge (vgl. Rdn. 783 ff) auszuweisen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 169 ff). Dieser Auffassung kann nach Neugliederung der Erfolgsrechnung durch das BiRiLiG nicht mehr gefolgt werden. Das Ergebnis aus der Geschäftstätigkeit soll — entsprechend der Gliederung — frei von einkommen- und ertragsteuerlichen Wirkungen sein. Daher sind u.E. sämtliche Steuererstattungen hier auszuweisen, auch wenn der Ausweis mit einem „Steuerertrag" abschließt (vgl. auch Bullinger BB 86, 844). Erträge aus der Auflösung nicht mehr benötigter Steuerrückstellungen sind ebenfalls unter diesem Posten auszuweisen. 825 Steuerrechtlich kann zwischen der G m b H und einem dritten Unternehmen ein Organschaftsverhältnis bestehen. Die G m b H kann daher die Stellung eines Organträgers oder die einer Organgesellschaft (eines Organs) innehaben. Liegt ein derartiges Verhältnis vor, so ist bei Organgesellschaften die vom O r ganträger weiter belastete Einkommen- und Ertragsteuer als sonstiger betrieblicher Aufwand (vgl. Rdn. 803) auszuweisen. Der Organträger weist die Steuern der Organgesellschaft im Rahmen seines Steueraufwandes, die Weiterbelastung an das Organ als sonstigen betrieblichen Ertrag (vgl. Rdn. 783 ff) aus. Dies entspricht dem bisherigen deutschen Bilanzrecht (§158 Abs. 4 AktG 1965). Die Regelung ist unbefriedigend, weil ihr folgend der Steueraufwand nicht entsprechend seiner wirtschaftlichen Verursachung, sondern entsprechend dem rechtlichen Steuerschuldverhältnis gezeigt wird (vgl. Jonas 80, 155). Zur Berücksichtigung steuerlicher Vorschriften im Einzelabschluß vgl. auch Harms/Küting DB 83, 2318 ff. 826

Steuerumlagen aus einem bestehenden Organschaftsverhältnis und/oder Steuererstattungen sollten zur Erreichung der Zielsetzung daher entweder zu 930

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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einer Untergliederung des Postens der Erfolgsrechnung gem. § 265 Abs. 5 HGB oder zu entsprechenden Angaben im Anhang führen. Zu den Anhangsangaben bei nicht unwesentlichen aperiodischen Beträgen vgl. Rdn. 813. s) Sonstige Steuern. Unter diesen Posten fallen alle übrigen Steueraufwen- 827 düngen, die nicht in den Posten 18 des Standardgliederungsschemas einzuordnen sind. Kraft gesetzlicher Vorschrift ist also die Vermögensteuer unter dem Posten sonstige Steuern auszuweisen. Es sind hier nur Beträge auszuweisen, die aus dem eigenen Steuerschuldverhältnis resultieren, d.h. die das Unternehmen als Steuerschuldner zu entrichten hat (vgl. Bolin/Haeger/Zündorf BB 84, 507). Hierzu gehören neben der Vermögensteuer weitere Steuern vom Vermögen, z.B. Grundsteuer, Gewerbekapitalsteuer, Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer), ferner: Kapitalverkehrsteuer (Gesellschaftsteuer), Verbrauchsteuern (Biersteuer, Branntweinsteuer, Salzsteuer, Sektsteuer, Tabaksteuer, soweit sie nicht von den Umsatzerlösen abgesetzt werden, vgl. Rdn. 777), Zölle, Hundesteuer, Jagdsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Rennwett- und Lotteriesteuer, Schankerlaubnissteuer, Vergnügungsteuer, Wechselsteuer, Versicherungsteuer und Wertpapiersteuer, soweit nicht vom Veräußerer getragen und nicht als Anschaffungsnebenkosten aktiviert. Lohnsteuer einschließlich Kirchensteuer — soweit sie pauschal nach §§ 40 Abs. 3, 40a und 40b EStG erhoben wird — ist u.E. wegen der Steuerschuldnerschaft des Arbeitgebers ebenfalls hier auszuweisen. Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist unter diesem Posten nur auszuweisen, soweit die Umsatzerlöse brutto (mit Mehrwertsteuer) ohne offene Absetzung der darauf entfallenden Mehrwertsteuer erfaßt sind oder bei Organschaftsverhältnissen eine Weiterbelastung der von der Obergesellschaft zu tragenden Mehrwertsteuer an das Organ unterblieben ist (vgl. WP-Handbuch 85/861,673 m.w.N.). Eine Saldierung der in diesem Posten zu erfassenden Steuern mit Erträgen 828 aus Weiterbelastungen an Dritte ist unzulässig; beispw. Saldierung der bezahlten Wechselsteuer mit den an Dritte weiterbelasteten Beträgen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 176). Zum Ausweis und zu evtl. notwendigen Anhangsangaben vgl. Rdn. 813 letzter Absatz und Rdn. 826. Stellen die o.g. Steuern Anschaffungsnebenkosten dar (vgl. Rdn. 199), wie z.B. Grunderwerbsteuer, Börsenumsatzsteuer oder Eingangszölle, sind sie zusammen mit den Anschaffungskosten (vgl. Rdn. 195 ff) zu aktivieren. Ebenfalls nicht hier auszuweisen sind z.B. Gebühren und Abgaben, wie z.B. kommunale Abgaben, Handelskammerbeiträge, Säumnis- oder Verspätungszuschläge, Bußgelder. Bei der Anwendung des Umsatzkostenverfahrens (vgl. Rdn. 837 ff) kann 829 sich der Umfang der hier auszuweisenden Steuern insoweit reduzieren, als sie Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

nicht den einzelnen Funktionsbereichen zugeordnet werden dürfen, insbesondere, wenn die Steuern im Rahmen der Herstellungskosten aktiviert werden. Da das Ergebnis aus der Geschäftstätigkeit unabhängig von dem angewendeten Verfahren gleich — Zumindestens vergleichbar — sein soll, ist dem Primärkostenausweis der Steuern unter Posten Nr. 18 der Vorzug gegenüber einem Ausweis unter Posten Nr. 2 zu geben. 830

t) Erträge aus Verlustübernahme. Dieser Posten entspricht bisherigem deutschen Bilanzrecht (vgl. § 157 Abs. 1 Pos. 15 AktG 1965) und ist ggf. als gesonderter Posten in das Standardgliederungsschema aufzunehmen (vgl. § 277 Abs. 3 Satz 2 H G B ; Rdn. 762). Hat eine G m b H einen Beherrschungs- oder einen Gewinnabführungsvertrag i.S. der §§ 291 ff AktG geschlossen, sind ihr von ihrem Vertragspartner die Beträge zu erstatten, die zum Ausgleich eines sonst entstehenden Jahresfehlbetrages notwendig sind, soweit dieser nicht dadurch auszugleichen ist, daß bestimmten anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden müssen (Verlustübernahme § 302 Abs. 1 AktG). Liegen dagegen Betriebspacht- oder Betriebsüberlassungsverträge vor, besteht eine Verpflichtung zur Verlustübernahme nur insoweit, als kein angemessenes Entgelt erreicht wird (§ 302 Abs. 2 AktG). Bei den zuletzt genannten beiden Verträgen besteht die Möglichkeit, daß ein „endgültiger" Verlust bei der Bilanzaufstellung noch nicht feststeht oder strittig ist. In derartigen Fällen sollte zunächst nur der vorläufige Betrag aktiviert und hier ausgewiesen werden. Ergibt sich später, daß eine Korrektur notwendig ist, so sind weitere Erträge zu diesem späteren Zeitpunkt unter den Erträgen aus Verlustübernahme auszuweisen. Es besteht somit durchaus die Möglichkeit, daß ein Ertrag aus Verlustübernahme ausgewiesen wird, obwohl gleichzeitig die Erfolgsrechnung mit einem Jahresüberschuß abschließt (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 135). Dieser Vorgang ist im Anhang (vgl. Rdn. 861 ff) erläuterungsbedürftig. 831 Erträge aus den anderen Verträgen, die nur bestimmte Verluste oder Teile eines Jahresfehlbetrages ausgleichen sollen oder Erträge, die ohne vertragliche Verpflichtung erbracht werden, sind dagegen nicht hier, sondern unter dem Posten „außerordentliche Erträge" auszuweisen, z.B. Erträge aus Zuschüssen der Gesellschafter oder Sanierungsgewinne. 832

u) Aufwendungen aus Verlustübernahme. Dieser Posten geht auf § 157 Abs. 1 Nr. 25 AktG 1965 zurück und ist im Bedarfsfall in das Standardgliederungsschema einzufügen (§277 Abs. 3 Satz 2 HGB). Durch den Abschluß eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages im Sinne von §§ 291 ff AktG kann eine G m b H verpflichtet sein, einen während der Vertragsdauer bei einem Vertragspartner entstehenden Jahresfehlbetrag soweit auszuglei932

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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chen, als dieser nicht durch Entnahmen aus bestimmten anderen Gewinnrücklagen ausgeglichen werden kann (vgl. § 302 Abs. 1 AktG). Die mit der VerlustÜbernahme im Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind unter diesem Posten auszuweisen. Zuweisungen zu Rückstellungen für zwar erkennbare, aber noch nicht fest- 8 3 3 stehende Verluste aus der Verlustübernahme sind den sonstigen betrieblichen Aufwendungen (vgl. Rdn. 803) zu subsumieren. Steht der Verlust später endgültig fest und war die Rückstellung erforderlich, so ist der volle Verlust unter diesem Posten zu erfassen und ein der Inanspruchnahme der Rückstellung entsprechender Betrag als Ausgleichsposten unter den sonstigen betrieblichen Erträgen (vgl. Rdn. 783) einzustellen oder mit den sonstigen betrieblichen Aufwendungen zu verrechnen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157,94). v) Aufgrund einer Gewinngemeinschaft oder eines Gewinnabführungsver- 8 3 4 träges erhaltene Gewinne. Dieser Posten entspricht § 157 Abs. 1 Nr. 7 AktG 1965 und ist im Bedarfsfall nach § 277 Abs. 3 Satz 2 H G B in das Standardgliederungsschema aufzunehmen. Die Bestimmungen der 4. EG-Richtlinie dagegen sehen den gesonderten Ausweis derartiger Gewinne nicht vor. Unter diesem Posten sind Gewinne aus folgenden Vertragsverhältnissen aufzuführen: (a) Gewinngemeinschaften (Interessengemeinschaftsverträge) (b) Gewinnabführungsverträge einschließlich solcher Verträge, nach denen die Gesellschaft ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen hat, (c) Teilgewinnabführungsverträge. Dagegen gehören Erträge aus Beherrschungsverträgen nicht unter diesen Posten, es sei denn, daß gleichzeitig einer der in diesem Posten bezeichneten Verträge abgeschlossen ist; die Erträge aus reinen Beherrschungsverträgen sind grundsätzlich unter Posten 9 des Standardgliederungsschemas auszuweisen. Jedes Vertragsverhältnis ist für sich zu betrachten. Saldierungen von erhaltenen Gewinnen und Erträgen aus Verlustübernahme (vgl. Rdn. 830 f) mit Aufwendungen aus Verlustübernahme (vg. Rdn. 832 f) oder abgeführten Gewinnen (vgl. Rdn. 835 f) sind unzulässig und können die Folgen aus §§ 331 ff H G B (vgl. Rdn. 1533) nach sich ziehen (vgl. WP-Handbuch 85/861,661). w) Aufgrund einer Gewinngemeinschaft oder eines Gewinnabführungsver- 8 3 5 träges abgeführte Gewinne. Dieser ggf. gem. § 277 Abs. 3 Satz 2 H G B in das Standardgliederungsschema einzufügende Posten enthält die auf Grund der oben genannten Verträge an Dritte abzuführenden Gewinne. Die Erläuterungen in Rdn. 834 gelten sinngemäß. Niehus/Scholz

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5 836

Rechnungslegung

χ) Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag. Während die Nr. 14 (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit) und die Nr. 17 (Außerordentliches Ergebnis) des Standardgliederungsschemas (vgl. Rdn. 762) Zwischen- oder Teilergebnisse darstellen, weist die Nr. 20 das Resultat der in der Erfolgsrechnung durchgeführten Rechnung aus. Das Ergebnis ermittelt sich unter Beachtung der im Standardgliederungsschema (vgl. Rdn. 761) angeführten Vorzeichen. Der Gesetzgeber nennt eine negative Größe (Betrag mit dem Vorzeichen ./.) als Resultat dieser Rechnung Jahresfehlbetrag, ein positives Ergebnis hingegen Jahresüberschuß. Das jeweilige Jahresergebnis bildet die Ausgangsbasis für die Darstellung der Ergebnisverwendung. Gem. § 275 Abs. 4 H G B darf die Darstellung in der Erfolgsrechnung erst nach dem Jahresergebnis ausgewiesen werden. Diese Vorschrift soll ermöglichen, bei vollständiger oder teilweiser Verwendung des Jahresergebnisses sowie bei Rücklagenbewegungen nach § 270 H G B (vgl. Rdn. 524, 544) in der Bilanz und in der Erfolgsrechnung zu einem gleichlautenden Ausweis zu kommen. Eine Gliederung für die Ergebnisverwendung ist für GmbHs nicht vorgeschrieben, obwohl in § 258 H G B i.d.F. des Ges. Entw. v. 3. 6. 1983 folgendes Schema vorgesehen war: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem V o r j a h r Entnahmen aus der Kapitalrücklage Entnahmen aus Gewinnrücklagen Einstellungen in Gewinnrücklagen auszuschüttender Betrag Gewinnvortrag/Verlustvortrag zusätzlicher Aufwand oder Ertrag auf Grund des Beschlusses über die Verwendung des Ergebnisses, wenn die Bilanz vor oder nach teilweiser Berücksichtigung der Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt wird.

Diese Darstellung der Ergebnisverwendung ist für GmbHs also nicht zwingend und kann daher im Einzelfall zweckentsprechend erweitert oder verkürzt werden. Hat die G m b H einen Ergebnisabführungsvertrag geschlossen (vgl. Rdn. 830, 834), entsteht i.d.R. kein Jahresüberschuß/-fehlbetrag. Der Jahresüberschuß (-fehlbetrag) nimmt bei der Analyse der Ertragslage einer Gesellschaft eine besondere Rolle ein, auch wenn sein Aussagegehalt aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht unumstritten ist. Der Jahresüberschuß wurde früher auch als Maßstab der Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens gesehen (vgl. Mellerowicz in Großkomm. § 157, 8).

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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4. Umsatzkostenverfahren a) Vergleich mit dem Gesamtkostenverfahren. Die Posten Nr. 1 „Um- 837 satzerlöse", Nr. 6 „sonstige betriebliche Erträge" sowie alle Posten von Posten Nr. 7 „sonstige betriebliche Aufwendungen" an bis Nr. 19 „Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag" sind mit denen in der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren (Gliederungsübersicht siehe unten) identisch; die Ausführungen dazu gelten auch für die Posten einer nach dem Umsatzkostenverfahren aufgemachten Erfolgsrechnung. Die Posten Nr. 2 „Erhöhung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen" und Nr. 3 „andere aktivierte Eigenleistungen" der Gliederung nach dem Gesamtkostenverfahren entfallen beim Umsatzkostenverfahren. Die in diesen Posten erfaßten Herstellungskosten, ggf. einschließlich anteiliger Verwaltungskosten, sind bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens aufzulösen und bei dem/den entsprechenden Posten dieses Gliederungsschemas abzusetzen. Bestandsminderungen sind dagegen unter den Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen (vgl. Rdn. 839) zu erfassen. Die weiteren Posten des Gesamtkostenverfahrens, „Material-" und „Personalaufwand" sowie „Abschreibungen" werden im Umsatzkostenverfahren nach Funktionsbereichen auf die Herstellungs-, Vertriebs- und allgemeine Verwaltungskosten verteilt, soweit sie nicht den Bestandserhöhungen und anderen aktivierten Eigenleistungen im Gesamtkostenverfahren zuzuordnen waren. Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen (vgl. Rdn. 845) ggf. auch die sonstigen Steuern (vgl. Rdn. 829) des Umsatzkostenverfahrens haben oder können i.d.R. einen geringeren Umfang im Vergleich zum Gesamtkostenverfahren haben, weil der größte Teil dieser Aufwendungen dem Herstellungs-, Vertriebs- oder Verwaltungsbereich zugeordnet werden kann. Da im Umsatzkostenverfahren die gleichen Rechengrößen wie im Gesamtkostenverfahren verwendet, teilweise nur anderen Bereichen zugerechnet werden, stimmt das Jahresergebnis nach dem Umsatzkostenverfahren mit dem des Gesamtkostenverfahrens überein. Nachfolgend werden die Posten nach dem Gesamtkostenverfahren denen 8 3 8 des Umsatzkostenverfahrens in einem Schaubild gegenübergestellt. Gegenüberstellung der Gewinn- und Verlustrechnung der Kapitalgesellschaft nach dem Gesamtkostenverfahren und dem Umsatzkostenverfahren (vgl. Gross/Schruff 86,185)

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Rechnungslegung Umsatzkostenverfahren § 275 Abs. 3 HGB 1 ) 2 )

Gesamtkostenverfahren § 275 Abs. 2 HGB 1 ' 2 '

1. Umsatzeriöse

1. Umsatzerlöse 2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen 3. andere aktivierte Eigenleistungen - 4. sonstige betriebliche Erträge 5. Matenalaufwand a) Aufwendungen für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe und für bezogene Waren b) Aufwendungen für bezogene Leistungen 6. Personalaufwand a) Löhne und Gehälter b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung 7. Abschreibungen a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten

2. Herstellungskosten der zur Erzielung — der Umsatzerlöse erbrachten — Leistungen 3. Bruttoergebnis vom Umsatz

- )

4. Vertriebskosten

5. allgemeine Verwaltungskosten 6. sonstige betriebliche Erträge

8. sonstige betriebliche Aufwendungen

7. sonstige betriebliche Aufwendungen

9. ( 8.) Erträge aus Beteiligungen 10. ( 9.) Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzvermögens 11. (10.) sonstige Zinsen und ähnliche Erträge 12. (11.) Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens 13. (12.) Zinsen und ähnliche Aufwendungen 936

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C . Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

14. (13.) Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit 15. (14.) außerordentliche Erträge 16. (15.) außerordentliche Aufwendungen 17. (16.) außerordentliches Ergebnis 18. (17.) Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 19. (18.) sonstige Steuern 20. (19.) Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag '' - ohne „davon-Vermerke* - ohne Veränderungen des Sonderpostens mit Rücklageanteil (§ 281 Abs. 2 Satz 2 HGB) - ohne bestimmte Sonderabschreibungen und Ergebnisabführungen (§ 277 Abs. 3 HGB) Kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften dürfen beim Gesamtkostenverfahren die Posten Nr. 1 bis 5, beim Umsatzkostenverfahren die Posten Nr. 1 bis 3 und 6 zum „Rohergebnis'' zusammenfassen (§ 276 HGB). Zur Klärung des Zusammenhangs zwischen Gesamtkosten- und Umsatzkostenverfahren siehe auch das Schema unter Rdn. 840. b) Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Lei- 8 3 9 stungen. In diesem Posten sollen die Herstellungskosten (vgl. Rdn. 211 ff) gezeigt werden, die mit den Umsatzerlösen (vgl. Rdn. 770 ff) korrespondieren, also die Kosten, die bei dem Unternehmen zur ^Herstellung" der abgesetzten Produkte erforderlich waren. Dabei ist gleichgültig, ob die Herstellungskosten im Geschäftsjahr oder — wie beim Lagerabbau von Fertigerzeugnissen — in früheren Geschäftsjahren angefallen sind. Entscheidend ist, daß die Umsatzerlöse, denen diese Kosten zurechenbar sind, im Geschäftsjahr erzielt wurden. Nach § 255 Abs. 2 Satz 4 H G B können Kosten der allgemeinen Verwaltung in die Herstellungskosten einbezogen werden. Die Tatsache des Vorhandenseins eines eigenen Postens „allgemeine Verwaltungskosten" in der Gliederung nach dem Umsatzkostenverfahren läßt die Frage aufkommen, ob diese Zuordnung Auswirkungen auf die Interpretation der Herstellungskostendefinition hat. Unter dem Posten Nr. 5 sind u.E. einerseits nur die allgemeinen Verwaltungskosten auszuweisen, die nicht in die Herstellungskosten eingerechnet sind, andererseits aber auch alle Verwaltungskosten, die nicht einrechenbar sind. Der Begriff Herstellungskosten i.S. des § 275 Abs. 3 H G B ist u.E. weit auszulegen und nicht deckungsgleich mit dem des § 255 Abs. 2 HGB. Zu den Herstellungskosten gehören auch die Einstandskosten weiterverkaufter Waren. Diese Kosten werden im Gesetz zwar nicht ausdrücklich erwähnt, doch können sie z.B. bei Handelsunternehmen an dieser Stelle dominierend sein (vgl. Biener79,99). Als Herstellungskosten unter dem Posten Nr. 2 sind u.E. demnach auszuweisen : Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

(1) In der Abschlußperiode veräußerte,zu Beginn des G e s c h ä f t s j a h r e s v o r h a n dene — fertige E r z e u g n i s s e und fertige Leistungen, bewertet mit den Bilanzansätzen des letzten J a h r e s a b s c h l u s s e s , — in der Zwischenzeit fertiggestellte unfertige E r z e u g n i s s e und unfertige Leistungen, bewertet mit den Bilanzansätzen des letzten J a h r e s a b schlusses, z u z ü g l i c h der im laufenden G e s c h ä f t s j a h r angefallenen H e r stellungskosten (einschließlich der aktivierten allgemeinen V e r w a l tungskosten), (2) in der Abschlußperiode p r o d u z i e r t e E r z e u g n i s s e und erbrachte Leistungen, bewertet mit den H e r s t e l l u n g s k o s t e n (einschließlich der aktivierten allgemeinen V e r w a l t u n g s k o s t e n ) . Bei einer B e w e r t u n g auf Basis v o n V o l l k o s t e n (vgl. R d n . 215 f) führt dies z u m Ausweis der vollen H e r s t e l l u n g s k o s t e n der v e r k a u f t e n P r o d u k t e und Leistungen unter dem Posten N r . 2, w ä h r e n d die entsprechenden K o s t e n f ü r noch nicht v e r k a u f t e P r o d u k t e und Leistungen aktiviert werden. W e r d e n nicht sämtliche Herstellungskosten aktiviert ( T e i l k o s t e n a n s a t z ) , sollten die nicht aktivierten Teile u.E. in dem Posten „ s o n s t i g e betriebliche A u f w e n d u n g e n " (§ 275 A b s . 3 N r . 5 H G B ) ausgewiesen werden. 840

D i e U b e r l e i t u n g der A u f w e n d u n g e n der z u r E r z i e l u n g der U m s a t z e r l ö s e erbrachten Leistungen aus den A u f w e n d u n g e n nach d e m G e s a m t k o s t e n v e r f a h ren ist in d e m f o l g e n d e n S c h e m a (grob vereinfachendend) sowie im nachfolg e n d e n Beispiel dargestellt, die zugleich den Z u s a m m e n h a n g zwischen G e samtkosten- und U m s a t z k o s t e n v e r f a h r e n deutlich m a c h e n :

Schema: Aufwendungen der Periode nach Gesamtkostenverfahren Materialaufwand (§ 275 Abs. 2 Nr. 5 HGB), soweit angemessen (§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB) 4- Personalaufwand (§ 275 Abs. 2 Nr. 6 HGB), soweit nicht „allgemeine Verwaltungskosten" (§ 255 Abs. 2 Satz 4 HGB) oder „Vertriebskosten" (§ 255 Abs. 2 letzter Satz HGB), die im Umsatzkostenverfahren jeweils gesondert ausgewiesen werden. + Abschreibungen (§ 275 Abs. 2 Nr. 7 HGB), soweit durch die Fertigung veranlaßt (§ 255 Abs. 2 Satz 3 H G B ) einschl. außerplanmäßiger Abschreibungen (wegen eines gesonderten Ausweises vgl. Rdn. 800 f) + sonstige betriebliche Aufwendungen (§ 275 Abs. 2 Nr. 8 HGB), soweit Herstellungskosten der Periode + Bestandsverminderung (bewertet zum Bilanzansatz des letzten Geschäftsjahres) ./. aktivierte Herstellungskosten der Bestandserhöhung und der anderen aktivierten Eigenleistungen; = 938

Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen. Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

1> ffl Niehus/Scholz

939

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

Dieses Beispiel zeigt, daß die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren i.d.R. nicht allein aus den Zahlen der Finanzbuchhaltung entwickelt werden kann, sondern daß eine Kostenstellenrechnung erforderlich ist, in der die nach dem Gesamtkostenverfahren erfaßten Aufwandsarten auf die Kostenbereiche (Herstellung, Vertrieb, allgemeine Verwaltung) verteilt werden. 841

c) Bruttoergebnis vom Umsatz. Das Bruttoergebnis ergibt sich aus der Differenz zwischen den Umsatzerlösen (§ 275 Abs. 3 Nr. 1 H G B ; vgl. Rdn. 770 ff) und den Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen (§ 275 Abs. 3 Nr. 2 H G B ; vgl. Rdn. 839 ff). Die Kennzeichnung „Brutto" deutet u.a. darauf hin, daß der auf dieses Ergebnis entfallende Steueraufwand noch nicht abgezogen ist. Betriebswirtschaftlich wird dieser Größe im Rahmen von Analysen Bedeutung beigemessen; als Kennzahl kann sie gewisse Informationen über die Produktivität eines Unternehmens vermitteln.

842

d) Vertriebskosten. Die Vertriebskosten stellen einen weiteren Posten der nach Funktionsbereichen eines Unternehmens gegliederten Erfolgsrechnung dar. Daneben werden die Herstellungskosten (vgl. Rdn. 839 ff) und die allgemeinen Verwaltungskosten (vgl. Rdn. 840 ff) ausgewiesen. Vertriebskosten sind solche Kosten, die durch den Absatz eines bereits hergestellten Erzeugnisses verursacht sind. Hierzu gehören die Vertriebseinzel-, die Vertriebsgemeinkosten und die Sondereinzelkosten des Vertriebs (vgl. zu den Einzel- und Gemeinkosten vgl. Rdn. 218 f). Da auch Sondereinzelkosten des Vertriebs Vertriebskosten sind, dürfen diese gem. 5 255 Abs. 2 letzter Satz H G B nicht mehr in die Herstellungskosten einbezogen werden. Nach der alten Rechtslage war deren Aktivierung deshalb angemessen, da § 153 Abs. 2 AktG 1965 der Aktivierung dieser Kosten nicht entgegenstand. In § 153 Abs. 2 Satz 2 AktG 1965 war nur festgelegt, daß Vertriebskosten nicht als Betriebs- und Verwaltungskosten gelten, die im angemessenen Umfang in die Herstellungskosten einbezogen werden durften. Die Bestimmung des § 153 Abs. 2 AktG 1965 enthielt keine Definition der Herstellungskosten, sondern regelte nur die Einbeziehung und die Abgrenzung bestimmter Kostenarten. Somit stand dem nichts entgegen, Sondereinzelkosten des Vertriebs in die Herstellungskosten aufgrund allgemeiner Erwägungen einzubeziehen. Die Vorschrift im § 255 Abs. 2 H G B zu den Herstellungskosten läßt diese Bilanzierung nicht zu. Unter den Posten „Vertriebskosten" fallen u.a. Personalaufwendungen, sofern diese Arbeitnehmer in der Absatzorganisation des Unternehmens tätig sind, und Abschreibungen (wegen eines evtl. notwendigen gesonderten Ausweises vgl. Rdn. 800, 801), soweit die Vermögensgegenstände im Vertriebsbereich eingesetzt sind. Sondereinzelkosten des Vertriebs sind z.B. Zahlungen, die ein Unternehmen pro verkaufte Einheit an einen Dritten leisten muß. 940

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

e) Allgemeine Verwaltungskosten. Die allgemeinen Verwaltungskosten 8 4 3 sind der dritte Kostenbereich einer nach Funktionsbereichen gegliederten Ertragsrechnung, der gesondert zu zeigen ist. Hierunter sind die Kosten zu erfassen, die durch die Verwaltung des Unternehmens anfallen und nicht dem Fertigungsbereich oder dem Vertriebsbereich zugeordnet werden können. Es dürfen z.B. nicht die Verwaltungskosten diesem Posten zugeschlagen werden, die gem. § 255 Abs. 2 Satz 4 H G B als Herstellungskosten aktivierbar sind. Können die aktivierbaren umsatzbezogenen Verwaltungskosten nach den Verhältnissen des einzelnen Unternehmens aus tatsächlichen Gründen nicht ermittelt werden, so sind auch die nicht zurechenbaren allgemeinen Verwaltungskosten in vollem Umfange unter dem Posten § 275 Abs. 3 Nr. 5 H G B zu erfassen und auszuweisen. Wegen weiterer Einzelheiten vgl. Rdn. 226. Problematisch kann die Abgrenzung zum Posten Nr. 7 „sonstige betriebliche Aufwendungen" (§ 275 Abs. 3 Nr. 7 HGB) werden, da dieser Posten alle nicht unter anderen Posten auszuweisenden betrieblichen Aufwendungen sammeln soll. Im Zweifel ist dem Ausweis unter diesem Posten der Vorrang zu geben. Hierin enthaltene außerplanmäßige Abschreibungen bedürfen eines gesonderten Ausweises (vgl. Rdn. 800, 801). f) Sonstige betriebliche Erträge. Der Posten Nr. 6 „sonstige betriebliche 8 4 4 Erträge" (§ 275 Abs. 3 Nr. 6 HGB) stimmt im wesentlichen mit dem gleichnamigen Posten des Gesamtkostenverfahrens (§275 Abs. 2 Nr. 4 H G B ; vgl. Rdn. 783 ff) überein. Für Eigenleistungen einer Gesellschaft, die als Anlagevermögen aktiviert sind, ist ein entsprechender Gegenposten hier (im Posten Nr. 6) einzustellen, soweit die entsprechenden Aufwendungen in der Gewinn· und Verlustrechnung ausgewiesen werden. Auch Fremdkapitalzinsen und betriebliche Steuern, die in die Herstellungskosten eines aktivierten Vermögensgegenstandes eingerechnet wurden, sind unter diesem Posten auszuweisen. g) Sonstige betriebliche Aufwendungen. Gegenüber dem Gesamtkosten- 8 4 5 verfahren sind die sonstigen betrieblichen Aufwendungen (§ 275 Abs. 3 Nr. 7 HGB) wesentlich enger gefaßt. In diesen Posten sind nur solche Aufwendungen aufzunehmen, die nicht unter den Posten Herstellungs-, Vertriebs- und allgemeine Verwaltungskosten und nicht als Finanzaufwendungen (Posten 11 und 12), außerordentliche Aufwendungen oder Steuern (Posten 17 und 18) ausgewiesen werden müssen. Mit dieser Maßgabe ist auch ein Teil der aperiodischen Aufwendungen hier auszuweisen. Abschreibungen und Verluste aus Anlagenabgängen sind ebenfalls hier auszuweisen, wenn sie den Funktionsbereichen nicht zugeordnet werden können, wie auch die nicht aktivierbaren Aufwendungen für Grundlagenforschung. Werden Vorräte (vgl. Rdn. 462) und andere aktivierte Eigenleistungen (vgl. Rdn. 780 ff) mit Teilkosten in Höhe der Einzelkosten als Bewertungsuntergrenze der Erzeugnisse (vgl. Niehus/Scholz

941

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

R d n . 280) b e w e r t e t , so sind die „ s o n s t i g e n betrieblichen A u f w e n d u n g e n " das A u f f a n g b e c k e n s ä m t l i c h e r G e m e i n k o s t e n d e r H e r s t e l l u n g . A u c h die sog. U n t e r b e s c h ä f t i g u n g s k o s t e n sind hier a u s z u w e i s e n , d.h., die S t ü c k k o s t e n d i f f e r e n z , die sich bei d e r K o s t e n e r m i t t l u n g auf Basis n o r m a l e r u n d auf Basis g e r i n g e r e r K a p a z i t ä t s a u s l a s t u n g ergibt. N a c h d e r G e s e t z e s b e g r ü n d u n g (vgl. A u s s c h u ß b e r i c h t , 108), die v o n idealt y p i s c h e n V o r s t e l l u n g e n a u s g e h t , h a b e n U n t e r n e h m e n , die V o r r ä t e u n d E i g e n l e i s t u n g e n mit V o l l k o s t e n aktivieren, keine A u f w e n d u n g e n . Sie b r a u c h e n ggf. d e n P o s t e n „ s o n s t i g e betriebliche A u f w e n d u n g e n " nicht a u f z u f ü h ren. S o w e i t N e b e n l e i s t u n g e n d e r G e s e l l s c h a f t n i c h t „ U m s a t z e r l ö s e " (§ 275 Abs. 3 N r . 1 H G B ) , s o n d e r n „ s o n s t i g e betriebliche E r t r ä g e " (§ 275 Abs. 3 N r . 6 H G B ) sind, ist d e r e n t s p r e c h e n d e A u f w a n d ( M a t e r i a l - , P e r s o n a l - u n d sonstiger A u f w a n d ) hier a u s z u w e i s e n . A u c h E i n s t e l l u n g e n in d e n S o n d e r p o sten mit R ü c k l a g e a n t e i l sind ggf. hier g e s o n d e r t a u s z u w e i s e n ( § 2 8 1 Abs. 2 S a t z 2 H G B ) . E b e n s o sind in diesem P o s t e n e n t h a l t e n e a u ß e r p l a n m ä ß i g e A b s c h r e i b u n g e n g e s o n d e r t a u s z u w e i s e n o d e r im A n h a n g a n z u g e b e n (vgl. R d n .

800,801).

VIII. Materieller und formeller Inhalt des Anhangs (§§ 2 8 4 - 2 8 8

HGB)

1. Grundlagen 846

a) Bedeutung. G e m ä ß § 264 Abs. 1 S a t z 1 H G B h a b e n K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n , w o z u a u c h die G m b H g e h ö r t , d e n J a h r e s a b s c h l u ß u m einen A n h a n g z u e r w e i t e r n , d e r mit d e r Bilanz u n d d e r G e w i n n - u n d V e r l u s t r e c h n u n g eine E i n h e i t bildet. D e r A n h a n g stellt also k e i n e n u n t e r g e o r d n e t e n Bestandteil des J a h r e s a b s c h l u s s e s d a r , s o n d e r n h a t g l e i c h g e w i c h t i g (vgl. Forster D B 82, 1577) n e b e n d e r Bilanz u n d d e r E r f o l g s r e c h n u n g z u r E r f ü l l u n g d e r d e m J a h r e s a b s c h l u ß z u g e w i e s e n e n A u f g a b e b e i z u t r a g e n : u n t e r B e a c h t u n g d e r G o B ein d e n t a t s ä c h l i c h e n V e r h ä l t n i s s e n e n t s p r e c h e n d e s Bild d e r V e r m ö g e n s - , F i n a n z u n d E r t r a g s l a g e d e r K a p i t a l g e s e l l s c h a f t z u vermitteln (§ 2 6 4 Abs. 2 S a t z 1 H G B , vgl. R d n . 108 f f ) u n d bei b e s o n d e r e n U m s t ä n d e n , bei d e n e n d e r J a h r e s a b s c h l u ß t r o t z A n w e n d u n g d e r G o B ein d e n t a t s ä c h l i c h e n V e r h ä l t n i s s e n e n t s p r e c h e n d e s Bild im Sinne des S a t z e s 1 n i c h t vermittelt, d u r c h z u s ä t z l i c h e A n g a b e n a u f z u h e l l e n u n d a u f z u k l ä r e n . D e r A n h a n g d i e n t also nicht n u r d e r S c h ä r f u n g w i e d e r g e g e b e n e r „ B i l d e l e m e n t e " , s o n d e r n m u ß ggf. neue „B>klelemente" schaffen ($ 264 Abs. 2 S a z 2 H G B ; vgl. a u c h R d n . 124 f f ) . E r soll also die A n g a b e n a u f n e h m e n , die b s p w . n i c h t b i l a n z i e r t w e r d e n k ö n n e n (vom H a n d e l s r e c h t a b w e i c h e n d e W e r t a n s ä t z e w e g e n des M a ß g e b l i c h k e i t s p r i n z i p s , vgl. R d n . 279 f f ) o d e r n i c h t b i l a n z i e r t w e r d e n d ü r f e n (z.B. L e a s i n g g e g e n s t ä n d e , weil sonst ein V e r s t o ß g e g e n die G o B v o r l ä g e ) . D e r A n h a n g e r f ü l l t also die

942

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

H G B § § 238-335

Funktion eines Auffangbeckens für solche Angaben, die in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung nicht erscheinen können oder dürfen, die andererseits aber notwendig sind, einen „true and fair view" herzustellen. Der Zweck des Anhangs besteht also darin, durch Ergänzung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ein besseres Verständnis dieser Rechnungslegungsinstrumente herbeizuführen (vgl. Selchert/Karsten BB 85, 1889; Forster DB 82, 1578). Der Anhang ist für die EG-Harmonisierung ein ganz wichtiges Instrument, denn immer dann, wenn z.B. offene Fragestellungen zur Bilanzierung und Bewertung zunächst ungeklärt blieben, wurde eine Einigung herbeigeführt über die Einräumung von Optionen, aber mit Angabepflicht im Anhang. Generell kann festgestellt werden, daß durch die Angabepflichten im Anhang dem Bilanzanalytiker wertvolle zusätzliche Informationen gegeben werden (vgl. Krumnow ZfbF 85,785). b) Gesetzliche Grundlagen. Seine gesetzlichen Grundlagen findet der An- 847 hang nicht nur im § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB, sondern in vielen Einzelvorschriften des HGB (vgl. Rdn. 861 ff), namentlich in den §§ 2 8 4 - 2 8 6 HGB, die weitgehend den Inhalt des Anhangs festlegen. Bestimmungen mit derart allgemeinen, z.T. weitreichenden Auswirkungen auf Inhalt und Umfang des Jahresabschlusses fehlten bisher im deutschen Bilanzrecht, auch wenn nicht zu verkennen ist, daß bei publizitätspflichtigen Gesellschaften (z.B. Aktiengesellschaften, Gesellschaften, die nach dem PublG rechnungslegungspflichtig sind) der Geschäftsbericht nach § 160 Abs. 2 AktG 1965 schon weitgehend die Aufgabe erfüllte, die nunmehr dem Anhang zukommt. Er ist ohne Ausnahme von den Geschäftsführern aller Gesellschaften mit beschränkter Haftung aufzustellen. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestumfang des Anhangs wird häufig 848 von der Größe der Kapitalgesellschaft abhängen. Die großen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 80) haben die größte Anzahl von Angaben im Anhang zu machen; mittelgroße Gesellschaften (vgl. Rdn. 79) haben weniger Angabepflichten zu erfüllen als die großen Gesellschaften. Kleinen Gesellschaften (vgl. Rdn. 78) obliegen die geringsten Angabepflichten (vgl. § 288 HGB). Gem. § 284 Abs. 1 H G B sind von allen Gesellschaften mit beschränkter 849 Haftung im Anhang sämtliche Angaben aufzunehmen (generelle Pflichtangaben), die — zu den einzelnen Posten der Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnung vorgeschrieben sind (vgl. Rdn. 862), oder — auch im Anhang statt in der Bilanz oder in der Erfolgsrechnung gemacht werden dürfen (vgl. Rdn. 863). Niehus/Scholz

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HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

Hierin ist ein Verweis des Gesetzgebers, insbesondere auf in anderen Bestimmungen des H G B und des GmbH-Gesetzes niedergelegte Angabepflichten, zu sehen. 850

Gemäß § 284 Abs. 2 H G B sind von sämtlichen Gesellschaften im Anhang gesondert Pflichtangaben über die — angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (vgl. Rdn. 864 ff )' — Abweichungen von diesen Methoden (vgl. Rdn. 870 f), — Grundlagen für die Umrechnung von Fremdwährungsposten (vgl. Rdn. 869), — Unterschiedsbeträge aus der Bewertung gemäß §§ 240, 256 Satz 1 H G B zur Bewertung zum letzten bekannten Börsen- und Marktpreis (vgl. Rdn. 872), — Einbeziehung von Zinsen für Fremdkapital in die Herstellungskosten (vgl. Rdn. 873) zu machen. Diese Angaben haben unbeschadet weitergehender gesetzlicher Vorschriften immer im Anhang, nie in der Bilanz oder Erfolgsrechnung zu erfolgen.

851

Gem. § 285 H G B sind folgende sonstige Pflichtangaben zu machen: — zum Gesamtbetrag der gesicherten Verbindlichkeiten und solcher mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren (vgl. Rdn. 875 ff), — zu den sonstigen nicht offengelegten finanziellen Verpflichtungen (vgl. Rdn. 878 ff), — zur Aufgliederung der Umsatzerlöse (vgl. Rdn. 883 ff), — zur Beeinflussung des Jahresergebnisses durch steuerliche Maßnahmen (vgl. Rdn. 887 ff), — zum Steuerumfang aus gewöhnlicher und außerordentlicher Tätigkeit (vgl. Rdn. 892), — zur Arbeitnehmerzahl (vgl. Rdn. 893 ff), — zum Material- und Personalaufwand bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens (vgl. Rdn. 897), — zu den Aufwendungen für die Mitglieder der Organe (vgl. Rdn. 898 ff) sowie die Namen dieser Mitglieder (vgl. Rdn. 909 f), — zu Beteiligungen (vgl. Rdn. 911 ff), — zu den nicht gesondert ausgewiesenen Rückstellungen (vgl. Rdn. 914), — zur neugeschaffenen Möglichkeit der planmäßigen Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts (vgl. Rdn. 915), — zu den Mutterunternehmen, die den Konzernabschluß für den größten bzw. kleinsten Kreis von Unternehmen aufstellen und zu dem Ort der Erhältlichkeit dieser Abschlüsse (vgl. Rdn. 916). 944

Niehus/Scholz

C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Dieser Katalog zusätzlicher Angaben geht auf Art. 43 Abs. 1 der 4. EG-Richtlinie zurück und in einigen Fällen über die Angaben hinaus, die bisher von Aktiengesellschaften nach § 160 Abs. 3 AktG 1965 gefordert wurden. Erleichterungen zur Berichtspflicht für mittelgroße und kleine Gesellschaften sind in § 288 H G B kodifiziert (vgl. Rdn. 924). Mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79) brauchen die Umsatzerlöse 852 (vgl. Rdn. 770 ff) nicht aufzugliedern (§ 288 Satz 2 HGB). Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) brauchen zudem nicht zu erläutern (§ 288 Satz 1 HGB): — die Aufgliederung der Verbindlichkeiten (vgl. Rdn. 877), — ggf. den Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen (vgl. Rdn. 878 ff), — die Beeinflussung des Ergebnisses durch steuerliche Maßnahmen (vgl. Rdn. 887 ff), — die Arbeitnehmerzahl (vgl. Rdn. 893 ff), — den Materialaufwand (vgl. Rdn. 897), — die Bezüge der Organe (vgl. Rdn. 898), und — die nicht gesondert ausgewiesenen Rückstellungen (vgl. Rdn. 559) Der Anhang darf ergänzt werden durch nichtgesetzlich geregelte freiwillige 853 Angaben. Der Umfang dieser Angaben steht im Ermessen der Kapitalgesellschaft, denn nach den Erläuterungen zum Reg.-Entw. vom 1.8.85, S. 10, 50 f erscheint eine Begrenzung des Anhangs auf bestimmte Angaben nicht erforderlich (vgl. auch Göllert/Ringling BB 85, 1828). Im deutschen Bilanzrecht sind derartige Berichterstattungspflichten grund- 854 sätzlich nicht neu. Ihren Rechtsvorgänger haben sie im § 160 AktG 1965; unmittelbar gehen sie auf Art. 43 ff der 4. EG-Richtlinie zurück. Ebenfalls nicht neu in den Rechnungslegungsvorschriften ist das Arbeiten mit einer Schutzklausel. Bei der Berichterstattung im Anhang kann/ist diese Klausel insoweit angewendet werden/anzuwenden, als es f ü r das Wohl der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder erforderlich ist (§ 286 Abs. 1 HGB, vgl. Rdn. 917 ff). 2. Formelle Anforderungen. Das H G B enthält keine spezifisch formellen 855 Vorschriften, die den Anhang betreffen. Da der Anhang neben der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung gleichgewichtiger Bestandteil des Jahresabschlusses ist (§ 264 Abs. 1 Satz 1 HGB), gelten die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (vgl. hierzu Rdn. 104 ff) auch für den Anhang. Der Anhang muß also klar und übersichtlich sein (vgl. hierzu Rdn. 132 ff). Diese Forderung erzwingt konkrete AngaNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

ben im Anhang, so daß lediglich eine Bezugnahme auf gesetzliche Vorschriften, wie z.B. „Der Unterschiedsbetrag gem. § 160 Abs. 2 Satz 5 AktG 1965 beläuft sich auf D M " i.d.R. nicht ausreichen dürfte (vgl. Forster DB 82, 1632). Gemäß § 244 H G B muß auch der Anhang in deutscher Sprache und in Deutscher Mark aufgestellt werden. Da die GoB gelten, muß der Anhang auch dem Vollständigkeitsgebot entsprechen. Der Anhang ist also so zu gestalten, daß die Gesellschafter ihre Entscheidung treffen können (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 160, 6). 856

Da eine bis ins einzelne gehende Berichterstattung praktisch nicht durchführbar ist, haben die Geschäftsführer den Umfang der Berichterstattung unter Beachtung der vorstehenden Kriterien nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen. Dabei ist ihnen ein gewisser Entscheidungsspielraum einzuräumen, innerhalb dessen sie den Umfang und die Tiefe der Berichterstattung bestimmen dürfen. Zusätzliche, nicht gesetzlich vorgeschriebene Angaben sind zulässig (vgl. Rdn. 853). Die Weite des Spielraums darf primär jedoch nicht von Kostengesichtspunkten (Druckkosten, Kosten der Bekanntmachung etc.) bestimmt werden.

857

Zu fordern ist ein strukturierter Aufbau des Anhangs (vgl. Forster DB 82, 1632; Bolin/Haeger/Zündorf BB 84, 509), wobei die Reihenfolge der im Anhang zu machenden Angaben, wie in den §§ 284 und 285 HGB, grundsätzlich im Interesse der Klarheit und Übersichtlichkeit erfolgen sollte (vgl. Selchertl Karsten BB 85, 1891). Daneben muß aber auch jede davon abweichende sachgerechte, logische Gliederung des Anhangs möglich sein, z.B. die Zusammenfassung aller die Belegschaft eines Unternehmens betreffenden Angaben zu einem sogenannten Sozialbericht (vgl. Rdn. 934). Grundsätzlich sollte es so sein, daß Zusammengehöriges auch tatsächlich zusammenhängend erläutert oder angegeben wird (vgl. aaO).

858

Da über die Reihenfolge der zu machenden Angaben das Gesetz keine verbindlichen Anweisungen enthält, können die in den §§ 284 und 285 H G B niedergelegten Angabepflichten also auch in anderer Reihenfolge erfüllt werden. Dies ergibt sich letztlich daraus, daß in §§ 284 und 285 H G B im Gegensatz zu §§ 266 Abs.l und 275 Abs. 1 H G B eine ausdrückliche Bestimmung zur Einhaltung einer bestimmten Reihenfolge fehlt. Dieser Freiraum ermöglicht z.B., über die Reihenfolge nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden. Als zweckmäßig kann sich eine Erläuterung in der Reihenfolge der Bilanzposten erweisen. Der Entscheidungsspielraum wird allerdings begrenzt durch die GoB und die Generalklausel gem. 5 264 Abs. 2 H G B (vgl. Rdn. 124).

859

Mangels Konkretisierung durch die GoB besteht für die äußere Gestalt des Anhangs, seinen formellen Aufbau und seinen Umfang erhebliche Gestaltungsfreiheit, jedoch wird auch ohne ausdrückliche gesetzliche Vorschrift für 946

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

den Anhang die Verwirklichung des Grundsatzes der formellen Kontinuität gefordert werden können. Zur äußeren Gestalt und Aufmachung des Anhangs wird nicht gefordert werden können, daß er geschlossen als ein „Block" in den Jahresabschluß einbezogen wird, z.B. der Bilanz und der Erfolgsrechnung nachfolgend. Es muß auch zulässig sein, die Teile des Anhangs, die sich ausschließlich auf die Bilanz oder die Erfolgsrechnung beziehen, dort anzusiedeln, z.B. als Fußnoten (vgl. aaO), darüber hinaus müßten auch Angaben, die die gesamten Verhältnisse der bilanzierenden Gesellschaft betreffen, dem Jahresabschluß als ganzes vorgestellt werden können, so daß die Bilanz und die Erfolgsrechnung in den Anhang eingebettet werden. Hinsichtlich der äußeren Aufmachung wird man auch nicht fordern können, wie in der Praxis bei Gesellschaften, die ihren Jahresabschluß einem größeren Kreis von Personen zur Verfügung stellen, üblich, daß dieser in gedruckter Form vorliegt. Von kleineren Gesellschaften wird man nur die Vorlage einer sauberen, gut lesbaren Ausfertigung des Anhangs fordern können. Langatmigkeit des Anhangs muß zulässig sein, wenn nicht gerade Desinformation beabsichtigt ist (vgl. Forster DB 82, 1632). Für alle Erläuterungspflichten gilt, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, das Prinzip der Wesentlichkeit (vgl. Schult FR 81, 237). Die Ausgestaltung von Teilen des Jahresabschlusses mit grafischen Darstellungen und zahlreichen Farbfotos ist zulässig. Sie ging in Deutschland mit einer allgemein festzustellenden größeren Publizitätsfreudigkeit der Gesellschaften einher. 3. Materielle Anforderungen. Grundsätzlich ist festzustellen, daß die Er- 8 6 0 läuterungen der Bilanz sowie der Erfolgsrechnung nur dann dem mit ihnen verfolgten Zweck gerecht werden, wenn sie zusammen mit den übrigen Bestandteilen des Jahresabschlusses die Norm des § 264 Abs. 2 H G B erfüllen. Dabei reicht es nicht aus, wenn sich die Erläuterungen auf eine den GoB entsprechende Bilanzierung und Bewertung beschränken, vielmehr sind Erläuterungen gerade dann gefordert, wenn trotz einer den GoB entsprechenden Bilanzierung durch den Jahresabschluß kein getreues Abbild des Unternehmens erreicht wird (vgl. oben, Rdn. 108 ff, 846). Die Erläuterungen dienen also nicht nur der Schärfung wiedergegebener „Bildelemente", sondern können und müssen ggf. neue „Bildelemente" schaffen. In den Einzelvorschriften wird zwischen Angaben, Aufgliederungen, Darstellungen, Erläuterungen und Begründungen unterschieden. Die Begriffe können mit folgenden Inhalten belegt werden (Selcbert/Karsten BB 85, 1890): Angabe: Bloße Nennung ohne weitere Zusätze; je nach dem anzugebenden Gegenstand muß diese Nennung quantitativ oder verbal erfolgen. Aufgliederung: Segmentierung einer Größe in einzelne Komponenten, so Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

daß deren Zusammensetzung ersichtlich wird; die Aufgliederung erfolgt quantitativ. Erläuterung: Kommentierung und Interpretation, so daß Inhalt und/oder Zustandekommen und/oder Verursachung ersichtlich werden; die Erläuterung erfolgt verbal. Darstellung: Angabe, verbunden mit einer Aufgliederung und Erläuterung; je nach dem darzustellenden Gegenstand erfolgt die Darstellung quantitativ und/oder verbal. Begründung: Offenlegung der Überlegungen und Argumente, die kausal für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen sind und dessen Nachvollziehbarkeit ermöglichen; die Begründung erfolgt verbal. Eine Durchsicht von Geschäftsberichten, die nach dem AktG 1965 aufzustellen waren, zeigte, daß die Erläuterungspflichten sehr unterschiedlich gehandhabt wurden, z.T. wurde oft viel Raum auf selbstverständliche oder nichtssagende Wendungen verwandt. Eine solche Handhabung im Anhang verfehlt das Ziel der Erläuterungspflicht und damit eines der wichtigsten Anliegen des H G B (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 160, 28 m.w.N.). Die Erläuterungspflicht kann nach Inkrafttreten des BiRiLiG nicht mehr durch Verweise auf Vorjahresabschlüsse begrenzt werden, wie dies z.B. § 160 Abs. 2 Satz 1 2. Hs. AktG 1965 vorsah. Die Vorschriften des H G B erzwingen vielmehr, daß die geforderten Erläuterungen in jedem Jahr neu zu machen sind. Dies war bisher schon Praxis und überwiegende Meinung (vgl. Adler/ Düring/Schmaltz § 160, 6). 4. Pflichtangaben gem. § 284 HGB 861

a) Verweis auf weitere Angabepflichten. Absatz 1 des § 284 H G B hat nur deklaratorische Bedeutung. Er enthält keine selbständigen Angabepflichten, sondern verweist nur auf andere Vorschriften, aus denen sich Angabepflichten ergeben. Diese Angabepflichten können sich aus den §§ 264 bis 283 HGB, aber auch aus anderen Gesetzen, wie z.B. dem GmbH-Gesetz, ergeben (§ 29 Abs. 4 Satz 2) und lassen sich in zwei Kategorien einteilen.

862

In die erste Kategorie fallen nur solche Angabepflichten, die notwendigerweise im Anhang gemacht werden müssen; hierzu gehören z.B.: § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB, wenn der Jahresabschluß trotz Anwendung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild nicht vermittelt (vgl. Rdn. 124 ff), § 265 Abs. 1 Satz 2 HGB, wenn wegen besonderer Umstände die Ausweisstetigkeit in der Bilanz oder Erfolgsrechnung durchbrochen wurde (vgl. Rdn. 370), § 265 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HGB, wenn die Vorjahressalden der Bilanz und 948

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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der Erfolgsrechnung nicht mit den Zahlen des laufenden Geschäftsjahres vergleichbar sind oder jene angepaßt wurden (vgl. Rdn. 371), § 265 Abs. 4 Satz 2 HGB, wenn in der Bilanz oder der Erfolgsrechnung geschäftszweigbedingte Gliederungsergänzungen vorgenommen worden sind (vgl. Rdn. 374), § 265 Abs. 7 2. Hs. HGB, wenn in der Bilanz oder der Erfolgsrechnung aus Gründen der Klarheit Posten zusammengefaßt wurden (vgl. Rdn. 378), Art. 24 Abs. 6 Satz 3 EinfGHGB, wenn die Buchwerte anstatt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei der Darstellung der Entwicklung des Anlagevermögens fortgeführt wurden (vgl. Rdn. 444), Art. 28 Abs. 2 EinfGHGB, wenn die Passivierung von laufenden Pensionsrückstellungen unterblieben ist (vgl. Rdn. 571). Mit § 284 Abs. 1 H G B wird auf Vorschriften verwiesen, die dem Bilanzie- 8 6 3 renden eine Angabe im Anhang nur für den Fall vorschreiben, daß diese nicht bereits in der Bilanz oder in der Gewinn- und Verlustrechnung aufgenommen worden sind (zweite Kategorie): der Ausweis der Anlagenentwicklung (vgl. Rdn. 442), die Angabe der außerplanmäßigen Abschreibungen auf das Anlagevermögen (vgl. Rdn. 662), der Ausweis der Abschreibungen des Geschäftsjahres zu den einzelnen Posten (vgl. Rdn. 459), der Mitzugehörigkeitsvermerk zu anderen Bilanzposten (vgl. Rdn. 373), der Ausweis des Betrages der Abschreibungen auf das Umlaufvermögen zur Vermeidung künftiger Abschreibungen aufgrund von Wertschwankungen (vgl. Rdn. 692 ff), Angabe der Vorschriften zum Sonderposten mit Rücklageanteil (vgl. Rdn. 548 ff), der Ausweis des Betrages von aus steuerlichen Gründen vorgenommenen Wertberichtigungen (vgl. Rdn. 548 ff), und der Ausweis des Disagios, sofern dieses aktiviert worden ist (vgl. Rdn. 710 ff). Eine nahezu vollständige Übersicht aller denkbaren Angabepflichten der G m b H findet sich in der Zusammenstellung der Anhangsangaben in Rdn. 1485. b) Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Nach dem Gesetzeswortlaut 8 6 4 sollen zwar nur die „Methoden" angegeben werden, gleichwohl wird man darin die Anordnung einer Erläuterungspflicht der „Methoden" sehen müssen, da die Gesetzesüberschrift, die diese Angabepflicht enthält, von „Erläuterung der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung" spricht (vgl. auch Niehus/Scholz

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Ausschußbericht, 110). Die Pflicht zur Erläuterung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, die vor allem auch auf die Ausübung von Bilanzierungsund Bewertungswahlrechten abzustellen sein wird, ist also nunmehr in § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB niedergelegt. Diese Bestimmung geht auf die allgemeinen Vorschriften in Art. 43 Abs. 1 Ziff. 1 der 4. EG-Richtlinie zurück und deckt sich weitgehend mit den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen in § 160 Abs. 2 AktG 1965, die auf die Bewertungs- und Abschreibungsmethoden abheben. Die Abschreibungsmethoden werden in § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB zwar nicht mehr ausdrücklich erwähnt, sie können jedoch als Unterfall einer Bewertungsmethode angesehen werden, da die Abschreibung den geschätzten Wertverlust eines Vermögensgegenstandes erfaßt. Uber Umfang, Form und Reihenfolge der Erläuterungen vgl. Rdn. 855 ff. 865 Zum Anlagevermögen beziehen sich die Angaben auf die den angesetzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vgl. Rdn. 195 ff; 211 ff) zugrundeliegende Methode und die angewandten Abschreibungsmethoden (vgl. Rdn. 662 ff). Bei den Anschaffungskosten ist z.B. zu erläutern, ob Fremdfinanzierungskosten aktiviert, bei den Herstellungskosten z.B., ob und in welchem Umfange Abnutzungen und sonstige Wertminderungen sowie Betriebs- und Verwaltungskosten (vgl. IDW-NA 1/67, WPg. 67, 129 f) einbezogen worden sind. Als Abschreibungsmethoden kommen in Betracht: lineare (vgl Rdn. 650), degressive (geometrisch oder arithmetisch, ggf. mit planmäßigem späteren Ubergang auf die lineare Abschreibung, vgl. Rdn. 651 ff), und progressive (vgl. Rdn. 654) Abschreibungen sowie die Abschreibung nach der Inanspruchnahme oder — bei Gewinnungsbetrieben — nach der Ausbeute. Bei Zugrundelegung der jeweils steuerlichen Höchstsätze kann hierauf Bezug genommen werden. Zur Frage, inwieweit gesondert über plan- und außerplanmäßige Abschreibungen zu berichten ist und inwieweit es sich bei steuerlichen Sonderabschreibungen um plan- oder außerplanmäßige Abschreibungen handelt, vgl. Rdn. 661. Geringwertige Anlagegüter, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, können nach § 6 Abs. 2 EStG im Jahr der Anschaffung oder Herstellung voll abgeschrieben werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um vom Lieferanten gewährte Skonti und Rabatte und einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9 b Satz 1 EStG), für das einzelne Wirtschaftsgut DM 800 nicht übersteigen (im einzelnen vgl. Abschnitt 40 EStR 1984). Die sofortige Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter hat nicht den Charakter einer außerplanmäßigen Abschreibung (vgl. IdW-NA 2/66, WPg. 66, 328). Die Methode ist anzugeben. Werden geringwertige Wirtschaftsgüter nicht voll abgeschrieben, ist entsprechend zu berichten. Bei einer Änderung der Handhabung liegt ein berichtspflichtiger Methodenwechsel vor (vgl. zum Methodenwechsel Rdn. 870 f). 950

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

Bei Festwerten gemäß § 240 Abs. 3 H G B sind Angaben über die Höhe des Festwertes im Anhang erforderlich, wenn der Festwert von größerer Bedeutung und seine Höhe nicht aus der Bilanz ersichtlich ist (vgl. IdW-NA 3/66,

WPg. 66, 328; IdW-NA

1/67, WPg. 67, 129 ff Nr. 4); für Veränderungen

durch Herauf- oder Herabsetzen des Festwertes gilt das gleiche (vgl. auch Rdn. 870 f). Bei den Vorräten sind die angewandten Bewertungsmethoden erkennbar 8 6 6 zu machen. Für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe ist z.B. anzugeben, ob sie nach dem effektiven Einstandswert, dem gewogenen Durchschnittswert (vgl. Rdn. 259 ff), dem Lifo-, Fifo-, Festwert- oder Gruppenbewertungsverfahren (vgl. Rdn. 263 ff) bewertet sind. Für die Erläuterung der Herstellungskosten bei den unfertigen und fertigen Erzeugnissen gelten die Ausführungen zum Anlagevermögen entsprechend (vgl. hierzu auch Rdn. 865). Muß bei der Bewertung das Niederstwertprinzip (vgl. § 253 Abs. 3 HGB) angewendet werden, ist dies anzugeben, ggf. mit der Art der Errechnung des niedrigeren Wertes. Das gleiche gilt für ein Heraufsetzen der Wertansätze. Eine Erläuterung der Forderungsbewertung kann z.B. bei Abzinsungen unverzinslicher Forderungen erforderlich werden. Für die Passivseite kommen Angaben vor allem für Sonderposten mit 8 6 7 Rücklageanteil und zu den Rückstellungen in Betracht. Hinsichtlich der Pensionsrückstellung ist z.B. die Methode der Errechnung zu nennen und anzugeben, ob volle Deckung für die erteilten Pensionszusagen besteht. Angaben zum Rechnungszinsfuß werden nur bei erheblicher Abweichung von dem jeweils steuerlich zulässigen Satz in Betracht kommen (vgl. IdW-NA 1/67, WPg. 67,129 ff Nr. 14; WP-Handbuch 85/86,1, 513, 620 f). Finden auf denselben Bilanzposten verschiedene Bilanzierungs- und Bewer- 8 6 8 tungsmethoden Anwendung, so sind weitere Angaben zur Erfüllung der grundsätzlichen Anforderung der Erläuterung notwendig, die erkennen lassen, auf welchen Teil des Bilanzpostens sich die verschiedenen Bilanzierungsund Bewertungsmethoden jeweils beziehen (vgl. IdW-NA 1/67, WPg. 67, 128 ff Nr. 1), z.B.: Aufgliederung des Gesamtbetrages der Abschreibungen nach den Beträgen, die auf die lineare und degressive Methode sowie auf außerplanmäßige Abschreibungen entfallen, Angabe des Verhältnisses der Vorratsbestände, die nach dem Lifo-Verfahren (vgl. Rdn. 265) oder mit Durchschnittswerten (vgl. Rdn. 259 ff) bewertet worden sind (vgl. W P - H a n d buch 85/86 I, 514). Außerplanmäßige Abschreibungen brauchen im Anhang nicht gesondert ausgewiesen zu werden, wenn sie als solche in der Erfolgsrechnung gezeigt werden (§ 277 Abs. 3 Satz 1 HGB). c) Fremdwährungsumrechnung. Nach § 284 Abs. 2 Nr. 2 H G B sind die 8 6 9 Grundlagen für die Umrechnung in Deutsche Mark anzugeben, sofern der Jahresabschluß Posten enthält, denen Beträge zugrunde liegen, die auf fremde Währung lauten oder ursprünglich auf fremde Währung lauteten. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Die Erläuterung dieser zwingenden Abschlußmaßnahme wegen Aufstellungspflicht in Deutscher Mark (vgl. § 244 HGB) ist z.B. erforderlich, weil Grundsätze einer ordnungsmäßigen Währungsumrechnung bisher fehlen. Allgemein anerkannt ist, daß das Vorsichtsprinzip gilt, insbesondere der Grundsatz, daß nicht realisierte Gewinne aus der Währungsumrechnung nicht ausgewiesen (vereinnahmt) werden dürfen (nunmehr § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Hs.; vgl. Rdn. 186). Gegenstand dieser Erläuterungspflicht sind alle Umrechnungsmethoden, die angewendet worden sind, um sowohl bilanzierte Vermögensgegenstände als auch Aufwendungen und Erträge ordnungsmäßig im Jahresabschluß ausweisen zu können. Der Erläuterungspflicht ist genügt, wenn verbale Ausführungen erfolgen. Die Angabe von Währungskursen ist nicht gefordert (vgl. S e m l e r Sonderheft 10 ZfbF, 185). Zur Bewertung von Währungsforderungen und Währungsverbindlichkeiten vgl. Rdn. 198 i.V.m. 192; 749. 870

d) Abweichungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. § 284 Abs. 2 Nr. 3 H G B schreibt vor: Im Anhang müssen „Abweichungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden angegeben und begründet werden; deren Einfluß auf die V e r m ö g e n s - , Finanz- und Ertragslage ist gesondert darzustellen."

Die Angabe- und Begründungspflicht bezieht sich nach der Gesetzesbegründung (vgl. Ausschußbericht, 110), insbesondere auf Abweichungen von den Bewertungsgrundsätzen des § 252 Abs. 1 HGB, die nach Abs. 2 dieser Norm in begründeten Ausnahmefällen zulässig sind. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 24 Abs. 5 EinfGHGB braucht diese Angabepflicht nicht bei der erstmaligen Aufstellung des Jahresabschlusses nach neuem Recht angewandt zu werden. Ziel dieser Vorschrift ist es nämlich, die Jahresabschlüsse einer Gesellschaft materiell-inhaltlich über die Jahre hinweg vergleichbar zu machen. Die formellen Voraussetzungen dazu liefern u.a. die Vorschriften des § 265 H G B (vgl. Rdn. 371). Wie bisher, sollen die Jahresabschlüsse einer Gesellschaft dem Grundsatz der internen Vergleichbarkeit unterstellt sein, wenn auch das Wort „Vergleichbarkeit" im Gesetzestext fehlt. Die Regelung des § 284 Abs. 2 Nr. 3 H G B knüpft nur in stark veränderter Form an § 160 Abs. 2 Satz 4 AktG 1965 an. Mit der neuen Bestimmung wird Art. 31 Abs. 2 Satz 2 der 4. EG-Richtlinie umgesetzt. Die Pflicht zur Berichterstattung über die Abweichung von Bilanzierungsund Bewertungsmethoden ist ungenau gehalten. Daraus kann man schließen, daß nicht in jedem Falle eine ziffernmäßige Angabe erforderlich ist, doch wird sich eine solche häufig aus der Natur der Sache heraus anbieten. Andererseits ist zu beachten, daß aus dem Wortpaar „angeben und begründen" eine Ver952

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

pflichtung zur detaillierten Berichterstattung erwächst. Nach dem Gesetzeswortlaut genügt auch eine verbale Erläuterung. Neben der Abweichung von der Methode selbst ist in Hinblick auf das Jahresergebnis ihr Einfluß (u.E. eine Saldogröße aller Abweichungen) auf die Vermögens·, Finanz- und Ertragslage gesondert darzustellen. Die Art dieser Darstellung ist nicht vorgeschrieben. Sie kann z.B. in der Weise erfolgen, daß die Vermögens-, Finanz- und Ertragssituation ohne Berücksichtigung der Abweichung — nach den bisherigen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden — dem tatsächlichen Ausweis im Jahresabschluß gegenübergestellt wird, und zwar getrennt, wenn der Einfluß unterschiedlich wirkt. Unter „Abweichungen" von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden 871 können, da die Vergleichbarkeit über mehrere Perioden ermöglicht werden soll, auch folgende Methodenänderungen gegenüber dem Vorjahr fallen (vgl. auch Ader/Düring/Schmaltz § 160, 59 ff): — Änderungen bei den Ansatzwahlrechten, (z.B. Ubergang zur Bilanzierung von Aufwendungen für die Erweiterung des Geschäftsbetriebes), — Wechsel in der Methode zur Ermittlung der Anschaffungskosten (z.B. Ubergang bei der Bewertung von tatsächlichen Anschaffungskosten zur Bewertung nach Durchschnittskosten), — Ermittlung des Umfangs der zu aktivierenden Herstellungskosten (z.B. bei Änderung des Umschlagschlüssels für Gemeinkosten, Ausübung verschiedener Einbeziehungswahlrechte von Kosten, z.B. Verwaltungskosten, Gemeinkosten), — Gegenstände des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist (z.B. Ubergang von der Abschreibung nach dem Verbrauch zur linearen Abschreibung; Ubergang zum Ansatz eines Festwertes (vgl. Rdn. 247 ff); Nichtinanspruchnahme der Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG), — Forderungen (z.B. Änderung des der Bemessung der Pauschalwertberichtigung zu Forderungen zugrundeliegenden Satzes), — Rückstellungen (z.B. Änderung der Methode zur Ermittlung der Garantierückstellung dahin, daß sie auf Grund von Erfahrungswerten pauschal anstatt bisher für jeden Einzelfall gebildet wird), — Vorräte (z.B. Abschreibung auf den am Bilanzstichtag beizulegenden niedrigeren Wert, vgl. Rdn. 240 ff). Zu beachten ist, daß ein Wechsel in der Ausübung von Ansatzwahlrechten ebenfalls eine Abweichung von einer bisher angewendeten Bilanzierungsmethode darstellt (vgl. Forster BB 83, 36). Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Keine Änderung der Abschreibungsmethode stellt der planmäßige Übergang von der degressiven Abschreibung zur linearen Abschreibung (vgl. Rdn. 652) dar; über diesen Wechsel ist aber gleichwohl im Rahmen der N o r m des § 284 Abs. 2 Nr. 3 H G B zu berichten. 872

e) Unterschiedsbetrag aus der Anwendung von Bewertungsvereinfachungsverfahren. Ggf. ist der Ausweis erheblicher Unterschiedsbeträge zwischen der angewandten Bewertungserleichterung (Gruppenbewertung mit gewogenem Durchschnittswert vgl. Rdn. 256 ff; Bewertung mit unterstellter Verbrauchsfolge vgl. Rdn. 263) und dem letzten vor dem Bilanzstichtag bekannten Börsen- oder Marktpreis (vgl. Rdn. 685 ff) nach § 284 Abs. 2 Nr. 4 H G B pauschal f ü r die jeweilige Gruppe erforderlich. Zur Frage der Erheblichkeit vgl. Rdn. 127 f. Diese Regelung ist neu im deutschen Recht und setzt Art. 40 Abs. 2 der 4. EG-Richtlinie um. Die Angabepflicht setzt doppelte Rechnungen voraus, mit denen die Abweichungen ermittelt werden. Die Abweichungen sind u.E. brutto, also ohne ertragsteuerliche Wirkungen zu berechnen.

873

f) Fremdkapitalzinsen. Fremdkapitalzinsen sind i.d.R. als Aufwand zu verbuchen. Werden sie nachweisbar zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstandes verwandt, können sie als Herstellungskosten aktiviert werden. Da eine Fremdfinanzierung i.d.R. die Herstellungskosten erhöht, erhöht sich/vermindert sich ceteris paribus der Gewinn/der Verlust. Da es sich also um eine auch steuerrechtlich anerkannte Bewertungshilfe handelt, ist diese gem. § 284 Abs. 1 Nr. 5 H G B im Anhang kenntlich zu machen (vgl. auch Begr. zum RegEntw 88). Aus dem Wortlaut des Gesetzestextes kann nicht geschlossen werden, daß hier quantitative Angaben gemacht werden müssen. 5. Sonstige Pflichtangaben (§ 285 HGB)

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a) Allgemeines. Die in § 285 H G B niedergelegten Pflichtangaben betreffen Erläuterungen einzelner Abschlußposten, Angaben zu Anteilsbesitz, zu den Bewertungsmethoden, zu den geschäftsführenden Organen und zu den Konzernverhältnissen (vgl. Übersicht in Rdn. 851).

875

b) Verbindlichkeiten. Angabepflichten im Zusammenhang mit Verbindlichkeiten sind in Nr. 1 und 2 des § 285 H G B niedergelegt. Da der Gesetzgeber zu den einzelnen Posten der Verbindlichkeiten mehrere Angaben gleichzeitig fordert, wird sich in praxi anbieten, diese in Form eines Verbindlichkeitenspiegels aufzuziehen. In der vertikalen Anordnung wären die Verbindlichkeiten nach Arten, in der horizontalen die geforderten Pflichtangaben auszuführen. Im Anhang ist grds. der „Gesamtbetrag" der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren anzugeben (§ 285 Nr. 1 a HGB), d.h., daß diese langfristigen Verbindlichkeiten nicht zu jedem einzelnen Posten der im Bilanzgliederungsschema nach § 266 Abs. 3 H G B unter C. aufgeführten Verbindlichkeiten, sondern zusammengefaßt zu einem einzigen Posten im Anhang zu 954

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

m a c h e n sind. Z u r A u f g l i e d e r u n g s p f l i c h t f ü r g r o ß e und mittelgroße Gesellschaften vgl. R d n . 613. N e u ist in die Berichterstattungspflicht a u f g e n o m m e n w o r d e n , daß der G e s a m t b e t r a g sämtlicher Verbindlichkeiten, die durch P f a n d r e c h t e oder ähnliche R e c h t e gesichert sind, aufgeteilt nach A r t und F o r m der Sicherheiten, darzustellen ist (vgl. § 285 N r . 1 b H G B ) . P f a n d - und ähnliche Rechte sind z.B. f o l g e n d e :

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(a) Pfandbestellungen. H i e r z u g e h ö r e n sowohl vertraglich als auch durch Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g b e g r ü n d e t e P f a n d r e c h t e an Sachen und Rechten. Branchenübliche P f a n d r e c h t e scheiden aus (vgl. IdW-NA 2 / 6 8 W P g . 68, 132 f f ) , soweit nicht G e l t e n d m a c h u n g droht. (b) S i c h e r u n g s ü b e r e i g n u n g e n und Sicherungsabtretungen, soweit hierauf nicht bereits in der Bilanz (z.B. bei den gesicherten V e r p f l i c h t u n g e n ) hingewiesen wird. (c) Eigentumsvorbehalte, wenn mit ihnen nicht gerechnet zu werden braucht (vgl. R d n . 306). (d) Dingliche Belastungen des G r u n d v e r m ö g e n s , soweit sie nicht aus der Bilanz ersichtlich sind. (e) N i e ß b r a u c h an beweglichen S a c h e n o d e r Rechten. (f) EinZahlungsverpflichtungen auf nicht voll bezahlte Aktien (§§ 54, 65 A k t G ) , G m b H - A n t e i l e (§§ 19, 22 G m b H - G e s e t z ) o d e r G e n o s s e n s c h a f t s anteile (§ 7 G e n G ) , soweit sie nicht passiviert sind. (Vgl. ebenso Resteinzahlungsverpflichtungen f ü r noch nicht e i n g e f o r d e r t e b e d u n g e n e Einlagen in Personenhandelsgesellschaften sowie g g f . darüber hinausgehende H a f t u n g auf G r u n d einer in das H a n d e l s r e g i s t e r einzutragenden H a f t e i n l a g e . A u c h das Bestehen einer unbeschränkten persönlichen H a f t u n g ist a n z u g e ben und ggf. zu erläutern.) (g) V e r t r a g s s t r a f e n . D r o h t Inanspruchnahme, sind Rückstellungen zu bilden. (h) H a f t u n g f ü r ein unwiderrufliches Akkreditiv, das eine B a n k gestellt hat. (i) H a f t u n g bei Ü b e r n a h m e f r e m d e n V e r m ö g e n s g e m . § 4 1 9 B G B und E r werb eines U n t e r n e h m e n s o d e r eines g e s o n d e r t geführten Betriebes gem. § 7 5 A O 1977. (j) H a f t u n g bei K o n s o r t i a l g e s c h ä f t e n ( W P - H a n d b u c h 8 5 / 8 6 I, 524 f m.w.N.). G r o ß e und mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. R d n . 7 9 ; vgl. § 2 8 8 S a t z 1 H G B ) haben den G e s a m t b e t r a g der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit v o n mehr als f ü n f J a h r e n (vgl. R d n . 6 1 4 ) sowie den G e s a m t b e t r a g der Verbindlichkeiten, die durch P f a n d r e c h t e o d e r ähnliche Rechte (vgl. R d n . 629) gesichert sind, unter A n g a b e von Art und F o r m der Sicherheiten Niehus/Scholz

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(vgl. Rdn. 629) zu jedem einzelnen ausgewiesenen Verbindlichkeitsposten im Anhang aufzugliedern, sofern sich diese Angaben nicht aus der Bilanz ergeben (§ 285 Nr. 2 HGB). Für kleine Kapitalgesellschaften ist diese Norm bedeutungslos, da diese keine Unterposten zu den Verbindlichkeiten bilden müssen (S 266 Abs. 1 Satz 3 H G B ; vgl. auch § 288 Satz 1 HGB). Neben diesen in § 2 8 5 Nr. 1 und 2 H G B aufgeführten Verpflichtungen dürfen im Anhang (im Verbindlichkeitenspiegel, vgl. Rdn. 875) für jeden Verbindlichkeitsposten auch der Bilanzbetrag und die Restlaufzeiten bis zu einem Jahr (vgl. § 268 Abs. 5 Satz 1 HGB) im Interesse der Klarheit gem. § 265 Abs. 7 Nr. 2 H G B gezeigt werden. 878

c) Sonstige finanzielle Verpflichtungen. Nach § 285 Nr. 3 H G B i.V.m. § 288 Satz 1 H G B haben mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79) im Anhang den Gesamtbetrag der finanziellen Verpflichtungen, die nicht in der Bilanz erscheinen und nicht nach § 251 H G B unter der Bilanz vermerkt werden, anzugeben, sofern diese Angaben für die Beurteilung der Finanzlage von Bedeutung sind (zu den sog. Haftungsverhältnissen vgl. Rdn. 629 ff). Der Umfang der Erläuterungspflicht nicht bilanzierbarer oder nicht bilanzierter Verpflichtungen wird auf diese Weise gegenüber dem AktG 1965, das nur den gesonderten Ausweis bestimmter Haftungsverhältnisse forderte, ausgeweitet. Kriterium für die Berichterstattungspflicht ist nicht wie bisher das Bestehen eines rechtlichen Haftungsverhältnisses gegenüber einem Dritten, sondern lediglich, daß sich diese Verpflichtung im Rahmen des Going-Concern-Prinzips ergibt (vgl. Jonas 80,215). Unter Verpflichtungen sind nicht nur solche aus abgeschlossenen Rechtsgeschäften zu verstehen, sondern auch wirtschaftliche Lasten, die sich aus der Betriebsfortführung ergeben. Anders als im Regierungsentwurf wurde auf eine Aufzählung von Beispielen sonstiger finanzieller Verpflichtungen verzichtet, um das Mißverständnis zu vermeiden, daß nicht genannte Fälle nicht angegeben werden müssen (vgl. Ausschußbericht, 110). Unter die Vorschrift des § 285 Nr. 3 H G B fallen auch die „sonstigen Haftungsverhältnisse", die in § 160 Abs. 3 Nr. 7 AktG 1965 geregeltwaren (vgl. aaO, 110).

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„Sonstige finanzielle Verpflichtungen" sind im einzelnen: — mehrjährige Verpflichtungen aus Miet- und Leasingverträgen (vgl. Rdn. 317 ff; Schult FR 81, 238), insbesondere auch aus sale-and-leaseback-Verträgen; — Verpflichtungen aus langfristigen Abnahmeverträgen; — Verpflichtungen zum Erwerb von Sachanlagen (Bestellungen), wenn diese Verpflichtungen über das bei dem Unternehmen übliche Reinvestitionsvolumen wesentlich hinausgehen; — Verpflichtungen zur Übernahme von Beteiligungen; — Verpflichtungen zur Abführung von Liquiditätsüberschüssen; 956

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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— Verpflichtungen zur Verlustabdeckung bei Beteiligungsgesellschaften; — Verpflichtungen zur Einräumung von Krediten gegenüber Dritten; — Verpflichtungen und Belastungen aus künftig drohenden Großreparaturen; — Verpflichtungen aus notwendig werdenden Umweltschutzmaßnahmen; — Pensionsverpflichtungen, soweit keine Rückstellungen gebildet worden sind (vgl. Rdn. 365 m.w.N.); — Verpflichtungen aus Instandhaltung, Abraumbeseitigung und Gewährleistungen ohne rechtliche Verpflichtungen, soweit keine Rückstellungen gebildet worden sind (vgl. Rdn. 365 m.w.N.). Diese Aufgliederung ist nicht erschöpfend. Eine Berichterstattung ist nicht erforderlich, wenn es sich um kurzfristige 880 finanzielle Verpflichtungen handelt, die aus dem laufenden Geschäftsbetrieb kontinuierlich abgedeckt werden, beispielsweise nicht bilanzierte Verpflichtungen aus Aufwendungen für die Prüfung des Jahresabschlusses nach dem Abschlußstichtag, für die Kosten der Gesellschafterversammlung, die das abgelaufene Jahr betreffen, für die Ausbildung von Mitarbeitern und Auszubildenden, kurzfristig (1 Jahr) kündbare Mietverträge (vgl. Jonas 80, 217). Finanzielle Belastungen, die nicht zu Verbindlichkeiten führen, brauchen nicht angegeben zu werden; z.B. finanzielle Vorleistungen eines Unternehmens bei langfristiger Fertigung. Nicht zu den finanziellen Verpflichtungen i.S.d. § 285 Nr. 3 H G B gehören die nicht ausgewiesenen Pensionsverpflichtungen. Während nämlich Art. 28 Abs. 2 EinfGHGB nur f ü r Kapitalgesellschaften eine Ausweispflicht vorschreibt, besteht die Ausnahmeregelung gegenüber allen Kaufleuten. Art. 28 Abs. 2 EinfGHGB wäre überflüssig, wenn die für alle Unternehmensformen geltenden Vorschriften des § 285 Nr. 3 H G B die Pensionszusagen erfaßte, da Adressat der Verpflichtung aus § 285 Nr. 3 H G B Kapitalgesellschaften sind (vgl. Ahrend/Förster/Rößler DB Beilage Nr. 10/86, 9). Diese Angaben gehen aber über die GoB hinaus. Da nun auch über Rechtsgeschäfte (schwebende Geschäfte) und nicht nur über die buchungspflichtigen Vermögensänderungen berichtet werden muß, kommt es zu einer besseren Beurteilung der Finanzlage. Größere Verpflichtungen aus Rechtsgeschäften, auch wenn sie nicht als drohender Verlust unter den Rückstellungen zu erfassen sind, können durchaus von Bedeutung sein. Es ist grds. nur der Gesamtbetrag der Verpflichtungen auszuweisen (§ 285 881 Nr. 3 1. Hs. HGB). Der Angabepflicht unterliegen die hierunter fallenden Verpflichtungen in ihrer vollen Höhe, Saldierungen mit entgegenstehenden Ansprüchen sind nicht zulässig. Erstrecken sich die Fälligkeiten derartiger Verpflichtungen über einen längeren Zeitraum, so kann dies dazu führen, daß ein an sich bedeutender GeNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

samtbetrag, auf die Zukunft verteilt, für die Beurteilung der Finanzlage soweit an Bedeutung verliert, daß die Angabe unterbleiben kann. Besondere Vorschriften über die Art und Weise, in der diese Erläuterungen zu machen sind, sieht das Gesetz nicht vor. Sie müssen jedoch den allgemeinen Anforderungen des § 243 Abs. 2 H G B nach Klarheit und Übersichtlichkeit (vgl. Rdn. 132 ff) und selbstverständlich den Erfordernissen der in § 264 Abs. 2 Satz 1 H G B niedergelegten Generalklausel (vgl. Rdn. 108 ff) genügen, wonach ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu vermitteln ist. Diese Angaben sind jedoch nur zu machen, sofern sie für die Beurteilung der Finanzlage von Bedeutung sind. Bei dieser Beurteilung ist u.E. ebenfalls vom Gesamtbetrag dieser Verbindlichkeiten auszugehen. Zur Frage, welche derartigen Verbindlichkeiten für die Finanzlage von Bedeutung sind, vgl. Rdn. 127. Soweit Angaben nur über die finanziellen Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen zu machen sind, genügt im Grunde die Angabe der jährlich zu zahlenden Beträge und der Dauer der Verpflichtung; die Angabe des Gesamtbetrages ist dann nicht erforderlich. Sog. Fehlbeträge (nicht passivierte Verpflichtungen aus Pensionszusagen u.ä.), die nach Art. 28 Abs. 2 E i n f G H G B zu nennen sind, müssen im Anhang gesondert angegeben und dürfen nicht in den Gesamtbetrag nach § 285 Nr. 3 H G B einbezogen werden. 882

Soweit derartige Verpflichtungen gegenüber verbundenen Unternehmen (vgl. Rdn. 624) bestehen, sind sie gesondert anzugeben.

883

d) Aufgliederung der Umsatzerlöse. Die Pflicht der großen Gesellschaften (vgl. Rdn. 80; §§ 285, 288 H G B ) zur Aufgliederung der Netto-Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geographisch bestimmten Märkten, soweit sich diese Bereiche und Märkte erheblich voneinander unterscheiden, resultiert aus Art. 43 Abs. 1 Nr. 8 der 4. EG-Richtlinie. Zur Einschränkung dieser Pflicht nach § 286 Abs. 2 H G B vgl. Rdn. 917 ff. Diese Aufgliederung wird bei publizitätspflichtigen Gesellschaften heute schon weitgehend praktiziert, jedoch nicht einheitlich. Die nicht detaillierte Vorschrift, die nur die Mindestanforderung kodifiziert, Iäßt den Bilanzierenden weitgehende Freiheiten in der Ausgestaltung dieser Angaben. Die Berichterstattung muß jedoch der Generalklausel im § 264 Abs. 2 H G B gerecht werden (vgl. Rdn. 108 ff). Die Aufgliederung muß mit dem Betrag der Umsatzerlöse gem. § 275 Abs. 2 Nr. 1 H G B übereinstimmen. Vertretbar erscheint die Angabe in T D M , aber auch eine Angabe der prozentualen Aufgliederung. Anzugeben sind nicht die Umsatzmengen (vgl. Selchert D B 86, 565). Entsteht dem Unternehmen ein Schaden durch diese Angaben, so kann ohne Begründung im Anhang auf die Aufgliederung verzichtet werden (vgl. Rdn. 917 ff).

884

Die Aufgliederungspflicht für die Umsatzerlöse wird nur ausgelöst, wenn erhebliche Unterschiede zwischen den unterschiedenen Tätigkeitsbereichen 958

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

und geographisch bestimmten Märkten bestehen (zum Begriff „erheblich" vgl. A u s f ü h r u n g e n in Rdn. 128 in sinngemäßer A n w e n d u n g und z u m Begriff „Tätigkeitsbereich" vgl. Rdn. 886). U.E. widerspricht es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Berichterstattung, die Tätigkeitsbereiche bzw. geographisch bestimmte Märkte so abzugrenzen und zu bilden, daß sich erhebliche Unterschiede nicht ergeben. Das Gesetz fordert, die Umsatzerlöse einerseits nach Tätigkeitsgebieten 885 und andererseits nach geographisch bestimmten Märkten aufzugliedern, ohne einheitliche Aufgliederungsmerkmale anzugeben, so daß das Problem der W a h l geeigneter Klassifikationskriterien auftritt. Als Klassifikationsmerkmale bieten sich beispielsweise an: — Zweck des P r o d u k t s ( P r o d u k t e f ü r gleiche oder verwandte Z w e c k e / E n d verbraucher) — Art des Produktionsprozesses (gleiche oder ähnliche Produktionsverfahren, -anlagen, ähnliche Rohstoffe) — Schwerpunktbetrieb/Schwerpunktbereich — M ä r k t e und Marketingmethoden — Ländergruppen o d e r Wirtschaftsgebiete — Wichtige K u n d e n — Produktionsstandorte/Empfängermärkte — Volkswirtschaftliche Abgrenzungen (z.B. Wirtschaftszweig) — Betriebsorganisatorische Aufgliederungen (Unternehmensbereich, Sparte, profit center) D a sich wegen der Vielfalt unternehmensindividueller Situationen kein Kriterium finden läßt, das f ü r sich allein betrachtet geeignet wäre, als Abgrenzungskriterium f ü r alle U n t e r n e h m e n zu fungieren, sollte eine Unternehmensleitung die Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen und geographisch bestimmten Märkten aus unternehmensindividueller Sicht vornehmen (vgl. Westphal D B 81, 1422). Die Aufgliederung darf durch eine p r o zentuale Aufteilung erfolgen, w ä h r e n d mengenmäßige Angaben nicht ausreichen (vgl. Forster D B 82,1631). Zu berücksichtigen ist bei einer Aufgliederung jedoch die Organisation des V e r k a u f s von f ü r die gewöhnliche Geschäftstätigkeit des U n t e r n e h m e n s typischen Erzeugnissen einerseits und typischen Dienstleistungen andererseits. Dies kann dahin verstanden werden, daß die Tätigkeitsbereiche nicht nur nach der technischen Eigenart der P r o d u k t e abgegrenzt werden, sondern auch nach der Verkaufsorganisation. H a t z.B. ein U n t e r n e h m e n f ü r seine gesamte P r o d u k t i o n an „weißer W a r e " eine einzige Verkaufsorganisation geschaffen, so brauchen die Umsatzerlöse nicht aufgegliedert zu werden (vgl. Forster OB 82,1631). U n a b h ä n g i g von den auslegungsbedürftigen Vorschriften über die Bestim- 8 8 6 m u n g und Auswahl von Klassifikationsmerkmalen zur Aufgliederung der U m Niehus/Scholz

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HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Rechnungslegung

satzerlöse läßt der Gesetzestext auch offen, was unter „Tätigkeitsbereich" und unter einem „geographisch bestimmten Markt" zu verstehen ist. Unter einem Tätigkeitsbereich kann man eine sich deutlich abhebende (unterscheidbare) betriebliche Organisationseinheit verstehen, die auf den Absatz eines bestimmten Produkts oder einer bestimmten Dienstleistung oder auf eine bestimmte Produktgruppe oder Gruppe bestimmter Dienstleistungen ausgerichtet ist. Die Tätigkeitsbereiche werden sehr stark betriebsindividuell geprägt sein. Es ist also nicht ein unterschiedlicher Fertigungsprozeß erforderlich, sondern ausreichend ist, wenn ein ganz anderer Abnehmerkreis angesprochen wird. So ist z.B. bei einer Automobilfabrik zwischen den Tätigkeitsbereichen P K W und LKW zu unterscheiden (vgl. Forster DB 82,1631). In Anlehnung an die Leitsätze der OECD-Länder über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen v. 21.6.76 (u.a. abgedruckt in IWB, 910, Gruppe 5, lf) bezeichnet der Begriff „geographisch bestimmter Markt" Ländergruppen oder einzelne Länder, Gemeindeverbände oder einzelne Gemeinden, je nachdem, welche Abgrenzungen das jeweilige Unternehmen in seinem besonderen Fall für angebracht hält. Wenn auch nicht dieselbe Methode der geographischen Abgrenzung für alle Unternehmen und Zwecke geeignet ist, so dürften zu den Faktoren, die die Unternehmen als Kriterien zu berücksichtigen haben, die Bedeutung der Aktivitäten in den einzelnen Ländern oder Gebieten, die Auswirkungen auf ihre Wettbewerbsfähigkeit, geographische Zusammengehörigkeit und wirtschaftliche Zusammenhänge, die Vergleichbarkeit der geschäftlichen Rahmenbedingungen sowie Art, Umfang und Intensität der Beziehungen zwischen den Unternehmensaktivitäten in den verschiedenen Ländern gehören. 887

888

e) Auswirkungen steuerrechtlicher Bewertungen. Das im Anhang anzugebende Ausmaß der Beeinflussung des Jahresergebnisses und künftiger Ergebnisse durch Bewertungsmaßnahmen, die nur durch steuerrechtliche Vorschriften ermöglicht werden, geht auf Art. 43 Abs. 1 Nr. 10 der 4. EG-Richtlinie zurück. Diese Norm knüpft unmittelbar an §§ 254, 279 Abs. 2, 280 Abs. 2 und 281 Abs. 1 i.V.m. §273 H G B an, die im Falle der umgekehrten (faktischen) Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (vgl. Rdn. 282) ein Abweichen von den üblichen handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften ermöglichen. Hierbei handelt es sich vor allem um das international bekannte Problem der „deferred taxes". N u r mittelgroße und große Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) sind verpflichtet, diese Angaben zu machen (§ 288 Satz 1 HGB). Anzugeben sind: (1) das Ausmaß, in dem das Jahresergebnis durch rein steuerrechtliche Bewertungsmaßnahmen (Abschreibungen nach § 254 bzw. ihre Beibehaltung nach 280 Abs. 2 H G B und Bildung eines Sonderpostens nach § 273 Abs. 3 HGB), 960

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

(2) das Ausmaß erheblicher künftiger steuerlicher Belastungen, die durch rein steuerrechtliche Bewertungsmaßnahmen ausgelöst werden. Das jeweilige Ausmaß muß nicht zwingend in D M - B e t r ä g e n angegeben werden, eine reine verbale Darstellung reicht aus, ggf. in Form einer prozentualen Angabe bezogen auf das Jahresergebnis bzw. die Steuern. Bei der Entscheidung, in welcher Form der Angabepflicht genügt werden soll, ist jedoch von der allgemeinen Zielsetzung des Jahresabschlusses auszugehen. Ergibt sich aus der Inanspruchnahme einer nur steuerlichen Bewertungsfreiheit im Jahresabschluß eine wesentliche Ergebnisveränderung, so wäre wohl die Angabe eines Betrages zu fordern (vgl. Jonas 80,226).

zu(l) Anzugeben ist nur das nicht aufzuschlüsselnde gesamte Ausmaß aller steu- 889 errechtlichen Bewertungsmaßnahmen, das das Jahresergebnis beeinflußt hat. U.E. sind nicht berichterstattungspflichtig die jeweils in Anspruch g e n o m m e nen steuerrechtlichen Vorschriften und die Vermögensgegenstände, die nach diesen Vorschriften bewertet w o r d e n sind. Z u r Frage, durch welche steuerrechtlichen Vorschriften derartige Bewertungsmaßnahmen ausgelöst werden k ö n n e n , vgl. Rdn. 725. Nicht zu diesen Vorschriften zählen die steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften, die zu steuerrechtlichen Vergünstigungen f ü h ren, o h n e daß dazu von einem „ r e i n " handelsrechtlichen W e r t a n s a t z abgewichen werden m u ß (z.B. Bewertungsfreiheit f ü r geringwertige Wirtschaftsgüter, vgl. Rdn. 865; auch die Absetzung f ü r A b n u t z u n g nach § 7 Abs. 2 EStG, die als handelsrechtliche Abschreibung auch f ü r die steuerliche Gewinnermittlung gesetzlich zugelassen ist. In das anzugebende Ausmaß sind die Bewertungsmaßnahmen einzubeziehen, die erstmalig im Berichtsjahr auf das Jahresergebnis wirken, aber auch diejenigen, die aus den V o r j a h r e n „ n a c h w i r k e n " , ggf. mit umgekehrtem V o r z e i chen, so daß sich als Ausmaß auch eine D i f f e r e n z g r ö ß e ergeben kann. Das Ausmaß stellt sich unabhängig von der Form, in der berichtet wird, als eine G r ö ß e dar, die sich auf das Ergebnis vor Steuern bezieht, und zwar deswegen, weil i.d.R. über latente Steuern gesondert zu berichten sein wird. D e r Berichterstattungspflicht ist nicht damit genügt, daß nur in der ersten Berichtsperiode Angaben über das Ausmaß steuerlicher Erleichterungen im A n h a n g gemacht werden, sondern es ist auch in allen Folgeperioden über den Einfluß dieser M a ß n a h m e n auf das Ergebnis zu berichten, solange eine solche M a ß n a h m e wirkt.

zu (2) Ü b e r das Ausmaß künftiger steuerrechtlicher Belastungen a u f g r u n d der 890 unter R d n . 725 ff angeführten Bewertungsmaßnahmen ist gesondert zu berichten, soweit diese Belastungen erheblich sind. Z u r Frage, w a n n derartige Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Beträge erheblich sind, vgl. Ausführungen in Rdn. 127 f in sinngemäßer Anwendung. Anzugeben sind u.E. entweder der Nominalbetrag oder der Barwert der steuerlichen Belastungen f ü r die Summe früherer Sonderabschreibungen, Bewertungsfreiheiten und Sonderposten mit Rücklageanteil, vermindert um zwischenzeitlich aufgelöste Beträge. Das gewählte Bewertungsverfahren ist im Anhang anzugeben. Für die Ermittlung der Berechnungsgrundlagen sei auf die Ausführungen zum § 274 H G B , latente Steuern, in Rdn. 574 ff hingewiesen. Die zukünftige Steuerbelastung ist streng von den zurückzustellenden, passiven latenten Steuern zu trennen. Die latenten Steuern gründen auf Differenzen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz. Bei den hier anzugebenden Belastungen stimmen dagegen Handels- und Steuerbilanzansätze überein. Die Belastungen betreffen die Auflösung von Differenzbeträgen zwischen Wertansätzen, die aufgrund des umgekehrten Maßgeblichkeitsprinzips (vgl. Rdn. 282) in der Handelsbilanz angesetzt wurden, und dem „eigentlich" handelsrechtlichen Wertansatz. Die rein steuerrechtliche Abschreibung eines Vermögensgegenstandes führt zu einer Belastung des Periodenergebnisses in H ö h e des Abschreibungsmehrbetrages und i.d.R. zu einer Entlastung dieses Ergebnisses durch den geringeren Steueraufwand. In den Folgejahren kehrt sich dieser Effekt um: Da die verbleibenden Abschreibungen niedriger sind als dies nach rein handelsrechtlicher Bewertung der Fall wäre, wird das Ergebnis künftig entlastet. Bei steigendem Gewinn steigt ceteris paribus aber der Steueraufwand. Dies sei an einem Zahlenbeispiel dokumentiert: Eine Unternehmung kauft eine Maschine f ü r T D M 100 bei einer voraussichtlichen Nutzungsdauer von 5 Jahren zu Beginn des Jahres 1. Die Steuerbelastung ist mit 50 °/o anzusetzen. Im Jahre der Anschaffung wird eine zusätzliche Sonderabschreibung bis zur H ö h e von 80 % der Anschaffungskosten in Anspruch genommen (s. Tabelle auf der gegenüberliegenden Seite). Es ergibt sich zwar bei (a) in den Jahren 2 bis 5 ein um je 15 T D M höheres Jahresergebnis vor Steuern als bei (b), dadurch steigt jedoch auch die steuerliche Belastung um je 7,5 T D M . Im Jahresabschluß des Jahres 1 wäre also im Anhang zu vermerken: Die zukünftigen steuerlichen Mehrbelastungen aus bisher in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen betragen rd. T D M 26,6. Bei der Ermittlung dieses Barwerts ist ein Abschreibungsfaktor von 5 % zugrunde gelegt worden.

962

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

Folgendes Beispiel veranschauliche die Ermittlung der künftigen steuerlichen Belastung: Jahr

Buchwert

0

1

2

3

4

5

TDM

TDM

TDM

TDM

TDM

TDM

20

15

10

5

-

80

60

40

20

-

- mit steuerlicher Abschreibung

(»)

100

- ohne steuerliche Abschreibung

(b)

100

Abschreibung

(») (b)

80 20

5 20

5 20

5 20

5 20

CO (b)

40 10

2,5 10

2,5 10

2,5 10

2,5 10

(a)-(b)

30

(7,5)

(7,5)

(7,5)

(7,5)

891

Steuerentlastung des Ergebnisses nach Abzug der Steuern durch die Abschreibung

Steuerent(be)Iastung

f) Aufgliederung der Ertragsteuern. N a c h § 285 Nr. 6 H G B haben sämtliche Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g außerdem anzugeben, in welchem U m f a n g die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und das außerordentliche Ergebnis belasten. Diese N o r m ist neu und transformiert den Art. 30 der 4. EG-Richtlinie ins deutsche Recht. Die Regelung geht auf angelsächsische Rechnungslegungspraxis zurück. Sie wird nicht immer leicht zu erfüllen sein, z.B. dann, wenn das außerordentliche Ergebnis mit einem Verlust abschließt, aber auch dadurch, daß das deutsche Steuerrecht für Kapitalgesellschaften bei der Besteuerung von ordentlichen und außerordentlichen Aufwendungen und Erträgen keinen grundsätzlichen Unterschied macht. Vermutlich ist das ein Grund dafür, daß es den berichtspflichtigen Gesellschaften vorbehalten bleibt, ob sie Beträge angeben oder die Erläuterung in allgemeiner Form machen wollen (vgl. Begr. zum Reg.-Entw., 93). U . E . müssen auch prozentuale Angaben über die Z u o r d n u n g des Steueraufwandes auf die beiden Teilergebnisse möglich sein. Zu den Begriffen „Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit" und „außerordentliches E r g e b n i s " vgl. Rdn. 814 bzw. Rdn. 818. Zu den Steuern vom Einkommen und vom Ertrag gehören die Körperschaftsteuer, die Gewerbeertragsteuer und die Kapitalertragsteuer (vgl. auch Rdn. 820 ff). D e r A u f w a n d umfaßt die entsprechenden Steuerbelastungen für die laufende Periode, unabhängig davon, ob sie bereits gezahlt (Vorauszahlungen) oder nur zurückgestellt (Steuerrückstellung, ggf. Rückstellung für latente Steuern) sind, sowie Erstattungen und Nachzahlungen für Vorjahre. Eine Aufteilung kann auch zu dem Resultat führen, daß z.B. als fiktive Steuerbeträge bei einem positiven Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ein Niehus/Scholz

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892

HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

Steueraufwand, bei gleichzeitigem negativem außerordentlichem Ergebnis ein Steuerertrag anzugeben ist. 893

g) Durchschnittliche Arbeitnehmerzahl. Die Verpflichtung, getrennt nach Gruppen zusätzliche Angaben zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer, die während des abgelaufenen Geschäftsjahres beschäftigt waren, machen zu müssen, ergab sich bisher nur aus den Bestimmungen des PublG für Unternehmen, die nach diesem Gesetz Rechnung legen mußten. Nunmehr gilt diese Pflicht für Gesellschaften mit beschränkter Haftung; sie geht auf Art. 43 Abs. 1 Nr. 9 der 4. EG-Richtlinie zurück. Auch ohne diese gesetzliche Vorschrift war es bisher schon weitverbreitete Praxis, im Geschäftsbericht über die Anzahl der Arbeitnehmer zu berichten. Sinn der Vorschrift ist, die Bedeutung des Unternehmens als Arbeitgeber offenzulegen. Darüber hinaus ist die Angabe als Kriterium für die Einordnung der Gesellschaft in die entsprechende Größenklasse (vgl. Rdn. 77) von Bedeutung. 894 Wer Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift ist, wird nach den Grundsätzen beurteilt, die sich aus dem Arbeitsrecht ergeben; auf die Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Einordnung allein kommt es dabei nicht an; Teilzeitkräfte sind voll zu zählen, da das Gesetz mit der Zahl der Beschäftigten an den Umfang der Beziehungen anknüpfen wollte, die zwischen der Gesellschaft und den Arbeitnehmern bestehen. Zu den Arbeitnehmern gehören Heimarbeiter sowie die im Ausland tätigen Arbeitnehmer, nicht dazu gehören die Mitglieder der Geschäftsführung, die zugleich eine Organstellung haben, sowie die sogenannten Unternehmens-Leiharbeiter, die von anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden (vgl. Biener WPg. 72, 3) und nach den Erl. zum Gesetzesentw. vom 1.8.85 die Auszubildenden. 895

Die Berechnung der durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer soll nach den Erl. zum Gesetzesentw. vom 1.8.85 im Detail nicht gesetzlich vorgeschrieben werden, jedoch muß jede nach § 267 Abs. 5 H G B ermittelte Zahl angemessen sein. Eine Umrechnung von Teilzeitbeschäftigten auf Vollbeschäftigte ist nicht zulässig. 896 Die Vorschrift läßt völlig offen, was Gruppen im Sinne dieser Vorschrift sind oder wie sie gebildet werden sollen. Möglichkeiten der Gruppenbildung bieten folgende Kriterien: Die Tarifgruppen, der arbeitsrechtliche Status der Mitarbeiter (Arbeiter, Angestellter, leitender Angestellter), das Geschlecht der Arbeitnehmer, der Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers im Unternehmen, möglichst abgestimmt mit den Umsatzerlösen (vgl. auch Biener79, 151). Unbestritten sind diese Abgrenzungsmerkmale jedoch nicht. Nur große und mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79 f) müssen diese Zahl angeben (vgl. § 288 HGB).

897

h) Material- und Personalaufwand bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens. Diese Angabeverpflichtung ist neu. Bezüglich des Personalaufwandes 964

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB §§ 238-335

ergibt sich die Verpflichtung aus Artikel 43 Abs. 1 N r . 9 der 4. EG-Richtlinie (vgl. Erl. zum Gesetzesentw. vom 1.8.85, 52). D a bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens die Posten Nr. 5 und 6 des § 275 Abs. 2 H G B (Material- und Personalaufwand des Geschäftsjahres) entfallen, diese aber wichtige volkswirtschaftliche Größen sind, die zu statistischen Zwecken benötigt werden, müssen die Angaben nunmehr im Anhang gemacht werden. Bei der Darstellung ist zu beachten, daß die Angaben entsprechend dem § 275 Abs. 2 N r . 5 und 6 H G B gegliedert werden (vgl. Rdn. 787, 794). Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) brauchen den Materialaufwand nicht anzugeben (§ 288 Satz 1 H G B ) .

i) Aufwendungen für Mitglieder der Organe und deren Hinterbliebene. Die 898 Angabe des finanziellen Aufwandes für die in N r . 9 des § 285 H G B genannten O r g a n e oder Gremien geht auf Art. 43 Abs. 1 N r . 12 der 4. EG-Richtlinie zurück und hat im deutschen Recht ihr Vorbild in § 160 Abs. 3 N r . 8 A k t G 1965. Diese Aufwendungen sind für jede unter diese N o r m fallende Personengruppe getrennt zu machen (Nr. 9a). Außerdem sind die Aufwendungen für frühere Mitglieder und deren Hinterbliebene gesondert von den Aufwendungen für aktive Mitglieder dieser Einrichtungen auszuweisen (Nr. 9b). Kleine Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) brauchen die vorgenannten Angaben nicht zu machen (§ 288 S a t z 1 H G B ) . N e u ist die Angabepflicht von gewährten Vorschüssen und Krediten an Mitglieder der O r g a n e (vgl. Nr. 9c), die alle Gesellschaften zu erfüllen haben. Sie geht unmittelbar auf Art. 43 Abs. 1 N r . 13 der 4. EG-Richtlinie zurück und löst im Prinzip die Bilanzausweise nach § § 8 9 , 1 1 5 A k t G 1965 ab. Die nunmehr geforderten Angaben sind jedoch weitgehender. Gesetzesbefehl ist, daß für jede betroffene Personengruppe (vgl. Rdn. 900) getrennt die geforderten Einzelangaben (vgl. Rdn. 901 ff) zu machen sind, und zwar unter Bezeichnung des Gremiums, dem die Personen jeweils angehören.

899

V o n dieser gesetzlichen Vorschrift werden folgende Personengruppen einer Gesellschaft erfaßt: die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans (die Geschäftsführer, vgl. § 35 Rdn. 5 ff), die Mitglieder des Aufsichtsrats (vgl. § 52 Rdn. 4 ff), die Mitglieder des Beirats, die Mitglieder einer ähnlichen Einrichtung (vgl. § 52 Rdn. 46 ff). Zu diesem Personenkreis insgesamt gehören nicht die Prokuristen und die Handlungsbevollmächtigten mit Vollmacht für den gesamten Geschäftsbetrieb; dies steht im Gegensatz zu § 8 9 Abs. 2 A k t G 1965, w o sie ausdrücklich erwähnt werden. Andererseits sind jedoch Gesellschafter, die gleichzeitig Mitglieder eines der angeführten gesellschaftlichen O r g a n e sind, in den angesprochenen Personenkreis einzubeziehen.

900

Unter die Berichterstattungspflicht der Nr. 9a fallen sowohl die gewährten, und zwar die ausgezahlten und die nicht ausgezahlten, als auch die in Ansprüche anderer Art umgewandelten oder zur Erhöhung anderer Ansprüche

901

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Rechnungslegung

verwandten Gesamtbezüge der aktiven Organmitglieder. Zu erfassen sind jedoch nur die Bezüge, die ein Mitglied eines Organs oder Gremiums in seiner Eigenschaft als Mitglied des Organs oder Gremiums erhält, und zwar während bzw. f ü r die Zeit der Zugehörigkeit zu einer solchen Einrichtung (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 160, 186). Nicht angabepflichtig sind — wie bisher — Beträge, die in keinem Zusammenhang mit der Eigenschaft des Empfängers als Mitglied einer solchen Einrichtung stehen, z.B. Kaufpreiszahlungen, Darlehen, Miete, soweit sie nicht verstecktes Entgelt sind (vgl. W P - H a n d b u c h 85/86 I, 525). Bezüge an die einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrats, die für klar außerhalb der eigentlichen Aufsichtsratstätigkeit liegende Leistungen gezahlt werden, sind nicht angabepflichtig, dagegen erbringen die Geschäftsführer in der Regel sämtliche Leistungen im Rahmen des Dienstvertrages. Außer den Bezügen für das Geschäftsjahr sind die weiteren Bezüge anzugeben, die im Geschäftsjahr gewährt, bisher aber in keinem Jahresabschluß angegeben worden sind. 902

Zu den Bezügen der Geschäftsführer gehören neben vertraglich festgelegten Gehältern, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen aller Art, freiwillig gewährte Zahlungen, wie Tantiemen oder Gewinnbeteiligungen f ü r einzelne Geschäfte, Sondervergütungen (z.B. Einräumung von Bezugsrechten, Konsortialbeteiligungen, Options- oder Vorkaufsrechten), Ersparnisse auf Grund zinslos gewährter Kredite, Verkauf von Vermögenswerten der Gesellschaft unter Zeitwert. Hierunter fallen ferner Beträge, die die Gesellschaft f ü r auf den Namen im Dienst befindlicher Geschäftsführer lautende Lebens- und Pensionsversicherungen zahlt, sofern dem Geschäftsführer nach den vertraglichen Abmachungen mit der Gesellschaft der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag zusteht. Nicht zu Geschäftsführerbezügen rechnen dagegen Prämien, die die Gesellschaft zur Deckung ihrer Pensionsverpflichtungen f ü r auf ihren N a m e n lautende Versicherungsverträge zahlt, oder Zuweisungen an Pensionsrückstellungen f ü r noch im Amt befindliche Geschäftsführer. Ein Hinweis auf das Bestehen von Pensionsberechtigungen ist dann angebracht, wenn nach Lage der Dinge nicht mit einer Pensionszusage durch das Unternehmen zu rechnen ist. Soweit für Geschäftsführer gesetzliche Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung entrichtet werden, gehören diese Zahlungen nicht zu den angabepflichtigen Bezügen. Gleiches gilt f ü r adäquate Zahlungen f ü r sogenannte befreiende Lebensversicherungen. Prämien f ü r Unfallversicherungen sind dann nicht den angabepflichtigen Bezügen zuzurechnen, wenn Begünstigte der Versicherungsverträge nicht die Geschäftsführer sind, sondern die Versicherungssumme grundsätzlich der Gesellschaft zusteht.

903

Außer den angeführten Leistungen rechnen zu den angabepflichtigen Bezügen auch Jubiläumszuwendungen, Provisionen, übermäßige Reisespesen (wenn die liquidierten Beträge sich nicht im Rahmen des Angemessenen hal966

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 238-335

ten), ferner Naturalbezüge durch Zurverfügungstellung einer Wohnung, von Personal, Kraftwagen, Strom, Kohle u.ä. Lieferungen. Beim Fehlen anderer Anhaltspunkte ist bei den Naturalbezügen der als einkommensteuerpflichtig behandelte Betrag anzugeben. Naturalleistungen, welche die gewöhnliche Lebensführung des Empfängers übersteigen (z.B. Dienstwohnung zu ausgesprochen repräsentativen Zwecken), sind nur insoweit angabepflichtig, wie sie zu Ersparnissen beim Empfänger führen. Grundsätzlich sind die Tantiemen für das Berichtsjahr schon im Anhang über das Berichtsjahr anzugeben. Beschließt die Gesellschafterversammlung eine vom Vorschlag der Geschäftsführer abweichende Gewinnverteilung, muß die Korrektur der Tantieme im nächsten Anhang erfolgen (vgl. W P - H a n d buch 85/86 I, 525 ff m.w.N.). Bei den Aufwendungen an die Organmitglieder wird es sich primär um Leistungen der G m b H handeln. Zu den angabepflichtigen Vergütungen rechnen u.E. auch Bezüge von verbundenen Unternehmen, die gemäß Dienstvertrag auf die von der Gesellschaft zu gewährenden Bezüge anzurechnen sind (vgl. Kröpff m Gessler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 160,95). Der Umfang der Angaben im Anhang für die Gesamtbezüge des Aufsichts- 9 0 4 rats, eines Beirats oder einer ähnlichen Einrichtung, die gesondert anzugeben ist, deckt sich weitgehend mit dem für die Geschäftsführer, so daß die Ausführungen in Rdn. 902 f sinngemäß gelten. Gem. Nr. 9b sind gesondert anzugeben die Gesamtbezüge früherer Mitglie- 9 0 5 der dieser Organe und Gremien sowie ihrer Hinterbliebenen. Zu diesen Bezügen gehören Abfindungen, Ruhegehälter, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art einschließlich der Bezüge, die im Geschäftsjahr gewährt worden sind. Diese Gesamtbezüge brauchen nicht weiter aufgegliedert zu werden. Zu diesen Bezügen vgl. Rdn. 902 sinngemäß. Im Gegensatz zu den noch aktiven Mitgliedern muß auch der Gesamtbetrag der Pensionsrückstellung für diesen Personenkreis angegeben werden. Wurden keine Rückstellungen für diese Pensionsansprüche gebildet, so ist der Betrag für diese Verpflichtung anzugeben. Gem. Nr. 9c sind im Anhang die Beträge der Kredite und Vorschüsse ein- 9 0 6 schließlich der Haftungsverhältnisse anzugeben. Kredite im Sinne dieser Vorschrift sind jede Art von Zuwendungen, die nicht innerhalb von kurzer Zeit rückzahlbar sind, sonst gelten sie als Vorschüsse. Die Angabe von Vorschüssen in den Rechnungslegungsvorschriften ist neu. Unter Vorschüssen sind Vorauszahlungen auf jede Art von den Mitgliedern der betroffenen Personengruppen (vgl. Rdn. 900) zustehende Vergütungen anzusehen, z.B. auf Gehälter, Tantiemen, Aufsichtsratsvergütungen, aber auch Reisekosten und sonstige Auslagenvorschüsse. Anzugeben sind jeweils die Höhe der Nominalbeträge; auf deren Höhe kommt es nicht an; jedoch ist das Prinzip der Wesentlichkeit (vgl. Rdn. 127 f) auch hier zu beachten. Niehus/Scholz

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HGB §§ 238-335

Rechnungslegung

907

Angabepflichtig sind darüber hinaus die Zinssätze der diesem Personenkreis (vgl. Rdn. 900) gewährten Kredite sowie die wesentlichen Kreditbedingungen. Diese Angaben sind ebenfalls neu. Sie gehen weit. Die Zinsangabe will die jeweils den Kreditnehmern belasteten Effektivzinsen erfassen; dabei dürften marktübliche Zinsen als statthaft angesehen werden. Unter die Pflicht zur Angabe der wesentlichen Kreditbedingungen fallen u.a. Angaben zur Besicherung, Verzinsung, Rückzahlung des Kredites.

908

Schließlich fallen unter die Angabepflicht ggf. im Geschäftsjahr — tatsächlich — zurückgezahlte Beträge auf den in Anspruch genommenen Kredit sowie die zugunsten dieser Personen eingegangenen Haftungsverhältnisse. Die Formulierung ist so weitgehend, daß alle Arten von Haftungsverhältnissen von ihr betroffen sein können. Die Angabe des Betrages der übernommenen Haftungssumme wird nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht verlangt. Zu einzelnen Haftungsverhältnissen vgl. Rdn. 629 ff.

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j) Namen der Organmitglieder. In der Begründung zum Reg.-Entwurf (S. 110) heißt es dazu: „ D i e in Absatz 6 vorgesehenen Angaben entsprechen der für Geschäftsbriefe geltenden R e g e l u n g in § 35a G m b H G . D e r A n h a n g wäre unvollständig, wenn diese Angaben nicht a u f g e n o m m e n w ü r d e n . "

Auch diese Vorschrift ist neu. Die Angaben sind im Gläubigerinteresse erforderlich und sollen dazu dienen, die geschäfts- und aufsichtführenden Personen leichter ermitteln zu können (vgl. Begr. zum RegEntw 42). 910

Im Anhang sind sämtliche Geschäftsführer (vgl. § 6 Rdn. 2 ff) und alle Mitglieder des Aufsichtsrates (vgl. § 52 Rdn. 4 ff) im Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses namentlich anzugeben, auch wenn sie im Geschäftsjahr, auf das sich der Abschluß bezieht, oder später ausgeschieden sind. Es ist jedes Mitglied aufzuführen, das in dem Zeitraum vom 1. T a g des Geschäftsjahres bis zur Aufstellung des Jahresabschlusses (vgl. Rdn. 86 ff) nach Abschluß des Geschäftsjahres zu irgendeinem Zeitpunkt einem der vorgenannten Gremien angehört hat. Es sind also ggf. auch die im neuen Jahr bestellten Geschäftsführer aufzuführen. In den Anhang also sind der Familienname und mindestens ein ausgeschriebener Vorname jedes Mitgliedes dieser getrennt aufzuführenden Gremien aufzunehmen. Die Vorsitzenden und die etwaigen Vertreter dieser Organe sind als solche zu bezeichnen. Eine Unterlassung dieser Angaben zieht u . a . die Rechtsfolgen aus § 3 3 1 nach sich (vgl. Rdn. 1565 f).

911

k) Beteiligungen. Diese Bestimmung der deutschen Rechnungslegungsvorschriften wurde durch Art. 43 Abs. 1 Nr. 2 der 4. EG-Richtlinie gefordert. Man muß zugeben, daß diese Vorschrift, insbesondere die damit verbundene Angabepflicht über die Eigenkapitalposten einschließlich des Jahresergebnis968

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

ses, für die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse des Beteiligungsunternehmens von Wichtigkeit sein kann. Diese Angaben dürfen statt im Anhang auch in einer gesonderten Aufstellung gemacht werden, die dann Bestandteil des Anhangs ist. Auf die besondere Aufstellung und den Ort ihrer Hinterlegung (i.d.R. beim Handelsregister) ist im Anhang hinzuweisen (§287 HGB). Da die gesonderte Aufstellung Teil des Anhangs bleibt, gelten auch für diese die Vorschriften des Anhangs. Diese Möglichkeit ist besonders f ü r große Gesellschaften wegen der Veröffentlichung im Bundesanzeiger interessant. Angaben sind f ü r die Beteiligungen an Gesellschaften zu machen, an denen 9 1 2 das berichtende Unternehmen 20 % oder mehr der Anteile unmittelbar oder mittelbar besitzt. Die Grenze von 20 % ist neu. Die Bemühungen von deutscher Seite bei der Verabschiedung der 4. EG-Richtlinie, diese Grenze auf 25 °/o anzuheben und damit die Verhältnisse des AktG 1965 (§ 20 Abs. 1 oder 4) herzustellen, waren nicht erfolgreich. Die Berichterstattungspflicht wird von der Beteiligungsvermutung (vgl. Rdn. 431, 436) nicht tangiert. Für die Ermittlung der 20 %-Grenze gilt wie bisher die Vorschrift des § 16 Abs. 2 und 4 AktG 1965, d.h. die eigenen Anteile sind mit denen, die von verbundenen Unternehmen (vgl. Rdn. 426 ff) gehalten werden, zusammenzurechnen. Im einzelnen sind folgende Angaben zu machen:

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— N a m e und Sitz des anderen Unternehmens, — H ö h e des Anteils am Kapital (dieser kann zweifelhaft sein, z.B. bei einer gerade durchgeführten Kapitalerhöhung, bei Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften, die kein festes Kapital haben), — Eigenkapital des anderen Unternehmens (hier ist davon auszugehen, daß unter Eigenkapital (vgl. Rdn. 513 ff) sämtliche Posten zu verstehen sind, die unter diesem Bilanzposten erfaßt werden; der Sonderposten mit Rücklageanteil ist nicht zu berücksichtigen), — das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres des anderen Unternehmens, f ü r das ein Jahresabschluß vorliegt (das Gesetz sagt nicht, was es unter dem Ergebnis versteht; im allgemeinen wird man vom Jahresüberschuß oder -fehlbetrag auszugehen haben). Anzugeben ist das Gesamtergebnis, nicht der der Beteiligung entsprechende Anteil. Sinn dieser Angabepflicht soll wohl sein, dem interessierten Bilanzleser die evtl. aus der Beteiligung zu erwartende Dividende offenzulegen. Dies ist jedoch insofern ein Trugschluß, als mit einer 20-%igen Beteiligung häufig keine Dividendenentscheidung herbeigeführt werden kann. Zweifelhaft kann sein, welcher Abschluß der Berichterstattung zugrunde zu legen ist, ob der zuletzt aufgestellte, geprüfte oder festgestellte Abschluß. U.U. liegt nur ein aufgestellter, ggf. noch ungeprüfter Jahresabschluß vor. Dann ist über diesen zu berichten. Die Beachtung des Grundsatzes der Ausweisstetigkeit gebietet es, daß bei der Berichterstattung über den Jahresabschluß des Beteiligungsunternehmens desNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

sen chronologische Folge zugrundegelegt wird; denn durch die Ausschöpfung der Freiheit über den Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses soll die Berichterstattung über die Verhältnisse bei der Beteiligungsgesellschaft nicht beeinträchtigt werden. Bei Beteiligungsunternehmen, die einen Ergebnisabführungsvertrag geschlossen haben, wird i.d.R. das Ergebnis „Null" sein. Ist in diesem Falle die Beteiligung mit einer Garantiedividende ausgestattet, ist u.E. darüber zu berichten. 914

1) Sonstige Rückstellungen. Diese Erläuterungspflicht resultiert aus Art. 42 Satz 2 der 4. EG-Richtlinie und betrifft 1. nur die in dem Posten „sonstige Rückstellungen" nicht gesondert ausgewiesenen Rückstellungen und 2. nur solche Rückstellungen, die einen nicht unerheblichen Umfang haben. zu 1. Von dieser Regelung ist bei allen Gesellschaften gleich welcher Größenordnung nur der Unterposten „sonstige Rückstellungen" betroffen. Es sind also Rückstellungen nach § 249 Abs. 1 sowie Abs. 2 HGB, die nicht gesondert auszuweisen waren bzw. ausgewiesen worden sind, ggf. auf Grund dieser Regelung berichtspflichtig, sofern sie einen nicht unerheblichen Umfang haben (vgl. zu 2.). Das Gesetz läßt offen, in welcher Weise die Rückstellungen aufzugliedern sind. Eine Grobgliederung in Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten einerseits und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften andererseits bietet sich an; ferner sollten zumindest die Rückstellungen gem. §249 Abs. 2 H G B (vgl. Rdn. 604) gesondert genannt werden. Zu einzelnen Rückstellungsarten vgl. Rdn. 554 ff. zu 2. Eine Umschreibung des Tatbestandes eines nicht unerheblichen Umfangs bietet weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung. Es ist auf die Ausführungen zur Wesentlichkeit hinzuweisen (vgl. Rdn. 127 f).

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m) Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts. Die Angabe ist erforderlich, weil in § 255 Abs. 4 H G B von Art. 37 Abs. 2 Satz 2 der 4. EG-Richtlinie Gebrauch gemacht wird, die Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts über einen längeren Zeitraum als fünf Jahre zuzulassen (vgl. Ausschußbericht, 111). Da in der Steuerbilanz der Geschäfts- oder Firmenwert künftig planmäßig über seine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden darf und diese bei Gewerbebetrieben 15 Jahre beträgt (vgl. § 7 Abs. 1 970

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Satz 3 EStG), hat der Gesetzgeber diese Abschreibung auch handelsrechtlich zugelassen (§ 255 Abs. 4 Satz 3 HGB). Der Gesetzgeber hat unterstellt, daß der erworbene Geschäfts- und Firmenwert i.d.R. nach 5 Jahren nicht mehr vorhanden ist, so daß dieser Gegenstand innerhalb dieses Zeitraumes abzuschreiben ist (§ 255 Abs. 4 Satz 2 HGB). Damit erklärt sich, daß die G m b H eine längere Abschreibungsdauer im Anhang begründen muß. n) Konzernverhältnisse. Die Angabepflicht zum Konzernverhältnis ist erst 9 1 6 einen Tag vor Verabschiedung des Gesetzes durch den Deutschen Bundestag, nämlich am 4.12.1985, in den Gesetzesentwurf eingefügt worden. Der Sinn dieser Angabepflicht besteht darin, Bilanzlesern von abhängigen Kapitalgesellschaften (Tochterunternehmen vgl. Rdn. 956) einen Zugang zum Konzernabschluß von Mutterunternehmen zu ermöglichen. Es sind anzugeben: (1) Name und Sitz der Mutterunternehmen (vgl. Rdn. 952), die Konzernabschluß für den — größten Kreis von Unternehmen und den — kleinsten Kreis von Unternehmen aufstellen; (2) Ort der Hinterlegung der Konzernabschlüsse.

den

Der kleinste Kreis kann aus z.B. zwei einzubeziehenden Unternehmen, der bilanzierenden Kapitalgesellschaft und deren Mutterunternehmen, bestehen. Den Konzernabschluß für den größten Kreis von Unternehmen stellt die Gesellschaft an der Konzernspitze auf. Als Ort des verwahrten Konzernabschlusses ist das Amtsgericht am Sitz des jeweiligen Mutterunternehmens anzugeben. Die Handelsregisternummer ist gleichfalls aufzuführen. Aus dem Zweck der Gesetzesvorschrift ergibt sich, daß nur das Mutterunternehmen anzugeben ist, das einen Konzernabschluß aufstellt, auch wenn es sich um einen nicht gesetzlich vorgeschriebenen handelt. Diese Angabepflicht schließt u.E. die Pflicht von Mutter- und Tochterunternehmen zur Herausgabe von Konzernabschlüssen an Dritte nicht ein. 6. Grenzen der Berichterstattungspflicht („Schutzklausel"). Die Ausnahmen 9 1 7 der Berichterstattung im Anhang ergeben sich aus den Vorschriften im § 286 Absätze 1 bis 3 HGB. Nach Absatz 1 dieser Norm haben die in den Vorrandnummern aufgeführ- 9 1 8 ten Angabepflichten im Anhang insoweit zu unterbleiben, als es für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist. Das lehnt sich an §§ 93 ff StGB über den strafrechtlichen Staatsschutz an und ist im Grunde selbstverständlich. Eine Berichterstattung entfällt, wenn sich die Geschäftsführer wegen Geheimnisverrats strafbar machen würden. Das Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

gleiche müßte gelten, wenn sie sich durch die Angabe aus einem anderen Grunde strafbar machten. Wenn also aus diesem Grunde eine Angabe unterblieben ist, braucht das nicht — und darf das u.U. aus Geheimhaltungsgründen nicht — im Anhang angegeben zu werden. Infolgedessen besteht die Gefahr eines unrichtigen Gesamteindrucks (vgl. Kropff in Geßler/Hefermehl/Ekkardt/Kropff § 160,16). Dieses Berichterstattungsverbot war im §160 Abs. 4 Satz 2 AktG 1965 gleichlautend formuliert und mit dem Begriff Schutzklausel belegt worden. Uber die Anwendung der Schutzklausel ist im Anhang nicht zu berichten, da der Gesetzgeber dies im Gegensatz zu den Vorschriften des Aktiengesetzes 1965 nicht ausdrücklich fordert. Die Anwendung der Schutzklausel nach § 286 Abs. 1 H G B gibt der bilanzierenden Gesellschaft kein Wahlrecht, sondern ist verpflichtend. Die Interessen des Staates gehen zwingend vor. Die Gesellschaft hat nur nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob das Wohl des Staates, ob öffentliche Interessen überhaupt durch die Berichterstattung berührt werden. Dies wird z.B. immer der Fall sein, wenn sich die Gesellschaft bei der Übernahme einer Beteiligung oder dem Eingehen eines Vertrags mit der öffentlichen Hand entweder ausdrücklich zu einer entsprechenden Verschwiegenheit verpflichten mußte oder eine Berichterstattung die Verletzung einer entsprechenden strafrechtlichen Vorschrift (§§99 ff StGB) bedeuten würde (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 160, 9). Im Interesse der mit der Rechnungslegung verfolgten Informationsvermittlung ist diese Ausnahmevorschrift eng auszulegen (vgl. Selchert/Karsten BB 85, 1890). 919

Bei der Anwendung der Ausnahmeregelungen in § 286 Abs. 2 und 3 H G B ist zu berücksichtigen, daß (a) die betreffenden Vorschriften als Ausnahmeregelungen eng auszulegen sind, d.h. eine analoge Anwendung auf weitere Angaben im Anhang ist nicht zulässig, (b) im Anhang zwar Angaben unterlassen, jedoch niemals falsche Angaben gemacht werden dürfen; was im Anhang gesagt wird, muß richtig sein, (c) durch die Anwendung der Ausnahmeregelung nicht ein falsches Bild über die Lage der Gesellschaft vermittelt wird; falls aufgrund der Ausnahmeregelung über ungünstige Momente nicht berichtet wird, so sind andere Punkte im Anhang entsprechend zurückhaltend abzufassen, damit der Vorschrift des § 264 Abs. 2 H G B entsprochen wird, (d) je ungünstiger die Tatsache, über die nicht berichtet werden soll, für die Gesellschaft ist, desto schärfere Anforderungen an die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmeregelung zu stellen sind, (e) es sich immer um Nachteile der bilanzierenden Gesellschaft oder eines Beteiligungsunternehmens handeln muß. Entscheidend ist, daß man nach 972

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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vernünftiger kaufmännischer Beurteilung mit der Entstehung des Nachteils rechnen muß. (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 160, 10 m.w.N.). Ist unter Verwendung der vorstehenden Beurteilungskriterien ermittelt worden, daß die Gesellschaft das Recht zum „Schweigen" hat, wird vielfach die Frage zu stellen sein, ob die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung nicht größere Nachteile als eine Berichterstattung mit sich bringt. Die jeweils drohenden Nachteile sind gegeneinander abzuwägen. Treffen ein „Schweigenkönnen" (§ 286 Abs. 3 HGB) und ein „Schweigenmüssen" (§ 286 Abs. 1 HGB) zusammen, ist die Gesellschaft zum Schweigen verpflichtet (vgl. auch Adler/Düring/Schmalz § 160, 10 f). Die Umsatzerlöse brauchen nicht aufgegliedert zu werden, soweit die Auf- 9 2 0 gliederung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Kapitalgesellschaft oder einem Unternehmen, von dem die Kapitalgesellschaft mindestens den fünften Teil der Anteile besitzt, einen erheblichen Nachteil zuzufügen (§ 286 Abs. 2 HGB). Zur Anwendung dieser Ausnahmeregelung können z.B. folgende Sachverhalte führen (vgl. Ertner W P g 68, 509 ff): — Der Vertrieb von Produkten durch die Beteiligungsgesellschaft, die zu den Produkten der Obergesellschaft in Konkurrenz stehen; — Lieferungen eigener Produkte einer berichtspflichtigen Gesellschaft nicht nur an eine ihr gehörende Handelsgesellschaft, sondern auch an Dritte. Allein das Vorliegen eines solchen Sachverhalts reicht für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung nicht aus. Es kommt vielmehr auf das Ausmaß der wirtschaftlichen Wirkung im Einzelfall an, wobei der Bilanzierende eine Interessenabwägung zwischen der Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses und dem Schutzbedürfnis der Gesellschaft vorzunehmen hat, die er in den seltensten Fällen auf objektiven Maßstäben basieren kann (vgl. u.a. Jonas 80, 212). Die Inanspruchnahme dieser Ausnahmeregelung von der Berichtspflicht braucht — im Gegensatz zum Konzernanhang — nicht im Anhang angegeben zu werden. Die Vorschrift über zulässige Ausnahmen von den Angabepflichten im An- 921 hang zu den Beteiligungsgesellschaften (§ 286 Abs. 3 H G B ; vgl. Rdn. 917 ff) geht auf Art. 43 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 sowie auf Art. 45 Abs. 1 b) der 4. EG-Richtlinie zurück. Danach kann eine Berichterstattung über die Gesellschaften unterbleiben, wenn sie f ü r die Darstellung der Vermögens-, Finanzund Ertragslage (vgl. Rdn. 108 ff) der berichtenden Gesellschaft von untergeordneter Bedeutung sind. Es können also Gesellschaften aus der Berichterstattung herausgelassen werden, wenn ihre wirtschaftliche Gesamtgröße im Rahmen des Jahresabschlusses der Obergesellschaft unwesentlich ist. Zur Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Beurteilung der Wesentlichkeit sind insbesondere folgende Größeft geeignet: Umsatzerlöse, Eigenkapital, Jahresergebnis und Bilanzsumme, jeweils im Verhältnis zu den entsprechenden Größen der Gesellschaft, die die Beteiligung hält. Zum Begriff der Wesentlichkeit vgl. auch Rdn. 127 f. 922

Von der Berichterstattungspflicht nach § 285 Nr. 11 H G B sind auch Angaben über Beteiligungsgesellschaften ausgenommen, wenn sie nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet sind, der berichtenden Gesellschaft oder der Beteiligungsgesellschaft, über die zu berichten wäre, einen erheblichen Nachteil zuzufügen. Unter diese Ausnahmeregelung können z.B. folgende Sachverhalte fallen (vgl. Ertner aaO): — Die Beteiligung der berichtspflichtigen Gesellschaft an einer Vertriebsgesellschaft, die auch für die Konkurrenz tätig ist. — Die Sicht der einer berichtspflichtigen Obergesellschaft gehörenden H a n delsgesellschaft als allgemein selbständiges und dementsprechend unabhängiges Unternehmen. Diese Sachverhalte allein berechtigen noch nicht zur Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung, sondern es muß eine Interessenabwägung erfolgen; vgl. die Ausführungen in Rdn. 920. Die Anwendung der unter dieser Randnummer aufgeführten Ausnahmeregelung ist im Anhang anzugeben.

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Eine weitere Einschränkungsmöglichkeit der Berichterstattungspflicht besteht darin, daß Angaben zum Eigenkapital und Jahresergebnis von Beteiligungsunternehmen, die ihren Jahresabschluß nicht offenzulegen haben (z.B. Einzelunternehmen, „echte" Personengesellschaften, bei denen mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist) und an denen die berichtspflichtige Kapitalgesellschaft weniger als die Hälfte der Anteile besitzt, nicht gemacht zu werden brauchen; die übrigen in § 285 Nr. 11 H G B geforderten Angaben über diese Unternehmen sind jedoch uneingeschränkt zu machen.

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7. Größenabhängige Erleichterungen. Die in den §§ 284 und 285 H G B dargestellten Angabepflichten (vgl. Rdn. 848 ff) gelten in vollem Umfang nur für die großen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 80). Kleinen (vgl. Rdn. 78) und mittelgroßen (vgl. Rdn. 79) Kapitalgesellschaften sind durch die Vorschrift des §288 H G B Erleichterungen von der Berichtspflicht eingeräumt. Dieser Befreiungstatbestand braucht von der betreffenden Gesellschaft nicht gesondert erwähnt zu werden. Kleine Kapitalgesellschaften brauchen folgende in § 285 H G B grds. vorgeschriebenen Angaben nicht zu machen (§288 Satz 1 HGB): Es entfallen Angaben 974

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

— über die Aufgliederung der Verbindlichkeiten, die durch Pfandrechte etc. gesichert sind oder die eine Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren haben, für jeden Verbindlichkeitsposten (§ 288 Satz 1 i.V.m. § 285 Nr. 2 HGB); — über den Gesamtbetrag der „sonstigen finanziellen Verpflichtungen" (§288 Satz 1 i.V.m. § 285 Nr. 3 H G B ) ; — über die Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen (§ 288 Satz 1 i.V.m. § 285 Nr. 4 H G B ) ; — über die Auswirkungen steuerrechtlicher Bewertungen auf das Handelsbilanzergebnis (§ 288 Satz 1 i.V.m. § 285 Nr. 5 H G B ) ; — über die durchschnittliche Arbeitnehmerzahl (§ 288 Satz 1 i.V.m. § 285 Nr. 7 H G B ) ; — über den Materialaufwand bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens (§ 288 Satz 1 i.V.m. § 285 Nr. 8a H G B ) ; — über die Gesamtbezüge der aktiven und ehemaligen Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft (§ 288 Satz 1 i.V.m. § 285 Nr. 9 a, 9 b H G B ) ; — über die unter den „sonstigen Rückstellungen" nicht gesondert ausgewiesenen Rückstellungen (§ 288 Satz 1 i.V.m. § 285 Nr. 12 H G B ) . Mittelgroße Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 79) sind lediglich davon befreit, Angaben — über die Aufgliederung der Umsatzerlöse (§ 288 Satz 2 i.V.m. § 285 Nr. 4).

nach

Tätigkeitsbereichen

machen zu müssen.

IX. Materieller und formeller Inhalt des Lageberichts (§ 289 H G B ) 1. Bedeutung. Der Lagebericht ist zwingender Bestandteil der Rechnungs- 9 2 5 legung, die der G m b H obliegt, und ist von den Geschäftsführern aller G m b H ' s zu erstellen. Er unterliegt nach §§316, 317 H G B (vgl. Rdn. 1487 ff) der Prüfungspflicht bei mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften. Dies kommt auch im Bestätigungsvermerk (§322 H G B , vgl. Rdn. 1513 ff) zum Ausdruck. Seine Bedeutung begründet sich darauf, daß er den Jahresabschluß in allgemeiner Form ergänzt (vgl. Begr. zum Gesetzesentw., 94). Er ist kein Bestandteil des Jahresabschlusses. Der Lagebericht soll vor allem etwas über die Zeit nach dem Bilanzstichtag bis zur Fertigstellung des Jahresabschlusses und über die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft aussagen. M.a.W. er soll einen zusammenfassenden Überblick über die Situation der Gesellschaft geben und darüber informieren, ob sich das Unternehmen als „going-concern" behaupten und seinen Verpflichtungen genügen kann (vgl. Kropff BFuP 80, 523). Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Der Lagebericht dient vor allem der Unterrichtung der Gesellschafter, der Gläubiger und der Belegschaft sowie insoweit der sonstigen Öffentlichkeit, als er bekanntzumachen oder beim Handelsregister zu hinterlegen ist (vgl. § 325 HGB). Gegenüber dem Anhang ist er das schwächere Publizitätsmittel, da er entweder nicht offengelegt werden muß (vgl. 1543 ff, kleine Kapitalgesellschaften und nach dem PublG veröffentlichende Personengesellschaften) oder nur zu hinterlegen ist (vgl. 1546 f, mittelgroße Kapitalgesellschaften). 926

2. Formelle Anforderungen. Die Vorschrift zur Aufstellung des Lageberichts enthält keine gesetzlichen Anweisungen über die formelle Gestaltung des Lageberichts. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung im § 244 H G B dürfte der Lagebericht in deutscher Sprache aufzustellen sein und Beträge dürften in Deutscher Mark angegeben werden müssen. Es besteht kein sachlicher Grund, den Lagebericht anders zu behandeln als den Jahresabschluß, der durch den Lagebericht ergänzt wird. Da auch von der Rechtsprechung, Wissenschaft und Praxis bisher kaum Gestaltungsnormen entwickelt worden sind oder sich ein BerichterstattungsSoll herausgebildet hat (vgl. Baucbowitz 79, 25 ff; Clemm/Reittinger BFuP 80, 498), besteht für die äußere Gestalt des Lageberichts weitgehende Gestaltungsfreiheit, jedoch wird auch ohne ausdrückliche gesetzliche Vorschrift die Verwirklichung beispielsweise der Grundsätze der Klarheit, Überschaubarkeit und der formalen Kontinuität gefordert werden müssen. Da an den Lagebericht weitgehend die gleichen formalen Anforderungen zu stellen sind, wie sie an den Anhang gestellt werden, gelten die zum Anhang gemachten Ausführungen (vgl. Rdn. 855 ff) in entsprechend modifizierter Weise. Obwohl der Anhang und der Lagebericht rechtlich getrennt sind, ist eine Zusammenfassung in einer Drucksache möglich, so daß die Form des bisherigen Geschäftsberichtes beibehalten werden kann (vgl. Kropff BFuP 80, 515).

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3. Materielle Anforderungen. Die gesetzliche Pflicht zur Aufstellung des Lageberichtes ergibt sich für die Geschäftsführer aus § 264 Abs. 1 Satz 1 H G B (vgl. Rdn. 76). Diese Vorschrift regelt auch, binnen welcher Frist der Lagebericht zu erstellen ist (vgl. Rdn. 86 ff). Der Inhalt des Lageberichts ist im § 289 H G B kodifiziert. Diese Norm schreibt den Inhalt des Berichts vor und ist gleichzeitig — im Gegensatz zum Anhang, dessen Inhalt auf mehreren gesetzlichen Vorschriften beruht — seine ausschließliche gesetzliche Grundlage (vgl. Hommelhoff ZIP 83, 388). Die Vorschrift des § 289 H G B geht auf Art. 46 Abs. 1 der 4. EG-Richtlinie zurück und entspricht weitgehend dem § 160 Abs. 1 AktG 1965. Zu den Problemen bei der Transformation und der historischen Entwicklung vgl. Maul WPg. 84, 187 ff. Danach sind im Lagebericht darzustellen: 976

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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(a) Pflichtangaben nach § 289 Abs. 1 H G B : — der Geschäftsverlauf und die Lage der Kapitalgesellschaft (vgl. Rdn. 609 ff), (b) Sollangaben nach § 289 Abs. 2 H G B : — Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluß des Geschäftsjahres eingetreten sind (vgl. Rdn. 937), — die voraussichtliche Entwicklung der Kapitalgesellschaft (vgl. Rdn. 938 ff), — der Bereich Forschung und Entwicklung (vgl. Rdn. 940). Gem. § 289 Abs. 1 H G B sind der Geschäftsverlauf und die Lage der Kapi- 928 talgesellschaft so darzustellen, daß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. Dies erfolgt durch Angaben, die nicht unmittelbar den Jahresabschluß betreffen, aber für die wirtschaftliche Gesamtbeurteilung der Gesellschaft wichtig sind (vgl. W P - H a n d b u c h 85/86 I, 509). Die oben genannten Sollangabepflichten in § 289 Abs. 2 H G B sind als ge- 929 setzliche N o r m im deutschen Rechnungslegungsrecht neu. Derartige Angaben lassen sich aber bisher in praxi schon bei Publikumsgesellschaften finden. Vergleicht man den jetzt Gesetz gewordenen Wortlaut in § 289 Abs. 2 H G B mit dem Vorläufer im Entwurf des Bilanzrichtlinie-Gesetzes vom 3.6.1983, so fällt auf, daß aus der im Entwurf vorgesehenen strengen Formulierung „im Lagebericht sind ferner darzulegen" in der Gesetzesfassung im Abs. 2 nur noch „der Lagebericht soll auch eingehen a u f " wurde. Aus einem Pflichtinhalt ist eine Soll-Vorschrift geworden. Allerdings wird schon jetzt darüber gestritten, wie streng im Einzelfall ein solches Soll zu verstehen ist (vgl. Rdn. 931). Mit der gesetzlichen Formulierung wird u.E. deutlich gemacht, daß die in 930 § 289 Abs. 2 H G B geregelten Sachbereiche nicht dem gesetzlichen Merkmal „Lage der Kapitalgesellschaft" zu subsumieren sind. Gleichzeitig wird daraus der Wille des Gesetzgebers ersichtlich, daß die in der erwähnten Bestimmung geregelten Bestandteile des Lageberichts keine abschließende Regelung enthalten, sondern daß der Lagebericht vielmehr f ü r weitere Informationen offensteht (vgl. Begr. zum Reg.-Entw., 94). Der Lagebericht kann also auf freiwilliger Basis um solche Darlegungen ergänzt werden, die nicht erforderlich sind, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild zu vermitteln. Somit darf der Lagebericht freiwillig z.B. durch eine Kapitalflußrechnung, eine Bewegungsbilanz oder eine Substanzerhaltungsrechnung „aufgebessert" werden. Daneben sind wichtige Ereignisse im Geschäftsjahr denkbar, die nicht in den Bericht über den Geschäftsverlauf aufzunehmen sind. Zusätzlich dürfen Beziehungen zur gesellschaftlichen und unternehmerischen Umwelt (Abnehmer, Lieferanten, Staat) im Lagebericht erscheinen. Wertschöpfungsrechnungen und Sozialberichterstattung sind ebenfalls freiwillige Bestandteile des Lageberichts. Derartige AnNiehus/Scholz

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gaben dürfen jedoch nicht so ausführlich sein, daß diese von den Pflicht- und Sollangabepflichten ablenken. In einem solchen Falle wären die freiwilligen Angaben gesondert zu veröffentlichen (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 511). 931

Vergleicht man die beiden Formulierungen in § 264 Abs. 2 H G B (Generalnorm, vgl. Rdn. 108 ff) und § 289 Abs. 1 HGB, so stellt man fest, daß in der Generalnorm zum Jahresabschluß der Kapitalgesellschaft (Bilanz, GuV-Rechnung und Anhang) zusätzlich auf die „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung" Bezug genommen wird und daß das den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild ausdrücklich auf die „Vermögens-, Finanz- und Ertragslage" bezogen wird. Die zwei Verweise fehlen in der kürzer gefaßten Generalnorm in § 289 H G B zum Lagebericht. Herrschende Literaturmeinung scheint zu sein, daß durch das Fehlen dieser beiden Zusätze die für den Lagebericht formulierte Norm „weiter" geht, weil sie nicht die zwei ausdrücklich genannten Bezüge enthält. Dieser Ausweitung ist auch der Grundsatz der Wesentlichkeit anzupassen. Im Lagebericht sind danach auch Verhältnisse und Umstände anzusprechen, die durch die GoB nicht erfaßt werden oder die über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage hinausgehen. Es existiert eine Vielzahl solcher Umstände und Verhältnisse, die für die Beurteilung der Lage einer Kapitalgesellschaft von Bedeutung sind, ohne daß sie in einem der drei Bestandteile des Jahresabschlusses bereits angesprochen sind. Hierbei könnte es sich z.B. handeln um: — einerseits existenzbedrohende Entwicklungen, z.B. Veränderungen in der Nutzung der relevanten räumlichen Nachbarschaft, die nicht verhindert werden können, den Geschäftsbetrieb aber beeinträchtigen werden, Veränderungen der Marktverhältnisse, z.B. durch Substitutionsprodukte anderer Hersteller oder Anbieter, durch trendmäßige Veränderung von Konsumgewohnheiten — auslaufende eigene Patente; drohende Reglementierungen oder Beschränkungen; Einschränkungen von Betriebsgenehmigungen oder Baugenehmigungen; Beschränkungen durch Quotenregelungen etc; — andererseits den Hinweis auf besondere geschäftliche Chancen und unrealisierte Gewinne aus laufenden Geschäften. Nach der den Lagebericht bestimmenden Norm sind also diejenigen ergänzenden Hinweise zu geben, die nach den Bilanzierungsvorschriften im Jahresabschluß des Berichtsjahres noch nicht erfaßt wurden, trotzdem aber eine notwendige Ergänzung sind, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Gesellschaft zu zeichnen. Diese Norm gilt aber nicht nur für den Pflichtinhalt des Lageberichtes (Abs. 1), sondern auch für die Soll-Inhalte (Abs. 2; vgl. Rdn. 936 ff). Da es sich vielfach um Wertungen von Unternehmensdaten im Vergleich mit externen Daten handelt, sind die Urteile im Lagebericht zwangsläufig subjektiv (vgl. Maul WPg. 84, 187; Adler/Düring/ Schmaltz % 160, 20). 978

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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Neben den inhaltlichen Pflicht- und Sollangaben und dem Gebot zu einer 932 Berichterstattung, die ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild entstehen lassen müssen, gibt der genannte Gesetzestext keine näheren Anweisungen, wie der Inhalt dieses Berichtes auszusehen hat. Er ist nach wie vor nicht klar definiert und bietet daher einen beachtlichen Gestaltungsfreiraum, der jedoch dort seine Begrenzung findet, wo der Bericht unwahr, unklar, unübersichtlich oder unvollständig zu werden droht. Der gesetzlichen Vorschrift wird u.E. nicht genügt, wenn sich die Angaben im Lagebericht auf allgemein wirtschaftliche Ausführungen über die Marktund Wirtschaftslage des betreffenden Geschäftszweiges beschränken. Die Ausführungen müssen unternehmensbezogen sein. Nicht erst die ggf. vorgeschriebene Offenlegungspflicht des Lageberichts 933 wirft die Frage nach den Ausnahmen der Berichterstattungspflicht auf. Auch wenn der N o r m des § 289 H G B eine Vorschrift fehlt, die es gestattet, die Berichterstattung einzuschränken, so wird sie u.E. analog §286 Abs. 2 und 3 N r . 2 H G B unterbleiben dürfen, wenn sie nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, dem Unternehmen einen erheblichen Nachteil zuzufügen (vgl. auch Clemm/Reittinger BB 80, 499); m.a.W. die Forderung nach möglichst umfassender Berichterstattung muß dort ihre Grenze finden, wo die Bekanntgabe von unternehmensbezogenen Informationen mit Gewißheit oder Wahrscheinlichkeit Nachteile f ü r das Unternehmen herbeiführen würde (vgl. Pfeiffer W P g . 74, 163). Allerdings wird diese Einschränkung der Berichterstattung durch die Vorschrift des § 317 Abs. 1 Satz 3 H G B begrenzt, wonach die Angaben im Lagebericht keine falsche Vorstellung von der Lage der Gesellschaft vermitteln dürfen (vgl. Kropff BFuP 80, 522).

4. Inhalt a) Pflichtangaben. Im Lagebericht sind zum Geschäftsverlauf und zur Lage 934 der Gesellschaft Angaben zu machen; „Geschäftsverlauf" ist die Darstellung des historischen Ablaufs der Geschäftstätigkeit des vergangenen Geschäftsjahres, während unter „Lage" alle Tatsachen und Umstände zu verstehen sind, die nach vernünftigem kaufmännischem Ermessen unter Berücksichtigung der Anschauungen des Verkehrs notwendig sind, um eine wirtschaftliche Gesamtbeurteilung der Gesellschaft zu ermöglichen. Auf der Basis dieses Begriffsverständnisses bestünde dann keine Notwendigkeit, über den in § 289 Abs. 1 H G B beschriebenen Mindestumfang des Lageberichts hinauszugehen (vgl. Emmerich/Künnemann WPg. 86, 145). Der Gesetzgeber hat dies offenbar anders gesehen (vgl. Rdn. 930). Da jedoch Zukunftsinformationen für die Entscheidung von Bedeutung sind, erscheinen die in § 289 Abs. 2 H G B geregelten Sachgebiete dem Gesetzgeber offenbar als i.d.R. notwendige Bestandteile des Lageberichts, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Bild i.S.d. § 289 Abs. 1 H G B zu vermitteln, die noch um zusätzliche Angaben (vgl. Rdn. 930) ergänzt werden dürfen. Der Bericht über die Lage der Kapitalgesellschaft wird in der Literatur u.a. als eine rein statische Größe verstanden, d.h. als ein Bericht über die Lage der Gesellschaft am Bilanzstichtag. In Verbindung mit dem allgemeinen going concern-Prinzip ist es aber zweckmäßiger, diese Stichtagsbetrachtung als eine in die Zukunft gerichtete Betrachtungsweise auf der Basis der Verhältnisse am Bilanzstichtag zu verstehen. Es ist aber nicht die wirtschaftliche Lage, wie sie z.B. in Unternehmensbewertungsgutachten beschrieben wird, darzulegen. Dazu bedarf es exakterer Informationen als sie das utopischste Gesetz vorsehen könnte (vgl. Moxter BB 82, 1032). Was im einzelnen darzustellen ist, hat der Gesetzgeber in § 289 H G B nicht konkretisiert. Da der Geschäftsverlauf auch keine konkrete Entscheidungshilfe gibt, ist mit Rücksicht auf Sinn und Zweck des Lageberichts zumindest die Fähigkeit des Unternehmens deutlich zu machen, am Markt fortzubestehen (vgl. Kropff BFuP 80, 517, 520). Die Ausführungen über den Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft sind nicht streng voneinander zu trennen, da sie ineinander übergehen. Die Angaben im Lagebericht werden wie bisher unter Vermeidung evtl. Überschneidungen mit den Pflichtangaben im Anhang im einzelnen Ausführungen enthalten über die Marktstellung einschließlich der branchentypischen Rahmenbedingungen und die Struktur des Unternehmens, über den Auftragseingang und Auftragsbestand, über die Absatzmengen und Marktanteile, über Einkauf, Vorratspolitik und Lagerhaltung, über Produktionsprogramm und Beschäftigungsgrad, über die Entwicklung von Kosten und Leistungen, von Aufwendungen und Erlösen, über Investitionen und deren Finanzierung, über Liquidität, Kreditpolitik und Rentabilität. Zu berichten ist ferner über bedeutsame Vorgänge während des Geschäftsjahres, wie z.B. den Abschluß wichtiger Verträge, Änderungen des Produktions- und Absatzprogramms, Erweiterungen oder Einschränkungen des Betriebs, Angliederung von Unternehmen, Gründung von Zweigniederlassungen, Ausgang wichtiger Rechtsstreitigkeiten, Abschluß von bedeutenden Vergleichen, Ereignisse bei verbundenen Unternehmen auch im Ausland (vgl. Ausschußbericht, 111), Unglücksfälle, schwebende Geschäfte, Zins-, Kosten-, Erlös- und Mengenentwicklungen, besondere Verluste, u.U. auch über die Zugehörigkeit zu Kartellen und ähnliche Bindungen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 160, 23). Bei Unternehmen mit verschiedenen Geschäftssparten können Spartenrechnungen und eine Berichterstattung erforderlich sein, die auf die unterschiedliche Situation der einzelnen Sparten eingehen (vgl. W P - H a n d b u c h 85/86 I, 509). Im Lagebericht publizitätspflichtiger Unternehmen war es bisher schon üblich, in dem sog. Sozialbericht Angaben zur Arbeitnehmerschaft und den sozialen Verhältnissen zu machen (vgl. Kropff in G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / Kropff § 160, 21). Folgende Angaben und Verhältnisse wurden hier im Rahmen der freiwilligen Berichterstattung (vgl. Rdn. 930) gemacht bzw. können 980

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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hier gemacht werden (§ 272 Abs. 1 Nr. 7 HGB-Entwurf in der Fassung vom 12.2.82):

(1) die Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft, (2) die Arbeitsbedingungen, (3) die sozialen Verhältnisse, (4) die Gehälter und Löhne betreffend. Im einzelnen kann der Sozialbericht folgende Angaben umfassen: Tarifverträge, Mitbestimmungsrecht, insbesondere Veränderungen der Entlohnung und Arbeitszeit, Rationalisierung der Arbeit, Urlaubsregelung, Aus- und Fortbildung, Lohnverhältnisse der Betriebsangehörigen, Werkswohnungen, Siedlungen, Erholungsheime, Werksverpflegung, betriebliche Gesundheitsfürsorge, Betriebsunfälle und Unfallschutz, Kindertagesstätten, Weihnachts- und Abschlußgratifikationen, Jubiläumsgelder, Sonderzuwendungen und Gewinnbeteiligung der Betriebsangehörigen einschließlich der Ausgabe von Belegschaftsanteilen, Zuweisungen an Pensions-, Wohlfahrtsund Unterstützungskassen. Dieser Teil des Lageberichts erfüllt nur dann den Wortlaut des Gesetzestextes, wenn neben der Lage des Unternehmens am Schluß des Geschäftsjahres auch der Verlauf des Geschäftsjahres durch Mitteilung der wichtigsten Vorgänge dargestellt wird, die für das Jahresergebnis bedeutsam waren.

b) Sollangaben. Die Trennung in § 289 H G B zwischen Absatz 1 und Absatz 9 3 6 2 wird auch im Übergang zu der zukunftsorientierten Berichterstattung erkennbar. Im Absatz 2 — dem eher prognoseorientierten Bestandteil des Lageberichtes — sind in den drei Unterpunkten die folgenden Sollangaben des Lageberichts aufgezählt: 1. Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluß des Geschäftsjahres eingetreten sind, 2. die voraussichtliche Entwicklung der Kapitalgesellschaft (also nicht nur bereits eingetretene Vorgänge), 3. der Bereich Forschung und Entwicklung (zwecks Aussage über die Bemühungen, die als eine noch weiter in die Zukunft gerichtete Orientierung anzusehen sind). Wenn man die beiden Absätze der gesetzlichen Vorschrift (tendenziell gegenwarts- bzw. zukunftsbezogen aus der Sicht des Bilanzstichtages) so interpretiert, ist es verständlich, daß Absatz 1 als eine ,,Pflicht"-Vorschrift, hingegen Absatz 2 nur als eine „Soll"-Vorschrift formuliert ist. Es ist vernünftig, eine Berichterstattung über die erkennbaren tatsächlichen Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Verhältnisse zwingend vorzuschreiben; es ist aber nur unter Einschränkungen gut, Aussagen über voraussichtliche Entwicklungen zu erzwingen. Ein ähnlicher Unterschied gilt für die Möglichkeit der Prüfung dieser beiden Bestandteile des Lageberichtes. Es ist möglich, den Bericht über tatsächliche Verhältnisse zu prüfen; Prognosen lassen sich nur auf Plausibilität untersuchen. Es ist auch sehr schwer, die Vollständigkeit von Prognosen zu prüfen (vgl. Bretzke WPg. 79, 337 ff). Es wird in praxi vom Einzelfall abhängen, wann die ,,Soll"-Vorschriften in Absatz 2 als Gebot anzusehen sind. ,,Bei einer Soll-Vorschrift handelt es sich um eine gesetzliche Bestimmung, die ein Tun oder Unterlassen zwar für den Regelfall, nicht aber zwingend vorschreibt" (Creifelds 83, 966). Nach dem bisherigen Stand der Diskussion gilt die in § 289 Abs. 1 H G B enthaltene Generalnorm für den gesamten Lagebericht und damit auch für die ,,Soll"-Vorschriften. Daraus ist zu folgern, daß immer dann über die stufenweise weiter in die Zukunft reichenden vorhersehbaren Entwicklungen nach den „SoH"-Vorschriften berichtet werden muß, wenn solche Angaben für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes unabdingbar sind. Es besteht hingegen keine Angabepflicht, wenn schwere Schäden für das Unternehmen zu befürchten wären. Das gilt insbesondere für Geschäftsgeheimnisse und voraussichtliche Entwicklungen im Markt oder im Bereich der Forschung und Entwicklung, die gegenüber Wettbewerbern geheimzuhalten sind. Gerade dieser auf die Zukunft bezogene Teil des Lageberichts wird auch in der künftigen Praxis Gegenstand ernsthafter Auseinandersetzungen sein. Der berichtspflichtigen Kapitalgesellschaft wird gerade im Rahmen dieser „Soll"-Vorschriften ein erheblicher Ermessensspielraum eingeräumt werden müssen. Diese gesetzlichen Vorschriften sind so eng wie möglich auszulegen, um nicht vitale Interessen der zu dieser erweiterten Rechnungslegung verpflichteten Unternehmen zu verletzen. 937

c) Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluß des Geschäftsjahres eingetreten sind. Gemäß § 289 Abs. 2 Nr. 1 H G B ist im Lagebericht zwingend über Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluß des Geschäftsjahres eingetreten sind, zu berichten. Diese waren für Aktiengesellschaften schon immer berichtspflichtig. Derartige Vorgänge sind entsprechend dem Zweck dieser Berichterstattung alle Ereignisse, die f ü r die Beurteilung der dauernden Existenzfähigkeit des Unternehmens und seiner Zukunftsaussichten erheblich sein können (vgl. Kropff BFuP 80, 530 m.w.N.). Gegenstand dieses Teils der Berichterstattung ist die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft nach dem Abschlußstichtag bis zum Zeitpunkt der Berichterstattung, also Vorgänge, die im Jahresabschluß weitgehend keinen Niederschlag gefunden haben. Zu berichten ist beispielsweise über den Ausgang von Prozessen, über Maßnahmen der Kapitalerhöhung oder Kapitalher982

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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absetzung, über den Erwerb oder Verkauf von Grundstücken und Beteiligungen, über die Gründung oder Aufgabe von Niederlassungen, über das Eingehen neuer Interessengemeinschaften, über Verträge von außergewöhnlicher Bedeutung, über den Eintritt vermutlicher Verluste, über Kurzarbeit, Betriebsstillegungen sowie über stark rückläufige Marktpreise gegenüber den Marktpreisen am Bilanzstichtag (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 160, 25 m.w.N.). Es muß sich also immer um wesentliche Vorgänge handeln, ohne deren Kenntnis ein falsches Bild von den tatsächlichen Verhältnissen — nicht nur der Aussichten für das neue Geschäftsjahr, sondern auch der Lage des Unternehmens zum Bilanzstichtag — vermittelt wird. Ob Vorgänge wesentlich sind, hängt von der Bedeutung ab, die sie für die Gesellschaft haben. So sind größere Verluste, z.B. aus Schadensersatzleistungen, als Folge von Konkursen Dritter, die nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind oder später drohen, anzugeben, wenn sie nach der Größe und der Eigenart des Unternehmens wesentlich sind (vgl. Rdn. 127 f; WP-Handbuch 1985/861,511). Es ist auch immer über positive und über negative Ereignisse zu berichten, da u.a. nur dadurch ein Gesellschafterbeschluß über die Ergebnisverwendung (§ 29 vgl. Rdn. 9 ff) herbeigeführt werden kann, der sowohl eine nicht vertretbare Gewinnausschüttung als auch eine ungerechtfertigte Gewinnthesaurierung vermeidet (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 160, 25). d) Voraussichtliche Entwicklung. Soweit ersichtlich, wird erstmals in der deutschen Gesetzgebung zur Rechnungslegung der Unternehmen im § 289 Abs. 2 Nr. 2 H G B gefordert, daß im Lagebericht Angaben über die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens zu machen sind. Völlig neu sind derartige Angaben in praxi in Lageberichten nicht; schon derzeit werden bspw. in den Geschäftsberichten deutscher Publikumsgesellschaften häufig unter der Uberschrift „Ausblick" mehr oder weniger ausführliche Angaben über erwartete Entwicklungen gemacht (vgl. Bauchowitz 79, 170 ff). Die Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung der Kapitalgesellschaft ist expressis verbis zukunftsorientiert. Die Angaben hierzu entfernen sich damit von den eingetretenen Sachverhalten zu Aussagen über Erwartungen, über wahrscheinliche Entwicklungen, die nur mit entsprechenden Vorbehalten möglich sind. Es können nur Trendaussagen erwartet werden. In der betrieblichen Praxis haben sich zwar Instrumente der Planungsrechnung herausgebildet; die Planungsrechnungen und die den Planungen zugrunde gelegten Annahmen sind jedoch nicht Gegenstand der Berichterstattung im Rahmen eines Lageberichtes. Da der Gesetzgeber keine detaillierten Vorschriften über den Inhalt und den Umfang dieses Berichtsteils definiert und kodifiziert hat, ist fraglich, wie breit und tief die entsprechenden Ausführungen zu sein haben, zumal ihr InNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

formationsgehalt und -wert begrenzt ist. Das Merkmal der voraussichtlichen Entwicklung bezieht sich jedenfalls nicht auf die Lage des Unternehmens (vgl. Selcbert DB 85, 984). Entsprechend dem Vorschlag der Kommission Rechnungswesen im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. ist in diesem Berichtsteil mindestens über voraussichtlich wesentliche Änderungen in den Bereichen Produktion, Personal, Fertigungsanlagen, Absatz, Forschung und Entwicklung sowie in der Marktstellung in den Haupttätigkeitsbereichen zu berichten (vgl. Kommission Rechnungswesen im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V., D B W M ä r z 7 8 , 38). 939 Da die von den Geschäftsführern geforderten Lageberichtsangaben zwangsläufig subjektive Einschätzungen wiedergeben, müssen diese Ausführungen den Berichtsempfängern nachvollziehbar gemacht werden, indem die zugrunde gelegten Annahmen erläutert und nach Möglichkeit quantifiziert werden (vgl. Kropff BFuP 80, 531; Bretzke WPg. 74, 293). Aus dieser Forderung ist jedoch nicht die Pflicht herzuleiten, Prognoserechnungen aufzustellen (vgl. z.B. Forster DB 82, 1633; a.A. Emmerich 85, 223 f). Sie werden in der Praxis auch weitgehend abgelehnt (vgl. Kommission Rechnungswesen aaO, 39). In vielen Fällen können nicht einmal Zahlen über fixierte Umsatz- oder Gewinnprognosen gefordert werden; erwartet werden nur verbale Aussagen (vgl. Kropff aaO, 532), die jedoch den Wahrscheinlichkeits-, d.h. Prognosecharakter der einzelnen Ausführungen deutlich erkennen lassen müssen. Nach derzeit h.M. reicht es also aus, wenn überhaupt etwas zur weiteren Entwicklung dargelegt wird (vgl. Selchert DB 85, 984). Nach dem Gesetzeswortlaut wird allerdings nicht mehr die „Darlegung" der voraussichtlichen Entwicklung, sondern nur ein „Eingehen" darauf gefordert, worin eine weitere Abschwächung zu sehen ist (vgl. Göllert/Ringling BB 85, 975). Inhalt und Umfang dieser Aussagen finden u.a. dort ihre Grenze, wo durch diese Angaben ein falsches Bild der tatsächlichen Verhältnisse gezeichnet wird (vgl. u.a. Rdn. 108 ff) oder wo dem Unternehmen Nachteile oder Schäden durch ihre Publikation entstehen würden oder könnten (vgl. u.a. Rdn. 919 f). Aus der Prüfungspflicht ergibt sich für den Prüfer die besondere Schwierigkeit, die Plausibilität von Tendenzaussagen nachzuvollziehen. Es wird sich aber möglicherweise für die Prüffähigkeit solcher Aussagen die Notwendigkeit herausbilden, daß die Grundlagen für die Berichterstattung zu dokumentieren sind, damit auch diese Aussagen des Lageberichtes prüffähig, d.h. objektiv nachvollziehbar, werden. Für diesen Teil des Lageberichtes wird es darauf ankommen, Berichtstechniken zu entwickeln, durch die einerseits Schönfärbereien und andererseits Schwarzmalereien entgegengewirkt wird. 940

e) Bereich Forschung und Entwicklung. Auch wenn die Rechnungslegungsvorschriften bisher expressis verbis nicht vorschrieben, daß der Bereich Forschung und Entwicklung im Lagebericht dargestellt werden muß, so ist es 984

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C. Aufstellung von Jahresabschluß und Lagebericht

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doch weitverbreitete Praxis, über diese betrieblichen Aktivitäten zu berichten. D u r c h § 289 Abs. 2 N r . 3 H G B wird dies n u n m e h r zwingend vorgeschrieben. Diese Angaben sind f ü r den fachkundig interessierten Leser von g a n z besonderem Interesse. Gleichzeitig muß aber gerade dieser Teil des Berichtes gegen Konkurrenzeinblick geschützt werden. Ein Produktionsbetrieb ist so viel wert, wie „auf dem Brett" ist. D e r gegenwärtige Stand der technischen Entwicklung — im Vergleich zur K o n k u r r e n z — bestimmt die künftigen U m sätze und Erträge und damit den W e r t des Unternehmens. Das Interesse des externen Lesers nimmt deshalb im Lagebericht von einem P u n k t z u m anderen z u ; gleichzeitig aber nimmt die Publizitätsfreudigkeit des Berichterstatters ab. Dazwischen ist der goldene Mittelweg zu finden (vgl. BrockboffWPg. 82, 237 ff; Forster D B 82, 1633; weitergehende Vorstellungen entwickelte Dellmann W P g 82, 557, 587). Es wird i.d.R. darzulegen sein, welche Einrichtungen die Kapitalgesellschaft f ü r Forschungs- und Entwicklungszwecke unterhält, wieviele Mitarbeiter in ihnen beschäftigt sind und mit welchen allgemeinen Zielsetzungen in ihnen gearbeitet wird (vgl. Kropff BFuP 80, 525). Dagegen kann nach Forster (DB 82, 1633) nicht erwartet werden, daß die U n t e r n e h m e n die Ziele der Forschung und Entwicklung im einzelnen beschreiben. Es ist verbreitete Praxis, über die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in verbalen Formulierungen und durch Angaben zur G r ö ß e n o r d n u n g zu berichten. Branchenkenner haben eine Vorstellung davon, wieviel P r o z e n t vom U m s a t z alljährlich f ü r Forschung und Entwicklung ausgegeben werden müssen, um mit der Entwicklung Schritt zu halten. In anderen Fällen werden absolute Beträge in bestimmten G r ö ß e n o r d n u n g e n genannt, die erforderlich sind, um mit der Forschung und Entwicklung der Branche Schritt zu halten. O b Angaben über die H ö h e des Forschungsaufwandes zwingend sind, erscheint zweifelhaft; vorgeschrieben sind sie jedoch nicht. Soweit dies allerdings ohne Wettbewerbsnachteil möglich ist, sollten die H ö h e des Forschungsaufwandes und die erzielten Ergebnisse deutlich gemacht werden ( K r o p f f BFuP 80, 525 ff). Uber künftige M a ß n a h m e n in dem Bereich Forschung und Entwicklung muß nicht berichtet werden (vgl. Dellmann W P g . 82, 560). Bei Angaben über die Forschung und Entwicklung liegt die G e f a h r nahe, daß Wettbewerber z u m Nachteil des Unternehmens erfahren, w o ein technischer V o r s p r u n g gesucht und welche Mittel d a f ü r aufgewandt werden. Soweit diese Besorgnis begründet ist, brauchen Einzelheiten nicht angegeben zu werden (Kropff a a O , 525). Im Einzelfall kann allerdings eine A b g r e n z u n g zwischen der Berichtspflicht und dem legitimen Interesse an einer Geheimhaltung oder an unvollständiger Berichterstattung schwierig sein (vgl. Rdn. 919; BrockhoffWPg. 82, 237). Zusammenfassend ist festzustellen, daß die neuen gesetzlichen Vorschriften 9 4 1 über den Lagebericht gegenüber der bisherigen Praxis bei Aktiengesellschaften und anderen großen publizierenden Gesellschaften keine nennenswerten Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

V e r ä n d e r u n g e n im U m f a n g der Berichterstattung bringen. D i e V o r s c h r i f t e n über die prognoseorientierten Bestandteile des Lageberichtes w u r d e n z u r erläuternden „ S o l l " - V o r s c h r i f t , wie es auch ursprünglich in der 4. E G - R i c h t l i nie vorgesehen war. Ein weiteres Indiz, daß die A n g a b e n im Lagebericht nur den in der 4. EG-Richtlinie unbedingt g e f o r d e r t e n U m f a n g u m f a s s e n sollen, liegt in dem Teil des Bestätigungsvermerkes, der auf den L a g e b e r i c h t B e z u g nimmt. Im G e s e t z wird über den B e s t ä t i g u n g s v e r m e r k (§ 322 H G B , vgl. R d n . 1513 f f ) nur noch g e s a g t : „ D e r Lagebericht steht im E i n k l a n g mit d e m J a h r e s a b s c h l u ß " . E r s a t z l o s gestrichen ist die zweite H ä l f t e der im Entwurf vorgesehenen Formulierung: „ . . . und erweckt keine falsche V o r s t e l l u n g v o n der L a g e der K a p i talgesellschaft". U n v e r ä n d e r t wird d a g e g e n in § 317 H G B (vgl. auch R d n . 1494) z u m G e genstand und U m f a n g der P r ü f u n g g e f o r d e r t : E s ist zu p r ü f e n , „ o b der L a g e bericht mit dem Jahresabschluß im E i n k l a n g steht und ob die sonstigen A n g a ben im L a g e b e r i c h t nicht eine falsche V o r s t e l l u n g von der L a g e des U n t e r n e h mens e r w e c k e n " . D i e strenge wörtliche A u s l e g u n g richtet die auf den L a g e b e r i c h t b e z o g e n e F o r m u l i e r u n g im B e s t ä t i g u n g s v e r m e r k nur noch auf diejenigen A u s s a g e n , z u denen eine Parallelität zu den A u s s a g e n im Jahresabschluß, also in Bilanz, G u V - R e c h n u n g und A n h a n g , besteht. Alle d a r ü b e r hinausgehenden A u s s a g e n des Lageberichts, die ihrer N a t u r nach in den drei Teilen des Jahresabschlusses g a r nicht a n g e s p r o c h e n w e r d e n , sind explizit v o m B e s t ä t i g u n g s v e r m e r k nicht erfaßt. D a s gilt g e r a d e f ü r die prognoseorientierten Bestandteile des L a g e b e richts. A u c h hier wird sich in der Praxis das richtige M a ß f ü r Berichterstattung und P r ü f u n g der Berichterstattung herausbilden müssen. D e r P r ü f u n g s u m f a n g beim Lagebericht spielt f ü r den G e s c h ä f t s f ü h r e r der G m b H eine wichtige Rolle, d a er die darin gemachten A u s s a g e n insoweit p r ü f b a r m a c h e n muß; d.h., er muß die d a z u erforderliche D o k u m e n t a t i o n bereitstellen. D i e z u r D o k u m e n t a t i o n benötigten A n g a b e n k a n n er aber nur zu einem geringen Teil aus der Buchhaltung beziehen; er muß auch auf andere Q u e l l e n z u r ü c k g r e i f e n . D i e besondere D o k u m e n t a t i o n s p f l i c h t bedeutet i.d.R. einen nicht z u unterschätzenden zusätzlichen A u f w a n d .

D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht I. Allgemeines 942

G r u n d l a g e f ü r die Pflicht z u r Aufstellung eines K o n z e r n a b s c h l u s s e s und eines K o n z e r n l a g e b e r i c h t s sind die V o r s c h r i f t e n in den §§ 290 ff H G B . Sind mehrere rechtlich selbständige U n t e r n e h m e n derart miteinander verbunden, daß ihr H a n d e l n einheitlich ausgerichtet ist, k a n n die A u s s a g e k r a f t des einzelnen J a h r e s a b s c h l u s s e s in F r a g e stehen. A u f g a b e eines K o n z e r n a b 986

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D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

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Schlusses ist es, Informationen über das wirtschaftliche Potential, das in einer solchen wirtschaftlichen Einheit steckt oder von ihr ausgeht, zu vermitteln. Seine Bedeutung erhält der Konzernabschluß aus den Erfahrungen in der Vergangenheit. Es zeigte sich, daß die Rechnungslegung einer rechtlich selbständigen Einheit keinen sicheren Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gibt, wenn das Unternehmen einer größeren wirtschaftlichen Einheit angehört (Adler/Düring/'Schmaltz § 329, 17). Erst der Konzernabschluß führt zu dem möglichst sicheren Einblick. Der Konzernabschluß setzt sich gem. § 297 Abs. 1 H G B — wie der Jahresabschluß der Kapitalgesellschaft (vgl. Rdn. 75 f) — aus drei Teilen zusammen: der Konzernbilanz (vgl. Rdn. 1155 ff), der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. Rdn. 1426 ff) und dem Konzernanhang (vgl. Rdn. 1461 ff), die eine Einheit bilden. Abweichend vom aktienrechtlichen Konzernabschluß, der nur aus der Konzernbilanz und der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung bestand, ist nunmehr der Konzernanhang zum gleichrangigen Bestandteil des Abschlusses selbst geworden. Dem Anhang kommt im Rahmen der Konzernrechnungslegung auch weitgehend die Aufgabe zu, die der sogenannte Erläuterungsbericht als Bestandteil des Konzerngeschäftsberichts innehatte, wenn auch bei teilweise geändertem Inhalt entsprechend der erweiterten Zielsetzung. Erstmalig im AktG 1965 sowie im Einführungsgesetz zum Aktiengesetz 9 4 3 (BGBl. 165, 1185) wurden Vorschriften zur Rechnungslegung von Konzernen erlassen. Sie verpflichteten unter bestimmten Voraussetzungen auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung zur Aufstellung von Konzernabschlüssen und Konzernlageberichten, ggf. zur Aufstellung von sog. Teilkonzernabschlüssen und Teilkonzernlageberichten. Der Kreis der hierbei erfaßten Gesellschaften mit beschränkter Haftung erweiterte sich durch das Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen vom 15.8.1969 (PublG; BGBl. I 69, 1189). Nach den Vorschriften dieses Gesetzes wurden Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die bestimmte Größenmerkmale überschritten, konzernrechnungslegungspflichtig auf der Grundlage der aktienrechtlichen Konzernrechnungslegungsvorschriften. Nach dem neuen H G B hat die G m b H den Konzernabschluß wie ihren Einzelabschluß (vgl. Rdn. 75 f) nicht mehr nach Maßgabe des PublG aufzustellen, sondern muß alle Vorschriften des H G B über die Konzernrechnungslegung anwenden. Der Konzernabschluß dient primär der Informationsvermittlung (vgl. Busse 9 4 4 v. Colbe/Ordelheide 84, 31). Er ist nicht wie ein Einzelabschluß Grundlage z.B. für die Besteuerung einer Gesellschaft oder für die Gewinnausschüttung. Der Konzernabschluß stellt keinen Ersatz für den Einzelabschluß dar, sondern ist als Ergänzung der Einzelabschlüsse zu sehen (vgl. Coenenberg 84, 264 f). Der Konzernabschluß kann keine Addition von Einzelabschlüssen der zusammengeschlossenen Unternehmen sein. Ein solcher Summenabschluß ist Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

um Verzerrungen, die aus der Verflechtung der Unternehmen entstehen, zu bereinigen. Erst ein derart korrigierter Abschluß kann Informationen vermitteln, die über die hinausgehen, die sich aus den Einzelabschlüssen der zusammengeschlossenen Unternehmen ergeben. 945

Die ins einzelne gehenden gesetzlichen Vorschriften in den §§ 290 ff H G B über den Konsolidierungskreis, den Inhalt und die Form des Konzernabschlusses, die Vollkonsolidierung, die Bewertung, die anteilige Konsolidierung, die assoziierten Unternehmen, den Konzernanhang und den Konzernlagebericht sowie über die Prüfung des Konzernabschlusses durch den Konzernabschlußprüfer (§§316 ff H G B ) und die Offenlegung des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts (§§ 325 ff H G B ) sollen u.a. Gewähr dafür bieten, daß die Konzernabschlüsse und die Konzernlageberichte im Zeitverlauf und von allen Betroffenen nach gleichartigen und gleichwertigen Grundsätzen aufgestellt werden und damit im Zeitablauf gleichartige und -wertige Informationen geben.

II. Aufstellungspflicht (§§ 290 - 291 H G B ) 946

Die Rechnungslegungspflicht im Konzern kann sich prinzipiell auf unterschiedliche Konzerngebilde erstrecken und auf unterschiedliche, diese Pflicht auslösende Kriterien stützen. S o lassen sich Gleich- und Unterordnungskonzerne unterscheiden. Eine Rechnungslegungspflicht für Gleichordnungskonzerne (Art. 12 der 7. EG-Richtlinie) kennt das deutsche Recht aufgrund einer entsprechenden Ausübung des Mitgliedstaatenwahlrechts im Absatz 1 dieser EG-Vorschrift nicht. Die Konzernrechnungslegungspflicht nach § 290 H G B erstreckt sich nur auf den Unterordnungskonzern, der ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen einem herrschenden Unternehmen und einem oder mehreren abhängigen Unternehmen voraussetzt. Als konstitutive Merkmale der Konzernrechnungslegungspflicht legt das EG-Recht zum einen die einheitliche Leitung und zum anderen die juristische Herrschaftsmacht, d.h. das angelsächsische „ c o n t r o l " zugrunde. Das letztere ist durch die entsprechende Transformation des EG-Rechts neu in das deutsche Recht eingeführt worden. Zur Konzernrechnungslegungspflicht können demnach unabhängig voneinander sowohl die einheitliche Leitung nach § 290 Abs. 1 H G B als auch die juristische Herrschaftsmacht nach § 290 Abs. 2 H G B führen. Schon aus der Stellung des § 290 H G B im H G B ergibt sich, daß diese N o r m nur auf Konzerne von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgerichtet ist (vgl. Begr. zum Entw. v. 12.4.85, 44). Entscheidend ist dabei die Rechtsform des 988

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D . Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

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Mutterunternehmens (vgl. u.a. Janssen W P g 83, 390). Auf die Rechtsform der Tochterunternehmen kommt es nicht an. Während Art. 4 Abs. 1 der 7. EG-Richtlinie bereits dann zur Konzernrechnungslegung verpflichtet, wenn entweder das Mutterunternehmen oder eines oder mehrere Tochterunternehmen in den Rechtsformen der AG, KGaA oder G m b H geführt werden, hat der deutsche Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 290 Abs. 1 und 2 H G B von der Möglichkeit des Art. 4 Abs. 2 der 7. EG-Richtlinie Gebrauch gemacht und die Konzernrechnungslegungspflicht auf den Fall eingeschränkt, daß allein das Mutterunternehmen als Kapitalgesellschaft geführt wird. Diese Ausnahmevorschrift der 7. EG-Richtlinie ist von EG-Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen erwirkt worden. Für die Praxis der Konzernrechnungslegung in den EG-Ländern folgt daraus jedoch, daß sich die Rechnungslegungspflicht auf unterschiedliche Konzerngebilde beziehen kann. Die Vorschrift im § 290 Abs. 1 H G B regelt die grundsätzliche Pflicht des 9 4 7 gesetzlichen Vertreters einer Kapitalgesellschaft, die Mutterunternehmen (vgl. Rdn. 952) ist, zur Aufstellung eines Konzernabschlusses (vg. Rdn. 1063 ff) und eines Konzernlageberichts (vgl. Rdn. 1063 ff). Die Pflicht ergibt sich also nicht unmittelbar aus den Rechnungslegungsvorschriften des G m b H G . In diesem Gesetz wird nicht einmal ausdrücklich auf die Konzernrechnungslegungspflicht aus dem H G B verwiesen. Dagegen begründeten die Vorentwürfe zur Novellierung des Handelsgesetzbuches und des GmbH-Gesetzes die Konzernrechnungslegungspflicht noch im G m b H G selbst. Die Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung trifft die Geschäftsführer (vgl. § 6 Rdn. 2 ff und §§ 35 — 38 Rdn. 69) als gesetzliche Vertreter der Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der G m b H . Neben der generellen Pflicht zur Aufstellung regelt die Vorschrift des § 290 Abs. 1 H G B auch die Aufstellungsfrist (vgl. Rdn. 955). Die Konzernrechnungslegungspflicht unterstellt das Bestehen eines Kon- 9 4 8 zerns, ohne daß in den entsprechenden Vorschriften eine Definition des Begriffs „ K o n z e r n " aufgenommen ist. Die 7. EG-Richtlinie verzichtet bewußt auf eine Definition des Begriffs „ K o n z e r n " , da die EG-Mitgliedstaaten keine Ubereinstimmung hierzu erreichen konnten (v. Wysocki/Wohlgemuth 86, 15 f). In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, daß der Konzernabschluß nicht mehr als solcher, sondern als konsolidierter Abschluß bezeichnet worden ist (vgl. Bartholomew/Brown/Muis 81, 26; Kirchner AG 81, 327 f). Nach § 18 Abs. 1 und 2 AktG ist der Konzern wie folgt umschrieben: „Sind ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefaßt, so bilden sie einen Konzern."

und Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

„Sind rechtlich selbständige Unternehmen, ohne daß das eine Unternehmen von dem anderen abhängig ist, unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt, so bilden auch sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen."

Der in § 18 AktG definierte Konzernbegriff ist ein gesetzestechnischer Begriff; seine Bedeutung deckt sich nicht immer mit dem Inhalt, der ihm in anderen Zusammenhängen mitunter beigelegt wird (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 329, 3). 949

Auch der im § 290 Abs. 1 H G B verwandte Begriff des Unternehmens ist hier nicht definiert. Schon das Kammergericht Berlin hat im Urteil vom 12.1.1960 (BB 60, 385 f) festgestellt, daß es einen für die gesamte Rechtsordnung einheitlichen, verbindlichen Begriff des Unternehmens nicht gibt und daß dieser je nach der Zweckbestimmung des betroffenen Gesetzes einen anderen Inhalt haben kann. Gewißheit besteht jedoch darüber, daß die hierher gehörenden Unternehmen alle Rechtsformen haben können (vgl. Kropff 65, 27). Die Unternehmereigenschaft ist nach im wesentlichen übereinstimmender Ansicht stets gegeben, wenn ein Grundhandelsgewerbe betrieben wird (§ 1 HGB) oder der Betrieb nach Art und Umfang als Handelsgewerbe gilt (§ 2 HGB). Der hier verwendete Begriff reicht aber über diesen umschriebenen Bereich hinaus, so daß Betriebe der Urproduktion hierher gehören. Keine gewerbliche Tätigkeit stellen dagegen eine reine Vermögensverwaltung oder die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit dar (vgl. WP-Handbuch 85/86 I, 1284 f). 950 Da bei ausländischen Unternehmen der Unternehmensbegriff nicht nach kaufmännischen Kriterien des deutschen Rechts beurteilt werden kann, ist bei Unternehmen mit Sitz im Ausland auf entsprechende, vergleichbare Rechnungslegungsvorschriften der jeweiligen ausländischen Rechtsordnung abzustellen (vgl. Zilias DB 86,1112). 951

Tragendes Merkmäl (siehe jedoch Rdn. 956) der Konzernrechnungslegung ist, daß im Konzern die Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des Mutterunternehmens stehen. Inhalt und Umfang der einheitlichen Leitung werden im Gesetz nach wie vor nicht festgelegt. Dieses Tatbestandsmerkmal ist schon in den Aktiengesetzen von 1937 und 1965 sowie im Publizitätsgesetz von 1969 enthalten. Seine Bestimmung ist wohl, angesichts der vielfältigen Formen, die die Wirtschaft für die Konzernleitung herausgebildet hat, nicht möglich (Kropff 65, 33). In der Begr. zum Entw. vom 12.4.1985 (S. 49) wird daher nur ausgeführt, daß die Konzernrechnungslegungspflicht im Rahmen des Mitgliedstaatenwahlrechts im Art. 1 Abs. 2 Buchstabe b der 7. EG-Richtlinie entsprechend der Regelung im AktG 1965 an dem Merkmal der einheitlichen Leitung festgelegt wird. In der 7. EG-Richtlinie wurde jedoch ergänzend vorgeschrieben, daß nur Unternehmen in den Konzernabschluß einzubeziehen sind, an denen das Mutterunternehmen beteiligt ist. 990

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D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

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Die Beibehaltung des Begriffs der einheitlichen Leitung ermöglicht es auch, Beteiligungen von 50 vom Hundert (z.B. an Gemeinschaftsunternehmen, allerdings umstritten, vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 329, 20 ff) und unter bestimmten Bedingungen auch Minderheitsbeteiligungen im Wege der Vollkonsolidierung in den Konzernabschluß einzubeziehen. In der Begründung zum Regierungsentwurf des AktG 1965 wird zur einheitlichen Leitung erläuternd hervorgehoben (vgl. Kropff 65, 33): 1. Der Begriff der einheitlichen Leitung setzt nicht voraus, daß die Leitung alle irgendwie wesentlichen Bereiche der unternehmerischen Tätigkeit umfaßt. Es genügt vielmehr, daß sich die einheitliche Leitung auf die Geschäftspolitik der Unternehmen und sonstige grundsätzliche Fragen ihrer Geschäftsführung bezieht. 2. Die einheitliche Leitung setzt ein Recht des herrschenden Unternehmens, durch Weisungen in die Geschäftsführung des abhängigen Unternehmens einzugreifen, nicht voraus. Eine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung ist vielmehr bereits dann gegeben, wenn die Konzernleitung sich in der Form gemeinsamer Beratungen vollzieht mit dem Ziel, die Geschäftsführung der Unternehmen in den wesentlichen Fragen aufeinander abzustimmen. Auch aus einer personellen Verflechtung der Verwaltung kann sich diese Abstimmung ergeben. Gleichzeitig wird dort (vgl. Kropff 65, 33) darauf hingewiesen, daß das Bestehen der einheitlichen Leitung für den faktischen Konzern von Fall zu Fall zu entscheiden ist. Der effektive Zustand der einheitlichen Leitung ist also entscheidend. Zur angesprochenen Geschäftspolitik, insbesondere zu den Aufgaben der Geschäftsführung, gehören (WP-Handbuch 85/86 I, 1316): ,,a) die Festlegung der Unternehmensziele im Rahmen des in der Satzung oder des Gesellschaftsvertrages umschriebenen Unternehmensgegenstandes, b) die Festlegung der Grundzüge der Finanz-, Investitions-, Markt- und Personalpolitik, c) die Entscheidung über geschäftliche Maßnahmen von besonderer Bedeutung, d) die Koordination der wesentlichen Teilbereiche der Unternehmensleitung, e) die Besetzung der Führungsstellen im Unternehmen."

Einheitliche Leitung wird auch dann als gegeben betrachtet, wenn das Mutterunternehmen den Verwaltungen der Tochtergesellschaften weitgehende Selbständigkeit läßt und nur die Richtlinien der Geschäftspolitik nach einheitlichen Gesichtspunkten abstimmt (vgl. Würdinger 73, 260). In diesem Zusammenhang wird zurecht darauf hingewiesen, daß die „ W a h r n e h m u n g bloßer Überwachungs- und Kontrollaufgaben durch die Obergesellschaft f ü r sich allein keine einheitliche Leitung begründet." ( W P - H a n d b u c h 85/86 I, 1317) Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Aufsichtsrat (WP-Handbuch 85/86 I, 1317) „kein bloßes Kontrollorgan ist, so daß die Obergesellschaft, wenn sie im AR der Beteiligungsgesellschaft entscheidenden Einfluß besitzt, insbesondere, wenn sie über die Stimmenmehrheit verfügt, nicht nur Kontrollfunktionen ausübt. Das ist besonders evident, wenn nach der Satzung der Gesellschaft oder aufgrund eines AR-Beschlusses bestimmte bedeutsame Geschäfte nur mit Zustimmung des AR vorgenommen werden dürfen, z.B., wenn Investitionen genehmigungspflichtig sind. In solchen Fällen betätigt sich der AR — betriebswirtschaftlich gesehen — als Geschäftsführungs- und nicht als Kontrollorgan; wenn er bspw. die Zustimmung zur Errichtung einer Fabrikationsstätte oder zum Erwerb einer Beteiligung erteilt oder versagt, fällt er Entscheidungen im Bereich der Führungsaufgaben, die u.U. von erheblicher T r a g weite sind. O b auf diese Weise eine einheitliche Leitung durch die Obergesellschaft ausgeübt werden kann, hängt davon ab, wie weit der Kreis der zustimmungsbedürftigen Geschäfte gezogen ist. Geht der Zustimmungsvorbehalt über den üblichen Rahmen hinaus und wird der Vorstand dadurch in den wesentlichen Führungsaufgaben praktisch vom AR abhängig, so kann der AR zum Instrument der einheitlichen Leitung durch die Obergesellschaft werden. Nutzt die Obergesellschaft ihren Einfluß im AR in diesem Sinn aus, so liegt darin die f ü r den Konzerntatbestand erforderliche Ausübung der einheitlichen Leitung."

Da in § 290 Abs. 2 H G B (vgl. Rdn. 956 ff) explizit kodifiziert ist, bei welchen Tatbeständen stets ein Konzernabschluß und ein Konzernlagebericht aufgestellt werden müssen, wird das konstitutive Merkmal der einheitlichen Leitung für die Praxis weiter an Bedeutung verlieren. 952

Die zur Konzernrechnungslegung verpflichtete Kapitalgesellschaft wird im Gesetz als Mutterunternehmen bezeichnet. Dieser Begriff ist vergleichbar mit der Bezeichnung der „Obergesellschaft" im AktG 1965. Die unter der einheitlichen Leitung der Muttergesellschaft stehenden Unternehmen bezeichnet das Gesetz als Tochterunternehmen (vgl. Rdn. 956). Die Begriffe Mutter- und Tochterunternehmen im H G B sind aus der 7. EG-Richtlinie übernommen worden. Da diese den Begriff des Konzerns nicht kennt, sind dort sämtliche Begriffe wie Konzernbilanz, Konzernabschluß und Konzernunternehmen vermieden und statt dessen u.a. obige Begriffe verwendet worden (vgl. v.Wysocki/Wohlgemuth 86, 16). 953 Die Muttergesellschaft muß ihren Sitz im Inland haben. Unter Inland im Sinne dieses Gesetzes kann nur der Geltungsbereich des Grundgesetzes zu verstehen sein. Der Sitz des Tochterunternehmens ist ohne Bedeutung. Im Gegensatz zum AktG 1965 besteht nach dem H G B die Verpflichtung, ausländische Tochterunternehmen in den Konzernabschluß einzubeziehen (vgl. Rdn. 1020). 954 Die Konzernrechnungslegungspflicht nach dieser Vorschrift wird auch nur ausgelöst, wenn der Muttergesellschaft eine Beteiligung nach § 271 Abs. 1 HGB (vgl. Rdn. 430 ff) an dem/den Tochterunternehmen gehört. Die Höhe 992

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D . Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

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der Beteiligung als solche ist nach dieser Norm kein Kriterium für die Rechnungslegungspflicht. Zu beachten ist jedoch die widerlegbare Beteiligungsvermutung bei einem Anteil am Nennkapital eines Tochterunternehmens von über 20 % (§ 271 Abs. 1 Satz 3 H G B ; vgl. Rdn. 436). Schon beim AktG 1965 hat sich der Gesetzgeber in ähnlichen Zusammenhängen des Ausdrucks „gehört" bedient. Dies ließ die Frage aufkommen, ob damit das formalrechtliche Eigentum im Sinne des BGB oder die wirtschaftliche Zugehörigkeit zum Unternehmen im Sinne des Bilanzrechts (wirtschaftliche Betrachtungsweise) gemeint ist. Gesetz und Begründung zum AktG 1965 haben jedoch keinen Zweifel daran gelassen, daß unter „gehören" die wirtschaftlich und bilanztechnische Zugehörigkeit der Anteile zu einem Tochterunternehmen zu verstehen ist. So ist z.B. die Übertragung des rechtlichen Eigentums von Anteilen an Tochterunternehmen auf einen Treuhänder für die Aufstellung des Konzernabschlusses und die Abgrenzung des Konsolidierungskreises ohne Bedeutung (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 329, 69, m.w.N.). Die Aufstellungsfrist für den Konzernabschluß und den Konzernlagebe- 9 5 5 rieht beträgt fünf Kalendermonate. Die Frist beginnt mit Ablauf des Konzerngeschäftsjahres (vgl. auch Rdn. 1051 f), für das Rechnung zu legen ist. Diese Frist ist bemerkenswert kurz und kann in der Praxis zu einem erheblichen Zeitdruck führen. In Anbetracht dessen, daß z.B. die in den Konzernabschluß einzubeziehenden kleinen Kapitalgesellschaften (vgl. Rdn. 78) nach § 264 Abs. 1 Satz 3 H G B den Jahresabschluß innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufstellen müssen, erscheint die Frist von fünf Monaten sogar widersprüchlich. Darüber hinaus scheint der Gesetzgeber zu unterstellen, daß die einzelnen Jahresabschlüsse der in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen bei der Aufstellung des Konzernabschlusses bereits geprüft und festgestellt sind. Für die ordnungsgemäße Konzernrechnungslegung ist von Bedeutung, daß die zugrunde gelegten Einzelabschlüsse nach ihrer Einbeziehung in den Konzernabschluß von der Tochter nicht verändert werden. Durch die Prüfung und Feststellung der Einzelabschlüsse vor ihrer Konsolidierung wird dies am besten sichergestellt. Da sich diese Forderung nicht immer verwirklichen läßt, werden in der Praxis auch noch nicht endgültig festgestellte Abschlüsse in den Konzernabschluß einbezogen werden können. Wenn mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, daß die Einzelabschlüsse unverändert festgestellt werden, ist diese Handhabung bedenkenlos. Bestehen begründete Zweifel, so ist eine entsprechende Erläuterung im Konzernanhang (vgl. Rdn. 1461 ff) erforderlich, soweit Wesentlichkeit zu unterstellen ist (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 329, 57). Zum Bestätigungsvermerk des Konzernabschlußprüfers in derartigen Fällen vgl. Rdn. 1526. Die in § 290 Abs. 2 H G B normierte Pflicht der Muttergesellschaft zur Auf- 956 Stellung eines Konzernabschlusses führt drei Tatbestände auf, die stets (zu Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

den Befreiungen nach § 291 ff HGB, vgl. Rdn. 966 ff) zur Konzernrechnungslegung führen. Diese sind: (1) Mehrheit der Stimmrechte, (2) Recht eines Gesellschafters zur Bestellung oder Abberufung der Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans, (3) Recht auf beherrschenden Einfluß auf Grund eines Beherrschungsvertrages oder einer Satzungsbestimmung. Das Vorliegen eines der drei genannten Tatbestandsmerkmale führt prinzipiell auch dann zur Konzernrechnungslegungspflicht (zum Konsolidierungswahlrecht vgl. Rdn. 1034 ff), wenn Anteile an Unternehmen, bei denen keine Beteiligungsabsicht besteht und auch nicht bestanden hat, gehalten werden, d.h., wenn die Anteile im Einzelabschluß im Umlaufvermögen unter Anteilen an verbundenen Unternehmen (vgl. Rdn. 491) ausgewiesen werden müssen (vgl. jedoch § 296 Abs. 1 Nr. 3 HGB: Verzicht auf Einbeziehung). In diesen Tatbeständen spiegelt sich das angelsächsische konstituierende Merkmal „control" wider. Dieses Merkmal führt unabhängig vom Merkmal der einheitlichen Leitung nach § 290 Abs. 1 H G B zur Konzernrechnungslegungspflicht. Die Folge ist, daß — neben dem Mutterunternehmen — auch Tochterunternehmen aufgrund des konstituierenden Merkmals „control" in den Konzernabschluß einbezogen werden. Tochterunternehmen sind somit vom Gesetzgeber in § 290 Abs. 1 und 2 H G B definiert (Klammerdefinition) als unter der einheitlichen Leitung des Mutterunternehmens stehende Unternehmen oder als Unternehmen, an denen dem Mutterunternehmen bestimmte Rechte zustehen. Tochterunternehmen können nur Beteiligungsunternehmen sein, d.h., dem jeweiligen Mutterunternehmen müssen Anteile an dem Tochterunternehmen gehören. Auf den Umfang der Anteile kommt es nicht an. Im Gegensatz zum AktG 1965 gibt es also künftig Unternehmen, die aufgrund von zwei unterschiedlichen Sachverhalten in einen Konzernabschluß einbezogen werden müssen oder können (vgl. Rdn. 1016 ff) und auf diese Weise Tochterunternehmen werden. Zum Verhältnis der N o r m in § 290 Abs. 1 H G B zu der in Absatz 2 ist zu bemerken, daß in den meisten Fällen beide zutreffen und somit anwendbar sein werden. In Absatz 2 kommt es jedoch nicht auf das Vorliegen der einheitlichen Leitung an. Andererseits stellt Absatz 1 nicht auf die Voraussetzungen des Absatzes 2 ab, so daß die einheitliche Leitung auch künftig nicht mit der Begründung verneint werden kann, daß Absatz 2 nicht erfüllt ist. Beide Absätze sind alternativ zu verstehen (vgl. Begr. zum Entw. v. 12.4.1985, 49). Die unterschiedlichen Tatbestandsmerkmale in diesem Absatz und in § 290 Abs. 1 H G B können also dazu führen, daß ein Unternehmen sowohl nach dem einen (einheitliche Leitung) als auch nach dem anderen (z.B. Mehrheit der Stimmrechte) Tatbe994

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D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

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standsmerkmal in denselben Konzernabschluß einzubeziehen ist, aber auch in zwei verschiedene Konzernabschlüsse einbezogen werden muß, wenn diese unterschiedlichen Merkmale jedes für sich von den Mutterunternehmen verwirklicht werden. Der in Absatz 2 verwendete Begriff des Mutterunternehmens unterscheidet 9 5 7 sich dadurch von dem in Absatz 1, daß für das Verhältnis zwischen Mutterunternehmen und Tochterunternehmen das Kriterium „einheitliche Leitung" unerheblich ist. Tatsächlich bestehende gesellschaftsrechtliche oder gesellschaftsvertragliche Rechte der oben genannten Art zwischen den Gesellschaften sind hier allein erheblich. Fraglich kann sein, wann die im Absatz 2 aufgeführten Tatbestandsmerk- 9 5 8 male gegeben sein müssen, um die Konzernrechnungslegungspflicht auszulösen. Das Gesetz schweigt hierzu. Bedeutend für die Beantwortung dieser Frage können die Verhältnisse am Konzernbilanzstichtag, zum Zeitpunkt der Aufstellung eines Konzernabschlusses oder zum Zeitpunkt, zu dem die Aufstellungsfrist (vgl. Rdn. 955) endet, sein. Letztes kann u.U. zur Folge haben, daß ein bereits erstellter Konzernabschluß z.B. wegen des Erwerbs der Mehrheit der Stimmrechte geändert werden muß. Aus dem Zweck des Gesetzes ist aber zu schließen, daß das Tatbestandsmerkmal an dem Konzernbilanzstichtag bestanden haben muß, für den Rechnung gelegt werden soll. Die Mehrheit der Stimmrechte (vgl. § 47 Rdn. 2 f und Rdn. 962 ff) muß dem 9 5 9 Mutterunternehmen an dem Tochterunternehmen (vgl. Rdn. 956) zustehen. Unter „zustehen" ist u.E. zu verstehen, daß das Mutterunternehmen entsprechende Rechte hat und aufgrund der dahinterliegenden juristischen Qualifikation in einer Gesellschafterversammlung (vgl. § 48 Rdn. 2 ff) auch ausüben können muß; auf die tatsächliche Ausübung dieser Rechte kann es nicht ankommen. Bei Anteilen mit Nennbetrag läßt sich der Prozentsatz der Stimmrechtsanteile relativ leicht bestimmen. Bei nennwertlosen Anteilen muß der rechnerische Wert dieser Anteile ermittelt werden. Das Gesetz schreibt hierzu nichts Näheres vor. In der Praxis wird man sich im letzteren Falle im allgemeinen durch ein Gutachten, z.B. eines Wirtschaftsprüfers, weiterzuhelfen wissen. U.E. ist diese Bestimmung im übrigen weitgehend formal und nicht materiell auszulegen. Die formale Auslegung hat zur Folge, daß z.B. ein Tochterunternehmen auch dann in den Konzernabschluß einbezogen werden muß, wenn dem Mutterunternehmen zwar die Mehrheit der Stimmrechte zusteht, jedoch die Mehrheitsrechte durch Gesellschaftsvertrag beschränkt sind (Beispiele dazu WP-Handbuch 85/861,1312 f). Für eine formale Auslegung spricht auch, daß Ausnahmeregelungen von der Einbeziehung eines Tochterunternehmens in den Konsolidierungskreis in § 296 H G B geregelt sind, d.h., führt die Mehrheit der Stimmrechte nicht zu Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

einer Beherrschung („control") des Tochterunternehmens, so kann nach § 296 Abs. 1 Nr. 1 auf die Einbeziehung verzichtet werden (vgl. Rdn. 1034 ff). 960

Das Bestellungs- und Abberufungsrecht für die Mehrheit der Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane löst die Konzernrechnungslegungspflicht nur dann aus, wenn die Kapitalgesellschaft „Gesellschafterin" des Tochterunternehmens ist (§ 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB). Eine Kapitalbeteiligung wird also nicht vorausgesetzt. Konzernrechnungslegungspflicht besteht daher auch, wenn die Kapitalgesellschaft als Komplementär an einer Kommanditgesellschaft (z.B. G m b H & Co. KG) beteiligt ist (vgl. Biener/Schatzmann 83, 6) und die übrigen Voraussetzungen (vgl. Rdn. 956 ff) vorliegen. Zum Recht eines Gesellschafters (vgl. § 46 Rdn. 2 ff) auf Bestellung oder Abberufung der Mitglieder des Verwaltungs- (vgl. § 52 Rdn. 48), Leitungs(vgl. § 46 Rdn. 20 ff) oder Aufsichtsorgans (vgl. § 52 Rdn. 12 ff) gilt das in diesen Randnummern Gesagte in sinngemäßer Anwendung.

961

Konzernrechnungslegungspflicht wird bei gegebenen Voraussetzungen auch durch das Recht eines Mutterunternehmens ausgelöst, beherrschenden Einfluß auf ein Tochterunternehmen auf Grund eines abgeschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Satzungsbestimmung ausüben zu können. Zum Recht eines Mutterunternehmens, auf Grund eines mit einem Tochterunternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder einer Bestimmung in der Satzung des Tochterunternehmens beherrschenden Einfluß auf ein Tochterunternehmen auszuüben vgl. § 53 Rdn. 10. Unter einem Beherrschungsvertrag ist die in § 291 AktG umrissene Vereinbarung zu verstehen, in der die Leitung eines Unternehmens einem anderen unterstellt wird. Kein Beherrschungsvertrag liegt dagegen vor, wenn sich voneinander unabhängige Unternehmen durch Vertragsschluß unter einheitliche Leitung stellen, wobei keines der vertragschließenden Unternehmen zu einem abhängigen Unternehmen wird (vgl. WP-Handbuch 85/861, 1355 f). Ein hierbei entstehender Gleichordnungskonzern führt nach deutschem Recht nicht zur Konzernrechnungslegungspflicht (vgl. Rdn. 946). Ist das Mutterunternehmen trotz bestehenden Vertrages oder trotz Satzungsbestimmung in der Ausübung seiner Rechte erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt, können die Vorschriften zum Einbeziehungswahlrecht des § 296 H G B greifen (vgl. Rdn. 1034 ff).

962

In den Vorschriften der Absätze 3 und 4 des § 290 H G B wird der Umfang der zustehenden Rechte nach Absatz 2 näher bestimmt. Sie enthalten Zurechnungsfiktionen, so daß auch mittelbare und vertraglich ausbedungene Rechte als der Muttergesellschaft unmittelbar zustehend angesehen werden (vgl. auch WP-Handbuch 85/86 1, 1292).

963

Die einem Mutterunternehmen zustehenden Rechte an einem Tochterunternehmen (vgl. Rdn. 956 ff) setzen sich — bei entsprechenden Gegebenhei996

Niehus/Scholz

D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

HGB §§ 238-335

ten — aus folgenden Komponenten zusammen und werden nach den Bestimmungen des Absatzes 3 durch eine algebraische R e c h n u n g ermittelt: Unmittelbare Rechte des Mutterunternehmens (M) an dem T o c h t e r u n t e r nehmen (T). + (1) + (2) + (3) ./. (4) ./. (5)

Rechte, die einem anderen Tochterunternehmen an Τ zustehen; Rechte an T, die einem Dritten aus Anteilen zustehen, die von diesem für Rechnung des Μ oder eines anderen Tochterunternehmens gehalten werden; Rechte an T, die dem Μ oder einem anderen Tochterunternehmen auf Grund von Vereinbarungen mit anderen Gesellschaftern zustehen; Rechte an Τ aus Anteilen, die das Μ oder ein anderes Tochterunternehmen für Rechnung Dritter hält; Rechte des Μ oder eines anderen Tochterunternehmens an T, die mit Anteilen verbunden sind, die als Sicherheit — mit Weisungsrecht des Sicherungsgebers — gehalten werden.

Zustehende Rechte des Μ D e r § 290 Abs. 4 Satz 1 H G B enthält eine Rechenregel, die vorschreibt, wie die Mehrheit der Stimmrechte zu ermitteln ist. Folgendes Verhältnis der Berechnungsgrundlage muß zu einem Ergebnis von größer als 50 % f ü h r e n :

964

Zahl der Stimmrechte, die aus den zustehenden Anteilen ausgeübt werden können

χ 100 > 5 0 % Gesamtzahl der Stimmrechte

D a r a u s ergibt sich auch, daß keine Konzernrechnungslegungspflicht besteht, w e n n nur Beteiligungen an assoziierten U n t e r n e h m e n (vgl. Rdn. 1309) gehalten werden (vgl. jedoch Rdn. 1031). D e r Satz 2 im Absatz 4 des § 290 H G B hat klarstellende Funktion. D a n a c h 9 6 5 sind von der Gesamtzahl der Stimmrechte die aus eigenen Anteilen der Tochtergesellschaft abzusetzen. D a die Rechte aus derartigen Anteilen ruhen (vgl. § 33 Rdn. 13), ist ihre Nichteinbeziehung sowohl in den N e n n e r als auch in den Zähler des oben a n g e f ü h r t e n Bruchs (Rdn. 964) konsequent. Als eigene Anteile eines T o c h t e r u n t e r n e h m e n s werden auch solche behandelt, die T o c h t e r u n t e r n e h m e n des T o c h t e r u n t e r n e h m e n s (Enkelunternehmen) oder einer anderen Person f ü r R e c h n u n g dieses U n t e r n e h m e n s zustehen. W a r u m im Gesetzestext an dieser Stelle von „ g e h ö r e n d e n " Anteilen anstatt von „ z u s t e h e n d e n " Anteilen gesprochen wird, ist offen. U.E. f ü h r t diese W o r t w a h l zu keinem materiellen Unterschied. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

III. Ausnahmen (§§ 292 - 293 HGB) 966

1. Befreiende Konzernabschlüsse. Ausgehend von dem Gedanken, durch die Konzernrechnungslegung die wirtschaftliche Betätigung einer Unternehmensgruppe im Wirtschaftsraum der Europäischen Gemeinschaft offenzulegen, verlangt Art. 7 der 7. EG-Richtlinie von den Mitgliedstaaten, daß Mutterunternehmen, die zugleich Tochterunternehmen eines Unternehmens mit Sitz in einem anderen EG-Staat sind, von der Verpflichtung zur Teilkonzernrechnungslegung zu befreien sind. Mit der Vorschrift im § 291 H G B wird diese Verpflichtung aus der 7. EG-Richtlinie in das deutsche Recht transformiert. Die Norm des § 291 H G B führt eine Vielzahl von Vorschriften an, die auf eine Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts abzielen. Die Vorschriften regeln — in den §§291 und 292 H G B die Befreiung von der Verpflichtung zur Aufstellung von Stufenabschlüssen und — in § 293 H G B die Befreiung kleiner Konzerne von der Konzernrechnungslegungspflicht.

967

Der sich aus § 290 H G B ergebende Grundsatz zur Aufstellung von Konzernabschlüssen und -lageberichten durch Mutterunternehmen, selbst wenn sie Tochterunternehmen (vgl. Rdn. 956) sind, führt dazu, daß bei Bestehen eines mehrstufigen Unterordnungskonzerns (vgl. Rdn. 946) die Aufstellung eines Konzernabschlusses auf jeder Konzernstufe durch das jeweilige Unternehmen (Stufenabschluß) erforderlich ist. Bei einem aus einem Mutter-, einem Tochter- und einem Enkelunternehmen bestehenden Konzern führt dieser Konzernaufbau zu einem Gesamtkonzernabschluß (Zwei-Stufenabschluß) des Mutterunternehmens unter Einbeziehung des Tochter- und des Enkelunternehmens sowie zu einem Teilkonzernabschluß (Ein-Stufenabschluß) des Tochterunternehmens unter Einbeziehung des Enkelunternehmens. Die Anzahl der Stufenabschlüsse steigt mit jeder weiteren in die Tiefe gehenden Gliederung eines Konzerns. Dies wird auch als „Tannenbaumprinzip" bezeichnet und entspricht angelsächsischen Vorstellungen des „control", nicht aber dem Gedanken der „einheitlichen Leitung", da der Teilkonzern nur einen wirtschaftlich unselbständigen Teil des Gesamtkonzerns darstellt (vgl. v. Wysocki 82, 45). Die Verpflichtung zur Aufstellung von Teilkonzernabschlüssen nach dem „Tannenbaumprinzip" entspricht damit auch nicht der Einheitstheorie. Die kompromißlose Einführung dieses Prinzips, wie es im angelsächsischen Bereich praktiziert wird, wurde im H G B unter der Ausnutzung der Wahlrechte der 7. EG-Richtlinie entschärft. Für die Erstellung der Teilkonzernabschlüsse wurde eine Reihe von Befreiungsvorschriften geschaffen (vgl. Biener/Schatzmann 83, 16). Berechtigte In998

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D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

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teressen von Minderheitsgesellschaftern an der Aufstellung von Teilkonzernabschlüssen sollen jedoch unberührt bleiben (vgl. Rdn. 979 f). Ein Teilkonzern stellt, wie der Name sagt, nur einen Teil des gesamten 968 Konzerns dar und hat aus diesem Grunde eine sehr beschränkte Aussagefähigkeit, fast vergleichbar mit der eines Einzelabschlusses eines Konzernunternehmens. Von den wesentlichen Mängeln sei hier nur die Möglichkeit erwähnt, durch die Gestaltung der kapitalmäßigen Verflechtung den Konzern in mehrere Teilkonzerne zu zerlegen und den Kapitalbesitz von der Leitung zu trennen (vgl. Busse v. Colbe/Ordelheide 84, 68 f). Die im § 291 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 H G B geregelte Befreiung für Mutter- 969 unternehmen von der Konzernrechnungslegungspflicht ist an folgende Voraussetzungen geknüpft: (1) Der Jahresabschluß des inländischen Mutterunternehmens ist in den Konzernabschluß seines Mutterunternehmens mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EG einbezogen; auf die Rechtsform und auf die Größe dieses Unternehmens kommt es nicht an. Voraussetzung ist jedoch, daß es als Kapitalgesellschaft mit Sitz in der EG zur Konzernrechnungslegung verpflichtet wäre (vgl. Rdn. 972); (2) dieser Konzernabschluß wird einschließlich des Bestätigungsvermerks oder des Vermerks über dessen Versagung in deutscher Sprache offengelegt (vgl. Rdn. 973); (3) die Offenlegung erfolgt nach den für den entfallenden Konzernabschluß und -lagebericht maßgeblichen Vorschriften, also nach deutschem Recht (vgl. Rdn. 974); (4) das zu befreiende Mutterunternehmen und seine Tochterunternehmen dürfen nicht einbezogen sein, (a) wenn sie unter das Einbeziehungsverbot des § 295 H G B fallen (vgl. Rdn. 975, 1026 ff) oder (b) in Ausübung des Wahlrechts nach § 296 H G B auf die Einbeziehung verzichtet wird (vgl. Rdn. 975, 1034 ff) (5) der befreiende Konzernabschluß und der befreiende Konzernlagebericht müssen dem maßgeblichen Konzernrecht des den Konzernabschluß aufstellenden Mutterunternehmens und den Anforderungen der 7. EG-Richtlinie entsprechen (vgl. Rdn. 976); (6) der befreiende Konzernabschluß und der befreiende Konzernlagebericht müssen nach dem nationalen Recht — und in Ubereinstimmung mit den Vorschriften der 8. EG-Richtlinie — des Mutterunternehmens von einem zugelassenen Abschlußprüfer geprüft worden sein (vgl. Rdn. 977); (7) der Anhang des Jahresabschlusses des zu befreienden Mutterunternehmens muß enthalten (vgl. Rdn. 978): (a) Name und Sitz des Mutterunternehmens, das den befreienden Konzernabschluß und Konzernlagebericht aufstellt, und Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

(b)

einen Hinweis auf die Befreiung von der Verpflichtung, einen Konzernabschluß und einen Konzernlagebericht aufzustellen; (8) die Gesellschafter, denen bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung mindestens zwanzig vom Hundert der Anteile an dem zu befreienden Mutterunternehmen gehören, haben nicht bis spätestens sechs Monate vor dem Ablauf des Konzerngeschäftsjahres die Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts beantragt (vgl. Rdn. 979); (9) bei einem Anteilsbesitz von 90 % an dem zu befreienden Mutterunternehmen durch dessen Mutterunternehmen ist die Befreiung von der Aufstellung eines Konzernabschlusses von der Zustimmung aller Anteilseigner abhängig (vgl. Rdn. 980). 970

Die Befreiung von der Aufstellungspflicht greift nur, wenn sämtliche (kumulativ soweit zutreffend) dieser Voraussetzungen erfüllt sind. Werden sie nicht erfüllt, entfällt die befreiende Wirkung und das Mutterunternehmen, das zugleich Tochterunternehmen ist, hat einen Konzernabschluß und einen Konzernlagebericht aufzustellen. Die Geschäftsleitung des von der Erstellung eines Konzernabschlusses befreiten Mutterunternehmens hat zu prüfen, ob die oben genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Für den Inhalt des befreienden Abschlusses werden sie sich jedoch auf das Testat des ausländischen Abschlußprüfers verlassen dürfen und müssen.

971

Mit befreiender Wirkung können nicht nur der Konzernabschluß und der Konzernlagebericht des unmittelbaren Mutterunternehmens, sondern auch der Konzernabschluß und der Konzernlagebericht eines Unternehmens auf höherer Stufe offengelegt werden, da auch solche Unternehmen unmittelbare Mutterunternehmen des an sich zur Konzernrechnungslegung verpflichteten Unternehmens sind. Die Rechte an diesem Unternehmen werden dem Mutterunternehmen auf der höheren Stufe zugerechnet (Begr. zum Entw. v. 12. 4. 85,43).

972

zu(l) Die Voraussetzung, daß der Jahresabschluß des zu befreienden Mutterunternehmens in den Konzernabschluß eines Unternehmens mit Sitz im Inland oder einem anderen Mitgliedstaat der EG einbezogen ist, beinhaltet nicht, daß dieses Unternehmen eine Kapitalgesellschaft ist. Von der Rechtsform des konsolidierenden Unternehmens hängt die Inanspruchnahme der Befreiungsvorschrift nicht ab. Gebietskörperschaften wie Bund, Länder und Gemeinden scheiden jedoch als Mutterunternehmen aus, da es sich hierbei nicht um Unternehmen handelt. Eine Befreiung tritt auch nicht ein, wenn das zu befreiende Mutterunternehmen zwar zu einer Aufstellung verpflichtet ist, sie aber tatsächlich nicht erfüllt. Wird das befreite Mutterunternehmen als Gemeinschaftsunternehmen 1000

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D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

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oder assoziiertes Unternehmen (vgl. Rdn. 1309) in den Konzernabschluß einbezogen, so tritt ebenfalls keine Befreiung ein. zu (2) Die Offenlegung wird in deutscher Sprache verlangt, weil sie ,,in einer 973 fremden Sprache die Kenntnisnahme vom Inhalt des befreienden Konzernabschlusses und Konzernlageberichts in einer Weise erschweren würde, die den Interessenten nicht zuzumuten ist. Die Beglaubigung der Ubersetzung wird nicht verlangt, weil den Unternehmen die mit ihr verbundenen Kosten erspart werden sollen und die Vorlage unrichtiger Übersetzungen nicht befürchtet werden muß" (Begr. zum Entw. v. 12. 4. 85,44). Eine Umrechnung der Zahlen in DM ist ebensowenig wie bisher erforderlich ( I d W - N A 2/67 WPg. 67,489 ff). zu (3) Die maßgeblichen Vorschriften für die einzuhaltenden Offenlegungs- 974 pflichten des betreffenden Konzernabschlusses und Konzernlageberichts ergeben sich aus den §§ 325 Abs. 3-5, 328 HGB (vgl. Rdn. 1537). zu (4) Das Verbot der Einbeziehung nach § 295 HGB (vgl. Rdn. 1026 ff) hat zum 975 Gegenstand, daß von der Einbeziehung eines Tochterunternehmens dann abzusehen ist, wenn sich seine Tätigkeit von der Tätigkeit der anderen einbezogenen Unternehmen derart unterscheidet, daß ein „true and fair view" nicht herzustellen ist. Der Verweis auf § 296 HGB (Verzicht auf Einbeziehung) versteht sich von selbst (vgl. Rdn. 1034 ff). Beide Verweise beziehen sich u. E. nur auf die Einbeziehung von Tochterunternehmen des zu befreienden Mutterunternehmens. Ein befreiender Konzernabschluß darf bzw. muß daher diejenigen Tochterunternehmen des zu befreienden Mutterunternehmens nicht einbeziehen, die auch in dem wegfallenden Teilkonzernabschluß nicht einbezogen werden dürften oder könnten. zu (5) Diese Vorschrift will zum Ausdruck bringen, daß das Mutterunternehmen 976 den befreienden Konzernabschluß nach den Vorschriften aufstellt, die für Kapitalgesellschaften dieses Landes gelten. zu (6) Was die geforderte Prüfung betrifft, so schreibt §291 Abs. 2 Nr. 2 HGB 977 nicht explizit vor, daß die Prüfung mit einem Bestätigungsvermerk abgeschlossen sein muß. Andererseits ist der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung mit offenzulegen (vgl. Rdn. 1538), so daß eine Niehus/Scholz

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Prüfung erkennbar zu einem Ergebnis führen muß, ζ. B. nicht ergebnislos abgebrochen werden kann.

zu (7) 978 Im Anhang seines Einzelabschlusses hat das befreite Mutterunternehmen gem. § 291 Abs. 2 Nr. 3 H G B auf die Befreiung hinzuweisen und den Namen des ausländischen Mutterunternehmens, das den befreienden Konzernabschluß und Konzernlagebericht aufstellt, zu nennen und anzugeben, wo sich sein Sitz (Registersitz) befindet. Damit soll dem interessierten Leser ermöglicht werden, Einblick in die befreiende Konzernrechnungslegung zu nehmen. Es wird nicht verlangt, daß der befreiende Konzernabschluß auch am Sitz des inländischen — von der Konzernrechnungslegung befreiten — Mutterunternehmens zur Verfügung steht. Gehört dieses inländische Mutterunternehmen zu den kleinen Kapitalgesellschaften nach § 267 Abs. 1 HGB, dann hätte es gem. § 326 H G B nur die Bilanz und den Anhang offenzulegen (vgl. Rdn. 1543 ff)· Auch daraus müßten Name und Sitz des den befreienden Konzernabschluß aufstellenden ausländischen Mutterunternehmens und der Hinweis auf die Befreiung etc. gem. 5 291 Abs. 2 Nr. 3a und b H G B ersichtlich sein.

979

zu (8) § 291 Abs. 3 H G B beinhaltet eine Schutzvorschrift für Minderheitsgesellschafter. Sie setzt die Befreiung von der Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses außer Kraft, wenn einem/mehreren Gesellschafter/n mindestens im oben genannten Umfange Anteile an dem zu befreienden Mutterunternehmen gehören und der/die Gesellschafter spätestens sechs Monate vor dem Ablauf des Konzerngeschäftsjahres die Aufstellung des Teilkonzernabschlusses beantragt hat/haben. Maßgebend ist der Abschlußstichtag (§ 299 Abs. 1 HGB) des zu befreienden Mutterunternehmens. Der Minderheitsgesellschafter erfüllt u.E. die Antragsvoraussetzungen, wenn ihm der geforderte Mindestumfang an Gesellschaftsanteilen am Tage des Ablaufs der Antragsfrist gehört; zum Begriff „gehören" vgl. Rdn. 954. Eine offene Frage ist, ob die Befreiung auch greift, wenn z.B. zwischen dem Antragszeitpunkt und dem Abschlußstichtag (vgl. Rdn. 1050 ff) die Minderheitsbeteiligung veräußert wurde und der Erwerber die Aufstellung des Teilkonzernabschlusses nicht wünscht, d.h., den Antrag des veräußernden Minderheitsgesellschafters — ebenfalls in der gesetzlich vorgeschriebenen Antragsfrist — widerruft. Der Antrag der Erstellung eines Teilkonzernabschlusses ist an die Geschäftsführer (vgl. §§ 35 — 38 Rdn. 5 ff) des Mutterunternehmens zu richten. Zur Einhaltung der 6-Monatsfrist vgl. auch Rdn. 8 6 in analoger Anwendung. 1002

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zu (9) Die Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht ist nach der V o r - 9 8 0 schrift des § 291 Abs. 3 Satz 2 H G B bei einer über 90 %igen Beteiligung des „übergeordneten" Mutterunternehmens abhängig von der Zustimmung der anderen Gesellschafter. Dies führt zu dem Ergebnis, daß z.B. bei einer 85 °/oigen Beteiligung eine Befreiung ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter herbeigeführt werden kann, bei einer 99 °/oigen Beteiligung jedoch die Zustimmung aller anderen Gesellschafter eingeholt werden muß. Hier wird die Praxis entscheiden, wie dieser Zusatz zu interpretieren ist (vgl. Gerigk DB 86, 1375 ff). 2. Rechtsverordnungsermächtigung für befreiende Konzernabschlüsse. Da 981 Teilkonzernabschlüsse (vgl. Rdn. 967 f) einen beschränkten Aussagewert haben, muß ihre gesonderte Aufstellung soweit wie möglich vermieden werden können. Die Vorschrift des § 292 H G B enthält daher eine Verordnungsermächtigung f ü r befreiende Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte von Mutterunternehmen mit Sitz in einem Staat, der nicht Mitglied der EG ist. Dieser N o r m liegt Art. 11 der 7. EG-Richtlinie zugrunde. Zu dieser Bestimmung führen Biener/Schatzmann (83, 21) aus: „Zusätzlich muß aber verlangt werden, daß der befreiende Konzernabschluß entweder in Anwendung von an die Konzernbilanz-Richtlinie angepaßten Vorschriften des nationalen Rechts aufgestellt worden ist oder daß er einem nach der Konzernbilanz-Richtlinie erstellten Konzernabschluß gleichwertig ist". Die Vorschrift des § 292 H G B ist vergleichbar mit der des § 291 H G B und 9 8 2 ist ihr weitgehend nachgebildet (vgl. Rdn. 969 ff). Der in § 291 H G B zum Ausdruck kommende Gedanke, daß für den räumlichen Geltungsbereich der 7. EG-Richtlinie nur ein Konzernabschluß aufzustellen ist, wird durch § 292 H G B ausgedehnt auf den Nicht-EG-Raum unter grundsätzlich zwei besonderen Bedingungen: (1) Der Konzernabschluß muß in einem anderen EG-Staat als befreiend offengelegt und anerkannt werden oder die ihm unterliegenden Prinzipien müssen denen der 7. EG-Richtlinie gleichwertig sein. (2) Er muß von Abschlußprüfern geprüft sein, an deren Befähigung Anforderungen gestellt wurden, die denen der 8. EG-Richtlinie gleichwertig sind. Die Verordnung, über deren Inhalt Abs. 1 sowie Abs. 4 von § 292 H G B 9 8 3 Näheres sagen, steht noch aus. Wenn auch der deutsche Verordnungsgeber angesprochen ist, so wird doch wegen der nicht problemlosen „GleichwertigNiehus/Scholz

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Rechnungslegung

keit" (vgl. Rdn. 986) vor Erlaß auch eine Abstimmung mit dem nach der 7. EG-Richtlinie (Art. 47) errichteten Kontaktausschuß bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erfolgen. 984

Eine Befreiung für die Prüfung und Offenlegung von Teilkonzernabschlüssen — jedoch ohne Konzernlagebericht — war bisher im AktG 1965 (§ 330 Abs. 1 Satz 2) enthalten. Wie nachgewiesen wurde, war diese Befreiung weitestgehend eine Farce, weil die nähere Prüfung, ob der befreiende Konzernabschluß den Vorschriften der §§ 329, 331 bis 338 AktG entsprach, offenbar nur sehr kursorisch betrieben wurde (vgl. Niehus WPg. 73, 32 ff).

985

Der befreiende Konzernabschluß und der Konzernlagebericht müssen — wie ausgeführt — nach dem mit der 7. EG-Richtlinie übereinstimmenden Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft aufgestellt worden sein. Eine solche Aufstellung hat nur dann befreiende Wirkung, wenn das Recht des befreienden Mitgliedstaates einen derartigen Konzernabschluß auch vorschreibt. 986 Falls der befreiende Konzernabschluß nicht nach dem Recht eines EG-Mitgliedstaates aufgestellt worden ist, z.B. weil das Recht eines Mitgliedstaates im vorliegenden Falle es nicht verlangt oder eine solche Inanspruchnahme, aus welchen Gründen auch immer, von dem obersten Mutterunternehmen nicht erfolgt, kann die Befreiung „ceteris paribus" nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der so aufgestellte Konzernabschluß „gleichwertig" ist. Was ist darunter zu verstehen? Heißt das „gleichwertig" im Sinne der 7. EG-Richtlinie generell oder „gleichwertig" nur zu der in das deutsche Gesetz umgesetzten Richtlinie, d.h., unter Berücksichtigung derjenigen Wahlrechte, die der deutsche Gesetzgeber weitergegeben hat? Diese besondere Problematik wird z.B. dann erkennbar, wenn in dem anderen Land der Konzernabschluß nicht nach dem Anschaffungswertprinzip, das grundsätzlich für die deutsche Konzernrechnungslegung nach H G B verlangt wird (vgl. § 308 H G B i.V.m. § 253 HGB), sondern z.B. nach Tageswerten aufgestellt werden muß. Oder kommt darin zum Ausdruck, daß eine andere Ausnutzung der vom deutschen Gesetzgeber weitergegebenen Wahlrechte oder eine freiwillige Beschränkung in der Ausnutzung der Wahlrechte in Anspruch genommen werden kann, z.B. keine Inanspruchnahme des bis zu drei Monate abweichenden Spielraums für den Stichtag der einbezogenen Unternehmen oder Einbeziehung trotz ungewöhnlich hoher Kosten, andererseits aber Abschreibung z.B. des Goodwill über 40 Jahre? Antworten auf diese und sicher eine ganze Reihe anderer Fragen wird der Verordnungsgeber erteilen müssen. 987 § 292 Abs. 1 HGB verweist auf § 291 HGB. Danach ist davon auszugehen, daß der Verordnungsgeber die wesentlichen Vorschriften des § 291 H G B in 1004

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die Verordnung nach § 292 aufnehmen muß oder auf sie verweisen wird. Hierbei ist u.a. daran zu denken, daß der Konzernabschluß und der Konzernlagebericht, einschließlich des Bestätigungsvermerks oder des Vermerks über dessen Versagung, in deutscher Sprache offengelegt werden müssen. Ganz besondere Bedeutung dürfte dem Bezug auf § 291 H G B auch für den Minderheitenschutz nach Abs. 3 von § 291 H G B (vgl. Rdn. 979 f) zukommen. Die Befreiung greift nur, wenn der Nicht-EG-Konzernabschluß von einem 9 8 8 Abschlußprüfer geprüft worden ist, der eine den Anforderungen der 8. EG-Richtlinie gleichwertige Befähigung hat, und der Konzernabschluß tatsächlich in entsprechender Weise geprüft worden ist. Es fällt auf, daß § 292 Abs. 2 H G B nur von „Konzernabschluß", aber nicht von „Konzernlagebericht" spricht. Würde man die Vorschriften wörtlich nehmen, wäre der letztere nicht zu prüfen. Dies kann nach dem Sinn der Vorschrift nicht gemeint sein. Abs. 3 dieser Norm, der dem deutschen Verordnungsgeber die Möglichkeit zu weiteren Vorschriften über Aufstellung und Prüfung derartiger befreiender Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte eröffnet, erwähnt den letzteren ausdrücklich. Die Vorschrift über eine befreiende Prüfung hat ihr Vorbild im bisherigen deutschen Recht (§ 330 Abs. 2 Satz 2 AktG 1965). Danach waren ausländische Berufsstände (Chartered Accountants — Großbritannien —, Certified Public Accountants — USA—, Beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater — Österreich — und weitere Organisationen, vgl. AdlerDüring/Scbmaltz § 330, 32) als gleichwertig anerkannt. In der Zwischenzeit sind die meisten Berufsorganisationen der Abschlußprüfer der einzelnen Länder in der im Jahre 1977 gegründeten „International Federation of Accountants" (IFAC) zusammengeschlossen. Wenn sich diese auch bemüht, einheitliche Grundsätze für die Berufsausübung zu erarbeiten und in allgemein anerkannten Standards niederzulegen, wird es nach u.M. auch in Zukunft erforderlich sein, im Einzelfall zu prüfen, ob — insbesondere im Hinblick auf seine Vorbildung und seine Unabhängigkeit — der Abschlußprüfer des befreienden Konzernabschlusses den Vorschriften der 8. EG-Richtlinie Genüge leistet. Nicht zuletzt aus diesem Grunde ist der deutsche Berufsstand der Wirtschaftsprüfer skeptisch hinsichtlich einer automatischen und pauschalen Befreiung nach § 292 Abs. 3 H G B (vgl. IdW%b, 193). Die befreiende Wirkung der Aufstellung und Prüfung von Konzern- 9 8 9 abschluß und Konzernlagebericht kann in der Verordnung weiter davon abhängig gemacht werden, daß ein deutscher Konzernabschluß und ein deutscher Konzernlagebericht, die nach den Vorschriften des H G B aufgestellt und geprüft sind, in dem anderen Land eine entsprechende Befreiung erfahren. Im Interesse des freien Wirtschaftsverkehrs ist zu hoffen, daß der deutsche Gesetzgeber von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird. Bekannt ist, daß ausländische Gesellschaften, die z.B. an der New Yorker Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Börse ihre Aktien einführen wollen, in ihren Jahresabschlüssen ggf. zusätzliche Angaben machen müssen (vgl. Rappaport 72, Chapter 31, 11 ff). Die Möglichkeit zur Befreiung in obigem Sinne besteht, wenn im Wege der Reziprozität ein deutscher Konzernabschluß und ein deutscher Konzernlagebericht als „gleichwertig angesehen" werden. Es wird also nicht verlangt, daß diese Gleichwertigkeit nach dem Gesetz des anderen Staates gewährleistet ist. Dies ist in all den Fällen von praktischer Bedeutung, in denen nicht staatliche Stellen, sondern z.B. Zulassungsbestimmungen einzelner Börsen (etwa der New Yorker Börse) bestimmte Voraussetzungen festlegen. Dies mag erkennen lassen, daß die Bundesregierung vorsichtig mit der Anerkennung der Reziprozität sein sollte. Eine staatliche Anerkennung durch ein gesetzgebundenes Verfahren ist u.U. leichter herbeizuführen als ein Anerkenntnis der Gleichwertigkeit aufgrund von Konventionen, vorherrschender Meinung oder dergleichen. Was die Befähigung zur Prüfung eines befreienden Konzernabschlusses und eines befreienden Konzernlageberichtes betrifft, so ist zu bedauern, daß hier Reziprozität nicht vorgesehen ist (§ 292 Abs. 3 Satz 2 HGB). 990

3. Größenabhängige Befreiungen. Die Pflicht zur Aufstellung von Konzernabschlüssen nach § 290 H G B führt auch dazu, daß kleinere wirtschaftliche Einheiten, die aus mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen bestehen, zur Konzernrechnungslegung verpflichtet sind. In solchen Fällen kann es vorkommen, daß die Gewinnung zusätzlicher Informationen aus dem Konzernabschluß in keinem angemessenen Verhältnis zum Arbeitsaufwand steht, der mit der Erstellung von Konzernabschlüssen verbunden ist. Daher hat der Gesetzgeber in § 293 H G B solche Mutterunternehmen von der Aufstellungspflicht befreit, auf die bestimmte Größenmerkmale nicht zutreffen.

991

Mit der Bestimmung des § 293 Abs. 1 H G B wird das in Art. 6 der 7. EG-Richtlinie verankerte nationale Wahlrecht ausgeübt, Mutterunternehmen bestimmter Größe von der Aufstellung eines Konzernabschlusses zu befreien (vgl. Begr. zum Entw. v. 12. 4. 85, 44). Dagegen setzen die Befreiungsmöglichkeiten des § 293 Abs. 2 H G B f ü r bestimmte Kreditinstitute (vgl. Rdn. 1005 ff) und des § 293 Abs. 3 H G B für bestimmte Versicherungsunternehmen (vgl. Rdn. 1011 f) das Mitgliedstaatenwahlrecht des Art. 40 Abs. 1 Satz 2 der 7. EG-Richtlinie um (vgl. Ausschußbericht, 113). Ursprünglich hatte die Europäische Kommission die Dreiteilung der Publizitätsanforderungen (vgl. §325 Rdn. 1528 f) der 4. EG-Richtlinie in die 7. EG-Richtlinie übernehmen wollen (vgl. NiessenWVg. 83, 655). Stattdessen wurde, insbesondere auf Betreiben der deutschen Delegation, eine Befreiungsmöglichkeit für kleinere Konzerne in Art. 6 der 7. EG-Richtlinie aufgenommen. Diese Regelung war unter den Mitgliedstaaten bis zuletzt umstritten (vgl. Biener DB Beilage Nr. 19/83, 5). Die Kommission ließ deshalb in einer Protokollerklärung feststellen, daß die nach Art. 6 eingeräumte Ausnahme1006

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D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

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möglichkeit „nur im Interesse eines binnen vertretbarer Fristen zu überprüfenden Kompromisses zu rechtfertigen ist" (vgl. Kommission Protokollerklärung Nr. 1 zu Art. 4 Abs. 2 und Art. 6, zitiert bei Biener/Schatzmann 83, 10; vgl. auch Niessen aaO). Die Befreiung kleinerer Konzerne von der Rechnungslegungspflicht ist in das deutsche Recht übernommen worden, um die Belastung der Wirtschaft möglichst gering zu halten. Die Rechnungslegung kleiner Konzerne scheint nicht zwingend geboten, (vgl. Begr. zum Entw. v. 12.4.85, 44). Die vorgenannten Befreiungen gelten jedoch gemäß der Vorschrift des 9 9 2 § 293 Abs. 5 H G B nicht, wenn die Wertpapiere eines der zu konsolidierenden Unternehmen an einer Wertpapierbörse in einem Mitgliedstaat amtlich notiert werden; insoweit wird Art. 6 Abs. 4 der 7. EG-Richtlinie ins deutsche Recht transformiert. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 293 H G B sind erfüllt, wenn be- 9 9 3 stimmte Größenmerkmale nicht überschritten werden (vgl. Rdn. 994 ff) und zudem noch bestimmte zeitliche Bedingungen (vgl. Rdn. 1001) gegeben sind. Zur Ermittlung der Größenmerkmale hat das Gesetz zwei Berechnungs- 9 9 4 methoden, die additive und die konsolidierte Methode zugelassen. In der Literatur finden sich auch die Bezeichnungen Brutto- bzw. Nettomethode. Nach der additiven Methode berechnet, sind folgende Größen am Ab- 9 9 5 schlußstichtag bedeutsam: (a) die Bilanzsummen (vgl. Rdn. 78 ff) in den Bilanzen des Mutterunternehmens und der Tochterunternehmen übersteigen nach Abzug von in diesen Bilanzen auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbeträgen nicht D M 46,8 Mio, (b) die Umsatzerlöse (vgl. Rdn. 770 ff) des Mutterunternehmens und der Tochterunternehmen übersteigen in den letzten 12 Monaten insgesamt nicht DM 96,0 Mio, (c) in den letzten 12 Monaten haben das Mutterunternehmen und die Tochterunternehmen insgesamt durchschnittlich nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt (vgl. Rdn. 893, zur Berechnung vgl. Rdn. 895). Nach der konsolidierten Methode, — sie setzt schon die Existenz eines 996 Konzernabschlusses voraus — sind folgende Größen maßgebend: (a) die Konzernbilanzsumme (vgl. Rdn. 1413) übersteigt nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages (vgl. Rdn. 510) nicht den Betrag von D M 39,0 Mio, (b) die Konzernumsatzerlöse (vgl. Rdn. 1426) übersteigen in den letzten 12 Monaten nicht DM 80,0 Mio, (c) wie oben. Niehus/Scholz

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Rechnungslegung

Die in den Rdn. 995 und 996 genannten Größen sind unter Anwendung des Art. 6 Abs. 5 der 7. EG-Richtlinie erlassen worden. Sie gelten voraussichtlich bis zum Jahre 2000. Da die in § 267 Abs. 2 H G B niedergelegten Werte für den Einzelabschluß (DM 15,5 Mio Bilanzsumme und DM 32,0 Mio Umsatzerlöse) gemäß Art. 53 Abs. 2 der 4. EG-Richtlinie der wirtschaftlichen und monetären Entwicklung angepaßt werden, könnte es wahrscheinlich zu einem Heraufsetzen der derzeitigen Abgrenzungsbeträge kommen.

998

Die Beträge nach der additiven Methode sind 20 % höher als die nach der konsolidierten Methode. Diese Differenzierung soll ein Ausgleich dafür sein, daß sich bei Anwendung der additiven Methode i.d.R. höhere Beträge ergeben, da diese aus den Zahlen vor Konsolidierung (vgl. Rdn. 995) ermittelt werden. Die DM-Beträge der konsolidierten Methode sind zehnmal so hoch wie die Werte in der Bestimmung des § 267 Abs. 1 HGB, die die kleineren von den mittleren Kapitalgesellschaften abgrenzen (vgl. Rdn. 78 f). 999 Die Anwendung der konsolidierten Methode hat den Nachteil, daß diese die Erstellung eines Konzernabschlusses voraussetzt, was bei der additiven Methode nicht der Fall ist (vgl. Busse v. Cölbe ZfbF 85, 763). Der Befreiungstatbestand des § 293 Abs. 2 H G B sollte daher zunächst nach der additiven Methode geprüft werden. Kommt danach eine Befreiung nicht in Betracht, so kann gleichwohl nach der konsolidierten Methode eine Befreiung von der Aufstellung eines Konzernabschlusses Platz greifen. 1000

Die Voraussetzung für das Eintreten der Befreiungsvorschriften in §293 Abs. 1 Nr. 1 und 2 H G B sind erfüllt, wenn wenigstens zwei der in den Rdn. 995 und 996 genannten drei Größenmerkmale — entweder nach der additiven oder nach der konsolidierten Methode ermittelt — überschritten werden. Es ist z.B. unzulässig, die Bilanzsumme nach der additiven und die Umsatzerlöse nach der konsolidierten Methode zu ermitteln. 1001 Um diese Befreiungsvorschrift in Anspruch nehmen zu können, dürfen in zeitlicher Hinsicht die in den Rdn. 995 oder 996 angeführten Grenzen am Bilanzstichtag und am vorhergehenden Abschlußstichtag nicht überschritten sein. 1002 Die Bilanzsumme nach der additiven Methode ergibt sich — ggf. nach Abzug von auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbeträgen (§ 268 Abs. 3 HGB, vgl. Rdn. 510 ff) — aus den addierten Bilanzsummen der Abschlüsse des Mutterunternehmens und der in den Konzernabschluß einzubeziehenden Tochterunternehmen. Nicht zu berücksichtigen sind die Bilanzsummen der Unternehmen, bei denen der Bilanzierende auf Grund eines Entscheidungsspielraums auf die Einbeziehung verzichten kann (vgl. Rdn. 1034 ff) oder deren Einbeziehung verboten ist (vgl. Rdn. 1026 ff). Gleiches gilt für die Feststellung der Konzernbilanzsumme nach der konsolidierten Methode. Dies folgt aus der Formulierung „aufzustellender Konzernabschluß" in § 293 Abs. 1 Nr. 2 HGB, in der auf die Verpflichtung 1008

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D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

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des Bilanzierenden zur Erstellung eines Konzernabschlusses nach Maßgabe der §§ 290 ff H G B „auf Probe" hingewiesen wird. Da Tochterunternehmen unterschiedliche Jahresabschlußstichtage haben können (vgl. Rdn. 1050 ff), muß nicht zwingend die Bilanzsumme aus dem letzten Jahresabschluß zugrundegelegt werden. Sie kann auch aus einem in den Konzernabschluß einbezogenen Zwischenabschluß stammen. Umsatzerlöse nach der additiven Methode sind die addierten Umsatzerlöse 1 0 0 3 aus den letzten 12 Monaten vor dem Abschlußstichtag des Mutterunternehmens und dem jeweiligen Stichtag des Jahresabschlusses (vgl. Rdn. 1050 ff) der in den Konzernabschluß einbezogenen Tochterunternehmen. Gleiches gilt für die Ermittlung der Konzernumsatzerlöse nach der konsolidierten Methode. Sowohl die zur Befreiung führenden Merkmale nach Nr. 1 als auch die 1004 nach Nr. 2 des § 293 Abs. 1 H G B nennen als drittes Merkmal die durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer. Grundlage der Ermittlung dieses Merkmals ist die Zahl der im Durchschnitt im Mutterunternehmen und in den Tochterunternehmen, die in den Konzernabschluß einzubeziehen wären, beschäftigten Arbeitnehmer; Arbeitnehmer von Tochterunternehmen, die in den Konzernabschluß nicht einbezogen werden dürfen oder die aufgrund eines Wahlrechts nicht einbezogen wurden, sind nicht mitzuzählen. Zur Berechnung des durchschnittlichen Beschäftigtenstandes vgl. § 267 Abs. 5 H G B (Rdn. 895). In Abs. 2 des § 293 H G B sind für Kreditinstitute abweichende Größen- 1 0 0 5 merkmale in Anlehnung an § 1 Abs. 2 PublG festgelegt. In Nr. 1 wird die sogenannte additive, in Nr. 2 die sogenannte konsolidierte Methode (vgl. Rdn. 994 ff) geregelt. In beiden Fällen wird allein auf eine um einige Größen modifizierte Bilanzsumme abgestellt, die nicht überschritten werden darf, um von der Aufstellungspflicht eines Konzernabschlusses zu befreien. Nach der additiven Methode darf die modifizierte Bilanzsumme den Betrag von D M 132 Mio und nach der konsolidierten Methode darf die modifizierte Konzernbilanzsumme den Betrag von DM 110 Mio nicht überschreiten. Der Konzernumsatz sowie die Beschäftigtenzahl sind hier ohne Bedeutung. Sowohl die Bilanzsummen der einzubeziehenden Unternehmen bei der ad- 1006 ditiven Methode als auch die Konzernbilanzsumme bei der konsolidierten Methode müssen bzw. muß um folgende Größen erhöht werden: — den Kreditnehmern abgerechnete eigene Ziehungen im Umlauf; — Indossamentverbindlichkeiten aus weitergegebenen Wechseln; — Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften sowie aus Gewährleistungsverträgen. Niehus/Scholz

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Wenn in den Konzernabschluß ausschließlich Kreditinstitute einbezogen worden sind (homogener Konzern), bereitet die Anwendung des modifizierten Bilanzsummenkriteriums des § 293 Abs. 2 H G B keine Schwierigkeiten.

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Beim heterogenen Konzern, wenn also der Konzern nicht ausschließlich aus Kreditunternehmen besteht, ist folgendermaßen zu unterscheiden: Für die Anwendung der Sonderregel in § 293 Abs. 2 H G B ist die Branchenzugehörigkeit des Mutterunternehmens entscheidend. Ist das Mutterunternehmen ein Kreditinstitut, findet 5 293 Abs. 2 H G B Anwendung; handelt es sich um ein Unternehmen aus einem anderen Geschäftszweig, ist § 293 Abs. 2 H G B nicht einschlägig, und es gelten die Regelungen des § 293 Abs. 1 HGB. In diesem Fall sollte man als Umsatzerlös eines Kreditinstituts ansehen, was für die banktypischen Leistungen am Markt erlöst wird (vgl. WP-Handbuch 85/861, 694).

1009

Nicht gesetzlich geregelt ist in § 293 Abs. 2 HGB, ob im Falle des heterogenen Konzerns mit einem Kreditinstitut als Mutterunternehmen zur Ermittlung der Bilanzsumme nur die Unternehmen berücksichtigt werden, die Kreditinstitute sind, oder ob alle — auch branchenfremde — Unternehmen einzubeziehen sind. Für solche Fälle bietet sich an, die Grundsätze des Publizitätsgesetzes anzuwenden. Danach ist eine Befreiung von der Aufstellungspflicht bereits dann ausgeschlossen, wenn die dem Konzern angeschlossenen Kreditinstitute die Größenmerkmale des § 293 Abs. 1 H G B überschreiten. Ist nach diesen Merkmalen eine Befreiung nicht ausgeschlossen, muß eine anteilsmäßige Berechnung entsprechend der analog anzuwendenden Vorschrift in § 11 Abs. 4 Satz 2 PublG erfolgen. Wird z.B. bei Anwendung der additiven Methode von den in den Konsolidierungskreis fallenden Kreditinstituten eine modifizierte Bilanzsumme von 66 Mio D M ( = 5 0 % des Grenzwertes von 132 Mio DM) erzielt, so reduzieren sich die für die einzubeziehenden Nichtkreditinstitute Größenmerkmale des Abs. 1 auf je 50 % (ähnlich v. Wysocki/ Wohlgemuth 86, 49 zu § 11 Abs. 4 PublG). 1010 Auch für Kreditinstitute gilt, daß das Merkmal am Abschlußstichtag und am vorhergehenden Abschlußstichtag erfüllt sein muß. 1011

In Abs. 3 des § 293 H G B werden abweichende Größenmerkmale speziell für Versicherungsunternehmen — ebenfalls in Anlehnung an § 1 Abs. 4 PublG — festgelegt. In Nr. 1 wird die Grenze nach der additiven, in Nr. 2 die Grenze nach der konsolidierten Methode bestimmt: Bruttobeiträge additive Methode D M 43,2 Mio konsolidierte Methode DM 36,0 Mio Die additive Methode weist auch in diesem Fall einen um 20 % erhöhten Grenzwert auf. Bruttobeiträge sind die Beiträge aus dem Erst- und Rückversicherungsgeschäft, einschließlich der in Rückdeckung gegebenen Anteile. 1010

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D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

HGB § § 2 3 8 - 3 3 5

Sowohl nach der additiven Methode als auch nach der konsolidierten Methode ist ein Yersicherungsunternehmen von der Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts gemäß § 293 Abs. 3 H G B befreit, wenn die Bruttobeiträge der Mutterunternehmen und der einzubeziehenden Tochterunternehmen (vgl. Rdn. 1016 ff) in den 12 Monaten vor dem Abschlußstichtag und dem vorhergehenden Abschlußstichtag nicht überschritten werden. Zum Anwendungsbereich des § 293 Abs. 3 H G B bei heterogenen Versiehe- 1 0 1 2 rungskonzernen gelten die Ausführungen zu § 293 Abs. 2 H G B entsprechend. Nach den Absätzen 1—3 des § 293 H G B müssen die vorgenannten Größen- 1 0 1 3 merkmale am Abschlußstichtag und am vorhergehenden Abschlußstichtag bestanden haben. § 293 Abs. 4 H G B enthält für die derartigen Fälle eine Erweiterung der Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht, indem er die zeitlichen Voraussetzungen (vgl. Rdn. 1001, 1010, 1011) für die Befreiung auflockert: Die Befreiung tritt auch ein, wenn die Größenmerkmale nur an einem der beiden Stichtage bestanden haben, das Mutterunternehmen aber am vorhergehenden Stichtag von der Konzernrechnungslegung befreit war. Die Befreiungswirkung nach den Absätzen 1—3 des § 293 H G B sei an fol- 1 0 1 4 genden vier Beispielen verdeutlicht:

\jahr 01 Fall (1)

02

Mutterunternehmen war Grenzen des § 293 HGB Grenzen des §293 HGB von der Pflicht zur Auf- sind nicht überschritten sind nicht überschritten stellung eines Konzernabschlusses nicht befreit X

(2)

03

\

X

-

Mutterunternehmen war Grenzen des § 293 HGB Grenzen des § 293 HGB von der Pflicht zur Auf- sind nicht überschritten sind nicht überschritten stellung eines Konzernabschlusses befreit -

-

-

X = ein Konzernabschluß ist aufzustellen — = ein Konzernabschluß ist nicht aufzustellen.

Die unter Fall (2) ausgewiesene Wirkung bleibt unter Beachtung der Regelungen im Absatz 4 unverändert, auch wenn sich die Verhältnisse wie folgt geändert haben: Niehus/Scholz

1011

HGB §§ 238-335 \fahr Fall\ (3)

Rechnungslegung

01

02

Mutterunternehmen war Grenzen des §293 H G B Grenzen des §293 HGB von der Pflicht zur Auf- sind nicht überschritten sind überschritten stellung eines Konzemabschlusses befreit -

W

03

-

-

Mutteruntemehmen war Grenzen des § 293 H G B Grenzen des § 293 HGB von der Pflicht zur Auf- sind überschritten sind nicht überschritten stellung eines Konzernabschlusses befreit -

-

-

— = ein Konzernabschluß ist nicht aufzustellen 1015

D i e Vorschrift des § 293 Abs. 5 H G B setzt die vorgenannten Befreiungstatbestände der Abs. 1—4 außer K r a f t , wenn Aktien oder andere Wertpapiere mindestens eines in den Konzernabschluß einzubeziehenden Unternehmens an einer Börse der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zum amtlichen H a n del zugelassen, in den geregelten Freiverkehr einbezogen oder die Zulassung zum amtlichen Handel beantragt ist. Abs. 5 greift jedoch nicht ein, wenn das börsennotierte Unternehmen nicht in den Konzernabschluß einbezogen werden muß: es handelt sich um die Fälle des Einbeziehungsverbots (§ 295 H G B ) und des Einbeziehungswahlrechts (§ 296 H G B ) .

IV. Abgrenzung des Konsolidierungskreises (§§ 294 — 296 HGB) 1016

1. Einzubeziehende und einbezogene Unternehmen. Die Bestimmung des Konsolidierungskreises im Rahmen der Konzernrechnungslegung beantwortet die Frage, welche Unternehmen in einen von dem Mutterunternehmen aufzustellenden Konzernabschluß im Einzelfalle einzubeziehen sind. In den §§ 294 — 296 H G B ist normiert, welche Unternehmen grundsätzlich in den Konzernabschluß einzubeziehen sind (Einbeziehungsgrundsatz), welche U n ternehmen nicht einzubeziehen sind (Einbeziehungsverbot) und für welche Unternehmen auf die Einbeziehung verzichtet werden kann (Einbeziehungswahlrecht) . Zur Abgrenzung des Konsolidierungskreises vgl. Schaubild I. D a der Konzernabschluß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns zu vermitteln hat (vgl. Rdn. 1074 ff), wird sich in Zweifelsfällen die Entscheidung über die Einbeziehung eines Unternehmens in den Konzernabschluß letztlich an dieser Zielsetzung auszurichten haben. 1012

Niehus/Scholz

D. Aufstellung von Konzernabschluß und Konzernlagebericht

HGB §§ 238-335

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-Q 81,1679). Entsprechendes gilt f ü r die Schranken der Mehrheitsbeschlüsse: auch diese unterliegen, wie jede Rechtsausübung, dem Mißbrauchsvorbehalt, ohne daß sie aber einer positiven und sachlichen Rechtfertigung bedürfen. Es ist grundsätzlich Sache der überstimmten Minderheit, das Vorliegen von Mißbrauch der Mehrheitsmacht darzulegen und zu beweisen (str.; wie hier Ulmer in H a chenburg § 53, 58; teilw. a. A. Wiedemann Gesellschaftsrecht I, 445; Rowedder-Koppensteiner 105). 2. Einzelfälle a) Ein Auflösungsbeschluß (§ 60 Abs. 1 Nr. 2) ist dann anfechtbar und 5 8 nichtig, wenn er, mit den Stimmen des Mehrheitsgesellschafters gefaßt, sich als ein Mißbrauch der Auflösungsbefugnis darstellt, insbesondere wenn er mit der Zielsetzung gefaßt wird, die Minderheit aus der G m b H hinauszudrängen (BGH W M 80, 378 = N J W 80, 1278; zustimmende Anm. von Timm J Z 80, 665). b) Die zustimmende Stimmabgabe des Mehrheitsgesellschafters zu einer 5 9 Befreiung von einem ihn betreffenden satzungsmäßigen Wettbewerbsverbot stellt dann keine mißbräuchliche Stimmrechtsausübung dar, wenn die Wettbewerbsverbotsbefreiung im geschäftlichen Interesse der G m b H geboten ist (BGH W M 81, 357 = GmbH-Rdsch. 81, 189 mit zustimmender Anm. von Timm GmbH-Rdsch. 81, 177). c) Auch bei Beschlußfassungen zur Erhöhung des Stammkapitals und der 6 0 Beschlußfassung über die Zulassung zur Übernahme neuer Geschäftsanteile ist nicht der insoweit im Aktienrecht anwendbare Maßstab der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit ( B G H Z 7 1 ; 83, 319) anzulegen (Schilling in H a chenburg 65; a. A. Ulmer in Hachenburg §55, 41; Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 248; Rowedder-Zimmermann § 51, 33). N u r wenn im Einzelfall eine Verletzung der Gründsätze der gleichmäßigen Behandlung oder der gesellschaftlichen Treupflicht vorliegt, kann eine Anfechtbarkeit wegen Mißbrauchs der Mehrheitsstimmen gegeben sein (dazu s. § 55,19). d) In der Zubilligung einer Umsatzprovision an den geschäftsführenden 61 Mehrheitsgesellschafter (dazu Rdn. 49) liegt eine mißbräuchliche Ausübung der Stimmenmehrheit des Mehrheitsgesellschafters nur dann vor, wenn damit insgesamt dem Geschäftsführer eine übermäßige Vergütung im Verhältnis zu Meyer-Landrut

1351

§47

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

verfügbaren Vergleichszahlen gewährt wird (BGH W M 76, 1226; ablehnende Anm. von Verhoeven JZ 77, 269). 62

e) In der Einstellung einer überhöhten Pensionsrückstellung in die Bilanz kann eine mißbräuchliche Stimmrechtsausübung der Mehrheit bei der Beschlußfassung über die Bilanzfeststellung liegen (§46 Nr. 1), wenn damit das Gewinnbezugsrecht eines Gesellschafters für die absehbare Dauer seiner Beteiligung an der G m b H praktisch ausgeschlossen wird (BGH W M 74, 392).

XII. Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse 1. Überblick 63

a) Regeln über Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen kennt das G m b H G nicht. Der Gesetzgeber von 1892 meinte, auf besondere Vorschriften durch Verweis auf die „allgemeinen Grundsätze" verzichten zu können (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 1). Im RegEntw 1971 §§ 191 bis 206 wurden dann für die G m b H im wesentlichen die aktienrechtlichen Vorschriften übernommen. Im RegEntw 1977 fehlen diese Regelungen aber bereits wieder, so daß es nach wie vor bei der Anwendung der allgemeinen Grundsätze verblieben ist, da auch die Novelle 1980 insoweit keine weitergehenden Regelungen enthält. Diese allgemeinen Grundsätze finden sich nach allgemeiner Ansicht in den entsprechenden aktienrechtlichen Regelungen (§§241 bis 257 AktG), die auf fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse der G m b H entsprechend anzuwenden sind ( B G H 2 11, 231; 14, 25, 30; 14, 264, 268; 15, 382, 384; 36, 207, 210; 51, 209, 210; BGH W M 81, 645), allerdings nur, soweit nicht die Besonderheiten der GmbH eine Abweichung erfordern (BGHZ 11, 235; 36, 211; BGH W M 81, 645). Demgemäß ist bei der G m b H eine Veröffentlichung der Erhebung einer Nichtigkeitsklage in den Gesellschaftsblättern nicht geboten (s. aber § 249 Abs. 1 i. V. m. § 246 Abs. 4 AktG). Die Prüfung eines zur Eintragung im Handelsregister angemeldeten Beschlusses auf seine Rechtmäßigkeit durch das Gericht findet grundsätzlich nicht statt; die Prüfung des Registergerichts beschränkt sich auf die Prüfung, ob Mängel vorliegen, die zur Nichtigkeit führen; sonstige Gesetzes- oder Satzungsverstöße, die nur gegebenenfalls anfechtbar sind, sind einzutragen (h.L. Scholz-K. Schmidt § 45, 111; Rowedder-Koppensteiner 96; O L G Köln GmbHRdsch 82, 211; noch weitergehend Baums S. 62 ff; s. im übrigen Rdn. 86; die für das Aktienrecht z . T . vertretene a.Α., etwa Wiedemann Großkomm. AktG § 181, 7 c; Lutter N J W 69, 1873, ist im Bereich des GmbH-Rechts nicht unmittelbar übertragbar, denn regelmäßig stehen nicht öffentliche, sondern allein private Interessen in Frage, jedenfalls dann, wenn es um den formalen und materiellen Schutz der Gesellschafter im Verhältnis zueinander geht; s. aber auch Rdn. 71). 1352

Meyer-Landrut

§47

Beschlüsse

Der Entwurf eines BiRiLiG sah ausschließliche Nichtigkeitsgründe für den festgestellten Jahresabschluß in Ε § 42 g in Anlehnung an § 256 AktG vor. Diese Regelung ist nicht Gesetz geworden. Der Gesetzgeber hielt es für ausreichend, die Rechtsentwicklung der Rechtsprechung in Anlehnung an § 256 AktG zu überlassen (Ausschußbericht BT-Drucks. 10/4268 S. 130 f). In Gesellschafterbeschlüsse als solche kann nicht im Wege der einstweiligen Verfügung eingegriffen werden (h.L. s. die Nachweise bei § 48, 14). b) Zur Geltendmachung der Nichtigkeitsklage sind die Gesellschafter legi- 64 timiert; es gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Anfechtungsklage (Schilling/Zutt in Hachenburg 118 ff; s. auch Rdn. 84 unten). Streitig ist, ob entsprechend § 249 AktG auch die Mitglieder der Geschäftsführung und eines Aufsichtsrats klageberechtigt sind. Mit Scholz-K. Schmidt 98; s. auch BaumbachHueck Anh. § 47, 33, wird man ein derartiges Recht entsprechend § 249 AktG annehmen müssen, denn es erscheint wenig sinnvoll, die Kläger insoweit auf ein Feststellungsverfahren nach § 256 Z P O zu verweisen (wie hier, jedenfalls für G m b H mit einem mitbestimmten Aufsichtsrat, BGH W M 83, 1378; OLG Hamburg W M 83, 130; Rowedder-Koppensteiner 118; teilw. zustimmend auch Fischer/Lutter Anh. §47, 24; a. A. Schilling in Hachenburg 195; s. aber zur Anfechtungsklage Rdn. 82). Wird mit der Nichtigkeitsklage die Bestellung eines Geschäftsführers angegriffen, so vertritt der Geschäftsführer die GmbH, der bei Obsiegen der Gesellschaft als Geschäftsführer anzusehen ist (BGHZ 36, 207; W M 81, 138). Damit ist eine einheitliche und vom Ausgang des Nichtigkeitsprozesses unabhängige Vertretung der GmbH während des Rechtsstreits gewährleistet (Brandes W M 83, 295; kritisch zur Passivlegitimation der Gesellschaft, insbes. in einer personalistisch strukturierten GmbH, Joost Z G R 84, 71). c) Neben nichtigen (dazu Rdn. 68 ff) und anfechtbaren (dazu Rdn. 80 ff) 6 5 Beschlüssen unterscheidet man noch unwirksame Beschlüsse (dazu Rdn. 79) und schließlich Scheinbeschlüsse. d) Bei Scheinbeschlüssen handelt es sich um Beschlüsse, die in Wirklichkeit 66 keine Gesellschafterbeschlüsse sind, die etwa von einem unzuständigen Organ gefaßt worden sind oder von Personen, die nicht Gesellschafter oder Gesellschaftervertreter sind. Ein Scheinbeschluß liegt ferner vor, wenn ein (nicht notariell zu beurkundender) Beschluß hinsichtlich der Feststellung des Beschlußergebnisses unrichtig protokolliert wird (BGHZ 51, 209; im einzelnen s. § 48, 14). Ferner, wenn die gesetzlich oder satzungsmäßig vorgesehene qualifizierte Mehrheit nicht erreicht wird (Scholz-K. Schmidt § 45, 46). Scheinbeschlüsse können keinerlei Rechtswirkungen entfalten, sie sind wirkungslos; nicht mit der Nichtigkeitsklage entsprechend § 249 AktG, sondern mit der Feststellungsklage nach § 256 Z P O ist, bei vorhandenem Rechtsschutzbedürfnis, die Wirkungslosigkeit festzustellen (h.L. BGH 11, 231, 236; 18, Meyer-Landrut

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334, 337; a. A. Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. §47, 6; 14. Aufl. Anh. § 47,14; Rowedder-Koppensteiner?3). 67

Baumbach-Hueck

e) Auch ein abgelehnter Beschlußantrag ist ein Beschluß im rechtlichen Sinne (Rdn. 4). Da sich allerdings meistens die Wirkungen eines ablehnenden Beschlusses darin erschöpfen, den bestehenden Zustand unverändert zu belassen, wird für eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage das Rechtsschutzbedürfnis trotz tatsächlicher Anfechtbarkeit oft fehlen (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. §47, 48; Rowedder-Koppensteiner 114; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. §47, 33; s. aber B G H Z 97, 28 = N J W 86, 2051; BGHZ 88, 328 = WM 83, 1310, 1312, wonach die gegen den ablehnenden Beschluß erhobene Anfechtungsklage mit der Feststellung verbunden werden kann, daß der Antrag angenommen worden sei; zust. K. Schmidt N J W 86, 2018). 2. Nichtigkeit

68

a) Nichtigkeitsgründe. Im allgemeinen gilt auch im GmbH-Recht der Grundsatz, daß Gesellschafterbeschlüsse bei Verstößen nicht nichtig, sondern nur vernichtbar sind. Im Zweifel ist also immer nur Anfechtbarkeit gegeben (h.L. RGZ 166, 132; Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 20; Fischer 10. Aufl. 7; Scholz-K. Schmidt § 45, 43; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 9). Entsprechend §241 AktG ist die Nichtigkeitsfolge nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen kraft entsprechender ausdrücklicher gesetzlicher Regelung anzunehmen. Ob ein Beschluß insoweit auf dem Rechtsverstoß beruht, ist für den Eintritt der Nichtigkeit bedeutungslos (BGHZ 11,239). Die Prüfung durch das Registergericht ist darauf beschränkt, Gesellschafterbeschlüsse darauf zu überprüfen, ob ein Nichtigkeitsgrund vorliegt (Rdn. 63); eine weitergehende Prüfung der Rechtmäßigkeit hat grundsätzlich nicht zu erfolgen (OLG Köln BB 82, 579; s. im einzelnen Baums S. 21 ff); auch anfechtbare Beschlüsse sind somit in der Regel einzutragen (Rdn. 86).

69

b) Einberufungsmängel. Nichtig ist ein Gesellschafterbeschluß, der in einer Versammlung gefaßt worden ist, die nicht ordnungsgemäß einberufen worden ist (Rowedder-Koppensteiner 78-80). Das ergibt sich bereits aus § 51 Abs. 3, der insoweit für das GmbH-Recht als spezielle Norm neben § 241 Nr. 1 AktG gilt; die in § 241 Nr. 1 AktG erwähnten starren Formvorschriften des § 121 Abs. 2 und 3 AktG sind ohnehin im GmbH-Recht auch nicht entsprechend anwendbar (s. aber Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. §47, 21 und Fischer/Lutter Anh. § 47, 6). Soweit Einberufungsmängel nicht zur Nichtigkeit führen, führen die entsprechenden Formfehler nur zur Anfechtbarkeit (dazu § 51 Rdn. 13). Nichtig ist insbesondere ein Gesellschafterbeschluß, der in einer Versammlung gefaßt worden ist, zu der nicht alle Gesellschafter ordnungsgemäß eingeladen worden sind (BGHZ 36, 211; W M 84, 473; OLG Stuttgart N J W 73, 2028). Mangels abweichender satzungsmäßiger Vorschriften ge1354

Meyer-Landrut

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Beschlüsse

nügt die nachweisbare Absendung der Einladung an die letzte der Gesellschaft bekannte Anschrift des Gesellschafters (RGZ 60, 144). Nichtig ist ferner die Beschlußfassung in einer durch Unbefugte einberufenen Versammlung (BGHZ 11, 231; 18, 334 und B G H W M 61, 799, letztere betreffend die Genossenschaft). Die Befugnis zur Einberufung der Gesellschafterversammlung ergibt sich aus §§ 49, 50 und ergänzenden oder abweichenden satzungsmäßigen Regelungen. Nichtig sind auch Beschlüsse, die an einem anderen Ort als dem in der Einberufung angegebenen gefaßt wurden (OLG Münster GmbH-Rdsch. 83,201). Nichtigkeit der Beschlüsse ist auch gegeben, wenn Gesellschafter ohne die zehnprozentige Mindestbeteiligung des § 50 Abs. 1 einberufen haben (BGHZ 11, 237) oder wenn die Voraussetzungen zur Ausübung des Selbsthilferechts nach § 50 Abs. 3 nicht vorgelegen haben (BGH W M 83, 472). S. auch §50, 13. Die zusätzliche Einladung anderer Personen als der Gesellschafter führt nicht zur Nichtigkeit der gefaßten Gesellschafterbeschlüsse (Schilling/ Zutt'm Hachenburg Anh. § 47,28; Fiscber/Lutter Anh. § 47,7). Außer dem Zweck der Versammlung (§51 Abs. 2) hat die Einladung Angaben über Ort und Zeitpunkt der Versammlung zu enthalten; fehlen diese, so sind die Beschlüsse nichtig (KG N J W 65,2157). Formmängel, die die gesetzliche oder satzungsmäßige Regelung über die Einberufungsfristen (vgl. §51 Abs. 1 und 4) und ähnliche Erfordernisse betreffen, führen hingegen regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der entsprechenden Beschlüsse (BGH W M 61, 799). Dagegen gilt bei schriftlicher Beschlußfassung, daß diese nur dann wirksam ist, wenn allen Gesellschaftern ordnungsgemäß Gelegenheit gegeben worden ist, an der Beschlußfassung teilzunehmen (Scholz-K. Schmidt § 45, 53; Fischer/ Lutter Anh. § 47, 7; Rowedder-Koppensteiner7 9). Alle Einberufungsmängel können geheilt werden, wenn sämtliche Gesellschafter in der Versammlung anwesend und mit der Abstimmung einverstanden sind (§ 51 Abs. 3; s. auch B G H GmbH-Rdsch. 62, 28).

c) Fehlende Beurkundung und Verstoß gegen das Wesen der GmbH, Gläubigerschutzvorschriften und öffentliches Interesse aa) Bei fehlender Beurkundung folgt die Nichtigkeit der entsprechenden 7 0 Beschlüsse unmittelbar aus § 53 Abs. 2 bzw. §§ 1 Abs. 2, 20 Abs. 3, 21 Abs. 4 KapErhG, § 24 UmwG, jeweils i. V. m. § 125 BGB. Wegen Formmangel bei Beurkundung des Gesellschaftsvertrages s. § 2, 17; vgl. im übrigen auch § 241 Nr. 2 AktG; O L G Hamm OLGZ 74, 157 betreffend die Beurkundung durch einen ausländischen Notar; ferner Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 36; Scholz-K. Schmidt § 45, 54; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 47, 22; Rowedder-Koppensteiner Fischer/Lutter Anh. § 47, 9. Meyer-Landrut

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bb) In sinngemäßer Anwendung von § 241 Nr. 3 AktG führt die Verletzung zwingender Vorschriften des GmbH-Rechts zur Nichtigkeit der entsprechenden Beschlüsse (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 38; Rowedder-Koppensteiner 83; Bautnbacb-Hueck 14. Aufl. Anh. §47, 24; Fischer/Lutter Anh. § 47, 10). Dabei spielt die Frage der Unvereinbarkeit der Beschlußfassung mit dem Wesen der GmbH, wovon §241 Nr. 3 AktG ausgeht, keine eigenständige Rolle (Scholz-K. Schmidt §45, 55; s. aber Rowedder-Koppensteiner 85), da die Gestaltungsfreiheit dem GmbH-Recht wesensgemäß ist (BGHZ 14, 264, 269). Dagegen ist der Verstoß von Gesellschafterbeschlüssen, auch satzungsändernden, gegen Vorschriften im öffentlichen Interesse insbesondere auch bei Verstößen gegen das MitbestG gegeben (Hanau/Ulmer MitbestG Einl. 41). Denn hierbei handelt es sich um ein über das Gesellschaftsinteresse hinausgehendes Ordnungsrecht für Großunternehmen (so auch OLG Hamburg DB 82,1765 und WM 83,130,132). Nichtig sind Beschlüsse, die in unentziehbare Gesellschafterrechte eingreifen (dazu § 14, 14,15).

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cc) Ein Verstoß gegen Vorschriften zum Schutz der Gläubiger liegt insbesondere vor, wenn gegen die zwingenden gesetzlichen Vorschriften über die Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals verstoßen wird; vgl. insoweit §§ 18 Abs. 2,19 Abs. 2 und 3,21,22, 24 und 30. Zur Nichtigkeit können auch Beschlüsse führen, die gegen strafrechtliche Vorschriften verstoßen. Zu Beschlüssen, die gegen das Kartellverbot des § 1 GWB verstoßen, s. K. Schmidt FS Fischer 1979, 693; Scholz-K. Schmidt § 45, 45.

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d) Sittenverstoß. Entsprechend § 241 Nr. 4 AktG bzw. § 13 8 BGB ist ein Gesellschafterbeschluß nichtig, der „durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten verstößt" (s. auch RGZ 131, 145). Nichtigkeit scheidet somit aus, wenn allein durch das Zustandekommen oder die Motive der Beschlußfassung ein Sittenverstoß gegeben ist (BGHZ 8, 348, 355). Es liegt keine Nichtigkeit im Sinne des § 241 Nr. 4 AktG vor, wenn ein inhaltlich wertfreier Beschluß etwa durch Arglist, Täuschung oder Mißbrauch von Stimmenmacht zustande kommt (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. §47, 47 f; Scholz-K.Schmidt §45, 56; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 47, 25; Rowedder-Koppensteiner 86; Fischer/ Lutter Anh. §47, 14; ferner B G H Z 8, 355; 15, 385; B G H W M 62, 419; 67, 929). Derartige Rechtsverstöße können nur durch Anfechtung beseitigt werden.

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e) Nichtigkeitserklärung. Entsprechend §241 Nr. 5 AktG sind Gesellschafterbeschlüsse nichtig, die auf eine Anfechtungsklage hin von einem Gericht rechtskräftig für nichtig erklärt worden sind. Ferner sind Beschlüsse nichtig (entsprechend § 241 Nr. 6 AktG), die gemäß § 144 Abs. 2 FGG aufgrund rechtskräftiger Entscheidung von Amts wegen im 1356

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Beschlüsse

Handelsregister als nichtig gelöscht worden sind. Löschungen können nach §§ 142, 143 FGG erfolgen, wenn der Gesellschafterbeschluß durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint. Auch die Amtslöschung erfolgt nur bei einem Inhaltsverstoß (vgl. Rdn. 73). Die Amtslöschung ist unabhängig von der Zeitdauer der Eintragung im Handelsregister zulässig (entsprechend §242 Abs. 2 Satz 3 AktG). f) Weitere Nichtigkeitsgründe des AktG. Die in § 241 Satz 1 genannten ak- 7 5 tienrechtlichen Vorschriften, deren Verletzung zur Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses führt, sind im GmbH-Recht nicht entsprechend anwendbar (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 54; Rowedder-Koppensteiner 8 8 ) . Gemäß § 250 AktG ist die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam. Die Vorschrift ist nicht entsprechend anwendbar bei Wahlen für den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH im Sinne von § 52, da die in § 250 Abs. 1 AktG insoweit in Bezug genommenen aktienrechtlichen Vorschriften keine Anwendung finden (Schilling/Zutt aaO 57 >· § 250 AktG ist jedoch dann im GmbH-Recht entsprechend anwendbar, wenn die G m b H aufgrund des § 77 BetrVG 1952 oder nach den mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften des MitbestG oder der Montan-MitbestG einen obligatorischen Aufsichtsrat zu bestellen hat. Es gelten dann die zwingenden aktienrechtlichen Regelungen über Zusammensetzung, Zahl und persönliche Voraussetzungen der Aufsichtsratsmitglieder. Werden diese verletzt, so sind die entsprechenden Gesellschafterbeschlüsse nichtig. g) Nichtigkeit des Jahresabschlusses. Hinsichtlich der Nichtigkeit des Jah- 7 6 resabschlusses enthält § 256 AktG Sonderregelungen, die für das GmbHRecht entsprechend anwendbar sind (Schilling/Zutt in Hachenburg 68; Scholz-K.Schmidt §46, 39; Rowedder-Koppensteiner 89; Baumbach-Hueck §41, 51; s. auch Rdn. 63 a. E. oben). Zwar ist die im RegEntw BilRichtlG (BT-Drucks. 10/317) vorgesehen gewesene Vorschrift des § 42 g zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses der G m b H nicht Gesetz geworden. Es gilt jedoch nunmehr in entsprechender Anwendung (s. den Ausschußbericht zum BilRichtlG BT-Drucks. 10/4268, S. 111) § 256 AktG i. d. F. des Art. 2 Nr. 55 BilRichtlG, womit die Regeln über die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse der G m b H dem Aktienrecht angepaßt sind (s. zur früheren Rechtslage Fischer/Lutter Anh. 47; 18). Für das GmbH-Recht neu und bedeutsam ist § 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG, wonach ein festgestellter Jahresabschluß nichtig ist, sofern die nach § 316 Abs. 1 bzw. Abs. 3 H G B angeordnete Prüfung nicht stattgefunden hat. Zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses einer G m b H bei Verletzung der Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung durch Überbewertung s. BGHZ 83, 341 = W M 82, 896. Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

h) Heilung der Nichtigkeit aa) Fristablauf. Entsprechend § 242 Abs. 1 können Beurkundungsmängel (Rdn. 70) eines Gesellschafterbeschlusses nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Eintragung im Handelsregister erfolgt ist. Diese Heilungswirkung hindert auch eine Amtslöschung nach § 144 Abs. 2 FGG (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. §47, 73; Rowedder-Koppensteiner 93) anders als in den Fällen des § 242 Abs. 2 AktG (Rdn. 74). Andere Mängel, die zur Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses führen (Rdn. 70 bis 73), werden entsprechend § 242 Abs. 2 AktG nach Ablauf von drei Jahren seit Eintragung im Handelsregister geheilt. Es war streitig, ob in analoger Anwendung des § 242 Abs. 2 AktG die starre Dreijahresfrist auch im GmbH-Recht anzuwenden ist, oder ob die Besonderheiten der G m b H (Rdn. 63) eine flexiblere Regelung erfordern. Die Geltendmachung der Nichtigkeit durch Klage nur binnen einer angemessenen Frist hielt die Rechtsprechung zunächst in bezug auf Gesellschafterbeschlüsse der G m b H für erforderlich und genügend (BGHZ 11, 239; 36, 211; BGH W M 78, 551; s. auch Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 74). Im Interesse der Rechtssicherheit hat jedoch der BGH unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung sich jetzt für die starre Anwendung der Dreijahresfrist des § 242 Abs. 2 AktG auch im GmbH-Recht ausgesprochen (BGHZ 80, 212 = WM 81, 645; BGH W M 84, 473 = Die AG 84, 150). Dieser Ansicht ist zu folgen (so auch ScholzK. Schmidt § 45, 67; ferner K. Schmidt ZIP 81, 611; Baumbach-Hueck Anh. §47, 38; Fischer/Lutter Anh. §47, 21; Rowedder-Koppensteiner 94). Ebenso gilt auch im GmbH-Recht, daß die Zulässigkeit der Geltendmachung der Nichtigkeit auf andere Weise (§ 249 Abs. 1 Satz 2 AktG) mit dem Ablauf der Dreijahresfrist (§242 Abs. 2 AktG) ihre Wirkung verliert (BGHZ 33, 176; W M 84, 473 = Die AktG 84, 150). Für den Arglist-Einwand ist auch in einer personalistisch strukturierten G m b H insoweit kein Raum (BGH W M 84 aaO). bb) Klage. Die Dreijahresfrist wird unterbrochen durch Erhebung der Nichtigkeitsklage (entsprechend § 249 AktG). Weder die außergerichtliche Geltendmachung genügt zur Unterbrechung des Fristlaufs noch die Einführung der Nichtigkeit als Vorfrage in einem anhängigen Rechtsstreit (BGHZ 33, 176 für die AG und BGH W M 84, 473 für die GmbH), noch die Erhebung einer Feststellungsklage nach §256 Z P O (str.; wie hier Schilling/ Zutt in Hachenburg Anh. §47, 75; Scholz-K. Schmidt §45, 91; RowedderKoppensteiner 94; Fischer/Lutter Anh. 47, 22; K. Schmidt ZIP 81, 611). Soweit ein Gesellschafterbeschluß aufgrund einer entsprechenden Klage für nichtig erklärt wird, wirkt das Urteil „ f ü r und gegen alle" (entsprechend § 248 Abs. 1 AktG). Demgemäß wirkt auch nach Ablauf der Dreijahresfrist die Heilung eines fehlerhaften Beschlusses für und gegen jedermann, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob Interessen oder Verhältnisse innerhalb oder außerhalb 1358

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Beschlüsse

der Gesellschaft betroffen sind (BGHZ 80, 216; BGH W M 84, 474). Daher ist auch kein Raum mehr, nach Fristablauf unter Berufung auf § 242 BGB den Bestand eines nicht fristgerecht mit der Nichtigkeitsklage angefochtenen Beschluß in Frage zu stellen (BGH W M 84, 473 f)· Zur entsprechenden Anwendung von § 248 Abs. 2 AktG s. Rdn. 86 sowie §54,6. Hinsichtlich der für die Nichtigkeitsklage geltenden prozessualen Besonderheiten sind auch im GmbH-Recht, entsprechend § 249 AktG, die für die Anfechtungsklage bestehenden Grundsätze anwendbar (s. Rdn. 85). Gleiches gilt für die registergerichtliche Handhabung (s. Rdn. 86). Zur Aktivlegitimation bei Erhebung der Nichtigkeitsklage s. Rdn. 64. 3. Unwirksamkeit. Weder Nichtigkeit (Rdn. 68 ff) noch Anfechtbarkeit 7 9 (Rdn. 81 ff), sondern Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses liegt vor, wenn nach Gesetz oder Satzung zu der Beschlußfassung noch ein weiteres Erfordernis hinzukommen muß, das fehlt (BGHZ 48, 143). Der unwirksame Beschluß wird wirksam, wenn der noch erforderliche Umstand eingetreten ist, etwa die nach § 53 Abs. 3 erforderliche Zustimmung der betroffenen Gesellschafter bei Vermehrung der ihnen obliegenden Leistungen vorliegt. Gleiches gilt bei Beschlüssen, die in unentziehbare Rechte eines Gesellschafters eingreifen. Wird die erforderliche Zustimmung versagt, so ist der Beschluß nichtig; einer Anfechtung bedarf es nicht. Während des Schwebezustands kann die Gesellschaft den Gesellschafter auffordern, binnen angemessener Frist sich zu der Beschlußfassung zu erklären mit der Folge, daß bei fruchtlosem Fristablauf Nichtigkeit eintritt (Scholz-K. Schmidt § 45,44). Auch bei Verstößen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz können Beschlüsse unwirksam sein, wenn auch im Regelfall Anfechtbarkeit gegeben ist (im einzelnen § 14, 22). 4. Anfechtungsgründe. Soweit fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse nicht 80 nichtig sind (wie in Rdn. 69 bis 76 dargestellt), kommt nur Anfechtbarkeit in Betracht (Rdn. 68). Diese ist, entsprechend § 243 Abs. 1 AktG bei jeder Verletzung von Gesetz oder Satzung gegeben. Gesetz im Sinne von § 243 Abs. 1 AktG ist jede materiell- oder verfahrensrechtliche Norm (Scbilling/Zutt in H a chenburg Anh. § 47, 87; Rowedder-Koppensteiner 96; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. §47; 44; Fischer/Lutter Anh. §47, 33). Dazu gehören auch Verstöße gegen die „guten Sitten" (Immenga GmbH-Rdsch. 73, 8 f), soweit hier nicht Nichtigkeit Platz greift (Rdn. 73), fehlerhaftes Zustandekommen der Beschlüsse, soweit nicht Nichtigkeit gegeben ist (dazu Rdn. 69), fehlerhafter Beschlußinhalt, insbesondere Satzungsverstöße, auch die Verletzung von Teilnehmerrechten (§ 48, 6), die Verweigerung von Auskunfts- und Einsichtsrechten (§ 51 a), fehlerhafte Stimmabgabe, Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht (§ 14, 25 ff), insbesondere bei einem Mehrheitsbeschluß Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

zur Auflösung der Gesellschaft (§ 60, 6), des Gleichheitsgrundsatzes sowie, entsprechend § 243 Abs. 2 AktG Beschlüsse, die der Verfolgung von Sondervorteilen zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Gesellschafter dienen. Für die Anfechtung von Wahlen zum fakultativen Aufsichtsrat der G m b H gelten § 251 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 252 AktG, für die Wahlen zum obligatorischen Aufsichtsrat auch die übrigen Vorschriften des §251 AktG entsprechend {Schilling/Zutt aaO; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. §47, 58); zur Nichtigkeit von Aufsichtsratswahlen Rdn. 75. Zur Anfechtbarkeit fehlerhafter Bilanzfeststellungs- und anderer den Jahresabschluß betreffender Beschlüsse s. B G H W M 74, 393 sowie die weiteren Nachweise bei BaumbachHueck 14. Aufl. § 4 1 , 5 4 und Schilling/Zutt in Hachenburg § 47 Anh. 91.

5. Anfechtungsklage 81

a) Rechtsnatur. Die Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen richtet sich im GmbH-Recht mangels ausdrücklicher Regelung nach dem entsprechend anwendbaren § 243 AktG, wonach Beschlüsse, die Gesetz oder Satzung verletzen, durch den Rechtsbehelf der Anfechtungsklage vernichtet werden können ( R G 2 166,131; B G H Z 11, 235; 14, 267). Es handelt sich um eine Gestaltungsklage (mit kassatorischem Effekt), aufgrund deren allein die Nichtigkeit des angegriffenen Beschlusses herbeigeführt werden kann (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 112; Scholz-K. Schmidt § 45, 50; Rowedder-Koppensteiner 96; Fischer/Lutter Anh. § 47, 46). Es kann die Anfechtung weder durch Einrede noch sonstwie geltend gemacht werden (Scholz-K. Schmidt aaO). Das gilt auch, wenn die Stimmabgabe als solche wegen Willensmängeln oder Täuschung anfechtbar ist oder angefochten worden ist (OLG München W M 84, 262; Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. 12; Scholz-K. Schmidt § 45, 23). Die Anfechtungsklage kann nur gegen bestimmte, durch die Gesellschafterversammlung gefaßte Beschlüsse gerichtet werden. Sie kann nicht in bezug auf künftig zu fassende Beschlüsse erhoben werden und auch nicht etwa dahin, daß ein bestimmter Beschluß nicht gefaßt werde (Schilling/Zutt aaO; Scholz-K. Schmidt § 45, 93).

82

b) Geltendmachung. Anders als nach Aktienrecht (vgl. § 245 AktG) sind nur Gesellschafter zur Anfechtung aktivlegitimiert. Nicht legitimiert sind also nicht nur nach § 16 Abs. 1 nicht angemeldete Gesellschafter, sondern auch Geschäftsführer (BGHZ 76, 159) oder Treugeber eines Gesellschafters (BGH NJW 66, 1459). Nicht legitimiert sind auch die Mitglieder eines Aufsichtsrats. § 245 Nr. 4 und 5 AktG sind nicht entsprechend anwendbar (Schilling/Zutt in Hachenburg §47 Anh. 127; Rowedder-Koppensteiner 118; teilweise a. A. für Beschlüsse, die der Ausführung durch die Organe der Gesellschaft bedürfen, 1360

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Beschlüsse

Scholz-K. Schmidt § 45, 98; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 47, 76 in bezug auf § 245 Nr. 5 AktG; s. auch Rdn. 64). Das Recht zur Anfechtung ist nicht an die Erhebung eines förmlichen Widerspruchs gebunden (anders § 245 Nr. 1 AktG); auch an der Versammlung nicht teilnehmende oder vertreten gewesene Gesellschafter sind anfechtungsberechtigt (Schilling/Zutt aaO 84; BaumbachHueck a a O 72). Bei Veräußerung vor Klageerhebung verliert der Gesellschafter sein Anfechtungsrecht; dieses geht auf den Erwerber über (BGHZ 43, 267). Anderes gilt bei Teilveräußerungen: dann sind sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber anfechtungsberechtigt (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. §47,121). Passiv legitimiert ist nach allg. Ansicht in entsprechender Anwendung von § 246 Abs. 2 Satz 1 AktG die GmbH, nicht einzelne Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen; das gilt auch bei einer personalistisch strukturierten G m b H ; a. A. Joost Z G R 84, 71. Eine Veröffentlichung dar Erhebung der Anfechtungsklage und des Termins zur mündlichen Verhandlung in den Gesellschaftsblättern ist wegen der in der Regel personalistischen Struktur der G m b H nicht erforderlich (Rdn. 63); anders § 246 Abs. 4 AktG. c) Frist. Es gilt nicht die starre Einmonatsfrist des § 246 AktG. Vielmehr 8 3 kann im GmbH-Recht die Anfechtungsklage binnen angemessener Frist erhoben werden (h.M. OLG Hamburg JZ 53, 405; OLG Düsseldorf W M 82, 651 = DB 82, 1315 = ZIP 82, 694, 696; Hanseatisches OLG GmbHRdsch 85, 120; O L G Koblenz ZIP 86, 1120; Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47,140; Scholz-K. Schmidt^ 45, 87; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 78; H scher/Lutter Anh. § 47; 45; Rowedder-Koppensteiner 112; einschränkend O L G Stuttgart NJW 73, 2073; offen gelassen BGH W M 65, 425). Somit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß es sich bei den Gesellschaftern einer G m b H in der Regel um einen überschaubaren und sich sachlich oder persönlich nahestehenden Personenkreis handelt, wobei allerdings vorausgesetzt wird, daß der Gesellschafter mit aller ihm zumutbaren Beschleunigung vorgeht (RGZ 170, 380; OLG Celle GmbH-Rdsch. 59, 113; OLG Düsseldorf a a O ; O L G Koblenz aaO). d) Rechtsschutzbedürfnis. Die Anfechtungsklage kann wegen fehlenden 8 4 Rechtsschutzbedürfnisses dann erfolglos sein, wenn die Gesellschafter den angefochtenen Beschluß wirksam wiederholen oder bestätigen (§ 244 AktG analog). Etwas anderes kann nur dann in Betracht kommen, wenn der frühere Beschluß noch in irgendeiner Weise fortwirkt (BGHZ 15, 332; 21, 354). Auch bei einem ablehnenden Beschluß ist in der Regel jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage gegeben (Rdn. 67). Fehlen des Rechtsschutzinteresses ist die Ausnahme (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. §47, 138; Rowedder-Koppensteiner 114; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 47; 81). Meyer-Landrut

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§47 85

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

e) Prozessuale Besonderheiten. Die Anfechtungsklage kann ausschließlich vor dem am Sitz der GmbH zuständigen Landgericht erhoben werden (analog § 246 Abs. 3 AktG; BGHZ 22, 101; Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 145). Zuständig ist die Kammer für Handelssachen (§ 95 Abs. 1 Nr. 4 a GVG). Die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts kann für Anfechtungsklagen jedoch vereinbart werden (dazu s. § 14, 36 m.w.N. gegen die allg. Meinung zum Aktienrecht: BGH GmbH-Rdsch. 51, 145; BGH LM § 199 AktG 1937 Nr. 1; BGH W M 66, 1132). Schiedsklauseln im Gesellschaftsvertrag sind insoweit wirksam (a. A. Scholz-K. Schmidt §45, 94; Schilling/Zutt aaO 146). Von der Erhebung der Anfechtungsklage hat die Geschäftsführung alle Gesellschafter und gegebenenfalls die Mitglieder des Aufsichtsrats zu unterrichten (BGHZ 97, 28 = N J W 8 6 , 2052 = W M 86, 456 = ZIP 86, 429 = BB 86, 619). Eine öffentliche Bekanntmachung (§ 246 Abs. 4 AktG) ist nicht verlangt (Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. § 47, 86). Teilweise streitig ist, ob im Anfechtungsprozeß bestimmte Prozeßhandlungen zulässig sind. Nach allg. Ansicht kann ein Anfechtungsprozeß durch Vergleich nicht beendet werden (BGH LM § 195 AktG Nr. 1; Schilling/Zutt in Hachenburg aaO 160; ScholzK. Schmidt § 45, 114; Rowedder-Koppensteiner 123). Ebenso wird der Erlaß eines Versäumnis- oder Anerkenntnisurteils gegen die Gesellschaft für nicht zulässig gehalten (Schilling/Zutt aaO 160; Scholz-K. Schmidt aaO; RowedderKoppensteiner aaO; teilw. aber B G H W M 75, 540 = GmbH-Rdsch. 75, 183). Dagegen sind Klagerücknahme, Klageverzicht und Versäumnisurteil gegen den Kläger nach den allgemeinen Regeln zulässig (Schilling/Zutt aaO 159). Ein der Klage stattgebendes Urteil wirkt für und gegen alle (analog § 248 AktG; Schilling/Zutt aaO 178; Scholz-K.Schmidt § 45, 118; Fischer/Lutter Anh. §47, 32; Rowedder-Koppensteiner 124; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. §47, 90). Das Urteil hat keine positive Feststellungswirkung (str.; wie hier Scholz-K. Schmidt § 45, 117). Es wird lediglich der angefochtene Beschluß für nichtig erklärt, und zwar ex tunc entsprechend § 142 BGB (Schilling/Zutt aaO 179). Das hat zur Folge, daß etwa eingetretene Wirkungen des vernichteten Beschlusses rückgängig gemacht werden müssen. Umstritten ist, ob das auch bei Wahlen insbesondere zu einem Aufsichtsrat gilt; hier wird man mit der Rechtsprechung zur Anfechtung der Wahlen von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat (BGHZ 47, 348) annehmen müssen, daß nur eine ex-nuncWirkung eintritt, Rechtshandlungen des Aufsichtsrats etwa bis zur Rechtskraft des Urteils wirksam bleiben (vgl. Schilling/Zutt aaO 182; Meyer-Landrut GK AktG § 101, 23; Rowedder-Koppensteiner 126; jeweils m.w.N.). Entsprechendes gilt für Beschlüsse zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern. Auch hier ist bei erfolgreicher Anfechtung des Beschlusses mit der h.L. davon auszugehen, daß die organschaftlichen Kompetenzen im Interesse der Sicherheit und auch über die Wirkungen des § 15 H G B hinaus nicht rückwirkend entfallen (Schilling/Zutt aaO 181; Scholz-K. Schmidt § 45, 121 m.w.N.). 1362

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Beschlüsse

§ 47

Wird in der Gesellschafterversammlung ein Antrag abgelehnt, weil ein Mitgesellschafter mißbräuchlich oder weil er von der Abstimmung ausgeschlossen ist, dagegen stimmt, so kann die Anfechtungsklage mit einer Klage auf Feststellung verbunden werden, der Antrag sei angenommen worden, vorausgesetzt, der widersprechende Gesellschafter ist als Nebenintervenient am Verfahren beteiligt (BGHZ 88, 320) oder er ist wenigstens von der Erhebung der Klagen in Kenntnis gesetzt (BGH WM 86, 456 = ZIP 86, 429 = BB 86, 619; a. A. teilw. Fischer/Lutter Anh. § 47, 32). f) Registereintragung. Ist ein Beschluß anfechtbar, so hindert das dessen 8 6 Eintragung im Register nicht (OLG Köln BB 82, 579). Das Register kann allerdings bei erfolgter Anfechtung die Eintragung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtung aussetzen (§ 127 FGG), vorausgesetzt, daß damit der Gesellschaft nicht ein besonders schwerer Schaden entsteht (Baumbach-Hueck Anh. § 47, 42). Bei Aussetzung der Eintragung hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage zu prüfen und zu berücksichtigen (Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 220). Ist eingetragen, so ist ein den Beschluß vernichtendes Urteil gleichfalls einzutragen (ScholzK. Schmidt ξ 45,123; vgl. auch § 44 HRV). Ein Anspruch auf Löschung des angefochtenen Beschlusses im Register besteht nicht (Schilling/Zutt aaO 186; Fischer 10. Aufl. 7). Entsprechend § 248 Abs. 2 AktG ist demgemäß die Geschäftsführung als verpflichtet anzusehen, das Handelsregister über das einen satzungsändernden Beschluß für nichtig erklärende Urteil zusammen mit dem vollständigen Satzungstext, welcher das Urteil berücksichtigt, zu unterrichten (Schilling/Zutt aaO 219; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 90). Wegen der Bekanntmachung gilt § 10 HGB. Ordnungsstrafen können gemäß § 14 H G B gegenüber der Geschäftsführung angeordnet werden. g) Entsprechende Anwendung. Die §§ 241 ff AktG sind grundsätzlich nicht 8 7 entsprechend anwendbar auf Beschlüsse anderer Organe der GmbH. Das gilt nicht nur für die Beschlußfassung etwa von Beiräten, Gesellschafterausschüssen und ähnlichen Gremien. Eine Ausnahme kann dann gegeben sein, wenn der Aufgabenkreis des betreffenden Organs Maßnahmen umfaßt, die typischerweise allein in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung gehören, wobei es sich dabei nicht unbedingt um alle in § 46 aufgeführten Beschlußgegenstände handelt (teilweise abweichend Schilling/Zutt in Hachenburg Anh. § 47, 227). So können Beschlüsse eines Schiedsgerichts dann anfechtbar sein, wenn sie die Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung ersetzen oder vervollständigen (BGHZ 48, 264). Gleiches gilt für Beschlüsse eines Beirats, wenn diesem statt der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 1) die Beschlußfassung über die Ergebnisverwendung satzungsmäßig zugeordnet ist (OLG Düsseldorf W M 82, 649 = DB 82, 1315). Solche Fallkonstellationen werden aber die Ausnahme bleiben und nur bei untypischen Kompetenzverlagerungen Platz greifen. Meyer-Landrut

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§48

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

§48 (1) Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefaßt. (2) Der Abhaltung einer Versammlung bedarf es nicht, wenn sämtliche Gesellschafter schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen sich einverstanden erklären. (3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft, so hat er unverzüglich nach der Beschlußfassung eine Niederschrift aufzunehmen und zu unterschreiben.

Übersicht Rdn. I. Einleitung II. Die Gesellschafterversammlung (Abs. 1) 1. Gesetzliche Regelung a) E i n b e r u f u n g sowie O r t und Z e i t d e r V e r s a m m l u n g b) T e i l n a h m e c) D u r c h f ü h r u n g d e r V e r sammlung d) Beschlußfassung e) P r o t o k o l l i e r u n g f) U n t e r b r e c h u n g und V e r t a gung

1

2 6 10 14 15 17

Rdn. 2. S a t z u n g s m ä ß i g e Regelungen 3. Formlose Beschlußfassung . . III. S c h r i f t l i c h e S t i m m a b g a b e ( A b s . 2 ) 1. Allgemeine V o r a u s s e t z u n g e n 2. Einverständliche schriftliche Beschlußfassung 3. Einverständnis mit d e r schriftlichen Beschlußfassung IV. Kombinierte Beschlußfassung . . V . Einmanngesellschaft (Abs. 3) 1. V o r a u s s e t z u n g e n 2. Inhalt d e r N i e d e r s c h r i f t . . . . 3. Fehlende Sanktion

18 19 20 24 28 30 31 32 33

Schrifttum Bokelmann GmbH-Gesellschafterversammlungen im Ausland und Beurkundung durch ausländische Notare, N J W 72, 1729; von Gerkan Gesellschafterbeschlüsse, Ausübung des Stimmrechts und einstweiliger Rechtsschutz, Z G R 85, 167, Hommelhoff U n ternehmensführung in der mitbestimmten G m b H , Z G R 78, 119; Lutter Die G m b H - N o velle und ihre Bedeutung f ü r die G m b H , die G m b H & Co. K G und die AG, DB 80, 1317; Mutze Recht und Pflicht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung der G m b H , GmbH-Rdsch. 70, 33; K. Schmidt Grundzüge der GmbH-Novelle, N J W 80, 1769; Semmler Einstweilige Verfügungen bei Gesellschafterauseinandersetzungen, BB 79, 1533; Zöllner Die Teilnehmerrechte der Aufsichtsratsmitglieder an Beschlußfassungen der Gesellschafter bei der mitbestimmten G m b H , FS Robert Fischer, 1979, 905; ders. Zur positiven Beschlußfeststellungsklage im Aktienrecht, Z G R 82,623.

I. Einleitung 1

D i e V o r s c h r i f t ist in d e n b e i d e n e r s t e n A b s ä t z e n seit 1892 u n v e r ä n d e r t . A b s . 3 ist d u r c h d i e N o v e l l e 1980 e i n g e f ü g t . D i e R e f o r m v o r s t e l l u n g e n z u r 1364

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Gesellschafterversammlung

§ 48

Regelung der Beschlußfassung in der Einmann-GmbH gingen im RegEntw 1977 in mehrfacher Hinsicht über die jetzt Gesetz gewordene Fassung hinaus. Einmal regelte der RegEntw Förmlichkeiten der Protokollierung, die der Gesetzgeber für nicht regelungsbedürftig hielt (BT-Drucks. 8/3908, 75). Zum anderen war vorgesehen, daß eine nicht oder nicht gehörig protokollierte Beschlußfassung des Einmanngesellschafters nichtig sei. Auf diese Regelung hat der Gesetzgeber mit der Begründung verzichtet, daß sie es dem Einmanngesellschafter ermöglichen würde, sich der etwa gegenüber dem Geschäftsführer oder gegenüber einem Dritten eingegangenen Bindung durch Berufung auf die Nichtigkeit zu entziehen (Ausschußbericht, BT-Drucks. aaO).

II. Die Gesellschafterversammlung (Abs. 1) 1. Gesetzliche Regelung a) Einberufung sowie Ort und Zeit der Versammlung aa) Sofern die Satzung keine ergänzenden oder abweichenden Regelungen 2 enthält, ergibt sich aus den §§ 49, 50 die Berechtigung zur Einberufung der Gesellschafterversammlung und aus § 51 deren Form. bb) Eingeladen werden kann grundsätzlich an jeden Ort im Inland oder im 3 Ausland. Dabei ist aber davon auszugehen, daß die Gesellschafterversammlungen grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft stattzufinden haben (RGZ 44, 9 vgl. auch § 121 Abs. 4 AktG). Wird ein anderer Ort gewählt, so ist das nur zulässig, wenn entsprechende satzungsmäßige Regelungen vorliegen, ζ. B. verschiedene Orte genannt werden, auch etwa der Sitzort einer ausländischen Muttergesellschaft. Abgewichen werden kann vom satzungsmäßigen Sitz bei gestörten Verkehrsverbindungen oder dann, wenn ein Ort gewählt wird, der den Gesellschaftern die Teilnahme an der Versammlung nicht erschwert, sondern erleichtert (BGH W M 85, 567 = BB 85, 567 = GmbH-Rdsch. 85, 256). Grundsätzlich darf die Ortswahl zu keiner Beeinträchtigung des Rechts jedes Gesellschafters auf Teilnahme an der Versammlung führen (Fischer/Lutter 6; s. auch Schilling in Hachenburg 7 IL Aufl. 6). Insbesondere darf einem Gesellschafter kein unzumutbarer Geld- und Zeitaufwand zur Anreise aufgebürdet werden. Liegt insoweit ein Einberufungsmangel vor, so ist der betroffene Gesellschafter zur Anfechtung berechtigt (Scholz-K. Schmidt 6; Fischer/ Lutter 6; Rowedder-Koppensteiner 7). Erfolgt die Ortswahl, um schikanös die Teilnahme von Gesellschaftern zu erschweren, so kann auch Nichtigkeit der gefaßten Beschlüsse gegeben sein (RGZ 88, 223). cc) Sofern keine gegenteiligen satzungsmäßigen Regelungen bestehen, ist 4 die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung im Ausland rechtlich unbedenklich, vorausgesetzt, es handelt sich um keine beurkundungspflichtigen Beschlußfassungen gemäß § 53 Abs. 2, §§ 1 Abs. 2, 20 Abs. 3, 32 Abs. 2 KapMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

ErhG oder § 24 UmwG (Scholz-K. Schmidt 8; Bokelmann N J W 72, 1729; Fischer 10. Aufl. 1). Ist notarielle Beurkundung erforderlich, so kann die Versammlung nur an einem solchen ausländischen Ort durchgeführt werden, an dem entweder durch einen qualifizierten ausländischen Notar (§ 53, 12) oder durch einen deutschen Konsularbeamten eine ordnungsgemäße Protokollierung gewährleistet ist (BGH W M 81,376). Der Versammlungsort muß soweit genau in der Einladung beschrieben sein, daß er ohne weitere Mühe auffindbar ist. 5

dd) Zum Erfordernis der Ordnungsmäßigkeit der Einladung gehört eine genaue Zeitangabe für den Beginn der Versammlung. Mängel insoweit oder Versammlungsbeginn vor der angegebenen Zeit machen die so gefaßten Beschlüsse anfechtbar. b) Teilnahme

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aa) Jedem Gesellschafter, auch wenn er vom Stimmrecht im Einzelfall ausgeschlossen ist (§ 47, 33) oder Inhaber stimmrechtsloser Geschäftsanteile ist (§ 47, 12), steht das Recht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung zu (BGH W M 85, 567 = BB 85, 567 = GmbH-Rdsch. 85, 256; G m b H Rdsch 71, 207 = DB 71, 1855; Schilling in Hachenburg 7 n Aufl. 8; ScholzIC. Schmidt 13; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 3; Rowedder-Koppensteiner 8; Fischer/Lutter 3). Es handelt sich um ein grundsätzlich unentziehbares Mitgliedschaftsrecht (§ 14, 14), welches im wesentlichen das Recht auf Abhaltung, Anwesenheit und Äußerungen in der Versammlung beinhaltet. Es ergibt sich auch aus dem Recht jedes Gesellschafters auf Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen (§47, 82); gleiches gilt für das Auskunftsrecht (§51 a), wenngleich beide Rechte auch unabhängig von der Teilnahme an einer Gesellschafterversammlung geltend gemacht werden können. Dem Teilnahmerecht der Gesellschafter steht keine Pflicht zur Beteiligung an Gesellschafterversammlungen gegenüber. Andererseits hat der Geschäftsführer, wenn keine abweichenden satzungsmäßigen Regelungen bestehen, kein Recht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen, wohl aber bei entsprechendem Verlangen der Gesellschaftermehrheit eine Teilnahmepflicht (h.M. Schilling in Hachenburg a a O ; Scholz-K. Schmidt 17; Rowedder-Koppensteiner 10; Fischer/Lutter 5; Mutze GmbH-Rdsch. 70, 34). Mitglieder eines obligatorischen Aufsichtsrats haben gemäß § 118 Abs. 2 AktG i. V. m. § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG bzw. § 77 Abs. 1 BetrVG 1952 hingegen ein Teilnahmerecht (Scholz-K. Schmidt; Mutze; Rowedder-Koppensteiner und Fischer/Lutter jeweils a a O ; Baumbach-Hueck 5). Entsprechend § 176 Abs. 2 AktG ist auch in § 42 a Abs. 3 i. d. F. des BilRichtlG eine Teilnahmepflicht der Abschlußprüfer an der Beschlußfassung über den Jahresabschluß vorgesehen, allerdings nur, wenn ein Gesellschafter das verlangt. 1366

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§48

Gesellschafterversammlung

Das Teilnahmerecht des Notars bei Beschlußfassungen, die zu beurkunden sind, folgt aus der Natur der Sache. bb) Da die Gesellschafterversammlung nicht öffentlich ist, haben Nichtge- 7 sellschafter, auch Berater (insoweit a. A. Fischer 10. Aufl.; den. Z H R 130 (1968) 367 f) kein Teilnahmerecht (Schilling in Hachenburg 7 n Aufl. 10; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 5; Rowedder-Koppensteiner 10; Fischer/Lutter 4; Mutze a a O ; unklar Scholz-K. Schmidt 16). Über eine Teilnahmeberechtigung entscheidet die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit, wobei der Betroffene mitstimmen kann (RGZ 106, 258; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 1 D). Auch für Gesellschaften mit einer großen Zahl von Gesellschaftern gilt nichts anderes, insbesondere besteht kein Recht des Versammlungsvorsitzenden, über die Teilnahmeberechtigung Dritter zu entscheiden (a. A. ScholzIC. Schmidt 20). Das gilt auch für Vertreter der Presse. Ein höherrangiges Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit ist angesichts des Fehlens eines allgemein zugänglichen Marktes f ü r GmbH-Anteile gegenüber der Privatsphäre der Gesellschafter nicht anzuerkennen. Gesetzliche Vertreter sind nicht Dritte; ihnen steht das Teilnahmerecht in dem Umfang zu, wie es dem Vertretenen zusteht (Scholz-K. Schmidt 16; Rowedder-Koppensteiner 10; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 4). Das gleiche gilt für Bevollmächtigte, soweit insofern keine satzungsmäßigen Einschränkungen bestehen. Ein Teilnahmerecht des Vollmachtgebers neben dem Bevollmächtigten kann nicht anerkannt werden (Schilling in Hachenburg 8; Rowedder-Koppensteiner 8; einschränkend Scholz-K. Schmidt 16). Widerruft der Gesellschafter allerdings die Vollmacht, so erlischt damit auch das Teilnahmerecht des Bevollmächtigten. Zur Frage, ob er als Berater weiter an der Versammlung teilnehmen kann, entscheidet die Versammlung. cc) Von alledem kann die Satzung in mehrfacher Hinsicht abweichen. 8 Üblich sind Regelungen, wonach Miterben oder sonstwie an einem Geschäftsanteil Mitberechtigte an der Versammlung nur durch einen gemeinsamen Vertreter teilnehmen und handeln können. Es kann ferner die Zulassung von Bevollmächtigten — und Beratern — nur eingeschränkt zugelassen oder auch vollkommen ausgeschlossen werden. Umstritten ist, ob die Satzung für Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen das Teilnahmerecht beschränken kann, etwa durch das Erfordernis, bei Konkurrenztätigkeit einen Bevollmächtigten oder einen Treuhänder zur Teilnahme an der Versammlung zu bestimmen (so zustimmend RGZ 80, 385; Schilling in Hachenburg 7." Aufl. 9; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 3, und kritisch andererseits Scholz-K. Schmidt 15). Da das Teilnahmerecht prinzipiell nicht entziehbar ist (Rdn. 6), erscheint auch eine entsprechende Regelung der Satzung nicht durch die Gestaltungsfreiheit des § 45 Abs. 2 gedeckt. Vielmehr wird man annehmen müssen (so in etwa auch Scholz-K. Schmidt aaO), daß nur bei aktuellem Anlaß im Einzelfall (Gefahr gesellschaftsschädigenden VerMeyer-Landrut

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§48

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

haltens) die Versammlungsmehrheit das Teilnahmerecht eines Gesellschafters dahin beschränken kann, daß ihm aufgegeben wird, sich in der Versammlung vertreten zu lassen (im Ergebnis ähnlich Fischer/Lutter 3; Rowedder-Koppensteiner9). 9

Die Teilnahme Unbefugter an der Versammlung macht die gefaßten Beschlüsse nicht nichtig (Scholz-K. Schmidt 22) und in der Regel auch nicht anfechtbar (OLG Frankfurt/M. GmbH-Rdsch. 76, 110). Anfechtbarkeit kann gegeben sein, wenn die Teilnahme des Nichtberechtigten die Beschlußfassung beeinflußt hat (Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. 47, 61; Fischer/Lutter Anh. §47, 36).

c) Durchführung der Versammlung 10

aa) Auch über den Ablauf der Gesellschafterversammlung fehlt im G m b H Recht jede Regelung. Es braucht also, anders als gemäß § 129 AktG, ein Teilnehmerverzeichnis nicht aufgestellt zu werden, wenngleich sich das bei Versammlungen, an denen eine große Zahl von Gesellschaftern teilnimmt, empfiehlt.

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bb) Ebensowenig muß ein Versammlungsleiter bestellt werden (vgl. B G H Z 5 1 , 213), auch wenn das praktisch und üblich ist. Allerdings hat der Versammlungsleiter keine Befugnisse, die über die Regelung des Ablaufs der Versammlung hinausgehen. Er kann weder über die Teilnahme Dritter entscheiden (Rdn. 7), noch Redezeitbeschränkungen festlegen oder Hausrechte ausüben. Alle diese Befugnisse liegen, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, bei der Gesellschaftermehrheit, die von Fall zu Fall zu beschließen hat (a. A. Scholz-K. Schmidt 27 und Baumbach-Hueck 14. Aufl. 10, wonach dem Leiter der Gesellschafterversammlung auch im GmbH-Recht Funktionen und Rechte zugesprochen werden, die dem Vorsitzenden einer Hauptversammlung nach aktienrechtlicher Praxis zustehen; da wir es im GmbH-Recht jedoch in aller Regel mit beschränkten und überschaubaren Gesellschafterzahlen zu tun haben, können für Publikumsgesellschaften entwickelte Regelungen nicht ohne weiteres auf das GmbH-Recht übertragen werden; bei Publikumsgesellschaften wird ohnehin in der Praxis satzungsmäßig Vorsorge getroffen).

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cc) Fehlt eine Regelung in der Satzung, so wird der Versammlungsleiter für die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit gewählt (Schilling in Hachenburg 7 n Aufl. 11; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 8). Es kann dies ein Gesellschafter, aber auch ein Dritter sein, etwa ein Mitglied der Geschäftsführung oder der Vorsitzende eines Aufsichtsrats oder Beirats (Scholz-K. Schmidt 25; Baumbach-Hueck aaO).

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dd) Im wesentlichen obliegt dem Versammlungsleiter, den Ablauf der Tagesordnung sicherzustellen, die erforderlichen Beschlußfassungen durchzu1368

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§48

Gesellschafterversammlung

führen (vgl. dazu Schilling in Hachenburg 11) und das Versammlungsergebnis zu protokollieren (Rdn. 15) sowie dafür Sorge zu tragen, daß bei Erörterung der Tagesordnungspunkte jeder Gesellschafter die ihm zustehenden Rechte unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausüben kann einschließlich der Auskunfts- und Fragerechte nach § 51 a. d) Beschlußfassung. Uber die Art der Beschlußfassung bestimmt das Gesetz 1 4 in § 47 Abs. 1, das mit der Kapitalmehrheit der abgegebenen Stimmen abgestimmt wird. Dazu regelt § 48 Abs. 1, daß die Beschlüsse ih Versammlungen, also unter persönlicher Teilnahme der geladenen und erschienenen Gesellschafter oder Gesellschaftervertreter, gefaßt werden, wenn nicht schriftliche Abstimmung stattfindet (dazu Rdn. 20 ff). Ergeht ein Beschluß ohne Zeitbestimmung und ist seine Wirksamkeit nicht von der Eintragung im Handelsregister abhängig, so ist er sofort wirksam, sofern sich nicht etwas anderes aus den Umständen ergibt. Auf die Beschlußfassung in der Gesellschafterversammlung selbst kann nicht im Wege der einstweiligen Verfügung Einfluß genommen werden (OLG Celle GmbH-Rdsch. 81, 264; O L G Frankfurt Z I P 82, 180 = M D R 81, 417; Rowedder-Koppensteiner § 47, 76; Semmler BB 79, 1536; weitere Nachweise bei § 47, 21; a. A. von Gerkan Z G R 85, 167); der Gesellschafter ist darauf angewiesen, erst gegen einen zustande gekommenen Beschluß im Wege der Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage vorzugehen oder gegebenenfalls den Vollzug eines Beschlusses mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung vorläufig zu verbieten (OLG Frankfurt aaO). Streitig ist, ob es f ü r die Gültigkeit der Beschlußfassung der Gesellschafter darauf ankommt, ob das Beschlußergebnis ordnungsgemäß durch den Versammlungsleiter festgestellt ist. Für das Aktienrecht wird das in § 130 Abs. 2 AktG verlangt, allerdings unter dem weiteren Erfordernis notarieller Beurkundung und mit der Konsequenz, daß ein Verstoß zur Nichtigkeit des Beschlusses führt (§241 Nr. 2 AktG). Im G m b H - R e c h t ist die entsprechende Anwendbarkeit von § 241 Nr. 2 AktG bei notariell zu beurkundenden Beschlüssen (ζ. B. § 53 Abs. 2 und § 24 UmwG) zu bejahen ( B G H Z 14, 36). Dagegen ist bei prinzipiell formlosen Beschlußfassungen deren Wirksamkeit nicht von einer formellen Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter abhängig ( B G H Z 51, 209; Schilling in Hachenburg 14; a. A. Scholz-K. Schmidt 53). Ist ein unrichtiges Beschlußergebnis protokolliert worden, so liegt kein wirksamer Gesellschafterbeschluß vor, sondern nur ein Scheinbeschluß, dessen Unwirksamkeit mit der Feststellungsklage geltend zu machen ist ( B G H Z 51, 209 mit zust. Anm. von Fleck LM Nr. 13 § 47 G m b H G ; a.A. Schilling in Hachenburg 7 " Aufl. 16; Scholz-K.Schmidt 53; Zöllner Z G R 82, 626; Rowedder-Koppensteiner §47, 73; Baumbach-Hueck 14. Aufl. Anh. §47, 14; Fischer 10. Aufl. §47, 7; offen gelassen in B G H Z 76, 154; s. auch § 47, 5, 14 und 66). Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

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e) Protokollierung. Das Gesetz verlangt, außer in den Fällen zwingender notarieller Beurkundung und bei Einmanngesellschaften (Abs. 3), keine Protokollierung der Gesellschafterbeschlüsse. Das Gesetz verlangt lediglich in § 39 Abs. 2 bei Anmeldungen über Änderungen in der Geschäftsführung die Vorlage entsprechender Urkunden, in der Regel also die der Bestellung oder Abberufung zugrundeliegenden Beschlüsse des zuständigen Bestellungsorgans. Daß eine Protokollierung aus Beweisgründen zweckmäßig und sachdienlich ist, versteht sich. Sie ist daher auch regelmäßig üblich. Mangels anderweitiger Regelung obliegt dem Versammlungsleiter die Führung und Unterzeichnung des Sitzungsprotokolls. Er kann sich dabei durch einen Protokollführer unterstützen lassen, sofern keiner der teilnahmeberechtigten Gesellschafter widerspricht. Zu den Rechtsfolgen fehlerhafter Protokollierung s. Rdn. 14. In der Niederschrift ist weiterhin üblicherweise Ort, Zeit und Dauer der Versammlung, eine Aufstellung der Teilnehmer und ein Hinweis auf die Einladungsförmlichkeiten und die Erledigung der einzelnen Tagesordnungspunkte aufzunehmen. Im übrigen liegt die Gestaltung der Niederschrift weitgehend im Ermessen des Versammlungsleiters. Bei grober Nachlässigkeit kann eine Haftung des Versammlungsleiters für einen den Gesellschaftern oder der Gesellschaft entstehenden Schaden begründet sein (ScholzK. Schmidt IQ). Tonbandaufzeichnungen über den Sitzungsverlauf sind nur mit Zustimmung aller Beteiligten zulässig (teilweise abw. Scholz-K. Schmidt 22).

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Sofern keine satzungsmäßige Regelung besteht, haben die Gesellschafter keinen Anspruch auf Übermittlung einer Abschrift der Sitzungsniederschrift, nur auf Bekanntgabe der Beschlußergebnisse (Scholz-K. Schmidt 31).

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f) Unterbrechung und Vertagung. Eine Unterbrechung der Versammlung kann in zumutbarem Rahmen durch die Mehrheit beschlossen werden, also etwa zu kurzfristiger Beratung aufgetretener Probleme (Baumbach-Hueck 13. Aufl. 1 B; a. A. Schilling in Hachenburg 7" Aufl. 17). Eine Vertagung im Sinne einer automatischen Fortsetzung der Versammlung zu einem späteren Zeitpunkt gibt es rechtlich nicht (Schilling in Hachenburg 7" Aufl. 17), es sei denn, alle vorhandenen Gesellschafter stimmen zu. Andernfalls muß neu eingeladen werden.

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2. Satzungsmäßige Regelungen. Im Gesellschaftsvertrag können und werden im Einzelfall auch die Regularien zur Durchführung der Gesellschafterversammlung geregelt. Das gilt für die Berechtigung zur Einladung der Gesellschafterversammlung, die abweichend und über die Bestimmungen der §§ 49, 50 hinaus festgelegt werden kann. 1370

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Gesellschafterversammlung

Satzungsmäßig werden nicht selten auch einer oder mehrere Orte festgelegt, an denen die Gesellschafterversammlung stattzufinden hat (Rdn. 3). Ferner kann die Teilnahmeberechtigung geregelt werden, insbesondere, ob und gegebenenfalls wie eingeschränkt Gesellschafter sich in der Versammlung vertreten lassen können. Bei Familiengesellschaften gibt es häufig ein Teilnahmerecht der Ehegatten von Gesellschaftern (s. dazu auch Rdn. 8). In der Satzung kann die Person des Versammlungsleiters konkret oder abstrakt festgelegt werden. Es können auch seine Rechte und Pflichten näher umschrieben werden (vgl. Rdn. 11). Dabei ist es angesichts der Umstrittenheit der Wirksamkeit festgestellter Beschlüsse (Rdn. 14) zweckmäßig, auch zu regeln, daß Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur und so wie protokolliert als festgestellt gelten (vgl. Scholz-K. Schmidt 50). Üblich und zweckmäßig sind allgemein Bestimmungen über das Erfordernis der Protokollierung von Gesellschafterversammlungen und über den Mindestinhalt der Niederschrift (Rdn. 15; vgl. auch §107 Abs. 2 AktG). Ein Verstoß gegen ein satzungsmäßiges Protokollierungserfordernis führt allerdings nicht zur Nichtigkeit gemäß §125 BGB (RGZ 122, 359); s. auch Rdn. 33. Es kann auch auf andere Weise der Beschlußinhalt nachgewiesen werden. Ist das nicht der Fall, so ergibt sich die Unwirksamkeit des nicht protokollierten Beschlusses bei entsprechendem satzungsmäßigem Erfordernis aus § 154 Abs. 2 BGB (OLG Stuttgart BB 83, 1050 = DB 83,1480). Geregelt werden kann auch die Frage der Übersendung von Protokollabschriften (Rdn. 17). 3. Formlose Beschlußfassung. Sind alle Gesellschafter persönlich anwesend 19 oder vertreten, so kann eine Gesellschafterversammlung jederzeit unter Verzicht auf gesetzliche und satzungsmäßige Formen und Fristen durchgeführt werden. Das setzt aber voraus, daß die Gesellschafter tatsächlich den Willen haben, als solche in einer Versammlung mit Bindungswirkung für die Gesellschaft (und nicht etwa für einzelne Gesellschafter) zu entscheiden (BGHZ 58, 120; W M 72, 313; 81,1219).

III. Schriftliche Stimmabgabe (Abs. 2) 1. Allgemeine Voraussetzungen a) Neben dem Grundsatz des Abs. 1, daß die Beschlußfassungen der Gesell- 2 0 schafter in Versammlungen erfolgen, bildet Abs. 2 die Ausnahme. Zugelassen wird die schriftliche Beschlußfassung oder Stimmabgabe nur, wenn alle Gesellschafter entweder dem Beschluß im schriftlichen Verfahren zustimmen, also Einstimmigkeit gegeben ist, oder sich sämtliche Gesellschafter mit der schriftlichen Beschlußfassung als Voraussetzung der schriftlichen Stimmabgabe einverstanden erklären. Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

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b) Der schriftlichen Beschlußfassung nicht zugänglich sind Umwandlungsbeschlüsse (§ 24 UmwG), Satzungsänderungsbeschlüsse (§ 53 Abs. 2), Beschlüsse zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 1 Abs. 2 KapErhG) und Verschmelzungsbeschlüsse (§§ 20 Abs. 3, 21 Abs. 4, 32 Abs. 1, 33 Abs. 2 und 35 Abs. 2 KapErhG), da die erforderliche notarielle Beurkundung die persönliche Teilnahme der Gesellschafter oder deren Bevollmächtigter in Gegenwart des Notars voraussetzt (vgl. § 3 Abs. 1 BeurkG, ferner B G H Z 15, 328; KG NJW 59, 1446; Schilling in Hachenburg 7" Aufl. 18; Scholz-K. Schmidt 60; a. A. Zöllner FS R. Fischer 1979, 911; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 16; weitere Nachweise bei § 53,11).

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c) Seit Inkrafttreten des MitbestG wird erörtert, ob durch die Verweisung des § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG auf § 118 Abs. 2 AktG die Mitglieder des Aufsichtsrats einer mitbestimmten G m b H an der schriftlichen Abstimmung zu beteiligen sind oder ob gar die schriftliche Beschlußfassung bei dem MitbestG unterliegenden GmbHs überhaupt zulässig ist (Scholz-K. Schmidt 60; Hotnmelhoff Z G R 7 8 , 148). Die entsprechenden Fragen stellen sich im übrigen auch im Rahmen von § 77 BetrVG 1952 und § 3 Abs. 2 MontanMitbestG. Da keines der zitierten Gesetze über die Arbeitnehmerbeteiligung in den Aufsichtsräten das Recht der Gesellschafter einer GmbH, auch außerhalb von Versammlungen Beschlüsse zu fassen, in Frage stellt, kann auch weder ein Teilnahmerecht der Aufsichtsratsmitglieder, noch gar eine Einschränkung der Möglichkeit, auch ohne Versammlung Beschlüsse zu fassen, für eine G m b H anerkannt werden, deren Aufsichtsrat nach den Montanmitbestimmungsgesetzen, dem Betriebsverfassungsgesetz 1952 oder dem MitbestG zu bilden hat (h.L. Zöllner FS R. Fischer 915 ff; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 17; Hanau/Ulmer MitbestG § 25,91 a; Fischer 10. Aufl. 2; a. A. Fischer/Lutter 12). Auch die Geschäftsführer haben kein Teilnahme- oder Mitwirkungsrecht bei schriftlicher Beschlußfassung (vgl. Rdn. 6).

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d) Die Satzung kann von Abs. 2 abweichende Regelungen treffen (§ 45 Abs. 2). Möglich sind Bestimmungen, die jede von Abs. 1 abweichende Form der Beschlußfassung ausschließen. Möglich und häufig anzutreffen sind Vorschriften, die das Verfahren bei schriftlicher Beschlußfassung entweder näher regeln oder weitergehend als in Abs. 2 vorgesehen zulassen. So kann schriftliche Beschlußfassung schon zulässig sein, wenn eine Minderheit es verlangt (BGHZ 28, 356). Es kann neben schriftlicher auch ausdrücklich fernschriftliche, telegraphische (dazu Rdn. 26) und telephonische Abstimmung oder allgemein formlose Beschlußfassung für zulässig erklärt werden. Geregelt werden kann, daß Nichtteilnahme oder Schweigen als Zustimmung zu der beantragten Beschlußfassung gilt (s. aber Rdn. 25). Geregelt werden können auch Teilnahme- oder Mitwirkungsrechte der Mitglieder der Geschäftsführung und/ oder eines Aufsichtsrats (vgl. Rdn. 22), abgesehen von dem auch für das 1372

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Gesellschafterversammlung

schriftliche Abstimmungsverfahren bestehenden Einberufungsrecht der Geschäftsführer (§ 49, 3). 2. Einverständliche schriftliche Beschlußfassung a) Nach der ersten Alternative des Abs. 2 kann die Abhaltung einer Gesell- 2 4 schafterversammlung entfallen, wenn sämtliche Gesellschafter sich schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung einverstanden erklären. Das bedeutet Einstimmigkeit der stimmberechtigten Gesellschafter. Ein Einverständnis nicht stimmberechtigter oder vom Stimmrecht im Einzelfall ausgeschlossener Gesellschafter ist nicht erforderlich. In dem Verfahren nach der ersten Alternative ist somit eine Mehrheitsentscheidung nicht möglich. Die Beschlußfassung kommt nur zustande, wenn die Gesellschafter unmißverständlich ihr Einverständnis zu dem Beschlußvorschlag erklären. Hiervon abzugrenzen sind Erklärungen, die lediglich eine Einverständniserklärung zum schriftlichen Abstimmungsverfahren beinhalten (zweite Alternative) oder gegebenenfalls nur als vorläufige Äußerungen zu Beschlußvorschlägen verstanden sein wollen (dazu Scholz-K. Schmidt65). b) Die erforderliche Einverständniserklärung der Gesellschafter muß aus- 2 5 drücklich und schriftlich (dazu Rdn. 26) erfolgen. Das bedeutet, daß eine mündliche Erklärung genausowenig genügt wie Stillschweigen. Die Satzung kann Abweichendes bestimmen (Rdn. 23). Dagegen kann dem Erfordernis ausdrücklicher und schriftlicher Erklärung eine schlüssige Handlung genügen, etwa dann, wenn alle Gesellschafter den Jahresabschluß mitunterzeichnen (BGH W M 71, 1084 = DB 71, 1761) oder wenn alle Gesellschafter an einer einen zustimmenden Beschluß voraussetzenden notariellen Verhandlung teilnehmen (Schilling in Hachenburg 7 " Aufl. 22). Bei nicht formgerechter Erklärung oder bei Schweigen auch nur eines Gesellschafters kommt eine schriftliche Beschlußfassung nach Abs. 2 erste Alternative nicht zustande. c) Schriftlichkeit bedeutet nicht, daß die Erklärung im Sinne von § 126 BGB 2 6 eigenhändig unterzeichnet zu sein braucht (h.L.; Scholz-K. Schmidt 62; Fischer/Lutter 10; Rowedder-Koppensteiner20; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 19; im Ergebnis auch Schilling in Hachenburg 7 " Aufl. 21). Genügend ist vielmehr, daß die Einverständniserklärung zum Beschlußvorschlag in einer schriftlich verkörperten Erklärung der Gesellschaft zugeht, also auch als Telegramm, Telefax oder Fernschreiben. d) Mit dem Zugang der Einverständniserklärung aller Gesellschafter ist das 2 7 Abstimmungsverfahren abgeschlossen (Schilling in Hachenburg 7° Aufl. 23; Rowedder-Koppensteiner 21). Eines Zugangs bei der Gesellschaft vertreten durch die Geschäftsführer bedarf es nicht (Rowedder-Koppensteiner 21). Auch einer formellen Verkündung und Mitteilung des Beschlußergebnisses bedarf Meyer-Landrut

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§48

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

es nicht (h.L. Schilling in Hachenburg a a O 23; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 19; a. A. Fischer/Lutter 11; kritisch auch Scholz-K. Schmidt 64). Die Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses an die Beteiligten sollte allerdings aus Gründen der Beweissicherung nicht unterbleiben. Denn erst mit der Kenntnis aller Gesellschafter vom Beschlußergebnis ist dieses zustande gekommen (Schilling in Hachenburg 23; s. auch Rdn. 29). 3. Einverständnis mit der schriftlichen Beschlußfassung 28

a) Die zweite Alternative des Abs. 2 setzt im Prinzip ein zweistufiges Verfahren voraus: im ersten Durchgang erklären sich alle Gesellschafter, in diesem Falle auch die nicht stimmberechtigten oder vom Stimmrecht im Einzelfall ausgeschlossenen (Schilling in Hachenburg 19; Fischer/Lutter 9), mit der schriftlichen Abstimmung einverstanden (a. A. OLG Düsseldorf, M D R 77, 846, wo aber nicht beachtet wird, daß die NichtZustimmung eines vom Stimmrecht ausgeschlossenen Gesellschafters zum schriftlichen Verfahren eine Beschlußfassung keineswegs verhindert, sondern nur den Regelfall der Beschlußfassung in einer Versammlung erzwingt). Die Erklärung braucht ihrerseits nicht schriftlich abgegeben zu werden. Sie kann auch mündlich, stillschweigend oder durch schlüssige Handlung erfolgen, also auch durch Teilnahme an der schriftlichen Abstimmung (h.L. BGHZ 28, 358; Schilling in H a chenburg 7 " Aufl. 18). Allerdings ist aus Gründen der Rechtssicherheit zu fordern, daß die Erklärung hinreichend deutlich ist (Scholz-K. Schmidt 66; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 21). Die Satzung kann allgemein schriftliche Abstimmungen zulassen (vgl. OLG Düsseldorf M D R 77, 846).

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b) Für die schriftliche Abstimmung auf der Grundlage eines vorliegenden Einverständnisses aller Gesellschafter gilt, wie bei der Beschlußfassung nach der ersten Alternative, daß der Schriftform mit einer schriftlich verkörperten Erklärung genügt ist, § 126 BGB also nicht anwendbar ist (Rdn. 26), und daß diese der Gesellschaft zugehen muß. Eine Verkündung des Beschlußergebnisses ist auch hier zwingend nicht geboten. Es gilt, daß im Zeitpunkt der Kenntnis aller Gesellschafter vom Ergebnis der Beschlußfassung diese als zustande gekommen gilt (Rdn. 27). Insbesondere bei Mehrheitsentscheidungen ist der Nachweis der Kenntnis Voraussetzung dafür, daß der Fristlauf etwa für eine Anfechtungsklage in Gang gesetzt wird.

IV. Kombinierte Beschlußfassung 30

Es wird erörtert, ob sogenannte kombinierte Beschlußfassungen zulässig sind, wobei ein Teil der Gesellschafter in einer Versammlung und der andere Teil schriftlich abstimmt (vgl. BGHZ 18, 120 und Fleck zu LM § 181 BGB Nr. 16). Grundsätzlich kennt das Gesetz eine solche Form der Abstimmung 1374

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§48

Gesellschafterversammlung

nicht (OLG München BB78, 771; Fischer 10. Aufl. 3). Beschlüsse dieser Art sind somit nichtig, nicht lediglich anfechtbar (so aber Fischer/Lutter 13). Ob im Einzelfall die Nichtigkeit heilbar ist, hängt von der Fallgestaltung ab (vgl. Schilling in Hachenburg 7 n Aufl. 25).

V. Einmanngesellschaft (Abs. 3) 1. Voraussetzungen. Für die Beschlüsse der Einmanngesellschaft gilt die 31 Sonderregelung, daß diese auch dann, wenn eine notarielle Beurkundung nicht vorgesehen ist, in eine Niederschrift aufzunehmen sind, die von dem Gesellschafter unmittelbar im Anschluß an die Beschlußfassung zu errichten und zu unterschreiben ist. Das gilt für Gesellschaften, die als Einmanngesellschaft gegründet oder durch spätere Vereinigung aller Anteile in einer Hand zu einer solchen geworden sind, wie auch für Gesellschaften, deren Anteile sich außer in der Hand eines Gesellschafters noch in der Hand der Gesellschaft befinden. Die Vorschrift ist in dem Sinne zwingend, als die Satzung nichts Abweichendes bestimmen kann. Das folgt aus dem Regelungszweck, der Erhöhung der Rechtssicherheit im Bereich der Einmanngesellschaft (Begr. zu RegEntw 1977 § 48) und bleibt auch richtig nach dem Verzicht auf besondere Sanktionen (Rdn. 33). 2. Inhalt der Niederschrift Hinsichtlich des Inhalts der Niederschrift gelten die allgemeinen Grund- 3 2 sätze (Rdn. 15). Nicht verlangt werden kann bei Protokollführung Mitunterzeichnung durch den Protokollführer, wie das der RegEntw 1977 vorsah, auch wenn das üblich sein mag. Die Unterschrift des Versammlungsleiters bzw. des Alleingesellschafters genügt (a. Α. K. Schmidt/Priester G m b H - N o velle 1980, S. 80). Dem Erfordernis, eine Niederschrift über Beschlüsse des Einmanngesellschafters aufzunehmen, dürfte auch durch außerhalb einer Versammlung abgegebenen schriftlichen Erklärung (Entschließung) etwa in Briefform Genüge getan sein, wenn sie als solche erkennbar ist. 3. Fehlende Sanktionen. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzieh- 3 3 tet, die im RegEntw 1977 vorgesehene Sanktion, nämlich Nichtigkeit bei Nichtbeachtung der Schriftform, zu übernehmen (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908, S. 75). Wir haben es somit mit einer Sollvorschrift zu tun (h.L. Fischer/Lutter 16; Schilling in Hachenburg 7 " Aufl. 31; K. Schmidt/Priester aaO 81; ferner oben § 1, 24; a. A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 23 und auch wohl Lutter DB 80, 1322) mit der Folge, daß auch bei der Einmanngesellschaft eine Protokollierung der gefaßten Beschlüsse nicht Wirksamkeitsvoraussetzung ist. Aus Beweisgründen ist Protokollierung allerdings auch hier zu empfehlen (Rdn. 15). Läßt sich der Beschlußinhalt nicht nachweisen, tritt Unwirksamkeit gemäß § 154 Abs. 2 BGB ein (s. im einzelnen Rdn. 18a. E.). Meyer-Landrut

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§49

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

Die Frage, ob und wieweit der Alleingesellschafter sich Dritten gegenüber etwa nur auf schriftlich niedergelegte bzw. beurkundete Beschlüsse berufen kann und sich andererseits von formlos gefaßten Beschlüssen, wenn sie zu Rechtswirkungen gegenüber der Gesellschaft oder Dritten geführt hat, nicht distanzieren darf, ist vom Gesetzgeber gesehen worden (vgl. den Ausschußbericht aaO). Da die Nichtigkeitssanktion für formlose Beschlüsse nicht Gesetz geworden ist, bleibt die hier gestellte Frage weiterhin offen mit der Folge, daß eine eventuelle Haftung des Alleingesellschafters nur im Einzelfall und im Rahmen der allgemeinen Grundsätze vertraglicher oder außervertraglicher Verantwortlichkeit zu lösen ist (s. dazu Mertens in Hachenburg § 13 Anh. 132; K. Schmidt N J W 80, 1775 f; Bartl/Henkes 476; Rowedder-Koppensteiner23).

§49 (1) Die Versammlung der Gesellschafter wird durch die Geschäftsführer berufen. (2) Sie ist außer den ausdrücklich bestimmten Fällen zu berufen, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. (3) Insbesondere muß die Versammlung unverzüglich berufen werden, wenn aus der Jahresbilanz oder einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz sich ergibt, daß die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Übersicht Rdn. I. Einleitung II. E i n b e r u f u n g durch die G e s c h ä f t s f ü h r e r (Abs. 1) 1. V o r a u s s e t z u n g 2. Mängel d e r Bestellung 3. R ü c k n a h m e d e r E i n b e r u f u n g 4. S a t z u n g s m ä ß i g e Regelungen 5. E i n b e r u f u n g d u r c h a n d e r e Personen III. Pflicht z u r E i n b e r u f u n g (Abs. 2) 1. Im Interesse d e r Gesellschaft 2. In ausdrücklich bestimmten Fällen

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Rdn. 3. S a t z u n g s m ä ß i g e Bestimmungen IV. Verlust d e r H ä l f t e des S t a m m k a pitals (Abs. 3) 1. E r m i t t l u n g des Verlustes . . . . 2. U n v e r z ü g l i c h e Einladung . . . 3. G e g e n s t a n d d e r V e r s a m m -

7 8

lung 4. V e r z i c h t d e r Gesellschaft auf Abhaltung der Versammlung 5. S a t z u n g s m ä ß i g e Regelungen

11

12 13 14 15 16

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Schrifttum Martens Die Anzeigepflicht des Verlustes des Garantiekapitals nach dem AktG und dem GmbHG, ZGR 72, 254; Mertens Anwendbarkeit von § 9 2 Abs. 1 AktG in Vergleichsverfahren, Die AktG 83, 173; W. Müller Der Verlust der Hälfte des Grund- oder

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Einberufung der Versammlung

§ 49

Stammkapitals, ZGR 85, 191; Ulmer Die GmbH und der Gläubigerschutz, GmbHRdsch. 84, 256. I. Einleitung Die Vorschrift ist seit 1892 unverändert. Sie bestimmt die Zuständigkeit der 1 Geschäftsführer zur Einberufung der Gesellschafterversammlung, wie auch grundsätzlich der Vorstand die Hauptversammlung der AG einberuft (§121 Abs. 1 AktG). Reformbestrebungen, das GmbH-Recht insoweit den aktienrechtlichen Regelungen anzupassen, sind nicht Gesetz gewordan (vgl. § 79 Abs. 2 RegEntw 1971) mit einer Ausnahme: nach ξ 84 Abs. 1 Nr. 1 i. d. F. der Novelle 1980 ist die Nichtanzeige eines Verlusts in Höhe der Hälfte des Stammkapitals strafbar (vgl. § 401 Abs. 1 Nr. 1 AktG); insoweit wird die Regelung des Abs. 3 jetzt ergänzt (s. im einzelnen Rdn. 16). Neben dem Einberufungsrecht des Geschäftsführers besteht ein solches der Gesellschafterminderheit nach § 50 Abs. 3, ferner des fakultativen Aufsichtsrats nach § 52 Abs. 1 i. V. m. § 111 Abs. 3 AktG, sofern nicht satzungsgemäß abbedungen, und des obligatorischen Aufsichtsrats gemäß § 77 BetrVG 1952 bzw. § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG i. V. m. § 111 Abs. 3 AktG, das satzungsmäßig nicht einschränkbar ist (Rdn. 7).

II. Einberufung durch die Geschäftsführer (Abs. 1) 1. Voraussetzungen a) Streitig ist, ob auch bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer (§ 35 2 Abs. 2) nur alle Geschäftsführer gemeinschaftlich oder jeder einzelne zur Einberufung befugt sei. Mit der heute h.M. ist davon auszugehen, daß jeder einzelne Geschäftsführer, unbeschadet der im Außenverhältnis geltenden Vertretungsregelung, zur Einberufung der Gesellschafterversammlung zuständig ist (KG O L G Z 6 5 , 166 = N J W 6 5 , 2157; OLG Frankfurt GmbH-Rdsch. 76, 110; Schilling in Hachenburg 4; Scholz-K. Schmidt 1; Fischer/Lutterl·, Rowedder-Koppensteiner 2; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 2; Eder in Handbuch der G m b H Teil I, 454; Goutier/Seydel 2; a. A. Baumbach-Hueck 13. Aufl. 2 A, wonach entsprechend § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG ein Mehrheitsbeschluß der Geschäftsführer erforderlich ist; so auch Schopp GmbH-Rdsch. 76,127). b) Dem Einberufungsrecht nach Abs. 2 entspricht das Recht, schriftliche 3 Beschlußfassungen im Sinne von § 48 Abs. 2 durchzuführen. 2. Mängel der Bestellung. Zur Einberufung befugt ist derjenige, der tat- 4 sächlich zum Geschäftsführer bestellt ist. Ist die Bestellung mit einem Mangel behaftet, ist der Geschäftsführer aber als solcher mit Wissen und Willen der Gesellschafter tätig, so ist er gleichfalls zur Einberufung der GesellschafterMeyer-Landrut

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§49

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

Versammlung befugt (vgl. B G H Z 47, 343; Schilling in Hachenburg 5; Rowedder-Koppensteiner 2; Fischer/Lutter 2). Gleiches gilt für einen zu Unrecht im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer (Scholz-K. Schmidt 2; AG Syke GmbH-Rdsch. 85, 26 unter Hinweis auf § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG). Kein Einberufungsrecht steht dem Geschäftsführer zu, dessen Bestellung widerrufen ist (§ 38 Abs. 1). Im Liquidationsstadium steht das Einberufungsrecht den Liquidatoren zu (§ 69 Abs. 1; s. auch Scholz-K. Schmidt 3). 5

3. Rücknahme der Einberufung. Wer zur Einberufung befugt ist, sei es kraft gesetzlicher Regelung, sei es kraft satzungsmäßiger Bestimmung, ist auch befugt, die Einberufung rückgängig zu machen (RGZ 166, 133; Schilling in H a chenburg?; Rowedder-Koppensteiner 6; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 9). Die Absage muß jedoch eindeutig erklärt werden, um verbindlich zu sein (Fischer/ Lutter 6).

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4. Satzungsmäßige Regelungen. Es ist streitig, ob und wieweit von der Einberufungszuständigkeit der Geschäftsführer in dem Sinn abgewichen werden kann, daß dieses Recht völlig entfällt und damit auch die Pflicht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts (§ 45 Abs. 2) ist nicht einsehbar, warum der Gesellschaftsvertrag nicht auch von der Regelung des Abs. 1 abweichen kann (wie hier Schilling in Hachenburg 14; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 6; Rowedder-Koppensteiner 8; Fischer/Lutter 4; mit Bedenken auch Scholz-K. Schmidt 4). Es kann den Gesellschaftern nicht benommen sein, die Zuständigkeit zur Einberufung auch dem Aufsichtsrat, gegebenenfalls einem Gesellschafterbeirat oder einem einzelnen Gesellschafter oder einer Gesellschaftergruppe zu übertragen (zum Minderheitenschutz gemäß $ 50 Abs. 3 s. das. Rdn. 9 ff). Auch kann die Satzung jede Einschränkung des Einberufungsrechts der Geschäftsführer vorschreiben, etwa Einberufung durch alle vorhandenen Geschäftsführer oder nur durch Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl (Schilling in Hachenburg 14; Rowedder-Koppensteiner 8). Andererseits kann der Gesellschaftsvertrag festlegen, daß in bestimmten Fällen immer eine Versammlung einzuberufen ist, die Einberufungspflichten also über die gesetzliche Regelung hinaus präzisieren und ausdehnen. Satzungsmäßig nicht eingeschränkt werden kann nur das gesetzlich festgelegte Einberufungsrechteines nach BetrVG 1952 bzw. dem MitbestG obligatorisch zu bildenden Aufsichtsrats (Rdn. 7).

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5. Einberufung durch andere Personen. Wer nicht Geschäftsführer ist und auch keine Einberufungszuständigkeit kraft Satzung innehat, kann die Gesellschafterversammlung nicht einberufen, ausgenommen Gesellschafter in Ausübung des Selbsthilferechts nach § 50 Abs. 3. Ebenso können Geschäftsführer 1378

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§49

Einberufung der Versammlung

nicht einberufen, wenn ihre Zuständigkeit satzungsmäßig entsprechend eingeschränkt ist. Auch Mehrheitsgesellschafter, einzelne Aufsichtsrats- oder Beiratsmitglieder, etwa der jeweilige Vorsitzende oder der Versammlungsleiter einer Gesellschafterversammlung, haben kraft Gesetzes kein Einberufungsrecht, ebenso nicht Prokuristen, auch nicht im Zusammenwirken mit einem Geschäftsführer. Beschlüsse der durch einen Unbefugten einberufenen Gesellschafterversammlung sind nichtig (im einzelnen § 47, 69). Besteht bei der Gesellschaft ein Aufsichtsrat, so hat dieser die Gesellschafterversammlung einzuberufen, wenn es das Wohl der Gesellschaft verlangt; der obligatorische Aufsichtsrat beschließt hierüber zwingend mit einfacher Mehrheit (§111 Abs. 3 AktG i. V. m. § 52 Abs. 1 sowie §§ 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG, 77 BetrVG 1952).

III. Pflicht zur Einberufung (Abs. 2) 1. Im Interesse der Gesellschaft a) Eine Einberufungspflicht wird in Abs. 2 für die Geschäftsführer dann be- 8 gründet, „wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint". Ob ein derartiger Fall gegeben ist, haben die Geschäftsführer nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist zu beachten, daß das Einberufungsrecht, wenn keine satzungsmäßigen Bestimmungen entgegenstehen, von jedem einzelnen Geschäftsführer ausgeübt werden kann (Rdn. 2). Vor Entscheidung, ob es der Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung bedarf, werden die Geschäftsführer abwägen müssen, ob die Erörterung der zur Entscheidung stehenden Angelegenheit bis zum Zeitpunkt einer etwa ohnehin bevorstehenden ordentlichen Gesellschafterversammlung vertagt werden kann. Sie werden weiterhin abzuwägen haben, ob die fragliche Entscheidung nicht im schriftlichen Verfahren herbeigeführt werden kann (Rdn. 3). Es gibt außer dem in Abs. 3 genannten Tatbestand keinen Umstand, der von Gesetzes wegen zum Gegenstand einer von den Geschäftsführern einzuberufenden außerordentlichen Gesellschafterversammlung gemacht werden muß (und auch insoweit kann auf die Durchführung der Versammlung verzichtet werden, s. Rdn. 15). Alle Beschlußgegenstände, die kraft Gesetzes (§ 45, 6, 8) oder kraft Satzung (§ 46, 4 ff) der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung zugeordnet sind, können prinzipiell, wenn es die Interessen der Gesellschaft erfordern, seitens der Geschäftsführer zum Gegenstand einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung gemacht werden. b) Sinn und Zweck der Vorschrift ist sicherzustellen, daß die Gesellschafter 9 von Angelegenheiten, die in ihre Zuständigkeit fallen, alsbald durch die GeMeyer-Landrut

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§49

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

schäftsführer unterrichtet werden und daß ihnen Gelegenheit gegeben wird, diese Angelegenheit und die etwa zu treffenden Maßnahmen zu erörtern. Das bedeutet andererseits, daß eine Einberufungspflicht nicht besteht, wenn den Gesellschaftern die betreffenden Umstände bekannt (s. auch Rdn. 17) sind oder wenn diese Umstände gar schon Gegenstand einer Erörterung bzw. Beschlußfassung der Gesellschafter gewesen sind. Geschäftsführer, die von ihrem Einberufungsrecht mißbräuchlich Gebrauch machen, setzen sich Ersatzansprüchen der Gesellschaft und der einzelnen Gesellschafter aus. 10

2. In ausdrücklich bestimmten Fällen. Ausdrücklich bestimmt das Gesetz lediglich in Abs. 3 und in § 50, daß eine Versammlung einzuberufen ist bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals und bei Verlangen einer Minderheit von 10% des Kapitals. Des weiteren ist eine Versammlung immer dann einzuberufen, wenn die anstehende Beschlußfassung im schriftlichen Verfahren nicht durchgeführt werden kann, also in allen Fällen, in denen notarielle Beurkundung erforderlich ist ($48,21). Die Beschlußfassungen gemäß §§ 46, 26, 60 und 66 betreffen dagegen, was verkannt wird (Baumbach-Hueck 13. Aufl. 3 A), die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung und nicht die Frage, ob eine Versammlung durchzuführen ist. Auch in allen diesen Fällen kann im schriftlichen Verfahren, also ohne Abhaltung einer Versammlung, abgestimmt werden (Schilling in Hachenburg 9; Scholz-K. Schmidt 12).

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3. Satzungsmäßige Bestimmungen. So, wie das Einberufungsrecht nach Abs. 1 satzungsmäßig eingeschränkt werden kann (Rdn. 6), kann die Satzung die Geschäftsführer von den Verpflichtungen des Abs. 2 ganz freistellen, ihnen also grundsätzlich das Recht nehmen, Gesellschafterversammlungen einzuberufen, auch dann, wenn die Interessen der Gesellschaft das erfordern sollten (wie hier Schilling in Hachenburg 14; Rowedder-Koppensteiner 13; Fischer/ Lutter 1; a. A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 18; Fischer 10. Aufl. 3 und ScholzIC. Schmidt 20, 21, wo nur ein Verzicht auf Einberufung im Einzelfall für zulässig gehalten wird). Zu Abs. 3 vgl. Rdn. 16.

IV. Verlust der Hälfte des Stammkapitals (Abs. 3) 12

1. Ermittlung des Verlusts. Die Geschäftsführer haben die Gesellschafterversammlung unverzüglich einzuberufen, wenn die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Wann das der Fall ist, ist streitig. Einerseits wird angenommen, daß von der tatsächlichen Vermögenslage der Gesellschaft auszugehen ist, daß also das Aktivvermögen einschließlich der stillen Reserven abzüglich der Schulden nur noch die Hälfte oder weniger des Stammkapitals ausmacht (Fischer 10. Aufl. 3; Baumbach-Hueck 13. Aufl. 3 C). Andererseits nimmt die h.L. 1380

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§49

Einberufung der Versammlung

im Aktienrecht zu der entsprechenden Regelung in § 92 Abs. 1 an, daß es bei der Anzeigepflicht bei Kapitalverlust im Gegensatz zur Konkursantragspflicht bei Überschuldung (gemäß § 92 Abs. 2 AktG bzw. § 64 GmbHG) darauf ankommt, ob das bilanzmäßig ausgewiesene Aktivvermögen, also ohne Auflösung der stillen Reserven, noch die Hälfte des Grundkapitals deckt (.Meyer-Landmt Großkomm. AktG § 92, 3; Mertens in KK § 92, 3; W P Handbuch 1985/86, S. 1367; s. auch Hefermehl AktG § 92, 6). Dieser Auffassung ist auch f ü r das GmbH-Recht der Vorzug zu geben (Schilling in Hachenburg 13; Scholz-K.Schmidt 16; W.Müller Z G R 8 5 , 204; Baumhach-Hueck § 84, 11; Rowedder-Koppensteiner 10; Goutier/Seydel 11). Die Einberufungspflicht ist, wie bei Scholz-K. Schmidt a a O mit Recht dargelegt wird, in dem Sinn formalisiert, daß auf einen Bilanzverlust abgestellt wird mit der Folge, daß stille Reserven bei Ermittlung des Verlusts im Sinne von Abs. 3 erst berücksichtigungsfähig sind, wenn diese tatsächlich aufgelöst und in der Bilanz ausgewiesen werden (W. Müller Z G R 85, 205; Fischer/Lutter 9). Die befürchtete Auswirkung einer (etwa verfrühten) Einladung nach Abs. 3 auf die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft haben vor den Interessen der Gesellschafter an lückenloser Information zurückzustehen, abgesehen davon, daß der Einladung einer Gesellschafterversammlung nach GmbH-Recht nicht die Publizität der Einberufung einer Hauptversammlung (§121 Abs. 3 AktG) zukommt. Die Feststellung des hälftigen Verlusts des Stammkapitals erfolgt in der Weise, daß ein aufgelaufener Verlust dem ausgewiesenen Eigenkapital (d. i. die Ziffer des Stammkapitals plus offene Rücklagen und Gewinnausweis) gegenübergestellt wird. Ubersteigt ein so ermittelter Verlust die Hälfte des Stammkapitals, so ist nach Abs. 3 die Gesellschafterversammlung einzuberufen (h.L. Scholz-K. Schmidt 15; Schilling in Hachenburg 13; W.Müller aaO 206). Eine Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung entfällt nach Eröffnung des Vergleichs- oder Konkursverfahrens (Mertens Die AktG 83, 173). Der Zweck der Vorschrift, die Gesellschafter von einem möglicherweise bevorstehenden Vermögensverfall zu unterrichten (Rdn. 15), erübrigt sich nach Einleitung der gerichtlichen Insolvenzverfahren. 2. Unverzügliche Einberufung. Einzuberufen ist unverzüglich, d. h. ohne 1 3 schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), sobald sich aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Zwischenbilanz der Verlust der Hälfte des Stammkapitals ergibt, ermittelt wie in Rdn. 12 dargelegt. Hieraus folgt für die Geschäftsführer allerdings nicht die Pflicht, durch Zwischenbilanzen den Vermögensstand der G m b H laufend zu überwachen. Bei schwankender Geschäftstätigkeit kann sich durchaus vorübergehend ein derartiger Verlust ergeben, der zum Bilanzstichtag wieder eliminiert ist. Wird aber tatsächlich eine Zwischenbilanz aufgestellt und ergibt diese den Verlust der Hälfte des Stammkapitals, so greift die Einberufungspflicht Platz, Meyer-Landrut

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§49

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

auch wenn die Geschäftsführung nur mit einem vorübergehenden Einbruch rechnet. Es muß den Gesellschaftern überlassen bleiben, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zu treffen sind. Das GmbH-Recht beschränkt die Einberufungspflicht auf die Fälle, in denen eine Jahres- oder Zwischenbilanz einen entsprechenden Verlust ausweist. Allein die pflichtmäßige Annahme, daß möglicherweise ein derartiger Verlust eingetreten sei, ist für die Geschäftsführer kein Einberufungsanlaß; anders 592 Abs. 1 AktG und Schilling in Hachenburg 12; Baumbach-Hueck 14.Aufl. 16; Rowedder-Koppensteiner 10; Fischer/Lutter 10 sowie W.Müller Z G R 8 5 , 211, wonach die Geschäftsführung jedenfalls dann, wenn sich die Gesellschaft im Bereich des hälftigen Kapitalverlustes bewegt, zu einer permanenten Kontrolle der Vermögenslage durch Aufstellung von Zwischenbilanzen verpflichtet ist. Eine derartige, über den Wortlaut des Abs. 3 hinausgehende Interpretation, die auf das Erfordernis des Vorhandenseins einer Bilanz verzichtet, verbietet sich. Wie in § 64 Abs. 1 n.F. wäre es allein Sache des Gesetzgebers, hier regelnd einzugreifen. Wird eine Einberufung nach Abs. 3 ungebührlich verzögert oder ganz unterlassen, so haften die Geschäftsführer den Gesellschaftern nach § 43 Abs. 2 auf Schadensersatz (Martens Z G R 72, 263; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 19; Rowedder-Koppensteiner 12). Zur Strafbarkeit der Geschäftsführer s. Rdn. 16 sowie § 84 Abs. 1 Nr. 1.

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3. Gegenstand der Versammlung. Gegenstand der Gesellschafterversammlung nach Abs. 3 ist die Verlustanzeige. Die Geschäftsführer können, brauchen aber die Anzeige nicht mit Vorschlägen zu verbinden, wie ihrer Ansicht nach die Verhältnisse der G m b H zu sanieren seien. Ebenso genügt allerdings die Anzeige allein auch nicht, um wirksame Sanierungsbeschlüsse zu fassen, etwa Kapitalbeschaffungsmaßnahmen oder ähnliches (Scholz-K. Schmidt 19). Besteht eine satzungsmäßige Nachschußpflicht nicht (§ 26), so sind die Gesellschafter nicht verpflichtet, irgendwelche Sanierungsmaßnahmen wie etwa Kapitalzuwendungen oder ähnliches zu beschließen. Sie können sich darauf beschränken, von der Verlustanzeige Kenntnis zu nehmen. N u r bei Vorliegen einer Überschuldung (§ 63) sind Maßnahmen der Gesellschafter erforderlich, wenn das Konkursverfahren (§ 64) vermieden werden soll.

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4. Verzicht der Gesellschafter auf Abhaltung der Versammlung. Die Anzeigepflicht des Abs. 3 dient der Information der Gesellschafter vom drohenden Vermögensverfall der Gesellschaft. Sie allein sind Schutzobjekt der Vorschrift (Martens Z G R 72, 257; Scholz-K. Schmidt 14; a. A. Fischer/Lutter 1). Gläubiger können aus einer Verletzung des Abs. 3 keine Ersatzansprüche herleiten (i//werGmbH-Rdsch. 84, 260). 1382

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Minderheitsrechte

Ist allen Gesellschaftern (oder dem alleinigen Gesellschafter) der Tatbestand des Verlusts der Hälfte des Stammkapitals bekannt, so entfällt die Verpflichtung zur Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung nach Abs. 3 (so wohl auch Schilling in Hachenburg 11). Ebenso können die Gesellschafter auf die Abhaltung einer Versammlung in Kenntnis des eingetretenen Verlustes verzichten, denn nur ihrem Interesse, nicht etwa dem der Geschäftsführer dient die Einberufungspflicht (Scholz-K. Schmidt 21; Rowedder-Koppensteiner 10). Haben die Gesellschafter Kenntnis vom Kapitalverlust und verzichten sie ausdrücklich oder konkludent auf die Abhaltung einer Versammlung, so entfällt auch eine Strafbarkeit nach § 84 Abs. 1 Nr. 1, da diese allein an die Nichtunterrichtung der Gesellschafter anknüpft (Scholz-Tiedemann § 84, 62; Richter GmbH-Rdsch. 84, 113, 121; s. den Ausschußbericht, BT-Drucks. 8/3908 S. 78; a. A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. § 84,12). 5. Satzungsmäßige Regelungen. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag 16 oder die Gesellschafterversammlung durch entsprechenden Beschluß die Geschäftsführer nicht von der Einberufungspflicht nach Abs. 3 befreien (ScholzIC. Schmidt 20; Baumbach-Hueck 18; a. A. Schilling in Hachenburg 14; Rowedder-Koppensteiner 13). Die gesetzliche Regelung des §49 Abs. 3 dient zwar dazu, die Interessen der Gesellschafter zu wahren und zu schützen. Aus der mit der Novelle 1980 in § 84 Abs. 1 Nr. 1 eingeführten Strafbarkeit der Nichtanzeige des Verlusts in Höhe der Hälfte des Stammkapitals ist jedoch die gesetzgeberische Wertung herzuleiten, daß die Gesellschafter einen strafbewehrten Anspruch darauf haben, von der Geschäftsführung über einen entsprechenden Kapitalverlust unterrichtet zu werden. Dieses Recht können die Gründergesellschafter oder Mehrheitsgesellschafter nicht zu Lasten der zukünftigen Gesellschafter oder einer Minderheit aufheben.

§50 (1) Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens dem zehnten Teil des Stammkapitals entsprechen, sind berechtigt, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Berufung der Versammlung zu verlangen. (2) In gleicher Weise haben die Gesellschafter das Recht zu verlangen, daß Gegenstände zur Beschlußfassung der Versammlung angekündigt werden. (3) Wird dem Verlangen nicht entsprochen oder sind Personen, an welche dasselbe zu richten wäre, nicht vorhanden, so können die in Absatz 1 bezeichneten Gesellschafter unter Mitteilung des Sachverhältnisses die Berufung oder Ankündigung selbst bewirken. Die Versammlung beschließt, ob die entstandenen Kosten von der Gesellschaft zu tragen sind. Meyer-Landrut

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§50

3. Abschnitt. V e r t r e t u n g und G e s c h ä f t s f ü h r u n g Übersicht Rdn.

I. Einleitung II. Das Einberufungsverfahren (Abs. 1) 1. Berechtigte Gesellschafter . 2. Adressat des Verlangens . . . 3. Form des Verlangens 4. Erforderliche Angaben 5. Pflicht zur Einberufung . . .

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Rdn. III. Das Ankündigungsverlangen (Abs. 2) IV. Das Selbsthilferecht (Abs. 3) 1. Voraussetzungen 2. Form und Inhalt 3. Kosten der Versammlung . . . 4. Rechtsausübung durch Unbefugte V. Satzungsmäßige Regelungen . . .

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Schrifttum Kühn D e r M i n d e r h e i t e n s c h u t z in der G m b H , G m b H - R d s c h . 6 5 , 132; Schopp Einber u f u n g einer G m b H - G e s e l l s c h a f t e r v e r s a m m l u n g durch eine Minderheit, G m b H Rdsch. 76, 126.

I. Einleitung 1

Die Vorschrift ist seit 1892 unverändert. Die Reformvorschläge des RegEntw 1971 (§80), wonach das Einberufungs- und Ankündigungsrecht der Regelung des § 122 AktG angepaßt und jedem einzelnen Gesellschafter zugeordnet werden sollte, sind nicht Gesetz geworden. II. Das Einberufungsverfahren (Abs. 1)

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1. Berechtigte Gesellschafter. Das Recht, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen, steht Gesellschaftern zu, die mindestens zehn Prozent des Stammkapitals innehaben. Dabei ist es gleichgültig, ob ein oder mehrere Gesellschafter diese mindestens zehn Prozent repräsentieren (Schopp GmbH-Rdsch. 76, 128; Fischer/Lutter 2). Selbstverständlich steht das Einberufungsrecht auch jedem Gesellschafter bzw. jeder Gesellschaftergruppe zu, die Inhaber einer die Zehn-Prozent-Grenze übersteigenden Beteiligung ist. Gleichgültig ist, ob die Anteile voll eingezahlt sind. Auszugehen ist von der Stammkapitalziffer, wie sie im Handelsregister eingetragen ist. Allerdings sind nach h.M. eigene Anteile der GmbH, ferner durch Einziehung untergegangene sowie nicht zur Entstehung gelangte Anteile (§ 2, 20) nicht mitzuzählen (Schilling in Hachenburg 3; Scholz-K.Schmidt 2; Schopp aaO 126; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 17; Fischer/Lutter 3; Rowedder-Koppensteiner 3). Kaduzierte Anteile sind dagegen mitzuzählen, da sie als solche nicht untergehen (§21, 13; h.L. Scholz-K.Schmidt 2; Baumbach Hueck aaO; Fischer/Lutter aaO; Rowedder-Koppensteiner aaO; Schopp aaO; a. A. Schilling in Hachenburg aaO). Im Falle einer Veräußerung richtet sich die Gesellschaftereigenschaft nach § 16. 1384

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Minderheitsrechte

2. Adressat des Verlangens. Das Verlangen der Minderheit ist an die Ge- 3 schäftsführer zu richten (Scholz-K.Schmidt 10; Fischer/Lutter 4; RowedderKoppensteiner 4), da nur diese berechtigt sind, die Versammlung zu berufen (§ 49 Abs. 1). Ist das Verlangen an die Gesellschaft gerichtet (so Schilling in Hachenburg 5), so ist auch das als genügende Adressierung anzusehen (Schopp GmbH-Rdsch. 76, 127). Es genügt, wenn das Verlangen einem Geschäftsführer zugeht (§ 35 Abs. 2 Satz 3). Sofern die Satzung die Einberufungszuständigkeit der Geschäftsführer abbedungen hat (§ 49, 6), ist das Verlangen an das demgemäß zuständige Organ zu richten (Schopp aaO, 127). Das kann auch ein Aufsichtsrat sein, sofern ihm das Einberufungsrecht des § 111 Abs. 3 AktG kraft Gesetz oder kraft Satzung zusteht (§ 49,1). 3. Form des Verlangens. Ein gesetzliches Formerfordernis besteht nicht. 4 Das Verlangen kann daher auch mündlich, telegraphisch oder durch Fernschreiben gestellt werden. Wird es durch einen Bevollmächtigten gestellt, so greift zwar die Formvorschrift des § 47 Abs. 3 nicht unmittelbar ein, da das Verlangen nach Abs. 1 keine Stimmrechtsausübung darstellt. Das Schriftformerfordernis f ü r eine Vollmacht folgt aber aus § 174 BGB, da auch die Ausübung der Rechte aus § 50 eine einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung darstellt (str., s. im einzelnen Schopp GmbH-Rdsch. 76,127 und Scholz-K. Schmidt 8). 4. Erforderliche Angaben. Die verlangende Minderheit hat Zweck und 5 Gründe f ü r die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung anzugeben. Mit dem Zweck ist in der Sache der gewünschte Verhandlungsgegenstand, die Tagesordnung, gemeint. Es bedarf nicht der Mitteilung ausformulierter Beschlußanträge oder einer formellen Tagesordnung. Vielmehr genügt es, wenn sich die Verhandlungsgegenstände f ü r den Einrufungsberechtigten mit genügender Deutlichkeit aus dem Verlangen ergeben (Schilling in H a chenburg 4). Als Gründe sind die Umstände anzugeben, die es den das Verlangen stellenden Gesellschaftern als notwendig erscheinen lassen, gerade in dem Zeitpunkt des Verlangens eine Gesellschafterversammlung durchzuführen. 5. Pflicht zur Einberufung a) Die Geschäftsführer haben die Versammlung, wenn ein entsprechendes 6 Verlangen gestellt wird, einzuberufen (§49, 10). Dabei steht den Geschäftsführern lediglich ein formelles Prüfungsrecht dahin zu, ob die gesetzlichen oder gegebenenfalls auch satzungsmäßigen Voraussetzungen zur Rechtsausübung vorliegen ( K ü h n GmbH-Rdsch. 65, 133; Schilling in Hachenburg 5; Scholz-K. Schmidt 13; Rowedder-Koppensteiner 5; Fischer/Lutter 5). Ob der mit dem Verlangen geltend gemachte Verhandlungsgegenstand Aussicht hat, von den Gesellschaftern positiv beschieden zu werden oder ob Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

er sachlich berechtigt oder ob er sinnvoll ist, unterliegt nicht dem Prüfungsoder Entscheidungsrecht der Geschäftsführer. Insoweit können und dürfen sie den Gesellschaftern nicht vorgreifen. 7

b) Nur dann, wenn das Verlangen gesetzes- oder sittenwidrig ist oder offenbar mißbräuchlich ausgeübt wird, können die Geschäftsführer es zurückweisen (Scholz-K.Schmidt 5; Rowedder-Koppensteiner und Fischer/Lutter jeweils aaO). Mit der Klage kann das Verlangen auf Einberufung nicht erzwungen werden (Kühn GmbH-Rdsch. aaO; Schilling in Hachenburg 6; Rowedder-Koppensteiner 6; Roth 3.4; a. A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 8). Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so greift das Selbsthilferecht des Abs. 3 ein.

III. Das Ankündigungsverlangen (Abs. 2) 8

Nach den gleichen Regeln und unter den gleichen Voraussetzungen, wie Gesellschafter mit mindestens zehn Prozent Geschäftsanteilen von der Geschäftsführung die Einberufung einer Gesellschafterversammlung verlangen können, können sie auch verlangen, daß zu einer bereits eingeladenen Versammlung weitere, wie das Gesetz sagt, Gegenstände zur Beschlußfassung angekündigt werden. Das bedeutet das Recht auf Erweiterung der Tagesordnung. Zu beachten ist, daß dieses Verlangen so zeitig gestellt werden muß, daß die gesetzlichen (§51 Abs. 4) oder gegebenenfalls abweichenden satzungsmäßigen Ankündigungsfristen gewahrt werden können. Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so greift auch in diesem Fall das Selbsthilferecht des Abs. 3 ein.

IV. Das Selbsthilferecht (Abs. 3) 9

1. Voraussetzungen. Das Selbsthilferecht kann von dem oder den berechtigten Gesellschaftern ausgeübt werden, wenn ihrem Verlangen auf Einberufung einer Versammlung oder auf Erweiterung der Tagesordnung entweder nicht entsprochen wird oder wenn Personen, die zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung befugt wären, nicht vorhanden sind. Nichtentsprechung bedeutet, daß dem Verlangen entweder gar nicht oder nur mit ungebührlicher Verzögerung (Scholz-K.Schmidt 22) oder nicht vollständig stattgegeben wird. Beruft der Geschäftsführer, unabhängig von dem Verlangen, seinerseits mit der gleichen Tagesordnung ein, so kann sich das Minderheitsverlangen erledigen (BGH W M 85, 567 = GmbH-Rdsch. 85, 256 = BB 85, 567; O L G München, GmbH-Rdsch. 57, 105). Das Einberufungsrecht des Gesellschafters gemäß Abs. 3 kommt, wenn rechtmäßig ausgeübt, nicht wieder in Wegfall, wenn der Geschäftsführer nunmehr seinerseits die Gesellschafterversammlung einberuft (BGH W M aaO). 1386

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Minderheitsrechte Fehlen Einberufungsberechtigte, so braucht eine Notbestellung nach § 29 BGB (vgl. § 6, 21) nicht abgewartet zu werden (Schilling in Hachenburg 9; Rowedder-Koppensteiner 8). Vielmehr kann das Einberufungsrecht im Wege der Selbsthilfe, ohne daß ein Verlangen nach Abs. 1 zu stellen ist, ausgeübt werden. 2. Form und Inhalt a) Zur Einberufung berechtigt sind die Gesellschafter, die das Verlangen 10 nach Abs. 1 zu stellen berechtigt sind (Rdn. 2), bzw. deren Rechtsnachfolger. Die Einberufung der außerordentlichen Versammlung (oder eine Erweiterung der Tagesordnung gem. Abs. 2) hat sich inhaltlich an die Gegenstände zu halten, die dem Verlangen nach Abs. 1 zugrunde lagen (Baumbach-Hueck 14. Aufl. 14; Schopp aaO 129). Eine Erweiterung der Tagesordnung über das ursprüngliche Verlangen hinaus ist durch das Selbsthilferecht des Abs. 3 nicht gedeckt und die Einberufung erfolgt insoweit durch Unbefugte (Rdn. 13). b) Die Einberufung muß den Förmlichkeiten des § 51 und eventuell weiter- 11 gehenden oder abweichenden satzungsmäßigen Erfordernissen genügen. Es kann nach § 48 im schriftlichen Verfahren abgestimmt werden, wenn die erforderlichen Einverständniserklärungen aller Gesellschafter zu dieser Verfahrensart vorliegen oder die Gesellschafter der schriftlichen Stimmabgabe zustimmen (Schilling in Hachenburg 11). Neben der Mitteilung der Beschlußgegenstände ist in der Einladung eine Mitteilung des Sachverhalts erforderlich, das ist die Angabe darüber, welche Gründe die Einberufung der außerordentlichen Versammlung durch die Minderheit rechtfertigen. Mitgeteilt werden muß also, ob dem Verlangen durch die Geschäftsführung nicht oder nicht zeitig oder vollständig genug entsprochen worden ist oder ob zur Einladung berechtigte Personen fehlen. 3. Kosten der Versammlung. Nach Abs. 3 Satz 2 hat von Gesetzes wegen 1 2 die durch die Minderheit einberufene Gesellschafterversammlung zu beschließen, ob die entstandenen Kosten von der Gesellschaft zu tragen sind. Es handelt sich hierbei nicht um die Kosten, die den Gesellschaftern persönlich durch die Teilnahme an der Versammlung entstehen, wie Reise- und Aufenthaltskosten, die ohnehin von ihnen persönlich zu tragen sind (Schilling in H a chenburg 14; Scholz-K.Schmidt 31). Vielmehr sind die Kosten gemeint, die bei Einberufung durch die Geschäftsführung als Verwaltungskosten aus Anlaß einer Gesellschafterversammlung ohnehin von der Gesellschaft zu tragen sind, die aber bei Ladung durch die Minderheit von dieser notwendigerweise aufzubringen sind wie Portokosten, gegebenenfalls Raummiete, Protokollführer u.dgl. (Schilling in Hachenburg aaO; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 16). Die Entscheidung der Gesellschafterversammlung hat nach billigem Ermessen zu Meyer-Landrut

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§ 50

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

erfolgen; andernfalls steht der Minderheit ein entsprechender Erstattungsänspruch gegenüber der Gesellschaft zu (Schilling in Hachenburg aaO; ScholzK.Schmidt 32).

IV. Rechtsausübung durch Unbefugte 13

Wird eine Gesellschafterversammlung durch Unbefugte einberufen oder erfolgt eine Ankündigung im Sinne von Abs. 2 durch Unbefugte, dann sind die entsprechenden Beschlüsse nichtig (§ 47, 69). Unbefugt sind Gesellschafter, die das Quorum von zehn Prozent nicht erreichen oder Gesellschafter, die das Verfahren nach Abs. 1 nicht durchgeführt haben oder die die Mitteilung des Sachverhalts (Rdn. 11) unterlassen haben (Schilling in Hachenburg 13; Rowedder-Koppensteiner 10; Schopp in GmbH-Rdsch. 76, 129). Unbefugt sind auch Gesellschafter, die zwar die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen (Mindestbeteiligung und Ersuchen an die Geschäftsführung), jedoch nicht die des Abs. 3 (Untätigkeit des Geschäftsführers; dazu Rdn. 8). Damit ergibt sich Nichtigkeit der zugrundeliegenden Beschlüsse auch, wenn dem Geschäftsführer gar keine angemessene Frist belassen wird, dem Ersuchen nachzukommen (BGH W M 83, 472 = ZIP 83, 569 = N J W 8 3 , 1679; Scholz-K.Schmidt 30; teilw. abw. Schilling in Hachenburg aaO; Rowedder-Koppensteiner aaO; Schopp aaO). Liegen lediglich Verfahrensmängel der Einberufung vor, so führen diese nur zur Anfechtbarkeit (BGH aaO; Scholz-K.Schmidt aaO; s. auch §51,18).

V. Satzungsmäßige Regelungen 14

1. Es ist streitig, ob und wieweit die Minderheitsrechte aus § 50 durch den Gesellschaftsvertrag oder durch nachträgliche Satzungsänderung abgeändert werden können. Neuerdings wird außer bei Baumbach-Hueck 14. Aufl. 1, Fischer/Lutter 2 und Rowedder-Koppensteiner 2 auch von Schilling in Hachenburg §50, 15 und § 14, 14, Scholz-K.Schmidt 3, Goutier/Seydel 16 und Bartl/ Henkes 483 die Ansicht vertreten, daß jede Art von Einschränkung der Rechte aus § 50, sei es durch Gesellschaftsvertrag, sei es im Wege späterer Satzungsänderung, unzulässig sei, da die Vorschrift zwingend einen unentziehbaren Minderheitenschutz festlege. Dieser Auffassung steht der gesetzliche Wortlaut in § 45 Abs. 2 entgegen, ebenso wie die ausdrückliche Regelung der N o velle 1980 in §51a Abs. 3, deren es nicht bedurft hätte, wenn Minderheitsrechte grundsätzlich satzungsfest sind. Der Hinweis bei Baumbach-Hueck 13. Aufl. 2A auf § 122 AktG ist wegen der im Aktienrecht gerade nicht geltenden Gestaltungsfreiheit (§ 23 Abs. 5 AktG) nicht schlüssig. Der Gesellschaftsvertrag kann also die in § 50 angeordneten Minderheitsrechte einschränken oder ganz aufheben (wie hier R G 2 68, 210; Schopp GmbH-Rdsch. 76, 127; Kühn GmbH-Rdsch. 65,134). 1388

Meyer-Landrut

Form der Einberufung

§ 51

2. Eine nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrags zu Lasten der 1 5 Minderheit — Einschränkung oder Aufhebung der Rechte aus § 50 — bedarf allerdings der Einstimmigkeit aller Gesellschafter, da einmal gegründete Minderheitsrechte nicht nachträglich gegen die Stimmen der Betroffenen entzogen werden können (OLG Stuttgart GmbH-Rdsch. 79, 260; Schopp aaO; a. A. Kühn aaO). Erweiterungen der Rechte aus § 50 sind in jeder Hinsicht, sei es im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag, sei es durch nachträgliche Satzungsänderung, zulässig, etwa durch Gewährung der Einberufungsrechte des § 50 an jeden Gesellschafter oder auch die Gewährung eines unmittelbaren Einberufungs- oder Ankündigungsrechts an einzelne Gesellschafter (Schilling in Hachenburg 15).

§51 (1) Die Berufung der Versammlung erfolgt durch Einladung der Gesellschafter mittels eingeschriebener Briefe. Sie ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken. (2) Der Zweck der Versammlung soll jederzeit bei der Berufung angekündigt werden. (3) Ist die Versammlung nicht ordnungsgemäß berufen, so können Beschlüsse nur gefaßt werden, wenn sämtliche /Gesellschafter anwesend sind. (4) Das gleiche gilt in bezug auf Beschlüsse über Gegenstände, welche nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise angekündigt worden sind. Übersicht Rdn. I. Einleitung II. Formen und Fristen der Einladung (Abs. 1) 1. Allgemeines 2. Form a) Eingeschriebener Brief . . . b) Aufgabe zur Post c) Inhalt der Ladung

Rdn.

1

2

III.

3 4 5

IV. V. VI.

d) Unbekannter Aufenthaltsort 3. Fristen Ankündigung des Zweckes (Abs. 2 und 4) Vollversammlung (Abs. 3) Satzungsmäßige Gestaltungen . . Rechtsfolgen bei Verletzungen

6 7 8 11 12 13

Schrifttum B. Schmitz

D e r unerreichbare GmbH-Gesellschafter, GmbH-Rdsch. 71, 226.

I. Einleitung Die Vorschrift ist seit 1892 unverändert. Reformvorschläge bezogen sich auf eine Verlängerung der Fristen in Abs. 1 und 4 (RegEntw 71, § 81). Meyer-Landrut

1389

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

II. Formen und Fristen der Einberufung (Abs. 1) 2

1. Allgemeines. Die Vorschrift regelt, vorbehaltlich anderweitiger oder weitergehender satzungsmäßiger Bestimmungen (Rdn. 12) die Formalitäten, deren Beachtung die Voraussetzung für eine wirksame Beschlußfassung der Gesellschafter darstellt. Es müssen alle Gesellschafter eingeladen werden (vgl. § 47, 69); andernfalls können Beschlüsse nur gefaßt werden, wenn alle Gesellschafter anwesend sind und sich trotz fehlender oder mangelhafter (dazu Rdn. 11) Einladung an der Beschlußfassung beteiligen. Als Gesellschafter gelten die Gründer der GmbH (§1), deren Rechtsnachfolger oder, im Falle von Veräußerungen, die bei der Gesellschaft angemeldeten Gesellschafter (§ 16). Hat ein Gesellschafter einen Bevollmächtigten benannt, so ist dieser zu laden (Scholz-K.Schmidt 3; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 8) und daneben auch der Gesellschafter (a. A. Schilling in Hachenburg 4; Rowedder-Koppensteiner 4). Bei juristischen Personen oder Personengesellschaften genügt Ladung der Gesellschaft als solcher. Steht ein Geschäftsanteil mehreren zu, so gilt § 18 Abs. 3. Dagegen ist es ohne Einfluß auf die Wirksamkeit der Gesellschafterbeschlüsse, ob andere teilnahmeberechtigte Personen zur Versammlung eingeladen werden. Das gilt insbesondere für die Mitglieder eines obligatorischen Aufsichtsrats, die nach §§ 77 BetrVG 1952, 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG und § 3 Abs. 2 Montan-MitbestG i.V.m. § 118 Abs. 2 AktG ein Recht auf Teilnahme an Gesellschafterversammlungen haben (OLG Stuttgart N J W 7 3 , 2027); allenfalls wäre bei Verletzung der Teilnahmerechte aus § 118 Abs. 2 AktG Anfechtbarkeit gegeben (dazu im einzelnen Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG §25, 140). Die Regeln des § 51 kommen bei schriftlicher Beschlußfassung nach § 48 Abs. 2 nicht zur Anwendung (Scholz-K.Schmidt 1), da die erforderliche vorherige Einverständniserklärung der Gesellschafter (§ 48, 24 bis 29) deren Mitwirkung an der Beschlußfassung sicherstellt. 2. Form

3

a) Eingeschriebener Brief. Die Einberufung hat durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen. Damit ist zunächst einmal Schriftform gefordert. Fernschreiben, Telefax oder Telegramm genügen nicht dem Formerfordernis des Gesetzes. Streitig ist, ob die schriftlich abzufassende Ladung vom Geschäftsführer (§49 Abs. 1) eigenhändig zu unterzeichnen ist oder ob Firmenstempel oder sonstige Formen der Vervielfältigung genügen. Da wir es in der Praxis des GmbH-Rechts regelmäßig mit einer übersehbaren Zahl von Gesellschaftern zu tun haben und da das Gesetz mit der Erwähnung des Einschreibebriefes ganz offensichtlich von einer individuell ausgefertigten Ladung ausgeht (vgl. dagegen § 124 AktG), muß auch eigenhändige Unterschrift des Einladungsberechtigten verlangt werden (wie hier Schilling in Hachenburg 3; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 11; a. A. Scholz-K.Schmidt 5; Fischer/Lutter 2; Ro1390

Meyer-Landrut

§51

Form der Einberufung

wedder-Koppensteiner 7, wonach genügt, daß an der Einladungsbefugnis des Einladenden keine Zweifel bestehen). In jedem Fall muß erkenntlich sein, daß der Ladungsberechtigte tatsächlich in dieser seiner Eigenschaft handelt (vgl. O L G Zweibrücken, GmbH-Rdsch. 80, 85). b) Aufgabe zur Post. Der Einschreibebrief ist an die der Gesellschaft ange- 4 gebene oder bekannte Anschrift zu senden. Es kommt für die Wirksamkeit der Ladung nicht auf den Zugang, sondern allein auf die Aufgabe zur Post an (h.L. R G Z 6 0 , 144; Scholz-K.Schmidt 8; Handbuch der G m b H I, 457; Goutier/Seydel 3; weitergehend Fischer/Lutter 7; Rowedder-Koppensteiner 9). Ist der Gesellschafter an der angegebenen Anschrift nicht erreichbar, so gilt die Ladung dennoch als erfolgt. c) Inhalt der Ladung. Die Einladung muß eindeutig erkennen lassen, für 5 welche Gesellschaft die Versammlung eingeladen wird (OLG Zweibrücken, GmbH-Rdsch. 80, 85) und wer einberuft (Baumbach-Hueck 14. Aufl. 15; Goutier/Seydel 3). Die Einladung muß ferner den O r t (§ 48, 3) mit genauer Anschrift und T a g und Zeitpunkt (KG N J W 65, 2157) der Versammlung enthalten. d) Unbekannter Aufenthaltsort. Ist der Aufenthaltsort einzelner Gesell- 6 schafter unbekannt, so bedarf es der Bestellung eines Abwesentheitspflegers gemäß § 1911 BGB. Ladung durch öffentliche Zustellung (§ 132 Abs. 2 BGB) ist zeitraubend und kaum praktisch (LG Berlin, BB 85, 1752; im einzelnen s. B. Schmitz GmbH-Rdsch. 71, 226; Schilling in Hachenburg 4; ScholzIC. Schmidt 9; Rowedder-Koppensteiner 7; Fischer/Lutter 10). 3. Fristen. Das Gesetz verlangt gemäß Abs. 1 Satz 2 Bewirkung der Einla- 7 dung mit einer Frist von mindestens einer Woche. Es gelten zur Berechnung der Fristen die Vorschriften des BGB. Die Frist läuft mit dem Ablauf des W o chentages der nachfolgenden Woche ab (§ 188 Abs. 1 BGB), der dem Tag, an dem die Einladung bewirkt wird, folgt (§ 187 Abs. 1 BGB), d. h. die Frist beträgt sieben Tage ohne Anrechnung des Tages der Versendung, mit Anrechnung des Tages des Empfangs (s. dazu auch Rdn. 4) sowie ohne Anrechnung des Tages der Versammlung und der Sonnabende, Sonntage und staatlich anerkannter Feiertage (§ 193 BGB). Da das Gesetz für den Ablauf der Frist als maßgebendes Ereignis i.S.v. § 187 Abs. 1 BGB das Bewirken der Einladung mittels eingeschriebenen Briefes bezeichnet, kann f ü r die Fristberechnung auch nur von diesem Zeitpunkt ausgegangen werden und nicht etwa, weil die gesetzliche Frist als zu kurz erscheint, mit dem Zeitpunkt eines angenommenen Zugangs (so aber Schilling in H a chenburg 8; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 17; Rowedder-Koppensteiner 9; Fischer/Lutter 7; wie hier K G N J W 6 5 , 2158; Scholz-K.Schmidt 7; Fischer 10. Aufl. 1). Entsprechendes gilt f ü r die Berechnung der Dreitagefrist des Abs. 4 in bezug auf Ergänzungen zur Tagesordnung. Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

III. Ankündigung des Zweckes (Abs. 2 und 4) 8

1. Der Versammlungszweck soll gemäß Abs. 2 mit der Einberufung angekündigt werden. Das ist allerdings nicht zwingend (Schilling in Hachenburg 7; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 16; Rowedder-Koppensteiner 8), denn die Beschlußgegenstände können noch im Rahmen der Dreitagefrist des Abs. 4 nachgeschoben werden.

9

2. Angabe des Versammlungszwecks bedeutet die Bekanntgabe der Tagesordnung für die einberufene Gesellschafterversammlung. Der zu bestimmende Zweck der Beschlußfassung muß so eindeutig formuliert sein, daß jeder Gesellschafter ersehen kann, um was es sich im Einzelfall handelt (h.L. BGH W M 60, 859; BB 62,110 = GmbH-Rdsch. 62, 28). Ein Tagesordnungspunkt „Verschiedenes" genügt daher genausowenig wie etwa „Änderung der Geschäftsführung", wenn eine Abberufung eines Geschäftsführers zur Beschlußfassung ansteht (BGH BB62, 110), oder „Satzungsänderung", wenn nicht der Wortlaut oder doch wenigstens der wesentliche Inhalt der vorgeschlagenen Änderung bekanntgegeben wird (Scholz-K. Schmidt 15; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 23).

10

3. Keiner Ankündigung bedürfen Beschlußfassungen zur Geschäftsordnung wie etwa hinsichtlich Versammlungsleitung, Protokollführung u. ä. (ScholzK.Schmidt 15). Ebensowenig ist eine Ankündigung erforderlich, wenn es auch üblich ist, zu Tagesordnungspunkten, die keine Beschlußfassung erfordern, wie Berichte der Geschäftsführer und die Erledigung von Auskunfts- und Einsichtsersuchen nach § 51a.

IV. Vollversammlung (Abs. 3) 11

Auf die Formen und Fristen der Einberufung, gesetzmäßige wie satzungsmäßige, kann verzichtet werden, wenn alle Gesellschafter anwesend sind und keiner der Beschlußfassung widerspricht. Widerspricht auch nur ein Gesellschafter der Abhaltung der Versammlung oder der Beschlußfassung wegen eines Einberufungsmangels, so gilt er als nicht anwesend (Schilling in Hachenburg 9; Fischer/Lutter 14; a. A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 25). Die Wirksamkeit einer etwa doch erfolgenden Beschlußfassung hängt davon ab, ob ein Einberufungsmangel tatsächlich vorgelegen hat und welche Rechtsfolgen sich aus diesem Mangel herleiten (Rdn. 13). Zu einer Vollversammlung kommt es immer bei der Einmanngesellschaft. Hier kann demnach regelmäßig auf Formalitäten des Gesetzes und gegebenenfalls, der Satzung verzichtet werden. Wegen der Erfordernisse, eine Sitzungsniederschrift anzufertigen, s. §48, 31. Eine Vollversammlung liegt auch dann vor, wenn einer von mehreren Gesellschaftern ausdrücklich auf eine Teilnahme verzichtet und die übrigen Ge1392

Meyer-Landrut

§ 51a

Auskunfts- und Einsichtsrechte

sellschafter zusammentreten, ebenso, wenn ein Gesellschafter (oder ein Dritter) Stimmrechtsvollmachten aller Gesellschafter hat (Schilling in Hachenburg 9).

V. Satzungsmäßige Gestaltungen Die in § 51 geregelten Formalitäten können im Gesellschaftsvertrag abwei- 12 chend geregelt werden (§ 45 Abs. 2). Ebenso können die als zu kurz empfundenen gesetzlichen Fristen (vgl. Rdn. 1 sowie Schilling in Hachenburg 6) verlängert werden; es kann die Fristenberechnung abweichend geregelt werden auch etwa erst seit Zugang (s. aber Rdn. 4). Es kann statt der Form des Einschreibebriefes (Rdn. 3) die Einladung mittels einfachem Brief, telegraphisch oder fernschriftlich oder sogar telephonisch als genügend bezeichnet werden.

VI. Rechtsfolgen bei Verletzung Einladungsmängel führen entsprechend §241 Nr. 1 AktG zur Nichtigkeit 1 3 der dennoch gefaßten Gesellschafterbeschlüsse (§ 47, 69). Das gilt inbesondere im Falle der Nichteinladung einzelner Gesellschafter, der Ladung durch Unbefugte (s. dazu § 50, 13) und inhaltlicher Ladungsmängel wie fehlende oder ungenügende Angabe über Zweck, Ort und Zeit der Versammlung. Es gilt selbst dann, wenn ein nicht geladener Gesellschafter seine Gesellschafterstellung durch eine spätere Genehmigung rückwirkend verliert (OLG Frankfurt DB 83, 2678 = BB 83, 2139 = GmbH-Rdsch. 84, 99). Die Nichtigkeitsfolgen treten dann nicht ein, wenn der fragliche Mangel durch den betroffenen Gesellschafter durch unverzügliche Genehmigung der Beschlußfassung geheilt wird (str.; wie hier OLG Frankfurt aaO; Schilling/Zutt §47 Anh. 35; Scholz-K.Schmidt 34; Fischer/Lutter 15; a. A. OLG München BB 78, 471). Dagegen führen Form- und Fristverletzungen im Sinne von § 51 Abs. 1 und Abs. 4 sowie entsprechender Regelungen der Satzung in der Regel nur zur Anfechtbarkeit (Schilling in Hachenburg 11; Fischer/Lutter 12; Rowedder-Koppensteiner 11; a. A. wohl Scholz-K.Schmidt 26).

§ 51a (1) Die Geschäftsführer haben jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. (2) Die Geschäftsführer dürfen die Auskunft und die Einsicht verweigern, wenn zu besorgen ist, daß der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwekken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen UnterMeyer-Landrut

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§ 51a

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

nehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Die Verweigerung bedarf eines Beschlusses der Gesellschafter. (3) Von diesen Vorschriften kann im Gesellschaftsvertrag nicht abgewichen werden.

Übersicht Rdn. I. Einleitung 1. Frühere Rechtslage 2. Reform II. Inhalt des Informationsrechts 1. Auskünfte über Angelegenheiten der Gesellschaft 2. Einsicht in Bücher und Schriften 3. Angelegenheiten der Gesellschafter 4. Angelegenheiten verbundener Unternehmen III. Parteien des Informationsrechts 1. Berechtigte

1 2

Rdn.

IV.

3 4 5

V. VI.

6 VII.

2. Verpflichtete 3. Fristen und Form Schranken des Informationsrechts 1. Mißbrauch 2. Informationsbedürfnis 3. Satzungsmäßiges Informationssystem Verschwiegenheitspflicht Informationsverweigerung 1. Voraussetzungen 2. durch Gesellschafterbeschluß Zwingendes Recht

8 9

10 U 12 13 14 15 16

7

Schrifttum s. Schrifttumsnachweis zur GmbH-Novelle bei § 5; ferner v. Bitter Das Informationsrecht der GmbH-Gesellschafter in § 51a, 51b G m b H G , Z I P 81, 825; Goerdeler Die Zuziehung von Sachverständigen bei der Einsicht in die Bücher, FS Stimpel 1985, 125; Grunewald Einsichts- und Auskunftsrecht des GmbH-Gesellschafters nach neuem Recht, Z H R 146 (1982), 211; Heinemann Beratungsspezifische Fragen des G m b H Rechts in der aktuellen Steuerpraxis, DStZ 84, 37; Hommelhoff Gesellschaftsrechtliche Fragen im Entwurf eines Bilanzrichtlinien-Gesetzes, BB 81, 944; ders. Jahresabschluß und Gesellschafterinformation in der G m b H , ZiP 83, 383; Hirte Die Ausübung der Informationsrechte von Gesellschaftern durch Sachverständige, BB 85, 2208; Lutter Zum Informationsrecht des Gesellschafters nach neuem GmbH-Recht, Z G R 82, 1; ders. Fragerecht und Informationsanspruch des Aktionärs und GmbH-Gesellschafters im Konzern, Die AG 85, 117; Mertens $ 51a Abs. 1 G m b H G und die kapitalistisch strukturierte G m b H , FS W. Werner, 1984, S. 557; Meyer-Landrut Der „Mißbrauch" der aktienrechtlichen Minderheits- oder Individualrechte, insbesondere des Auskunftsrechts, FS f ü r W. Schilling 1973, 207; Reuter § 51 a G m b H - Q u o vadis, BB 86, 1653; K. Schmidt Das neue Auskunfts- und Einsichtsrecht des GmbH-Gesellschafters, Das neue G m b H - R e c h t in der Diskussion, 87; ders. Informationsverweigerung in der G m b H ohne Gesellschafterbeschluß, GmbH-Rdsch. 82, 206; ders. Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, Z H R H e f t 57, 1984; ders. Die G m b H & Co. — eine Zwischenbilanz, G m b H Rdsch. 84, 272; Schneider U.H. Konzernleitung als Rechtsproblem, Überlegungen zu einem Konzernverfassungsrecht, BB 81, 249; Stangier/Bork Das Informationserzwingungsverfahren nach dem neuen GmbH-Gesetz, GmbH-Rdsch. 82, 169; Tietze Die Informationsrechte des GmbH-Gesellschafters, Köln, 1985.

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§ 51a

Auskunfts- und Einsichtsrechte

I. Einleitung 1. Frühere Rechtslage. Das Auskunfts- und Einsichtsrecht der Gesell- 1 schaftermehrheit ist grundsätzlich im Rahmen der Weisungs- und Uberwachungskompetenz gegenüber den Geschäftsführern unbegrenzt (§ 46, 32), sofern die Satzung nicht Abweichendes oder Einschränkendes bestimmt (§ 45 Abs. 2). Ein Minderheits- oder Individualrecht auf Auskunft und Einsicht kannte das Gesetz in der ursprünglichen Fassung von 1892 nicht. Rechtsprechung (vgl. B G H Z 14, 53) und Lehre (Schilling in Hachenburg § 45, 23 ff; Scholz-K. Schmidt Anh. § 51) gewährten allerdings auch dem einzelnen Gesellschafter Auskunfts- und/oder Einsichtsrechte, auch wenn die Satzung solche nicht vorsah, im wesentlichen dann, wenn dieses zur sachgerechten Ausübung der Gesellschafterrechte oder aus wichtigem Grunde erforderlich war. In etwa ließen sich demnach nach der bisherigen Rechtslage die Informationsund Kontrollrechte der einzelnen Gesellschafter einer GmbH mit denen eines von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters einer Personalgesellschaftvergleichen (s. §§ 716 BGB; 118, 338 und 166 HGB). 2. Reform. Der RegEntw 1972 und der RegEntw 1977 wie auch schon der 2 RefEntw 1969 enthielten Regelungen zum Auskunfts- und Einsichtsrecht des einzelnen Gesellschafters und, in Anlehnung an § 132 AktG, Verfahrensvorschriften zur vereinfachten gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche. Übernommen hat der Gesetzgeber diese Bestimmungen in den §§ 51 a und 51b, regelungstechnisch wie auch sachlich allerdings drastisch vereinfacht. Während die Verfahrensvorschriften in § 51b durch Verweisung auf § 132 AktG im wesentlichen unproblematisch geregelt sind, ist die materiell-rechtliche Regelung in § 51a trotz ihrer scheinbaren Klarheit komplex, was sich in einer zum Teil kontroversen Diskussion über Gegenstand und Reichweite der Auskunfts· und Einsichtsrechte seit Inkrafttreten der Novelle 1980 niederschlägt (zur Kritik zusammenfassend Mertens FS Werner, S. 557). Informations- und Einsichtsrechte der Gesellschafter in bezug auf Jahresabschluß und Lagebericht enthielt der nicht Gesetz gewordene § 42e RegEntw z. BilanzierungsrichtlinieG {Hommelhoff BB 81, 951; ders. ZIP 83, 383); s. auch § 5 KapErhG (dazu § 47, 1). Bei Verschmelzung kommen die weitergehenden Auskunftsrechte des § 20 Abs. 4 KapErhG in bezug auf die Angelegenheiten der (anderen) an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft zur Anwendung. Darüber hinaus bleibt es der Gesellschaftermehrheit naturgemäß unbenommen, die am Jahresabschluß orientierte Berichterstattung durch ein laufendes aktuelles Berichtsystem zu ergänzen (s. dazu § 46,45). II. Inhalt des Informationsrechts 1. Angelegenheiten der Gesellschaft. Auskunft ist gemäß Abs. 1 über die 3 Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben. Dieser Begriff ist eigentlich nur Meyer-Landrut

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§ 51a

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

abzugrenzen, indem gefragt wird, wieweit Angelegenheiten der Gesellschafter (dazu Rdn. 5) und der mit der Gesellschaft verbundenen Unternehmen (dazu Rdn. 6) von der gesetzlichen Definition mit umfaßt werden. Denn ansonsten kann alles und jedes dann Angelegenheit der Gesellschaft sein, wenn die vermögensmäßigen, geschäftlichen, rechtlichen und außerrechtlichen Belange der G m b H betroffen sind (allg.A. OLG Hamm 86, 580; O L G Köln, W M 86, 761 = BB 86, 1332; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 10; Fischer/Lutter 5). Das gilt insbesondere für das Zahlenwerk, welches den geschäftlichen und finanziellen Erfolg oder Mißerfolg widerspiegelt; dazu im einzelnen §46, 13. Es gilt aber ebenso für die steuerlichen Verhältnisse der G m b H ; auch hinsichtlich der in § 131 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AktG genannten Gegenstände kann die Auskunft nicht verweigert werden. Angelegenheiten der Gesellschaft sind auch solche, die sich noch in der Vorbereitung oder im Planungsstadium befinden (Roth 2.2.1), einschließlich der kurz-, mittel- und gegebenenfalls langfristigen Planungen und dem damit verbundenen Risiko, ferner jede Art geschäftlicher Verbindungen, wobei auch die wirtschaftliche Lage der Geschäftspartner der Auskunftspflicht unterliegt, ferner Kooperationen im Inland oder Ausland, einschließlich Lizenzen und Fertigungsabkommen. Auskunft ist auch zu erteilen über eingeholte Gutachten, die die rechtlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der G m b H betreffen. Ferner gehören hierzu alle Angelegenheiten, die kraft Gesetzes oder kraft Satzung Gegenstand einer Beschlußfassung der Gesellschafter sind. § 160 Abs. 3 Nr. 8 AktG, wonach die Bezüge für Vorstand und Aufsichtsrat nur insgesamt angegeben zu werden brauchen, gilt im GmbH-Recht nicht; das Auskunftsrecht umfaßt alle unmittelbaren und mittelbaren Bezüge und sonstige Zuwendungen der Gesellschaft an die einzelnen Organmitglieder (OLG Köln W M 86, 36 = ZIP 85, 800 = BB 85, 1583 = GmbH-Rdsch. 85, 358), wobei eingeschlossen sind alle Arten der Gewinnoder Umsatzbeteiligung. N u r rein private Angelegenheiten der beteiligten Personen sind nicht solche der Gesellschaft (Rdn. 5). Auskunft ist auch zu erteilen über jede Art von Rechtsstreitigkeiten, wie auch Angelegenheiten der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten, also auch gegenüber dem Geschäftsführer, den Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden (Κ. Schmidt Das neue G m b H Recht in der Diskussion, 96; Scholz-K.Schmidt § 51a n.F., 9). Auskunft kann regelmäßig auch gefordert werden über von der Gesellschaft gemachte unentgeltliche Zuwendungen wie Spenden, Geschenke, Schmiergelder (U.H. Schneider Die AG 83, 217 f). Da auch ein Aufsichtsrat als Organ der Gesellschaft deren Angelegenheiten wahrnimmt, bezieht sich das Informationsrecht auch auf die Beschlüsse und sonstigen Handlungen des Aufsichtsrats (Schilling in Hachenburg 11) sowie die Berichterstattung der Geschäftsführung gegenüber dem Aufsichtsrat ( Schilling aaO). Damit hat also auch jeder einzelne Gesellschafter als Mitglied des obersten gesellschaftsrechtlichen Organs der Gesellschaft (§ 45, 2) Zugang zu allen, auch den vertraulichen Informationen, soweit es sich um Gesellschaftsangele1396

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§ 51a

Auskunfts- und Einsichtsrechte

genheiten handelt (zur Verschwiegenheitspflicht s. Rdn. 13). Das rechtfertigt sich aus dem Umstand, daß die Gesellschafter Mitträger der unternehmerischen Verantwortlichkeit sind. Die in § 131 Abs. 3 AktG normierten Gründe zur Auskunftsverweigerung können nicht (entsprechend) herangezogen werden; das Informationsinteresse der Gesellschafter überwiegt gegenüber etwaigen Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft (OLG Karlsruhe GmbHRdsch. 85,60). Das Auskunfts- und Einsichtsrecht ist allerdings insoweit eingeschränkt, als es der Ermöglichung der sachgemäßen Ausübung der Gesellschafterrechte dienen soll (s. die amtliche Begründung zum RegEntw BT-Drucks. 8/3908); mit anderen Worten: es soll den Gesellschafter in die Lage versetzen, die ihm zugeordneten Entscheidungs-, Weisungs- und Kontrollrechte auszuüben. Alle Eingrenzungen und Abgrenzungen haben hier ihren Ausgangspunkt (Mertens FS Werner, S. 568; Grunewald 217), sowohl hinsichtlich des Inhalts des Rechts als auch hinsichtlich seiner Ausübung (Rdn. 10 bis 12). Nicht vom Recht auf Auskunft gedeckt sind auch Informationen, die bei der Gesellschaft nicht verfügbar sind, sondern erst erstellt werden müßten, etwa bestimmte Rentabilitätsrechnungen, Spartenrechnungen, Analysen, Plandaten und ähnliches; deren Erstellung kann nur die Gesellschaftermehrheit durch entsprechende Weisung an die Geschäftsführung durchsetzen (Grunewald S. 221). So wie nicht im Wege des Auskunftsrechts durchgesetzt werden kann, zukünftige Entwicklungen zu ermitteln, so kann auch nicht Auskunft über zeitlich weit zurückliegende Vorgänge verlangt werden, die auf die gegenwärtige Geschäftslage ohne Einfluß sind (Tietze S. 10). Das Einsichtsrecht endet spätestens mit dem Ablauf der Aufbewahrungsfristen (§ 257 HGB). Sachgemäße Rechtsausübung setzt auch voraus, daß das Begehren nach Auskunft oder Einsicht seinem Gegenstand nach auf bestimmte oder wenigstens bestimmbare Angelegenheiten der Gesellschaft beschränkt wird. Globale Verlangen, über alle Angelegenheiten der Gesellschaft informiert zu werden, sind unzulässig, ebenso das allgemeine Verlangen, die Bücher und Schriften der Gesellschaft einzusehen (Schilling in Hachenburg 18; weitergehend O L G Köln W M 86, 761 = BB 86, 1333). Das Auskunftsrecht umfaßt bei Ausübung in der Gesellschafterversammlung alle Gegenstände der Tagesordnung, ist aber durchaus nicht hierauf beschränkt (wie etwa die Regelung in § 131 Abs. 1 AktG). Vielmehr kann das Recht jederzeit auch außerhalb der Versammlung von jedem Gesellschafter ohne nähere Begründung ausgeübt werden (OLG Köln aaO; BaumbachHueck 14. Aufl. 3; Fischer/Lutter 17). Auskunftsverlangen in einer Gesellschafterversammlung können aber insöweit auch außerhalb der Versammlung erfüllt werden, als sie nicht Gegenstände der Tagesordnung betreffen (ähnlich Grunewald S. 224; einschränkend Schilling in Hachenburg 18, der in der Gesellschafterversammlung nur auf diese bezogene Auskunftsbegehren für zulässig hält). Auch der Umstand, daß bei einer G m b H ein Aufsichtsrat, Meyer-Landrut

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§ 51a

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

eventuell gar mit den Informationsrechten des § 90 AktG ausgestattet (vgl. allerdings die Einschränkungen in § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG), besteht, berührt das Informationsrecht der Gesellschafter aus § 51a nicht. 4

2. Einsicht in Bücher und Schriften. Abs. 1 gewährt jedem Gesellschafter neben dem Recht auf Auskunft ein Recht auf Einsicht der Bücher und Schriften der Gesellschaft. In Betracht kommen nicht nur schriftliche Aufzeichnungen, sondern auch die elektronisch gespeicherten oder fotokopierten Unterlagen. Auch dieses Recht ist, wie das Auskunftsrecht, außer durch die Schranken des Abs. 2, gesetzlich nicht eingeschränkt. Insbesondere kann nicht mehr, wie unter dem früheren Recht, von einer Subsidiarität der Einsichtsrechte in dem Sinne gesprochen werden, daß diese nur dann zum Zuge kommen, wenn das Informationsbedürfnis des Gesellschafters mit Erfüllung des Auskunftsanspruches nicht befriedigt werden kann (Schilling in Hachenburg § 45,17; so allerdings auch für das jetzige Recht Scholz-K.Schmidt § 51a n.F., 5; K.Schmidt/ Priester 61; K. Schmidt N J W 80, 1773). Vielmehr steht Auskunfts- und Einsichtsrecht, vom Gesetzgeber als „umfassend" gestaltet (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908, 75),. gleichrangig nebeneinander (OLG Karlsruhe, BB 84, 2016 = GmbH-Rdsch. 85, 59; Schilling in Hachenburg 9; Roth 2.2.2); dem Gesellschafter kann grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden, wie er seine Informationsrechte ausübt (wie hier Roth 2.2.2; Gersch/Herget/Marsch/ Stützte 316; von Bitter ZIP 81, 826; a. A. Grunewald S. 223). Ist das geltend gemachte Einsichtsrecht nicht unmittelbar durchsetzbar, etwa in bezug auf verbundene Unternehmen, so kann statt dessen entsprechende Auskunft verlangt werden (OLG Hamm DB 86, 580). Soweit Unterlagen im Rahmen automatischer Datenverarbeitung gespeichert sind, hat die Gesellschaft die Kosten für einen Ausdruck oder eine Wiedergabe auf Bildträger zu übernehmen (§ 47a HGB). Einsicht in die Bücher und Papiere kann auch unter Hinzuziehung eines Sachverständigen erfolgen (vgl. BGHZ 25, 123). Die Verpflichtung, einen Sachverständigen zuzuziehen, ergibt sich hieraus aber nicht (BGH W M 84, 807 = GmbH-Rdsch. 85, 20). Das Einsichtsrecht ist grundsätzlich in den Geschäftsräumen der Gesellschaft auszuüben. Zusendung kann nicht verlangt werden; zur Anfertigung von Kopien oder Abschriften s. Rdn. 9 a.E.

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3. Angelegenheiten der Gesellschafter. Auskunft ist nur über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, also nicht die privaten Angelegenheiten einzelner Gesellschafter oder Geschäftsführer. Abgrenzungsschwierigkeiten kann es dort geben, wo sich Privatangelegenheiten mit denen der Gesellschafter überschneiden; in einem solchen Falle ist die Auskunft zu erteilen (Grunewalds. 214; Tietze S. 12). Der einzelne Gesellschafter kann aber insoweit, als

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Auskunfts- und Einsichtsrechte

sein Interesse als Gesellschafter betroffen ist, Auskunft fordern, etwa zur Ermittlung des Wertes seines Geschäftsanteils (Scholz-K.Schmidt % 51a n.F., 9). 4. Angelegenheiten verbundener Unternehmen. Der RegEntw 1977 be- 6 stimmte in § 51a Abs. 2, daß die Auskunftspflicht sich auch auf die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen erstreckt. Der Rechtsausschuß verzichtete auf diese Vorschrift in Abs. 1, da er der Auffassung war, daß derartige Beziehungen ohnehin zu den Angelegenheiten der Gesellschaft gehören (Ausschußbericht aaO; allerdings wird die entsprechende Bezugnahme in Abs. 2 durch den Rechtsausschuß nicht gestrichen). Daß die Angelegenheiten der Gesellschaft diejenigen der von ihr abhängigen und beherrschten Gesellschaften einschließen, ist sicher richtig und wird auch für sonstigen Beteiligungsbesitz der Gesellschaft zutreffend sein (K. Schmidt Das neue GmbH-Recht in der Diskussion, 111; Schilling in H a chenburg 13). Allerdings ist zu differenzieren zwischen den Mehrheitsbeteiligungen der G m b H und den sonstigen, keine gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftliche Beherrschung vermittelnde Beteiligungen. Hinsichtlich der erstgenannten Unternehmen wird man das Auskunftsrecht in dem Umfang, wie es in bezug auf die Gesellschaft besteht (Rdn. 3), auch in bezug auf das beherrschte Unternehmen anerkennen müssen (OLG Köln W M 86, 36 = ZIP 85, 800, 803 = BB 85, 1583 = GmbH-Rdsch. 85, 358; O L G Hamm W M 86, 740 = DB 86, 580; s. auch Lutter aaO im Hinblick auf die Bezüge der Geschäftsführer der herrschenden Gesellschaft in Aufsichtsräten oder sonstigen Gremien von Untergesellschaften). Das Einsichtsrecht kann allerdings mangels unmittelbarer Gesellschafterstellung nicht anerkannt werden (OLG Köln aaO; LG Bielefeld BB 85, 1687 = GmbH-Rdsch. 85, 365; Tietze S. 52; a. A. Schneider BB 81, 252). Bei Minderheits- oder gar Splitterbeteiligungen erstreckt sich das Auskunftsrecht nur insoweit auf die Angelegenheiten des Beteiligungsunternehmens, als diese unmittelbar die Vermögenslage der G m b H selbst betreffen, insbesondere also Wert und Ertragskraft der Beteiligung (teilw. weitergehend Reuter BB 86, 1654). Soweit ein Konzernabschluß zu erstellen ist, ist allerdings die Auskunft über die Lage aller in den Abschluß einbezogener Unternehmen zu erteilen (vgl. auch § 52 Abs. 1 i.V.m. § 337 Abs. 4). Ob die Auskunftspflicht auch die Beziehungen zu den die G m b H mittelbar oder unmittelbar beherrschenden Gesellschaften umfaßt, mag eher zweifelhaft sein, denn sicher erstreckt sich das das Informationsrecht der Gesellschafter legitimierende Kontrollrecht nicht auf die Angelegenheiten der herrschenden Gesellschaft. Auch erscheint es zweifelhaft, allein aus dem Grundsatz gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht eine unmittelbare Auskunftspflicht der herrschenden Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern der beherrschten Gesellschaft abzuleiten (dazu K. Schmidt aaO, 111 und U.H. Schneider Der GmbHKonzern, 91). Man wird also ein Auskunftsrecht der Gesellschafter über die Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

Angelegenheiten der herrschenden Gesellschaft nicht anerkennen können. Auskunft ist lediglich insoweit zu erstatten, als unmittelbare Geschäftsbeziehungen oder sonstige unmittelbare Bindungen oder Maßnahmen im Verhältnis der Gesellschaft zur herrschenden Gesellschaft in Frage stehen. Streitig ist für die GmbH & Co. KG, ob die Gesellschafter der Komplementär-GmbH im Rahmen des § 51a auch Auskunft über die Angelegenheiten der Kommandit-Gesellschaft verlangen können (oder ob ihr Auskunftsanspruch sich allein nach § 166 H G B bestimmt). Trotz gewisser Bedenken (v. Bitter ZIP 81, 830) wird man die Angelegenheiten der Kommanditgesellschaft auch als diejenigen der Komplementär-GmbH i.S. von § 51a anzusehen haben (Rdn. 3; wie hier OLG Hamm DB 86, 580; K.Schmidt GmbH-Rdsch. 84, 280; Rowedder-Koppensteiner 6; Scholz-K.Schmidt § 51a n.F. 24; Roth 5). Jedoch haben die Gesellschafter einer als GbR geführten Besitzgesellschaft keine Auskunfts- oder Einsichtsrechte aus § 51a bei der Betriebs-GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Besitzgesellschaft ist (OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 85, 59 = BB 84, 2016; s. auch den ähnlich gelagerten Fall LG Bielefeld, DB 85, 2239 = GmbH-Rdsch. 85, 365). Ebensowenig haben Kommanditisten, die nicht Gesellschafter der Komplementär-GmbH sind, Rechte aus § 51a; für sie gilt ausschließlich § 166 HGB.

III. Parteien des Informationsrechts 7

1. Berechtigte. Berechtigt zur Geltendmachung des Auskunfts- und Einsichtsrechts ist der einzelne Gesellschafter unbeschadet der Höhe seines Geschäftsanteils und unabhängig davon, ob mit dem Geschäftsanteil das volle, ein eingeschränktes oder kein Stimmrecht verbunden ist oder ob die Gesellschafter in ihren Beschlußfassungs-, Weisungs- und Kontrollrechten satzungsmäßig etwa zugunsten eines Beirats otier Aufsichtsrats beschränkt sind (OLG Karlsruhe, BB 84, 2016 = GmbH-Rdsch. 85, 60). Zukünftige Gesellschafter (etwa potentielle Käufer eines Geschäftsanteils) haben insoweit keine Rechte, genauso wie frühere Gesellschafter keine Rechte aus § 51a und gegebenenfalls im vereinfachten FGG-Verfahren nach § 51b geltend machen können (Schilling in Hachenburg 6; Rowedder-Koppensteiner 3; Baumbach-Hueck 7; Fischer/Lutter 14; a. A. Scholz-K.Schmidt § 51b, 7). Ein ausgeschiedener Gesellschafter kann aber im Einzelfall nach § 810 BGB Auskunft oder Einsicht verlangen (BGH W M 77, 781; OLG Frankfurt BB 82, 143); zur prozessualen Durchsetzung ist hier nach wie vor nur der Rechtsweg vor den Zivilgerichten gegeben. Das GmbH-Recht kennt eine dem § 131 Abs. 4 AktG entsprechende Regelung nicht, wonach die einem Aktionär außerhalb der Hauptversammlung erteilte Auskunft auch allen anderen Aktionären zu erteilen ist. Es kann sich somit ein Informationsgefälle zwischen aktiven und den das Auskunftsrecht nicht nutzenden Gesellschaftern ergeben. Andererseits wird jede einmal er1400

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Auskunfts- und Einsichtsrechte

teilte Auskunft oder Einsicht regelmäßig auch jedem weiteren verlangenden Gesellschafter erteilt werden müssen, wenn nicht besondere Umstände, wie das Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses, eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Eine Pflicht der Geschäftsführung, eine einmal erteilte Auskunft oder Einsicht allen übrigen Gesellschaftern zu erteilen, besteht so jedenfalls nicht. Eine Ausnahme bildet die Pflicht zur Veröffentlichung einer gerichtlichen Entscheidung im Informationserzwingungsverfahren (§§ 132 Abs. 2 i.V. und 99 Abs. 5 AktG). Eine Unterrichtungspflicht kann aber durch Satzung oder Weisung der Gesellschaftermehrheit im Einzelfall begründet werden. Ebensowenig ist der einzelne Gesellschafter normalerweise verpflichtet, erlangte Informationen an seine Mitgesellschafter weiterzuleiten. Er ist aber als hierzu berechtigt anzusehen, da grundsätzlich alle Gesellschafter Anspruch auf jede sachdienliche Information haben. Im Einzelfall kann aber die Weiterleitung oder andererseits die Nichtweitergabe geboten sein. Den Interessen der am Verfahren nicht beteiligten Gesellschafter trägt das Gesetz allerdings insofern Rechnung, als die Geschäftsführung verpflichtet ist, jede im Erzwingungsverfahren ergangene Entscheidung unverzüglich zum Handelsregister einzureichen (§ 99 Abs. 5 S. 3 AktG). Das gibt ihnen die Möglichkeit, ihrerseits aktiv zu werden (§ 51b, 9). Problematisch ist, wieweit die Gesellschafter diese — höchst persönlichen — Individualrechte auf Auskunft und Einsicht (BGHZ 25, 122 und OLG Hamm BB 70, 104 betreffend § 166 HGB) durch Dritte ausüben lassen können. Da unvermeidbar das dem Gesellschafter der GmbH eingeräumte umfassende Informationsrecht auch Interna und Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft betrifft und damit eine entsprechende Verpflichtung der Gesellschafter zur Vertraulichkeit voraussetzt (dazu Lütter Z G R 82, 12), ist grundsätzlich eine Rechtsausübung durch Dritte unzulässig (a. A. Schilling in Hachenburg 6; Tietze S. 21; Stangier/Bork GmbH-Rdsch. 82, 172). Ausnahmen sind in bezug auf Bevollmächtigte anzuerkennen, die ihrerseits zur Berufsverschwiegenheit verpflichtet sind (Scholz-K.Schmidt § 51a n.F., 7; Lutter DB 80, 1320; Fischer/Lutter 14; Baumbach-Hueck 19; Rowedder-Koppensteiner 3 Roth 2.3.2; Gersch/Herget/Marsch/Stützle 317; ferner Goerdeler FS-Stimpel 1985, 125, 134; vgl. auch B G H W M 83, 9 zum Einsichtsrecht der Aufsichtsratsmitglieder nach § 170 Abs. 3 AktG). Die Kosten eines derart Bevollmächtigten hat der Gesellschafter zu tragen. Durch die Satzung kann das Informationsrecht der Gesellschafter nicht generell derart eingeschränkt werden, daß dieses nur durch Sachverständige oder zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Dritte ausgeübt werden kann (a. A. Hirte BB 85, 2208; s. aber auch Goerdeler aaO, der die Einsichtnahme auch durch einen selbstständig tätig werdenden Sachverständigen erwägt). In dem Umfang, in dem die Bevollmächtigung zulässig ist, ist auch anzuerkennen, daß der Gesellschafter geeignete Sachverständige zu seiner Beratung bei Auswertung der ihm zur Einsicht überlassenen Unterlagen bzw. der erteilMeyer-Landrut

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ten Auskünfte beizieht (W. MüllerWPg 80, 369; v. Bitter ZIP 82, 828; Rowedder-Koppensteiner 3; ähnlich auch Schilling in Hachenburg 6; s. auch BGHZ 25, 122; O L G Hamm BB 70, 104). Angesichts dieser Möglichkeit und des sachlich unbeschränkten Informationsrechts der einzelnen Gesellschafter (Rdn. 3) hat der Gesetzgeber von der Einführung eines Rechts auf Sonderprüfung entsprechend §§ 142 AktG (vgl. §§51c bis 51e RegEntw 1977) für das GmbH-Recht abgesehen (Ausschußbericht BT-Drucks. 8/3908, S. 76).

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2. Verpflichtete. Die Auskunft ist zu erteilen und die Einsicht ist zu gewähren durch die Gesellschaft (K. Schmidt Z H R H e f t 57,60). Diese ist der Schuldner des Informationsanspruchs der Gesellschafter. Die Gesellschaft handelt durch die Geschäftsführer, die daher in Abs. 1 in ihrer Gesamtheit als die zur Information Verpflichteten bezeichnet werden (OLG Karlsruhe, GmbHRdsch 85,60; O L G Hamm DB 86, 580 = WM 86,741; Rowedder-Koppensteiner 5; Baumhach-Hueck 8; Fischer/Lutter 15). Die zu erteilende Auskunft hat den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen (vgl. § 131 Abs. 2 AktG); der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, diese selbstverständliche Verpflichtung ausdrücklich im Gesetz aufzunehmen (Ausschußbericht aaO S. 76). Ebenso liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Geschäftsführer, darüber zu befinden, ob die Auskunft schriftlich oder mündlich erteilt wird (Rdn. 9) bzw. wie und wo das Einsichtsrecht ausgeübt wird (Schilling in Hachenburg 19). Frühere Geschäftsführer, Prokuristen oder Mitglieder von Aufsichts- und Beiräten unterliegen keiner Pflicht zur Auskunftserteilung. Die Auskunft ist auf Verlangen des einzelnen Gesellschafters (oder auch einer Gesellschaftergruppe) zu geben. Das bedeutet, daß im Rahmen des § 51a keine automatische Unterrichtungspflicht der Gesellschafter besteht. Ob sich eine solche Pflicht im Einzelfall aus § 46 Nr. 6 ableiten läßt, kann hier dahinstehen (s. aber Schilling in Hachenburg 3), ebenso, welche Berichtspflichten bestehen, wenn entsprechende Verfahren satzungsmäßig oder von Fall zu Fall festgelegt werden (s. dazu Rdn. 12). Das Informationsverlangen kann jederzeit und auch außerhalb der Gesellschafterversammlung gestellt werden (Fischer/Lutter 13; Rowedder-Koppensteiner9; Geßler BB 80, 1390; Roth 2.3.4; s. auch Rdn. 3). Ist die G m b H prüfungspflichtig (§316 HGB) so haben auf Verlangen eines jeden Gesellschafters die Abschlußprüfer an den Verhandlungen der Gesellschafter über die Feststellung des Jahresabschlusses teilzunehmen (§ 42a Abs. 3). Diese Teilnahmepflicht schließt die Verpflichtung ein, den Gesellschaftern auf Verlangen Erläuterungen und Auskünfte zum Jahresabschluß und zur Durchführung der Prüfung zu erteilen (§ 42a, 9; vgl. Kropff in Gessler-Hefermehl, AktG § 171,25). 1402

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Auskunfts- und Einsichtsrechte

3. Fristen und Form. Die Auskunft ist unverzüglich zu erteilen. Nach der 9 gängigen Interpretation bedeutet das ohne schuldhaftes Zögern (§121 Abs. 1 BGB). Im RegEntw 1977 hieß es einschränkend „unverzüglich oder, wenn dies zu einer unangemessenen Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft führen würde, innerhalb angemessener Frist". Diese Formulierung ist aber nicht Gesetz geworden. Es muß daher bei der Legaldefinition des §121 BGB bleiben (Baumbach-Hueck 14; Goutier/Seidel 6; a. A. ScholzK.Schmidt § 51a n.F., 15; Fischer/Lutter 17; Rowedder-Koppensteiner 8), wobei im Einzelfall eine Auskunftsverzögerung nicht schuldhaft sein wird, wenn ihre sofortige Erteilung die Interessen der Allgemeinheit der Gesellschafter, nämlich den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft, beeinträchtigt (ähnlich von Bitter ZIP 81, 827). In welcher Form die Auskunft zu erteilen ist, ob mündlich oder schriftlich oder durch Erläuterung schriftlicher Unterlagen, ist dem pflichtgemäßen Ermessen der die Auskunft erteilenden Geschäftsführer (Rdn. 8) überlassen (Tietze 31). Die Auskunft kann somit auch durch Übermittlung von Photokopien einschlägiger Unterlagen erteilt werden. Der Gesellschafter seinerseits kann jedoch weder die Übermittlung von Kopien verlangen noch sonst eine Unterstützung der Gesellschaft bei der Anfertigung von Kopien oder Notizen, die er aber auf eigene Kosten anfertigen kann (OLG Köln W M 86, 36 = ZIP 85, 800 = BB 85, 1583 = GmbH-Rdsch. 85, 358). Auch hier liegt die Grenze zulässiger Rechtsausübung bei Mißbrauch (Rdn. 10) oder bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 2 (Rdn. 14).

IV. Schranken des Informationsrechts 1. Mißbrauch. Jede Rechtsausübung steht unter dem Vorbehalt, daß eine 10 mißbräuchliche oder schikanöse (§ 226 BGB) Ausübung unzulässig ist und daß im Rahmen von Treu und Glauben die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu beachten sind (§ 242 BGB). Das gilt auch für Auskunfts- und Einsichtrechte der Gesellschafter einer G m b H (h.L.; OLG Köln BB 86, 1332 = W M 86, 761; Lutter BB 80, 1320; v. Bitter ZIP 82, 828; Schilling in Hachenburg 23; Fischer/Lutter 19; Rowedder-Koppensteiner 11; Baumbach-Hueck 32; Roth 3.3.2; Scholz-K.Schmidt § 51a n.F., 13). Diese gesetzliche Einschränkung der Rechtsausübung dient der Steuerung des dem Gesetzgeber sicher nicht zu unterstellenden Willen zum Chaos (Lutter ZGR 82, 5). Auch im Aktienwesen ist es gelungen, mit Hilfe der Rechtsprechung Auswüchse in der Durchsetzung von Individualrechten angemessen einzuschränken (Goutier/Seidel 16; vgl. Meyer-Landrut FS Schilling 1973,235). Mißbräuchlich ist etwa ein Begehren, das bereits erteilte Auskünfte erneut abfragt oder Auskunft begehrt, deren Erteilung in einer bevorstehenden oder in der ordentlichen, jährlich stattfindenden Gesellschafterversammlung vernünftigerweise erwartet werden. Auch Auskunftsverlangen, die sich auf NeMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

bensächlichkeiten und Alltäglichkeiten beschränken, deren Beantwortung nicht der sachgemäßen Ausübung der Gesellschafterrechte dienen kann (Rdn. 3), sind nicht durch den gesetzlichen Auskunftsanspruch gedeckt (Grunewald aaO S. 220). Auch hier kann allerdings im Einzelfall die Abgrenzung schwierig sein. Soweit die Informationsrechte mißbräuchlich oder schikanös ausgeübt werden oder in reiner Obstruktionsabsicht (Lutter DB 80, 1320), scheitert ihre Durchsetzung, ohne daß es eines weitergehenden Gesellschafterbeschlusses nach Abs. 2 bedarf (str. wie hier K. Schmidt GmbH-Rdsch. 82, 206; Scholz-K.Schmidt aaO 18; Baumhach-Hueck 32; Roth 3.3.2; a. A. Fischer/Lutter 20; Grunewald aaO 232; v. Bitter aaO 829). Eine unzulässige Rechtsausübung kann auch von der Gesellschaftermehrheit nicht „legalisiert" werden. Das Auskunftsverlangen kann ferner durch Zeitablauf gegenstandslos geworden oder verwirkt sein (§ 51b; 4). In einem Anfechtungsprozeß kann dem Kläger allerdings eine angebliche Vorgreiflichkeit des Verfahrens nach § 51b nicht entgegengehalten werden (§ 51b, 6). Das Auskunftsverlangen scheitert ferner, wenn vereinbarte Verschwiegenheitsverpflichtungen gegenüber Dritten entgegenstehen, es sei denn, daß ein überwiegendes Informationsinteresse seitens des fragenden Gesellschafters vorliegt (Grunewald aaO 231). Hingegen ist § 85 im Rahmen des § 51a nicht anwendbar, da eine vom Auskunftsrecht gedeckte Offenbarung von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen nicht unbefugt ist (Tietze S. 38). Die Geschäftsführer können Auskunft (oder Einsicht) verweigern, wenn sie sich durch Erfüllung des Anspruchs strafbar machen würden (analog § 131 Abs. 3 Nr. 5 AktG; vgl. auch RegEntW 1977 § 51a Abs. 3; Scholz-K.Schmidt § 51a n.F., 18; Baumbach-Hueck 30; Rowedder-Koppensteiner 19; Fischer/Lutter 19), etwa des Verrats von Staats- oder militärischen Geheimnissen nach §§ 95 oder 97 StGB. Wird die Auskunft durch die Geschäftsführer aus einem der vorstehend angeführten Gründe (oder aus einem wie immer begründeten fehlenden Informationsbedürfnis, dazu Rdn. 11) verweigert, so bedarf es dazu keines Beschlusses der Gesellschafter (K.Schmidt GmbH-Rdsch. 82, 206; ders. Z H R H e f t 57, S. 60). Ein solcher ist nur erforderlich, wenn die Auskunft (oder Einsicht) aus den in Abs. 2 Satz 1 genannten Gründen (Rdn. 14) verweigert wird. 11

2. Informationsbedürfnis. In der Lehre ist zur Steuerung des gesetzlich nicht eingeschränkten Auskunfts- und Einsichtsrechts das Vorliegen eines Informationsbedürfnisses als ungeschriebene Voraussetzung zur Rechtsausübung gefordert worden (Κ. Schmidt Das neue GmbH-Recht in der Diskussion, 99; ders. Z H R H e f t 57, 57, 35 ff; Scholz-K.Schmidt § 51a n.F., 12; Baumbach-Hueck 20). Diese Einschränkung ist mit dem vom Gesetzgeber gewollten (s. nur den Ausschußbericht aaO S. 75) und im Gesetzestext festgeschriebenen umfassenden Informationsrecht jedes einzelnen Gesellschafters nicht vereinbar (OLG Stuttgart ZIP 83, 307 = BB 83, 677; Mertens FS Werner, S. 566; 1404

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Auskunfts- und Einsichtsrechte

GrunewaldZHR 146 (1982) 222; Roth 2.2.1; Fischer/Lutter 3; Rowedder-Koppensteiner 12; Schilling in Hachenburg 7; v. Bitter ZIP 81, 829). Vielmehr ergeben sich Grenzen und Schranken der Rechtsausübung eher aus dem Mißbrauchs- und Schikaneverbot (Rdn. 10), wobei auch fehlendes Informationsbedürfnis eines Auskunftsverlangens etwa bei schon umfassend erteilter Auskunft durchaus den Mißbrauchstatbestand erfüllen kann (LutterZGR 82,4). Anknüpfend an den ursprünglichen gesetzgeberischen Ausgangspunkt, dem Gesellschafter eine sachgemäße Ausübung seiner Rechte zu ermöglichen (amtliche Begründung zu § 51a, BT-Drucks 404/77, S. 44), sieht Mertens (FS Werner, S. 560 ff) ergibt sich eine immanente Schranke des Auskunfts- (und Einsichts-) rechts dort, wo Informationsbedürfnis und Verantwortlichkeit bzw. Kompetenz des fragenden Gesellschafters auseinanderfallen. Daraus folgert Mertens aaO eine funktionale Abstufung der Informationsrechte entsprechend der im Einzelfall gegebenen Entscheidungs- und Kontrollzuständigkeit der Gesellschafter, mit der Ein- oder Zweimann-GmbH auf der einen Seite und der kapitalistisch strukturierten Massen-GmbH auf der anderen Seite des Spektrums. Letztlich wird damit jedoch auch nur wieder auf das dem Gesellschafter zuzumessende Informationsbedürfnis abgestellt, was weder durch den Wortlaut noch die Intention des Gesetzgebers des jetzt geltenden Rechts (s. oben) gedeckt ist. Dogmatisch weniger anfechtbar läßt sich die von Mertens a a O entwickelte Einschränkung über das Mißbrauchsverbot (Rdn. 10) von Fall zu Fall wirksam durchsetzen. 3. Informationssystem. Als Suchen nach Begrenzungen des allumfassenden 12 Informationsrechts der Gesellschafter ist auch das von Lutter (ZGR 82, 1) vorgeschlagene Informationssystem zu werten, das praktisch darauf hinausläuft, daß die Geschäftsführer satzungsmäßig verpflichtet werden, den Gesellschaftern etwa im Umfang und Inhalt des § 90 AktG laufend und regelmäßig zu berichen (zustimmend Mertens aaO, s. auch Schilling in Hachenburg 7 " Aufl. 3). In der Tat könnte eine umfassende Berichterstattung Informationsverlangen insoweit gegenstandslos machen, als derartige Berichte erstattet werden. Ob ein solches, im GmbH-Recht, sei es aufgrund satzungsmäßiger Regelung oder aufgrund freiwilliger Übung unbekanntes System (vgl. auch § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG) nicht gegenteilige Wirkungen zeitigt und immer noch weitergehende Informationswünsche auslösen würde, ist offen.

V. Verschwiegenheitspflicht Angesichts der Tatsache, daß das Auskunfts- und Einsichtsrecht umfassend 1 3 (Rdn. 3 und 4) und sehr weitgehend gestaltet ist (Fischer/Lutter 18) und auch, außer bei Mißbrauch (Rdn. 10), sachlich nicht einzugrenzen ist (Rdn. 11), ist es ein Gebot der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht (§ 14, 25), daß die einzelnen Gesellschafter so erlangte Informationen vertraulich behandeln (LutMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

ter Z G R 81, 12; Schilling in Hachenburg 8; Fischer/Lutter aaO; RowedderKoppensteiner 16; Baumhach-Hueck 36; teilw. abw. Mertens FS Werner 1984, S. 561). Einer besonderen satzungsmäßigen Regelung bedarf es insoweit nicht; sie ist aber zulässig und stellt keine nach Abs. 3 verbotene Abweichung der zwingend gegebenen Gesellschafterrechte dar. Das Gebot der Vertraulichkeit aller Information gilt gegenüber Dritten, nicht aber gegenüber Mitgesellschaftern, Geschäftsführern oder Mitgliedern eines Aufsichts- oder Beirats. Auch wird die Vertraulichkeit nicht verletzt bei Inanspruchnahme von Rat durch außenstehende Berater, sofern diese einer Verschwiegenheitspflicht unterliegen (Lutter aaO, s. im übrigen dazu Rdn. 7 am Ende).

VI. Informationsverweigerung gemäß Abs. 2 14

1. Voraussetzungen. Gemäß Abs. 2 können die Geschäftsführer (neben den in Rdn. 10 behandelten Fällen der Beschränkung des Auskunftsrechts) die Auskunft verweigern, wenn zu besorgen ist, daß die Gesellschafter diese dazu verwenden, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. Bei dem umfassenden Informationsrecht der Gesellschafter und bei der damit von ihnen getragenen unternehmerischen Mitverantwortlichkeit an dem Geschehen der G m b H (Rdn. 3), wird eine Schadensabsicht, außer in Extremfällen, nicht leicht nachzuweisen sein. Allerdings genügt nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bereits jeder nicht unerhebliche Nachteil in bezug auf ein mit der G m b H verbundenes Unternehmen, also entweder auf die Gesellschaft oder auf nicht nur abhängige, sondern auch unmittelbar oder mittelbar herrschende Unternehmen; insoweit gilt anderes als in bezug auf das Auskunftsrecht (Rdn. 6). Die Frage einer Nachteilszufügung stellt sich primär immer dann, wenn der Verdacht oder die Möglichkeit besteht, daß die erlangte Information nicht im Gesellschaftsinteresse sondern zu Wettbewerbszwecken verwandt wird (so die amtliche Begründung RegEntw 1977, BT-Drucks. 8/1347, 44), sei es durch den Gesellschafter selbst, sei es durch einen dem Gesellschafter irgendwie nahestehenden Dritten. Vorausgesetzt ist weiter, daß der zu besorgenden Nachteilszufügung gesellschaftsfremde Zwecke, eine Einschränkung, die etwa in § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG nicht enthalten ist, zugrundeliegen. Ob man diesen Text dahin verstehen kann, daß hierdurch ausdrücklich eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht der Gesellschafter angeordnet wird, erscheint zweifelhaft (so aber Rowedder-Koppensteiner 16; Roth 3.1.2) insbesondere, da auch § 85 Abs. 1 insoweit keine Strafbarkeit kennt. Dennoch besteht naturgemäß zwischen einer möglichen Nachteilszufügung infolge Informationserlangung und notwendiger Geheimhaltung (dazu im einzelnen Rdn. 13) eine sich bedingende Verknüpfung: allgemein oder dem Wettbewerb bereits bekannte Tatsachen und 1406

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§ 51a

Auskunfts- und Einsichtsrechte

Umstände werden in aller Regel als solche nicht geeignet sein, Nachteile zu verursachen. Allein die frühere Aufdeckung von Umständen, die zu rechtmäßigen Steuernachforderungen führten, rechtfertigt für sich noch nicht die Informationsverweigerung wegen der Besorgnis gesellschaftswidrigen Verhaltens (OLG Köln W M 86, 761, 763). Es genügt, daß für den Schadenseintritt ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Das ist bei Konkurrenzsituation der Fall (Reuter BB 86, 1656) etwa wenn der Gesellschafter in unmittelbarer Nähe der Gesellschaft ein Konkurrenzunternehmen betreibt (OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 85, 363). Ein mit Sicherheit zu erwartender Schadenseintritt braucht nicht nachgewiesen zu werden (OLG Stuttgart ZIP 83, 306 = BB 83, 677). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen im Falle einer Auskunftsverweigerung nach Abs. 2 Satz 1 nicht die Geschäftsführer, sondern die Gesellschaftermehrheit entscheiden, ob eine Nachteilszufügung zu erwarten steht. Besteht ein derartiger Verdacht, so dürfen die Geschäftsführer die verlangte Auskunft nicht erteilen bzw. die Einsicht nicht gewähren (Grunewald Z H R 146 (1982), S. 232). Es ist vielmehr die Gesellschafterversammlung zur Entscheidung anzurufen (dazu Rdn. 15). Daß damit die Auskunftserteilung verzögert wird, muß in Kauf genommen werden. Es versteht sich, daß es den Geschäftsführern unbenommen bleibt, auch eine nach ihrer Ansicht mißbräuchliche (Rdn. 10) oder sonst unzulässige Auskunft (Rdn. 3) nicht ohne vorherige Anrufung der Gesellschafterversammlung zu verweigern bzw. bei entsprechender Ermächtigung zu erteilen. 2. Gesellschafterbeschluß. Der erforderliche Gesellschafterbeschluß kann 15 in einer Versammlung oder im schriftlichen Verfahren gefaßt werden (§ 48). Die Pflicht zur Einberufung folgt f ü r die Geschäftsführer aus § 49 Abs. 2. Der betroffene Gesellschafter hat kein Stimmrecht (h.L.; vgl. § 51a Abs. 3 Satz 3 RegEntw 1977, der vom Rechtsausschuß, weil selbstverständlich, gestrichen wurde; Schilling in Hachenburg 21; Fiscber/Lutter 20; BaumbachHueck 27; K. Schmidt Das neue GmbH-Recht in der Diskussion, 103; den. GmbH-Rdsch 82, 206; Roth 3.2; Tietze S. 120; a. A. Rowedder-Koppensteiner 21; Grunewald aaO S. 233). Die Antragsberechtigung zur Einleitung des Informationserzwingungsverfahrens setzt im übrigen einen Gesellschafterbeschluß im Sinne von Abs. 2 nichtvoraus (§ 51b, 4). Es ist nicht auszuschließen, daß die Auskunftsverweigerung durch die Gesellschaftermehrheit aufgrund nicht gerechtfertigter Vorurteile erfolgt; aber nicht in der Gesellschafterversammlung (so aber wohl Goutier/'Seidel 13), sondern allein im Auskunftserzwingungsverfahren nach § 51b kann nachgeprüft werden, ob objektiv zu besorgen ist, daß die verweigerte Information zu gesellschaftsfremdem Zweck verwendet werden soll und dadurch eine Nachteilszufügung nicht auszuschließen ist. Meyer-Landrut

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§ 51a

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

In der Bindung der Geschäftsführer, eine Verweigerung im Sinne von Abs. 2 nur aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses auszusprechen, liegt eine Einschränkung ihrer Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis (ν. Bitter ZIP 81, 829).

VII. Zwingendes Recht 16

Während der RegEntw 1977 noch in Abs. 5 davon ausging, daß die individuellen Informationsrechte durch den Gesellschaftsvertrag eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden könne, kennt das geltende Recht eine derartige Einschränkung nicht. Anders als im Grundsatz nach § 45 Abs. 2 ist die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter hier aufgehoben, was allerdings angesichts der Rechtsprechung zum bisherigen Recht (Rdn. 1) keinen grundsätzlichen Bruch darstellt. Nicht das Auskunfts- und Einsichtsrecht einschränkende, sondern es ergänzende Satzungsbestimmungen oder entsprechende Gesellschafterbeschlüsse sind zulässig (h.L. OLG Köln W M 86, 761, 762; Baumbach-Hueck 3; Schilling in Hachenburg 24; Fischer/Lutter 21, 22). Das würde einmal für die Einführung eines geregelten Informationssystems gelten (Rdn. 12), wie auch für Verfahrensregeln bei der Auskunftserteilung, dem Ausschluß oder der Beschränkung der Rechtsausübung durch Bevollmächtigte und für Geheimhaltungsklauseln (dazu Scholz-K.Schmidt § 51a n.F., 19). Auch kann in der Satzung das Gebot zur Vertraulichkeit aller erhaltenen Informationen festgeschrieben werden (Rdn. 13). Dagegen erscheint es nicht zulässig, daß die Satzung andere Organe als die Geschäftsführung, etwa einen Aufsichtsrat oder einen geschäftsführenden Beirat, als allein zur Auskunfts- und gegebenenfalls auch Einsichtsgewährung vorsieht. Zwar sind nicht die Geschäftsführer persönlich, sondern die G m b H als solche Schuldner der Ansprüche aus §51a (Rdn. 8). Das Gesetz geht aber zwingend davon aus, daß diese Ansprüche allein durch die Geschäftsführer zu erfüllen sind. Nicht als ergänzende Ausgestaltung, sondern als unwirksame Einschränkung des Informationsanspruchs ist auch eine Regelung dahingehend anzusehen, daß die Auskunftserteilung oder Einsichtnahme von einem entsprechend vorgeschalteten Gesellschafterbeschluß abhängig gemacht wird (OLG Köln W M 86, 762 = BB 86, 1332; zust. Timm EWiR 86, 591 zu § 51a G m b H G Nr. 2). Auch kann weder durch den Gesellschaftsvertrag noch durch ad-hoc-Vereinbarung die Zuweisung von Streitigkeiten aus § 51a an ein Schiedsgericht erfolgen (str.; s. im einzelnen § 51b, 8). Das Auskunfts- und Informationsrecht des § 51 a (und die Verfahrensvorschriften des §51b) gilt uneingeschränkt auch während des Liquidationsverfahrens (§ 67, 7). Satzungsbestimmungen, die dem § 51a widersprechen, sind mit dem Inkrafttreten der GmbH-Novelle, dem 1. 1. 1980, außer Kraft getreten (Baum StuW 80, 305; Deutler GmbH-Novelle, 2. Aufl., S. 220). 1408

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Gerichtliche Entscheidung über das Auskunfts- und Einsichtsrecht

§ 51b

§ 51b Für die gerichtliche Entscheidung über das A u s k u n f t s - u n d Einsichtsrecht findet § 132 Abs. 1, 3 bis 5 des A k t i e n g e s e t z e s entsprechende A n w e n d u n g . A n t r a g s b e r e c h t i g t ist jeder Gesellschafter, d e m die verlangte A u s k u n f t nicht g e g e b e n o d e r die v e r l a n g t e Einsicht nicht gestattet w o r d e n ist.

Übersicht Rdn.

Rdn. I. Einleitung II. Regelungsgegenstand 1. Inhalt 2. Antragsberechtigung 3. Antragsfristen 4. Vorgreiflichkeit 5. Übergangsregelungen

1 3 4 5 6 7

III. V e r f a h r e n 1. Art und Zuständigkeiten . . . . 2. Gang des Verfahrens 3. Rechtsmittel 4. Kosten

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Schrifttum Martens Die G m b H und der Minderheitsschutz, GmbH-Rdsch. 84, 265, 270; MeyerLandrut/Miller Ist das Gericht der auf Auskunftsverweigerung gestützten Anfechtungsklage an die vorhergehende Entscheidung nach § 132 AktG gebunden? Die AG 70, 157; Stangier/Bork Das Informationserzwingungsverfahren nach dem neuen GmbH-Gesetz, GmbH-Rdsch. 82, 169; Tietze Die Informationsrechte des GmbH-Gesellschafters, Köln, 1985.

I. E i n l e i t u n g 1. D e r R e g E n t w 1977 s a h e i n e im w e s e n t l i c h e n a n § 132 A k t G a n g e l e h n t e 1 Regelung des Informationserzwingungsverfahrens vor. D e r Gesetzgeber vere i n f a c h t e d i e R e g i e r u n g s v o r l a g e d u r c h d i r e k t e V e r w e i s u n g auf § 132 A k t G mit der B e g r ü n d u n g , d a ß angesichts der eng umschriebenen V e r w e i g e r u n g s g r ü n d e ( d a z u § 5 1 a , 13) e n t s p r e c h e n d e n g e r i c h t l i c h e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n praktische Bedeutung nicht z u k o m m e n werde (Ausschußbericht B T - D r u c k s . 8 / 3 4 0 8 , S. 76). 2. D i e in S a t z 1 in B e z u g g e n o m m e n e n V o r s c h r i f t e n des § 132 A k t G l a u t e n : (1) O b der Vorstand die Auskunft zu geben hat, entscheidet auf Antrag ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer f ü r Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. Die Landesregierung kann die Entscheidung durch Rechtsverordnung f ü r die Bezirke mehrerer Landgerichte einem der Landgerichte übertragen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

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§ 51b

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

(3) § 99 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 2, 4 bis 9 und Abs. 5 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Die sofortige Beschwerde findet nur statt, wenn das Landgericht sie in der Entscheidung f ü r zulässig erklärt. Es soll sie nur zulassen, wenn dadurch die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erwarten ist. (4) Wird dem Antrag stattgegeben, so ist die Auskunft auch außerhalb der H a u p t versammlung zu geben. Aus der Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt. (5) Für die Kosten des Verfahrens gilt die Kostenordnung. Für das Verfahren des ersten Rechtszugs wird das Doppelte der vollen Gebühr erhoben. Für den zweiten Rechtszug wird die gleiche Gebühr erhoben; das gilt auch dann, wenn die Beschwerde Erfolg hat. Wird der Antrag oder die Beschwerde zurückgenommen, bevor es zu einer Entscheidung oder einer vom Gericht vermittelten Einigung kommt, so ermäßigt sich die Gebühr auf die Hälfte. Der Geschäftswert ist von Amts wegen festzusetzen. Er bestimmt sich nach § 30 Abs. 2 der Kostenordnung mit der Maßgabe, daß der W e r t regelmäßig auf zehntausend Deutsche Mark anzunehmen ist. Das mit dem Verfahren befaßte Gericht bestimmt nach billigem Ermessen, welchem Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind.

II. Regelungsgegenstand 3

1. Inhalt. Das dem einzelnen Gesellschafter in § 51a eingeräumte Individualrecht auf Auskunft und Einsicht ist in einem Erzwingungsverfahren durchsetzbar, das entsprechend den aktienrechtlichen Vorschriften eine möglichst schnelle und sachgerechte Entscheidung allein darüber herbeiführen soll, ob die Verweigerung geltend gemachter Auskunfts- oder Einsichtsrechte zu Recht erfolgt ist oder nicht, insbesondere, ob berechtigte Gründe zur Verweigerung des Informationsbegehrens vorgelegen haben (dazu §51, 10, 13). Weder kann im Auskunftserzwingungsverfahren über die Wahrhaftigkeit noch über die Vollständigkeit der geforderten Auskunft (bzw. Einsicht) gestritten werden (Fischer/Lutter 1; Gerscb/Herget/Marsch/Stützle 327) noch über die Konsequenzen, die sich aus der zu erteilenden Auskunft etwa ergeben (dazu Rdn. 5).

4

2. Antragsberechtigung. Antragsberechtigt ist nach der ausdrücklichen Regelung in Satz 2 jeder Gesellschafter, dem die verlangte Auskunft nicht erteilt oder die verlangte Einsicht nicht gestattet worden ist (Satz 2). Unbeachtlich ist, ob ein die Verweigerung sanktionierender Gesellschafterbeschluß nach § 51a Abs. 2 Satz 2 vorgelegen hat (§ 51a, 15; a. A. Rowedder-Koppensteiner 6; Stangier/Bork GmbH-Rdsch. 82, 173). Ein weitergehendes Antragsrecht, etwa von Gesellschaftern, die an einer dem Informationsbegehren zugrundeliegenden Beschlußfassung teilgenommen haben, ist nicht gegeben. Dessen bedarf es auch nicht, da jeder einzelne Gesellschafter die Rechte grundsätzlich ohne zeitliche Befristung (Rdn. 5) geltend machen und gegebenenfalls durchsetzen kann. Frühere Gesellschafter haben kein Antragsrecht (Schilling in H a chenburg 6; Fischer/Lutterl·, a.A. Scholz-K.Scbmidt 7), ebenso Pfandgläubi1410

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Gerichtliche Entscheidung über das Auskunfts- und Einsichtsrecht

§ 51b

ger, Treugeber u.dgl. (Scholz-K.Schmidt aaO; Rowedder-Koppensteiner 5; Fischer/Lutter 2; Stangier/Bork GmbH-Rdsch. 82, 171). Fraglich ist, ob der Antrag voraussetzt, daß das Auskunfts- oder Einsichtsbegehren formell tatsächlich geltend gemacht und von der Gesellschaft abgelehnt worden ist. Für Hilfsbegehren wird das verneint (OLG Köln ZIP 851, 933 = BB 85, 1583 = GmbH-Rdsch. 85, 358), für das Begehren selbst ist es aber Antragsvoraussetzung (OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 85, 362). Darüber hinaus fehlt aber ohne vorprozessuale Stellung und Ablehnung des Informationsbegehrens das Rechtsschutzinteresse (a. A. Müller EWiR § 51b G m b H 1/85, 593); es kann nicht Aufgabe der Gerichte sein, im Verfahren nach § 51b zu ermitteln, ob ein Begehren nach Auskunft, das überhaupt nicht gestellt ist, von der Gesellschaft abgelehnt worden wäre. Das Verfahren endigt nicht dadurch, daß der Gesellschafter nach Antragstellung über seinen Anteil in irgendeiner Weise verfügt oder sonstwie seine Gesellschaftereigenschaft verliert (Rowedder-Koppensteiner 5; Roth 2.3.1). Das folgt aus § 256 Z P O (a. A. Baumbach-Hueck 4; Fischer/Lutterl). Allerdings ist Gesellschaftereigenschaft im Zeitpunkt der Antragstellung Verfahrensvoraussetzung (Gersch/Herget/Marsch/Stützle 331; Stangier/Bork aaO; Rowedder-Koppensteiner 5; a. A. Scholz-K.Schmidt § 51b n.F., 7), wobei es auf die formelle Gesellschafterstellung ankommt (OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 85, 363). Ehemalige Gesellschafter können aber unter Umständen Auskunfts- oder Einsichtsrechte im Rahmen von § 810 BGB geltend machen (§ 51a, 7). 3. Antragsfrist. Das Gesetz sieht keine Fristen zur Geltendmachung des 5 Erzwingungsverfahrens nach § 51b vor (anders §132 Abs. 2 Satz 2 AktG). Dennoch wird man davon ausgehen müssen, daß die Rechtsausübung am Mißbrauchs- oder Schikaneverbot immer dann scheitern wird, wenn durch Zeitablauf ein vernünftiges Interesse an der begehrten Auskunft nicht mehr bestehen kann (Gersch/Herget/Marsch/Stützle 331). 4. Vorgreiflichkeit. Die h.L. zum aktienrechtlichen Auskunftsverfahren 6 ging früher von der Ausschließlichkeit des FGG-Verfahrens gemäß § 132 AktG aus mit der Folge, daß Fragen nach der Berechtigung der Informationsverweigerung nicht als Vorfragen in einem Anfechtungs- oder Schadensersatzprozeß geprüft werden können und anhängige Verfahren nach § 148 Z P O ausgesetzt werden müssen (s. etwa Barz Großkomm. AktG § 132, 9; a.A. jetzt aber B G H Z 86, 1 sowie Zöllner KK AktG § 1 3 1 , 9 ; Meyer-Landmt/Miller Die AktG 70, 157). Auch für das Informationserzwingungsverfahren des § 51b ist aus Gründen der Prozeßökonomie und im Interesse einer vernünftigen Rechtsanwendung davon auszugehen, daß dem FGG-Verfahren keine Ausschließlichkeit zukommt und somit auch die Frage der Berechtigung einer Informationsverweigerung als Vorfrage in einem Zivilverfahren entschieden Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

werden kann und entsprechend auch eine Aussetzung nach § 148 Z P O nicht geboten ist (Hanseatisches OLG, GmbH-Rdsch. 85, 120; Schilling in Hachenburg 4; Rowedder-Koppensteiner 2; K.Schmidt Das neue GmbH-Recht in der Diskussion, 108; Scholz-K.Schmidt § 51b n.F., 6; Fischer/Lutter 5; Roth § 51a, 3.4; Goutier/Seydel 6; K.Schmidt/Priester 64; a. A. Gersch/Herget/Marsch/ Stützle 332; Martens GmbH-Rdsch. 84,270; Hetze S. 131 und wohl auch Stangier/Bork GmbH-Rdsch. 82,174). 7

5. Ubergangsregelung. Nach Artikel 12 § 4 GmbH-Novelle findet das Verfahren nach § 51b nur dann Anwendung, wenn die Auskunft oder Einsicht nach Inkrafttreten des Gesetzes, dem 1. Januar 1981, verweigert worden ist (kritisch dazu K.Schmidt Das neue GmbH-Rechtin der Diskussion 109).

III. Verfahren 8

1. Art und Zuständigkeiten. Aus § 132 Abs. 3 i.V.m. § 99 Abs. 1 AktG folgt, daß für das Verfahren das FGG gilt, soweit nicht § 99 AktG Spezialnormen enthält. Es gilt also die Offizialmaxime des § 12 FGG, das Verfahren ist nicht öffentlich, es besteht kein Anwaltszwang. Verfahren in Sachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit können nicht zum Gegenstand eines Schiedsvertrages gemacht werden, da Rechtsstreitigkeiten nach § 1025 Z P O nur solche i.S. der Prozeßgesetze sind (§§ 3 EG Z P O , § 13 G V G ; Baumbach-Lauterbach-AlbersHartmann Z P O , 44. Aufl. § 1025, 5A). Weder durch Gesellschaftsvertrag noch durch eine sonstige Vereinbarung kann daher wirksam die Entscheidung eines Rechtsstreits aus § 51a durch ein Schiedsgericht erfolgen (LG Mönchengladbach GmbH-Rdsch 86, 390; a.A. Schilling in Hachenburg 8; Rowedder-Koppensteiner 4; Stangier/Bork GmbH-Rdsch 82, 170; v. Gerkan EWiR § 51a G m b H G 3/86, S. 803). Örtlich und sachlich zuständig ist ausschließlich das für den Sitz der Gesellschaft zuständige Landgericht und dort, sofern gebildet, die Kammer für Handelssachen (§ 132 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG). Die Übertragung der Sache auf einen Einzelrichter ist unzulässig (OLG Koblenz W M 85, 829; s. auch § 349 Abs. 4 ZPO). Es kann durch die Landesregierungen (§132 Abs. 1 Satz 3 AktG) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zuständigkeit für mehrere Landgerichte einem Landgericht übertragen werden. Von dieser Ermächtigung ist für das Aktienrecht in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen Gebrauch gemacht worden (im einzelnen Barz in Großkomm. AktG, § 132, 8). Eine derartige Zuständigkeitskonzentration ist bisher für den Bereich des GmbH-Rechts nicht begründet worden (OLG Hamm, BB 82, 1138 = ZiP 82, 840). Die Parteien des Verfahrens (Rdn. 9) können eine von der gesetzlichen Regelung abweichende örtliche oder sachliche Zuständigkeit nicht vereinbaren (§ 40 Abs. 2 ZPO). Ist 1412

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Gerichtliche Entscheidung über das Auskunfts- und Einsichtsrecht

§ 51b

das angerufene Gericht unzuständig, so hat es die Sache von Amts wegen an das zuständige Gericht abzugeben (BGHZ 10,162). 2. Gang des Verfahrens. Antragsberechtigt ist jeder Gesellschafter, dem die 9 verlangte Auskunft oder Einsicht nicht gestattet worden ist (Satz 2). Antragsgegner ist die Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführer (OLG Koblenz W M 85, 829, 830; s. auch § 51a, 8). In dem Verfahren hat die Gesellschaft darzulegen und zur Uberzeugung des Gerichts nachzuweisen, daß das Informationsbegehren entweder unzulässig ist mangels formeller oder sachlicher Anspruchsvoraussetzung einschließlich mißbräuchlicher oder schikanöser Rechtsausübung (§51a, 10) oder daß die Ausübung des Informationsrechts der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügt (§ 51a, 13). Letzteres dürfte nicht immer leicht nachweisbar sein (§ 51a, 14; s. auch von Bitter ZiP 81, 830); das Gericht wird sich daher mit einem gewissen Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts begnügen müssen. Ein Gesellschafterbeschluß nach § 51 a Abs. 2 ist auch dann nicht Verfahrensvoraussetzung, wenn die Verweigerung der Information mit deren Verwendung zu gesellschaftsfremden Zwecken begründet wird (a.A. Uetze S. 117; s. Rdn. 4). Das Landgericht entscheidet durch einen mit Gründen versehenen Beschluß (§ 132 Abs. 3 i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 1 AktG). Die gerichtliche Entscheidung wird erst mit Rechtskraft wirksam und ist entsprechend § 99 Abs. 5 Satz 3 AktG von der Geschäftsführung zum Handelsregister einzureichen. Da die in § 99 Abs. 5 Satz 2 angeordnete Wirkung „ f ü r und gegen alle" gemäß § 132 Abs. 3 ausdrücklich nicht für das Auskunftserzwingungsverfahren gilt, bleibt es hier bei einer Wirksamkeit der Entscheidung nur inter partes und ohne Bindungswirkung (Rdn. 6; Str.; wie hier Meyer-Landrut/Miller Die AktG 70,158; a. A. Eckardtin Geßler u. a. AktG §132,5). Nach § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG kann aus der rechtskräftigen Entscheidung nach den Vorschriften der Z P O mittels Zwangsgeld bzw. Zwangshaft (OLG Koblenz W M 85, 830; Schilling in Hachenburg 11; Baumbach-Hueck 8) vollstreckt werden (§ 888 ZPO). Eine vorläufige Vollstreckbarkeit kann nicht angeordnet werden (§ 99 Abs. 5 Satz 1 AktG). Bei nachhaltiger Verweigerung der Erfüllung des Auskunftsanspruchs durch die Gesellschaft ist nicht etwa im ordentlichen Prozeßverfahren auf Leistung zu klagen, sondern zu vollstrekken (Scholz-K.Schmidt § 51b n.F. 10; von Bitter ZiP 81, 832; a.A. Lutter DB 80, 1321). Ebenso sind Einwendungen der Gesellschaft gegebenenfalls im Wege der Vollstreckungsabwehrklage vorzubringen (§ 767 ZPO). Die Bekanntmachungserfordernisse des § 99 Abs. 2 und 4 AktG finden auf das Informationserzwingungsverfahren keine Anwendung. Jedoch hat die Geschäftsführung die rechtskräftige Entscheidung mit den vollständigen Gründen (Meyer-Landrut Großkomm. AktG §99, 7; a . A . Schilling in H a chenburg 9) unverzüglich zum Handelsregister einzureichen (§ 99 Abs. 5 Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

Satz 3 AktG, der nach § 132 Abs. 2 auch hier anwendbar ist). Damit ist für die übrigen, am Verfahren nicht beteiligten Gesellschafter die Möglichkeit gegeben, ihrerseits die fraglichen Informationen zu verlangen (Eckardt in Gessler, Hefermehl, Eckardt, Kropff, AktG § 132, 52). Die darüber hinaus in §99 Abs. 4 Satz 2 AktG vorgesehene Veröffentlichung der gerichtlichen Entscheidung in den Gesellschaftsblättern findet im Rahmen des § 51b mangels Bezugnahme in § 132 Abs. 3 AktG nicht statt, das übersieht Schilling aaO 9. 10

3. Rechtsmittel. Der Beschleunigung des Verfahrens dient das nach § 132 Abs. 3 AktG eingeschränkte Beschwerderecht. Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ist nur gegeben, wenn das Landgericht sie in seiner Entscheidung zugelassen hat, was nur erfolgen soll, wenn dadurch die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erwarten ist. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde ist nicht anfechtbar (BayObLG Die AG 67, 171). Ist die Beschwerde zugelassen, so beträgt die Beschwerdefrist zwei Wochen (§ 22 FGG). Ausnahmsweise ist die Beschwerde auch ohne Zulassung gegeben, wenn ein offenbar nicht zuständiger Richter entschieden hat (OLG Koblenz W M 85, 829). Wird die Beschwerde durch Einreichung einer Beschwerdeschrift und nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle eingereicht, so besteht Anwaltszwang (§ 99 Abs. 3 Satz 4 AktG).

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4. Kosten. Die Kostenregelung folgt aus § 132 Abs. 5 AktG. Den Geschäftswert setzt das Gericht von Amts wegen fest, wobei gemäß § 30 Abs. 2 KostO mindestens D M 200,—, höchstens D M 1. 000. 000,— anzusetzen sind bei einem Regelwert von D M 10. 000,—. Das gilt für jedes einzelne Informationsbegehren. Sind mehrere Anträge gestellt, so ist bei der Wertfestsetzung demnach für jede Frage bzw. jedes Einsichtbegehren ein gesonderter Wert zu berücksichtigen (LG Frankfurt Die AG 68, 25). Nach § 132 Abs. 5 Satz 6 AktG setzt das Gericht nach billigem Ermessen fest, welchem Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen sind. Das gilt für die gerichtlichen wie f ü r die außergerichtlichen Kosten (Scholz-K.Schmidt Anh. § 51, 62). Grundsätzlich trägt der Antragsteller eines erfolglosen Antrags oder Rechtsmittels die Kosten (BayObLG Die AG 67, 171). Eine abweichende Entscheidung kann aber aus Billigkeitsgründen zur Eindämmung eines abschreckenden Kostenrisikos im Einzelfall geboten sein (KG N J W 69,1030).

§52 (1) Ist nach dem Gesellschaf tsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, so sind § 90 Abs. 3,4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 105, 110 bis 114, 116 des Aktiengesetzes in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 2 des Aktiengesetzes, §§ 170, 171, 337 des 1414

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Aufsichtsrat

§

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Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist. (2) Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister bestellt, gelten § 37 Abs. 4 Nr. 3, § 40 Abs. 1 Nr. des Aktiengesetzes entsprechend. Jede spätere Bestellung sowie jeden Wechsel von Aufsichtsratsmitgliedern haben die Geschäftsführer unverzüglich durch den Bundesanzeiger und die im Gesellschaftsvertrag für die Bekanntmachung der Gesellschaft bestimmten anderen öffentlichen Blätter bekanntzumachen und die Bekanntmachung zum Handelsregister einzureichen. (3) Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren.

Übersicht Rdn.

Rdn. I. Einleitung 1. Entstehungsgeschichte 2. Geltungsbereich 3. Zwingendes Recht II. Der fakultative Aufsichtsrat 1. Anwendbare Vorschriften . . 2. Allgemeines a) Errichtung b) Gründe für die Errichtung c) Bezeichnung 3. Zahl und persönliche Voraussetzungen a) Zahl b) Wählbarkeit aa) §100 Abs. 1 AktG bb) § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG cc) § 105 Abs. 1 AktG 4. Bestellung a) Wahlorgan b) Wahlverfahren c) Satzungsmäßige Regelungen 5. Beendigung des Amtes a) Abberufung b) Niederlegung 6. Einberufungsrechte a) Allgemeines b) Einberufung c) Mindestsitzungen 7. Aufgaben des Aufsichtsrats a) Allgemeines b) Überwachungsrecht

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c) Prüfungsrechte d) Einberufung der Gesellschaftsversammlung e) Zustimmungspflichtige Geschäfte f) Höchstpersönliche Amtsausübung 8. Informationsrechte a) Umfang der Berichtspflicht b) Inhalt der Berichterstattung c) Verbundene Unternehmen 9. Vertretungsbefugnis a) Anstellungsverhältnis der Geschäftsführer b) Sonstige Geschäfte I O.Rechtsverhältnis der Aufsichtsratsmitglieder a) Die Organstellung b) Das Anstellungsverhältnis II .Vergütung und Verträge der Aufsichtsratsmitglieder a) Vergütung b) Sonderverträge c) Rechtsfolgen d) Kreditgewährung 12.Sorgfaltspflichten a) Allgemeines ^Verschwiegenheitspflicht c) Ersatzansprüche d) Verjährung (Abs. 3) 13.Innere Ordnung a) Gesetzliche Regelung . . . .

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung Rdn. b) Satzungsmäßige Gestaltung H.Steuern a) Einkommensteuer b) Umsatzsteuer c) Körperschaftssteuer III. Anmeldungs- und Veröffentlichungspflichten (Abs. 2) I. Zwingende Regelung 2. Erster Aufsichtsrat IV. Aufsichtsratsähnliche Gremien 1. Funktion 2. H a f t u n g V. Bilanzprüfung durch den Aufsichtsrat 1. Die frühere Rechtslage 2. Die jetzige Rechtslage

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Rdn. VI. Obligatorischer Aufsichtsrat 1. N a c h BetrVG 1952 a) Voraussetzungen b) Anwendbare Vorschriften 2. N a c h KapAnlG 3. N a c h M i t b e s t G a) Voraussetzungen b) Anwendbare Vorschriften c) Weisungsrechte der Gesellschafter d) Bestellung und Abberuf u n g der Geschäftsführer 4. N a c h Montan-MitbestG . . . .

50 51 52 53 54 55 56 58

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Schrifttum Bardorf D e r Gesellschaftereinfluß auf die GmbH-Geschäftsführung nach dem MitbestG, 1981; Brox Erteilung, Widerruf und Niederlegung von Prokura und Handlungsvollmacht im neuen Aktienrecht, N J W 67, 804; Deutler Bildung und Amtszeit des ersten Aufsichtsrats in der G m b H , D B 69, 692; Duden Überwachung: wen oder was? FS R. Fischer 1979, 95; Eder Überwachungsrechte der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der G m b H , GmbH-Rdsch. 62, 130; den. Gesellschafter- und Aufsichtsratautonomie bei der G m b H , GmbH-Rdsch. 78, 215; Gaul Information und Vertraulichkeit der Aufsichtsratsmitglieder einer G m b H , GmbH-Rdsch. 86, 296; Geßler Sicherung der H e r r schaftsmacht bei Übertragung von Geschäftsanteilen, GmbH-Rdsch. 74, 202; Goerdeler Zur Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, W p g 82, 33; Hölters Der Beirat der G m b H und der G m b H & Co. KG, 1979; den. Der Beirat in der G m b H — Verantwortlichkeit, H a f t u n g und Rechtsschutz insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Minderheitsschutzes, BB 77, 105; den. Freiwillige Gesellschaftsorgane bei der mitbestimmten G m b H & Co. K G , GmbH-Rdsch. 80, 50; Hommelhoff Unternehmensführung in der mitbestimmten G m b H , Z G R 78, 119; den. Vereinbarte Mitbestimmung Z H R (148) 1984, 118; Konow Die persönlichen Voraussetzungen f ü r die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat einer G m b H , J R 66, 166; Konzen Die Anstellungskompetenz des G m b H - A u f sichtsrats nach dem MitbestG, GmbH-Rdsch. 83, 92; Krieger Personalentscheidungen des Aufsichtsrats, 1981; Lutter Ehrenämter im Aktien- und GmbH-Recht, Z I P 84, 645; Meyer-Landrut Kann ein GmbH-Geschäftsführer zugleich Mitglied des Aufsichtsrats der Gesellschaft sein? DB 56, 65; Meyer-Landrut/Westhoff Prüfungsrecht des Aufsichtsrats einer mitbestimmten G m b H nach § 171 AktG, DB 80, 2375; Mutze Recht und Pflicht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung der G m b H , GmbHRdsch 70, 33; Quecke Anmeldung und Veröffentlichung des ersten Aufsichtsrats der G m b H zum Handelsregister, GmbH-Rdsch. 58, 117; Rittner Der Anstellungsvertrag der G m b H Geschäftsführer und das MitbestG, DB 79, 973; Rosendahl Die Stellung des Aufsichtsrats in der mitbestimmten G m b H , MitbestGespräch 79, 199; Schilling Die Rechtsstellung des Aufsichtsratsmitglieds in unternehmenrechtlicher Sicht, Festschrift f ü r R. Fi-

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Meyer-Landrut

§52

Aufsichtsrat

scher, 1979, 679; Stassburg Zur Aufsichtsratspflicht einer G m b H nach §§ 76 ff BetrVG 1952, BB 79, 1070; Theisen Befugnisse der Gesellschafter einer mitbestimmten G m b H , D B 82, 265; den. D i e Verschwiegenheitspflicht der AR-Mitglieder der mitbestimmten G m b H nach dem Vorschrifttum in Gesellschaftsvertrag und AufsichtsratsGO, G m b H Rdsch 80, 134; Thüsing Zur Frage der Zulässigkeit gesellschaftsvertraglicher Ausweitung der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat nach dem BetrVG 1952 bei der G m b H , FS W. Werner, 1984, S. 893; Timm Die Mitwirkung des Aufsichtsrates bei unternehmensstrukturellen Entscheidungen, D B 80, 1201; Trouet GmbH-Aufsichtsrat und Mitbestimmung, D B 81, 29; Verhoeven N o c h m a l : Minderheitsschutz und Beirat in der G m b H , BB 78, 335; Vollmer D i e mitbestimmte G m b H , Z G R 79, 135; Voormann D i e Stellung des Beirats im Gesellschaftsrecht, 1981; Wank D i e Aufgabenverteilung in der mitbestimmten G m b H , G m b H - R d s c h . 82, 84; Werner Anstellung von G m b H - G e schäftsführern nach dem MitbestG, FS Robert Fischer, 1 9 7 9 , 8 2 1 .

I. Einleitung 1. Entstehungsgeschichte. Die Vorschrift wurde in Abs. 1 durch § 32 1 EGAktG 1965 dahingehend geändert, daß statt der bisher in Bezug genommenen Vorschriften des Aktienrechts des H G B die entsprechenden Vorschriften des AktG 1965 angeführt wurden, wobei zusätzlich auf die §§90 Abs. 5 Satz 2, 100, Abs. 2 Nr. 2 und 114 AktG verwiesen wird, die im früheren Aktienrecht kein Vorbild hatten. Abs. 2 erhielt seine jetzige Fassung durch das 1. KoordinierungsG vom 15. 8. 1969, bei gleichzeitiger Streichung der Verweisungauf § 106 AktG in Abs. 1. Durch die Novelle 1980 ist § 52 nicht geändert worden. Allerdings war in Abs. 2 Satz 1 die Verweisung auf § 37 Abs. 3 Nr. 3 in Folge der Ergänzung des § 37 AktG durch Art. 3 Nr. 2 GmbH-Novelle als § 37 Abs. 4 Nr. 3 zu lesen; durch Art. 7 des VerschmelzungsrichtlG vom 25. 10. 1982 (BGB1.1 1425) ist insoweit das Gesetz berichtigt worden. Mit dem BiRiLiG erfolgte die Einfügung der Verweisung auf §§170, 171 und 337 AktG. Es gilt somit für alle GmbHs und den GmbH-Konzern die dem Aktienrecht entsprechende Pflicht zur Vorlage des Jahresabschlusses und dessen Prüfung durch den Aufsichtsrat (Rdn. 49). Die bisher schon in §§ 77 BetrVG (Rdn. 51) und 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG (Rdn. 54) vorhandene alleinige Verweisung auf § 171 AktG wird insoweit ergänzt. 2. Geltungsbereich. Die Verweisung auf das Aktienrecht kommt nur zum 2 Tragen, soweit im Gesellschaftsvertrag nicht ein anderes bestimmt ist. Es gilt also hinsichtlich des sogenannten fakultativen Aufsichtsrats bei der G m b H grundsätzlich unbeschränkte Gestaltungsfreiheit des Gesellschaftsvertrages. Es bleibt der Gesellschaftermehrheit überlassen, wieweit sie einen Aufsichtsrat nach dem aktienrechtlichen Leitbild bildet oder wieweit sie abweicht etwa durch Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen oder von Gesellschafterrechten auf den Aufsichtsrat oder andererseits durch Einschränkung der gesetzlich gewährten Befugnisse. Meyer-Landrut

1417

§52 3

3.

3. Abschnitt. Vertretung und G e s c h ä f t s f ü h r u n g Zwingendes

Recht.

Die

satzungsmäßige

Gestaltungsfreiheit

gemäß

A b s . 1 entfällt, w e n n u n d s o w e i t z w i n g e n d e N o r m e n a u c h bei einer G m b H E r r i c h t u n g e i n e s A u f s i c h t s r a t s f o r d e r n (§ 4 5 , 9 bis 12). In B e t r a c h t k o m m e n d i e p a u s c h a l e n V e r w e i s u n g e n auf das Aktienrecht f ü r G e s e l l s c h a f t e n , die

den

M o n t a n - M i t b e s t G oder dem W o h n u n g s g e m e i n n ü t z i g k e i t s G unterliegen. A u f E i n z e l v o r s c h r i f t e n d e s A k t G , d i e z w i n g e n d a n w e n d b a r s i n d , w i r d in § 7 7 A b s . I B e t r V G 1 9 5 2 u n d in § 3 K a p A n l G v e r w i e s e n , u n d z w a r w e i t e r g e h e n d als in § 5 2 A b s . 1 a u s n a h m s l o s a u f d i e V o r s c h r i f t e n d e r §§ 9 5 bis 1 1 4 A k t G u n d z u s ä t z l i c h a u f d i e §§ 118 A b s . 2 , 1 2 5 A b s . 3 , 1 7 1 , 2 6 8 A b s . 2 A k t G . E n t s p r e c h e n d e V e r w e i s u n g e n e n t h a l t e n d i e §§ 6 A b s . 2 , 2 5 A b s . 1 N r . 2 u n d w e i t e r g e h e n d 30 ff M i t b e s t G .

II. Der fakultative Aufsichtsrat (Abs. 1) 4

1. A n w e n d b a r e V o r s c h r i f t e n . D i e in § 5 2 A b s . 1 in B e z u g

genommenen

Vorschriften des A k t G lauten: § 90 (3) D e r Aufsichtsrat kann v o m V o r s t a n d jederzeit einen Bericht verlangen über Angelegenheiten der Gesellschaft, über ihre rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sowie über geschäftliche V o r g ä n g e bei diesen Unternehmen, die auf die L a g e der Gesellschaft von erheblichem Einfluß sein können. Auch ein einzelnes Mitglied kann einen Bericht, jedoch nur an den Aufsichtsrat, verlangen; lehnt der V o r s t a n d die Berichterstattung ab, so kann der Bericht nur verlangt werden, wenn ein anderes Aufsichtsratsmitglied das Verlangen unterstützt. (4) Die Berichte haben den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen R e chenschaft zu entsprechen. (5) J e d e s Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, von den Berichten Kenntnis zu nehmen. Soweit die Berichte schriftlich erstattet worden sind, sind sie auch jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen auszuhändigen, soweit der Aufsichtsrat nichts anderes beschlossen h a t . . . . §95 D e r Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern . . . . § 100 (1) Mitglied des Aufsichtsrats kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. (2) Mitglied des Aufsichtsrats kann nicht sein, wer 2. gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens

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§ 5 2

Aufsichtsrat

§ 101 (1) D i e Mitglieder des Aufsichtsrats werden von der H a u p t v e r s a m m l u n g gewählt, soweit sie nicht in den Aufsichtsrat zu entsenden oder als Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Betriebsverfassungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänz u n g s g e s e t z zu wählen sind. . . . § 103 (1) Aufsichtsratsmitglieder, die von der H a u p t v e r s a m m l u n g ohne Bindung an einen Wahlvorschlag gewählt w o r d e n sind, können von ihr vor Ablauf der Amtszeit abberufen werden. D e r Beschluß bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. . . . § 105 (1) Ein Aufsichtsratsmitglied kann nicht zugleich Vorstandsmitglied, dauernd Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern, Prokurist oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter der Gesellschaft sein. (2) N u r für einen im voraus begrenzten Zeitraum, höchstens für ein J a h r , kann der Aufsichtsrat einzelne seiner Mitglieder zu Stellvertretern von fehlenden oder behinderten Vorstandsmitgliedern bestellen. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit ist zulässig, wenn dadurch die Amtszeit insgesamt ein J a h r nicht übersteigt. Während ihrer Amtszeit als Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern können die Aufsichtsratsmitglieder keine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ausüben. D a s Wettbewerbsverbot des § 88 gilt für sie nicht. § 110 (1) Jedes Aufsichtsratsmitglied oder der V o r s t a n d kann unter A n g a b e des Z w e c k s und der G r ü n d e verlangen, daß der Vorsitzende des Aufsichtsrats unverzüglich den Aufsichtsrat einberuft. Die Sitzung muß binnen zwei Wochen nach der Einberufung stattfinden. (2) Wird einem Verlangen, das von mindestens zwei Aufsichtsratsmitgliedern oder v o m V o r s t a n d geäußert ist, nicht entsprochen, so können die Antragsteller unter Mitteilung des Sachverhalts selbst den Aufsichtsrat einberufen. (3) D e r Aufsichtsrat soll in der Regel einmal im Kalendervierteljahr er muß einmal im Kalenderhalbjahr einberufen werden. § 111 (1) D e r Aufsichtsrat hat die G e s c h ä f t s f ü h r u n g zu überwachen. (2) D e r Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e , namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte A u f g a b e n besondere Sachverständige beauftragen. (3) D e r Aufsichtsrat hat eine H a u p t v e r s a m m l u n g einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit. (4) Maßnahmen der G e s c h ä f t s f ü h r u n g können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die S a t z u n g o d e r der Aufsichtsrat kann jedoch bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung v o r g e n o m m e n werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der V o r s t a n d verlangen, daß Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und G e s c h ä f t s f ü h r u n g die H a u p t v e r s a m m l u n g über die Zustimmung beschließt. D e r Beschluß, durch den die H a u p t v e r s a m m l u n g zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die S a t z u n g kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen. (5) D i e Aufsichtsratsmitglieder können ihre A u f g a b e n nicht durch andere wahrnehmen lassen. § 112 Vorstandsmitgliedern gegenüber vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. § 113 (1) D e n Aufsichtsratsmitgliedern kann f ü r ihre Tätigkeit eine V e r g ü t u n g gewährt werden. Sie kann in der S a t z u n g festgesetzt oder von der H a u p t v e r s a m m l u n g bewilligt werden. Sie soll in einem angemessenen Verhältnis zu den A u f g a b e n der A u f sichtsratsmitglieder und zur L a g e der Gesellschaft stehen. Ist die V e r g ü t u n g in der S a t z u n g festgesetzt, so kann die Hauptversammlung eine S a t z u n g s ä n d e r u n g , durch welche die V e r g ü t u n g herabgesetzt wird, mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen. (2) D e n Mitgliedern des ersten Aufsichtsrates kann nur die Hauptversammlung eine V e r g ü t u n g für ihre Tätigkeit bewilligen. D e r Beschluß kann erst in der H a u p t versammlung gefaßt werden, die über die Entlastung der Mitglieder des ersten A u f sichtsrates beschließt. (3) Wird den Aufsichtsratsmitgliedern ein Anteil am Jahresgewinn der Gesellschaft gewährt, so berechnet sich der Anteil nach dem Bilanzgewinn, vermindert um einen Betrag von mindestens vier vom H u n d e r t der auf den N e n n b e t r a g der Aktien geleisteten Einlagen. Entgegenstehende Festsetzungen sind nichtig. § 114 (1) Verpflichtet sich ein Aufsichtsratsmitglied außerhalb seiner Tätigkeit im A u f sichtsrat durch einen Dienstvertrag, durch den ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird, oder durch einen Werkvertrag gegenüber der Gesellschaft zu einer Tätigkeit höherer Art, so hängt die Wirksamkeit des V e r t r a g e s von der Zustimmung des A u f sichtsrates ab. (2) G e w ä h r t die Gesellschaft auf G r u n d eines solchen Vertrags dem Aufsichtsratsmitglied eine V e r g ü t u n g , ohne daß der Aufsichtsrat dem V e r t r a g e zugestimmt hat, so hat das Aufsichtsratsmitglied die V e r g ü t u n g zurückzugewähren, es sei denn, daß der Aufsichtsrat den V e r t r a g genehmigt. Ein Anspruch des Aufsichtsratsmitglieds gegen die Gesellschaft auf H e r a u s g a b e der durch die geleistete Tätigkeit erlangten Bereicherung bleibt unberührt; der Anspruch kann jedoch nicht gegen den R ü c k g e währungsanspruch aufgerechnet werden. § 116 Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gilt § 93 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß. 1420

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Aufsichtsrat §93 (1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekannt geworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren. (2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. . . . § 170 (1) Der Vorstand hat den Jahresabschluß und den Lagebericht unverzüglich nach ihrer Aufstellung dem Aufsichtsrat vorzulegen. Ist der Jahresabschluß durch einen Abschlußprüfer zu prüfen, so sind diese Unterlagen zusammen mit dem Prüfungsbericht des Abschlußprüfers unverzüglich nach dem Eingang des Prüfungsberichts dem Aufsichtsrat vorzulegen. (2) Zugleich hat der Vorstand dem Aufsichtsrat den Vorschlag vorzulegen, den er der Hauptversammlung f ü r die Verwendung des Bilanzgewinns machen will. Der Vorschlag ist, sofern er keine abweichende Gliederung bedingt, wie folgt zu gliedern: 1. Verteilung an die Aktionäre 2. Einstellung in Gewinnrücklagen 3. Gewinnvortrag 4. Bilanzgewinn (3) Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, von den Vorlagen Kenntnis zu nehmen. Die Vorlagen sind auch jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen auszuhändigen, soweit der Aufsichtsrat nichts anderes beschlossen hat. § 171 (1) Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluß, den Lagebericht und den Vorschlag f ü r die Verwendung des Bilanzgewinns zu prüfen. Ist der Jahresabschluß durch einen Abschlußprüfer zu prüfen, so hat der Abschlußprüfer auf Verlangen des Aufsichtsrats an dessen Verhandlungen über diese Vorlage teilzunehmen. (2) Der Aufsichtsrat hat über das Ergebnis der P r ü f u n g schriftlich an die H a u p t versammlung zu berichten. In dem Bericht hat der Aufsichtsrat auch mitzuteilen, in welcher Art und in welchem U m f a n g er die Geschäftsführung der Gesellschaft während des Geschäftsjahrs geprüft hat. Ist der Jahresabschluß durch einen Abschlußprüfer zu prüfen, so hat der Aufsichtsrat ferner zu dem Ergebnis der P r ü f u n g des Jahresabschlusses durch die Abschlußprüfer Stellung zu nehmen. Am Schluß des Berichts hat der Aufsichtsrat zu erklären, ob nach dem abschließenden Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind und ob er den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluß billigt. (3) Der Aufsichtsrat hat seinen Bericht innerhalb eines Monats, nachdem ihm die Vorlagen zugegangen sind, dem Vorstand zuzuleiten. Wird der Bericht dem V o r stand nicht innerhalb der Frist zugeleitet, hat der Vorstand dem Aufsichtsrat unverzüglich eine weitere Frist von nicht mehr als einem Monat zu setzen. Wird der BeMeyer-Landrut

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§52

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

rieht dem Vorstand nicht vor Ablauf der weiteren Frist zugeleitet, gilt der Jahresabschluß als vom Aufsichtsrat nicht gebilligt. § 337 (1) Unverzüglich nach Eingang des Prüfungsberichts des Abschlußprüfers hat der Vorstand des Mutterunternehmens den Konzernabschluß, den Konzernlagebericht und den Prüfungsbericht dem Aufsichtsrat des Mutterunternehmens zur Kenntnisnahme vorzulegen. Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, von den Vorlagen Kenntnis zu nehmen. Die Vorlagen sind auch jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen auszuhändigen, soweit der Aufsichtsrat nichts anderes beschlossen hat. (2) Ist der Konzernabschluß auf den Stichtag des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens aufgestellt worden, so sind der Konzernabschluß und der Konzernlagebericht der Hauptversammlung vorzulegen, die diesen Jahresabschluß entgegennimmt oder festzustellen hat. Weicht der Stichtag des Konzernabschlusses vom Stichtag des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens ab, so sind der Konzernabschluß und der Konzernlagebericht der Hauptversammlung vorzulegen, die den nächsten auf den Stichtag des Konzernabschlusses folgenden Jahresabschluß entgegennimmt oder festzustellen hat. (3) Auf die Auslegung des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts und die Erteilung von Abschriften ist § 175 Abs. 2 auf die Vorlage an die Hauptversammlung und die Berichterstattung des Vorstandes ist § 176 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. (4) Die Auskunftspflicht des Vorstands des Mutterunternehmens in der H a u p t versammlung, der der Konzernabschluß und der Konzernlagebericht vorgelegt wurden, erstreckt sich auch auf die Lage des Konzerns und der in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen. 2. A l l g e m e i n e s 5

a) Errichtung. Bei e i n e r G m b H , d i e n i c h t m i t b e s t i m m u n g s p f l i c h t i g ist o d e r s o n s t z w i n g e n d e m R e c h t u n t e r l i e g t ( R d n . 3), w i r d ein A u f s i c h t s r a t n u r e r r i c h tet, w e n n dies im G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g v o r g e s e h e n ist. S e i n e E r r i c h t u n g k a n n in d e m a n l ä ß l i c h d e r G r ü n d u n g v o l l z o g e n e n G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g v o r g e s e h e n sein, w o b e i v e r s c h i e d e n e G e s t a l t u n g e n m ö g l i c h s i n d : D i e S a t z u n g k a n n es d e n Gesellschaftern z u r unbedingten Pflicht machen, einen Aufsichtsrat zu erricht e n . Sie k a n n d i e P f l i c h t z u r A u f s i c h t s r a t s b e s t e l l u n g b e d i n g t v o r s e h e n , e t w a f ü r d e n Fall, d a ß d a s S t a m m k a p i t a l o d e r d i e G e s e l l s c h a f t e r e i n e b e s t i m m t e Z a h l ü b e r s c h r e i t e n . Sie k a n n f e r n e r die M ö g l i c h k e i t e i n e r E r r i c h t u n g des A u f s i c h t s r a t s n u r g r u n d s ä t z l i c h v o r s e h e n u n d es d e n G e s e l l s c h a f t e r n ü b e r l a s s e n , m i t e i n f a c h e r o d e r q u a l i f i z i e r t e r M e h r h e i t z u b e s c h l i e ß e n , d a ß ein A u f s i c h t s r a t z u e r r i c h t e n sei. Falls ein A u f s i c h t s r a t in d e r u r s p r ü n g l i c h e n S a t z u n g n i c h t v o r g e s e h e n ist, k a n n e r d u r c h Satzungsänderung e i n g e f ü h r t w e r d e n . H i e r z u sind d i e F o r m u n d D r e i - V i e r t e l - M e h r h e i t des § 53 e r f o r d e r l i c h . A u s d e m W o r t l a u t d e s A b s . 1 S a t z 1 f o l g t , d a ß ein A u f s i c h t s r a t n i c h t d u r c h e i n f a c h e n B e s c h l u ß d e r G e s e l l s c h a f t e r o d e r e t w a a u f g r u n d e i n e r B e t r i e b s v e r e i n b a r u n g o d e r eines T a r i f v e r 1422

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§52

Aufsichtsrat

träges errichtet werden kann, falls eine gesellschaftsvertragliche Grundlage fehlt (Baumbach-Hueck 13. Aufl., 1; Fischer/Lutter 3; Eder in Handbuch der G m b H 1,479.1). Ein kraft Satzung bestehender fakultativer Aufsichtsrat kann jederzeit und ohne daß ein besonderer Grund vorzuliegen braucht, mit satzungsändernder Mehrheit abgeschafft werden {Ulmer in Hachenburg § 53, 124; Scholz-Priester §53, 124; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 18). b) Gründe für die Errichtung. Die Errichtung eines Aufsichtsrats kann sich 6 aus mehreren Gründen empfehlen: aa) Sicherung der Herrschaftsmacht in Verbindung mit Kontroll- und gegebenenfalls auch Leitungsrechten des beherrschenden oder alleinigen Gesellschafters, auch im Konzernverbund sowie Sicherung der Vorrangstellung eines bisher kapitalmäßig oder aufgrund seiner Persönlichkeit dominierenden Gesellschafters, der die Geschäftsführung abgibt oder seine Geschäftsanteile überträgt. Er kann auch zum (eventuell alleinigen: Rdn. 8) Aufsichtsrat bestellt werden, wobei dieses Amt sich mit Befugnissen ausgestalten läßt, die einen wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung sichern; bb) Überbrückung von möglichen Differenzen zwischen zwei oder mehr von einander unabhängigen Gesellschaftern, insbesondere auch in sogenannten Gemeinschaftsunternehmen, oder von Stämmen von Familiengesellschaftern, wobei auch die Befugnisse der Gesellschafter teilweise auf einen Aufsichtsrat übertragen werden; cc) Verhinderung von Generationslücken und Sicherung der Geschäftskontinuität bei Familiengesellschaften sowie Verhinderung von Überfremdung von Familiengesellschaften, ζ. B. dadurch, daß die Übertragung und Teilung von Geschäftsanteilen an die Zustimmung des (familiengebundenen) Aufsichtsrats geknüpft wird; dd) W a h r u n g und Koordinierung von Gruppenrechten bei GmbHs, indem die verschiedenen Gesellschaftergruppen einen Teil ihrer Rechte auf von ihnen entstandte Aufsichtsratsmitglieder übertragen, sowie die Sicherung und Koordinierung des Einflusses von Konzerngesellschaften. c) Bezeichnung. Entscheidend dafür, welchen Gesetzen ein Aufsichtsrat 7 unterworfen ist, ist nicht seine Bezeichnung. Auch „Beiräte", „Verwaltungsräte", „Verwaltungsausschüsse" usw. unterliegen dem § 52, sofern ihr Aufgabenbereich in etwa dem gesetzlichen Bild eines Aufsichtsrats entspricht (Schilling in Hachenburg 15; Eder in Handbuch der G m b H I, 479.1). Wesentlich f ü r die Organstellung derartiger Gremien ist, daß sie zur Überwachung der Geschäftsführung geschaffen werden (Näheres s. Rdn. 46). Meyer-Landrut

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§52

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

3. Zahl und persönliche Voraussetzungen 8

a) Zahl. Der Aufsichtsrat besteht gemäß dem entsprechend anwendbaren § 95 S. 1 AktG aus drei Mitgliedern. Den Gesellschaftern steht es frei, im Gesellschaftsvertrag eine andere Zahl festzusetzen. Auch ein nur aus einer Person bestehender Aufsichtsrat ist zulässig (RGZ 82, 388; Schilling in Hachenburg 60; Eder in Handbuch der G m b H I, 479.1; Scholz-Schneider 123; Baumhach-Hueck 14. Aufl. 21; Geßler GmbH-Rdsch. 74, 202). Der Gesellschaftsvertrag kann auch bestimmen, daß der Aufsichtsrat aus einer bestimmten Mindestzahl von Mitgliedern bestehen müsse. In diesem Fall können beliebig mehr Mitglieder gewählt werden. Es fragt sich, ob der Gesellschaftsvertrag auch bestimmen kann, daß der Aufsichtsrat aus „höchstens" soundsoviel Mitgliedern bestehen soll, ohne eine Mindestzahl festzulegen. Die Frage besteht deshalb, weil dann, wenn der Gesellschaftsvertrag über die Beschlußfähigkeit keine Regelung trifft, offen bleibt, wann der Aufsichtsrat beschlußfähig ist. Da jedoch Abs. 1 nicht auf § 108 Abs. 2 AktG verweist, ist für die Beschlußfähigkeit des fakultativen Aufsichtsrats keine Mindestteilnahmezahl erforderlich. Es reicht aus, daß nur ein Aufsichtsratsmitglied zur ordnungsgemäß einberufenen Sitzung erscheint. Es empfiehlt sich jedoch, Höchst- oder Mindestzahlbestimmungen mit Regelungen über die Beschlußfähigkeit abzustimmen. b) Wählbarkeit. Falls der Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz (vgl. § 4 KapAnlG) keine besonderen Anordnungen über die Wählbarkeit zum Aufsichtsrat trifft, richtet sich diese gemäß § 52 Abs. 1 nach den §§ 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2, 105 AktG.

9

aa) In entsprechender Anwendung von § 100 Abs. 1 AktG können nur natürliche unbeschränkt geschäftsfähige Personen Mitglieder des Aufsichtsrats sein. Damit entfällt die Wählbarkeit nicht nur von juristischen Personen, sondern auch von den Personenvereinigungen des bürgerlichen und Handelsrechts, sowie von Behörden. Unbeschränkt geschäftsfähig ist eine Person nur dann, wenn sie volljährig und nicht entmündigt ist (§§2, 6, 104, 106, 114 BGB). Beschränkt Geschäftsfähige können auch nicht mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters zum Mitglied eines Aufsichtsrats bestellt werden.

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bb) § 100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG verbietet es den gesetzlichen Vertretern abhängiger Unternehmen, Mitglied im Aufsichtsrat der herrschenden Gesellschaft zu sein. Abhängige Unternehmen sind solche im Sinne von § 17 AktG. Es widerspricht dem natürlichen Organisationsgefälle eines Konzerns, den Geschäftsführern einer abhängigen Gesellschaft, die ihrerseits dem Einfluß und den Weisungen der Geschäftsführung der herrschenden Gesellschaft ausgesetzt sind, Uberwachungspflichten gegenüber dieser Geschäftsführung aufzuerlegen (vgl. den Bericht des BT-Rechtsausschusses zu § 100 AktG bei Kropff Aktiengesetz 1965, 136). Das Verbot des §100 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AktG gilt nicht für gesetzliche Vertreter ausländischer abhängiger Unterneh1424

Meyer-Landrut

Aufsichtsrat men (Meyer-Landrut in Großkomm. AktG §100, 5; a. A. Scholz-Schneider 163; Geßler AktG § 100, 21; Mertens KK zum AktG, § 100, 17). Von dem Verbot erfaßt werden nur gesetzliche Vertreter; d. h. bei abhängigen einzelkaufmännischen Unternehmen deren Inhaber, bei Aktiengesellschaften der Vorstand, bei G m b H die Geschäftsführer, bei O H G s und KGs die persönlich haftenden Gesellschafter, bei einer G m b H & Co. KG die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Unter das Verbot fallen nicht leitende Angestellte eines abhängigen Unternehmens, da diese — wie § 3 Abs. 3 Nr. 2 MitbestG zeigt — auch im abhängigen Unternehmen selbst Mitglieder des Aufsichtsrats werden können. Nicht entsprechend anwendbar f ü r den fakultativen Aufsichtsrat der G m b H sind dagegen die Regelungen des § 100 Abs. 2 Nr. 1 und 3 AktG über die Höchstzahl der Aufsichtsratssitze und das Verbot der sogenannten Überkreuzverflechtungen (Baumbach-Hueck 14. Aufl. 26; Scholz-Schneider 166) sowie die sich aus der Arbeitnehmerbeteiligung ergebenden Beschränkungen der persönlichen Voraussetzungen nach § 100 Abs. 3 und 4 AktG. cc) § 105 Abs. 1 AktG erklärt die gleichzeitige Zugehörigkeit zu Geschäfts- 11 führung und Aufsichtsrat der gleichen Gesellschaft für unvereinbar. Diese Inkompatibilität gilt auch f ü r Prokuristen und Generalhandlungsbevollmächtigte. § 105 Abs. 1 AktG gibt den allgemeinen und f ü r jeden Aufsichtsrat geltenden Grundsatz wieder, daß niemand sich selbst kontrollieren kann; insoweit kann auch die Satzung nicht abweichen (OLG Frankfurt W M 81, 1095 = DB 81, 2220; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 17, 26; Fischer/Lutter 9; RowedderKoppensteiner 8; Schilling in Hachenburg 78; Eder in G m b H - H a n d b u c h I 480.2; Konow J R 66, 166; a. A. Scholz-Schneider 160; Meyer-Landrut DB 56, 65). Dieser Grundsatz wird allerdings beschränkt auf den genau umschriebenen Personenkreis. Erfaßt werden Geschäftsführer und stellvertretende Geschäftsführer (§ 44, 6). Durch die undifferenzierte Verwendung des Wortes „Prokurist" stellt § 105 Abs. 1 AktG klar, daß jeder Prokurist vom Aufsichtsratsamt ausgeschlossen ist, sei er Einzel-, Gesamt- oder auch nur Titularprokurist. Ebenfalls unter den Personenkreis des § 105 Abs. 1 AktG fällt der Generalhandlungsbevollmächtigte. Das Verbot des § 105 Abs. 1 AktG gilt aber nur, wenn der Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 54 Abs. 2 H G B befreit ist, also zu Grundstücks-, Wechsel- und Darlehensgeschäften und zur Prozeßführung berechtigt ist (Meyer-Landrut in Großkomm. AktG § 105, 4; a. A. Mertens KK AktG § 105,10 und Geßler u. a. AktG § 105,13). Die Richtigkeit der hier vertretenen Ansicht wird bestätigt durch § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG. Wollte man nämlich einem Generalhandlungsbevollmächtigten auch dann die Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat verbieten, wenn er von den Beschränkungen des § 54 Abs. 2 H G B nicht befreit ist, dann könnte er im Bereich des MitbestG nicht Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sein, während ein Prokurist trotz des wesentlich größeren unbeschränkbaren Umfangs seiMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

ner Vertretungsmacht (§§ 49, 50 HGB) Arbeitnehmervertreter werden könnte, sofern er nur der Geschäftsführung nicht unmittelbar unterstellt ist. Die Inkompatibilitätsregelung des § 105 Abs. 1 AktG ist abschließend. Andere Arbeitnehmer der Gesellschaft können Aufsichtsratsmitglieder werden (BGH W M 75, 787 = DB 75, 1548 mit zust. Anm. von Raiser 2 G R 7 6 , 105; ferner Meyer-Landrut in Großkomm. AktG § 105, 5; Fischer/Lutter 9; Mertens KK AktG § 105, 11; Geßler u. a. AktG § 105, 17). Ebensowenig gilt § 105 Abs. 1 AktG für Personen, die freiberuflich, und sei es auch auf Dauer, für die Gesellschaft als Wirtschafts- oder Rechtsberater, Vertrauensarzt, Architekt u. ä. tätig sind (Meyer-Landrut aaO 3; Mertens aaO 12; Geßler a a O 21,22). § 105 Abs. 1 AktG beeinträchtigt nicht die Wählbarkeit der dort genannten Personen, sondern erklärt nur deren Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat für unmöglich. Die Wahl eines Geschäftsführers zum Aufsichtsratsmitglied bleibt gültig (a. A. O L G Frankfurt W M 81, 1095 = DB 81, 2220). Annehmen und damit Aufsichtsratsmitglied werden — kann er die Wahl jedoch nur, wenn er zuvor sein Geschäftsführeramt niederlegt. Vor dieser Niederlegung gehört er dem Aufsichtsrat nicht wirksan an (Brox N J W 67, 804; Εder in Handbuch der GmbH 1480.2). Ausnahmsweise läßt § 105 Abs. 2 die Bestellung von Mitgliedern des Aufsichtsrats zu Stellvertretern fehlender oder behinderter Geschäftsführer zu, allerdings nur für einen insgesamt ein Jahr nicht übersteigenden Zeitraum, während dessen die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied nicht ausgeübt werden darf. 4. Bestellung 12

a) Wahlorgan. In entsprechender Anwendung von § 101 Abs. 1 Satz 1 AktG sind die Gesellschafter für die Aufsichtsratswahl zuständig (s. auch § 45, 6). Satzungsmäßige Entsendungsrechte können gebildet werden; die Einschränkungen des § 101 AktG Abs. 2 sind nicht anwendbar, so daß auch Nichtgesellschaftern Entsendungsrechte eingeräumt werden können (Schilling in H a chenburg 75; Scholz-Schneider 137; a.A. Baumbach-Hueck 14.Aufl. 29). Ebenso ist § 101 Abs. 3 AktG nicht anwendbar, der die Bestellung von Stellvertretern verbietet (Schilling in Hachenburg 76; Scholz-Schneider 230; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 30), die Wahl von Ersatzmitgliedern jedoch zuläßt. Für den fakultativen Aufsichtsrat nach GmbH-Recht bestehen auch insoweit alle denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten (dazu Rdn. 14).

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b) Wahlverfahren. Das Wahlverfahren richtet sich nach GmbH-Recht. Die Gesellschafter wählen die Mitglieder des Aufsichtsrats durch Beschluß in einer Versammlung oder im Wege der schriftlichen Beschlußfassung (§ 48). Zum Aufsichtsrat gewählt ist, wer die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt (§ 47 Abs. 1). Jeder wahlberechtigte Gesellschafter kann für seine eigene Wahl stimmen (§ 47, 49). 1426

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Aufsichtsrat

c) Satzungsmäßige Regelungen. Der Gesellschaftsvertrag kann von der ge- 14 setzlichen Regelung abweichen und das Wahlrecht von der Gesamtheit der Gesellschafter auf andere Gesellschaftsorgane oder Gesellschafter übertragen oder ihnen ein Entsendungsrecht einräumen (Baumbach-Hueck 14. Aufl. 28; Eder in Handbuch der G m b H I, 167.3; 480.6; Scholz-Schneider 133; s. auch RGZ 165, 74). Derartige Änderungen der Wahlzuständigkeit erfordern satzungsmäßige Anordnung, nicht einfachen Gesellschafterbeschluß oder sonstige Absprachen. Der Gesellschaftsvertrag kann somit das Bestellungsrecht einem Gesellschafter übertragen oder einzelnen Gesellschaftergruppen das Recht geben, jeweils ein Aufsichtsratsmitglied zu bestellen, wobei dann innerhalb der Gruppe über die Bestellung entweder nach Mehrheit entschieden wird oder das Bestellungsrecht einem einzelnen Mitglied der Gruppe überlassen werden kann. Ebenso kann das Wahlrecht einem engeren Gesellschaftergremium oder einem Beirat übertragen werden. Der Aufsichtsrat kann auch bereits im Gesellschaftsvertrag namentlich benannt sein, wobei es, falls die Betreffenden gleichzeitig Gesellschafter sind, eine Auslegungsfrage ist, ob damit ein Sonderrecht für sie begründet werden soll (§ 3, 35). In diesem Fall können sie nur noch aus wichtigem Grund aus dem Aufsichtsrat abberufen werden (vgl. B G H WM 81, 438), und eine den Aufsichtsrat berührende Änderung des Gesellschaftsvertrags bedarf ihrer Zustimmung. Das Recht zur Aufsichtsratsbestellung kann auch dem Aufsichtsrat selbst übertragen werden dadurch, daß der Aufsichtsratsich durch Zuwahl (Kooptation) ergänzt. Die Satzung einer GmbH, die nach § 77 BetrVG 1952 einen obligatorischen Aufsichtsrat zu bilden hat, kann in Ergänzung der Regelungen des § 101 AktG durch die Schaffung von Wählbarkeitsvoraussetzungen faktisch eine paritätische Besetzung des Aufsichtsrats mit Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern einführen (OLG Bremen N J W 7 7 , 1153; s. auch BGH W M 75, 787; Fischer/Lutter 9; a. A. Thüsing FS Werner, S. 893; s. auch Hommelhoff Z H R (148) 1984,129 ff und Rdn. 50).

5. Beendigung des Amts a) Abberufung. Grundsätzlich gilt, daß für die Abberufung der Mitglieder 15 des Aufsichtsrats das Bestellungsorgan zuständig ist. Durch Verweisung auf § 103 Abs. 2 Satz 1 und 2 AktG ist aber für den Fall fehlender Regelung in der Satzung klargestellt, daß die Abberufung von Mitgliedern des Aufsichtsrats einer drei-Viertel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen bedarf gegenüber der nur mit einfacher Stimmenmehrheit erfolgender Bestellung (Rdn. 13). Auch bei Abberufung aus wichtigem Grund muß es, mangels abweichender Regelung in der Satzung, bei dem Mehrheitserfordernis des § 103 Abs. 1 Satz 2 AktG bleiben. Da § 102 AktG in § 52 Abs. 1 nicht in Bezug genommen wird, gilt mangels abweichender Satzungsregelung für die Amtsdauer der AufsichtsratsmitglieMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

der keine zeitliche Begrenzung (Scholz-Schneider 178; Schilling in Hachenburg 85; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 32); das Amt erlischt also in der Regel erst mit ausdrücklicher Abwahl, wenn kein sonstiger Beendigungsgrund gegeben ist. Sieht die Satzung eine Wahlperiode vor, ohne eine Regelung für den Fall einer nicht erfolgten Neuwahl zu treffen, so gilt gleichfalls, daß die Amtsperiode der gewählten Mitglieder erst dann endet, wenn Neuwahlen durchgeführt sind (OLG Düsseldorf BB 82, 1574). Auch längere Untätigkeit oder länger dauernde fehlende Vollzähligkeit oder Beschlußunfähigkeit führt nicht ohne weiteres zum Wegfall eines einmal gebildeten Aufsichtsrats (BGH W M 83, 835 = DB 83, 1864). Hierzu ist eine entsprechende ausdrückliche Willensäußerung der Gesellschafter erforderlich (BGH aaO). Auch die Eröffnung des Konkursverfahrens führt nicht ohne weiteres zu einer Beendigung des Amtes (§ 63,15). Das Amt endet ohne weiteres bei Wegfall der persönlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen. Eine gerichtliche Abberufung, entsprechend § 103 Abs. 3 AktG, ist für die Mitglieder des fakultativen Aufsichtsrats der G m b H nicht gegeben. Ebenso ist 5 104 AktG über Ersatzbestellungen durch das Gericht nicht anwendbar. Auch § 29 BGB ist nicht entsprechend anwendbar. 16

b) Niederlegung. Eine Niederlegung des Amtes als Aufsichtsratsmitglied ist grundsätzlich zulässig. Über die Voraussetzungen bestehen unterschiedliche Auffassungen. Die Satzungen sehen häufig jederzeitig befristete Amtsniederlegung (Kündigung) vor. Fristlose Niederlegung ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes immer zulässig. Darüber hinaus ist aber eine Amtsniederlegung in entsprechender Anwendung von § 627 Abs. 1 BGB auch ohne wichtigen Grund jederzeit zulässig, wenn auch die Niederlegung nicht zur Unzeit (§ 627 Abs. 2 BGB) erfolgen darf (Scholz-Schneider 210; Meyer-Landrut Großkomm. AktG § 102, 6; Geßler u. a. AktG § 102, 30; Eder in Handbuch der G m b H I, 480.23; a. A. Schilling in Hachenburg 104; ders. Festschrift für R. Fiscber(>9l; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 34 und AktG 13. Aufl. § 102,4).

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a) Allgemeines. § 110 AktG regelt in entsprechender Anwendung für den fakultativen Aufsichtsrat der G m b H Einberufungsrechte und Mindestsitzungen bei Fehlen abweichender Satzungsbestimmungen. Die weitergehenden aktienrechtlichen Vorschriften über die innere Ordnung und Beschlußfähigkeit des Aufsichtsrats und Sitzungsteilnahme (§§ 107 bis 109 AktG) gelten im Bereich des GmbH-Rechts nicht (Rdn. 41). Ob nicht dem Aufsichtsrat angehörige Personen an den Sitzungen teilnehmen können, entscheidet demnach der Aufsichtsrat. Eine Verpflichtung zur Teilnahme besteht für die Geschäftsführer. Ein Recht auf Teilnahme haben sie aber nicht (Eder in Handbuch der G m b H I, 481.26). Der Aufsichtsrat kann

6. Einberufungsrechte

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Aufsichtsrat

seinen Überwachungspflichten (Rdn. 21) nur dann n a c h k o m m e n , wenn er von der G e s c h ä f t s f ü h r u n g umfassend und vollständig unterrichtet wird. Das geschieht einmal durch schriftliche Berichte (Rdn. 26) und sodann durch deren Erläuterung in den Aufsichtsratssitzungen. Üblich ist die Zuziehung eines Protokollführers, die aber nur zulässig ist, wenn kein Mitglied widerspricht (h.L.; vgl. Meyer-Landrut in G r o ß k o m m . A k t G § 107, 9; BaumbachHueck 14. Aufl. 51; a. A. Schilling in H a c h e n b u r g 95). b) Einberufung. Die Einberufung zu den Sitzungen des Aufsichtsrats erfolgt 1 8 durch den Vorsitzenden. Besondere Vorschriften hinsichtlich zu beachtender Formen und Fristen bestehen nicht. Es muß aber so eingeladen werden, daß unter Berücksichtigung von Reisezeit und Dispositionsmöglichkeit einerseits und der eventuellen Dringlichkeit andererseits den Mitgliedern die Sitzungsteilnahme möglich ist (Schilling in H a c h e n b u r g 16). Aus § 3 2 Abs. 1 Satz 2 BGB folgt, daß ein wirksamer Beschluß voraussetzt, daß mit der Einladung zur Beschlußfassung deren Gegenstand, die Tagesordnung also, bekanntgemacht wird (s. auch Baumbach-Hueck 14. Aufl. 50). Eine Sitzung ist von dem Vorsitzenden innerhalb von zwei Wochen einzuberufen, w e n n das unter Angabe von Z w e c k und G r ü n d e n von einem A u f sichtsratsmitglied oder von der G e s c h ä f t s f ü h r u n g verlangt wird. Ein dem § 50 Abs. 3 entsprechendes Selbsthilferecht ist in § 110 Abs. 2 A k t G f ü r den Fall vorgesehen, daß dem Verlangen auf E i n b e r u f u n g durch den Vorsitzenden nicht n a c h g e k o m m e n wird. E n t w e d e r die G e s c h ä f t s f ü h r u n g oder das die Abhaltung der Sitzung verlangende Mitglied des Aufsichtsrats, sofern es von einem weiteren Aufsichtsratsmitglied unterstützt w o r d e n ist, können selbst einberufen. Dabei ist der Sachverhalt, also die G r ü n d e , die zur Ausübung des Selbsthilferechts f ü h r e n , mitzuteilen (vgl. § 50, 11). c) Mindestsitzungen. Das Gesetz geht in § 110 Abs. 3 A k t G davon aus, daß 1 9 der Aufsichtsrat mindestens eine Sitzung je Kalenderhalbjahr abhält und daß in der Regel vierteljährliche Sitzungen stattfinden (Rowedder-Koppensteiner 10; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 50). Dieser f ü r die A G konzipierte Grundsatz kann f ü r einen fakultativen Aufsichtsrat einer G m b H kaum Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen. Je nach U m f a n g und Bedeutung der Aufgabenstellung können im Einzelfall sehr viel häufigere Sitzungen nötig sein, zumal da ein fakultativer Aufsichtsrat im Normalfall nur dann errichtet wird, wenn die Gesellschafter eine aktive Überwachungstätigkeit f ü r erforderlich oder w ü n schenswert halten. Im übrigen können die G e s c h ä f t s f ü h r u n g oder mindestens zwei Aufsichtsratsmitglieder über das Selbsthilferecht (Rdn. 18) die Abhalt u n g der mindestens abzuhaltenden Sitzungen erzwingen. 7. Aufgaben des Aufsichtsrats a) Allgemeines. § 111 AktG, der f ü r den fakultativen Aufsichtsrat der G m b H entsprechend anwendbar ist, behandelt den eigentlichen AufgabenbeMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung reich des Aufsichtsrats, nämlich die Überwachung der Geschäftsführung und die diese Überwachung unterstützenden Maßnahmen. Werden die Aufgaben des Aufsichtsrats satzungsmäßig nicht anderweitig umschrieben und auch nicht, wie etwa im Bereich des BetrVG 1952 und der MitbestG über den in § 52 Abs. 1 geregelten Umfang hinaus erweitert (vgl. zu den Überwachungsrechten der Arbeitnehmervertreter Eder GmbH-Rdsch. 62, 130), so regelt § 111 AktG abschließend den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats, und zwar einmal positiv in Abs. 1 und sodann negativ in Abs. 4 Satz 1, wonach Maßnahmen der Geschäftsführung dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden können. Dadurch, daß jetzt in § 52 Abs. 1 auf § 171 AktG verwiesen wird (wie in den §§ 77 BetrVG 52, 3 KapAnlG, 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG), hat der Aufsichtsrat ein Recht auf Prüfung von Jahresabschluß und Lagebericht (dazu Rdn. 49). Es fehlt eine Verweisung auf § 84 AktG (anders § 31 MitbestG), so daß dem fakultativen Aufsichtsrat die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer nicht obliegt; es gilt § 46 Nr. 5. Auch das aus § 118 Abs. 2 AktG sich ergebende Teilnahmerecht an Gesellschaftsversammlungen ist für den fakultativen Aufsichtsrat nicht gegeben. Auch die Liquidatoren der G m b H unterliegen trotz fehlender Verweisung auf § 268 Abs. 2 AktG der Überwachung durch den Aufsichtsrat (s. im einzelnen § 69, 7 und Baumbach-Hueck 14. Aufl. 66). Auch die oft hervorgehobene Beratungsfunktion des Aufsichtsrats (Nachweise bei Semler Die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, 1980, S. 83), ob sie nun anläßlich oder außerhalb der Überwachungstätigkeit eingeordnet wird, gehört als solche nicht zu den Funktionen des fakultativen Aufsichtsrats, denn schon vom Wortlaut her schließt die Überwachung eine Beratung, die in die Geschäftsführung übergreift, nicht ein, und Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden (§111 Abs. 4 Satz 1 AktG). Ob man für den Bereich des Aktienrechts von einer gewohnheitsrechtlichen Aufgabenerweiterung in bezug auf eine Pflicht oder ein Recht zur Beratung des Vorstands durch den Aufsichtsrat ausgehen kann, ist für das GmbH-Recht und die hier nur eingeschränkt vergleichbaren Aufgaben des Aufsichtsrats ohne Belang (ähnlich Scholz-Schneider 73; a. A. wohl Schilling in Hachenburg 122). Hinsichtlich der weitgehenden satzungsmäßigen Gestaltungsformen der Aufgaben, Pflichten und Befugnisse eines fakultativen Aufsichtsrats (Beirats) s. im einzelnen Rdn. 46. 21

b) Überwachungsrechte. Die Überwachung durch den Aufsichtsrat umfaßt die gesamte Geschäftsführung und ist auf Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit gerichtet (h.L. Schilling in Hachenburg 122; Fischer/ Lutter 11; Scholz-Schneider 63; Eder in Handbuch der G m b H I, 482.4). Da der fakultative Aufsichtsrat regelmäßig nur mit Vertretern der Gesellschafter besetzt ist, dürfte ihm eine besondere Überwachungspflicht hinsichtlich ange1430

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Aufsichtsrat messener Wahrnehmung sozialer Belange der Mitarbeiter nicht obliegen (a. A. Schilling aaO), wenn auch diese Komponente genauso wenig wie irgendein anderer Aspekt der Geschäftsführung von der Überwachung durch den Aufsichtsrat ausgeschlossen ist. Überwachung kann aber nicht soweit gehen, daß sie in Weisungen umschlägt. Wenn die Satzung schweigt, so ist allein die Gesellschafterversammlung berechtigt, die Geschäftsführung allgemein oder im Einzelfall anzuweisen (§ 45, 4) neben dem auch der Gesellschafterversammlung zustehenden Überwachungs- und Prüfungsrecht (§ 46, 35, 36). Die Gesellschafterversammlung kann ihre Weisungskompetenz wie auch ihr prinzipiell uneingeschränktes Prüfungs- und Überwachungsrecht durch Satzung oder durch Beschluß auf den Aufsichtsrat delegieren. Grundsätzlich werden aber dadurch die Rechte der Gesellschafterversammlung nicht eingeschränkt (§ 45, 4). Diese unterliegt ihrerseits in ihrer Geschäftsführungsbefugnis nicht der Überwachung durch den Aufsichtsrat, auch nicht, wenn dieser obligatorisch (Rdn. 50 ff) zu errichten ist (a. A. Duden FS R. Fischer S. 95; wie hier Timm DB 80,1201; Scholz-Schneider 59). Voraussetzung für die Erfüllung der Pflichten zur Überwachung der Geschäftsführung ist das dem Aufsichtsrat gewährte, wenn auch im Vergleich zum Aktienrecht eingeschränkte Recht auf Information (Rdn. 26 ff) sowie die im folgenden behandelten Prüfungsrechte. c) Prüfungsrechte. Gemäß § 111 Abs. 2 AktG kann der Aufsichtsrat die 2 2 Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie deren Waren- und Geldbestand prüfen oder durch einzelne seiner Mitglieder oder durch Sachverständige prüfen lassen. Dieses an sich weitgehende und dem Prüfungsrecht der Gesellschafter entsprechende Recht (§ 46, 34) setzt für seine Ausübung Kenntnis oder zumindest begründeten Verdacht eines bestimmten Sachverhalts voraus; fehlt eine vollständige und lückenlose Information durch die Geschäftsführung, sind die Grenzen der Überwachungs- und Prüfungsmöglichkeiten in aller Regel erreicht (Goerdeler Wpg 82, 34). Ob Prüfungsmaßnahmen durchzuführen sind, entscheidet der Aufsichtsrat mit einfacher Mehrheit. Zur Prüfung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat s. Rdn. 48. d) Einberufung der Gesellschafterversammlung. Aus § 111 Abs. 3 AktG 2 3 folgt, daß der Aufsichtsrat eine Gesellschafterversammlung einzuberufen hat, wenn es das Wohl der Gesellschaft erfordert. Der Vorschrift entspricht die Pflicht der Geschäftsführung aus § 49 Abs. 2, eine Versammlung einzuberufen, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Es gelten insoweit dieselben Voraussetzungen (s. §49, 8, 9). Die in §111 Abs. 3 Satz 2 AktG zwingend vorgesehene einfache Mehrheit für die Beschlußfassung des Aufsichtsrats kann für den fakultativen Aufsichtsrat der G m b H erschwert werden (Schilling in Hachenburg 125; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 61). Bei Einladung der Gesellschafter ist nach § 51 zu verfahren. Im Falle einer derart eingeladenen Versammlung sind die Mitglieder des Aufsichtsrats berechtigt und verMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

pflichtet, an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen (für den Regelfall s. Rdn. 20). Es muß sinnvollerweise angenommen werden, daß der Aufsichtsrat, allerdings nicht seine einzelnen Mitglieder, in der Versammlung Anträge stellen kann bzw. auf eine Antragstellung in einer bestimmten Richtung hinwirken kann (a. A. Scholz-Schneider 75). Bei krisenhafter Zuspitzung der Lage der Gesellschaft oder bei schwerwiegenden Verstößen der Geschäftsführung gegen gesetzliche Vorschriften muß auch eine Pflicht zur Information der Gesellschafter außerhalb einer formellen Gesellschafterversammlung angenommen werden {Scholz-Schneider76 m.w.N.). 24

e) Zustimmungspflichtige Geschäfte. Satzungsmäßig oder durch Beschluß des Aufsichtsrats können nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG bestimmte Arten von Geschäften der Zustimmung durch den Aufsichtsrat unterworfen werden. Im GmbH-Recht sind diese Formen der Einschränkung der Geschäftsführung meistens der Beschlußfassung durch die Gesellschafter vorbehalten (§ 46, 35). Zustimmungsvorbehalte dieser Art sind aber nur im Innenverhältnis wirksam (§37 Abs. 2 Satz 2). Ihre Bedeutung liegt daher im wesentlichen darin, bei Verstößen entsprechende Konsequenzen gegenüber der Geschäftsführung zu ziehen. Die Regelung in § 111 Abs. 4 Satz 3 und 4 AktG, wonach bei Verweigerung der Zustimmung des Aufsichtsrats die Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit den Aufsichtsrat überstimmen kann, hat im GmbH-Recht angesichts des direkten Weisungsrechts der Gesellschafter gegenüber der Geschäftsführung keine Bedeutung (Schilling in Hachenburg 126; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 65; im einzelnen s. auch Scholz-Schneider 83).

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f) Höchstpersönliche Amtsausübung. N u r natürliche Personen können Mitglieder eines Aufsichtsrats sein (Rdn. 9) und nur höchstpersönlich können die Mitglieder des Aufsichtsrats ihre Aufgaben wahrnehmen (§111 Abs. 5 AktG). Damit scheidet jede Art der Stellvertretung bei Amtsausübung aus. Obgleich in § 52 Abs. 1 nicht erwähnt, dürfte aber auch für den fakultativen Aufsichtsrat die Vorschrift des § 108 Abs. 3 AktG entsprechend anwendbar sein, also die Zulässigkeit der Stimmabgabe abwesender Mitglieder durch einen sogenannten Stimmboten (Scholz-Schneider 303; a. A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 52). Die Satzung kann jede Form der Vertretung bei Abstimmung und auch bei Amtsausübung zulassen. 8. Informationsrechte

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a) Umfang der Berichtspflicht. Mit dem Inkrafttreten des AktG 1965 wurden auch für den fakultativen Aufsichtsrat der G m b H gewisse, wenn auch im Vergleich zum Aktienrecht erheblich eingeschränkte Berichtspflichten der Geschäftsführung gegenüber dem Aufsichtsrat eingeführt. Von Bedeutung ist insoweit insbesondere, daß eine obligatorische, nicht im Einzelfall oder generell anzufordernde Berichterstattungspflicht durch die Geschäftsführung 1432

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Aufsichtsrat

nicht vorgesehen ist (Scholz-Schneider 68; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 69; Fischer/Lutter 15; Hommelhoff ZGR 78, 154; a. A. Schilling 55, ferner Rowedder-Koppensteiner, wonach unabhängig von § 90 AktG eine obligatorische Berichtspflicht der Geschäftsführung angenommen wird). Vielmehr ergibt sich aus der entsprechenden Verweisung in § 52 Abs. 1, daß für den fakultativen Aufsichtsrat der G m b H nur die Abs. 3, 4 und 5 Satz 1 und 2 des § 90 AktG in Betracht kommen. Das bedeutet, daß die Geschäftsführung nur auf Verlangen des Aufsichtsrats, das allerdings jederzeit gestellt werden kann, zu berichten hat und bei Fehlen eines derartigen Verlangens auch nicht zu regelmäßigen Berichten i.S. von § 90 Abs. 1 und 2 AktG verpflichtet ist. Der Bericht kann nur an den Aufsichtsrat als solchen verlangt werden und bei Weigerung nur, wenn das Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern unterstützt wird. Insoweit geht das Recht auf Berichterstattung, das jeder einzelne Gesellschafter durchsetzen kann, weiter (dazu § 51a, 7). Von den Berichten kann jedes Aufsichtsratsmitglied Kenntnis nehmen, schriftliche Berichte sind auf Verlangen auszuhändigen, wenn kein entgegenstehender Aufsichtsratsbeschluß gefaßt worden ist (§ 90 Abs. 5 Satz 1 und 2 AktG). Satzungsmäßig oder durch Gesellschafterbeschluß kann auch in bezug auf den fakultativen Aufsichtsrat ein dem Aktienrecht entsprechendes Informationssystem eingeführt werden (vgl. dazu Lutter ZGR 81,1, allerdings insoweit nicht im Verhältnis zum Aufsichtsrat, sondern zur Gesellschafterversammlung). Auch kann eine nach Inhalt, Umfang und Regelmäßigkeit weit über die aktienrechtlichen Erfordernisse hinausgehende Berichterstattung durch die Geschäftsführung, sei es an einen fakultativen Aufsichtsrat, sei es direkt an die Gesellschafterversammlung bzw. den einzigen Gesellschafter, durch Satzung oder Gesellschafterbeschluß angeordnet werden. Verschiedenste Gestaltungsformen finden sich hier insbesondere bei konzernabhängigen Gesellschaften und häufig bei sogenannter Drittorganschaft, also einer mit dem Gesellschafter nicht identischen und sonstwie verbundenen Geschäftsführung. b) Inhalt der Berichterstattung. Zu berichten ist über die Angelegenheiten 2 7 der Gesellschaft und über die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sowie über geschäftliche Vorgänge bei verbundenen Unternehmen, die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluß sein können (§ 90 Abs. 3 Satz 1 AktG). Angelegenheiten der Gesellschaft umfaßt, wie in § 51a Abs. 1, alles und jedes, was vernünftigerweise im Rahmen der Pflicht zur Überwachung der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat von Bedeutung sein kann (vgl. § 51a, 3). Die Geschäftsführung hat gegenüber dem Aufsichtsrat kein Recht, die Auskunft zu verweigern. Es besteht das Gebot der vollkommenen Offenheit (BGH 20, 246). Ausdrücklich bestimmt auch das Gesetz (§ 90 Abs. 4 AktG), daß die Berichte an den Aufsichtsrat einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen haben. Meyer-Landrut

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§52 28

3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

c) Verbundene Unternehmen. Während in § 51a Abs. 1 der Gesetzgeber, weil angeblich selbstverständlich, darauf verzichtet hat, ausdrücklich zu bestimmen, daß sich die Informationsrechte der Gesellschafter auch auf rechtliche und geschäftliche Beziehungen der Gesellschaft zu verbundenen Unternehmen erstrecken (§51a, 6), enthält §90 Abs. 3 Satz 1 AktG eine ensprechende Regelung. Zu berichten ist also über die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu herrschenden wie zu abhängigen Unternehmen, zu Konzernunternehmen und zu sonstigen verbundenen Unternehmen im Sinne der Definition des § 15 AktG. Zu berichten ist auch über geschäftliche Vorgänge bei verbundenen Unternehmen. Eingeschränkt ist aber das Informationsrecht der Mitglieder des Aufsichtsrats dadurch, daß über Beziehungen zu bzw. Vorgänge bei verbundenen Unternehmen nur zu berichten ist, wenn diese Umstände auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluß sein können. Vorgänge bei verbundenen Unternehmen, die ohne solche Einflußmöglichkeiten sind, unterliegen nicht der Berichterstattung an den Aufsichtsrat. Ebenso ist die Berichtspflicht insoweit eingeschränkt, als die Geschäftsführung über Vorgänge bei herrschenden oder sonstwie verbundenen Unternehmen nicht unterrichtet ist (vgl. auch § 51a, 6) und auch ihrerseits kein durchsetzbares Recht auf Information hat. 9. Vertretungsbefugnis

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a) Anstellungsverhältnis der Geschäftsführer. In entsprechender Anwendung von § 112 AktG vertritt der Aufsichtsrat gegenüber den Mitgliedern der Geschäftsführung die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Da der Aufsichtsrat nicht Bestellungsorgan für die Geschäftsführer ist (Rdn. 20; anders nur in der mitbestimmten G m b H ; dazu Rdn. 56), bezieht sich die Vertretungsbefugnis allerdings auch nur eingeschränkt auf Abschluß, Änderung und Beendigung des Anstellungsvertrages der Geschäftsführer. Hier ist der Aufsichtsrat an die der Bestellung regelmäßig zugrunde liegenden Anstellungsbedingungen gebunden (Schilling in Hachenburg 127; weitergehend Baumbach-Hueck 14. Aufl. 62, wonach die Anstellungskompetenz auch bei Vorhandensein eines Aufsichtsrats bei der Gesellschafterversammlung verbleibt). Ebenso setzt eine Vertretung der Gesellschaft bei Änderung oder Beendigung des Anstellungsvertrages einen entsprechenden Beschluß des Bestellungsorgans voraus; s. im übrigen §46, 22. Die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats gegenüber den Geschäftsführern ist auch bereits gegenüber künftigen Geschäftsführern, insbesondere zum Abschluß des Anstellungsvertrages, gegeben (vgl. B G H Z 26, 238), so wie im Verhältnis zu früheren Geschäftsführern, wenn es sich um die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Anstellungsvertrag handelt (BGH W M 86, 1411 = DB 86, 2592 = ZIP 86, 1381; a.A. OLG Koblenz DB 80, 152). Aber es entfällt die Zuständigkeit des Aufsichtsrats bei Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Geschäftsführer (§ 46 Nr. 8). Das gleiche gilt für die Vertretung der Ge1434

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Aufsichtsrat

sellschaft in Prozessen gegen die Geschäftsführer (§ 46 Nr. 8; a. A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 62), da insoweit die Kompetenzzuweisung an die Gesellschaftervorgeht. b) Sonstige Geschäfte. Grundsätzlich ist im übrigen die Vertretungsbefug- 3 0 nis des Aufsichtsrats gegenüber den aktiven Geschäftsführern umfassend und ausschließlich. Geschäfte, die ein Geschäftsführer mit der Gesellschaft schließt, ohne daß diese durch den Aufsichtsrat, sofern ein solcher mit den Zuständigkeiten des § 52 Abs. 1 i.V.m. § 112 AktG besteht, vertreten ist, sind nichtig (h.L. Meyer-Landmt in Großkomm. AktG, § 112, 1; Εder in Handbuch der G m b H I, 482.25). Eine Ausnahme wird lediglich für die sogenannten Geschäfte des täglichen Lebens anerkannt, insbesondere laufenden Warenbezug für den eigenen Bedarf u. ä. 10. Rechtsverhältnis der Aufsichtsratsmitglieder a) Die Organstellung. Durch die Wahlannahme (Rdn. 13) wird der Bestellte 31 zum Mitglied des Gesellschaftsorgans Aufsichtsrat, d. h. für ihn entstehen das Recht und die Pflicht, an der Erfüllung der dem Gesamtgremium vom Gesetz oder der Satzung zugewiesenen Aufgaben teilzunehmen. Diese Organstellung begründet bereits die gesamten Befugnisse und Pflichten als Mitglied des Aufsichtsrats. In diesem Sinne beruhen Treuepflicht, Pflicht zur ordentlichen Amtsführung, Verschwiegenheitspflicht, Überwachungs-, Prüfungs- und Informationsrechte, eventuelle Beratungsobliegenheiten, Rechte zur Berufung oder Abberufung von Geschäftsführern auf dem körperschaftlichen Bestellungsakt und der daraus folgenden Mitgliedschaft im Gesamtorgan. Die organschaftlichen Rechte und Pflichten sind an das Amt gebunden, höchstpersönlich und unübertragbar (Rdn. 25). Sie können durch Änderungen des Gesellschaftsvertrages erweitert oder eingeschränkt werden. b) Das Anstellungsverhältnis. Umstritten ist, ob neben der Bestellung zum 3 2 Organ noch ein gesondertes Auftrags- oder Anstellungsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied zustande kommt oder ob in der Bestellung gleichzeitig ein körperschaftsrechtliches Rechtsverhältnis enthalten ist, das auch die Regelung der vertraglichen Bestimmungen zwischen Gesellschaft und Aufsichtsratsmitglied zum Gegenstand hat. Es erscheint hinsichtlich der persönlichen Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Aufsichtsrat richtig, und auch der Lebenswirklichkeit entsprechend, neben der organschaftlichen Bestellung, jedenfalls im Bereich des fakultativen Aufsichtsrats, ein Vertragsverhältnis eigener Art anzunehmen, das die Regelungen über Tätigkeitsumfang, Vergütung, Dauer, Auslagenersatz u. ä. enthält (Meyer-Landrut Großkomm. AktG § 101, 6; ähnlich auch Schilling in Hachenburg 133 u. ders. in FS R. Fischer 691; Mertens in KK zum AktG §101, 8; a. A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 35; Scholz-Schneider 253; Geßler u. a. AktG § 101, 50 ff). Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

11. Vergütung und Verträge der Aufsichtsratsmitglieder 33

a) Vergütung. Aus dem entsprechend anwendbaren § 113 AktG folgt, daß die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder entweder im Gesellschaftsvertrag festzusetzen ist oder durch einen Gesellschafterbeschluß zu bewilligen ist. Insoweit ist also weder der Aufsichtsrat noch die Geschäftsführung zuständig. Es gilt im übrigen auch für das GmbH-Recht, daß eine Herabsetzung von satzungsmäßig festgesetzten Bezügen entgegen § 53 Abs. 2 mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden kann (§113 Abs. 1 Satz 3 AktG). Ist eine Vergütung nicht ausdrücklich festgesetzt, so ist davon auszugehen, daß stillschweigend eine angemessene Vergütung als vereinbart gilt (entsprechend § 612 BGB; a. A. Baumbach-Hueck 14. Aufl. 36). Auch der mit einer Aufsichtsratstätigkeit verbundene Arbeits- und Zeitaufwand wird, von Sonderfällen im Familien- oder Konzernbereich abgesehen, in der Regel nur in Erwartung einer entsprechenden Vergütung geleistet (Schilling in Hachenburg 135; Scholz-Schneider 255; a. A. für das Aktienrecht die h.L. s. etwa Meyer-Landmt in Großkomm. AktG § 112,7). Die Bestimmung einer gewinnabhängigen Vergütung ist in §113 Abs. 3 AktG dahin eingeschränkt, daß sie nur zulässig ist als Anteil am Bilanzgewinn abzüglich von mindestens 4 % der von den Gesellschaftern geleisteten Stammeinlagen. Im Bereich des GmbH-Rechts spielt diese Vorschrift, wie auch die Regelung in § 113 Abs. 2 AktG, über die Vergütung der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats eine untergeordnete Rolle, da entgegenstehende satzungsmäßige Festsetzungen zulässig sind. Aus §§ 675, 670 BGB folgt, daß Aufsichtsratsmitglieder Anspruch auf Aufwendungsersatz haben, die zur Amtsausübung erforderlich waren, insbesondere Reise- und Übernachtungskosten u. ä.

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b) Sonderverträge. § 114 AktG macht die Wirksamkeit von Dienst- und Werkverträgen zur Leistung von Tätigkeiten höherer Art, ausgenommen Verträge, durch die ein Arbeitsverhältnis begründet wird, zwischen der G m b H und einem Aufsichtsratsmitglied von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig. Damit soll verhindert werden, daß einzelne Aufsichtsratsmitglieder u. U. großzügiger bemessene Vergütungen für Sonderaufgaben erhalten, ohne daß der Aufsichtsrat als solcher hiervon unterrichtet ist (vgl. Geßler u. a. AktG § 114, 1). Im Aktienrecht ist streitig, ob der Aufsichtsrat selbst oder der Vorstand Vertragspartei des Aufsichtsratsmitglieds bei Erteilung von Sonderaufträgen bzw. bei Festsetzung der Vergütung ist (für letzeres MeyerLandrut im Großkomm. AktG, § 113, 15). Für die G m b H nimmt Schilling in Hachenburg 137 an, daß allein die Gesellschafterversammlung als oberstes Organ zuständig sei, besondere Vergütungen für außerordentliche, nicht die Aufsichtsratstätigkeit als solche betreffenden Tätigkeiten festzusetzen. Diese Ansicht erscheint mit § 35 Abs. 1 unvereinbar. Grundsätzlich vertreten die Geschäftsführer die GmbH, also auch bei Rechtsgeschäften, in denen ein Auf1436

Meyer-Landrut

Aufsichtsrat sichtsratsmitglied außerhalb der Aufsichtsratstätigkeit durch Dienst- oder Werkvertrag zu einer Tätigkeit höherer Art verpflichtet ist. Andere Rechtsgeschäfte, etwa Kauf oder Miete zwischen der G m b H und einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern, werden von § 114 AktG nicht erfaßt. c) Rechtsfolgen. § 114 Abs. 2 AktG enthält eine verhältnismäßig kompli- 3 5 zierte, nicht sonderlich effektive Sanktion f ü r den Fall der Nichtgenehmigung einer Sondervergütung durch den Aufsichtsrat. Die Vergütung ist in einem solchen Fall zwar zurückzugewähren, jedoch behält das Aufsichtsratsmitglied seinen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Herausgabe der f ü r die geleistete Tätigkeit erlangten Bereicherung; mit diesem Anspruch kann jedoch nicht gegen den Rückgewährungsanspruch der Gesellschaft aufgerechnet werden. Es müßten im Konfliktfall also unter Umständen zwei Prozesse geführt werden. d) Kreditgewährung. Durch das Aktiengesetz 1965 wurde in § 115 AktG 3 6 in Anlehnung an (jetzt) § 15 K W G eine Vorschrift eingefügt, die Kreditgewährungen an Aufsichtsratsmitglieder nicht unterbinden, aber, um Mißbräuche zu verhindern, unter Kontrolle stellen sollte (Begründung bei Kropff S. 160). Diese Vorschrift entspricht in etwa dem mit der Novelle 1980 eingeführten § 43a, wonach Kredite an Geschäftsführer und leitende Angestellte der G m b H nicht aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens gewährt werden dürfen. Für den fakultativen Aufsichtsrat, teils auch f ü r den obligatorischen, gilt § 115 AktG mangels Verweisung in § 52 Abs. 1, § 3 KapAnlG und § 77 Abs. 1 BetrVG nicht; so auch Baumbach-Hueck 39; anders § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG. 12. Sorgfaltspflichten a) Allgemeines. Die Sorgfaltspflichten der Mitglieder des Aufsichtsrats der 3 7 G m b H bestimmen sich nach § 116 i.V.m. 93 Abs. 1 und 2 AktG. Es gelten also für den fakultativen Aufsichtsrat die Absätze 3 bis 6 des § 93 nicht. Die Aufsichtsratsmitglieder haben bei der Amtsausübung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG). Dabei ist, anders als bei dem Haftungsmaßstab gegenüber Geschäftsführern (dazu § 43 Abs. 1), davon auszugehen, daß das einzelne Aufsichtsratsmitglied nur die Sorgfalt bei der ihm obliegenden Überwachung der Geschäftsführung anwenden muß, zu der es aufgrund Ausbildung, Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage ist (h.L. Schilling in Hachenburg 140; Eder in Handbuch der G m b H I 485.2; s. aber mehr objektivierend Baumbach-Hueck 14. Aufl. 41; Fischer/Lutter 31). Der Haftungsmaßstab ergibt sich aus §276 BGB; auf die Einschränkung nach § 708 BGB kann sich ein Aufsichtsratsmitglied i.d.R. auch dann nicht berufen, wenn es (Mehrheits-)Gesellschafter der G m b H ist (vgl. B G H 2 87, 87; 69, 207, 220). Auf die Richtigkeit und VollstänMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

digkeit der von außenstehenden Sachverständigen vorgelegten Unterlagen, etwa dem Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk qualifizierter Abschlußprüfer, kann er sich in der Regel verlassen. Ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zur aktienrechtlichen Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern liegt in der unterschiedlichen Stellung und Funktion des fakultativen Aufsichtsrats einer G m b H begründet (Scholz-Schneider 330). Das kann aber u. U. auch bei umfassenden Kompetenzen zu einer schärferen Haftung führen (vgl. dazu B G H W M 79,1425 für den Beirat einer Publikums-KG). 38

b) Verschwiegenheitspflicht. Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, das Gesetz erwähnt namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Stillschweigen zu bewahren (§ 93 Abs. 1 Satz 2 AktG). Dabei bezieht sich diese Verschwiegenheitspflicht nur auf solche vertraulichen Angaben und Geheimnisse, die den Mitgliedern durch ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat bekannt geworden sind. Entscheidendes Merkmal für die Frage nach der Vertraulichkeit sind die objektiven Interessen der GmbH, was das Aufsichtsratsmitglied selbst eigenverantwortlich prüfen und entscheiden muß (BGHZ 64, 325). Insbesondere sind als vertraulich Stimmabgaben und Stellungnahmen der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder anzusehen, wenngleich gerade in mitbestimmten Aufsichtsräten sich hier Konfliktsituationen ergeben können (dazu Gaul GmbH-Rdsch. 86, 296); über Art und Umfang der Regelungen mitbestimmter GmbH zur Verschwiegenheitspflicht in Gesellschaftsvertrag oder Geschäftsordnung des Aufsichtsrats s. Theisen GmbH-Rdsch. 79, 134. Im fakultativen Aufsichtsrat kann die Verschwiegenheitspflicht beliebig verschärft oder eingegrenzt werden (Lutter Information und Vertraulichkeit, 2. Aufl., S. 242; Fischer/Lutter 16).

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c) Ersatzansprüche. § 93 Abs. 2 AktG sieht vor, daß Aufsichtsratsmitglieder bei Pflichtverletzungen als Gesamtschuldner der GmbH gegenüber auf Schadensersatz haften. Ist die Frage der Verletzung der Sorgfaltspflicht streitig, so trifft das Aufsichtsratsmitglied die Beweislast. Die Geltendmachung der Ansprüche der Gesellschaft obliegt den Geschäftsführern. § 46 Nr. 8 ist nicht anwendbar. Die Gesellschafter können aber über das den Geschäftsführern gegenüber bestehende Weisungsrecht (§ 46, 31) Einfluß nehmen. Einschränkungen bezüglich Verzicht oder Vergleich über die Ersatzansprüche (vgl. § 93 Abs. 4 AktG) kommen hinsichtlich des fakultativen Aufsichtsrats nicht in Betracht, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag verschärft den Haftungsumfang entsprechend. Die Haftung entfällt, wenn die die Ersatzpflicht auslösende Handlung auf einem gesetzmäßigen Gesellschafterbeschluß beruht (entsprechend § 43 Abs. 3 Satz 3).

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d) Verjährung (Abs. 3). Gem. § 52 Abs. 3 verjähren die Ersatzansprüche gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern in fünf Jahren (BGHZ 87, 87). Diese Vor1438

fvleyer-Landrut

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Aufsichtsrat

schrift wird teilweise als zwingend angesehen (BGHZ 64, 245; zweifelnd Schilling in Hachenburg 148). Da es den Gesellschaftern nach Abs. 2 freisteht, einen Aufsichtsrat zu bestellen, und da die Vorschriften des AktG nur gelten, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, muß es diesem auch unbenommen sein, aktienrechtliche Haftungsvorschriften auszuschließen oder einzuschränken (Baumbach-Hueck 45; Roth 4), wenn auch damit eine Haftung für Vorsatz unberührt bleibt (§ 276 Abs. 2 BGB). Mit dem Wegfall der aktienrechtlichen Haftungsvorschriften wird auch Abs. 3 gegenstandslos. 13. Innere Ordnung a) Gesetzliche Regelung. Durch die Verweisungen in § 52 Abs. 1 ist klarge- 41 stellt, daß die Vorschriften des AktG über den Aufsichtsrat im GmbH-Recht nur teilweise entsprechend anwendbar sind. Nicht anwendbar sind etwa die Vorschriften über die Zahl und Zusammensetzung des Aufsichtsrats und damit die Vorschriften der §§ 96 bis 99 AktG betreffend das dort geregelte gerichtliche Verfahren (s. aber Rdn. 51 bzw. 54 bei obligatorischem Aufsichtsrat). Eingeschränkt ist auch, im Vergleich zum Aktienrecht, das Informationsrecht bzw. die korrespondierende Pflicht zur Berichterstattung durch die Geschäftsführung (Rdn. 26). Auch die Regelungen betreffend die persönlichen Voraussetzungen der Wählbarkeit sind nur teilweise anwendbar (Rdn. 10 a.E.). Nicht anwendbar sind im Bereich des fakultativen Aufsichtsrats der G m b H auch die §§ 106 bis 109 AktG (Baumbach-Hueck 13. Aufl 2A; offenbar a.A. 14. Aufl. 47; Fischer/Lutter 17; s. auch Rowedder-Koppensteiner 10; Bartl/Henkes 497). § 106 entspricht der Regelung in Abs. 2 Satz 2 (Rdn. 44). § 107 AktG betreffend die innere Ordnung des Aufsichtsrats ist jedoch nicht anwendbar trotz des Fehlens einer entsprechenden oder ähnlichen Regelung im GmbHRecht (Schilling in Hachenburg 91). Ebenso ist § 108 AktG über die Beschlußfähigkeit und Beschlußfassung des Aufsichtsrats nicht entsprechend anwendbar, wie auch § 109 AktG über die Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse (Schilling in Hachenburg 102 bzw. 115). Etwas anderes gilt nur, wenn ein obligatorischer Aufsichtsrat zu bilden ist (Rdn. 51 bzw. Rdn. 54). b) Satzungsmäßige Gestaltung. Mangels entsprechender Anwendbarkeit 4 2 insbesondere der §§ 107 bis 109 AktG ist es im Bereich des fakultativen Aufsichtsrats Sache der Satzung oder einer Geschäftsordnung, für den Aufsichtsrat Regelungen betreffend dessen innere Ordnung zu treffen. Dabei steht es der Gesellschaftermehrheit frei, die aktienrechtlichen Bestimmungen ganz oder teilweise zu übernehmen oder bewußt Abweichendes zu bestimmen, wie etwa von der Wahl eines Vorsitzenden abzusehen, die Bildung von Ausschüssen nicht zuzulassen, Abweichendes von den Regelungen über die Niederschrift, etwa die Anfertigung von Wortprotokollen zu verlangen und ähnliMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

ches mehr. Auch die Beschlußfassung kann abweichend vom Aktienrecht geregelt werden etwa durch das Erfordernis der Einstimmigkeit oder Vollzähligkeit bei Beschlußfassungen oder durch unterschiedlich bewertete Stimmrechte einzelner Mitglieder. Problematisch kann die Frage nach den geltenden Regelungen bei Fehlen satzungsmäßiger Bestimmungen bzw. einer Geschäftsordnung sein. In einem solchen Falle muß zunächst auf das Vereinsrecht des BGB zurückgegriffen werden. Das gilt insbesondere für die Form der Entscheidungen im Beschlußwege (Schilling in Hachenburg 102). Es ist im übrigen nicht angängig, die bewußte Entscheidung des Gesetzgebers, die Regelung des Aktienrechts insbesondere zur inneren Ordnung des Aufsichtsrats für das GmbH-Recht für nicht entsprechend anwendbar zu erklären (Baumbach-Hueck 13. Aufl. 2A), dadurch in Frage zu stellen, daß man die für nicht anwendbar erklärten Vorschriften mit der Begründung entsprechend anwendet, daß sie allgemein verbindliche Grundsätze beinhalten (vgl. etwa Eder in Handbuch der G m b H 3. Aufl. I, 481; Rowedder-Koppensteiner aaO). Vielmehr wird man bei Fehlen oder lückenhafter satzungsmäßiger Regelung oder einer Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat aus dem Gesamtzusammenhang der Satzung und aus der Natur der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Bindungen die für den Einzelfall anwendbaren Regelungen ermitteln müssen. Daß insoweit dann auch im Aktienrecht niedergelegte allgemeine Grundsätze, wie etwa derjenige der Beschlußfähigkeit des Aufsichtsrats auch bei fehlender Vollzähligkeit (§ 108 Abs. 1 Satz 4 AktG), anwendbar sein können, zeigt B G H W M 83, 836.

14. Steuern 43

a) Einkommensteuer. Die Vergütungen der Mitglieder des Aufsichtsrats sind als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gem. § 18 Abs. 3 EStG steuerpflichtig; bei beschränkter Steuerpflicht wird nach § 50 EStG Aufsichtsratssteuer in Höhe von 30% der Vergütung im Wege des Steuerabzugs erhoben; insoweit haftet für die Steuer die Gesellschaft. Entsprechendes gilt für die Vergütung der Beiräte oder sonstiger Uberwachungsorgane der G m b H (Tillmann in Handbuch der G m b H III, 587, 590). b) Umsatzsteuer. Die Aufsichtsratstätigkeit ist im Sinne des UStG eine selbständige Betätigung (BFH BStBl 72, II, 810); die Aufsichtsratsvergütungen stellen daher steuerpflichtige Umsätze dar, die nach dem jeweiligen Regelsteuersatz (ζ. Z. 14%) gem. § 12 Abs. 1 UStG besteuert werden. Leistungsort für die Aufsichtsratsmitgliider ist nach § 3a Abs. 1 UStG 1980 regelmäßig ihr Geschäfts- oder Wohnsitz (Vfg O F D Frankfurt vom 30. 4. 1980). Liegt der Geschäfts· oder Wohnsitz außerhalb des Gebiets der EWG, so gilt die Leistung der Aufsichtsratsmitglieder als am Sitz der Gesellschaft erbracht (§ 1 Nr. 1 U S t D V O 1980). 1440

Meyer-Landrut

Aufsichtsrat

§

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Für Aufsichtsratsmitglieder, deren gesamter steuerpflichter Umsatz D M 20 000,— einschließlich Umsatzsteuer im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überstiegen und im laufenden Kalenderjahr D M 100 000,— voraussichtlich nicht übersteigen wird, wird nach § 19 Abs. 1 UStG 1980 die geschuldete Umsatzsteuer aus Vereinfachungsgründen nicht erhoben. Der Steuerpflichtige kann aber nach § 19 Abs. 2 UStG auf die Anwendung der Steuerbefreiung verzichten; in diesem Fall gilt für die Umsätze bis zu DM 60 000,— jährlich ein degressiv gestalteter Steuerabzugsbetrag. c) Körperschaftssteuer. Bei der Gesellschaft sind die Vergütungen, die an die Mitglieder des Aufsichtsrats oder entsprechende Überwachungsorgane gezahlt werden, nur zur Hälfte als Aufwendungen abziehbar (§10 Nr. 3 KStG 1977). Das gilt auch für Vergütungen, die an Mitglieder eines Überwachungsorgans gezahlt werden, das neben einem bestehenden Aufsichtsrat eingerichtet ist (BFH BStBl. 1181,623).

III. Anmeldungs- und Veröffentlichungspflichten (Abs. 2) 1. Zwingende Regelung. Abs. 2 ordnet entsprechend der Regelung in § 106 4 4 AktG an, daß jede Bestellung zum Mitglied des Aufsichtsrats bekanntzumachen ist. Die Bekanntmachung hat im Bundesanzeiger und in den Gesellschaftsblättern zu erfolgen. Falls im Gesellschaftsvertrag keine Gesellschaftsblätter genannt sind, erfolgt die Veröffentlichung in den vom zuständigen Registergericht gem. §§ 10, 11 H G B für amtliche Veröffentlichungen bestimmten Blättern. Entsprechende Belegexemplare sind zu den Registerakten einzureichen. Eine Eintragung im Handelsregister erfolgt nicht (s. auch § 8, 32). Die Pflicht zur Bekanntmachung und Einreichung trifft die Geschäftsführer. Sie können gem. § 14 H G B durch Zwangsgeld zur Einreichung und damit mittelbar auch zur Bekanntmachung angehalten werden. Der Inhalt der Bekanntmachung ist nicht geregelt. Da Abs. 2 Satz 1 für den ersten Aufsichtsrat auf § 40 Abs. 1 Nr. 4 AktG verweist, wird man diese Vorschrift auch im Reglungsbereich des Abs. 2 Satz 2 entsprechend anwenden müssen und die Veröffentlichungspflicht somit auf Namen, Beruf und Wohnort der neubestellten Aufsichtsratsmitglieder erstrecken (Baumbacb-Hueck 14. Aufl. 72; Rowedder-Koppensteiner 20; Fischer/Lutter 32; Scholz-Schneider 364; Eder in Handbuch der G m b H I, 480.25). Die Pflicht aus Abs. 2 Satz 2 entsteht bei jeder Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds wie auch bei jeder Entsendung. Seinem Wortlaut nach greift Abs. 2 Satz 2 auch ein, wenn ein Mitglied des Aufsichtsrats wiedergewählt bzw. wieder entsandt wird. In diesem Fall entfällt jedoch die Bekanntmachungspflicht. Die Worte des Gesetzes „jede spätere Bestellung" stehen im Zusammenhang mit Abs. 2 Satz 1 und drücken nur aus, daß eine Bestellung nach Eintragung der G m b H von Abs. 2 Satz 2 erfaßt wird, nicht aber, daß jeder Bestellungsakt und damit auch jede Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung Wiederbestellung zu veröffentlichen sei. Auch nach § 106 AktG ist nur der Wechsel von Aufsichtsratsmitgliedern bekanntzumachen. Die Bekanntmachungspflicht erstreckt sich somit auf die erstmalige Errichtung eines Aufsichtsrats nach Eintragung der GmbH, jede Neubestellung und jedes Ausscheiden von Aufsichtsratsmitgliedern. Abs. 2 Satz 2 ist zwingend und kann satzungsmäßig nicht abbedungen werden. Dies ergibt sich schon daraus, daß hier, anders als in Abs. 1, ein Satzungsvorbehalt fehlt und folgt auch aus den Intentionen des Gesetzgebers, eine Offenlegung der Mitglieder des Aufsichtsrats sicherzustellen (Schilling in Hachenburg 47; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 1; Roth 3; Rowedder-Koppensteiner 20; LG Hildesheim M D R 7 1 , 1 3 9 ) . 45

2. Erster Aufsichtsrat. Im Gegensatz zum Rechtszustand vor der Aktienrechtsreform von 1965 (dazu Quecke GmbH-Rdsch. 58, 117) gelten jetzt für Bestellung, Amtszeit, Amtspflichten und Amtsende des ersten Aufsichtsrats, auch des vor der Eintragung der GmbH bestellten, keine Besonderheiten {Deutler D B 69, 691). Allerdings steht es den Gesellschaftern frei, insoweit besondere Regelungen zu treffen. Nur die Veröffentlichungspflicht ist für den vor Eintragung der GmbH eingerichteten Aufsichtsrat in Abs. 2 Satz 1 gesondert geregelt. Die Geschäftsführer haben hier bei Anmeldung der GmbH zur Eintragung im Handelsregister neben den in § 8 genannten Unterlagen (s. auch § 8, 32) auch die Urkunde über die Bestellung des Aufsichtsrats beizufügen (§ 37 Abs. 4 Nr. 3 AktG). Da die Bestellung des Aufsichtsrats keinen notariell beurkundeten Beschluß voraussetzt, reicht der schriftliche Bestellungsbeschluß des Wahlorgans aus. Eine Eintragung im Handelsregister erfolgt nicht. Das Gericht veröffentlicht jedoch Namen, Beruf und Wohnort der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats zusammen mit der Veröffentlichung der Eintragung der GmbH im Bundesanzeiger und in den amtlichen Veröffentlichungsblättern (§ 40 Abs. 1 Nr. 4 AktG). Auch Abs. 2 Satz 1 ist aus den oben zu Rdn. 44 genannten Gründen zwingend. Wird der erste Aufsichtsrat nach Eintragung der GmbH bestellt, so gelten die Bekanntmachungspflichten des Abs. 2 Satz 2.

I V . Aufsichtsratsähnliche G r e m i e n 46

1. Funktionen. Soweit bei einer GmbH ein obligatorischer Aufsichtsrat nicht zu errichten ist, findet sich in der Praxis die Bestellung von Verwaltungsund Beiräten mit aufsichtsratsähnlicher oder auch anderen Funktionen, die allerdings dann im Gesellschaftsvertrag näher definiert sind (s. auch Rdn. 47). Regelungen über die innere Ordnung des Beirats, die Bestellung, Abberufung und sonstige Rechtsstellung seiner Mitglieder können, brauchen aber nicht im Gesellschaftsvertrag festgesetzt zu werden (Voormann aaO s. 149 ff; MeyerLandrut Großkomm. AktG 3. Aufl. § 95, 7). Die Praxis begnügt sich teils mit 1442

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§52

Aufsichtsrat

außerhalb der Satzung erlassenen Geschäftsordnungen, deren Festlegung der Gesellschafterversammlung, der Geschäftsführung und auch dem Beirat selbst überlassen werden kann. Grundsätzlich gelten für die aufsichtsratsähnlichen Gremien, soweit der Gesellschaftsvertrag oder eine Geschäftsordnung nichts Abweichendes bestimmen, entsprechend die in Abs. 1 genannten aktienrechtlichen Vorschriften (Mertens FS Stimpel, 1985, 418), und es gelten auch zwingend die Veröffentlichungspflichten des Abs. 2 (LG Hildesheim M D R 71, 139; Roth 3). Beiräte werden aber nicht nur zur Überwachung der Geschäftsführung errichtet. Es finden sich auch einerseits reine Beratungsgremien, wie andererseits Gremien mit Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung. Zum Umfange der Informationsrechte eines Beirats zur Wahrung der Rechte Stiller Gesellschafter einer G m b H s. OLG Düsseldorf, W M 85, 872. Auch Beiräte als Gesellschafterausschüsse zur Vorbereitung oder Entscheidung von geschäfts- oder personalpolitischen Grundsatzfragen sind bekannt; diese können weisungsgebunden im Verhältnis zur Gesellschafterversammlung ausgestattet sein. Soweit gesetzlich zwingende Regelungen nicht entgegenstehen, können auch Funktionen der Gesellschafterversammlung i.S. von § 46 etwa auf einen Beirat delegiert werden; insoweit zur Gewinnverwendung s. OLG Düsseldorf W M 82, 649. In solchen Fällen sind mangels anderweitiger Regelungen die Bestimmungen über die Rechtsstellung der Gesellschafter für den Beirat entsprechend heranzuziehen (Mertens aaO S. 419). Auch kann die Satzung weitgehend Geschäftsführungsmaßnahmen auf einen Beirat oder Aufsichtsrat übertragen (dazu §§ 35 bis 38, 75). Unterschiedlichste Arten der personellen Besetzung sind möglich, etwa Besetzung nur mit Gesellschaftern oder Gesellschaftervertretern wie auch nur oder teilweise mit Außenstehenden, wie auch durch Beteiligung der Geschäftsführer, etwa in Anlehnung an einen englischrechtlichen Board of Directors. Werden Befugnisse der Gesellschafterversammlung auf einen Beirat übertragen, so sind dessen Beschlüsse wie die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung anfechtbar (OLG Düsseldorf aaO; s. § 47, 87). Im Rahmen der Satzungsautonomie können auch Ehrenämter mit oder ohne Funktion geschaffen werden, wie Ehrenvorsitzende oder Ehrenmitglieder eines Aufsichts- oder Beirats; die im Aktienrecht geltenden Einschränkungen gelten im GmbH-Recht nur hinsichtlich eines obligatorischen Aufsichtsrats (dazu Lutter ZIP 84,645). Wird ein Beirat neben einem obligatorischen Aufsichtsrat errichtet, so können ihm nur Funktionen übertragen werden, die nicht zu den jeweiligen gesetzlichen Zuständigkeiten des obligatorischen Aufsichtsrats gehören (§ 45, 7). Das würde etwa für reine Beratungs- oder Repräsentationsfunktionen zutreffen wie auch für Beiräte, die nur Rechte und Funktionen der Gesellschafter wahrnehmen (Raiser MitbestG § 25, 114). Hier gilt allerdings insofern eine Einschränkung, als das den Gesellschaftern auch in der mitbestimmten G m b H verbliebene Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern nicht auf Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

einen mit Nichtgesellschaftern besetzten Beirat übertragen werden kann (Fitting/Wlotzke/Wissmann MitbestG § 25, 64; Hommelhoff ZGR 78, 153; Hanau/ Ulmer MitbestG §25, 143; s. auch noch weitgehend Voormann a a O S. 89 ff; a. A. Mertens aaO S. 424; 428; Scholz-Priester 40; Schilling in Hachenburg 30; Hölters GmbH-Rdsch. 80, 50). Zur Abgrenzung der Beiratstätigkeit zu anderen Funktionen, insbesondere einer freiberuflichen Beratungstätigkeit s. B G H 81,1281 = ZIP 81, 1205. 47

2. Haftung. Die Haftung der Mitglieder aufsichtsratsähnlicher Verwaltungs- oder Beiräte richtet sich in erster Linie nach den satzungsmäßigen Funktionen des betreffenden Gremiums. Soweit im wesentlichen Aufsichtsrats- und Uberwachungsfunktionen wahrzunehmen sind, richtet sich die H a f tung in der Regel nach den entsprechend anwendbaren aktienrechtlichen Vorschriften (Rdn. 37; im einzelnen Voormann a a O S. 199 ff m.w.N.). Soweit die Beiratsmitglieder auf Weisung der Gesellschafterversammlung handeln, entfällt regelmäßig eine Haftung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftern (Hölters Der Beirat der GmbH, S. 50). Wieweit Beiräte mit Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführung auch berechtigt sein können, Minderheitsinteressen wahrzunehmen, ist angesichts der rechtlich und faktisch kaum faßbaren Gestaltungsvielfalt nur im Einzelfall abgrenzbar (s. einerseits Hölters BB 77,105; einschränkend Verhoeven BB 78, 335).

V. Bilanzprüfung durch den Aufsichtsrat 48

1. Die frühere Rechtslage. Nach § 171 AktG a. F. hatte der Aufsichtsrat den Jahresabschluß, den Geschäftsbericht und den Vorschlag für die Verwendung des Bilanzgewinns zu prüfen und über das Ergebnis schriftlich an die Hauptversammlung zu berichten. Diese Vorschrift war bis zum Inkrafttreten des BilRichtlG, dem 1.1.1986, für den fakultativen Aufsichtsrat der G m b H nicht entsprechend anwendbar, sofern nicht satzungsmäßige Regelungen bestanden. Dagegen galt § 171 AktG im Bereich des § 77 BetrVG 1952, § 3 KapAnlG und des § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG für Gesellschaften mit obligatorischem Aufsichtsrat, allerdings mit der Einschränkung, daß das Prüfungsrecht sich auf den Jahresabschluß beschränkte, wenn die Geschäftsführung einen Geschäftsbericht und einen Gewinnverwendungsvorschlag nicht vorzulegen hatte (s. Rdn. 54). War eine G m b H nach dem PublG zur Rechnungslegung verpflichtet, so hatte eine Prüfung von Jahresabschluß, Geschäftsbericht und Prüfungsbericht der Abschlußprüfer in entsprechender Anwendung der §§ 170 Abs. 3, 171 Abs. 1 Satz 2 bis 4, Abs. 3 AktG a.F. durch den Aufsichtsrat dann stattzufinden, wenn bei der G m b H fakultativ oder obligatorisch ein Aufsichtsrat errichtet war. 1444

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§52

Aufsichtsrat

2. Die jetzige Rechtslage. Der RegEntw zu dem BilanzrichtlinieG 4 9 BR-Drucks. 61/82 sah in Ε § 42e ein der Regelung des PublG entsprechendes Prüfungsrecht des Aufsichtsrats f ü r jede G m b H vor, bei der ein Aufsichtsrat errichtet ist. Danach hatte die Geschäftsführung Jahresabschluß, Lagebericht und, soweit zu erstellen, den Prüfungsbericht der Abschlußprüfer unverzüglich nach Eingang vorzulegen. Der Aufsichtsrat hatte diese Unterlagen und einen etwaigen Vorschlag zur Ergebnisverwendung innerhalb eines Monats zu prüfen und hierüber zu berichten. Dieser Vorschlag ist so nicht Gesetz geworden. Vielmehr ist durch die Einfügung der §§170, 171 AktG in der Fassung gemäß Art. 2 Nr. 29 und 30 BilRichtlG f ü r alle G m b H , die einen Aufsichtsrat, freiwillig oder obligatorisch, gebildet haben, die aktienrechtliche Regelung betreffend die Vorlage des Jahresabschlusses an den Aufsichtsrat und dessen Prüfungsrechte und Pflichten anzuwenden (Art. 3 Nr. 7 BilRichtlG). Damit schließt das Gesetz Lücken die sich nach bisherigem Recht für die Informations- und Mitwirkungsrechte des Aufsichtsrats ergaben (Rdn. 54). Im einzelnen gilt nunmehr auch im GmbH-Recht ausdrücklich, daß die Geschäftsführung den Jahresabschluß und den Lagebericht unverzüglich nach iher Aufstellung dem Aufsichtsrat vorzulegen hat. Ist die G m b H prüfungspflichtig, so erstreckt sich die Vorlagepflicht gemäß § 170 Abs. 1 Satz 2 AktG auch auf den Prüfungsbericht. Das entspricht der Vorlagepflicht gegenüber den Gesellschaftern nach § 42a Abs. 1 n.F. H a t die Gesellschaft einen Aufsichtsrat, so muß den Gesellschaftern mit den Bilanzunterlagen auch der Prüfungsbericht des Aufsichtsrats vorgelegt werden (§ 42a Abs. 1 Satz 3). Somit hat die Vorlage an den Aufsichtsrat der Vorlage an die Gesellschafter voranzugehen. Darüber hinaus hat die Geschäftsführung dem Aufsichtsrat, auch das ist f ü r das GmbH-Recht neu, nunmehr gemäß § 170 Abs. 2 AktG einen Gewinnverwendungsvorschlag in der Gliederung des § 170 Abs. 2 AktG n.F. vorzulegen. Jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied hat das Recht (§ 170 Abs. 3 AktG), von allen Vorlagen der Geschäftsführung Kenntnis zu nehmen und diese ausgehändigt zu erhalten, sofern der Aufsichtsrat nicht etwas anderes beschließt. Der Aufsichtsrat hat das Recht und die Pflicht, den Jahresabschluß, den Lagebericht, den Prüfungsbericht und den Gewinnverwendungsvorschlag zu prüfen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 AktG). Ist der Jahresabschluß zu prüfen, so haben die Abschlußprüfer auf Verlangen des Aufsichtsrats an der Bilanzsitzung teilzunehmen (§ 171 Abs. 1 Satz 2 AktG). Dieses Verlangen kann aber nur der Aufsichtsrat als solcher, nicht einzelne seiner Mitglieder, stellen; anders § 42a Abs. 3 hinsichtlich der einzelnen Gesellschafter. Im Rahmen des Prüfungsrechts kann das einzelne Aufsichtsratsmitglied bei Einsichtnahme in die Prüfungsunterlagen auch einen externen Sachverständigen zuziehen ( B G H Z 85, 293 = W M 83, 9). Nach § 171 Abs. 2 AktG hat der Aufsichtsrat über das Ergebnis seiner P r ü f u n g der Gesellschafterversammlung schriftlich zu berichten. In diesem Bericht ist auch mitzuteilen, wie und in welchem UmMeyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

fang die Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung in dem abgelaufenen Geschäftsjahr durchgeführt worden ist. Bei prüfungspflichtigen Gesellschaften ist ferner gemäß § 171 Abs. 2 AktG n. F. zu dem Ergebnis der Prüfung durch die Abschlußprüfer Stellung zu nehmen. Schließlich hat der Aufsichtsrat am Schluß des Berichts ausdrücklich zu erklären, ob nach dem abschließenden Ergebnis seiner Prüfung Einwendungen zu erheben sind und ob er den von der Geschäftsführung aufgestellten Jahresabschluß billigt. Um eine fristgerechte Verabschiedung durch die Gesellschafterversammlung (§ 42a Abs. 2), in der Regel also bis zum Ablauf der ersten achte Monate des Geschäftsjahres, sicherzustellen, hat der Aufsichtsrat seinen Bericht innerhalb der Frist eines Monats nach Zugang der Prüfungsunterlagen zu erstatten (§ 171 Abs. 3 AktG). Wird der Bericht, auch nicht nach Fristsetzung durch die Geschäftsführung, innerhalb einer weiteren Monatsfrist erstattet, so gilt der Jahresabschluß als vom Aufsichtsrat nicht gebilligt. Für den GmbH-Konzern gilt § 337 AktG i.d.F. von Art. 2 Nr. 76 BiRiLiG, wonach der Aufsichtsrat des Mutterunternehmens die den §§170, 171 AktG entsprechenden Rechte und Pflichten hat. Die entsprechende Anwendbarkeit der §§170, 171 AktG und gegebenfalls § 337 AktG kann durch Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen oder modifiziert werden, allerdings nur in dem Umfange, in dem die Vorschriften des § 171 AktG bei dem obligatorischen Aufsichtsrat maßgeblich bleiben (§§ 77 Abs. 1 BetrVG 1952, 3 KapAnlG und 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG).

VI. Obligatorischer Aufsichtsrat 1. Nach BetrVG 1952 § 77 BetrVG 1952: (1) Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und bergrechtlichen Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit mit mehr als fünfhundert Arbeitnehmern ist ein Aufsichtsrat zu bilden. Seine Zusammensetzung sowie seine Rechte und Pflichten bestimmen sich nach § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, §§ 95 bis 114, 116, 118 Abs. 2, § 125 Abs. 3, §§ 171,268 Abs. 2 des Aktiengesetzes und $ 76 dieses Gesetzes.

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a) Voraussetzungen. Gem. §77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG 1952 ist bei einer G m b H mit mehr als fünfhundert Arbeitnehmern ein Aufsichtsrat zu bilden. Dieser muß gemäß dem entsprechend anwendbaren § 76 Abs. 1 BetrVG 1952 zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen, deren Wahl sich gleichfalls nach § 76 BetrVG 1952 i.V.m. der hier zu erlassenen Wahlordnung vom 18.3. 1953 richtet. Der Gesellschaftsvertrag kann eine weitergehende Arbeitnehmerbeteiligung vorsehen (OLG Bremen N J W 7 7 , 1153). Insoweit bleibt die satzungsmäßige Gestaltungsfreiheit unberührt (Rdn. 14; s. auch Schilling in Hachenburg 79; a. A. Thüsing FS Werner, S. 893). Wie weit die 1446

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Aufsichtsrat

Selbstentmachtung der Gesellschafter zugunsten institutionalisierter Arbeitnehmerinteressen gehen kann, hängt allerdings entscheidend davon ab, ob und wieweit gesetzliche und satzungsmäßige Belange von Minderheitsgesellschaftern betroffen sind (Hommelhoff Z H R (148) 1984, 129 ff). Ist §77 BetrVG 1952 anwendbar, so gelten zwingend die Vorschriften des AktG, auf die in §77 Abs. 1 BetrVG Bezug genommen ist (dazu Rdn. 51). Bei sogenannten Tendenzbetrieben, das sind Unternehmen, die insbesondere politischen, gewerkschaftlichen, karitativen, konfessionellen, erzieherischen und künstlerischen Bestimmungen dienen sowie bei Religionsgemeinschaften und deren karitativen und erzieherischen Einrichtungen entfällt die Pflicht zur Errichtung eines Aufsichtsrats mit Arbeitnehmerbeteiligung (§ 81 BetrVG 1952). Für den ersten Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG 1952 gilt, daß dieser grundsätzlich erst nach Errichtung der G m b H zu bilden ist. Der Fall der Aufsichtsratsbestellung bei Sachgründung ist im GmbH-Recht nicht geregelt (anders § 31 AktG). Streitig ist, ob § 77 BetrVG bereits unmittelbar für die Vorgesellschaft gilt (so zutreffend Schilling in Hachenburg 48; Rowedder-KoppensteinerlT) oder ob § 31 Abs. 3 AktG entsprechend anzuwenden ist (so BaumbachHueck 14. Aufl. 88). Wird die GmbH mit Erreichen der Zahl von fünfhundert Arbeitnehmern aufsichtsratspflichtig, so findet das Verfahren nach § 97 AktG statt, wenn die G m b H bereits einen fakultativen Aufsichtsrat hat (Schilling in Hachenburg 49). Andernfalls sind durch die Gesellschafter und die Arbeitnehmer die Wahlen zum Aufsichtsrat durchzuführen. Mangels satzungsmäßiger Regelung besteht der Aufsichtsrat gemäß dem anwendbaren § 95 Satz 1 AktG aus drei Mitgliedern. Einzige Sanktion bei Obstruktion ist der Antrag auf gerichtliche Bestellung gem. § 104 AktG. Sinkt die Zahl der Arbeitnehmer auf in der Regel (so Fischer/Lutter 20; Scholz-Schneider 28) weniger als fünfhundert, so entfällt die Anwendbarkeit von § 77 BetrVG 1952, wenn unter Einschätzung der zukünftigen Entwicklung mit einer nicht nur vorübergehenden Schwankung der Zahl der Arbeitnehmer zu rechnen ist (LG Stuttgart DB 84, 2551 = BB 84, 2082). Bei einem herrschenden Unternehmen ist gemäß § 77a BetrVG 1952 ein Aufsichtsrat zu bilden, wenn die Zahl der Arbeitnehmer von fünfhundert unter Einbeziehung der Arbeitnehmer der abhängigen Unternehmen erreicht ist und das abhängige Unternehmen eingegliedert ist (entsprechend §319 ff AktG) oder zwischen den Unternehmen ein Beherrschungsvertrag besteht (dazu § 291 AktG). Auf die Rechtsform des abhängigen Unternehmens kommt es nicht an (unrichtig Stassburg BB 79, 1070). b) Anwendbare Vorschriften. Auf den obligatorischen Aufsichtsrat gemäß 51 § 77 BetrVG finden außer den für den fakultativen Aufsichtsrat anwendbare Vorschriften des AktG (Rdn. 4) ergänzend folgende Bestimmungen des AktG Anwendung: Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

§ 95 Satz 2 und 3 AktG über eine höhere Mitgliederzahl als drei und die Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder (s. dazu auch Rdn. 8); §§ 96 bis 99 AktG über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie die Bekanntmachung bei Änderung der Zusammensetzung, sowie das gerichtliche Verfahren bei Streit über die Zusammensetzung; § 100 Abs. 2 Nr. 1 und 3, Abs. 3 und 4 AktG, wonach über die für den fakultativen Aufsichtsrat hinausgehenden persönlichen Voraussetzungen (Rdn. 9 und 10) noch die Höchstzahl der Aufsichtsratssitze auf zehn begrenzt wird, sogenannte Uberkreuzverflechtungen unzulässig sind und die persönlichen Voraussetzungen der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ergänzend durch Bezugnahme u. a. auf das BetrVG 1952 bestimmt werden; § 101 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 AktG mit der Regelung über Entsendungsrechte sowie die Möglichkeit, Ersatzmitglieder für einzelne Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen; § 102 AktG über die Höchstdauer der Amtszeit der Mitglieder des Aufsichtsrats (vgl. Rdn. 15); § 103 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 bis 5 AktG über die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder (s. dazu auch Rdn. 15) einschließlich der Möglichkeit der gerichtlichen Abberufung aus wichtigem Grund und, durch Verweisung auf das BetrVG 1952, die Abwahl der Arbeitnehmervertreter; § 104 AktG über die gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern bei Beschlußunfähigkeit oder Unvollständigkeit. §§ 106 bis 109 AktG. § 106 AktG über die Bekanntmachung der Änderung im Aufsichtsrat entspricht der Regelung in § 52 Abs. 2 Satz 2. Es gelten ferner §107 AktG über die innere Ordnung des Aufsichtsrats (Wahl des Vorsitzenden und von Stellvertretern, Sitzungsniederschrift und Bildung von Ausschüssen), §108 AktG über Aufsichtsratsbeschlüsse, die Beschlußfähigkeit und die Abstimmungsbeteiligung abwesender Mitglieder, sowie Beschlußfassung ohne Sitzung; § 109 AktG über die Teilnahme von Nichtmitgliedern an Aufsichtsrats- und Ausschußsitzungen. § 116 i.V.m. § 93 Abs. 3 bis 6 AktG gelten zusätzlich zu den allgemeinen Regeln über die Sorgfaltspflichten (dazu Rdn. 37 bis 40), also die Aufzählung der namentlich zum Ersatz verpflichtenden Handlungen in Abs. 3 und die Beschränkung der Gesellschaft zu Verfügungen über den Ersatzanspruch. Abs. 6 entspricht § 52 Abs. 3. Es gilt weiterhin § 118 Abs. 2 AktG über das Teilnahmerecht der Aufsichtsratsmitglieder an Gesellschafterversammlungen (dazu § 48,6); § 125 Abs. 3 AktG über das Recht, von der Geschäftsführung von der Einberufung der Gesellschafterversammlung, der Tagesordnung und etwaiger Anträge und Wahlvorschläge einschließlich Begründung und Stellungsnahme dazu unterrichtet zu werden; § 268 Abs. 2 AktG über das Überwachungsrecht des Aufsichtsrats gegenüber den Abwicklern. 1448

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2. N a c h K a p A n l G S 3 KapAnlG Wird die Kapitalanlagegesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter H a f t u n g betrieben, so ist ein Aufsichtsrat zu bilden. Seine Zusammensetzung sowie seine Rechte und Pflichten bestimmten sich nach § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, SS 95 bis 114,116,118 Abs. 2, § 125 Abs. 3, SS 171,268 Abs. 2 des Aktiengesetzes.

E s g e l t e n f ü r d e n bei e i n e r K a p i t a l a n l a g e g e s e l l s c h a f t g e b i l d e t e n A u f s i c h t s r a t s d i e s e l b e n a k t i e n r e c h t l i c h e n V o r s c h r i f t e n , d i e g e m . § 77 B e t r V G 1952 a n z u w e n d e n sind ( R d n . 51). 3. N a c h M i t b e s t G § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG (2)Die Bildung und die Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie die Bestellung und die Abberufung seiner Mitglieder bestimmen sich nach den S§ 7 bis 24 dieses Gesetzes und, soweit sich dies nicht schon aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergibt, nach S 96 Abs. 2, den SS 97 bis 101 Abs. 1 und 3 und den SS 102 bis 106 des Aktiengesetzes mit der Maßgabe, daß die Wählbarkeit eines Prokuristen als Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer nur ausgeschlossen ist, wenn dieser dem zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organ unmittelbar unterstellt und zur Ausübung der Prokura f ü r den gesamten Geschäftsbereich des Organs ermächtigt ist. § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG (1) Die innere O r d n u n g , die Beschlußfassung sowie die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats bestimmen sich nach den SS 27 bis 29, den SS 31 und 32 und, soweit diese Vorschriften dem nicht entgegenstehen, 2. f ü r die Gesellschaften mit beschränkter H a f t u n g und bergrechtliche Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit nach S 90 Abs. 3, 4 und 5 Satz 1 und 2, den SS 107 bis 116, 118 Abs. 2,S 125 Abs. 3 und den SS 171 und 268 Abs. 2 des Aktiengesetzes.

§ 31 Abs. 1 Satz 1 MitbestG (1) Die Bestellung der Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs und der Widerruf der Bestellung bestimmen sich nach den SS 84 und 85 des Aktiengesetzes, soweit sich nicht aus den Absätzen 2 bis 5 etwas anderes ergibt. . . . a) V o r a u s s e t z u n g e n . U n t e r n e h m e n in d e r R e c h t s f o r m d e r G m b H , die in d e r R e g e l m e h r als zweitausend A r b e i t n e h m e r b e s c h ä f t i g e n , h a b e n g e m . § 6 M i t b e s t G e i n e n A u f s i c h t s r a t z u b i l d e n , d e s s e n Z u s a m m e n s e t z u n g s o w i e die Bestell u n g u n d A b b e r u f u n g d e r M i t g l i e d e r sich n a c h d e n §§ 7 bis 24 M i t b e s t G s o w i e d e n §§ 9 6 A b s . 2 , 9 7 bis 101 Abs. 1 u n d 3 u n d §§ 102 bis 106 A k t G b e s t i m m t . E r Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

gänzend für die Wahl der Arbeitnehmervertreter gelten die Erste, Zweite und Dritte Wahlordnung zum MitbestG jeweils vom 23. 6. 1977. Die Bestimmungen des MitbestG gelten unabhängig von der Satzung. Entgegenstehende Vorschriften werden durch §§ 6 Abs. 2 Satz 2, 25 Abs. 2 und 30 MitbestG aufgehoben. Zur noch verbliebenen satzungsmäßigen Gestaltungsfreiheit s. Vollmer Z G R 7 9 , 135. Gesellschafterbeschlüsse, die Satzungs- oder Geschäftsordnungsbestimmungen zum Gegenstand haben, die gegen zwingende Vorschriften des MitbestG verstoßen, sind nichtig (BGHZ 83, 106, 144, 151 = W M 82, 359, 363, 365). Zur Geltendmachung der Nichtigkeit sind außer Gesellschaftern und den Geschäftsführern auch die Mitglieder des Aufsichtsrats entsprechend § 249 AktG befugt (BGH W M 83, 1378). Ist eine G m b H persönlich haftender Gesellschafter einer GmbH & Co. KG und hält die Mehrheit der die Stimmen oder Anteile innehabenden Kommanditisten auch die Mehrheit der Stimmen oder Anteile der GmbH, so gelten die Arbeitnehmer der Kommanditgesellschaft als Arbeitnehmer der G m b H mit der Maßgabe, daß bei mehr als zweitausend Arbeitnehmern das MitbestG anzuwenden ist (§ 4 MitbestG); das gilt nur dann nicht, wenn die Komplementär-GmbH ihrerseits einen Aufsichtsrat nach BetrVG 1952 zu bilden hat. 54

b) Anwendbare Vorschriften. Für den nach dem MitbestG zu bildenden obligatorischen Aufsichtsrat einer G m b H sind die für den fakultativen Aufsichtsrat nach GmbH-Recht (Rdn. 4) und den obligatorischen Aufsichtsrat nach BetrVG 1952 (Rdn. 51) anwendbaren aktienrechtlichen Vorschriften mit gewissen Abweichungen und weitergehenden Bestimmungen des Aktienrechts und des MitbestG zwingend anzuwenden. Für die Bildung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie für Bestellung und Abberufung der Mitglieder gelten außer den §§ 96 Abs. 2 bis 99 AktG über Bekanntmachung und das Verfahren bei Streit über die Zusammensetzung auch weitergehend die §§ 100 bis 106 AktG, allerdings mit der Einschränkung, daß ein Entsendungsrecht entsprechend § 101 Abs. 2 AktG im Geltungsbereich des MitbestG nicht begründet werden kann und daß nach § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG Prokuristen nur dann nicht als Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer wählbar sind, wenn sie unmittelbar der Geschäftsführung unterstellt sind und Prokura für den gesamten Geschäftsbereich der Geschäftsführung haben, während § 105 Abs. 1 AktG u. a. jeden Prokuristen von der Wählbarkeit zum Aufsichtsrat ausschließt (Rdn. 11). Die Verweisungen auf das Aktienrecht in § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG dekken sich, soweit nicht die mitbestimmungsrechtlichen Sondervorschriften über den Vorsitzenden des Aufsichtsrats und dessen Stellvertreter, Beschlußfähigkeit und Abstimmungen, eingreifen (§ 27 bis 29 MitbestG), mit den Verweisungen in §77 BetrVG 1952 (Rdn. 51) auch insoweit, als die Berichtspflicht der Geschäftsführung an den Aufsichtsrat eingeschränkt ist (keine Pflicht zu regelmäßiger Berichterstattung gem. § 90 Abs. 1 und 2 AktG; im einzelnen 1450

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Aufsichtsrat

Rdn. 26). Weitergehend gilt für die Mitglieder des mitbestimmten Aufsichtsrats § 115 AktG (vgl. Rdn. 36). Die Verweisung allein auf § 171 AktG ging insoweit ins Leere, als die Geschäftsführung auch einer mitbestimmten G m b H bisher gesetzlich nicht verpflichtet war, einen Geschäftsbericht zu erstellen und einen Gewinnverwendungsvorschlag zu unterbreiten (Meyer-Landrut/ Westhoff DB 80, 2376). Diese Lücke schließt das BiRiLiG durch Ausdehnung der Verweisung auf § 170 AktG (im einzelnen Rdn. 49). c) Weisungsrechte der Gesellschafter. Durch das MitbestG ist das allge- 5 5 meine Weisungs-, Kontroll- und Aufsichtsratsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber der Geschäftsführung, wie es sich aus den §§ 45, 37 ergibt, grundsätzlich nicht eingeschränkt, auch nicht durch die Regelung in § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG; wonach bei zustimmungspflichtigen Geschäften die Gesellschafterversammlung den Aufsichtsrat mit drei Viertel Mehrheit überstimmen kann (vgl. § 45, 4; h.L. vgl. Schilling in Hachenburg 12; Raiser MitbestG § 25, 67; Hanau/Ulmer MitbestG § 25, 66; Eder GmbH-Rdsch. 78, 217; Mertens in Hachenburg §35, 10; Bardof Der Gesellschaftereinfluß S. 83, Trouet DB 82, 29; Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG §25, 92; Wank GmbH-Rdsch. 80, 121; ders. GmbH-Rdsch. 82, 84; einschränkend Fitting/ Wlotzke/Wißmann MitbestG § 25, 63; Rosendahl MitbestGespräch 79, 203 jeweils m.w.N.; s. auch §§ 35—38, 215). Rechtlich unzulässig ist es allerdings, die den Gesellschaftern insoweit verbliebenen Rechte auf ein mit Nichtgesellschaftern besetztes Gremium mit Weisungsbefugnissen gegenüber der Geschäftsführung zu übertragen. Das würde praktisch zur Etablierung einer nicht dem Bestellungs-, Abberufungs- und Überwachungsrecht des mitbestimmten Aufsichtsrats unterliegenden Geschäftsführung führen (Nachweise Rdn. 46). d) Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer. Zwingend gilt für die 56 Bestellung und den Widerruf der Bestellung der Geschäftsführer einer mitbestimmten GmbH § 31 MitbestG i.V.m. §§ 84, 85 AktG. Das bedeutet, daß entgegen § 46 Nr. 5 nicht die Gesellschafterversammlung, sondern allein der mitbestimmte Aufsichtsrat zuständig ist (s. auch § 35—38, 211; § 46, 20). Kommt eine Beschlußfassung über die Bestellung bzw. Abberufung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zustande, so greift das Abstimmungsverfahren nach § 31 Abs. 3 und 4 MitbestG ein (§ 35—38, 216). Im übrigen gelten die Regelungen der §§ 84, 85 AktG, besonders also die Höchstdauer der Bestellung für fünf Jahre (mit der Ubergangsregelung in § 36 Abs. 3 MitbestG), der Widerrufsmöglichkeit nur aus wichtigem Grund und die gerichtliche Ersatzbestellung (§§ 35—38,212 ff). Streitig war zunächst, ob die Anstellungskompetenz, wie in § 84 Abs. 1 Satz 5 AktG vorgesehen, zwingend auch dem GmbH-Aufsichtsrat zugeordnet Meyer-Landrut

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3. Abschnitt. Vertretung und Geschäftsführung

ist oder der Gesellschafterversammlung vorbehalten werden kann (s. einerseits Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 31, 31; Raiser MitbestG § 31, 23; Hanau/Ulmer § 31, 39; Mertens in Hachenburg § 35, 102; Schilling in Hachenburg 132; Krieger Personalentscheidungen S. 280 ff; Baumbach-Hueck 14. Aufl. 185 jeweils m.w.N.; LG Hamburg W M 82, 310 mit zust. Anm. von Theisen DB 82, 265; andererseits OLG Hamburg W M 83, 130 = DB 83, 330; Werner FS R. Fischer 821; Rittner DB 79, 973). Die Frage ist durch B G H Z 89, 48 im Sinne der h.L. (s. auch §§ 3 5 - 3 8 , 218 und § 46, 23) dahin entschieden, daß in der mitbestimmten G m b H wie in der AG Bestellungs- und Anstellungskompetenz zusammenfallen (§31 Abs. 1 MitbestG i.V.m. § 84 AktG). 57

Streitig ist auch, ob die in § 84 Abs. 2 AktG geregelte Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats, einen Vorsitzenden der Geschäftsführung zu ernennen, der Gesellschafterversammlung der mitbestimmten GmbH vorbehalten werden kann. Es wird daraus, daß das MitbestG §§ 30, 31 ausdrücklich nur Bestellung und Widerruf der Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsorgans erwähnt, zu Unrecht geschlossen, daß für die G m b H die Zuständigkeit des Aufsichtsrats zur Bestimmung des Vorsitzenden gem. § 84 Abs. 2 AktG nicht zwingend ist (Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG §31, 47; anders und wohl richtig Mertens in Hachenburg § 35, 60; Krieger aaO S. 297 f; Fitting/Wlotzke/Wißtnann MitbestG § 30, 6; ferner §§ 35 bis 38, 225). Die Bestellung eines Sprechers der Geschäftsführung ohne die Sonderstellung eines Vorsitzenden kann im Rahmen einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung erfolgen. Hier ist die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung durch das MitbestG nicht eingeschränkt; § 77 Abs. 2 AktG gilt nicht für die mitbestimmte GmbH.

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4. Nach Montan-MitbestG. Auch bei einer GmbH, die ein Unternehmen der eisen- und stahlerzeugenden Industrie i.S.v. § 1 Montan-MitbestG betreibt, ist ein Aufsichtsrat zu bilden, auf dessen Rechte und Pflichten uneingeschränkt die Vorschriften des AktG Anwendung finden (§ 3 Abs. 2 Montan-MitbestG). Besonderheiten gelten hinsichtlich der Zusammensetzung und hinsichtlich von Wahl und Abberufung der Arbeitnehmervertreter und des weiteren Mitglieds im Sinne von § 8 Montan-MitbestG. Entsprechendes gilt für den bei einer Montanholding-GmbH zu bildenden mitbestimmten Aufsichtsrat (§§ 1 Abs. 1 MontanMitbestErG i.V.m. § 3 Abs. 2 Montan-MitbestG).

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VIERTER ABSCHNITT Abänderung des Gesellschaftsvertrages

§53

(1) Eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages kann nur durch Beschluß der Gesellschafter erfolgen. (2) Der Beschluß muß notariell beurkundet werden, derselbe bedarf einer Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen Stimmen. Der Gesellschaftsvertrag kann noch andere Erfordernisse aufstellen. (3) Eine Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Leistungen kann nur mit Zustimmung sämtlicher beteiligter Gesellschafter beschlossen werden. Übersicht Rdn.

Rdn. Einleitung 1. Satzungsänderungen (Abs. 1) a) Zuständigkeit b) Korporative Bestandteile c) Einzelfälle d) Begriff e) Änderung durch Zeitablauf f) Änderung durch Gesetz g) Verpflichtung zur Änderung . . . . h) Faktische Änderung i) Unternehmensverträge

1 2 2 3 4 5 6 7 8 9 10

2. FormundBeschlußfassung(Abs.2) a) Notarielle Beurkundung b) Auslandsbeurkundung c) Inhalt der Beschlußfassung d) Mehrheitserfordernisse e) Satzungsmäßige Erfordernisse . . f) Verstöße g) Vollmachten 3. Leistungsvermehrung (Abs. 3) a) Begriff b) Zustimmung der Betroffenen. . . . c) Fehlende Zustimmung

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Schrifttum Esch Die Wirksamkeit von Ergebnisabführungsverträgen im Recht der G m b H , BB 86,272; G«i£ro