Geschichtsschreibung und politischer Wandel im 3. Jh. n. Chr.: Kolloquium zu Ehren von Karl-Ernst Petzold (Juni 1998) anläßlich seines 80. Geburtstags ( 3515074570, 9783515074575


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German Pages 244 [252] Year 1999

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Inhalt
Vorwort
Karl-Ernst Petzold (Tübingen): Grußwort zur Eröffnung
Martin Zimmermann (Tübingen): Enkomion und Historiographie: Entwicklungslinien der kaiserzeitlichen Geschichtsschreibung vom 1. bis zum frühen 3. Jh. n.Chr.
Helmut Krasser (Giessen): Lesekultur als Voraussetzung für die Rezeption von Geschichtsschreibung in der Hohen Kaiserzeit
Thomas A. Schmitz (Kiel): Performing History in the Second Sophistic
Manfred G. Schmidt (Berlin): Politische und persönliche Motivation in Dios Zeitgeschichte
Martin Zimmermann (Tübingen): Herodians Konstruktion der Geschichte und sein Blick auf das stadtrömische Volk
Thomas Hidber (Bern): Zeit und Erzählperspektive in Herodians Geschichtswerk
Hartwin Brandt (Chemnitz): Dexipp und die Geschichtsschreibung des 3. Jh. n.Chr
Christof Schuler (Tübingen): Cyprian: Der christliche Blick auf die Zeitgeschichte
Bruno Bleckmann (Straßburg): Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung: Praxagoras und seine Vorgänger
Stellenregister
Register der Orts- und Personennamen
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Geschichtsschreibung und politischer Wandel im 3. Jh. n. Chr.: Kolloquium zu Ehren von Karl-Ernst Petzold (Juni 1998) anläßlich seines 80. Geburtstags (
 3515074570, 9783515074575

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Martin Zimmermann (Hrsg.)

Geschichtsschreibung und politischer Wandel im 3. Jh. n.Chr. HISTORIA Einzelschriften 127

Franz Steiner Verlag Stuttgart

MARTIN ZIMMERMANN (HRSG.) GESCHICHTSSCHREIBUNG UNDPOLITISCHER WANDEL

IM 3. JH. N. CHR.

HISTORIA ZEITSCHRIFT FÜRALTE GESCHICHTE REVUE D’HISTOIRE · RIVISTA ANCIENNE J OURNAL OF ANCIENT HISTORY

·

DI STORIA ANTICA

·

EINZELSCHRIFTEN HERAUSGEGEBEN VON MORTIMER CHAMBERS / LOS ANGELES HEINZ HEINEN / TRIER FRANÇOIS PASCHOUD / GENEVE HILDEGARD · TEMPORINI / TÜBINGEN / BASEL GEROLD WALSER ·

HEFT 127

FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART

1999

MARTIN ZIMMERMANN (HRSG.)

GESCHICHTSSCHREIBUNG UND

POLITISCHER WANDEL

IM

3.

JH.

N.

CHR.

KOLLOQUIUM ZU EHREN VON KARL-ERNST PETZOLD (JUNI 1998) ANLÄSSLICH SEINES 80. GEBURTSTAGS

FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART

1999

CIP-Einheitsaufnahme Die Deutsche Bibliothek –

[Historia / Einzelschriften] Stuttgart : Historia : Zeitschrift für alte Geschichte. Einzelschriften. – Steiner

Früher Schriftenreihe Reihe Einzelschriften zu:Historia H.127. Geschichtsschreibung undpolitischer Wandel im3. Jh. n.Chr. –1999 Geschichtsschreibung undpolitischer Wandel im3. Jh. n.Chr. / Kolloquium zuEhren vonKarl-Ernst Petzold (Juni 1998) anlässlich Stuttgart : seines 80. Geburtstags. Martin Zimmermann (Hrsg.). – Steiner, 1999 (Historia : Einzelschriften; H. 127) 0 07457– 515– ISBN 3–

ISO 9706

Jede Verwertung des Werkes außerhalb derGrenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig undstrafbar. Diesgilt insbesondere fürÜbersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung odervergleichbare Verfahren sowie fürdieSpeicherung inDatenverarbeitungsanlagen. © 1999byFranz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, SitzStuttgart. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: Druckerei Peter Proff, Eurasburg. Printed inGermany

Inhalt

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Vorwort

Karl-Ernst Petzold (Tübingen): Grußwort zurEröffnung

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Martin Zimmermann (Tübingen): Enkomion undHistoriographie: Entwicklungslinien der kaiserzeitlichen Geschichtsschreibung vom1. bis zumfrühen 3. Jh. n.Chr.

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Helmut Krasser (Giessen): Lesekultur als Voraussetzung für die Rezeption vonGeschichtsschreibung in der Hohen Kaiserzeit

57

Thomas A. Schmitz (Kiel): Performing History in the Second Sophistic

71

Manfred G. Schmidt (Berlin): Politische undpersönliche Motivation Zeitgeschichte

93

Martin Zimmermann (Tübingen): Herodians Konstruktion undsein Blick auf das stadtrömische Volk

Thomas Hidber (Bern): Zeit undErzählperspektive Geschichtswerk

inDios

derGeschichte 119

inHerodians 145

Hartwin Brandt (Chemnitz): Dexipp unddie Geschichtsschreibung des

3. Jh. n.Chr. Christof Schuler (Tübingen): Cyprian: der christliche Blick auf die Zeitgeschichte

169 183

Bruno Bleckmann (Straßburg): Zwischen Panegyrik undGeschichtsschreibung: 203 Praxagoras undseine Vorgänger

Stellenregister Register derOrts- undPersonennamen

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Vorwort

Ein Vorwort zumvorliegenden Band könnte mit einem

detaillierten Forschungsüberblick belegen, daß das Thema ‚Geschichtsschreibung undpolitischer Wandel im3. Jh. n.Chr.‘zudenzentralen Gebieten althistorischer Forschung zählt. Auch der Hinweis, daß die Geschichtsbetrachtung undGeschichtsschreibung dieser Zeit noch viele offene undungelöste Fragen bietet, könnte fallen. Überhaupt wäre der Vermerk angebracht, daßesanüberblicksartigen Darstellungen zurHistoriographie derrömischen Kaiserzeit fehlt. Mitsolchen Hinweisen aufdieDignität desgeplanten Unternehmens befände ich mich freilich bereits im Feld historiographischer Topik, deren kritische Entlarvung undhistorische Einordnung immer wieder Gegenstand derfolgenden Beiträge seinwird. Einderartiger Beginn wärealso verfehlt. Deshalb soll schlicht über das Zustandekommen des Kolloquiums berichtet werden. Bei derBeschäftigung mitdemGeschichtswerk Herodians undmitProblemenkaiserzeitlicher Historiographie habeichbemerkt, daßaucheine Reihe anderer junger Gelehrter sich in denletzten Jahren ausunterschiedlichem Blickwinkel mit demVerhältnis vonLiteratur undGesellschaft derhohen Kaiserzeit undinsbesondere des 3. Jh. n.Chr. befaßt hat. So erschien es wünschenswert, die Kollegen zu einem Austausch inTübingen zusammenzubringen undzugleich dieGelegenheit zu schaffen, neue, aber über Jahre gereifte Überlegungen einer kritischen Öffentlichkeit vorzustellen. Dabei kameine Mischung ausPhilologen, die sich historischen Fragestellungen gegenüber interessiert zeigen, undAlthistorikern, diephilologische Interessen haben, zustande, eine altertumskundliche Sodalitas imtraditionellen Sinnealso. DerPlanung undAbsprache desProgramms lagdasBemühen zugrunde, einen möglichst weitgespannten Überblick über dieEntstehungsbedingungen derLiteratur, unterschiedliche Autoren undihren spezifischen Zugang zuGeschichte im 3. Jh. zugeben. Einleitend werden zunächst, umdieBedingungen derHistoriographen besser verstehen zukönnen, die Entwicklungslinien derkaiserzeitlichen Literatur vom 1. bis zumfrühen 3. Jh. n.Chr. skizziert (M. Zimmermann). Demgenannten Konzept folgend steht amAnfang derSpezialaufsätze einBlick aufdieRezeptionsbedingungen vonLiteratur (H. Krasser), denn diese verraten viel über dengesellschaftlichen Stellenwert derTexte unddamit auch über dasEngagement, mitdem sie verfaßt wurden. Daspersönliche Auftreten unddieInszenierung ihrer Produzentenineiner Performance (Th. Schmitz) ist nicht weniger wichtig füreine korrekte Einschätzung dessen, wasdie Zeitgenossen unter Geschichte verstehen konnten. Bei ihrer Präsentation im öffentlichen Raum, im Zentrum der Gesellschaft also, wurde bewußt aufverläßliche Wiedergabe historischer Zusammenhänge verzichtet. DerVortrag selbst mitallen seinen Bestandteilen wardasentscheidende, Publikum wie Akteure verbindende Element. DaßGeschichte als etwas gesehen wurde, das fernab einer ‚wissenschaftlichen‘Rekonstruktion destatsächlich Geschehenen liegt, verrät viel über die Bereitschaft vonAutoren undLesern bzw. Zuhörern, auf Fak-

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Vorwort

tentreue undRealitätsnähe zuverzichten. Dies ist fürdenmodernen Historiker von hohem Interesse, wennerdieVorstellung derantiken Gesellschaft vonihrer historischen Verankerung zuergründen versucht. Nachdem diese Rahmenbedingungen erhellt sind, folgt dieAnnäherung aneinzelne Autoren derZeit. MitCassius Diowerden wirzunächst einen Autor kennenlernen, derzwar ausderProvinz stammt, aber als Mitglied derReichsaristokratie nahampolitischen Geschehen steht. Diese Nähelastet freilich vonBeginn an–und damit ist er eintypischer Vertreter senatorischer Geschichtsschreibung derKaiserzeit –als schwere Hypothek für seinem Geschichtswerk, denn sie provoziert den Vorwurf derSubjektivität undEinseitigkeit. DaßmandieBezugnahme aufdiePolitik freilich auch überschätzen kannundnicht jeder Abschnitt als Kommentar zur eigenen Zeit zulesen ist, wirdM.G. Schmidt amBeispiel derMaecenasrede zeigen. Ihren provinziellen Blickwinkel haben imGegensatz zuDio die griechischen Geschichtsschreiber Herodian undDexipp nie ablegen können. Ferne zurPolitik, Pflege rhetorisch-literarischer Traditionen undamwenigsten historische Verläßlichkeit zeichnen zunächst dasWerkHerodians aus.Erist alsZeitgenosse, dersehr sorglos mit demhistorischen Fakten umgeht, dennoch interessant, denn sein Blick auf Geschichte verrät nicht zuletzt einiges über die Politikferne vonTeilen seines gebildeten Publikums. DaßseinWerkbeiderBeantwortung historischer Fragestellungen, wieetwajener nach derpolitischen Macht desstädtrömischen Volkes, eher wertlos ist (M. Zimmermann), soll nicht gewisse literarische Qualitäten verdecken. Überlegungen zuErzähltechniken, Zeitverständnis undeiner umsichtigen Gestaltung desWerkes zeigen einen durchaus ambitionierten Autor (Th. Hidber). Während Herodian sich denlokalen Eliten in denPoleis immerhin verbunden weiß undhier wohl auch sein Publikum findet, konzentriert sich Dexipp sogar in seiner Darstellung ganzaufdiegriechische Poliswelt, indererfest verankert ist und dieseine Sicht desReiches unddergroßen Politik bestimmt (H.Brandt). GanzÄhnliches mit abweichenden Nuancen zeigt sich auch bei Cyprian. Bei derBeantwortung der sehr umstrittenen Frage, in welcher Weise ein Christ in exponierter Stellungdiekrisenhaften Veränderungen derZeit wahrnimmt, wirdsich zeigen, daßdie soziale Position des Bischofs undseine Verankerung in derTradition derlokalen Führungseliten bei seiner Einschätzung derbesonderen Situation, in der sich die Christen sahen, eine zentrale, wennnicht dieentscheidende Rolle spielt (Chr. Schu-

ler).

MitPraxagoras, derim4. Jh. schreibt unddamit denchronologischen Schlußpunkt unserer Übersicht darstellt, wirdschließlich einAutor behandelt, beidemdie Traditionsfäden unddie Entwicklungen des 3. Jh. noch einmal gebündelt begegnen (B. Bleckmann). Aucherzeigt inseiner enkomiastischen Geschichtsschreibung eine enge Bindung anzeitgenössische Vorstellungen vonPolitik undHerrschaft undrepräsentiert in seinen Texten dasBild breiterer Kreise deröstlichen Bildungseliten vomidealen Kaiser, in diesem Fall Konstantin. Das auch bei ihm offensichtliche Spannungsfeld von literarischer Tradition, politisch-sozialem Wandel undgesellschaftlicher Stellung wird –dies dürfte deutlich geworden sein –alle Beiträge begleiten. Dabei wirdsich auch zeigen, daßder Blickwinkel unddie Sichtweise derin diesem Zeitraum tätigen Autoren durch die

Vorwort

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Provinzen mitihren Poleis undCivitates bestimmt wird. Dieliterarische Produktion unddasSelbstverständnis derAutoren ist ganz wesentlich durch diesen Raum, seinepolitisch-soziale Beschaffenheit undseine Bildungstraditionen geprägt. Worauf diese Provinzialisierung des Blicks auf historische Zusammenhänge beruht, ist schwierig zuentscheiden, sollte aber nicht grundsätzlich als zentrifugale Tendenz oder garBeschränkung desBlickwinkels interpretiert werden. Die Entwicklung ist vielmehr ein interessantes Indiz fürvielfältige Veränderungen in einer Zeit politischen, sozialen undkulturellen Wandels. Daßwirunsmitdemrelativ geschlossenen Thema desKolloquiums zuEhren vonHerrn Petzold versammelt haben, magaufdenersten Blick etwas überraschen, denndieForschungsschwerpunkte desJubilars liegen inganzanderen Zeiten1. Aber eben auch nur in ganz anderen Zeiten: Welche Impulse die Forschung zur Ge-

schichtsschreibung Herrn Petzold verdankt, braucht hier nicht gesondert hervorgehoben zuwerden. Seine Bemühungen, indieWerkstätten derHistoriker zuschauen unddabei ihre Darstellungsprinzipien zuerhellen, treffen sich invielen Punkten mit demAnliegen derVortragenden. Seine Ausführungen zurhistoriographischen Methode ganzunterschiedlicher Autoren, wiePolybios, derrömischen Annalisten oder Livius, seine Überlegungen zumVerhältnis vonliterarischer Gestaltung undhistorischem Faktum sind grundlegend undfürjeden, dersich mit antiker Geschichtsschreibung befaßt, Pflichtlektüre. Wirfreuen unsdaher besonders, daßwirals Vertreter einer jungen Wissenschaftlergeneration dieGelegenheit haben, sein Lebenswerk durch dienachfolgenden Beiträge zuehren. Abschließend sind noch einige Worte des Dankes angebracht. Dieser ist zunächst denTeilnehmern amKolloquium, Vortragenden wieZuhörern, für denaußerordentlich fruchtbaren Austausch abzustatten. Die angenehme Atmosphäre der wissenschaftlichen Diskussion wirdallen Teilnehmern, soistzuhoffen, ebenso nachhaltig im Gedächtnis bleiben wie das ausgelassene Miteinander bei denFeierlichkeiten desRahmenprogramms. Herrn Prof. F. Kolb seifürdieUnterstützung beider Organisation, demVerein derFreunde derUniversität (Universitätsbund) e.V. und derGeschichtswissenschaftlichen Fakultät derUniversität Tübingen fürdiegroßzügige Finanzierung derTagung gedankt. DieHerren H.Blum, F. Discher, U. Hailer undW. Tietz (alle Tübingen) haben sich bei derSorge umdasleibliche Wohl der Tagungsteilnehmer undvor allem bei der Bereitstellung kühler Getränke an den heißen Sommertagen imJuni 1998 verdient gemacht. Frau Prof. H.Temporini Gräfin Vitzthum sind wir für die Aufnahme in die Historia-Einzelschriften undeine zügige Drucklegung, die kompetent von Herrn A.F. Wensler betreut wurde, verpflichtet. FrauB. Röhr undHerrF. Krause (beide Chemnitz) haben dankenswerterweise die Erstellung derIndizes übernommen.

M.Zimmermann Tübingen, im Oktober 1998

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Siehe K.-E. Petzold, Geschichtsdenken undGeschichtsschreibung. Kleine Schriften zurgriechischen undrömischen Geschichte, Historia-Einzelschriften Bd. 126, 1999.

Karl-Ernst Petzold (Tübingen)

Grußwort zur Eröffnung

ImJuni desJahres 56 v.Chr. schrieb

Cicero andenPraetorier L.Lucceius, dersich nach seinem Ausscheiden aus der politischen Karriere mit einer Darstellung des Bundesgenossen- undBürgerkriegs im 1.Jh. beschäftigte, einen längeren Brief mit derBitte, er möchte doch fürdieEpoche vonderCatilinarischen Verschwörung im Jahre 63 bis zuseiner, Ciceros, Rückkehr ausdemExil eigens eine historische Mo-

nographie verfassen, inderen Mittelpunkt seine Person alsdieerfolgreiche Bekämpferin derVerschwörung zustehen habe. Er selbst suche derAbfassung einer Autobiographie zuentgehen, während Lucceius die Fakten in einer Sonderschrift ausführlicher darstellen undihn selbst mehr verherrlichen könne als in seinem Geschichtswerk. Obwohl Cicero die erbetene Monographie als nostra gloria bezeichnete, dachte er dabei nicht an ein reines Enkomion, sondern an eine literarische Gattung, die wegen ihres historischen, chronologisch geordneten Stoffs zwischen diesem unddereigentlichen Geschichtsschreibung liegt, wofür dieses Kolloquium mitPraxagoras ein Beispiel bietet. Er fußte dabei aufeiner Theorie, die 100 Jahre μ ια π ο σ τ ικ ςἐγκω ό ςder reinen zuvor bei Polybios zu fassen ist: hier wird der τό Biographie zuerkannt, die, einseitig auf Lob ihres Helden bedacht, die dafür relevanten Fakten auswählt undsie, wieesauchCicero fürdiehistorische Monographie wünscht, μ ετ ή ᾽α σ εω ὐ , übersteigernd, darstellt, während der Historiker Lob und ς ξ Tadel gleichmäßig zuverteilen hat. Wenn ich meinen herzlichen Dank für die ehrende Würdigung durch die beiden Vorredner andiese Reminiszenz anschließe, so soll dabei beileibe keinem Vergleich das Wort geredet werden (wer könnte sich schon mit Cicero vergleichen oder werwürde sich gareine Laudatio bestellen?), sondern dergutwillige Hörer daran erinnert werden, daßEhrungen demGesetz der amplificatio folgen, erjene also cumgrano salis zuverstehen habe. Wenn das Kolloquium, für dessen Zustandekommen ich Herrn Kolb ebenso wieunseren Vortragenden zudanken habe, sich mitGeschichtsschreibung unddem in ihr sich spiegelnden politischen Wandel derZeit beschäftigt, so greift es einen Gedanken auf, der demHistoriker gewiß immer, mindestens unterschwellig, bewußtist, aber auch als spezielles Thema höchstes Interesse verdient. Es knüpft damitrein äußerlich anmeine Beschäftigung mithistoriographischen Problemen an, besitzt aber, wiedie verschiedenen Themen zeigen, völlige Eigenständigkeit. Seit ich mich vor60 Jahren zumersten MalmitderGeschichtsauffassung livianischer Quellen auseinandersetzte, habe ich mich immer wieder, wenn auch in größeren Abständen, mit griechischer undrömischer Historiographie befaßt. Es mag vielleicht verständlich sein, wennmirin dieser Stunde einige Gedankensplitter ausjenerZeit insGedächtnis kommen. Da ist einmal das Problem der Entstehung geschichtlichen Denkens bei den DieIlias ist keinGeschichtsbuch“nicht Griechen. Wennwirunsdurch dieThese: „

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KARL-ERNST PETZOLD

irritieren lassen undsie nicht imSinne Hampls rein vordergründig verstehen, kann mangleichwohl imEpos Antworten aufdiese Frage finden. Mirschien dieMeleager-Geschichte der Ilias hierfür besonders geeignet. Ephoros undStrabon trugen nämlich keine Bedenken, sie inderGestalt, dieihrderDichter gegeben hatte, in die Besiedlungsgeschichte Aitoliens hineinzunehmen undsie damit demhistorischen Genos derκ τ ίσ ε ις , derGründungsgeschichten, zuzurechnen, denen beispielsweise dasGeschichtswerk Catos seinen Titel Origines verdankt. Sie gehen damit voneinerHistorisierung desMythos aus. Seine ursprüngliche Fassung, deren Spuren bis indieGegenwart zuverfolgen sind, liegt indersogen. Kalydonischen Jagdvor. Sie ist ein Unternehmen fürstlicher Herren aus demganzen griechischen Raum, der Streit umdieJagdbeute ist kennzeichnend fürdenindividuellen Ruhmesanspruch, dasScheit, vondeminmagischer Sympathie dasLeben Meleagers abhängt, ist ein urtümliches Element, in derFolklore External Soul genannt, derToddes Sohnes durch die Mutter, die das Scheit ins Feuer wirft, umdenBruder zurächen, Relikt einer Zeit, in derAvunkulat undSippen tragende Strukturen derbestehenden Gesellschaftsordnung sind. ImEpos handelt es sich demgegenüber umdie Auseinandersetzung zwischen zwei Stämmen umeine Polis, diemitHilfe derGenerationenRechnung aus der Unverbindlichkeit des Märchens herausgenommen und, wenn auchineinem Pseudo-Kontinuum, zeitlich fixiert ist. DasBild, dasdievomDichter eingeführte Gattin Meleagers vonderErstürmung einer Stadt unddemgrausigen Schicksal ihrer Bewohner entwirft, findet sich indergesamten antiken Historiographie wieder alseinStück Wirklichkeitsgeschichte. WennKleopatra alseinzige mit ihrer Schilderung Meleager endlich zumEingreifen bewegen kann, macht derDichter damit deutlich, daßbeide ihr individuelles Schicksal in eine größere Gemeinschaft eingebettet sehen, hier diePolis, woraus sich dieVerantwortung desEinzelnenfürdasGanze ergibt –Gedanken, die erst eineinhalb Jahrhunderte später von Solon bewußt reflektiert werden. Dieaufkeimende Polis hatdemnach bereits im8. Jh. Anfänge eines Gemeinschaftsgefühls erzeugt, das über denOikos- undSippenverband hinausreichte. Damit wardieGrundlage fürdieEntstehung eines reflektierten Gemeinschaftsbewußtseins geschaffen, das seinerseits wieder die Vorausset-

zung für ein Geschichtsbewußtsein bildet. Dieses hat sich, unabhängig von der Historiographie, prozessual entwickelt, wie sich andenGründungsgeschichten ablesenläßt. Undeinzweites wirdindiesem Anfangsstadium deutlich: Phoinix, derErzieher Achills, trägt diesem dieGeschichte vor, umihn, denZürnenden, zubewegen, sich wieder indieReihen derKämpfer einzugliedern: also Geschichte alsExempel. Eine solche Zielsetzung eignete ihroffenbar vonAnfang anundläßt sich immer wieder in dereinen oder anderen Gestalt beobachten. Sie beruht letzten Endes aufderErfahrung, daßes neben demAndersartigen auch Gemeinsames gibt, daseinVerstehen des Fremden unddamit in gewissem Grade eine Komparabilität ermöglicht. Eine spezifische Ausformung hat dieser Gedanke bei Thukydides imWirken der ύ σ ιςerfahren, dasinderForschung mitmedizinischen Erkenntnissen φ ρ ία ω ε π θ ἀ ν der Zeit in Verbindung gebracht wurde: Es vollziehe sich (nach Rechenauer) in sogen. ‚Reaktionsprozessen‘, dieals ‚natürliche‘mitNotwendigkeit unter gleichartigen Bedingungen wiederkehrten. Das Erkennen eines solchen Prozesses ermög-

Grußwort

zurEröffnung

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liche eine Prognose bei seiner künftigen Wiederholung. Allerdings eröffneten die ‚jeweiligen Umstände‘einen Kontingenzspielraum, dermenschlichen Veränderungen zugänglich sei. Weniger anspruchsvoll sind Ausführungen des Polybios zudiesemThema: Diepragmatische Geschichte habeUrsache, Modalität undZielsetzung menschlichen Handelns zueruieren unddie Ursache vonErfolg oder Versagen zu klären. Alsdann könne derPolitiker vergleichbare geschichtliche Situationen oder Verläufe unddievompragmatischen Historiker erarbeiteten Ergebnisse zurGrundlage eigenen Handelns machen undso auch sein Ahnungsvermögen für künftige Entwicklungen schärfen. Er vertritt demnach die historische Empirie, nicht die historische Prognose, zumal seinPhysis-Begriff Vielgestaltigkeit impliziert undaußerdemäußere Bedingungen vonentscheidender Bedeutung sind. Selbst dieπ ρ ο α ίρ ε ις , die politische Gesinnung, die auf derFreiheit derEntscheidung beruht, kann σ Manmußinallen menschlichen DindemZwang derUmstände unterworfen sein. „ genjede einzelne Tätigkeit nach der augenblicklichen Situation bemessen“ , sagt deshalb derPragmatiker Polybios –einsehr bedenkenswerter Satz. Abertrotz diesen Einschränkungen kann sich der Politiker die Erfahrungen der Vergangenheit , wie er sagt, „schon in was“ zunutze machen, zumal sie sich auf daserstrecken, „ vielen Fällen beobachtet wurde“ , also aufRegelmäßigkeiten undWiederholungen, die Regeln von statistischer Wahrscheinlichkeit zulassen. Hier wirdvorausgesetzt, daßdastatsächlich Geschehene Grundlage derBeobachtungen ist, unddeshalb ist dasWahrheitsprinzip füreine nutzbringende Historia ebenso vongrundlegender Bedeutung wiedasAugenlicht füreinLebewesen –nach einem Ausspruch des Polybios. Der Problematik dieser Forderung ist sich dieser Historiker wohlbewußt, aberinderRekonstruktion derIntentionen handelnder Personen zurKlärung vonUrsache undZielsetzung verfährt er gelegentlich zuzuversichtlich undwirkt dadurch konstruierend. Derdiagnostische Blick desThukydides φ α σ ρ ις ό , die zumVorschein kommenin derUrsachenforschung ist ihmversagt. π de, die erkennbare Ursache, undals Grade des Hervorscheinens die oberflächlich erkennbare unddie ausderTiefe hervorscheinende –wiemanjetzt denTerminus interpretiert –sind aufThukydides unddieHippokratiker beschränkt, aufjenen außerdem die Darstellung derunterschiedlichen, oft widersprüchlichen undsich verändernden Aspekte derWahrheit mitHilfe derAntilogien seiner Reden. Doch das Streben nach Wahrheit in der Geschichte ist eine von Anfang an gestellte Forderung. ImEpos –undderMythos ist fürdenantiken Menschen Geschichte, wenn auchvonanderer Qualität –imEpos istbereits von‚Wahrheit‘dieRede, aber sie ist nicht reflektiert undmeint ein ‚unverdecktes‘, ‚unverdrehtes‘Weitergeben derTradition durch denSänger, ohne diese selbst in Frage zustellen, imZeitalter mündlicher Überlieferung eine verständliche Forderung. Um500 legt Hekataios vonMilet die Sonde rationaler Kritik andieTradition an.DieWahrheit inderVergangenheit sicherzustellen, wareinEinfall, derGeschichte gemacht hat. DasPrinzip derWahrρ ίηseit langem geübt undspeziell von τ ο heitsfindung, in der geographischen ἱσ Hekataios inseiner Erdbeschreibung angewandt, wurde hiermit aufeinen Stoff übertragen, dernicht realiter, sondern nurinabstracto existiert, dies allerdings mitsub-

jektiven Kriterien, indem die Entscheidung nicht aufgrund voneruierten Fakten, sondern durch Rationalisierung des Mythos nach eigenem Ermessen gefällt wird,

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KARL-ERNST PETZOLD

dersich seinerseits bestenfalls aufdemBoden potentieller Realität bewegt unddamitdieser Methode entzieht. Aber diehistorisch-kritische Intention als solche war eine Pioniertat desHekataios. DenDurchbruch erzielte Herodot mitder ‚Darlegung seiner Erkundung‘, diezumeinen denHeroen-Mythos ausderDarstellung ausgrenzte, indem sie sich aufdiesogen. Menschengeschichte beschränkte, zumandern auf denErgebnissen seiner Reisen, seiner Anwendung vonὄ ψ ιςundἀ ή κ beruhte, woο bei derWahrheitsgehalt derletzteren in derRegel nach derPlausibilität aufgrund derErfahrung beurteilt wurde. Lassen Sie michzumSchluß nocheinen Blick aufdieBehauptung werfen, „ der zyklischen antiken Geschichtsauffassung stehe die christliche Vorstellung des linearen, einmaligen undeinheitlichen Weltgeschichtsablaufs vonderSchöpfung bis zumletzten Gericht“gegenüber, die sich säkularisiert in der modernen entwicklungsgeschichtlichen Denkweise erhalten habe. Manverweist dabei gerne auf das WortHerodots vom‚Kreislauf dermenschlichen Dinge‘oderaufdieAnakyklosisLehre desPolybios. AlsPragmatiker betrachtet letzterer dieπ ρ ά ξ ε ις , dasmenschlicheHandeln, als Objekt desHistorikers, dienacheiner Definition desAristoteles in wassich auchanders verhalten kann“ , d.h. des denSeinsbereich dessen gehören, „ ρ ά Veränderlichen, wasdieFreiheit derEntscheidung impliziert. Dieπ ξ ε ιςvollziehensich amEinzelnen, wodurch sich dieHistoria inderPoetik desAristoteles von der Dichtung, die das Allgemeine zumGegenstand habe, unterscheide. In diesem Punkt stimmt Polybios mitdemPhilosophen überein. Jedoch verdichten sich nach seiner Meinung vergleichbare Einzelfälle zuErfahrungen, dieallgemeinen Charakterannehmen undfürdenpraktischen Politiker zurBeurteilung vonSituationen und alsEntscheidungshilfe wichtig sind. AusdenErfahrungen bilden sich inderKulturentstehungslehre desPolybios auchVerhaltensweisen undethische Normen heraus. So ist unter bestimmten Bedingungen eine zielgerichtete, also lineare Entwicklung möglich. DieKennzeichnung desGegenstandsbereichs derpragmatischen Geschichte als ‚das, wassich auch anders verhalten kann‘, impliziert jedoch auch denUmή , undschließt ein letztes Ziel imeschatologischen Sinn aus. schlag, die μ β λ ο ετα Ein Auf undAb, Fortschritt undVerfall, ist für antikes Geschichtsdenken kennzeichnend: es findet sich bei Herodot ebenso wie bei Tacitus. Mit der Kreislauftheorie verläßt Polybios jedoch sein Arbeitsfeld undbegibt sich in den Bereich des ‚Allgemeinen undNotwendigen‘. Erwendet hierausnahmsweise diededuktive Methode an,umausdemAllgemeinen einEinzelnes zuerklären, nämlich dierömische Verfassung. Diese Lehre ist aber nicht Grundlage seines Geschichtsdenkens, das teleologische Entwicklungen undtypische Verlaufsmuster vereint. Als ich vor58 Jahren mein Rigorosum ablegte, hatte ich imFach Griechisch das letzte Kapitel imWerk Herodots zuübersetzen undzuinterpretieren. Möglicherweise kames 1940, also im ersten Kriegsjahr, meinem regimefeindlichen Lehrer DaZeusunsPersern dieOberherrschaft gegeben Reinhardt auffolgenden Satz an:„ hat, sowollen wir, daunser Landklein unddazurauhist, dasselbe verlassen unduns einbesseres nehmen. Es sindihrer ja viele, nahundfern. Wennwirunsderen eines nehmen, so werden wirunser Ansehen erhöhen in derWelt. Außerdem ist es recht undbillig, daßHerrenmenschen sohandeln. Dennwannwirdsich eine bessere Gelegenheit bieten alsjetzt, wowirüber viele Menschen undüber ganz Asien gebie-

Grußwort

zurEröffnung

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ten?“ Heute möchte ichdasGewicht eher aufdieAntwort desKyros legen, mitder erdiesem Vorschlag begegnete: Erwundere sich, sosagte er,überdiesen Plannicht, sie sollten’s nurtun, sich abergleichzeitig darauf vorbereiten, statt Herren Knechte zuwerden; dennaussanften Ländern pflegten verweichlichte Menschen hervorzugehen. Überträgt mandiese Lehre aufunsere Gegenwart, in derzwarinEuropa die militärische Herrschaft übereinzelne Völker weitgehend ihre Bedeutung eingebüßt hat,dagegen derverweichlichende Wohlfahrtsstaat dieEigenverantwortung desEinzelnen schwächt, dannist ihre Überzeitlichkeit nicht zubestreiten.

Martin Zimmermann (Tübingen)

Enkomion undHistoriographie: Entwicklungslinien der kaiserzeitlichen Geschichtsschreibung vom1. bis zum frühen 3. Jh. n.Chr.* DieGeschichtsschreibung des3. Jh. n.Chr. ist inihren Eigenarten nurverständlich, wenn mansie in den Gesamtzusammenhang kaiserzeitlicher Historiographiegeschichte stellt. Jedes historiographische Werk ist nicht nurKind seiner Entstehungszeit undaufvielfältige Weise in denkulturellen Zeitkontext eingebunden, sondern steht als Glied in einer Traditionskette, aufdiees in ganz unterschiedlicher Weise Bezug nimmt. Entwicklungsstufen undAusformungen derGattungen ineinem spezifischen sozialen, politischen sowie literarhistorischen Zusammenhang sind der Rahmen, indenAutoren ihre Werke einordnen müssen. Dies ist notwendig, umauf derHöhe derRezipientenerfahrung zustehen. Derartige Bezugnahmen können explizit, bisweilen sogar plakativ undprogrammatisch, aber auch–zumindest fürden heutigen Leser –sehr verdeckt unddaher nurschwierig ermittelbar ausfallen. Im folgenden soll es nicht umdiese Anknüpfungspunkte gehen; deren Aufdeckung bleibt den Spezialaufsätzen zu einzelnen Autoren vorbehalten. Es geht vielmehr darum, zumindest grob einige Entwicklungslinien derGattung zuskizzieren, ohne die Geschichtsdeutung und -darstellung des 3. Jh. unverständlich bleiben. Dabei können selbstverständlich nicht alle Einzelheiten berücksichtigt werden, aber eine Reihe vonAspekten, die fürdasSelbstverständnis derHistoriker unddieFunktion ihrer Werke in derKaiserzeit vonBedeutung sind, sollen zumindest angesprochen werden.

I Der einzige Autor des 3. Jh., dessen Werk vollständig erhalten ist, ist bekanntlich Herodian. Deshalb bietet es sich an, eine Eigenart seines Werkes, die einen End-

derkaiserzeitlichen Entwicklung repräsentiert, andenBeginn desÜberblicks Ausgangspunkt können die vonHerodian in denersten Kapiteln seines Werkes angekündigten thematischen Schwerpunkte unddieEinführung eines idealen Herrschers als Leitbild für die Beurteilung derfolgenden Principes sein (siehe 127). Damit verrät ereine Konzeption, dienicht allein vor unten denBeitrag S. 119– demHintergrund derzeitgenössischen Vorstellungen vonMarc Aurel undseinen Nachfolgern verständlich wird. DaHerodian fürseine Darstellung Marc Aurels auf Topoi des zeitgenössischen Enkomions zurückgreift, die nurmit vagen undzum punkt

zustellen.

*

Ichdanke denKolloquiumsteilnehmern Hinweise undAnregungen.

sowie

denProf. K.-E. Petzold undF. Kolb fürKritik,

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MARTIN ZIMMERMANN

Teil fehlerhaften historischen Details angereichert werden, zeigt sich bei ihmauf denersten Blick einbereits vonLukian in seiner 166entstandenen Schrift π ῶ ςδ ε ῖ φ ρ ε ά ιν γ kritisiertes Verfahren einzelner Historiker, nämlich dieÜberγ ία ρ ν σ υ ἱσ τ ο schreitung derGattungsgrenzen zwischen ἰσ ρ τ ία ο aufdereinen Seite undπ ο ή τ ιη ικ μ α τ α sowie demEnkomion auf der anderen Seite. Daßes Lukian vor ο ιή bzw. π allem umdenFehler vieler Autoren ging, bei der Darstellung einflußreicher, d.h also noch lebender Personen in die Gattung des Enkomions abzugleiten, und die Kritik daran sogar ein zentrales Anliegen derSchrift Lukians ist, läßt sich anverῦ θ ο schiedenen Stellen erkennen1. Μ ςunddas(auch vonHerodian assoziierte) ἐ γ verhüllten diewahren Begebenheiten, über dieein ή μ ο λ ιο νsowie deren ὑπ κ ώ ερβ Historiker eigentlich zuberichten habe, ‚wieeinen kräftigen Athleten mitFrauenρ ία vonder ‚Schminke derPoesie‘, denκ τ ο kleidern‘, unddeshalb müsse dieἰσ μ ο μ μ ώ α τ α τ ῆ ςπ ῆ τ ικ ς ο , gänzlich frei gehalten werden2. EsgehtLukian nicht darum, ιη π α ιν ο ) ausderGeschichtsschreibung zuverbannen, sondern die VordasLob (ἔ ς ή ) vordemVergnügen (τ ο σ ν ιμ ρ π rangstellung desNutzens (χ ερ ν ) herauszustelό ν len. Jener sei nämlich allein durch eine Präsentation derungeschönten undunverfälschten Wahrheit zuerreichen3, diezudem durch keinerlei fiktive Elemente verwässert werden dürfe4. Jene Partien, in denen derHistoriker Lob oder Tadel ausspreche, müssen anderrichtigen Stelle eingesetzt undmaßvoll abgefaßt werden,

umnicht zukünftigen Lesern lästig zufallen5. Derausderzeitlosen Gültigkeit desPräsentierten erwachsende Nutzen soll demnach Priorität vor einer auf aktuelle Rezeption kalkulierten undmit rhetorischen sowie dichterischen Mitteln gestalteten Darstellung haben. Lukian rekapituliert mit dieser Forderung andieHistoriographie nicht nurseit hellenistischer Zeit verbreitete Überlegungen zudieser Gattung6, sondern behauptet bekanntlich, erreagiere mit 1

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Z.B. § 7. Vgl. mitweiteren Nachweisen A. Georgiadou-D.H.J. Larmour, Lucian andHistoriography: De Historia Conscribenda andVerae Historiae, in: ANRWII 34.2, Berlin/New York 1462; K. Strobel, Zeitgeschichte unter denAntoninen: DieHistoriker derParther1994, 1460– 1360. Grundlegend bleiben G. Avenarius, 1342; 1351– kriege desLucius Verus, ebenda 1340– 26 unddieEinleitung Lukians Schrift zurGeschichtsschreibung, Meisenheim/Glan 1956, 13– vonH.Homeyer, Lukian. WiemanGeschichte schreiben soll, München 1965, 11– 81. 6; E. Cizek, Antike Rheto§ 8. Vgl. hierzu T.P. Wiseman, Clio’s Cosmetics, Leicester 1979, 3– renalsTheoretiker derHistoriographie unddichtende Historiker, in:Festschrift Th.Pekáry, St. 298. ZurNähe vonDichtung undGeschichtsschreibung in derrhetoriKatharinen 1989, 294– schen Theorie Quintilians siehe W.Ax,DieGeschichtsschreibung beiQuintilian, in:Festschrift 155. C.J. Classen, Stuttgart 1990, 146– ο ν ,ὅ ή σ ιμ γ ετ α ν § 9: ἓ ρἐ ι. ο π γ ό υσυνά ο ῦ γ ρ κ ρἔρ ο ε τ ν ὰ ςμ ο ν ο ία ῦἀληθ ἱσ ὸ χ ρ α ὶτἐλ ς ,τ ςκ τ ο § 10. § 9. Vgl. zumUrteil derNachwelt nurTac. ann.4,38,2 undzurdauerhaften Wirkung Plin. ep. 12. 5,8,4 + 9– 60; K.-E. Petzold, Cicero undHistorie, Chiron 2, 16; Homeyer a.O. 45– Avenarius a.O. 13– 270. Vgl. auchM.I. Finley, TheUseandAbuse ofHistory, London 1975, 12,dermit 1972, 266– a shallow andessentially worthless pot-boiler“spricht, der Blick aufdie Schrift Lukians von„ nur„commonplaces of a rhetorical education“enthalte, aber mitdiesem einseitigen Urteil die historischen Entstehungsbedingungen desTextes nicht berücksichtigt unddiesem daher nicht gerecht wird. ZurDiskussion über dasVerhältnis vonPanegyrik zuGeschichtsschreibung und 228. Zur zurTradition desEnkomions siehe auchunten denBeitrag vonB. Bleckmann, S. 203– Tradition undVerbreitung der Panegyrik siehe L. Pernot, La rhétorique de l’éloge dans le

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seiner Schrift auf die zeitgenössischen Geschichtswerke, die im Kontext des Partherfeldzugs desLucius Verus entstanden sein sollen undin panegyrischer Übertreibung oderromanhafter Ausmalung dieKriegstaten desKaisers schilderten. Auch wenndievonihmalsBeispiele genannten Historiker kaumexistiert haben dürften7, so traf er mit seiner Kritik aneiner die Grenzen zumEnkomion überschreitenden Geschichtsschreibung einzentrales Phänomen derliterarischen Entwicklung dieser Gattung in derhohen Kaiserzeit8. Beredte Aufschlüsse über diese Form der Darstellung gewährt für die Zeit Lukians derBriefwechsel desCornelius Fronto mitdenKaisern Marc Aurel undLuciusVerus9. DiefürdieHistoriographie topisch geforderte Darstellung wahrer Begebenheiten sollte, wiederBriefwechsel unddieandieKaiser übersandte Leseprobe derPrincipia historiae unschwer erkennen lassen, in demgeplanten Geschichtswerk über die Partherkriege ganz hinter die panegyrische Überhöhung der militärischen Taten desKaisers zurücktreten10. Neben derAbsicht, dieaktuellen Ereignisse überdieTaten Trajans stellen zuwollen, gabFronto durch dieangekündigte Einarbeitung desvomKaiser aufdemFeldzug verfaßten commentarius auch zuerkennen, daßer dasBedürfnis desFeldherrn nach Verbreitung dervondiesem selbst vorgezeichneten Ruhmestaten11 in seinem Werkbefriedigen wollte. Panegyrik und Historiographie sollten indemgeplanten Text miteinander verschmolzen werden12. Da die Principes einerseits ein Interesse daran hatten, ihre militärischen und politischen Erfolge ineilig verfaßten Geschichtswerken, Dichtungen undLobesredenverherrlicht zusehen13, unddenAutoren andererseits durch dieProtektion der 114undD.Russell, ThePanegyrists monde gréco-romain I/II, Paris 1993, 55– in: M. Whitby (Hrsg.), The Propaganda of Power. The Role of Panegyric

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andtheir Teachers, in Late Antiquity,

50. Leiden-Boston-Köln 1998, 17– Siehe Strobel a.O. mitderälteren Literatur undG. Anderson, Lucian: Tradition versus Reality, in: ANRW II 34.2, Berlin/New York 1994, 1433 f. ZurEntwicklung derHistoriographie allgemein G.A. Press, TheDevelopment of the Idea of 87. Daß allerdings, wie von Strobel a.O. History in Antiquity, Kingston/Montreal 1982, 61– 1356 angenommen, denvonLukian erfundenen Autoren inderRealität tatsächlich eine ganze Reihe vonAutoren gegenüberstand, die genau in derparodierten Manier arbeiteten, ist m.E. eher unwahrscheinlich. E. Champlin, Fronto andAntonine Rome, Oxford 1980, 94–130; P. Steinmetz, Untersuchungen zurrömischen Literatur deszweiten Jahrhunderts nachChristi Geburt, Wiesbaden 1982, 151– 76; P. Soverini, Tra retorica e politica in età imperiale: studi su Plinio il Giovane, 162. 173– Frontone e la ‚Historia Augusta‘, Bologna 1988; K.Rosen, Marc Aurel undFronto: Eine Freundschaft zwischen Macht undKultur, in: ders. (Hrsg.), Macht undKultur imRomderKaiserzeit, 135. Bonn 1994, 121– Vgl. W.O. Schmitt, Bemerkungen zuLukians Schrift ‚Wie manGeschichte schreiben muß‘, 1334. Klio 66, 1984, 454 f.; Strobel a.O. 1327– ZudenCommentarii mitweiteren Hinweisen R.G. Lewis, Imperial Autobiography, Augustus 706. Zudenhistorischen Schriften to Hadrian, in: ANRWII 34.1, Berlin/New York 1993, 633– einzelner Kaiser vgl. M.Drury, Lesempereurs comme historien d’Auguste à Hadrien, in: Ent235. uvres/Genf 1956, 213– retiens. Fondation Hardt 4, Vandœ Siehe auchB. Baldwin, Historiography intheSecond Century. Precursors of DioCassius, Klio 68, 1986, 483 zurspätantiken Rezeption Frontos alsPanegyriker. Derbildlichen Darstellung aufdenMonumenten entsprach inpanegyrischen Texten dierhetorische ‚Ausmalung‘der angeblichen Ereignisabläufe. Schon bei Polybios (12,28a, 1)findet sich

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Kaiser ein sozialer Aufstieg ermöglicht werden konnte14, ist mangeneigt, aneinen für beide Seiten gleichermaßen einträglichen Tauschhandel zu denken. Die Ent-

wicklung scheint jedoch komplizierter gewesen zusein. Eine direkte Auftragserteilung von seiten der Kaiser unddie Entlohnung eines Geschichtswerk durch eine beschleunigte Karriere dürften nurin Ausnahmefällen nachweisbar sein. Auch in diesen Fällen kannnicht ausgeschlossen werden, daßnicht derInhalt derverfaßten Geschichtswerke, sondern ganzallgemein dieBildung undEignung desKandidaten fürdieBeförderung inÄmter ausschlaggebend waren15. Diezeitspezifische Gestaltung derGeschichtswerke ist eher Ergebnis einer Wechselwirkung zwischen sozialen undpolitischen Veränderungen auf der einen Seite unddenWandlungen der Literatur auf der anderen Seite. Die bei Fronto feststellbare Nähe zumKaiser und die daraus resultierende Vernachlässigung historiographischer Prinzipien sind Ergebnis einer mit derBegründung des Prinzipats einsetzenden vielschichtigen Entwicklung, diesich alsVoraussetzung auchfürdieschließlich vonHerodian gewählte Darstellungsvariante nachzeichnen läßt. Wiewirsehen werden, läßt sich dieEntwicklung in drei Phasen einteilen: 1)das Festhalten an der politischen Funktion vonGeschichtsschreibung und deren allmählicher Verlust als Folge sozialer Veränderungen innerhalb der Führungsschicht undunter demEinfluß derPanegyrik im 1. Jh. 2) ein Aufbäumen gegen diese Entwicklung nach derErmordung des ‚Tyrannen‘Domitian unter denKaisern Trajan undHadrian 3) eine mehrere Generationen anhaltende Kapitulation derZeitgeschichtsschreibung vordemKaiserlob des2. Jh.

II

Dadieöffentliche Präsentation desKaisers schon zurZeit desAugustus zumzentralenAnliegen desPrinceps geworden war, wurde bereits mitEntstehung desPrinzipats dasAugenmerk darauf gerichtet, daßdaseigene BildinderÖffentlichkeit nicht nurinderDichtung, sondern auchindertraditionell aufpolitische Wirkung bedachρ ία derKulissenmaτ ο derHinweis, daßTimaios diewahren Landschaften undGebäude derἱσ lerei desEnkomions gegenübergestellt habe. Zudentabulae pictae siehe auchLewis a.O. 659 f. 14 S. Mratschek-Halfmann, Divites etPraepotentes. Reichtum undsoziale Stellung inderLiteratur 40 bezeichnet dieIntellektuellen zupointiert als „die soderPrinzipatszeit, Stuttgart 1993, 30– zialen Aufsteiger schlechthin“(32). Vgl. zursozialen Stellung derGelehrten auchG.W. Bower58 unddieÜberlegungen vonTh. sock, Greek Sophists intheRoman Empire, Oxford 1969, 43– Schmitz, Bildung undMacht. Zursozialen undpolitischen Funktion derzweiten Sophistik in 63 sowie unten. dergriechischen Welt derKaiserzeit, München 1997, 50– 15 Füreine Rekonstruktion derKontaktaufnahme zwischen Kaiser unddenlitterati vgl. denmustergültig zurückhaltenden Versuch vonS. Fein, Die Beziehungen der Kaiser Trajan undHa205 (zuCn. Octavius Titinius Capito, drian zudenlitterati, Stuttgart/Leipzig 1994, bes. 151– Sueton, Arrian, Plutarch, A. Claudius Charax, Phlegon vonTralleis). Vgl. auch die Beiträge von J.M. André, Hadrien littérateur et protecteur des lettres, in: ANRW II 34.1, Berlin/New 611; St. A. Stertz, Semper in omnibus varius. The Emperor Hadrian andthe York 1993, 583– 628. Intellectuals, ebenda 612–

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tenrömischen Historiographie16 deneigenen Vorgaben undAbsichten entsprechend gestaltet wurde. Auch wenn zunächst ein vielfältiges Spektrum literarischer Texte eindurchaus differenziertes Bildvomersten Princeps zeichnete17, wurde rasch deutlich, daß Augustus den inhaltlichen Akzenten nicht gleichgültig gegenüberstand18, zumal historiographische Texte undöffentliche Reden als Bestandteil einer politischen Debatte immer noch derStandortbestimmung innerhalb deraristokratischen Elite dienten. Geschichtsdeutung durch dieDarstellung historischer Ereignisse und derdaran beteiligten Personen beinhaltete zugleich, daßsichderjeweilige Autor als Anhänger einer politischen Parteiung zu erkennen geben konnte. Undselbst der Vortrag eines historischen Deutungsversuchs imexklusiven Kreis Gleichgesinnter war und blieb wichtiges Mittel politischer Verständigung19. Daß die inhaltlichen 201; M. Hose, Erneue16 R. Syme, The Senator as Historian, in: Entretiens (wie Anm. 11), 187– rung der Vergangenheit. Die Historiker imImperium Romanum vonFlorus bis Cassius Dio, 48. Eine Zusammenstellung der verschiedenen Historiker, deren Stuttgart/Leipzig 1994, 46– Schriften nurin Fragmenten erhalten sind, die aber dennoch fürdie Entwicklung derGattung vonInteresse sind, findet sichindeneinschlägigen Fragmentensammlungen vonH.Peter (HRR) oder F. Jacoby (FGrHist); siehe ferner H.Bardon, Lalittérature latine inconnue II, Paris 1956, 279; M. Drury, Appendix of Authors andWorks, in: E.J. 212. 270– 173. 203– 102. 161– 91– Kennedy/W.V. Clausen (Hrsgg.) The Cambridge History of Classical Literature II, Cambridge 907. 1982, 861– 17 Vgl. hierzu die Ausführungen vonE. Gabba, The Historians andAugustus, in: F. Millar/E. 79; Timpe (wie Anm. 24) Segal (Hrsgg.), Caesar Augustus. Seven Aspects, Oxford 1984, 77– 76. 65– 18 ZurBeeinflussung derPublikationen unter Augustus siehe D. Kienast, Augustus: Prinzeps und 253; besonders 218– 221. Zuraugusteischen Historiographie Monarch, Darmstadt 19922, 214– siehe neben Gabba a.O. denÜberblick vonJ. Wilkes, Julio-Claudian Historians, CW65, 1972, 203; M. Toher, Augustus andthe Evolution of Roman Historiography, in: ders./K.A. 177– 154; E. Fantham, LiteRaaflaub (Hrsgg.), Between Republic andEmpire, Berkeley 1990, 139– 94. Eine weitgehend vonPolitik Weimar 1998, 50– rarisches Leben imantiken Rom,Stuttgart – unbeeinflußte augusteische Dichtung nimmt inpointierter unddeshalb imDetail nicht überzeugender Argumentation P.White, Promised Verse: Poets intheSociety of Augustan Rome, Cambridge/Mass. 1993 an.

19 ZurnurfürdieKaiserzeit gesicherten Rezitation historischer Werke siehe A.C.Dalzell, Asinius 28; A.N. Pollio andtheearly history of public recitation at Rome, Hermathena 86, 1955, 20– Sherwin-White, The Letters of Pliny, Oxford 19682, 115 unddie Beispiele bei Hose a.O. 21– 23. ZuAsinius Pollio siehe G.Zecchini, Asinio Pollio: dall’attività politica alla riflessione storiografica, in: ANRW II 30.2, Berlin/New York 1982, 1281– 1292. Die Ansicht vonKienast a.O. 220 mitAnm. 198, daßdie vonAsinius Pollio eingeführte Rezitation zunehmend dieFunktion imRahmen dergesellschaftlichen Etikette in Form vonRatschlägen undErgänübernahm, „ auszuüben unddamit „ eine wirksame Kontrolle derliteversteckte Zensur“ zungshinweisen“„ rarischen Produktion“zu ermöglichen, gilt sicherlich nur für einen Teil der sich allmählich ausbildenden Zirkel. Undhier konnten Hinweise auf Auslassungen, Publikationen nach dem Tode etc. die Funktion derpolitischen Stellungnahme zumkonkreten Gegenstand zumindest teilweise ersetzen. Vgl. zurArtikulation oppositioneller Haltungen bei Rezitationen (z.B. von 4. Zurpolitischen Bedeutung dercirculi siehe auchJ. Gagé, Les Tragödien) Tac. dial. 2,1; 3,3– 74; E. Cizek, La littérature et les cercles classes sociales dans l’empire romain, Paris 1964, 71– 32; culturels et politiques à l’époque de Trajan, in: ANRW II 33.1, Berlin/New York 1989, 17– 19f. Vgl. auchTac. ann.4,33,4; Plin. ep. 5,8,12 f. (zur Wirkung derDarstellung vonPersonen 2); 2,1,2 (Verginius Rufus liest auf bei Lesungen anwesende Familienmitglieder; vgl. 9,27,1– Geschichtswerke, dieseine eigene Person behandeln); 7,17,3 (öffentlicher Vortrag zurVerbes-

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Anforderungen an historiographische Werke nicht allein durch abstrakt-formale Gattungstraditionen bestimmt wurden, sondern auchdurch diepolitische Konstellation unddenStandort desAutors, warfürdieZeitgenossen selbstverständlich. Auch die überlieferten Fälle vonAnklagen gegen Historiker unddas anschließende Verbot ihrer Schriften, andenen sich die veränderten Rahmenbedingungen für Geschichtsschreibung gutablesen lassen, sind vordiesem Hintergrund zubetrachten. Seit unter Augustus juristische Schritte gegen T. Labienus undCassius Severus eingeleitet worden waren20, spätestens jedoch seit derviel beachteten Gerichtsverhandlung gegen Cremutius Cordus unter Tiberius21 undder öffentlichen Verbrennung derSchriften vonHerennius Senecio undArulenus Rusticus aufAnordnung Domitians wardeutlich, welche Gefahren angesichts derneuen Machtverhältnisse mitderAbfassung eines Geschichtswerks verbunden seinkonnten, indem auf die Zeitgeschichte oder gar auf die aktuelle politische Situation eingegangen oderauchnurangespielt wurde22. DaßdieTexte dergenannten Protagonisten einem Autodafé anheim fielen, istjedoch inseiner ganzen Tragweite nurverständlich, wenn mansicheinen wichtigen Umstand vergegenwärtigt. DieBücher richteten sichnicht allein gegen einen speziellen Kaiser oder gar denzunehmend institutionalisierten Prinzipat, sondern waren ein Bestandteil des öffentlichen Auftretens derAutoren undihrer politischen Auseinandersetzung auch mitdenStandeskollegen23. In den Schriften wichen dieVerfasser nicht allein vondervomjeweiligen Kaiser vorgegebenen Einschätzung historischer Traditionen ab, sondern bezogen –teilweise be-

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serung derGeschichtswerke). ZurVerbreitung derTexte siehe Ch. Starr, TheCirculation of 223. Literary Texts in the Roman World, CQ37, 1987, 213– 8. D.Hennig, T. Labienus unddererste Majestätsprozeß de HRRII C f.; Sen. contr. 10praef. 4– 61. 54; ders., L. Aelius Seianus, München 1975, 59– famosis libellis, Chiron 3, 1973, 245– 90. Siehe R. Syme, Tacitus, Oxford 1958, 337 Anm. HRR II CXIII-V unddie Fragmente 87– 10;W.Suerbaum, DerHistoriker unddieFreiheit desWortes. DieRededesCremutius Cordus 35, in:G. Radke (Hrsg.), Politik undliterarische Kunst imWerkdesTacitus, beiTacitus, 4,34– 99; K. Heldmann, Antike Theorien über Entwicklung undVerfall derRedeStuttgart 1971, 61– 63; H. Cancik-Lindemaier/H. Can242; Hennig, Seianus a.O. 55– kunst, München 1982, 233– 38, in: A. undJ. Assmann (Hrsgg.), cik, Zensur undGedächtnis. ZuTacitus, Annales IV 32– 189; J. Bellemore, TheDating of Seneca’s AdMarKanon undZensur, München 1987, 169– 234. ZurZensur unter Augustus siehe auchW.Huß,Die ciam Consolatione, CQ42, 1992, 224– Intellektuellen undder Staat in derZeit des Augustus, in: ders./K. Strobel, Beiträge zurGe36; C. Salles, L’écrivain romain face aupouvoir impérial: la censchichte, Bamberg 1983, 18– 767. ZurVerbrennung der sure littéraire au Ier siècle de notre ère, Latomus 45, 1986, 751– Schriften vonA. Didius Gallus Fabricius Veiento siehe Tac. ann. 14,50,1. Daßunter Caligula die Schriften vonT. Labienus, Cremutius Cordus undCassius Severus wieder zurVerbreitung freigegeben wurden (Suet. Cal. 16,1), änderte nichts anderSituation, sondern unterstrich nur unter gewandelten Vorzeichen dieKompetenzen desPrinceps. Tac. Agr. 2,1 f.; Suet. Dom. 10,3; Plin. ep.7,19,5. Siehe auchW.Speyer, Art. Büchervernich152 (Nachtrag RAC) mitweiteren Hinweisen. tung, JbAC 13, 1970, 123– Deutlich etwa bei Tac. ann. 4,33,4; Dio65,12,2. Vgl. dietreffenden Ausführungen vonB.W. Jones, TheEmperor Domitian, London 1992, 119– 125. Toher (wie Anm. 18) 142bleibt unentschieden. –Daßes bei derAnklage umdenInhalt desGeschichtswerks ging, betonen W. Steid114; Hennig, Seianus a.O. 59; H.Tränkle, ZuCremule, Tacitusprobleme, MH22, 1965, 105– tius Cordus fr. 4 Peter, MH37, 1980, 231f.

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gleitet durch Angriffe in(Gerichts-)Reden, Pamphleten undFlugschriften24 – jenen Teil derSenatsaristokratie inihre heftigen undzumTeil auchpersönlichen Invektiven mit ein, deren politische Haltung sie nicht teilen wollten, dajene sich der offiziell vorgegebenen Marschrichtung angeschlossen hatten unddiese nachaußen vertraten25.

DieVernichtung unddasVerbot vonSchriften sowie dieVerfolgung einzelner Autoren ist demnach nicht allein demautokratischen Gebaren eines Kaisers zuzurechnen, sondern auch Ergebnis einer grundlegenden sozialen Veränderung, nämlichderEntstehung einer neuen, demKaiser willfährig ergebenen Gruppe innerhalb dersenatorischen Aristokratie. DieDiffamierung derverurteilten undlängst hingerichteten Stoiker Arulenus Rusticus undHerennius Senecio invoneinzelnen Senatoren verbreiteten Texten, wiejener Schrift desM. Aquilius Regulus, über deren Lesung in einem Kreis Gleichgesinnter Plinius angewidert berichtet26, ist Indiz für dieses gewandelte Klima teilweise erbittert geführter persönlicher Auseinandersetzungen. Die Geschichtswerke, indenen in wahrheitsverzerrender Einseitigkeit Angriffe nicht nurgegen denKaiser, sondern auch gegen Standeskollegen artikuliert wurden, waren –vonTacitus mit Hinweis auf die Publikumsresonanz ähnlicher Werke angedeutet27 –bei denZeitgenossen anscheinend besonders beliebt. Die Kaiser konnten diese gegenseitigen Anfeindungen innerhalb des Senatorenstandes also nutzen, umeigene Interessen durchzusetzen. DadieAbfassung von Schmähschriften undüberzogene persönliche Angriffe auf Einzelpersonen schon zurZeit derRepublik geahndet wurden, verstießen diese Autoren z.T. auch gegen 24

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168; D. Timpe, Geschichtsschreibung undPrinzipatsopposition, Heldmann (wie Anm.21) 165– uvres-Genf 1987, 72.75. ZudenPamphleten, mit in: Entretiens. Fondation Hardt 33, Vandœ denen sich die Senatoren gegenseitig, aber auch denKaiser angriffen, siehe nurdie Beispiele bei Suet. Claud. 35,2; Dom. 8,3; Plin. ep. 9,1,1; Tac. ann. 14,50,1. Dio spricht davon, daß Schmähungen der Kaiser an derTagesordnung waren (66,11,1; vgl. auch 66,19,2; 69,23,2). Vgl. hierzu auch A. Kneppe, Metus Temporum. ZurBedeutung vonAngst in Politik undGe162; 146. sellschaft derrömischen Kaiserzeit, Stuttgart 1994, 143– DaßdieBeziehung zwischen Princeps undSenat nicht grundsätzlich undeinseitig als KonkurrenzumdieMacht, sondern eher alsüberdieÄmter ermöglichte Teilhabe desSenats anpolitischen Entscheidungen zuverstehen ist, betonen G. Alföldy, Consuls andConsulars under the Antonines: Prosopography andHistory, AncSoc 7, 1976, 264 f.; H.Halfmann, Die Senatoren aus demöstlichen Teil des Imperium Romanum bis zumEnde des 2. Jh. n. Chr., Göttingen 1979, 11. Daraus folgt, daßdie oppositionelle Haltung Einzelner sich oft auch gegen einen großen Teil derStandesgenossen zurichten hatte, deraufgrund seiner politischen Ambitionen politischer Kritik mitUnverständnis gegenüberstand. Plin. ep. 1,5; 4,7. Dieser MannwirdimBriefwechsel zumTypus desunter Nero undDomitian tätigen Anklägers stilisiert, derauch unter Nerva undTrajan mitSelbstbewußtsein öffentlich auftritt (vgl. 1,20; 2,11; 2,20; 4,2). WiePlinius inep.6,2 andeutet, werden nachdessen Toddie Reden nurmehr nachlässig gestaltet, damitRegulus zugleich einechter Gegner fehlt. DieAuseinandersetzung mitdiesem Senator wird, dies zeigen dieBriefe deutlich, zueinem Beispiel senatorischer Streitkultur modelliert. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Bemerkungen vonJ. Pigon, Helvidius Priscus, Eprius Marcellus, andIudicium Senatus: Observations onTa246. 8, CQ42, 1992, 235– citus, Histories 4.7– Tac. ann. 14,50,2. Seine Bemerkung, wonach derartige Flugschriften nach Aufhebung ihres Verbotes fürdieZeitgenossen jegliches Interesse verloren, spricht fürderen geringe Qualität.

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dieimmosmaiorum sanktionierten Formen deröffentlichen Auseinandersetzung28. Diefamosi libelli wurden, erfüllten sie denTatbestand persönlicher Beleidigung,

nämlich traditionell bestraft29. Der vermutlich gleichzeitige Verstoß gegen die Interessen des Princeps undeinzelner Aristokraten wardeshalb in derjuristischen Anklage bisweilen unentwirrbar miteinander verflochten30. Bei demjuristischen Vorgehen gegen unliebsame Gegner wurde zudem schon unter Augustus eine für dieLage derliterarisch engagierten Senatoren undRitter folgenreiche Vorgehensweise gewählt. Bereits zudiesem Zeitpunkt erfolgte nämlich dieVerurteilung durch dasSenatsgericht, dasals Standesgericht auch dieBücherverbrennung dekretierte. Indem in dieAusschaltung derGegner undindasVerbot ihrer historiographischen Werke dievondenAusfällen ebenfalls betroffenen Senatoren einbezogen wurden, warzugleich jene soziale Gruppe gebunden, ausderen Reihen ähnliche Vorstöße amehesten zuerwarten waren31. DieParteigänger desKaisers bekamen durch das vomPrinceps initiierte Verfahren eine Möglichkeit andieHand, sich derAngriffe zuwidersetzen unddieihnen dabei sicherlich auch angelastete kaiserliche Protektion weiterhin mitallen Vorteilen auszukosten. Indem also einzelne Kaiser gegen Flugschriften vorgingen, versuchten sie auch, die bereits gewonnenen Mitglieder derAristokratie in ihrer Loyalität zubestärken. Hinter denAnklagen gegen Autoren undhinter denBücherverbrennungen stehenalso zwei miteinander verbundene Motive. Zumeinen waren sieFolge desAnspruchs derjeweiligen Kaiser, sich einer in Form historischer Deutungen geübten Kritik zu widersetzen. Zumanderen waren sie Ergebnis einer Desintegration der Führungsschicht, die auf der (positiven wie negativen) Orientierung zumKaiser beruhte32. Nicht die Ablehnung einer Geschichtsschreibung, diedemtraditionellen

28 Vgl. auch Speyer (wie Anm. 22) 132 f. Dieses Motiv zeigt sich auch inderliterarischen Überlieferung dergenannten Fälle, dieneben derBewunderung fürdenMutfreier Meinungsäußerungbisweilen eine Distanzierung vondempolitischen Stil derVerurteilten wenigstens andeutet(Hennig, T. Labienus [wie Anm.20] 248f.; Seianus [wieAnm.20] 61mitAnm. 100) oder– wieTacitus imFall desCremutius Cordus –eine Reihe anderer ausdemGeschichtswerk abgeleiteter Anklagepunkte absichtlich verschwieg. Siehe hierzu auch Syme (wie Anm. 21) 209; 234 (zuT. Labienus). Heldmann (wie Anm.21) 166f. (zuCassius Severus); 232– 29 DaßdieSenatoren ausmoralischer oderpolitischer Überzeugung undz.T. vordemHintergrund eines traditionellen Wertekanons einVerfahren fürangemessen hielten, zeigt daseigenständige,ohne Initiative undBilligung desTiberius zustande gekommene Vorgehen gegen Clutorius 64; 51 (mit R. Bauman, Impietas in principem, München 1974, 62– Priscus. Tac. ann. 3.49– Salles [wieAnm.21] 755f.; F.R.D. Goodyear, Tiberius andGaius: their Influence andViews of literature, in: ANRW II 32.1, Berlin/New York 1984, 603 f.; J. Christes, Daspersönliche VorwortdesTacitus zudenHistorien, Gymnasium 101, 1994, 125f.). 30 Siehe denAntrag desdesignierten Konsuln zureigentlich nachderlexmaiestatis beabsichtigten Bestrafung des Prätors Antistius, derprobosa carmina auf Nero verfaßt hatte, bei Tac. ann. 14,48,2: censuitque lunius Marullus consul designatus adimendam reopraeturam necandumquemoremaiorum. 31 ZudenMotiven fürdieEinbindung desSenats indiese Verfahren siehe J. Bleicken, Senatsge60; Hennig, T. Labienus (wie Anm. 21) 253 f. richt undKaisergericht, Göttingen 1962, 44– 32 Gegen diese tagespolitische Instrumentalisierung wendet sich z.B. auch Quint. inst. 10,1,31: (...) totumque opus (sc. historiae) nonadactum reipugnamque praesentem sedadmemoriam „ posteritatis et ingeniifamam componitur.“S iehe hierzu auch Avenarius (wie Anm. 1) 46– 49.

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Wahrheitspostulat verpflichtet war, sondern tagespolitische Interessenlagen waren demnach dasentscheidende Antriebsmoment fürdieBeteiligung vonSenatoren an denÜbergriffen. Ähnlich ist es mitdenMotiven derGegenseite bestellt. Durch die einseitige Darstellung derFälle alsAngriff aufdiefreie Meinungsäußerung undvor allem die Schilderung historischer Wahrheit wurde zunächst einmal die politische Einflußlosigkeit derGeschichtsschreibung beklagt, die sich schon in derErweiterung des ehemals exklusiven Autoren- wie Adressatenkreises dieser Gattung seit derspäten Republik abzeichnete33. Damit ist angedeutet, worum es imKernbei der Auseinandersetzung ging. Tacitus hat in seinem Bericht über die Verfolgung des Cremutius Cordus diegerichtlichen Anklagen vorallem deshalb alsAngriff aufdas traditionelle Wahrheitspostulat derHistoriker dargestellt undernstzunehmende Anklagepunkte verschwiegen, umdenmittlerweile vergeblichen Anspruch derSenatorenaufpolitischen Einfluß inErinnerung zurufen. Dessen Verlust wurde alsveränderter Umgang mitjener literarischen Gattung vorgeführt, die lange Zeit wiekeine andere fürdie politischen Auseinandersetzungen derAristokraten reserviert war34. Wünschenswert blieb, dies zeigen auch die positiv herausgestellten Beispiele der Kaiser, die auf Schmähschriften mit schriftlichen Gegendarstellungen reagierten, eine offene Debatte über die Inhalte undVorwürfe35. Mit denWorten dictis dicta ultus estläßtTacitus daher denangeklagten Cremutius Cordus einLobaufdiegriechische Meinungsfreiheit formulieren. Zuwelchen Zugeständnissen jedoch –von Tacitus geflissentlich verschwiegen –selbst Personen ausdemUmkreis jenes Mannesschon bereit waren, zeigt derUmstand, daßsein Geschichtswerk in mehreren Fassungen herausgegeben wurde undmannachseinem Todeine inhaltlich redigierte, umdie inkriminierten Passus gekürzte Version erstellte36. Indengleichen Kontext gehört dieKlage darüber, dasarcanum imperii seiderartabgeschlossen, daßfürdenGeschichtsschreiber andieStelle einer wahren Durchdringung desbeschriebenen Sachverhaltes zunehmend die Beschreibung vondessenOberfläche trete37. Diesen Umstand hat, wiewirsehen werden, nach Tacitus38 insbesondere Cassius Dioeindrucksvoll im53. Buch seiner Römischen Geschichte

33 D. Timpe, Erwägungen zurjüngeren Annalistik, A&A25, 1979, 97–119; ders. (wie Anm.24) 95. 76– 115. 34 Ders., Erwägungen (wie Anm. 33) 113– 35 Siehe z.B. dasinderRede desCremutius Cordus (Tac. ann.4,34,4) genannte Beispiel Caesars,

deraufSchriften Ciceros mitquamrescripta oratione, velut apudiudices, respondit. Vgl. ferner μ ρ ά Dio65,11,1 zuVespasian, derdieüblicherweise gegen Kaiser gerichteten Flugschriften (γ μ α τ α ρ ά τ ρ ,ο α κ ο α ο μ ἐ τ ) mit Entgegnungen entkräftete; ferner ο ὺ ὐ ς ςα ςτ υ ἷαεἴω ν θ ε νἀνώ 66,19,2 (zuTitus); 69,23,2 (zuHadrian). 36 Fürdie verschiedenen Ausgaben siehe Quint. inst. 10,1,104 mit K. Heldmann (wie Anm. 21) 234. 68; 37 D. Flach, Tacitus in der Tradition der antiken Geschichtschreibung, Göttingen 1973, 52– Schwinden deshistorischen Sachverhalts“ . Vgl. A.DihTimpe (wie Anm.24) 89 spricht vom„ 45. le, DieEntstehung derhistorischen Biographie, SHAW 1986,3, Heidelberg 1987, 40– 38 Tac. hist. 1,1 undann. 4,33. A.D. Leeman, Form undSinn, Frankfurt/Main 1985 (ND von 1973), 326; Flach a.O. 59 f.; ders. Römische Geschichtsschreibung, Darmstadt 19983, 161f. (zu einer möglichen frühkaiserzeitl. Vorlage); siehe zurKritik desTacitus anderoffiziellen Propaganda ferner die Überlegungen vonK.-W. Welwei, Verdeckte Systemkritik in derGalbarede 363. desTacitus, Gymnasium 102, 1995, 353–

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dargelegt39. Auch hinter der Feststellung, daß die ehemals freie (republikanische) Geschichtsschreibung, der der gesamte Bereich politischer Entscheidungsfindung zugänglich war, nununter demAusschluß ihrer Autoren vonderMachtzentrale zu leiden hat, steht weniger dieEinforderung gattungsspezifischer Standards als vielmehr der Hinweis auf denVerlust politischer Kompetenzen. Eine autonome und vonpolitischen Interessen unberührte Geschichtsschreibung, fürdieeinzig diePräsentation derdurch aufwendige Recherchen undAutopsie gewonnenen ‚objektiven Wahrheit‘Ziel derDarstellung war,hatte es auchzurZeit derRepublik nicht gege40stand hier die Verpflichtung ben. Denn hinter der „subjektiven Wahrhaftigkeit“ auf denKonsens derFührungsschicht unddie Achtung deraufdenmosmaiorum gegründeten politischen Ordnung. DieWiedergabe aristokratischer Ideale undder vondergesamten Nobilität getragenen politischen Maximen hatte dieDarstellung ebenso bestimmt oder zumindest gefärbt wie die mitHänden greifbare politische Absicht41. DieSituation inderKaiserzeit unterschied sich alsozunächst grundsätzlich darin, daßdievornehmlich demSenatorenstand verpflichteten Historiker sich vonder aktiven Gestaltung der Politik ausgeschlossen sahen42. Dies hatte zurFolge, daß mandasin denGeschichtswerken formulierte politische Urteil nicht mehr als Ergebnis eines offenen Wettstreits politischer Meinungsbildung verstehen konnte. Zwischen demoffiziellen Entwurf historischer Interpretation vonZeitgeschichte und derWiedergabe im historiographischen Text schien vielmehr ein Gefälle mitungleich verteilten Gewichten entstanden zu sein, dadiese in aller Regel jenem zu folgen hatte undselbst nurmehr einen begrenzten Beitrag zuröffentlichen Diskussion umdie Wertung derdargestellten Ereignisse leisten konnte43. Da die eigentlichen Hintergründe derEntscheidungsfindung undoftauchdesGeschehensablaufs über die von der Machtzentrale gebotenen Informationen hinaus nicht zu durchschauen waren, konnten dieVorkommnisse nurso dargestellt werden, daßsie eine innere Kohärenz besaßen unddenoffiziell ‚zugeteilten‘Informationen nicht widersprachen44. Diese Vorgehensweise ist einIndiz dafür, daßjede Wirkungsmöglich-

4 (Xiph.). 39 Siehe unten. Vgl. auch Dio73(72), 18,3– 40 D. Flach (wie Anm.38) 163. Vgl. Timpe, Erwägungen (wie Anm.32) 115, derfürdieZeit bis zum1.Jh. v.Chr., indereine „zunehmende Beliebigkeit undlatente Ideologisierung“einsetze, voneinem „sozial geschützten geschichtlichen Stoff“spricht. Vgl. C.W. Fornara, TheNature of 56. History in Ancient Greece andRome, Berkeley/Los Angelos/London 1983, 53– 41 Siehe nurSyme (wie Anm.21) 203 f.; Dihle a.O. 23 (Biographien dienten wiederGroßteil der

42

43 44

Geschichtswerke „ sämtlich derpolitischen Auseinandersetzung, Rechtfertigung undInvektive“ ); M.Griffin, Theintellectual developments of theCiceronian age, in:J.A. Crook/A. Lintott/ 715. E. Rawson (Hrsgg.), The Cambridge Ancient History IX2, Cambridge 1994, 711– 223; ZurVeränderung desMarktes unddesRezipientenkreises siehe Starr (wie Anm. 19)213– ferner J. Malitz, Philosophie undPolitik im frühen Prinzipat, in: W.H. Schmidt/P. Wülfing Moderne Schule. Beiträge zudenantiken Grundlagen unseres Den(Hrsgg.), Antikes Denken – 176. 179. bes. 163– kens (Gymnasium Beiheft 9), Heidelberg 1988, 151– Vgl. zu diesem Gefälle die Bemerkungen vonPlin. ep. 3,13 zumPanegyrikus: in hac nota vulgata dicta sunt omnia. Vgl. Dihle (wie Anm. 37) 41 zuDio53,19,3 undunten. Siehe aber Tac. ann. 13,20,2, wovon unterschiedlichen Theorien überdieMordpläne Neros berichtet wird.

Enkomion undHistoriographie

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keit der Geschichtsschreibung auf das politische Tagesgeschäft preisgegeben wur-

Wenneinzelne dervoneinem ‚tyrannischen‘Kaiser wieDomitian verfolgten Autoren in später entstandenen Geschichtswerken verarbeitet wurden unddamit präsent blieben, so ist auch dies aufein Zugeständnis desregierenden Kaisers zurückzuführen46.

de45.

III

Bei denKlagen über die veränderten

Möglichkeiten derHistoriographie unddas wahre‘Darstellung nicht mehrzuließ, ging bestehende Informationsdefizit, daseine ‚ es also nicht so sehr umein gattungsimmanentes Problem der Geschichtsschreibung, die durch Entwicklung neuer Recherchemethoden auch unter gewandelten Bedingungen sicherlich ihrem Wahrheitspostulat hätte treu bleiben können47, als vielmehr, wie schon in der Darstellung der Vernichtung unliebsamer Bücher, in erster Linie umdasEinklagen politischer Partizipation48. DerVersuch desTacitus, dieDarstellung historischer Ereignisse zumeigentlichen Ortunabhängig formulierter, unparteiischer Wahrheit zuerheben, istdarüber hinaus nurverständlich vordem Hintergrund dersich frühabzeichnenden gegenseitigen Beeinflussung vonPanegyrik/Enkomion undHistoriographie49. Dennbereits zuBeginn desPrinzipats hatten Nikolaos vonDamaskus, Pompeius Trogus, Valerius Maximus undVelleius Paterculus mitihrer panegyrischen Stilisierung derKaiser Augustus undTiberius vorex-

45

Timpe (wie Anm. 24) 95 sieht daher Geschichtsschreiber im 2. Jh. weniger durch die politischen Bedingungen, d.h. eine besondere Nachsicht der Kaiser, geschützt als vielmehr durch ihre eigene „praktische Loyalität unddie sich selbst verschlüsselnde Esoterik einer anspruchsvollen Darstellungsweise, diebreite Wirkung nicht haben konnte“ . Vgl. zurTechnik, eine von der offiziellen Lesart abweichende Meinung geradezu zu ‚verpacken‘, auch Suerbaum (wie 91 undfürdenBereich derDeklamationen, diezum„verhüllten politischen KomAnm.21) 86– mentar“ Formderindirekten Meinungsäußerung“gepflegt wurden, Heldmann wurden undals„ Cancik (wie Anm. 21) 183 bemerken indiesem Zu(wie Anm. 24) 242 f. Cancik-Lindemaier– sammenhang, daß„ die physische Präsenz vonÜberwachung undZensur ... dernotwendige Grund fürdieoft beklagte Dunkelheit, Vieldeutigkeit, Verrätselung dertaciteischen Sprache“ seien. Vgl. J.R. Morgan, History, Romance, andRealism intheAithiopika of Heliodoros, ClAnt

226. 1, 1982, 222– ἰςἑα . 1,14 und1,17 können daher Helviτ υ 46 Siehe Salles (wie Anm.21) 764 f. InMarc Aurels ε dius Priscus, Thrasea Paetus undArulenus Rusticus als maßgebliche Repräsentanten desDissenses im 1. Jh. neben Cato undBrutus als Vorbilder stoischer Haltung begegnen. Siehe R.B. 80; P. Hadot. La citadelle Rutherford, The Meditations of Marcus Aurelius, Oxford 1989, 59– 321. intérieure. Introduction auxpensée deMarc Aurèle, Paris 1992, 314– 47 Ein beeindruckendes Beispiel für die Möglichkeiten des antiken Historikers bietet ein Vergleich des Senatsbeschlusses de Pisone patre mitderDarstellung desTacitus. Siehe W. Eck 298. u.a., Dassenatus consultum de Cn.Pisone patre, München 1996 passim, besonders 289– 48 A. Dihle, Die griechische undlateinische Literatur derKaiserzeit vonAugustus bis Justinian, einer noch nicht verarbeiteten München 1989, 150 f. spricht in diesem Zusammenhang von„ . Vergangenheit dervonaristokratischen Traditionen bestimmten römischen Historiographie“ 49 Zurrepublikanischen Tradition der‚panegyrischen Historiographie‘siehe Cic. fam. 5,12 und die Bemerkungen vonE. Doblhofer, Die Augustuspanegyrik des Horaz in formalhistorischer Sicht, Heidelberg 1966; Steinmetz (wie Anm.9) 125f.

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wieein Historiograph dennoch lebenden Princeps darstellen konnte, zumalwenner(wie z.B. Velleius) alsAngehöriger desRitterstandes undsozialer Auf-

erziert50,

steiger eine besondere Loyalität fürangemessen hielt51. Dererwähnte Umstand, daß mit zunehmender Konzentration derpolitischen Entscheidungen auf die neuentstandene Zentrale der Macht in denTexten zumindest die hier vorgenommenen Wertungen inirgendeiner Formberücksichtigt werden mußten52, istdurch dieKonzentration der historiographischen Darstellungen auf die Kaiserzeit insbesondere seit flavischer Zeit nochbedeutsamer geworden. Anders alsAsinius Pollio53, Cremutius Cordus54, Pompeius Trogus, Thrasea Paetus, M. Servilius Nonianus oder Aufidius Bassus55, für die im frühen Prinzipat die Aufarbeitung der Bürgerkriegszeit unddamit dierepublikanische Tradition naheliegender Bestandteil derGeschichtsdeutung waren56, rücken nunnach derErfahrung desBürgerkriegs von68/69 die Historiker Cluvius Rufus, Fabius Rusticus, Plinius Maior oder C. Pompeius Planta57denPrinzipat indenMittelpunkt derDarstellung, indem sieihre Geschichtswerkeganz aufdieiulisch-claudische Zeit konzentrieren, wieVipstanus Messalla58 die eigene Rolle indenBürgerkriegswirren darstellen odersogar derneuen, flavischen Dynastie denWegbereiten59. ImVerlauf des 1. Jh. wurde in zunehmendem Maße deutlich, daßauch dieHistoriographie dengleichen Anfechtungen ausgesetzt war,

50 ZuNikolaos siehe B. Forte, Rome andtheRomans as theGreeks sawthem, Rom1972, 186– 193; zuPompeius Trogus Kienast (wie Anm. 18) 223; zueinem Panegyricus Augusti desVarius Rufus siehe die Hinweise bei Drury (wie Anm. 16) 862 f.; zuVelleius Paterculus siehe 82; C. Kuntze, ZurDarstellung desKaisers Tiberius undseiner Zeit Gabba (wie Anm. 17) 80– beiVelleius Paterculus, Frankfurt/Main 1985. 51 Vell. 2,126. ZuCn.Lentulus Gaeticulus alsHofhistoriker unter Caligula siehe Suet. Cal. 8 mit K. Sallmann, DerTraum desHistorikers: zuden‚bella Germaniae‘desPlinius undzuriulisch601. Vgl. claudischen Geschichtsschreibung, in: ANRW II 32.1, Berlin/New York 1984, 596– auch die panegyrische Verehrung des Kaisers in Vorreden vonVitruv (praef.) oder Valgius Rufus (erwähnt beiPlin. n.h. 25,4). Indiesen Zusammenhang gehört auchderBrief desälteren Plinius anTitus (n. h. § 20), in demer eineigenes Geschichtswerk erwähnt, daser ausFurcht vordemVorwurf derLobrednerei aber nicht zuLebzeiten veröffentlichen will. Vgl. Tac. ann. 1,1 (aus Abneigung gegen Kriecherei verfassen viele keine Geschichtswerke mehr). Zumzu161. nehmenden Opportunismus siehe auch Kneppe (wie Anm. 24) 156– 52 ZurDichtung D. Little, Politics inAugustan Poetry, in: ANRWII 30.1, Berlin/New York 1982, 370. Über die Zwänge, denen selbst Claudius bei seinen historischen Studien ausgesetzt 254– war, berichtet Suet. Claud. 41,2.

264. 53 Zurkontroversen Einschätzung dieses Autors siehe Hose (wie Anm. 16)259– 257 hält eine Behandlung der 54 B. Manuwald, Cassius DioundAugustus, Wiesbaden 1979, 254– Zeit nach29 v.Chr. inseinem Geschichtswerk fürunsicher. Siehe dagegen Tränkle (wie Anm. 241. 23) 231– 99. CXXVII und96– 55 ZudenLetztgenannten: HRRII CXXV– 56 E. Gabba (wie Anm. 17) 78. 115. 57 HRR II 112– 58 HRRII CLXVIII f. und115 f. 59 Siehe beispielsweise dieAndeutungen vonTacitus zudenflavischen Geschichtsschreibern in 45. – hist. 2,101. A. Briessmann, Tacitus unddasflavische Geschichtsbild, Stuttgart 1955, 28– Zu Servilius Nonianus, Aufidius Bassus, Fabius Rusticus, einem Anonymus undCremutius 103) Cordus als kanonischen Autoren im Rhetorikunterricht der Zeit (Quint. inst. 10,1,102– siehe Ax (wie Anm. 2) 142 f.

Enkomion undHistoriographie

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die sich unter Augustus vorallem in derDichtung feststellen ließen60. Auch wenn heute imDetail nicht mehr faßbar ist, in welchem Umfang die einzelnen Autoren derverlorenen Werke demLob desKaisers verpflichtet waren, so steht zweifellos fest, daßsie immer mit der grundsätzlichen Frage konfrontiert waren, wie sie die neuen politischen Rahmenbedingungen beurteilten undsich derForderung nacheinerparteiischen oder garpanegyrischen Darstellung derZeitgeschichte stellten61. DieZunahme adulatorischer Geschichtsschreibung läßt sich amEndedes 1.Jh. indirekt auch anderVorliebe füreine interessante Gattung, nämlich für Schriften über einzelne prominente Senatoren derneronisch-flavischen Zeit, ablesen. Wenn Herennius Senecio undArulenus Rusticus mit ihren in enkomiastischer Tradition stehenden Schriften über diesanctissimi viri62 Helvidius Priscus undThrasea Paetus versuchten, denregierenden Kaiser indirekt durch dieLebensbeschreibung einesvorbildlichen Senators zukritisieren63, dannist auchdies trotz derlangen Tradition von Biographien64 Ergebnis der immer weiter umsich greifenden panegyrischen Hofgeschichtsschreibung65. Anders als im 1. Jh. vor. Chr., als Caesar noch mitseinem Anti-Cato aufeinentsprechendes Enkomion ausderFeder Ciceros geantwortet hatte, konnte der Kaiser selbstverständlich nicht Gegenstand einer vergleichbaren Schrift sein. Manbehalf sich, wieauchTacitus mitseinem Agricola vor Augen führte, indem mandenLobreden und-schriften auf denKaiser ein an der

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Siehe aber auch die differenzierte Darstellung vonE. Lefèvre, Die unaugusteischen Züge der augusteischen Literatur, in: Saeculum Augustum II, hrsg. vonG.Binder, Darmstadt 1988, 173– 196, derbereits fürdieRegierungszeit desAugustus einen Generationswechsel unter denAutoren konstatiert, dereine unterschiedliche Sicht des politischen Wandels zurFolge hat. Siehe 117 unddieModifikationen beiD.F. Kennedy, ‚Augustan‘ ferner Fantham (wie Anm. 18) 95– and‚Anti-Augustan‘: Reflections onTerms of Reference, in:A.Powell (Hrsg.), Roman Poetry 58; M.S. Santirocco, Horace and andPropaganda in the Age of Augustus, London 1992, 26– 243. –Fürdiepanegyrischen Gedichte desT. CalAugustan Ideology, Arethusa 28, 1995, 225– purnius Siculus auf Nero siehe die Hinweise bei Drury (wie Anm. 16) 884 f. undGoodyear 628; fürdieDichtung zurZeit Domitians siehe A. Hardie, Statius andthe (wie Anm. 29) 626– Silvae, Liverpool 1983. Vgl. denÜberblick bei F.M. Ahl, The Rider andthe Horse: Politic and Power inRoman Poetry fromHorace toStatius, in:ANRWII 32.1, Berlin/New York 1984, 40–

110.

61 Wieunangenehm einzelnen Historikern dievonihnen selbst vorgenommene

62 63 64

65

Grenzverwischung zwischen Panegyrik undGeschichtsschreibung gegenüber denZeitgenossen gewesen ist, zeigen beispielsweise Bemerkungen vonTac. (ann. 1,1) undPlinius Maior (HRR II 110); Sallbeialler mann(wie Anm.51) 601glaubt zumindest fürPlinius Maiors ‚Bella Germaniae‘eine „ Bindung andenKaiserhof liberale Haltung“feststellen zukönnen, die sich –wiebei Dio–mit denBegriffen „höfisch undkritisch, kaisertreu undsenatorisch“näher beschreiben lasse. Suet. Dom. 10. IIII. Fürweitere Beispiele dieser Gattung siehe HRRII CLXXII– ZurTradition derartiger Biographien siehe nurP. Steinmetz, Dieliterarische FormdesAgricola 141; Dihle (wie Anm. 37); zurGeschichte desTacitus, in: Radke, Politik (wie Anm. 21) 129– derLiteratur über exitus illustrium virorum siehe F. Marx, Tacitus unddieLiteratur derexitus 103. illustrium virorum, Philologus 92, 1937, 83– Die von Ahl a.O. 77 geäußerte Ansicht, daßgerade die Blüte der Literatur unter Nero zum ideological visions into political actions“geführt Umschlag der in der Dichtung geäußerten „ habe, kann mich nicht überzeugen.

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Panegyrik orientiertes Werk über einen in seiner Haltung vorbildlichen Politiker – zurZeit Domitians –entgegensetzte oder–zurZeit Trajans –andieSeite stellte66. Ein Historiker bzw. Biograph, der nicht von vornherein die Politik des regierenden Kaisers positiv zeichnen wollte oder gar einen panegyrischen Text geplant hatte, konnte sich nurmitEinschränkungen bis in die Abfassungszeit seines Werkes vorwagen. Diese Einsicht warschon Timagenes undT. Labienus67, aber auch Tacitus undSueton selbstverständlich68, auch wenn letztere ebenso wie ihre Vorgänger das politische Urteil über die Vergangenheit mit Wirkungsabsicht auf die Zeitgenossen artikuliert haben69. Gleichzeitig zeigte sichjedoch ein neues, folgenreiches Problem. AusderAnerkennung derunter Nerva undTrajan scheinbar wieder durchgesetzten libertas, der insbesondere unter Domitian zu Schaden gekommenen Meinungs- undRedefreiheit, ergab sichnämlich einspezielles Dilemma fürdie Historiker des2. Jhs. Die Ideologie desAdoptivkaisertums absorbierte mit derOpposition innerhalb desSenats nunendgültig dieAussicht aufeine gegenüber dereigenen Zeit kritische Geschichtsschreibung70. Eine senatorische Historiographie, diesichganzaufdieWiedergabe desSelbstverständnisses dieses Standes konzentrierte, für diesen verfaßt worden warundoffenbar im 1. Jh. auch weitgehend nurinnerhalb derSenatskreise rezipiert wurde, tritt nunallmählich ganzindenHintergrund71. Während zunächst noch die Einforderung politischer Unparteilichkeit

66 Vgl. zuähnlichen Texten desTitinius Capito

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68 69

Plin. ep. 8,12 (quasi funebres laudationes seras quidem sedtanto magis veras). Syme(wieAnm.21) 210; Steinmetz (wie Anm.9) 121– 147. Für die vielleicht zurZeit Neros entstandene Laus Pisonis siehe H.Leppin, Die Laus Pisonis als 236 (mit weiteren Hinweisen). Vgl. für Zeugnis senatorischer Mentalität, Klio 74, 1992, 221– dieZeitTrajans dieVorliebe fürdieGeschichten vomTodvorbildlicher Männer, dieunter Nero oderDomitian gelebt hatten, Plin. ep. 1, 17;3, 6.10.16; 5, 5; 7, 31; 8, 12;9, 13.Vgl. hierzu auch M. Vielberg, Untertanentopik. ZurDarstellung derFührungsschichten in derkaiserzeitlichen 21.37. Geschichtsschreibung, München 1996, 17– ZuTimagenes, derdenTeil seiner Schriften überAugustus selbst verbrennt, siehe Sen. deira 3,23,4 ff. Kienast (wie Anm. 18) 219 mitAnm. 194. Vgl. denangeblichen Ausspruch desT. Labienus bei derLesung ausseinem Geschichtswerk: haec, quae transeo, post mortem meam 64. legentur (Sen. contr. 10 Praef. 8). Flach (wie Anm. 37) 62– Tac. hist. 1,1,4 stellt dieDarstellung Nervas undTrajans fürdasAlter inAussicht. Vgl. hierzu 227. ZuSueton unddessen Entlassung auch die Überlegungen bei Syme (wie Anm. 37) 220– 166. ausdenkaiserlichen Diensten vgl. Fein (wie Anm. 15) 160– ZurDarstellung derVirtutes beiSueton vgl.A.Wallace-Hadrill, Suetonius. TheScholar andhis 758. 205; J. Gascou, Suétone Historien, Rom 1984, 718– 174; 198– Caesars, London 1983, 142– ZudenPartien, die auf seine eigene Zeit Bezug nehmen, siehe A. Abramenko, Zeitkritik bei 94 (mit weiteren HinweiSueton. ZurDatierung derVitae Caesarum, Hermes 122, 1994, 80– sen). Zurbeabsichtigten Wirkung aufdieZeitgenossen beiTacitus siehe z.B. dieBemerkungen bei M. Vielberg, Pflichten, Werte, Ideale. Eine Untersuchung zudenWertvorstellungen des Tacitus, Stuttgart 1988; K. Heldmann, Libertas Thraseae servitium aliorum rupit, Gymnasium

211. 98, 1991, 208– 70 Vgl. auchW.Richter, Römische Zeitgeschichte undinnere Emigration, Gymnasium 68, 1961, 315; Flach (wie Anm. 37) 258. 286–

71 M. v. Albrecht, Geschichte der römischen Literatur II, München 1993, 1087. Eine Ausnahme könnte Granius Licinianus gewesen sein, dersich in derGestaltung seines Geschichtswerkes offenbar gegen die rhetorisch-panegyrischen Tendenzen derZeit gewendet hat (siehe unten Anm. 168).

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desHistorikers, d.h. die Reminiszenz andasWahrheitspostulat derhistoriographischen Tradition, Hinweis aufdieParteinahme desAutors füreine gestärkte Position des Senats war, mußte in demAugenblick, in demdie offizielle Propaganda die Führungsschicht mitdemHinweis aufdie ‚Adoption desBesten imStaate‘ganz in die politische Verantwortung einband, auch diese Position allmählich fallen72. Eine Ursache hierfür lag sicherlich darin, daßdie Artikulation eines senatorischen Freiheitsbegriffs undWertekanons auf der Folie der durch die Principes vorgegebenen Politik bereits im 1.Jh. in vielen Bereichen andieStelle derrepublikanisch-senatorischen Tradition getreten war73. Eine politische Konstellation wurde nicht mehr allein nach althergebrachten Kategorien, sondern vor demHintergrund der im Prinzipat neuundin aller Regel vomKaiser undseiner Umgebung formulierten Maßstäbe beurteilt. Deutlicher Ausdruck dieser Entwicklung ist z.B. derUmstand, daßkritische Stimmen übereinzelne Kaiser nurinKongruenz mitder öffentlichen Verurteilung durch seine Nachfolger zubeobachten sind74. Hierin liegt auch derGrund, weshalb sich die einmal (offiziell) gefällten Urteile über einzelne Kaiser auchinderLiteratur alsbemerkenswert langlebig erweisen. WiedieDiskussion umdie historische Bewertung vonCassius undBrutus in derkaiserzeitlichen Geschichtsschreibung beispielhaft zeigt75, blieb eine mit tagespolitischer Absicht vorgenommene Umwertung desoffiziellen Urteils fürdenAutor nicht folgenlos. Das in der ersten Hälfte des 2. Jh. insbesondere vonTacitus herausgestellte Bemühen, dieHistoriographie vonderParteilichkeit frei zuhalten undjenseits der offiziellen Selbstdarstellung dereinzelnen Principes nach Gründen, Ursachen und inneren Zusammenhängen derGeschehnisse zusuchen, warlängst durch dieliterarische Produktion derkaiserlichen amici, selbst durch diewandernden oder oft nur lokal bedeutsamen Gelehrten inBedrängnis gebracht worden, dieinerster Linie die Selbstdarstellung derdomus Augusta reproduzierten76. Auch derPanegyricus des

72

Siehe etwadiebeiDio69,17,3 (Xiph.) überlieferte Anekdote, Hadrian habe seine amici aufgeihm zehn geeignete Kandidaten für die Kaiserherrschaft aufzuzählen. Sie zeigt ‚die WahldesBesten‘alsGesellschaftsspiel. –Vgl. zumgrundlegenden Ausgleich zwischen „äußererMacht“unddem„philosophisch-ethischen Prinzip“A. Heuss, Alexander derGroße unddie 97; R. Browning, History, in: E.J. Kennedy/W.V. Ideologie des Altertums, A&A4, 1954, 89– Clausen (Hrsgg.), TheCambridge History of Classical Literature II, Cambridge 1982, 732 f.; 174 unddenausgezeichneten Überblick bei Dihle (wie Wallace-Hadrill (wie Anm. 69) 145– fordert,

64. Anm. 37) 46– 73 Bleicken (wie Anm.31) 57 stellt zuRecht heraus, daßunter libertas innachdomitianischer Zeit nurmehr die „ Garantie gegen Willkürakte desabsoluten Monarchen“zuverstehen ist. Daßdie Auseinandersetzung vonSeiten der senatorischen Historiographen in der2. Hälfte des 1. Jh. ob undwieweit derPrinzipat dieFreiheit der zunehmend aufdie Frage konzentriert wurde, „ , senatorischen Traditionsträger respektierte, siealsPartner desRegimes anerkannte odernicht“ stellt auchTimpe (wie Anm.24) 78 f. heraus. 74 Z.B. Hose (wie Anm. 16) 120zumUrteil desFlorus überdieKaiser vorTrajan. Daßimsenatorischen Selbstverständnis einabweichendes Urteil möglich blieb, überliefert Tac. ann. 13,3,1. DieSenatoren schmunzeln überdiepanegyrische Leichenrede Neros aufClaudius. 45; Suerbaum (wie Anm.21) 75 R. MacMullen, Enemies of the Roman Order, London 1966, 1– 99. 77– 76 DievonW.Kuhoff, Felicior Augusto Melior Traiano. Aspekte derSelbstdarstellung römischer Kaiser während derPrinzipatszeit, Frankfurt/Main u.a. 1993, 47 f. geäußerte Ansicht, dielitera-

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Plinius ist einprägnantes Beispiel fürdiese Formderselbstgewählten undvordem Hintergrund einer sich ausbildenden Hofkultur oft durchaus aufrichtigen Zuordnung77. DaßPlinius anachronistisch behauptet, die Lobreden derKonsuln auf den Kaiser gingen sogar bis aufAugustus zurück, unter dessen Herrschaft die Konsuln bereits durch einsenatus consultum zupanegyrischen Dankesreden verpflichtet wordenseien, zeigt unbestreitbar, wiefest etabliert dieöffentliche Schmeichelei fürihn undseine Zeitgenossen gewesen seinmuß78. DaßderText desPlinius –alseine von zahlreichen ähnlichen Reden79 –erhalten ist, darf daher nicht der Publikation durch denAutor undeinem überlieferungsgeschichtlichen Zufall allein, sondern einem längst erwachten Interesse andieser Formepideiktischer Redezugerechnet werden. Neben denoffiziell z.B. imSenat gehaltenen panegyrischen Reden auf denKaiser hatte sich auflokaler Ebene eine ähnliche enkomiastische Tradition durchgesetzt80. Wennanläßlich derzahlreichen Feste z.B. indengriechischen Poleis selbstverständrischen Zeugnisse geben „ nicht dasEigenverständnis unddieprogrammatische Vorstellungen derMonarchen“wieder, dasie inerster Linie durch „persönliche Einstellungen ihrer Verfasser zumKaisertum“gefärbt sind, ist indieser Ausschließlichkeit sicherlich falsch. FürdieBindung derlitterati andenKaiserhof siehe Mratschek-Halfmann (wie Anm. 14) 35 mitAnm. 85. 77 F. Römer, Mode undMethode inderDeutung panegyrischer Dichtung dernachaugusteischen 113 wendet sich zu Recht gegen die verbreiteten Versuche, in Zeit, Hermes 122, 1994, 95– jedem panegyrischen Text versteckte Kritik andemgeehrten Princeps zusuchen. Siehe indiesemZusammenhang undzurFunktion derdurch Kaiser angeregten panegyrischen Reden, „ politische Ideen andie maßgeblichen Kreise in Verwaltung, Militär undGesellschaft zuvermit188.Vgl. auchdieBemerteln“ , auchH.-U. Wiemer, Libanios undJulian, München 1995, 184– kungen vonH.Cancik, Diekleinen Gattungen derrömischen Dichtung inderZeit desPrinzipats, in:M.Fuhrmann (Hrsg.), Römische Literatur. Neues Handbuch derLiteraturwissenschaft 3, Frankfurt/Main 1974, 265 f. –Vgl. zuPlinius denVersuch vonR. vonHaehling, Sozialer Frieden undStandesdenken ausder Sicht desjüngeren Plinius, in: Festschrift H. Chantraine, 61, Plinius’Handeln nicht als politisch-opportunistische Taktik, sonPaderborn u.a. 1994, 45– dern als „ an festen sozialethischen Grundsätzen orientiert“(61) zuinterpretieren. Siehe aber auchdiekritischen Ausführungen vonK. Strobel, Zuzeitgeschichtlichen Aspekten im‚Panegyricus‘desjüngeren Plinius, in: ders.-J. Knape, ZurDeutung vonGeschichte inAntike undMit112. Zumtaktischen Verhalten inderÖffentlichkeit siehe dieÜbertelalter, Bamberg 1985, 9– legungen von K.-H. Schwarte, Trajans Regierungsbeginn undder ‚Agricola‘des Tacitus, BJ 145; M. Vielberg, Bemerkungen zuPlinius d.J. undTacitus, WJA 14, 1988, 179, 1979, 139–

183. 171– 78 Plin. paneg. 4,1 mitM. Durry, Pline le Jeune. Panégyrique deTrajan, Paris 1938, 3 f.; M.L. Paladini, La ‚Gratiarum actio‘deiconsoli inRomaattraverso latestimonianza diPlino il Giova371; F. Römer, Dassenatus consultum beiPlinius, paneg. 4,1, WS4, ne,Historia 10, 1961, 356– 188; Schwarte a.O., 157f. mitAnm. 108; M.Mause, DieDarstellung desKaisers in 1970, 181– derlateinischen Panegyrik, Stuttgart 1994, 36 f.; ders., DerKaiser als Fachmann in ökonomischen Fragen? Bemerkungen zuwirtschaftlichen Aspekten inderlateinischen Panegyrik, MBAH 13/1, 1994, 91 f. Zupanegyrischen Schriften unter Augustus siehe Lefèvre (wie Anm.60) 192 f. 79 Vgl. indiesem Zusammenhang z.B. dieAndeutungen zudenPflichten eines Prätors unter Ves-

bei Dio66,12,1 unddiepanegyrischen Reden derSophisten z.B. aufHadrian bei Fein (wie Anm. 15) 280 f. 80 Vgl. Plin. paneg. 54. Siehe die Beispiele bei M. Wörrle, Stadt undFest im kaiserzeitlichen 250; Schmitz (wie Anm. 14) 111f. unddieBemerkungen von Kleinasien, München 1988, 248– A.Chaniotis, Historie undHistoriker indengriechischen Inschriften, Wiesbaden/Stuttgart 1984, 92. 375 sowie Pernot I (wie Anm. 6) 84– 366 f.; 373– pasian

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lich aucheinEnkomion aufdenKaiser gehalten wurde, dannzeigt diesdievollständige Durchdringung aller politischen Ebenen mit den in dieser Gattung üblichen Mustern politischer Selbstdarstellung. Vergegenwärtigt mansich zudem die zahlreichen Anlässe fürderartige adulatorische Reden, dannwirddeutlich, daßnicht nur einerheblicher Teil derSenatssitzungen, sondern auchdesöffentlichen Festwesens mitdieser FormdesHerrscherlobs durchwirkt war81. VordemHintergrund desnicht unbeträchtlichen Anteils vonAnalphabeten imPublikum82 hatten diese öffentlichen Reden zudem besondere Bedeutung fürdieVerbreitung dergenannten Inhalte. Die Panegyrik war,wieauchdieHinweise desPlinius zumKaiserlob inTheateraufführungen verdeutlichen, geradezu omnipräsent83. DemHinweis, daßTrajan dieadulatiodurch Pantomime verboten habe, fügterbezeichenderweise denHinweis hinzu, dieser vorbildliche Kaiser habe es auch gar nicht nötig, durch diese künstlerisch drittrangige Gattung geehrt zuwerden, denn sein Lob finde manin ausreichendem Maße in Dichtung undGeschichtsschreibung84. Die bei Tacitus zu beobachtende Besinnung darauf, daß ihren Werken eine Wirkungsmöglichkeit auf politische Entscheidungsfindung genommen undanihre Stelle eine allgemeine moralisch-ethische Erziehung zurBewältigung kaiserzeitlicher Krisen getreten war85, spielt bei Überlegungen zurSituation derRedekunst

62, derseine Überlegungen aberviel zustark aufdie 81 ZudenAnlässen allgemein Mause a.O. 30– in Gegenwart desKaisers gehaltenen Panegyrici beschränkt unddaher denKreis derZuhörer nurinderFührungsspitze desReiches sehen kann. DieFunktion derPanegyrik zurVerbreitung der kaiserlichen Selbstdarstellung wird aber erst verständlich, wenn mandas weit bis in die einzelnen Gemeinwesen abgestufte System panegyrischer Praxis imBlick behält. Einvergleichbar knapper Hinweis auf die Panegyrik der Kaiserzeit findet sich bei R. Scholl, Historische Beiträge zudenjulianischen Reden desLibanios, Stuttgart 1994, 82. 82 Siehe R.P. Duncan-Jones, Age-rounding, Illiteracy andSocial Differenciation in the Roman 353; W.V. Harris, Literacy andEpigraphy I, ZPE52, 1983, 87– Empire, Chiron 7, 1977, 333– 112; ders., Ancient Literacy, Cambridge/Mass. 1989; J.D. Evans, The Artof Persuasion, Michigan 1992, 7 f. undfüreine positivere Einschätzung desAlphabetisierungsgrades L.A. Curchin, Literacy in theRoman Provinces: Qualitative andQuantitative Data from Central Spain, AJPh 168. 476. ZumPublikum ferner Schmitz (wie Anm. 14) 160– 116, 1995, 461– 83 Siehe die epigraphischen Belege oben Anm. 80. Plin. paneg. 54 (et quis iam locus miserae adulationis manebat ignarus). Siehe auchdieÜberlegungen beiR.A.B. Mynors, In Praise of Later Roman Emperors. The Panegyrici Latini, Berkeley 1994, 3; 27. Vgl. in diesem Zusam113zurKritik desTacitus ander menhang dieAusführungen vonVielberg (wie Anm.69) 80– alle Lebensbereiche durchdringenden adulatio als „einem dergrundlegenden Übel derKaiser97). ZurLobrede alsoblizeit“ (111), vonderauchdieGeschichtsschreibung betroffen sei (94– gatorischem Unterrichtsgegenstand siehe H.-I. Marrou, Geschichte der Erziehung im klassi294. P.Grimal, Lalittérature latine, Paris 1994, 506 f. schen Altertum, NDFreiburg 1957, 292– versteht diePanegyrik zueinseitig (undallein unter demEindruck derspätantiken Sammlung) als Folge derReichskrise im3. Jh. Vgl. dagegen Russell (wie Anm.6) bes. 23. 84 Plin. paneg. 54,2: Tuprocul a tuicultu ludicras artes removisti. Seria ergo te carmina honorque aeternus annalium, nonhaec brevis etpudenda praedicatio colit; quin etiam tanto maiore consensu in venerationem tuitheatra ipsa consurgent, quanto magis detescaenae silebunt. Dieses Zeugnis verdeutlicht, wiesehr öffentliche Feste unddasSchauspiel durch dieEhrung desKaisers geprägt gewesen sein dürften (vgl. E. Csapo-W.J. Slater, TheContext of Ancient Drama, Michigan 1995, 318.323). 85 R. Rilinger, Seneca undNero. Konzepte zurLegitimation kaiserlicher Herrschaft, Klio 78, 1996, 133: „Zugespitzt kannmansagen: Bewährten sichdieTugenden imaristokratischen System der

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aufgrund ihrer ehemals politischen Funktion naturgemäß eine noch größere Rolle. Plinius offenbart ineinem Brief anVibius Severus, daßerbeiderschriftlichen Ausarbeitung seiner aufTrajan gehaltenen Redeeine Wirkung aufzukünftige Principes vorAugen hatte86. Andie Stelle derKlage über dieBeschränktheit derzurVerfügungstehenden Themen87 setzt erdasliterarisch gefaßte Kaiserlob undglaubt, damitdiepolitische Funktionslosigkeit desRedners unter dengewandelten Bedingungenüberwinden zukönnen88. DerVerlust politischer Partizipation drängt denambitionierten Redner ausdem, wieer selbst meinte, zunehmend vonDilettanten89 geprägten forensischen Bereich in die kunstvolle Deklamation. Andie Stelle politischer Aktualität tritt dieüberzeitliche, moralische Gültigkeit desGesagten; ausder zweckgebundenen, forensisch-deliberativen Redewirddiepanegyrische Schaurede. Derin derHistoriographie beklagten undauch feststellbaren Orientierung auf denKaiser unddervielfach vorgenommenen Grenzverwischung zumEnkomion entspricht also eine parallele Entwicklung inderRedekunst, beidermaninpanegyrischen Reden Wirkungsmöglichkeiten undTerrain fürdieArtikulation politischer Anliegen zusuchen begann90. Derüberwiegende Teil derHistoriker sahsich entsprechend vordieEntscheidung gestellt, entweder eine panegyrische Verzeichnung desPrinceps mitvielleicht ähnlichen Intentionen vorzunehmen oder sich derDarstellung einer ferneren Epoche zuzuwenden, deren politisch-historisches Bild in Vorlagen undhalb-öffentlichen Diskussionen literarischer ‚Salons‘bereits vorgezeichnet oderaufihre moralische Qualität sowie politische Opportunität hinerprobt war91. Beide, der Redner undderGeschichtsschreiber, orientierten sich bei ihren Erwägungen aber andenvomgerade regierenden Kaiser vorgegebenen Mustern92. Hierbei ergab sich freilich auch die Chance, durch eigenständig gesetzte Akzente etwa bei derAuswahl kaiserlicher virtutes politische Anliegen zuartikulieren93. Republik ingeregelten Konkurrenzen zumWohldesGemeinswesens, soförderte dasmonokratische System der Kaiserzeit demgegenüber die Verwirklichung einer nach innen gekehrten, individualistischen Tugend.“

3. 86 ep. 3,18,2– 87 ep.9,2; vgl. 3,20. 252; M.Morford, lubes esse Liberos: Pliny’s Panegyri88 Hierzu Heldmann (wie Anm.24) 250– 621. 593; Pernot II (wie Anm. 6) 607– cus andLiberty, AJPh 113, 1992, 575– 89 Plin. ep.2,14. 57; siehe aber auch Wiemer 90 ZurAppellfunktion desKaiserlobs vgl. Mause (wie Anm. 78) 52– 376. ZurVerschmelzung der„Aufgabe desRedners mitderdesBiographen (wie Anm.77) 372– undHistorikers“amBeispiel des Geschichtswerks des Florus vgl. M. vonAlbrecht II (wie Anm. 71) 1122 f. 91 ZurDiskussion historischer Darstellungen miteinem Publikum siehe Plin. ep.7,17. 92 Vgl. zurUnentwirrbarkeit der Anteile, die Philosophie, Rhetorik undoffizielle Propaganda an denDarstellungen des guten Herrschers hatten, die Bemerkungen vonWallace-Hadrill (wie 149; 148: „ It wasa doctrine promulgated byphilosophers, instilled byrhetorical Anm.69) 145– education, turned into routine bythelip-service of panegyrists andbeneficiaries, andexploited 33. Siehe indiesem Zusammenhang bytheemperors themselves.“Vgl. ferner Mynors a.O. 26– 188. auch Fantham (wie Anm. 18) 180– 93 Zumgezielten Ausschluß bestimmter Virtutes, deren Verbreitung aufMünzen einzelner Kaiser belegt ist, durch Tacitus siehe dieBemerkungen vonSyme(wie Anm. 16) 198; ders. (wie Anm. 756. 21) 754–

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IV

Es läßt sich also unschwer erkennen, daßdieAutoren auch unter denveränderten politischen Bedingungen aneiner politischen Wirkung interessiert blieben. Offen

bleibt freilich, inwieweit ihre Vorstellungen vondenregierenden Kaisern als Anregung aufgenommen94 und–dies gilt insbesondere fürdieGeschichtsschreibung – überhaupt je wahrgenommen wurden. Die Stellung des Kaisers beeinflußte zwar aufvielfältige Weise dieInhalte undGattungsmerkmale derLiteratur. Welchen Einfluß aber umgekehrt Dichter, Geschichtsschreiber, Philosophen oder Sophisten95 auf denKaiser unddessen praktische Politik hatten, ist äußerst schwierig zubestimmenundläßt sich imDetail nicht ermitteln96. Amdeutlichsten sind die Konturen eines persönlichen Umgangs nochbeieinzelnen Philosophen oderSophisten. Wenn mansich aber z.B. das Verdikt Marc Aurels in Erinnerung ruft, mit demer den

94 Daßgerade Lobreden fürdenGeehrten (indiesem Fall dieStatthalter) auchzueiner ermüdendenGeduldsprobe werden konnten, belegt Dig. 1,16,7. Angoldene Zeiten fürHistoriker erin95 96

nert Plin. ep. 1,13 (zueiner Vorlesung desServilius Nonianus, die überraschend vonClaudius besucht wird). Unter den‚Gelehrten‘unterschiedlicher Fachrichtungen spielten freilich Ritter eine immer größere Rolle. ZumAuseinanderdriften vonfachlicher Kompetenz (auf Seiten derRitter) undsozialem Ansehen (auf Seiten derSenatoren) siehe Bleicken (wie Anm. 31) 87. Vgl. nurdenausführlichen Versuch vonFein (wie Anm. 15) undbeispielsweise die vorsichtigenBemerkungen zuClaudius Charax (ebenda 192) oder Phlegon vonTralles (194.199); zu Hadrian siehe ferner R. Syme, Hadrian as Philhellen. Neglected Aspects, BHAC 1982/1983 362; André (wie Anm. 15); A.R. Birley, Hadrian. The Restless Emperor, London/ (1985) 341– NewYork 1997 passim. Siehe zuSeneca Rilinger (wie Anm.85) 130– 157; ferner Malitz (wie Anm.42). –Selbst beiderBeschränkung aufeinzelne Kaiser läßtsichoftnicht einmal belegen, daßdie beteiligten Personen sichje trafen oder derKaiser die betreffenden Schriften kannte. Mansollte freilich deshalb nicht derminimalistischen Lösung F. Millars, The Emperor in the 272 (und öfter) folgen, der den Roman World (31 B.C.–A.D. 337), London 1977, z.B. 268– ZurVerbindung Kaiser/’Gelehrte’ferner Kaiser zumeinsamen Entscheidungsträger stilisiert. – grundlegend Bowersock (wie Anm. 14), 43– 58; Millar a.O. 83–122; Champlin (wie Anm. 9) 130; E. Rawson, Roman Rulers and the Philosophic Advisers, in: M. Griffin-J. Barnes 118– (Hrsgg.), Philosophia Togata, Oxford 1989, 233– 257; G. Anderson, The pepaidoumenos in Action. Sophists andtheir Outlook in the Early Empire, in: ANRW II 33.1, Berlin/New York 156; J. Hahn, Der Philosoph unddie Gesellschaft. Selbstverständnis, öffentliches 1989, 146– Auftreten undpopuläre Erwartungen in derhohen Kaiserzeit, Stuttgart 1989, 182– 191; Mrat40. Für die ‚Kulturpolitik‘ unddie Privilegierung eines schek-Halfmann (wie Anm. 14) 14– 119. Teils der Gelehrten siehe auch die Zusammenfassung bei Steinmetz (wie Anm. 9) 73– Siehe ferner P. Zanker, Die Maske des Sokrates. Das Bild des Intellektuellen in der antiken 272. Dasanhand derkaiserzeitlichen Kunst festgestellte hohe soKunst, München 1995, 190– ziale Ansehen desgebildeten Bürgers, dersich nunauch imPrivatporträt als Philosoph darstellenläßt, sagt freilich nichts darüber aus, welchen Einfluß philosophische Maximen aufdiePolitik dieser sozialen Elite hatte. Der unpolitische Charakter dergepflegten Bildung warm.E. elementare Voraussetzung dafür, daßsie indervonZanker gezeigten Weise herausgestellt werdenkonnte undals Mittel gesellschaftlicher Distinktion offiziell durch die Kaiser im2. Jh. pro68, der in tegiert wurde. Vgl. ferner die vagen Feststellungen bei Wiemer (wie Anm. 77) 64– dembesonders gutdokumentierten Fall desLibanios „bestimmenden Einfluß aufdie Reichsregierung“ausschließt. Vgl. aber auch ebenda 145 f. (zu denPhilosophen Priscus undMaximus).

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Versuch derUmsetzung philosophischer Modelle in politische Praxis strikt abgelehnt hat, dannwirdmandiepraktischen Konsequenzen philosophischer Belehrungennicht allzu hochveranschlagen dürfen97. Vomengeren Beraterkreis desKaisers wurden inerster Linie handfeste Entscheidungshilfen undnicht diebelehrende Wiederholung philosophischer Topoi vomguten Herrscher erwartet, die ihren Platz – wie oben erwähnt –in Festreden hatten98. Undauch diesen Gelehrten waren die Bekleidung politischer Ämter undeine möglichst glänzende Karriere allemal wichtiger alsdasphilosophisch gelehrte Gespräch impolitikfernen Kreis99. Entsprechend darf auch vonPhilosophen oder Sophisten nicht erwartet werden, daßsie bei Bekleidung von Ämtern in erster Linie darum bemüht waren, die an anderer Stelle formulierten Maximen ‚guter Herrschaft‘zuerfüllen. Aelius Antipater ausHierapo-

97 Marc Aurel ε ἰςἑα . 9.29; siehe aberauch 1,11.14 (zudenpolitischen Lehren Frontos undder τ υ Stoa) sowie die Bemerkungen vonHadot (wie Anm. 46) 314– 325, dereinen unmittelbaren Einfluß derphilosophischen Reflexionen aufdiepraktische Politik (324: „dans uncertain esprit, selon uncertain style“ ) erkennen zukönnen glaubt; M.Alexandre, Letravail delasentence chez Marc Aurèle. Philosophie et Rhetorique, in: Formes brèves. La Licorne 3, Poitiers 1979, 158(zurRhetorik indieser Schrift); vgl. aberRosen (wie Anm.9) 121– 135(zurDistanzie125– rung vondiesem Lehrer). Marc Aurel sahdurchaus auch einen Gegensatz zwischen seinen ἰςἑα τ υ . 10,36 mitP.A. Brunt, ethischen Maximen unddenVorstellungen seiner Umgebung (ε Marcus Aurelius inhisMeditations, JRS 64, 1974 13). ZurAblehnung derSophisten beiMarc 89. –Vgl. zumBriefstil derKaiser, derdurch KlarAurel siehe Rutherford (wie Anm.46) 80– heit undnicht durch rhetorische Gelehrsamkeit geprägt gewesen sein soll, die Bemerkungen 28). ZurhetovonFronto ep. 2,6 undPhilostr. VS p. 628 (undF. Millar a.O. 93; 203 f.; 226–

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risch-literarisch überfrachteten, schwer verständlichen Texten ausderKanzlei siehe R. McMul337, London 1976, 51 undzumUmlen, Roman Government’s Response to Crisis A.D. 235– 95.–Vgl.indiesem Zusammenhang auchdiebei fangjuristischer Korrespondenzen ebenda 71– Philostr. VS p. 488 überlieferte Anekdote einer Begegnung zwischen Trajan undDion von Ich verstehe Dich zwar nicht, aber ich liebe dich Prusa, bei derderKaiser gesagt haben soll: „ wie mich selbst“(mit Bowersock [wie Anm. 14] 47 f.; C.P. Jones, The Roman World of Dio Chrysostom, Cambridge/Mass. 1978, 115f.; Th.Schmitz, Trajan undDion vonPrusa. ZuPhi319). lostrat Vit. Soph. 1,7 [488], Philologus 139, 1996, 315– Indiesem Zusammenhang ist dieDiskussion umdieRekrutierung, Stellung undFunktion der ab epistulis vonInteresse. Gegen einen vornehmlich literarisch, rhetorisch undphilosophisch 56) haben sich N. gebildeten undinteressierten Kreis vonAmtsträgern (Bowersock a.O. 50– Lewis, Literati in the service of Roman Emperors: Politics before culture, in: L. Casson-M. Price (Hrsg.), Coins, Culture, andHistory in theAncient World. Numismatic andother studies 155; E.L. Bowie, TheImportance of So166. 153– in honor of B.L. Trell, Detroit 1981, 149– 59 undA.R. Birley, Locus virtutibus patefactus? ZumBeförderungsphists, YCS 27, 1982, 29– 54 (mit weiteren Hinweisen) durch 29; 41– system in derHohen Kaiserzeit, Opladen 1992, 20– Betonung derpraktischen Erfahrung undderzumindest zeitweise weitreichenden Kompetenzengewandt. –Vgl. vonAlbrecht (wie Anm.71) 719, dermitBlick aufRomvoneinem grundundeiner „eminent lebenspraktischen sätzlichen „ Mißtrauen gegenüber bloßem Theoretisieren“ (...) manch einRömer (war) als homopoliticus Stoiker, Orientierung desDenkens“spricht: „ alsPrivatmann Epikureer undseinen philosophischen Überzeugungen nachgegebenenfalls Pla. toniker oderNeupythagoreer“ Siehe hierzu diepointiert formulierten Beobachtungen vonBowersock (wie Anm. 14) 106.109: Noambitious sophist (...) would havepreferred Julia (scil. Domna) toPlautianus. (...) They „ 7 (Xiph.): Iulia Domhadmore todothanedify anempress.“Vgl. hierzu auchDio76(75), 15,6– nawendet sichdem(politikfernen) philosophischen Zirkel zu,daderübermächtige Prätorianerpräfekt Plautian das öffentliche Leben kontrolliert.

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lis beispielsweise, lautPhilostrat als ‚Lehrer derGötter‘verehrt undgeachteter Rednersowie Autor einer panegyrischen Biographie über Septimius Severus, wirdwegenzuharter Verwaltung ausseiner Provinz Bithynien entfernt100. Sueton berichtet, daßdiewenig geschätzten Ratgeber Galbas wegen ihres großenEinflusses imVolksmund auch diepaedagogi desKaisers genannt wurden101. Mitdieser Kritik anderMacht deramici istangedeutet, daßmangemeinhin vonder Umgebung des Kaisers derart weitreichenden Einfluß eben nicht erwartete. Dennochgehört dieArt, mitderdasAuftreten von‚Gelehrten‘imengeren Umkreis des Kaisers zelebriert wurde, zu einem guten Teil in die Kalkulation der prinzipalen Wirkung aufdiebeherrschten Untertanen102. DaßdieAnwesenheit vonlitterati am Hof die traditionell dembonus princeps empfohlene Sorgfalt bei der Auswahl der kaiserlichen Berater alseingelöste Tugend suggerierte, wareinnicht zuunterschätzender undvomHerrscher gern gesehener, wennnicht beabsichtigter Nebeneffekt kaiserlicher Protektion. Hierfür spricht, daßeinderartiger Umgang über diedürren historisch verbürgten tatsächlichen Kontakte hinaus häufig zu einer besonderen Neigung desKaisers zuphilosophisch-gelehrtem Austausch stilisiert wurde, ergab sich doch hieraus die Möglichkeit einer Selbstdarstellung nach demplatonisch-stoischen Ideal des Philosophenkaisers103. Daßumgekehrt die Philosophen sich als eigenständige undüberdenjeweiligen Kaisern stehende Gelehrte darstellten, dievon denPrincipes beiProblemen konsultiert wurden, macht esdennauchschwierig, den weitgehend ritualisierten Kontakt aufseine konkreten Folgen fürdieReichsbewohner hin zu untersuchen. Es ist bei einzelnen Personen entsprechend aussichtslos, zwischen literarisch-philosophischer Bildung und politisch-administrativer Kompetenz zuunterscheiden, dasowohl derKaiser als auch die litterati selbst ausden genannten Gründen einInteresse daran hatten, beides imErscheinungsbild mitein-

ander zuvermengen104. Gerade die imwesentlichen aufdie Darstellungen Philostrats undeinzelne Inschriften angewiesene Diskussion über die Rolle derZweiten Sophistik im Kaiserreich verdeutlicht, daß die Unterscheidung zwischen geistesgeschichtlichem und εῶ νδιδά κ σ α λ ο ); Bowersock a.O. 55 f. ς 100 Galen XIV 218; Philostr. VS p. 606 (θ 101 Suet. Galba 14,2: regebatur trium arbitrio, quos unaet intra Palatium habitantis nec umquam

nonadhaerentis paedagogos vulgo vocabant. Zumnegativen Bild dieser Männer inderLiteraturauch Dihle (wie Anm. 37) 20. 102 ZurBegegnung der Ratgeber undamici mit denBürgern bei Empfang vonGesandtschaften etc., mithin imöffentlichen Erscheinungsbild derkaiserlichen Zentrale siehe Bleicken (wie Anm. 122; H. Kloft, Liberalitas Principis, Köln/Wien 1970, 93; Millar (wie Anm. 96) 110– 31) 85– 126f. –ZudenVeränderungen imliterarischen Patronat desfrühen Prinzipats siehe Mratschek85. Halfmann (wie Anm. 14) 17 f.; Fein (wie Anm. 15) 65– 103 P. Veyne, Brot undSpiele, Frankfurt/Main/New York 1988, 613 f.; Anderson (wie Anm. 96) 191. Vgl. auchChr. S.A. Stertz, Marcus Aurelius as Ideal 175; Hahn(wie Anm.96) 182– 170– 439; Fein (wie Anm. 15) 67 f.; Scholl Emperor in Late -Antique Thought, CW70, 1977, 433– 179. 90; Malitz (wie Anm.42) 176– (wie Anm. 81) 88– 104 Siehe auch die Ausführungen zurpolitischen Stellung derPhilosophen vonP. Brown, Macht 94; J.J. Flinterman, Power, Paideia, and undRhetorik in der Spätantike, München 1995, 85– Pythagorism. Greek, Identity, Conceptions of theRelationship between Philosophers andMonarchs andPolitical Ideas in Philostratus’ ‚Life of Apollonius‘, Amsterdam 1995.

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politisch-historischem Anteil ihrer Wirkung schwerfällt105. DaßSophisten oft wichtige Ämter bekleideten undz.T. aussenatorischen Familien stammten, daßsie also über ihre gelehrte Tätigkeit als Redner undPhilosophen hinaus anpolitischen Entscheidungen in ihren Heimatpoleis undselbst in derReichsverwaltung Anteil hatten, läßt sich noch recht gut verfolgen. Inwieweit aber ihre politischen Aktivitäten oder ihre Tätigkeit z.B. als ab epistulis, a studiis oder a bibliothecis sich von denen anderer gebildeter Aristokraten unterschieden undihnen eine spezielle Einflußnahmemöglich war, ihre philosophische Bildung sich also über die Anwendung rhetorischer Fähigkeiten hinaus in denInhalten politischer Praxis niederschlug, bleibt ungewiß. Ihre besondere politisch-soziale Rolle bestand weniger darin, inerster Linieeine theoretisch-moralische Legitimation derHerrschaft zuartikulieren, alsvielmehrihren Reichtum undeine herausragende Bildung auflokaler Ebene undgegebenenfalls auchinderReichsverwaltung politisch zumWohle desGanzen einzusetzen. Daß sie sich mit dieser Rolle vorbehaltlos identifizierten und–wie etwa Aelius Aristides –inReden undVorträgen dieBedingungen priesen, unter denen sie ihren Ehrgeiz befriedigen konnten, warErgebnis dieser gelungenen Integration, nicht derenVoraussetzung. Dieweitreichende Identifizierung mitderpolitischen Ordnung ist Ausdruck einer komplizierten Balance zwischen praktischer wieideeller Politik desKaisers unddenErwartungen dieser sozialen Eliten. Zudiesem Gleichgewicht erfüllter Interessen gehört es auch, daßin der Außenwirkung ganz unklar bleibt, welche Seite dereigentliche Impulsgeber ist. Es spricht viel dafür, daßdiebesondere Stellung einzelner Philosophen alsoffene Kritiker derHerrscher wesentlich auf die fürdiese Gruppe derGelehrten typische soziale Ungebundenheit undAußenseiterrolle zurückzuführen ist106. VonBedeutung fürdasVerständnis anderer Gelehrter scheint zusein, daßderBereich rhetorisch-literarischer Aktivitäten mitderkonkreten Lösung dermiteinem Amtverbundenen Aufgaben nursehr bedingt verknüpft war. Auch wennrhetorisch-philosophische Bildung ein wichtiges Rekrutierungskriterium für die Amtsträger war, gabesjenseits derauchfürandere Aristokraten üblichen politischen Amtsausübung einen gesonderten gesellschaftlichen Raum für eine literarisch-rhetorisch interessierte Öffentlichkeit. Hierkonnte literarischen Vorlieben nachgegangen werden, zu denen derpanegyrische Vortrag unddasLob desHerrschers ebenso gehört haben mögen wiehistorische Berichte über seine militärisch-politischen Erfolge107. Indiesem Zusammenhang sindwiederum einige Überlegungen desPlinius bemerkenswert. Er betont, daßdiegratiarum actio unter Trajan imGegensatz zufrü-

105 Siehe zurBedeutung derZweiten Sophistik undihrer Vertreter insbesondere Bowersock (wie 59; Anderson (wie Anm.96) Anm.96) passim unddieEinschränkungen vonBowie a.O., 29– 46, P. Brunt, The Bubble of the Se155; ders., The Second Sophistic, London 1993, 13– 146– condSophistic, BICS 39,1994,25–52 undobenAnm.98 zudenab epistulis. Eine vergleichbare Debatte ist bei derEinschätzung einzelner Autoren undihrer Werke festzustellen. Vgl. zu 1426. ZurEinbettung eines SophiLukian dieBemerkungen vonAnderson (wie Anm.7) 1423– sten in sein soziales Umfeld siehe auch P. Gordon, Epicurus in Lycia. The Second-Century World

of Diogenes of Oenoanda, Michigan 1996.

29. 106 Hahn (wie Anm. 96) 12– 107 Diesen Bereich öffentlicher undhalb-öffentlicher Deklamation klammert Mause (wie Anm.78) inseiner Studie zurPanegyrik bedauerlicherweise aus.

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heren Zeiten gern gehalten werde108, dadasvorgetragene Idealbild weitgehend mit der Regierungspraxis übereinstimme. Ausdiesen Überlegungen spricht dasdeutliche Bewußtsein füreinen grundsätzlichen Makel derPanegyrik, derdenStandesgenossen gerade nach derGewaltherrschaft Domitians aufgefallen sein mußund dervonPlinius beabsichtigten Wirkung seiner Schrift eher entgegengestanden habendürfte. Danicht nuraufdenvorbildlichen Kaiser Trajan eine Lobrede gehalten wurde, sondern Entsprechendes selbstverständlich auch –angeblich mit Widerwillen–aufDomitian verfaßt worden ist, mußte dasKaiserlob inhaltlich nichtssagend erscheinen109. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, daß nach Einschätzung des Verfassers dereigene Panegyricus seine Qualität vornehmlich derstilistisch ‚strengen Manier‘(severissima) verdankte undnicht seinem Inhalt110. Dies ist eine durchaus zeittypische Argumentation, denn das literarische Engagement pointiert formuliert – zunehmend aufdieFormundweniger aufeinen poliwurde – tischen Inhalt gerichtet. DerimGrunde unpolitische Charakter derLiteratur wieder Bildungsinhalte insgesamt undderVerzicht aufeine kritische oder garoppositionelle Anwendung derintellektuellen Fähigkeiten scheinen eine wesentliche Grundlage dafür zusein, daßgeistiger Kultur undBildung nuninnerhalb derrömischen Gesellschaft einderart hoher Stellenwert eingeräumt wird. Dies istbeijedem Urteil über dieGeschichtsschreibung imBlick zubehalten.

V

DerHinweis aufdiehohe Bedeutung vonLiteratur undBildung im2. Jh. lenkt den Blick aufdieim2./3. Jh. lebhafte Erscheinung derZweiten Sophistik unddiedamit verbundene Verdrängung derlateinischen Literatur durch die griechischen Texte. Auch wenndie üblicherweise sehr negativen Urteile zumZustand derlateinischen Literatur des 2. Jh. insbesondere durch die Arbeiten vonP.Steinmetz111 in vielen Punkten modifiziert werden konnten, dürfte außer Frage stehen, daßdie maßgeblichen neuen Impulse auch für die Historiographie vondengriechischsprachigen Autoren ausgehen. Während imWesten aufgrund derpolitischen Entwicklung die 108 Ep. 3,18: Accedet ergo hoc quoque laudibus principis nostri, quodres antea taminuisa quam falsa, nunc utuera ita amabilis facta est. 109 G. Anderson (wie Anm. 96) 103.Vgl. auch Mause (wie Anm. 78) 58, der(freilich mitBlick vor Unterhaltungsspiel“spricht. –Zuden allem auf die spätantike Panegyrik) voneinem reinen „ Kontinuitäten in derSelbstdarstellung vonDomitian undTrajan siehe K.H. Waters, Traianus 405; K.-H. Schwarte, Salus Augusta Publica. DoDomitiani Continuator, AJPh 90, 1969, 385– mitian undTrajan als Heilsbringer des Staates, in: Bonner Festgabe J. Straub, Bonn 1977, 246. 225– 110 Denausgeprägten Ästhetizismus derPliniusbriefe beschreibt z.B. E. Lefèvre, Plinius Studien 128. Vgl. Heldmann (wie V. VomRömertum zumÄsthetizismus, Gymnasium 96, 1989, 113– Anm.24) 234, derherausstellt, daßes schon demälteren Seneca beiderBewertung derSchriftenvonT. Labienus weniger umdenoppositionellen Gehalt als vielmehr umdie „literarische geht. Bedeutung derverbrannten Bücher“ 111 Steinmetz (wie Anm.9). Siehe dagegen z.B. dieKonzeption derSozialgeschichte beiFantham (wie Anm. 18), diedie vonihrbeschriebene Entwicklung mitApuleius enden läßt.

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vonder senatorischen Führungsschicht getragene Historiographie nach Tacitus und Sueton bis aufwenige Ausnahmen versiegt112, ist imöstlichen Teil desReiches als Folge einer gelungenen Integration derFührungsschichten nicht nurganzallgemein einAufblühen griechischer Literatur feststellbar. Es zeigt sich aucheinzunehmen-

des Interesse anhistorischen Themen, wobei ein recht erstaunliches Spektrum an Formen undGegenständen historischer Darstellung zubeobachten ist113. Das zunehmende Selbstbewußtsein dergriechischsprachigen Eliten sowohl aufReichs- als auch aufLokalebene weckt dasInteresse fürdieLokal- undRegionalgeschichte114, deren Darstellung aber nicht allein der Betonung einer eigenen, vomwestlichen Zentrum des Reiches unterschiedenen Tradition, sondern auch einer Standortbestimmung innerhalb despositiv bewerteten Reichsganzen dient115. ZurRenaissance griechischer Kultur gehört es, daßdie griechischen Autoren durch die Hinwendung zu klassischen Vorbildern ihre Gestaltungsprinzipien gewinnen116. Die Anwendung dieser Muster unddieAbfassung vonWerken zurälte-

482 weist Sueton bereits den„épigones“lateinischer Literatur zu. 112 Grimal (wie Anm. 83) 477– 113 ZurIntegration derFührungsschichten allgemein C.P.Jones, Plutarch andRome, Oxford 1971, 27 sowie –ausdemBlick dergender-studies –M.W. 130; Halfmann (wie Anm. 25) 16– 122– Gleason, Making Men.Sophists andSelf-Representation inAncient Rome, Princeton 1995. Zur griechischen Literatur undihrer positiven Neubewertung gegen die negativen Urteile z.B. bei 277; B.A. vanGroningen, GeneCh.Starr, Civilization andtheCaesars, NewYork 1954, 233– 56siehe BowerralLiterary Tendencies intheSecond Century A.D., Mnemosyne 18,1965, 41– sock (wie Anm. 14), B.P. Reardon, Courants littéraires grecs deIIe et IIIe siècle après J.-C., 449; Champlin (wie Anm.9); Anderson (wie Anm.96); Paris 1971; Forte (wie Anm.50) 291– Rutherford (wie Anm.46); dieBeiträge in:S. Walker-A. Cameron (Hrsgg.), TheGreek Renaissance in theRoman Empire, London 1989; D.A. Russell (Hrsg.), Antonine Literature, Oxford 1990; S. Swain, Hellenism andEmpire. Language, classicism, andpower intheworld AD50– 250, Oxford 1996. Allgemein zumsophistischen Interesse anderGeschichte J. Touloumakos, ZumGeschichtsbewußtsein derGriechen inderZeitderrömischen Herrschaft, Göttingen 1971, 81; E.L. Bowie, Greeks and their Past in the Second Sophistic, in: M.I. Finley (Hrsg.), 40– 209; G. Zecchini, modelli e problemi teorici Studies in Ancient Society, London 1974, 166– 31; Anderson (wie Anm. della storiografia nell’etàdegli Antonini, Critica Storica 20, 1983, 3– 132; vonAlbrecht II (wie Anm. 71) 1017– 96) 131.137–145; ders. (wie Anm. 105) 101– 1138; 100. DaßdieLeser ‚minderer‘Formen vonLiteratur ausdengebildeten SchichSwain a.O. 65– tenstammen hatzuletzt E.L. Bowie, TheReadership of Greeks Novels in theAncient World, 459 bein: J. Tatum (Hrsg.), TheSearch for theAncient Novel, Baltimore/London 1994, 435– tont.

372 unddieBeispiele 328 (E 24– 32); 368– 139; 317– 114 Vgl. hierzu Chaniotis (wie Anm. 80) 133– für eine Wiederbelebung der historischen Tradition im Panhellenion bei A.J. Spawforth-S. 104; dies., The World of the PanWalker, The World of the Panhellenion I, JRS 75, 1984, 78– 56, 105; C.P. Jones, The Panhellenion, Chiron, 26, 1996, 29– hellenion II, JRS 126, 1986, 88– 196. ferner Schmitz (wie Anm. 14) 181– 69. Vgl. zuden„Erinnerungsritualen“Zanker (wie Anm. 96) 234– 115 Gabba (wie Anm. 17) 67– 237; G.A.Seeck, Gegenwart undVergangenheit beiDionvonPrusa, in:M.Flashar u.a. (Hrsgg.), Retrospektive. Konzepte vonVergangenheit in der griechisch-römischen Antike, München, 123. 1996, 113– 96. –Zurparallelen Wendung derlateinischen Literatur voneinem 116 Schmitz (wie Anm. 14)67– Klassizismus zueinem Archaismus siehe S. Fein (wie Anm. 15) 86 f.; M. Fuhrmann, Romin der Spätantike, München/Zürich 1994, 43 unddie kritischen Anmerkungen zumBegriff des ‚Archaismus‘als Kennzeichen derlateinischen Literatur derZeit U. Schindel, Archaismus als

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ren oder mythischen Geschichte der griechischen Poleis erweckt zwar auf den erstenBlick denEindruck eines ahistorischen Eskapismus indiekünstlerische Gestaltung, derauf einer tiefgreifenden Frustration über die mangelnden Möglichkeiten

politischer Einflußnahme gründen könnte117. DasInteresse fürdieeigene ‚griechische‘Geschichte vornehmlich derklassischen Zeit bleibt aber ohne eine Berücksichtigung derGegenwartsbezogenheit vieler Texte unddie aktive Unterstützung jener Kaiser, denen mandie äußeren Bedingungen dieser historischen Besinnung verdankt, unverständlich118. Mansollte nicht vergessen, daßneben denLokalhistorien, mit denen die einzelnen Poleis sich imWettstreit untereinander gegen einen kulturellen undhistorischen Gesichtsverlust wenden119, denRegionalgeschichten, dieein zeitgenössisches Informationsbedürfnis überdieGeschichte derReichsteile bedienen, unddenÜbungen inklassischen Stilmustern selbstverständlich auchVorträge undSchriften stehen, dieganz demKaiserlob verpflichtet sind. FürdieEntwicklung derHistoriographie ist ferner vonInteresse, daßneben der zeitgenössischen Tendenz zueiner vielfältigen ‚Buntschriftstellerei‘, in derhäufig nurmehr dashistorische Detail undeinkleiner Ausschnitt Aufmerksamkeit finden,

341(mitderälteren Epochenbegriff. ZumSelbstverständnis des2. Jh., Hermes 122, 1994, 327– 134. Literatur); zurEntwicklung ferner denÜberblick vonSwain a.O. 17– 117 So etwaBowie a.O. undzuletzt W.Ameling, Griechische Intellektuelle unddasImperium Romanum: dasBeispiel Cassius Dio, in: ANRW 34.3, Berlin/New York 1997, besonders 2473– 2479. Vgl. mitetwas anderem Akzent undmitBlick aufdas3. Jh. auchL. deBlois, TheThird 377; ders., The Century Crisis andtheGreek Elite in theRoman Empire, Historia 33, 1984, 358– 288. Forte (wie Anm. 50) 418 Ε ἰςΒα of Ps.-Aelius Aristides, GRBS 27, 1986, 279– σ ία ιλ ε sucht dieUrsache fürdieRückorientierung wenig überzeugend darin, daßdieFriedenszeit des 2. Jh. denHistorikern keinen geeigneten Stoff geliefert habe. 118 Anders Swain (Anm. 113) z.B. 412; H.Sidebottom, Herodian’s Historical Methods andUnder26. Vgl. aberAnderson (wie standing of History, ANRWII 34.4, Berlin/New York 1998, 2822– 132; Hose (wie Anm. 16); Schindel a.O. 339 f. 208; ders. (wie Anm. 105) 101– Anm. 96) 79– undgrundlegend zurpolitischen Bedeutung vermeintlich unpolitischer Literatur undBildung Schmitz (wie Anm. 14). Indiesen Kontext gehörten auchdieAlexanderrenaissance inderLiteratur derZeit unddieGegenwartsbezüge inderDarstellung dieses Herrschers (vgl. G. Wirth, 229). Die vonZecchini (wie Anm. Anmerkungen zurArrianbiography, Historia 13, 1964, 223– 31 vorgetragene These, daßdie Entscheidung zwischen denVorbildern Herodot und 113) 3– Thukydides etwas überdiegrundsätzliche Haltung derAutoren gegenüber demrömischen Staat aussagt, kann nicht überzeugen, dadie formalen Unterschiede, aber auch Differenzen in der Wahl desGegenstandes allein nicht hinreichend über diepolitische Haltung Auskunft geben können. ZurVerarbeitung vonGeschichte z.B. beiPausanias: siehe J. Elsner, Pausanias: a Greek 29; W.Ameling, Pausanias unddiehellenistipilgrim intheRoman World, P&P 135, 1992, 3– 160; bes. 116– sche Geschichte, Entretiens. Fondation Hardt 41, Vandœ uvres-Genf 1996, 116– 230. 125; E.L. Bowie, Past andPresent inPausanias, ebenda 207– 119 Chaniotis (wie Anm. 80) 139 unddieFallstudie G.M. Rogers, TheSacred Identity of Ephesus, London 1991 sowie die Ausführungen vonT. Scheer, Mythische Vorväter, München 1993. Siehe auch zur Langlebigkeit griechischer Traditionen G.W. Bowersock, Hellenism in Late Antiquity, Cambridge 1990. Zur Poesie im griechischen Osten z.B. E.L. Bowie, Poetry and 205 unddieBeispiele bei Poets inAsia andAchaia, in: Walker-Cameron (wie Anm. 114) 198– P. Weiß, Lebendiger Mythos. Gründerheroen undstädtische Gründungstraditionen im grie211; ders., Mythen, Dichter undMünzen von chisch-römischen Osten, WJA 10, 1984, 179– 229; ders., Götter, Städte undGelehrte. Lydiaka und‚Patria‘ Lykaonien, Chiron 20, 1990, 195– umSardes unddenTmolos, in: E. Schwertheim (Hrsg.), Forschungen in Lydien, Bonn 1995, 109. 85–

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die traditionell enge Verflechtung vonRhetorik undGeschichtsschreibung gerade in derPraxis derZweiten Sophistik eine herausragende Rolle spielte. Durch die Beschränkung aufdasBeispiel undeine Sinnentleerung derimUnterricht konstruierten historischen Fälle wurde zunächst einmal dieEnthistorisierung desimSchulunterricht verwendeten Materials weiter vorangetrieben120. Die formalisierte Anwendung derExempla unddie freie Erfindung historischer Situationen reduzierte komplexe historische Vorgänge auferlernbare undaufandere Situationen übertragbare Sentenzen. Dazudem dierhetorische Praxis derreisenden Gelehrten wieder ortsansässigen litterati zueinem guten Teil ausderPräsentation historischer Stoffe bestand, konnte eine Wirkung derrhetorischen Überzeichnung durch Ekphrasis, dramatische Gestaltung oder sentenzenhafte Gemeinplätze aufdieGeschichtsdarstellung imveröffentlichten Werknicht ausbleiben, wennauchderUmfang dieses Einflusses bei denerhaltenen Werken umstritten bleiben wird121. Neben demzunehmenden Einfluß derRhetorik aufdiePräsentation historischer Stoffe hat im 2. Jh. ein anderer Umstand nachhaltig auf die Geschichtsschreibung gewirkt. In derNähe desKaisers bzw. in denBüros derzentralen Verwaltung entstand ein hochspezialisierter Expertenstab, derdie eigentliche Kompetenz für die Beurteilung rechtlicher Details aller anstehenden Entscheidungen besaß. Die Repräsentanten dieser anwachsenden kaiserlichen Verwaltung verlangten zunehmend nachgelehrter Spezialliteratur oderkonzentrierten selbst ihre literarischen Ambitionenaufeines derrasch wachsenden Spezialgebiete, wiebeispielsweise dieJurisprudenz122. Wichtige Konsequenz dieser Entwicklung, die sich auch ander stark ansteigenden ZahlvonEingaben andieVerwaltung undEntscheidungen ablesen läßt, ist die zunehmende Transparenz derprinzipalen Politik, denn mitderAusweitung derBürokratie nimmt derUmfang derzugänglichen undpublizierten Entscheide undDokumente zu123. Doch hiermit warfür den antiken Historiker ein ganz anderes Problem verbunden. EinErgebnis dieser Entwicklung warnämlich, daßdiezunehmende Bürokratisierung unddasAnwachsen desMitarbeiterstabs denKaiser alsSpitze derVerwaltung undoberste Entscheidungsinstanz immer mehr der‚Betrachtung‘entzog. Dies erschwerte ganzerheblich diehistoriographische Beurteilung derRegierungs-

120 ZurSinnentleerung derkonstruierten Fälle imrhetorischen Unterricht siehe nurFronto adMarc. 97. ZuAuswirkungen aufdie Historiographie 38; vgl. Swain (wie Anm. 113) 91– Caes. 5,37– 85.ZurGeschichte imUnterricht indenÜberlegungen QuinauchAvenarius (wie Anm. 1)80– 168 undzumKanon der studierten Historiker vor allem tilians siehe Ax (wie Anm. 2) 133– 339 (mit weiteren HinweiR. Nicolai, La storiografia nell’educazione antica, Pisa 1992, 250– sen).

121 Ein gutes Beispiel ist dieDiskussion umdieAnteile sophistisch-rhetorischer Elemente bei Ar169 gegen Reardon (wie rian: vgl. P. Stadter, Arrian of Nicomedia, Chapel Hill 1980, 164– 216; A.B. Bosworth, FromArrian toAlexander, Oxford 1988. Vgl. auchBowie Anm. 113) 209– 195; Anderson (wie Anm. 105) 113 f. (wie Anm. 113) 191– 79; D. Liebs, Die 122 M. Fuhrmann, Die lateinische Literatur derSpätantike, A&A 13, 1967, 56– juristische Literatur, in: Fuhrmann (Hrsg.), Neues Handbuch derLiteraturwissenschaft (wie 208. Anm.77) 195– As theimperial sy123 R. Syme hatdiese Entwicklung indemtreffenden Satz zusammengefaßt: „ (Emperors andBiography. Studies stemdeveloped, it disclosed its various arcana onebyone“ in theHistoria Augusta, Oxford 1971, 146).

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zeit, die in denbreit gefächerten administrativen undjuristischen Entscheidungen

kaum mehrüberschaubar war, auchwenndiePrincipes selbst als Folge dieser Entwicklung unaufhörlich dieTugend dercivilitas undihre Zugänglichkeit gegenüber

denanderen Bürgern indenVordergrund stellten124. Eingroßer Apparat vonhöherenundniederen Amtsträgern, dieÄußerlichkeiten eines kaiserlichen Zeremoniells undnicht zuletzt die Überhöhung durch denAusbau des Kaiserkultes entrückten denKaiser zunehmend undförderten dasAufkommen vonGerüchten undAnekdoten, mit denen manversuchte, sich ein Bild vonderPerson anderSpitze des Reiches zumachen. DieVerbreitung dieser Gerüchte diente derTeilhabe amArkanum des Palastlebens undderEntscheidungsfindung, vondemviele Aristokraten und entsprechend auchdieLeser oderHörer vonhistoriographischen Texten sich ansonstenausgeschlossen sahen. Eine besondere Rolle spielte daher Klatsch ausdempersönlichen Nahbereich desKaisers undseiner domus 125.Daaufpolitische EntscheiwieR. Syme vermutet dungen kein Einfluß mehrausgeübt werden konnte, wurde – hat–indensenatorischen Salons dieDebatte politischer undadministrativer Fragen hinter den Austausch von z.T. böswilligen Gerüchten sowie kompromittierenden überspätere Details ausdemPrivatleben sowie derPolitik desKaisers gestellt, die– Texte vermittelt –noch in derHistoria Augusta erhalten sind126. Damit ist freilich nur eine Seite der Schriften beschrieben. Dieser Form der Distanzaufhebung durch die Zeichnung eines bis in den häuslichen Bereich mit Unterstellungen verfolgten Herrschers steht in derbiographischen Darstellung ein abstrakter undkonsensfähiger Wertekanon gegenüber127. Während also einerseits Nähe suggeriert wurde, gaben dieindenTexten rekapitulierten Tugenden demLeserzugleich einBeurteilungskriterium andieHand. Daran läßt sich erkennen, daß die persönliche Disposition undcharakterliche Eignung als Beurteilungskriterien dereinzelnen Herrscher indenVordergrund gerückt werden. WiedieKaiserbiographien Suetons zeigen, gehörte zurCharakterisierung dereinzelnen Kaiser zwarauch die Präsentation von mit antiquarischem Eifer gesammelten Details undSplittern ausPolitik undAdministration. Diese wurden aberohnesystematisches Interesse an denberichteten Maßnahmen zurIllustration desjeweiligen Charakters in denText aufgenommen. A. Dihle hatverdeutlicht128, daßsich schon anSueton undandenAnnalen des Tacitus sehr guterkennen läßt, wie mitBeginn des 2. Jh., als der Kaiser vonden 124 Siehe hierzu grundlegend A. Wallace-Hadrill, Civilis Princeps. Between citizen andking, JRS 166; ferner K. Rosen, Marc Aurel unddasIdeal des 48; ders. (wie Anm. 69) 162– 72, 1982, 32– 160. – civilis princeps, in: Festschrift fürE. Dassmann (JbAC Ergänzungsband 23, 1996), 154– Vgl. beispielsweise das Auftreten Marc Aurels vor seiner eigenen Regierungszeit Dio ἰςἑα υ . τ 6 (Xiph.) mitdenganz entsprechenden Bemerkungen bei Mark Aurel ε 72(71),35,3– 1,17.

125 Timpe (wie Anm. 24) 91. 132. Vgl. auch H.Gugel, Studien zurbiographischen Technik Suetons, Wien 126 Syme a.O. 126– 1977, 146 f. 174. Dieser ist an die aristokratischen Standesgenossen 127 Wallace-Hadrill (wie Anm. 69) 142– gerichtet, fürdiederTypus descapax imperii inGestalt eines besonders qualifizierten Senators als (wenn auchabstrakte) historische Alternative immer existent blieb (siehe Symea.O. 126) 80. 128 Dihle (wie Anm. 37) 39–

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Zeitgenossen alseinzig umfassend handelndes Subjekt aller historischen Ereignisse verstanden wurde, dasbiographische Element unddieOrdnung desStoffes aufdie Person desPrinceps hinvorherrschendes Kennzeichen derliterarischen Gestaltung wird. Beleg für diese Entwicklung unddendominierenden Anteil derBiographien an der historiographischen Literatur sei „die große Anzahl der als β ίο ς ,π ρ ά ξ ε ις oder ἱσ ρ ία τ betitelten Werke, dieseit hadrianischer Zeit einzelnen Kaisern gewidο metwurden“ , imersten Jahrhundert aber noch nicht nachweisbar seien129. Mitder denTypus der Kaisergeschichte mit demihm Beobachtung, daß manim 2. Jh. „ eigenen biographischen Element deutlich bevorzugte“130,ist aufeine entscheidende Entwicklung derkaiserzeitlichen Literatur hingewiesen. Doch ein weiterer Aspekt ist zubeachten. Bei näherer Betrachtung dererhaltenen Nachrichten über diese Werke, die meist nuraus kurzen Erwähnungen der jeweiligen Titel in späteren Quellen bestehen, fällt nämlich auf, daßdieneben den Biographien Suetons entstandenen Texte ausschließlich panegyrischen Charakter besaßen131. Sie sind daher weder zurGeschichtsschreibung noch eigentlich zuden Biographien imStile Suetons oder Plutarchs zurechnen, daindiesen derpanegyrische Anteil eher zurücktritt oder garkeine Rolle spielt132. Dieganze Tragweite die129 Ebenda 68. Vgl. zurEntwicklung biographischer Elemente inderHistoriographie F. Leo, Die 253; 268– griechisch-römische Biographie nach ihrer literarischen Form, Leipzig 1901, 234– 190 unddie Beiträge in M.J. Edwards-S. Swain (Hrsgg.), 314; Fornara (wie Anm. 40) 186– Portraits. Biographical Representation intheGreek andLatin Literature of theRoman Empire, Oxford 1997.

130 Dihle (wie Anm. 37) 69. Vgl. ähnlich vonAlbrecht II (wie Anm. 71) 1087 f. ὶτ ῆ α ερ σ ιλ ν εία ρ ); FGrHist III C 792 T. 1; ια ο ςβ ῦ 131 Vgl. FGrHist 200 (Philon vonByblos: π ςἉ δ μ γ ιο νε κ ώ ἰςἉ ρ ια ν ); ebenda; δ ό ν Fein (wie Anm. 15) 280; 299 f. (Aspasios vonByblos: Ἐ ρ μ ια ν ιο ); Fein a.O. 281 (zu Zenoο νἉ γ κ δ ώ ῦ FGrHist II B p. 932 (Orion vonAlexandria: Ἐ α ρ σ ιλ εία ὶβ ε ρ ια ) ν ὸ δ ; Marcellus vonPergamon: Ἁ ς ςἢπ ν ν ό ρ ια ἰςἉ δ νε ὸ κ ια λ εθ εν bios: Γ ). Die Wirkung dieser verschiedenen ρ ια ίο ν ο ῦ δ ςἉ 199 (Phlegon vonTralles: Β ebenda 193– Schriften aufden(zeitgenössischen) Leser illustriert eindrücklich HAHadr. 16.1: Famae celebris Hadrianus tamcupidus fuit, utlibros vitae suae scriptos a se libertis suis litteratis dederit iubens, uteossuis nominibus publicarent; namet Phlegontis libri Hadriani esse dicuntur. Vgl. 702; Fein a.O. 39 f. Die Nachricht dürfte auf Marius Maximus zuLewis (wie Anm. 11) 698– rückgehen, derdie adulatorischen Texte vorsich hatte undgerade in derVita Hadriani mehr128; Stertz [wie Anm. 15] 617 f.). fach als Vorlage begegnet (Syme [wie Anm. 123] 124; 126– –Neben denverschiedenen Schriften fürHadrian läßt sich darüber hinaus nurmitderErwähίο ςdes bereits erwähnten Antipatros vonHierapolis über Septimius Severus ein nung eines β weiteres verläßliches Zeugnis fürdieEntstehung vonBiographien über einzelne Kaiser anführen, wobei über denInhalt imeinzelnen wiebei denSchriften über Hadrian nichts Näheres auszumachen ist, aberauchbeidiesem Werkeinereinenkomiastische Gestaltung angenommen werden muß(Philostr. VS 2,24 = FGrHist 211 F 3). Ähnliches gilt fürdie Parthica Arrians, in denen Trajan positiv bewertet worden zusein scheint, undpartiell fürseinen Periplus, mitdem 144; A.B. Bosworth, Arrian Hadrian geehrt wurde. Siehe hierzu Stadter (wie Anm. 121) 135– 275, besonders andRome: theMinor Works, in: ANRW II 34.1, Berlin/New York 1993, 226– 249; Swain (wie Anm. 113) 244 f. 246– 132 DaßEnkomion undBiographie nurschwierig voneinander zutrennen sind, betont vonAlbrecht (wie Anm.71) 1106. Zudenenkomiastischen Elementen beiSueton siehe ebenda mitW.Steid132; Wallace-Hadrill (wie Anm. le, Sueton unddie antike Biographie, München 19632, 129– 69) 144. ZurGattungsdefinition undzueiner erkennbaren Trennlinie zwischen denGattungen vonBiographie aufdereinen Seite undHistoriographie sowie Enkomion aufderanderen Seite

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serFeststellung wirdjedoch erst deutlich, wennmansich nochmals vergegenwärtigt, daßdiese biographischen Werke dieeinzigen Schriften waren, diesichmitden zeitgenössischen Herrschern befaßten. Dieangeblichen Verfasser vonSchriften über Lucius Verus beiLukian sindzwarebenso suspekt wiedievonHerodian erwähnten Autoren, die angeblich ausführlich undzuverlässig über Mark Aurel geschrieben haben. Aber selbst wenn manderartige Autoren pauschal erfindet, stellt mansich angesichts der Verbreitung des Phänomens ihre Darstellung –hieran läßt Lukian keinen Zweifel, undHerodian deutet esdurch denKontext ihrer Erwähnung an– als panegyrische Überhöhung vor133. Neben diesen wohl adulatorischen Schriften dominieren ansonsten Gesamtdarstellungen, diesichderälteren griechischen Geschichtebzw. Alexander demGroßen zuwandten (Kephalion, Iason vonArgos134, Arrian) oder Kurzfassungen ausLivius oder Pompeius Trogus sowie chronologische Abrisse anfertigten, die z.T. bis in die eigene Zeit reichten (Florus, Iustin, Granius Licinianus, Chryseros, Phlegon vonTralles). Letztere haben aber ebensowenig wie ρ τ ία ο ιvonA. Claudius Charax die nach geographischen Regionen geordneten ἱσ oder die Schriften Appians ausführlich dieeigene Zeitgeschichte behandelt. In ihnenwurden allenfalls Eckdaten undkurze Bemerkungen fürdenrhetorischen Unterricht zusammengestellt. Obwohl es wahrscheinlich ist, daßnicht alle Autoren dieses Zeitraums in den späteren Schriften erwähnt werden undentsprechende Lücken inderDokumentationanzunehmen sind135, istdieser Befund dochrecht bemerkenswert. Daßzwischen Hadrian undSeptimius Severus keine Zeitgeschichte undallem Anschein nachauch keine Darstellungen über einzelne Kaiser verfaßt wurden, die die Regierungszeit dieser Principes allzu lange überlebt haben, ist einIndiz dafür, daßdieZeitspanne 22 (gegen B. Gentili-G. Cerri, Storia e biografia nelpensiero siehe aberDihle (wie Anm.37) 7– antico, Rom/Bari 1983, die füreine Verwischung derGattungsgrenzen plädieren). 133 Die vonDihle (wie Anm.37) 68 angeführten angeblichen Gewährsmänner derHistoria Augu218; vgl. HRR 129– 142) werden nurinViten vonKaisern des3. Jh. genannt sta(FGrHist 213– undsind allesamt suspekt (siehe z.B. R. Syme, Bogus Authors, BHAC 1972/1974 [1976] 311– 321 [= ders., Historia Augusta Papers, Oxford 1983, 98–108). –Für die von A.D. Leeman, 76 angenommenen lateinischen Zeithistoriker der Orationis Ratio I, Amsterdam 1963, 374– Scores of ‚historians‘musthaverisen totheoccasion“ Partherkriege („ ) gibt es–sieht manvon Fronto ab –gar keinen sicheren Hinweis. Auch für die von A.M. Gowing, The Triumviral Narrative of Appian andCassius Dio, AnnArbor 1992, 277 angenommene „variety of Roman , dievonAppian indenliterarischen Zirkeln inderMitte des2. Jh. anzutreffen gewehistorians“ sensein sollen, gibt es keinen stichhaltigen Beleg. ZurSituation Vielberg (wie Anm.66) 41. 94. 134 FGrHist 93– 135 Vgl. etwa die vage Angabe zuDeklamationen undSchriften historischen Inhalts bei Philostr. VS p. 607, diefreilich kein Hinweis aufzeitgeschichtlichen Themen ist. ZudenZufällen der Überlieferungsgeschichte siehe H. Strasburger, Umblick im Trümmerfeld der griechischen Geschichtsschreibung, in: Historiographia Antiqua. Commentationes Lovanienses inhonorem Allzu leicht gewöhnt mansich andie Vorstellung, das W. Peremans, Leiden 1977, 3– 52. 20: „ wenige Erhaltene erlaube sichere Urteile, unddasviele nicht Erhaltene seiingeringerem Maße derBeurteilung wert.“Dieses Urteil trifft sicherlich fürverschiedene Epochen antiker Historiographie das Richtige; für die zweite Hälfte des 2. Jh. und das frühe 3. Jh. dürften dennoch – abgesehen von den genannten Texten –verlorene zeitgeschichtliche Werke nicht zu veranschlagen sein (vgl. auch ebenda 4 f.).

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bis zumToddesCommodus

wahrscheinlich keine Historiographie kannte, diesich Manier mit demaktuellen Zeitgeschehen befaßte136. Die Darstellung derkaiserlichen Politik warganzvonderPanegyrik absorbiert worden, wobei diese Entwicklung durch die traditionelle Nähe derBiographie zumEnkomion begünstigt worden sein mag137. Derfür das 1. Jh. noch feststellbare Widerstreit vontraditioneller Geschichtsschreibung auf dereinen Seite undHofhistoriographie bzw. zunehmender Panegyrik auf deranderen Seite138 warnach denWerkendesTacitus zugunsten letzterer entschieden. Hierin mageinGrund dafür liegen, daßdieWerke desTacitus –sieht maneinmal vondeneherbeiläufigen Erwähnungenbei Plinius ab–keinerlei erkennbare zeitgenössische Resonanz underst zwei Jahrhunderte später mitAmmianus Marcellinus einen Nachfolger fanden, derausdrücklich an die taciteische Konzeption anknüpfte139. Daßzudieser ZeitalsoGesamt- undÜberblicksdarstellungen bzw.antiquarische Sammlungen undKurzfassungen bei gleichzeitig vollständiger Vernachlässigung derZeitgeschichte favorisiert werden, ist nicht allein einem Zeitgeschmack140 oder einer Kritik der griechischen Autoren an der Herrschaft Roms zuzuschreiben141. AuchdasBemühen umdiehistorisch-politische Integration derProvinzialen durch eine Geschichtsschreibung, inderdieverschiedenen Regionen besondere Aufmerksamkeit finden142, kanndiesen auffälligen Befund nurpartiell erklären. Diebeschrie-

in nicht-panegyrischer

136 Bei demvonChaniotis (wie Anm. 80) 142 f. konstatierten Fehlen zeitgeschichtlicher Darstelpopulären Geschichtsschreibung“handelt lungen imBereich derepigraphisch nachweisbaren „ es sich offenbar umein allgemeines Phänomen dieser Form ‚niederer‘Literatur, denn diese Beobachtung umfaßt immerhin denZeitraum vom5. Jh. v.Chr. bis indas3. Jh. n.Chr. Besonders aussagekräftig sind aber neben denhellenistischen Zeugnissen gerade die Belege des 2. Jh., dahier ein quantitativer Schwerpunkt deserhaltenen Materials liegt unddamit vielleicht repräsentativ das Fehlen vonZeitgeschichtsschreibung auch auf lokaler Ebene dokumentiert ist. Vgl. auch Hose (wie Anm. 16) 11 f.; 17 zumFehlen kaiserzeitlicher Geschichte in den rhetorischen Deklamationen desUnterrichts. 137 Vgl. daneben dasEnkomion desAelius Aristides mitJ.H. Oliver, TheRuling Power (TAPhA 1003. 43), Philadelphia 1953, 871– 138 Vgl. indiesem Zusammenhang auchQuint. inst. 3,4,13–14,dersich nochgegen dieverbreitete Durchdringung desepideiktischen Genos derRedekunst durch dasEnkomion wendet. FürMen. –undhiermit schloß er anwesentlich ältere έν ο ν ό τ ικ ιδ εικ ςἐπ Rhet. 331 warhingegen dasγ einγ έν ο (siehe D.A.Russell/N.G. μ ια σ ν ςἐνκω τ ό ικ Traditionen (Anaximenes, Aristoteles) an– Wilson [Hrsg.], Menander Rhetor, Oxford 1981, 227; Dihle [wie Anm.37] 11). 5. Jh. siehe G. Zecchini, La fortuna di Tacito e L’Historia 139 ZumNachleben des Tacitus im 2.– Augusta, in: Historiae Augustae Colloquium Parisinum. Atti deiConvegni sulla Historia Augu350. Zurähnlich zurückhaltenden staI, hrsg. vonG.Bonamente/N. Duval, Macerata 1991, 337– Rezeption des Thukydides in hellenistischer Zeit undzu den Schwierigkeiten, den genauen Umfang der Lektüre zuermitteln, siehe S. Hornblower, The Fourth Century andHellenistic 68. Reception of Thucydidis, JHS 115, 1995, 47– 140 Steinmetz (wie Anm.9) 145. 81. 22. Vgl. auch Touloumakos (wie Anm. 113) 79– 141 Bowie (wie Anm. 113) 12 f.; 19– 142 Hose (wie Anm. 16)passim. Vgl. auchE. Gabba, Griechische Historiker desImperium Romanumvon Augustus bis zu den Severern, in: J.M. Alonso-Núñez (Hrsg.), Geschichtsbild und 286; 267; Gowing (wie Anm. 133) 284– Geschichtsdenken imAltertum, Darmstadt 1991, 239– J.M. Alonso-Núñez, Drei Autoren vonGeschichtsabrissen der römischen Kaiserzeit: Florus, Iustinus, Orosius, Latomus 54, 1995, 348.

Enkomion undHistoriographie

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bene Entwicklung undderbeinahe drei Generationen andauernde Ausfall derZeitgeschichtsschreibung, derbisher nicht hinreichend als Voraussetzung für die Histo-

riographie in derersten Hälfte des3. Jh. gewürdigt wurde143, ist wesentlich Ergebnis derAuseinandersetzung umdie Stellung derHistoriker gegenüber denjeweiligenPrincipes. Diesen gelang esoffenbar, dieZeitgeschichtsschreibung gänzlich zu vereinnahmen undauf eine adulatorische Darstellung der Regierungszeit zu verpflichten144. Nicht dieEntstehung desPrinzipats unddiedadurch veränderten sozialenVoraussetzungen führten demnach, wiejüngst vonM.Toher bereits fürdieZeit vonAugustus angenommen145, zumzeitweiligen Ausfall einer traditionell vonSenatoren praktizierten Zeitgeschichtsschreibung, sondern einüberdasgesamte 1.Jh. bis in das 2. Jh. zuverfolgender allmählicher undvielschichtiger Entwicklungsprozeß, derdurch einen stetig anwachsenden Erwartungsdruck derKaiser unddie zunehmende Zuordnung derschreibenden Aristokratie zumjeweiligen Herrscher gekennzeichnet war. Da manvonZeitgeschichtsschreibung wegen der Möglichkeit derpersönlichen Autopsie undAugenzeugenschaft desAutors ein besonders verläßliches Werk erwartete unddaher diese Form derGeschichtsschreibung traditionell besonders positiv einschätzte146, wardiegesamte Gattung durch diese Entwicklung im Mark getroffen. Undhiervon waren lateinische wie griechische Autoren gleichermaßen betroffen.

143 Meist ist denentsprechenden Darstellungen nureine Unsicherheit darüber anzumerken, daß überdieausdieser Zeit stammenden Quellen derHistoria Augusta nichts bekannt ist undkeine Schlüsse ausderErfindung derHistoriker beiLukian zuziehen sind. Während Dihle (wie Anm. 37) eine lebhafte biographische Literatur annimmt, spricht M. Fuhrmann, Brechungen, Stuttgart 1982, 61von„ für Florus, Granius Licinianus unddentrüben Quellen derHistoria Augusta“ dieZeit nachTacitus undSueton. Vgl. ders. (wie Anm. 116) 42 f. FürLeo(wie Anm. 129) 269 Ephemeres undNichtiges ..., dass mansich hier folgte aufSueton inderBiographie nurnoch„ einmal gerne der Philologenpflicht entzöge, Kehrichthaufen umzuwühlen.“Vgl. aber Steinmetz (wie Anm. 9) 162 f. (zur‚wissenschaftlich fundierten Geschichtsschreibung‘ undEntwicklung neuer Formen). –Hose (wie Anm. 16) 3 subsumiert historisch irreführend unter ‚2. Jh.‘auch Cassius Dio undandere Autoren des3. Jh. Ähnlich verfuhren bereits Reardon (wie 486. –Die vonGell. 219; Steinmetz a.O. 163; Baldwin (wie Anm. 12) 479– Anm. 113) 206– 5,18 vorgenommene Erörterung überdenUnterschied vonannales undhistoriae (vgl. vonAlbrecht II [wie Anm. 71] 291; U.W. Scholz, Annales undHistoria(e), Hermes 122, 1994, 70 f.) mit Blick auf die zeitgeschichtlichen Bezüge derWerke wirkt rein akademisch undist ohne Beipiel ausdereigenen Zeit (anders B. Baldwin a.O. 482). Vgl. auch L. Holford-Strevens, 191. –ZumFehlen vonZeitgeschichtsschreibung siehe BoAulus Gellius, London 1988, 178– wie (wie Anm. 113) 181. 144 Entscheidende Vorgaben wurden bisweilen inAutobiographien einzelner Kaiser geliefert (siehe G. Misch, Geschichte derAutobiographie I. Das Altertum 1, Frankfurt/Main 19493, 215– 706; J. Bollansée, P.Fay 19, Hadrian’s Memoirs andImperial 265; Lewis [wie Anm. 11] 629– 293; siehe auch HA Hadr. 302, bes. 284– Epistolary Autobiography, AncSoc 25, 1994, 279– 16.1), dietrotz ihrer politischen Intentionen diehistorische Verläßlichkeit ihrer Schriften betonten (P.Fay 19 Z. 9–10) 145 DievonToher (wie Anm. 18)formulierte These, daßsichmitderEntstehung desPrinzipats die sozialen undpolitischen Rahmenbedingungen für Historiographie in republikanischer Tradition auflösten, trifft zwar in gewissem Sinne zu, läßt aber die bis in das 2. Jh. erkennbaren Bemühungen, über die Aufstellung historiographischer Standards im oben dargelegten Sinn politische Partizipation einzufordern, außer acht.

85. 146 Avenarius (wie Anm. 1) 80–

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VI Daß seit demersten Drittel des 2. Jh. die Zeitgeschichtsschreibung endgültig hinter panegyrische Darstellungen zurücktritt underst in dieser Zeit ein grundlegender Wandel stattgefunden hat, kanndurch eine nähere Betrachtung derbereits erwähnten Abschnitte zur Situation kaiserzeitlicher Historiographie bei Tacitus undDio verdeutlicht werden. Obwohl beide auf eine gemeinsame, vermutlich frühkaiserzeitliche Vorlage zurückgreifen147, lassen sichbemerkenswerte Akzentverschiebungen in der Verarbeitung dieser Quelle beobachten, die auf die beschriebene Entwicklung der Geschichtsschreibung in den hundert Jahren, die zwischen beiden Autoren liegen, zurückzuführen sind148. Beiden gemeinsam ist zwar dieAnsicht, daßdieEntstehung desPrinzipats und die damit verbundene Konzentration derMacht beim Kaiser eine deutliche Zäsur fürdieinderZeit derRepublik nochhochstehende Geschichtsschreibung gewesen sei149. Während aberfürTacitus zumeinen dieUndurchschaubarkeit derpolitischen Verhältnisse undzumanderen vor allem die Parteilichkeit der Autoren die Geschichtsschreibung in eine Krise gestürzt hat150, steht in Dios Ausführungen die Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung durch das Informationsmonopol des Kaisers im Vordergrund. Er betont, daßdenzufällig oder auch offiziell ausgeteilten Nachrichten niemand mehrglaube, daalles nachdenForderungen desKaisers und seiner Berater dargestellt erscheine151. Ausdiesem Grund sei auch die Verläßlichkeit der zugeteilten Nachrichten jeglicher Überprüfung entzogen152. Die kuriose ρ υ λ ο ὸθ ύ Folge sei, daß an die Stelle der überprüfbaren Nachricht das Gerücht (τ μ εν ο ) getreten seiundmandemnach überDinge rede, diesich nieereignet hätten, ν während dastatsächliche Geschehen imVerborgenen bleibe. Dioselbst zieht ausdieser Situation dieKonsequenz, inseiner Darstellung das Veröffentlichte ungeachtet seines Wahrheitsgehalts zu präsentieren153 unddiese 147 Vgl. L. Wickert, Art. Princeps, RE XXII (1954) 2076; H.A. Anderson, Cassius Dio unddie Begründung desPrincipates, Berlin 1938, 50; Flach (wie Anm. 37) 58; Manuwald (wie Anm. 54) 93 f. 148 Dieinhaltlichen Unterschiede wurden zwarerkannt (vgl. Manuwald a.O. 94 Anm.77), abernur 61) oder als Beleg zur Rekonstruktion der Vorlage genutzt (so insbesondere Flach a.O. 58– dafür herangezogen, daßesebenkeine gemeinsame Vorlage gab(soHose [wieAnm. 16]446 f. mitC.B.R. Pelling, Gnomon 55, 1983, 224). Siehe aber auchGabba (wie Anm. 17)75 f. 149 Dio53,19,1; Tac. ann. 1,1,2; hist. 1,1(mitG.E.F Chilver, AHistorical Commentary onTacitus’ 35). Histories I andII, Oxford 1979, 33– 150 Vgl. bereits Ios. ant. Iud. 20,154 ff. Die Ansicht vonHose (wie Anm. 16)446 f., daßbei Tacitus die dieHauptschwierigkeit insine ira etstudio desGeschichtsschreibers“liege, während Dio„ „ , ist kein Grund, an Schwierigkeit imnicht mehr vorhandenen Zugriff aufQuellen lokalisiert“ einer gemeinsamen Vorlage zuzweifeln, dennauch Tacitus bemerkt, daßprimum inscitia rei publicae utalienae dieHistoriographie behindere. ZumProoimion derHistorien siehe mitwei146. teren Hinweisen Christes (wie Anm.29)133– ε ντ ῶ ντ ω τ ὶκρατούν ε νἀ ῶ τ ὸ ὰ ρ ςτ π α τ ν ά ρλέγεσ ιπ θ α τ τ εσ ρ ά θ ὰ α α ικ ὶπ α ὶγ 151 Dio 53,19,3: κ ι. α α ετ τ εύ α τ π π ὑ ο φ ίσ ν σ ιβουλήμ ω τ ν ό ευ ν δ α τ α υ σ ρ π α 152 Marius Maximus diskutierte in seiner Biographie desAntoninus Pius dieEchtheit vonReden, dieunter demNamen desKaisers publiziert worden waren (HAPius 11.3). α υκ ὶ ο ,ὥ ςπ ῖν ε ιεἰπ α τ νἔσ α ῖο κ γ α ν ὶἀ α ρκ α γ εκ ὶἐ γ ε ὼ π π εν ά ν α τ α ἑξ τ ὰ σ ῆ ,ὅ 153 53,19,6: ὅθ ς

Enkomion undHistoriographie

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offizielle Version durch einauseigener Recherche gewonnenes Urteil, dassichaber vondenumlaufenden Gerüchten unterscheiden soll, zuergänzen. Als Hauptpro-

blem desHistorikers rückt er demnach denUmstand in denVordergrund, daßbei

der Rekonstruktion des historischen Geschehens in erster Linie auf Material zurückgegriffen werden muß, dasauf die Selbstdarstellung des Kaisers zurückgeht, während hiervon abweichende Darstellungen mangels verläßlicher Grundlage auf unbelegbaren Mutmaßungen undunbrauchbaren Unterstellungen beruhen. Denvom Kaiser gewährten Informationen ist bestenfalls ein eigenes Urteil an die Seite zu stellen; derKern deroffiziös dekretierten Sicht desHistorischen bleibt hiervon jedoch unberührt. Auch wenndasvonDioangesprochene Problem derRecherche vordemHintergrund offizieller Geschichtsbilder154 bereits in der frühkaiserzeitlichen Vorlage angesprochen worden seindürfte undbeiTacitus ebenfalls inderFormulierung von derinscitia reipublicae utalienae anklingt, ist die zuBeginn des3. Jh. vorgenommene Schwerpunktsetzung nurvor demHintergrund derim 2. Jh. ausschließlich offiziös-panegyrischen Darstellung prinzipaler Politik verständlich155. Während Tacitus zu seiner Betonung derParteilichkeit derHistoriographie durch die Beobachtung des Stimmungswechsels nach demTode Domitians angeregt worden war unddieseiner Ansicht nachvoneinzelnen Autoren nochim1.Jh. abgefaßte unparteiische Historiographie fordert156, ist die Gewichtung bei Dio Ergebnis einer über

mehrere Generationen abgerissenen Tradition von Zeitgeschichtsschreibung. Im Rückblick aufdas2. Jh. undaufgrund seiner eigenen Zeiterfahrung bestand fürihn dasHauptproblem nicht allein in derParteilichkeit derAutoren, sondern vorallem indererdrückenden Übermacht offizieller Versionen157, vondererbeiseinen ersten literarischen Versuchen selbst betroffen war.AuchfürCassius Diowares trotz des späteren Bedauerns überdieschwierige Quellenlage zunächst selbstverständlich und gar nicht anstößig, die Herrschaftsübernahme des Septimius Severus durch die Abfassung entsprechender Schriften zuunterstützen unddiefreundliche Reaktion des

ω ᾽ὄν α ὶἑτέρ τ ςπ ω ω εκ ω ,ε ω τ ά σ ἴτ ρ ςοὕ ςεἴτ ςἔχ ε ι. Vgl. F. Millar, A Study of μ ω α τ ιφ ή δ εδ Cassius Dio, Oxford 1966, 37 f. 154 Daß ‚Geschichtsbild‘ als Vorlage fürdendionischen Text durchaus wörtlich zunehmen ist, zeigt M.G. Schmidt, Die ‚zeitgeschichtlichen‘ Bücher imWerke desCassius Dio–vonCom2618. modus zuSeverus Alexander, in: ANRW34.3, Berlin/New York 1997, 2613– . 1.16 in dasLobdesAntoninus Pius auch denHinweis aufnimmt, τ ἰςἑα υ 155 DaßMarc Aurel ε dieser habe wenige Geheimnisse gehabt unddiese hätten ausschließlich Staatsangelegenheiten betroffen, belegt dieNotwendigkeit einer öffentlichen Selbstdarstellung, diesichdiescheinbare Aufhebung deskaiserlichen Arcanum zumZiel gesetzt hatte. Vgl. auch die demMarius Maximusentnommene Angabe, Antoninus Pius habe derart wenig Geheimnisse gehabt, daß die Höflinge sich mitderen Verkauf keinGeldverdienen konnten (HAPius 6.4; vgl. 12.3), unddie ausführliche Stellungnahme zur ‚Geheimhaltungspolitik‘ des vorbildlichen Severus Alexander 3). (HA AS 45.1– 3 Heidelberg 156 Siehe dieNachweise bei E. Koestermann, Cornelius Tacitus. Annalen I. Buch 1– 62; Chilver a.O.; R. Syme, TheHistorian Servilius Nonianus, Hermes 92, 1964, 408– 1963, 60– 414. 157 Konsequenterweise erwähnt erdurch Feindschaft oderFreundschaft getrübte, parteiische Darstellungen –anders als Tacitus –bei derCharakterisierung der republikanischen Geschichtsschreibung.

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Kaisers auf diese ‚Flugschriften‘ in seinem späteren Geschichtswerk hervorzuheSein Traumbuch, indemer Vorzeichen undverschiedene göttliche Hinweise aufdiebevorstehende Herrschaftsübernahme desneuen Kaisers gesammelt hatte,bediente ebenso wieseine Darstellung derBürgerkriegszeit dieErwartungen des neuen Throninhabers, wobei Dio bei Abfassung dieser Bücher auf offiziell nach Ankunft desSeptimius Severus inRompubliziertes Material zurückgegriffen haben dürfte. Daßihmbei der späteren Integration insbesondere seiner Darstellung des Jahres 193 in seine Römische Geschichte die gewandelte Haltung des Septimius Severus gegenüber Commodus mißfallen mußte159, zeigt hinreichend, wieproblematisch ihmimRückblick dieAbfassung derpanegyrischen Texte erschienen sein muß, die sich enganderSelbstdarstellung desKaisers orientiert hatten160. Daßer trotz derfürdenfrühen Prinzipat gleichen Quellengrundlage, dieauch Tacitus zurVerfügung stand, resignativ dieWiedergabe deroffiziellen Darstellungenals Grundlage seiner Ausführungen ankündigt, ist also Resultat derBemühungenumdieAbfassung seiner zeitgeschichtlichen Bücher, deren Entstehungsbedingungen aufdiegesamte Prinzipatszeit rückprojiziert werden. DieUnterschiede zwischen denbeiden Autoren sind also nicht in erster Linie stilistisch-formalen Gründen(der brevitas desTacitus undderAusführlichkeit Dios)161 zuzurechnen, sondern demgewandelten Erscheinungsbild dergesamten Gattung162. Dio wußte, daß dievonTacitus artikulierten Hoffnungen aufeine Wiederbelebung derGeschichtsschreibung unter denveränderten Bedingungen einer wiedergewonnenen libertas nicht aufgegangen waren. Dievermeintlich positiven äußeren Bedingungen hatten ganzimGegenteil zurvölligen Vereinnahmung derDarstellung vonZeitgeschichte durch die einzelnen Kaiser geführt, auch wenn Dio seine Augenzeugenschaft zumindest fürdiezeitgeschichtlichen Bücher alsbedeutendes Korrektiv hervorheben mag163. Diezunehmende Verbreitung vonPanegyrik undEnkomia unddieBeherrben158.

3 (Xiph.); E. Schwartz, s.v. Cassius Dio. RE III/2 (1899), 1686 (= Griechische 158 Dio73(72),23,2– Geschichtschreiber, Leipzig 1957, 397). ZumHintergrund siehe Schmidt (wie Anm. 155) 2592– 2618.

4 (mit derexpliziten Distanzierung vonderDarstellung, dieSeptimius Severus 159 Dio76(75),7,3– inseiner eigenen Autobiographie präsentiert hatte). Vgl.J. Bleicken, Derpolitische Standpunkt Diosgegenüber derMonarchie, Hermes 90, 1962, 465; Millar a.O. 141f.; siehe auchR. Bering59, die in Dio – Staschewski, Römische Zeitgeschichte bei Cassius Dio, Bochum 1981, 52– freilich wenig überzeugend –eher einen Anhänger des Albinus sieht. Siehe auch Z. Rubin, 84.ObHerodian mitseinem HinCivil-War Propaganda andHistoriography, Brüssel 1980, 41– 7) aufdiedionischen Werke anspielt weisaufpanegyrische Texte ausseverischer Zeit (2,15,6– (so zuletzt J.J. Torres Esbarranch [ed.], Herodiano. Historia del impero romano después de Marco Aurelio, traducción, introductión y notas, Madrid 1985, 66 f.), läßt sich nicht entscheiden.

160 DieErwähnung derpositiven Reaktion desSeptimius Severus aufdasTraumbuch ist ausder zweiten, noch 194entstandenen Schrift überdieBürgerkriege desvorhergehenden Jahres indie Endfassung derRömischen Geschichte gelangt undspiegelt daher nochdiezunächst bestehende, später aber betrogene Hoffnung Dios aufeinen ‚guten Kaiser‘wider. Es paßt daher auch nicht zudemspäter vonihmgezeichneten Bild dieses Kaisers. 161 Flach (wie Anm. 37) 59. 162 Fornara (wie Anm. 40) 103 f. spricht davon, daß„History became the province of opportu. nists“ 2598. 163 Siehe hierzu Schmidt a.O. 2592–

Enkomion

undHistoriographie

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schung derÖffentlichkeit durch diese Gattung hatten seit derZeit Hadrians Zeitgeschichtsschreibung unmöglich gemacht164. Wie selbstverständlich unter Verzicht auf historiographische Standards panegyrische Darstellungen zeitgeschichtlicher Ereignisse vondenKaisern eingefordert undvondenAutoren auchbereitgestellt wurden, zeigt –wiewirsahen –exemplarisch derBriefwechsel Frontos165. Ähnliches dürfte fürdasWerküberdieTaten des Septimius Severus gelten, dasAntipater vonHierapolis verfaßte166. Es ist bezeichnend, daßdaseinzige noch in späterer Zeit exzerpierte Geschichtswerk des2. Jh., dasnachweislich bisindieeigene Lebenszeit desAutors vorgedrungen ist, nämlich die vonderGründung Roms bis in dasJahr 180 reichende Schrift desChryseros, eines Freigelassenen desL. Verus, sich allem Anschein nach aufdiebloße, fürden rhetorischen Unterricht gedachte Aneinanderreihung vonNamen undZeitangaben beschränkte167. Es liegt folglich nahe, auchdenvonGranius Licinianus inderMitte des2. Jh. propagierten Verzicht auferfundene Reden oderBriefe, moralische Urteile undExkurse in historiographischen Werken168 zumindest auch als Kritik ander zeitgenössischen panegyrischen Historiographie zuinterpretieren. Vordiesem Hintergrund eines völligen Ausfalls derZeitgeschichtsschreibung istesverständlich, daßDioselbst beiderDarstellung derRegierungszeit vonTrajan undHadrian anläßlich seines Aufenthaltes in Kilikien aufeine mündliche Überlieferung zurückgreift169, undes ist daher sicherlich kein Zufall, daßüber die Regierungszeit des Antoninus Pius so wenig literarische Nachrichten erhalten sind170.

164 DievonFlach mehrfach geäußerte Ansicht (Dios Platz inderkaiserzeitlichen Geschichtsschrei260), daßdasFehlen vonSpannungen bung, A&A 18, 1973, 132 f.; ders. [wie Anm. 37] 257– zwischen Kaiser undSenat im2. Jh. zumEndederZeitgeschichtsschreibung führte, berührt nur eine Seite des Problems. Sicherlich spielte dies eine Rolle, aber Principes wie Hadrian oder Antoninus Pius waren nicht unumstritten. Wie die in der(offiziell goutierten!) Synkrisis von Antoninus Pius undL. Verus beiFronto enthaltene negative Einschätzung derAußenpolitik in Nachfolge Trajans zeigt, gabes durchaus Spannungen undAnlaß sowie Möglichkeit zukritischer Darstellung derZeit. Vgl. z.B. dievomSenat beabsichtigte damnatio memoriae Hadrians (Dio 70,1,2– 3 [Xiph.]; HAPius 2, 5; 5, 1; H.Chantraine, Dertote Herrscher inderPolitik der römischen Kaiserzeit, GWU39, 1988, 74 f.) unddasnegative Urteil bei Fronto (de feriis Als. 617). –Vordiesem Hintergrund ist es auch 3.4) undDio 69,4 (vgl. Stertz [wie Anm. 15] 614– bemerkenswert, daßnurHadrian undSeptimius Severus indemgenannten Zeitraum Autobiographien verfaßten, mit denen sie die zeitgenössische Historiographie anzuregen versuchten 120 (Hadrian undSeverus). oder auf diese reagierten. Siehe HRR II 117– 145. 165 Steinmetz (wie Anm.9) 121– 27. 166 Rubin a.O. 25– 167 Siehe dasvonTheophilos erstellte Exzerpt (FGrHist 96 T 1) unddie Bemerkungen bei Hose (wie Anm. 16)472. 144 Ansätze zueiner „Neubegründung derGeschichte 168 Während Steinmetz (wie Anm.9) 139– alsWissenschaft“imVerzicht aufrhetorischen Schmuck erkennt, stellt M.Hose(wieAnm. 16) 462sogar „ denGeist dersenatorischen Opposition“(461f.) inderDarstellung derrepubli454– kanischen Geschichte fest. Vgl.auchdenÜberblick beiN.Criniti, Granio Liciniano, in:ANRW 205. II 34.1, Berlin/New York 1993, 120– 169 Dio 69,1,3 (Xiph.) mit Millar (wie Anm. 154) 36. 170 Der Hinweis, daßder Frieden des Reiches keinen hinreichenden Stoff bot (vgl. J. Matthews, The Roman Empire of Ammianus Marcellinus, London 1989, 208; Gowing [wie Anm. 133]

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AuchwennderVerlust des70. Buches bei DiodasBild verzerrt171, so deutet doch derUmstand, daßdieAntoninus-Vita inderHistoria Augusta trotz derlangen Regierungszeit dieses Kaisers mit elf Teubner-Seiten eine derkürzesten Hauptviten ist, weniger darauf hin, daßderals Gewährsmann für diesen Abschnitt genannte Marius Maximus erheblich gekürzt wurde, sondern darauf, daßdieser selbst bereits mangels historiographischer Vorlagen eine kurze Lebensbeschreibung verfaßt hatte172. Daßdiese in vielen Details sehr zuverlässig gewesen sein muß173, spricht für eine solide Recherche desAutors bei derAbfassung jener Partien, fürdieverläßliche Vorlagen gefehlt haben dürften174. A.R. Birley hatjüngst detailliert dargelegt, daßes sich bei dennurmehr indirekt über die Verarbeitung in derHistoria Augusta zuerschließenden Biographien des Marius Maximus175 umeine eigenwillige Mischung ausverläßlichen Nachrichten über einzelne Familien, historischen Details der Ereignisgeschichte und Klatsch handelt, diesichverschiedene Gelehrte nicht ineinem Werkvereint vorstellen konnten176. Seit demletzten Jahrhundert hatmandaher immer wieder versucht, neben denfürwenig verläßlich gehaltenen Marius Maximus entweder eine annalistische Historiographie in derTradition desTacitus, zumindest jedoch einen weiteren Biographen höherer Qualität zu stellen177. Allem Anschein nach hat jedoch Marius

292: „... it is perhaps no accident that Dio’s account of Antoninus Pius hadperished by the ), greift sicher zukurz. eleventh century“ 2,1 (Xiph.). 171 Siehe dieBemerkungen zumverlorenen Buch vonXiphilinos beiDio70 (69),1, 1– Vgl. hierzu M.G. Schmidt, Cassius Dio, Buch LXX. Bemerkungen zurTechnik desEpitoma59, derdenAusfall zweier Bücher vermutet. tors Ioannes Xiphilinos, Chiron 19, 1989, 55– 172 Vorähnliche Probleme dürfte dervonXiphilinos anstelle Dios zuRate gezogene Asinius Quadratus gestellt gewesen sein, daausdiesem nurdie Schilderung desTodes undvielleicht der kleinasiatischen Erdbeben übernommen wurde (Dio 70(69),3,3 [Xiph.]). Bemerkenswert ist jedenfalls, daßXiphilinos ausdenihmzurVerfügung stehenden Vorlagen (namentlich genannt werden nurAsinius Quadratus undEusebius) nurspärliche Informationen ziehen konnte (vgl. Dio 71[70], 1,11). Bei den übrigen Quellen (ebenda 70[69],3,1–3 [Xiph.]) handelte es sich offenbar umpanegyrisch-biographische (Kurz-?)-Würdigungen des Kaisers. ZurVerarbeitung vonMarius Maximus in denTexten des4. Jh. J. Schlumberger, Die Epitome de Caesaribus. Untersuchungen zurheidnischen Geschichtsschreibung des4. Jh. n. Chr., München 1974, 94–

97. 173 H.G. Pflaum, La valeur dela sources

inspiratrice dela Vita Pii à la lumière despersonnalités 152; K.F. Stroheker, Die Außenpolitik des nommément citées, BHAC 1964/65 (1966) 143– 41; 256; Syme (wie Anm. 123) 36– Antoninus Pius nach der Historia Augusta, ebenda 241– A.R. Birley, Marius Maximus: the Consular Biographer, in: ANRW 34.3, Berlin/New York

2733. 1997, 2731– 174 Ähnliches könnte für die gutinformierte Verus-Vita gelten. Zuderen Qualität: T.D. Barnes, 79. Sowohl fürAntoninus Pius (HAPius 11.3 mit Hadrian andLucius Verus, JRS 57, 1967, 65– Hinweis aufMarius Maximus) als auchfürMarc Aurel oder L. Verus ist diePublikation politischer Reden überliefert (siehe Steinmetz [wie Anm.9] 211 mitAnm. 129). 175 Vgl. auchA.R. Birley, Indirect means of tracing Marius Maximus, in: Historiae Augustae Colloquium Maceratense. Atti deiConvegni sulla Historia Augusta III, hrsg. vonG.Bonamente/G. 2757. 74; ders. (wie Anm. 173) 2678– Paci, Bari 1995, 57– 176 Vgl. bereits D.S. Potter, Prophecy andHistory intheCrisis of theRoman Empire, Oxford 1990, 369 Anm. 48. 502 (= ders., 177 ZumIgnotus siehe z.B. R. Syme, NotMarius Maximus, Hermes 96, 1968, 494–

Enkomion undHistoriographie

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Maximus selbst versucht, durch diePräsentation zahlreicher Einzelheiten unddurch dieNennung vieler deranderAdministration desReiches beteiligten Personen sowiedieAufnahme vonOriginaldokumenten eine demZeitbedürfnis entsprechende Darstellung anzubieten, die nicht nur das Wissen um die Beteiligung der senatorischen Aristokraten bündelte, sondern zugleich auch umeine eindeutige moralische Beurteilung der einzelnen Kaiser bemüht war. Vieles spricht dafür, daß dieser Biograph durch dieAufnahme vonOriginaldokumenten indieeinzelnen Vitenderrhetorisierenden Historiographie (wieGranius Licinianus vorihmdurch den Verzicht aufselbstverfaßte Reden) gegensteuerte178. Aufwelche Quellen erhierbei zurückgriff, ist zwar ungewiß, aber er dürfte ein ähnliches Verfahren angewendet haben wieDio. DenZeitraum zwischen demTodHadrians unddemEndedesCommodus wirderdurch dasStudium vonOriginaldokumenten, dielebhafte mündliche Überlieferung und–zumindest in Abschnitten –dieeigene Erinnerung überbrückt haben. Es ist evident, daßdie besondere Leistung Dios unddes Marius Maximus eben darin bestand, unter dengewandelten Bedingungen desfrühen 3. Jh. Zeitgeschichtsschreibung inganzunterschiedlicher Formwiederbelebt zuhaben. Unddamitkehren wirzumAusgangspunkt deslangen Exkurses zurück.

VII η σ ία ρ ς ρ ο α ,π ς β ίλ τ ο θ α σ εύ ερ ευ ς , ἐλ DervonLukian geforderte Historiker, deralsἀ ließ sich durfte179, sein verbunden λ ο und Kaiser ί φ η θ ς ε ί κ ξ α ο έν ς ὶἀ λ α ςkeinem demnach vordemHintergrund derbeschriebenen Entwicklung zuseiner Zeit nurmehr als Ideal postulieren. Lukian hat aber mit seinen Beobachtungen exakt den Zustand derZeitgeschichtsschreibung im2. Jh. getroffen, die sich durch eine vollständige Einbindung in die kaiserliche Selbstdarstellung auszeichnete180. Die von ihmganz allgemein bemängelten unterschiedlichen Verstöße gegen die seiner Ansicht nach zeitlos gültigen Gesetze derHistoriographie waren die einzige Form, in derer Kritik üben konnte, ohne grundsätzlich die imPrinzipat neudefinierte Funk53; 658); ders. (wie Anm. 123) 30– Roman Papers II, hrsg. vonE. Badian, Oxford 1979, 650– 151; T.D. Barnes, The Sources of theHistoria Augusta, 134; Steinmetz (wie Anm.9) 146– 113– 11undH.W. Benario, ‚Ignotus‘, the ‚GoodBiographer‘(?), in: in: Atti III (wie Anm. 175), 8– 2772 (mit weiteren Hinweisen). ANRW 33.4, Berlin/New York 1997, 2759– 178 So Steinmetz (wie Anm. 9) 150, der von einer „Absage an die rhetorische Geschichtsschreibung“spricht. Die vonSteinmetz aus der Verarbeitung vonReden undOriginaldokumenten seine Darstellung undseine Auffassung wissenschaftlich zu belegen“ abgeleitete Absicht, „ ), führt terminolowissenschaftlich fundierten Geschichtsschreibung“ (ebenda; vgl. 162 zur „ gisch etwas vomWeg ab. 54; Georgiadou-Larmour (wie 179 π ῶ . § 41 und38; 44; 61; 63. Avenarius (wie Anm. 1)49– ρ ςἱσ τ ο Anm. 1) 1461 f. 180 Die vonChaniotis (wie Anm. 80) 147 vertretene Ansicht, dieZeitgenossen Lukians seien sich durch die zunehmende Verwendung rhetorischer Mittel der Unterscheidung zwischen Enkomion/Historiographie nicht mehrbewußt gewesen, geht aufdasangleicher Stelle vorgetragene Mißverständnis zurück, daßdie Nähe vonRhetorik undGeschichtsschreibung notwendigerweise einEnkomion entstehen lasse.

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MARTIN ZIMMERMANN

tion derHistoriographie ansprechen zumüssen. Daßihmbei seinen Ausführungen daran gelegen war, die Geschichtsschreibung ausdenangesprochenen Fesseln zu lösen, indem er indirekt diehinter derVerwilderung derGeschichtsschreibung stehenden Ansprüche derjeweiligen Principes kritisierte, ist unwahrscheinlich181. Mit seinen überzeitlichen, ganz aufdieliterarische Tradition bauenden Reflexionen redeter eher einer Historiographie dasWort, die tagespolitisch gemeinte Stellungnahmenimweiteren Sinne ausklammert. DaßdieSchrift ineiner Zeit entsteht, inder– wie wirsahen –die Abfassung vonZeitgeschichte ganz hinter die panegyrischen Reden undTexte zurückgetreten war,istdaher nicht zufällig182. Mankanndarin ein weiteres Indiz dafür sehen, daßdieÜberlieferung vonnurwenigen ernstzunehmendenAutoren, dieihrThema ferndereigenen Zeit suchen oderaufRegionalgeschich-

tenausweichen, einen recht zutreffenden Eindruck vonderOkkupation derZeitgeschichte durch dieEnkomia zweit- unddrittklassiger Rhetoren vermittelt. Hierin liegt zweifellos derWert dieser kleinen Schrift. DieFrage, wiediezeitgenössischen Autoren denProblemen entrinnen können, die sich ihnen angesichts derpolitischen Rahmenbedingungen stellen, läßt Lukian bei seiner Konzentration aufdie sehr abstrakte Theorie freilich unbeantwortet. Dabei wußte er selbst sicherlich nurzugut, daßdieVerfasser vonZeitgeschichtsschreibung zueiner Gratwanderung gezwungen waren. Sie mußten zwar die überzeitliche Wirkung ihrer Darstellung imBlick behalten, zugleich aber auch die aktuellen Urteile über dasGeschehen unddiegängige Bewertung derKaiser berücksichtigen. Undgenau dies schien über dieIntegration eines abstrakten Tugendkanons in die Darstellung derKaiser als Zentrum historischer Abläufe möglich zusein. Daß diePrincipes dieschon ingriechischen Fürstenspiegeln formulierten Ideale undden entsprechenden Tugendkanon für die eigene Selbstdarstellung verwerteten183, gewährte nämlich denrömischen undgriechischen Historikern der Kaiserzeit einen unverfänglichen Anknüpfungspunkt. Indem derGeschichtsschreiber Elemente der moralisch-ethischen Tradition in seinen Text aufnahm, konnte er zwei Ziele erreichen. Zumeinen dienten sie als Ausweis dereigenen Bildung undoffenbarten die philosophisch-ethischen Traditionen, denen sich derAutor verbunden fühlte; zum anderen warmitdieser Vorgehensweise die Möglichkeit gegeben, auf die vertrautenMotive deroffiziellen Selbstdarstellung desPrinceps anzuspielen184, womit –so imVerständnis derAutoren eine politische Einflußnahme können wirunterstellen – inverminderter Formzurückgewonnen war185. Hiermit warzugleich dieVerpflich181 Daßes Lukian in seiner Kritik anderGrenzaufhebung zwischen Enkomion undHistoria nicht umeine Kritik kaiserlicher Selbstdarstellung, sondern allein umliterarische Erwägungen geht, betont auch Strobel (wie Anm. 1) 1357. 182 Vgl. indiesem Zusammenhang auchdieReflexionen desMaximus vonTyros zumPrimat der 29). Philosophie vorderGeschichtsschreibung (Dial. 22,5 f. mitZecchini [wie Anm. 113] 27– 167; ders. Aspekte derPrinzipatsideologie imfrühen 183 Vgl. z.B. Kloft (wie Anm. 102) 141f. 151– 36. Prinzipat, Gymnasium 91, 1984, 306– 184 Zurgegenseitigen Beeinflussung vonSophistik undlateinischer Panegyrik siehe G.A. Kennedy,Classical Rhetorik andits Christian andSecular Tradition from Ancient to Modern Times, Chapel Hill 1980, 38 f. 185 Immerhin ergab sichhieraus aberdieMöglichkeit, umgekehrt aufdieEntwicklung vonPanegy-

Enkomion undHistoriographie

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tung zumoralisch-ethischer Anleitung derLeser undZuhörer verbunden, dieinder Kaiserzeit an die Stelle der Anweisung zupolitisch korrektem Handeln getreten war, die noch zurZeit derRepublik die Geschichtsschreibung beherrscht hatte. Dies bedeutete inerster Linie, demRezipienten einen zeitlosen Bewertungsmaßstab zur Ordnung deserlebten, erinnerten oder nurüber die Lektüre erschlossenen historischen Zeitraums andieHandzugeben.

Auchdieeingangs zitierten Überlegungen Lukians zurnotwendigen Trennung vonἱσ μ ιο ρ κ τ ία ώ ν , dieimübrigen nurdieverbreiteten undallgemein gülundἐγ ο tigen theoretischen Erwägungen zurGeschichtsschreibung inderAntike wiedergeben, zielten ganzaufdiebeschriebene Gratwanderung. EinWerkzurZeitgeschichte durfte keinesfalls denEindruck vonEinseitigkeit undVoreingenommenheit des Autors erwecken, unddie Kalkulation derDarstellung aufdiezukünftigen Rezipienten dernachfolgenden Generationen mußte unbedingt denEindruck einer historischen Gebundenheit desUrteils vermeiden unddauerhafte Gültigkeit suggerieren. Dieses Ziel verfolgte auchHerodian mitderVerwendung enkomiastischer Moγ ο α ςbei seiner Schilderung Marc Aurels. DieDarstellung des σ ιλ ὸ ικ ςλό tive desβ Kaisers selbst bleibt derart vage undimhistorischen Detail ungewiß, daßderVorwurfeiner panegyrischen Übertreibung nicht entstehen kann. Eine Schilderung und dabei notwendige Überzeichnung seiner Taten wird gezielt vermieden, umderals Maßeingeführten Idealfigur keine historische unddamit imobigen Sinne angreifbare Kontur zugeben. Diese Konzeption ist eindeutig gegen eine mögliche Unterstellung gerichtet, ρ ὸ ρ ινgeςχ ά sein Geschichtswerk sei insgesamt oder nur in einzelnen Partien π schrieben. Herodian warnämlich das vonDio benannte Problem von der Übermacht der offiziellen Versionen als grundlegende Bedingung der Zeitgeschichtsschreibung geläufig. Auch er klagt über die Vehemenz, mitdersich die offizielle Propaganda ausbreitete unddiezeitgenössischen Schriften unterschiedlicher Artin großen Teilen zurErhellung des tatsächlich Vorgefallenen unbrauchbar macht186. Denpanegyrischen Darstellungen derverschiedenen Literaturgattungen will erein ρ ρ ὸ Geschichtswerk entgegenstellen, dasnicht π ὸ ή θ ρ ιν , sondern π εια ςχά ςἀ λ geν schrieben ist187. Herodian gibt also inseiner außergewöhnlichen Exposition zuerkennen, daßer verschiedene Elemente historiographischer Gestaltung, deren Entstehung wir bei einem Blick aufdieGeschichte derGattung beobachten konnten, miteinander verbindet. Dieinbiographischer Tradition vorgenommene Konzentration aufdenKaiser als Zentrum der Darstellung unddie daraus resultierende Notwendigkeit, sich mitderDominanz undOmnipräsenz derPanegyrik auseinandersetzen zumüssen, führten ihn offenbar zu demSchluß, daß seinem Werk vornehmlich dann große Resonanz sicher war, wennerganzanentsprechende Erfahrungen seiner Leser anknüpfte.

rikundFürstenspiegel Einfluß zunehmen. ZurWirkung derGeschichtsschreibung aufdieFürstenspiegel siehe P. Hadot, s.v. Fürstenspiegel, RAC VIII (1972) 607 f. 7; 3,7,3. 186 2,9,3– ο ν θ εια τ νλ έγ ή ε ς . ὸ ρ ρ ὸ ρ ιν λ ἀ λ λ ςἀ ςχά ὰ π ὐπ 187 3,7,3. Herodian selbst zählt sich gewiß zudenο

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MARTIN ZIMMERMANN

Alle Autoren des3. Jh.–dies sei alsThese andenSchluß gestellt –zeigen sich dieser Forderung verpflichtet. Dabei müssen sie sich freilich denskizzierten Traditionslinien stellen, wobei –wiewirindenfolgenden Beiträgen sehen werden –mit ganzunterschiedlichen Strategien dieabstrakten Postulate mitindividuellen VorliebenundInteressen verknüpft werden,

Helmut Krasser (Universität Gießen)

Lesekultur alsVoraussetzung für dieRezeption von Geschichtsschreibung in derHohen Kaiserzeit Aussagekräftige Zeugnisse zur Lesekultur des 3. Jhdts. n. Chr., demeigentlichen Thema dieses Bandes, liegen nicht vor. Deshalb möchte ich einen, wie ich hoffe, hilfreichen Umweg zurBeantwortung desimTitel gestellten Problems einschlagen. Zunächst möchte ich anhand einiger Momentaufnahmen einen Eindruck von der Bildungs- undLesekultur des2. nachchristlichen Jahrhunderts geben. Dabei werde ichmichimwesentlichen aufdieNoctes Atticae desGellius stützen, eineMiscellanschrift, dienicht nurihrem Stoff nach, sondern auchinihrer narrativen Einkleidung einlebendiges Bildvondengeistigen undkulturellen Interessen deskaiserzeitlichen Bildungsbürgertums zeichnet. In einem zweiten Schritt möchte ichin einem knappen undnotwendigerweise manchmal vereinfachenden Überblick die Entstehungsbedingungen undEntwicklungsgeschichte dieses Bildungsideals seit Beginn derPrinzipatszeit umreißen, um die Veränderungen sichtbar machen, die die literarische Landschaft sowohl hinsichtlich der literarischen Produktion als auch hinsichtlich des Leserverhaltens im Fortgang dieses Prozesses erfährt. Abschließend werde ich dann denVersuch unternehmen, die im Kontext der Bildungskultur des2. Jahrhundert relevanten historischen Interessen undGattungen zuskizzieren. Mehr als Randnotizen zu einem komplexen Phänomen undzu seiner höchst komplexen Entwicklungsgeschichte sind imRahmen eines solchen Vortrags aber natürlich nicht zu leisten. Dennoch hoffe ich schlaglichtartig einige wichtige Elemente dieses Prozesses undseiner Entstehungsbedingungen beleuchten zukönnen. Alsweitere Einschränkung sei hinzugefügt, daßsich bedingt durch dasQuellenmaterial diehier gemachten Beobachtungen vorallem aufdiestadtrömischen Verhältnisse beziehen.

I. Meine Tour d’horizon durch die römische Lesewelt des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts soll mit einer Jugenderinnerung beginnen, die unsAulus Gellius im 18. Buch derbereits genannten Noctes Atticae überliefert. DerAutor berichtet fol-

gendes:1

Cumiamadulescentuli Romae praetextam et puerilem togam mutassemus magistrosque tunc nobis nosmetipsi exploratiores quaereremus, inSandaliario for1

Gell. 18,4,1.

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HELMUT KRASSER

teapudlibrarios fuimus, cumibi inmultorum hominum coetu Apollinaris Sulpicius, virinmemoria nostra praeter alios doctus, iactatorem quempiam et venditatorem Sallustianae lectionis inrisit inlusitque genere illo facetissimae dissimulationis, qua Socrates ad sophistas utebatur.

Als ich alsjunger Mann in Romdie Toga desKnaben bereits abgelegt hatte (wir befinden unsalso etwa umdasJahr 140) undaufeigene Faust aufderSuche nach erfahreneren Lehrern war, hielt ich mich gerade im vicus Sandalarius, demSchusterviertel, bei denBuchhändlern auf, als dort in einer riesigen Menschenmenge Sulpicius Apollinaris, einMann, dergebildeter waralsalle, andieichmicherinnern kann, einen mitseiner genauen Sallustkenntnis öffentlich prahlenden Angeber mit genau jener Artwitzig brillanter Ironie lächerlich machte undverspottete, die Sokrates gegen dieSophisten stets einsetzte. DieWahl dieser Anekdote bietet sich natürlich allein schon deswegen alspassender Einstieg in die Überlegungen zudenRezeptionsbedingungen derHistoriographie im2. Jahrhundert an,weil in ihrvonderLektüre desHistorikers Sallust die Rede ist. Doch geht es mirhier keineswegs umdieMitteilung desfactum brutum, daßSallust inderHohen Kaiserzeit offenkundig zudengelesenen Autoren gehörte, vielmehr ist mirdie Erzählung desGellius interessant, weil sie in vielfacher Hinsicht Aufschluß über die geistes- und kulturgeschichtlichen Rahmenbedingungen gibt, unter denen sich diese Lektüre vollzog. Bereits derOrtdesGeschehens, eines derBuchhandelsquartiere Roms, ist signifikant undillustriert denStellenwert, denLiteratur undliterarische Bildung im öffentlichen Bewußtsein zumindest imstadtrömischen Umfeld einnehmen.2 Bei Gellius vollzieht sich Lektüre nicht nur in der Abgeschiedenheit der Studierstube oder dembehaglichen soggiorno eines Villenaufenthaltes, Lektüre und Gespräch über dasGelesene ereignen sich hier imhellen Licht derÖffentlichkeit. Diezahlreichen Leser, dieindenNoctes Atticae auftreten, nutzen diegesamte kulturelle Infrastruktur deskaiserzeiltichen Roms undderjunge Mann, dermiteinem BuchinderHandunterwegs ist, istgängiger Bestandteil desStraßenbildes.3 Öffentliche Bibliotheken undeine gutentwickelter Buchhandel sorgen füreine hoheVerfügbarkeit literarischer, juristischer und fachwissenschaftlicher Texte und bieten zugleich ideale Foren fürkommunikative Begegnung, Diskussionen, Debatten und die damit verbundene Selbstinszenierung deseinzelnen als homme de lettres.4 Die Tatsache, daßes sich bei dengeschilderten Begegnungen nicht nurumSzenen aus fest etablierten literarischen Zirkeln, sondern häufig umdaszufällige Zusammentreffen einander allem Anschein nach unbekannter Personen handelt, lassen etwas vonderBreite dieser Bewegung spürbar werden. 2 3

4

Zumrömischen Buchhandel siehe F.G. Kenyon, Books andReaders in Ancient Greece and Rome, Oxford 19512 sowie Th. Kleberg, Buchhandel undVerlagswesen in derAntike, Darm129. stadt 1967 undH.Blanck, DasBuch in derAntike, München 1992, bes. 120– So etwa Gell. 3,1, woFavorin während eines Spaziergangs ausdemCatilina Sallusts vortragen läßt, denein ebenfalls lustwandelnder Bekannter mit sich führte. Bibliotheken: Gell. 5,21,9; 16,8,2 (Bibliothek im Templum Pacis); Gell. 9,14,3 (Bibliothek in Tibur –vermutlich im Heiligtum des Hercules Victor wie auch in Gell. 19,5,4); Gell. 11,17 (Bibliotheca Ulpia); Gell. 13,20 (Bibliothek in derDomus Tiberiana); Gell. 18,9,5 (Bibliothek in Patras). Buchhandlungen: Gell. 5,4; 13,31;18,4 (s.o.).

Lesekultur

alsVoraussetzung fürdieRezeption vonGeschichtsschreibung

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DieAllgegenwart desBildungsanspruchs imAlltagsleben spiegelt sich auchin derVielzahl anGelegenheiten, diesich demLiteraturkenner boten, umsich alsExperte undMannvonGeschmack inSzene zusetzen. Nicht nurBuchhandlungen und Bibliotheken sindSchauplätze gellianischer Lese- undGesprächsszenen. DiePalette der Situationen reicht vonderAbendgesellschaft geladener Gäste, vonGellius meist alsBegegnung derintellektuellen Elite beschrieben,5 überdenBesuch öffentlicher Plätze undParks bishinzumMenschenauflauf beidermorgendlichen salutatioimKaiserpalast6 undzumDisput anBordeines Schiffes, wobei dieMitreisenden bei Bedarf ein Buch ausdermitgeführten Reisebibliothek zücken, umihre Argu-

mentation zustützen.7 Anlaß undGelegenheit zumkundigen Vortrag bieten sich überall. So unterbricht Fronto ein Gespräch mitdemArchitekten über ein Dreihunderttausend-Sesterzen Projekt, umüberdierechte Bedeutung derFormulierung praeter propter zu dozieren8 undselbst junge Leute ‚die sich nach Tibur begeben haben, umdort im Schatten liegend zuplaudern undEiswasser ausgeschmolzenem Schnee zuschlürfen, sind nicht davor gefeit, voneinem Peripatetiker mit Verweis auf diephysica problemata desAristoteles darauf aufmerksam gemacht zuwerden, daßEiswasser für alle möglichen Lebewesen zuträglich, demMenschen aber schädlich sei. Der Aufklärungseifer deswackeren Philosophen gehtsogar soweit, daßer,alsderungesunde Genuß kein Ende nehmen will, in dienaheliegende Bibliothek desTempels desHercules Victor eilt unddasentsprechende Werk desAristoteles holt, umdie jungen Leute mitdenauthentischen Worten desMeisters zuermahnen.9 Mögen diese Szenen auch nursubjektive Momentaufnahmen derzeitgenössischen Wirklichkeit ausder Optik eines Bildungsbesessenen sein, so geben sie in ihrer Kumulation doch denBlick aufeine saturierte Geisteswelt frei, inderliterarische Kenntnisse unddieFähigkeit zurgebildeten Konversation zurEtikette gehö-

ren.

Die Bedeutung vonBildung undkultureller Ostentation lassen sich auch vorzüglich in jenem Bereich beobachten, der in besonderer Weise mit individueller Repräsentation verbunden ist, demderSepulchralkunst, undhier vorallem in der seit demausgehenden 1.Jh nach Christus zunehmend anBedeutung gewinnenden Sarkophagproduktion. In diesem Bereich lassen sich seit hadrianischer Zeit vermehrt Sujets, diemitdemBildungsbereich verbunden sind, beobachten. Hier seien in erster Linie die sog. Musen- undPhilosophensarkophage genannt, die Bücher, Leser undliterarische Themen, etwa Darstellungen Homers zwischen denallegorischen Figuren vonIlias undOdyssee, insBild setzen. In derbildenden Kunst wie in derLiteratur spiegelt sich eine Gesellschaft, in derkulturelle Kompetenz wesentlicher Bestandteil desSozialprestiges ist. Daskultivierte Gespräch undhiervorallem dieSalonkultur desintellektuellen Symposions ist das wichtigste Medium, in demdiese Werte im Dienste der Selbstdarstellung 5 6 7 8 9

So etwa Gell. 18,2 u. 18,13. Gell. 4,1. Gell.2,21; 19,1. Gell. 19,10. Gell. 19,5.

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HELMUT KRASSER

unter Beweis gestellt werden können. Die Fähigkeit, sich in Gesellschaft korrekt, kompetent undklug äußern zukönnen, ist zentraler Bestandteil desBildungsideals, dasvonAutoren wieGellius propagiert wird. Besonders eindrücklich sindjene beinahe burlesken Szenen, indenen einwirklicher homme delettres wieSulpicius Apollinaris indereingangs zitierten Anekdote, einen großsprecherischen Scheingelehrten alsbloßen Scharlatan undahnungslosenAngeber entlarvt undihndamit vorderanwesenden Zuschauerschar bloßstellt.10 Demgegenüber werden die geistigen Heldenfiguren wie Fronto, Herodes Atticus undvorallem Favorin, dieGellius indenNoctes immer wieder inliebevoll bewundernder Zeichnung auf die Bühne des Konversationsgeschehens stellt, demLeser mitihrer souveränen Meisterschaft, vonSprache, Literatur undvonunterschiedlichsten Fachdisziplinen als Identifikationsfiguren protreptisch vorAugen gestellt.11 In diesem geistigen undgesellschaftlichen Klima nimmt die Wissensvermittlunginunterschiedlichster Formeine ganzentscheidende Stellung ein, diesgilt nicht nurfür Schulbetrieb, Rhetorik undPhilosophie, sondern für dengesamten Kanon wissenswerten Stoffes, wieer indenobenbeschriebenen Gesprächssituationen relevant sein konnte. Im2. Jahrhundert erreicht deshalb die Buntschriftstellerei jene Form derunterhaltenden Belehrung ‚die neben seriöser Fachinformation imHinblick auf ihre eigentliche Zielsetzung, nämlich unterhaltenden Konversationsstoff zu liefern, auch Anekdoten undMirabilia umfasst. Ich verweise hier nurauf die umfangreiche Titelsammlung vergleichbarere Literatur, dieGellius inderPraefatio zu denNoctes Atticae aufreiht12, auf Suetons Pratum, die Varia Historia Aelians, Plutarchs Tischgespräche, das mythographische Handbuch Ps.-Hygins, den Reiseführer des Pausanias, die wohl in dieser Zeit entstandenen Tales from Euripides13 etc., etc. Wissen inKurzform undanwendungsorientiert dargeboten hatte Konjunk-

tur.

II. Bevor wir unsjedoch eingehender mit derRolle der Geschichtsschreibung in diesemAmbiente beschäftigen, seimireinBlick aufdieUrsprünge dieser Entwicklung gestattet.14

Noch bis weit in die späte Republik hinein bleiben Literatur undBildung, die Zurschaustellung kulturellen Engagements vor allem auf die engeren Zirkel der Nobilität beschränkt. Ihre Pflege istnureines unter mehreren Mitteln, Adelskonkur4; 6,17,11–12; 7,16,1; besonders eindrücklich: 13,31; 18,4. 10 So etwa Gell. 1,2,3– 11 Fronto: Gell. 2,26; 13,29; 19,10; 19,13 Herodes Atticus: Gell. 1,2; 9,2; 18,10; 19,9; 19,12; Favorinus: 2,26;3,1;4,1, 20,2 undhäufiger. Favorinus könnte maninderTatmitBeall als den eigentlichen Helden derNoctes Atticae bezeichnen. ZudenLehrern desGellius siehe Holford111, S.M. Beall, Civilis eruditio. Style andcontent Strevens, Aulus Gellius, London 1988, 61– 28. in the Attic nights of Aulus Gellius, Diss. Berkeley 1988, 17– 12 praef. 5–10. 13 Siehe hierzu G. Zuntz, ThePolitical Plays of Euripides, Manchester 1955,134–136. 14 Als generelle Einführung indieFragestellung sei verwiesen auf: M. Citroni, Poesia e lettori in RomaAntica. Forme della comunicazione letteraria, Rom-Bari 1995.

Lesekultur

als Voraussetzung fürdieRezeption vonGeschichtsschreibung

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renz auszutragen undfindet vorallem imprivaten Raumstatt. Dort lassen sich Bil-

dungsbegeisterung undGräcophilie invollen Zügen genießen. Weitab vonderstadtrömischen Öffentlichkeit entsteht in der Villa ein exklusiver Lebensraum, in dem mansich in einer griechisch geprägten Bildungslandschaft vonBibliotheken, Pinakotheken undStatuengärten ergehen kann.15 Erst inden40er und30er Jahren finden sich Spuren jenes Prozesses, denmanmitZanker alsPopularisierung undEntprivatisierung derLebensform Villa undderinihrpräsenten Kulturgüter verstehen kann.16 Ein erstes bescheidenes Anzeichen hierfür ist dasnie ausgeführte Bibliotheksprojekt Cäsars, derwohlinAnlehnung anhellenistische Fürstenbibliotheken Varro mit derKonzeption einer zweisprachigen öffentlichen Bibliothek beauftragte. Erst Asinius Pollio setzt dasvarronische Konzept in den30er Jahren in dieTat umundist auch sonst bemüht, Elemente derVilleggiatur öffentlich zugänglich zumachen.17 So richtet er denersten öffentlichen Skulpturenpark einundbemüht sich durch die Förderung derAutorenrezitation darum, denzeitgenössischen Dichtern ein öffentliches Forum zuschaffen. Diese Möglichkeit, kulturelles Engagement als Instrument vonEuergesie und herrscherlicher Repräsentation zunutzen, hatinderFolge Augustus inkonsequenterWeise aufgegriffen. Ichverweise hier nuraufThermen- undTheaterbauten und dieErrichtung vonmindestens zwei weiteren öffentlichen Bibliotheken, vondenen dieaufdemPalatin durch dieunmittelbare Verbindung mitAugustushaus undApollontempel besondere Bedeutung besitzt. Diese Institutionen sind natürlich keine Orte massenhaften Literaturkonsums, wenngleich dieBibliothek inderPorticus Octaviae inunmittelbarer Nachbarschaft des Marcellus-Theaters demdie Porticus als Wandelhalle diente, wohl auch einem weniger exklusiven Publikum bekannt war. Nichtsdestotrotz bilden sie durch die Sammlung derverfügbaren griechischen undlateinischen Texte unddurch dieForm derPräsentation mitAutorenporträts, erläuternden Epigrammen undvermutlich auch durch die Zusammenstellung der Autoren nach Gattungen einen Focus, der eine wohl disponierte Gesamtschau derliterarischen Tradition ermöglicht unddiese so ins Bewußtsein derliterarisch interessierten Öffentlichkeit hebt.18 Die Einrichtung öffentlicher Bibliotheken, zunehmende Rezitationstätigkeit undein sich offenkundig bereits in augusteischer Zeit zügig entwickelnder Buchhandel haben weitreichende Folgen für das Selbstverständnis der Autoren, ihre Beziehung zumPublikumunddasLeseverhalten generell. So begegenet unsin Ovids Dichtungen erstmals die Vorstellung eines anonymenLesepublikums, dasdenAutor vorallem durch seine Präsenz imBuchhandel

15 Einen guten Überblick über daskulturelle Ambiente derVilla bietet H.Mielsch, Die römische Villa. Architektur undLebensform, München 1987. ZudenVillenbibliotheken siehe Blanck, 160. 152– 32. 16 Siehe hierzu P. Zanker, Pompeji. Stadtbild undWohngeschmack, Mainz 1995, 26– 17 Siehe hierzu E. Rawson, Intellectual Life in theLate Roman Republic, London 1985 v.a. 114. 18 ZumProblem dergleichgewichtigen Repräsentation vongriechischer undlateinischer Literatur in denDoppelbibliotheken siehe N. Horsfall, Empty Shelves onthe Palatine, G&R 90, 1993, 67. DieErfahrung, daßmanimRaumderöffentlichen Bibliothek derliterarischen Tradition 58– en bloc gegenübertreten kann, spiegelt sich in einer Reihe vonTexten desersten nachchristlichenJahrhunderts, so z.B. Colum. 1 praef. 28 oder Pers. chol. 4.

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kennt undihn durch seine Kaufbereitschaft sogar trotz des kaiserlichen Verdikts unddemdamit verbunden Auschluß ausdenöffentlichen Bibliotheken, vor dem Vergessen zubewahren vermag.19 Hier können wirdie Genese einer literarischen Öffentlichkeit beobachten, wie sie für denLiteraturbetrieb des ersten nachchristlichen Jahrhunderts konstitutiv ist undin ihrer voll entwickelten Form etwa in den differenzierten Reflexionen desEpigrammatikers Martial über Produktionsbedingungen undLeserschaft faßbar wird. Ein offenes, sozial nicht näher spezifiziertes Publikum undeinfunktionierender Buchhandel sindneben demsich immer intensiverentwickelten Patronagesystem diewichtigsten Elemente desliterarischen Mark-

tes. Neben dieser Öffnung derliterarischen Szene lassen sich nocheine Reihe weiterer Veränderungen beobachten. DieKonfrontation miteinem systematisch geordneten Bibliotheksbestand, derdieTradition sichtbar vorAugen stellt, führt zurHerausbildung eines deutlich erkennbaren Kanons, einer literarischen Hierarchie und damit zumBewußtsein einer vorgängigen literarischen Klassik einerseits, andererseits zurVorstellung derVerfügbarkeit einer vergleichsweise großen Textmenge, die sich demZugriff des Einzelnen in ihrer Gesamtheit letztlich entzieht. Auf der Ebene der literarischen Produktion lassen sich deshalb erste Spuren eines epigonalen Selbstverständnisses nachweisen, eines Bewußstseins, im SchattenderKlassiker zustehen. Daneben entstehen Bestrebungen, in Form vonHandbüchern, Exempelsammlungen undhistorischen Abrissen (z.B. derHistoria Romana desVelleius Paterculus), dasvorliegende Material in überschaubarer Form zugänglich zumachen. Indiesem Umfeld findet sich erstmals derTopos derUnüberschaubarkeit derLiteratur etwabeiVitruv20 undbesonders eindrücklich indenFacta et Dicta memorabilia desValerius Maximus.21 IndenKontext dieser Erschließungsstrategien gehören auchneueDienstleistungen des Autors gegenüber demLeser. Ausführliche, den Inhalt des Werkes oder einzelner Bücher darstellende Praefationen, Inhaltsangaben inBriefform, Titellisten, Inhalts- undLiteraturverzeichnissse erleichtern demLeser die Orientierung undermöglichen es ihm, Literatur zielgerichtet undselektiv wahrzunehmen22. AuchaufderEbene derRezeption entstehen neue Strategien, derFülle desLesestoffes Herrzuwerden. Neben Formen eines inerster Linie aufpureUnterhaltung gerichteten Lektüreverhaltens, dasu.a. durch unterschiedlichste Gattungen vonSen-

474. 19 ZumPublikum Ovids siehe M. Citroni 431–

3. 20 Vitr. 5 praef. 1– 21 Val. Max.praef. p. 1 Kempf. 22 So gliedert Valerius Maximus

seine facta et dicta systematisch nach Oberbegriffen, die annähernd die Qualität eines Inhaltsverzeichnisses erreichen, Gellius gibt eine Übersicht ausführlicher Kapitelüberschriften undPlinius d.Ä. stellt seiner naturalis historia ein ausführliches Inhaltsverzeichnis voraus undfügtjedem Buch als weitere Orientierungshilfe sogar einQuellenverzeichnis hinzu. Siehe hierzu G.B. Conte, Genres andReaders, Baltimore / London 1994,67– 104. Conte sieht inderausgeklügelten Organisation desMaterials undderumfänglichen numerisch präzisen Präsentation derQuellen eine Folge zweier prinzipieller Wahrnehmungen: des Selbstverständnisses aufdemHöhepunkt einer kulturellen Entwicklung zustehen undderFurcht angesichts derriesigen Menge desüberlieferten Materials dieÜbersicht zuverlieren.

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als Voraussetzung fürdieRezeption vonGeschichtsschreibung

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sationsliteratur befriedigt wird, sindhier zweiTendenzen indenunsgreifbaren Reflexionen über dasLeserverhalten erkennbar. Eine mögliche Formdersinnvollen Bewältigung ist eine Strategie derstrikten Selektion, des Vertrauens auf denKanon etablierter undanerkanntermaßen nützlicher Autoren. So rät etwa Seneca entschieden zurLektüre derauctores probati undfügt, dadasLesen ansichnatürlich positiv bewertet wird, alsEmpfehlung jenes berühmte multum, nonmulta hinzu, das denAdressaten Lucilius undmit ihmalle Leser der publizierten Briefsammlung auf eine Absage an die sinnentleerte Vielleserei, jene studiosa luxuria einschwören soll, die Seneca als Zeichen desmoralischen Verfalls undWerteverlusts interpretiert.23 Die zweite Möglichkeit derLeserreaktion besteht in derForderung nach einer möglichst umfassenden, auch scheinbar triviale undabseits gelegene Autoren berücksichtigenden Lektüre. Ein extremes Beispiel hierfür bietet der ältere Plinius, der die Lektüre vonTexten aller Art geradezu als Lebensprogramm proklamiert, weil schließlich kein Werk sounbedeutend sein könne, daßes nicht doch noch etwas Nützliches enthielte (dicere etiam solebat nullum librum esse tammalum, ut nonaliqua parte prodesset).24 Beiden Tendenzen gemeinsam ist das Verständnis von Lektüre als nicht nur intellektueller, sondern nachgerade als moralischer Leistung unddie Propagierung einer vongeistiger Arbeit geprägten Lebensform, diemanalsGelehrtenstilisierung beschreiben kann. Dies ist ein ganz wichtiger Punkt für die weitere Entwicklung unddenStellenwert, denLektüre undgeistige Arbeit inderindividuellen Repräsentation der Oberschicht im Ausgang des 1.Jahrhunderts einnehmen, auf die wir im folgenden noch näher eingehen werden. Alsweiteres Indiz fürdiegewachsene Bedeutung undBreitenwirksamkeit des Bildungsinteresses magdasparodistische Porträt desNeureichen Trimalchio inPetrons Roman dienen. Bildung undkulturelle Ostentation spielen inderentsprechendenEpisode eine zentrale Rolle undreichen vonWandmalereien ausdemtrojaniInterpretation desDargestellten ausdemMunschen Sagenkreis überdie„kundige“ dedesGastgebers, bis hinzudenRechen- undLesekünsten vonTrimalchios puer delicatus.25 Daß Trimalchio sich dabei natürlich bis auf die Knochen blamiert, entspricht dersatirischen Intention desRomans undsetzt zugleich einen Leser voraus derdieses peinliche Scheitern zugoutieren weiß. Gleichwohl belegt derdümmliche Eifer Trimalchios, daß Bildungsgüter über soziale Relevanz verfügen undihnen durchaus derRang eines Statussymbols zugemessen werden darf. Zudieser Entwicklung magauchbeigetragen haben, daßliterarische Kenntnisse undliterarisches Engagement auch imUmfeld deskaiserlichen Hofes, ja in der Repräsentation desKaisers selbst, eine nicht zuunterschätzende Rolle spielen. Dies gilt neben Augustus, vondemandieser Stelle nicht noch einmal eigens gehandelt werden muß, fürTiberius, dersich in seiner Rolle als spitzfindiger Homergelehrter

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4. Zurstudiosa luxuria alshohler Zurschaustellung Besonders eindrücklich Sen. epist. mor.2,2– 9. vonBildungsgütern Sen. tranq. anim. 9,4– Plin. epist. 3,5,10. Petron. 75. Siehe zudiesem Komplex: N.Horsfall, ‚TheUsesof Literacy‘ andtheCenaTrimal209. 89 u. 194– chionis I/II, G&R 36, 1989, 74–

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gefällt und philologische Scherze zum Bestandteil höfischer Gastlichkeit macht26 und, wie vor ihm Augustus, als Bibliotheksstifter hervortritt,27 dies gilt auch für Claudius, dersich alsHistoriker undWissenschaftler inszeniert,28 erst recht fürNero

mitseiner gräcomanen Bildungs- undTheaterleidenschaft,29 undselbst Vespasian, demja immer wieder Bildungsfeindlichkeit unterstellt wurde, richtet im Bereich des Templum Pacis eine neue Bibliothek ein undmacht sich auch sonst umdas

Bildungs- und Schulwesen (öffentliche Bestellung Quintilians als Rhetoriklehrer) verdient. Domitian schließlich knüpft bei aller flavischen Distanzierung von den julisch-claudischen Vorgängern insbesondere vonNero durchaus andiedort geübten Formen derLiteraturförderung an(etwa mitderEinrichtung vonAgonen und derPflege derBibliotheken) undtritt sogar selbst alsLiterat hervor.30 Einganz entscheidender Schritt hinzudenVerhältnissen derhohen Kaiserzeit, in derBildung endgültig als ein dominanter gesellschaftlicher Wert etabliert wird, erfolgt dannausgangs desersten undzuBeginn deszweiten Jahrhunderts. Einen vorzüglichen Einblick in die oberschichtliche Wertewelt dieser Periode geben unsdieSilven desStatius unddieBriefe desjüngeren Plinius. Kennerschaft undkulturelle Kompetenz, Begeisterung fürLiteratur undFreude amintellektuellen Gespräch ‚erlesener Geschmack undBildungeifer sindMerkmale, diedievonStatius in seinen Gelegenheitsgedichten besungenen Patrone ebenso auszeichnen wie dieBriefadressaten desjüngeren Plinius. Beide Autoren werden es nicht müde, die

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30

Suet. Tib. 70,3 2. ZuTiberius’undCaligulas literarischen Interessen siehe: F.R. D.Goodyear, Suet. Tib. 70,1– Tiberius andGaius: their Influence andViews onLiterature, ANRWII 32.1, Berlin / NewYork 610. 1984, 603– Zudenliterarischen Interessen desClaudius siehe A. Momigliano, Claudius, theemperor and 9; E. Huzar, Claudius –theErudite Emperor, ANRWII 32.1., hisachievment, Oxford 19342, 1– 196; 650; R. Papke, Des Kaisers neue Buchstaben, WJA N.F. 12, 1986, 183– 1984, 611– 203: P.L. Schmidt, Claudius M.Billerbeck, Philology attheimperial court, G&R37, 1990, 191– als Schriftsteller, in: DieRegierungszeit desClaudius. Umbruch oder Episode, V.M. Strocka (Hg.), Mainz 1994, 119– 131; J. Malitz, Claudius (FGrHist 276) –derPrinzeps alsGelehrter, in: DieRegierungszeit desClaudius. Umbruch oderEpisode, V.M. Strocka (Hg.), Mainz 1994,133– 144. Gerade die beiden letztgenannten Arbeiten machen deutlich, daßdie wissenschaftliche Arbeit des Claudius sich zwar inhaltlich auf der Höhe seiner Zeit befand, sich aber eher einer rückwärtsgewandten eskapistischen Sinneshaltung verdankt undkeine nachhaltigen Wirkungen auf demliterarischen Markt hinterließ. Mit der Nachricht, Claudius habe die Rezitation seiner griechischsprachigen Werke in Alexandria imRahmen desMuseions angeordnet (Suet. Claud. 42,1), erhalten wirallerdings eine wichtige Nachricht, in welchem Maße Bibliotheken als Mittel zuröffentlichen Repräsentation genutzt werden konnten. ZuNero unddenEntwicklungen derliterarischen Szene in neronischer Zeit: A. Wallace-Ha185; M. Morford, Nero‘s Patronage andParticipation in drill, Suetonius, London 1983, 181– 2031 (Schwerpunkt Patronage undihre Literature andthe Arts, ANRW II 32.3., 1985, 2003– 2024); J.P. Sullivan, Literature andpolitics in the Ageof Institutionen, zudenSpielen 2018– 31und Nero, London 1985, zuNeros eigenen Vorlieben undkünstlerischer Betätigung bes. 26– 40f. Sullivan verweist als eine derAuswirkungen desneronischen Engagements aufdie Blüte des griechischen Epigramms in neronischer Zeit. Offenkundig wardasKlima für griechische Berufspoeten ausgesprochen günstig. Siehe hierzu: K.M. Coleman, The Emperor Domitian andLiterature, ANRW II 32.5, 1986,

3115. 3087–

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als Voraussetzung fürdieRezeption vonGeschichtsschreibung

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entprechenden Qualitäten alsdiehervorstechenden Charaktereigenschaften zurühmen. Da sich die Freundeskreise derbeiden Autoren so gutwienicht überschneiden, darf manaufdieser Grundlage getrost voneiner verbreiteten Konvention gesellschaftlicher Selbstdarstellung sprechen.31 Dies umso mehr, als die literarische Propagierung dieser Eigenschaften und Fähigkeiten denindieser Weise gefeierten besonders amHerzen lag. Fürdiese Annahme spricht schon allein die Editionsgeschichte derstatianischen Silven. Diese Texte, die von Statius meistens im unmittelbaren Umfeld eines Aufenthaltes im Hause desjeweiligen patronus verfaßt unddiesem als Einzelgedicht, als libellus, überreicht worden waren, faßte derAutor zueinem späteren Zeitpunkt noch ingrößere Bucheditionen zusammen, die vonwidmenden Praefationen begleitet waren, in denen katalogartig sämtliche Adressaten unddie Gelegenheiten, zudenen die Texte ursprünglich entstanden waren, aufgeführt wurden. DerGrund fürdiese doppelte Edition, dieaufdenersten Blick keinen rechten Sinnzuergeben scheint, sehe ichindemBedürfnis derAdressaten nacheiner weiterreichenden Außendarstellung ihrer Person, alsdies derokkasionelle libellus leisten konnte. Zudiesem Zweck war eine Buchedition, die ein größeres Publikum erreichen konnte als derokkasionell entstandene libellus, sicherlich das geeignete Medium. Überdies bot die Zusammenstellung imBuchdieMöglichkeit, deneinzelnen Adressaten imKreise anderer Gleichgesinnter unddamit alsTeil einer sozialen Gruppe vorzustellen. Hierin sehe ich einen wichtigen Zweck derZusammenstellung desplinianischen Briefcorpus, das letztendlich ebenfalls aufein ausdenMosaiksteinen individueller Porträts zusammengesetztes Gesamtbild einer gesellschaftlichen Gruppe zielt. Daßin diesem Zusammenhang daskulturelle Interesse nicht dengeringsten Anteil andersozialen Imagebildung einnimmt, liegt nach demzuvor Gesagten meines Erachtens aufder Hand.32 DochPlinius ist nochinanderere Hinsicht einwichtiger Zeuge dieses Entwicklungsschrittes. Ihmist Bildungseifer undKunstbesitz mehrals nurselbstverständlicher Bestandteil oberschichtlichen Lebensstils. Beschäftigung mit Literatur und Kunst gewinnt bei ihmdieDimension historischer Reflexion undSelbstvergewisserung. Ersieht inihrangesichts beschränkter Ruhmesmöglichkeiten aufanderen Feldern, zumal derPolitik, eine Möglichkeit, dievonihmalsschmerzlich empfundene Kluft zurWertewelt derVergangenheit zuüberwinden. AufdemGebiet derstudia isteswenigstens partiell möglich, republikanischen Heldenfiguren wieCicero nachzueifern. Dassinnvolle, d.h. mitkulturellem Engagement, mitSchreiben undLesen gefüllte otium bietet die Möglichkeit zur Tugendbewährung (hier knüpft Plinius deutlich andie moralistischen Vorstellungen Senecas undseines Oheims desälterenPlinius an)undist damit Voraussetzung füreine optimistische Grundstimmung unddie positive Hinwendung zumeigenen Zeitalter unddamit zumAusweg aus einer Sinnkrise.33 Siehe hierzu: P.White, TheFriends ofMartial, Statius andPliny andtheDispersal ofPatronage, 300 HSCP 79, 1975, 265– 32 Diese Ausführungen sehe ich als wichtige Modifikation zu den Ausführungen von P. White, 61. The Presentation andthe Dedication of the Silvae andtheEpigrams, JRS 64, 1974, 40– 33 Siehe zudiesem Komplex H.Krasser, claros colere viros oder überengagierte Bewunderung.

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Mehr noch–dieWelt derstudia ist nicht nurprivater Rückzugsraum undindividuelles Lebensideal, sondern eröffnet zugleich dieChance, als Euerget aufzutreten, Ansehen voreiner breiten Öffentlichkeit zugewinnen undsich als civis zubewähren. In diese Rubrik sind die Stiftung einer öffentlichen Bibliothek in seiner Heimatstadt unddie Maßnahmen zurVerbesserung derdortigen Unterrichtssituation einzuordnen. Durch dieses beneficium, das stark vonder Idee der utitlitas geprägt ist, stellt Plinius sein gesellschaftspolitisches Verantwortungsbewußtsein unterBeweis undvermag zudem seine persönlichen Interessen gesellschaftlich zupropagieren undzulegitimieren.34 Daßdiese ArtvonSchenkungen, wennauchnicht in gleicher Weise beliebt wieandere euergetische AktewieetwadieStiftung vonSpielenetc. durchaus aufgesellschaftliche Akzeptanz hoffen konnten, belegen zahlreiche Bibliotheksstiftungen austrajanischer Zeit undnicht zuletzt diederBibliotheca Ulpia. Trajans Maßnahme, eine große zweisprachige Bibliothek zueinem zentralen Bestandteil seines großangelegten Projektes urbanistischer Umgestaltung derHauptstadt zumachen, durch dasRomeinen neuen administrativen undfunktionalen Mittelpunkt erhalten sollte, eröffnet eine völlig neue Dimension.35 Betrachtet mandie einzelnen Bauteile unddiearchitektonischen Modelle derGesamtanlage, dieeinerseits das Augustusforum, andererseits ein kaiserzeitliches Legionslager zitiert so läßt sich unschwer dasProgramm undderAppellcharakter desBaukomplexes erschließen. Die Basilica Ulpia, die als Zentrum derRechtsprechung fungieren soll, die Portiken unddie Trajanssäule, die in ihrem Reliefschmuck die erfolgreichen Dakerkriege darstellen, unddiegriechisch-lateinische Doppelbibliothek vereinen in sich alle Elemente, die dasImperium als Einheit konstituieren: Kaiser, Rechtswesen, Militär undBildung. Bezieht mandie umliegenden Mercati Traianei noch in dieGesamtkonzeption ein, solassen sichdiegenannten Bereiche sogar nochumdas Element des Handels ergänzen, der mit Sicherheit auch –mandenke nuran die lebhaften Schilderungen vonRomalsHandelszentrum in derRomrede desAelius Aristides –eine wichtige Brückenfunktion imBau des Imperiums hatte. Bildung wirdhier zumzentralen Bestandteil imperialer Sinnstiftung erklärt. Daßdiein den Bibliotheken gegenwärtigen Bildungsgüter dabei nicht den geringsten Rang einnahmen, sondern ins Zentrum derAussage gehören belegen eindrucksvoll Münzemissionen, dieanstelle derinWirklichkeit dieSpitze derSäule krönenenden Statue desImperators einBildnis derEule derMinerva zeigen.36 Diese Form kaiserlicher Kulturpolitik, die unter Hadrian unddenAntoninen ungebrochen weiterläuft, wobei Elemente oberschichtlichen Bildungseifers in die

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71 undders., extremos ZumSelbstverständnis desjüngeren Plinius, Philologus 137, 1993, 62– pudeat rediisse –Plinius imWettstreit mitderVergangenheit. ZuVergilzitaten beimjüngeren Plinius, AuA 39, 1993, 144–154. 385. Siehe hierzu: J. Niclas, Pliny andthePatronage of Communities, Hermes 108, 1980, 365– ZumTrajansforum generell: P. Zanker, DasTrajansforum alsMonument imperialer Selbstdar544; S. Settis, A. La Regina, G. Agosti, V Farinella, La Colonna stellung, AA 85, 1970, 499– Traiana, Turin 1988. ZumOublikum der Anlage: B. Fehr, Das Militär als Leitbild. Politische Funktion undgruppenspezifische Wahrnehmung des Traiansforums undder Traianssäule, Hephaistos 7, 1985. Siehe hierzu Zanker wieAnm.38.

Lesekultur

alsVoraussetzung fürdieRezeption vonGeschichtsschreibung

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kaiserliche Selbstdarstellung integriert werden, mandenke nurandieVilla HadrianaunddenBriefwechsel derPrinzen MarcAurel undLucius Verus mitihrem Lehrmeister Fronto, unddersich aufdemWege derStatusimitation ausbreitende oberschichtliche Wertekanon waren inderFolgezeit dieentscheidenden Triebfedern für dieDurchsetzung eines bildungsorientierten Lebensideals alseines weithin akzeptierten gesellschaftlichen Modells.

III.

WennwirnunnachdemStellenwert derHistoriographie innerhalb dieses Modells imzweiten Jahrhundert fragen, möchte ich noch einmal zurgellianischen Buchhandlungsszene vomBeginn meines Vortrags zurückkehren. DieDebatte, diesich dort zwischen Sulpicius Apollinaris unddemunbekannten Sallustleser entzündet, bezieht sich, wiewirimfolgenden erfahren, keineswegs aufeinen historischen Irrtumoderdiestrittige Analyse einer historischen Situation, sondern thematisiert eine Frage desWortgebrauchs. Apollinaris fragt denkundigen Interpreten, derdasMark Sallusts in sich aufgesogen hat, wie Gellius Sulpicius spöttisch formulieren läßt, nach dersemantischen Differenz derBegriffe stolidior undvanior, die Sallust im vierten Buch derHistorien beiderCharakterisierung desLentulus verwendet. Es wäre nunallerdings völlig falsch zuvermuten, Geschichtsschreibung habe

lediglich imKontext archaistischer Sprachbetrachtung undetymologischer Philologengelehrsamkeit eineRolle gespielt, wenngleich dieBevorzugung derLektüre von Autoren wieCato, Claudius Quadrigarius undSallust mitSicherheit indiesem Horizont betrachtet werden muß.37 WennwirdieNoctes Atticae desGellius, derselbst wohleherimzweiten Glied des Kulturbetriebs der Antoninenzeit stand undgerade deshalb ein äußerst repräsentativer Zeitzeuge ist, auchimweiteren alsQuelle heranziehen, sokannmangenerell feststellen, daßdasInteresse anhistorischer Lektüre auchdort, woesüberdie Fragestellungen vonLexik, Semantik undEtymologie hinausgeht, vondenAnforderungen deroben beschriebenen Gesprächskultur determiniert wird. Sicheres historisches Faktenwissen unddieunterhaltende historische Anekdote, dasWundersameunddasStaunenswerte sindgefragt. Geschichte als Kombination ausUnterhaltung undWissen ist als Konzeption nicht neu. DaßGeschichte schon allein durch ihren spannenden Stoffen zufesseln wisse, sagen bereits Vitruv38 undCicero39, derin einem literatursoziologisch interessanten Zeugnis mitdiesem Sachverhalt dasInteresse deropifices, derHandwerker, andieser literarischen Gattung begründet.40 Werke wiedieAegyptiaca Apions, der in tiberianischer Zeit schrieb, vielleicht auch die Reiseschriftstellerei des mit 191. 37 Zudiesem Aspekt siehe Holford-Strevens 178– 38 Vitr. praef. 5,1. 39 VonInteresse isthier v.a. derLucceius-Brief (Cic. fam.5,12). ZuCiceros Verhältnis zurHisto276, sowie M.Fleck, Cicero als rie: K.E. Petzold, Cicero unddieHistorie, Chiron 2, 1972, 253– Historiker, Beitr. z. Altertumskunde 39, Stuttgart 1993. 52. 40 Cic. fin. 5,51–

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demälteren Plinius befreundeten Licinius Mucianus markieren dieFortdauer dieses Interesses imersten Jahrhundert. Modelle fürdieBestrebungen, historisches Faktenwissen in überschaubarer Form zugänglich zumachen, finden sich ebenfalls in derLiteratur desersten nachchristlichen Jahrhunderts. Bereits diehistorischen Abrisse eines Pompeius Trogus oder Velleius Paterculus dienen eher derVermittlung eines historischen Überblicks denn als Geschichtsanalyse. Erst recht gilt dies für Formen dersegmentierten undanwenderorientierten Geschichtsaufbereitung imStile derExempelsammlung desValerius Maximus. Neben derPräsentation historischer Stoffe imRahmen derMiscellanschriftstellerei möchte ichdaher vorallem aufFlorus, der das livianische Geschichtswerk auf vier Bücher kondensiert undPhlegon vonThralles einen Freigelassenen Hadrians, derin seinen Olympiades auch eine ganze Reihe vonθ μ ά α σ υ ια einflicht, als typische Repräsentanten einer konversationsrelevanten historischen Schriftstellerei imzweiten Jahrhundert verweisen. Ziel entsprechender Lektüre ist es deshalb, in keinem Wissensgebiet rudis et ἀ ή κ ο ν ο ς , unbeleckt undungebildet, zuerscheinen, dies diegellianische Begründung fürumfangreiche Zitate aus griechischer Mirabilienliteratur.41 Die Gefahr, im Gespräch mit peinlichen Irrtümern Anstoß zuerregen, ist auch derGrund für denknappen Überblick über die römische Geschichte seit demzweiten punischen Krieg: ne in sermonibus forte inconspectum aliquid super aetate atque vita clariorum hominum temere diceremus.42 DasInteresse giltdabei mehrdenPersonen alsdemhistorischen Verlauf. Grundhaltung gegenüber derGeschichte ist dieBewunderung fürdieVergangenheit. Allerdings dient diese Bewunderung in keiner Weise derProblematisierung derGegenwart, sie ist frei vonjenem Verlustgefühl, das für Autoren wie denjüngeren Plinius so signifikant ist. Es bedarf weder derKlage noch derKompensation. Die Gegenwart wird als die folgerichtige undpositive Fortsetzung der Vergangeheit verstanden. Sobietet derhistorische Abriß derLuxusgesetzgebung, denGellius gibt, demAutor auchkeinerlei Anlaß zurZeitklage, wiedies in derrömischen Literatur vonLucilius bisLukan gangundgäbewar,dieGesetze sindihmlediglich Nachweis bewundernswerter altväterlicher Tugend.43 Cato undScipio, Fabricius undRegulus, dieIkonen moralistischer Geschichtsbetrachtung, sindihmaltvertrauter historischer Besitz, sind nicht Negativfolie, aufderdermoralische Verfall beklagt wird, vielmehr erscheinen sie als altehrwürdige Modelle einer besseren Gegenwart. Mit ihrer Tugendhaftigkeit undSittenstrenge sind sie Gründerväter derjetzigen Größe desImperiums. Siereizen nicht zurkritisch reflektierenden Auseinandersetzung mit demGang der Geschichte, sondern sind dank der Dignität ihres schieren Alters bestaunenenswerte Sinnbilder dereigenen Vergangenheit undhaben fürdie Gegenwart bestenfalls Exempelcharakter. Geschichte ist hier nicht Spiegel der Gegenwart, daes andieser ohnehin nichts auszusetzen gibt, sondern eine zurBegeisterung einladende Schatzkammer desAltertümlichen, Bewundernswerten undInteressanten, die ihren Sinn in derBeglaubigung desSelbstverständlichen hat. 41 Gell. 9,4,5. 42 Gell. 17,21. 43 Gell. 2,24; 15,8.

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als Voraussetzung fürdieRezeption vonGeschichtsschreibung

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Die Vorliebe fürdasExempel in Verbindung mitdemInteresse amAnekdotischen, amWundersamen undStaunenswerten erklärt darüberhinaus vielleicht auch dieTatsache, daßdieBiographie imzweiten Jahrhundert repräsentiert durch Sueton unddenleider kaummehrfaßbaren Marius Maximus zueiner wichtigen, wennnicht derwichtigsten Form derHistoriographie wird. Meinen Vortrag möchte ich deshalb miteiner Anekdote ausSuetons Augustusbiographie schließen: Sueton führt dort folgendes aus:44 Infanti cognomen Thurino inditum est, inmemoriam maiorum originis, velquod regione Thurina recens eonatopater Octavius adversus fugitivos remprospere gesserat. Thurinum cognominatum satis certa probatione tradiderim nactus puerilem imagunculam eius aeream veterem ferreis et paene iam exolescentibus litteris hoc nomine inscriptam, quae dono a meprincipi data inter cubiculi Lares colitur.

DieFreude andergleichsam Materie gewordenen Geschichte, dieVorstellung vonGeschichte als Geschenk andieGegenwart, ihre Fortwirkung als innig bewundertes Exempel unddieFreude amantiquarischen Fundsindeinideales Sinnbild für dieBewußtseinslage des2. Jhdts. So betrachtet sind auch archaistische Sprachbetrachtung undHistoriographie alsFormen historischer Schatzgräberei lediglich zwei Seiten derselben Medaille.

44 Suet. Aug. 7.

Thomas A. Schmitz (Kiel)

Performing History in the Second Sophistic Among themanyaspects ofcultural life intheRoman Empire, theSecond Sophistic is certainly oneof themost striking. A sophistic declamation wasamong themost powerful public events that could be witnessed in a Greek city of theAntonine era.

Philostratus’s Lives of the Sophists,1 written probably in the middle of the third century, gives a fairly clear picture of howthese displays of rhetorical virtuosity functioned. A sophist traveled fromcity tocity, performing before dazzled crowds that were in some cases madeupof several thousand people.2 A large train of baggage-animals, horses, slaves andpacks of dogswould accompany him. Hehimself would ride on a sumptuous chariot with silver-mounted bridles, or he would be carried ina luxurious litter, bedecked withexpensive jewelry andelegant garments.3 Crowds in the cities appreciated these extravagant appearances: whenthe famous Clay-Plato”appeared in Athens, his audisophist Alexander who was nicknamed “ ence wasso impressed byhiselegance that they uttered a lowmurmur of approval evenbefore hebegan to speak.4 Theensuing display of eloquence generally consisted of twoparts. Atfirst, the speaker would pronounce a shorter introductory speech (sometimes referred to as inmodern scholarship, butthetermisnotusedintheancient texts), which ρ λ ο α ιά λ π

Mythanks aredueto Martin Zimmermann forthepatience andcare in theorganization of the colloquium in honor of Prof. Petzold, to all those whoparticipated in the lively discussion after I delivered this paper, and, last notleast, toChristopher Jones, whoread anearlier version and

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mademany helpful suggestions.

Onthedifficult problem of thenumber ofauthors named Philostratus andtheattribution of their different works see G. Anderson, Philostratus. Biography andBelles Lettres in the Third Cen6 (on the Lives of the Sophists, hereafter VS, in general see 1– tury A. D. (London 1986) 291– 120), S. Rothe, Kommentar zuausgewählten Sophistenviten desPhilostratos. Die Lehrstuhlin5 andJ.-J. Flinterman, Power, Paideia, andPyhaber inAthen undRom(Heidelberg 1989) 1– thagoreanism. Greek Identity, Conceptions of theRelationship between Philosophers andMonarchs andPolitical Ideas in Philostratus’Life of Apollonius (Dutch Monographs onAncient 14. History andArchaeology 13, Amsterdam 1995) 5– somany (“ π ω ν δ ρ ιά ε ςἀνθρώ υ τ α ιμ ῦ Forthenumber oflisteners, seeDioChrysostom 32.2 τοσα 2; cf. B. P. Rear), 32.20, Epictetus 3.23.19, 35, Aristides 51.31– tens of thousands of people” don, Courants littéraires grecs des IIe et IIIe siècles après J.-C. (Annales littéraires de 96; L. Pernot, La Rhétorique del’éloge dans le monde l’Université deNantes 3, Paris 1971) 93– gréco-romain, 2 vols (Collection desÉtudes Augustiniennes, série antique 137, 138, Paris 1993) 6 andmyBildung undMacht. Zursozialen undpolitischen Funktion derzweiten Sophistik 445– 1.Inhisreview of my indergriechischen WeltderKaiserzeit (Zetemata 97, Munich 1997) 160– book(BMCR 1998.6.18), H.-G. Nesselrath rightly cautions against accepting thesophists’claims about thesize of their audiences at face value. See Philostratus VS 1.25; 532, 1.25; 537, 2.10; 587; cf. Epictetus 3.23.35. Philostratus VS2.5; 572.

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THOMAS

A. SCHMITZ

often included praise for the city in which he was speaking.5 After this, the real showpiece would follow, the so-called μ ελ η . A number of these declamations έτ wason mythological or imaginary themes, such as Dio Chrysostom’s preserved speech “ Troy wasnever captured”(or. 11Τ ρ ω ικ ὸ ςὑ ρτ π ὲ ο ῦἼλ ιο μ ὴ ν ἁ λ ῶ ν α ι) or Alexander’s speech that urged theScythians toreturn totheir nomadic life (Philostratus, VS2.5; 572 ὁ τ ο ὺ ςΣ κ ύ θ α ςἐπ γ α ω ν ά ν ἐ ςτ ρ ὴ ν ο π τ α έρ ν π η λ ). Thefictionν ά ν allegal pleas thatweresopopular withLatin declaimers andaudiences (asis shown bytheelder Seneca’s collection of suasoriae andcontrouersiae) playa less important role in the Greek part of the Empire, butPhilostratus hassome examples. A μ ελ έ ηdelivered by Antiochus comprised a plea for a eunuch whohadkilled a τ tyrant after his abdication (Philostratus VS 2.4; 569 τ ρ ύ α ν ν ο νκα τ α θ εν έμ ο ντ ὴ ν ῷ ὴ ἐκ νἐπ ρ λ χ ελ ὶτ ἀ ύ θ σ α ιἀ π έκ τ ειν έτ ιςεὐνοῦ χ ο ᾽α ὐ τ ςὑ ν ο ῦγεγο π ὼ ςκ α ὶ γ ό ε ν ρτ ῖτ ο α υ .).6 However, by far themost important class of μ ο ιὑ ῦφ ἀ π ο λ π ο ὲ ε λ έτ α ιwerehistorical declamations inwhich thespeaker impersonated a well-known figure of classical Greek history. Oursources preserve a number of examples of such speeches; I will quote only a fewof them. Aristides declaimed onthe topic “ Demosthenes advises theAthenians to mutiny while Alexander is inIndia”(Arisμ ο η νἸν β η δ σ θ ο ο υ λ λ έν ρ ῖςὄν ε ύ εξ ε ο υ[...] ἐ ς ιΔ tides 50.18 K Ἀ μ δ ο ά ν τ υ ςσ μ ); Hippodromus ofLarissa impersonated Demades who, α ιν σ γ ά ρ ιτ ο θ ῖςπ α έσ ιθ ἐπ in the same historical situation, discouraged theAthenians from revolting (Philosμ η ά η φ ςὁμ ὴ δ ρ ίσ γ Δ ῶ χ τ α ν ἀ ω θ σ α ξ υ ιἈ λ εξ ρ ο υ ἐ Ἰν ν δ ν ο δ ά ῖς tratus VS2.27; 620 ὁ ). A pair of speeches of Polemo has been preserved: two fathers of heroic ο τ ν ς ὄ Athenian warriors whohavebeenkilled inthebattle ofMarathon quarrel about who should beallowed topronounce thefuneral oration forthedead.7 Notonly were the orators expected totake into account thehistorical details of thesituation aswell as thecharacter andtheemotions of thefigure they wererepresenting, they also hadto imitate the language that wasspoken in the classical period, half a millennium ago. They had to employ long obsolete forms and they had to be careful to use only words that were attested in classical authors. The Ars rhetorica which has been Concerning style, I transmitted under thenameof Aristides states unequivocally: “

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Onthese introductions see H.-G. Nesselrath, “Lucian’s Introductions,”in D. A. Russell (ed.), 3; D. A. Russell, Greek Declamation (Cam140, 111– Antonine Literature (Oxford 1990) 111– 68 andG. Anderson, TheSecond 9; Pernot, Rhétorique (asinn.2) 557– bridge [Engl.] 1983) 77– 5. Sophistic. A Cultural Phenomenon in theRoman Empire (London 1993) 53– Most historians have disparaged the numerous speeches about tyrants andtheir crimes in the Herodes Atticus andthe second sophistic as mere rhetoric showpieces, butN. M. Kennell, “ 62, 356rightly reminds usthat“Greek tyranny inthe Rhetoric ofTyranny,”CPh92 (1997) 346– Roman Empire wasnota mere rhetorical fiction. It wasa rhetorical andcultural reality.” The Onthese declamations, see further Russell, Declamation (as in n. 5), G. A. Kennedy, “ Sophists as Declaimers,”in G. W. Bowersock (ed.), Approaches to the Second Sophistic. Papers Presented at the105th Annual Meeting of TheAmerican Philological Association (Univer22, P. Desideri, “Filostrato: la contemporaneità delpassato greco,”in sity Park, PA, 1974) 17– F. Gascó/E. Falque (eds.), El Pasado renacido. Usoy abuso de la tradición clasica (Seville 61, W.W.Reader, TheSevered HandandtheUpright Corpse. TheDeclama70, 59– 1992) 55– tions of Marcus Antonius Polemo (Atlanta 1995), S. Swain, Hellenism andEmpire. Language, 6 andSchmitz, Bil250 (Oxford 1996) 92– Classicism, andPower in the Greek World AD50– 205. dung (as in n. 2) 198–

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wantto emphasize that youshould useneither verbs nornouns except those in the [classical] books”(π η ρ ν ὶδ ε ε ία ὲἑρμ ςτοσοῦ τ ο νἂ ή τ νεἴπ εὀνόμ ιμ ο ιμ α ή τ τ ιμ ε θ α ιἄ λ λ ο ιςπ μ α τ ιχρῆσ ὴ ντ λ λ ο ίω ῖςἐ ῥ ή ιβ ν[...]; 2.78; p. 103.18–104.4 κτ ῶ νβ Schmid). Furthermore, the speeches were supposed to be extemporized, not prepared inadvance orlearnt byheart. Theancient sources tell usthat several sophists merely pretended tobeimprovising. WhenPhilagrus wasinAthens, hedeclaimed a speech that he hadalready published in written form (whereupon the students of Herodes Atticus who were attending his performance began reading out the text aloud andthusembarrassed thesophist).8 Rhetorical handbooks taught strategies on howonecould pretend tobeextemporizing.9 It is impossible to assess to whatextent sophists bypassed the difficulties of their formidable task by employing such tricks, yetthere canbenodoubt thatinthejudgment oftheir contemporaries, extemporaneous speeches (τ ὸθ ε ε ίω ιν , asPhilostratus called them) were most valςλ έγ ued.10 Accordingly, it wasatleast assumed thatthesophist would beextemporizing. It will perhaps be easier to understand the constraints that these speakers hadto undergo if wetranspose these rules to ourowntime. A modern sophist would have to improvise a speech ona topic suchas“Thomas More disapproves of thepolitics of Henry VIII.”Hewould have tobecareful to attend toevery historical detail and touseonly words andforms paralleled intheworks of a handful of sixteenth-century authors (Thomas More himself being among them). Hisaudience would expect himtocommand a widerange of topics of Renaissance English history; they would propose onesuchtopic onwhich hewould improvise after a fewminutes of meditation. Moreover, many members of the audience were quite familiar with the rules andpitfalls of sophistic declamations because they were themselves sophists, teachers or students of rhetoric. These people were not moved by friendly feelings to40 a) gives a vivid account of wards the speaker: Plutarch (De audiendo 5; 39 d– these envious listeners whoarewaiting for anoccasion to belittle andridicule the sophist. After thedeclamation proper, these critics would cross-examine the speaker on points of vocabulary, grammar, or style; a long andsometimes contentious discussion would ensue.11 Itisobvious thatextemporizing a longspeech under these circumstances wasa most difficult exploit, andPolemo is hardly exaggerating when helikens the sophist’s stage fright to thegladiator’s fear of death (Philostratus, VS 1.25; 541; quoted below). These sophistic declamations have longbeenanembarrassment forliterary and cultural history. Whywould brilliant orators waste their time andtheir skills on such

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80; cf. W. Ameling, Herodes Atticus, 2 vols (Subsidia Epigraphica Philostratus, VS2.8; 579– 81. 3 andRussell, Declamation (as inn. 5) 80– 11, Hildesheim 1983) 1.132– 8 Sp.; Anonymus 4 Rabe; cf. Alexander, Fig. 1.2; p. 3.14.6– Ps.-Hermogenes Meth. 17; p. 433– 3 Rabe andTi16 Sp.); ps.-Hermogenes Inv. 4.3; p. 180.1– Seguerianus Ars 97 (p. 12.369.15– 4 andSchmitz, 30 Sp.; further Pernot, Rhétorique (as in n. 2) 433– berius Fig. 17; p. 3.66.29– 3. Bildung (as in n. 2) 120– Philostratus VS1.18; 509. Cf. W. Schmid, DerAtticismus inseinen Hauptvertretern vonDiony8, 1897) 1.36– sius von Halikarnass bis auf den zweiten Philostratus, 5 vols (Stuttgart 1887– Rothe, Kommentar (as in n. 1) 51. 27. See Schmitz, Bildung (as in n. 2) 114–

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frivolous andhackneyed exercises? Whywould audiences want to listen to these lucubrations that were so “ profoundly uninterested in the realities of here and now” ?12Dowehave to assume that a whole society wasinfatuated with the ivory tower andreveled innostalgia forthepast? Forobvious reasons, this interpretation is not satisfactory. In this paper, I will therefore propose a newapproach to this strange cultural phenomenon andtry to understand the sophistic declamations as performances. Until now, in thestudy of Greek literature, theconcept of performance hasmostly beenusedforstudying Greek drama andarchaic poetry. However, during the last decades, thenotions of performance andperformativity have drawn ever-increasing attention in contemporary cultural studies andhave provided new frames of reference for looking at texts andother cultural products. This newapproach has been described as being situated at “ the oblique intersection between performativity andtheloose cluster of theatrical practices, relations andtraditions 13Asthis definition implies, thenewperformance studies known as performance.” take their cues from twodifferent domains. Onthe onehand, there is a long tradition of performance criticism in the field of theater andart, especially for modern and postmodern performance artwhere theartifact is precisely theperformance, often involving the artists’bodies. Onthe other hand, performativity is a concept developed by the British philosopher John Austin. In a series of lectures delivered at Harvard University in 1955 andpublished posthumously asHowToDo Things with Words,14 Austin distinguished between constative andperformative utterances. Philosophy hadlong considered theconstative useof language asthenorm: language makes statements about extralinguistic reality that are either true or false. In his work, Austin considers a setoflinguistic utterances thatescape this dichotomy. The sentence “ I pronounce youhusband andwife”is neither true norfalse; instead, it performs ortries to perform anaction. Hence, it canbe successful orunsuccessful, or, asAustin labeled it, felicitous orinfelicitous. Whether thesentence succeeds or notdepends onthecontext of itsutterance. Spoken bya minister toa couple, during aceremony ina church, these words havea goodchance ofbeing felicitous; inother circumstances, they will probably misfire. Recent studies have shown newways of combining the theatrical andthe linguistic aspect of performativity.15 Perhaps themostexciting workhasbeen done in

8, 295; cf. Reardon, 12 B. E. Perry, “Literature in the Second Century,”CJ 50 (1954/55) 295– Elio Aristides: historias griegas paratiempos romanos,”in Courants (asinn.2) 76, F. Gascó, “ 54, 44 orS. Nicosia, “ La Seconda Sofistica,”inG. CamGascó/Falque, Pasado (as in n. 7) 39– biano/L. Canfora/D. Lanza (eds.), LoSpazio letterario della Grecia antica, vol. 1,part3 (Rome 116, 93. 1994) 85– 13 A.Parker/E. K. Sedgwick, “Introduction: Performativity andPerformance,”inA.Parker/E. K. 18, 1. Sedgwick (eds.), Performativity andPerformance (NewYork 1995) 1– 14 J. L. Austin, HowtoDo Things with Words. The William James Lectures Delivered at Harvard University in 1955 (2nd ed., Oxford 1975). 15 I quote just a fewexamples which seemespecially interesting: Parker/Sedgwick, Performativity (as inn. 13), P. Phelan, Unmarked. ThePolitics of Performance (NewYork 1993) (onperformanceincontemporary art), E.Diamond (ed.), Performance andCultural Politics (London 1996), BeM. A. Carlson, Performance. A Critical Introduction (London 1996) andK. W.Benston, “ ingThere: Performance as Mise-en-Scène, Abscene, Obscene, andOther Scene,”PMLA 107 (1992) 434– 49 (the introduction to a whole issue of PMLAdedicated to performance).

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the field of queer theory. Judith Butler, for instance, has shown that gender should

beregarded assomething which weneither “have”nor“are,”butwhich weproduce

Such acts, gestures, enactments, generally conthrough ourvery acts andwords. “ strued, areperformative inthesense that theessence oridentity that they otherwise purport to express arefabrications manufactured andsustained through corporeal 16Totheextent thatsuchperformatives aresocial signs andother discursive means.” audience” of theappropriateness of our constructions, they involve convincing an“ gender roles; hence, they canbe felicitous orinfelicitous. Inthispaper, I propose toviewthesophistic declamations asperformances. The short description given above shows the obvious affinities between the sophists’ appearance andtheatrical practices. Notonly were declamations sometimes produced in theaters,17 being a sophist entailed the creation of a public persona in a histrionic display. For this creation to be convincing, it hadto be accompanied by constant self-fashioning. In herbrilliant contribution to the study of thesecond sophistic, MaudGleason hasshown that this self-fashioning involved theentire body of the sophist. Hisbody became a reflection of social values such as status, education, andgender-roles.18 Contemporary texts showthattheancients werewellaware of this theatrical aspect. Plutarch, e.g., advises a young man who wants to be a politician that he will have to live his whole life as it were on stage, andthat accordingly, he will have to be careful to model and fashion himself.19 Of course, in the face-to-face society of an ancient city, this wastrue for all members of the social élite, butsophistic declamations concentrated andintensified this aspect of theatricality.

Furthermore, I want to argue that declamations can profitably be studied as performances inthewider sense presented above. Every sophistic declamation was anarrogation of power, andthespeaker hadto make sure that hewould getaway with it, that the audience would subscribe to his authority andaccept thepersona he created. Ourancient sources contain a number of anecdotes which reveal that audiences were sometimes unruly andless than impressed bythe authoritarian persona of the speaker. (And the fact that wemostly learn about the most successful and dazzling sophists only warrants theassumption that such incidents musthave been more frequent than these sources suggest.) This arrogation of power could thus be successful or unsuccessful, andI will attempt to analyze the conditions which determined its felicitousness and the strategies that the sophists deployed in order to ensure their success. I will propose to viewhistory asanimportant partof this arrogation of power. By imitating the language andrhetoric of their classical forebears, classics”in the sophists laid claim to their authority; they were trying to become “

16 J. Butler, Gender Trouble. Feminism andtheSubversion of Identity (New York 1990) 136. 17 See Philostratus, VS2.5; 571. 18 M. W. Gleason, Making Men. Sophists and Self-Representation in Ancient Rome (Princeton 1995); seealso her“ TheSemiotics ofGender: Physiognomy andSelf-Fashioning intheSecond Century A.D.,”in D. M. Halperin/J. J. Winkler/F. I. Zeitlin (eds.), Before Sexuality. TheCon415. struction of Erotic Experience in theAncient Greek World (Princeton 1990) 389– ῳ μ ῳ τ έν ὸλοιπ επ 19 Plutarch, Praecepta ger. reip. 4; 800 b: α τ α ὸ νἀναπ ρ ὐ τ τ εά ὸ ρἐ νθ π ςδ σ ᾽ὥ ε β ιω σ μ ό εν ο ςἐξά κ ρ . σ ό ν π ε ο ικ ιτ α μ ε ὸ ὶκα τ ν τ α κ ό σ

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their ownright. Butsophists were notmerely drawing uponhistory asa preexisting source of power, they were performatively producing this power byendowing history with authority. I will thus argue that the sophistic displays were an important mechanism forthecreation ofa meaningful pastwhich wecall “ history.” If weview the Second Sophistic in this context, wewill understand whyits practitioners enjoyed suchlong lasting andwidespread popularity. Sophists werenotliving intotal isolation fromthesociety that surrounded them; rather, they were fulfilling important political andsocietal functions in their world. One last methodological caveat: it should be evident that the term “performance”is less anontological than a functional concept. It makes little sense to ask whether thesophistic declamations “ really were” performances ornot. AllI wantto claim is that they canbe described tofunction asperformances, that performativity is animportant aspect of them. Asis well known, Austin himself collapsed theneat distinction between constative andperformative utterances at the endof his lectures.20 Whenweanalyze sophistic declamations asperformances, weareabstractingfromthefull phenomenon andlooking atoneofitscharacteristics attheexpense of many other dimensions. Ultimately, this reduction can only bejustified by the results it entails. I hope mydiscussion will show the rich possibilities of this heuristic means.

ThePower of Discourse

Theheading of this first partofmypaper is somewhat ambivalent: whatdoes“power of discourse”mean? Is it the discourse that somehow wields power? Or does somebody exercise power bymeans ofdiscourse? Whogetstoappropriate thispower, andhowdoesthis person gainandretain it?These aresomeof thequestions that I wantto answer inthefollowing section. Looking at a sophistic performance as a whole, wecan see that it allowed an individual to command animmense amount of discursive power. Thedeclamation produced a position in which the sophist would speak before a huge silent crowd, captivating it by his rhetorical virtuosity; it created a stage on which the sophist could enact his superior education andrhetorical skill. Ourancient sources show that the sophists hada vivid perception of this “intoxicating sense of power that 21Philostratus tells usthat surged through theperformer ashemastered thecrowd.” Polemo felt superior to cities, notinferior to emperors andequal to thegods; when headdressed anaudience inAthens, hedidnotcompliment thepublic (aswasusual), butinstead gave a provocative display of his self-confidence: “People saythat (VS 1.25; 535: youAthenians are accomplished judges of oratory. I will find out” σ α α τ ν , δυν ο χ ς ὔ ο ρ λ ὲ ν ἀ ,ὡ ό ε π ὸ τ ο ῦ π ν ςπ σ ιμ ω ρδ λ έμ ο ὴ ιὁΠ γ τ ο ὰ ὕ τ ω ρ ω ν ὑ π έρφ ιγ ὖγ ι. [...] ε α θ εσ ο λ ὸτ ῦ έγ π ἴσ υδια ο ῖςδ ὲἀ ε ο ,θ υ ο έν φ ειμ ὴ ὑ α ο ῦμ τ ῖςδ ὸτ π ὲἀ 20

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Furthermore, ingeneral thelocutionary as muchas theillocuAustin, Doing (as in n. 14) 147: “ tionary is anabstraction only: every genuine speech-act is both.” 6. See also Schmitz, Bildung (as in n. 2) 209–14. Gleason, Making (as in n. 18) xx, cf. 25–

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ύ η ν α σ ίω ν ώ σ κ ω νὅ νφ ε ιτ τ ιςἐπ ὰ ςἈθ ὴμ ᾶ ικ ό π λ τ ε ρ ἢ λ ινχ ο ἐπ ν α ίρ ε ινδιελέχ η θ α η σ μ ν α ὶν ᾶ ῖο ὑ θ ς ,ὦ ι, σοφ Ἀ ὧ δ ο ε·φ ὺ ςεἶν α ιἀ ρ ο κ α τ ὰ ςλόγ ω νεἴσ μ α ι.). ο Most of the well-known sophists came from very distinguished andwealthy · families; some hadpolitical careers that took them to the highest political offices, up totheconsulship, aswasthecase forHerodes Atticus andAntipater of Hierapolis.22 Hence, these mencould derive their feeling of superiority from many sources. We should also bear in mind that sophists could wield very real political power. On someoccasions, sophists would notrecite fictitious pleas orhistorical declamations, butspeeches onpresent political topics thattried toinfluence their audiences. Thus μ 41) or ό ν ο ια ) (or. 38– DioChrysostom delivered speeches ontheneedforunity (ὁ 4).23 Greek cities also employed sophists as ambassaon the ideal emperor (or. 1– dors either to other Greek cities or to the Roman authorities.24 Yet the most typical sophistic activity wasthe historical declamation. In this case, the speaker’s authority wasalso produced in andby the context of the communication. Only the fact that there wasa societal convention forsophistic declamations allowed anindividual to emerge as the subject of these utterances, to step forth as a speaker endowed with authority. It is thus this convention which produces the power of discourse; the individual holds this power merely vicariously andfor a limited period of time. Austin’s insistence that theconventionality of a performative is a precondition forits felicitousness hasbeentaken upbylater studies of speech acts. Inhisfamous reading of Austin, Derrida hasdemonstrated that Austin’s concept of conventionality can be expressed as iterability: a speech act can only succeed when it can be repeated, quoted andmisquoted.25 Every single instance evokes thewhole chain of quotations andembodies the authority of the whole tradition. Hence, performance criticism has rightly observed that the authority of the The speech act transcends the mere presence of its utterance. As Butler writes,26 “ illocutionary speech actperforms its deedat themoment of theutterance, andyet to the extent that the moment is ritualized, it is never merely a single moment. The 5; theprosopoSofistica”(as in n. 12) 102– careers of sophists see Nicosia, “ graphical information onthesophists hasbeenconveniently collected byG. W. Bowersock/C. P. Jones, “Appendix II: A Guide totheSophists inPhilostratus’Vitae Sophistarum,”inBower40. sock, Approaches (as in n. 7) 35– The standard account of Dio’s political involvement is C. P. Jones, TheRoman World of Dio Chrysostom (Cambridge, MA, 1978); on this type of sophistic activity see also S. Fein, Die Beziehungen der Kaiser Trajan undHadrian zudenlitterati (Beiträge zurAltertumskunde 26,

22 Onthe political

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2. Stuttgart 1994) 280– AD337) (London 1977) 385 andG. 24 See F. Millar, TheEmperor in the Roman World (31 BC– 6, with the important W. Bowersock, Greek Sophists in theRoman Empire (Oxford 1969) 44– 8. A par59, 32– TheImportance of Sophists,”YCS27 (1982), 29– objections of E. L. Bowie, “ ticular impressive example hasbeen analyzed byJ. Keil, Ein ephesischer Anwalt des3. Jahrhunderts durchreist das Imperium Romanum (SBAW 1956.3, Munich 1956). 25 J. Derrida, Limited Inc (Evanston 1988). Although I accept Derrida’s original deconstruction of speech acts, I donotendorse theconparasitic” authentic”and“ Austin’s distinction between “ sequences hetries todrawfromit, especially inhisreply to Searle’s critique of hisposition. On theacerbic debate between Derrida andSearle seeF. Dosse, Histoire dustructuralisme, vol. 2 6. Le Chant ducygne, 1967 à nosjours (Paris 1992) 54– 51. 26 J. Butler, Excitable Speech. APolitics ofthePerformative (NewYork 1997) 3, cf. 50–

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‘moment’ in ritual is a condensed historicity: it exceeds itself in past andfuture directions, aneffect of prior andfuture invocations that constitute andescape the instance of utterance.”Many speech acts signify this embodiment of accumulated authority byexterior symbols. Ajudge wearing hisrobe signals thathisauthority to pronounce a sentence is derived from thetradition of his office, that he is merely holding thispower asa representative ofthistradition. Hence, I disagree withButler whenshewrites “that a performative ‘works’totheextent that it draws andcovers over theconstitutive conventions bywhich it is mobilized.” 27In fact, manyperformatives donot“ cover over”their conventionality; instead, they highlight andemphasize it to bolster their authority. It could be argued that the lavish staging of sophistic declamations described above is a manner ofemphasizing this historicity. Onthe one hand, it served to highlight thewealth andsocial status of the speaker; on theother hand, itmadehimrecognizable assomebody whowasentitled toseize this conventional authority, totakethefloor andperform before anamazed audience. By these exterior symbols, every speaker manifested hisright toembody thediscursive power that theconvention created. 28The This process can be described as “filling the subject of the utterance.” first person is anempty sign that needs tobedefined bythecontent of themessage andits context. The exterior symbols of tradition andauthority were mechanisms that helped filling this void even before the utterance proper had begun. Yet the sophists were not content with reaping the benefits of this accumulated power of their performances. AsI havementioned above, intheir declamations, theyactually embodied the great figures of the past; at least for the duration of their speeches, they turned into these classical authorities.29 Every sophist hadmanytimes enacted therole ofDemosthenes, hadspoken before KingPhilipp ofMacedonia ortheAthenian assembly.30 It is important to note that in these speeches, the personality of the sophist would completely disappear behind the figure he wasembodying; when he said“ I,” thispronoun referred to,say,Demosthenes, nottohimself. Thisimpression of the sophist giving wayto hisclassical ancestor wasamplified bythearchaizing idiom hespoke. TheAtticist language would only allow himto utter words which hispredecessors hadsanctioned, thus removing himfromthepresent time andmakinghima mere mouthpiece of thepast. It is easy to dismiss this identification with his role as something that every actor senses. However, people intheAntonine eratook it more seriously than most Isocrates” Demosthenes”(IG 3.1129) or“ actors do.Speakers took names such as“ (FD 3.2.98 and L. Robert, Bulletin épigraphique 1949.233), and honorific titles such as“second Homer”werebestowed uponindividuals suchasIulius Nicanor in Athens (IG 22.1069.6; 3788 andEM 13215) or Aelius Paeon (ISideBean 107.10).31 27 Butler, Speech (as in n. 26) 51 (her italics). 2 (the essay “ The 28 For this notion, cf. R. Barthes, TheRustle of Language (Oxford 1986) 131– Discourse of History”wasfirst published in 1967). 3. 29 Cf. Gascó, “Aristides”(as in n. 12) 52– 30 A. Boulanger, Aelius Aristide etla sophistique dans laprovince d’Asie auIIesiècle denotre ère [...] il n’estpas (Bibliothèque desécoles françaises d’Athènes etdeRome 126, Paris 1923) 52: “ desophiste quin’aitjoué maintes fois le personnage deDémosthène.” 31 Another person named Demosthenes occurs in the inscription published by M. Wörrle, Stadt

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ForHerodes Atticus, it wasobviously thegreatest compliment tobecalled “ oneof (viz., orators of the classical canon).32 Wehave to keep in mindjust how the ten” much authority people of the imperial era ascribed to this classical past. As FerSe trata deunpasado quese hace presente deuna nando Gascó rightly remarks,33 “ forma ubicua, explícita, voluntaria. El pasado clásico al querecurren losmiembros delaSegunda Sofística esseleccionado, segmentado, escogido concuidado y terminaconvirtiéndose enalgo másqueenunrecurso literario. Llegó a serunargumento deautoridad conel quese podía reconvenir a alguien, articular procedimientos ex-

presivos, trazar proyectos o presentar modelos artísticos, políticos o sociales.”By embodying figures of the classical past, the sophists appropriated this authority. If weanalyze this as another device of filling theempty subject of theutterance, we observe that a sophist could assert his authority only bybecoming someone else. Sophistic performances, then, created a position that enabled the performer to appropriate andcommandeer thediscursive power of theclassics byassuming analien persona. I have sofaranalyzed thewaysinwhich sophistic performers putthepower of discourse to their use. Now,it is time to look atthereverse of thesituation. Discursive power putconstraints on the performers; these constraints worked on many levels. Even if we subscribe to the negative judgments about sophistic declamations, wecannot butbe impressed by their rhetorical virtuosity. A sophist hadto knowandfollow a huge number of intricate anddifficult rules. A glance atprivate documents (especially letters preserved on papyri) from the imperial era demonstrates that theeveryday language of this period wasquite remote from that of the fifth andfourth centuries BC.34 Accordingly, mastering the Atticist idiom required years of arduous training beginning in early childhood, as a passage in Sextus Empiricus (adv. mathemat. 1.41) shows. Papyri have preserved school exercises that drilled students in the use of the dual number or the optative mode.35 The second

32 33 34 35

undFest imkaiserzeitlichen Kleinasien. Studien zueiner agonistischen Stiftung aus Oinoanda 16; see further Schmitz, Bildung (as in n. 2) 139 with n. 9. On (Vestigia 39, Munich 1988) 4– 87, on Salamis in derZeit nach Sulla,”ZPE 111 (1996) 79– Iulius Nicanor see C. Habicht, “ 26. Thepoet Heraclitus of RhodiaAelius Paeon see Fein, DieBeziehungen (as inn. 23) 118– polis wascalled “ the Homer of medical poetry”(IGRR 3.733 = TAM2.910); cf. J. H.Oliver, 8; E. L. Bo“ The Empress Plotina andthe Sacred Thymelic Synod,”Historia 24 (1975), 125– 70. On 90, 69– wie, “Greek Poetry in theAntonine Age,”inRussell, Literature (as in n. 5), 53– 1990) thephenomenon see further L. Robert, Opera minora selecta, 7 vols (Amsterdam 1969– 4; E. L. Bowie, “Poetry andPoets inAsia andAchaia,”inS. Walker/A. Cameron (eds.), 7.581– TheGreek Renaissance intheRoman Empire. Papers fromtheTenth British Museum Classical 3, W. Ameling, “ L. Flavius Arri205, 202– Colloquium (BICS Suppl. 55, London 1989) 198– 22 andSchmitz, Bildung (as in n. 2) 46 n. 25. anus neos Xenophon,”EA4 (1984) 119– α ν τ α . ῶ ν έκ δ ἕ ν η τ ὸ ὐ ςα ῆ ῷ τ σ ςἙλλά δ ο α η ςκ ὶκαλού τ ὐ ςδ ὲἐπ ο ᾽α ώ σ Philostratus VS2.1; 564 β β ιςἄ ο ά λ λ “ conν ρ α μ α ε ιπ δ ιτ ά δ ν Ἀ τ εκ ω ά τ ικ ῇ δ ν ὲκ α δ ῇ υ ὶλόγ Cf. Lucian, Scyth. 10π α ιδ ε ίᾳ cerning education andeloquence, onecould compare themto thetenAttic orators.” Gascó, “Aristides”(as in n. 12)43. A comparison between the vocabulary andmorphology in private documents of the second 8. century ADandclassical Greek canbe found inSchmitz, Bildung (as in n. 2) 75– See Theon, Progymn. 5; p. 2.101.9–14 Spengel; cf. G. Anlauf, Standard Late Greek oder Attizismus? Eine Studie zumOptativgebrauch im nachklassischen Griechisch (Ph.D. thesis Co-

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century sawa whole industry of rhetorical handbooks andAtticist lexica that catered to the growing demand of people seeking instruction in the correct use of language.36 Onthe level of each performance, this societal emphasis on a certain type of education wasreflected asa series of rules severely restricting whatwasconsidered appropriate language.”This amounts to a kind of censorship that, as performance “ criticism emphasizes, does notmerely regulate whatanindividual canandwill say on certain occasions, but effectively defines “the social domain of speakable dis37Onlywhatfalls inside this domain is perceived asmeaningful andintellicourse.” gible speech at all; outside of it lies the wilderness of the Other: “ To embody the norms that govern speakability in one’s speech is to consummate one’s status as a subject of speech. ‘Impossible speech’would be precisely the ramblings of the asocial, the rantings of the ‘psychotic’that the rules that govern the domain of speaka38 bility produce, andby which they are continually haunted.” The second sophistic presents an excellent example for the working of such mechanisms. If somebody who did not master the Atticist idiom hadtried to speak during the declamations, hisutterance would nothave been recognized as comprehensible speech. Hence, we should take seriously Aristides’s assertion that the unmore speechless thantheir ownshadow”(3.672: ἀ φ ω ν educated Cynics were “ ό τ ε ρ ο ιτ ῆ ςσ κ ιᾶ ). For educated people like Aristides, speaking correct, ῆ ςτ ςἑα ν ῶ τ υ (1.326: ὅ ρ ο ς π α ιδ i.e., Atticist Greek wasthevery“definition ofculture” εία ); thereς λ μ ε ὲ ίω ν σ whomakemore mistakes thanwords”(3.664: π ο λ fore, theCynics, “ ο ιγ ο ν τ ι),just donotutter intelligible language. Every newperformα φ θ έγ ἢ κ ίζ υ ιν ο σ ance would reenact these rules of exclusion, thus making them appear natural and obvious. By repeating andritualizing this restriction of thedomain of speakability, sophistic performances notonly confirmed the privileged status of the Atticist idiom, they also bolstered the monopoly onpublic discourse that the educated upper strata of society possessed. Butler hasaccurately described this kind of censorship a productive form of power: it is notmerely privative, but formative as well. as “ [...] censorship seeks to produce subjects according toexplicit andimplicit norms, and [...] the production of the subject haseverything to do with the regulation of 39By delimiting the domain of speakability, these rules establish a position speech.” thatallows certain individuals endowed withthenecessary prerequisites tostepforth as the subject of a sanctioned form of discourse, to define their own role and to embody authority.

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Ausdemantiken Schulunterricht,”RhM65 (1910) 149– logne 1960) 47 n. 107, A.Brinkmann, “ 5. 55, 151 andM. Meier-Brügger, Griechische Sprachwissenschaft, 2 vols (Berlin 1992) 1.144– OnAtticist lexica, see A. Dihle, “Attizismus”in G. Ueding (ed.), Historisches Wörterbuch der 76, 1174, V. A. Sirago, Involuzione politica e spirituale Rhetorik, vol. 1 (Tübingen 1992) 1163– Griechische Lexikographie inAntike nell’impero delII sec. (Naples 1974) 298 andK. Alpers, “ undMittelalter. Dargestellt anausgewählten Beispielen,”inH.-A. Koch/A. Krup-Ebert (eds.), WeltderInformation. Wissen undWissensvermittlung in Geschichte undGegenwart (Stuttgart

38. 1990) 14– 37 Butler, Speech (as in n. 26) 133. 38 Ibd.; her italics. 39 Ibd.

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However, this last point also demonstrates that ritualized repetition of rules and exclusions is necessary fortheauthority andcensorship toremain binding. Rituals that are not performed lose their societal power; linguistic rules that are notconBecause the action of firmed by repetition will soon be considered ineffective. “ foreclosure doesnottake place once andforall, it mustberepeated toreconsolidate itspower andefficacy. Astructure onlyremains a structure through being reinstated 40Hence, performance criticism considers every performance a crisis inas one.” volving a twofold risk. Ontheonehand, theperformer is puttothetest. Will sheor hebe able to meet thedemands of the situation, adapt heror his discourse to the exclusionary rules, embody authority in the required manner andthus make the performance felicitous? Ontheother hand, theperformance is also a crisis for the norms andinstitutions themselves. As wehave seen above, they require constant repetition inorder toretain their authority. Every performance canthuschange these norms, invalidate them or shift the overall meaning of the underlying convention. Oneof theadvantages of looking atrituals asperformances is that it helps explain change. Thecrisis of a performance canendeither way,itcancorroborate thenorms or weaken them, as Butler has shown in her discussion of J. Derrida’s and P. Bourdieu’s theories.41 The following pages will study the ways in which the sophistic declamations canbeseen ascrises andthestrategies that were applied toensure their success. I willbegin withtheformer risk involved inaperformance, thepossibility ofthe performer failing to muster authority. Aswehave seen, sophists hadto observe a huge number of linguistic rules. Every speaker hadto dohisbest to conform to these norms, togive credence to hisclaim of embodying classical authority. It is obvious thatthis goal could never becompletely achieved. Despite alltheir ostentatious selfconfidence, sophists must have been conscious of thefive hundred years that separated them from the classical period. Oursources show that this feeling of insufficiency andbelatedness waswidespread during theAntonine era. DioChrysostom flatly states that the Athenians of his time are “unworthy of their city and of the έ ᾽ε ντ γ ἰμ ὼ δ ιςἢτ ο η ῖςἈ ν α repute of their forebears”(31.117: ἐ θ ίο ιςἐπ ιτ ῶ ιμ ν α τ ςἀ ὺ κὄν υ γ ίο ὐ ξ ςτο ςἐνοικοῦν ε ιτα ὺ λ ν ςο έ ῦ τ τ ,κ α α α ὶδεικ ςτ ῆ ςπ ό λ εω ςο ὐ δ ὲ μ ιπ τ έλ ν[...], κα εν ο ο ικα έ λ ῶ ό εν ςα ὐ νγ τ ο μ ο α ὸ νἡγ ιλ ῦ ρ τ ό ερ ἱπ ῆ η νο ,ἣ τ ςδόξ ς γ ειν .). Similar doubts haunted even the most successful performers. In a passage wedonothave aureminiscent of Kafka, therhetorician Longinus comments that “ 3 (p. 12.189.22– thority over the rhetorical law, butthe lawhas authority over us” ). In a similar ῳ μ ῷ ε ᾽ἡ ν μ ῖςἐπ μ ,ἀ γ μ λ λ ω ν ο ό ςτ ῖν ν ῶ λ ὁνό ό ὶτ Spengel: ο ρἐφ ᾽ἡ γ ὰ ὐ correctors” vein, Theon writes that students should have the classical authors as “ (δ correctors”clearly are hypostatized andpersonalized verιο ρ θ ω τ α ί).42 These “

40 Ibd. 139. 41 Ibd. 146– 52.

ο νκ ερ τ α ώ ὶτ φ ελ ιμ ρ ὸπ ο ᾽ὠ 42 2; p. 2.72.9–15 Spengel: π σ ὺδ ο λ τ ά τ τ ε ιντ ο φ ε ῖςν ινε ἴς έ ο ιςγρά έν ητ ο ω ν[...], μ ῖςπ ε μ ἤ τ α τ δ ιο ή α α α ῖςἐξειργασμ ὰ τ λ δ ῶ ν ὲτα λ ῦ ρ τ σ α π οβ α ο τ ιν α π ιτ ο ιῆ ῖς ρ φ γ μ ο α ό ίω εγ τ ν ὁ ε ςεἶε ὲ ν ᾽ε ἰμ ς , ἵν ,π ειν ν εισ χ ά θ ῶ ινε σ ή ,ἀ λ λ ὰ ὺ ω ν α ἰδ ὐ τ ο ςἐντυγ ἐκ είν ὲμ ·

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sions of the numerous mechanisms that regulated andrestricted the speakable discourse; they also betray theoverbearing sense of inadequacy which sophists sometimes felt. Their productions could never really measure upto thelaw, could never be identical withthenormativeness ofclassical discourse.43 Evena Herodes Atticus like Demosthenes,”but he could never really be Demosthenes could merely be “ (Philostratus VS 1.25; 539 Ὀ λ μ υ π ία σ η ιδ ο σ η ὲβ ά ῷ σ τ ςἐπ ῆ ᾽α ὐ τ ςἙ λ λ ά δ ο ς ,“ ε ἶς μ η ο θ σ η ρ έν ς ,”ἔφ ,”“εἴθ εγά η ὡ , ὡ ςΔ μ ά εἐπ δ ο ν ο ὧ α ζ ω ν ν ω έμ λ ο Π ν ὸ ,”τ ξ ύ ρ ςὁΦ [...]. “When at the Olympic Games“all of Greece acclaimed him, crying ‘Youare like Demosthenes,’hereplied ‘If only I were like thePhrygian,’ c alling Polemo by ).44 Ourancient sources show that the contemporaries of the sophists this name.” were aware of these shortcomings. The grammarian Phrynichus (who advocated particularly strict linguistic rules) clearly enjoys listing some of theworst mistakes that even famous sophists such as Favorinus andPolemo made.45 Sophists were known tobequarrelsome, soif a speaker blundered during hisimprovisation, hehad to expect acerbic criticism. Manydeclamations were followed bylong andacrimonious discussions, which wereevenconsidered a hallmark of sophists.46 Under these circumstances, it washardly an exaggeration when Polemo compared the gladiator’s fear before the mortal combat to a sophist’s feeling before the declamation (Philostratus VS 1.25; 541: ἰδ ὼ μ α νδ ο χ ν ὲμ ό εν ο α τ ιῥεόμ ο νκ ὶδεδιό νἱδρῶ τ τ α ὸ ν μ έλ ν . “WhenPolemo ςὡ λ ω ελ ετ , οὕτω ᾶ α ν ῆ ν ςμ ςἀγῶ ν ῆ ιᾷ ς , εἶπ , ἀγω τ υ χ ε ςψ ν ρ ὲ π ὑ sawa gladiator sweating andfearing thefight forhislife, hesaid, Youareagoniz‘ inglike someone whois about to declaim.’ ) .47 It wasprecisely the ostentatious display” of discursive power thatjeopardized the sophists’ authority by accentuating the gulf between their pretensions and the classical norms they were trying to attain. In some instances, theperformance was infelicitous; the sophist could notlive upto his rules andthus failed to conjure the conventional authority. Oneparticularly striking example is related by Lucian. A sophist performed inOlympia. Instead of extemporizing, hedelivered a speech that he hadprepared long before. But the audience noticed thetrick andshowed its deThere wasmuch laughter from the public. Some of them glared at the spise openly. “ man from Patras, showing that they were aware of his role in the deceit; others recognized what he was saying and during the whole recitation paid attention to nothing butto testing each other’s memories, whether they could identify from which 6: Γ έ of the contemporary sophists he had gleaned his words.”(Pseudologista 5–

43 44 45 46

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It is far more useful to have the students write on ο ὺ ύ τ ο ςτ ιο ς .“ ὺ λ α ὐ ν α α ςπ ὰ τ ιε ω ο ςἔχ διορθ subjects which have already been treated by theclassical orators andafter that make them encounter theoriginal texts. If they have written similarly, they should beconvinced, otherwise, they should atleast have theclassical authors themselves ascorrectors.” See Butler, Speech (as inn. 26) 151. A similar comparison withDemosthenes canbefound inAristides 50.19 K. Seealso theaneconly ina metaphorical sense, his oneof theten” dote quoted above, n. 32: Herodes could be “ impersonation of classical authority would always fall short of thereal classical forebears. Phrynichus Ecloge 140, 141, 396. See, e.g., Plutarch Tuend. san. 16; 131 a; Lucian Rhet. Praec. 22; Philostratus VS 1.8; 491; cf. 27. 3, Schmitz, Bildung (as in n. 2) 114– 8, 72– Gleason, Making (as in n. 21) 27– 8. Onthesophists’stage fright, see further Pernot, Rhétorique (as in n. 2) 447–

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λ ρ ὰ τ ῶ νἀκουόντω ω νκ α ςδ ὺ ὶο ὲπ λ ο α ὲ νἐ ςπ ἱμ ςτ ρ έ ὸ α νΠ α τ ἐκ εῖν ο ετ νμ α ὺ ξ δ ιο γ ρ υ ία ρ ή λ ά ο υ θ ν ὡ π εσυμ λ τ έπ ν ε ςο ο ῷ ὐλέλ ν εδ ξ ςὑπ τ α ὴ ,ο νῥᾳ ἀ π οβ ςα ὐ τ ἱδ ὲ ·η ρ ίζ η μ ν ε ᾽ὅ ν γ ν ρ τ ω ὴ ρ α ο ν τ ό π ν κ λ ἀ κ ό α ε α τ ὰ ὐ α ὶα ςτ εγ σ λ ὰ ιν δ ιετ έλ εσ α ν ἓ ν τ ο ῦ τ ο μ ό ν ο ν γ ο ἔρ ν ἔχ η ο μ μ ν λ ω ν τ π εν ςἔχο ε ώ ειρ ο ιὅ , ἀλλή ς π ω υ ρ ςμνή σ ὸ ιπ ςτ ὸδια γ ιγ η μ σ ῶ ν ρ ά εὐ ὸ ν ἡ ο τ ν δ ω π ο κ ν ιμ ἐ ν ίγ λ π ὀ ὶτ ἦ τ ν ῶ τ ν α ο α σ υ ἕκ τ ο ιν ὅ ῖςκα ν ώ κ ε σ λ ο υ μ έν α ιςμ ελ έτ ιςτ α ισ τ .) The sophist’s failure to pull it off is exacerbated ῶ ν ῶ νσοφ bythenoticeable chasm between hispoorperformance andhishighpretensions (he ρ γ ις υ was declaiming before the assembly, the π ή , at Olympia, nothing less; he α ν wanted his listeners to believe that he wasextemporizing andthat he wasable to treat anytopic which the audience gave him). Lucian is particularly critical of the fact that he was not really imitating the classical authorities, but was plagiarizing contemporary sophists. Therefore, thespeaker is a very example of thefashionable sophist as caricatured by Lucian himself in hisRhetorum praeceptor. This impostor wants tobecome a perfect orator within oneday(15) andtherefore takes “ thehigh), notthesteep andcrooked way υ [...] τ ο ο ρ ιπ π α ῦλόγ ὰ τ wayof rhetoric”(11: τ έθ 10). Accordwhich demands the labor of actually reading theclassical authors (9– prattler Isocrates or “ Do not read theclassics, this ingly, hisinstructor advises him, this boorish Demosthenes or this frigid Plato. Rather read more recent speeches, ν ω σ κ ίγ ετ γ λ λ κ ὰ ὰ π α α ὶἀ ν α λ α ιὰ especially these so-called declamations”(17: ἀ μ ὲ μ μ ο ν ρ η ὴ η η σ ὁ μ θ ο ίτ ὁχα γ δ ρ σ ο έν ςἢ ιρ ω η ο ύ ν ε ὲε ἄ ςΔ ῆ ,μ ςἢ ςἸσοκρά ἴτ τ ιὁλ ο υ μ ῶ νλόγ α α ςκ σ ιτα ὶἅ ύ τ α ςφ ρ ὸἡ ς νπ ο νὀλίγ ῶ ὺ ο ὰτ ςτ λ λ ,ἀ ω ν τ ά λ ὸ ρ ςΠ χ υ ψ μ ελ έτ α ς[...]). Speakers such as the ones criticized in these passages by Lucian cannot live up to the classical norms, andtheir individual failure is highlighted by the general expectation that sophists should embody (or at least try to embody) classical authority. Wecanthussaythat themorediscursive power is atstake, themore difficult it becomes for the individual performer to attain the stature to shoulder this large amount of power. Apart from individual failures, performances are subject to other, even more important risks. Even if a performer succeeds inevoking theappropriate authority, thepublic could refuse to accept its legitimacy orrelevance. Performance criticism the role of silent or implied has therefore rightly emphasized the importance of “ witnesses [...] or thequality andstructuration of thebonds that unite auditors or link 48Implicitly or explicitly, every performance “depends [...] on them to speakers.” the tacit requisition of a third person plural, a ‘they’ of witness –whether or not literally present” ; it “invokes the presumption, but only the presumption, of a con49This interpellation of a community of sensus between speaker andwitnesses.” witnesses constitutes thecrisis of theperformance. Making a performance felicitous presupposes common values andconventions, yetat the same time, such common values needtobe produced performatively. Accordingly, every single performance tests the strength of those communal ties. Will they suffice to produce a discursive authority strong enough so that all participants submit to it, or will they break, jeopardizing thesuccess of theperformance andultimately thelegitimacy of theunderlying values?

48 Parker/Sedgwick, “Introduction”(as in n. 13) 7. 9. 49 Ibd. 8–

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Those whowant to adopt the role of the subject in such situations generally anticipate this strain andact accordingly. They develop strategies that intend to createemotional ties between speaker andaudience. Sophistic performances area particularly aptexample for the study of such strategies. Above all, sophists liked to emphasize the“ Greekness”of their audience. Withall dueattention totheproblems that such an anachronistic analogy poses, we maycompare this emotional tie to modern patriotism or nationalism. When Aristides addresses the inhabitants of Rhodes, he stresses their “pure extraction” :“ it might be childish to talk of these things toother people, butit is notsuperfluous tomention themtoyousince youare pure Greeks andhave been brought upin these things from your earliest childhood” (24.23: κ α ὶτα ῦ τ ρ α ὸ π ὲ ν ςμ ἄ λ λ ο υ ςτιν ὰ ςδιεξιέν ειρ α κ ιῶ α ιμ δ ε ςἂ ν ἦ ν ἴσ ω ς ,π ρ ὸ ς ρ ῶ μ ᾶ δ ὲὑ α ςὄν η ν α μ τ α ςκαθ έν ςκ μ α ςἝ ρ λ ὶτεθ ο λ α υ ςἐ κπ α ίδ ω νἐ ντούτ ο ιςο ὐ κ η σ τ ο ν .). This is a typical instance of the rhetorical use to which this feeling of ρ χ ἄ togetherness is put.Thespeaker exploits hislisteners’pride of their origin andeducation to justify the reprimands that he will address to them shortly. Wehave tobear inmindthat theGreekness thusevoked is of a specific kind. It is culturally defined, asnumerous ancient texts show. Historians suchasDionysius of Halicarnassus (ant. 14.6.6) or Plutarch (fort. Alex. 1.6; 329 c) give us explicit accounts of this Greek self-definition.50 A telling example is Philostratus’s use of words like Ἕ η ν η ν ικ ε ό ν : they regularly havethemeaning “students λ λ ςor τ ὸἙ λ λ 51thus conveying theidea that only those whohave a certain degree of of rhetoric,” Greeks.”Hence, the expression τ education can legitimately aspire to be called “ ὰ 52Apassage inDioChryή cansignify “Greek culture, Greek learning.” ν ω ν τ ῶ ν Ἑ λ λ sostom explicitly quotes theunderlying ideology: “nothing buteducation andrhetoή ν ο ω λ νδ λ ζ ὲπ α ὐ κἄ ισ ὶ [...] ο ric befits the sons of the Greeks”(Ἑ λ λ ε οἥρμ νἢ κ α ία ὶλόγος).53Whenweobserve that evennovels casually mention thecliα ιδ ε π ché of theintimate connection between Greekness andeducation,54 wecanindeed

50 Cf. J. Palm, Rom, Römertum undImperium in der griechischen Literatur der Kaiserzeit (Acta η λ λ reg. societatis humaniorum litterarum Lundensis 57, Lund 1959) 14, A. Nikolaidis, Ἑ ρ β ικ α ό ρ ς . Plutarch on Greek andBarbarian Characteristics,”WS20 (1986) α “ 229– ν ικ ό ς–β μ ό η ν ισ ς . Quelλ λ 244, S. Humbert, “Plutarque, Alexandre et l’hellénisme,”inS. Said (ed.), Ἑ 27 ques jalons pour unehistoire de l’identité grecque. Actes du Colloque de Strasbourg 25– octobre 1989 (Université dessciences humaines deStrasbourg, travaux ducentre derecherche 82, E. L. Bowie, “Hellenes and surle proche-orient et la Grèce antiques 11,Leiden 1991) 169– 204 andSchmitz, μ ό ν ισ ς183– η λ λ Hellenism in Writers of the Early Second Sophistic,”in Ἑ 81. Bildung (as in n. 2) 175– η ν ικ ό ν : 2.10; 588; 2.26; 613; 2.27; 617. Cf. J.-J. Flinterλ λ ὸἙ η 51 Ἕ ν ε λ λ ς : VS2.5; 571 (twice); τ 54, 150, G. L. man, “ Detweede sofistiek: eenportie gebakken lucht?,”Lampas 29 (1996) 135– 121, 100 n. 29, S. Follet, OnMaximus of Tyre: Zetemata I,”ClAnt 1 (1982) 87– Koniaris, “ μ ό ς(as in n. 50) 205–15, ν ισ η λ λ “ Divers aspects de l’hellénisme chez Philostrate,”in Said, Ἑ Theuse[...] reflects the‘nationalist’flavour of 206, Russell, Declamation (asinn.5) 84n.51: “ thesophists, whosawthemselves ina very special sense ascustodians of theheritage of classical Hellas.” μ α τ . α γ ά ρ π ν ω ν ή λ λ Ἑ ν τ ῶ ὰ 52 E.g., Philostratus VS1.7; 488, cf. Aristides 3.605 L.-B. τ 53 Dio Chrysostom 32.3; cf. 31.163, 36.18, 48.8. 54 Chariton 2.5.11, 7.6.5; seeG. W.Bowersock, Fiction as History. Nero toJulian (Sather Classi2; onsimilar passages inHeliodorus cf. Swain, Hellenism cal Lectures 58, Berkeley 1994) 41– 8. (as in n. 7) 117–

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be certain that this idea was firmly established in the minds of people living in this era. During the second andthird centuries AD, Greeks hadnumerous reasons to derive a positive identity from their heritage andespecially their superior culture. Ontheonehand, this sortof national pride compensated forthepolitical irrelevance of Greek cities in the Roman Empire –Greeks were keenly aware that the most important decisions werebeing taken inRome.55 However, weshould becareful not to confuse this cultural compensation with feelings of resentment. Older scholarly works sometimes claimed that many Greeks, especially intellectuals, were “ enemiesoftheRoman order”andexpressed their animosity obliquely insuchreferenc-

es to their superior culture.56 More recent studies rightly emphasize that wehardly find anytrace of anti-Roman sentiments andthat, asChristopher Jones writes about

The kind of Hellenism he preaches is one that does not conflict Dio Chrysostom, “ with Roman supremacy, but is approved by the Romans.”57 Onthe other hand, people in the eastern part of the Roman Empire were surrounded by an enormous number of public discourses that tried to create andenhance such a feeling of cultural identity. Although these efforts were certainly welcomed andencouraged bypolitical authorities inRome, weshould bewarytospeak : this modern termimplies a degree of conscious manipulation that of “propaganda” wasprobably absent from ancient efforts of creating a coherent self-image. Oneof themost important forms of public discourse wasthePanhellenion, a religious organization of Greek cities founded in 131/2.58 Membership inthis prestigious association wasrestricted tocities thatcould prove their Greek descent. This institution reminded Greeks of their common heritage. It caused cities throughout theGreekspeaking world, particularly in Asia Minor, to prove their Greek origins by discov41 = M.I. 55 Cf. E. L. Bowie, “Greeks andTheir Past intheSecond Sophistic,”P&P46 (1970) 3–

TheThird Centu209, L. deBlois, “ Finley (ed.), Studies inAncient Society (London 1974) 166– 77, G. Woolf, ry Crisis andthe Greek Elite in the Roman Empire,”Historia 33 (1984) 358– Becoming Roman, Staying Greek: Culture, Identity andtheCivilizing Process intheRoman “ 43, esp. 125– 6. 94) 116– East,”PCPhS 40 (1993– 56 SeeH.Fuchs, Dergeistige Widerstand gegen Rominderantiken Welt(Berlin 1938), especially 54 n. 59– 65, A. Peretti, Luciano. Unintellettuale greco contro Roma (Biblioteca di cultura 49– 26, Florence 1946), R. MacMullen, Enemies of theRoman Order. Treason, Unrest, andAlienation in theEmpire (Cambridge, MA, 1966) 189, 244, F. W.Walbank, “Nationality asa Factor 3. 68, 160– in Roman History,”HSPh 76 (1972) 145– 30, B. 57 Jones, Roman World (as in n. 23) 35, cf. id., Plutarch and Rome (Oxford 1971) 126– Forte, Rome andtheRomans as theGreeks SawThem(Papers andMonographs of the AmeriThe Beneficial Ideology”in P. D. A. can Academy in Rome 24, Rome 1972), V. Nutton, “ Garnsey/C. R. Whittaker (eds.), Imperialism in the Ancient World. The Cambridge University 21, N.Méthy, “DionChrysResearch Seminar inAncient History (Cambridge [Engl.] 1978) 209– ostome et la domination romaine,”AC63 (1994) 173– 92. TheWorld of thePanhellenion. I. Athens 58 OnthePanhellenion, cf. A.J. Spawforth/S. Walker, “ 104; “ TheWorld of thePanhellenion. II. Three Dorian Cities,” andEleusis,”JRS 75 (1985) 78– JRS 76 (1986) 88–105 andtheimportant study byC. P. Jones, “ ThePanhellenion,”Chiron 26 (1996) 29– 56 whorightly emphasizes that the initiative for founding this institution came from theGreeks themselves andwasonly approved byHadrian. Thearcheological evidence is studied by D. Willers, Hadrians panhellenisches Programm. Archäologische Beiträge zurNeugestaltung Athens durch Hadrian (AK Beiheft 16, Basel 1990).

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ering orinventing their mythological orhistorical past.59 Anespecially conspicuous form of this endeavor wasthe“mushrooming of ‘diplomatic activity’between cities, which seems to have followed the league’s foundation.”60 Cities of less than certain Greek descent would send envoys to more ancient andprestigious cities, preferably of the mainland, to establish a tie of “ γ γ έν kinship”(σ υ εια ) that would bolster their claim tobeGreek. Inscriptions showthat suchenvoys would give public lectures onthe results of their explorations andnegotiations, thus presenting a powerful public discourse that encouraged its listeners to derive civic pride from this idealized version of their past.61 Thisphenomenon is closely connected withthe ρ ια -historians.62 These writers studied local mythical andhistorical so-called π τ ά traditions, emphasizing the glorious past of their cities andencouraging their fellow-citizens to seek their identity in this heritage. Nothing butscattered fragments of this type of historical account hasbeen preserved, butthese meager remains are sufficient to provide uswith a glimpse of a whole industry of historians. All these phenomena formed a network of public discourses that inspired citizens to derive their self-image from the same sources that created authority in the sophists’performances. Evenordinary people thus identified withtheglorious past of Greece, with its cultural heritage andespecially its great literary figures. If this strategy succeeded, chances fortheperformance’s felicitousness were good. If listeners refused to accept the speaker’s appeal to classical figures as a source of authority, they wereforced, atthesametime, torefuse thepositive self-definition they were offered bysomanydifferent powerful discourses. This explains whysophistic performances were successful over such a long period of time; it also helps usunderstand whythey were bound to lose their discursive authority as soon as large strata of thepopulation derived their self-image from sources other thanthis tradition, suchasthereligious identity thatearly Christianity ormystery-cults offered. In this case, thecrises of sophistic performances would increasingly endininfelicitous speech acts as speakers failed to interpellate their audience, create the necessary

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When Is a Myth Not a Myth? Bernal’s ‘Ancient Model,’ in M. R. According to E. Hall, “ 48,338, Lefkowitz/G. M.Rogers (eds.), Black Athena Revisited (Chapel Hill 1996) 333– ” a simbywhich manytraditional mythical figures were ilar explanation canbefound for theprocess “ brought into connection with foreign peoples andplaces [inthesixth century BC]. This process wasassociated with Greek colonization, as the poet-genealogists sought to provide their Hellenophone public, nowspread overallcorners of theMediterranean, withmythical progenitors andfounders whohadprefigured their ownactivities in foreign parts.” (asinn.58) 103, cf. L. Robert, Documents d’Asiemineure Panhellenion II” Spawforth/Walker, “ 7, P. Weiß, (Bibliothèque desécoles françaises d’Athènes et deRome 239 bis, Paris 1987) 86– 37, T. S. Scheer, My“ Mythen, Dichter undMünzen vonLykaonien,”Chiron 20 (1990) 221– thische Vorväter. ZurBedeutung griechischer Heroenmythen imSelbstverständnis kleinasia70. tischer Städte (Münchener Beiträge zurAlten Geschichte 7, Munich 1993) 67– Cf. the inscriptions recording thediplomatic activities of Hiero Lysimachus in Sidyma (TAM 2.1.174) andof P. Anteius Antiochus inAegeae (published inRobert, Documents [asinn. 60] 80). See further Robert, Opera (as inn.31) 7.423–4,P. Weiß, “Lebendiger Mythos. Gründer78– heroen undstädtische Gründungstraditionen im griechisch-römischen Osten,”WJA10 (1984) 9. 211, 189 and205 n. 92 andSchmitz, Bildung (as in n. 2) 205– 179– See, e.g., P.Weiß, “Götter, Städte undGelehrte. Lydiaka und Patria’umSardes unddenTmo‘ 109. 85– los,”in E. Schwertheim (ed.), Forschungen in Lydien (Bonn 1995)

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feeling of togetherness andtransform theinstitution’s discursive power into authority for themselves.

Conclusion: History

asPerformance

We have seen that history is in many ways at the core of the second sophistic. In conclusion, I wantto argue that understanding this cultural movement will help us comprehend howhistory wasperceived in the Antonine period. OurEnglish term “ history”combines twoelements that Greek separates.63 Ontheonehand, it designates “ a chronological record of events, often including anexplanation of or comthe events forming the mentary onthose events,”onthe other hand, it also signifies “ 64Ancient Greek, onthe other hand, kept subject matter of a historical account.” ρ τ ία ο , the these meanings separate. For thehistorical account, wehave the wordἱσ ήor thecatchall term λόγος.65Theevents themselves were φ ρ α γ more general συγ μ έ η ν γ εν orτ α εγ ὰ ὸγενόμ εν ο ν .66A senmost commonly designated bythewordτ ν η α ίο ρ ὶτ υ ῶ φ ο τ ετ ὺ ςπ ε ν ὺ ὔ ὐ τ ο ε ν ῶ ο τ εα φ α υ σ ο ςἈθ ςἄλλ ὔ ςο ο π tence such as ἀ β ὲ ρ ι ς γ ο (Thucydides δ ο ν υ κ ὐ ὲ ν μ ἀ ν τ έ ο λ α έ γ ε ν ρ ο ὶτ ῦ ο ο δ ν ν ὐ ὲπ ε ω ω ντυράν τ έρ I will demonstrate that neither theother people 6.54.1) would roughly translate as“ accurate about their owntyrants ortheir anything say northeAthenians themselves history.” This Greek wayof separating the historical account andits rawmaterial, as it were, canheighten ourawareness oftheproblems which theconcepts ofhistory and historicity present. We could couch the difference between the undifferentiated multitude of past events on the one hand andthe discourse about this past on the other in Aristotelian terms as onebetween matter andform. In this interpretation, thepastwould beanunproblematic prediscursive entity, which would thenbemade intelligible by human discourse. However, such aninterpretation hascome under attack during the last twodecades: for a while, a pantextualism, which could vaguely be labeled “poststructuralist,”appeared as a fashionable critique of this position. Jacques Derrida’s provocative affirmation that“there isnothing outside ofthetext” 67 63 SeeC.Meier, “ DieEntstehung derHistorie,”inR. Koselleck/W.-D. Stempel (eds.), Geschichte –Ereignis undErzählung (Poetik undHermeneutik 5, Munich 1973) 251– 305, 258. On the Geschichte, Gedifference between ourmodern andthe ancient concept see R. Koselleck, “ 22. schichten undformale Zeitstrukturen,”ibd. 211– 64 The quotations are from TheAmerican Heritage College Dictionary (3rd ed., Boston 1993) 644. TheFrench word“histoire”andtheGerman “Geschichte”havea similar range of meanings.

65 See LSJ 842 s.v. ἱσ ρ ία τ II “written account of one’s inquiries, narrative, history,”1661 s.v. ο ή II 1 “that which is written, writing, book, esp. inprose: history, narrative,”1058 s.v. φ ρ α γ γ συ γ ο λ ό ςV 3 “historical work.” μ 66 LSJ 349 s.v. γίγνο α ιI 3 “the facts, the past.” 67 J. Derrida, Of Grammatology (Baltimore 1974) 158, 163. It should be emphasized, however, that withthis provocative statement, Derrida meant toshowthedifficulty of reaching thereferents viathelinguistic sign, nottodenytheexistence ofreality. Later accounts ofdeconstruction

made Derrida’s statement sound more unambiguous, e.g., V. B. Leitch, Deconstructive CritiThe world is text. Nothing stands becism. AnAdvanced Introduction (New York 1983) 58: “

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seemed to warrant the assumption that extratextual reality simply does not exist. Today, hardly anyone would subscribe tothis extreme stance –thetree intheforest does indeed fall evenwhennobody is watching. Yetina less radical form, theargument of anall-encompassing textuality ought to be taken seriously. Oneof the functions of history is to decide which past events constitute historical facts at all and which ones needtobeexcluded fromthefield of study, which ones arememorable andwhich onesarenot.Tothisextent, history construes itsownobject, itsownpast, ashasconvincingly beenargued byHayden White.68 Forthepast (τ γ ὰ εγ εν μ η έν α ) tobeintelligible, tobecome history inthefull sense oftheword, it hastobeshaped by discursive strategies. Whatneeds tobeexplored is thenature of these strategies. Ofcourse, different cultures produce different strategies; of course, the same culture can host a wide variety of discourses, someof which maybecompeting orcontradicting eachother. Toquote just tworecent examples: Martin Bernal’s Black Athena andthediscussion about Afrocentrism in the US, the debate about Jonathan Goldhagen’s Hitler’s Willing Executioners in Germany69 have both shown that what is at stake in defining the waywelook at the past, is the power of dominating the discourse in ourpresent society. Wehavetoacknowledge thatonlya small partof these discursive strategies aims at finding the truth about thepast. Even if weaccept for the time being that there is such a thing as a disinterested search for the truth, it is obvious that most discourses andcounter-discourses construe their versions of thepast with specific ends in mind.70 Again, this is notmeant as a justification for a postmodernist irrationalism inwhich all versions andinterpretations of thepast areequally valid and “ true.” WhatI wanttoemphasize instead is that among themultitude of discourses present in a society, the truth-claim of a “ scientific”historicism can at best be described as marginal, and, at worst, irrelevant. This is certainly the case today; it is even more evident for the period that interests us here. As Glen Bowersock has History wasbeing invented all over again; even written about the second century, “ themythic pastwasbeing rewritten, andthepresent wasawash insomanymiracles 71To andmarvels that noteventhecredulous orthepious could swallow themall.” be sure, the Thucydidean search for historical truth existed in Greco-Roman antiquity.72 Yet those who wanted “ to know howit really was,”to quote Leopold von

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hind. [...] There arenofacts assuch, only assemblages. There is always already only interpretation.”Against, see the more circumspect explanation in C. Norris, Deconstruction. Theory 58. andPractice (2nd ed., London 1991) 146– H.White, TheContent of theForm. Narrative Discourse andHistorical Representation (Balti-

more 1987) 66. 69 OnAfrocentrism, seeM. Lefkowitz, NotoutofAfrica. HowAfrocentrism Became anExcuse to Teach Myth as History (2nd ed., NewYork 1997); on Goldhagen see R. R. Shandley (ed.), Unwilling Germans? TheGoldhagen Debate (Minneapolis 1997). 70 See, e.g., White, Content (as inn. 68) 99: “History (‘thepast’) hadalways been studied under thepress of imperatives of either a generally cultural orspecifically extra-historical kinddown tothenineteenth century: philosophical, pedagogical, rhetorical, religious, political, andsoon.” 71 Bowersock, Fiction (as in n. 54) 2. 72 SeeA.Momigliano, “Considerations onHistory inanAgeofIdeologies,”TheAmerican Scholar 51 (1982) 495–507 = Settimo contributo alla storia degli studi classici e del mondo antico

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Ranke’s famous expression, were always a tiny minority compared to, onthe one hand, the number of people whostudied andtalked about the past for certain purposes such as moral instruction, religious edification, rhetorical argumentation, or political identity and, on the other hand, the huge majority of those whojust consumed these historical narratives. History canthusbesaidtobea product of these different discourses. By speakingorwriting about thepast oncertain social occasions, certain people of a certain social status create a coherent viewof thepast, a meaningful history. Obviously, the first example that springs to mind is that of professional historians of whomthere wasabundance inthesecond andthird centuries AD.73 Yet historiography is only a small partof thestrategies bywhich societies produce history. Astheanalysis above has shown, the second sophistic wasanother important means by which the society of theAntonine ageclaimed a remote past (the classical eraof Greek, half a millennium ago) as their ownhistory. By emphasizing the exemplary andnormative nature of classical language andculture, by putting classical authority to contemporary use, sophists created a Greek identity that wasbased ona particular interpretation of thepast. Wewill understand this effect better if weputthesecond sophistic inthecontext of other cultural productions thatpursued similar projects. Numerous written texts andoraltraditions shape ourviewofthepastwithout being “ historical” in thenarrow sense of theword–wecanthink of poetry, inscriptions or folk-tales. Such accounts of the past are all the more powerful by delivering their historical messages as anapparently unintentional by-product. This is even more obvious in non-verbal discourse. Its seemingly accidental, undirected nature surreptitiously transmits a strong message about the past andmakes it socially intelligible. Three examples of such non-verbal mechanisms will help us see the second sophistic in its proper perspective. Thefirst phenomenon I wanttomention hasrecently beenanalyzed inanarticle by T. S. Scheer.74 In a temple of Apollo in the city of Sicyon, an exhibition of relics served as a kindof museum. Theheroes withwhomthese objects (like weaponry or armors) were said to be connected were all linked to thecity’s past. This material heritage constituted a discourse about the past because the context surrounding it suggested a certain reading. These were notjust random objects collected ina fortu-

9. Onthe theoretical debate in antiquity (Storia e letteratura 161, Rome 1984) 253– 69, 258– ideological,”Isocratean form see B. between this pragmatic school of historiography andthe“ Gentili, “ Le Teorie del raconto storico nel pensiero storiografico dei Greci,”in B. Gentili/G. Cerri, Le Teorie del raconto storico nelpensiero greco e la storiografia romana arcaica (Filo45. However, eventhepragmatic historians ultimately wantlogia e critica 15,Rome 1975), 17– edtoteach future politicians howtocalculate future events andthusserved utilitarian purposes; cf. G. Rechenauer, Thukydides und die hippokratische Medizin. Naturwissenschaftliche Methodik als Modell für Geschichtsdeutung (Spudasmata 47, Hildesheim 1991). 73 For anexcellent overview see M. Hose, Erneuerung der Vergangenheit. Die Historiker imImperium Romanum vonFlorus bis Cassius Dio(Beiträge zurAltertumskunde 45, Stuttgart 1994); aninteresting case study canbefound inO. Andrei, A. Claudius Charax di Pergamo. Interessi antiquari e antichità cittadine nell’età degli Antonini (Opuscula philologa 5, Bologna 1984). 74 T. S. Scheer, “ EinMuseum griechischer ‘Frühgeschichte’imApollontempel vonSikyon,”Klio 73. 78 (1996) 353–

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itous way, they suggested that in these artifacts, the glorious past of the city wasstill alive, thatit wassignificant eveninthepresent. Hence, these relics served a purpose similar to theπ ρ ια ά τ -historians mentioned above. They encouraged viewers to acknowledge that their ownexistence wasinfluenced bythis past. Thesecond example is more commonplace. During the imperial period, Greek cities liked to put symbols of their mythical or historical past on the coins they minted.75 One particularly striking instance are coins from the Lesbian city Mytilene which show the local poetess Sappho with the caption Ψ ά φ π ω .76The inscription uses the long extinct Aeolian dialect andthusreminds everybody wholooked atthecoinofthegreat literary tradition of theisland. Again, this wasa tangible medium that encouraged its “audience”to seethealleged past of their city asa meaningful, coherent history that wasrelevant to their present. Mylast example is Pausanias’s description of a public ceremony in Sparta: “ To thewestof themarketplace there is a cenotaph for Brasidas, the son of Tellis. Close to it there is the remarkable theater, built of white stone. Opposite thetheater, there is a monument forPausanias, wholedtheSpartan forces at Plataea, andontheother side a monument for Leonidas. Each year, they pronounce speeches about themandtheyorganize a contest inwhich only Spartans maycompete [...]. There is also a stele with the names of all whohave fought ρ κδ ῆ γ ὲτ ᾶ ο ρ against the Persians at Thermopylae”(Pausanias 3.14.1: ἐ ὸ ςἀ ςπ ς ἥ λ ιο ν ἰό ν τ ιδυόμ ῷ ε Τ ν ο π φ τ έλ έ α ι·ἀ ν ᾳ τά ο χ λ ιδ ο τ ε ιδ ς π επ ίη ςκεν ο ὲο ὐ ὸ σ ίδ ςΒρα ρ ο υδ ὲἀπ ρ ν α ο τ φ εά ν ο , λίθ υτ ὸθ τ έα ο ῦθ ο υλ .τ π ο λ ὺτ ο κ ῦτά ο ευ ν ῦ ,θ έ α ιο ςἄ ξ μ ά ἐσ τ ι, τ ῆ ο νΛ ὸδ ε ω ὲἕτερ η μ σ α έν γ ρ ὺΠ α ο υ υμν ἡ σ α ν ίο υτ τ ικ ο λ ιᾶ ῦΠ τ α α ιν σ γ ν α , ῶ έα σ α ινἀ α ὶτιθ ο υ ὶλόγ ικ ςκ σ τ ὰ α υ ο ἔτ ο ίδ ο υ–κ ςἕκα ν ᾽α ὐ τ ο ῖςλέγ σ π ο νἐ τ η γ λ ῳ εο ιδ α α ὲκ ὶστή ὐ κ ρ τ ια τ ᾧ λ ὴ ῶ π ν Σ ν α ἔσ π ἄ λ γ λ τ ιν ω ι[...]. κεῖτ ν ίζ ἀ α θ ν ἐ εσ ιςἀγ ῶ ν α ὑ π έ ύ λ α π μ ο ή μ α τ α δ ερ ἔχ ο ο υ ρ υ ν νΘ α ὀ ὸ σ θ ὰ ό ε ρ ο ντ ςτ νἐ ό ὸ ςΜ ἳπ α τ π μ ειν α ). This description shows again the ways in which local identity wasconν structed viahistorical discourse. Themarketplace in Sparta withits monuments reminded all passers-by of the glorious classical past of their city (which hadbecome aninsignificant backwater inthedaysof Pausanias). Theexclusionary contest with its speeches onthe local heroes demonstrated that this past defined thecontemporary community: only Spartans could layclaim to these forebears. Public space and public ceremony marked therelevance of thepast forthepresent. I have chosen these examples because they aretargeted atwide audiences. It is difficult to assess howmany people actually read historical accounts like those of Herodian orDioCassius (orlistened to public readings of these accounts); wecannotevenestimate thelevel of literacy intheancient world withanydegree of accuracy.77 These relics, coins andceremonies, however, were directly available evento

275 (The Transfor75 See K. W.Harl, Civic Coins andCivic Politics intheRoman EastA.D. 180– 7, Mythos”(as in n. 61) 182– mation of the Classical Heritage 12, Berkeley 1987) 76; Weiß, “ id., “Mythen”(as in n. 60), id., “Götter”(as in n. 62). It should be mentioned that this is a practice which began muchearlier, in theHellenistic period, butbecame more common in the second andthird centuries. 76 BMCTroas, Aeolis, Lesbos 200 Mytilene # 165, 167, 169; cf. Pollux 9.84. 77 See the thorough treatment of thequestion inW. V. Harris, Ancient Literacy (Cambridge, MA, 1989); cf. theessays collected inLiteracy intheRoman World (JRA Suppl. 3, AnnArbor 1991).

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those whocould or would notread books. Shaping thegeneral perception of what constituted history, they represent a non-verbal, truly public discourse. It is in the context of such productions of history that the functioning of the second sophistic should be seen. Like theSpartan ceremonies described above, sophistic declamations created a feeling of community that wasgrounded in the glory of theclassical past. Like everyone wholooked attheimages onthemoney inhis hand, those wholistened tosophistic declamations werenotaware ofbeing informed about thepast. Most of themwere merely looking forentertainment, andforinhabitants of a city intheEastern partof theEmpire, a sophist’s performance musthave been a fairly common form of pastime. Like therelics in Sicyon’s “museum,”the declamations emphasized therelevance of theglorious, classical pasttothepresent. This relevance wasactualized inthesophist whoimpersonated theauthority of the

classics. Every society hasa wide variety of mechanisms for the production of history available. These mechanisms allow individuals to experience their lives as meaningful, to perceive themselves as members of a community whose formation was necessary because ofhistorical progress. Different mechanisms havebeenprevalent indifferent societies anddifferent periods. Thispaper attempted toshowthatforthe Greek society of the Imperial period, the second sophistic wasone of the most public and hence most important ways of producing history. It should be obvious that sophists werenothistorians; theywerenotexploring thepastforitsownsake. Their declamations hadto adhere to minimum standards (they could not, e.g., make Demosthenes theAthenian leader inthebattle of Marathon), butthey wereentitled to certain licenses.78 Nobody seems to have taken offense whenPolemo, in oneof his declamations, made the Great King witness the battle of Marathon.79 Wehave no means to assess to what extent such historical inaccuracies were tolerated, but I think it is fair to conclude that thesophists’public didnotexpect themto adhere to strict rules of historical evidence. Wecanperhaps compare modern historical novelsormotion pictures,80 where acertain fictionalization isadmissible, too, andwhere it would be equally difficult to give hard andfast rules. Furthermore, I want to emphasize that sophistic declamations didnot merely manipulate a somehow preexisting tradition. Theyrather created a heritage andthus fabricated a past that tied the speaker andhis audience into a community.81 The performativity of sophistic declamations played a significant role in this process. Embodying theauthority of theclassical era, thesophists gave their public a tangible sign which manifested the greatness andnormativeness of the classical heritage,

5. 78 See Schmitz, Bildung (as in n. 2) 201– 79 Polemo 2.61; at 1.43, herightly implies that Darius received thenews of thedefeat in the Persian capital.

80 I owethis comparison to a private communication byC. P. Jones, September 1, 1998. [...] la storia [...] nondeve essere solo unracconto, 81 Cf. Desideri, “Filostrato”(as in n. 7) 69: “ mainsieme unospecchio incuiriconoscersi e sucuimisurarsi: unfattore diidentità, individuale perPlutarco, collettiva perDione, il quale è certo consapevole delfatto cheil ‘grande passato,’ storico e letterario, è l’unico reale motivo diunità delmondo ellenistico, chepuòessere accettato anche dapopolazioni nongreche.”

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thusallowing themtomakethis glorified pastinto a meaningful andcoherent expla-

nation of their ownexistence. Thesophists’prestige andtheinstitution’s discursive power entailed andreinforced each other. Sophistic declamations, then, were not merely a nostalgic form of escapism; their production of history served important purposes in society. It is perhaps true that nocommunity of human beings canlive 82and indubitawithout this sense of tradition which we call “ collective memory,” bly, the Greek culture from its earliest stages wasfascinated by the questions of origin and history.83 By supplying this need for history, the performances of the sophists attracted large audiences andmanaged to succeed for such a long time. Only if weunderstand this function will webe able to putthe second sophistic into thecontext of its society andtoexplain its appeal to its contemporaries.

82 See the seminal study byM. Halbwachs, OnCollective Memory (Chicago 1992); J. Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung undpolitische Identität infrühen Hochkulturen (2nd ed., Munich 1997).

83 Foranoverview, seeB. A. vanGroningen, IntheGrip of thePast. Essay onanAspect of Greek Thought (Philosophia Antiqua 6, Leiden 1953).

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G. Schmidt (Berlin)

Politische undpersönliche Motivation

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Dios schriftstellerisches Debüt wirft von vornherein Schatten auf sein historisches Werk. Wie er selbst freimütig bekennt, hatte er miteiner kleinen Schrift über ‚TräumeundVorzeichen‘ begonnen, die „Severus auf die Alleinherrschaft hoffen lie.1Die knappe Charakterisierung dieses Pamphlets durch denAutor selbst läßt ßen“ keinen Zweifel ampropagandistischen oderzumindest konformistischen Charakter derSchrift –selbst wennderEpitomator Xiphilinos, demwirdieses Selbstzeugnis Dios ausdem73. Buche verdanken, indenText kürzend eingegriffen haben sollte. UndauchihrThema istkeine Empfehlung fürdenspäteren Historiker, dernicht nurals stilistischer Nachfolger desThukydides verstanden sein will,2 vielmehr in seinem Geschichtswerk immer wieder mitkurzgreifendem methodischen Schritt in die großen Fußstapfen seines berühmten Vorbilds tritt.3 Wundergeschichten sind ή θ ε λ ια , dasZieljeder Geschichtsschreibekanntlich nicht sonderlich geeignet, dieἀ 1

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ρ λ ὶτ ίο ντ ιπ ῶ νὀνειρά ε τ ω νκ ιβ α ὶτ είω ῶ νσημ νδ ι᾽ὧ Dio 73 (72), 23, 1: β ρ ο νὁΣ ῆ εο ςτ ν υ ὴ π λ ἤ ισ , γρά ψ ε ο α σ ίευ ςἐδημ ὴ ν σ α . –Unberücksichtigt bleiben hier weitere, ρ χ ρ α ἀ ρ α ὐ τ ά τ ο ο κ ά σ ιο σ ὁΚ ςgenannte Werke, deren Zuweisung nicht injedem Falle gesiν ίω inderSudas. v. Δ chert ist unddie sich genauerer Beurteilung entziehen, vgl. E. Schwartz, RE III. 2 (1899), s. v. Cassius Dio, 1684f. = Cassius Dio, in: Griechische Geschichtschreiber, Leipzig 1957, 395. G. Wirth, Einleitung, in:Cassius Dio. Römische Geschichte I, übers. v.O.Veh,Zürich – München 1985, 9f. vermutet in ihnen Vorstudien zumgroßen Geschichtswerk. ν δ γ ρ η ο ία έγ ετ α ις ῖςδημ So schon Phot. cod. 71 infine (ed. R. Henry, Paris 1959): Ἐ ρ ισ ,ἄ τ ο ς ᾷ .Σ χ ὴ εδ ,π έσ λ ν ρ ςΘ υ ὴ ε ὸ ρ ο φ τ ο κ ὸσαφ υ υ δ ἴτ ίδ ο ο ιπ ν τ ςτ ὸ ἀ ερ ν κ δ α ὲκ ὶμιμη ἂ ν τ ο ῖςἄλλ ο ις ῷ ὁκαν ώ ν . Θ ο η υ κ υ ςἐσ δ ίδ τ τ ὶν α ὐ Schwartz, Cassius Dio(wie Anm. 1), 1690f. = 403f.; vgl. D. Flach, Dios Platz inderkaiserzeitlichen Geschichtsschreibung, A&A 18 (1973), 130f.; siehe auch O. Luschnat, RE Suppl. XII (1970), 1303. 1305f. s. v. Thukydides. –Weitere Literatur beiA. M.Gowing, TheTriumviral Narratives of Appian andCassius Dio, AnnArbor/Mich. 1992, 46 Anm.25 mitDiskussion des ‚Methodenkapitels‘46, 35, 1. Positive Beurteilung desThukydideers Dio schon bei H. Strasburger, Geschichte undPolitik imAltertum, in: Historia integra. Festschrift fürE. Hassinger, hrg.v.H.Fenske u.a.,Berlin 1977, 44ff. Danach „mehralsbloßäußerliche Manier“ auchfürB. 56 Manuwald, Cassius Dio undAugustus. Philologische Untersuchungen zudenBüchern 45– erkes, Palingenesia 14, Wiesbaden 1979, 282. –Vor allem der des Dionischen Geschichtsw populärphilosophische Allgemeinplatz wirdgern zuDios thukydideischem ‚concept of human nature‘erhoben, siehe zuletzt M.Reinhold, FromRepublic to Principate. AnHistorical Com29 B.C.), Atlanta 1988, 215ff.; 52 (36– mentary on Cassius Dio’s Roman History. Books 49– vgl. auchJ. W.Rich, DioonAugustus, in: History asText, ed.A.Cameron, London 1989, 89; M.Hose, Erneuerung derVergangenheit. DieHistoriker imImperium Romanum vonFlorus bis Cassius Dio, Beitr. z. Altertumskunde 45, Stuttgart –Leipzig 1994, bes. 381ff. 433ff. –Sammlung der Parallelen bei E. Litsch, De Cassio Dione imitatore Thucydidis, Diss. Freiburg/Br. 1893; E. Kyhnitzsch, Decontionibus, quas Cassius Diohistoriae suae intexuit, cumThucydideis comparatis, Diss. Leipzig 1894.

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bung,4 zubefördern; undtatsächlich begnügt sich Diomehrals nureinmal in seiner Deutung mit der retrospektiven Bestätigung des historischen Geschehens durch Prodigien, vonderen Richtigkeit er überzeugt ist,5 unddie er bisweilen sogar in vermeintlich stringenter Beweisführung bestätigt.6 Manwirdihmeine gute Absicht hierbei nicht absprechen wollen; und selbst der strenge Polybios rechtfertigt aus pädagogischen Gründen bis zueinem gewissen Grade solch irrrationale Deutung, sofern sie die „ Frömmigkeit derMenge gegen die Gottheit“fördere;7 aber ebenso wiedieμ ῦ θ ο ι, deren Glaubwürdigkeit derverantwortungsvolle Historiker demUrteil desLesers überläßt,8 sind Orakel, Prodigien undWundergeschichten kaumdas geeignete Instrumentarium, umdie α ἰτ ία ιin der Geschichte deutlich werden zu lassen. Er setzt sich sodann im selben Passus9 einem weiteren Verdacht aus, dender Historiker bei seiner Suche nach ἀ ή θ ε ια zumeiden hat: demVerdacht, sein Geλ

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Thuc. 1, 20, 3; vgl. Polyb. 1, 14, 6 und 12, 12, 3 unddazuF. W. Walbank, A Historical ComonPolybius I, Oxford 1970, 10f. Treffend Wirth, Einleitung (wieAnm. 1),26f.; siehe auchJ. W.Rich, Cassius Dio. TheAugust55.9), Warminster 1990, 12 zu54, 21, 2 und55, 1, 4. – an Settlement (Roman History 53– Vgl. z.B. dieeinem Historiker kaumangemessene Bekräftigung eines Wunders mitdenWorten 67, ρ ιά 18, 2: το κ μ υ ιςτ ἂ ν ῦ ο τ ὲ ομ ν ,κ ο ετ ιςἀ ὕ τ ω έν ῃ , –oderdieBeurteilung vonVorςἐγ π ισ τή σ α γ ὶἔγ επ zeichen durch denAutor 80 (79), 17, 3: κ ιἐ κθ ω μ α εία είθ ο ςτιν ὸ ῆ ρ ςπ α κ α σ ευ ςὡ ς η δ α ε ὶμ ο ν . –Zuformelhaften Beteuerungen vomTypus κ θ έ λ η ῶ ν ὶςἀ α τ γ ικ εγ ςα ὐ τ ὰ ἀ λ π ισ ῃ τ ή σ 73 (72), 22, 3 (vgl. 80 [79], 7, 4 undweitere Beispiele beiW.Nawijn, Cassii Dionis Cocceiani historiarum Romanarum quae supersunt vol. V. Index Graecitatis, Dublin –Zürich 1969 [= 1931], 87 s. v. ἀ π ) siehe Lukians Parodie zeitgenössischer Historiker, hist. conscr. 14: κ ισ α τ ῶ ὶ έν ο ις ῃ τ ο ῖςλεχθησομ σ . ή η δ ε ὶςἀ τ μ π ισ ν ω ρ ὸ ςΧαρίτ π 76 (75), 4, 7: „DochdasWundersamste warfürmichFolgendes: Einfeiner silbriger Regen ging beiheiterem Himmel überdemForum desAugustus nieder. Zwarsahichnicht, wiederRegen fiel, stellte dies aber nachher fest undversilberte mirdamit einige Bronzemünzen. Drei Tage lang bewahrten sie das nämliche Aussehen, doch amvierten Tag waralles, was ich darauf gestrichen hatte, verschwunden“[Die Übersetzung hierundimfolgenden nachO.Veh, Cassius V, Zürich –München 1985/87]. Silberregen auchbeiGeorg. CedreDio.Römische Geschichte I– nus, Patr. Gr. 121, 505B. –Weitere Wundergeschichten ausdemzeitgenössischen Bericht: 73 26,1. 30, 1. 37, 5– 6. 8, 6. 25, 1– 3; 74 (73), 14,4f.; 79 (78), 7, 1– (72), 7, 1f. 19, 5. 21, 3– 22, 24, 1– 11 und K. Ziegler, RE XXI 2 (1952), 1506f. s. v. Polybios; Walbank, ComPolyb. 16, 12, 3– Der‚Index historicus‘zuDioweist aufzehnSeiten Belege zum mentary (wie Anm.4), I12. – U. Ph. Boissevain, Cassii Dionis Cocceiani histoStichwort ‚prodigia‘nach! Siehe H. Smilda – 542. riarum Romanarum quae supersunt vol. IV. Index historicus, Berlin 1955 (= 1926), 532– In derGeschichtsschreibung derKaiserzeit ist dieAufforderung andenLeser, denWahrheitsgehalt vonweniger Glaubhaftem selbst zubestimmen, bereits zurformelhaften Wendung erstarrt (vgl. Dio54, 35, 4); weitere Beispiele beiG. Avenarius, Lukians Schrift zurGeschichtsschreibung, Meisenheim/Glan 1956, 163f. Thukydides, nachdessen berühmter Stellungnahme zurbesonderen Qualifikation alsZeitzeuge (Thuc. 5, 26) der Spätere die hier diskutierte Einlage zurGenese seines Werkes gestaltet hat, bestimmt ebenfalls anvorgezogener Stelle, nämlich imfünften Buch, denUmfang seines Geιο ρ ὗ έχ samtwerkes alsdendesPeloponnesischen Krieges biszurNiederlage Athens (5, 26, 1: μ ι), während Dioden ο χ α μ ἱξύμ ὶο α ικ ν ιο ό εδ α ιμ κ α Λ ν ίω α ν η θ Ἀ ν ῶ ν τ ὴ ν κ υ σ α έπ α α τ ή ν χ τ εἀρ τ ῆ ε ρ ιτ ςΣ έχ Tod des Severus zumEndpunkt einer Teilpublikation macht (73 [72], 23, 5: μ ῆ ). Vgl. hierzu M. G. Schmidt, Die ‚zeitgeschichtlichen‘Bücher imWerke ς γ ετα λ ρ λ ο α υμ ή ο υ desCassius Dio–vonCommodus zuSeverus Alexander, in: ANRW II 34. 3, hrg. v. W. Haase, 2649, bes. 2618ff. Berlin –NewYork 1997, 2591– mentary

Politische undpersönliche Motivation

inDios Zeitgeschichte

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schichtswerk nicht mit dem Anspruch bleibender Belehrung begonnen, vielmehr

vonvornherein gerade denBeifall desAugenblicks gesucht zuhaben, –eine Motivation, vor der die Theoretiker der Zunft undzu allererst Thukydides warnen.10 DennDios Schrift überCommodus’EndeunddenAufstieg desPertinax hatte ja in gleicher Weise dasGefallen derZeitgenossen undbesonders Severus’Wertschätzunggefunden wieschon derliterarische Erstling (73 [72], 23, 2f.: ... κ α ὶἐπ γ ή ε ε ιδ μ ῳ ά λ ισ ρ ῷ ρ ἤ εσ Σ ή τ εο ε).11 α ῷ υ τ τ ὐ α ὶα ιςκ τ ο ῖςτ λ λ ο εἄ Kritik ist aber nicht nuramVorrang einer gefälligen Darstellung vor der historischen Treue zuüben, die imbesten Falle derGrund für Dios Erfolg gewesen sein mag; gegen einen solchen Vorwurf wehrt sich Dio gleich zu Beginn seiner ‚Römischen Geschichte‘ nach bekanntem historiographischen Muster (1, 1, 2).12 Vielmehr wirdgerade durch denApplaus desHerrschers dieFrage nachderGlaubwürdigkeit virulent, die Frage nach der historischen Wahrheit zumal im zeitgeschichtlichen Teil seines Werkes. Fürdiebeiden kleineren Werke scheint Diodergleichen Anfeindungen nicht zu befürchten; ohnegrößere Überarbeitungen fanden diese Eingang inseinGeschichtswerk, wiees nurbillig war:13 DenndenZeitgenossen nuneine grundlegend andere Deutung vorlegen zuwollen, hätte denKredit desHistorikers beiseiner Leserschaft aufs Spiel gesetzt. Diospürt jedoch wenigstens inseinem späteren Bericht überden 3) dieNotwendigkeit, sich miteinem Krieg gegen Clodius Albinus (76 [75], 7, 1– dieoffizielle Geschichtsdeutung in γ gegen θ έ η ῶ ν ε τ ᾽ ο ς ἐ ὅ α σ ἀ λ λ λ ἀ ... energischen Severus’Schrift ‚De vita sua‘abzusetzen14 –wenner auch gerade andieser Stelle desGuten zuviel tut: Dasbekannte, derDichtung entlehnte Bild ausSchlachtendarstellungen –Ströme vonBlut, diesogar dieFlüsse färbten,15 unddernicht weniger abgegriffene Topos vomTyrannen, derseine Augen amLeichnam desGegners weidet,16 lassen beim Leser wenig Vertrauen in die Glaubwürdigkeit derDarstellung aufkommen.

10 Thuc. 1, 22, 4; vgl. z. B. auchPolyb. 3, 31, 13undLuc. hist. conscr. 42. 11 Die Forderung nach Unabhängigkeit vomZeiturteil wurde vonPolybios in Abgrenzung zur Tragödie aufgegriffen undwiederum diethukydideische Belehrung aufDauer gefordert (Polyb. 2, 56, 11; 3, 31, 13; 3, 57, 9). Sie behält in derFolgezeit ihre kanonische Gültigkeit, wenn auch in denProoemien kaiserzeitlicher Geschichtswerke immer wieder die Hoffnung auf persönlichen Ruhm mitschwingt, vgl. bes. die Ermahnung bei Luc. hist. conscr. 61 unddenKomm. zur Stelle vonH.Homeyer, Lukian. WiemanGeschichte schreiben soll, München 1965, 281f. mit Beispielen (insbesondere Ios. Ant. Iud. 1, 2); zuThukydides undPolybios siehe K. Ziegler RE XXI 2 (1952), col. 1503 und1523; vgl. auch F. W. Walbank, History andTragedy, Historia 9,

234; 1960, 216– 12 DazuAvenarius, Lukians Schrift (wie Anm. 8), 26 mitBeispielen: Polyb. 16, 17,9; Ios. c. Ap. 25; Tac. Agr. 10; Hdn. 1, 1, 1; Hist. Aug. Prob. 2. 1, 24– 3; vgl. zuletzt Schmidt (wie Anm. 9), bes. 2605ff. 13 73 (72), 23, 3; 75 (74), 3, 1– 14 Eine ähnliche Kritik tradierter, zeitgenössischer Geschichtsdeutung vonseiten desKaiserhauseskehrt inderAuseinandersetzung miteiner Schrift Caracallas wieder, 79 (78), 2, 1,vgl. unten Anm. 22. 15 Vgl. auslateinischer Dichtung nurVerg. Aen. 6, 87; 9, 456; 11, 394; Lucan. 10, 32f. ῃ τ τ ώ λ γ ῇ ὲτ δ ὰ λ ῖςπ λ ο ο μ λ α θ ῖςὀφ ο μ ντ νδ ὲ 16 76 (75), 7, 3: ἰδ ὼ ντ ὖ μ α α ᾽ο ὸσ ὐ ὰ τ ,κ λ ῦ λ ῶ ο α ο ὶπ ο μ εν ς...; pascere oculos etwa bei Cic. Verr. 2, 5, 65; Phil. 11, 8; vgl. Tac. hist. 1, 44, 1 ά ισ ρ α χ –freilich miteinem Distanz schaffenden ‚dicitur‘: Nullam caedem Otho maiore laetitia excepisse, nullum caput taminsatiabilibus oculis perlustrasse dicitur ...; ebda. 3, 39, 1; Suet. Vit.

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Indes ist Dio umseine Parteilichkeit nicht besorgt. Denn während andere kaiserzeitliche Historiker imSpannungsfeld vonprincipatus undlibertas vorallem die Freiheit des Wortes gefährdet sahen (Tac. dial. undhist. 1, 1),17 reduziert er das Problem derGeschichtsschreibung unter autokratischer Herrschaft auf ein im wesentlichen handwerkliches –aufdenerschwerten Zugang zuverläßlichen Quellen. Daseiner Meinung nachPolitik inrepublikanischer Zeit nochvor‚Senat undVolk‘ offengelegt wurde undeine kritische Kontrolle derEreignisse aufGrund derVielfalt unterschiedlicher Darstellungen undoffizieller Verlautbarungen möglich war, begann mitAugustus diegeheime ‚Kabinettspolitik‘(Sir Ronald Syme), diesichder Nachprüfung entzog undobendrein fürdieVerfälschung derwenigen Nachrichten sorgte, die nach außen drangen:18

53, 19, 6: „Infolgedessen

werde auch ich alle nunfolgenden Ereignisse, soweit sie besprochen werden müssen, imEinklang mitdem,wasetwaveröffentlicht wurde, darbieten undkeine Rücksicht darauf nehmen, obsichdieDinge inWahrheit sooderaufandere Weise abspielten. Ergänzend soll indessen auch meine persönliche Ansicht nach Möglichkeit hinzutreten, soweit ich eben imstande war, ausderFülle desGelesenen, Gehörten undSelbsterlebten einUrteil abzuleiten, dassich vondemallgemeinen Gerede unterscheidet.“19

Bestimmte diese Beschränkung historiographischer Arbeit DiosDarstellung der römischen Geschichte nachActium (31v.Chr.), sonimmt erfürdieZeitgeschichte wieder in Anspruch, nicht fremder Überlieferung folgend, sondern aus eigener ὐ κἐ Anschauung objektiv berichten zu können (73 [72], 4, 2: ο ξἀ λ ρ λ ία ο τ ςἔτ ι ή σ ρ εω η ), obwohl doch die Quellenproblemaς η τ δ ρ α δ ό ςἤ σ εω λ ᾽ἐ ,ἀ λ εία ς π α ξοἰκ tikweitgehend diegleiche geblieben war.20 InDiosGeschichte dereigenen Zeit, die

14, 2. Eine paradoxe Zuspitzung desMotivs beiLucan amSchluß desneunten Buches, Lucan. 9, 1106ff.: (angesichts desabgeschlagenen Pompeius-Hauptes) abscondunt gemitus etpectora laeta / fronte tegunt, hilaresque nefas spectare cruentum, /o bona libertas, cumCaesar lugeat,

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audent. Grundlegend bleibt Ch.Wirszubski, Libertas alspolitische Idee imRomderspäten Republik unddesfrühen Prinzipats, Darmstadt 1963 (urspr.: Libertas asa Political Idea atRomeDuring the Late Republic andEarly Principate, Cambridge 1950, repr. 1960); zumThema vgl. den Sammelband ‚Prinzipat undFreiheit‘, hrg. v. R. Klein, Darmstadt 1969; ein Beispiel aus der Fülle weiterer Literatur: W. Suerbaum, DerHistoriker unddieFreiheit desWortes. Die Rede desCremutius Cordus beiTacitus, Ann.4,34/35, in:Politik undliterarische Kunst imWerkdes Tacitus, hrg. v. G. Radke, AUBeih. 1 zuReihe XIV, Stuttgart 1971, 61ff. Hierzu R. Syme, TheRoman Revolution, Oxford 1963, 407; Flach (wie Anm. 3), 130ff., bes. 139 Anm. 46 undders., Einführung in die römische Geschichtsschreibung, Darmstadt 1985, 160ff.; A. Dihle, Die Entstehung der historischen Biographie, SHAW 1986, Nr. 3, Heidelberg 1987, 41. –Die Nähe Dios zumTaciteischen Historienprooem betonte zuletzt J. Christes, Das persönliche Vorwort desTacitus zudenHistorien, Philologus 139 (1995), 133ff., bes.144; anders Hose, Erneuerung (wie Anm. 3), 446f. mitfrüherer Lit. i. d.Anm. 37. κ τ γ α α ι ῖο ν ἔσ τ α α ιεἰπ ὶἀνα ,ὥ κ εκ ε ῖν α γ ςπ ο υ ὶδεδήμω α ἑξ ὰ τ σ ῆ ,ὅ α ς τ ρ κ α ν γ ὼ π ά ὶἐ π ε ὅ θ εν φ ρ ά σ ῆ ω ς ια , εἴτ έν τ ιτ ο ρ ὐ τ ο ο ῖςκ σ α ῆ έσ τ ᾽ὄν α ιμ ὶτ ςἐμ ω ι. π ω ςπ ε ςἔχ τ ο α ςοὕ ὶἑτέρ τ εκ ω ςεἴτ η ή ν ἠ θ ἐ δυ κ ρ ν π ἢ υ μ ν ο λ τ θ λ λ εν ὸ ο ὡ ν ο ύ ν λ λ ο ᾶ τ ιμ λ ο λ ἷςἄ ο ν ι, ἐ α ετ δ ο έχ δ ία α σ ,ἐ ν ἐν ξ ς ο ςὅ σ ρ α θ ι. α σ ή μ εκ τ ν ο κ α ὶεἶδ ἢ υ σ α α κ ὶἤκο ἢ ν ν ω έγ ν ἀ ν ὧ Vgl. H.Peter, Wahrheit undKunst, Geschichtschreibung undPlagiat imklassischen Altertum, Berlin 1911, 393; aufdenWiderspruch macht auchF. Millar, A Study of Cassius Dio, Leipzig – Oxford 1964, 172 aufmerksam: „ A curious feature of his work is that, while in writing about Augustus he solemnly warns the reader that the truth about events in the provinces or about

Politische undpersönliche Motivation in Dios Zeitgeschichte

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zwischen persönlichem Erlebnisbericht undNotizen nachdemZeugnis vonZeitgenossen,21 zwischen literarischer Tradition22 unddemReferat offiziöser Quellen23 ihren Weg durch das Dickicht der vielfältigen Informationen sucht, kollidiert der ία ρ , die ‚Würde derGeschichtsschreibung‘, imκ ς γ ρ ο ο vielbeschworene ὄ ῆ ςτ τ ςἱσ mer wieder mit demAutopsiebericht gerade vonNebensächlichkeiten,24 zu dem ε ια , –dasthukydideische ‚Ideal der ίβ ρ κ sich derAutor in seinem Bemühen umἀ , berechtigt fühlt. Seine Zeugenschaft –undauch hier folgt Wirklichkeitstreue‘25– 26–zwingt ihn α λ α ιά erThukydides inderScheidung derZeitgeschichte vondenπ

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conspiracies in thecapital is hardor impossible to discover, herarely seems conscious of any such difficulty in writing about hisowntime.“ Vgl. etwa Dios Recherchen zu denUsurpationsversuchen unter Elagabal, 80 (79), 7, 4; zur Sache D. Kienast, Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römischen Kaiserchronologie, Darmstadt 1990, 176. Neben Severus’ ‚De vita sua‘(vgl. jetzt denLiteraturüberblick bei K. Sallmann, in: HLL4 [1997], § 406. 2.) hatDio, dernurselten dieBenutzung literarischer Quellen offenlegt, sicher aucheine Schrift Caracallas benutzt, vgl. 79 (78), 2, 1: [hier beginnt derOriginaltext desCod. ῷ π τ ερ β λ ὶα ιβ ῷ ίῳ ὐ τ ο ρτ ῦγραφ έν ὰ ·κ α τ ὶγ ιο θ ια ή ε ἱἐν λ ᾽ἀ Vatic. 1288] ... ἀ λ λ έτυ χ ο ν . –Im übrigen istnicht auszuschließen, daßnicht nurMarius Maximus vondenfrühen Werken seines jüngeren Kollegen Dioprofitieren konnte, sondern Dioinseiner Darstellung derRegierungszeit desKaisers Elagabal, demer selbst wohl nie begegnet war, aufdieeben erschienene Vitensammlung des Maximus zurückgegriffen hat, vgl. schon J. J. Müller, Der Geschichtschreiber L. Marius Maximus. Eine kritische Untersuchung, in: M.Büdinger (ed.), Untersuchungen zur römischen Kaisergeschichte III, Graz 1973 (= Leipzig 1870), 110ff. (contra J. C. P. Smits, De fontibus, e quibus resabHeliogabalo etAlexandro Severo gestae colliguntur, Diss. Amsterdam 18, 3 annimmt); da1908, 83, dereine gemeinsame Quelle vonDioundHist. Aug. Heliog. 1– nach wohl M. Frey, Untersuchungen zurReligion undReligionspolitik des Kaisers Elagabal, Historia Einzelschr. 62, Stuttgart 1989, 10f.; zuMarius Maximus undDiozuletzt A. R. Birley, Marius Maximus: theConsular Biographer, in:ANRWII 34. 3 (1997), 2678ff., bes. 2699f.; die Forschung zusammenfassend K. Sallmann, loc. laud. § 405.1. Auffällig die häufigen Zitate aus Kaiserbriefen andenSenat oder dessen Verlautbarungen, – mögen sie nundirekt benutzt, durch dieacta senatus oder gardiepopuli acta diurna vermittelt worden sein, vgl. 78 (77), 13, 6; 78 (77), 18, 2; 20, 1; 22, 3; 23, 2; 79 (78), 1, 3 –jeweils Briefe Caracallas; Briefe Macrins: 79 (78) 12, 1ff.; 16, 1; cf. 27, 3; 36, 1; Briefe Elagabals: 80 (79), 1, 2; 2, 4; 4, 4; 5, 1al. Zudenacta senatus vgl. R. Talbert, TheSenate of Imperial Rome, Princeton/ N. J. 1984, 308ff., bes. 323ff. mitzunegativer Einschätzung derQuellenarbeit Dios; vgl. jetzt M. Coudry, Sénatus-consultes et acta senatus: Rédaction, conservation et archivage des documents émanant dusénat, del’époque deCésar à celle desSévères, in:Lamémoire perdue. À larecherche desarchives oubliées, publiques etprivées, delaRomeantique, Sér. Hist. Anci102. Zudenacta diurna vgl.B. Baldwin, Theacta diurna, enne etMédiévale 30, Paris 1994, 65– 203. Chiron 9 (1979), 189–

2. 24 Vgl. etwa 73 (72), 7, 1– inderzeitgeschichtlichen Darstellung siehe Thuc. 5, 26, 5 und ε ια ίβ ρ κ 25 ZurKonzeption derἀ vgl. O. Luschnat, RE Suppl. XII (1970), 1091f. 1162ff. s. v. Thukydides derHistoriker; grundε ια . DasIdeal derExaktheit beidenGriechen ρ ίβ κ legend istdieUntersuchung vonD. Kurz, Ἀ bis Aristoteles, Göpp. Akad. Beitr. 8, Göppingen 1970, 40ff.; vgl. auch S. Hornblower, Thu-

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cydides, London 1987, 37ff. (wie Anm. 25), 50ff. –ZumBegriff ‚Zeitgeschichte‘in derhistorischen Forε ια ρ ίβ Kurz, Ἀ κ schung vgl. dieDiskussion imSammelband: Ecrire l’histoire dutemps présent. Enhommage à François Bédarida, Actes delajournée d’études del’IHTP, Paris 14mai 1992, Paris 1993; darin 245, ausalthistorischer Perspektive: N.Loraux, Leregard d’unehistorienne del’Antiquité 241–

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zugrößerer Ausführlichkeit, während er sich fürdie tradierte Geschichte demPrinzipderKürze verpflichtet sah.27 73 (72), 18, 3f.: Unddaichselbst, „... persönlich zugegen, anjeder Einzelheit sehend, hörend undsprechend teilnahm, hielt ich es fürangezeigt, nichts vondemzuunterdrücken, vielmehr

dieVorgänge wiesonst einEreignis vonhöchster Wichtigkeit undBedeutung demGedächtnis der späteren Geschlechter zu überliefern. Undich will in der Tat auch all die anderen Geschehnisse, diesich zumeinen Lebzeiten ereigneten, eingehender unddetaillierter schildern als frühere Ereignisse, weil ichja selbst dabei anwesend warundimKreise derer, die eine angemessene Beschreibung derBegebenheiten liefern können, sonst niemand kenne, derübersolch genaues Einzelwissen wieichverfügt.“ 28

WiederBericht über Commodus’Darbietungen in derArena lehrt, demdiese methodische Äußerung entnommen ist (73 [72], 17, 1– 21, 3), sieht sich derHistorikergerade durch dieNähe zumHerrscher berechtigt, selbst unbedeutende Einzelheiten ausführlich zureferieren. Undohne daßdarüber hinaus einklares Auswahlprinzip29 deutlich würde, werden Schilderungen ausdemgesellschaftlichen Leben Romsgegeben, diegerade inihrer Beliebigkeit undmitihrer intensiven Stimmungszeichnung, wie sie eben nurein Zeitgenosse geben kann, historische Momentaufnahmen vonbesonderem Wert sind. Dioentspricht hier nicht derantiken historiographischen Theorie; dochfürsolch unprätentiöse Einblicke ist ihmdiehistorische Forschung heute dankbar.30 Eine indes schwerer wiegende Belastung ist dieenge Verknüpfung seines literarischen Schaffens mitdemHerrscher selbst: Severus ist ihmvonAnfang anspiritus rector seines großes Geschichtswerks, daser schon bald nach Erscheinen der beiden ersten Werke in Angriff nimmt.31 Während aber derKaiser in Dios früher Phase als wohlwollender Förderer die Arbeit desGeschichtsschreibers unterstützt undnoch einmal nach seinem Tode als Traumgesicht denHistoriker ermahnt, er solle auch dieGeschichte Caracallas ausderPerspektive desZeitgenossen nieder-

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speziell zuThukydides; zurrömischen Zeitgeschichte vgl. zuletzt U. W. Scholz, Annales und 79. historia(e), Hermes 122 (1994), 64– DazuManuwald, DioundAugustus (wie Anm.3), 276ff. η ν μ νἡγησά ιο , δίκα α η σ α λ ακ ὶἐλά υ σ ὶἤκο α κ τ α σ κ α ο νἕκα ὶεἶδ ὼ να ὼ ρ τ α ὐ ὸ ὶπ ... κ α ςἐγ η μ δ ὲ να γ τ νκ α ω α ίσ ὶ ἀν ὐ τ εγ ῶ νἀ νμ ῶ ιἄ λ λ οτ ρ ύ ρτ π ψ ο κ θ α α σ ι, ἀ ε λ σ π ,ὥ λ α ὰκ ά ὶα τ υ ὰ α τ τ ν α ά λ π λ α ικ ὶτἆ ο τ έν α α ν α ι. κ ρ ὶμ δ ο ῦ ῃ τ α ῶ ν π μ μ έν ν ἐσ ω έπ ειτ α ἐσ ή ο κ α ιο τ μ ἀ ν ω ν τ ,τ ῇ α ,ὅ ν ε ρ τ ό τ εσυ ερ ιτ ἢτ ὰ π μ ᾶ λ λ ν ή σ ο ω γ ο ή α λ σ κ ο ω τ ὶλεπ γ υ ο τ ὶλεπ α κ τ ρ θ έν α α χ ο ῦπ ἐ π ᾽ἐμ ὴ νἀ φ ξ γ ο υ ία νλό γ εν η ό μ έν ω νἐ να ςσυγγρα ὐ τ ν νο η α ἄ ιδυναμ δ έ λ λ ο ο ντ ῖς ἶδ α τ ῶ ,κ ιμ α τ ὶὅ ί. ο μ ίω ο α ὐ κ ό τ ὰ τ α ὁ ςἐμ κ α τ α θ έσ θ α ιδιηκριβω Diese konzeptionelle Schwäche wird durch seine in 46, 35, 1 vorgestellte ‚historische Methode‘, die Manuwald, Dio undAugustus (wie Anm. 3), 280 gern Dio selbst zusprechen möchte, Gowing, Triumviral Narratives (wie Anm. 3), 46 Anm. 25 aufThukydides zurückführt, noch ) werden auchhiernicht deutγ α ρ unterstrichen. DenndieKriterien einer Auswahl derFakten (ἔ lich; unddermethodische Anspruch kanngerade imzeitgeschichtlichen Teil mitseiner Fülle unwichtiger Details nicht eingelöst werden; eingenerelles Verdikt nachSchwartz, Cassius Dio (wie Anm. 1), 1690f. = 404 auchbeiMillar, Study (wie Anm.20), 45; anders Hose, Erneuerung

(wie Anm. 3), 423f.

Bescheidenes Lob auch derliterarischen Qualität deszeitgeschichtlichen Teils bei Schwartz, Cassius Dio(wie Anm. 1), 1692 = 405. ZurChronologie vgl. Schmidt (wie Anm.9), bes. 2620f.

Politische undpersönliche Motivation

inDios Zeitgeschichte

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zumindest inderRetrospektive Dios– ganzvombestimschreiben,32 wirddieser – menden Einfluß derTyche, seines Daimonions,33 verdrängt, dasdenHistoriker in einem inspirierenden Traum schon zuseiner ersten historischen Schrift veranlaßt hatte (73 [72], 23,2). So heißt es im folgenden:

Unddiese Gottheit [Tyche] liehmirdieKraft, meine Geschichte fortzusetzen; wennichmich „ vorihrängstigte unddamit zögern wollte, wennichihrer überdrüssig wurde undansAufhören dachte, dannermunterte sie michdurch Träume underfüllte michmitgroßer Hoffnung fürdie Zukunft, diemeine Geschichte amLeben erhalten undihren Glanz nimmermehr vergehen lassen werde. So hatte ich in ihr anscheinend eine Wächterin über meinen ganzen Lebensweg 34 gefunden undbinihrdarum ganzergeben.“

ImVergleich zusolch inbrünstigem Bekenntnis zurTyche wahren vergleichbareÄußerungen beiPolybios diederHistoriographie angemessene Zurückhaltung.35 Andererseits scheint einSeitenblick aufdashistorische Epos nicht weniger problematisch.36 Denn daß der Musenanruf in der Gattung ‚Historia‘ nichts zu suchen habe, betont ja gerade Lukian in Auseinandersetzung miteiner seiner fiktiven Historikergestalten (hist. conscr. 14): „ Einer dieser Autoren begann sogleich miteinem Anruf andie Musen, sie möchten ihmbei seinem Werk zurSeite stehen. Dusiehst, wiegeschmackvoll undfein abgestimmt dieser Eingang für ein Geschichtswerk ist undwie passend für dieses literarische Genos!“(Übers. H. Homeyer)37

κ α ν ρ χ ία τ α σ τ ῆ ν α ρ ο ν η α μ ι, π ο η λ ώ εδ ρ ρ ὶν ἐ ν θ τ ὴ ο ό ὶδ α ςτ ή ὶπ ,κ ὲδ 32 79 (78), 10, 1:ἐμ π ο ν τ ιν ὰ ρ ά γ ι. ψ α ο τ ικ ὶτα ῦ τ α ιμ ῦ(i. e. Severus) ὅ ο ρ ρ ὸ τ ὰ τ ὐ ο ςα π α α τ ῦπ 883 33 J. Puiggali, Les démons dans l’Histoire romaine deDion Cassius, Latomus 43, 1984, 876– unddazuGowing, Triumviral Narratives (wieAnm.3),30mitAnm.34;Hose, Erneuerung (wie Anm. 3), 434 Anm. 7. –Tyche undDaimon sind auch bei Polybios zwei Begriffe fürein und dieselbe Erscheinung, vgl. K.-E. Petzold, Studien zurMethode desPolybios undzuihrer histoDer Daimon oder die rischen Auswertung, Vestigia 8, München 1969, 49f. 90 m. Anm. 4: „ Tyche wirken unberechenbar inderGeschichte, siesindinderpopulären Vorstellungswelt jene entscheidende Macht, diePolybios inderTheorie mitdemNaturgesetz desWerden undVergehens zubegreifen sucht.“ ν ν ρ ω ύ υ νμ επ ο ά ρ σ ὸ νἐπ νἱστορ ὴ η ςτ ιρ ία 34 73 (72), 23, 4: τ ν τ ὴ νδ ὲδ εὐ ὴθ β ε νταύ ὸ ῶ λ α ρ ὸ ςπ ς ρ γ εύ ο ο τ ν τ α ά π εἀνακτω νἀ ο εν μ μ ύ α η ν ο ν ,κ ὶπ ο ν εν ο ρ έν ῶ δ ι᾽ὀν κ ε είμ ςδια ια α ὐ τ ὴ νκ ὶὀκνη ρ ά τ ω ν ,κ μ ν ο ο υδιδοῦ ιὡ ν τ ο α λ ο έλ ν σ ά ὶκα ςχρό λ ὰ ςὑπ ῦμ ο ο ρ ίδ ὶτ α ςἐλπ λ ειψ ςπ ε μ έν ο ο υτ ὴ ν ῆ γ γ ς ω ,ὡ β ίο υ ια ῆ δ ο τ ςτ ῦ ν ο π ςἔοικ τ ο ο κ ν , ἐπ ίσ ρ ώ σ ο ς α υ χ ε ῶ ν μ α , ςἀμ , εἴλη ρ κ ία α ν ὶοὐδα ἱσ τ ο κ α α ι. ὶδ ιὰ κ ά ειμ τ ν ο ἀ ῦ τ τ οα ῇ ὐ 35 AndieBedeutung derTyche inPolybios’großem Geschichtswerk erinnert Gowing, Triumviral Narratives (wieAnm.3), 30Anm.35; siehe hierzu vorallem Walbank, Commentary (wieAnm. 4), I16–26.–AuchKarl-Ernst Petzold weist michaufPolybios hin,deraufdieGunst derTyche hofft, „ daßunser Leben so weitreichen möge, umunser Vorhaben zuEnde führen zukönnen“ ῃ τ (Polyb. 3, 5, 7: π ὰ ίο ρ τ υ ὸ μ ο π ῦβ ά ςτ ὸ τ ρ ὴ ν ό θ π ν δρ ε υ σ ιν ἐ η α σ π ρ ὶ ς , ἵν ο σ δ ε ῖδ ῆ ςτύχ ᾽ἔτ ιτ

). τ έλ γ ε ῖν ο γ α ςἀ

36 Dazu R. Häussler, Der Tod der Musen, A&A 19 (1973), 126 mit Anm. 41 undDers., Das historische Epos derGriechen undRömer bisVergil. Studien zumhistorischen EposderAntike, 1.Teil: VonHomer zuVergil, Heidelberg 1976, 85. λ α ῶ κ ν τ ρ α ὰ 37 ε ε ὰ ά ςθ ςσυνεφ ψ α π α ο ἷςμ τ α έ σ ν θ γ τ ιςαὐ α ιτ θ ὺ ο ῦ σ υ ςἤρξ ν εὐ τ ἀ π ὸ Μ ῶ ν σ ῶ ο υ γ ρ μ ά μ α τ ᾷ ο ςὡ ὴκ ῳ ῷ κ τ ρ ε α ς α ο ρ ὴ χ ὶπ ἴδ ιο .ὁ ὶτ ρ μ ὶπ ςἐμ ε τ ό ρ ελ α δ ε ςἡἀ ῇ ἱσ ύ τ ιτ ο τ ίᾳ ῶ ν γ ρ έπ ω ν ο υ π σ α . λ ό

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Dio hatte Lukians Schrift offenbar nicht gelesen; und die Selbstverständlichkeit, mitderer dieInspiration zuseinem Geschichtswerk durch eine Gottheit freimütig eingesteht, läßt sich amehesten miteiner Äußerung seines selbstbewußten Landsmanns Arrian vergleichen, demunser Historiker ja auchanderweitig verpflichtet ist,38 unddenmanimHintergrund mancher parodistischen Bemerkung in Lukians Schrift über die Geschichtsschreibung vermutet hat.39 So schließt derAlexanderhistoriker sein Werk mit denWorten: „ Imübrigen ist es die Gottheit gewesen, die auch mich dazu angeleitet hat, die Abfassung dieses Werkes auf mich zuneh40Soweit ichsehe, ist dies dieengste Parallele zuDios ganz außergewöhnlimen.“ chem, persönlichen Bekenntnis, daskeiner Tradition verpflichtet zu sein scheint, vielmehr Ausdruck seiner religiösen Haltung ist, deren Wurzeln vielleicht inseiner bithynischen Herkunft zusuchen sindunddiesicher auchdemZeitgeist entspricht.41 Die Inspiration des Historikers durch sein δα ιμ ό ν ιο νfolgt also keiner literarischen Konvention. Sie macht vielmehr die Eigenart Dionischer Geschichtsschreibung ausundbestimmt denCharakter seines Geschichtsverständnisses.42 Ein Ausdruck dieser sehr persönlichen Sichtweise ist es etwa, wenn Dio unter Verlust jeglicher Distanz zuseinem Beschreibungsobjekt eine Todesahnung ausjenen be38 Er hatte eine Biographie Arrians geschrieben (Boissevain spricht diese Dioohne Begründung ab, vgl. Cassius Dio III p. 776 adn.) –freilich die desPhilosophen, nicht desHistorikers, den ίω Dio doch so ausgiebig benutzt hatte, vgl. Suda s. v. Δ νὁΚ ά σ ιο σ ; hierzu die interessante ς ρ ια ν ὸ ρ ιλ φ ό ςὁφ ο σ ο ς Bewertung des Verhältnisses Dios zuArrian bei G. Wirth, Ἀ , Klio 41 (1963), 221– 233. –Zuseiner Abhängigkeit vonArrian inderDarstellung derrömisch-parthischen Auseinandersetzungen vgl. besonders K. Hartmann, ÜberdasVerhältnis desCassius Dio 91; A.B. Bosworth, Arrian’s zurParthergeschichte desFlavius Arrianus, Philol. 74 (1917), 73– Literary Development, CQn. s. 22 (1972), 163ff. 39 Vgl. hierzu G. Wirth, Anmerkungen zurArrianbiographie. Appian –Arrian –Lukian, Historia 13(1964), 209ff., bes. 232ff.; G. Anderson, Arrian’s Anabasis Alexandri andLucian’s Historia, 124; differenzierend erwägt K. Strobel eine „Parodie derArriannachHistoria 29 (1980), 119– : Zeitgeschichte unter denAntoninen. DieHistoriahmung inderzeitgenössischen Produktion“ kerdesPartherkrieges desLucius Verus, in: ANRW II 34. 2, Berlin –NewYork 1994, 1336. η ή νο θ ὐ μ ῳ δ ρ ὲα ὡ ὐ τ ὸ ν δ ετὴ ν ε ε ο ςἄ υθ ῦἐ ν ᾽ὅ τ ςτή 40 Arr. anab. 7, 30, 3 (finis operis): ... ἐφ ή ν . –Zumhier anklingenden Motiv derKongenialität Alexanders undseines Historiφ ρ α γ γ σ υ kers vgl. Ph. A. Stadter, Arrian of Nicomedia, Chapel Hill 1980, 66.

41 Zum‚Wunder- undZeichenglauben‘derZeit vgl. M. P. Nilsson. Geschichte dergriechischen Religion II. Die hellenistische undrömische Zeit, München 19743, 520f.; E. R. Dodds, Heiden undChristen in einem Zeitalter derAngst. Aspekte religiöser Erfahrung vonMarc Aurel bis Konstantin, Frankfurt/M. 1992, 44ff.; Hose, Erneuerung (wie Anm. 3), 434. –Vgl. G. W. Bowersock, Fiction as History. Nero to Julian, Sather Class. Lect. 58, Berkeley al. 1994, 77ff. („ Reality of Dreams“ ), bes. 98. 42 Hose, Erneuerung (wie Anm. 3) 435f., spricht voneiner ‚konsistenten Geschichtskonzeption‘

Dios, gestützt aufeine ganz vereinzelt dastehende Äußerung Dios zumWesen derProphezeiung(fr. 52, 22), dieseiner sonstigen Auffassung widerspricht, undderausdrücklich als ‚Tradi.) gekennzeichneten Thrasyllos-Anekdote 55, 11, 1f. Grundικτλ τ εἔχ ιὅ ε γ α νγ ο ὶλ ό tion‘(κ konstellation einer solchermaßen gewonnenen Konzeption ist derhandelnde Mensch unddie ihnhierbei bestimmenden Faktoren: „Geschichte verläuft gemäß denalsanthropologische Konstante begriffenen psychologischen Triebkräften ...; derMensch ist, obschon überirdische Mächte wirksam sind, grundsätzlich frei inseinen Entscheidungen (wenn auchdurch psychologische Faktoren bestimmt) undkann, wenner die Hinweise, die vondenüberirdischen Mächten in Form vonProdigien ... etc. gegeben werden, berücksichtigt, Unheil entrinnen.“

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kannten Euripideischen Schlußversen herausliest,43 dieCaracalla beimallgemeinen Aufbruch nacheinem Symposion unddamit derSituation ganz angemessen zitiert hatte –ohne dabei derTatsache gewahr zuwerden, daßdasletzte gegenüber Dio gesprochene Wort nunnicht gleich fürdie allgemeine Geschichte vonBedeutung

sein muß: Beidieser Gelegenheit schien Antoninus diese Verse nursonebenbei gesagt zuhaben, dochda „ er bald danach umsLeben kamunder dieWorte mirgegenüber als letzte hatte fallen lassen, mußte manglauben, daßer ganz nach Orakelart dasauf ihnZukommende vorausgesagt hatte.“ 44

Vielleicht spiegelt derebenangesprochene Wechsel vonderInspiration desKaisers zujener derTyche einen biographischen Aspekt wider –denRückzug Dios vom ‚Politischen‘ nach derEnttäuschung seiner frühen Hoffnungen, die er zunächst in Severus gesetzt hatte.45 Eine Formjener ‚Inneren Emigration‘, wiesie Will Richter fürdie Historiker derfrühen Kaiserzeit diagnostiziert hatte, ist sie freilich nicht.46 Seine Geschichtsschreibung bleibt trotz aller Beteuerungen ohne durchgehenden pädagogischen Anspruch undhat im Verfolg persönlicher Sinnfindung vor allem literarische Absichten. Daswesentliche Ziel, dasdieantike Historiographie fürsich insonderformuliert hatte, tritt soindenHintergrund: derNutzen fürdieNachwelt – heit für denStaatsmann unddenMilitär. DieFortsetzung seiner Geschichte strebt DioindemRahmen an,denseine persönliche Tyche ihmzuweist; dasEnde seiner Geschichte bestimmt sie,47 nicht etwa eine umfassende Geschichtskonzeption, die bestimmte Wende- oder Zielmarken Fremder in seinen Büchern“sein, wie dies vorgäbe.48 Er kann daher auch kein „ Lukian in anderem Zusammenhang vomHistoriker fordert (hist. conscr. 41: ξ έ ν ο ς ), daihmsein Werk zumständigen Begleiter undLebensinhalt geλ ίο ις ιβ ῖςβ τ ο ν ἐ worden ist (73 [72], 23, 4). Undfolgerichtig schließt die‚Römische Geschichte‘mitDios Ausscheiden aus dempolitischen Leben. Wichtig ist schließlich nur sein sicherer Weg durch alle Fährnisse, dieRückkehr indieHeimat, dieBestätigung seines persönlichen Fatums imAufundAbderGeschichte. Zumindest mußderLeser diesen Eindruck gewinnen, wennerdieautobiographischen Bemerkungen amSchluß der‚Römischen Geschichte‘liest:

43 Eur. Alc. 1159ff.; vgl. denKommentar vonR. Kannicht, Euripides. Helena Bd.II, Heidelberg 1969, 438 zudengleichlautenden ‚Marschanapästen‘Eur. Hel. 1688ff. μ μ γ ρἄλ η α ῆ ὲ ὰ κ ν έν λ ω ρ α ςἀ ιτο ρ η ρ ὴδ 44 79 (78), 8, 4: π α π ῦ χ ὲ α ο τ λ οτ ὸἔπ ελ ο ειδ ςἔδοξ , ἐπ ν ε η σ ρ α ξ ε ν υκεχρ ὴ ν ,κ ὶπ ά π ὸ ὲἔρρη φ ν ςἐμ ω ν η α ύ τ τ α ία ν τ α ευ οκ ὶτελ ετ νἀπ λ ώ ὰ ρ κ α κἐ ο ὐ ςμ ῳ η δ κ μ έν α ῷ η ιτρόπ ἐν . η μ μ ίσ σ θ ε ο β ό ν ο α τ ν α τ ὐ μ ιν ὰ τ ὰ σ υ 45 So schon Schwartz, Cassius Dio (wie Anm. 1), 1686 = 397. 315. 46 W.Richter, Römische Zeitgeschichte undinnere Emigration, Gymnasium 68 (1961), 286– ρλοιπ ,ὅ π ο υ ά γ ὰ ρ ὰ ιςἂ έχ ῃ ν κ δ ό 47 Vgl. dieZielsetzung 73 (72), 23, 3: μ α ῃ und23, 5: τ ὶτ ύ χ ῇ Τ ξ ρ ά ψ ετ εγ α ι. ῃ ,γ ή σ ρ ω ο χ ρ α ὶπ κ ν ἂ 48 Millar, Study (wie Anm.20), 171: „ Inwriting thehistory of hisowntimes hehadnoconscious historical theory orframework, butwassimply concerned to carry onhisHistory as faras fate ; vgl. Gowing, Triumviral Narratives would allow. The result is inevitably disappointing ...“ (wie Anm.3), 21.–Ganzanders R. Bering-Staschewski, Römische Zeitgeschichte beiCassius Dio, Bochumer hist. Studien, Alte Gesch. 5, Bochum 1981, 126f.

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„ So hatte es mirinderTatauchdasDaimonion ... mitaller Deutlichkeit geoffenbart (scil. die Rückkehr in die Heimat); denn imTraum, wieich glaubte, wardmireinmal durch dieses die Weisung zuteil, demEnde meines Werkes folgende Verse anzufügen: Hektor nun, heimlich entführte ihnZeus denGeschossen, demStaube, |mordenden Männern, demBlutvergießen, 49 demKampfesgetümmel.“

Er schildert sich also als Teil einer Zeitgeschichte, auf deren Ende es nicht ankommt. Ihmist daher die Theatermetapher das angemessene Schlußbild für den ausführlichen Teil seiner ‚Römischen Geschichte‘,50indersichderAutor bisweilen alsZuschauer, dannauchalsAkteur wiederfindet.51 Diepopuläre Vorstellung, daß imLeben balddieMasken, balddieSchauspieler wechseln, eignete sichbesonders gutfüreine solche Geschichtsdarstellung, inderdieTyche zurgeschichtlichen Leitlinie geworden ist: „Er selbst, derHistoriker, erläutert als gleichsam berufener Vermittler einGefüge vonFakten undEreignissen alsmanifestierten Willen derGottheit. Indem er Kausalitäten aufzeigt, aufdie esankommt, unddamit denSinnderGeschichte deutet, entledigt ersicheiner Aufgabe, diemit der anderer Historiker, Zeitgenossen wie Vorgänger, nichts mehr zutunhat undüber diese 52 hinausweist.“

Ungeachtet dieser Absage Dios aneine politische Geschichtsschreibung strenger Observanz wurde auchaußerhalb deszeitgeschichtlichen Teils, derdieSpanne von Commodus bis Severus Alexander umfaßt, immer wieder nachBezügen zurGegenwart desHistorikers gesucht.53 DennZeitgeschichte manifestiert sich auch ineiner Geschichtsschreibung, diejenseits der Grenze eigenen Erlebens oder derjenigen unmittelbar befragter Zeitzeugen liegt: Bekanntermaßen verdankt sichdergarnicht wahrgenommene unddaher ungewollte Anachronismus mangelnder Distanz des Autors zurGegenwart deshistorischen Berichts. Oder derHistoriker sucht in bewußter Parallelisierung mitfrüheren Institutionen, historischen Ereignissen oder kausalen Zusammenhängen denVergleich mit dereigenen Zeit –etwa, umseiner Darstellung größere Anschaulichkeit zuverleihenundauf diesem Wege demZiele einer Vermittlung vonGeschichte näher zu έσ τ ν... σαφ ιο ν ό ή λ α τ ω ιμ σ α ἐδ ε ὸδα ρπ ν 49 80, 5, 2: ... ὥ .ὄ ά ὶτ α ργ ο τ ν α εἔδ ρπ υκ ο σ π ε ο ξ α ρ ῷ ο κ ἀ τ τ ελ η ὰ ευ τ ρ ά θ α ιτ ά ἔ τ ψ α σ ·Ἕ δ π γ ίῳ ε κ ρ τ σ α ο ο ρ δ ᾽ἐ κ ῦπ ο τ ᾽αὐ π ιὑ θ α εσ σ σ ά ρ σ ο τ π β ελ έ α ω τ ςἔ κ σ ίη ν ρ ο τ ο ὕπ κ θ ᾽αἵμα ν δ ο ῦ . γ ςἔ ᾽ἀ α τ τ εΖ κ ςἔ κ εκυδοιμ ίη ε ὺ εκον ςἔ τ κ 50 80 (79), 21, 2 undSchmidt (wieAnm.9), 2631ff., vgl.bes.dieRekonstruktion 2633f. –Beispiele zurTheatermetapher beiBering-Staschewski, Röm.Zeitgeschichte (wieAnm.48), 175Anm. 641, dieganzrichtig diedistanzierende Betrachtungsweise desHistorikers alsZuschauer auch τ α erkennt. –ZumSchauspielerverin der negativen Bewertung derEreignisse als γελαιότα Bergleich siehe diematerialreiche Untersuchung vonR. Helm, Lukian undMenipp, Leipzig – lin 1906, 46ff. mitälterer Lit.; vgl. A. Demandt, Metaphern fürGeschichte, München 1978,

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332ff., bes. 342.

Wirklich merkwürdig ist die geradezu apathische Distanz des Autors zumGeschehen –eine gefährliche Haltung, wenndieMetapher Realität, dasLeben tatsächlich zumTheater wirdund jeder darum fürchten muß, in einem vomKaiser veranstalteten Spektakel als Komparse das 21, 2. Leben zuverlieren, vgl. 73 (72), 20, 2– Wirth, Einleitung (wie Anm. 1), 27. Eine Übersicht über Hinweise auf „datable events within Dio’s lifetime“und„contemporary imGesamtwerk beiMillar, Study (wie Anm.20), 208ff. institutions andcustoms“

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kommen –undsei es nur in der Form, daßer mit einem κ α ὶν ῦ νKontinuitäten aufzeigt.54 Bisweilen wird imVergleich auch eine Differenz geschaffen, die dann zurGrundlage einer Bewertung desGestern oder aber desHeute wird.55 Dieskann, je nachEngagement undTendenz, imhistorischen Rückblick biszur verklärenden Ahnenschau geraten, die freilich schon in derAntike ihre nüchternen Kritiker gefunden hat: nec omnia apudpriores meliora ... (Tac. ann. 3, 55, 5).56 Andernorts magvielleicht eindezidiert politisches Interesse anderGegenwart die historische Darstellung so sehr dominieren, daß Historiographie politisch instrumentalisiert wird. Eine direkte Wirkung auf die Politik der Zeit mit praktischen Vorschlägen zurOrganisation despolitischen Lebens undderVerwaltung erzielen zuwollen, istjedoch nicht dieAufgabe dieser literarischen Gattung,57 vielmehr der paränetischen Literatur.58 Dennoch ist gerade die Rede ein besonders geeigneter Ansatzpunkt zu einer ‚Politisierung‘imantiken Geschichtswerk: DieFreiheit desHistorikers, Reden selbständig zugestalten, steht eigentlich imDienste desrhetorischen ornatus, dessen auch die Geschichtsdarstellung nach antiker Theorie bedarf.59 Sie schafft hier die Möglichkeit zurFormulierung eigener politischer Vorstellungen –Perikles’Rede

μ ν... τό έ τ εδ ςτ έ... (36, 6, 2) undἐ ν ὰ ῦ μ α έρ ςν ς ἡ ῦ ν , etwa in 54 OdermitFormulierungen wieν derBemerkung zumFortbestehen bestimmter Festtage (54, 18,2); vgl. auchdienochin Severischer Zeit gültige Verfügung desAugustus, kein Senator dürfe ohne besondere Erlaubnis Italienverlassen –mitAusnahme Siziliens undderGallia Narbonnensis, 52,42, 6f. (vgl. Tac. ann. 12,23, 1undA.Chastagnol, Lesénat romain à l’époque impériale. Recherches surlacomposition del’A ssemblée et le statut desesmembres, Paris 1992, 164f. mitAnm.21 aufS. 411). 55 EinBeispiel fürersteres ausdemunmittelbar folgenden Text etwa 53, 16, 3, zuletzterem vgl. 53, 17,3. –Zurganzanders fundierten undgrundlegenden Zielsetzung derkomparativen Methode bei Polybios vgl. etwa P. Pédech, La méthode historique de Polybe, Paris 1964, 405ff.; Petzold, Studien (wie Anm. 33), 34ff. 56 Dazu im allgemeinen undzuTacitus imbesonderen R. Häussler, Tacitus unddashistorische Bewußtsein, Heidelberg 1965, 233f. 57 Vgl. dieBemerkung Quintilians, inst. 10, 1,31: ... totumque opus(scil. historiae) nonadactum reipugnamque praesentem, sedadmemoriam posteritatis et ingenii famam componitur. W.Ax betont allerdings richtig diehierimVordergrund stehende Abgrenzung vonderaktuellen Rede: DieGeschichtsschreibung beiQuintilian, in: Memoria rerum veterum, hrg. v. W.Ax,Palingenesia 32, Stuttgart 1990, 139. 58 Alssolche darf mandieimfolgenden zuerörternde Debatte vorAugustus jedoch nurin ihrem historischen Kontext betrachten, vgl. dieCharakterisierung beiK. Scott, Tacitus andtheSpeculumprincipis, AJPh 53 (1932), 70ff. –Weitere Literatur bei D. Fishwick, DioandMaecenas: The Emperor and the Ruler Cult, Phoenix 44 (1990), 267ff. –Die demgenus deliberativum folgenden Reden desAgrippa wiedesMaecenas sind mitderimkaiserzeitlichen Literaturbetrieb so beliebten Suasorie verglichen worden: A. V. vanStekelenburg, Deredevoeringen bij Cassius Dio, Diss. Leiden, Delft 1971, 107f. mitAnm. 8 undbes. 9. Literarische Parallelen 82 –nach Strasburger, in: Historia integra (wie Anm. 3), 46 finden sich etwa bei Hdt. 3, 80– zusammen mitHdt. 7, 8ff. sogar ‚Vorbild‘desDionischen Redepaars; Philostr. vita Apoll. 5, 37; weiteres bei Reinhold, Republic to Principate (wie Anm. 3), 167; vgl. die Verwandt32– 29 unddemSendschreiben Sallusts an schaft mitderconstitutio Romuli bei Dion. Hal. 2, 7– Caesar; zuÜbereinstimmungen mitletzterem vgl. M.Bonnefond-Coudry, Le sénat dela république romaine dela guerre d’Hannibal à Auguste. Pratiques déliberatives et prise dedécision, BEFAR 273, Rome 1989, 743ff. 59 Vgl. Dio 1, 1, 2; Parallelen bei Avenarius, Lukians Schrift (wie Anm. 8), 26ff.; vgl. ebda. 149f.

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aufdieGefallenen beiThukydides undTacitus’Galba-Rede sindnurberühmte und besonders pointierte Beispiele persönlich gestalteter Rede von unterschiedlicher Nähezureigenen Zeitgeschichte.60 ObauchDiodiese Möglichkeit inderDebatte vorAugustus genutzt hat, inder Maecenas als Agrippas Widerpart die staatstheoretische Diskussion umeinen detaillierten Entwurf zurVerwaltung RomsunddesReiches ergänzt (52, 19ff.), ist in derForschung seit dergrundlegenden Arbeit vonPaul Meyer fast einhellig bejaht worden.61 DesHistorikers politische Engagement gleich zuBeginn derRegierungszeit desSeverus schien ja aucheine solche Annahme nahezulegen. Undganzselbstverständlich setzte maneine stets präsente politische Reflexion desSenators Dio,62 desStatthalters undVerwaltungsfunktiorärs,63 imhistorischen Diskurs voraus, ohne 60 Thuc. 2, 35– 46 unddie Behandlung der Rede durch K. Gaiser, Das Staatsmodell des Thukydides. ZurRede desPerikles fürdieGefallenen, Heidelb. didakt. Reihe 8, Heidelberg 1975 (mit 108); Tac. hist. 1, 15f. undi. a. R. Syme, Tacitus, Oxford einem Beitrag vonH.Flashar 102– 208. 1958, 151f. 206– 61 P.Meyer, DeMaecenatis oratione aDione ficta, Diss. Berlin 1891; Schwartz, Cassius Dio(wie Anm. 1), 1719f. = 447; J. Bleicken, Derpolitische Standpunkt Dios gegenüber derMonarchie. 40, Hermes 90, 1962, 446 meint vorsichtiger, daßsich Die Rede desMaecenas, Buch 52, 14– Analogien undVergleiche mit derZeitgeschichte „... aufdrängen mußten undwir nicht nur seinUrteil, sondern auchmanche Einzelheit dermitgeteilten Fakten selbst alsReflexion aufdie politischen Verhältnisse seiner Zeitanzusehen haben.“ Millar, Study (wieAnm.20), 104,schneidetdagegen vonvornherein jede Diskussion ab:„There is noserious roomfordoubt thatMaecenas’speech is in itself a propaganda pamphlet, forits entire content (with trivial exceptions) relates to theearly [man beachte diepräzise Datierung!] third century andnotto the time of ; Flach (wieAnm.3), 135f.; diesem folgend Manuwald, DioundAugustus (wieAnm. Augustus“ 3), 21f.; Bering-Staschewski, Röm.Zeitgeschichte (wie Anm.48), 130. Denkleinsten gemeinsamen Nenner inderForschung findet U. Espinosa Ruiz, Debate Agrippa –Mecenas enDion Cassio. Respuesta senatorial a la crisis delImperio Romano enépoca severiana, Madrid 1982, 302f.: „ Los autores modernos confirman, por tanto, la vinculación estrecha del discurso de Vgl. G.W.Bowersock, Cassius DioandHerodian, Mecenas conel tiempo enqueDionvivió.“ in: TheCambridge History of Classical Literature I. Greek Literature, ed.byP. E. Easterling / B. M.W.Knox, Cambridge 1985, 712. Zuletzt vonM.Vielberg, Untertanentopik. ZurDarstellung derFührungsschichten in derkaiserzeitlichen Geschichtsschreibung, Zetemata 95, München 1996, 42, ohnejede Begründung als „Schlüssel zurInterpretation seines ... Geschichtswerks“ bewertet, wirddieMaecenas-Rede einmal mehraufdervonMillar undBleicken vorgezeichneten Bahngedeutet. 62 Wie bereitwillig jedweder kritischen Bemerkung Dios in seinem Gesamtwerk eine biographische Begründung unterlegt oder fürsie wenigstens einzeitgeschichtlicher Hintergrund gefordert wird, mageinBeispiel verdeutlichen, dasicheiner sosoliden Arbeit wiederDieter Flachs entnehme (A&A 18 [1973], 134): Hier wirddieindignatio Dios überdieMißachtung derKonsulwürde bei derGefangensetzung desAulus Caecina (64 [65], 10, 4) in ursächlichen Zusammenhang mitdereigenen Gefährdung Dios alscos. II desJahres 229 (80, 5, 1)gebracht, obwohl doch Buch LXV mehr als 15Jahre vorseinem zweiten Konsulat zumAbschluß kam, unddie Entrüstung bei einem konservativen Manne wieDio nicht erst persönliches Erleben voraussetzt; imGegenteil beschließt Dioerklärend, ja fastentschuldigend, dieEpisode mitderBemer, sodaßkeinAnlaß gegekung„solche Vorfälle gehören ebenganzundgarzuBürgerkriegen“ benist, hierin einen Reflex eigenen Erlebens zusehen. 63 So benutzt Th. Pekáry, Studien zurrömischen Währungs- undFinanzgeschichte von 161bis 235 n. Chr., Historia 6 (1959), 485ff. die „Maecenas-Rede bei Cassius Dio als Quelle für das , u. a. zurBesoldung desHeeres: „Zwarmußte schon Augustus demAerar öfters frühe III. Jh.“

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jegliches Bedürfnis, eine solche petitio principii imText hinreichend zuverifizieren;64 undohne überhaupt danach zufragen, wodenn imWerk sein Sachverstand adäquaten Niederschlag gefunden habe.65 Forschungsgeschichtlich wardiese These zunächst aneine Datierung desDionischen Werkes geknüpft, die voneiner Publikation derAugusteischen Bücher in derZeit Severus Alexanders ausging.66 Dennnurim Klima dersenatsfreundlichen Politik67 dieses Kaisers schien eine politische Einflußnahme durch denHistoriker aussichtsreich, während die frühe Enttäuschung Dios über Severus’68Mißachtung desSenats oder gardasVerhalten seines Sohnes gegenüber diesem altehrwürdigen politischen Gremium69 keinen Anlaß zuhochgespannten Hoffnungen geben konnte. Eine politische Absicht des Dialogs ist in dieser Zeitstellung also kaum zu vermuten –es sei denn als Kritik, wiewohl manauch unter der Prämisse einer Publikation schon zu dieser Zeit ganz unterschiedliche Erwartungen an denDialog herangetragen hat.70 Daaber dasWerk in einer vorläufigen Edition bis zumBuch

auseigenen Mitteln beistehen, doch beziehen sich dieAngaben bei Dio sicher [sic!] aufdie ständige Krise umundnach derWende desII. zumIII. Jh.“ 64 Geradezu als einen ‚Beweis‘für die Identifizierung derVorschläge desMaecenas mitDios eigener Position wollte manin einem späteren Rückverweis Dios aufMaecenas’Bemerkung zurUnterscheidung vonSenatoren- undRitterschaft sehen, denderHistoriker einflicht 53, 15, 2 –soetwaManuwald, DioundAugustus (wieAnm.3) 21mitBezug auffrühere Herausgeber ν inAnm.54 (Reimarus; Cary); Espinosa Ruiz, Debate (wieAnm.61), 30 (vgl. 52,25,6f.): ... ὧ η τ α ι; hier istjedoch dieunpersönliche Konstrukρ ο μ είρ γ ο ο π υ ιτ ᾶ ω ο λ ρ ν ῦ ό ςἄ ο ρ π ὶτ ῆ ε ςδιαφ tion gebraucht, dieDioauchsonst beiQuerverweisen inseinem Werke benutzt –fast gleichlauγ ν ο τ ο ις ῖςἄ ν ω λ ό εἴρ η τ α ι; vgl.auch53, 14,6: ἐ μ η τ α ι. γ ο ο υ ιτ ν ω ε ἴρ ο ἄ ό σ α ῦ λ tend52,41, 3: ὅ 65 Daher der vonPeter, Wahrheit undKunst (wie Anm. 20), 394, zuRecht benannte, aber als solcher nicht hinreichend verdeutlichte Widerspruch zwischen derMaecenas-Rede undDios daßnämlich „...er vondenErfahrungen seines reichen öffentlichen Lebens sonstigem Werk, – inseinem Werke überhaupt keinen Gebrauch machte. Dieeinzige praktische Beziehung aufdie Gegenwart, einProgramm derStaatsverwaltung fürdenjugendlichen Senatskaiser Severus Alexander, haterdurch dieForm, indieeresgekleidet, dievonReden desMäcenas undAgrippa vor

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Augustus, verhüllt.“ Meyer, De Maecenatis oratione (wie Anm. 61), passim; ihmpflichtet Schwartz, Cassius Dio (wie Anm. 1), 1719 = 447 enthusiastisch bei; vgl. O.Hirschfeld, Diekaiserlichen Verwaltungsbeamten bis auf Diocletian, 2. neubearb. Aufl. Berlin 1905, 484 (dem Lehrer Hirschfeld ist Meyers Dissertation zugeeignet); Bleicken (wie Anm. 61), 444ff., vgl. bes. 454, woDio „... hier als ein denErfordernissen derZeit gegenüber aufgeschlossener Mensch“beurteilt wird, „ der sich notwendigen Neuerungen nicht verschließt“–unddies gegen die Interessen seines Standes; siehe vorallem Espinosa Ruiz, Debate (wie Anm.61),passim, bes. 302ff. undSpätere. –Widerspruch gegen Meyers These schon beiG.Vrind, DeCassii Dionis vocabulis quaeadius publicum pertinent, ed.alt. Rom1971 (= denHaag 1923), 168. Zuletzt mit erschöpfender Darstellung der Forschung F. Nasti, Note sulla politica filosenatoria diAlessandro Severo conparticolare referimento alla Historia Augusta, AIIS 13(1995/96), 67– 104. –Diesen Aspekt zeitgenössischer Politik berührt derDionische Bericht über Severus Alexander bekanntlich garnicht, siehe zuhierzu schon Millar, Study (wie Anm. 20), 103f. Vgl. 75 (74), 2, 1f. 8, 4; 76 (75), 7,4ff. undeinleitend G. Alföldy, Septimius Severus undder

Senat, BoJbb 168 (1968), 112f. 69 78 (77), 4, 1ff. 9, 1. 17, 1ff. 18, 4. 20, 2 usw. 70 Man vergleiche die Schlußfolgerungen vonMillar undSwan: Millar, Study (wie Anm. 20), 104, nimmt als ‚Adressaten‘Caracalla anundbegründet dasUngleichgewicht zwischen beiden Hemayhave Reden mitderaktuellen Notwendigkeit einer Präsentation desDialogs inTeilen: „

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LXXVII undalso auchBuch LII unter Macrin vorlag (73 [72], 23, 5),71 es desweiteren keinen Grund gibt, eine spätere Einfügung derAgrippa-Maecenas-Debatte anzunehmen,72 bedarf dieThese vom‚politischen Programm‘desHistorikers indieser Rede schon allein vomGesichtspunkt derVermittelbarkeit an einen Adressaten, nämlich denKaiser, einer neuerlichen Prüfung. Undganzbesonders bleibt zuprüfen, ob Maecenas’politischer Entwurf fürdie Severerzeit wirklich als daskompakte politische Programm gelten kann, alsdases Millar betrachtet: „ It is a serious, coherent, andfairly comprehensive plan for coping with what Dio conceived to be the .73 evils of his time“ Diese weiterhin vorherrschende ‚politische‘Interpretation inihrer Entwicklung darlegen zuwollen, dieja zudenmeisttraktierten Fragen derDio-Forschung gehört, scheint nicht sinnvoll, zumal unseingehende Forschungsberichte, eine monographische Behandlung desThemas sowie ein neuerer Kommentar zudiesem Passus vorliegen.74 Vielmehr ist zunächst nach derZeitgebundenheit derRede innerhalb well begun a conventional debate but, faced witha demand toreadpartof hisworkto thecourt [nämlich in Nicomedeia 214], have gathered his courage andputouthis ownprogramme for remedying the ills of his time.“P. M. Swan (in: ANRW II 34. 3 [1997], 2549ff.) geht zwar Viewed ebenfalls vonderAbfassung derBücher unter Caracalla oderElagabal aus,folgert aber: „ in this context, his presentation of Augustus andhis regime as models for the Severan age bespeaks a more resistant andcritical attitude thanhadhewritten about themunder hispatron Severus Alexander“(2556), vgl. schon M. Reinhold –P. M. Swan, Cassius Dio’s Assessment

of Augustus, in:Between Republic andEmpire. Interpretations ofAugustus andHisPrincipate, ed. K. A. Raaflaub –M. Toher, Berkeley –Los Angeles –Oxford 1990, 164ff.

71 Vgl. dazu Schmidt (wie Anm. 9), 2620f.; insofern bekommt Dios Bemerkung gerade im77. Buche (!) zumregelmäßig gewählten Aufenthaltsort Capua eine ‚aktuelle‘Wendung, vgl. 77 (76), 2, 1: Sein Rückzug vondenGeschäften derStadt nachCapua diente also derVollendung einer ersten Edition, die er wohl noch vor seiner Kuratel in Asia im Jahre 218 abschließen ι. ρ ά ιμ ψ α γ α α ῦ τ τ ν ω γ wollte: ... ἵν μ ὴ ν ω ν ἄ ά τ ἀ π γ ὸτ ο ρ χ λ ῶ ν α σ α ῶ ν ἀ σ τ π ικ 72 Dies fordert derkompositorische Zusammenhang undderbescheidene Umfang, derdemBuch LII ohnedenDialog Agrippa –Maecenas verbliebe, vgl. hierzu schon Millar, Study (wie Anm. 20), 103. Aneine „independent composition“derRede, diewiealle Reden imGeschichtswerk natürlich ein Exkurs ist, denkt Reinhold, Republic to Principate (wie Anm. 3), 166; er bleibt allerdings denBeweis hierfür schuldig: „... Diohadpreviously composed a rhetorical speech full of commonplaces about thegoodruler ... andlater replaced it with theextensive, specific Gegen dieThese einer späteren Einfügung recommendations thatfollow inthepresent speech.“ auchW.Steidle, Beobachtungen zumGeschichtswerk desCassius Dio, WüJbb N.F. 14(1988),

204f.; Rich, in: History as Text (wie Anm. 3), 99. 73 Millar, Study (wie Anm.20), 107; anders jetzt Rich, Augustan Settlement (wie Anm. 5), 14f.: Thedebate, andinparticular Maecenas’speech, is often taken tobea sort ofdetached political „ pamphlet putting forward Dio’s views about howtheempire should runinhisownday. This is ; vgl. Steidle (wie Anm. 72), bes. 204f. a misinterpretation ...“ 74 Zusammenfassung derForschung i. a. beiE. Gabba, Sulla storia romana diCassio Dione, RSI 67 (1955), 314ff.; Millar, Study (wieAnm.20), 102ff.; Bering-Staschewski, Röm.Zeitgeschichte (wie Anm.48), 129ff.; A. L. Smyshlyayev, TheMaecenas Speech (Dio Cass. LII): TheDating 155–nochin andIdeological andPolitical Orientation, Graecolatina Pragensia 13, 1991, 137– Unkenntnis derausführlichen Monographie vonEspinosa Ruiz, Debate (wie Anm. 61); vgl. dort zurForschung passim, bes.273ff.; einkonziser Überblick beiSteidle (wie Anm.72), 203f.; siehe auchdenkurzgehaltenen Kommentar vonReinhold, Republic toPrincipate (wieAnm.3), 210; auseigener Perspektive D. Fechner, Untersuchungen zuCassius Dios Sicht derRö165–

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deshistorischen Kontexts zufragen; dennmanwirdnicht ohne Prüfung die RedeEinlagen imGeschichtswerk eines antiken Historikers alsÄußerung seiner eigenen Position ausgeben können. So hat gerade Thukydides für die Reden imGeschichtswerk die Beachtung der historischen Rahmenbedingungen gefordert, zumal die Rücksichtnahme auf „ die politische Gesamteinstellung des Sprechers“ ;75undPolybios (12, 25b, 4) schreibt später diedemGeist derhistorischen Situation verpflichtete RedeinderTheoriediskussion fest.76 Auch in derkaiserzeitlichen Geschichtsschreibung bleibt die Angemessenheit inHinsicht aufdiePerson desRedenden unddiehistorische Situation eineimmer zu berücksichtigende Forderung beiEntwurf undAusarbeitung vonorationes.77 Lukiannutzt daher die Gelegenheit, in seiner Schrift zurHistoriographie auch zurGestaltung vonReden in ganz traditioneller Weise Stellung zunehmen: μ ά λ ισ μ τ α ὲ ν μ γ α ῷ ρ τ π ά ῳ ιο κ α ἰκ ὶτ ε ῖα ρ οσ λ ώ έσ ῷ εγ π π θ ω ... (Luc. hist. conscr. 58).78 τ α τ ό ικ ἐο Wirdürfen also davon ausgehen, daßder‚Thukydideer‘Dio sich dieser überkommenen Regeln durchaus bewußt war.Schwartz, derDiosbesondere Vorliebe fürdie γ ω νaufzeigt,79 hält in diesem Zusammenhang die Beobachtung fest, ιλό α λ ιλ μ ἅ daßDio„... nurdaReden eingelegt hat, woer inderÜberlieferung dieNachricht fand, daßwirklich solche gehalten waren; denn die wenigen Fälle, in denen der Nachweis nicht zuerbringen ist, kommen gegen dieüberwiegende Mehrzahl nicht auf ... FürdieBeurteilung derGespräche zwischen ... Agrippa undMaecenas ist das von Wichtigkeit.“80 mischen Republik, Altertumswiss. Texte u. Stud. 14, Hildesheim al. 1986, 71ff., bes. 83ff.; dagegen Hose, Erneuerung (wie Anm.3), 391ff. mitLit. inAnm. 10.415ff.; einen ganzanderen, stärker aufdenhistorischen Maecenas gerichteten Blick bietet jetzt derBericht zur‚Maecenas-Forschung‘imInternet vonLucaGraverini: unisi.it/ ateneo/ ist/ anc_ hist/ online/ gr_mec/ cover. htm; zuAgrippa vgl. J.-M. Roddaz, Marcus Agrippa, BEFAR 253, Rome 1984, hier bes.

209ff.

75 Thuc. 1,22, 1undF. Egermann, Thukydides überdieArt seiner Reden undüberseine Darstel76 77

78 79

80

lung der Kriegsgeschehnisse, Historia 21, 1972, 575ff.; vgl. H.Erbse, Thukydides-Interpretationen, UaLG 33, Berlin –NewYork 1989, 131ff. Scharfe Kritik anerfundenen Reden übtPolybios etwa 2, 56, 10und12, 25k, 8. Quint. inst. 10, 1, 101(inseinem LobaufT. Livius): ... turn incontionibus supra quamenarrari potest eloquentem: ita quae dicuntur omnia cumrebus turn personis accomodata sunt. Vgl. auch Dion. Hal. de imitat. 3, 428. –ZurBeachtung dergleichen Prinzipien imsophistischen Vortrag vgl. T. Schmitz, obenindiesem BandS. 80. Siehe denliteraturgeschichtlichen Überblick bei Homeyer, Lukian (wie Anm. 11), 275f. adloc. Dio teilt diese mit seinem Vorbild, vgl. etwa Thuc. 1, 32ff. 68ff.; 6, 10ff. 16ff. Schwartz, Cassius Dio(wieAnm.1), 1719 = 445f.; zustimmend auchF. Millar, SomeSpeeches inCassius Dio, MusHelv 18 (1961), 14f.; Rich, Augustan Settlement (wie Anm.5), 11f. –Eine mögliche Parallelüberlieferung desDialogs bei Don. auct. Diehl p. 37 diskutiert Flach (wie Anm.3), 136; anders zuvor schon M.Reinhold, Marcus Agrippa. A Biography, Studia historica 16,Roma 19652, 65 Anm.9: „... butthestatement there [scil. inder Vita] is probably derived from Dio, whomthewriter, moreover, didnotreadcarefully [sic!].“Vgl. auchManuwald, Dio undAugustus (wie Anm. 3), 23 Anm.60: „Wodurch ist ausgeschlossen, daßdieVergil-Vita hier nicht auf Dio beruht?“ –Allerdings widerspricht dort die summarische Bemerkung zur Agrippa-Maecenas-Debatte ganzwesentlich demInhalt desDionischen Dialogs, sodaßFlachs These einer vonDiounabhängig repräsentierten Tradition nicht unberechtigt scheint.

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Undauchdiehistorische Situation vordem13.Januar 27 legteingehende Beratungen überdieanstehende Inszenierung desStaatsaktes der‚Respublica restituta‘ vonvornherein nahe.81 ImLichte dervonSueton erwähnten zweimaligen Absicht Octavians, die Res publica wiederherstellen zu wollen, gewinnt die These einer Quellenabhängigeit derDionischen Debatte anGewicht.82 Zudenengsten Beratern gehörten nuneinmal Maecenas undAgrippa,83 zweiCharaktere, diemansich kaum kontrastreicher vorstellen kann, unddiedeshalb besonders geeignet schienen, Vertreter derverschiedenen Standpunkte zusein undsoeinbesonders eindrucksvolles Rednerpaar zubilden.84 Es ist beobachtet worden, daßdie Redeneinlage mit demnarrativen Rahmen nicht immer konvergiert, Agrippa in derDebatte demsonst bei Dio gezeichneten Bild des Politikers fremd ist.85 Daß die Haltung der historisch handelnden Person nicht mit deren politischen Standpunkt in der Rede übereinstimmt,86 scheint mir 81 D. Kienast, 82

83 84

85

Augustus. Prinzeps undMonarch, Darmstadt 1982, 69 f.: „ Die innenpolitischen Maßnahmen derJahre 29 und28 v. Chr. dienten denn auch alle derVorbereitung desgroßen Staatsaktes vomJanuar 27 ...“ . Suet. Aug. 28, 1. AuchMillar, Study (wie Anm.20), 105 vermutet, daßvielleicht schon Dios Quelle die Anregung zueiner solchen Debatte gegeben haben mag. Sicherlich hataber Dio diese nicht ausSuetons Notiz herausgesponnen, vgl. Manuwald, DioundAugustus (wie Anm. 3), 85f., dereine beiden gemeinsame Tradition nicht ausschließt; vgl. auch Roddaz, Marcus Agrippa (wie Anm. 74), 211; Reinhold, Republic to Principate (wie Anm. 3), 166, glaubt an Indiesem Zusammenhang istdarauf hinzuweisen, daßderSprachAsinius Pollio alsQuelle. – gebrauch in derMaecenas-Rede (nicht nurauf Grund desSujets) imVergleich zumübrigen Werk auffällig ist. Besonderheiten notiert auchVrind, Devocabulis (wie Anm.66), 68 Anm. In 162; ebda. 117 Anm. 288 (zum Procurator) –allerdings mit unbefriedigender Erklärung: „ Maecenatis oratione vocabula sollemni modousurpata praeter pauca desunt ... Itaque conicere velim Dionem formam postremam huius orationis constituentem praeter consuetudinem quandoque dormitavisse.“Während ichdies aufDios Quelle zurückführen möchte, interpretiert A. Io credo infatti che dietro la difficile Favuzzi denWechsel imSprachgebrauch jetzt anders: „ scelta di nonricorrere perquanto possibile alla terminologia e alla fraseologia consuete, anche a rischio di apparire talvolta troppo vago, e dunque di nonessere correttamente inteso, ci sia innanzitutto la consapevolezza, daparte dello storico, che quella che sta elaborando e presen(Osservazioni tando è unasuaproposta, ... la sua‚risposta‘adalcuni problemi della suaepoca“ sualcune proposte diMecenate nellibro LII diCassio Dione, in:Epigrafia e territorio, politica e società IV, ed.M. Pani, Bari 1996, 273ff., hier: 283). Sen. benef. 6, 32, 2ff. zurBedeutung beider alsBerater Octavians, vgl. bes. dessen Dictum (6, 32, 3): „Horum mihi nihil accidisset, si autAgrippa autMaecenas vixisset.“ ZumGegensatz Agrippa –Maecenas siehe Roddaz, Marcus Agrippa (wie Anm. 74), 215ff.; Fechner, Untersuchungen (wie Anm. 74), 74, sieht imRednerpaar Agrippa –Maecenas eine geradezu unausweichliche ‚Personen-Besetzung‘. Dentatsächlichen Hintergrund derBeratunIntheelaborate fiction of gencharakterisiert R. Syme, Roman Revolution (wieAnm. 18),413: „ Cassius Diothedecision torestore theRepublic ... wasformed after private debate with those twoparty-magnates, thesoldier andthediplomat ... Whatwasdecided bytheadvisers of the Princeps wasmerely thedefinition of official powers, thephraseology todisguise themandall theelaborate setting of a solemn political show.“ Reinhold, Agrippa (wie Anm. 80), 65; Millar, Study (wie Anm. 20), 105f. Roddaz, Marcus

Agrippa (wie Anm. 74), 212ff. Republic toPrincipate (wie Anm. 3), 167f. Besonders auffällig gleich nachBeendigung derDiskussion dieBereitschaft Agrippas, Maecenas’Vorschläge politisch umsetzen zuwollen, siehe 52, 41, 2.

86 Vgl. dieBelege bei Reinhold,

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allerdings kein ‚Kunstgriff‘Dios zusein,87 derja auchdenhistoriographischen Prinzipien derRedegestaltung zuwider liefe, sondern einBruch in derDarstellung und also ein vitium unseres Autors, der wohl Quellen mit unterschiedlicher Tendenz gefolgt ist.88 Vomhistoriographischen Blickpunkt mußauchdiezusammenfassende Behandlung der verfassungsgeschichtlichen Entwicklung des Prinzipats schon zumZeitpunkt seiner Grundlegung in Augusteischer Zeit als problematisch betrachtet werden; Diobedient sich daher dereinwenig bemühten Konstruktion, Maecenas habe mit seinen Reformvorschlägen die Grundlagen für alle spätere Entwicklung gelegt, Augustus deren Verwirklichung je nach denZeitumständen umgesetzt undeinige sogar seinen Nachfolgern überlassen,

2: „ Er (scil. Caesar) verwirklichte nunfreilich alle seine Anregungen nicht sogleich 52, 41, 1– ... (2). Indessen führte er die einen Reformen doch alsbald durch, während er mit anderen zuwartete; weitere hinterließ ersogar seinen Regierungsnachfolgern zurErledigung, imGlauben, daßerst imLaufe derZeit sich bessere Möglichkeiten fürihre Verwirklichung bieten würden ...“89

Die zeitliche Entwicklung desPrinzpats wird in einem fiktiven augusteischen Reformentwurf zusammengefaßt.90 Daßdiese Darstellung voninstitutionellen Einrichtungen undMechanismen despolitischen Systems verschiedenen entwicklungsgeschichtlichen Phasen verpflichtet ist, wirddurch dasKonstrukt, Maecenas habe schon alles vorgedacht, nurdürftig kaschiert. Unddoch darf diese Zusammenfassung in gewisser Weise als adäquate Beschreibung der„evolutionary method“des ersten Princeps bewertet werden,91 wennauchdas‚Modell Augustus‘nicht fürdas voll entwickelte System verantwortlich gemacht werden kann.92 87 So vanStekelenburg, Redevoeringen (wie Anm.58), 108: Diohabe diese Diskrepanz bewußt geschaffen, umAgrippas Loyalität selbst unter Preisgabe dereigenen politischen Überzeugung zuunterstreichen. –Zurtatsächlichen Präsentation Agrippas inderÖffentlichkeit vgl.W.Ameling, Augustus undAgrippa, Chiron 24 (1994), 27. 88 Allgemein aufUnstimmigkeiten innerhalb derDarstellung derAugusteischen Zeitverweist Manuwald, DioundAugustus (wie Anm.3), 273ff.; under bezweifelt, „ ... daßes ihm[scil. Dio] gelungen wäre, divergierende Konzeptionen seiner Quellen völlig auszugleichen“(275). Zur Problematik vgl. auch E. Gabba, The Historians andAugustus, in: Caesar Augustus: Seven Aspects, ed.F. Millar/ E. Segal, Oxford 1984, 71. θ ῇτ η ι, ἀθρ ε ὴκ ὶςμ α ό α λ ὶσφ ω 89 ο ς οβ έν ὐμ ρ α τ ο ικ α ρὐπ έθ ε ιτ οἔπ ,φ ετ τ ε ν α εὐ ὶπά θ ξ ὺ σ π ε ςὥ μ η ετ μ σ μ ᾽ α ετ ετ μ ῆ ρ ρ εκ α ὰ υ ό δ μ θ ρ ίσ ρ μ α χ ή νπ ὲ α α σ ·ἀ λ α ὰτ λ ιτ ὰ ο π ὺ ς ο υ ελ ςἐθ ςἀνθρώ ν ὸ κ α ιρ ὰ νὡ κ α τ έλ τ ιπ ε σ α ν α α ὶκ ςκ ρ α τ ο ἄ ιῆ ῦ ιπ ξ ο υ τ α σ ε τ ὰ ο α ῖςμ κ ὶτ α ιν α ίτ ,κ ν ο ερ τ σ ὕ

η γ μ ῳ εν σ μ ᾶ ό ε ν λ α . λ ῷ ρ ό ν ο νἐ χ ντ 90 Vgl. auch52, 20, 1: „Indes, wasdiese Frage angeht, sowerden wirzueinem späteren Zeitpunkt nochmals genauer untersuchen, welche Maßnahmen zuergreifen sind, umzuverhindern, daß wirdenLeuten alle Rechte aufeinmal gewähren.“ 91 E. T. Salmon, The Evolution of Augustus’Principate, Historia 5 (1956), 477: „Augustus had notindeed fashioned it [scil. denPrinzipat] suddenly orovernight. Hehadpreferred theevolutionary method, largely because as circumspectissimus etprudentissimus princeps he wasdisposed to take steps only whenthey were needed.“ 92 Vgl. Reinhold, Republic to Principate (wie Anm. 3), adloc. (210): „With this clause Dio acknowledges thenon-Augustan aspects oftheprogramme ofreform ... butatthesametimeclaims for his proposals that they are in the spirit of Augustus, in order to validate their authority.“

Letztere Bemerkung bleibt freilich Spekulation.

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Andererseits macht der Historiker selbst hinlänglich deutlich, daß der Hintergrund für bestimmte Vorschläge erwartungsgemäß in derhistorischen Situation der Rede und also der Augusteischen Zeit zu suchen ist –ein Aspekt, den Mason Hammond überhaupt erst wieder insBewußtsein gerückt hat,93 undderjüngst ganz entschieden fürdieGesamtheit derReformvorschläge inAnspruch genommen wurde.94 Hierzu gehören u. a. dieeingangs geforderten lectiones senatus (52, 19, 1),die ja ausderBürgerkriegssituation begründet werden unddieAugustus sogleich durchführt,95 oder die Bestellung eines praefectus urbi aushöchstem senatorischen Rang durch denKaiser, derübrigens zurZeit Severus Alexanders vomSenat bestimmt worden sein soll (Hist. Aug.Alex. 19, 1,idealisierend).96 Auchdiebevorzugte Heranziehung der equites im Staatsdienst, die ausder Sicht des Senators Dio doch eher befremdet, isteine Augusteische Schöpfung.97 Andere setzen wiederum eine spätere Entwicklung voraus,98 so daßvoneinem ‚idealtypischen‘ oder wenigstens ein-

93 M. Hammond, The Significance of theSpeech of Maecenas inCassius Dio, Book LII, TAPhA 102. –AusderPerspektive einzelner Institutionen undMaßnahmen wird dies 63, 1932, 88– immer wieder bestätigt, vgl etwa zumconsilium principis Bonnefond-Coudry, Le sénat (wie Anm.58), 743ff.; vgl. auchE. Baltrusch, Regimen morum. DieReglementierung desPrivatlebens derSenatoren undRitter in derrömischen Republik undfrühen Kaiserzeit, Vestigia 41, München 1989, 159 mitAnm. 173 zumSpielewesen. 185 Anm. 368 zurReorganisation der iuventus.

94 W. Steidle (wie Anm.72), 203ff., bes. 207: „Wennalso indenVorschlägen deszweiten Teils solche auftauchen, dieentweder erst inspäterer Zeit oderüberhaupt nicht verwirklicht wurden, so ist dabei dieser Bezug voneiner vonvornherein nuruntergeordneten Bedeutung. Maecenas

95

gibt vielmehr einen Rat, wieunter derVoraussetzung derdamaligen historischen Situation und möglichst konsequent eine Monarchie eingerichte werden könnte (Hervorhebung vonSteidle). So erklärt sich auchdieDiskrepanz, dietrotz Übereinstimmung imGrundsätzlichen zwischen denVorschlägen desMaecenas unddenHauptpunkten derReform desJahres 27 besteht (53, 11, 15).“Während ich die rigorose Ablehnung des Anachronismus-Vorwurfs mit Blick auf 2) nicht teile, gilt uneingeschränkt Steidles Schlußwort: „NirDios eigene Worte (52, 41, 1– gendwo besteht Anlaß, eine aufspätere Zeit bezügliche Tendenz ausihnen herauszulesen, insbesondere nicht bei denÄußerungen über denSenat, derja gerade in seinem Einfluß undin seiner Stellung zurückgedrängt werden soll. Dazuaberhatte derjunge Caesar beiBeginn seiner (211). Regierungszeit undnachdenBürgerkriegen allen Grund“ 52, 42, 1; undresümierend Augustus selbst, RgdA 25: Senatum ter legi; Zurersten lectio und demcensus desJahres 29 siehe i. a. P. Sattler, Augustus undderSenat. Untersuchungen zur römischen Innenpolitik zwischen 30 und 17 vor Christus, Göttingen 1960, 31ff.; G. Pieri L’histoire ducensjusqu’à lafindelarépublique romaine, Publ. inst. dedroit rom.del’Univ. de Paris 25, Paris 1968, 196f.; Roddaz, Marcus Agrippa (wie Anm.74), 201ff.; Kienast, Augustus

(wie Anm. 81), 70. 128. 96 Vgl. Tac. ann. 6, 11, 2 undsiehe E. Sachers, RE XXII 2 (1954) 2517 s. v.; G. Vitucci, Ricerche sulla praefectura urbi in età imperiale (sec. I-III), Roma 1956, 49f.; zurDeutung derin der

97 98

Historia Augusta beschriebenen Praxis: K. Dietz, Senatus contra principem. Untersuchungen 238n.Chr.), München 1980, zursenatorischen Opposition gegen Kaiser Maximinus Thrax (235– 287 undMaA.Villacampa Rubio, El valor histórico delaVita Alexandri Severi enlosScriptores Historiae Augustae, Zaragoza 1988, 161f. –Bezeichnend ist die Warnung desMaecenas, Octavian solle dieAuswahl derAmtsträger nicht demSenat überlassen (52, 20, 3). P. A.Brunt, Princeps andequites, JRS 73 (1983), 42f. mitBezug aufDio52, 19.25 und53, 15. Vgl. schon die umsichtige Scheidung augusteischer Elemente vonderspäteren Entwicklung durch Hammond (wie Anm.93), 91ff.

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heitlichen, denBedürfnissen dereigenen Zeit entsprechenden Entwurf keine Rede sein kann. Ganz ähnlich –nurin denunterschiedlichen Etappen derEntwicklung genauer unterscheidend –verfährt Dioetwaimhistorischen Überblick überdieLegionen bisaufseine Zeit, indem erdieAugusteische Situation zuseinem Ausgangspunkt macht undzunächst nurjene Legionen nennt, die noch in Severischer Zeit bestehen (55, 23, 7), umhernach dieweitere Entwicklung innachaugusteischer Zeit zuskizzieren (55, 24, 1):99 „ Nachdem ich nuneinmal aufdie Legionen eingegangen bin, will ich auch vondenanderen Legionen sprechen, die heute bestehen, undberichten, wiesie vondenHerrschern danach100 aufgestellt wurden. Dabei leitet michdieAbsicht, daßjeder, derüberdiesen Gegenstand Nähereserfahren will, sich aneiner einzigen Stelle meines Werkes durch eine zusanmmenfassende Darstellung unterrichten kann.“

Ichgreife ausderFülle derVorschläge desMaecenas zurVerwaltung einige wenige, die Argumentation nureben illustrierende Stellen heraus, daes nicht auf Vollständigkeit ankommt; Es genügt, die Inkohärenz desEntwurfs –die vonDio auch 2)101 –vor Augen zu führen undden unumwunden eingestanden wird (52, 41, 1– zeitgeschichtlichen Hintergrund zuprüfen. DerRat, Augustus solle die „Vornehmsten, Besten undReichsten“ausItalien unddenProvinzen zumSenat zulassen (52, 19,3), istkaumalsAppell zuverstehen, denmananeinen Kaiser desSeverischen Hauses ernsthaft richten konnte; dennzu Dios Zeit –under selbst ist beredtes Beispiel –wardieProvinzialisierung desSenats bereits vollzogen,102 gerade die wohlhabende undeinflußreiche provinziale Oberschicht in großem Umfange integriert.103 Undwiewohl die Anfänge dieser Entwicklung schon in das erste nachchristliche Jahrhundert zurückreichen, weiß niemand zusagen, „... wannzumersten Maleine so verstandene Politik derIntegration formuliert wurde. Dochindeneineinhalb Jahrhunderten seit Augustus hatte die Politik dieses Ziel in derRealität weitgehend erreicht.“104

99 Der Vergleich

zwischen der Maecenas-Rede undDios Überblick über die Legionen bis auf seine Zeit schon bei Gabba, in: Caesar Augustus (wie Anm. 88), 73. –DasBestreben, zusammenfassend aneiner Stelle überdenhistorischen Gegenstand ‚Prinzipat‘zuhandeln, formuliert einmal sogar Maecenas amEnde seiner Ausführungen selbst undcharakterisiert damit recht γ ρκ ο λ λ ὰ ὰ α ὶπ ρ α eigentlich die Zielsetzung dieser Rede imGeschichtswerk, 52, 39, 1: π α α θ ά π α κ α ὰ ὐ τ α ν τ ν τ ξσυλλαβό Ich mußnämlich ά α ὴο εἰπ ιπ ἷό ντ α εῖν εεἶν λ είπ ω ιὰ δ τ ὸμ –„ vieles beiseite lassen, daesunmöglich ist, alle Dinge ineiner einzigen Rede zusammenzufassen undzuerörtern.“ ο ῖςμ 100 π ε ρ ; vgl. 52, 41, 1: τ τ ὸ ν ὰ ω τ τ ν α σ ά η ῦ ςτ μ ε τ τ α ῶ ν ὰ τ ρ χ α ρ ἄ α α τ ὐ ῦ α τ ξ ο υ σ ι. 101 Zuterminologischen undsachlichen Inkongruenzen inDios Beschreibung desAugusteischen Prinzipats vgl. z. B. Manuwald, Dio undAugustus (wie Anm. 3), 21ff. 77ff. 102 Siehe H.W.Pleket, Sociale Stratificatie ensociale Mobiliteit indeRomeinse Keizertijd, TG84 (1972), 215ff., hier: 217; G.Alföldy, Konsulat undSenatorenstand unter denAntoninen. Prosopographische Untersuchungen zursenatorischen Führungsschicht, Antiquitas R. 1,Bd.27,Bonn

1977, 61f. 103 Fürdengriechischen Osten vgl. H.Halfmann, DieSenatoren ausdemöstlichen Teil desImperium Romanum bis zumEnde des2. Jh. n. Chr., Hypomnemata 58, Göttingen 1979, bes. 16ff. 104 So W. Eck in seinem Schlußwort zu:Die Umgestaltung derpolitischen Führungsschicht –Senatorenstand undRitterstand, in: Ders., Die Verwaltung desrömischen Reiches in derhohen

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Die aktuelle Notwendigkeit einer militärischen Organisation der römischen Legionen als stehendes Heer105 (52, 27, 1) ist ausderSicht derspäteren Kaiserzeit freilich banal;106 daßjedoch ihre Finanzierung (52, 28, 1)107 undin diesem Zusammenhang die Rolle vorallem derPrätorianergarde als ‚Kaisermacher‘108garnicht kritisch betrachtet wird, scheint ausdernämlichen Perspektive bedenklich. Sollte Dio, der im zeitgeschichtlichen Teil seines Werkes so oft Donativzahlungen des Kaisers an die Truppen verurteilt,109 undderselbst die drastische Steigerung des Soldes durch Severus miterlebt hat,110 wirklich ernsthaft hierfür um Verständnis werben wollen (52, 29, 1)? So zeigen diese Vorschläge, die ja später durch Augustus mitderEinführung eines Aerarium militare undderErhebung derErbschaftssteuer gewissermaßen ‚umgesetzt‘werden (55, 25), wieauch derwenig später geäußerte Rufnacheinem neuen RomderPrachtbauten ganzaugusteisches Kolorit.111 Im Anschluß an die Empfehlung, die Münze der Provinzialstädte zu verbieten,112 wie dies dann im dritten Jahrhundert tatsächlich in die Tat umgesetzt wurKaiserzeit. Ausgewählte underweiterte Beiträge 1, Arb. zurröm. Epigraphik undAltertums1, Basel –Berlin 1995, 158. 105 Zusammenfassend Kienast, Augustus (wie Anm. 81), 264ff.; zu unserer Stelle vgl. noch L. Keppie, TheMaking of theRoman Army. FromRepublic toEmpire, Totowa/N.J. 1984, 147. 5 (199), der–ungeachtet des 106 So Reinhold, Republic to Principate (wie Anm.3), ad52, 27, 1– Augusteischen Hintergrunds –vonvornherein nurdenHistoriker derSevererzeit sprechen hört. ZurAugusteischen Reform desHeeres vgl.etwaH.M.D.Parker, TheRoman Legions, rev.ed. Unzureichende militärische Kenntnisse Diosbeklagt Espinosa Ruiz, 1958, Chicago 1985, 75f. – Debate (wie Anm. 61), 344ff. 107 DazuE. Gabba, Storici greci dell’impero romano daAugusto ai Severi, RSI 71 (1959), 380f. 108 Ein besonders eindrucksvolles Erlebnis warwohl die ‚Auktion‘des Römischen Reiches im Prätorianerlager imJahre 193, siehe 74 (73), 11; zumProblem vgl. z. B. Gowing, Triumviral Narratives (wie Anm.3), 31f. 3 (Brief Macrins); weitere Stellen gesammelt bei L. de 109 Etwa 78 (77), 9, 1ff.; 79 (78), 36, 1– Blois, Volk undSoldaten bei Cassius Dio, in: ANRWII 34. 3, hrg. v. W. Haase, Berlin –New York 1997, 2666 Anm. 73. 110 Hierzu grundlegend A. vonDomaszewski, DerTruppensold derKaiserzeit (= Neue Heidelb. Jahrbb. 9, 1899, 218– 241), in:Aufsätze zurrömischen Heeresgeschichte, Darmstadt 1972, 210ff. (Augustus) und222ff. (Septimius Severus); R.MacMullen, TheRoman Emperor’s ArmyCosts, Latomus 43 (1984), 571ff.; zuletzt R. Alston, Roman Military Payfrom Caesar to Diocletian, JRS 84 (1994), 113ff. mitweiterer Literatur. Vgl. auchY. LeBohec, Dierömische Armee, aus demFranzös. übers. vonC. Bertrand-Dagenbach, Stuttgart 1993, 240. ) mit ιν έχ ε ερ ν π ὑ ω τ ν ά ιπ σ ᾶ π α ν μ ςἐ τ ᾶ ν ρἡ ρ χ ο ςπ κ ο λ ή ὰ ε λ ἄ ῶ ν ιτ εγ ρ ο σ 111 Vgl. Dio52, 30, 1 (π derähnlichen Begründung beiSuet. Aug.28, 3: Urbem neque promaiestate imperii ornatam ... excoluit adeo, utiure sitgloriatus marmoream se relinquere, quamlatericiam accepisset. –Zur Augusteischen Baupolitik siehe Kienast, Augustus (wie Anm.81), 336ff.; vgl. ausarchäologischer Sicht H.v.Hesberg, DieVeränderung desErscheinungsbildes derStadt Romunter Augustus, in: Kaiser Augustus unddie verlorene Republik, hrg. v. Antikenmuseum Berlin/ Staatl. 115; siehe auchP. Gros –G. Sauron, Das Museen –Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1988, 93– 68; P. Zanker, Augustus unddieMacht politische Programm deröffentlichen Bauten, ebda. 48– der Bilder, 2. Aufl. München 1990, bes. 85ff.; aus epigraphischer Sicht G. Alföldy, Augustus unddieInschriften: Tradition undInnovation. DieGeburt derimperialen Epigraphik, Gymnasium98 (1991), 289ff. –Reinhold, Republic toPrincipate (wie Anm.3), 201, sieht inMaecenas’ Vorschlag natürlich Dios „ concession ... to the vast expenditures the Severan dynasty hadlavished on the city.“ 112 Literatur zumThema beiReinhold, Republic toPrincipate (wie Anm.3), ad52, 30,9 (203). Für kunde

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de,113 übtMaecenas

auchamGesandtschaftswesen derStädte Kritik, dasdochgeradefürdenProvinzialen Dioinganzanderem Lichte erscheinen mußte.114 Diedem System ‚Prinzipat‘immanente Ausrichtung aufdiePerson desKaisers unddaraus resultierend dasUnwesen dervorallem ausdemgriechischen Osten häufigen Gesandtschaften nach Rom, die einen erheblichen Kostenfaktor darstellten (52, 30,

9f.), istkeinesfalls eintypisches Thema derSevererzeit. Vielmehr schreitet erstmals

Vespasian mit einer Verfügung zu personeller Einschränkung gegen dergleichen legationes ein,115 während Septimius Severus ineinem Reskript andie Bürger von Aizanoi insgesamt acht Gesandte nennt, ohne daßer an die Höchstzahlregelung Vespasians vondrei Gesandten erinnert hätte.116 InFolge desHadrianischen Reisekaisertums117 wares dann vorallem Antoninus Pius beschieden, energisch gegen dieFlut derGesandtschaften vorzugehen, wozudieSeverer weder Neigung zeigten nochVeranlassung sahen.118 Dioberichtet andererseits, daßAugustus sich imfortgeschrittenen Alter nicht mehrdenStrapazen solcher Audienzen unterziehen wollte undanseiner Statt drei consulares mitdiesen Aufgaben betraute (55, 33, 5 = Xiph. 90 R. St.) –einsicheres Indiz dafür, daßdieAbfertigung vonDelegationen schon in Augusteischer Zeit miterheblichem Arbeits- undZeitaufwand verbunden war.119 Aber auch jene Erwähnung eines reichsweiten Bürgerrechts, das mit der ‚Constitutio Antoniniana‘ganz unmittelbar verknüpft scheint, wiewohl Dio selbst hierfür imzeitgeschichtlichen Teil seines Werkes kein gutes Wort übrig hat,120 ist

, die mirbei Dios Liebe zurbithyni„ Dio’s repressive proposals regarding provincial cities“ schen Heimatstadt kaumseine eigene Intention wiederzugeben scheinen, bedurfte es nicht erst derErfahrung als curator vonPergamon undSmyrna, wieReinhold meint. 113 DazuMeyer, DeMaecenatis oratione (wie Anm.61), 38; vgl. J.-P. Callu, Lapolitique monétaire desempereurs romains de238 à 311, Paris 1969, 478ff. 114 Merkwürdigerweise interpretiert W. Ameling, Cassius Dio undBithynien, EA4 (1984), 133, gerade die Maecenas-Rede als ‚geschickte‘Adresse des Provinzialen Dio an denKaiser, um . „... überdieProvinzen undihre Probleme zureden“ 115 Überliefert durch denJuristen Marcianus inDig. 50, 7, 5, 6. 116 CIGIII 3837. 3838, cf. p. 1065sq. = ILS 8805 = IGRR IV 566 = Oliver, Greek Constitutions n. 213 unddazuF. Millar, TheEmperor intheRoman World (31BC–AD337), London 1992, 381f. –Locus classicus istderdiesbezügliche Briefwechsel zwischen Plinius undTrajan (Plin. 44); zumGesandtschaftswesen in vorhadrianischer Zeit allgemein G. Ziethen, epist. 10, 43– Gesandte vorKaiser undSenat. Studien zumrömischen Gesandtschaftswesen zwischen 30 v. Chr. und117n.Chr., Pharos Bd.2, St. Katharinen 1994. 117 Hierzu H.Halfmann, Itinera principum. Geschichte undTypologie derKaiserreisen imRömischen Reich, HABES 2, Stuttgart 1986, 40ff. 118 Vgl. W.Williams, Antoninus PiusandtheControl of Provincial Embassies, Historia 16(1967), 483 (zur severischen Praxis 479ff.). 470– 119 Siehe Hammond (wie Anm.93), 98. η ν ά ν , υἀ ν έδ 120 Vgl. schon dieBeurteilung derBürgerrechtsverleihung unter Claudius 60, 17,4 (π ὗ ἕν ε κ α ) undbesonders unter Caracalla 78 (77), 9, 5 (Exc. Val. 366p.745): ο ganzschamlos“ „ [nämlich derSteuereinkünfte wegen] κ μ ῳ ὲ ν υ ν ίο τ ςπ ά α α μ ῇ α ὐ ςτο γ τ α ὺ ο ρ χ ὶῬ ῦ ω ,λ ςἐ ν τ ό ῇ ἀ δ ιὰ τ ὸτ ῳ ο κ τ ρ α ο υπ ῷ ο δ ὶἐ ὺ σ κτ ο ῦτοιού ίῃ ὲὅ ςξέν π ω γ τ ῶ ν ςπ ὐ ο λ ε ίω , ἔρ α υ τ ιμ λ ο λ ὰ π ὰ ςτ . Dazu H. Wolff, Die Constitutio Antoniniana undPapyrus ν ειξ έδ ε π ὴσυντελ ,ἀ ῖν ε νμ α ὐ τ ῶ Gissensis 40 I,Diss. Köln 1976, I12f. 202f. ZumUnterschied derConstitutio Antoniniana der Jahre 212/214 unddemVorschlag einer Bürgerrechtsverleihung in der Maecenas-Rede vgl. UndwennDio in derMaecenas-Rede meinte, eine ebda. 274 (mit II 503 Anm. 666 u. 667): „ allgemeine Bürgerrechtsvergabe könne dieBundesgenossen inihrer Treue bestärken, indem sie

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sicher nicht erstunter Caracalla diskutiert worden.121 DiePolitik desersten Prinzeps zeigt sich in dieser Frage als ausgesprochen restriktiv undaufdieBewahrung einer klaren Scheidung zwischen Römischen Bürgern undUntertanen bedacht – undweist damit aufeine zeitgenössische Diskussion zurück.122 Besondere Beachtung verdienen vorallem solche Vorschläge, dieentweder erst in Diokletianischer Zeit verwirklicht wurden, oder aber garnie–wieetwa daszur Unterstützung des Kaisers geforderte Amteines Untercensors.123 Hammond verknüpft dieses mitdenGremien censoria cumpotestate (Suet. Aug. 37. 39) undsieht selbst hierin einen Reflex Augusteischer Wirklichkeit.124 In Severischer Zeitjeden-

Romfortan alsihre ‚Stadt‘unddieeigenen Städte alsDörfer undTerritorien Romsbetrachteten, so setzt dasein Reichsmodell freier undwenigstens ihrer Selbsteinschätzung nach gleichberechtigter Gemeinden voraus, daszuBeginn des 3. Jh. wenigstens ausderSicht des Kaisers obsolet geworden war.“ Vielleicht magaber hierin nurein ‚commonplace‘zusehen sein, wie Millar, Study (wie Anm. 20), 105 Anm. 1 mitBezug aufAel. Arist. 61 undPBerl 13045, 28f. deutlich gemacht hat. Vgl. ebda. 112: „ It is here thatDiousesthose lofty terms about universal citizenship which accord soill withhisownviewof thematter.“ 121 Espinosa Ruiz, Debate (wie Anm. 61), 308: „ ... ya hacía tiempo quehabía avanzado en la práctica el proceso deintegración jurídica delos súbditos del imperio. La Constitutio Antoniniana era el punto final de ese proceso; era unaconsequencia lógica de la política imperial ... dieVerleihung Vgl. schon Hirschfeld, Verwaltungsbeamte (wie Anm.66), 482: „ anterior.“ des Bürgerrechts an die Provinzialen durch Caracalla warsicher nicht bloß ein Aktder Habsucht, wiees Dio darstellt, sondern dieletzte Konsequenz desRegierungsprinzips seines Vaters, gleiches Recht für seine Untertanen zuschaffen, Regierung undVerwaltung imganzen Reiche zuuniformieren.“–Zudiesem Aspekt imfrüheren ‚Preis desAelius Aristides aufdas römische Weltreich‘(or. 26 K) vgl. diegleichnamige Untersuchung vonJ. Bleicken (Göttingen 1966), 247ff., der eine ‚Ankündigung‘ der späteren Politik in dieser Schrift allerdings nicht erkennen kann(257). 122 Vgl. Suet. Aug. 40, 3 undDio 56, 33, 3f.; dazu F. Vittinghoff, Römische Kolonisation und Bürgerrechtspolitik unter Caesar undAugustus, AAWM1951, Nr.14,Wiesbaden 1952, 96ff. – ZuAugustus’ ‚Breviarium totius imperii‘, dasneben allgemeinen Hinweisen zurVerwaltung auchsolche zurStruktur desHeeres unddenStaatsfinanzen einschloß, siehe neben Dio56, 33, 3 inganz ähnlicher Formulierung Suet. Aug. 101, 4; vgl. auchTac. ann. 1, 11, 3 ( = Impera1– toris Caesaris Augusti operum fragmenta, tert. cur. ed.H.Malcovati, Torino s. a. [1948], p. 102 n.XXXIX-XLI); vgl. Gabba, in: Caesar Augustus (wie Anm.88), 69 mitAnm.24. ή ς(52, 21, 5. 24, 6. 33, 1), sonst ein Hapax im Griechischen undohne lateinisches η τ 123 ὑπ ο τιμ Pendant ‚subcensor‘. –Bruno Bleckmann macht michaufeine Parallele ausspäterer Zeit aufDecius’angeblicher Planeiner Übertragung derZensur aufValerian (HAVal. 5, 4– merksam – 6, 9); vgl. dazu seine Dissertation: Die Reichskrise desIII. Jahrhunderts inderspätantiken und byzantinischen Geschichtsschreibung. Untersuchungen zu den nachdionischen Quellen der Chronik desJohannes Zonaras, Quell. undForsch. zurantiken Welt 11,München 1992, 283ff.; daßaber „... ein demKaiser untergeordnetes Zensorenamt durchaus imHorizont politischer (ebda. 289Anm.50 mitBlick aufDio52, 21, 3), magfürjene Idealvorstellungen desIII. Jh. lag“ Zeit gelten; unter Severus oder Caracalla mußte selbst demambitioniertesten Senator ein solcher Gedanke fremd sein. –Millar, Study (wie Anm.20), 113, sieht imEntwurf dieses Amtes denwenig wahrscheinlichen Versuch, demKaiser eine wesentliche Handhabe gegenüber dem Caracalla wasnotlikely tofall into a trapof that sort.“ Senatorenstand zuentwinden; aber „ 124 Hammond (wie Anm.93), 93 inAuseinandersetzung mitMeyer, DeMaecenatis oratione (wie Anm.61), 15f.; dagegen Bleicken (wie Anm.61), 457 –übrigens auchhier wieder entgegen der eigenen Erkenntnis desAugusteischen Hintergrunds, daßnämlich „DiosForderung nachReinhaltung des Senats von ungeeigneten Elementen (19,1) durchaus nicht allein mit Bezug auf

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falls wardasZensorenamt nahezu bedeutungslos geworden; denn„ ... dadieKaiser dieBefugnisse desAmtes besitzen, werden sie weder mehrdazugewählt noch gebrauchen siedenTitel außer beiderDurchführung desCensus“ , wieDioschreibt.125 Ineinem zeitgenössischen Reformprogramm erwartete manjedoch gerade vonjenenVorschlägen, dienieumgesetzt wurden, einen klaren aktuellen Bezug zurpolitischen Wirklichkeit. Lassen sich also dieVorschläge inderRede aufdasreduzieren, wasDioselbst als deren Inhalt angibt: AufEmpfehlungen desMaecaenas, die angeblich in ihrer Weitsicht überdenhistorischen Rahmen hinausweisen undsodazudienen, dasganzeSystem zubeschreiben –sowiedies schon fürdieLegionsgeschichte beobachtet wurde? Oder müssen wirzwingend annehmen, Dio selbst wollte einem Herrscher Hilfestellung bei derNeuordnung derpolitischen Verhältnisse geben? Ist überhaupt eine zeitgenössische Situation denkbar, in derdasvorliegende ‚Programm‘wenigstens in seinen Grundzügen verankert scheint? Insofern Dio seinen Maecenas allgemeine moralische Ermahnungen erteilen läßt, werden Äußerungen dieser Artals ‚common sense‘auch fürDioselbst in Anspruch genommen werden dürfen (vgl. etwaKap. 38). DieMaecenas-Rede beinhaltetjedoch einen konkreten Maßnahmenkatalog zurpolitischen Reform sowie zur sozialen Konfliktbewältigung, dendie Situation amEnde derBürgerkriege diktierte undderindiesem historischen Kontext sinnvoll erscheint.126 Eine Reihe vonEmpfehlungen weisen überdieAugusteische Zeithinaus undlassen sich alsEntwurf nie verwirklichter odererst inspäterer Zeit vollzogener politischer Neuerungen verstehen, dieausderhistorischen Perspektive ganzunterschiedlichen Zeiten zugeordnet werden müssen, ja sogar über denhistorischen Rahmen der‚Römischen Geschichte‘Dioshinausweisen bishinzumReformprogramm Diokletians.127 DemMaßnahmenkatalog eignet alsübergreifende Idee dieTendenz zurstärkeren Zentralisierung derpolitischen Macht undderUniformierung vonInstitutionen undVerwaltungseinheiten.128 Mit derBevorzugung des Ritterstands undder Schwächung der SeAugustus gestellt ist, obwohl dieser gleich imAnschluß andieRededanntatsächlich denSenat 4).“ reinigt (52, 42, 1– γ ο ν α 125 53, 18,5 (vonseiner eigenen Zeit berichtend): τ ῆ ὐ ρ τ γ ςἔχον ο ἔρ ν ὰ ῦ τ τ α ε ιἐπ εα ἱρ ὸ τ ὔ ᾽ ςο ή σ ε ιαὐ τ ῆ α ι. ν τ ντ ἐ ὴ ν λ λ ςπ κ ν ρ ή ,ο τ ὔ ετ ο σ φ ῇ α π ῖςχρῶ τ α ὐ α ρ α γ ο ῖςἀπ Mit vie126 Dies erkennt auch Bleicken (wie Anm. 61), 456 –jedoch nicht ohne Einschränkung: „ len derhier ausgeführten Gedanken wieauch in demgeforderten allgemeinen Verhalten des Kaisers zurAristokratie trifft Diogenau dieIntentionen, dieAugustus tatsächlich bei derGestaltung seines Staatsgefüges imHinblick aufdenSenatsadel geleitet haben. Insofern gibt Dio dieGedanken desAugustus anderentscheidenenden Wende desJahres 29 v.Chr.wieder. Aber es ist nicht vonderHandzuweisen, daßdieWorte nicht nureine indieVergangenheit weisende,sondern aucheine indieZukunft zeigende Komponente haben.“ In fact, modern historians tend to push 127 Bedenkenswert bleibt Hammond (wie Anm.93), 94: „ further andfurther back the beginnings of what are held to be peculiar characteristics of the Diocletianic monarchy andthere isreason tothink thatDiocletian regarded himself notasinnovator butas therestorer, thesecond Augustus.“ 128 Schwartz, Cassius Dio (wie Anm. 1), 1719/20 = 447: „Denn in ihr hat Dio seine eigenen Reformgedanken niedergelegt, die merkwürdigerweise aufeine straffe Zentralisation derRegierung inderHanddesKaisers undaufeine Schwächung derübermächtigen Stellung desGardepräfekten undderMacht derProvinzialstatthalter hinauslaufen“[Hervorhebung vonmir].

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natsposition spiegelt er durchaus die Intentionen Augusteischer Politik wider;129 underläßt inseiner Gesamtheit keinen konkreten Bezug zujenen Positionen erkennen, diederSenator Dioinseinen Kommentaren zurZeitgeschichte durchscheinen läßt.130 Vielmehr widerspricht ersogar indengroßen Leitlinien wieauchimEinzelfalle derkonservativen Einstellung desHistorikers.131 Dennbeispielsweise eröffnet Maecenas, selbst Angehöriger des Ritterstands (vgl. 55, 7, 1 undPIR2 M 37), in seinem Vorschlag ausdrücklich auch besonders geeigneten equites ausdemRang eines centurio denEintritt indenSenat (52, 25, 7), während gerade diese weitgehendeForm von‚social mobility‘Dio imzeitgeschichtlichen Teil seines Werkes mißbilligt.132 Duncan Fishwick hatjüngst in seiner Untersuchung des Kaiserkults im Maecenatischen Programm Mason Hammonds Interpretation imGrunde wieder bestä... theadvice Maecenas gives toAugustus ontheruler culthadbeencommon tigt: „ policy fortwohundred years andmore. Writing inthelight of after-events, Diohas Maecenas advocate a policy consistent with the one Augustus did in fact lay 133Wenn Fishwick in Rücksicht auf die communis opinio134 eine zeitkritidown.“

129 Den‚antisenatorischen‘Aspekt weist Meyer, DeMaecenatis oratione (wie Anm. 61) in seiner Detailanalyse nach. Er wirdselbst vonHose, Erneuerung (wie Anm. 3), 417 nicht geleugnet – Gewiß, sowirdmanferner konstatieren, weist dieRede freilich mitirritierender Interpretation: „ eine antisenatorische Tendenz auf–dochdiese ergibt sich vornehmlich dann, wennhierbei die Entfaltungsmöglichkeiten desSenats inaugusteischer Zeit alsMaßstab herangezogen werden.“ 130 Bezeichnend daher auchderWiderspruch zuMaecenas’Vorschlag eines staatlichen Erziehungsprogramms für die Führungsriege, 52, 26, 1ff. undM. Vielbergs Erklärungsversuch (UntertaWiekonnte es dazukommen, daßeinAngehöriger dervormals nentopik [wie Anm.61], 47): „ herrschenden Klasse denRechtsnachfolger desersten Militärdiktators allen Ernstes dazuauffordert, seine eigenen Standesgenossen, dieehemaligen Herren derWelt, einer Zwangsdressur zuunterziehen, die sie zuperfekten Untertanen formt? Dio scheint beunruhigt zuhaben, daß . Immerhin gibt Vielberg miteinem Hinweis Renitenz Roms staatliche Ordnung gefährdete ...“ aufRich, in: History asText (wie Anm. 3), 99 zu,daßes sichja eigentlich umeine Replik auf Agrippas Argumentation handelt (52, 8) –undalso auch dieser Vorschlag, der nicht recht zu Diopassen will, demAugusteischen Kontext verpflichtet ist. 5) be131 ZumVorschlag einer Verwaltungsteilung in zivile undmilitärische Ämter (52, 22, 1– merkt z. B. Bleicken (wie Anm. 61), 452, derauch hier die Maecenas-Rede bis in die eigene Erberuht aufeiner Politik, diedenSenatorenstand ausderHeeresleitung Zeit Dios verlängert: „ verdrängen wollte, undist eine Konzession an dasHeer, das seit Septimius Severus der ausschlaggebende Faktor derReichspolitik ist.“ 132 Vgl. 80 (79), 7, 2: Verus, Statthalter vonSyria Phoenice undSenator, warursprünglich centunurein rio. –Übrigens warderimgleichen Atemzug genannte Usurpator Gellius Maximus („ ) offenbar derSohn desgleichnamigen kaiserlichen Leibarztes Caracallas (archiater Arztsohn“ ducenarius, AE 1914, 127; vgl. CIL III 6820; siehe PIR2G 131undKienast, Kaisertabelle [wie Anm. 21], 219). –ZurSache siehe Th. Mommsen, Römisches Staatsrecht III 1, 508f. mitAnm. 3, wobei allerdings derfürdieMaecenas-Stelle angenommene zeitgeschichtliche Bezug aufdie Erhebung desAdventus (vgl. 79 [78], 14)schon ausGründen derWerkschronologie als Spekulation zurückgewiesen werden muß. 133 Fishwick (wie Anm. 58), 273. 134 Er nennt i. a. namentlich Bowersocks Versuch, dieMaecenas-Rede hinsichtlich desKaiserkults als eine Reaktion aufdieRegierungspraxis desCommodus oder desElagabal darzustellen: G. W.Bowersock, Greek Intellectuals andtheImperial Cult intheSecond Century A. D., in: W. uvres denBoer, Leculte dessouverains dansl’empire romain, Entr. Fondation Hardt 19,Vandœ –Genève 1973, 203.

Politische undpersönliche Motivation

inDios Zeitgeschichte

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sche Intention Dios im Sinne einer ‚Rückkehr zutraditionellen Werten‘oder gar konzediert, soführt unsdies genau andenhistoeines „return toAugustan practice“ rischen Ausgangspunkt zurück; undmanwirdzuRecht nach denGrundlagen einer solchen politischen Interpretation derRede fragen müssen, anderen historisch de2). skriptiver Perspektive Dio selbst keinen Zweifel läßt (52, 41, 1–

Martin Zimmermann (Tübingen)

Herodians Konstruktion derGeschichte undsein Blick aufdas stadtrömische Volk

ImJahr 1531 verkündet der Kolmarer

Schultheiß Hieronymus Boner stolz, daßer dieerste deutsche Übersetzung Herodians angefertigt habe.1 Erwidmet diese Ferdinand I., deralsjüngerer Bruder Karls V. imgleichen Jahr zumRömischen König gewählt wird. Boner weiß, daßjener seine Zeit gernmitder„ lesung derwarhafften Hystorie undritterlichen geschichten deralten Keisern/Künigen undFürsten“verbringt. EinExemplar dieses ersten Druckes ist inderLandesbibliothek in Stuttgart einzusehen. Auch derBesitzer dieser Ausgabe hatte offenbar ähnliche Vorlieben wie der König. Er hat sein Exemplar sorgfältig gelesen undmiteiner Reihe von Glossen versehen. Mit kleinen Zeichnungen hob er jene Partien hervor, die ihm Es geschicht gewonlich dasdiemenschen besonders amHerzen lagen. Sätze wie„ demleben desFürsten undHerrn nachfolgen.“schienen ihmbesonders bedenkenswert.2

Eserscheint aufdenersten Blick ungewöhnlich, zuBeginn eines Beitrages über dieGeschichtsdarstellung Herodians aufdiese Ausgabe undihren anonymen Leser im 16.Jh. aufmerksam zumachen. AberdasAnliegen desÜbersetzers unddieRezeption seines Lesers sindnicht nurrepräsentativ fürdrei Jahrhunderte derHerodianlektüre,3 in denen derText als Fürstenspiegel geschätzt wurde. Diese konstante Deutung hatte aucherheblichen Einfluß aufdiemoderne wissenschaftliche WürdigungdesHistoriographen seit demfrühen 19.Jh.,4 diezueinem nicht geringen Teil als Reaktion aufjene frühneuzeitliche Interpretation zulesen ist. 1

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Derfürtrefflich Griechisch geschichtschreiber Herodianus/von derHochgelert Angelus PolitianusinndasLatein / undHieronymus Boner innachvolgend Teütsch pracht / Wellicher HerodianusvonMarco Ælio Antonino Philosopho an/ untz auff Gordianum denjüngern Römischen Keysern / unnd irer regierung / die sich wunderbarlich zuotragen / geschriben hat, Augsburg 1531. –Imfolgende greife ichaufdieAusgabe vonL. Mendelssohn, Herodiani abexcessu divi Marci libri octo, Leipzig 1883 zurück, die derschmaler kommentierten vonC. Stavenhagen, Herodiani abexcessu divi Marci libri octo, Stuttgart 19672 vorzuziehen ist. VonBedeutung ist ferner diemitausgezeichneter Einleitung undKommentar ausgestattete Ausgabe C.R. Whittaker, Herodian in twoVolumes with anEnglish Translation I/II, London 1969/70. Erwähnenswert ist die Studienausgabe vonD. Roques, Hérodien. Histoire des Empereurs Romains de Marc-Aurèle à Gordien III (180 ap. J.-C. –238 ap. J.-C.), Paris 1990. Die Ausgabe von F.L. Müller, Herodian. Geschichte desKaisertums nachMarc Aurel, Stuttgart 1996 ist wegen zahlreicher Druckfehler wertlos undzeigt in Einleitung undKommentar weitgehende Unkenntnis derForschung. Boner a.O. (= Hdn. 1,2,4). Siehe hierzu M.Zimmermann, Speculum regnorum etaularum: DieRezeption Herodians vom 322. 18. Jh., Chiron 28, 1998, 287– 15.– 20 Jh. finden sich in: Herodiano. Historia del Überblicke zurForschungsgeschichte des 19.– impero romano después deMarco Aurelio, traducción introductión y notas porJ.J. Torres Es-

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MARTIN ZIMMERMANN

ZuBeginn wirddaher zunächst aufBesonderheiten derHerodianrezeption aufmerksam gemacht. Ineinem zweiten Teil soll dieDarstellungsabsichten desAutors undallgemein deren ananderer Stelle detailliert behandelte Wirkung aufdie Präsentation deshistorischen Stoffes erläutert werden.5 Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, umineinem dritten Teil schließlich derFrage nachzugehen, ob Herodian alsAutor, dernicht zurReichsaristokratie gehörte, besondere Informationenüberuntere Schichten derGesellschaft bietet. Gerade diesem Aspekt wurde in denletzten Jahren, in denen mansich wieder verstärkt mit derpolitischen Rolle des römischen Volkes imfrühen 3. Jh. befaßt hat, besonderes Augenmerk geschenkt. Dabei wirddemGeschichtswerk Herodians einhoher Quellenwert zugeschrieben, wassich bei näherer Betrachtung jedoch alsFehleinschätzung erweist. I

AmAnfang soll einResümee dervonmirananderer Stelle ausführlich dargelegten

Entwicklungstadien derWissenschafts- undRezeptionsgeschichte stehen.6 Die zitierte Anstreichung inderAusgabe vonHieronymus Boner illustriert, daßderLeser vorrangig Interesse anjene Partien zeigte, diein modernen Publikationen zuHerodianalsrhetorische Floskeln undmißglückte Zutat zumhistorischen Bericht gewertetkaumBeachtung finden.7 Gerade diese Abschnitte standen inderFrühen Neuzeit imZentrum desInteresses. Manentnahm demGeschichtswerk ineiner Zeit, inder die Geschichtsschreibung als Magistra Vitae verstanden wurde, Handlungsanweisungen fürdiepolitisch Verantwortlichen. Die Kaisergeschichte Herodians diente, obwohl ernicht zudenbevorzugten Autoren derZeit gehörte,8 alsGrundlagenwerk fürdiepolitische Lehre. Verschiedene Episoden fanden daher nicht nurEingang in einflußreiche Texte, wiez.B. die Schriften Machiavellis,9 sondern auch in andere Fürstenspiegel des 16. Jh., wiejene des Fray Antonio de Guevara.10 Diese heute eher unbekannten Texte fanden in zahlreichen Drucken undÜbersetzungen in ganz

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84; G. Martinelli, L’ultimo secolo di studi suErodiano, Genf 1987; barranch, Madrid 1985, 7– in denNachträgen zuG. Alföldy, Die Krise desRömischen Reiches. Geschichte, Geschichtsschreibung undGeschichtsbetrachtung, Stuttgart 1989; H.Sidebottom, Herodian’s Historical 80; G. Methods andUnderstanding of History, ANRW II 34.4, Berlin/New York 1998, 2776– 319. 40; Zimmermann (wie Anm. 3) 314– Marasco, Erodiano e la crisi dell’impero, ebd. 2837– Siehe demnächst M.Zimmermann, Kaiser undEreignis. Studien zumGeschichtswerk Herodians(Habilitationsschrift Tübingen 1996; imDruck fürVestigia. Beiträge zurAlten Geschichte, München) Siehe Zimmermann (wie Anm.3). Mitdiesen haben sich u.a. befaßt: W.Widmer, Kaisertum, RomundWelt inHerodians META MARKON BASILEIA HISTORIA, Zürich 1967 sowie (mit derälteren Literatur) Sidebottom 57. 12; Marasco, ebd. 2840– (wie Anm. 3) 2776– 80. 2803– 1700, H&T5,1966,135–152. P. Burke, A Survey of thePopularity of Ancient Historians 1450– G. Allard, Machiavel, Lecteur desAnciens, LThPh 46,1990,43–63. Hierzu gehören besonders das Libro áureo de Marco Aurelio emperador von 1528 (= Obras 333) undUnaDécada deCésares von1539 Completas I, hrsg. vonE. Blanco, Madrid 1994, 5– 904). Siehe hierzu Zimmermann (wie Anm. 3) 294 f. (= Obras Completas I, a.O. 335–

Herodians Konstruktion

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Europa Verbreitung undgehörten zurStandardlektüre derGelehrten undPolitiker, sodaßHerodian innerhalb weniger Jahrzehnte inGelehrtenzirkeln gutbekannt war.11 Die Resonanz, auf die Herodian stieß, ist nicht nurauf seinen Wert als Steinbruch fürSentenzen undeindringliche Fürstenschicksale zurückzuführen. DerText konnte undwurde insgesamt als Fürstenspiegel interpretiert undempfohlen. Man las ihnals politisches Lehrbuch andenUniversitäten, aber auch imPrivatbereich. Bearbeiter undÜbersetzer legten regelmäßig denjeweiligen Fürsten, denen sieihre Druckprivilegien verdankten, dieLektüre als Fürstenspiegel ansHerz. Indenunruhigen Zeiten desDreißigjährigen Krieges erschienen inFrankfurt undLondon mehrere Drucke, dieeinen Principum bonorum etmalorum speculum enthielten, fürdas die moralisierenden Partien ausHerodian exzerpiert worden waren.12 Diese Form derLektüre kennzeichnet trotz beginnender historischer Kritik dieAusgaben bis in das 18. Jh. In der Vorrede einer Übersetzung von 1746 etwa wird der König von Dänemark darauf hingewiesen, daßdieUntertanen „ Thermometern oderWettergläsernähnlich, welche nachBeschaffenheit derWärme undKälte steigen undfallen“ , demVorbild desFürsten folgen.13 Deshalb bittet mandenKönig imumständlichen Deutsch derZeit, er solle „ die Regierung des Kaysers Marcus Aurelius allergnä. Er sei ein vorbildlicher Fürst undsein von Herodian digst zu erwegen geruhen“ ebenso erbaulich wiesein Leben“gewesen. eindrucksvoll geschilderter Todsei „ Diese über 3. Jahrhunderte einheitliche Rezeption wurde in derZeit derSpätaufklärung unddes Neuhumanismus einer gründlichen Revision unterzogen. Die Verfasser wissenschaftlicher philologischer Studien konnten es nicht mehr als ihr Ziel ansehen, denFürsten Lehren zuerteilen. Deraufgeklärte Bürger, dersich auch durch seine Gelehrsamkeit vomEinfluß desFürstenhofes befreit hatte, stellte nun seine Überlegenheit über die antiken Texte undderen bescheidenen Informationskleinen Lehrbücher der Neuern“ gehalt heraus.14 Selbst die „ , so befand manmit neuartigem Selbstbewußtsein, besitzen „mehrbegründete Sätze, mehrausgemachte .15 Wahrheiten, als diegrößten Werke derberühmten Alten“

11 Siehe z.B. die Resonanz bei J. Bodin, Methodus adfacilem historiarum cognitionem (1566), Amsterdam 1650 (ND 1967), 66 f. 12 Herodiani Historiae de suis temporibus libri VIII studio & opera Danielis Parei. Principum bonorum et malorum Speculum, sive Monita, & Exempla Ethico-Politico, ex Herodiani Libris VIII Excerpta, London 1630.

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Herodiani Römische Historie inachtBüchern nebst einer Vorbereitung Herrn Ludwig vonHolbergs, Freyherrn derBaronie Holberg, übersetzt vonGeorg August Detharding, Copenhagen/ Leipzig 1747. Zumgeistesgeschichtlichen Hintergrund siehe nurA.Grafton, Defenders of theText. TheTra1800, Cambridge 1991; ders. –L. Jardine, ditions of Scholarship in an Ageof Science 1450– From Humanism to the Humanities, London 1986; U. Muhlack, Geschichtswissenschaft im Humanismus undin der Aufklärung. Die Vorgeschichte des Historimus, München 1991; D. Fulda, Wissenschaft ausKunst. DieEntstehung dermodernen deutschen Geschichtsschreibung, Berlin/New-York 1996. F.A. Wolf, Darstellung derAlthertums-Wissenschaft (1806), in: Kleine Schriften, Halle 1869, 859. ZumHintergrund siehe M.Fuhrmann, Friedrich August Wolf, Deutsche Vierteljahrsschrift 236; H. Flashar, Die methofür Literaturwissenschaft undGeistesgeschichte 33, 1959, 187– disch-hermeneutischen Ansätze vonFriedrich August Wolf undFriedrich Ast–Traditionelle undneue Begründungen, in:ders. u.a. (Hrsgg.), Philologie undHermeneutik im 19.Jh., Göttin-

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Es stellte sich also dasdurchaus gravierende Problem, wasmanin einer Gemeinschaft freier, aufgeklärter Bürger miteinem Text anfangen sollte, der sich – wiedreihundert Jahre Rezeption gezeigt hatten –anFürsten wandte. DerPhilologe Friedrich August Wolf versuchte in derVorrede seiner 1792 herausgegebenen Herodian-Ausgabe eine Klärung.16 Mansolle denText nicht mehrzurAnwendung auf die eigene Zeit, sondern vor demHintergrund seiner Entstehungszeit studieren. Damit mannicht über dasWerk als einen lächerlichen Fürstenspiegel (aulici detritum speculum) lache, möge sich derzeitgenössische Leser auf die sprachlichen Besonderheiten unddieberichteten Ereignisse konzentrieren.17 Dabei habeerselbstbewußt die Angemessenheit des Ausdrucks unddie Korrektheit des Berichts zu prüfen.18 Die Lektüre als Chronik einer vergangenen, vondereigenen Gegenwart gänzlich verschiedenen Zeit ist vonnunanPflicht. Mit diesem neuen Ansatz einer kritischen Philologie wurde derWegzueiner neuartigen historischen Würdigung Herodians gebahnt. Eine Reihe von Arbeiten fällte fortan ein sehr ungünstiges Urteil über denText.19 Diequellenkritischen Studien, in denen Herodian streng auf seine historische Glaubwürdigkeit hin geprüft wurde, kamen zusehrnegativen Ergebnissen. Diese faßte M.Büdinger bereits 1868 mitderBemerkung zusammen, dasGeschichtswerk sei „ ausderReihe derbenutzbaren Quellen“zustreichen.20 Nachdem manalso zunächst die abstrakten Lehren überdasangemessene Verhalten politisch Verantwortlicher fürunbrauchbar erklärt hatte, fiel auch dasUrteil über denInformationsgehalt vernichtend aus. Weder im ideellen Bereich21 noch mitBlick aufdiehistorischen Tatsachen seietwas mitdem Text anzufangen. Eine fürdieHerodian-Forschung bis ins20. Jh. prägende Folge desNeuansatzes vonWolf waralso die strikte Trennung derethisch-moralischen Partien vom historischen Bericht.22 Jene erschienen fortan als banales Beiwerk ohne Bindung zurEreignisgeschichte.23 In Folge derkonsequenten Abwendung vonderLektüre als Fürstenspiegel bestritt man, daßHerodian selbst eine vergleichbare Wirkungsabsicht gehabt habe. Ihmsei es vielmehr umdie Präsentation dergeschichtlichen

16 17 18 19

20

21 22

23

32; A.Grafton, „ gen1979, 21– ManmußausderGegenwart heraufsteigen“ : History, Tradition, andTraditions of Historical Thought inF.A. Wolf, in: H.E. Bödeker u.a. (Hrsgg.), Aufklärung 429. undGeschichte, Göttingen 1986, 416– Herodiani Historiarum libro octo graece ex recensione Frid. Aug. Wolfii, Halle 1792. Ebd. Narratio: XXXVIII. Ebd. LI. Siehe besonders J. Zürcher, Commodus. EinBeitrag zurKritik derHistorien Herodians, in: M. 264; Büdinger (Hrsg.), Untersuchungen zurrömischen Kaisergeschichte I, Leipzig 1868, 223– 319; K. Fuchs, K. Dändliker, Die drei letzten Bücher Herodians, in: ebd. III, Leipzig 1870, 203– 252; ders., Beiträge Beiträge zurKritik derersten drei Bücher Herodians, WS 17, 1895, 222– 234. zurKritik Herodians (IV. –VIII. Buch), WS 18, 1896, 180– Büdinger, Kaisergeschichte I, a.O. VII. Hierzu besonders H.Ulrici, Charakteristik derantiken Historiographie, Berlin 1833, 247. Zurnegativen Einschätzung desHistoriographen siehe beispielsweise E. Norden, Antike Kunstprosa I, Darmstadt 19585, 397 f. Anm.4; F. Kolb, Literarische Beziehungen zwischen Cassius Dio, Herodian undderHistoria Augusta, Bonn 1972; Alföldy (wie Anm. 4) unddie unten im Beitrag vonHidber aufgeführten Belege. Siehe schon Fuchs (wie Anm. 19, 1896) 219.

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Wahrheit ohne weitergehende Intention gegangen. Unddieses Ziel habeer inspektakulärer Weise verfehlt.24 DenGrund hierfür sahmanin derInkompetenz desHistoriographen unddemTiefstand derHistoriographie im 3. Jh. Gerade bei einem Autor, der demfrühneuzeitlichen Geschichtsverständnis sehr nahe zu kommen schien, mußte imZuge einer Ausbildung des neuen wissenschaftlichen Selbstbewußtseins dieNeubewertung besonders krass ausfallen.

II Indem mankurzerhand die vorwissenschaftliche Rezeption als Fürstenspiegel für verfehlt erklärte, verstellten sich die Gelehrten aber den Blick für die Intentionen unddie Darstellungsabsicht Herodians. Ein Blick auf denBeginn seines Werkes kann zeigen, daßdie rhetorisch-humanistische Geschichtsbetrachtung demAnliegenHerodians näher kamals dievorrangig kritische Würdigung seines in derTat mangelhaften Informationsgehalts. Herodian geht es umdie Darstellung einer sehr bewegten Phase derrömischen Kaiserzeit.25 Er möchte dabei aber nicht beieiner reinen Wiedergabe derlebhaften Ereignisgeschichte stehen bleiben. Da für ihnderjeweils regierende Kaiser unbestrittenes Zentrum aller Ereignisse ist,26 ordnet er denStoff vielmehr nach derpersönlichen Kontur dereinzelnen Herrscher. Umfürdiese Ordnung einen Leitfaden unddas ist in der antiken Historiographie einzigaran die Hand zu geben, stellt er – tig–mitMarc Aurel einen Idealkaiser andenBeginn seines Werkes.27 Dessen Bild ist entworfen nach demplatonisch-stoischen Tugendkanon, wieer später vonMenander Rhetor alsGerüst fürdasEnkomion empfohlen wird.28 Es dient alsKontrollhierzu besonders die imTonharschen Arbeiten vonE. Hohl, Die Ermordung des Commodus. Ein Beitrag zurBeurteilung Herodians, Philologische Wochenschrift 52, 1932, 191– 200; ders., Kaiser Commodus undHerodian, SDAWHeft 1,Berlin 1954; ders., Kaiser Pertinax unddie Thronbesteigung seines Nachfolgers imLichte der Herodiankritik, nebst einem Anhang: Herodian undderSturz Plautians, SDAW Heft 2, Berlin 1956 undauch die kritischen Besprechungen derSchriften Hohls vonD. Kienast, Gnomon 38, 1966, 600 sowie H.U. Instinsky, ebd. 27, 1955, 300 f., dievorallem dieüberaus negativen Invektiven verurteilen. Vgl. auch Widmer (wie Anm.7) 9. Positivere Bewertungen finden sich bei F. Cássola, Sulla vita e sulla 223; ders., Sulla attendibilità dello storipersonalità dello storico Erodiano, NRS41, 1957, 213– 200; ders., Note critiche al testo di co Erodiano, Atti Accad. Pontiana N.S. 6, 1956/57, 191– 143 undzuletzt in der ausgezeichneten undsehr einflußreiErodiano, RAAN 38, 1963, 139– chenAusgabe vonWhittaker (wie Anm. 1). Siehe auchdenÜberblick beiR.L. Burrows, Prolegomena to Herodian. Translation andtextual commentary toBooks II.9.1.– III.15.8, AnnArbor

24 Siehe

43. 1956, 41– 25 Hdn. 1,1,4. 5. Vgl. Zurbiographischen Technik 26 Dies zeigt dieKonzentration aufdenKaiser inHdn. 1,1,4– bei Herodian undzurTradition A. Dihle, DieEntstehung derhistorischen Biographie, SHAW 1986/3, Heidelberg 1987, 67 f. 1,4,8. Vgl. hierzu Whittaker I (wie Anm. 1) lxxii-lxxv; Widmer (wie Anm. 7) 16– 27 Hdn. 1,2,1– 57. Dieeinzige Parallele zu 27; Sidebottom (wie Anm.4) 2804 f.; Marasco (wie Anm.4) 2840– dieser Konzeption dürfte inderCaligula-Vita Suetons zufinden sein, dereinElogium aufGer6) andenAnfang stellt. manicus (Suet. Cal. 3– 8: 28 D.A. Russell –N.G. Wilson (Hrsgg.), Menander Rhetor, Oxford 1981; Men. Rhet. 373.5–

124

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instanz

bei der Bewertung aller nachfolgenden

Herrscher.29 Umfassende Paideia

undüber praktisches Handeln erworbene Erfahrung, mithin die Ausbildung derTu-

genden Andreia, Dikaiosyne, Sophrosyne undPhronesis machen die Qualität des Herrschers aus.30 Andiesen abstrakten Prämissen, dieinderRegierungspraxis Marc Aurels umgesetzt werden, lassen sich alle Handlungen späterer Herrscher messen. Damit lädt sichderHistoriograph freilich gleich zuBeginn eine schwere Hypothek auf. Nach antikem Verständnis lassen sich nämlich dieabstrakten Kategorien alsLeitfaden zurBeurteilung desGeschehens nuraufrecht erhalten, wennsich ihre Gültigkeit im Ereignisablauf bewährt. Es ist klar, daßes sich hierbei umkeine echte Bewährungsprobe handelt. Ein antiker Historiograph verfährt vielmehr so, daßseineIntention undseine abstrakten Vorüberlegungen sich unmittelbar inderDarstellung derEreignisse niederschlagen.31 Die gebotenen Fakten sind demnach eine in Erzählung gegossene historische Interpretation, dieihrerseits aufderGrundlage ethischer Traditionen vorgenommen wurde. Intention, Gesamtkomposition undDarstellung im Detail sind daher eng miteinander verknüpft. Je starrer demnach die Intention desto nachhaltiger ihre Wirkung aufdiePräsentation derFakten. MitderEinführung desIdealkaisers unddieandenBeginn gestellten Reflexionenüber dieQualität derHerrschaft signalisiert Herodian demLeser folgendes: Es geht nicht umdie Aneinanderreihung ermittelter undüberprüfter Fakten, Vollständigkeit inderPräsentation odereine reine Sammlung vonnurlose miteinander verbundenen Begebenheiten. Es geht ihmvielmehr umEinsichten in die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten prinzipaler Machtausübung unddieVoraussetzungen ihrer Qua32bezeichnet also das εια ρ ίβ κ lität. Die in der Darstellung in Aussicht gestellte ἀ Verfahren, die unter derOberfläche derTatsachen verborgene Regelhaftigkeit zu ermitteln unddennachfolgenden Generationen verfügbar zumachen. DasMaterial wird ausdiesem Zweck nach denzuBeginn desWerks vorgestellten Dichotomien (Kaiser/Tyrann, alt/jung, erfahren/unerfahren, gebildet/ungebildet etc.) geordnet, selektiert undumgeformt.33 η σ ις ; vgl. 415.25 f. Vgl. ό ν ρ η ,φ ρ ο σ ύ ν φ η , σω ν ιο σ ύ , δικα εία ρ ν δ ,ἀ ιν ρ έ ςεἰσ α σ α ὲτέσ ὶδ ετ ρ ἀ ἰςΒα ε ιλ ία σ auchdieAnwendung derartiger Handbücher inPs.-Aristides mitL. deBlois, TheΕ of Ps.-Aelius Aristides, GRBS 27, 1986, 281. 29 Dies ist eine eindeutig griechische Tradition, denninderlateinischen Literatur wurde derTugendkanon nurverhalten rezipiert. Siehe hierzu besonders A. Wallace-Hadrill, The Emperor 307; C.J. Classen, Virtutes Romanorum. 323. bes. 300– andhis Virtues, Historia 30, 1981, 298– 302. Vgl. auch den Römische Tradition undgriechischer Einfluß, Gymnasium 95, 1988, 289– späteren Tugendkanon beiAmm.25,4,1 (temperantia, prudentia, iustitia, fortitudo). Zuantiken 632. Fürstenspiegeln siehe P. Hadot, s.v. Fürstenspiegel, RACVIII, 1972, 555– 30 DieHerausstellung derPaideia beiSidebottom (wie Anm.4) greift daher zukurz. 31 Siehe zudiesem Grundprinzip antiker Historiographie, dassich beiverschiedenen Autoren beobachten läßt, z.B. A. Cameron, Introduction, in: dies. (Hrsg.), History asText, London 1989, 34; C.B.R. Pelling, Truth andFiction in Plutarch’s Lives, in: D.A. Russell (Hrsg.), Antonine Literature, Oxford 1990, 44; K. Heldmann, Libertas Thraseae servitium aliorum rupit, Gymnasium 98, 1991, 209 (zu Tacitus); G. Wirth, Diodor unddas Ende des Hellenismus (SAWW 600), Wien 1993, 6.

32 Hdn. 1,1,1. 6. 33 Hdn. 1,1,5–

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derGeschichte

125

Dabei nimmt die Paideia eine ganz zentrale Stellung ein. Ausdenersten Abschnitten desWerks spricht bereits einbemerkenswertes, ausderphilosophischen Tradition geschöpftes Vertrauen in die Bildung des Menschen. Da dieser nicht – wiefürviele andere Autoren34 –vonNatur ausgutoder schlecht ist, wirdmitMarc Aurel zugleich ein verbindliches Ziel derHerrschererziehung benannt. Dieeingeführten Gesetzmäßigkeiten, nachdenen dieinMarc Aurel verkörperte sittliche Bildung undüber praktisches Handeln erworbene Erfahrung die Qualität derHerrschaft bestimmen, werden zunächst imScheitern desCommodus bewiesen. Mit der amBeispiel des Sohnes vorgenommenen Beweisführung wird im ersten BucheinPropylon errichtet, durch dasderLeser geführt undzudemer sich immer wieder umdrehen soll. AuchdasVersagen nachfolgender Herrscher kanndaran anschließend auf dieser Grundlage interpretiert werden. Nicht nurCommodus wird ganz allmählich underst mitdemFortfall derErzieher zumTyrannen.35 DieSöhne des Septimius Severus scheitern, weil ihr Vater kein geeigneter Pädagoge ist und daher Monstren bildet.36 Severus Alexander mußsterben, weil seine Erziehung zu einseitig ausgerichtet war.37 Damit ist angedeutet, daßHerodian alle Regierungszeiten in sein starres Konzept einpaßt, umdessen Gültigkeit zubeweisen. Ungeachtet derentstellenden Wirkungeiner ausgefeilten literarischen Technik, überdiederfolgende Beitrag vonTh. Hidber informiert, sind esjene abstrakten Prämissen, andenen alle Details ausgerichtet werden. Das hierbei angewandte Verfahren ist kompliziert. Ziel ist es, in jedem Bucheinmöglichst überzeugendes Einzelbild desjeweiligen Kaisers zuzeichnen. Zu diesem Zweck hat Herodian zunächst ein Vor-Urteil über die einzelnen Herrscher gefällt. Dieses soll sich darauf inderDarstellung inobjektive Gewißheit verwandeln. Zudiesem Zweck werden nurEreignisse berichtet, diedie vorformulierte Qualität des Herrscher erhellen unddie Ursachen seines Handelns verständlich machen. Fakten werden aus diesem Grund nicht nur selektiert, sondern auch erfunden undverfälscht. Nurso kann eine vielfältige Realität in einen starren abstrakten Rahmen eingepaßt werden.38 Die Darstellungsabsicht –soviel ist mitdiesen allgemeinen Beobachtungen bereits angedeutet –weist also durchaus Ähnlichkeit zujener Einschätzung desWerkes auf, die durch die wissenschaftlichen Untersuchungen des frühen 19. Jhs. diskreditiert schien. Daran anschließend stellt sichdieFrage, vorwelchem Hintergrund Herodian sich fürdieskizzierte Gestaltung seines Geschichtswerks entschieden hat. UmIntention undKomposition zuverstehen, mußmansich die Situation der Historiographie in derMitte des 3. Jh. vergegenwärtigen. Entscheidende Bedingung historiographischen Schaffens ist derUmstand, daß–wieimeinleitenden Aufsatz bereits ausführlich dargelegt –jene Autoren, die zuBeginn desJahrhunderts. Geschichtsschreibung undBiographien verfassen, eine abgerissene Tradition wieder-

34 Vgl. nurSuet. Nero 26,1 mitDihle (wie Anm.26) 57 f. 8 beschrieben. 35 Die Peripetie dieser Entwicklung wirdeindrucksvoll in Hdn. 1,13,7– 36 Insbesondere Caracalla erscheint als Karikatur seines Vaters. Vgl. z.B. die ähnlichen 5. 5 (Einzug desSeptimius Severus) mit4,9,4 und4,11,4– 2,13,2– 37 Vgl. Hdn. 6,2,3. 38 ZudenKonsequenzen fürdieDarstellung demnächst Zimmermann (wie Anm. 5).

Szenen

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beleben. Nach einer komplizierten literar- undsozialgeschichtlichen Entwicklung warnämlich imersten Drittel des2. Jhs. Zeitgeschichtsschreibung undBiographie ganz vonderPanegyrik verdrängt worden. Autoren, diesich indieser Zeit mitGeschichte befaßten, wandten sichentweder derfernen Vergangenheit zuoderverfaßρ ά tenalsπ ίο ξ ε ιςundβ ιtitulierte Werke, dieganzdemLobdesKaisers verpflichtet waren. Bis zurZeit derSeverer undbis zumNeubeginn durch Cassius Dio haben wirfürmehrere Generationen keinen eindeutigen Beleg fürdieExistenz eines Geschichtswerkes, dasnicht adulatorisch undpanegyrisch verfuhr. AuchAnfänge von Cassius Diolagen –wieM.G. Schmidt hervorgehoben hat–impanegyrischen Bereich. Jeder Autor der Zeit, der sich bis in die Zeitgeschichte vorwagte, war mit dieser Entwicklung konfrontiert. Manhatte dabei nicht nuranWerktraditionen anzuknüpfen, sondern sich vorallem auchmitderganzdurch diese Bedingungen bestimmten Rezeptionserfahrung derZeitgenossen undderen Lese- oder Hörerwartungen auseinandersetzen: Zeithistoriker mußten sich denEigenarten dieser Gat-

tung stellen.

So ist es zu verstehen, daß auch Herodian ausdrücklich darauf aufmerksam macht, sein Werk sei nicht π ρ ὸ ςχά ρ ιν , d.h. füreinen bestimmten Kaiser undmit Blick aufaktuelle Wirkung, sondern π ρ ή θ ὸ εια ςἀ λ ν unddamit aufDauer verfaßt.39 Ersetzt sichexplizit vonPanegyrik, wieCassius Diosieinseinem Frühwerk verfaßt hat, ab. DaHerodian jedoch umdieDominanz desEnkomions weiß, macht er die ethischen Prämissen dieser Gattung zurGrundlage seiner Darstellung. Es geht ihm aber nicht umeine Wiedergabe offizieller Selbstdarstellung, sondern umdenBeweis zeitloser Gültigkeit bestimmter, inRhetorik undPanegyrik verankerter Kategorien. Damit überwindet Herodian dieZeitgebundenheit panegyrischer Texte und ihren Bezug auf einen bestimmten Herrscher, kann aber zugleich konsensfähige Normen amhistorischen Ablauf beweisen. Eine bestimmte Wirkungsabsicht, etwa im Sinne derErstellung eines Leitfadensfürdiepolitische Praxis, dürfte beiHerodian eine nachgeordnete Rolle gespielt haben. Undhierin besteht amehesten einUnterschied zudenFürstenspiegeln. Ihm ging es anscheinend in erster Linie darum, seinen Lesern einDeutungsangebot der historischen Ereignisse anzubieten. Unddasbestand eben darin, seinen Zeitgenossen aufzuzeigen, daß politische Handeln nach den Maßstäben zeitlos gültiger Prinzipien funktioniert. Auffällig ist dabei, daßer anders als sein Vorgänger Dio deneinzelnen Amtsträgern oder Senatoren kaum Beachtung schenkt. Mankann sogar soweit gehen, daßSenatoren bei derLektüre kaumFreude gehabt haben dürften. Sie selbst und ihre politischen Interessen spielten eine ganzuntergeordnete Rolle. Dashängt zweifellos damit zusammen, daßderAutor nicht ihrem Milieu entstammte. Er warvermutlich kaiserlicher Freigelassener in untergeordneter Position unklarer Art.40 Die immer wieder geäußerte Vermutung, er habe amHof in Romgewirkt unddeshalb besondere Kenntnis derVorkommnisse gehabt, läßt sich nicht beweisen.41 Es spre39 2,15,7. 229. 40 Hierzu mitderälteren Literatur Alföldy (wie Anm.4) 227– 41 Siehe hierzu dieÜberlegungen inHerodian of Antioch’s History of theRoman Empire, tranls. 6 undAlföldy (wie Anm. 4). Siehe dagegen by E.C. Echols, Berkeley/Los Angeles 1961, 4– demnächst Zimmermann (wie Anm. 5).

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chen im Gegenteil eine Reihe vonIndizien dafür, daßer sich –wenn überhaupt – nursehrkurzinRomaufgehalten hat.Erzeigt nämlich imDetail derart gravierende Fehler beiderBeschreibung stadtrömischer Besonderheiten, wiesienurvonjemandemzuerwarten sind, derdasGeschilderte nicht auseigener Anschauung kennt.42 Derartige Nachlässigkeiten konnte er sich aber nur leisten, wenn auch die Leser seines Werks eher in einem Umfeld zu suchen sind, das fern der stadtrömischen Vorkommnisse lag. III Diese knappen Ausführungen zu Rezeptionsgeschichte undIntention des Autors sollen angesichts ausführlicher Darlegungen ananderer Stelle als Einleitung in die Besonderheiten derherodianischen Geschichtsdarstellung hiergenügen. Imfolgenden, dritten Teil soll nunein Aspekt im Mittelpunkt stehen, der in der modernen Beurteilung desHistoriographen einen prominenten Platz einnimmt, vonmirinden genannten Arbeiten aber nuramRande undohne Auseinandersetzung mitneueren Publikationen angesprochen wurde. Eshandelt sich umdieFrage, obHerodian mit seiner Geschichtskonzeption undvorallem derDarstellung imEinzelnen denBlickwinkel unterer Schichten imrömischen Reich repräsentiert. Die Meinung, daßder Autor deren Sichtweise vomZustand desImperium Romanum imzweiten Drittel des 3. Jh. wiedergebe, spielt in der Bewertung des Historikers nach wie vor eine herausragende Rolle43 undwirdinbeinahe jeder Würdigung desAutors berücksichtigt. Dieses Urteil läßt sich, wie beinahe alle Stellungnahmen zumCharakter der Geschichtsdarstellung, bis in das 19. Jh. zurückverfolgen. Nachdem manbestritten hatte, daßes sich bei demWerk umeinen Fürstenspiegel handelt, suchte mannach deneigentlichen Adressaten für das Buch. Schon F.A. Wolf hobhervor, daßbei Herodian dieMeinungen deseinfachen Volkes zufinden seien.44 NachAnsicht von L. Poetsch handelt essichbeiHerodian umeinen „Schriftsteller derMittelclasse“.45 DasWerkermögliche daher einen ungeschminkten Blick aufdieEreignisse ausder Sicht des einfachen Reichsbewohners, zumal „populäre Meinungen... ohne viel direkt indasWerkeingeflossen seien. DaHerodian vonpolitischer EntBesinnens“ parteilos scheidung ausgeschlossen gewesen sei, schildere er die Vorkommnisse „

42 Vgl. bereits A. Duncker, Die neueren forschungen auf demgebiete der römischen kaisergeschichte vomtode Marc Aurel’s bisaufdiezeit Constantin’s desGrossen, Philologus 33, 1874, 184.

43 Dasextremste Urteil findet sich bei S. Mazzarino, Il pensiero storico classico II/1, Bari 1966, la versione della 208, bes. 207, woHerodian nicht nurals Autor verstanden wird, der „ 204– plebe“vondenhistorischen Ereignissen bewahrt habe, sondern ihmzugleich aufgrund eines angeblichen Interesses für soziale Probleme bescheinigt wird, sein,„punto di vista è dunque . Vgl. Martinelli (wie Anm.4) 12f. assai vicino a quello diunostorico moderno“ 44 Siehe Wolf (wie Anm. 16) XL.L. 45 L. Poetsch, Beiträge zurKritik derKaiserbiographen Cassius Dio, Herodian undAelius Lampridius

auf Grund derBerichte über Kaiser Commodus,

14. 1886, 10–

Programm

derUnterrealschule Graz

128

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undwahrheitsliebend“.46Damit unterscheide er sich vonCassius Dio, denmanfür einen Autor hielt, der „ sklavisch vor demjeweiligen Tyrannen gebeugt“ging.47 Auch die Zielgruppe desGeschichtswerks schien damit umrissen: H. Ulrici stellt 1833 inseiner ‚Charakteristik derantiken Historiographie‘fest, Herodian habenicht für„höhere, denkende Köpfe“ , sondern fürdie„handwerksthätige Menge“geschrieben.48 Diese Urteile wirken bisinjüngste Publikationen nach49 undnehmen einen zentralen Platz in Studien ein, die sich mit derpolitischen undgesellschaftlichen Rolle derkaiserzeitlichen plebs urbana befassen undindenen nachderpolitischen Macht desVolkes unddenFormen ihrer Durchsetzung gefragt wird. Insbesondere vonE. Flaig undJ. Sünskes Thompson wurde zwischen 1990 und1993 inAnknüpfung an diverse Vorarbeiten von Z. Yavetz untersucht, welchen Anteil die plebs urbana neben Senat undMilitär iminnenpolitischen Kräftespiel bei derLegitimation kaiserlicher Herrschaft hatte.50 Dabei geht es nicht umeine Untersuchung derzunehmend einflußlosen Volksversammlungen unddie Geschichte dieser nachweislich bisindas3. Jh. aktiven Institution51, sondern darum, inwieweit mitProtestaktionen, symbolischen Akten undRitualen im öffentlichen Raum (Theater, Fora, Straßen usw.) auf politische Entscheidungen Einfluß genommen wurde. Als Ergebnis läßt sich nachAnsicht dergenannten Autoren festhalten, daßdieöffentliche Bekundung vonLoyalität undSympathie Legitimation gestärkt bzw.bei ihrer Verweigerung in Frage gestellt und untergraben hat.52 Wichtig sei dabei die Feststellung, daß das Volk nicht vorrangig durch Interessengruppen beispielsweise aus der Senatorenschaft beiseinen politischen Willensäußerungen gelenkt undinstrumentalisiert wordensei, sondern aufderGrundlage eines Normenkonsenses Ansichten auchspontan undeigenständig artikuliert habe.

46 Ebd. 13.Vgl. auch G.R. Sievers, Über dasgeschichtswerk desHerodianos, Philologus 26, 1867, 31. 47 Duncker, a.O. 158. 48 Ulrici (wie Anm. 21) 75. 49 Vgl. z.B. Alföldy (wie Anm.4) 276, dereinungebildetes (unddaskannnurheißen: sozial nicht privilegiertes) Publikum indenProvinzstädten vermutet. 50 E.Flaig, DieKaiser herausfordern. DieUsurpationen imrömischen Reich, Frankfurt/Main 1990; J. Sünskes Thompson, Aufstände undProtestaktionen imImperium Romanum. Dieseverischen 134; dies., DemonKaiser imnSpannungsfeld innenpolitischer Konflikte, Bonn 1990, bes. 95– strative Legitimation derKaiserherrschaft imEpochenvergleich. Zurpolitischen Macht desstadtrömischen Volkes (Historia Einzelschr. Bd.84), Stuttgart 1993. Vondenälteren Arbeiten siehe 311; ders., The Urban Plebs in bes. Z. Yavetz, Plebs Sordida, Athenaeum N.S. 43, 1965, 295– theDaysof theFlavians, Nerva andTrajan, in:Opposition etrésistance à l’empire d’Auguste à vres–Genf, 1987, 135– Trajan. Fondation Hardt. Entretiens surl’antiquité classique 33, Vandœ 186; ders., Plebs undPrinceps, NewBrunswick, N.J. 19882. Wichtig für die Einschätzung der Rolle desVolkes sindferner dieBeiträge zudenrepublikanischen Voraussetzungen inM. Jehne(Hrsg.), Demokratie inRom? DieRolle desVolkes inderPolitik derrömischen Republik 9. (Historia Einzelschr. Bd. 96), Stuttgart 1995, bes. 1– 51 Dio 58,20,4. 52 Sünskes Thompson, Legitimation (wie Anm. 50), 6 f.; vgl. zustimmend E. Flaig, Gnomon 70, 1998, 138.

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derGeschichte

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Aufdiemethodisch bedenkliche Quelleninterpretation Flaigs, dereine Auswertung insbesondere destaciteischen Berichtes über die Jahre 68/69 n.Chr. ganz seinem Erkenntnisinteresse nachordnet, kann hier nicht eingegangen werden.53 Im

Vordergrund sollen vielmehr dieAusführungen vonSünskes Thompson stehen, die einen Vergleich desersten Jahrhunderts mitdenVerhältnissen zwischen denJahren 180und238 vornimmt unddabei immer wieder aufHerodian zurückgreift. Dieser ist für sie entgegen deransonsten überwiegend negativen Einschätzung in derForschung ein „ politisch aufmerksamer undinteressierter Zeitzeuge“ , der in einem Atemzug mitTacitus undDiogenannt werden kann.54 Erhabe, daerschon 192bei Spielen unter Commodus imAmphitheater, einem derwichtigsten Orteöffentlicher Meinungsäußerung der Plebs, anwesend gewesen sei undnoch die Säkularspiele des Septimius Severus im Jahr 204 miterlebt habe,55 klare Vorstellungen davon, welche politische Macht sie besessen habe undwie sie diese umsetzen konnte. Er sei zwar oft unpräzise imBericht, aber diebei ihmfestzustellende mangelnde Spezifizierung jener Gruppen, dieanUnruhen undProtestaktionen teilnahmen, könne darauf zurückgeführt werden, daßHerodian wie andere Autoren dieplebs urbana erwähne undwieseine Zeitgenossen an„ denmögteilstaatlichen Topos“ allein als„ nicht interessiert lichen Organisationsformen derpolitischen Aktionen desVolkes“ sei.56 Ungeachtet dieser zeittypischen Unschärfen könne sein Werk dennoch Einsichten in die Möglichkeiten politischer Einflußnahme durch dieplebs urbana gewähren. Die angebliche Anwesenheit desHistoriographen bei Spielen desCommodus ist aber längst als literarische Fiktion entlarvt worden.57 Undauchbei anderen Berichten ist immer wieder betont worden, daßsie weitgehend wertlos sind. Dierefe-

53 54 55 56

57

Siehe die treffenden Beobachtungen in denRezensionen vonH. Horstkotte, Klio 77, 1995, 700, bes. 692. 520; P. Urban, BJ 195, 1995, 691– 517– Sünskes Thompson, Legitimation (wie Anm. 50) 12. Ebd. 12 Anm. 25 zuHdn. 1,15,4; 3,8,10. Ebd. 13. Überschaut mansämtliche Passagen, indenen dasVolk vonRomerwähnt wird (eine Zusammenstellung derBelege findet sich beiD.Roques, Le vocabulaire politique d’Hérodien, 52), dann lassen sich vorsichtig folgende Beobachtungen zu71, bes. 49– Ktema 15,1990, 35– μ ο ῆ ςversteht Herodian zunächst anverschiedenen Stellen dieGesamtsammenfassen. Unter δ 7; 1,14,7; 2,27; heit römischer Bürger ungeachtet ihrer jeweiligen sozialen Stellung (1,11,4– 4,4,4). Inanderem Kontext versucht ermitdiesem Begriff jene Gruppe zubezeichnen, dienicht zurSpitze dersozialen Hierarchie gehört. Er trennt aufdiese Weise mitBlick aufRom, aber auch sämtliche Provinzstädte dievornehmen Aristokraten undAmtsträger vomgesamten Rest der Bevölkerung (z.B. 2,6,3; 7,9,11; vgl. ferner die Demoi in denProvinzen in 3,3,5; 3,4,6; 6; 7,4,5; 8,1,5; 8,3,5; 8,6,5.7). Aufeiner dritten Stufe unterscheidet er diedrei Gruppen 7,3,5– 4.9; 6,1,2), zwischen denen sich im wesentlichen die Senat, Volk undSoldaten (z.B. 3,8,3– sozialen, politischen undmilitärischen Konflikte abspielen, wobei im Falle bürgerkriegsähnlicher Szenen Zivilisten (Volk undSenat) undMilitärs als Antipoden gegenüberstehen (z.B. 2,6,3.13; vgl. zuähnlichen Berichten bei Dio L. de Blois, Volk undSoldaten bei Cassius Dio, 76. bes. 2660; vgl. ferner S. Pelling, Plutarch on Roman Politics, ANRW II 34.3, 1997, 2650– in: I.S. Moxon u.a. [Hrsgg.], Past Perspectives. Studies inGreek andRoman historical writing, 181). Ersteren kommt die verfassungsrechtliche Alleinvertre187.162– Cambridge 1986, 159– tungderGesamtheit aller Bürger imSinne deralten Formel vomsenatus populusque Romanus zu(z.B. 2,6,1; 2,6,3.13; 4,1,3; 5,5,2.8; 6,4,2; 7,9,11; 7,12,1; 8,7,8). 34. Siehe Kolb (wie Anm. 22) 25–

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rierten Ansichten erwecken daher denEindruck, daßzurUntermauerung dervon Vornherein feststehenden These, dasstadtrömische Volk habe auch ohne institutionellen Rahmen eine eingeschränkte politische Macht besessen,58 derText alsSteinbruch genutzt wird, ohne daßimEinzelfall Werkzusammenhang, Gesamtintention oder Quellenverarbeitung beachtet werden. Umdie Problematik dieser Form der Quellenlektüre zu verdeutlichen, soll in drei Schritten vorgegangen werden. Zunächst gilt es die Behauptung voneiner grundsätzlich volksfreundlichen Haltung desHistoriographen zuwiderlegen. Anschließend soll verdeutlicht werden, daßinsgesamt das Interesse Herodians an Vorkommnissen, bei denen das stadtrömische Volk eine herausgehobene Rolle spielte, sehr gering war. In einem dritten Schritt mußabschließend untersucht werden, ob vielleicht dennoch unbeabsichtigt die politische Macht des Volkes dokumentiert wird. Zunächst also zurAusgangsthese, beiHerodian seiein„ einseitig volksfreundlicher historiographischer Diskurs“festzustellen underhabe sogar übertrieben allein „ dasVolk vonRom(gemeint ist dieplebs urbana, d.A.) als Träger derWeltherrschaft undInhaber der höchsten Gewalt“herausgestellt, wobei er ganz eigenem Wunschdenken“erlegen sei.59 Für diese Aussage werden vier Passus als Beleg „ angeführt, deren nähere Betrachtung lohnt. Beimersten Abschnitt handelt es sichumeine Rede, dieHerodian demPescennius Niger in denMundlegt. Dieser hebt gegenüber seinen Soldaten hervor, das μ ο ῆ ς , habeihnzurHerrschaft gerufen.60 DerThronμ α ίω ν δ ω römische Volk, derῬ prätendent spielt darauf an, daßdieplebs urbana ihnbei einer Versammlung im Circus als neuen Herrscher anstelle desDidius Iulianus gefordert habe.61 Diesem Umstand komme besonderes Gewicht zu, da–so Pescennius Niger –demrömischen Volk „ die Götter die Herrschaft unddas Kaisertum über alle verliehen ha,62eineindrucksvolles Statement, dasfreilich nicht dieAnsicht Herodians, sonben“ dern einen Trugschluß seiner Figur wiedergibt. Der Fehler des Pescennius Niger bestand nämlich fürHerodian gerade darin, daßer nach Erhalt vonunklaren Nachrichten überAkklamationen imCircus Maximus alsThroninhaber auftrat undallein aufdieser Grundlage betonte, daßer sich nicht geringe undleichtfertige Hoffnungenmache (2,8,4: ο ν ίω α μ φ α λ εῬω ίἐλ ,ἁ λ ῦ λ ῦ σ ε π ίδ ᾽ὅ τ λ α ο α ιδ ικα ὑ ς ὲο ὐ δ ὲκοῦφ μ ο ῆ ςκτλ .). Der Historiograph gibt durch Wiederholung dieser Einschätzung Niδ gers mit negativen Vorzeichen deutlich zu erkennen, waser von derartigen Mei-

58 Umdie angebliche opinio communis über die politische Einflußlosigkeit der stadtrömischen Plebs zubelegen, wirdvonSünskes Thompson, Legitimation (wie Anm.50), 2 nureine Aussage vonP. Veyne ausseiner eher nicht-althistorischen Arbeit ‚Brot undSpiele‘zitiert. Daßdie Quellen zurUntermauerung eines feststehenden Ergebnisses gelesen werden, zeigt sich ganz deutlich daran, daß im Laufe der Argumentation undKapitel für Kapitel fortschreitend zunächst noch zurückhaltend geäußerte Thesen zuTatsachenbehauptungen werden. Wernurdas 74) liest, bekommt überhaupt keinen Eindruck vondemschwankenden Boden, Fazit (ebd. 55– aufdemsich diegesamte Argumentation bewegt. Sünskes Thompson, Legitimation (wie Anm. 50), 38 f. mitAnm. 115.

59 60 Hdn. 2,8,4. 61 Hdn. 2,7,3. ὶ α ὶκ ο ε νθ α νἔνειμ ω τ ν ά π ἁ ν ῶ ντ εία τ ο τ π ὴ νδεσ ο ς ,ᾧ νδῆμ ίω α μ 62 Hdn. 2,8,4: ... ἀ εῬ ω ᾽ὅτ λ λ . λ κ τ εία ν α ιλ σ τ ὴ νβ

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nungsäußerungen imCircus hielt: Diese konnten eben doch nurunsichere undunklare Hoffnungen wecken.63 FürHerodian spielte dasrömische Volk selbst imZusammenspiel mitdensyrischen Legionen unddenöstlichen Provinzbewohnern eben keine verläßlich einschätzbare odergardominierende Rolle inpolitischen Konflikten.64 Sich aufdiese berufen zuwollen, erweist sichdaher auchimFalle desPescennius Niger, denHerodian ganz als Prätendent desVolkes zeichnet,65 als kapitaler Fehlschluß, denjener schließlich mit demLeben bezahlt. Imzweiten Passus paraphrasiert Herodian einen angeblichen Brief desMacrinusanArtabanos. Indiesem versucht derKaiser klarzustellen, daßCaracalla nicht mehr amLeben ist unddieRömer, in deren Macht es stehen würde, ihmdieHerrschaft übertragen haben.66 Auch hier gibt Herodian nicht zuerkennen, daßfürihn dieplebs urbana „Trägerin derWeltherrschaft“ist. Wiederum ist zubeachten, daß derHistoriograph die Einschätzung einer dramatis persona wiedergibt. Macrinus aberbezieht sichaufseine wenige Sätze zuvor beschriebene Akklamation durch die römischen Soldaten.67 Es können demnach bestenfalls die Römischen Bürger in ihrer Gesamtheit, für die die Soldaten stellvertretend gehandelt haben, keinesfalls aber dasstadtrömische Volk gemeint sein. Ähnlich sieht es mitdenbeiden anderen Belegen fürdie angeblich vonHerodian postulierte Stellung derplebs urbana aus. Nach demSturz des Maximinus Thrax referiert Herodian einen Brief desSenats, in demdieser gegenüber denProη erklärt undsie auffordert sich den μ vinzen die Ῥ γ ν τ ώ ο υ μ α ίω κ α ν ῆ ὶτ ω ςσυγκλή Römern anzuschließen.68 AlsArgument führen dieSenatoren an,daßdenRömern vonalters herdieöffentliche Macht gehörte“unddieProvinzen jenen „selbst be„ . Auchin diesem Fall gibt freundet unduntertan wären seit derZeit derVorfahren“ Herodian also nicht einen eigenen Kommentar ab, sondern referiert ein angeblich vomSenat verfaßtes Dokument unddiedarin enthaltenen Ansichten. Wenige Sätze später berichtet er, derGroßteil derProvinzen habe sich ‚denRömern‘angeschlossen, was sich im Kontext aber nur auf den Senat unddessen Initiative beziehen kann.69 Kein Wort also davon, daßdieplebs urbana für Herodian besonderen Einfluß hatte. Was er von derplebs hielt, hat er wenige Sätze zuvor eindrucksvoll in Worte gefaßt: „ Nunsind alle Pöbelhaufen leicht zumUmsturz geneigt, aber das römische Volk in seiner sehr großen undbuntzusammengewürfelten Ansammlung 70 vonMenschen ist zueinem Sinneswandel noch viel schneller undleichter fähig.“

63 Hdn. 2,9,1: τα ο ιςἐπ τ λ μ ῦ ή ρ α ο έν ιςκ δ α τ ο ιω ο ὲα ὐ ο ῦ υ υἐλπ ῦδιατυπ ν α τ ίσ ο ι α α ὶἀ ςκ δ ὶκούφ κ τ λ . 8. AuchwarderEinfluß aufdenAblauf weitaus geringer als vonSüns64 Siehe hierzu Hdn.2,8,1– kesThompson, Legitimation (wie Anm.50), 40 veranschlagt. Fürdiesen waren nicht inerster Linie dieAkklamationen, sondern derverlorene Rückhalt desDidius Iulianus beidenPrätoriaά λ [!] ισ τ α nernGrundlage, umaufdieNachrichten ausRomzureagieren (siehe Hdn.2,7,6: ... μ .). ικτλ μ α ελ εῖσ θ ν ἀ ῶ τ ιω ρ τ α τ ρ ὶα ν σ ὐ τ ο ῷ ν ε ν ὸ ετ π τ ῶ ν ὐ π ὸτ ὸ Ἰο ια ν λ υ τ 65 Wobei auchdieHoffnungen desVolkes aufganz unklaren Indizien beruhen (Hdn. 2,7,5). α ι. έν ικ ῷ κ α τ σ ιλ εία εχ ειρ ὰ τ ῆ ςἐγ ςβ ή , ἐα τ υ ρ χ 66 Hdn.4,15,7: (...) Ῥ ἀ ἡ μ α ίο υ ω ν ςδ έ ,ὧ ἐσ τ ὶν 8) geht Macrinus mitkeinem Wort 3. Auch in derRede andie Soldaten (4,14,3– 67 Hdn.4,14,2– aufdieplebs urbana ein, sondern spricht vondenRömern alsReichsbewohnern. 68 Hdn. 7,7,5. 69 Hdn.7,7,6. μ ο ς ῆ δ ν ίω α μ μ ,ὁ δ εν α μ ὲῬω ο ρ ὸ κ α ύ ὰ ο τ ιν ο ςτ φ ο ιπ λ ο ικοῦ χ ρ ὄ 70 Hdn.7,7,1: κ γ ὰ α ὶπ ά ν ν τ ὲ ε ςμ

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Derletzte Beleg ist schließlich einer Rede desMaximus in Aquileia entnommen, in derdieser hervorhebt: „ Die Herrschaft istja nicht eines Mannes Privatbe-

sitz, sondern vonAlters hereinGemeingut desrömischen Volkes, undindieHände jener Stadt ist dasSchicksal des Kaisertums gelegt.“ 71Wie diese Sentenz zubewertenist, weiß derLeser desgesamten Textes ausdemvorhergehenden Buch. Nach-

demderSenat Maximus undBalbinus aus seinen Reihen zu Kaisern proklamiert hat, rottet sich ein Volksmenge zusammen, die gegen Maximus opponiert.72 Was vondieser Menge nach Ansicht des Historiographen zuhalten ist, wird aus dem

Grund des Protestes ersichtlich. Maximus soll als Stadtpräfekt gerade gegenüber den „leichtsinnigen undüblen Teilen desPöbels (π ρ ὸ ςτ ο ὺ α ύ λ ο ςφ ςκ α ὶκούφ ο υ ς τ ῶ ν ) ziemlich harsch“verfahren sein.73 Diese tragen also denProtest, derals ὄ χ λ ω ν Ergebnis dieErnennung Gordians III. zumCaesar nach sich zieht. Es dürfte deutlich geworden sein, daß das Herodian unterstellte positive Bild bzw. Wunschdenken vonderpolitischen Macht derplebs urbana einer Prüfung am Text nicht standhält. Dabei wurde vonSünskes Thompson seine angebliche Volksfreundlichkeit ausscheinbar quellenkritischen Motiven herausgestellt. Es ging ihr darum zu zeigen, daßmanHerodian gerade wegen seiner Sympathien gegenüber derplebs urbana nicht alles glauben solle undbei einigen seiner Schilderungen Abstriche notwendig seien.74 Dabei hatsie beispielsweise seinen Bericht über die Thronbesteigung desKaisers Pertinax imBlick. Laut Herodian wirddessen Akklamation durch diePrätorianergarde inRomvomstadtrömischen Volk gegen Widerstände der Garde durchgesetzt.75 Diese Version steht in krassem Gegensatz zum Bericht Cassius Dios, der korrekt demMilitär die maßgebliche Rolle zuschreibt.76 Die Verschwörer gegen Commodus hatten sich naheliegend zunächst derPrätorianer versichert, da gegen deren Widerstand eine Thronerhebung scheitern mußte. Durchgesetzt wurde sie vomPräfekten auch mitHinweis aufentsprechende Geldzahlungen. DieZustimmung durch dieBevölkerung istfürihneine Konsequenz der Ereignisse imPrätorianerlager. Jene warbei derAnerkennung derPertinax gewissermaßen vorvollendete Tatsachen gestellt. Vor demHintergrund dieses Berichtes erscheint die Darstellung Herodians in derTat zweifelhaft. Es besteht aber kein Anlaß, seine Version aufeine besondere Verbundenheit mitderplebs urbana zurückzuführen, zumal derHistoriograph, wie wir gesehen haben, deutliche Distanz zeigt. Wie erklärt sich vor diesem Hintergrund sein Bericht über die herausragenden Rolle desVolkes bei derThronbesteigungdesPertinax?

η ς μ ῆ δ τ ὸ ςγνώ ιο ιτ ε ἔ χ ν α ὶῥᾴ κ λ ὺ π ο ν ω π ν τ εἁνθρώ δ ω λ ύ κ ῳ γ κ α ὶπ ο ικ ῳ συ ίλ ίσ τ ή εγ θ ε ιμ ἐ ν π λ η τ ο ν . εὐ κ ίν ν , θ ε ν ω μ ἄ υ ο ή δ ν ίω α μ ω τ ο ῦ Ῥ ν ὸ ιν ο κ ὰ λ ή λ ,ἀ ρ χ ἡ ἀ α μ ῆ τ κ ν ρ ὸ ρ ν ὸ ἑ ιο 71 Hdn.8,7,5: ο δ ςἀ ν ςἴδ γ ὰ ὑ . η χ τ α ιτύ εία ςἵδρυ ιλ α σ ῆ τ κ α ςβ ὶἐ ιἡ ε ν τ π λ ῃ ῇ ό ἐν είκ 6. 72 Hdn.7,10,5– 73 Hdn. 7,10,6. 74 Sünskes Thompson, Legitimation (wie Anm.50), 38 f. 75 Hdn. 2,2,9. 3 (Xiph.). 76 Dio 74(73),1,2 + 2,1–

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Der Schlüssel zumVerständnis seiner Schilderung des politischen Einflusses desrömischen Volkes liegt inderoben skizzierten Gesamtkomposition undIntention seines Werkes. DaderKaiser Zentrum allen Geschehens ist undalle berichteten Einzelheiten einzig derErhellung seiner ethisch-moralischen Disposition dienen, ist naheliegend auch die Darstellung des Volkes diesem Ziel untergeordnet. UmdenKaiser Pertinax, deramehesten demIdealkaiser Marc Aurel nahekommt, alsmakellosen Herrscher schildern zukönnen, mußte Herodian dieRolle derPrätorianer minimieren. Sie tauchen als Randfiguren aufundwerden in erster Linie als Wegbereiter dernachfolgenden Tyrannis desDidius Iulianus geschildert.77 Wenn Herodian die Zustimmung des stadtrömischen Volkes bei der Erhebung des Pertinax in denVordergrund stellt, hatdies zudem nichts mitbesonderen Sympathien derplebs urbana gegenüber zutun.Diebeteiligten Bürger sindvielmehr Abbild der gesamten römischen Bürgergemeinde. Nicht nuruntere Schichten, sondern auch Ritter undSentoren gehören zuderGruppe, diealsVolk inErscheinung tritt.78 Für Herodian sind naheliegend diese unterschiedlichen Gruppen in ihrer Gesamtheit, nicht die plebs urbana, Träger der Herrschaft. Dies zeigt sich deutlich bei seiner Schilderung derReaktion imReich aufdieErnennung desPertinax. Es freuen sich nicht nuralle Völker, diedieRömer beherrschen odermitdenen siebefreundet sind, μ ω α ίο ιkann hier sondern selbst die Barbaren unterwerfen sich freiwillig.79 Mit Ῥ nurdie Gesamtheit römischer Bürger ungeachtet ihrer sozialen Stellung gemeint sein. Die Schilderung umdie Erhebung des Pertinax lehrt also, daß die Darstellung desrömischen Volkes ganz andie Kontur desjeweiligen Herrschers angepaßt ist. Aufdiese allein kommt es demHistoriographen an,nicht aufElegien überdiepolitische Weitsicht jener Schichten, denen sichHerodian selbst zugerechnet haben mag. Aber auch sonst zeigt einnäherer Blick aufdiegenannten, aber auch andere Episoden, daßHerodians Interesse fürdie Belange derPlebs allenfalls marginal gewesen

ist:

1. Unter Commodus soll dercubicularius undPrätorianerpräfekt

Cleander für sein.80 Bei eine dramatische Verknappung Ausbruch einer Hungersnot kommt es zu heftigen Protesten im Circus Maximus undzueinem Auszug einer größeren Gruppe zumKaiserpalast, derVilla derQuintilii, indessen Folge derPräfekt abgesetzt undhingerichtet wird. Esistbekannt, daß der Hintergrund der Affäre eine politische Rivalität zwischen Cleander unddem praefectus annonae M.Aurelius Papirius Dionysius ist, dernacheiner Rückstufung vomPosten despraefectus Aegypti durch denPrätorianerpräfekten Cleander eigentlich die Verknappung herbeiführt, umdiesen zu stürzen. Diese Hintergründe sind

des Getreides verantwortlich gewesen

8; 2,3,9; 2,6,2. 5; 2,2,7– 77 ZurBedrohung desPertinax siehe Hdn. 2,2,4– β ι ν ν τ ,ὅ ό ε σ ο ρ ῶ νλοιπ μ α ςο ὶτ α λ α π α ὖ νκ ῶ 78 Siehe die unspezifische Angabe Hdn. 2,2,2 (σ υ ή δ ο ν τ ο π ο ερ ); 2,4,1 (ὑ ᾶ ς ςὁδῆμ ); 2,2,3 und2,2,10 (π τ ἠ ν ο ο π είγ ῆ σ α ν ν , ἐπ εδ ρ ὶτ ο ὸστρατόπ π α π ά ν τ ε ). ς ή κ ο α ηδια μ α η ίο ,ὅ ιςὑπ μ σ α τ εῬ θ ω έο ν υ ή σ α ν τ α ά π ἔθ ῆ χ ςἡφ ο υἀρ ερ 79 Hdn. 2,4,2: τ ῆ ςτ εἡμ λ κ τ . ν ν ἔπ ε ὴ ειθ ρ χ ἀ ν ὴ τ ῦ ο τ ὐ α ειά ιν β ε ε δ ζ α , ἐκθ τ ό ρ α α τ τ σ κ ν α α ίλ ὶπά φ κ α ὶὅ σ α 80 Die Quellen unddie historischen Hintergründe sind ausführlich behandelt vonAlföldy (wie 126. Anm. 4) 81–

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Herodian bekannt, undeswärefürihneinLeichtes gewesen, dieeigentlich Verantwortlichen fürdie Notdesstadtrömischen Volkes zubenennen. Doch daran ist er garnicht interessiert. Seine Darstellung isteinfach seiner Erfindung einer Verschwörung desCleander gegen denKaiser untergeordnet. Dasstadtrömischen Volk, das durch seine Proteste tatsächlich eine Hinrichtung desPräfekten durchsetzen kann, wirdvondemHistoriographen nurberücksichtigt, ummöglichst dramatische Straßenschlachten schildern zukönnen unddarüber hinaus dieVerunsicherung desjungenKaisers zuillustrieren. DieProteste, vorallem aber derirrige Glaube desKaisers, denRückhalt nunauchbeiderplebs urbana verloren zuhaben, sindimBericht Herodians Voraussetzung, umdiefolgende Peripetie mitdemWandel desKaisers zumTyrannen zumotivieren.81 Daßeinmöglicher Aufruhr einen Sturz desKaisers zumZiel haben könnte (1,13,7: ὁδ μ ο ὲΚ ό δ ο ςδεδ ιὼ ςμ ὲ ν τ ὴ μ ν τ ο ο υκίνησ ῦδή ιν , ή μ τ ικ α ὶπ ρ ε ὶα ὐ τ ὸ ν ν ίσ εω ε τ ιε .), ist nicht Indiz füreine tatsächlich besteερ ν κ τ λ hende Möglichkeit, sondern Ausdruck eines Irrglaubens auf Seiten des Princeps, der trotz aller Defizite angesichts derpolitischen Situation, in derer noch hinreichend Rückhalt beim Militär hat, selbstverständlich mit allen Ehren (μ ε τ ὰ η π ά σ ς μ ία ) vomVolkbegrüßt wird. Herodian folgt mitBlick aufdenTyrannen ganz η ς φ εὐ gängiger Topik, undsein Bericht über die Greueltaten undLeichenschändungen nach demSturz desCleander zeigen denn auch deutlich Distanz zudenAktionen

derPlebs. 2. Nach der Erhebung des Didius Iulianus verhält sich das stadtrömische Volk ruhig. Erst als manbemerkt, daßdiePrätorianer über ihren neuen Kaiser nicht besonders glücklich sind, wagt es diebreite Masse, sich über denPrinceps lustig zu machen. Schließlich kommt es im Circus zur Akklamation des Pescennius Niger. So schildert Herodian inGrundzügen dieGeschehnisse.82 VonCassius Diowissen wir, daßsich weitaus dramatischere Szenen abspielten: Bei einem Opfer des Kaisers anderKurie kameszuProtesten deranwesenden Plebs. EinAngebot desKaisers, ein Congiarium auszuschütten, wurde als übler Bestechungsversuch verstandenundmitnochheftigeren Protesten beantwortet. Darauf wurden einfache Bürger von der Garde erschlagen, worauf sich dasVolk bewaffnete undim Circus verschanzte, umnacheiner durchwachten Nacht amnächsten TagPescennius Niger als Kaiser zufordern.83 Angesichts einer angeblichen Nähezurplebs urbana ist es verwunderlich, daß Herodian die Gelegenheit nicht nutzt, umihre Rolle gebührend herauszustellen. Seine Beweggründe sind deutlich: Es geht ihmallein darum, die Unfähigkeit desPescennius Niger zuuntermauern undseinVertrauen aufdieMacht desstadtrömischen Volkes als kapitalen Irrtum zubrandmarken. EinBericht über vielfältige, überlegte undpolitisch zielgerichtete Aktivitäten derplebs urbana oder über einpolitisch umsichtig agierendes unddamit einflußreiches Volk hätte hierzu nicht gepaßt. 3. Nach demSturz desMaximinus Thrax kommt es in Romzuspontanen Demonstrationen des Volks, in deren Verlauf nicht nurdie Standbilder des Kaisers

81

8. Siehe Zimmermann (wie Anm.5). Vgl. Hdn. 1,13,1–

7,3. 82 Hdn. 2,6,3– 5. 83 Dio 74(73), 13,1–

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gestürzt werden, sondern auch tätliche Angriffe auf Amtsträger erfolgen.84 Herodian läßt keinen Zweifel daran, waser vondementfesselten Mob hält. In seiner Darstellung wird das Volk überaus negativ gezeichnet. Die Ursache hierfür liegt darin, daßererhebliche Vorbehalte gegenüber Gordian III. hatundausdiesem Grund auchdieErhebung derersten Gordiane ineindunkles, zumindest sehrzweifelhaftes Licht stellen möchte. Das stadtrömische Volk wirddabei in besonders düsteren Farben geschildert.85 Chamäliongleich wechselt dieplebs urbana also in derSchilderung desHistoriographen dieFarbe undpaßtsichderGesamtkonzeption desGeschichtswerks folgenddenjeweiligen Thronprätendenten undKaisern an.Angesichts derexpliziten α σ ιλ ρ ὶβ εία -Literatur, nach demsich die ε ς Anknüpfung aneinen Topos ausderπ Untertanen derQualität desHerrschers anpassen,86 ist dies nicht überraschend. Es stellt sich freilich dennoch dieFrage, obvielleicht unabhängig vondeneigentlichen Intentionen undInteressen desAutors amRande brauchbare Informationenen über politische Macht derplebs urbana in denhistorischen Bericht eingeflossen sind. μ ο ῆ ςimKontext bestimmter Ereignisse, Hierzu gehört etwa die Erwähnung des δ wieetwajenen Situationen, indenen sich derjeweilige Herrscher undseine Repräsentanten demUrteil desVolkes zustellen haben. DerBefund ist aber auch in diesenFällen negativ: nachhaltiger Einfluß derplebs urbana aufdie politischen Entscheidungen ist nicht zu erkennen.87 Das Volk reagiert auf Situationen undfolgt dabei grundsätzlich derpolitischen Opportunität, diesich wiederum allein nach den bestehenden Machtverhältnissen, dieinerster Linie durch dasMilitär unddenSenat vorbestimmt werden, richtet. Schon unter Commodus zeigt zwardasVolk imAmphitheater Unwillen über dieunwürdigen Auftritte desKaisers, aber eine Initiative zurErmordung erfolgt ausder näheren Umgebung bzw. ausdemKreis derbedrohtenSenatoren.88 BeimSturz desDidius Iulianus wartet mandenWandel inderHaltung der Prätorianer ab.89 Septimius Severus wird angesichts seiner militärischen Durchsetzungsfähigkeit undimAnblick derangerückten Legionen freudig begrüßt90; ähnlich verhält es sichbeiCaracalla undGeta.91 AuchdieErmordung desMacrinus wird angesichts der erfolgten Akklamation Elagabals notgedrungen akzeptiert.92 Severus Alexander wirdebenfalls nach derInitiative derPrätorianer undderpolitischen Entscheidungen amHof als Kaiser anerkannt.93 Erst auf die Erhebung der

84 7,7,1–4. 85 Zurnegativen Zeichnung derGordiane

siehe z.B. Widmer (wie Anm.7) 71; Whittaker I (wie Anm. 1) xii-xiv; Alföldy (wie Anm. 4) 246 f. 86 Hdn. 1,2,4. 87 Vgl. zurähnlichen Darstellung beiDioDeBlois (wie Anm.56) 2659 f. 88 Hdn. 1,15,7 (nach anfänglicher Zustimmung verliert Commodus in denletzten Wochen des Jahres 192zunehmend dieZustimmung). Vgl.auch 1,14,7, wounterstellt wird, derDemos habe sich anseinen Gerichtsurteilen (über Senatoren!) gestört. Vgl. zurähnlichen Situation beim Sturz Plautians Sünskes Thompson, Legitimation (wie Anm. 50), 27 f. 3. 89 Hdn.2,6,3+12 undderWandel in 2,7,2– 90 Hdn. 2,14,1– 2; 3,8,3. 91 Hdn.4,1,3. Vgl. 4,4,3 (zur Furcht desVolkes nachderErmordung Getas). 92 Hdn. 5,5,2. 93 Hdn.6,1,2.

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Gordiane inderProvinz wagtdiestadtrömische Bevölkerung Proteste gegen Maximinus Thrax94 undschließt sich dermilitärischen Planung an,95 deren Erfolg dann ausgiebig gefeiert wird.96 Undschließlich duldet manauch die Ermordung von Maximus undBalbinus, die vondenPrätorianern perfiderweise mit Hinweis auf angeblich mangelnden Rückhalt dieser Kaiser beim Volk gerechtfertigt wird.97 Nurin vier Fällen98 zeigt dasVolk anscheinend eigene Initiative, nämlich bei derAkklamation desPertinax imPrätorianerlager, beiderAufforderung anPescenniusNiger, dieHerrschaft zuübernehmen, beimAnsehensverlust desMacrinus und bei derErhebung Gordians III. zumCaesar. Wirhaben bereits gesehen, daßdievonHerodian geschilderten Umstände nach derErmordung desCommodus beiderBestellung desPertinax zumNachfolger aus dieser Reihe auszuscheiden sind.99 Auch imFall desMacrinus dürfte derEinfluß desVolks überschätzt worden sein. NachMeinung vonSünskes Thompson bezeugenCassius Dio undHerodian eine Unzufriedenheit derplebs urbana mitdiesem Kaiser, dersich zwar Ritter undSenatoren zunächst entgegenstellen, die ihrer Ansicht nach aber letztlich Voraussetzung für denSturz desMacrinus durch die Legionenist.100 Zunächst ist festzustellen, daßHerodian eine Unzufriedenheit nicht ausdrücklich erwähnt, sondern nurvomWunsch desstadtrömischen Volks, denKaiser inRomzusehen, berichtet unddamit signalisiert, daßdieunterlassene Reise indie Hauptstadt einFehler gewesen sei. Er orientiert sich offenbar aneinem Passus bei Dio. Dieser schildert tatsächlich Unmutsäußerungen undbehauptet eine Ablehnung desMacrinus durch dieplebs urbana.101 Die vonDiobeschriebenen Akklamationengegen denKaiser sindjedoch nurvordemHintergrund seines Gesamturteils überMacrinus verständlich. Seine Schilderung derRegierungszeit spiegelt inerster Linie dieInteressen desSenats, derbesonders über zweifelhafte Amtsbesetzungen verärgert war.102 Dahinter stand dasgrundsätzliche Problem, daßeinTeil derSenatoren, zu demauch der Historiograph gehörte, einen Ritter auf demKaiserthron

94 95 96 97

4. Hdn. 7,7,1– Hdn. 7,12,1. 7. Hdn. 8,6,6– Hdn. 8,8,7.

98 Die Absetzung desPerennis unddesCleander müssen wegen derverzeichnenden

99

Darstellung Herodians vonVornherein ausgeschieden werden. DieInterpretation derPerennis-Episode bei Hdn. durch Sünskes Thompson, Legitimation (wie Anm. 50), 26 f., nach derdie vermutlich erfundene Episode mit demVerrat derVerschwörung durch denPhilosophen im Theater die Machtfaktor“dokumentiere, kann nicht überzeugen, denn Hdn. Einbeziehung desVolks als „ betont im Anschluß, alle Anwesenden heuchelten Ungläubigkeit (1,9,5), womit aber nurder nähere Umkreis desKaisers gemeint sein kann. Die Öffentlichkeit desAuftritts unddamit die Anwesenheit vonTeilen desDemos verliert erdemnach völlig ausdemBlick. Dieweitaus komplizierten Hintergründe legtA.R.Birley, TheCoups d’ÉtatoftheYear 193,BJ 107 280; ders., TheAfrican Emperor: Septimius Severus, London 19882, 89– 169, 1969, 247–

dar.

100 Sünskes Thompson, a.O. 44 f. „Fehlende Volksgunst (...) waralso einbedeutsamer Grund für denSturz desImperators (...).“ 4. 101 79(78),20,1– 48. 553; P. Cavuoto, Macrino, Neapel 1983, 34– 102 Siehe H.vonPetrikovits, RE 18, 1939, 547–

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trotz derUnzufriedenheit mitCaracalla nicht dulden wollte.103 Ausdiesem Gesamtenor ergeben sich Widersprüche im historischen Bericht. In verschiedenen Abschnitten konzediert Dio nämlich eine durchaus positive Regierungspraxis104 und mußsogar eingestehen, daß das Ansehen des Macrinus auch beim Volk äußerst positiv gewesen ist. Er beeilt sich daher, diesen positiven Eindruck auf die Kürze derRegierungszeit zurückzuführen, undversichert, dieMängel wären denBürgern, die fürseinen Geschmack sogar übertriebene Trauer nach seinem Todzeigten, bei längerer Herrschaft sicherlich aufgefallen.105 Angesichts dieser Hinweise aufeinen positiven Rückhalt desMacrinus dürften dieAkklamationen negativen Tenors vom senatorischen Historiographen wennnicht ganz erfunden, so doch ungebührend in denVordergrund gestellt worden sein, umzuverdunkeln, daßseine wiedie Unzufriedenheit seiner Standeskollegen auf Partikularinteressen beruhte. Anregung für dieBehauptung öffentlicher Demonstrationen derstadtrömischen Bevölkerung dürfte er in der Provinz Asia erhalten haben, in derer sich zumfraglichen Zeitpunkt aufhielt. InderProvinz gabesnämlich heftige Proteste derPergamener gegen Macrinus, derdieser Polis vonCaracalla gewährte Sonderrechte genommen hatte.106 Mansollte also Berichte über Unmutsäußerungen derrömischen Bevölkerung nicht vorschnell als Indiz für politische Einflußnahme der Plebs deuten, sondern kann sie zunächst nurallgemein als Beleg dafür werten, daßauch Senatoren ein Interesse daran hatten, ihre standesspezifischen Interessen in einen allgemeinen Rahmen zustellen, auchwenn–wieindiesem Fall –dieHaltung derplebs urbana eine ganz andere ist. Solche Nachrichten verraten weniger überpolitischen Einfluß derplebs urbana als vielmehr über ihre Instrumentalisierung, mitdersenatorische Präferenzen zueiner in derBürgerschaft verbreiteten Haltung stilisiert werden.107 Daßdiese Konstruktion keinen Einfluß aufpolitische Entscheidungsprozesse hatte, versteht sich vonselbst. Auswelchen Gründen dieSoldaten tatsächlich vonMacrinusabfielen unddamit seinen Sturz einleiteten, berichtet Diokorrekt wenig später. Einschneidende Eingriffe indieBesoldung, eine Rücknahme vonCaracalla gewährter Privilegien unddie Disziplinierung derTruppen machten die Soldaten für Ge103 Dies wird deutlich in der Schlußwürdigung Dios 79(78),41,1– 4. 3; bes. 39,3– 4. 104 79(78),12,1– 2; 18,5; 28,3; 36,1– 105 79(78),15,2. 106 79(78),20,4. ZumAufenthalt inAsia siehe F. Millar, A Study of Cassius Dio, Oxford 1966, 23 undzuletzt M.G. Schmidt, Die ‚zeitgeschichtlichen‘ Bücher imWerke desCassius Dio–von Commodus zuSeverus Alexander, ANRWII 34.3, Berlin/New York 1997, 2619. 107 Dies gilt ganz entsprechend fürdiebei Dio 79(78),8,2 überlieferten Prodigien, die nachträgliche, nacherfolgreicher Usurpation erfolgte Konstruktion sind. WennSünskes Thompson, Legitimation (wie Anm.50), 43 annimmt, dasVolk habe tatsächlich eine Dohle mitdemNamen des Caracalla-Mörders Martialis begrüßt, unddie Vermutung anschließt, ein Teil derZuschauer habe bereits vonderErhebung oderderen Planung gewußt, dannzeigt dieserstaunliche Naivität im Umgang mitderhistoriographischen Überlieferung (vgl. hierzu allgemein auch B. Campbell, CR 45, 1995, 349). Dasselbe gilt für die ebd. 37 geäußerten Überlegungen zu Dio 74(73),4,1–2, wo von einem Prodigium aus der Regierungszeit des Commodus berichtet wird. Auch dies ist spätere Konstruktion unddürfte aus denpanegyrischen Schriften Dios in das Geschichtswerk übernommen worden sein. Bei einem Autor, derdieMachtübernahme desSeverus durch eine Schrift über Träume undVorzeichen begleitet hat (vgl. Schmidt [wie Anm. 18), sollte manjedenfalls kritischer urteilen als Sünskes Thompson. 106] 2613–

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genangebote Iulia Maesas

mit demVersprechen einer Rückkehr zumstatus quo

ante empfänglich108 undnicht Unmutsäußerungen derplebs urbana, über deren politische Forderungen mansichindenLagern anderöstlichen Reichsgrenze keine

Gedanken machte. Weniger kompliziert sind die beiden anderen Fälle. So gibt unsHerodian im Hinblick aufdiebereits erwähnte Unterstützung Gordians III. bei seiner Ernennung zumCaesar einen Hinweis aufdieHintergründe. Die als Pöbel gezeichnete Volksmenge, die für die Beteiligung dieses Mannes anderRegierung sorgt, ist vonAnhängern undFreunden derGordiane zumAufruhr angestachelt worden. Es handelt sich demnach nicht umdieplebs urbana, sondern umeine überschaubare Gruppe, dievonhinter denKulissen tätigen Aristokraten aussenatorischem Umfeld gesteuert wird.109 Ähnlich sind die Ereignisse im Kontext derErhebung desPescennius Niger einzuschätzen. Auchindiesem Fall darf eine Gruppierung innerhalb derFührungsschicht als Initiator angenommen werden. Diese Vermutung wirdvonDionahegelegt, derdavon spricht, daßschon derBeginn derUnruhen, inderen Verlauf es zu Akklamationen im Circus kommt, gelenkt erschien.110 Auch wenn Dio keine Hintermänner nennen kann oder mag,111 wird mandies dennoch als Indiz dafür werten, daßer Initiatoren aufgrund dergenannten Qualität dieser Proteste voraussetzt. Diese selbst als Gradmesser für die Bemühungen der Plebs zu betrachten, dürfte ihmjedenfalls fern gelegen haben. Auchindiesem Fall wirdmanannehmen, daßinderRealität weder dieOffiziere nochderPrätendent selbst aneinem vorhandenen Rückhalt bei Teilen des Senats, dessen Versammlung schließlich Ausgangspunkt des Aufruhrs war, gezweifelt haben, ja diesen annehmen durften. Daßbei Herodian schließlich nurmehr ganz allgemein vomUnmut desVolkes gesprochen undsogar eine vorhergehender Auszug derführenden Männer ausRombehauptet wird,112 Drahtzieher im Hintergrund also sogar ausgeschlossen werden, ist allein seiner Konstruktion zuzuschreiben, nach der sich ein ‚Volkskaiser‘ (Pescennius Niger), einem ‚Militärkaiser‘ (Septimius Severus) undschließlich ein ‚Senatskaiser‘(Clodius Albinus) indemKonflikt gegenüberstehen. WennvondenRepräsentanten dieser drei Gruppen innerhalb despolitischen Kräftegefüges der ‚Volkskaiser‘die geringste Durchsetzungsfähigkeit hatundals erster ausdemKampf umdie Führung desImperiums ausscheidet, dannist dies wohl amehesten fürdieVorstellung, die Herodian von denpolitischen Möglichkeiten desplebs urbana hatte, charakteristisch. Die letztgenannten Beispiele machen also eines deutlich: Wenn mandie konkrete Einflußnahme derplebs urbana aufpolitische Entwicklungen untersuchen will, 29,2. 108 Dio 79(78), 28,1– . EinBeitrag zurGeschichία μ υ ρ χ ία ιθ ςἐπ α ν ο 109 7,10,5. Siehe hierzu K. Dietz, Senatskaiser undμ 425; ders., Senatus contra Principem. UntersutedesJahres 238 n.Chr., Chiron 6, 1976, 381– chungen zursenatorischen Opposition gegen Kaiser Maximinus Thrax, München 1980, 325 f. 110 Dio 74(73), 13,3. 111 Vgl. die entsprechende Zurückhaltung Dios bei derSchilderung derAkklamationen, die zum Sturz Cleanders führen (73[72],13,3–4). Sein Bericht über die in den Circus einziehende, von einer großgewachsenen Frau angeführte Kinderschar, diedieAkklamationen skandiert, belegt dahinterstehende Organisatoren.

112 2,6,3.

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macht es wenig Sinn, vorderUneindeutigkeit derQuellen imHinblick aufdieEntstehung überschaubarer, klareingrenzbarer Gruppierungen zukapitulieren odergar zuunterstellen, daßÜberlegungen zudenOrganisationsformen der Plebs modern undderAntike fremd sind.113 DieDurchsetzung politischer Ziele, wiesie sich beispielsweise bei der Ernennung Gordians III. zumCaesar zeigt, ist zumindest aus demBlickwinkel Herodians nurmöglich, wenneine überschaubare Interessengruppe(bestehend auch ausAristokraten) denProtest organisiert undleitet. Bei diesen ist nicht die Vorstellung, daß der „Plebs eine gewisse politische Macht im Legitimierungswettkampf dereinzelnen Herrschaftsansprüche“zukommt, Grundlage der organisierten Proteste, sondern das Wissen, daß schlichte Gewaltandrohung bei Durchsetzung politischer Interesse durchaus hilfreich seinkann.114 Allgemeine Unmutsäußerungen bewirken nichts, jedenfalls ziehen sienicht dieArtikulation politischer Alternativen nachsich.115 Jeder Versuch, dieRolle derplebs urbana imKräftefeld derPolitik über diebeschriebene Zustimmung zuvorhergehenden Aktionen vonMilitär oder Senat hinaus genauer zubestimmen, wirdnotgedrungen nach derartiger Bezügen undVerbindungen suchen müssen.116 Deren Rekonstruktion ist demnach Prüfstein fürdenErfolg vonBemühungen umeine Bestimmung derpolitischen Stellung derPlebs. Der moderne Historiker sollte sich jedenfalls den Blick nicht durch unklare Angaben antiker Historiographen trüben lassen, für die wiederum Dio ein gutes Beispiel liefert. Bei Ausbruch des Bürgerkriegs zwischen Septimius Severus und Clodius Albinus soll es imCircus zuAkklamationen ganz allgemein gegen diemilitärische Auseinandersetzung gekommen sein, die aufgrund ihres perfekten Ab-

113 So Sünskes Thompson, Legitimation (wie Anm.50), 13. 7. Entsprechend verfolgen Maximus 114 Siehe gegen Sünskes Thompson, a.O. 47 nurHdn.7,10,5– undBalbinus nicht das„Konzept desErringens vonVolksgunst zumErwerb derHerrschaftslegitimation“ (ebd.), sondern geben schlicht demgewaltsamen Druck desmitKnüppeln undSteiείλ ο υ ν α ὶἠπ nen bewaffneten Mobs nach, der mit Ermordung beider droht (7,10,6: ... κ ). Ähnliches gilt fürdie folgenden Straßenschlachten, bei denen Teile der ύ ὐ τ ο ς ἀ π ο κ τ ιν ε ῖνα politische Macht desstadtPlebs bewaffnet wurden. Dies ist nicht Indiz füreine Stärkung der„ durch denSenat (Sünskes Thompson, a.O.48), sondern einfache Organisarömischen Volkes“ tion vonSchlägertrupps, deren Prügeleien außer Kontrolle geraten (vgl. zumdagegen gerichteμ α desBalbinus Hdn.7,12,2). γ tenδιάτα 115 Daßdiese selbst nach anfänglichen Engagement vollständig ausderHandgegeben wurde, berichtet Dio 74(73),13,5. –AuchdieEreignisse in Nordafrika mitErhebung Gordians I. undII. lagen inHänden junger Dekurionen (F. Kolb, DerAufstand derProvinz Africa proconsularis im Jahr 238 n.Chr. Diewirtschaftliche undsoziale Hintergrund, Historia 26, 1977, 440– 478), und gingen nicht aufeine Initiative derplebs urbana zurück (so Sünskes Thompson, Legitimation [wie Anm. 50], 45). 116 Mansollte diese nicht als Möglichkeit in dieAnmerkungen verbannen, wie in derRegel bei Sünskes Thompson, Legitimation (wie Anm.50), 36 Anm. 108; 38 Anm. 119undbesonders 54 vonsenatorischen Op). 37 („ Anm. 146geschehen. Vgl. aber auchebd. 32 (zu„Drahtziehern“ ). 48. Deutlich imSinpositionellen organisierte Aktion“ senatorische Beeinflussung“ ).43.45 („ neeiner Lenkung vonTeilen derplebs urbana durch Senatoren auchdies., Protestaktionen (wie Anm.50), 107.115 f.129 f. Vgl. indiesem Zusammenhang auchdieBeispiele undHinweise bei H.P. Kohns, Anstifter vonDemonstrationen undstädtischen Unruhen inderrömischen Kaiserzeit, in: K. Dietz u.a. (Hrsgg.), Klassisches Altertum, Spätantike undfrühes Christentum. A. 262. Lippold zum65. Geburtstag gewidmet, Würzburg 1993, 257–

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laufs von Dio auf eine göttliche Eingebung zurückgeführt werden.117 Auffällig ist, daßdieversammelte Plebs beiderSchuldzuweisung fürdenAusbruch desKrieges ebenso unentschieden bleibt wiederHistoriograph bei dessen Schilderung wenige Sätze zuvor. Dio selbst, derfür sich in Anspruch nimmt, jener Gruppierung innerhalb desSenats anzugehören, diekeine eindeutige Parteinahme füreinen derbeiden Kontrahenten vorgenommen hatte, nimmt diewundersame Übereinstimmung zwischen Teilen desSenats unddemstadtrömischen Volk, das„ wieeinsorgfältig einstudierter Chor“(ὥ σ ρτ π ε ιςἀ ρ ῶ ιβ κ ςχο ρ ὸ ςδεδιδαγμ έν ο ) agiert, als göttliches ς Zeichen fürdieRichtigkeit dieser Haltung. DerSinn dieser Ausführungen liegt auf derHand: Er möchte damit nicht nurseiner vonSchuldzuweisungen freien historischen Rekonstruktion, sondern zugleich seinem persönlichen politischen Standpunkt göttlichen Rückhalt geben, was eben nur durch ein gleichzeitiges Schweigen über Drahtzieher undOrganisatoren deraufwendigen Akklamationen möglich ist. Inder anschaulichen Schilderung desgemeinsamen Handelns vonmehreren tausend Bürgern gibt er aber zugleich einen Fingerzeig auf die notwendige Vorbereitung solcher Kundgebungen,118 dievonSeiten jener Senatoren geleistet worden sein muß, denen sich auch Dioverbunden weiß. OhnedieErkundung politischer Lager bleibt dasHandeln derplebs urbana trotz eines zweifellos bestehenden Inventars an klaren Wertvorstellungen unverständlich.119 EsgibtkeinBeispiel dafür, daßdasstadtrömische VolkinFormeiner größeren Menge nachweislich ohne solide Vorbereitung durch Einzelne die politische Initiative ergriffen undInteressen auch wirklich durchgesetzt hat. Daß die Plebs in einen consensus universorum eingebunden warundbeidessen Herstellung begrenzten politischen Einfluß hatte, ist als Ergebnis altbekannt undzurErklärung politischer Mechanismen allein unbefriedigend.120 Entscheidend ist nicht dieAktion einzelner Teile derrömischen Gesellschaft, sondern deren Interaktion undKommunikation mitdemZiel partieller Übereinkunft, ausderHandlungen inüberschaubaren unddamit allererst schlagkräftigen Gruppierungen hervorgingen.121 Nichts warden

5. 117 76(75),4,2– 118 Vgl. A. Pabst, Comitia Imperii, Darmstadt 1997, 102. Esgehtnicht darum, werdasVolk 119 Siehe Sünskes Thompson, Legitimation (wieAnm.50), 14:„ beeinflußte, sondern umdieFrage, welchen Einfluß diePlebs hatte undwelche Motivationen sie zuihren politischen Aktivitäten antrieben.“SindaberEinfluß undMotivation wirklich vom Rückhalt derEinzelaktionen beiSenat undMilitär zutrennen? Vgl. zuähnlichen Schwächen in derArgumentation Flaigs (wie Anm. 50) Urban (wie Anm.53) 693 f. 120 Vgl. Sünskes Thompson, Legitimation (wie Anm. 50), 65 f. Vgl. bereits H.U. Instinsky, Con279; vgl. ferner W.Eck u.a., Dassenatus consulsensus Universorum, Hermes 75, 1940, 265– 251 zur Berücksichtigung der Plebs bei den tumde Cn. Pisone patre, München 1996, 249– Danksagungen desSenats (mit weiteren Beispielen fürdas 1.Jh. n.Chr.). 121 Eine Beschränkung auf Familienkontakte zwischen Soldaten undVolk (Sünskes Thompson, 80) greift dabei zukurz. Hierin liegt auch dereigentliche Mangel in vorgestellten Era.O. 76– klärungsmodell vomEinfluß desstadtrömischen Volkes: OhneeineAnalyse derBeziehungsgeflechte gelingt es nicht, neben der eher vagen undwenig aussagenden Charakterisierung der plebs urbana als „unterstützendem meinungsbildendem Forum“(ebd. 30) oder derKonstatierung einer ‚Mitbestimmung‘ der politischen Entwicklung (ebd. 31) zur Konstatierung eines gewichtigen politischen Potentials“(ebd. 32) zu gelangen. Zu Formen der Interaktion vgl. „ C.R. Whittaker, The Revolt of Papirius Dionysius A.D. 190, Historia, 13, 1964, 367 f.

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Zeitgenossen undden Initiatoren politischer Demonstrationen mehr zuwider als wenn diese schließlich in gewalttätige undbürgerkriegsähnliche Krawalle mündeten, wiejene, mitdenen imJahr 238 dieStraßen Romsterrorisiert wurden.122 Auch diese waren zunächst vonMitgliedern desSenats gegen dieAnhänger desMaximinusThrax angezettelt worden, dannaber inunkontrollierbare Aktionen eingemündet, diemanschließlich mitmilitärischer Intervention beenden mußte.123 Aufs Ganze gesehen zeigt Herodian also fürdasstadtrömische Volk undseine konkrete Einbindung inpolitische Aktionen dasgleiche Desinteresse124 wiefürden Senat undseine Repräsentanten. Mankanndemnach Herodian sogar einen ausgesprochenen Mangel anStandesbewußtsein attestieren,125 zumindest aber festhalten, dasBezüge zurLebenswelt undkonkrete politische Ansichten derrhetorischen Ausgestaltung desWerkes geopfert werden. Dasgleiche gilt imübrigen imHinblick auf dieProvinzialen, denen er selbst zuzurechnen ist. AlsHerodian dieAuswirkungen derHerrschaft desMaximinus Thrax beschreibt, führt er dieAuswirkungen seines

(...) la visione di 122 7,11,1–12,7. Vgl. dietreffende Bemerkung vonMarasco (wie Anm.4) 2862: „ Erodiano riflette soprattuto i timori delle classi abbienti perla violenze e le invidie delpopolo (...)“ . Siehe zudenDrahtziehern Gallicanus undMaecenas Dietz (wie Anm. 112) 141– 143; 187. Obdiese zurPartei derGordiane zuzählen sind, ist umstritten. Gegen diese Vermu185– tung vonWhittaker II (wie Anm. 1) 228 Anm. 1 wendet sich Dietz, a.O. 326, daer nurdie 9 und7,11 f. ausafrikanische Herkunft unddieausunterschiedlichen Gründen inHdn.7,10,5– gebrochenen Unruhen als Hinweise anführen könne, deren Verbindung nachAnsicht vonDietz schon sehr kühn“sei. Auffällig bleibt jedoch derUmstand, daßzumeinen diedrei Gordiane „ beiHerodian jeweils alsVerursacher innerstädtischer Unruhen eingeführt werden, diedenvom afrikanischen Senator Gallicanus initiierten Straßenschlachten sehr ähneln, unddiese zumanή(vgl. Hdn. 7,8,5 mit μ π ο deren durch die Wiederholung vonMotiven, wie der genannten π 7,6,2 und7,11,7). aufeinander bezogen zusein scheinen. Vergleicht manzudem dievonGallicanus vorgenommene Bewaffnung desVolkes gegen dieMaximinus-Anhänger inRommitden vonden überaus positiv charakterisierten Konsularen Crispinus undMenophilos getroffenen undumsichtig erwogenen Vorbereitungen für die Verteidigung Aquileias (8,2 f.), dann kann mankaumausschließen, daßes Herodian darauf ankam, diebeiden Senatoren inRomals Anhänger einer aufdenstadtrömischen Mobsetzenden Parteiung derGordiane zubrandmarken. Hinzu kommt, daßauf demForum dergleiche Mobmobilisiert wird, dernoch kurz zuvor die Einsetzung Gordians III. durchgesetzt hatte. Dieaußergewöhnliche Karriere desGallicanus unter 143) könnte ebenfalls einHinweis dafür sein, daßer alsParteigänGordian III. (Dietz, a.O. 141– gerdesJahres 238 ‚belohnt‘wurde. DieAnsicht Sünskes Thompsons, Legitimation (wie Anm. 50), 48, „ derSenat“habe beideninnerstädtischen Unruhen dasVolk fürseine Ziele benutzt, ist indieser Verallgemeinerung

sicherlich nicht richtig.

123 Hdn.7,12,1. DerSatz ist aber schwierig einzuordnen, daerdieLogik desgesamten Abschnitts zudenUnruhen in Romverunklart undvielleicht nicht andiese Stelle des Textes gehört. – Siehe zuUnruhen auchdieFormulierung, imsenatus consultum deCn.Pisone patre (Eck, wie 158), nach der das Volk sich „ mit haltlosem Eifer selbst angestachelt Anm. 120, 48 f. Z. 155– habe“ unddieVermutung vonEckebd.251, mitdieser Wendung wollte manvielleicht verdekken, daßmanEinzelne als Anstifter desAufruhrs verdächtigte. 124 Vgl. auch Roques (wie Anm. 56), 53, derkonstatiert, daßHerodian in seiner Verwendung des μ ο Begriffs δῆ ς„ignore cependant le sensdeplebs oudecivitas libera qu’il peuavoir à lépoque . Vgl. ικ τ ό μ ο ς= plebeius, courant chez Plutarque“ η romaine ... et ignore un terme comme δ Sidebottom (wie Anm.4) 2823; Marasco (wie Anm.4) 2862. 125 So zuletzt M.Vielberg, Untertanentopik. ZurDarstellung derFührungsschichten inderkaiser63. zeitlichen Geschichtsschreibung, München 1996, 59–

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Regiments für die Provinzialen vorAugen.126 Nachdem in denProvinzstädten die reichen Bürger ausgeplündert waren, vergreift sich derTyrann auch an Heiligtümernunddenstädtischen Kassen. Rücklagen fürVorratshaltung, Kongiarien, Theater undFestumzüge werden eingezogen. Alle Bewohner desReiches scheinen von denKonfiskationen betroffen. Sympathien hatHerodian anscheinend aber nurfür die reicheren Bürger, denner hebt ausdrücklich hervor, daßsich gerade ‚schlechte undniedrigere Charaktere‘anderen Unglück erfreuen undsich dieMassen ansonsten fürdasLosdieser achtenswerten Männer wenig interessieren. Hierkönnen wir nochamehesten jene Schicht fassen, derHerodian sich selbst verbunden fühlte und für die er schrieb: Die städtische Führungsschicht in denProvinzstädten desReiches.127 Hierin dürfte neben einer Bewahrung derantoninischen Tradition undder Anknüpfung andiehellenistische π α ρ σ ὶβ ιλ ε εία ς -Literatur einweiterer Grund dafürliegen, daßdieἀ ρ ισ ρ τ α ο κ τ ία dievonHerodian bevorzugte FormderHerrschaftsausübung ist.128

IV Mit demGeschichtswerk Herodians haben wir–so läßt sich zusammenfassend festhalten –eine Publikation vorAugen, dievoneinem Autor verfaßt wurde, derfern derpolitischen Entscheidungsprozesse stand. Grundlage seiner Geschichtskonstruktion sindrhetorische Traditionen, dieihrerseits fest inkonsensfähiges ethisch-moralisches Denken eingebunden sind. DieIntention desWerkes besteht darin, undurchschaubare Vorgänge nach deren Muster zu ordnen unddamit jene Prämissen zu beweisen. Diesem Ziel wirdjedes Ereignis nachgeordnet, eingepaßt undnotfalls umgeformt. Herodian istdavon überzeugt, daßvonjedem Kaiser idealiter jene Qualitäten zu erwarten sind, dieinseinem Geschichtswerk vonMarc Aurel verkörpert werden.129 Esbleibt einzentrales Anliegen, dieaufErfahrung undumfassende Paideia gegründeten zivilen undmilitärischen Qualitäten alsnotwendige Voraussetzung fürerfolg-

6. 126 Hdn. 7,3,4– 127 Vgl. bereits Alföldy (wie Anm.4) 275 f. DieVermutung, daßdasPublikum derwestkleinasianiedriges Bildungsniveau“(ebd. 276) hatte, ist zupauschal. Vgl. tischen Griechenstädte nur„ die Überlegungen zumPublikum bei Sidebottom (wie Anm. 4) 2822 f., derdie Leserschaft ebenfalls imgriechischen Osten sucht. Treffend bereits T.D.Barnes, Thesources oftheHistoria ) hewrote forthenon-political classes of theGreak East“ Augusta, Brüssel 1978, 83 Anm. 13(„ 10, dereinProVgl. Whittaker (wie Anm. 1)xxvii-xxxi; ferner Marasco (wie Anm.4) 2908– vinzpublikum eher ausschließen möchte unddenAdressatenkreis in Romvermutet. Zuden generellen Problemen, dasPublikum antiker Historiographen zubestimmen, siehe A.Momigliano,DieHistoriker derAntike undihrPublikum, in: ders., Ausgewählte Schriften zurGeschich75) 17 (= ASNP 3. Ser. 8, 1978, 59– te undGeschichtsschreibung I, Stuttgart/Weimar 1998, 1– undz.B. zuAppian K. Brodersen, Appian undsein Werk, in: ANRW II 34.1, Berlin/New York 1993, 359 f. 128 Hierzu Marasco (wie Anm.4) 2859 f. , 129 Er sieht dasReich nicht, wieSidebottom (wie Anm.4) 2824 heraushebt, als „alien monarchy“ sondern er deutet sie nuraufderFolie griechischer, rhetorischer Traditionen.

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reiches Regieren auch in schwieriger Zeit zu beschreiben. Die Möglichkeit eines idealen Herrscher wird nicht als Hoffnung auf eine unerreichbare Utopie, sondern als ein erreichbares Ziel formuliert. Die Vorstellung, daßdie traditionellen Erklärungsmuster demVerständnis derEreignisse dienen können, zeugt voneinem nach wievorvorhandenen Vertrauen in dieüberkommenen Werte undin dieFähigkeit despolitischen Systems, auftretende Probleme mittraditionellen Mitteln zuregulieren. Ein umfassendes Bewußtsein für eine alle Lebensbereiche betreffende Krise desrömischen Reiches fehlt Herodian. DerAutor sahes nicht alsseine Aufgabe an, einen politisch-sozialen Umbruch zu dokumentieren, ja er behauptet diesen nicht einmal.130 Herodian dürfte

als Stubengelehrter mitseinen Darstellungsvarianten undseinemAbstraktionsschema politisch-administrative Entscheidungsträger bisweilen geradezu brüskiert haben. DaßdieVorkommnisse unter Ausblendung aller komplizierten Zusammenhänge allein vonderWarte desgelehrten Rhetoren ausgeschildert werden, macht denin derAntike oft geäußerten Unmut überderartige Autoren verständlich. Sein Werk ist letztlich Ergebnis einer abstrakten, praxis- undpolitikfernen Interpretation vorhandener Abhandlungen, insbesondere jener des Cassius Dio. Lehren füreine politisch aktive Schicht sucht manvergeblich. Bezeichnend ist vielmehr, daßdie Hinweise auf senatorisches Standesbewußtsein mitdergleichen Distanz eingeflochten werden wiedieForderungen desVolkes oder derProvinzialen. Aus diesem Grund bleibt uns auch die Lebenswelt des Autors hinter der rhetorisch-literarischen Gestaltung verborgen. Versuche, Herodian als Kronzeugen für politischen Einfluß derplebs urbana heranzuziehen, laufen daher ins Leere. Was wirandemText studieren können, ist derUmstand, daßtraditionelle rhetorische Bildung undGestaltung handfeste Lebenszusammenhänge unddie Wirklichkeit der Rezipienten kaumeinmal andeuten. Manwollte bei derLektüre offenbar nicht die eigene Realität an die große Politik gebunden sehen, sondern studierte diese als abstrakte Ereigniskette. Es hatdenAnschein, daßbeide Seiten, nämlich Autor und ein Teil seines Publikums, historische Wahrheit nicht imzuverlässig rekonstruierten Detail, sondern in deninneren Gesetzmäßigkeiten des Geschilderten gesucht haben. Diese Art von Sinnstiftung verzichtet ausdrücklich auf Realitätsbezug. Dies ist im Hinblick aufeine Rekonstruktion historischer Zusammenhänge undHintergründe zwar bedauerlich. Es sagt unsaber viel darüber, daßfüreinen Teil derZeitgenossen eine beachtliche Ferne zurpolitischen Welt zur Selbstverständlichkeit geworden ist.

130 Siehe dieAndeutungen bei K. Strobel, DasImperium Romanum im ‚3. Jahrhundert‘. Modell einer historischen Krise? (Historia Einzelschr. Bd. 75), Stuttgart 1993, 18Anm.37 undzuletzt 2802 unddemnächst Zimmermann (wie Anm. 5). Sidebottom (wie Anm.4) 2792–

Thomas Hidber (Bern)

Zeit undErzählperspektive in Herodians Geschichtswerk I DieEinordnung undBeurteilung derliterarischen FormundQualität vonHerodians 1,„tragische“ Werkbereitet Schwierigkeiten. Neben Umschreibungen als„Drama“ 2 4 billige Journalistik“ oder „biographische Geschichtsschreibung“3, aber auch als „ hatsichindenletzten Jahrzehnten alscommunis opinio herausgebildet, dassessich beidiesem Textjedenfalls kaumumGeschichtsschreibung handelt. Inderdeutschsprachigen Forschung ist es üblich geworden, von einem „ Roman“oder allenfalls zusprechen5, während sonst auchdieThese verbreitet einem „ historischen Roman“ ist, dass die Schrift auseiner lediglich lose zusammengefügten Serie vonKaiserviten bestehe6. Auch bezüglich derliterarischen Qualität desTextes sind die Mei1 2 3

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5

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E. Hohl,

Kaiser Commodus undHerodian. Sitzungsberichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften Berlin, Klasse fürGesellschaftswissenschaften 1, 1954, 22: „Herodian schickt dieFavoritin freilich erst imSchlussakt seines Kaiserdramas ‚Commodus‘aufdieBühne“ . 2927] 2904: G. Marasco, Erodiano e la crisi dell’ impero, ANRW II.34.4 (1998), [2837– l’indirizzo storiografico di Erodiano presenta aspetti particolari, che lo accostano piuttosto, a „ mio avviso, al modello della storiografia ‚tragica‘“ . Ε W. Widmer, Kaisertum, Rom und Welt in Herodians Μ Τ ΑΜ Α Ρ Κ Ο Ν Β Α Σ ΙΛ Ε ΙΑ ΣΙΣ Ο Τ Ρ ΙΑ , Zürich 1967, 11, Anm. 33: „gehört ... zurbiographischen Form derGeschichtsschreibung“ . 449] G. Alföldy, Zeitgeschichte undKrisenempfindung bei Herodian, Hermes 99, 1971, [429–

432. Vgl. K. Fuchs, Beiträge zurKritik derersten drei Bücher Herodians, WS 17, 1895, [222– 252] ... überall wirddieAbsicht desAutors, Romanhaftes zubieten, ausseinen eigenen Wor226: „

; E. Hohl, Kaiser Pertinax unddieThronbesteigung seines Nachfolgers imLichte der tenklar“ Herodiankritik. Sitzungsberichte derDeutschen Akademie derWissenschaften zuBerlin, Klasse fürPhilosophie, Geschichte, Staats-, Rechts- undWirtschaftswissenschaften 2, 1956, 3: „ Der ; ebd.42: „derRoman Herodians“ Geschichtsroman desLevantiners Herodian“ ; F. Kolb, Literarische Beziehungen zwischen Cassius Dio, Herodian undderHistoria Augusta, Bonn 1972, ; E. Kettenhofen, Diesyrischen Augustae inder Dervonihmverfasste Geschichtsroman“ 161: „ historischen Überlieferung. EinBeitrag zumProblem derOrientalisierung, Bonn 1979, 4: „ He; J. Burodian will eine romanhafte Darstellung bieten; andiesem Anspruch ist er zumessen“ rian, Maximinus Thrax. Sein Bild bei Herodian undin derHistoria Augusta, Philologus 132, 244] 231: „ dieromanhafte Schilderung desgriechischen Geschichtsschreibers He1988, [230– ; A. Scheithauer, DieRegierungszeit desKaisers Elagabal inderDarstellung vonCasrodian“ 356] 352: „Herodian als «Geschichtsschreisius Dio undHerodian, Hermes 118, 1990, [335– ber»“ . In zahlreichen Aufsätzen (gesammelt in: G. Alföldy, Die Krise des Römischen Reiches. Geschichte, Geschichtsschreibung undGeschichtsbetrachtung. Ausgewählte Beiträge, Stuttgart 1989) hatvorallem G.Alföldy immer wieder voneinem „historischen Roman“ gesprochen (14, 21, 29, 82; vgl. auch 275: „Niedrig ist auch dasNiveau seiner Schrift als Historie: sie ist mehr ). eine Arthistorischen Romans als einGeschichtswerk“ B. Reardon, Courants littéraires grecs desIIeet IIIe siècles après J.-C., Paris 1971, 216: „ Son

146

THOMAS HIDBER

nungen geteilt, wobei die negativen Urteile jedoch klar überwiegen: Die Rede ist voneiner „elenden Rhetorenarbeit“ 7und„Pfuscherei“ 8,verfasst ineinem „ärmlichen 9 voneinem „durchaus dürftigen Geist“10,einem „täppischen undläppischen Stil“

11. Literaten“ Dieser weitgehenden Ablehnung vonHerodians literarischer Leistung in den letzten zweihundert Jahren steht die überwiegend positive Rezeption gegenüber, welche derText vonderAntike bis gegen Ende des 18. Jh. erfahren hat. In der Spätantike ist Herodian oft–wiees scheint, häufiger alsCassius Dio–gelesen und vonGeschichtsschreibern benutzt worden, undim9. Jh. hatsich Photios als einer derbesten byzantinischen Kenner derantiken griechischen Literatur nicht gescheut, Herodian als in allen Aretai derGeschichtsschreibung als nurhinter wenigen zurückstehend zu bezeichnen12. Die frühe Neuzeit hat Herodian als Fürstenspiegel gelesen undgeschätzt13. Politian, dermitseiner aufAnregung vonPapst Innozenz VIII. geschaffenen lateinischen Übersetzung diesem Textverständnis dieBahnbrach, spricht vomAutor als„ hicexcellens rerum scriptor“14,undeinanonymer englischer

7 8 9 10 11

12

histoire n’estrien d’autre qu’unesérie debiographies desempereurs, chacun d’entre euxétant vuà la lumière dela viedel’empereur modèle, Marc Aurèle“ ; auchWidmer, Kaisertum (wie Anm.3) 14u.ö. spricht voneinzelnen „Viten“ . U.v.Wilamowitz-Moellendorff, Diegriechische Literatur desAltertums, in:Ders. u.a. (Hrsg.), Diegriechische undlateinische Literatur undSprache, 3. Aufl. Leipzig/Berlin 1912, 247. E. Hohl, Kaiser Commodus (wie Anm. 1) 32. W.Schmid, DerAtticismus inseinen Hauptvertretern, Band 1, Stuttgart 1887, 179. A.Rosenberg, Einleitung undQuellenkunde zurrömischen Geschichte, Berlin 1921, 161. E. Hohl, Kaiser Pertinax (wie Anm. 5) 23; vgl. auch ebd. 1: „Ebenso bedenkenlos wieungeschickt hatdieser mittelmässige Belletrist dengeschichtlichen Stoff umgeformt“ . AuchA. Lesky (Geschichte dergriechischen Literatur, 3. Aufl. Bern/München 1971, 950) spricht Herodians Dievonflachen Gnomen durchsetzte Erzählung dieses Werkjeglichen literarischen Wertab:„ . Füreine tristen Zeitabschnittes ermangelt fruchtbarer Gesichtspunkte undhatnurQuellenwert“ positive Einschätzung vonHerodians literarischer Leistung vgl.dagegen e.g. M.Frey, UntersuDer chungen zurReligion undzurReligionspolitik des Kaisers Elagabal, Stuttgart 1989, 9: „ Autor besass Talent zuspannender Darstellung, sein Werk ist eine angenehme Lektüre“ . ὴ ςκ α φ ρ ὸ ὶλαμ ρ π ά σ α ρ α φ φ ύ σ ιν ςκ ὶἡδ ο μ εν ο ς ν ,κ α ὴ ςσώ ὶλ έξ τ ὲτ ιδ σ Phot. cod. 99: Ἔ ε ιχρώ ρ ὸ ή τ επ ςτ ο υ φ ὸ υ τ ρ ιν τ ο ν ς ,μ ρ ο ἐξ ιζ ῦσυνήθ β ῃ χ ά κ ἔμ ή ιζ σ ῃ α ν τ ύ τ υ τ ικ ο ὴ α ὶτ εὑπ ύ σ ο ερ ν ι, μ ία γ ιςἐσ τ ν ῶ ὶ γ ὔ τ σ τ ο λ ο ιν .Ο εδ ιτ ῃ ὲπ ρ ώ ῃκ α ν νὑπ σ ο ερ ὶτ ὴ ερ ο νἔντεχ έ ν τ α π ὸ νἐκλελυμ ειν α ιςτ ρ σ ά α λ π ῖς π ,κ α λ ν ν π ἐ α ν ν ὶἁπ α ῶ ω ν ιμ ά ῶ ίω γ κ α ςἱστορικ α ν μ ιτ ν ἀ ῶ εν ο ὔ ετ ν τ υ ,ο ν ό ς σ εμ ο ρ ετ κ ἐσ τ ὶδεύτερ α α . ZurRezeptionsgeschichte vonHerodiῖςο ν τ ς ὰ ῶ τ ν ἀ ρ ὴ ία λ ν ἱσ π λ ο ο ὐ τ ansWerkinSpätantike undMittelalter vgl. E. Baaz, DeHerodiani fontibus et auctoritate, Diss.

80. Berlin 1909, 65– 13 ZurRezeptionsgeschichte vonHerodians Werk in derfrühen Neuzeit vgl. M. Zimmermann, Speculum regnorum et aularum: Die Rezeption Herodians vom15.-18. Jh., Chiron 28, 1998,

322. Erst F.A. Wolf leitete mit seiner Edition (Halle 1792) die radikale Abkehr von der 287– Auffassung desTextes alsFürstenspiegel ein. 14 Herodiani Historiae deimperio postMarcum, veldesuis temporibus Libri VIII, Angelo Politianointerprete, Bologna undRom1493. InderPraefatio anPapst Innozenz VIII.: ... Herodianus

hic excellens rerum scriptor, etquidiuinpalatina versatus aula, affectaeque iamaetatis, historiam de suis temporibus componere aggressus neque eloquentiae caruerit laudibus etfidem tamen inprimis libertatemque retinuerit. Zurrezeptionsgeschichtlichen Bedeutung vonPolitians Übersetzung vgl. M.Zimmermann, Speculum (wie Anm. 13).

Zeit undErzählperspektive inHerodians Geschichtswerk

147

DivaBritannia“dieSchrift gar Übersetzer des 17.Jh. preist inseiner Widmung an„ an als „this imperiall, impartiall, andincomparable History“15. Mit demletzten Begriff ist –wenn auch wohl eher zufällig –ein wichtiger, meist aber kaumgewürdigter Punkt getroffen. Dennsucht mannach denGründen fürdieSchwierigkeiten mitderliterarischen Einordnung undBeurteilung vonHerodians Text, stösst man auf den erstaunlichen Umstand, dass eine adäquate Vergleichsgrösse in derTat fehlt: In derganzen vorherigen kaiserzeitlichen griechischen Historiographie ist kein einziges Werk belegt, welches sich mit Zeitgeschichte als Reichsgeschichte beschäftigt undeinen vergleichbaren Zeitumfang (58 Jahre sindesbeiHerodian) aufweist. Diefrühere griechische Geschichtsschreibung derKaiserzeit, sofern siesichüberhaupt mitrömischer Geschichte befasst, produziert entweder umfassende Chroniken, Monographien über einzelne Kriege oder enkomiastische Biographien einzelner Kaiser16. WieM.Zimmermann in seinem einleitenden Artikel zudiesem Bandzeigt, warvomersten Drittel des2. Jh. andieZeitgeschichtsschreibung durch panegyrische undenkomiastische Darstellungen vollständig verdrängt underst im frühen 3. Jh. durch Marius Maximus undCassius Dio –injeweils anderer Form–wiederbelebt worden. Daran konnte Herodian anknüpfen, dochunterscheidet er sich vonMarius Maximus, derzeitlich undinderArtanSueton anschliessend Viten der Kaiser ab Nerva verfasst hat17, in formaler Hinsicht, under geht noch einen Schritt weiter auch als Cassius Dio (in dessen Werk das Hauptgewicht dochaufdiefrühere Geschichte gelegt ist), indem ersichganzaufdie Zeitgeschichte beschränkt18. Herodians WahldesThemas istüberdies auchdeshalb bemerkenswert, weil sie nicht so recht in denKontext derdamals in Blüte stehenden,fast ausschliesslich dereigenen griechischen Vergangenheit zugewandten zweiten Sophistik passt19. 15

16 17

18

19

Herodian of Alexandria. His History of Twenty Roman Caesars andEmperours (of his Time), ed.anonym., London 1629. Vgl. denÜberblick bei E.L. Bowie, Greeks andtheir Past in the Second Sophistic, in: M.I. 209; zurBesonderheit vonHeroFinley (Hrsg.), Studies inAncient Society, London 1974, 166– dians Ansatz s. 181f. Vgl. P.Steinmetz, Untersuchungen zurrömischen Literatur deszweiten Jahrhunderts nachChristi Geburt, Wiesbaden 1982, 146ff.; A.R. Birley, Marius Maximus: the Consular Biographer, 2757; K. Sallmann, L. Marius Maximus, in: Ders. (Hrsg.), Die ANRW II.34.3 (1997), 2678– Literatur desUmbruchs. Vonderrömischen zurchristlichen Literatur 117bis284 n.Chr. (HLLA 56. 4), München 1997, 53– ρ ίς ) von ιλ ιετη Ähnlich wieCassius DiohatauchAsinius Quadratus seine Geschichte Roms (Χ denAnfängen bis in die eigene Zeit geführt undunter Philippus Arabs (vielleicht noch vor Herodian) veröffentlicht; vgl. G. Zecchini, Asinio Quadrato storico diFilippo l’Arabo, ANRW 3021] 3014ff. II.34.4 (1998), [2999– Vgl. dazu S. Swain, Hellenism andEmpire. Language, Classicism, andPower in the Greek 250, Oxford 1996. ImGegensatz zuDionennt Herodian seine Heimat nirgends World AD50– undlässt so auch keinen Lokalpatriotismus erkennen, auch wenner immer wieder deutlich macht, dasservoneinem griechischen Standpunkt ausschreibt. Zusätzlich fällt auf, dass Herodian selbst diezuVergleichen beigezogenen historischen exempla mehrheitlich derrömischen Geschichte entnimmt; vgl.dazuundzuHerodians Verhältnis zuRomallgemein H.Sidebottom, Herodian’s Historical Methods andUnderstanding of History, ANRW II.34.4 (1998), [2775– 28 (zudenexempla: 2804 Anm. 151). 2836] 2823–

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WennHerodian also ein„subalterner Literat“ 20undein„dürftiger Geist“ 21war, dannimmerhin einorigineller. Zwei weitere Gründe lassen sich fürdieProbleme mitderliterarischen Einordnung vonHerodians Werk namhaft machen: Zumeinen sind klare Abgrenzungen schon deshalb schwierig, weil die fraglichen Gattungen Historiographie, Roman,

Biographie undEnkomion inderKaiserzeit inzunehmendem Masse wechselseitige Überlappungen aufweisen undzudem alle unter demdominanten Einfluss derRhetorik stehen. Undzumanderen hatsich diebisherige Forschung inerster Linie mit derFrage derVerwendbarkeit desTextes alshistorische Quelle beschäftigt, wobei dieliterarischen Darstellungsformen unddieGenusfrage meist bloss enpassant behandelt worden sind22. Eine ausführliche Untersuchung der in Herodians Werk verwendeten literarischen Darstellungsweisen kannauchhiernicht erfolgen, dochsollen imfolgenden exemplarisch zweiAspekte überblicksweise vorgestellt undkurzdiskutiert werden, welche imZusammenhang mitderFrage nachderliterarischen Gestaltung desWerkesvongewisser Bedeutung sind: erstens dieBehandlung derZeit (der ‚Rhythmus‘ desWerkes) undzweitens diePräsentation desGeschehens ausbestimmten Blickwinkeln (‚Fokalisierung‘)23.Bevor jedoch diese Aspekte derDarstellung inHerodiansWerk erörtert werden können, musskurz aufdasProblem vondessen Umfang undFertigstellung eingegangen werden.

II

Es stellen sich hier zwei Fragen: zumeinen, ob dasEnde vonBuch 8 tatsächlich demgeplanten Werkende entspricht, undzumanderen, ob dasWerk als Ganzes in einer unfertigen oder zumindest unüberarbeiteten Fassung stehen geblieben ist. Aufgrund derwidersprüchlichen Angaben über dengeplanten Umfang –Herodianspricht von60 Jahren imProömium undvon70 Jahren amEndedes2. Buches, tatsächlich umfasst dasWerk aber 58 Jahre (bzw. nach Herodians Rechnung, d.h. der Addition der von ihm genannten Regierungszeiten, 61 Jahre)24 –liegt, wenn

20 Hohl, Kaiser Commodus (wie Anm. 1) 3. 21 Rosenberg, Einleitung (wie Anm. 10) 161. 22 Füreinen Forschungsüberblick inForm einer kommentierten Bibliographie vgl. G. Martinelli, L’ultimo secolo distudi suErodiano, Genova 1987; zurneueren Literatur vgl. dieVerzeichnis36 undbei Marasco, se bei Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm. 19) 2830– 27. Eine neueGrundlage füralle weitere Arbeiten zuHerodian ist Erodiano (wie Anm.2) 2914– zuerwarten mitM.Zimmermanns Habilitationsschrift ‚Kaiser undEreignis‘(imDruck). 23 Die folgenden Überlegungen sind in Zusammenhang mit derArbeit an meiner Dissertation (Arbeitstitel: ‚Untersuchungen zumAufbau undzurhistoriographischen Form vonHerodians Geschichtswerk‘) entstanden, welche demnächst abgeschlossen werden soll. ὁ α τ ςἢ υ ςδυνάσ ν ὴ ή τ α είο ν κ ο ἐ ε λ ἐ σ ιν ἔτ ςπ ἑξ χ ρ μ ν α ἀ ίω Ῥ ω ρἡ γ ὰ εῖσ θ α ισ ερ 24 Hdn. 1,1,5 (μ σ ια νβ ῶ λ λ ή ά ρ κ ο ν τ ο ιςπ α π ξ ε νἑβδομ ῶ ιἐτ ε χ ρ μ ά ο π ὸ ὶδ ὲσκο ςὑπ ι); 2,15,7 (ἐ ε τ ῄ ρ ό ν ο π χ ςἀ ά ). ImGegensatz zurzweiten Stelle ist anderersten ρ ψ α ι, ἃ α ὸ τ ςοἶδ ιγ ςαὐ τ λ έ ν ω νσυντάξα nicht explizit vomWerkumfang dieRede, doch macht derZusammenhang undinsbesondere dieantithetische Konstruktion, inderdie sechzig Jahre nachMarc Aurel denzweihundert Jah-

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mannicht anderzweiten Stelle einen Überlieferungsfehler annehmen will, dieVermutung nahe, dass ursprünglich ein Umfang von70 Jahren geplant war, Herodian aber dieses Vorhaben ausirgendwelchen Gründen nicht zuEnde führen konnte25. Es stellt sich daher dieFrage, obdasEnde vonBuch 8, wovonderErmordung der Senatskaiser Maximus undBalbinus undderErhebung desdreizehnjährigen GordianIII. berichtet wird, alsWerkende befriedigen kannoderob–wieetwaFriedhelm wieabgebrochen“wirkt und„eine Fortsetzung Müller meint –dieser Abschluss „ 26.Hierist zunächst festzuhalten, dass derletzte Pageradezu zuverlangen scheint“ ragraph von8 immerhin sicher ein richtiges Buch-ende ist, wieein Vergleich mit demSchluss vonBuch5 zeigt27. Wasaberoffenbar alsstörend empfunden wird, ist dieVerbindung eines weiterführenden Elementes (die Erhebung Gordians) mitdem Fehlen eines Epilogs. Nunhatdasweiterführende Motiv desSchlussatzes gewiss eine ‚anti-closural force‘, dochstehen demindenletzten Paragraphen einige ‚closural devices‘gegenüber, dieinsgesamt dochdaswohl stärkste Ende aller Bücher in Herodians Werkergeben: Gleich zwei Erzählstränge kommen hier aneinEnde: Im Kleinen die Herrschaft desMaximus undBalbinus undimGrossen dieüber mehr als zwei Bücher hinweglaufende Erzählung der Herrschaft des Maximinus bzw. deren Implikationen in Form desWiderstandes vonVolk undSenat. Erstjetzt, mit

renderMonarchie bis zudiesem gegenübergestellt werden, deutlich, dass es sich umdie von Herodian insAugegefasste Berichtsperiode handeln muss. Wenig plausibel erscheint G. Alföl233] 205ff.), wonach zwischen dysThese (Herodians Person, Ancient Society 2, 1971, [204– denbeiden Aussagen nureinscheinbarer Widerspruch bestehe, dadieBemerkung in 1,1,5 nicht aufdieganze geplante Periode, sondern nuraufdiebesonders krisenvolle Zeit nachCommodus zubeziehen sei. Imübrigen warja inderfraglichen Zeit auchnicht dieRegierung desCommodus, sondern jene des Severus Alexander die dauerhafteste. ZurAddition der vonHerodian genannten Regierungszeiten vgl. Widmer, Kaisertum (wie Anm. 3) 61. 25 Vgl. schon J. Blaufuss, AdHerodiani rerum Romanarum scriptoris libros V et VI observationes, Diss. Erlangen 1893, 4ff. Diese These hatsich weitgehend durchgesetzt; vgl. e.g. Widmer, Kaisertum (wie Anm. 3) 70; F.L. Müller, Herodian. Geschichte des Kaisertums nach Marc Aurel, griechisch unddeutsch, Stuttgart 1996, 9f. Alseine weitere Möglichkeit zurErklärung desWiderspruchs erwägt Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm. 19)2813 Anm. 183, dass Herodian zunächst geplant habe, über 60 Jahre zuschreiben, dannjedoch dasVorhabenauf 70 Jahre ausgedehnt habe, schliesslich aber irgendwie anderVollendung des neuen Planes gehindert worden sei. 26 Müller, Herodian (wie Anm.25) 10; vgl. auchAlföldy, Herodians Person (wie Anm.24) 208; M. Sasel Kos, A Historical Outline of theRegion between Aquileia, theAdriatic, andSirmium inCassius DioandHerodian, Ljubljana 1986, 282; Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm. 19) 2813 Anm. 183. 27 Dies wirdauseiner Nebeneinanderstellung derbeiden Partien deutlich: ή ρ ῳ ἐχ ύ τ ὴτοιο νδ ὲ ε ιμ νο ὖ νἐ ὲ ν Hdn. 8,8,8: τέλ ν ο ν ῖν ο τ ω τ ςἕκ Hdn. 5,8,10: Ἀ ςμ ν ο σ ὶκ α εμ ὶ σ ν ο κ α ίῳ μ α ὶἀ τ εἅ ν α ἀ ο τ ίῳ ν ξ μ εν ο ς σα α ὶχρησά α σ εία ιλ ςκ ἔτ ο ῆ σ α ςβ ςἐλά ςτ ᾽ ῖςτ τ ε α α εκ ὶκ εν α ῦ β τ ι, εὐγ γ ο υ ἄ ρ εσ ξ ιπ ιο β ῳ μ ίῳ έ ν η ρ η τ ὶκ α ρ , οὕ ο ῷ ειρ μ π α - λό τ μ ω τ ῇ ςἅ τ ·ὁδ ρ ε ο τ ό ὲΓ θ ς λ υ η νἐλ ὴ χ νἀρ ὴ ὶτ νἐπ ία ξ ρ εψ ρ αἀ τ νο ἱδ ὲστρα τ ιῶ τ α ια έσ τ ε ὐ ρ τ τ ά ο κ ο κ α ίδ κ α ε ν ὼ ςτρισ ο υγεγο ηπ ρ ὶἔτ ν ὸ ςπ ε ρ γ εύ τ ο σ α ν ὸ νΑ λ έξ ο νἀ α τ ρ ν εςἐςτ δ ν ὰ δια ·α β α μ α ν ίω ὴ ν ω σ Ῥ ὶτ α κ η ίλ θ ν εδ είχ εἀ ρτ εια ά ρ τ ω γ κ ή γ α τ ο ὐ ἀ ο ν ν , κομ ῇν ιδ έ ο νκ α ὶπ ά ν υ α νἀ ν εδ έξ ὴ . τ ο α χ ῃπ μ α ρ ιδα μ ὶκ α γ γ μ η ε τ ο ω ύ ὶτ ὑ ῇμά π ὸτ - ἀρ ῇμ ν ο ν .

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derErhebung Gordians III., eines willenlosen Spielballs derPrätorianer, ist diealte Ordnung, d.h. dieMacht derPrätorianer unddieOhnmacht desSenats, wiederhergestellt. Dadurch hebt sich dasEnde vonBuch 8 vonjenen Buchenden mitausgesprochen schwacher ‚closural force‘ab,andenen keinodernureinuntergeordneter Erzählstrang aneinEndegelangt (2,3,4,7) unddiedeshalb alsWerkende wesentlich weniger befriedigen könnten. DasEnde desletzten Buches unterscheidet sich aber auch vondenEnden derBücher 5 und6, dieebenfalls mitdemTodeines Kaisers schliessen, indem dortderjeweils neuebzw.zukünftige Kaiser bereits viel ausführlicher eingeführt worden ist undeindeutlicheres Profil erhalten hat. Diese imVergleich mit der Darstellung Gordians III. im 8. Buch viel deutlichere Profilierung ist ein starkes weiterführendes Motiv oder ‚anti-closural device‘. Undim 1. Buch hat dieGeschichte derVerschwörung derMarcia diese Funktion, indem dieletzten beidenKapitel fast ganz ausderPerspektive derVerschwörer erzählt werden, undso eine Spannung aufdieFrage nachdemweiteren Schicksal derVerschwörung nach demerfolgten MordanCommodus aufgebaut wird. Aufeinweiteres abschliessendesElement desjetzigen Werkendes wirdspäter nocheinzugehen sein. Wasdieformale Seite desSchlusses angeht, das‚offene Ende‘ohne Epilog, so ist zubedenken, dass ein Epilog zwar eine in derantiken Historiographie oft gewählte, aber keineswegs die einzige Möglichkeit war, ein Geschichtswerk abzuschliessen: ‚Offene‘Enden mit schwacher ‚closural force‘undohne Epilog oder explizite Hinweise darauf, dassdasWerkjetzt endet, finden sich etwabeiHerodot, in Xenophons Anabasis oder den beiden Monographien Sallusts28. Die Anabasis, aufderen ersten Satz Herodian amBeginn seines Werkes anspielt29, endet mitdem Beginn des nächsten Krieges, undderBericht könnte nahtlos fortgeführt werden30. UndinSallusts Iugurtha wirdnachderGefangennahme desIugurtha inNordafrika derBlick aufdie gleichzeitigen Ereignisse in Italien, denEinfall derKimbern und Teutonen gerichtet. DasWerk schliesst mitderWahl desMarius zumKonsul und einem Ausblick aufdessen zukünftige Verantwortung31. Dieser Schluss weist einige Gemeinsamkeiten mitjenem vonHerodians Werk auf: Beide weisen über die Werkgrenze hinaus, indem siemitderÜbertragung derVerantwortung fürdenStaat

28 ZumEnde vonHerodots Geschichtswerk,

welches ebenfalls füreine Fortführung desBerichts offen wäre, vgl. H.R. Immerwahr, FormandThought inHerodotus, Cleveland 1966 (Philological Monographs 23) 8f.; C. Dewald, Wanton Kings, Pickled Heroes, and Gnomic Founding Fathers: Strategies ofMeaning attheEndofHerodotus’s Histories, in:D.H.Roberts/F.M. Dunn/ D. Fowler, Classical Closure. Reading theEndinGreek andLatin Literature, Princeton 1997,

82. 62– ρ εν . Xen. ε ο ύ ρ ςδ ὲδ υ ,ἄ λ είο ς ν τ οπ έν ο γ α ε τ ὲ ν υ έρ ἐγ θ ῳ ςμ κ ρ β α ά σ τ ιΜ ιλ ν ῷ εύ ο 29 Hdn. 1,2,1: τ ρ τ α νἈ ο ὲ β ύ τ ςμ ερ εσ ρ ,π ο ύ ε ῖδ α ιπ ςδ α τ ο ιδ ςγίγνον τ ά σ υ ρ α α υκ ὶΠ είο ρ α Exp. Cyr. 1,1: Δ . Aufdiese Anspielung weist schon E. Norden (Die antike Kunstο ς ρ ῦ ὲΚ ο ςδ ερ τ , νεώ ς η ξ έρ ξ prosa. VomVI. Jahrhundert v.Chr. bisindieZeit derRenaissance, 1,Leipzig 1915, 398 Anm. 4) hin. μ ίε μ υ μ κ α α ὶσ ρ ά τ ευ τ ὸ σ β ετ α έλ ο ρ μ εν ςπ α γ εν ό ρ ν α ρ ω π α Θ ίβ ῳ τ ύ ο ν τ 30 Xen. Exp. Cyr. 7,8,24: ἐ . α β ν ο ζ ρ ν ά α νκ η α ὶΦ ν φ έρ ὸ ρ ςΤισσα ιπ ε έμ λ ο ἐπ ῷ ικ ν η λ λ Ἑ ῳ λ λ ἄ ῷ ςτ α ξ 31 Sall. lug. 114,3f.: sedpostquam bellum in Numidia confectum et lugurtham Romam vinctum adduci nuntiatum est, Marius consul absens factus est et ei decreta provincia Gallia, isque Kalendis lanuariis magna gloria consul triumphavit. et ea tempestate spes atque opes civitatis in illo sitae.

Zeit undErzählperspektive inHerodians Geschichtswerk

151

aneine imvorherigen Bericht eingeführte Person schliessen, undin beiden Fällen steckt im nüchternen Ton der Mitteilung im letzten Satz (Marius consul absens factusest ... et ea tempestate spes atque opes civitatis in illo sitae bzw. ὁ δ ὲΓορδια ν ὸ ς ίδ ρτ ρ κ α ά ο ν α τ ὼ ε ὐ ω τ κ εἀ ςτρισκα ο γ η εγ ν εδ κ η α π είχ ο υ θ ὶτ ὴ ὶἔ τ ρ ν μ Ῥ π ε α ω ίω ν ) einige Ambivalenz, zumal dasPublikum problematische Eigenν ν ἀ ὴ εδ έξ ο τ α χ ρ ἀ schaften dieser andie Macht kommenden Männer schon ausdemvorangehenden Text erfahren hat32. Offene, ja weiterführende, über dieWerkgrenze hinausweisende Enden waren in der antiken Historiographie also durchaus möglich33. Auch wenn, wie es aufgrund derentsprechenden Ankündigung in2,15,7 wahrscheinlich ist, seinursprünglicher Planvorgesehen haben sollte, dasGeschichtswerk nochzehnJahre weiter zu führen, so hat Herodian jedenfalls –anders als Thukydides –genügend Zeit gehabt, seinen Plan soabzuändern, dasssich gleichwohl einsinnvoller Endpunkt ergab und auch formal einrichtiger Buchschluss. Wäre es Herodians Absicht gewesen, hätte er wohl nicht nurdasProömium entsprechend abändern, sondern auch noch einen kurzen Epilog anfügen können. Gravierender inunserem Zusammenhang ist dieFrage, obsich Herodians Text insgesamt –wiees diecommunis opinio will –ineinem unfertigen oderzumindest unrevidierten Zustand befindet. Manschliesst das zumeinen aus dengerade erwähnten widersprüchlichen Angaben über dengeplanten Umfang sowie zwei kurzenVorverweisen, diespäter nicht eingelöst werden34, vorallem aber auchdaraus, dass die Zahl derReden in denspäteren Büchern geringer sei als in denzwei oder drei ersten35. Wasersteres betrifft, so liegen diese Unaufmerksamkeiten allerdings noch imRahmen desin derantiken Historiographie Üblichen36. Bezüglich derdi32 ZumEndevonSallusts Monographie vgl.E. Koestermann, C.Sallustius Crispus, Bellum Iugurthinum, Heidelberg 1971, 388f. undvorallem D.S. Levene, Sallust’s lugurtha: An‚Historical 70. Fragment‘, JRS 82, 1992, 53– 33 ZurHerkunft desWunsches nacheinem Epilog vgl. Immerwahr, FormandThought (wie Anm. Ournotion of anelaborate epilogue basically derives fromrhetoric, just asthenotion of 28) 9: „ a climax is dramatic“undD. Fowler, First Thoughts onClosure: Problems andProspects, MD 122] 102: „ theformal epilogue is only oneamong many ways of concluding a 22, 1989, [75– literary work ... (zum Ende vonHerodots Werk:) onemayargue about the suitability of the present conclusion; but the final section cannot be called abrupt simply because there is no . Indiesem Zusammenhang gilt es auch zubeachten, dass indererhaltenen formal peroration“

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35

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antiken historiographischen Theorie zwar Erörterungen über die Wahl desEndpunktes eines Werkes, nicht aber über dessen formale Gestaltung zufinden sind –ganz imGegensatz zum Beginn eines Werkes undzurGestaltung desProömiums (wobei auch einProömium keineswegs ‚vorgeschrieben‘war; vgl. Xen. Exp. Cyr. 1,1 undLuc. De hist. conscr. 52ff.). Hdn. 4,14,2; 5,3,9; vgl. H. Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm. 19), 2813 ) –Hinweisen ν ε Anm. 183. Bei beiden –wörtlich gleich formulierten (... ὡ ῆ ςἐροῦμ ῖςἑξ ο τ ν ςἐ handelt es sich umKleinigkeiten (die Bestrafung vonangeblich am Komplott des Macrinus beteiligten Tribunen bzw. dieVerlegung dervorEmesa stationierten Truppen). Vgl. z.B. C.R. Whittaker, Herodian intwoVolumes, vol.1, London/Cambridge Mass. 1969, X, LIXf. undvol.2, 99 Anm.2; Kettenhofen, Diesyrischen Augustae (wie Anm.5) 188Anm. 107. Hinweisen auf Unfertigkeit des Müller, Herodian (wie Anm. 25) 10 spricht allgemein von „ Ganzen“ . InderTatsollte mansich weniger darüber wundern, dassdiezweiHinweise aufdiegenannten Kleinigkeiten (vgl. Anm.34) nicht eingelöst werden, alsdass einweiterer Bericht über solche

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rekten Reden ergibt sichinZahlen folgendes Bild: BuchI: 5 längere Reden, 3 Kurzreden (wovon ein innerer Monolog); II: 6 längere Reden, 1 Dialogszene, 1 Kurzrede; III: 2 längere Reden, 1 Dialogszene; IV: 2 längere Reden, 1 Kurzrede; V: 1 längere Rede (in Briefform); VI: 1 längere Rede; VII: 2 längere Reden; VIII: 2 längere Reden37. DieDichte derReden ist also tatsächlich indenersten beiden Büchern signifikant höher alsindenBüchern 3– 8, welche alle etwagleich viele, nämlich je eine oder zwei Reden enthalten. Ähnlich sieht die Verteilung derExkurse aus, wobei allerdings hier die Unterschiede zwischen denBüchern 1– 3 und4– 8 liegen: Vier längeren Exkursen imersten unddritten Buch sowie drei imzweiten steht nurje ein längerer Exkurs in denBüchern 4,5,6, keiner in 7 undzwei in 8 entgegen38. Andererseits enthalten die späteren Bücher weiterhin zahlreiche abgerundete Episoden39 undnicht weniger, sondern eher mehr Schlachtschilderungen undandere Beschreibungen, die nach denGesichtspunkten der ἐν γ ρ ε ια ά ausgearbeitet sind unddenEindruck vonUnmittelbarkeit erwecken: etwa die aufwendigen Operationen desSeverus in Britannien (in III undIV), die abenteuerlichen Unternehmungen Caracallas imOsten (inIV), diebunten Rituale Elagabals (inV), diePartherkriege desSeverus Alexander (inVI), dieTumulte inKarthago undRom (inVII) undnicht zuletzt Maximinus’Zuggegen Italien undseine Belagerung Aquileias (in VIII)40. EinZeichen vondurchdachter Ausgestaltung sind aber etwa auch diegeschickten Orts- undPerspektivenwechsel im7. und8. Buch41. DieAnnahme, diespäteren Bücher seien unfertig undnicht mehrwiegeplant überarbeitet worden, Details überhaupt angekündigt wird. Ausserhalb derKurzzusammenfassungen amAnfang und amEnde derBücher findet sich bei Herodian sonst nurnoch ein einziger auktorialer Hinweis auf eine andere Stelle im Werk (im Sinne von ‚wie wir später darstellen werden‘) in 1,14,6 (wiederum mitderselben Formulierung: ... ὡ ). Es kannhier nicht weiter ν ε ο ῖςἑξ ῆ τ ςἐροῦμ ν ςἐ ausgeführt werden, dürfte aber wohl kaumumstritten sein, dass inderantiken Historiographie voninneren Widersprüchlichkeiten undnicht eingelösten Ankündigungen vollkommen freie Geschichtswerke eine eherrare Erscheinung sind. 6 (Pompeianus), 1,9,4 (Ky8 (Commodus); 1,6,4– 6 (Marc Aurel); 1,5,3– 37 Längere Reden: 1,4,2– 8 (Pertinax); 8 (Laetus); 2,3,5–10(Pertinax); 2,5,6– 3 (Fadilla); 2,2,6– nischer Philosoph); 1,13,2– 7 (Cara7 (Plautian); 4,5,2– 7 (Severus); 3,11,5– 9 (Severus); 3,6,1– 9 (Severus); 2,13,5– 2,10,2– 6 (ein iuve7 (Severus Alexander); 7,5,5– 8 (Macrinus); 6,3,3– 8 (Caracalla); 5,1,2– calla); 4,14,4– 6 (Maximus). Kurzre6 (Crispinus; teilweise indirekt); 8,7,4– 8 (Maximinus); 8,3,5– nis); 7,8,4– den(höchstens 7 Zeilen in Whittakers Text [wie Anm. 35]): 1,6,2 (ein Schmeichler desCom10 modus); 1,17,5 (Marcia ansich selbst); 1,17,6 (Marcia); 4,3,8 (Julia Domna). Dialoge: 2,1,7– (4-teilig; Pertinax, Laetus, Eclectus); 3,12,2– 11(3-teilig; Saturninus, Caracalla). 8; 5; 2,11,8; 3,1,5; 3,2,8; 3,4,3; 3,14,6– 3; 2,7,9; 2,11,3– 5; 1,16,1– 38 Exkurse: 1,9,2; 1,10,5; 1,11,1–

6. 7; 8,1,5; 8,2,3– 5; 6,7,6– 11; 5,3,4– 4,2,1– 39 Vgl. nure.g. die Geschichte vonderErmordung Caracallas undder Erhebung des Macrinus 4,15,9), dieErzählung vonElagabals Aufstieg und mitten imKrieg gegen dieParther (4,12,1– 5,4,12), dieSchilderung vonderErmordung desAlexander Severus und Macrinus’Ende (5,3,1– 6,9,8) oder derBericht vondenTumulten zwiderMachtübernahme des Maximinus (6,8,1– 7,12,7). schen Prätorianern undVolk inRom(7,11,1– 40 Gerade letztere Passage gilt als eine deranschaulichsten imganzen Werk Herodians; vgl. K. Dändliker, Diedreiletzten Bücher Herodians. Untersuchungen zurallgemeinen Geschichte von 238 n. Chr., in: M. Büdinger (Hrsg.), Untersuchungen zurrömischen Kaisergeschichte, 222– 320] 270ff. Band 3, Leipzig 1870, [203– 41 Dazuvgl. Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm. 19)2815.

Zeit undErzählperspektive inHerodians Geschichtswerk

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scheint daher fraglich. Undabgesehen davon, dass diese Bücher ja eben doch auch imGegensatz etwazuThukydides’8. Buch– Reden undExkurse enthalten – , scheint es müssig darüber zuspekulieren, obundwasallenfalls Herodian noch hätte mehr ausfeilen wollen. Dennwasauch immer dieursprünglichen Intentionen desAutors gewesen sein mögen, auch die späteren Bücher enthalten alle formalen Elemente, die ein antiker Leser voneinem Geschichtswerk erwarten konnte42. Dass in den ersten beiden bzw. drei Büchern mehr Reden undExkurse eingeflochten sind als in denspäteren sechs bzw. fünf, könnte statt miteiner fehlenden Ausarbeitung auch damit zutunhaben, dass derAutor in denspäteren Büchern andere Strategien zur Erzielung vonornatus undvariatio angewendet hatals in denersten beiden. Deshalb scheint auch die alte, offensichtlich ausdenersten beiden Büchern extrapolierte These problematisch, Herodian habe die Geschichte lediglich quasi als Staffage gebraucht, umeigene rhetorische Glanzpunkte zusetzen43. Dies zeigt sich imübrigen auch an dendramatischen Szenen, auf die es Herodian vor allem abgesehen haben soll44: dramatische Szenen imeigentlichen Sinne, d.h. mitDialogen, gibt es imganzen Werk bloss zwei45.

III Herodians Werk umfasst, wieschon gesagt, einen Zeitraum von58 Jahren unddie 18 Kaisern (je nach Zählweise). Diese einfache Feststellung Regierungen von 16– spricht schon für sich genommen gegen die Bezeichnung desWerkes als Roman: Denn es ist ein Merkmal desantiken Romans –auch deshistorischen –, dass die Handlung aufeineGeneration eingeschränkt wird, unddieHelden, deren Geschichte erzählt wird, durch dasganze Werk dieselben bleiben46.

42

Entsprechend kannderschon zitierte anonyme englische Übersetzer des 17.Jh. (wie Anm. 15) dasWerkankündigen: „Relating thestrange conjunctures andaccidents of state, that happened in Europe, Asia andAfrike, in the Revolution of Seventy yeeres. Interlaced with speeches, antiquities, court-passages, prodigies, embassies, sieges, surprizes, battells, conquests andtriumphs. Wherein is also declared the most solemn deification of the Roman Emperours and Empresses. Andthemartiall honor andheroicke valor of theancient southerne andnortherne BRITAINS“ .

43 Vgl. e.g. H.Peter, Wahrheit undKunst. Geschichtsschreibung undPlagiat imklassischen AlterEr (sc. Herodian) wirdseine Aufgabe darin gesehen haben ..., tum,Leipzig/Berlin 1911, 397: „ dieFülle desvonihm(sc. Cassius Dio) zuerst aufgezeichneten Stoffes ineine rhetorische Form in denersten fünf vonseinen acht Büchern umzugiessen undihnaufeinJahrzehnt fortzusetzen“ ; D.A.Russell, Plutarch, London 1973, 163: „Similarly, inhistory, wecanreadPolybius as a statesmanlike record of political activity; attheother endof thescale, wecanseethat Hero. dian is merely using events asa framework fora display of speeches andsetdescriptions“ DasHauptkennzeichen seines ... 44 Vgl. etwaKolb, Literarische Beziehungen (wieAnm.5) 161: „ ; Kettenhofen, Die syriWerkes ist das Streben nach farbiger unddramatischer Darstellung“ schen Augustae (wie Anm.5) 55: „Herodian bietet eine Geschichte derHerrscher unddesHofes, wobei er zudem weniger andergeschichtlichen Wahrheit alsandramatischen Szenen und . rhetorischen Höhepunkten interessiert ist“ 45 Vgl. Anm. 37.

‚idealisierenden‘ Romane: vgl. die Überblicke über die undFragmente bei N. Holzberg, The Genre: Novels Proper andthe

46 Dies gilt nicht nurfürdie erhaltenen übrigen Romanformen

154

THOMAS HIDBER

Herodian äussert sich anzwei Stellen über diePrinzipien seiner DarstellungsIm Proömium sagt er, er werde κ α τ ὰ ρ χ ό ν ο υ ςκ α ὶδυνα σ τ ε ία ςberichten, undam Schluss des zweiten Buches kündigt er an, er werde nicht alle Details, sondernnurdasWichtigste undBedeutendste derReihe nachberichten47. Diese Bemerkung bezieht sich zwar zunächst aufdieDarstellung derHerrschaft desSeptimius Severus, hataber, wieausdemKontext klar wird, auch allgemeinere Geltung. Wieistdieses Programm nuninsWerkgesetzt? Esistoffensichtlich, dassHerodiandieZeitgeschichte primär alsGeschichte vonKaisern undihren Gegenspielern auffasst: so ist es imProömium angekündigt, unddie Herrscher undihre Rivalen stehen auch fast durchgehend im Zentrum der Darstellung48. Nach Franz-Joseph Stein hatHerodian sein Werk denn auch κ α τ ὰ δ υ ν α σ τ ε ία ςin Bücher unterteilt49. Diese Aussage trifft allerdings so nicht zu: Denn lediglich zweimal fällt ein Herrschaftsende miteinem Buchende zusammen, nämlich indenBüchern 1 und6, welchezugleich alseinzige fastgänzlich derHerrschaft eines einzigen Kaisers gewidmet sind(Commodus bzw.Severus Alexander). DieBücher 5 und8 enden mitderErhebungeines neuen Kaisers indirektem Anschluss andenBericht vonderErmordung ihrer Vorgänger. Hingegen fallen dieEnden derrestlichen Bücher (2,3,4,7) weder mitHerrschaftsenden zusammen nochmarkieren sieeinen besonderen Einschnitt in denBiographien derbetreffenden Kaiser50. α τ ὰ δ υ ν α σ τ ε ία DasGliederungsprinzip κ ςwird hingegen sichtbar im strukturierenden, d.h.dasEndeeines Erzählstranges auchformal kenntlich machenden Ele-

weise:

47

48

49 50

Fringe, in: G. Schmeling (Hrsg.), The Novel in the Ancient World, Leiden/New York/Köln 28; S.A. Stephens/J.J. Winkler (Hrsg.), Ancient Greek Novels: TheFragments. Intro1996, 11– duction, Text, Translation, andCommentary, Princeton 1995; S. Stephens, Fragments of Lost 683. Novels, in: Schmeling (Hrsg.), TheNovel (wie diese Anm.), 655– κ τ α ρ α ι, κ έπ τ ω νπ α τ ὰ ρ ο ύ α τ ό ν Hdn. 1,1,6 (ὡ χ ο τ υ ᾽ἕκα σ ςδ ή ςκ μ σ α α ο ὶδυνα σ τ ι); ε ία ςδιηγ ν α κ εια ἔχ υ ν ὶσυντέλ ο α ν φ τ ίν τ α ο α ιό τ τ α ρ τ υ μ ο ὰ κ έρ μ ῶ ν κ ο έν α τ ὰ 2,15,7 (τ γ ω ςπ ρ ν Σ επ α ε ῳ β ή ἐ ρ ν τ ο ῖςἑξ μ ή α σ ι, οὐ ο δ ὲ ν ρ ῆ ο ὸ επ ρ ὔ τ ιν ςχά ἐ ςδιηγ ςὕ ψ ο ςἐξα σ α ν ρἐπ ν ω ,ὥ σ ο π ε ο ίη ἱ ίρ η μ ςἄ γ ο υκ ν ε λ ω α ρ α ἴτ είπ ιλό ὶμνή ). ξ ιο ρ ν α επ ά ν τ τ ε ψ ὔ α γ ,ο κ ς α τ ᾽ἐκεῖν ο ν DieAnkündigung bzw. Anpreisung desThemas imProömium bezieht sich fast zurGänze auf 6). DieZentrierung derDarstellung aufdenHerrscher zeigt sich etwa daran, die Kaiser (1,1,4– dass derFokus derErzählung fast durchgehend beim Kaiser ist (oder abwechslungsweise bei diesem undseinen Gegenspielern), so dass nurjene Teile desReiches ins Blickfeld kommen, wosich derHerrscher bzw. seine Rivalen gerade aufhalten. Zudiesem Phänomen derkaiserzeitlichen Historiographie allgemein vgl.H.Strasburger, DieWesensbestimmung derGeschichte durch dieantike Geschichtsschreibung, 2. Aufl. Wiesbaden 1966, 66f. F.-J. Stein, Dexippus et Herodianus rerum scriptores quatenus Thucydidem secuti sint, Diss. Bonn 1957, 162. Weit regelmässiger als bei Herodian werden Herrschafts- undBuchenden imkaiserzeitlichen Teil desGeschichtswerks desCassius Diozusammengelegt: (inderZählung nachBoissevain) Augustus (56); Tiberius (58); Caligula (59); Claudius (61); Otho (63); Vespasian (65); Domitian (67); Trajan (68); Hadrian (69); Antoninus Pius (70); Marc Aurel (72); Commodus (73); Septimius Severus (77); Caracalla (78); vgl. M.Hose, Erneuerung derVergangenheit. DieHistoriker imImperium Romanum vonFlorus bis Cassius Dio, Stuttgart/Leipzig 1994, 362; 440. dieBucheinteilung denRegierungsperioden derKaiser“ AuchindenAnnales desTacitus folgt „ undbleiben „ dieJahresangaben ohne kompositorische Bedeutung“(A. Dihle, DieEntstehung derhistorischen Biographie. Sitzungsberichte derHeidelberger Akademie derWissenschaften. Philosophisch-historische Klasse, Jahrgang 1986, Bericht 3, Heidelberg 1987, 33).

Zeit undErzählperspektive inHerodians Geschichtswerk

155

ment derkurzen Schlussbetrachtungen, welche meist andieSchilderung desHerrschaftsendes

undTodes eines Kaisers anschliessen51. Diese Schlussbetrachtungen

sind in der Regel sehr kurz (ein Satz), manchmal bloss konstatierend, meist aber auch ganz knapp kommentierend und wirken formelhaft52. Allerdings finden sich solche Kurznachrufe auch nach denEnden von anderen wichtigen Gestalten wie etwa des Cleander, des Plautian oder der Maesa53, undsie gleichen in ihrer Art weniger denlangen bewertenden Schlussbetrachtungen, wie sie sich etwa in den Viten Suetons oder Plutarchs finden, sondern eher denkurzen Nachrufen, wie sie etwadesNikias – schon Thukydides aufdenTodherausragender Persönlichkeiten – folgen lässt undin welcher Form sie auch in der späteren Historiographie immer

wieder begegnen54. Dagegen fehlen bei Herodian weitgehend einleitende Betrachθ ο ςundzurArtderRegierung desjeweils neuen Kaisers, mitdenen tungen zumἦ etwa Cassius Dio–imAnschluss anGepflogenheiten derBiographie –seinen Bericht nach derDarstellung eines Herrschaftsendes regelmässig unterbricht55. Wiesteht esnunmitderGliederung κ ρ ό ν υ ο α τ ὰ ? Esliegt inderNatur chronoς χ logisch aufgebauter historiographischer Texte, diemehr sind alsblosse Chroniken, dass dasVerhältnis vonErzählzeit (gemessen anderLänge desTextes) zuerzählter Zeit (gemessen anderLänge desdargestellten Zeitraums) nicht überdasganze Werk hindasselbe bleibt, sondern dass derErzählrhythmus ingewissen Passagen langsamer, in anderen schneller ist. Verfolgt mandiese Rhythmuswechsel, ergibt sich ein Bild derOrganisation eines Textes, undzugleich kanndeutlich werden, inwelchen Bereichen dashauptsächliche Darstellungsinteresse desAutors liegt56. Untersucht manHerodians Werkunter diesem Gesichtspunkt, sozeigt sich, dass langsamsten‘, d.h. amausführüber dasGanze gesehen dieMachtwechsel dieam‚ lichsten erzählten Passagen desWerkes bilden undzwarmeist so,dassdasEndedes ersten Kaisers mitdemAufstieg undderMachtergreifung deszweiten untrennbar in

51 Hdn. 1,17,12 52

(Commodus); 2,5,9 (Pertinax); 2,12,7 (Iulianus); 3,4,7 (Niger); 3,7,8 (Albinus); 3,15,2f. (Septimius Severus); 4,13,8 (Caracalla); 5,4,12 (Macrinus); 5,8,10 (Elagabal); 6,9,8 (Severus Alexander); 7,9,10 (Gordian I.); 8,5,9 (Maximinus); 8,8,8 (Maximus undBalbinus).

Besonders auffällig istdieoftwiederholte Verwendung derjeweils nurleicht variierten Formel μ ὲ νδ ῳ ὴτέλ α τ ε ιἐχρήσ ο... (vgl. 1,17,12; 3,4,7; 3,7,8; 4,13,8; 5,4,12; 7,9,10; 8,5,9; τ ο ιο ύ τ

8,8,8).

53 Hdn. 1,13,6 (Cleander); 3,12,12 (Plautian); 6,1,4 (Maesa). ή κ τ ε α ἄ ι, ἥκισ ὴ δ ἐτ ν εθ ιο τ ν ῶ ξ ν ςὢ ἢ ίᾳ ἰτ τ α ὅ ο ύ τ α τ τ ω ν ιἐγγύτα μ ν ὲ τ ῃ ο ια ύ τ 54 Thuc. 7,86,5 (ὁ γ η ν μ εἐπ έν μ ισ ο ν εν ν ὴ ᾽ἐμ ετ ή ν ο ρ ω ῦἙ ν ν ἐ α λ σ λ ᾶ ςἀ ἐ π ν ὴ τ ιὰ ςτο ιδ α θ έσ ῦ τ οδυστυ ικ χ ία ςἀφ ) –vgl. damit etwa Herodians kurzer Nachruf aufMaximus undBalbinus (8,8,8: ή δ ευ ιν σ ιτ ἐπ ο γ υἄ ν ο ὶκ ξ ιο σ α ι ὶ λό εμ σ ο α ν ὶἀ ίῳ ή μ ακ σ ῳ α τ εἅ ἐχ ν ρ τ οἀ ν α ὴτοιο νδ ύ τ ξ ὲ ίῳ τ έλ ε ιμ θ ό τ ες η ); vgl. auchDihle, Historiλ υ ἐλ ν ὴ εν ῖςτ ε β χ ῦ ρ τ α ι, εὐγ ρ εσ ἀ ν εκ α α ᾽ἀ ὴ π ὶκ τ ὶτ ν ἐ π ία ξ 31. sche Biographie (wie Anm. 50) 15 undR. Syme, Obituaries inTacitus, AJPh 79, 1958, 18– 55 Eine Ausnahme bilden die einleitenden Bemerkungen zurHerrschaft des Maximinus (Hdn. 7,1,1f.); zumVorgehen desCassius Diovgl. C. Questa, Tecnica biografica e tecnica annalistica 53; Hose, Erneuerung (wie nei ll. LIII-LXIII di Cassio Dione, Studi Urbinati n.s. B 31,1957, 37– 444; Chr. Pelling, Biographical History? Cassius DioontheEarly Principate, in: Anm.50) 442– M.J. Edwards/S. Swain (Hrsg.), Portraits. Biographical Representation in theGreek andLatin 144] 117f.; 128. Literature of the Roman Empire, Oxford 1997, [117– 56 ZuDefinition undBedeutung desErzählrhythmus vgl. G. Genette, Figures III, Paris 1972, 77– 121; M. Bal, Narratology. Introduction to theTheory of Narrative, 2. Aufl. Toronto 1997, 99– 111.

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einer durchgehenden Geschichte vonungefähr gleichbleibendem Erzählrhythmus verbunden ist. Sobilden etwadieErmordung desCommodus unddieErhebung des Pertinax diebeiden Teile einundderselben Geschichte, nämlich derVerschwörung derMarcia unddesLaetus, welche nicht nurdieBerichte überdieHerrschaft dieser Kaiser, sondern auch dieersten beiden Bücher verklammert57. Eindurchgehender Erzählstrang führt von1,16,1 bis2,3,11, wobei dieindiesen fünf Kapiteln erzählte Zeit gerade 24 Stunden (über denJahreswechsel 192/93) entspricht; damit weist dieses Stück diehöchste Erzähldichte bzw. denlangsamsten Rhythmus desganzen Werkes auf. Manchmal werden solche Übergangsgeschichten zusätzlich durch einen kommentierenden Rahmen umschlossen undals Erzähleinheit kenntlich gemacht. So wirdz.B. derBericht überdieVerschwörung derPrätorianer gegen Pertinax mit derauktorialen Bemerkung eingeleitet, nurdie Prätorianer seien mit der gegenwärtigen Ordnung nicht zufrieden gewesen, sondern hätten sich nach dem zügellosen Leben unter derfrüheren Tyrannis zurückgesehnt. Es folgt derBericht über das Attentat, denVerkauf des Kaisertums an Julian undseine Eskortierung zumPalast. DasKapitel endet mitdemKommentar, dass damals zumersten Male dieMoral derSoldaten korrumpiert worden sei, undsieselbst Habgier undRespektlosigkeit gelernt hätten58. Bisweilen sind dieMachtwechselberichte auch eingebettet inübergreifende Rahmengeschichten, wiederBritannien-Expedition beimTode desSeverus, desPartherkrieges beimWechsel vonCaracalla zuMacrinus oder des Germanenkrieges bei derErmordung desSeverus Alexander undderErhebung des Maximinus59. Neben denMachtwechseln werden auchdieKriege gegen dieBarbaren sowie dieAuseinandersetzungen derKaiser mitRivalen imInnern invergleichsweise langsamem Rhythmus erzählt: Sonimmt etwaderWegdesSeptimius Severus zurAlleinherrschaft überdieAusschaltung vondrei Rivalen runde zwei Drittel desgesamten Berichts über Severus ein, obwohl diese Phase nicht einmal ein Viertel seiner tatsächlichen Herrschaftszeit ausmachte60. Ähnlich überproportional breit ist auch die Darstellung desturbulenten Jahres 238 mitseinen vielen Aufständen, Usurpationen undBürgerkriegen61.

57 DieErmordung desCommodus stellt zwardasEndeeines Erzählstrangs dar(die Regierung des Commodus), markiert aberzugleich denHöhepunkt derVerschwörungsgeschichte, deren weiterer Erfolg jetzt inderSchwebe hängt, waseinsehrstarkes ‚anti-closural device‘ist (ähnliche Situationen begegnen später noch beim MordanPertinax undbei Macrinus’Anschlag aufCaracalla). Dass die Erhebung desPertinax unddie Ermordung desCommodus Teile derselben, nicht auseinanderzureissenden Geschichte sind, illustriert auchjener anonyme Engländer, der Herodians Darstellung desCommodus gegen Ende des 18. Jh. übersetzt hat (The Heir Apparent: OrTheLife of Commodus; TheSonandSuccessor of theGoodM. Aurelius Antoninus, Emperor of Rome. Translated fromtheGreek of Herodian witha preface adapted tothepresent times, London 1789): Seine Übertragung endet nicht etwa amSchluss desersten Buches, sondern mitderAnkunft desPertinax vordemSenat (Hdn. 2,3,2), also dort, wodie Verschwörer ausdemBlickfeld verschwinden. 2,6,14. 58 Hdn. 2,5,1– 7,2,9 (Germa4,15,9 (Partherkrieg); 6,7,1– 4,1,3 (Britannien-Expedition); 4,10,1– 59 Hdn. 3,14,1– nenkrieg). 3,7,8. 60 Hdn. 2,9,1– 8,8,8. Müller, Herodian (wie Anm. 25) 21 vermutet allerdings, die breite Darstel61 Hdn. 7,4,1–

Zeit undErzählperspektive in Herodians Geschichtswerk

157

In deutlichem Kontrast zudensehr ausführlich erzählten Berichten über die Machtwechsel unddieKriege stehen diemeist nurresümierenden undoft stereotyp wirkenden Passagen überdieeigentliche Herrschaftsausübung nach innen. So wird vonMacrinus’Innenpolitik ausser derPräsentation seines Programms in Form einesBriefes andenSenat kaumetwas mitgeteilt62, während sowohl dieGeschichte seiner Erhebung wieauchdieseines Endes sehrausführlich dargestellt werden. Das krasseste Beispiel aber ist Severus Alexander, dessen innenpolitische Massnahmen seiner ganzen dreizehnjährigen Herrschaft in wenigen Sätzen zusammengefasst werden63, wohingegen dieletzten drei Regierungsjahre mitdenPerser- undGermanenkriegen fast einganzes Buchfüllen64. Selbst diefürHerodians Verhältnisse aussergewöhnlich ausführliche Darstellung derinnenpolitischen Massnahmen desPertinax65 wirddurch dieflankierenden Machtwechselberichte umeinVielfaches übertroffen. Nunsind ausgeprägte Rhythmuswechsel in der antiken Historiographie an sich nicht aussergewöhnlich. Ganz unverhältnissmässig breit ist etwa die Darstellung desDreikaiserjahres 69 inTacitus’Historien oderderBericht überdenSturz Sejans bei Cassius Dio. Ebenso beansprucht bei letzterem derBericht über dieersten fünf gleichviel wiediegesamte Regierungszeit Monate desJahres 193einganzes Buch– Marc Aurels66, undübereinAchtel vonDiosGesamtwerk istallein Octavian/Augustus gewidmet67. Bei Herodian fällt die ungleichmässige Verteilung deshalb mehr auf, weil die Anzahl der in langsamem Rhythmus erzählten Passagen, welche oft gewissermassen Episoden bilden, bei manchen Kaisern aneiner Handabzuzählen sind68. Dies hängt damit zusammen, dass bei ihm–im Gegensatz etwa zu Cassius Dio –das annalistische Prinzip ganz aufgegeben ist69. Entsprechend seiner Ankündigung beschränkt sich der Autor bei der Selektion des Stoffes auf das, was er φ νἔχο α τ ν τ α hält. Eine immer wieder kritisierte für τ ιό έλ εια κ α ρ ὶσυν υ ὰ τ α τ κ α ο Folge dieses Verfahrens ist, dasszwischen denausführlicher dargestellten Ereignissen undEpisoden auch längere Zeiträume bloss summarisch behandelt oder gar elliptisch übergangen werden. Dabei wird oft übersehen, dass solche ‚Auslassungen‘nicht unbedingt mitderUnwissenheit desAutors zutunhaben müssen, sonlungdieser Zeit hange vorallem mitdem„allgemein reicheren Material ausderjeweils jüngerenVergangenheit gegenüber früheren Zeitabschnitten zusammen“ .

5,2,4. 62 Hdn. 5,1,2– 63 Hdn. 6,1,6f. 64 Folgt mandemüberlieferten Text in6,2,1, sollen dieFeldzüge gegen diePerser undgegen die Germanen garinnerhalb nureines Jahres stattgefunden haben; vgl. Whittaker, Herodian (wie Anm. 35), vol. 2, 88 Anm. 1. 9. 65 Hdn. 2,4,1– 66 Cass. Dio 73 bzw. 70. 67 Hose, Erneuerung (wie Anm.50) 430. DieListe derBeispiele liesse sich beliebig verlängern. 68 Zurepisodischen Struktur vgl. Whittaker, Herodian (wie Anm.35), vol. 1, XXXIX-XLIII; Müller, 21. Herodian (wie Anm. 25) 14– 69 So fehlen denn auch die formalen Elemente derAnnalistik, wie sie bei Cassius Dio auch im kaiserzeitlichen Teil noch begegnen, namentlich dieJahresangaben mitderNennung derKonsuln sowie die ‚annalistic clusters‘amEnde vonJahresberichten; vgl. P.M. Swan, HowCassius 2557] 2535– Dio Composed his Augustan Books: Four Studies, ANRW II.34.3 (1997), [2524– 2543; Pelling, Biographical History? (wie Anm. 55) 117.

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demAusdruck vondessen Darstellungs- undGestaltungsabsichten sein können70: So kannetwa nicht nurdieGeschichte einfacher undverständlicher gemacht werden, sondern es lassen sich auchbestimmte Wirkungen wieKontrastierungen oder Parallelisierungen erzielen71. ZumVerzicht aufdasannalistische Prinzip zugunsten einer (durch dieRhythmuswechsel erzeugten) Episodenstruktur passt, dass chronologische Angaben nur sparsam gemacht werden: Absolute Datierungen (etwa mittels Nennung dereponymenKonsuln) fehlen völlig, einzig dasAlter derKaiser wirdgelegentlich unddie jeweilige Regierungsdauer meist (letztere inderRegel indenKurznachrufen) mitgeteilt72. Hingegen werden dieeinzelnen Episoden (oder Episodenbestandteile) oft in einrelativ genaues, meist jedoch frei erfundenes Zeitverhältnis zueinander gesetzt: So lebt Marc Aurel nach seiner Totenbettrede noch eine Nacht undeinen Tag, die Prätorianer schliessen sich nach der Ermordung des Pertinax für „ ein oder zwei Tage“in ihr Lager ein, oder Maximinus wartet nach seiner Feldherrenrede noch einen Tag, bevor er nach Italien aufbricht73. Dieses Verfahren dient einerseits der Erzeugung vonAnschaulichkeit undandererseits dazu, denEindruck vonVollständigkeit undGenauigkeit zuerwecken undsodieAutorität desHistorikers zuunterstreichen74. Auchdieses Erfinden vonplausiblen Details gerade wasZahlenangaben betrifft, isteinCharakteristikum derganzen antiken Historiographie undwirdeinzig vonPolybios ausdrücklich zurückgewiesen75. Mitdieser Mischung vonvager allgemeiner Chronologie undPseudo-Genauigkeit imKleinen greift Herodian ein Verfahren auf, wiees innoch stärkerem Masse typisch ist fürXenophons Kyrupädie76,

70 Dies gilt umso mehr, als inzwischen kaummehr ernsthaft bestritten wird, dass Herodian das Geschichtswerk desCassius Dio, in demja die meisten dervondenKritikern bei Herodian

vermissten Details enthalten sind, gekannt undbenutzt hat; füreine kritische Diskussion der Benutzung Dios durch Herodian vgl. Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm.

2792. 19) 2780– 71 Vgl. Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm. 19)2815f. 72 Angaben zurRegierungsdauer in Kurznachrufen: 1,17,12 (Commodus); 3,15,3 (Severus; wiederholt in derkurzen einleitenden Rekapitulation zuBeginn des vierten Buches: 4,1,1 sowie

4,4,7); 4,13,8 (Caracalla); 5,8,10 (Elagabal); 6,9,8 (Alexander). Bisweilen begegnen Angaben zurRegierungsdauer eines Kaisers auchimEinleitungssatz zumBericht überdasEndeundden folgenden Machtwechsel: 2,4,5 (Pertinax); 5,3,1 (Macrinus). Altersangaben zuKaisern begegneneherselten: z.B. 5,3,3 (Alter Elagabals undAlexanders); 5,7,4 (Alter Elagabals undAlexanders); 7,5,2 (Alter Gordians I.) 8,8,8 (Alter Gordians III.); meist wird das Alter nurumschriein etwas vorgerücktem Alter“(2,1,9; 2,2,7; , undNiger „ ben: so steht Pertinax in „würdigem“ sind(1,3,1; 3,15,1), Maximus undBalbinus 2,4,5), Marc Aurel undSeverus sterben, alssie„alt“ sind „ Greise“(8,8,6; 8,8,8), beiJulian, Macrinus undMaximinus fehlt garjeglicher Hinweis. 73 Hdn. 1,4,7; 2,6,3,7,8,9; ähnliche Angaben auch 2,12,4; 4,14,1; 4,15,4; 6,9,3; 7,8,3; 8,4,4; 8,7,3 –dieListe liesse sichfastbeliebig verlängern; vgl. auchWidmer, Kaisertum (wie Anm.3), 61f.; Whittaker, Herodian (wie Anm.35), vol. 1,XLf. 74 Dies gilt auch etwa fürdieAngaben über diejeweiligen Tageszeiten; vgl. Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm. 19) 2789. 75 Polyb. 3,33,17; vgl. dazuT.P. Wiseman, Lying Historians: Seven Types of Mendacity, in: Chr. 146] Gill/T.P. Wiseman (Hrsg.), Lies andFiction in the Ancient World, Exeter 1993, [122– 141ff.

76 B. Due, Xenophon of Athens: The Cyropaedia, in: G. Schmeling, The Novel (wie Anm. 46) 599], 595: „ [581– The illusion of comprehensiveness is created bythree features 1) a tendency

Zeit undErzählperspektive inHerodians Geschichtswerk

159

aber auch in einer historiographischen Schrift wieSallusts Bellum lugurthinum begegnet77.

ZurimVergleich mitannalistischen Darstellungen stärkeren Selektion treten in Herodians Text weitere Mittel derzeitlichen Manipulation hinzu, welche derexakten Datierung dereinzelnen Ereignisse hinderlich sind. Dazu gehören namentlich dieGruppierung ähnlicher Ereignisse oderdasZusammenlegen mehrerer Ereignisseineincharakteristisches. SowirdetwainHerodians Darstellung –chronologisch unkorrekt –Severus’Kampf gegen seinen Rivalen Albinus inderDarstellung dem Partherkrieg, dessen beiden Kampagnen ebenfalls unkorrekterweise in eine zusammengelegt werden, vorgezogen –offenbar damit Severus’Wegandie Macht über dieAusschaltung dreier Gegenspieler ineiner durchlaufenden undstringenten Geschichte erzählt undineinen kommentierenden Rahmen eingeschlossen werden kann. Zugleich können so dieVerhaltensweisen derdrei Rivalen parallelisiert und mitjener desMachtmenschen Severus kontrastiert werden78. Ein anderes Beispiel für chronologische Vereinfachung ist die Zusammenziehung derbeiden Angriffe des Severus gegen Hatra in eine Belagerung79. Doch auch dieses Vorgehen liegt durchaus noch im Rahmen der in der antiken Historiographie üblichen Gepflogenheiten undist selbst in annalistischen Werken nicht aussergewöhnlich80. Die darstellerischen Zwecke, die durch solche chronologische Umstellung oder Konzentration erreicht werden können, sind imwesentlichen diegleichen, die sich mit gezielter Selektion, Ellipsen oder summarischem Bericht erzielen lassen: bessere Verständlichkeit durch Vereinfachung, Betonen von Gegensätzen oder Gemeinsamkeiten, Darstellung bestimmter Ereignisse als besonders wichtig oder umgekehrt als unbedeutend. Zusammenfassend kann Herodians Umgang mit derZeit als recht frei bezeichnet werden. Während Manipulationen wieUmstellungen undBündelungen imRahmen desauchinderAnnalistik Üblichen liegen, unterscheidet sich seinWerkvonletztererdurch eine grosse Zurückhaltung mitpräzisen chronologischen Angaben sowie

ingeneral togive veryvague chronological indications; 2) precise dating ofparticular episodes in relation to others ..., sometimes with exact information ot thetime of day; and3) compres. Diese drei sionof several events into oneparticular scene which stands forthegeneral pattern“ ‚features‘begegnen allesamt auchbei Herodian. 77 Vgl. G.M.Paul, AHistorical Commentary onSallust’s Bellum Jugurthinum, Liverpool 1984, 5; 43.

64. 3,7,8; vgl. Widmer, Kaisertum (wie Anm. 3) 62– 78 Hdn.2,11,1– 8; vgl. Whittaker, Herodian (wie Anm.35) XLIImitweiteren Beispielen. 79 Hdn.3,9,1– 80 Zu‚narrative dislocation‘undanderen Mitteln derchronologischen Manipulation imGeschichtswerk desThukydides vgl. S. Hornblower, Narratology andNarrative Techniques in Thucydi166] 140ff.; T.C.B. Rood, des, in: Ders. (Hrsg.), Greek Historiography, Oxford 1994, [131– Interpreting Thucydides: A Narratological Approach, D. phil. Oxford 1995 (noch nicht publiziert), 164ff. Zuchronologischen Bündelungen undUmstellungen bei Cassius Diovgl. Hose, Erneuerung (wie Anm.50) 441f.; Pelling, Biographical History? (wie Anm. 55) 132. Zuähnlichen Phänomenen bei Tacitus vgl. R. Syme, Tacitus, vol. 1, Oxford 1958, 390ff. ZurVerbreitung undAkzeptanz solcher Methoden chronologischer undanderer Abänderungen vorgefundener „ specific factual truth“ zumAufzeigen von„general truths“inderantiken Historiographie vgl. allgemein J.L. Moles, Truth andUntruth in Herodotus andThucydides, in: Chr. Gill/T.P. 121. Wiseman (Hrsg.), Lies andFiction (wie Anm.75) 88–

160

THOMAS HIDBER

durch eine stärkere Selektion desMaterials und–dadurch bedingt –auffälligeren Wechseln im Erzählrhythmus. Trotzdem kann das Vorgehen insgesamt als κ α τ ὰ ρ υ ό ν ο ςbezeichnet werden, alsdasesauchangekündigt ist. Denntrotz dererwähnχ tenpartiellen chronologischen Umstellungen unterscheidet sichdieDarstellung klar vonderrubrizierenden, thematischen Struktur desEnkomions oderderBiographie, wie sie etwa bei Sueton oder in derHistoria Augusta begegnet. Dazu gehört, dass Herodian –imGegensatz zudiesen Gattungen –aufeine Darstellung derKindheit undJugend der Kaiser weitgehend verzichtet81; es geht ihm offensichtlich nicht primär umdenLebenslauf derKaiser, sondern vorallem umderen Regierungszeit. So istes keinZufall, dassdasGliederungsprinzip imProömium nicht alsκ ό α τ ὰ ρ χ ίο υ ν ο υ , sondern alsκ α ς τ α ρ ὶβ ςκ ὰ ό χ ν ο υ ςκ α ὶδυνα σ τ εία ςangekündigt wird. Noch ein weiterer Unterschied zumGenos derBiographie hatsich gezeigt, nämlich das ausserordentlich grosse Darstellungsinteresse gerade fürdieMachtkämpfe unddie Machtwechsel bei gleichzeitig eher reduziertem Interesse für die eigentliche Regierungsausübung nachinnen82. Dies verunmöglicht zugleich dieAuflösung des Werkes in einzelne Viten (oder Romane) undträgt so in nicht geringem Masse zu dessen Einheit bei.

IV

Alseinzweiter Aspekt derherodianischen Erzähltechnik sollen imfolgenden Verwendung undFunktion derFokalisierung in diesem Text besprochen werden. Mit demnarratologischen Terminus Fokalisierung wird hier imSinne Gérard Genettes die (zeitweilige) Einschränkung des Erzählerblickfeldes auf dasBlickfeld einer am berichteten Geschehen beteiligten Person bezeichnet. Wird dabei auch die Innenwelt derFiguren sichtbar, kannvoninterner, andernfalls vonexterner Fokalisierung gesprochen werden83. Jeder Textkannmehroderweniger oderauchüberhaupt nicht 81 DieVorgeschichte derzukünftigen Herrscher wirdjeweils nurganz kurz beideren Einführung

82

5 (Niger); 2,9,2 (Severus); 2,15,1 (Albinus); 4,12,1 indenText gestreift: 2,1,4 (Pertinax); 2,7,4– (Macrinus); 6,8,1 (Maximinus); 7,5,2 (Gordian I.); 7,10,4 (Maximus undBalbinus); Commodus, Caracalla, Geta, Elagabal undSeverus Alexander, dieschon während derRegierung ihrer jeweiligen Vorgänger demHofangehören, werden allmählich undübermehrere Etappen eingeführt. ZurBedeutung derDarstellung derKindheit undJugend vorallem imEnkomion undin der‚biographical novel‘nachdemModell vonXenophons Kyrupädie vgl. Chr. Pelling, ChildhoodandPersonality inGreek Biography, in: Ders. (Hrsg.), Characterization andIndividuality 244. in Greek Literature, Oxford 1990, 213– Das Darstellungsinteresse der historischen Biographien in der Tradition Suetons ist dagegen Sitten, Institutionen, Zustände“ weniger auf Kriege undMachtkämpfe als vielmehr auf die „ inwelcher Weise die ... Kaiser indieser Hinsicht Vergerichtet undbesonders aufdieFrage, „ änderungen, sei es zumGuten oder Schlechten, herbeigeführt haben“(Dihle, Entstehung [wie

Anm. 50] 38). 224; G. Genette, Nouveau discours durécit, Paris 83 Vgl. Genette, Figures III (wie Anm.56) 203– 52. InMieke Bals Konzept derFokalisierung, welches inderKlassischen Philologie 1983, 43– vorallem durch dieArbeiten Irene DeJongs bekannt geworden ist, entspricht dashierGemeinte 161undI.J.F. DeJong, ; vgl. Bal, Narratology (wie Anm.56) 142– der„embedded focalization“ Between Word andDeed: Hidden Thoughts in the Odyssey, in: I.J.F. De Jong/J.P. Sullivan

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fokalisiert sein, unddasgilt auch für historiographische Texte: So weist etwa das Breviarium desEutrop durchgehend eine ‚Null-Fokalisierung‘ auf, während sich beispielsweise beiThukydides oderSallust zahlreiche Passagen finden, welche das Geschehen, wiees sich imBlickfeld einer derhandelnden Personen abspielt, wiedergeben84. Herodians Text weist recht viele, allerdings meist nurkurze fokalisierte Passagen auf, wobei die Personen imFokus natürlich immer wieder andere sind, d.h. mankannsagen, derText seiinsgesamt variabel fokalisiert –wasaufs Ganze gesehenallerdings auf eine Null-Fokalisierung hinausläuft: denn werausallen möglichen Blickwinkeln erzählen kann, ist letztlich ein allwissender Erzähler85. Ein kurzer Überblick magAufschluss über die häufigsten Typen undFunktionen von fokalisierten Passagen geben.

Eine erste undoffensichtliche Funktion der(internen) Fokalisierung besteht darin, einerseits dieWirkung bestimmter Ereignisse aufbestimmte Personen undandererseits dieeigentlichen undunausgesprochenen Motive derAkteure vorAugen führenzukönnen. Dies gelingt Herodian umsomehr, alsbeiihm–imGegensatz etwa η kaumeine Rolle spieχ ύ zuCassius Dio–übermenschliche Instanzen wiedie τ psychologisierende Darlen86. Ein Resultat davon ist, was Friedhelm Müller „ stellungsweise“nennt87. Diese ist als solche aber nicht Selbstzweck, sondern dient dazu, demLeser dasberichtete Geschehen ausderSicht derhandelnden oderbetroffenen Personen verständlich zumachen: WennwiretwadieSerie derAnschläge auf Commodus ausdessen Sicht miterleben undsehen, wie ihndies zunehmend dem Senat entfremdet undüberhaupt misstrauisch undvergrämt macht, wundern wiruns weniger, dass dieser Kaiser mehrundmehr ineinen Wahngerät undsich schliesslich nurnochinderArena wohlfühlt88. Inähnlicher Weise werden dieGrausamkeiteneines Maximinus wenigstens teilweise erklärbar, wennwirsehen, wie ihndie ständigen Usurpationen immer mehrverbittern89. Auchdiezunehmende Unlust und Verärgerung derTruppen desMaximinus wirdimmer greifbarer, je länger dasBlickfeld derErzählung aufdie Perspektive dervordenMauern Aquileias blockierten Belagerungsarmee eingeschränkt ist90. Leichter durchschaubar wirddieGeschichte auchdadurch, dass oft diegleichen Handlungsmotive wiederkehren. Dazugehören neben dereben genannten Verbitterung Furcht undSchrecken91, Genussucht und besonders Geldgier unddas Streben nach Einfluss, Macht undAlleinherrschaft, (Hrsg.), Modern Critical Theory andClasssical Literature, Leiden/New York/Köln 1994, [27– 50]29: „Embedded focalization is thesituation inwhich aprimary narrator-focalizer represents in thenarrator-text theperceptions, thoughts, emotions, orwords (indirect speech) of charac. Aufeineweitere Differenzierung derTerminologie kanninunserem Zusammenhang verters“ zichtet werden.

84 ZuThukydides vgl. Rood, Interpreting Thucydides (wie Anm. 80) 51ff. 85 Vgl. Genette, Nouveau discours (wie Anm.83) 48f. 86 Vgl. Widmer, Kaisertum (wie Anm.3) 59f. 87 Müller, Herodian (wie Anm. 25) 18. 88 Hdn. 1,8,1–1,15,9 (vgl. bes. 1,8,7; 1,13,7f.). 8,5,9 (vgl. bes. 7,1,12; 7,8,1). 89 Hdn. 7,1,5– 8,6,4. 90 Hdn. 8,2,1– 2952. 91 I. Opelt, Furcht undSchrecken beiHerodian, ANRWII.34.4, 1998, 2928–

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womit nicht nurdieTaten eines Attentäters wiePerennius, sondern sogar dasTreiben des Räuberhauptmanns Maternus erklärt werden92. So gut wie keine Rolle hingegen spielt einMotiv, welches fürantike Romane oftvongrosser, fürdie‚idealisierenden‘Romane garvonzentraler Bedeutung ist: Eros –dieLiebe93. Eine andere wichtige Aufgabe derFokalisierung besteht in derAntizipierung zukünftiger Entwicklungen unddamit zugleich im Erzeugen von Spannung beim Leser. So bereiten die Sorgen undGedanken Marc Aurels undschliesslich seine

Sterbebettrede bereits auf das zukünftige Schicksal seines jungen Sohnes vor94. Damit liegt vonAnfang aneinSchatten aufderRegierung desCommodus, undder aufmerksame Leser lässt sich durch denvielversprechenden Beginn desneuen Kaisers nicht täuschen, sondern fühlt sich bestätigt, wenndieSorgen Marc Aurels sich allmählich alle bewahrheiten undCommodus sich tatsächlich aufgrund seiner Jugend leicht verführen lässt. In ganz ähnlicher Weise wird später ausderSicht des Septimius Severus das nach seinem Tod zu erwartende Geschehen vorweggenommen: derAntagonismus seiner Söhne undihrausschweifender Lebensstil werdenzunächst in Erwägungen des sich sorgenden Vaters exponiert undentwickelt, undsein warnender Hinweis auffrühere Geschichten vonBruderzwisten, dieböse enden, nimmt bereits dieabschliessende Katastrophe derErmordung Getas vorweg; als Severus Hilfegesuche des Statthalters vonBritannien erreichen, geht er gerne darauf ein, nicht nurumeinen weiteren Siegestitel zuerlangen, sondern auch und vorallem deshalb, umseine Söhne ausRomfortzuschaffen undsieaufdemFeldzug wieder zurVernunft zubringen. DasDenken undHandeln des Kaisers ist immer mehr fast ausschliesslich aufdenZwist unter seinen Söhnen ausgerichtet, undam Schluss stirbt er sogar „ vorallem ausBetrübnis“darüber95. Auchdurch dieFokalisierung aufJulia Maesa wirdeine solche antizipierende Wirkung erzielt: Sie ist es, welche sich noch imOsten umdieAufnahme ihres Enkels Elagabal in Romsorgt, undsie ist es auch, die über sein weibisches Auftreten unddessen geringe Akzeptanz beimMilitär schliesslich so sehr beunruhigt ist, dass sie aufihren anderen Enkel, Severus Alexander, zu setzen beginnt, bis dieser schliesslich vor allem dank

92 Hdn. 1,9,1; 1,10,3; Streben nach derAlleinherrschaft etwa auch 1,12,3

93

(Cleander); 2,7,6 (Niger); 2,9,3 (Severus); 3,11,1f. (Plautian); 3,15,1ff. (Caracalla); 5,7,1 (Maesa); 6,1,5 (Mamaea); 7,1,3 (Maximinus); 7,5,7 (Gordian I.); 7,9,11 (Capellianus); 8,8,4 (Maximus undBalbinus). Geldgier z.B: 1,8,2 (Perennius); 1,12,3 (Cleander); 3,8,7 (Severus); 3,10,6 (Plautian); 6,1,8; 6,9,8 (Mamaea); 7,3,3ff. (Maximinus); Geldgier ist zudem einzentrales Motiv derSoldaten – vgl. Anm. 105. Vgl. auch die Beispiele von Motiven in Herodians Werk bei Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm. 19) 2820 Anm. 215. Liebe als wichtiges Motiv begegnet ausser inden‚idealiserenden‘Romanen etwa auch inden ‚historischen‘Romanen über Ninos undSesonchosis; selbst in einem reisefabulistischen Romanwiedie Wunder jenseits vonThule desAntonius Diogenes spielt Eros eine –wennauch vergleichsweise eher untergeordnete –Rolle. ZurBedeutung desErotischen in denViten Suetons vgl. H. Gugel, Studien zurbiographischen Technik Suetons, Wien/Köln/Graz 1977, 73–

95. 1,4,6. 94 Hdn. 1,3,1– 95 Hdn.3,15,2. ZurEntwicklung desbedenklichen Lebenswandels seiner Söhne undihres Bruder8; 3,13,1– 3,15,2 (bes. 3,10,2f.; 3,10,5– zwistes ausderPerspektive desSeverus vgl. Hdn.3,10,3– 5; 3,14,2).

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ihrer Umsicht aufdenThron gelangt96. Inall diesen Fällen wirddurch eine entsprechende Fokalisierung eine Kaiserherrschaft schon vonallem Anfang anmitVorausdeutungen auf dasjeweilige Ende überschattet. Dies gilt in etwas anderer Weise auch fürMacrinus: Bei dessen allererster Erwähnung imText werden bereits seine ρ ία ν ν α δ ἀ undseine Putzsucht vonCaracalla kritisch beargwöhnt97. DerLeser, der die Gedanken der Soldaten inzwischen zur Genüge kennt, hat damit von Beginn wegeinen klaren Hinweis, dass es Macrinus als Kaiser wohl nicht weit bringen wird. Diese antizipierenden Fokalisierungen verschaffen demLeser einen Informationsvorsprung, mitdessen Hilfe erdaszukünftige Geschehen besser verstehen und sich selber als gewissermassen souveräner Beobachter über demhistorischen Geschehen stehend fühlen kann98. Diese Beispiele zeigen auch, dass die alte, immer noch verbreitete These, wonach jede Regierungszeit in derDarstellung Herodians inzweischarf getrennte Teile zerfalle, nämlich ineinen auf-undeinen absteigenden Teil, so nicht haltbar ist99. Einweiterer erzählerischer Vorteil vonFokalisierung, denHerodian sehr wohl γ ε ια , d.h.lebendiger Anschaulichρ ά ν auszunutzen versteht, ist dasErzeugen vonἐ keit. Denn ein Geschehen kann lebendiger beschrieben werden, wenn es wie von einem Augenzeugen geschildert wirdundderLeser sogewissermassen selber daran teilhat. Diese Technik wird von der antiken Rhetorik empfohlen, undQuintilian erlaubt hier sogar ausdrücklich dasHinzuerfinden vonplausiblen Details100. So erlebt Herodians Leser etwa denEinzug desCommodus in Romausder Sicht der damaligen Bewohner derHaupstadt, erbetrachtet dieekstatischen Tänze desElagabal mit denkritischen Augen derzuschauenden Soldaten, er sieht mitdenAugen des Severus Alexander imMorgengrauen amHorizont denStaub aufwirbeln und vernimmt die lauter werdenden Hufschläge derherannahenden undtodbringenden Truppen desMaximinus, odererbetrachtet gewissermassen vonunten dieMauern Aquileias ausderSicht derzunehmend frustrierten Belagerer101. Herodian verwendetdiese Technik auch, umPersonen gleich bei ihrer ersten Erwähnung imText zu charakterisieren: So trifft der Leser gleichsam zusammen mit denBoten, die die Nachricht überbringen, die Prätorianer böten das Kaisertum demMeistbietenden an,bei einem Gelage aufdenbetrunkenen Julian, oderer findet zusammen mitden ausgesandten Boten desSenats denkleinen Gordian zuHause beimSpielen102. Auf 5,8,10 (bes. 5,5,5; 5,7,1f.; 5,8,3f.). 96 Hdn.5,5,5– 97 Hdn. 4,12,1f. 98 Vgl. auch Sidebottom, Herodian’s Historical Methods (wie Anm. 19) 2819f. 234] 182; vgl. 99 K. Fuchs, Beiträge zurKritik Herodians (IV. –VIII. Buch), WS 18, 1896, [180– auch Stein, Dexippus (wie Anm.49) 107; Widmer, Kaisertum (wie Anm. 3) 15. 71. Problematisch sinddeshalb Rückschlüsse vonderAnschaulichkeit 65; 8,3,61– 100 Quint. 4,2,63– einer Passage aufdie Quellen wiebei Dändliker, Die drei letzten Bücher (Anm. 40) 273 hinVergegenwärtigt mansich sichtlich der Schilderung vonMaximinus’ Zuggegen Aquileia: „ diese Anschaulichkeit derSchilderung, diegenauen Einzelheiten derDarstellung unddazunoch denUmstand, dassmangleichsam Erlebnisse vonMaximins Heere erzählen hört, somussman sich sagen, dass Herodian vonLeuten eben ausMaximins Heere sich die Dinge haterzählen lassen.“ 8,6,4. 101 Hdn. 1,8,3f.; 5,3,8f.; 6,9,3; 8,3,1–

102 Hdn.2,6,6f.; 7,10,8.

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diese Weise wird schon bei derersten Begegnung imText ein fürdie weitere Darstellung derzukünftigen Kaiser besonders wichtiges Motiv eingeführt. Charakteristisch anHerodians Erzählperspektive ist, dass er oft dieselben Personen undEntwicklungen ausverschiedenen Blickwinkeln schildert: Sowerden die Hauptcharaktereigenschaften dereinzelnen Kaiser baldausderSicht ihrer Vorgänger, bald ausjener der Soldaten undbald ausjener des Volkes geschildert, zeigen sich inihren eigenen Aussagen undTaten undwerden schliesslich immer auchvom auktorialen Erzähler noch explizit gemacht. So stellt Herodian etwa als eine der Haupteigenschaften desSeptimius Severus dessen Falschheit wiefolgt heraus: Zuerst weist er in einer auktorialen Bemerkung selber daraufhin. Anschliessend lässt ereine Rede desKaisers vonerfahrenen Zuhörern beurteilen, diedieTrughaftigkeit desGesagten durchschauen. Severus’Verschlagenheit zeigt sich dannauch inTaten, zunächst inderÜberlistung derPrätorianer unddanach inseinem falschen Spiel mitAlbinus. In einer weiteren Rede, inwelcher derKaiser denAlbinus desWortbruchs undder Undankbarkeit zeiht, wird die Falschheit des Severus demLeser nochmals vorAugen geführt, derja weiss, wertatsächlich alserster dasBündnis in unlauterer Absicht brechen wollte. DieFreunde desAlbinus warnen nundiesen vor derFalschheit desGegenspielers, undAlbinus verstärkt schliesslich seine Leibwache, weil er inzwischen daswahre Wesen desSeverus ebenfalls kennt103. So ergibt sich durch ergänzende Variierungen des Themas ein kohärentes Bild, undwenn endlich alle amGeschehen Beteiligten wissen, wasderLeser schon vonAnfang an weiss, kann sich dieser einmal mehr bestätigt fühlen, dass er die Geschichte im Griff

hat.

Ähnliche Bezugssysteme vonFokalisierungen, direkten Reden undauktorialen Bemerkungen finden sich auchzuübergreifenden, imganzen Werkimmer wiederkehrenden Themen: Zudiesen gehört etwadasschon imProömium angesprochene Problem der allzu jugendlichen Kaiser, die Frage derNachfolge auf denKaiserthron oderdiezunehmende Habgier undRespektlosigkeit derPrätorianer. Dieskann hier nurkurzangedeutet werden: WennCommodus inseiner Antrittsrede stolz darauf verweist, dass derPurpur fürihnschon bei derGeburt bereitgelegen habe, so wirdderLeser unweigerlich daran zurückdenken, wenner sieht, wiesich die Söhne desSeverus in eine ganz ähnliche Richtung entwickeln, under wirdvonMacrinus sogar explizit daran erinnert, wodieser in seinem Brief andenSenat seine eigene bescheidene Herkunft ausdemRitterstand mitderrhetorischen Frage rechtfertigt, wasdenn demCommodus unddemCaracalla ihre edle Abkunft genützt habe. So wird es demLeser später auch eher suspekt vorkommen, dass dasVolk nach der Wahl des Maximus undBalbinus auf einem Sprössling derFamilie Gordians als Mitregent beharrt104. DasThema derzunehmenden Habgier undUngehorsamkeit derPrätorianer wirdnachderErmordung desPertinax unddemVerkauf desKaisertums anJulian in einer auktorialen Bemerkung als einLeitmotiv vorgegeben, und erscheint imfolgenden immer wieder in derPerspektive vonKaisern, diedasHeer 3,7,8. 103 Hdn. 2,9,1–

104 Hdn. 1,5,5 (Antrittsrede des Commodus); 5,1,5–8 (Brief des Macrinus); 7,10,6 (das Volk verlangt einen Kaiser ausdemHause Gordians); vgl. auch Widmer, Kaisertum (wie Anm. 3), 16– 18; Marasco, Erodiano (wie Anm. 2) 2863–2868.

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mitGeldzugewinnen suchen bzw.vonSoldaten, dienachmehrGeldundEinfluss So wird dasMotiv in variabler Fokalisierung weiterentwickelt, bis es schliesslich amWerkende indergrausamen Folterung undErmordung derSenatskaiser Maximus undBalbinus sowie der Erhebung desjüngsten aller bisherigen jugendlicher Kaiser, Gordian III., gipfelt106. Damit kommen dortzweiüberdasganzeWerkentwickelte Themen –ebendieProblematik derjugendlichen Kaiser bzw. des zunehmenden Ungehorsams undder wachsenden Macht der Prätorianer –zu einem doch recht fulminanten Höhepunkt107. Auch deshalb erscheint derjetzige Endpunkt desWerkes als durchaus überzeugend: Allmähliche Entwicklungen, die ihre theoretische Klimax undihrEndziel erreicht haben, weisen eine beträchtliche ‚closural force‘aufundvermitteln einen starken Eindruck eines Endes. Herodian setzt die Fokalisierung also recht geschickt ein, umseine Interpretationen deshistorischen Geschehens ineinem kohärenten Gesamtbild von60 Jahrenzeitgenössischer Kaisergeschichte darzulegen. Andererseits sind es wohl nicht zuletzt diefokalisierten Passagen, dieihmdenVorwurf eingetragen haben, einRomanschriftsteller zusein. DochFokalisierung hatmitdemGenos nurwenig zutun: trachten105.

105 Hdn. 2,6,14: τ ητ ὰ τ ρ η ά ό θ ,κ τ ά ῶ εδ νστρα τ ρ ῶ τ α νὑπ θ α τ ο ὲκ ο διεφ ιω ὶπ ὶχρημ ω τ νἐδ ῶ νἤ ιη σ ρ μ ία νκατα ίντ νἐπ φ ό ν η ετ νκ α ρ ὰ ιθ σ τ ῆ ὶα υ ο ἰσ χ λ νἄπ ςπ ρ η α ὸ σ ςτ ο θ ὺ δ ά χ ςἄρχον τ α ςα ἰβ ῷ α σ ῷ ῳ τ ἐπ ιλ ή τ εξ ικ μ ετ έν η ο ο ῖςοὕ ιςἐ μ φ ν ιέ ό μ τ ή ῶ ρ ν ω τ ν α ςτετολμ ε ςὠ γ ὰ ιτιν ῦ ά δ ο ,μ .τ ὸ ς ὴ νοὕ α τ ω τ εῖσ σ ικηρυχθ ρ επ ῶ α νκ ςἀπ ρ α α ὴ θ εῖσ ὶπ ςἐ νεἶν π ὶχρήμ χ α νἀρ α ιτ νκω ὸ λ ύ ν ο τ α , γ νκ ὸ η α ὶα ρ επ ἴτ ιο νἀπ ρ ο χ ῦ ἀ α ο ῦ ςκ ὶἀ π ειθ ςκαταστά σ ω ε α ὶἐ ετ ςκ έν ν τ α ἐγ ο ,ἀ ςτ ὰ ἐπ ιό ε ὶ ή σ ε ω ρ ο ν ρ ιςαἵμ φ α μ α τ ςκ ὐ τ ία έχ α α ρ χ ω ν κ τ α τ όν α τ α ςκ ὶτῆ ο ὶμ η ςτ ν ῶ ἀ ςαὐ η ρ ξ χ ο ο ιλ ῆ ςφ ῖςτ η θ είσ . Zurweiteren Entwicklung dieses Themas vgl. etwa 3,15,5 und4,4,7 (Caracalla verς sucht dasHeerzubestechen); 4,11,7 (Caracalla erlaubt denSoldaten Plünderungen); 5,2,6 (Soldaten suchen einen Vorwand zurBeseitigung desMacrinus); 5,3,11 (Maesa lockt dieSoldaten mitGeld); 5,4,1f. (Soldaten lassen sich durch die Aussicht aufGeld derMaesa locken); 5,4,3 (Rebellen Elagabals werben Abtrünnige mit Säcken von Geld als „ Zaubermittel“ ); 5,8,3 (Mamaea stiftet heimlich Geld); 6,6,4 (Alexander tröstet die Soldaten mitGeld); 6,8,4 (Soldaten schwenken zuMaximinus über, weil dessen künftige Regierung mehr Geld verspricht); 7,6,4 (Gordian I. verspricht einsohohes Donativ wienoch niemand); 7,8,9 (Maximinus verteilt denSoldaten Geld vordemAbmarsch nach Italien); 7,9,11 (Capellianus erlaubt Soldaten Plünderungen, umsie fürsich zugewinnen); 8,7,3 (Die Soldaten sind verärgert, dass statt des von ihnen erkorenen Kaisers zwei Senatskaiser regieren); 8,7,7 (Maximus verspricht einhohes Donativ).

8. 106 Hdn. 8,8,1– 107 Die Altersangabe imletzten Paragraphen desWerkes erhält dadurch noch stärkeres Gewicht, dass mit Gordian III. –zusammen mit Severus Alexander –derjüngste Kaiser nicht nurvon Herodians Berichtperiode, sondern überhaupt desganzen bisherigen Prinzipats denThron besteigt. Der Leser magsich hier auch erinnern, dass Gordian bei seiner ersten Erwähnung im Text anlässlich derErhebung zumCaesar „ zuHause beimSpielen“angetroffen wurde (7,10,7f.). ImProömium wirddasThema desAlters derKaiser undinsbesondere dieProblematik derallzu jung aufdenThron gelangten Herrscher prominent angekündigt: μ ἡ μ Ῥ α ίω ν ω ρ θ γ ὰ ισ εῖσ ερ α ν ν τ ὴ ὲ ρ ο ὴ ἱμ γ ὰ ν ἐ ρ χ ἔτ ν ἀ ω ε τ σ τ ιν κ ν ρ ό ε ἑξ ή ν ο α ο ῄ ι, ... τού τ ἐ ὁ ςἀπ χ ςπ λ είο υ α τ ςδυνάσ ςἢ ἡ λ ικ ία ν π ρ εσ β ύ τ ερ ο ιδ α μ ν τ εκ ιὰ ελ ὶτ ν ά τ υ τ ῶ τ ο ν ἑα τ ν ἐπ έσ ῶ ν π γ ω ὴ ιμ ερ ἐμ ειρ ία τ ρ ν α ν ῶ π μ υ ό τ ερ η ο νβιώ ν(Hdn. α σ σ ν μ α τ ε ο τ ςπ ό α ιν λ λ ο ἐκ ὰ α ῇν ν ,ο έ κ η ό ο ιδ ιῥᾳθ νἦρξ ω ἱδ ὲκομ ὑ π 1,1,5f.). Danach wird das Thema der Gefährdung allzu jugendlicher Kaiser gleich in Sorgen 5) undüber dasganze Werk weiterentwickelt, wobei besonders Marc Aurels exponiert (1,3,1– Caracalla undGeta, Elagabal undSeverus Alexander betroffen sind; vgl. Widmer, Kaisertum (wie Anm. 3) 19.

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Ein Roman braucht durchaus nicht so stark fokalisiert zusein wieetwa Heliodors Aithiopika, sondern kann auch nurwenig fokalisiert sein wieCharitons Kallirhoe oder gardurchgehend Null-Fokalisierung aufweisen wieXenophons Ephesiaka108. Undumgekehrt ist, wieschon angedeutet, in derantiken Historiographie die Verwendung fokalisierter Passagen durchaus nicht aussergewöhnlich109. Alsanstössig anderFokalisierung wirdseit dem19.Jh. aberdieTatsache empfunden, dassdiesen Passagen in denseltensten Fällen Quellen zugrunde liegen, sondern Interpretationendes Verfassers. Aber gerade dasermöglicht demantiken Historiker eben ein kohärentes undplausibles Bild einer bestimmten Periode zuzeichnen unddemLeser dashistorische Geschehen ausderSicht derhandelnden Personen anschaulich undbegreifbar zumachen. V DasWerk Herodians ist einBeispiel dafür, wiesich inderKaiserzeit

verschiedene Prosa-Gattungen (Historiographie, Biographie, Enkomion, Roman) zunehmend überlappen undkreuzen110: Insbesondere wird gerade andiesem Text derEinfluss des Biographischen deutlich: Neben denerwähnten formalen Elementen ist hier etwa zubedenken, dass ausser denKaisern fast nursolche Personen alsIndividuen in Erscheinung treten, die den Kaiser stürzen wollen und/ oder selber nach der höchsten Macht streben. Wieschon verschiedentlich gezeigt worden ist, ist daszunehmende Interesse amBiographischen eine allgemeine Erscheinung der kaiserzeitlichen Historiographie undhatviel mitdenpolitischen Strukturen derMonarchie zutun111. Herodian zieht daraus dieKonsequenzen undgibt –anders alsTacitusundCassius Dio–dasannalistische Prinzip ganz auf, wassich ineiner freieren Episodenstruktur desWerkes niederschlägt112. Trotzdem gibt es keinen Grund, diesen Text nicht als das ernstzunehmen, als waser im nach demthukydideischen Vorbild gestalteten Proömium angekündigt ist, nämlich als eine Form vonZeitge-

108 Vgl. M.Fusillo, Modern Critical Theories andtheAncient Novel, in: Schmeling (Hrsg.), The 288. 305] 281– Novel (wie Anm.46) [277– 109 So erinnert etwadieArtundWeise, wiedieProblematik desallzu jungen Commodus ausder Sicht dessterbenden Marc Aurel präsentiert wird, nicht wenig andenkritischen Blick desalten 9). ZuThukydides vgl. Königs Micipsa auf seinen Thronfolger Iugurtha bei Sallust (lug. 6– Rood, Interpreting Thucydides (wie Anm. 80) 51ff. Dienarratologische Untersuchung antiker historiographischer Texte steht erst indenAnfängen. 110 Vgl. z.B. R.A. Burridge, WhataretheGospels? AComparison withGraeco-Roman Biography, 69. Cambridge 1992, pass. undbes. 65– 111 Vgl. etwa Dihle, Entstehung (wie Anm.50) pass.; S. Swain, Biography andBiographic inthe Literature of theRoman Empire, in: M.J. Edwards/S. Swain (Hrsg.), Portraits (wie Anm.55) 1– 37. 112 Natürlich sinddieVor- undNachteile desannalistischen Prinzips schon seit Cicero immer wiederdiskutiert worden, undeswurden auchandere Formen derDarstellung erprobt; einekommentierte Zusammenstellung dereinschlägigen Stellen findet sichjetzt beiP. Jal, Historiographie annalistique ethistoriographie thématique dansl’antiquité classique: Quelques remarques, REL 37. 75, 1997, 27–

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schichtsschreibung113. Die biographischen unddie‚romanhaften‘Züge, die in diesemText auszumachen sind –letztere vielleicht allerdings weniger als gemeinhin , machen ausdemGeschichtswerk noch keinen „Roman“undauch angenommen – keine biographische Sammlung114. Hingegen nutzt Herodian in seinem Werk, das

trotz seiner Episodenstruktur durch verschiedene Mittel zueiner Einheit verbunden ist undsich nicht in einzelne ‚Viten‘oder ‚Romane‘auflösen lässt, die zurVerfügung stehenden literarischen Techniken geschickt, um–ein durchaus historiograeine eigene Interpretation derMechanik derMacht imKaiphisches Unterfangen – serreich zupräsentieren.

90. 113 Zumthukydideischen Einfluss imProömium vgl. Stein, Dexippus (wie Anm.49) 76– As it is, weareconfronted witha 114 Vgl. imdiesen Sinne Swain, Biography (wie Anm. 111) 36: „ spread of biographical interests andtechniques across a broad bandof literature. It makes no sense tobelieve thatallof this canbesubsumed within biography. History of Church andState ; bezüglich desVerhältnisses zwischen Roman und continues toberecocgnizable ashistory ...“ Historiographie vgl. C.W. Müller, Der griechische Roman, in: E. Vogt (Hrsg.), Neues Hand412] 379: buch derLiteraturwissenschaft, II: Griechische Literatur, Wiesbaden 1981, [377– Wennaufderanderen Seite dieantike Historiographie inmanchen ihrer Erscheinungsformen „ eine aufUnterhaltung undRührung desLesers angelegte Darstellungsweise nicht verschmäht, so magmandergleichen ‚romanhaft‘nennen, doch selbst dieKumulierung solcher Tendenzen ergibt nochkeinen Roman.“

Hartwin Brandt (Chemnitz)

Dexipp unddie Geschichtsschreibung des3. Jh. n.Chr. Wereinen Beitrag zurGeschichtsschreibung desdritten nachchristlichen Jahrhunderts zuverfassen beabsichtigt, derweder vonCassius DionochvonHerodian handelnsoll, sieht sichdemProblem gegenüber, daßzwarviele Namen vonVerfassern historiographischer Werke, abernurkauminterpretierbare Reste dieser Texte selbst aufunsgekommen sind.1 Dexipp bildet indieser Hinsicht geradezu einen exzeptionellen Glücksfall, auch wenn seine bei Jacoby in denFragmenten griechischer Historiker kompilierten Überreste gerade einmal 26 Buchseiten einnehmen.2 Doch nicht nurdiese Überlieferungssituation magdazuberechtigen, demJubilar Ausführungen überDexipp zudedizieren, sondern aucheinwesentliches Charakteristikum derWerke Dexipps: Dieser hatnämlich annalistische Geschichtsschreibung betrieben, undsomit läßt sich eine Brücke schlagen zueinem Gebiet, aufdemK.-E. Petzoldmitgrundlegenden Arbeiten hervorgetreten ist, undzwarzurrömischen Annalistik vonihren Anfängen bis zuLivius. Dexipp ist nurein später Nachfahre dieser letztgenannten historiographischen Tradition, unddie geringen Reste seines Oeuvres sind natürlich vielbehandelt und guterforscht. Gleichwohl soll imfolgenden derVersuch unternommen werden, in einem knappen Überblick überPerson, WerkundWirkungshorizont Dexipps ander einen oder anderen Stelle einige neue Akzente zusetzen, unddiese Überlegungen sind in fünf kurze Abschnitte gegliedert:

1. Dexipp als Politiker undZeitgenosse der‚Krise des3. Jahrhunderts.‘ 2. Kurzcharakteristik derWerke Dexipps. 3. Gesamtwürdigung derhistoriographischen Konzeption Dexipps. 4. Die Stellung Dexipps im historiographischen Kontext des 3. Jhs. 5. Cassius DioundDexipp –eine Gegenüberstellung.

1 Ausgangspunkt jeglicher Beschäftigung mitDexipp muß, neben demeingehenden Studium dererhaltenen Werkreste, Fergus Millars Aufsatz ausdemJahr 1969 sein.3 Darin hat Millar die Familie des Historikers, ihre Rolle im kaiserzeitlichen Athen unddieKarriere Dexipps skizziert, wasvorallem durch mehrere Inschriften ermög-

1 2

3

Vgl. auch die Bemerkungen zurQuellenlage indemneuesten einschlägigen Beitrag vonL.de Blois, Emperor andEmpire intheWorks of Greek-speaking Authors of theThird Century A.D., ANRW II 34.4, 1998, 3393. FGrHist 100 (S.454– 480). F.Millar, P.Herennius Dexippus: The Greek World andthe Third-Century Invasions, JRS 59, 29. 1969, 12–

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HARTWIN BRANDT

licht wird, dieauchverschiedene, leider nicht exakt datierbare Ehrenämter Dexipps auflisten.4 DieFamilie Dexipps, deren Wurzeln sich möglicherweise bis ins2. Jh. v.Chr. zurückverfolgen lassen, gehörte spätestens seit derMitte des2. Jhs. n.Chr. zurFührungsschicht Athens –seit dieser Zeit sind auch die tria nomina mit demnomen gentile Herennius fürdieFamilie belegt,5 dievorallem mitmehreren σ φ ισ ο τ α ίund demmit Eleusis verbundenen Posten des ἱεροκῆ ρ υ ξals Mitglied der kulturellen attischen Elite hervortritt. Besonders gutgreifbar wirddiese exponierte Stellung bei 175geborenen Vater Dexipps, P.Herennius Ptolemaeus, demwohlzwischen ca. 160– der nunauch in politisch herausragender Funktion begegnet; u.a. amtierte er als ρ υ ῆ ῆ ξτ ῆ ρ είο ς , bekleidete also einen derbeiden wichtigsten ςἐ γ κ υ ο ᾽Α π υβουλ ά ξ politischen Posten imkaiserzeitlichen Athen; ferner fungierte eralsPolemarch und 205 geboren undkaum vorder Agonothet. Dexipp selbst, wahrscheinlich ca. 200– ρ ά τ ιMitte der270er Jahre gestorben, ist durch dasinschriftlich belegte Attribut κ σ τ ο ςmöglicherweise alsAngehöriger desRitterstandes ausgewiesen.6 Ertrat indie Fußstapfen seines Vaters: Neben kultischen Ämtern –derAgonothesie derGroßen Panathenäen unddernach Eleusis weisenden Panegyriarchie –ist vorallem seine Bekleidung deseponymen Archontats inAthen herauszustreichen. Besonderes Interesse verdient eine heute imPariser Louvre befindliche, wahrscheinlich in dieJahre 269/270 zudatierende Inschrift, dieaufderBasis einer von seinen Kindern in öffentlichem Auftrag gesetzten Ehrenstatue Dexipps steht:7

ῆ ςτ ῶ ν ψ λ ν ῆ ᾽κ ῆ α α ςκ ςβου ὶ ὶτ λ μ α ῆ τ η γ ςἐ ο υβου ρ ίο υ π ά τ ξ ᾽Α τ ὰ τ ὸἐπ ερώ Κ α θ μ έτ ο α ις εσ έω ιλ ςἐ νθ σ ο η ν ῦβα α μ ίω ντ ο υτ ὴ ντ ο νἄρξα ὸ ῦἈθ τ ν α τ τ ο ῦδή ή σ α ρ ρ ν χ ια τ ακ γ υ α η ὶ α ν ὶπ α νκ ὴ χ μ νἀρ ο ὴ α ὶ ἄρξα νκ ὴ νἐπ υ ν ν τ ατ ώ χ ρ ἀ ῆΠ ό . γ ν α π α α έ ε νἱερ θ νοἴκο ίω η α ν ά λ ω νΠ α θ ή ν α σ α ν εγ α τ τ ῶ νμ γ ω ν οθ ετ ἀ φ ρ έ ετ α ῆ ἀ ρ α κ α ο ὶσυνγρα ς μ ειο νῥήτ ,τ ν ὸ ρ ρ έ ν .Δ Ἑ έξ ίο α υἝ ιπ π νΠ τ λ ο ο εμ ε . ῖδ ς α ἱπ ο α κ ε ἕν υ ο τ ς τ ίσ β ο υ λ α ῖσ ικρα θ ο ισ ύ ικ α ὶἐ ν κ ῇ α ὶμ κ Ἀ λ , ρ ο π ίη είτ κ λ ο είν τ α υ α οΚ εκ γ ρ α ςγ ςἀ ἄ ν δ ή α σ ς ρ θ ν ἐσ α ίη ,ὃ ν έξ ο ςἱστορ ιπ π ὶΔ α κ α ν ν ὧ ἕ ρ α . σ ε ν ρ εκ έ ω ςἔφ ν ἀ ὴ τ α ο ἰῶ ν ςδολιχ έξ λ α α ς ν ἀ ω ν λ κβύβ ᾽ἐ μ ὲ να ὐ τ δ κ ὸ ὰ α ςἐπ ε ,τ ὶτ ῖδ ὰ ε ό . ν ςἀτραπ ρ ίη ν ἱσ τ ο ίη ο τ ν α α οπ ρ τ εὕ ἦ μ έ γ α κ λ ειν ὸ ρ ςἀ ή ,ὃ μ α ν μ ςν ρ ίο ν υ ὄ ο ῦἄ π ομ . ν ή θ ε α ξ ια ςἐξέμ ρ υ ίο ςπ α τ είν ςχρον ἐκ ημ ή μ φ ὲ ν π ω ὴ ς ερ ίβ τ ο θ ςἀ ν ᾽Ἑ λ ν ὴ λ ὁνεαν ά δ ,τ α 4 5 6 7

Ergänzungen zuMillar undeine komplette Liste derepigraphischen Evidenz bietet E.Kape172. tanopoulos, TheFamily of Dexippos I Hermeios, ArchEph1972, 133– Kapetanopoulos, Family (wie Anm.4) 159 bringt die Verleihung desrömischen Bürgerrechts andieFamilie Dexipps mitdemum98 n.Chr. alsProkonsul vonAchaia belegten L.Herennius Saturninus inVerbindung. IG II2 3670; vgl. Millar, Dexippus (wie Anm.3) 20. IG II2 3669 (danach auch die vorliegende Textfassung); vgl. dazu undzurDatierung Millar, Dexippus (wie Anm.3) 21 sowie zuletzt A.Chaniotis, Historie undHistoriker in dengriechischen Inschriften (HABES 4), Stuttgart 1988, 325f.

Dexipp unddie Geschichtsschreibung des 3. Jh. n.Chr.

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᾽ἱσ . ρ ίῃ τ ῳ δ α ἶν ο ο ῶ κ εξίπ π ε ςΔ νἐφ α δ ὲκ ὶπ α α κ ρ ῖδ γ ά κ ν ε λ γ α τ ο ὔ ε εν ειτ ῆ ςἀ ετ ο ν μ ο ρ φ ά εν τ α λ ίθ ο υθ ῆ κ μ α μ εν ν ό ειβ ἀ ο ι. τ ρundσυγγ ω Es fällt auf, daßDexipp in deneinleitenden Worten allein als ῥή ρ α φ ε ύ ςgeehrt wird–aufseine später nochzubehandelnde, ruhmreiche Rolle beider

Verteidigung Athens gegen die gotischen Heruler im Jahr 267/68 wird hier kein deutlicher Bezug genommen8 –unddas, obwohl die Inschrift zweifelsohne nach diesem Ereignis gesetzt worden sein muß,zumal in demEpigramm aufdenRuhm seiner zeitgeschichtlichen Werke hingewiesen wird, die nicht vordemJahr 270 publiziert worden sein dürften.9 Dasdemonstrative Herausstellen intellektueller Leistungen unter ebenso deutlicher Vernachlässigung der politisch-militärischen Verdienste des Geehrten gibt meines Erachtens einen signifikanten Hinweis auf das Selbstverständnis undden Wertekanon dieser Familie, die bezeichnenderweise nicht in den Senatorenstand undin die Reichselite aufgestiegen ist, ja dies womöglich niemals angestrebt hat. Wirtreffen mitdenHerennii aufAngehörige einer breiteren Elite,10 diesich offenbarbewußt vorallem alsTräger griechischer Kultur undTradition verstanden und ebenso bewußt denlokalen Rahmen desruhmreichen Athen nicht überschritten hat. Neben der erwähnten Belagerung Athens durch die Heruler hat Dexipp vielleicht nurnoch einmal persönliche Berührung mitdemgroßen Reichsgeschehen gehabt, undzwarbeieinem Besuch desKaisers Gallienus inAthen, denvorkurzem D.Armstrong mitguten Gründen postuliert undin dasJahr 264 datiert hat.11 Möglicherweise erlaubt dieser für das3. Jh. exzeptionelle Aufenthalt eines römischen Kaisers in Athen12 eine Antwort aufeine seinerzeit vonF.Millar gestellte, bislang freilich unbeantwortete Frage:13 Woher hatderanscheinend aufAthen als LebensundWirkungsraum beschränkte Dexipp seine Informationen vorallem überzeitgeschichtliche Begebenheiten bezogen? Eine ähnliche Frage stelle sich, soMillar, auch butheatleast wasa senator, largely inRomeandable tousethe fürCassius Dio–„

8 Vgl. dazuFGrHist 100 F 28 (der hier auftretende

9

10 11

12 13

Redner ist Dexipp selbst, s.u. Anm.52) und G.Fowden, City andMountain in Late Roman Attica, JHS 108, 1988, 50ff. T.Schmitz gibt (in einem Diskussionsbeitrag aufdemTübinger Kolloquium) zubedenken, daßindenersten beidenVersen desEpigramms, die in unverkennbar homerischem Kolorit gehalten seien, möglicherweise indirekt aufDexipps militärische Leistungen imKampf gegen dieHeruler angespielt )“erwiesen habe (ähnlich beῇ λ κ werde, daer sich als „ besonders vortrefflich anTapferkeit (ἀ reits derKommentar zuv.8indenIGII2p.159). Diese Erwägung istsehrplausibel undstützt im übrigen dieDatierung derInschrift indieJahre 269/270. In Athen warDexipps Chronik bereits bekannt, dennes istmitöffentlichen Lesungen voneinzelnen Partien oder auch mitTeilpublikationen zurechnen. Daher kanninderauf269/270 zu angespielt werden, auchwennDexipp diese, wie ίη ρ ο τ taxierenden Inschrift bereits aufseine ἱσ wirnoch sehen werden, erst nach270 beendet haben wird. Andere Vertreter dieser Gruppe macht Millar, Dexippus (wie Anm.3) 16ff. namhaft. 258; zustimmend etwa D.Armstrong, Gallienus in Athens. 264, ZPE 70, 1987, 235– B.Bleckmann, DieReichskrise desIII. Jahrhunderts inderspätantiken undbyzantinischen Geschichtsschreibung, München 1992, 200 A.153. Armstrong, Gallienus (wie Anm.11)235 A.1. Millar, Dexippus (wie Anm.3) 26.

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common knowledge of events available to all senators. Butwhatsources of information onevents in Thrace orPannonia were opento anAthenian whomwehave noreason tobelieve ever left hisnative city?“NunhatH.Halfmann zeigen können, daßzur(reisenden) Hofgesellschaft römischer Kaiser stets auchGelehrte, Literaten undKünstler gehörten; im2. Jh. finden wirbeispielsweise Dion vonPrusa imGefolge Trajans undAntonius Polemo unter denMitreisenden Hadrians in Kleinasien sowie im Ägäisraum.14 Es scheint daher durchaus denkbar, daßDexipp bei Gelegenheit desGallienus-Besuches inAthen zahlreiche Informationen auserster Hand erhielt, dieer dannin seinen Werken, denen wirunsnunzuwenden wollen, verarbeitete.

2 NachAusweis späterer Autoren hatDexipp dreiWerke verfaßt: eine universalhistorische, meist als „ Chronik“bezeichnete Darstellung, eine unter demTitel „ Skythigeführte Beschreibung derrömisch-germanischen Beziehungen sowie eine Geka“ schichte derDiadochenzeit: Τ μ ε τ ὰ ὰ Ἀ λ . έξ ρ ο ν α ν δ Dasletztgenannte, invierBücher gegliederte Werküberdiehellenistische Zeit brauchen wirnurkurz zustreifen. Ausdenerhaltenen Fragmenten undeiner Notiz in der sogenannten Bibliothek des Photios15 geht hervor, daßDexipp offenbar in enger Anlehnung anArrian eine vonrhetorischen Elementen geprägte Diadochengeschichte bot –laut Millar „ anunoriginal literary andscholastic composition.“16 Mitdiesem Sujet lagDexipp jedoch imTrend seiner Zeit undhuldigte zusammen mit anderen Autoren der griechischen Tradition. Denn ebenfalls ins 3.Jh. gehört wieDexipp –inAthen bekanntlich dieälteste Fassung desAlexanderromans,17 der– zurZeit desKaisers Gallienus wirkende Sophistiklehrer Kallinikos vonPetra verfaßte eine Geschichte derLagiden inzehnBüchern,18 undauchPraxagoras widmete Alexander d.Gr. eine eigene Monographie.19 In seinem einleitenden Beitrag zum vorliegenden Band wendet sich M.Zimmermann mit Recht gegen die verbreitete Neigung, diese Hinwendung zu klassischen Vorbildern und längst vergangenen Zeiten als apolitischen Eskapismus zudeuten. Vielmehr dürfte diese Renaissance griechischer Sujets mitallgemeinen Entwicklungen derzeitgenössischen BildungsundKulturauffassung zusammenhängen, undüberdies ist darauf zuverweisen, daß undTypologie derKaiserreisen imRömischen Reich 110, bes. 109. (HABES 2), Stuttgart 1986, 90– 15 FGrHist 100 F 8. 16 Millar, Dexippus (wie Anm.3) 22; immerhin kannE.V.Maltese zeigen, daßinsbesondere das Frgm. 32 (FGrH 100F 32) inenger Anlehnung anThukydides komponiert worden ist (Iperide, 419). ZurThukydidesdi Dessippo, ASNP ser.3, 8, 1978, 393– ν ο ρ τἈ ε έξ δ Tucidide, i Μ λ ν α

14

H.Halfmann, Itinera principum. Geschichte

imitatio Dexipps s. ferner unten. ᾽ undlateinische 17 A.Dihle, Diegriechische

18 19

Literatur derKaiserzeit. VonAugustus bis Justinian, München 1989, 374f. ο . ικ ς ίν λ λ α Suid. (ed. A.Adler) III 20 s.v. Κ G.Zecchini, La storiografia greca dopoDexippo e l’Historia Augusta, Historiae Augustae Colloquium III, Bari 1995, 300.

Dexipp unddieGeschichtsschreibung

des3. Jh. n.Chr.

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fast alle genannten Autoren vonAlexander- undDiadochengeschichten auch zeitgeschichtliche Werke verfaßt haben, also nicht etwa aus Enttäuschung über die eigene Gegenwart unddiefehlenden Möglichkeiten politischer Mitgestaltung aufentlegene Themen undZeiten ausgewichen sind. Gleichwohl dürfen natürlich imvorliegenden Rahmen diebeiden anderen Werke Dexipps größeres Interesse beanspruchen. Deren Behandlung wird, abgesehen vondergeringen Menge erhaltener Textteile, durch diverse Schwierigkeiten zusätzlich erschwert. DenninJacobys Zusammenstellung werden einzelne Fragmente der Chronik undden„ Skythika“zugewiesen, obgleich dieZuordnung keineswegs immereindeutig undunumstritten ist –dasvonJacoby derChronik zugeschriebene Frgm.22 etwa, welches denim Zuge der Gotenkriege erlittenen Tod des Decius Skythika“entstammen.20 Überdies hatJacoby eine schildert, könnte durchaus den„ Reihe vermeintlicher Dexippzitate ausderHistoria Augusta (= HA)inseine Sammlung aufgenommen, von denen einige nach der neuesten Detailanalyse von F.Paschoud mitSicherheit zustreichen sind,21 andere bestenfalls vageeine Konsultation derdexippeischen Werke durch denHA-Verfasser andeuten, derDexipp freilich keineswegs zuverlässig paraphrasiert odergarzitiert haben dürfte. Angesichts des schmalen auszuwertenden Textcorpus erscheint natürlich der Versuch verlockend, ausderspäteren Überlieferung derfrüh-, mittel- undhochbyzantinischen Zeitvermeintlich Dexippeisches herauszupräparieren undsomit jedenfalls kleine Stücke derverlorenen Texte zurückzugewinnen –Zosimos (Buch I) sowiediebyzantinische Chronographie (Zonaras, Georgios Synkellos) böten sichhier inerster Linie an,undsoexistiert dennauchumdiese Problematik eine langanhaltende Diskussion. Freilich wirdmannachdenneuesten, profunden Untersuchungen B.Bleckmanns diesem Versuch widerstehen müssen.22 Denn bei einem derartigen Verfahren dürfte esbestenfalls gelingen, einen alsgutundzuverlässig qualifizierbarenNachrichtenbestand fürdas3. Jh. zugewinnen –obdieser dannfreilich Dexipp zugeschrieben werden könnte, müßte stets dahingestellt bleiben, zumal neben diversen griechischen, nurnochdemNamen nachbekannten Autoren des3. Jhs. auch die nicht mehr erhaltenen Bücher vonAmmianus Marcellinus sowie dieebenfalls verlorenen Annalen desNicomachus Flavianus als lateinische Zwischenquellen in Rechnung gestellt werden müssen, aufwelche Zosimos unddiespätere Historiographie zurückgegriffen haben könnten.23

20 S. auch F.Paschoud, L’Histoire

21 22

1991, 221.

Auguste

et Dexippe,

Historiae Augustae Colloquium

I, Paris

269; zu denbesonders fragwürdigen, vermeintlichen Paschoud, Dexippe (wie Anm.20) 217– Dexippzitaten inderVita Maximi etBalbini s. H.Brandt, Kommentar zurVita Maximi et BalbiniderHistoria Augusta, Bonn 1996, 51f. 236ff. Bleckmann, Reichskrise (wie Anm.11) bes.18ff. 214ff. 408. In einem Punkt macht Bleckmann (265ff.) freilich eine Ausnahme: DasGallienus-Bild beiZosimos und(der Quelle des) Zonaras könne wohlaufDexipp zurückgeführt werden, s. auchdens., ZudenQuellen derVita Gallieni 105. Allzu sorglos verfährt demgegenDuo, Historiae Augustae Colloquium III, Bari 1995, 75– überArmstrong, Gallienus (wie Anm.11)239ff., dervorallem wörtliche Dexippzitate beiZosimospostuliert.

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DerVersuch, dieChronik unddie„Skythika“Dexipps einwenig näher zucharakterisieren, kannsichalso nuraufdieumdiverse HA-Passagen verminderten Fragmente Jacobys beziehen undsteht überdies unter demjüngsten Verdikt F.Paschouds, alle diesbezüglichen Anstrengungen undHypothesen seien „plus oumoins aventu24Nun,wagen wirtrotzdem dieses kleine Abenteuer. rées.“ Das universalgeschichtliche Werk Dexipps firmiert unter verschiedenen Bezeichnungen: Eunap spricht von der χ ρ ὴἱσ ο ν ικ ρ ία τ (FGrHist 100 T 2)25 oder ο 5) vonτ (ebd. F 1), Steph.Byz. (ebd. F 3– ρ ία τ ο aucheinfach vonἱσ ὰ ρ χ ό ν ικ α , Pho(ebd. T 5), unddiebereits zitierte Inschrift derSöhne μ ο ρ ν ικ ό ν ἱσ ν τ τ ο tios vomσύ ο inmeinen Augen dasaussagekräftigste, weilauthentische Zeugnis –führt Dexipps – denRuhmDexipps zweimal aufseine ἱσ zurück (IG II23669). Diese Bezeichρ ίη τ ο nungen untermauern denausdenwenigen Fragmenten zugewinnenden Eindruck, daß Dexipp nicht nur, wie R.C.Blockley annahm,26 eine dürre Chronik, sondern durchaus ausführlichere Geschichtsschreibung bot.27 Das Gliederungsprinzip war annalistisch: Eunap bezeugt, daßDexipp neben denOlympiaden dieeponymen Archonten Athens unddie römischen Konsuln als Datierungsangaben verwendete (FGrHist 100F 1),gleichwohl seine Chronik vorderEinrichtung dieser Magistraturen, also vor683/2 v.Chr.,28 beginnen ließ, wobei derexakte Ausgangspunkt unklar υ π τ ίο ἰγ υ μ εν ςδ ο υ ο ό bleibt. AusEunaps Angabe, Α ὲχρόν ν α ςἀ λ εγ ςκ τ λ . (sc. Dexippos),29 schloß Jacoby, Dexipp habe bereits die Pharaonenzeit mitbehandelt30 – dasgeht ausEunaps Textjedoch nicht klar hervor; angesichts derspäter nochnäher zu behandelnden, primären Orientierung Dexipps an der griechischen Tradition schiene mireinfrühes Datum ausdergriechischen Überlieferung alsBeginn seiner Chronik plausibler.31 DerSchlußpunkt derin 12 Büchern verfaßten Chronik wird einvernehmlich überliefert: Er fällt zusammen mitdemEnde desKaisers Claudius II. Gothicus undseines Bruders Quintillus (Herbst 270).32 Warum Dexipp mitdiesemDatum seine Chronik beendete, ist unklar, denner wird, wieseine „Skythika“ beweisen, zumindest dieAnfänge derRegierung Aurelians nocherlebt haben. Bemerkenswert scheint mirimmerhin, daßauchDexipps berühmter Zeitgenosse, Porphyrios vonTyros, seine mitdemFall Trojas beginnende Chronik nurbiszumJahre 270 führte.33 23 Paschoud, Dexippe (wie Anm.20) 226f.; Bleckmann, Reichskrise (wie Anm.11) 102. 24 Paschoud, Dexippe (wie Anm.20) 224. 25 Ebenso Eus.Chron. (FGrHist 100 F 2). 26 R.C.Blockley, Dexippus of Athens andEunapius of Sardis, Latomus 30, 1971, 710f. 27 So auch F.Paschoud, La preface de l’ouvrage historique d’Eunape, Historia 38, 1989, 201; D.F.Buck, A Reconsideration of Dexippus’‚Chronica‘, Latomus 43, 1984, 596f. 28 K.-W.Welwei, Art. Athenai (III), DerNeue Pauly 2, 1997, 188. 29 FGrHist 100 F 1. 30 FGrHist 100, 305; ebenso R.C.Blockley, TheFragmentary Classicising Historians of theLater Roman Empire (ARCA 6), Liverpool 1981, 129 A.6. Paschoud, Lapreface (wie Anm.27) 202 erwägt alsAnfangspunkt dieBegründung derOlympischen Spiele. Auch FGrHist 100 F 9, von Jacoby auf 1103/2 v.Chr. bezogen, spräche nicht dagegen, dennJacobys Zeitangabe ist reine Hypothese. 32 FGrHist 100 T 5. T 6. F1– 2. 33 FGrHist 260; vgl.Millar, Dexippus (wieAnm.3) 15undZecchini, Lastoriografia (wieAnm.19)

31

297.

Dexipp unddieGeschichtsschreibung des3. Jh. n.Chr.

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Die Σ κ θ ικ schließlich, aller Wahrscheinlichkeit nach das späteste Werk Deά υ xipps,34 behandelten in drei Büchern35 die römisch-gotischen Auseinandersetzungen. Immer wieder geht manindergelehrten Literatur davon aus, daßdieses Werk mitdemJahr 238 einsetzte,36 undzwar vorallem aufgrund vonHA,v.MB 16,3 (= FGrHist 100 F 20): sub his pugnatum est a Carpis contra Moesos. fuit et Scythici belli principium, fuit et Histriae excidium eo tempore, ut autem Dexippus dicit, Histricae civitatis. Abgesehen davon, daßdietatsächliche Dexipp-Benutzung durch denHA-Verfasser an dieser Stelle fraglich ist,37 wird Dexipp, genau genommen, nurfür die Namengebung derStadt Istros als Informant zitiert, nicht aber fürden Gotenkrieg schlechthin.38 Unddie Tatsache, daßdie HAfür die Zeit ab 238 erkennbarandere Quellen alsfürdenvorhergehenden Zeitraum benutzt,39 belegt ebenfalls mitebendiesem Jahr 238 eingesetzt haben, sondern resulnicht, daßdie„ Skythika“ tiert schlicht ausderTatsache, daßHerodians Werkmitdiesem Jahr 238 endete und derHA-Verfasser folglich gezwungen war, auf andere Vorlagen zurückzugreifen, darunter gewiß auch Dexipp. F.Paschoud hatvorkurzem dieVermutung geäußert, daßderHA-Verfasser die „ Skythika“garnicht benutzt, sondern nurdieChronik konsultiert habe.40 Eine prominente Stelle aus der Aureliansvita derHAscheint mir für diese Annahme Paschouds zusprechen: In v.A33,4 läßt dieHAbeimTriumphzug Aurelians Kriegsgefangene dervondemKaiser besiegten Völkerschaften aufmarschieren, undzwar ausdemwestlichen undnördlichen RaumGothi, Halani, Roxolani, Sarmatae, Franci, Suevi, Vandali, Germani –es fehlen die Iuthungen, vonderen Kontakten mit Aurelian eines derlängsten erhaltenen Dexippfragmente handelt (FGrHist 100F 6), ) zweifellos den„Skythika“entstam᾽ γ ο ςγ ό welches aufgrund derBuchangabe (λ menmuß. Vielleicht kannte derVerfasser derHAdiesen Abschnitt unddamit dieses Werk Dexipps also tatsächlich nicht, sondern begnügte sich mit der aus seiner reichsgeschichtlichen Sicht viel interessanteren Chronik.41 Dies läge umso näher, als die Chronik unddie „Skythika“teilweise Parallelüberlieferungen geboten haben thematisierte Einfall derHeruler inAttiSkythika“ müssen, denndergewiß inden„ kaist zweifellos auchim 12.Buch derChronik behandelt worden (FGrHist 100 F 5.

F 28). DasJahr 238istalsAnfangsdatum der„Skythika“alsonicht sicher zuerweisen, undmitdemEnddatum stehen wiraufkaumfesterem Boden. DieFragmente 6 und 34 So Millar, Dexippus (wie Anm.3) 23, imAnschluß anEuagrios (FGrHist 100T 6). ά : ebd. T 5. θ ικ υ κ ᾽; zumTitel Σ γ ο 35 FGrHist F 6: λό ςγ 36 Millar, Dexippus (wie Anm.3) 23; A.Chastagnol, Histoire Auguste, Paris 1994, LXIV (Chastagnol meint hier gewiß die ‚Skythika‘, nicht die irrtümlich genannte ‚Chronik‘); skeptisch dagegenmitRecht Paschoud, Dexippe (wie Anm.20) 243. 37 Paschoud, Dexippe (wie Anm.20) 239ff.

38 Brandt, Kommentar (wie Anm.21) 236ff. 39 T.D.Barnes, TheSources of theHistoria Augusta, Brüssel 1978, 109ff. 40 Paschoud, Dexippe (wie Anm.20) 269. 41 InderRegel glaubt man,derHA-Verfasser habe (gezielt oderirrtümlich) statt von‚Iuthungen‘ vonSueben oder Markomannen gesprochen (so zuletzt wieder F.Paschoud, Histoire Auguste. Tome V 1: Vies d’Aurélien, Tacite, Paris 1996, 269) –gleichwohl scheint es mirerklärungsbedürftig, daßdie HAdenTerminus luthungi überhaupt nicht kennt.

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7 (FGrHist 100) beziehen sich auf Konflikte Roms unter Aurelian mit Iuthungen undVandalen, unddiese gehören entweder noch insJahr 27042 oder insJahr 27143 oder, unter derAnnahme zweier Kriege zwischen Aurelian unddenIuthungen, sowohl in denHerbst 270 als auch ins Frühjahr 271.44 Es ist nunfreilich kaumanzunehmen, daßunshier perZufall Teile ausdenSchlußpartien der„ Skythika“erhalten geblieben sind, möglicherweise deckte das Werk also auch noch die weiteren römisch- (ost-)germanischen Auseinandersetzungen zurZeit Aurelians ab.45 Eine genaue Lektüre derschon mehrfach erwähnten, bedeutenden Inschrift aus Athen (IG II2 3669) läßt erkennen, daßzumZeitpunkt ihrer Abfassung die „ Skythiwahrscheinlich noch nicht bekannt waren: Dexipp wirdfürseine (imSingular ka“ genannte!) ἱσ ἰῶ ρ ίηα τ ο ν ο ήgepriesen, womit nur die universalgeschichtςδολ ιχ liche Chronik gemeint seinkann. Ichhalte es daher fürwahrscheinlich, daßDexipp kurzfristig, vielleicht unter demEindruck desHerulereinfalls von267/8, denEntschluß gefaßt hat, dierömisch-gotischen Beziehungen ineinem gesonderten Werk ausführlicher darzustellen, unddabei aufseinbereits fürdieChronik gesammeltes undbenutztes Material zurückgreifen konnte. Denn in beiden Werken finden sich vergleichbare Strukturelemente wieeingelegte Reden46 undSchilderungen vonStädtebelagerungen.47

3 Trotz einer zugegebenermaßen schmalen Textgrundlage wollen wirnunversuchen, einige historiographische Charakteristika Dexipps zubestimmen, wobei die Diadochengeschichte weitgehend unberücksichtigt bleiben kann. Dasmarkanteste, häufig betonte Merkmal derdexippeischen Geschichtsschreibungliegt inderKonzentration aufdiegriechische Welt unddiegriechische Polistradition.48 Dexipp schrieb nicht Weltgeschichte, nicht Kaisergeschichte und auch

42 So, imAnschluß anA.Alföldi (Studien zurGeschichte derWeltkrise des3. Jhs. n.Chr., Darm430), etwa Millar, Dexippus (wie Anm.3) 25; Chastagnol, Histoire Auguste stadt 1967, 427– (wie Anm.36) 959; Zecchini, La storiografia (wie Anm.19) 298. 43 D.Kienast, Römische Kaisertabelle, Darmstadt 1990, 231. 44 So zuletzt Paschoud, Histoire Auguste (wie Anm.41) 118, im Anschluß an R.T.Saunders, 327. Aurelian’s TwoIuthungian Wars, Historia 41, 1992, 311– 45 LautDihle, Literatur (wieAnm.17)378undO.Lendle (Einführung indiegriechische GeschichtsSkythika“die Geschichte der Germanenschreibung, Darmstadt 1992, 259) behandelten die „ foreign einfälle zwischen 238 und274, laut Armstrong, Gallienus (wie Anm.11) 237 die „ Alle derartig bestimmten Aussagen lassen sich nicht verifizieren. invasions ... from 238–275.“ Dies gilt ebenfalls für die Erwägung Zecchinis, La storiografia (wie Anm.19) 298, daß die Skythika“vielleicht beide imJahre 270 endeten –schon die angedeuteten Chronik unddie „ Datierungsprobleme bezüglich FGrHist 100 F 6 lassen diese Annahme fraglich erscheinen. 46 Z.B. FGrHist 100 F 6. F 28. 47 Z.B. FGrHist 100F 25.F 27.ImRahmen desBerichtes überdenHerulereinfall (ebd. F 28) muß inderChronik aucheine ausführliche Kriegsberichterstattung geboten worden sein. 48 Stellvertretend fürviele zitiere ich nurMillar, Dexippus (wie Anm.3) 25: „With Dexippus, it maybe suggested tentatively that weareapproaching a ‚Byzantine viewpoint‘, with theinhabitants of theprincipal Greek areas –theBalkans, Greece andAsia Minor –embattled against

Dexipp unddieGeschichtsschreibung des3. Jh. n.Chr.

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nicht eigentlich Reichsgeschichte, sondern erverfaßte inerster Linie „ withpatriotic 49dieGeschichte desöstlichen, griechischen Raumes.50 UnddieProtaenthusiasm“ gonisten dieser Geschichte sind nicht etwa die Kaiser, sondern die π ο λ ῖτ α ι, deren Rolle in denzahlreichen erhaltenen Schilderungen derStädtebelagerungen besonders gewürdigt wird.51 Amdeutlichsten sinddiese offenbar charakteristischen ZügeDexipps imFragmentFGrHist 100F 28 zuerkennen, in welchem Dexipp sich selbst als Verteidiger Athens gegen dieHeruler ineiner anseine attischen Mitstreiter gerichteten, paränetischen Rede auftreten läßt.52 Indieser Ansprache begreift Dexipp denHerulereinfall nicht etwa als Bestandteil umfassender Bedrohungen des römischen Reiches durch außerrömische Völkerschaften, sondern allein als Gefahr für Athen undfür Griechenland. So sollen die Athener durch Tapferkeit im Kampf nicht allen Römern, sondern nurdenGriechen einaufmunterndes Vorbild sein (FGrHist 100F 28 § 4): κ α ὶἐπ μ α δ ιὡ εἡγοῦ ὶ τῷ ςκ α η ὶτ ν α ο ὺ ςἐ λ ςἝ λ ρ ὸα ςτ μ ὐ τ ὸτο ό θ ο ῦ τ οπ υ ν . Alshöchsten Wertundeigentlichen Orientierungspunkt seiner Haltung α εθ μ α ό ἐπ ξ ό ) resultiere ξ α ξ ίω σ ιςτ ῆ λ ςπ ε ω ό formuliert Dexipp die ἀ ς(ebd.), ewiger Ruhm (δ ρ ίς α τ . Nuraneiner einzigen Stelle allein ausderbedingungslosen Hingabe andieπ imüberlieferten Text seiner Ansprache erwähnt Dexipp kaiserliche Unterstützung ὴ ν ο β μ ιν υ ὐ (ebd. § 4): π ν ν α τ ικ χ α τ ὴ ἑκ σ ιλ ὰ έω α μ ιδ υ ν ὲκ α ν ν ὴ ςεἶν θ ά ὶτ ςδύνα ο α ι ρ ά τ ισ α λ κ . Indenanschließenden α ῖν τ ε μ ῖν ,ᾗ τ ο θ έν ή ἡ σ υ ν τ α χ ςσυνεισβ ξ ο υ ρ σ α ν ἀ Ausführungen nimmt Dexipp jedoch nicht die Gelegenheit wahr, denKaiser und seine Streitkräfte zu preisen;53 vielmehr richtet er sein Augenmerk nur noch auf Athen unddieGriechen: Allen Griechen würden dieAthener zumVorbild fürTapferkeit undFreiheitsstreben.54 Dexipp ermuntert seine Mitbürger also nicht etwa zumKampf für die „salus“von Kaiser undReich, sondern zumEintreten für die höchsten Werte griechischer Tradition. η ς(FGrHist 100 T 5), und λ ίδ λ δ ο υ κ υ ο ςΘ Laut Photios schrieb Dexipp als ἄ auchEunap (ebd. F 1)hebtmehrfach Dexipps Orientierung andenthukydideischen

the barbarian threat.“S. ferner vorallem Bleckmann, Reichskrise (wie Anm.11) 207ff. und jüngst noch M.Heil, Panathenius, Statthalter vonGriechenland, Klio 79, 1997, 471 A.23 sowie de Blois, Emperors (wie Anm.1) 3404.. 49 Armstrong, Gallienus (wie Anm.11) 257. 50 Diese Besonderheit Dexipps wirdbesonders deutlich inderBeschreibung seines Werkes durch β ρ η α α ρ ἔθ ν ά ρ ρ π η ο α π αβ ικ τ ὶὧ α ιπ νΚ ὶἕτ ά ε ερ Euagrios (FGrHist 100 T 6): ο ἷςσυ ν ν α είλ ῦ ν τ ο ε ρ α η α κ π ν ὶἸω ν ν ια λ δ ο εμ ία ςἔπ ν α . ξ ρ ικ ά ὴ ν α κ ὶΘ Ἑ κ α λ λ ά δ α τ ὰ τ 51 S. bes. FGrHist 100 F 25. 27. 29. Zudemwenig schmeichelhaften Bild, welches Dexipp von demKaiser Decius imFragment 26 zeichnet, s. Bleckmann, Reichskrise (wie Anm.11) 208. α ὶὁμ ν ὲ τ ο ια ῦ τ α 52 DaßDexipp selbst derSprecher ist, geht ausFGrHist 100F 28 § 7 hervor: κ ρ γ ἐ ν α ὰ τ υ (δ ὰ ὴ ν ν τ ςτ η ἀ ίσ ν σ α τ α θ σ ιν ώ σ ρ ερ ἐπ ὺ λ ο ιπ ῖσ θ ε ο ῖςτ ιτ εχ α ῖο ελ ν η ν .ο ἱδ ὲἈθ ε ἶπ ε . DaDexipp glaubhaft als dux ν γ νἠξίο ῳ εῖσ υ φ ἐξ η ναὐ ῶ ῶ τ θ α ισ τ μ α ύ )κ έν ὶἐπ ὶτο α η τ ὰ εἰρ Atheniensium belegt ist (HA, Gall. 13,8), dürfte er folglich der Redner sein, vgl. auch Millar, Dexippus (wie Anm.3) 26f. 53 DeBlois, Emperors (wie Anm.1)3404, kommentiert zutreffend: „Eveninfrg.28 of Dexippus it is the fleet of theemperor that comes to Athen’s assistance andnot ‚our‘fleet. Dexippus was still andforemost anAthenian.“ ῆ μ ρ ετ α κ α ςκ α ὶ ἀ ῆ ὶα η ιν σ ὐ τ ο ὺ ο ῖςἝ λ λ ςτ νσχ μ ῶ ἡ ν ιο ρ 54 Ebd. § 6: κα τ ρ ά ν ίσ γ α ω ιτ ὸπ λ ὸ νδ ὴ μ . α ευ ἐλ θ ία ερ ρ ειγ δ ά ςγενέσ θ α α ιπ

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HARTWIN BRANDT

Normen derἱσ ὴ ρ ἀ κ ίβ ε ρ ή ικ θ ια τ ε ο undἀ λ ια hervor.55 Deutlich treten diese Eigenheiten Dexipps, der in der Nachfolge des Thukydides primär politisch-militärische Geschichte schreibt, nicht nurindenÜberresten seiner Chronik, sondern sogar noch indenwenigen erhaltenen Textpartien der„Skythika“hervor, dieweder imgriechischen nochimstädtischen Raumlokalisierte Begebenheiten behandeln, z.B. imbereits mehrfach erwähnten Fragment über Aurelian unddieIuthungen (FGrHist 100 F 6). Dieser Text weist nach dendetaillierten Wort- undStiluntersuchungen von F.J.Stein unübersehbare Ähnlichkeiten zu Thuk. 1,120f. auf56 –Stein resümiert: Mirum est, quomodo Dexippus F 6 sententias et verba e Thuc. I 120sq. et II 11et „ aliis orationibus hauserit.“ 57 Überdies legt Dexipp demKaiser Aurelian eine Rede indenMund, diekaumwieeine authentische Verhandlung mitdenGesandten der Iuthungen klingt, sondern eher wieeinVortrag eines Gelehrten, dersich gegen ungebildete Laien wendet. So insistiert Aurelian nicht etwa aufdentraditionellen römischen Tugenden derTapferkeit, militärischen Stärke undUnbesiegbarkeit, sonῷ μ ) dieVerstandesstärke: λογισ ύ χ ς dern propagiert als Quelle römischer Kraft (ἰσ ἡ γ εμ Hier ό ν soll ιἐ offenbar ςπ ά allem die kulturelle Differenz μ vor ν ρ τ εν ώ α χ ο ι.58 zwischen Griechen (undRömern) aufdereinen undBarbaren aufderanderen Seite demonstriert werden. FürdieChronik läßt sich dieDominanz dergriechischen Polisperspektive we, zumal nurwenige dererhaltenen FragSkythika“ niger klar erkennen als fürdie „ mente diesem Werk zweifelsfrei zuzuordnen sind. Überdies dürfte deruniversalhistorische Zuschnitt derChronik unweigerlich auchreichsgeschichtliche Themen und Aspekte stärker in denVordergrund gerückt haben. Gleichwohl scheint auch diese Schrift eindeutig in derTradition griechischer Historiographie gestanden undals Dokument griechischer Paideia gegolten zuhaben sowie aneingriechisches, gewiß in erster Linie attisches Publikum gerichtet gewesen zusein, dennEunaps Charakteristik desdexippeischen Werkes, dassich anThukydides orientiert habe, bezieht sich explizit nur auf die Chronik (FGrHist 100 F 1), unddie bereits des öfteren ε ύ ή τ ςDexipp preist den ρκ ω α ὶσυγγραφ erwähnte Inschrift (IG II23669) fürdenῥ Verfasser derChronik, dessen RuhminganzHellas (nicht etwaimgesamten Reich!) verbreitet sei.

Thepassage contains Fragment 28: „ several Thucydidean commonplaces andHerodotean sententiae.“ F.J.Stein, Dexippus etHerodianus rerum scriptores quatenus Thucydidem secuti sint, Diss. Bonn

55 Vgl. deBlois, Emperors (wie Anm.1) 3392 zuDexipps 56

55. 1957, 48– 57 Stein, Dexippus (wie Anm.56) 59. ι. α ν εῖν υ σ ῳ γ ό ὲλ θ ᾶ μ α μ ςδ ἀ ν ίᾳ ,ἡ ὲ ᾶ μ ςμ 58 FGrHist 100 F 6,10; ebenso F 6,13; s. ferner F 6,10: ὑ AuchderKaiser Decius insistiert indenihmvonDexipp indenMundgelegten, andieBewohnervonPhilippopolis gerichteten (s. Bleckmann, Reichskrise [wieAnm.11] 208A.81) Ausfüh. Programmatisch formuις εσ ό ςundσύν μ γ ισ ο rungen mehrfach aufderbesonderen Rolle vonλ ὰ ς ὸ ρ ςτ ιπ τ α ία θ ςὀχήμ α ο ςἢἀμ ερ τ ιό α εβ ρβ ν ὴ νἀ ω εύ τ ισ ὲπ δ ῷ μ γ ισ ο liert er in F 26 § 5: λ ο . UndandemFührer desBürgeraufgebotes von εν ς μ ώ μ ρ ἐξ ν ο ω μ ά τ γ ρ α π ν ῶ ὰ ςτ ρ ο λ υ ή ο ςφ ἀ δ

Markianopolis, Maximus, hebt Dexipp bemerkenswerterweise nicht seine militärischen, sonυ ν σ ῶ α ρ ζ δ ὲἄ φ ίᾳ ο ιλ ο σ ... φ ρ ὴ ν dern seine intellektuellen Qualitäten hervor, wenner ihnals ἀ charakterisiert (FGrHist 100 F 25).

Dexipp unddie Geschichtsschreibung des 3. Jh. n.Chr.

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4

Esgilt nunineinem vierten Abschnitt nachderStellung desebennotdürftig charakterisierten Historikers Dexipp imKontext derGeschichtsschreibung des3. Jhs. zu fragen. Folgt manetwa G.Alföldy, sobildete dieZeit nach Cassius Dioeine lange Phase desNiederganges, in welcher Dexipp einen einsamen Höhepunkt darstellte: History as a science ... wasin decline: after Cassius Dio, Herodian wrote fiction „ 59Einganz rather thanhistory ..., anda historian suchasDexippus wasexceptional.“

anderes historiographisches Panorama auch des späteren 3. Jhs. zeichnet hingegen G.Zecchini, der mit Recht auf eine Reihe fast völlig verlorener unddaher meist nicht in Rechnung gestellter Werke verweist:60 Porphyrios vonTyros schrieb eine bis zumJahr 270 reichende Chronik,61 Nikostratos vonTrapezunt eine Geschichte 260,62 derjüngere Ephoros verfaßte eine Darstellung derZeit von derJahre 244– 268,63 undausderFeder eines Historikers namens Eusebios stammte anschei253– nendeine veritable Kaisergeschichte derZeit vonOctavian biszumJahr 283.64 Erwähnenswert sindferner Asinius Quadratus mitseiner vielleicht bis248reichenden Geschichte destausendjährigen römischen Reiches,65 derbereits genannte, alsZeitgenosse Dexipps in Athen wirkende Sophistikprofessor Kallinikos von Petra mit ρ ὶτ seiner Geschichte der Lagiden undeiner Monographie Π ε ῆ ςῬω μ α ίω νἀ ν α ν εώ σ εω ,66derDichter Soterikos miteinem Werküber Alexander d.Gr. undeinem ς η ν α ῖο Enkomion auf Diokletian67 sowie derunter Aurelian lebende Ἀ θ ςἱσ ρ ιο τ ο γ ρ ά φ ο ςPhilostrat.68 Schließlich schrieb im frühen 4. Jh. Praxagoras eine im ionischen Dialekt gehaltene Monographie über die athenischen Archonten sowie ein Buch über Alexander d.Gr.69 Vordiesem Hintergrund drängt sichderEindruck auf, daßdievermeintlich exzeptionelle Rolle Dexipps in Wahrheit nichts anderes ist als ein Reflex der –so paradox dies angesichts dergeringen Fragmente seiner Werke klingen mag–geradezuexzeptionell reichen Überlieferung seiner literarischen Produktion. InderTatscheint, wieschon diehoheZahlderathenischen Autoren unddieArt ihrer Sujets andeuten, so etwas wieeine Renaissance griechischer historiographischer Tradition im3. Jh. aufgekommen zusein, undzwarbesonders in derzweiten

59 G.Alföldy, Die Krise desrömischen Reiches (HABES 5), Stuttgart 1989, 320. 309; s.jetzt ferner dieSkizze vondeBlois, Emper60 Zecchini, Lastoriografia (wieAnm.19)297– 3443. ors (wie Anm.1) 3391– 61 FGrHist 260; Zecchini, La storiografia (wie Anm.19)297. 62 FGrHist 98 F 1. 63 Suid. (ed. A.Adler) II 489 s.v. Ἔ ο ρ . ς ο φ 64 FGrHist 101; vgl. Bleckmann, Reichskrise (wie Anm.11) 16;H.Sivan, TheHistorian Eusebius

163. (of Nantes), JHS 112, 1992, 158– 65 FGrHist 97; vgl. H.Brandt, Die Historia Augusta, Philostrat undAsinius Quadratus, ZPE 104, 80. 1994, 78– ο ικ ίν λ λ ς . α 66 Suid. (ed. A.Adler) III 20 s.v. Κ ρ ιχ ο ή ς . τ ω 67 Suid. (ed. A.Adler) IV 410 s.v. Σ 68 FGrHist 99. Zecchini, La storiografia (wie Anm.19) 301f. stellt überdies Hypothesen aufbe-

69

züglich eines weiteren athenischen Sophisten, Onasimos (I). FGrHist 219; Zecchini, Lastoriografia (wie Anm.19) 303.

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HARTWIN BRANDT

Hälfte dieses Jahrhunderts: Eusebios schrieb seine neunBücher imionischen Dialekt undstellte sich damit indieNachfolge Herodots, zwei seiner erhaltenen Fragmente behandeln –wie diverse Fragmente Dexipps –ebenfalls Städtebelagerungen,70 undauchfürPraxagoras weist Zecchini einen gezielten Anschluß anHerodot nach.71 Insgesamt, soZecchini, lasse sich bei diversen Autoren „ il medesimo ‚cock-

e locali, alessandrografia e storia contemporanea“beobachten,72 undin diesem Kontext erscheint Dexippos durchaus nicht wieeineinsam aufragender Gipfel in einer historiographischen Tiefebene. AuchmitCassius Dioverbindet Dexipp trotz seiner annalistischen Chronik und seiner lokal- bzw. regionalhistorischen Orientierung vielleicht mehr, als auf den ersten Blick zuvermuten ist, wiein einem fünften undletzten Abschnitt nochkurz angedeutet sei. tail‘di interessi antiquari

5 Dios Geschichtswerk basiert vorallem in seinem ersten Teil aufdemchronologischen Ordnungsprinzip, nach M.Hose steht Dios Darstellung der römischen Geinderannalistischen Tradition.“ 73Erst schichte biszumBeginn derKaiserzeit gar„ mit derBehandlung desPrinzipats „verläßt Dio dasannalistische Kompositionsprinzip: derKaiser wirdzurzentralen Gestalt imWerk. Dionähert sich daher nun74Hierin liegt zweifellos der mehr in seinem Text Prinzipien der Biographie an.“ gravierendste Unterschied zudemerkennbar nicht dembiographischen Muster verpflichteten Dexipp, wasüberdies ausderPolemik Eunaps gegen Dexipps chronologische Akribie erhellt. In demProömium zuseinen Historien bekennt sich Eunap emphatisch zurbiographischen, personengeschichtlichen Historiographie undgrenzt diese vonder annalistischen Struktur derdexippeischen Chronik ab.75 Zugespitzt ρ ὸ ρ ά τ ε ία ιπ κ ςσοφ ω νκ α ρΣ ὶΘ ισ εμ ὰ τ ο κ λ ρ ε ῖπ ίγ ὸ τ α ςδεινότη formuliert er: Τ ?76Derfolglich bewußte Verzicht Dexipps aufdie ν ω ν ό ρ χ ν ῶ τ ὰ ρ α ιπ α ῖτ ε ελ τ ν υ σ Adaption der gängigen Grundmuster kaiserlicher, biographischer Historiographie erscheint nurkonsequent angesichts seiner Konzentration auf denöstlichen Raum 70 FGrHist

71

101.

L’uso dello ionico come in Eusebio accentua Zecchini, La storiografia (wie Anm.19) 303: „ l’impressione diunascelta filoerodotea.“

72 Ebd. 303f. 73 M.Hose, Die Erneuerung derVergangenheit. Die Historiker imImperium Romanum vonFlo451 (Zitat: 440). rusbis Cassius Dio, Stuttgart 1994, 356– 74 Ebd. 442. Zu„Dios Tendenz zumBiographischen“s. auchW.Ameling, Griechische Intellektuelle unddas Imperium Romanum: das Beispiel Cassius Dio, ANRW II 34.3, 1997, 2480– 2483; s. ferner M.G.Schmidt, Die‚zeitgeschichtlichen‘Bücher imWerke desCassius Dio–von

75

76

Commodus zuSeverus Alexander, ebd., 2595, sowie deBlois, Emperors (wie Anm.1) 3412: To Dio, emperorship wasnowanessential element of society: after book 51 hishistory chan„ gesfromanessentially annalistic worktoa mixture of annals andlives of emperors.“ Eunap. fr.1 (FHG IV ed.Müller). Ebd. Vgl. dazuPaschoud, La preface (wie Anm.27), 202ff., undJ.Hahn, Quellen undKonzeption Eunaps imProoemium der‚Vitae Sophistarum‘, Hermes 118, 1990, 485 A.59. 496 A.83.

Dexipp unddie Geschichtsschreibung des 3. Jh. n.Chr.

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unddie griechischen Poleis –nicht der große Einzelne, sondern die korporative Einheit derBürgerschaft undbesonders diemunizipalen Eliten bilden Dexipps wichtigste Bezugsgrößen, während dieLetztgenannten inDios Gesellschaftsmodell erst andritter Stelle hinter Senatoren undRittern rangieren.77 Abgesehen vondiesen wichtigen Differenzen zwischen Dio undDexipp existieren jedoch auf der anderen Seite diverse Gemeinsamkeiten zwischen beiden Autoren. Für Dio wie für Dexipp fungiert Thukykdides als Vorbild,78 beide beginnenihre historischen Gesamtdarstellungen mitderFrühzeit79 undführen sie bis in ε ια ρ ίβ als Leitnorm,80 beide haben ausgeκ die eigene Gegenwart. Beiden gilt die ἀ dehnte Quellenstudien betrieben undMaterial gesammelt,81 kaum zufällig versteφ ρ α εύς γ .82Den hen sich daher beide im eigentlichen Wortsinne jeweils als συγ Schlußpunkt seiner Geschichte ließ Diooffen: Er schreibe „ bis zudemZeitpunkt, (73,23,3.5). FürDexipp könnte nach denoben angederderTyche gefallen mag“ stellten Überlegungen Ähnliches gelten: Auch er hat offensichtlich aus derZeitgeschichte entscheidende Impulse zumSchreiben (etwa dervielleicht erst spät begon) erfahren, underhatdiese Zeitgeschichte bis zueinem Zeitpunkt nenen „ Skythika“ behandelt, der nicht allzu weit von seinem eigenen Lebensende entfernt gelegen haben dürfte. Möglicherweise hat er ebenfalls nicht vonBeginn an einen klaren Endpunkt seiner Werke insAugegefaßt, sondern, wieDio, derSchicksalsgöttin die Entscheidung über denSchlußpunkt nicht nurseiner Lebenszeit, sondern auch der vonihmerzählten Zeit überlassen.

22; vgl. L.de Blois, Traditional Virtues andNewSpiritual Qualities inThird Century 77 Dio52,19– Views of Empire, Emperorship andPractical Politics, Mnemosyne 47, 1994, 167. 78 Dio: Hose, Erneuerung (wie Anm.73) 390.433 u.ö.; Schmidt, Cassius Dio(wie Anm.74) 2594; Dexipp: s.o. Anm.55.

ῆ ; Dexipp: FGrHist 100 F 1. ς ρ χ ἀ π 79 Dio: 73,23,3: ἀ 73,18,4 unddazu Schmidt, Cassius Dio (wie Anm.74) 2596f. 80 Dexipp: ebd.; Dio: ᾽ 5; Dexipp: IG II23669. 81 Dio: 73,23,1– 82 Dexipp: IG II23669; FGrHist 100T 2; Diobezeichnet sein Werk selbst anzahlreichen Stellen (e.g.: 73,23,3) als συ ή , s. Schmidt, Cassius Dio (wie Anm.74) 2603 mitA.47. φ ρ α γ γ

Christof Schuler (Tübingen)

Cyprian: Der christliche Blick auf die Zeitgeschichte Die Mitte des 3. Jh.s n.Chr. gehört zudenamschlechtesten dokumentierten Abschnitten derantiken Geschichte.1 Die römische Geschichte desCassius Dio endet im Jahr 229, dasWerk Herodians 238; danach steht uns für mehrere Jahrzehnte keine ausführliche Geschichtsdarstellung eines zeitgenössischen oder derZeit wenigstens nahestehenden Autors mehrzurVerfügung. IndenJahren 244 bis259weist selbst die Historia Augusta eine Lücke auf, undzugleich sinkt derBestand anIn1

DieSchriften Cyprians werden zitiert nachderAusgabe imCorpus Christianorum: Test., Fort., ed.R. Weber; laps., unit., ed.M.Bévenot, 1972 (CCL III); Don., mort., Dem., op., zel., ed.M. Simonetti; dom.or., bon.pat., ed.C.Moreschini, 1976 (CCL IIIA); ep. 1– 57, ed.G.F. Diercks, 1994 (CCL IIIB); ep. 58– 81, ed. G.F. Diercks, 1996 (CCL IIIC). FürDem. ist außerdem die Ausgabe vonE. Gallicet, Turin 1976 [Gallicet, ADemetriano], die aucheine Übersetzung undeinen ausführlichen Kommentar bietet, zuvergleichen undteilweise vorzuziehen (vgl. E. Heck, Μ ΙΝ oder: DieBestrafung desGottesverächters. UnΕ Χ Μ Α Ο Θ Ε Η tersuchungen zuBekämpfung undAneignung römischer religio bei Tertullian, Cyprian und Lactanz, Frankfurt a.M/Bern/New York 1987, 155f.). Grundlegend fürjede Beschäftigung mitCyprian istderexzellente Kommentar zudenBriefen vonClarke: TheLetters of St. Cyprian of Carthage, translated andannotated byG.W. Clarke, 4 II), 1986, 1989 (Ancient Christian Writers 43– Bde., NewYork/Mahwah 1984 (I– 47) 44, 46– [Clarke I– IV]. DieActa Cypriani werden zitiert nachderAusgabe vonA.A.R. Bastiaensen in: Ders. u.a., Atti e passioni deimartiri, Mailand 1987 (unveränd. 3. Aufl. 1995); auchderKommentar ebd.478– 490 stammt vonBastiaensen [Atti e passioni]. Die Vita Cypriani desPontius wird zitiert nach: Vita di Cipriano –Vita di Ambrogio –Vita di Agostino, Introduzione di Ch.Mohrmann, testo critico e commento a cura di A.A.R. Bastiaensen, traduzioni diL. Canali e C. Carena, 1975 (Vite deisanti 3) [Vita di Cipriano]. Elementare, häufig zitierte Literatur: G. Alföldy, Derheilige Cyprian unddieKrise desrömischen Reiches, in: ders., Die Krise des 502 [Alföldy, Cyprian]. römischen Reiches, Stuttgart 1989, 479– Ders., Historisches Bewußtsein während derKrise des3. Jahrhunderts, in: Krisen inderAntike. 132 (engl. Fassung in: Die Krise desröBewußtsein undBewältigung, Düsseldorf 1975, 112– 340) [Alföldy, Bewußtsein]. mischen Reiches, 319– H.Gülzow, A. Wlosok, P.L. Schmidt, Caecilius Cyprianus (qui et Thascius), Handbuch der lateinischen Literatur der Antike Bd. 4, München 1997 (HdA VIII), § 478 [HLL]. M.M. Sage, Cyprian, Cambridge, Mass. 1975 (Patristic Monograph Series 1) [Sage]. K. Strobel, DasImperium Romanum im3. Jahrhundert –Modell einer historischen Krise? Zur Frage mentaler Strukturen breiterer Bevölkerungsschichten inderZeit vonMarc Aurel biszum Ausgang des3. Jh. n. Chr., Stuttgart 1992. [Strobel]. Eine Konkordanz liegt vorzudenTraktaten Cyprians: Cyprien, Traités. Concordance: Documentation lexicale et grammaticale, ed. P. Bouet u.a., 2 Bde., Hildesheim/Zürich/New York

1986.

Ein kritischer Literaturbericht zuCyprian erscheint jährlich inRevue desÉtudes Augustiniennes.

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CHRISTOF SCHULER

schriften undPapyri aufeinen Tiefpunkt.2 Indieser Wüste bilden dieSchriften, die derBischof Cyprian vonKarthago zwischen 246und258verfaßte, einekleine Oase, undes überrascht nicht, daßsich die andiesem Zeitraum interessierten Historiker immer wieder inderHoffnung aufErfrischung dorthin gewandt haben, obwohl sich Cyprian nicht als Geschichtsschreiber betätigte. Seine literarische Aktivität warvielmehrganzdemEinsatz fürdiechristliche Kirche untergeordnet, worin er seit seiner Konversion seine neue Lebensaufgabe sah. Entsprechend besteht dasWerk CypriansausBriefen undTraktaten, diezumgrößten Teil ausderaktuellen Kirchenpolitik derZeit heraus entstanden sind. In dieser Situationsbezogenheit liegt einerseits derspezifische Wert seiner Schriften: Wirkönnen inihnen Schritt fürSchritt verfolgen, wieeinchristlicher Zeitgenosse dasGeschehen umdieJahrhundertmitte beobachtete undbewertete. Andererseits ist damit die Schwierigkeit verbunden, daß Cyprian stets ganz bestimmte Ziele verfolgte; die zeitgeschichtlichen Informationen, diesich bei ihmfinden, sindnicht umihrer selbst willen, sondern imHinblick aufdiese Ziele ausgewählt unddienen alsBausteine inderjeweiligen Argumentation. Diese Grundregel mußbei der Interpretation einzelner Passagen immer berücksichtigt werden; eine systematische undausgewogene Darstellung dereigenen Zeit ist vonCyprian nicht zuerwarten. Vonseiten deralthistorischen Forschung findet dasWerk Cyprians verstärkte Aufmerksamkeit, seitdem G. Alföldy ihnals Kronzeugen fürseine These herangezogen hat, es habe im3. Jh. n.Chr. einverbreitetes Krisenbewußtsein gegeben. Spuren eines Gefühls der Verunsicherung, ja der Angst vor einem drohenden Untergang diagnostiziert Alföldy bei mehreren Autoren derEpoche, jedoch nirgends so deutlich undakzentuiert wiebei Cyprian.3 Kernpunkt derThese Alföldys ist dabei die Beobachtung, anCyprians Befindlichkeit lasse sich eine Entwicklung ablesen, diein denJahren 252 und253 ineiner apokalyptisch begründeten Weltuntergangsstimmung gipfelte.4 ImHintergrund derArgumentation steht einKonzept, nachdem weite Strecken des 3. Jh.s als krisenhaft gelten undinsbesondere der Abschnitt von Decius bis Aurelian alsTiefpunkt in einem allgemeinen Chaos gesehen wird. Dieser Ansatz würde eindrucksvoll bestätigt, wenn sich nachweisen ließe, daßwires nicht nurmiteinem Konstrukt dermodernen Forschung zutunhaben, sondern daß derGedanke einer tiefgreifenden Krise bereits bei denZeitgenossen fest verankert

war.

Gewichtige Einwände gegen dasvonAlföldy entworfene Bild hatR. MacMullenerhoben.5 MacMullen zweifelt grundsätzlich anderExistenz einer allen Reichsbewohnern mehr oder weniger gemeinsamen Wahrnehmung dereigenen Zeit. Die Perspektive dereinzelnen Beobachter sei vielmehr in hohem Maßdavon abhängig, zu welcher gesellschaftlichen Gruppe diese gehörten. Insbesondere das Zeugnis

2 3 4 5

ZurQuellenlage indieser Zeit undzumbesonderen WertderBriefe Cyprians vgl. Clarke I 4f. Alföldy, Cyprian; ders., Bewußtsein.

S. unten Anm.52. 337, NewHaven/London R. MacMullen, Roman Government’s Response toCrisis, A.D. 235– 23. DieAntwort vonAlföldy (in: ders., DieKrise desrömischen Reiches, Stuttgart 1976, bes. 1– 348) scheint nicht geeignet, dievonMacMullen vorgebrachten Argumente gänzlich 1989, 343– zuentkräften. Kritik anAlföldy findet sich auch bei Clarke I 22f.; III 3f.

Cyprian:

Derchristliche Blick aufdieZeitgeschichte

185

christlicher Autoren, die demrömischen Staat distanziert oder sogar feindlich gegenüber standen, dürfe keinesfalls verallgemeinert werden.6 In derTat ist die Gefahr, einer individuellen Stimme allzu große Bedeutung beizumessen, bei Cyprian aufgrund der herausragenden Stellung seines Werks in einem ansonsten äußerst schlecht dokumentierten Zeitabschnitt besonders groß. Undnochineinem weiteren Punkt lassen sichdieGedanken MacMullens weiterführen: Auchdiegeographische Herkunft eines Autors mußseine Zeiterfahrung entscheidend geprägt haben. In der Forschung zum3. Jh. wurde gerade in jüngster Zeit betont, daß viele Provinzen kaumoder garnicht vonKriegen undwirtschaftlichen Problemen betroffen waren, während manche Landschaften unter schweren Verwüstungen zuleiden hatten.7 Trotz gelegentlicher Einwände sinddieThesen Alföldys vielfach übernommen, injüngster Zeit jedoch vonK. Strobel einer radikalen Kritik unterzogen worden. Strobel geht zu Recht von der Überlegung aus, daß das Modell der Krise des 3. Jh.s in der Forschung so verbreitet ist, daßes sich zu einem nicht mehr reflektierten Stereotyp zuentwickeln droht. In derFolge wird dasModell nicht mehr anhand der Quellen verifiziert, sondern beeinflußt ineinem argumentativen Zirkel alsvorgegebener Rahmen die Interpretation desMaterials.8 Strobel möchte insbesondere zeigen, daßsich dasbehauptete Krisenbewußtsein bei einer vorurteilsfreien Lesung derQuellen nicht erhärten läßt; dieser Schritt soll zugleich zueiner großangelegten mentaler Strukturen breiterer Bevölkerungsschichten“führen.9 In Rekonstruktion „ derlangen Reihe derdafür ausgewerteten Quellen nimmt auch dasWerk Cyprians einen prominenten Platz ein. Strobel widmet sich dabei in Auseinandersetzung mit Alföldy vorallem denapokalyptischen Passagen beiCyprian, denen er mitgewichtigen Argumenten einen konkreten Bezug zurZeitgeschichte abspricht.10 Strobels Position, die er in seiner 1992 erschienenen Habilitationsschrift vertritt, ist bisher kaumrezipiert worden; inderalthistorischen undpatristischen Forschung dominiert weiter die Sicht Alföldys.11 Die Debatte über dasKrisenbewußtsein im3. Jh., diehier nurstark vereinfacht referiert werden konnte, scheint mirfreilich die Aussagekraft derSchriften Cypri-

6 MacMullen (wie Anm.5) 7f., 22. DaßCyprians Zeitkritik gänzlich vonseiner christlichen Welt309, ohne eine Schwierigkeit darin zu anschauung abhing, betont auch Alföldy, Cyprian 307– sehen, daßdiese Voraussetzungen vondergroßen Mehrheit derZeitgenossen nicht geteilt wur-

den.

400, Oxford 1991 (BAR 7 T. Lewit, Agricultural Production in the Roman Economy A.D. 200– int. ser. 568) mitausführlichen Literaturhinweisen; vgl. W. Scheidel, Aspekte derhistorischen , RSA Krise desdritten Jahrhunderts“ Interpretation epigraphischer Quellen amBeispiel der„ 164, hier 147. 21, 1991, 145– (...) wehaveseenliterary passages from 8 Strobel 16.Vgl.bereits MacMullen (wieAnm.5) 22: „ Cyprian, philosophies andreligions, orsculpture interpreted to fit their times.“ 20. 13, 18– 9 Strobel 11– 184. 10 Strobel 146– 11 K.-P. Johne, in: ders. (Hrsg.), Gesellschaft undWirtschaft des Römischen Reiches im 3. Jh., Berlin 1993, 11; W. Kinzig, Novitas Christiana, Göttingen 1994, 283 mitAnm. 310; Ch.Mark255; ders., Zwischen denWelten wandern, schies, s.v. Cyprianus, DerNeuePauly 3, 1997, 253– Frankfurt a.M. 1997, 58f., woMarkschies freilich einräumt, esseiunklar, obreale Krisenerfahrung zu Cyprians Bekehrung führte oder die Welt sich erst aus christlicher Sicht als Chaos darstellte; H.Bellen, Grundzüge derrömischen Geschichte II, Darmstadt 1998, 215f.

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ansnochnicht voll ausgeschöpft zuhaben. UmdasZeitzeugnis Cyprians zubewerten, istes notwendig, nochstärker alsbisher dieMentalität desBischofs zuberücksichtigen, dieSumme derEigenschaften undErfahrungen, diealsGrunddisposition seiner Wahrnehmung undseinen Urteilen zugrunde liegen. Dazugehören seine Bildung, sein gesellschaftlicher Status undseine Aktivitäten vorseinem Übertritt zum Christentum ebenso wiedieTatsache seiner Konversion ansich undsein Verhalten als Seelsorger undKirchenpolitiker. Zu diesen in der Forschung bereits vielfach undgründlich behandelten Fragen möchte ich imfolgenden einige knappe Bemerkungen bieten, umdann vor diesem Hintergrund den Umgang Cyprians mit der Zeitgeschichte zunächst allgemein undschließlich anhand dereinen oder anderen

Passage auchimDetail zubetrachten. Cyprian wurde wohl um245 getauft;12 nurkurze Zeit später stieg er in den Rangeines Presbyters auf, umschließlich, Ende248oderAnfang 249,13 sogar zum Bischof von Karthago gewählt zuwerden. Diese Blitzkarriere eines eben erst getauften Heiden ist erstaunlich underklärungsbedürftig. Schon bei denZeitgenossen wardieWahl Cyprians umstritten: Innerhalb desKlerus vonKarthago vertrat eine Gruppe altgedienter Presbyter dieverständliche Auffassung, einKandidat ausihrer Mitte, derseine Eignung inlangem Dienst aufallen Stufen derHierarchie bewiesen hatte, habegrößeren Anspruch aufdenEpiskopat alsderhomonovus Cyprian.14 Ein genaueres Verständnis derkirchlichen Karriere Cyprians wird leider dadurch erschwert, daßwirnurwenige Informationen überseinLeben vorderTaufe besitzen. Dieser Umstand ist kein Zufall; bewußt hatCyprian diesen Lebensabschnitt inseineneigenen Schriften weitgehend ausgeblendet, undauch sein Biograph Pontius hält sich inseinem Lebensbild konsequent andievonseinem Helden vorgezeichnetenLinien. Wieesderchristlichen Lehre entsprach, betrachtete Cyprian seine Taufe alszweite undeigentliche Geburt, alsEintritt indaswahre Leben, dieZeit davor als Tod undDunkelheit, von der er sich endgültig abgewandt hatte.15 Gleichwohl gibt es Kontinuitäten, diebeide Lebensabschnitte miteinander verknüpfen. Cyprian hatte vorseiner Konversion, dieses Detail bezeugen mehrere Quellen, Rhetorik gelehrt. Manche Hinweise deuten an, daßer seine rednerische Gewandtheit auchvorGericht eingesetzt haben könnte, aberdieser Punkt bleibt umstritten.16 Jedenfalls hatte er eine hervorragende Ausbildung genossen, dieerhebliche finanzielle Mittel voraussetzte, wie die hohe literarische Qualität seiner Schriften ein103). 12 Sage 130f. Geboren wurde Cyprian vermutlich um200 (ebd. 100– 13 Clarke I 127Anm. 78. 143 bietet eine ausführliche Diskussion derkirchlichen Karriere Cyprians. 14 Sage 135– 217. Entsprechend hält Pontius die 69; dazu V. Buchheit, Hermes 117, 1989, 212– 15 Don. 4,59– Biographie seines Helden erst abdessen Taufe fürerzählenswert (Vita Cyp.2,1f.). ZuPontius s. P.L. Schmidt, HLL4, 1997, § 472.10. 638; 16 G.W.Clarke, TheSecular Profession of St. Cyprian of Carthage, Latomus 24, 1965, 633– 113; Clarke I 15.Sage 112f. weist zuRecht darauf hin,daßCyprian inDon.2,24f. die Sage 108– Gerichte anerster Stelle nennt undebd. 10auffällig ausführlich aufdasGerichtswesen eingeht; letzteres könnte allerdings auchdieErfahrungen vonChristenprozessen reflektieren, wofür ins203 mitlaps. 13,254– besondere derVerweis aufFolter undHinrichtungen spricht (vgl. 10,201– 256). Strobel 147denkt aneine „öffentliche politische undanwaltschaftliche Tätigkeit imSinne . desAuftretens etwadesjüngeren Plinius“

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drucksvoll bezeugt. InderTatstammte Cyprian offenbar auseiner reichen Familie. Pontius betont zwar, er habe nach derTaufe seinen gesamten Besitz verkauft und denErlös andieArmen verteilt, befindet sichaberdochineiner gewissen Verlegenheit, wenner erklärt, Cyprian habejeden Anschein affektierter Armut vermieden, undwertet dies schließlich, nicht ungeschickt, als weises Maßhalten.17 DaßCyprian auch als Bischof über ein beträchtliches Vermögen verfügte, bestätigen mehrere Indizien.18 So hatte etwaseinWohnsitz inKarthago denCharakter einer aristokratischen Residenz.19 AusdemVersteck aufdemLand, indemernachdemOpferedikt desDecius untertauchte, schickte er mehrfach auseigener Tasche Geldbeträge an seine Gemeinde.20 WasdieNachrichten überCyprians Bildung undVermögen andeuten, unterstreichen diewenigen Informationen, dieunsüber seine gesellschaftlichen Verbindungen vorliegen. Ineinem Brief, indemdierömische Gemeinde harsche Kritik daran übt, daßsich derBischof demOpferedikt desDecius durch Flucht entzog, wird Cyprian spöttisch alspersona insignis bezeichnet. Damit ist nicht sein kirchlicher Ranggemeint, sondern Prominenz nachdenMaßstäben derheidnischen Gesellschaft; gerade Christen ausderOberschicht, sodieRömer, neigten zurFlucht, wasnicht überraschen kann, dasich dieAufmerksamkeit derBehörden zuallererst aufbekannte Persönlichkeiten richten mußte.21 Cyprian verfügte übergute Kontak-

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Pontius, Vita Cyp. 6,3. Insofern verdient auch die mögliche Lesung tota prope praedia (statt totaprope/propere pretia) ebd.2,7, wonach Cyprian nurfast seinen gesamten Grundbesitz veräußert hätte, mehrBerücksichtigung (vgl. denkrit. App.zurStelle inVita diCipriano; Clarke I

125 Anm. 62). derVerfolgung unter Decius wurde Cyprian proskribiert undseine Güter eingezogen (ep. 59,6,1; 66,4,1; Pontius, Vita Cyp. 7,1), wasfreilich über die Größe seines Besitzes nichts aussagt, zumal dieBehörden möglicherweise keinen Unterschied zwischen Cyprians Privatvermögen unddemKirchenvermögen machten (so W. Wischmeyer, DerBischof imProzeß. Cyprian alsepiscopus, patronus, advocatus undmartyr vordemProkonsul, in:A.A.R. Bastiaensen 371, hier 370; vgl. u.a. (Hrsg.), Fructus Centesimus. FS G.J.M. Bartelink, Dordrecht 1989, 363– Clarke I 182f. Anm. 2). Noch unmittelbar vorseiner Hinrichtung verfügte Cyprian über beträchtliche Mittel, sodaßer fürdieOrdnung seines Nachlasses einige Zeit benötigte: Vita Cyp. Während

12,6; 13,11f. Diese horti hatte Cyprian laut Pontius (Vita Cyp. 15,1) nachseiner Taufe verkauft, aber später aufnicht näher erläuterte Weise deDeiindulgentia zurückbekommen (dazu Clarke IV 314f.); dort hielt er sich vorseiner Verhaftung imJahr 258 auf (vgl. ep. 81,1,1; Acta Cyp. 2,1). Zum Stand derForschung zudenActa Cyp. s. A. Wlosok, HLL 4, 1997, § 472.4. Ep. 7,2 (de quantitate meapropria) mitClarke I 201 Anm. 11; 14,7 (675 Sesterzen desumpticulis propriis quos mecum ferebam). Seinem Henker läßt Cyprian diebeträchtliche Summe von 25 Goldstücken zukommen (Acta Cyp.4,1 mitdemKommentar vonBastiaensen, Attie passioni488). Vgl. H.Montgomery, Saint Cyprian’s Secular Heritage, in: Studies inAncient History 223, hier 218. andNumismatics pres. to R.Thomsen, Aarhus 1988, 214– Ep. 8,1,1. 2,3 mit Clarke I 208f. Anm. 5; vgl. ebd. 34. Daß Cyprian während der Verfolgung unter Decius vonderkarthagischen Bevölkerung wiederholt adleonem gefordert wurde (ep. 7,1 mitClarke I199 Anm. 3; 14,1,2; 20,1,2; 59,6,1; Pontius, Vita Cyp. 7,2; vgl. die Befürchtungen in ep. 43,4,2), ist vielleicht nicht nurdamit zuerklären, daß der christliche Bischof zu dieser Zeitbereits grundsätzlich einebekannte Größe imöffentlichen Leben Karthagos darstellte. VielmehrmußdieHinwendung eines reichen Aristokraten zumChristentum besonderes Aufsehen erregt haben, undderHaßderbreiten Masse dürfte dadurch geschürt worden sein, daßCyprian sich undseine Ressourcen damit demüblichen Austausch vonbeneficia undhonores entzog, durch dendie Bevölkerung inForm vongestifteten Bauten, Banketten undVergnügungen ei-

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te zudenobersten Rängen derkarthagischen Gesellschaft, die er zukeinem Zeitpunkt abbrach. Nochkurzvorseiner Hinrichtung imJahr 258erhielt erBesuche von offenbar heidnischen Freunden ausdemSenatoren- undRitterstand, dieihndazuzu bewegen versuchten, sich erneut durch dieFlucht derHinrichtung zuentziehen.22 Solche Kontakte hätte Cyprian kaum pflegen können, wenn seine hochgestellten Freunde Grund gehabt hätten, über seine Herkunft oder seinen Lebensstil die Nase zu rümpfen. Daß Cyprian selbst einer senatorischen Familie entstammte, ist unwahrscheinlich. Es wird aber zu Recht allgemein angenommen, daß er nach Abstammung undVermögen zudenKreisen gehörte, ausdenen sich derordodecurionumKarthagos rekrutierte,23 zurpolitischen undgesellschaftlichen Elite einer Stadt, die nicht nurdas Zentrum derProvinz war, sondern auch eine derbedeutendsten Metropolen desrömischen Reichs.24 nenkleinen Anteil amReichtum derOberschicht erhielt. Zurallgemeinen Bekanntheit Cyp4; die Stelle scheint zuimplizieren, daßdie Haltung der rians imJahr 258 s. Vita Cyp. 15,3– Heiden ihm gegenüber (aufgrund karitativer Aktivitäten?) günstiger geworden ist (vgl. dazu auch ep. 66,3,1). 22 Pontius, Vita Cyp. 14,3: conveniebant interim plures egregii et clarissimi ordinis et sanguinis, sedet saeculi nobilitate generosi, quipropter amicitiam eius antiquam secessum subinde suaderent, et (...) etiam loca in quae secederet offerebant. Schon die vorhergehende Relegation (ep. 76,1,1 mitClarke IV 281Anm.3; ActaCyp. 1,4) nachCurubis gestaltete sich fürCyprian sehr angenehm (Vita Cyp. 11,7: nolo nunc describere loci gratiam et deliciarum omnium paraturam interim transeo; dazuMontgomery, SO71, 1996, 209f.); durch diefrequentia visitantium fratrum et ipsorum inde civium caritas (Vita Cyp. 12,2) blieb ihmkein Wunsch unerfüllt. Daß Cyprian gute Kontakte zupaganen (vgl. Bastiaensen, Vita diCipriano 265), offenbar wohlhabenden Bürgern vonCurubis besaß oderjedenfalls leicht knüpfen konnte, paßt zudemhier entworfenen Bild vonseinem gesellschaftlichen Hintergrund. AuchDem. 1 setzt häufige (1,13; 2,22: saepe) Treffen undDebatten mitMitgliedern derheidnischen Oberschicht voraus. 23 Sage 106f.; Clarke I 125 Anm. 64; H. Montgomery, Heritage (wie Anm. 20) 214f.; Wischmeyer, Der Bischof im Prozeß (wie Anm. 18) 366f.; J.B. Rives, Religion and Authority in Roman Carthage fromAugustus toConstantine, Oxford 1995, 287. Zugehörigkeit zumSenatorenstand halten fürmöglich A. Beck, Römisches Recht beiTertullian undCyprian, Halle 1930, 110f. Anm. 7; W. Eck, Chiron 1, 1971, 385f. Anm. 21; Alföldy, Cyprian 481; H.Chadwick, The Church of theThird Century intheWest, in:A. King, M.Henig (Hrsg.), TheRoman West inthe Third Century, Oxford 1981 (= Chadwick, Heresy andOrthodoxy in theEarly Church, Alder13, hier 7. Für Strobel 147f. steht „Zugehörigkeit zumindest zumRittershot 1991, XIV), 5– . DaßCyprian zudenhonestiores zählte, bestätigen derRespekt, mitdemer stand außer Frage“ 257/58 vonseiten derBehörden behandelt wurde, undinsbesondere die Form seiner Hinrich7 mitdemKommentar vonBastiaensen, Vita diCipriano 271f.; tung (Pontius, Vita Cyp. 15,3– IV 314; Rives a.O. 286f.; allgemein P. Garnsey, Social I 18,1 mit 275f.; Sage 343f.; Clarke 14. 152; R. Rilinger, HuStatus andLegal Privilege in theRoman Empire, Oxford 1970, bes. 103– miliores-Honestiores. Zueiner sozialen Dichotomie im Strafrecht der römischen Kaiserzeit, DieBedeutung derKuria131). –„ München 1988, dazuJ.-U. Krause, Gnomon 63, 1991, 127– len für die Kirche des 3. Jhs. stellt sich als eine tragende These“vonW. Wischmeyer, Von Golgotha zumPonte Molle. Studien zur Sozialgeschichte der Kirche im dritten Jahrhundert, 19, 30, 63ff., 171ff.; dasZitat 171 Anm. 29; zuCyprian s. Göttingen 1992 heraus. S. bes. 15– 177. 192, allerdings mitabwegiger Interpretation vonep. 80 auf 175– bes. 174– 24 Umzukonkretisieren, wasesbedeutete, zurFührungsschicht einer solchen Metropole zugehören, sind dieÜberlegungen vonF. Jacques aufschlußreich, wonach während derhohen Kaiserzeit derMindestzensus fürDekurionen in Karthago 400000 Sesterzen betragen unddamit dem

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Seine Herkunft undseine Bildung prädestinierten Cyprian also dafür, politische Ämter in Karthago zu bekleiden. Daßer vor seiner Taufe bereits eine politische Laufbahn eingeschlagen hatte, ist möglich, läßt sich aber nicht beweisen.25 Die Bemerkung seines Biographen, er habe denEhrgeiz der Welt, die ambitio saeculi, aufgegeben, indem er seinen Besitz veräußerte, könnte aufdenengen Zusammenhang von Reichtum und Ämterbekleidung anspielen, sagt aber nichts darüber, inwieweit Cyprian bis dahin schon politisch aktiv gewesen war.26 Weitere Anhaltspunkte bietet die Schrift An Donatus, das früheste erhaltene Werk Cyprians etwa ausdemJahr 246, in demer seinen Übertritt zumChristentum rechtfertigt. Darin äußert er in mehreren Passagen Kritik anderzeitgenössischen Gesellschaft, wobei erfast ausschließlich Themen aufgreift, diedasLeben dermunizipalen Oberschicht betreffen, insbesondere dieÄmterlaufbahn, dielokale Rechtsprechung, Großgrundbesitz undReichtum allgemein. Diese Akzente sagen unsnatürlich zunächst etwas über die gesellschaftliche Stellung des sonst nicht näher bekannten Adressaten der Schrift unddesweiteren Leserkreises, andensiesichrichtete.27 Andererseits schreibt Cyprian über diese Fragen ganz offenkundig mit derAutorität dereigenen Erfahrung. Ofthabeersich gefragt, erinnert ersich andieZeit vorseiner Bekehrung, wie ereine Lebensweise aufgeben könne, diesichinlanger Gewöhnung verfestigt habe? Diese Gewohnheiten entpuppen sich als die Lockungen des aristokratischen Lebensstils: üppige Bankette, prächtige Kleider, politische Ämter, Scharen von Klienten.28 Indirekt räumt Cyprian sogar ein, selbst so gelebt zu haben,29 undsein zu-

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Ritterzensus entsprochen haben dürfte (F. Jacques, Le privilège deliberté. Politique impériale 244], Rom 1984, 531). et autonomie municipale dans les cités del’occident romain [161– Vgl. R. Seagraves, Pascentes cumdisciplina. A Lexical Study of theClergy in theCyprianic Correspondence, Fribourg 1993, 281. Im4. Jh. undsicherlich auch schon vorher waren allerdings Männer, die öffentliche Ämter bekleidet hatten, wegen derdamit verbundenen Beflekkungen (Organisation vonSpielen, Beteiligung anOpfern undKörperstrafen) vonderkirchlichenLaufbahn ausgeschlossen (vgl. W.Eck, Chiron 8, 1978, 579). Dies galt aber vorallem für eine politische Tätigkeit nach derTaufe. Pontius, Vita Cyp.2,7. Rives (wie Anm.23) 286 hatkeine Zweifel, daßdieStelle denVerzicht aufeine munizipale Ämterlaufbahn bedeutet. Pontius zitiert mitambitio saeculi allerdings die afrikanische Version von1Joh. 2,16, sodaßer vermutlich anweltlichen Ehrgeiz, Habgier u.ä. allgemein denkt, vgl. Bastiaensen, Vita diCipriano 253. Strobel 147hält sogar eine Laufbahn imReichsdienst fürmöglich, wofür es nicht diegeringsten Anhaltspunkte gibt. 59) nutzen dieFerientage während Die beiden Gesprächspartner desPseudodialogs (Sage 57– derWeinlese (Clarke, Profession [wie Anm. 16], 634), umaneinem locus amoenus in einem großen Park–vorgestellt sind vielleicht Cyprians eigene horti (s. Anm. 19)–überdieBekehrung zumChristentum nachzudenken, eine derLebensweise derreichen Oberschicht verpflich6). DasTätigkeitsfeld derselben Kreise beschreibt Cyprian, wenn tete Szenerie (Don. 1, bes. 2– er den schönen Schein der üblichen Rhetorik ablehnt, die in iudiciis, in contione, pro rostris ausgeübt wird(Don. 2,24f.). ZumAdressatenkreis vonDon. vgl. Sage 128. 51; 10 (Gerichtswesen); 11 (Ämterlaufbahn); 12 (Reichtum, miteinem Akzent auf Don. 3,41– Großgrundbesitz). Obwohl diese Kapitel manchen konventionellen Gedanken enthalten und sichineinigen Punkten mitfrüheren Apologeten berühren (Min. Felix, Oct. 37,9f.), läßt gerade derVergleich mitdenVorgängern, die Cyprian kannte undbenutzte, die Ausführlichkeit und das besondere Engagement seiner Auseinandersetzung mit diesen Themen noch signifikanter erscheinen. 57, dieBeispiele zusammenfassend: namet ipse quamplurimis vitae prions erroriDon. 4,55– businplicatus tenebar, quibus exui meposse noncrederem.

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gleich apologetischer undprotreptischer Appell hätte auchviel vonseiner Überzeugungskraft verloren, wenn nicht sein eigenes Beispiel bewiesen hätte, daßeine Umkehr selbst in solchen Lebensverhältnissen möglich war. Es bleibt also zwar letztlich offen, ob Cyprian selbst munizipale Ämter verwaltet hat, aber die eben besprochene Passage unddiesonstigen Informationen über sein Leben lassen doch wenig Zweifel daran, daß das Milieu, das ihn prägte, von der für die Städte des römischen Reichs typischen Mischung ausReichtum, gesellschaftlichem Prestige undpolitischer Tätigkeit bestimmt war. Vor diesem Hintergrund wird Cyprians steile Karriere in derchristlichen Gemeinde besser verständlich. Seine Wahl zumBischof, bei der ihn vor allem die einfachen Gemeindemitglieder unterstützt haben sollen,30 dürfte vonderHoffnung inspiriert gewesen sein, daßer aufgrund seiner Bildung, seiner intellektuellen Fähigkeiten undinsbesondere seines hohen sozialen Status derGemeinde größeren Nutzen bringen konnte als andere.31 Tatsächlich orientiert Cyprian sich in seinem Hirtenamt häufig an der Rolle eines patronus, worauf in der neueren Forschung mehrfach hingewiesen wurde.32 Die Verteidigung des äußeren Friedens für seine Gemeinde unddasmaterielle Wohlergehen derbedürftigen Mitglieder sind wichtige Ziele seiner seelsorgerlichen Arbeit.33 Gleich zuBeginn seiner Amtszeit stürzt dasOpferedikt desDecius seine Gemeinde ineinChaos, wobei vorübergehend sogar seine Autorität als Bischof auf demSpiel steht. Das Geschick, mit demer diese kritische Situation meistert, wird verständlicher, wenn manbedenkt, daß er früher engen Kontakt zurpraktischen Politik gehabt hatte. Überhaupt ist die Terminologie, in dieCyprian christliche Inhalte faßt, weitgehend ausderweltlichen Politik über30

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434 zurRolle dereinfachen Pontius, Vita Cyp. 5; vgl. Jacques, privilège (wie Anm. 24) 426– Gemeindemitglieder beiderWahlCyprians. Greg. Nyss., Vita Greg. Thaum., PG46, 933C bezeugt fürdieZeit Cyprians ausdrücklich, daß Kandidaten vornehmer Herkunft bei Bischofswahlen bevorzugt wurden. Zurintellektuellen Überlegenheit Cyprians undderAutorität, dieerallein aufgrund seiner Bildung gegenüber seinenBischofskollegen besaß, s.V.Saxer, Reflets delaculture desévêques africains dansl’oeuvre desaint Cyprien, Revue bénédictine 94, 1984 (= ders., Pères saints etculte chrétien dansl’Eglise despremiers siècles, Aldershot 1994, XIV); M.Marin, Le sententiae LXXXVII episcoporum. Inmargine al problema delrapporto fraSacra Scrittura e Concili, Invigilata lucernis 11, 1989, 359; Clarke I16f. 329– Ch.A. Bobertz, Cyprian of Carthage as Patron: A Social Historical Study of the Role of Bishop in the Ancient Christian Community of North Africa, Diss. Yale 1988 (Mikrofilm: UMIAnn Arbor); H. Montgomery, Heritage (wie Anm. 20); ders., Saint Cyprian’s Postponed Martyr132; ders., The Bishop WhoFled: Responsibility dom. A Study of Motives, SO 63, 1988, 123– 267; C.E. Straw, Cyprian andMt. andHonour in Saint Cyprian, Studia Patristica 21, 1989, 264– 339. Vornehm5:45: The Evolution of Christian Patronage, Studia Patristica 18.3, 1989, 329– lich mitderAußenwirkung desBischofsamtes indernichtchristlichen Gesellschaft beschäftigt sichW.Wischmeyer ineinem etwas vagen Beitrag (DerBischof imProzeß, wieAnm. 18), der zudem dieneuere Literatur völlig ignoriert. Voneiner einfachen Übernahme derInstitution desPatronats indenchristlichen Kontext kann jedoch keine Rede sein. Zumindest idealiter füllte die christliche Lehre das Verhältnis zwischen reichen undarmen, mächtigen undeinflußlosen Gemeindemitgliedern miteinem ganz anderen Inhalt. Cyprian selbst greift wiederholt inscharfer FormEgoismus, Habgier undArroganz heidnischer Patrone an, umdie christliche Solidarität davon abzusetzen; vgl. Straw (wie 332. Anm. 32) 330–

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nommen.34 Die kirchlichen Ämter vergleicht er mit einem cursus honorum;35 er selbst gewinnt nicht zufällig allmählich eine überragende Autorität in der afrikanischen Kirche, gebärdet sich wie ein Statthalter undspricht ausdrücklich von seiner provincia.36 Theologie undExegese betreibt Cyprian kaum einmal umihrer selbst willen, sondern sie sind stets praktischen Zielen derSeelsorge undKirchenpolitik untergeordnet. Während seiner gesamten Amtszeit kreist sein Denken umdieorganisatorische Struktur der Kirche, um Amtsverständnis, Hierarchie, Autorität und Ordnung, sämtlich Elemente, diedenAufbau desrömischen Staates kennzeichnen. Michael Sage schreibt, Cyprian sei kein Theologe gewesen, sondern ein Administrator, zu Recht, falls mandas Wort nicht despektierlich versteht.37 Cyprians Auffassung vonseinem AmtundvomAufbau derKirche ist durch unddurch geprägt vonDenkmustern, dieihmlange vorseiner Taufe inFleisch undBlut übergegangen waren. Damit kommen zu äußerlichen Merkmalen wie Vermögen, Bildung und Beziehungen auch mentale Kontinuitäten, die Cyprians früheren Lebensabschnitt mitseiner christlichen Phase verbinden. Wie ich eingangs bereits betont habe, müssen dieBiographie unddie Persönlichkeit Cyprians, die hier nurin aller Kürze behandelt werden konnten, stets im Blick bleiben, wennes darum geht, sein Bild vonderZeitgeschichte zuverstehen. Wennmandiedafür relevanten Passagen zusammenstellt, sofällt sofort auf, daßer sich nurin einem kleinen Teil seiner Schriften überhaupt mitsäkularen Fragen beschäftigt. Ebenso wieer, obwohl hochgebildeter Rhetor, konsequent aufKlassikerzitate verzichtet undnur noch mit Bibelversen argumentiert, hat sich der für eine glänzende Karriere prädestinierte Cyprian mitseiner Taufe entschieden vondersäkularen Politik abgewandt.38 In seinen Texten spiegelt sich dies in derKonzentration aufinnerkirchliche Fragen; die Zeitgeschichte interessiert denAutor Cyprian nurinsofern, alsseine Gemeinde unddieKirche insgesamt betroffen sind, undwenn er aufsieeingeht, dannimmer imRahmen ganzbestimmter Argumentationszusammenhänge undDarstellungsabsichten. Diese Einschränkung sei vorausgeschickt, weil Alföldy gelegentlich denEindruck erweckt, als habe es derBischof vonKarthago geradezu darauf abgesehen, einen kritischen Bericht über denZustand des 164; Seagraves (wie Anm.25) 32– 35. 222– 237; Montgomery, Heri34 Beck (wie Anm. 23) 156– 294. tage (wie Anm. 20) 217, 219; Rives (wie Anm. 23) 287– 35 Ep. 55,8,2 mitClarke III 173f. Anm. 32. Vgl. auch denanEhreninschriften erinnernden Preis 2; Seagraves (wie Anm.25) 281. desConfessors Celerinus undseiner Familie inep.39,3,1– 36 Ep.48,3,2 mitClarke II 258 Anm. 15; ep. 27,3,1 mitClarke I 19. 359 Anm. 14; ep. 55,21,1 mit Clarke III 196 Anm. 93. Zurquasi-metropolitanen Stellung Cyprians vgl. oben Anm. 31 und 304. Rives (wie Anm. 23) 302– 37 Sage 116. Vgl. Clarke I 19: „ (...) wearestudying nota theologian buta pastoralist whohadto deal, byforce of circumstances, withtheological problems embedded inthepractical decisions of his administration.“J. Fontaine, Aspects et problèmes dela prose d’art latine auIIIe siècle, , „homme de gouvernement“ . Mohrmann, Vita di CiTurin 1968, 156: „pasteur responsable“ priano XII: „ V. Cipriano eraunpastore dianime e unuomod’azione, piuttosto cheunteologo.“ Saxer, Cyprien, Unité del’Église. Einleitung, Übersetzung, Erläuterungen, Paris 1979, 14:„ hom. . Strobel 149: „innerkirchlicher Realpolitiker“ med’ordre“ 38 ZurAbkehr vonderWelt s. Don. 14mitdemKernsatz: nihil adpetere iam, nihil desiderare de 32. saeculo potest, quisaeculo maior est. Vgl. mort. 26,430–

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römischen Reichs zugeben.39 Eher dasGegenteil ist derFall. FürdasImperium als Ganzes unddasKaisertum zeigt Cyprian nurwenig Interesse. Gegenüber demChristenfeind Demetrianus betont er, dieGemeinde bete unablässig „ fürdieAbwehr der Feinde undfür Regen unddafür, daßalle Widrigkeiten vonunsgenommen oder , undinsbesondere auchpropace ac salute vestra, doch gemildert werden mögen“ fürdenFrieden unddasHeil derHeiden.40 Undgegenüber demProconsul Paternus, derCyprian imJahr 257 insExil schickte, soll derBischof nachAngabe derMärtyrerakten erklärt haben, er kenne nurdeneinen undwahren Gott, derHimmel und Erde erschaffen habe: „ Zuihmbeten wirTagundNacht fürunsundfüralle Men41DasGebet für alle Menschen, also schen undfür dasWohlergehen derKaiser.“ auch fürdieHeiden, fürdieSicherheit unddenFrieden desReichs unddieGesundheit der Kaiser, mit demschon Tertullian die Loyalität der Christen nachweisen wollte, scheint fürCyprian undseine Gemeinde demnach eine alltägliche Gewohnheit gewesen zusein. Kaiser undReich bildeten denselbstverständlichen Rahmen seines Lebens undderExistenz derGemeinde undsindalssolcher indirekt inseinen Schriften präsent.42 Aberebenso, wiedasGebet fürdenErhalt derstaatlichen Ordnungnurandenbeiden zitierten Stellen fast beiläufig erwähnt wird, hält Cyprian es nirgends inseinem Werkfürnötig, dieVor- undNachteile dieser Staatsordnung und dasVerhältnis derChristen dazunäher zuanalysieren.43 AuchdieProbleme, diedasReich alsGanzes belasteten, interessieren Cyprian nur marginal. Hinweise auf die immer häufigeren Kriege bleiben summarisch,44 nochbeiläufiger gelegentliche Anspielungen aufUsurpationen;45 Cyprian setzt sich nicht einmal ansatzweise mitderen Ursachen undFolgen auseinander. DenToddes Decius in der Schlacht von Abrittus wertet er als prompte Strafe Gottes für den Verfolger der Christen.46 Diese durch denZufall ermöglichte Geschichtskonstruk-

(...) eine tiefergehende Analyse der Krise des Imperiums gibt uns Alföldy, Cyprian 296: „ jedoch nureinchristlicher Autor dieser Zeit –Cyprian (...).“ 404. 40 Dem. 20,391– 41 Acta Cyp. 1,2; vgl. denähnlichen Hinweis vonCyprians Zeitgenossen undBischofskollegen Dionysios vonAlexandria (Euseb. HE7,11,8) undzurapologetischen Funktion des Argumentes Clarke IV 10f. Weitere Quellen zumchristlichen Gebet fürKaiser undReich finden sich bei P. Guyot, R. Klein, Dasfrühe Christentum biszumEndederVerfolgungen I, Darmstadt 1993, 429 (Kommentar). 221, dazu423– 210– 42 So spielt Cyprian etwa in Don. 13 mit demGemeinplatz der philosophischen Diatribe, daß gerade derMächtigste amwenigsten inneren Frieden habe, aufdenKaiser an,aberes geht ihm 39

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dabei bezeichnenderweise nurumethische Fragen, nicht umpolitische. Tertullian etwahatte dasGebet fürKaiser undReich damit begründet, daßdasrömische Reich als ordnende Macht dasChaos desWeltuntergangs verzögere undinsofern auchausSicht der Christen positiv zubewerten sei(vgl. R. Braun, Christianisme etpouvoir impérial d’après Ter66; Alföldy, Cyprian 295f.; Strobel tullien, in: ders., Approches deTertullien, Paris 1992, 57– 89. 108f.). Cyprian versucht dagegen nicht einmal ansatzweise, die –positive oder negative – Rolle desReichs innerhalb einer christlichen Geschichtskonzeption zuerörtern. 78. S. unten Anm.76– 180. Ep. 55,9,1 mitClarke III 178– 337; daßes hier umAbrittus geht, hatzuletzt wieder Heck, Diezentrale Stelle istDem. 17,332– 180 mitüberzeugenden Argumenten gegen Gallicet, A (wie Anm. 1) 172– ΙΝ Ε Χ Α Ο Μ Η Θ Ε Μ 61 betont; zustimmend Strobel 171Anm.261. Cyprian spielt aufdieses EreigDemetriano 56–

Cyprian: Derchristliche Blick auf die Zeitgeschichte

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tion nutzt Cyprian als theologisches undpropagandistisches Argument; er macht aberkeine Anstalten, sichmitdenmöglichen Konsequenzen derkatastrophalen Niederlage oderdererneuten Schwächung derZentralmacht durch denraschen Todder Decier zubefassen. Cyprian nimmt also zwei derwichtigsten Faktoren, welche die

Stabilität des Reichs untergruben, dauernde Kriege undrasche Herrscherwechsel, durchaus wahr, aber er analysiert weder die Hintergründe dieser Phänomene noch bezeichnet er sie explizit alseine Bedrohung fürdieExistenz desReiches. ZudemBefund, daßCyprian demImperium als Ganzem nurwenig Aufmerksamkeit widmet, paßtesnunganzundgarnicht, wennGezaAlföldy ihnalsscharfen Beobachter einer Reichskrise interpretiert. Zu Alföldys Bild von Cyprian gehört dabei auch die Vorstellung, dieser sei wegen seiner ausgedehnten Korrespondenz undseiner guten Beziehungen zurOberschicht ständig darüber aufdemlaufenden gewesen, was sich in denverschiedenen Regionen des Imperiums abspielte. Als Beleg fürdieexzellenten Verbindungen Cyprians verweist Alföldy aufEp. 80, aus demhervorgeht, daßderBischof noch vordemProvinzstatthalter denInhalt des zweiten Christenediktes Valerians kannte. Cyprian, so derSchluß Alföldys, hätte verüber einen ausgezeichneten Nachrichtendienst selbst amkaiserlichen Hof“ „ Geheimbefehlen“verschaffte.47 Obwohl es nunzu fügt, derihmsogar Zugang zu„ dieser Zeit zweifellos Christen in derNähe desKaisers gab, ergibt eine nüchterne Lesung desBriefes docheinweniger spektakuläres Szenario. Bei derInitiative Va, sondern umeine offenbar Geheimbefehl“ lerians handelte es sich nicht umeinen „ bereits umgesetzt wurRom in die Konstitution, sanktionierte Senat zusätzlich vom Diese benötigten also garkeine dort eintrafen.48 de,als dieAbgesandten Cyprians Daß zu bekommen.49 Informationen gewünschten die um besonderen Beziehungen, Statthalter der offidas bevor eintrafen, sie mitdenNeuigkeiten wieder inKarthago zielle Schreiben des Kaisers erhielt, ist auf die Schwerfälligkeit des Dienstweges zurückzuführen. Diese wurde imJahr 258 nochdadurch erhöht, daßweder Valerian nochGallienus sich inRomaufhielten.50 Sicherlich begünstigte derstets rege Briefwechsel zwischen denGemeinden in RomundKarthago denFluß vonInformationenausderReichshauptstadt indieProvinz. Dabei ist aberzuberücksichtigen, daß die Krisenherde, deren aufmerksamer Beobachter Cyprian nach Alföldy gewesen seinsoll, teilweise weitentfernt vonderHauptstadt lagen unddieKaiser sichgerade deshalb immer seltener inRomaufhielten. Auchdieweitverzweigte Korrespondenz

47 48 49

50

nisaußerdem inep. 55,9,2 undwohl auch in laps. 1,2f. an; vgl. Clarke III 181f. Anm.45 und 185. Bestrafung desGottesverächters“beiCyprian Heck, a.O. 148– allgemein zumMotiv der„ Alföldy, Cyprian 297f.; Bewußtsein 117. Zudenverfahrensrechtlichen Details inep.80 s. gegen Clarke IV 300f. Anm.4 und304 Anm. 11 K.-H. Schwarte, Die Christengesetze Valerians, in: W. Eck (Hrsg.), Religion undGesell133. 163, hier 130– schaft in derrömischen Kaiserzeit. FS F. Vittinghoff, Köln/Wien 1989, 103– Vgl. auch Schwarte, a.O. 133 mitAnm. 78. Daßdie karthagische Gemeindeleitung sich in diesem Fall rasch undeffektiv Informationen beschaffen konnte, braucht im übrigen nicht die Regel gewesen zusein. Nach demOpferedikt desDecius jedenfalls geschah dasGegenteil: Cyprian gelang eserst nachbeträchtlicher Zeit, eine Bestätigung fürdieumlaufenden Gerüchte zuerhalten, wonach Bischof Fabian dasMartyrium erlitten hatte (ep. 9,1,1; vgl. Clarke I 29 mit Anm. 157f.). Clarke

IV 301 Anm. 5.

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CHRISTOF SCHULER

Cyprians, dievonSpanien bis Kappadokien reichte,51 darf nicht überbewertet werden. Obwohl viele seiner Briefe nicht indieÜberlieferung eingegangen sind, geben dieaufunsgekommenen zahlreichen Beispiele dochkeinerlei Anlaß zuglauben, in Cyprians Kanzlei seien laufend Nachrichten eingetroffen,

dieihmeinen Überblick

überdieEntwicklungen imganzen Reich gegeben hätten. Nochwichtiger ist, daßer einsolches Ziel ganzoffenkundig garnicht verfolgte; dieerhaltenen Briefe sindfast ausschließlich kirchenpolitischen Fragen gewidmet. Ähnliches gilt fürdiePassagen, indenen Cyprian vomhereinbrechenden Ende derWelt spricht. Indiesem Zusammenhang ist Alföldy zunächst zuzugestehen, daß derartige Gedanken bei Cyprian tatsächlich zukeinem Zeitpunkt so gehäuft undin solcher Eindringlichkeit auftreten wieindenJahren 251– 253.52 DerBischof bezieht sich abernirgends ausdrücklich aufeinen bevorstehenden Untergang desrömischen Reiches, undes sindauchnicht säkulare Krisensymptome, dieihnzuseinen düsterenAnkündigungen veranlassen, sondern die sich immer mehr zuspitzenden inne-

51 DieBelege stellt Clarke I 5f. zusammen. 52 Dies betrifft vorallem Dem., mort. undep. 57– 58, die inengem chronologischen undinhalt216; Heck, Μ 13, 213– Η Θ Ε Ο Μ lichen Zusammenhang stehen; s. etwa Clarke III 9– Α Χ Ε ΙΝ (wie Anm. 1) 156f.; J.H.D. Scourfield, TheDe mortalitate of Cyprian: Consolation andCon41, hier 23. Zur Chronologie der Schriften Cyprians, die Alföldy, text, VChr 50, 1996, 12– Cyprian 296 als „ 383; HLLpassim. imgroßen undganzen alsgeklärt“betrachtet, s. Sage 377– Die gedankliche Entwicklung Cyprians betont Alföldy, Cyprian passim; Bewußtsein 117f. Widersprüchliche Stellungnahmen dazubeiStrobel 151f. Anm. 102, dereinerseits meint, Alföldy , lehne „ zuRecht dieAnnahme einer durchgehenden Weltuntergangsstimmung beiCyprian ab“ andererseits aberdessen Entwicklungsschema mitderSpätdatierung derSchrift AdFortunatum durchbrochen sieht. InderTatspricht dereinzige stichhaltige Anhaltspunkt, überdenwirverfügen, diePosition derSchrift amEndederListe beiPontius, Vita Cyp. 7,11, füreine Datierung andenBeginn derVerfolgung unter Valerian imJahr 257 (HLL § 478.18). Auffällig bleibt aber, daßderausdenunten Anm.54 zitierten Stellen ausdemJahr 253 bekannte Zusammenhang zwischen Vorhersagen derSchrift, Verfolgungen undEndzeit sich in Fort. Praef. 1 und 81, diewährend dervalerianischen VerLemma XI exakt wiederholt, während ep.76 und80– folgung entstanden sind, keine Spurdieses Konzeptes enthalten (so zuRecht Alföldy, Cyprian 302f. Anm. 39 gegen Strobel 158Anm. 157). DerGrund könnte darin liegen, daßdieMaßnahmenValerians nurdenKlerus betrafen, dersich diesmal gutgerüstet zeigte (ep. 80,1,1 mit Clarke IV 300 Anm.4). Cyprian hatte somit keinen Anlaß zumPessimismus undverzichtete vielleicht deshalb aufdiedüstere Drohung mitdemnahenden Antichristen. Wenn die Spätdatierung vonFort. zuträfe, änderte dies freilich nichts anderHäufung apokalyptischer Gedanken indenSchriften derJahre 252/3; gegen Alföldy bestätigte sich aber, daßdiese Gedanken von innerkirchlichen Problemen motiviert sindundanihrem Auftreten hinsichtlich derallgemeinen Situation imReich nichts abgelesen werden kann. Häretiker werden im übrigen auch in den Jahren zwischen denVerfolgungen vonCyprian nicht nurmitdemAntichrist verglichen (ep. 3), sondern sogar gleichgesetzt, wobei er häufig denPlural antichristi verwendet (ep. 59,18,2– 74 passim). DerGebrauch wirdschließlich beinahe inflationär, wobei bezeichnenderweise 69– derAspekt desZeitenendes gegenüber derDiffamierung derGegner immer mehrindenHintergrund tritt (s. bes. ep. 70,3,2– 3; richtig gesehen vonAlföldy, Cyprian 305 gegen Strobel 152 Anm. 102, 156 Anm. 145). Ganz ausderDiskussion herausgehalten werden mußdie pseudocyprianische Schrift Quodidola dii nonsint, die erst im4. Jh. entstanden sein kann; s. A. Wlosok, HLL4, 1997, § 481.3 undinsbes. E. Heck, Pseudo-Cyprian, Quodidola dii nonsint und Lactanz, Epitome divinarum institutionum, in: M. Wacht, (Hrsg.), Panchaia. FS K. Thraede, 155 (gegen Alföldy, Cyprian 300; Strobel 166). Münster 1995, 148–

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ren Probleme der Kirche. Die Streitigkeiten über die lapsi, über die Frage also, wie manmit denen verfahren sollte, die demOpferedikt des Decius gehorcht hatten, belasteten die Kirche mehr als die Verfolgung selbst,53 undzugleich befürchtete manin Karthago eine neue, noch schlimmere Verfolgungswelle.54 Diese Sorgen unddie im Gefolge der Decischen Verfolgung nunallenthalben zu beklagenden

Schismen undHäresien waren es, dieCyprian als Anzeichen fürdasKommen des Antichrist wertete.55 Dazukameine verheerende Seuche, dienicht nurviele Opfer forderte, sondern auch dieGemeinde in schwere Glaubenszweifel stürzte, weil die Überlebenden sichfragten, warum ihrGottdieChristen ebenso wiedieHeiden strafte.56 Mit ruina, clades, strages undanderen Metaphern für Katastrophen undZer20, 330f. 53 S. bes. laps. 6,318– 54 Ep. 58,1,2: (...) necputemus talia esse quae veniunt qualia fuerunt illa quae transierunt. Gravior nuncetferocior pugna imminet. DieBedrohung wurde alssogroßempfunden, daßmandie unter Decius Gefallenen, soweit sie Buße getan hatten, nunwieder in dieGemeinde aufnahm (Clarke III 9f.). Diese plötzliche Aufhebung derBußverpflichtung, umderen Durchsetzung so lange gerungen worden war, zeigt, daßCyprian miteiner Krise rechnete, welche dieExistenz derGemeinde bedrohte, undvorher die Reihen schließen wollte. Zursog. Verfolgung unter 17,derzudemüberzeugenden Schluß Gallus s. diegründliche Untersuchung vonClarke III 4– kommt, daßGallus keine neuereichsweite Verfolgung initiierte; dieHinweise beiCyprian sind aufeinlokales Opferedikt zubeziehen. Bemerkenswert ist, daßCyprian dieVerfolgung unter Decius nicht alsAnzeichen desWeltenendes deutete, sondern ausschließlich alsBestrafung für die Sünden derChristen wertete (ep. 11,1,2. 5,3; laps. 5f. 21). ImRückblick tadelt Cyprian die Gemeinde dannfürihre Ungläubigkeit undihrVersagen, weilVerfolgungen dochinderSchrift 146; vgl. Fort. XI). Voneinem Nahen derEndzeit ist aber vorhergesagt seien (laps. 7,120. 129– auch hier noch keine Rede, Cyprian erwähnt nurbeiläufig denTagdesGerichts (laps. 9,175) 361, wodas 351; 18,357– nachdemUntergang derWelt, dessen Ferne er sogar betont (17,348– Thema vonbon. pat. anklingt; 23,460). Die karthagischen confessores imGefängnis möchte Cyprian zuAnfang derVerfolgung bestärken, indem er ihnen denLohn imJenseits undihre Rolle beim Jüngsten Gericht vorAugen hält (ep. 6,2: iudicaturos voset regnaturos cumChristo Domino cogitatis), ebenfalls ohne die geringste Andeutung einer Naherwartung (ähnlich ep. 10,5,1). Dies ändert sich mitderErwartung einer neuen Verfolgung imFrühjahr 253: Eine erste Andeutung enthält ep.57,3,3: Deus(...) cito venturus et(...) iudicaturus. Ganzdeutlich wird Cyprian danninep.58,1,2. 2,1; vgl. Clarke III 228f. 55 Inep.59,18,2 beklagt Cyprian, dieHäretiker seien eine größere Belastung fürdieKirche alsdie Verfolgung (haeretici ... ipsam pacem persecutione peiorem fratribus faciunt); ebenso unit. 1; inep.43,3,1 werden Schismen außerdem als WerkdesTeufels gebrandmarkt. Er betont aber, Häresien undSchismen seien inextremis temporibus nicht verwunderlich, sondern vielmehr in derSchrift vorhergesagt (unit. 16;ep.59,7,1; 67,7). Zurinflationären Diffamierung vonSchismatikern alsantichristi s. obenAnm.52. DaßdieEndzeitgedanken Cyprians durch dieinneren 303,jedoch ohne Probleme derKirche hervorgerufen werden, sieht auchAlföldy, Cyprian 300– dieKonsequenzen zuziehen. DieProblematik wirddeutlich, wennAlföldy (ebd. 311) dieChristenverfolgungen als Krisensymptome bezeichnet, als obsie aufeiner Ebene mitKriegen und ökonomischen Problemen stünden. Fürdieheidnischen Zeitgenossen mögen Christenprozesse zwar ein Unruhefaktor gewesen sein, Anzeichen fürdasEnde derWelt sahen sie darin aber zweifellos nicht, schon eher einen Beweis für die Handlungsfähigkeit der Behörden. Vgl. Thedeterminant ofhis(scil. Cyprian’s) views waspastoral needs. MacMullen (wie Anm.5) 8: „ (...) it wastheagony of Christians thatcaused themtoseeeverything around themasthescene of theworld’s end, anendlikewise embracing andpunishing their pagan oppressors.“ 56 Die Verwirrung, in welche die Gemeinde gestürzt wurde, klingt in mort. 1 deutlich an. Sage 270f. sieht in derSeuche denentscheidenden Anstoß für die apokalyptischen Vorstellungen Cyprians.

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störung beschreibt Cyprian nicht denZustand desImperiums, sondern derKirche, unddieZerrüttung derKirche, mitwelcher er sein Leben ganz undgarverbunden hatte, bestimmt dann sein Urteil über die Welt im allgemeinen. Karl Strobel hat zudem zuRecht darauf hingewiesen, daßdieRede vomEnde derWelt bei Cyprian imRahmen deskonventionellen christlichen Geschichtsbildes gesehen werden muß, wonach mitChristus undderGründung derchristlichen Kirche dasletzte Zeitalter dieser Welt angebrochen war. Eine konkrete Naherwartung ist damit nicht verbunden; niemals warnt Cyprian explizit davor, daßdie Welt innerhalb der nächsten Jahre untergehen könnte.57 Unübersehbar ist derKontrast zwischen seiner pastoralen Rhetorik undseinem kirchenpolitischen Handeln, das stets auf Stabilität und Langfristigkeit ausgelegt ist undkeinerlei Spuren vonendzeitlichem Enthusiasmus zeigt.58 Es trifft zwar zu, wie Alföldy unterstreicht, daß sich die Hinweise auf die

ineinem bestimmten Zeitraum häufen, indenselben Jahren verfaßte Cyprianaber auchSchriften, indenen sich nicht diegeringste Anspielung aufeinWeltenende findet.59 Diese Beobachtungen führen fast zwingend auf eine Deutung, die Strobel ausführlich vertreten hatunddie hier nicht imDetail nachgezeichnet werdensoll: Bei Cyprian kommt esnicht nuraufdenAbfassungszeitpunkt eines Briefes oderTraktates an,sondern mindestens ebenso sehraufdenAdressaten unddasZiel, dasCyprian erreichen wollte. DieRedevomWeltenende gehtbeiihmstets mitdem Hinweis aufdasJüngste Gericht einher undentpuppt sich damit als protreptisches Argument, das Cyprian immer dann gezielt einsetzt, wenn es darum geht, seine Herde in schwierigen Zeiten zusammenzuhalten oder besonders widerspenstige Unruhestifter zurUmkehr zubewegen.60 Cyprian geht es darum, dasHeil deseinEndzeit

167. 57 Strobel 155–

Strobel 154f.; S. Deléani-Nigoul, Croissance et progrès spirituel dubaptême auroyaume selon XIIIe siècle, Saint Cyprien, in: Le temps chrétien dela fin de l’Antiquité auMoyen Age, IIIe– 343, bes. 327; Montgomery, Colloques internationaux du CNRS No. 604, Paris 1984, 327– Martyrdom (wie Anm.32) 127f. Ähnlich situationsbezogene, umnicht zusagen widersprüchliche, Stellungnahmen finden sich bei Cyprian auch in anderen wichtigen Fragen, vgl. Saxer, (wie Anm. Χ Ε ΙΝ Θ Ε Ο Μ Α Η unité (wie Anm.37) 21 (Primat desrömischen Bischofs); Heck, Μ 172 (Tag der Rache an denChristenfeinden unmittelbar im Diesseits oder erst in der 1) 168– Endzeit). 171. (wie Anm. 1) 169– 59 Strobel 153f.; Heck, Μ Ε ΙΝ Μ Α Χ Ο Θ Ε Η 60 DerHinweis aufdasWeltenende inep.58 dient demselben Ziel wiedieWiederaufnahme der lapsi: Die Gemeinde soll fürdiekommende Bewährungsprobe zusammengeschweißt, dieEntschlossenheit derChristen zuBekenntnis undMartyrium gestärkt werden. Cyprian selbst stellt diesen Zusammenhang her: scire enimdebetis (...) pressurae diemsuper caput esse coepisse et omnes ad proeoccasum saeculi atque antichristi tempus adpropinquasse, ut lium stemus (ep. 58,1,2; vgl. 2,1: nemoquicquam desaeculo iammoriente desideret; 7,1: LaßtEuchnicht schrecken, seidgewappnet, denkt andenLohn). Exakt dieselbe Argumentation findet sich, bezogen aufdie Anfechtung durch die Seuche, in mort. 2, etwas anders gewendet ebd. 25. Ebenso dürfen sich dieChristen voninneren Spaltungen nicht irre machen lassen; sie sind inderSchrift fürdieEndzeit vorhergesagt, undihrEintreffen beweist nurdieRichtigkeit 17,bes. 16, 408f.: adimplenturquaecumque praedicta sunt; 17,414–16: desGlaubens (unit. 16– nontarnen nosmoveat autturbet multorum nimia etabrupta perfidia, sedpotius fidem nostram praenuntiatae rei veritate corroboret). Nachep.61,2,3 ist es Aufgabe desBischofs, (plebem) 7. Treffend formuliert Deléainminente antichristo (parare) adproelium; vgl. Fort. Praef. 1,1– (...) Cyprien envisage le temps defaçon positive enfonction de ni-Nigoul (wie Anm.58) 328: „

58

parati

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zelnen Menschen zu retten, das nach seiner festen Überzeugung bei falscher Lebensführung unwiederbringlich verloren ist.61 Indemunermüdlichen, bisweilen fast verzweifelten Bestreben des Seelsorgers Cyprian, diese existenzielle Gefahr von seiner Gemeinde abzuwenden undihren Glauben zustärken, liegt derSchlüssel zu seinen düsteren, balddrohenden,62 baldbeschwörenden63 Visionen vomWeltuntergang. Cyprian rechnete also weder damit, daßdasrömische Reich in Kürze untergehenkönnte, nochverwendete erviel Mühedarauf, dieProbleme desImperiums zu analysieren. Wie ist unter diesen Voraussetzungen nundasZeitzeugnis Cyprians, wie wir es vor allem in denbeiden apologetischen Schriften AnDonatus undAn Demetrianus fassen, zu bewerten? Das vielleicht 246 entstandene Frühwerk An Donatus nimmt gegenüber allen späteren Schriften Cyprians eine Sonderstellung ein. Nicht nur die fiktive Szenerie in ländlich-heiterer Umgebung knüpft an das klassische Muster desphilosophischen Dialogs an,auch in vielen anderen Anspielungen verrät Cyprian seine Vertrautheit mitdenMeisterwerken der lateinischen Literatur,64 undstilistisch zieht er alle Register seiner rhetorischen Bildung. Der eben Konvertierte läßt hier seine Vergangenheit als hochgebildeter Rhetor noch deutlich durchscheinen, während derBischof Cyprian einen schlichteren, dabei aber keineswegs kunstlosen Stil pflegt undKlassikerreminiszenzen gegenüber Bibelzitaten völlig in denHintergrund drängt.65 Trotz seines besonderen Charakters hat jedoch auch derDonatus letztlich keine andere Funktion als diespäteren Schriften Cyprians: Der Text dient pastoralen Zwecken, indem Cyprian seinen Mitchristen und insbesondere den Neubekehrten den Rücken stärkt und ihnen Argumente für dieAuseinandersetzung mitheidnischen Gegnern andieHandgibt. Zugleich sollen die Kritik an derGesellschaft unddie Schilderung desBekehrungserlebnisses mit seiner befreienden Wirkung aber auch bei Außenstehenden für das Christentum werben. Mit seiner Gesellschaftskritik knüpft Cyprian hier, wenn auch unter geän-

61 62

63

sujet qu’il traite, en fonction des circonstances ou en fonction de ses destinataires. S’agit-il d’armer les fidèles contre la persécution, l’épidémie oule schisme, l’appréciation négative prévaut; s’agit-il aucontraire delesexhorter à uneviepaisible etcharitable, l’appréciation positive theconstant andstrident talk Vgl. ebd. 331f. undClarke III 8, derzwar„ l’emporte à sontour.“ 253 als „more thanemotive rhetoric“betrachtet, zugleich aber of Antichrist“indenJahren 251– „ a general hortatory tone andhomiletic purpose“unabhängig vonkonkreten Ereignissen hervorhebt. S. etwa ep. 43,3,1: sedoro vos,fratres, vigilate contra insidias diaboli etpro vestra salute (...) 8; ep.4,3,3. diligentius excubate. Ähnlich unit. 1, 1– 367; 18,3, 531; vgl. Dem. 9,152–157. Scourfield (wie Anm. 52) 28 S. etwa ep. 59,13,4, 363– 239: „ Oneof the techniques used byCyprian to hold together the kommentiert mort. 14,233– Christians of Carthage at this time is thus thearousal of fear for their immortal souls.“Ebd. 29 spricht er sogar von„ terror tactics“ . Besonders eindrucksvoll inep. 58,1,2: scire enimdebetis etpro certo credere ac tenere ... Vgl. mort. 6,84f.: (...) fides deest, (...) nemo credit vera esse quae promittit Deus qui verax est.

261. 64 Saxer, Reflets (wie Anm. 31) 259– 65 Zurbewußten Verdrängung derheidnischen Literatur inCyprians späteren Schriften, inderdie Entschiedenheit seiner Konversion zumAusdruck kommt, vgl. ausführlich Fontaine (wie Anm. 176; Clarke I 17f. 37) 149–

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derten Vorzeichen, anVorbilder wie Seneca, Lukrez, Vergil unddie Satire an,66 deren Bahnen erimGrunde nicht verläßt: Voneinem drohenden Untergang istkeineRede,67 beklagt wirdinerster Linie einangeblicher moralischer Verfall, unddie Kritik fällt zumgrößten Teil insichzusammen, wennderLeser dieethischen Grundsätze Cyprians nicht teilt. Objektive Mißstände, die das Reich belasten könnten, werden kaum genannt. Es ist deshalb völlig verfehlt, wenn Ch. Markschies den eine derschärfsten zeitgenössischen Beschreibungen derReichskrise“ Donatus als„ bezeichnet.68 DieVerarbeitung literarischer Topoi bedeutet jedoch keineswegs, daß Cyprian nicht vondemüberzeugt war,waserschrieb; daßseine Entscheidung, sich taufen zulassen, miteiner radikalen Abkehr vonderbisherigen Lebensführung verbunden war, ist nicht zubezweifeln. Obwirallerdings dieselbe Radikalität fürDonatus voraussetzen dürfen, welcher offenbar noch derUnterweisung Cyprians bedurfte, umgegen weltliche Versuchungen immun zuwerden, istzumindest zweifelhaft. Sicherlich hoffte Cyprian mit demDonatus auch weitere Mitglieder derOberschicht zu erreichen, die sich ebenfalls in einer persönlichen Sinnkrise befanden. Wie hoch derAnteil solcher Personen anderkarthagischen Oberschicht warund auswelchen Motiven sie sich letztlich fürdasChristentum interessierten, läßt sich jedoch nicht sagen. Aufgrund dieser Unbekannten ist es kaum möglich, aus dem Donatus aufallgemeinen Pessimismus undDesillusionierung zuschließen. Festzuhalten ist aber, daßCyprian darin dieLebenswelt reflektiert, dererselbst entstammte,diejenige derdünnen politischen undgesellschaftlichen Führungsschicht Kartha-

gos.

Während Donatus selbst Konvertit war, steht Demetrianus, andenCyprian 252 oder253 seine einzige imengeren Sinn apologetische Abhandlung richtete, fürdie böswilligen Kritiker, diedasChristentum füralle ÜbelderZeitverantwortlich machten. Thematik undapologetische Absicht bringen es natürlicherweise mitsich, daß Cyprian ganzentschieden Schwarz undWeiß malt. Diese zwangsläufige Einseitigkeit undÜbertreibung ist bei derInterpretation unbedingt in Rechnung zustellen, bedeutet aber nicht, daßCyprian die vonihmangesprochenen Probleme erfunden hat. DieÜberzeugungskraft desDemetrianus stand undfiel mitderBereitschaft der

Leser, Cyprians Beurteilung des Zeitgeschehens wenigstens ansatzweise zu übernehmen. Denn in auffälligem Gegensatz zuderGepflogenheit desapologetischen Genres, denGegner mit deneigenen Waffen zuschlagen,69 verzichtet Cyprian in

zwischen Cyprian undSeneca grundlegend: H. Koch, Cyprianische Untersu313. Anspielungen aufnichtchristliche literarische Autoritäten solchungen, Bonn 1926, 286– len dabei nicht so sehr, wie sonst in der Apologetik üblich, die Richtigkeit des christlichen Standpunktes nachdeneigenen Maßstäben derheidnischen Kritiker beweisen. Vielmehr setzt Cyprian diese Anklänge gezielt ein, umsich vonderpaganen Philosophie abzugrenzen unddie grundlegende Andersartigkeit desChristentums deutlich zumachen. Vgl.V. Buchheit, Cyprian –Seneca unddie laudes agricolarum Vergils, RhM 122, 1979, 348– 359; ders., Nonagnitione 334; ders., Nonhomini sedDeo (Cypr. Don. sedgratia (Cyp. Don. 2), Hermes 115, 1987, 318– 226. S. außerdem ep. 55,16,1; 60,3,1 mitClarke III 188f. Anm. 4), Hermes 117, 1989, 210– 3– 71; vgl. 69,13,1. 16,2 undClarke III 190f. Anm. 60. 69– Vgl. Alföldy, Cyprian 300. Ch.Markschies, s.v. Cyprianus, DerNeuePauly 3, 1997, 254. Formuliert etwavonMin.Felix, Oct. 39;Lact., opif. 20,3; inst. 3,1,2; mitKritik anCyprian ebd.

66 ZumVerhältnis

67

68 69

5,1,26.

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dieser Schrift ganz darauf, Klassikerzitate für die christliche Sache dienstbar zu machen, sondern arbeitet ausschließlich mitBibelzitaten. ÜberdieGründe fürdiese Eigenwilligkeit, die Laktanz heftig kritisiert hat, wurde in derForschung mehrfach debattiert.70 Zuwenig Beachtung hatdabei dieQuintessenz derArgumentation im Demetrianus gefunden: Cyprian unternimmt nicht denkaumerfolgversprechenden Versuch, nichtchristliche Leser mitBibelzitaten zuüberzeugen; vielmehr möchte er umgekehrt dieobjektive Gültigkeit derchristlichen Lehre mitderBeobachtung beweisen, daßdiezeitgenössischen Schwierigkeiten undKrisensymptome zutreffend in derBibel vorhergesagt sind, wodurch auch dieübrigen Elemente derbiblischen Verkündigung eine gesicherte Autorität gewinnen.71 Diese Argumentationsstrategie impliziert einerseits zwar, daßCyprian einübertrieben negatives Bild zeichnet, lebt aber entscheidend davon, daßdieLeser dieEinschätzung derSituation zumindest subjektiv teilen. Cyprian versucht also, mittels derim selben Zeitraum gegen Apostaten, Häretiker undanderPestVerzweifelte bereits eingesetzten Drohung mit demTag des Gerichts nunauch die Feinde des Christentums einzuschüchtern.72 diebrennenden Sorgen derganAuchindieser Schrift hatCyprian also mitnichten „ zenrömischen Welt“imBlick, undderTraktat ist auch nicht in erster Linie „ der ,73sondern hatvorallem dasapologetische Krise desrömischen Reiches gewidmet“ undzugleich, daderText sicher auch unter denChristen zirkulierte, pastorale Ziel, nach außen die Wahrheit der Bibel anhand der Phänomene zu beweisen unddie Gemeinde von innen gegen pagane Angriffe zu stärken. Cyprian kamnicht aufgrund einer Analyse derLage desReichs zudemSchluß, daßderAntichrist nahte, sondern übertrug ein ausderschwierigen Situation derchristlichen Gemeinde entwickeltes Deutungsmuster aufdiesäkulare Welt. Wie schildert Cyprian nun im Demetrianus die zeitgenössische Situation?74 Summarische Problem- undKatastrophenschilderungen, etwadaßRäuber undPiraten die Straßen undMeere unsicher machen, daßdie Kriege nicht mehr aufhören wollen, daßSeuchen undNaturkatastrophen dieMenschen bedrohen, teilweise mit demHinweis verbunden, daßderlei Übel zunehmen,75 sindinihrer schlagwortartigen, auf den rhetorischen Effekt berechneten Reihung wenig aussagekräftig.76 Die 155; V. Buchheit, Ο Μ Ε Θ Α Η Χ (wie Anm. 1) 153– Ε ΙΝ 7; Sage 279f.; Heck, Μ 70 Lact. inst. 5,4,3– Hermes 117, 1989, 226 Anm. 114. 46 zu5,84– 87. Die Strategie entspricht den 71 S. denAblauf derArgumentation vonDem. 3,43–

obenAnm.60 zitierten Stellen. 72 Dem. 9,152–157; einen überwiegend drohend gefärbten Aufruf zurUmkehr enthält dasFinale 25; vgl.obenAnm.62.EineWeiterentwicklung istdieinDem. 17angedrohte Rache Gottes 22– andenVerfolgern noch imDiesseits.

73 Alföldy, Cyprian 303. 74 Eine ausführliche Analyse bietet Strobel 171–184. 75 Dem. 2,25, 5,81 (crebrius); vgl. mort. 2,21. 24 (crebrescere). 84. „Wirklichkeitsnahe Beobachtungen zurWirtschaftskrise undzumBe27; 5,81– 76 Dem. 2,25– völkerungsrückgang“(Alföldy, Cyprian 309) kann ich indiesen Stellen nicht entdecken. Vgl. Don. 6,117f., eine Passage, die häufig als Beleg für die Krisenstimmung der Zeit zitiert wird: Cerne tuitinera latronibus clausa, maria obsessa praedonibus, cruento horrore castrorum bella ubique divisa. Nurdenletzten Aspekt führt Cyprian näher aus(119–122): madet orbis mutuo sanguine, et homicidium cumadmittunt singuli, crimen est: virtus vocatur, cumpublice geritur... Er scheint damit weniger aufdie Kämpfe mitInvasoren anzuspielen als aufdie mitden

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Beispiele fürdasNachlassen dermenschlichen Kräfte unddernatürlichen Ressourcen, diebeweisen sollen, daßdieWeltihrGreisenalter erreicht hat, wirdmanallein

deshalb nicht wörtlich nehmen, weil Cyprian damit das absurde undnurvor dem Hintergrund desAlten Testaments verständliche Argument verknüpft, früher seien dieMenschen 800 oder900 Jahre altgeworden, während inseiner Epoche dasAlter schon mit der Geburt beginne.77 Seuchen, Unwetter undErnteausfälle werden im Demetrianus auchausführlicher angesprochen;78 eingewisser Realitätsbezug isthier durch die schwere Seuche gesichert, die während derEntstehungszeit der Schrift auch in Afrika wütete.79 Freilich konnten solche Naturerscheinungen zwar Problemeauslösen undverschärfen wieauchbei denZeitgenossen ein Krisengefühl erzeugen, für die moderne Fragestellung aber, welche strukturellen Schwächen die Ursache für die Schwierigkeiten des römischen Reichs im 3. Jh. waren, sind sie irrelevant.80 Klammert manentsprechend die sehr summarischen Problemaufzählungen unddie Passagen über Naturphänomene aus, bleiben zwei Kapitel desDemetrianus, in denen Cyprian andie Gesellschaftskritik imDonatus anknüpft und auchstrukturelle Schwierigkeiten anspricht.81 Dabei istersoausführlich unddetailliert, daßes sich nicht nurumGemeinplätze handeln kann, sondern ganz offenkundigumdieThemen, die ihnselbst undseinen Adressaten amstärksten bewegten.82 Nicht aufdasKaisertum, dieSituation andenGrenzen oderdenZustand desHeeres richtet sich sein Blick, sondern auf die städtische Gesellschaft,83 undinnerhalb dieser vor allem auf die Elite, die curialen Familien, denen Demetrianus mit großer Sicherheit ebenso wieDonatus angehörte.84 ständigen Usurpationen verbundenen Bürgerkriege. Diese werden freilich nicht als Krisenfaktor betrachtet, dereine politische undmilitärische Schwächung fürdasReich bedeutete, sondern interessieren Cyprian lediglich als Symptome einer zersetzten Moral. Mitdieser Akzentuierung leitet erüberzuderKritik andenöffentlichen undprivaten Sitten derHeiden indenKap. 13. Bemerkenswert ist die Wiederaufnahme von6,117f. in 10,189f., mitderCyprian den 7– falschen Eindruck erweckt, er habe dasRäuberproblem unddie Kriege ausführlich behandelt. 128. Deutlich allgemein gehalten undohneGegenwartsbezug sinddieBeispiele inmort. 8,120– 55bezeichnend ist. Die 55, wodieWendung zummoralischen Verfall in53– 4, bes. 46– 77 Dem.3– Passage wirdvonAlföldy, Cyprian 304. 310 kritiklos referiert. 78 Dem. 7,118–124; verkürzte Wiederholung in 8,137–140 mit charakteristischer Wendung zur 392 wirdder moralischen Fehlhaltung desDemetrianus; beidererneuten Aufnahme in 19,385–

biblische Hintergrund besonders deutlich.

79 Vgl. zumRealitätsbezug Clarke III 3. 80 DaßdieZeitgenossen selbst diese Unterscheidung

nicht trafen, macht eine dergrundlegenden Schwächen ihrer Situationsanalyse aus, vgl. MacMullen (wie Anm.5) 7.

81 Dem. 10f.

82 Dies gilt insbesondere für Dem. 10. Das Kapitel wird sowohl vonAlföldy, Cyprian 304. 307f. 309f. alsauchvonStrobel 177f. ohnenähere Analyse zitiert. Strobel betont dentopischen, nicht zeitspezifischen Charakter solcher Schilderungen, räumt aber andererseits ein, daßes sich um konkrete, ausderalltäglichen Lebenswelt dernordafrikanischen Region genommene Fakten“ „ handeln dürfte. Derbesondere Charakter derStelle wirddadurch unterstrichen, daßParallelen bei Tertullian undMinucius Felix, vondenen Cyprian inspiriert sein könnte, fehlen. 83 Dies betont Cyprian selbst ausdrücklich amAnfang dergesellschaftskritischen Kapitel imDonatus, andie er in Dem. 10f. thematisch anknüpft: lamsi ad urbes ipsas oculos tuos atque ora convertas ... (Don. 7, 123f.). (wie Anm. 1) 158. ΙΝ Ε Χ Α Μ Ο Ε Θ Η 84 ZurPerson desAdressaten s. Sage 276f. Anm.3; Heck, Μ

Cyprian:

Derchristliche Blick aufdieZeitgeschichte

201

Cyprian fordert Demetrianus, derals erbitterter Christenhasser charakterisiert wird, auf, nicht immer nurmitdemFinger aufandere zuzeigen, sondern Selbstkritikzuüben.85 Viel schlimmer alsdieäußeren Feinde seiderinnere Unfriede; größerenSchaden als dieBarbaren richteten dieVerbrechen dermächtigen Bürger an,86 womit diestädtische Führungsschicht angesprochen ist. Hunger ist fürCyprian nicht so sehr die Folge vonDürre als vonmenschlicher Habgier: de sterilitate acfame quereris, quasi maiorem famem sterilitas quamrapacitas faciat, quasi nonde captatis annonarum incrementis etpretiorum cumulis flagrantior inopiae ardor excrescat. quereris cludi imbribus caelum, cumsic horrea cludantur in terris. quereris nunc minus nasci, quasi quae nata sunt, indigentibus praebeantur.87 Die Probleme beiderInterpretation solcher Passagen werden hierbesonders deutlich: Dermoralisierende Grundton impliziert sicherlich wiegehabt ein gewisses MaßanÜbertreibung. Und auch in dem zitierten Passus hat die sorgfältige rhetorische Durchformungfast zwangsläufig zurFolge, daßCyprian dieEbene vonSchlagworten kaum verläßt. Daßes darin insgesamt umdasbekannte Phänomen geht, daßGroßgrundbesitzer ihr Getreide vomMarkt zurückhielten undauf hohe Preise spekulierten, wird von Anspielungen auf Schriftstellen unterstrichen.88 Dennoch ist die Erwähnungvonannonarum incrementa undpretiorum cumuli bemerkenswert. Zeitgenössische Leser dürften darin zugleich Hinweise aufallgemeinere Phänomene derwirtschaftlichen Entwicklung gesehen haben: das aufgrund der Geldverschlechterung steigende Preisniveau unddiezunehmende Belastung durch Naturalabgaben fürdie Heeresversorgung.89 Imfolgenden kritisiert Cyprian denohnejede Pietät geführten Kampf umdasErbe Verstorbener,90 womit ebenfalls wirtschaftliche Spannungen innerhalb der reichen Familien angedeutet sind.91 Freilich ist es an dieser Stelle leider gerade nicht die Absicht Cyprians, seine Einschätzung dieser Zusammenhänge näher auszuführen. Ihm kommt es darauf an, den Problemen, für die Demetrianus denChristen die Schuld gibt, denVerfall derWerte in dermunizipalen Oberschicht als eigentliche Ursache gegenüberzustellen.92 Dabei erzeugen derpolemische Charakter derArgumentation unddergesuchte rhetorische Effekt denEindruck, als habe dieinnere Entwicklung derGesellschaft garnichts mitdenäußeren

85 86 87 88

89

202. Dem. 10,176– Dem. 10, 187f.: de calumniis et iniuriis potentium civium. 194. Dem. 10,189–

Zu nennen ist besonders prov. 11,26: captans annonam maledictus in plebe est. Benedictio autem in eius capite est qui communicat. Die Stelle wird von Cyprian in Test. 3,61 zitiert. 21 zuvermuten. Vgl. denKommentar zurStelle von Ferner sind Anklänge anev. Luc. 12,13– Gallicet, A Demetriano 207. Dazu immer noch grundlegend D. vanBerchem, L’annone militaire dans l’empire romain au 695; 202; ferner R. Develin, Latomus 30, 1971, 692– IIIe siècle, MSAF, ser. 8, 10, 1937, 117– 137. MacMullen (wie Anm. 5) 130–

210. 202; vgl. Don. 10,208– 90 Dem. 10,194– 91 Dendoppelten Druck, denmunizipale Verpflichtungen unddieForderungen desFiscus aufdie Finanzen wohlhabender Familien ausübten, erwähnt Cyprian inDe opere et eleemosynis (verfaßt 252/3). Er fordert in dieser offensichtlich an begüterte Christen (s. bes. 14) gerichteten Schrift dazu auf, gute Werke zutun, undbetont: patrimonium Deo creditum nec respublica 380). Allerdings ist eripit necfiscus invadit nec calumnia aliqua forensis evertit (op. 19,378– die Klage über Steuern indieser allgemeinen Form zeitlos, vgl. Strobel 154. 92 Vgl. Alföldy, Cyprian 307f.; Strobel 177f.

202

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Faktoren zutun, sondern seiallein ihrer verdorbenen Moral zuzuschreiben. Ineiner weniger polarisierten Situation dürfte aber auch Cyprian erkannt undeingeräumt haben, daß die von ihm kritisierte gesellschaftliche Entwicklung nicht zuletzt auf diezunehmenden wirtschaftlichen Lasten, diedenStädten aufgebürdet wurden, zurückzuführen war. Ich hoffe, deutlich gemacht zuhaben, daßCyprian nicht mitAlföldy als Analytiker einer Reichskrise anzusehen ist; auch darf seine pastoral motivierte Verkündungdesnahenden Weltuntergangs nicht miteiner Zustandsbeschreibung desrömischen Reichs verwechselt werden. Ebensowenig eignet sich derAristokrat Cyprian freilich als Exponent der„ Mentalität breiterer Bevölkerungsschichten“ , deren Rekonstruktion Strobel in seiner umfangreichen Studie trotz wertvoller Einzelinterpretationen nicht gelungen scheint.93 Strobel geht zudem in seiner Auffassung, aus Cyprians Schriften ließen sich keinerlei Erkenntnisse über zeitgenössische Probleme ziehen, zu weit. Cyprian reflektiert in erster Linie die Stimmung der lokalen munizipalen Eliten, denen erselbst entstammt. Stellt manseine einseitige Schwarzmalerei in Rechnung, bleibt immerhin das Bild einer Führungsschicht, die zwar keineswegs vorderAuflösung steht, aber doch unter demverstärkten Druck wirtschaftlicher Probleme Symptome einer allmählichen Überlastung zeigt.94 DieDesillusionierung Cyprians, die schließlich zuseiner Konversion führte, ist vielleicht als Flucht auseinem aristokratischen Lebensstil zuwerten, derunter veränderten Rahmenbedingungen seine selbstverständliche Leichtigkeit verloren hatte. Freilich können auch rein persönliche Motive den Ausschlag gegeben haben.95 Die Leistungsfähigkeit unddie Leistungsbereitschaft der curialen Familien bildeten eine derSäulen, aufdenen die Stabilität derrömischen Herrschaft überall imReich beruhte. Vordiesem Hintergrund bekommt daszunächst aufdielokalen Verhältnisse bezogene Zeitzeugnis Cyprians dochwieder eine gewisse Bedeutung fürdasReichsganze. Wenndiese Schicht schon in Afrika mitSchwierigkeiten zukämpfen hatte, einem Reichsteil, dervonBarbareneinfällen weitgehend verschont geblieben war unddessen Wirtschaft auch im 3. Jh. als einigermaßen stabil bezeichnet werden kann, danndürfte dies erst recht fürandere Provinzen mitweniger günstigen Rahmenbedingungen gelten. Insofern reflektiert Cyprian aus lokaler Perspektive ein wichtiges Element des Wandlungsprozesses, der sich während seiner Lebenszeit immer mehrbeschleunigte undschließlich dasReich insgesamt transformierte.

491, bes. 491. 93 Vgl. L. DeBlois in seiner Rezension vonStrobel, AntCl 64, 1995, 489– 94 Zur allgemeinen Situation des ordo decurionum im 3. Jh. siehe P. Garnsey, Aspects of the 252; Jacques, privilège Decline of theUrban Aristocracy intheEmpire, ANRW2.1, 1974, 229– 661; V. Weber, DieMunizipalaristokratie, in: K.-P. Johne (Hrsg.), Gesell(wie Anm.24) 507– 317. schaft undWirtschaft desRömischen Reiches im3. Jh., Berlin 1993, 245– 95 Eine vollkommen offene Frage ist, inwieweit dieKampfhandlungen undVerwüstungen imGefolge derRevolte derGordiane imJahr 238, dieCyprian miterlebt haben muß, seine Haltung

beeinflußten. Widersprüchliche Spekulationen dazubei Sage 126. 131, derdamit rechnet, daß 45; ähnlich Clarke I13). Herodians (7,9,10– dieKämpfe gravierende Schäden verursachten (37– 11) Bericht über dieAuswirkungen wirdskeptischer bewertet vonStrobel 152Anm. 105. Zur Glaubwürdigkeit Herodians undzudenUrsachen desAufstandes s. F. Kolb, DerAufstand der 478; ferner ders., WirtProvinz Africa proconsularis imJahr 238 n.Chr., Historia 26, 1977, 440– schaftliche undsoziale Konflikte im römischen Reich des 3. Jh.s n.Chr., Bonner Festgabe J. 284. 295, bes. 280– Straub, Bonn 1977, 277–

Bruno Bleckmann (Straßburg)

Zwischen Panegyrik und Geschichtsschreibung: Praxagoras undseine Vorgänger

1.Zwischenformen vonPanegyrik undGeschichtsschreibung Seitdem sich im vierten Jahrhundert vor Christus die enkomiastisch gefärbte Biographie als besondere Gattung entwickelt hat, hatmansich bemüht, diese vonder Geschichtsschreibung zu unterscheiden1. Ohne größere theoretische Erläuterungen geschieht dies bei Xenophon dadurch, daßer in denHellenika gewisse Passagen wegläßt, die in seinem Agesilaos der Überhöhung seines Helden dienen sollen2. Abgekürzt zitierte Literatur:

B. Bleckmann, Pagane Visionen Konstantins inderChronik desJohannes Zonaras, in:G.Bonamen170. te–F. Fusco, Costantino il Grande dall’antichità all’umanesimo I, Macerata 1992, 151– B. Bleckmann, Constantin unddieDonaubarbaren. Ideologische Auseinandersetzungen umdieSieg66. haftigkeit Constantins desGroßen, Jahrbuch fürAntike undChristentum 38, 1995, 38– B. Bleckmann, Überlegungen zurEnmannschen Kaisergeschichte undzurFormung historischer Traditionen in tetrarchischer undkonstantinischer Zeit, in: G. Bonamente –K. Rosen, Historiae 37. Augustae Colloquium Bonnense, Bari 1997, 11– 632. P. Hadot, s. v. Fürstenspiegel, RAC 1972, 555–

G. Kennedy, Greek Rhetoric

under Christian Emperors, Princeton 1983.

514. H. Kloft, Zur Vita Constantini I 14, Historia 19, 1970, 509– W.Kuhoff, EinMythus inderrömischen Geschichte: DerSieg Konstantins desGroßen überMaxen174. tius vordenToren Roms am28. Oktober 312 n.Chr., Chiron 21, 1991, 127– S. N.C. Lieu –D. Montserrat, FromConstantine to Julian. Pagan andByzantine Views. A Source History, London 1996.

29. F. Millar, P. Herennius Dexippus, JRS 59, 1969, 12– J. Moreau, ZumProblem derVita Constantini, Historia 4, 1955, 234– 245. 343. Theresia Payr, s. v. Enkomion, RACV, 1962, 332– 582. , Historia 1, 1950, 562– P. Petit, Libanius et la „Vita Constantini“ L. Pernot, Larhétorique del’éloge dansle monde gréco-romain. TomeI. Histoire et technique, Paris 1993. 524. H.-U. Wiemer, Libanius onConstantine, CQ44, 1994, 511– F. Winkelmann, Eusebius Werke. Erster Band, erster Teil. ÜberdasLeben desKaisers Konstantin. Zweite, durchgesehene Auflage, Berlin 1991. G. Zecchini, La storiografia greca dopoDexippo e l’Historia Augusta, in: G.Bonamente –G. Paci, 309. Historiae Augustae Colloquium Maceratense, Bari 1995, 297–

1

2

DasEnkomion ohnehistoriographische Elemente wirdhiernicht erörtert, obgleich eine scharfe Unterscheidung zwischen derhistorisch-biographischen FormdesEnkomions undanderen Formennicht möglich ist. Vgl. zumantiken Herrscher- insbesondere Kaiserlob Payr undHadot, ferner A. Chauvot, Procope deGaza, Priscien deCésarée, Panégyriques del’Empereur Ana113mitweiterer Literatur. stase Ier, Bonn 1986, 108– H.R. Breitenbach, Historiographische Anschauungsformen Xenophons, Diss. Basel 1950, 145.

204

BRUNO BLECKMANN

Ephoros scheint dagegen inseinem Geschichtswerk denUnterschied zwischen epideiktischer Rede undGeschichtswerk ausdrücklich zurSprache gebracht zuhaben3. Polybios, derEphoros mit Bewunderung gelesen hat, hat nicht nurin methodologischen Bemerkungen auf denUnterschied zwischen denbeiden Gattungen hingewiesen, sondern mitseinem „ Philopoimen“unddenHistorien auchWerke verfaßt, die –so hat es zumindest Polybios selbst gesehen –jeweils die Zielsetzung beider Gattungen exemplarisch verwirklichen, nämlich imeinen Fall die Überhöhung einer Persönlichkeit, im anderen das Streben nach unparteilicher, ausschließlich der Wahrheit verpflichteten Darstellung. DieUnterscheidung zwischen beiden Gattungenist dannbisindiespäte Kaiserzeit einTopos geschichtstheoretischer Reflexion geblieben. In seinem Traktat „ Wie manGeschichte schreiben muß“ weist Lukian ausführlich auf die Unterschiede zwischen Geschichtsschreibung undEnkomion hin4. Undnoch Ammian berücksichtigt diese Unterschiede, wenner in deneinleitenden Ausführungen seines 16.Buchs behauptet, nurderWahrheit folgen zuwollen, auch wenn die durch objektive Zeugnisse bewiesene Vollkommenheit Julians notwendigerweise bewirken müsse, daßsich dieser wahrheitsgetreue Bericht der epideiktischen Rede annähere5. Gerade imFalle Ammians wirddeutlich, wieunscharf letztlich trotz aller ständig wiederholten theoretischen Erörterungen ein Kriterium wie „Wahrheit“sein mußte. Selbst dann, wenn derin einem Geschichtswerk behandelte Kaiser bereits verstorben war – die Unterscheidung vonEnkomion undGeschichtsschreibung nach objektive“Darstellung seidiesem zeitlichen Kriterium begegnet oft6 –dürfte die „ nerHandlungen letztlich einDingderUnmöglichkeit gewesen sein. Nochschwierigerwardieses Unterfangen bei einem lebenden Kaiser. Auchwennmankaumder Suggestion desSpottes entkommt, denLukian über dieHistoriographie zumPartherkrieg desLucius Verus gießt, mußmansich fragen, wieunter dengesellschaftlichen undpolitischen Bedingungen derKaiserzeit dievonLukian gewünschte entsprechende wahrheitsgemäße zeitgenössische Darstellung der Taten des Lucius Verus hätte aussehen sollen, wodochdasimmer wieder vonderTheorie eingeforderte Wahrheitskriterium in einer Zeit formuliert worden war, in deres dieerdrükkende Dominanz monarchischer Herrschaft noch nicht gab. Neben diesen objektiven Schwierigkeiten hataucheine inderliteraturgeschichtlichen Entwicklung zu beobachtende Verwischung der Genres dazu beigetragen, daßin derKaiserzeit dieÜbergänge zwischen demhistorisch-biographisch orientierten Enkomion undderGeschichtsschreibung sehr fließend waren. In denzubestimmten Anlässen gehaltenen panegyrischen Reden begnügte mansich längst nicht

3 4

5 6

Vgl. bereits FGrHist 70 F 111 (Pol. XII 28,8–12). 16 mit einer G. Avenarius, Lukians Schrift zurGeschichtsschreibung, Meisenheim 1956, 13– guten Zusammenfassung zurEntwicklung derUnterscheidung beider Gattungen. Amm. 16,1,3 f.: quidquid autem narrabitur, quod nonfalsitas arguta concinnat, sedfides integra rerum absoluit, documentis evidentibus fulta, adlaudativam paene materiam pertinebit. Als Prinzip ausdrücklich bei Eutrop 10,18,3: quia autem ad inclitos principes venerandosque perventum est, interim operi modum dabimus. namreliqua stilo maiore dicenda sunt. quae nunc non tampraetermittimus quam ad maiorem scribendi diligentiam reservamus. Vgl.zur Forderung, dieTaten desherrschenden Kaisers müßten inerhabenem Stil, d.h. inpanegyrischer Form, behandelt werden, auch HAHel. Ant. 35,5.

Praxagoras

undseine Vorgänger

205

mehr mit der vagen Darstellung einzelner kaiserlicher Tugenden, sondern –je nach

Interesse undTemperament desRedners unddesAdressaten –enthielten diese Redenin derspäteren Kaiserzeit ausführliche, in ihrer Struktur oft historiographische Darstellungen einzelner kaiserlicher Großtaten7. Diese Großtaten waren mitunter auchGegenstand zeitgenössischer historischer Epen, diezwareigenen Gattungsgesetzen verpflichtet waren, inhaltlich sichabervoneinem inProsa verfaßten Panegyrikus oft kaum unterschieden haben8. Panegyriken undEpen sind dann als relativ

detaillierte zeitgenössische Darstellungen oft als Quelle historiographischer

Darstellungen benutzt worden9. DieIntegration panegyrischer Ausführungen ineine spätere historiographische Darstellung ist nureinFall ineiner ganzen Palette möglicher Übergänge zwischen Geschichtsschreibung undPanegyrik, die hier nicht im Detail behandelt werden können. Indenfolgenden Ausführungen soll es nurumdieunmittelbar zeitgenössischen biographisch-enkomiastischen Darstellungen einzelner Herrscher gehen. Erhalten geblieben sindzwardurch denSelektionsprozeß derManuskripttradition vor allem dieWerke derkaiserzeitlichen Historiographie, diedurch dieDarstellung einesgrößeren Zeitraums (oft dergesamten Kaisergeschichte oder–wiebei Cassius Dio oder Eutrop –sogar dergesamten römischen Geschichte) derNachwelt eine gewisse Orientierung boten. Die Darstellung eines größeren geschichtlichen Zeitraums stellte aber in derhistoriographischen Praxis zweifellos eine Ausnahme, die Darstellung einer aktuellen Phase derKaisergeschichte dagegen die Regel dar10.

7 Vgl. etwadieDarstellung desKampfes desConstantius gegen Magnentius oderderBelagerung 62 b bzw. or. 1,27 a– 4c; 3,55c– 29 a; 62 b– vonNisibis (350) in denReden Julians (or. 1,33c– 67a).

8 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit

9

10

seien exempli causa an Epen, die kaiserliche Großtaten behandeln, aufgeführt: dieReste eines epischen Gedichts ausderZeit derTetrarchie, vgl. E. Heitsch, Die griechischen Dichterfragmente derrömischen Kaiserzeit I, Göttingen 19632, Nr. 81; die Hexameter des Kallistos aufdenPerserkrieg Julians (Sokr. 3,20,14); die XXII, S. 79– Gainias des Eusebios Scholastikos, die detailliert die Niederschlagung des Gainas-Aufstands wohl zumhöheren RuhmdesArcadius schilderte, ferner dieIsaurika desChristodoros, vgl. P. Viljamaa, Studies inGreek Encomiastic Poetry of theEarly Byzantine Period, Helsinki 1968. Anlateinischen Werken lassen sich die Johannis desCorippus, verschiedene Gedichte Claudians, derhypothetische Panegyrikus desThrasamund desDracontius anführen. DerAutor der Historia Augusta karikiert diese Epik inGord. 3,3 inderangeblich vonGordian verfaßten Antoninias: Scripsit etiam (...) Antoniniados, hoc est Antoninum Pium et Antoninum Marcum, versibus disertissimis libris triginta vitam illorum et bella etpublice privatimque gesta perscribens. EinPanegyriker überdieSarmatenkriege desConstantius istetwamutmaßliche Quelle fürAmmianus Marcellinus, vgl. J. Szidat, Der Feldzug Constantius’ II. an der mittleren Donau im Jahre 358 n. Chr., Historia 21, 1972, 712– 720; P. Barceló, Constantius II. unddieLimiganten: 430. Ein Epos über den Einige Präzisierungen zu Amm. Marc. XIX 11, Klio 74, 1992, 422– Kampf zwischen Constantius undMaxentius hatinderDarstellung desZosimos seine Spuren zurückgelassen. Cassius Dioetwa begann seine historiographische Tätigkeit nacheinem Werk über Prodigien, diedemSeverus dieHerrschaft voraussagten, miteiner Darstellung derBürgerkriege undKriege des Septimius Severus, die panegyrische Züge hätte, vgl. zuCass. Dio 72,23 F. Millar, A Study of Cassius Dio, Oxford 1964, 28 f. DasProjekt einer umfassenden Geschichte desrömischen Reichs hater erst nach diesen historiographischen Standardübungen in Angriff genom-

men.

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Relativ gutbezeugt istdieExistenz dieser zeitgenössischen, panegyrischen Historiographie bereits fürdieZeitderausgehenden Republik biszumEndedeszweiten Triumvirats11. Für die Kaiserzeit selbst erfährt manzwar nicht fürjede Regierung vonderExistenz zeitgenössischer panegyrischer Geschichtswerke, aber dies liegt letztlich andenZufällen unserer Dokumentation. Wennmanfürdie Darstellung derTaten desLucius Verus bei Jacoby gleich acht Nummern (FGrHist 203– 210) findet, während andere Regierungen ausgespart bleiben, belegt dies natürlich nicht, daßdasGenre dieser Geschichtsproduktion unter MarkAurel undVerus eine außergewöhnliche Blüte erfahren hat, sondern erklärt sich allein dadurch, daßLukiansich überAutoren dieser Zeit mokiert hat12. Mitderhäufigeren Präsenz derKaiser imOsten desrömischen Reiches (Parther undSassanidenkriege, Bürgerkriege undEinsatz an der östlichen Donaugrenze) nahmseit demIII. Jahrhundert dieProduktion panegyrisch-historischer Darstellungengerade imgriechischsprachigen Raumpermanent zu,undmankennt hiereinige Namen wie Ephoros von Kyme, Cassius Longinus undKallinikos von Petrai13. Auffällig ist, daß auch die Historia Augusta für viele Kaiser des III. Jahrhunderts vonzwischen Panegyrik undGeschichtsschreibung einzuordnenden Geschichtswerkenweiß. Theoclius, Caesareanorum temporum scriptor soll überunwahrscheinliche Taten Aurelians im Einzelkampf berichtet haben, Callicrates vonTyros über Vorzeichen, die auf das spätere Kaisertum Aurelians hinwiesen14. ZurOrigo des Carus sollen sich sowohl Onesimus als auch Fabius Ceryllianus geäußert haben15. DieHistoria Augusta schreibt also diesen Autoren Themen zu,diemaninpanegyrisch-biographischen Geschichtswerken desIIΙ. Jh. tatsächlich behandelt haben muß. Ob der Autor derHistoria Augusta ein präzises Wissen vonderzeitgenössischen Historiographie desIII. Jh. hatte, bleibt gleichwohl zweifelhaft16. Vermutlich

11 Die Geschichte desTheophanes vonMytilene (FGrHist 188) warmitseiner detaillierten Darstellung derFeldzüge desPompeius eine wichtige Quelle für Strabos Erläuterungen zurGeographie deskaukasischen Raums, auchwennStrabo einige Übertreibungen dieses Autors kriti6). Empylos vonRhodos (FGrHist 191) widmete demBrutus eine Darstellung der sierte (F 4– Ermordung Caesars. Einhistorisches EposüberdenBürgerkriegssieg beiPhilippi verfaßte Boethos vonTarsos (FGrHist 194). DemPartherfeldzug desMarcus Antonius galten diepanegyrischen Darstellungen des Iulius Polyainos (FGrHist 196) unddes Q. Dellius (FGrHist 197). Sokrates vonRhodos boteine detaillierte Darstellung desBürgerkriegs zwischen Antonius und Octavian, in derdieTryphe unddieAbhängigkeit desAntonius vonKleopatra betont wurde. Diesen Werken kann schließlich auch die Augustus-Biographie des Nikolaos vonDamaskos zurSeite gestellt werden.

12 Daßdie vonLukian erwähnten Autorennamen dabei freie Erfindungen sein können, ist unerheblich,. Die Bemerkungen Lukians setzten aufjeden Fall eine reiche historiographische Produktion zumPartherkrieg desLucius Verus voraus, vgl. hierzu K. Strobel, Zeitgeschichte unter den Antoninen: Die Historiker des Partherkrieges des Lucius Verus, ANRW II 34,2, 1994, 1360. 1315– 13 FürdieEinzelheiten vgl. denBeitrag vonH.Brandt. 14 HAAurel. 6,4 und4,2. 3. 15 HACar. 4,2– , beidemauchsonst derMangel anwirk16 Diese Autoren begegnen ausgerechnet bei„Vopiscus“ lichen Informationen durch pseudogelehrte Hinweise aufAutoritäten verborgen wird. Fabius Ceryllianus verdient in nichts mehrVertrauen als die libri lintei ausderTrajansbibliothek. In HAAurelian. 2,1läßtderAutor relativ deutlich durchblicken, daßerimfolgenden Lügen bieten

Praxagoras

undseine Vorgänger

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gingervorallem vondenihmvertrauten spätantiken Zuständen aus, indenen diese enkomiastische Geschichtsschreibung stetig weiterentwickelt worden war. In der Tat mußdieExistenz eines permanenten östlichen Teilkaisertums seit derZeit der Tetrarchie zueiner erheblichen Vermehrung dieser halb-panegyrischen, halb-historiographischen Produkte geführt haben, dadieehrgeizigen Literaten nunmitdenin Thessalonike, Nikomedeia oderAntiocheia eingerichteten Residenzen feste Bezugspunkte hatten17.

AusderTetrarchie selbst sind freilich vondergriechischen panegyrisch-biographischen Geschichtsschreibung nurdiekümmerlichsten Zeugnisse erhalten. Der Inhalt deshistorischen Epos, dasderÄgypter Soterichos denTaten Diokletians widmete, ist völlig unbekannt18, könnte abereinem nurnochinResten erhaltenen Gedicht ausdieser Zeit geglichen haben19. Einbisweilen derRegierung Diokletians wird, undzwar unmittelbar vorderErwähnung vonCallicrates undTheoclius. Es wäre darum 218 weggelassen, dadie Aufnahme 215 sowie 217– besser gewesen, Jacoby hätte dieNr. 213– derfiktiven Autoren zumEindruck führen muß,derAutor derHAhätte einvages Wissen von derbiographischen griechischen Geschichtsschreibung desIII. Jahrhunderts gehabt. Daßder Autor derHAeines dieser Werke selbst eingesehen haben soll unddaßderen Nachrichten den Grundstock seiner Darstellung ab270 geboten haben soll, haben J. Schwartz, Nomsapocryphes 202 (der Callicrates vonTyros für dans l’Histoire Auguste, BHAC 1984/85, Bonn 1987, 197– ν ν εώ α ν ἀ ίω σ ε ω α ρ μ ῆ ὶτ ςvonderHistoria Augusta ε ςῬω Kallinikos hält, dessen Monographie π 309angenommen. Lexica undLiteraturgeschichten über benutzt worden sei) undZecchini, 297– Autoren dieser Zeit (denen letztlich auch unsere Hauptquelle, die Suda, ihre Informationen verdankt), könnten zwaramAusgang desvierten undzuBeginn desfünften Jahrhunderts einem Grammaticus zurVerfügung gestanden haben. Eine sorgfältige Benutzung solcher Informationenist beiderHAnicht zuerwarten, die vielmehr frei mitdemMaterial spielt. Beimeinzigen Namen unter denvonderHistoria Augusta erwähnten Autoren, dernicht fiktiv zusein scheint, nämlich Onesimos/Onasimos, läßt sich keine Übereinstimmung mitderParallelinformation in derSuda feststellen, die voneiner Probus-Vita nichts weiß unddie Akme desOnasimos in die Zeit Konstantins desGroßen setzt. 17 ImWesten hatderintensive personelle Austausch zwischen kaiserlichen Kanzleien undlokalen Rhetorenschulen zueiner Steigerung derpanegyrischen Produktion beigetragen, vgl. C. E. V. Nixon, Latin Panegyric in theTetrarchic andConstantinian Period, in: B. Croke –A. M. Em99, besonders mett (Hrsg.), History andHistorians in Late Antiquity, Sydney u. a. 1983, 88– 91 f. zuMamertinus, demAnonymus desPanegyrikus von297, Eumenius unddemAnonymus von310. Vonsieben Rednern ausdemCorpus derlateinischen Panegyriker, dieeinige autobiographische Daten liefern, haben vier nachweislich inkaiserlichen Diensten gestanden, etwaals magistri memoriae. FürdenOsten vgl. F. Millar, TheEmperor in theRoman Wolrd, London 93. Einige Hinweise fehlen bei Millar: Wie einige der gallischen Panegyriker soll 19922, 87– etwaClaudius Eusthenius (FGrHist 218), derimaginäre Verfasser einer Tetrarchengeschichte, amHofe Diokletians einen Kanzleiposten bekleidet haben: quorum vitam singulis libris Claudius Eusthenius, quiDiocletiano ab epistulis fuit, scripsit. Ferner soll Longinus, derin derTat ein Enkomion desOdainathos geschrieben hat(Lib. ep. 1006), nach HAAur. 30,3 magister gewesen sein, denZenobia adlitteras Graecas hinzugezogen haben soll, (magister epistularum Graecarum). 18 Die Verbindung mitdemÄgyptenfeldzug Diokletians (gegen Achilleus) ist hypothetisch. Soteρ ιχ ή ο ςbekannt. Er wirdvonderSuda ω τ richos undseine Werke sindnurdurch dieSuda, s. v.Σ μ ιο ν ε als Ependichter bezeichnet, so daßdieVermutung naheliegt, daßsein ἐγκώ ἰςΔ η ιο κ λ τ ια ν ν ό einEpos war. 19 Die Identifizierung vonHeitsch, Nr. Χ (wie Anm. 8) mit demGedicht des Soterichos ist Χ Π

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zugewiesenes Stück imCorpus desHermes Trismegistos gehört, abgesehen davon, daßdie zeitliche Zuweisung kaum überzeugt20, nicht in denhier interessierenden Grenzbereich vonPanegyrik undGeschichtsschreibung. Ganz anders stellt sich dagegen dieSituation fürdieRegierungszeit Konstantins desGroßen dar,unter demaußergewöhnlich günstige Bedingungen fürdieProduktion dieser Geschichtswerke bestanden. DerKaiser herrschte sehrlange Zeit; er setzte sich als Sieger in mehreren, anEreignissen reichen Bürgerkriegen durch; er brachte denOsten erst spät unter seine Kontrolle undverlegte dorthin denSchwerpunkt seiner Herrschaft, wasviele Angehörige derBildungselite veranlassen mußte, sich umdie Gunst desneuen Herrschers zubemühen. Daihmseine Söhne in der Herrschaft folgten, konnten ferner auchnachseinem TodeGeschichtswerke verfaßt werden, die in positiver Weise die Gesamtheit seiner kaiserlichen Regierung beschrieben. Seine Hinwendung zumChristentum bot schließlich die Gewähr dafür, daßdiese Geschichtswerke bei späteren christlichen Generationen eingewisses Interesse fanden undtradiert wurden. So ist es wohl nicht nurdemZufall zu verdanken, wenn wir gerade für die Regierungszeit Konstantins über die imOsten entstandene enkomiastisch-biographische Literatur hinreichend informiert sind. Zwar ist etwa das Geschichtswerk desBemarchios, dasdieTaten desKaisers inzehnBüchern behandelte21, verlorengegangen. Verlorengegangen sind ferner auch die anderen zahlreichen Schriftsteller, aufdiederAutor derHistoria Augusta anspielt, wennersich bewußt vonihnen ineiner fiktiven Adresse anKonstantin distanziert22. DochmitderVita Constantini Eusebs besitzen wirfürdenöstlichen Raumdaseinzige vollständig erhaltene, wenn auch in einiger Beziehung atypische Beispiel dieser panegyrischen Geschichtsschreibung23. Ferner können wirunseinrelativ konkretes Bilddesprofangeschichtlichen Geschichtswerks desPraxagoras machen, dasimfolgenden alseinherausragendes Beispiel der zwischen Panegyrik undGeschichtschreibung angesiedelten Literatur vorzustellen ist.

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allerdings ausgeschlossen, daderAutor desFragments nicht ausOasis, sondern ausHermoupo467. Α Ἑ , Hermes 71, 1936, 465– Τ Ρ Ρ Μ Ο Λ ΙΑ Ο Υ Ε Ω Σ Π lis stammte, vgl. R. Keydell, Π Vgl. zurDatierung derXVIII. Abhandlung imCorpus Hermeticum A. Nock–A.J. Festugière, XVIII, Paris 1960, 244; Pernot, 104. Corpus Hermeticum II, Traité XIII– FGrHist 220. Bemarchios warälterer Zeitgenosse desLibanios undHeide, vgl. Lib. or. I 39 (= ρ ά ιςdürften demConstantius II. etwa zurgleichen υπ ε ξ ο τ ν σ α τ ν ω ίν FGrHist 220 T 2). Die Κ Zeit gewidmet worden sein, inderBemarchios seine Rede überdie unter Constantius 341 eingeweihte neue Kirche inAntiocheia hielt.

7. 22 HA.Ant. Hel. 35,5– 23 Die Schwierigkeit, die Vita Constantini

gattungsspezifisch einzuordnen, wird etwa in dendiEnkomion halbbiographischen Tivergierenden Charakterisierungen deutlich, vgl. Payr, 338: „ ; Hadot, 615: tels, halbhistorischen Inhalts, ganz rhetorischen Stils undkirchlicher Tendenz“ weniger eine Biographie, als (...) einElogium aufdenKaiser, inEntsprechung zudendurch „ ; Kennedy, 193: „Eusebius’Life of Constantine is a panegyridenRhetor festgelegten Regeln“ cal biography, not a speech, extended to the length of four books, but it includes topics which might have been found ina funeral oration, including anaccount of theemperor’s parents, his yourth, his actions andvirtues, andhis death.“ZudenCharakterisierungen durch Sokr. 1,1,2 LIII bietet präzise AusfühundPhotios bibl. 127 vgl. Winkelmann, XLIX. Winkelmann XLIX– rungen zumCharakter desWerks, dessen Besonderheiten vorallem inderchristlichen Umdeutungdesprofanen Modells undinderEinlage vonOriginaldokumenten bestehen.

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Praxagoras undseine Vorgänger

2. DieFragmente despanegyrischen

Geschichtswerks

desPraxagoras

Das Geschichtswerk des Praxagoras über Konstantin denGroßen ist im wesentlichen durch dasExzerpt desPatriarchen Photios (bibl. 62) bekannt. AlsByzantiner fander Interesse aneiner zeitgenössischen Biographie desmythischen Begründers derchristlichen Monarchie24 undhatdaher zwei knappe Teubner-Seiten einem raschen Überblick über denInhalt gewidmet25: (1) Gelesen vonPraxagoras, demSohndesPraxagoras, ausAthen, zweiBücher derGeschichte Konstantins desGroßen. In dieser Schrift erläutert er, daßderVater Konstantins, Constantius überBritannien herrschte, Maximi(a)nus überRom,dasübrige Italien undSizilien, derandere Maximi(a)nus überHellas, Makedonien, Kleinasien undThrakien, unddaßDiokletian, derauch derÄlteste vonallen übrigen war, überBithynien, Arabien, Libyen undÄgypten, soweit es er Nilüberschwemmt, regierte. (2) DenKonstantin schickt nunderVater zuDiokletian nachNikomedeia zurErziehung. Derdortanwesende Maximi(a)nus, derHerrscher Kleinasiens, plante, so sagt Praxagoras, einen Anschlag auf denjungen Mann undschickte ihn in einen Kampf gegen einen wilden Löwen. Konstantin überwältigte dasRaubtier undtötete es. Daer aberden Anschlag durchschaute, floherzumVater. (3)Nachdessen Todübernahm derSohndieKaiserherrschaft. Undnachdem er diese Herrschaft angetreten hatte, besiegte er Kelten undGermanen, benachbarte undbarbarische Völker. (4) Alser aber hörte, daßMaxentius ausschweifend undbedrückend über seine Untertanen herrschte –dieser hatte sich nach Maximi(a)nus als , zogergegen diesen zuFelde, umihn Herrscher überdieEinwohner Romsaufgeschwungen – fürdie Widergesetzlichkeiten gegen dieBeherrschten zubestrafen. Er besiegte ihnimKampf undtrieb ihnindieFlucht. BeiderFlucht fandMaxentius selbst dieTodesart, dieerhinterlistig fürdieFeinde zumVerderben geplant hatte, indem erindenvonihmvorbereiteten Graben fiel. Einige Römer schnitten seinen Kopf ab, hoben diesen aufeinen Stab in die Höheundführten ihndurch dieStadt. Auchdieser Teil derKaiserherrschaft gingbereitwillig undvoller Freude zu Konstantin über. (5) Alsdieser aber erfahren hatte, daßauchLicinius grausam undunmenschlich gegen seine Untertanen wütete –dieser aber herrschte über jenen Teil, welchen Maximi(a)nus, derversucht hatte, durch einen Löwen Konstantins Leben zubedrohen, regiert , ertrug er es nicht, daßdie hatte, undzwar, nachdem dieser ausdemLeben geschieden war– Mißhandlung derMitbürger ungeahndet blieb, undzog gegen ihnzuFelde, umihndazu zu bewegen, dieTyrannis gegen eine (gute) monarchische Herrschaftsform auszutauschen. Kaum hatte Licinius vomFeldzug desKaisers erfahren undFurcht bekommen, suchte er seine Grausamkeit durch denAnschein vonMenschenfreundlichkeit zuverbergen undtäuschte durch Eide vor, daßer sich denjenigen, diesich unter seiner Gewalt befanden, gütig erweisen werde und daßer die Verträge, welche er geschlossen hatte, treu einhalten werde. (6) Deshalb ließ der Kaiser davon ab, Krieg zu führen. Später aber, daja Schlechtigkeit nicht fähig ist, Ruhe zu bewahren, mußte er ihn, daer die Eide brach undseiner üblen Natur völlige Freiheit gab, in heftigen Schlachten niederkämpfen, schloß ihn in Nikomedeia ein undnahm die Belagerung auf. AlsLicinius vondortausimAufzug eines Bittflehenden zumKaiser seine Zuflucht nahm, verlor er damit die Kaiserherrschaft. So geschah es, daßKonstantin derGroße, dieerwähnten Kaiserherrschaften ansich gezogen hatte, weil dasgroße Imperium einen würdigen Herrscher verlangte. Dieväterliche Herrschaft hatte ernämlich alsErbe übernommen, dieHerrschaft über dieRömer, indem erdenMaxentius abgelöst hatte, dieHerrschaft überHellas, Makedonien und Kleinasien, indem er denerwähnten Licinius vonderHerrschaft abgesetzt hatte. Darüber hinauszoger aber dieHerrschaft über denübrigen Teil, überdenDiokletian geherrscht hatte, an sich. Licinius hatte nämlich diesen Teil unterworfen, indem er ihnvonMaximinus, derNach-

24 25

Photios hatauchdieVita Constantini Eusebs exzerpiert, dieer sehr viel kritischer rasbeurteilt, vgl. Photios bibl. 127. Englische Übersetzung in Lieu –Montserrat, 7 f.

alsPraxago-

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folger desDiokletian geworden war, nach demGesetz desKrieges weggenommen hatte. (7) Nachdem Konstantin nundenSieg gewonnen hatte unddiegesamte Kaiserherrschaft wieder in eine monarchische Form überführt hatte, gründete er Byzantion neuundgabihmseinen Namen. (8) Praxagoras sagtaber–obgleich erseinem Glauben nachHellene ist– , daßderKaiser Konstantin durch all seine Tüchtigkeit, seine charakterliche Vollkommenheit undsein ganzes Glück alle vorihmherrschenden Kaiser indenSchatten gestellt hat.Mitdiesen Worten werden auchseine beiden Bücher beendet. (9) Praxagoras stand im zweiundzwanzigsten Jahr seines Lebens, wieer selbst sagt, als er dieses verfaßte. (10) Derselbe verfaßte auchzweiandere Bücher, nämlich „ ÜberdieKönige in , als er dasneunzehnte Jahr vollendet hatte. Er schrieb auch weitere sechs Bücher über Athen“ Alexander, denKönig derMakedonen, undzwarinseinem einundreißigstem Lebensjahr. (11) Seine Prosa ist genau undangenehm, dochetwas spannungsloser alsgebührlich. Ergebraucht denionischen Dialekt.

Neben demExzerpt desPhotios gibteseine weiteres Praxagoras-Fragment, das Müller unddann Jacoby in ihre Fragmentsammlungen nicht aufgenommen haben unddasm.W. auch sonst nie beachtet wurde. Direkt nach denAusführungen des Photios über Aischines (bibl. 61) undunmittelbar vor derZusammenfassung des Praxagoras bieten die Handschriften ein Scholion zudenimGriechischen existie. Weil indiesem Scholion zunächst aufProPerle“ renden Formen desWortes für„ kophingewiesen wird, istes indenEditionen innerhalb derAusführungen, diePhotios zumWerk desProkop macht, zufinden:

ρ γ α ο ρ ρ ιundμ ῖτ ά γ α α ι) sagt manauch μ ρ γ ίδ ρ α ρ α α α Fürdie Perlen (μ ι Die Form μ γ ρ ρ α ά ο ς γ ρ α α findet manbeimRhetor Prokop undbeianderen erwähnenswerten Autoren. DieFormμ ρ ίδ α ιaber bei demin Ionisch schreibendem Praxagoras im zweiten Buch seiner Geschichte γ ρ ρ α α ῖτ α ιistdagegen gewohnt und über Konstantin denGroßen undbei anderen. DieFormμ wird ständig gebraucht.26

Da Photios

hintereinander die Werke desPraxagoras undProkops exzerpiert hat, spricht nichts dagegen, diese gelehrte Notiz Photios selbst zuzuschreiben, demwegenseiner lexikalischen Interessen hierbeibeiden Autoren dievomNormalfall abweichenden Wortformen aufgefallen sind. Unabhängig von der Herkunft des Fragments, istjedenfalls dieses zusätzliche Fragment beiderRekonstruktion desverlorenen Geschichtswerks desPraxagoras zurKenntnis zunehmen. Ausdenbeiden Fragmenten gehtnicht mitEindeutigkeit hervor, wiedergenaue Titel derKonstantin-Biographie lautete. Zwarbieten beide Fragmente denWerktiρ ία , undJacoby hatdasWerk desPraxaν ἱσ τ ο ο ῖν τ ν τα α σ ν Κ ω ν μ έγ ρ ὶτ ὸ π ν ε tel ἡ γ α έ ςΚω ν σ τ α ν τ ῖν ο goras mit diesem Titel versehen. μ ςist allerdings in byzantinischer Zeit eben dieStandardbezeichung fürKonstantin gewesen, weshalb Photios auch in seinem Exzerpt zurVita Constantini Eusebs –abweichend vomSprachgeder Große“wird demGroßen“spricht27. Als „ brauch Eusebs –von Konstantin „ Konstantin allerdings nicht nurimWerktitel, sondern auch aneiner Stelle in dem vonPhotios exzerpierten Text bezeichnet, nämlich inPraxagoras 6. Derpathetische

τ ι α ρ ίδ α γ α ι Εὕρη ρ ρ α τ ο α α γ ιλέγον ικ ὶμ α ρ ά ρ ῖτ α α ὶμ ικ γ α ρ α ἱμ ιο τ 26 Schol. in Phot. bibl. 63: ὅ ἡ τ ρ ο ικ ρ ίδ ι α α γ ῥ α ὶἄ ρ λ γ λ ο α ιςἀ ῷ γ ις ο ὸδ ὰ ρὁμ ,τ ὲμ λ ό ιο ξ τ γ ρ ά ρ α ο ο π κ ίῳ ρ ο ςπ εΠ ρ τ ά α κ α ὶ ᾳ ρ ἱσ τ ο ίᾳ ρ έ νδευτ ῖν ο α τ νΚω ν ν σ τ α έγ νμ ὸ ρ ὶτ ῇ π ε ντ ν ίζο ᾳ τ ιἐ ἰω ν ρ α ρ γ ό ρ ά τ ξ εΠ α π α ή σ ε ι. ρ ν τ ὺ ἐ λ ῇ χ ο θ ε α ὶπ ςκ ισύνη α ῖτ ρ α γ ρ α ρ ἱδ ὲμ ᾽ἄ λ ις λ ο π α .Ο . ΙΠ Χ Χ 27 Vgl. zuPhotios bibl. 127 Winkelmann, Χ

Praxagoras

undseine Vorgänger

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Gesamttenor dieses Satzes, indemeine Beziehung zwischen derGröße desReiches undderTüchtigkeit desHerrschers hergestellt wird28, läßt es nicht als ausgeschlossenerscheinen, daßPhotios hier tatsächlich Praxagoras wörtlich wiedergibt29. Beweisen läßt es sich allerdings nicht.

3. ZumAutor: Milieu undBiographie Die Angaben desPhotios zurBiographie undzudenweiteren Werken desAutors erlauben eine ungefähre Bestimmung desMilieus, in demPraxagoras wirkte. Praxagoras gehörte zurAristokratie Athens, undsein erstes Werk galt derathenischen Lokalgeschichte. Zwei Jahre später legte Praxagoras seine Schrift über Konstantin vor, dernacheinigen Jahren einWerküberAlexander denGroßen insechs Büchern folgte30. Das sehr junge Alter, in demPraxagoras sich als Schriftsteller profilieren konnte, erklärt sich zweifellos nicht mitderbesonderen Frühreife desAutors, sondern damit, daßdie literarische Tätigkeit dieses jungen Manns aus gutem Hause ganzdeneingeübten Formen derimOsten desrömischen Reichs undbesonders im mit der zweiten Sophistik verbundenen Athener Universitätsbetrieb gepflegten historiographisch-rhetorischen Traditionen entsprach unddaßselbst die Kombination der Interessen des Praxagoras, der antiquarische Beschäftigungen zur Heimatgeschichte mit Darstellungen der hellenistischen Geschichte und der unmittelbaren Zeitgeschichte verband, einem ganztypischen undeingefahrenem Profil historischliterarischer Betägigung gemäß war31. Ein sehr charakteristisches Beispiel dieser Kombination bietet Kallinikos vonPetra, dessen Tätigkeit imAthener Schulbetrieb 28 29

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ῆ η ςἄ ςε χ η η τ ο ύ ητ ἰς σ ςἀρ ν ἐπ ιζ ξ ιο ο νμ α ά έγ λ νΚω ν σ τ εγ ν α έβ ν τ υ ῆ ῖν ο ν ,τ Praxagoras 6: σ ςμ α σ ιλ α εία έν θ ι. ςβ α ἁ α σ σ π ςἐπ ισ ὰ τ ν ςειρημ ὸ τ υ ἑα So K. M.Girardet, DieKonstantinische Wende undihre Bedeutung fürdasReich. Althistorische Überlegungen zudengeistigen Grundlagen derReligionspolitik Konstantins desGroßen, (...) es war in: E. Mühlenberg, (Hrsg.) Die Konstantinische Wende, Gütersloh 1998, 120: „ Praxagoras vonAthen, derseinen Zeitgenossen Konstantin (...) offenbar alserster mithöchster Girardet verweist aufPraxagoras 6 und Anerkennung denNamen ‚derGroße‘beigelegt hat.“ aufdenWerktitel. DieBehauptung vonP. P. Spranger, DerGroße. Untersuchungen zurEntstehung des historischen Beinamens in derAntike, Saeculum 9, 1958, 56; P. Schreiner, ZurBezeichnung „ und„Megas Basileus“inderByzantinischen Kaisertitulatur, Byzantina 3, Megas“ 192, daßAmm.Marc. 15,5,19 denältesten Beleg fürdiese Bezeichnung bietet, erüb1971, 175– rigt sich bei der Lektüre dieser Stelle, vgl. auch Girardet, 120, Anm. 71. Diepräzisen Altersangaben hatPhotios ausdemProömium eines derbenutzten Werke gewonnen, undzwar nach W. T. Treadgold, TheNature of the Bibliotheca of Photios, Washington 1980, 61 ausdemProömium derKonstantin-Biographie, wasallerdings voraussetzt, daßman denüberlieferten Text korrigiert undannimmt, daßPraxagoras seine Alexander-Geschichte nicht im 31., sondern im21. Lebensjahr schrieb. M. E. ist eher anzunehmen, daßPhotios ein Codex mitallen drei Werken desPraxagoras vorlag, wasihmerlaubte, dasProömium zurAlexander-Geschichte zukonsultieren. ZurAbstammung desPraxagoras, SohndesPraxagoras, ausderAristokratie Athens vgl. Jacoby, Kommentar zuFGrHist 219; Millar, 15.ZurKombination desInteresses fürhellenistische Geschichte, Lokalgeschichte undZeitgeschichte bei Autoren derzweiten Sophistik vgl. etwa 304 unddenBeitrag vonH.Brandt. Zecchini, 301–

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noch Jahrzehnte später bewundert wurde undderneben Enkomien aufKaiser auch eine Geschichte derPtolemäer verfaßt hat, die reich an historischen Details und noch von Hieronymus für die hellenistische Geschichte konsultiert worden ist32. Andere Beispiele sind Ephoros von Kyme, Dexippos aus Athen, Soterichos von Oasis33. DasInteresse derzweiten Sophistik für die griechische undsogar für die

zuvor weitgehend verdrängte hellenistische Geschichte gründet im kulturellen Selbstbewußtsein deröstlichen Eliten, während ihre zunehmende Kaisernähe den Reichtum ihrer enkomiastischen Produktion erklärt. ImUnterschied zudenmeisten Vertretern derzweiten Sophistik sindfürPraxagoras allerdings eindeutig der Rhetorik oder der Philosophie zuzuweisende Schriftennicht bekannt. Dasheißt nicht, daßer sie nicht verfaßt hätte, sondern wohl nur, daßsiezuunbedeutend waren, alsdaßsieweiter tradiert wurden. WennaberOnesimos, dernach der Suda „Historiker undSophist“war, oder der„Sophist“Bemarchios ihre enkomiastischen zeitgenössischen Geschichtsdarstellungen mitphilosophischen Ausführungen abgerundet haben müssen34, solassen sich philosophierende Gedankengänge dieser Art unschwer auch für die Darstellung des Praxagoras erahnen. Dies gilt insbesondere vomangeblichen Ziel, dasKonstantin während des ersten Konflikts mitLicinius geleitet haben soll, nämlich demVersuch, Licinius zu bewegen, seine Herrschaft von einer Tyrannis in eine Basileia zu verwandeln35. Daßeine solche politische Philosophie sich kaum über rhetorische Gemeinplätze erhebt, trifft zweifellos zu, doch gilt dies letztlich auch für die enkomiastische Tätigkeit desThemistios undüberhaupt fürdieganze zweite bzw. „dritte“Sophistik, Halbphilosoderen Gedankengut in derälteren Handbuchliteratur verächtlich als „ phie“ charakterisiert wird. Auch imStilistisch-Formalen dürfte sich Praxagoras nicht wesentlich vonden anderen literarischen Zeitgenossen desRhetoren-Milieus unterschieden haben. Der Gebrauch desIonischen wardurchaus üblich, insbesondere fürWerke historischer Darstellung36. DaßderStil desPraxagoras nach demUrteil desPhotios angenehm zu lesen gewesen sein soll, würde ihnetwas ausderrhetorischen Durchschnittsproduktion dieser Zeit herausheben. Freilich verrät derwohl direkt ausPraxagoras zitierte Abschlußsatz in rhythmisierter Prosa, daßdie Hauptcharakteristika dieser

32 ZumWerkdesKallinikos vonPetra (FGrHis 281) Pernot, 104f. 33 Vgl. indiesem BanddenBeitrag vonH.Brandt.

34 Vgl. FGrHist 216 T 1; FGrHist 220 F1. 35 Praxagoras 5. 36 N. G. Wilson, Photius. The Bibliotheca. A Selection, translated with notes, London 1994, 15 wirft Photios vor, nicht „ theremarkable fact“zuwürdigen, daßPraxagoras inIonisch schrieb: „ A critic whodoes notexplain this extreme example of homage to Herodotus as thefather of history is failing in his duty.“In Wirklichkeit war der ionische Dialekt gerade für Geschichtsschreiber abdemII. Jahrhundert durchaus gebräuchlich. Lukian spottet über Autoren, dieinAttika Ionisch schreiben (dieser Spott würde auchPraxagoras treffen). AufIonisch schriebenAsinius Quadratus undEusebios, vgl. dazuP. Goukowski, Unimitateur tardif d’Hérodote: Eusèbe, historien desCésars, in: C. Brixhe (Hrsg.), La koinè grecque antique II, Nancy-Paris 201. Aberauchmedizinische Traktate undselbst philosophische Abhandlungen sind 1996,171– aufIonisch geschrieben worden, vgl. Stob. 2,9,6. FürPhotios wardasKunst-Ionisch desPraxagoras kein außergewöhnliches Phänomen.

Praxagoras

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undseine Vorgänger

Rhetorik durchaus auchbei Praxagoras gefunden werden können37. Daßschließlich die enkomiastische Biographie desPraxagoras sich inhaltlich imwesentlichen an dasSchema desMenandros vonLaodikeia hielt undauch hierin exemplarisch die Durchschnittsproduktion widerspiegelte, wirdweiter unten zuzeigen sein.

4. Praxagoras,

Libanios undEuseb: Eine östliche Vulgata Konstantins

zudenGroßtaten

Voneiner ganzdemdurchschnittlichen literarischen Betrieb verhafteten Schrift eineseinundzwanzigjährigen Atheners sinda priori keine originellen Perspektiven in derDeutung desLebens Konstantins zuerwarten. In derTat muß, als Konstantin 324 denOsten übernahm undinallen Städten dieses Raums derAufstieg desneuen Alleinherrschers gefeiert wurde, dieser Aufstieg überall in ähnlicher Form dargestellt worden sein, teils weil maneiner gemeinsamen Perspektive, insbesondere der kaiserlichen Selbstdarstellung verpflichtet war,teils weil mansich ineinem intensivenrhetorischen Betrieb gegenseitig inspirierte. DieExistenz einer zeitgenössischen östlichen Vulgata zumLeben Konstantins läßt sich nicht nurausGründen allgemeiner Plausibilität erschließen, sieerklärt vor allem dieGemeinsamkeiten zwischen Eusebs VitaConstantini undder59. Rededes Libanios. Petit, deralserster aufdiese Gemeinsamkeiten aufmerksam gemacht hat, hatseinerzeit angenommen, Libanios habe sich ineinigen Ausführungen seines Basilikos aufConstantius undConstans, indenen er sich zurLebensleistung Konstantins desGroßen äußert, direkt vonEuseb beeinflussen lassen38. Dagegen hat Moreauzuzeigen versucht, daßdieÜbereinstimmungen zwischen denbeiden Quellen aufeine gemeinsame Traditionsschicht zurückgehen. Dabei habe sich, sodasFazit Moreaus, Libanios vonPraxagoras selbst inspirieren lassen, während Euseb zumindest vondergleichen offiziellen Darstellung wiePraxagoras beeinflußt sei39. Inder Folgezeit sind viele Forscher demUrteil Petits gefolgt40, dochverdient diePosition vonMoreau denVorzug, mitderEinschränkung, daßPraxagoras nicht einmal die unmittelbare Quelle desLibanios gewesen sein muß.DaßdieÜbereinstimmungen zwischen Libanios undEuseb41 sich durch dienach 324 allgemein verbreiteten ähnlichen Ideen undDeutungsmuster zur Regierung Konstantins erklären lassen, von denen sich auch derjunge Praxagoras hatinspirieren lassen, macht eine summarische Untersuchung der Übereinstimmungen deutlich, die Petit zwischen Libanios undEuseb fürdieZeit bis 324 konstatiert hat42. 37 38 39

40

41 42

Praxagoras 8. Als direktes Zitat erkennt vonJ. Schamp, Photios, Historien desLettres. La Bi169. bliothèque et sesnotices biographiques, Lüttich 1987, 168– Petit, passim. Moreau nannte als Moreau, passim. Etwas verkürzt wirddie Argumentation vonKloft, 510: „ Vorlage derbetreffenden Schilderungen beiLibanios wieinderVita diezweiBücher Kaisergeschichte desPraxagoras vonAthen.“ Basilikos“libanien de348, Gerion Zuletzt Wiemer, 513 f. J. P.Callu, UnMiroir desprinces, le „ 5, 1987, 134, Anm.5 skizziert dieDiskussion, ohne selbst eine Entscheidung zutreffen. Eine Liste nachPetit undMoreau beiWiemer, 514. Vgl. auchLieu–Montserrat, 206. Die Gemeinsamkeiten zwischen Euseb undLibanios gehen über 324 hinaus, sind aber hier

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1.Euseb undLibanios berichten beide überdievondenübrigen Tetrarchen abweichende Finanzpolitik desConstantius43. Constantius habe keine Thesaurierung betrieben, sondern dasGeldbei denReichen belassen, dasfreilich jederzeit abrufbargewesen sei. Illustriert wirddieses Prinzip durch einen (bei Libanios angeblich in Übereinstimmung mitDemosthenes geäußerten) Ausspruch desKaisers selbst, die öffentlichen Mittel seien bei Privaten ambesten aufgehoben. Petit zufolge beweisen diese Übereinstimmungen dieBenutzung derVita Constantini durch Libanios. Freilich berichtet Libanios nurinallgemeiner Formvondenfiskalischen Prinzipien desConstantius, während Euseb hiereine Anekdote vorträgt, inderDiokletianBeauftragte zuConstantius schickt, umdessen Politik zuinspizieren, undinder Constantius seine fiskalischen Grundsätze nacheiner eindrucksvollen Demonstrationseiner Liquidität diesen Gesandten gegenüber äußert. Dabei weist dieVersion desLibanios letztlich inderStruktur größere Gemeinsamkeiten mitEutrop als mitEuseb auf. Eutrops auffällig parallele Erläuterungen sindvonPetit überhaupt nicht beachtet worden44. WiebeiLibanios werden nämlich bei Eutrop die Prinzipien zurFinanzpolitik nurin einer allgemeinen Maxime geäußert. Etwas abweichend wirdbeimBreviator dasMotiv derspontan vondenPrivatleuten zusammengebrachten Schätze entwickelt, indem diealtrömische Sparsamkeit eines Kaisers gepriesen wird, derfürseine Bankette darauf angewiesen ist, sich dasSilbergeschirr auszuleihen. WieEuseb undLibanios betont Eutrop schließlich denKontrast zwischen dermenschenfreundlichen Herrschaft desConstantius und derdrückenden Herrschaft derübrigen Tetrarchen, allerdings nicht zuAnfang seinerAusführungen überFinanzpolitik, sondern erst imFolgesatz45. Euseb zurgemeinsamen Quelle derAusführungen desLibanios undEutrop zu machen, geht kauman46. Dieliterarischen Beziehungen sind hier komplexer. Es ist ananderer Stelle gezeigt worden, daßEutrops Quelle auch in zahlreichen anderen Punkten Constantius unddenjungen Konstantin hervorhebt unddaßsie denStandpunkt eines mit demTrierer höfischen Milieu verbundenen gallischen Autors widerspiegelt47. Als Konstantin schon während seiner ersten Herrschaftsjahre in Gallien aus der tetrarchischen Ordnung ausbrach, wurde durch denHinweis auf die angebliche größere Menschenfreundlichkeit des Constantius ein seit jeher bestehender Gegensatz zwischen demHause Konstantins undderübrigen Tetrarchie konnicht weiter untersucht, weilsiefürdieInterpretation desGeschichtswerks desPraxagoras nicht mehr relevant sind. Sie erklären sich allerdings nach demgleichen hier vorgeschlagenen Modell. Aufeine argumentative Auseinandersetzung mitdeninteressanten Thesen vonPierre-Louis 524, der in der Darstellung des Malosse, Libanius on Constantine again, CQ 47, 1997, 519– Libanios viel versteckte Kritik anKonstantin erkennt, mußhier verzichtet werden. 43 Eus. Vit. Const. 1,14; Lib. or. 59,15. 44 Eutr. 10,1,2: Constantius (...) divitiis provincialium acprivatorum studens, fisci commoda non admodum adfectans dicensque melius publicas opes a privatis haberi quamintra unumclaustrum reservari, adeo autem cultus modici, utfestis diebus, si amicis numerosioribus esset epu-

landum, privatorum ei argento ostiatim petito triclinia sternerentur 45 Eutr. 10,1,3. 46 So Kloft, 514. 36:DieEnmannsche Kaisergeschichte benutzt fürdieZeitdesConstan47 Bleckmann (1997), 33– tius unddesjungen Konstantin einpanegyrisches Geschichtswerk.

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undseine Vorgänger

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struiert. Dieser Gegensatz ist dannzumfesten Bestandteil derin allen enkomiastischen Darstellungen notwendigen Charakterisierung derHerrschaft desVaters Konstantins geworden. Euseb hat diesen Gegensatz christlich vor allem als religionspolitischen Gegensatz interpretiert, gleichwohl aber auch die profane Version (Gegensatz inderFiskalitätspolitik) inseinen Bericht integriert. Libanios hatsich dagegenausschließlich andieursprüngliche Version gehalten undsichhier, wiedierelativ große NähezuEutrop zeigt, aufkeinen Fall vonEuseb inspirieren lassen. DieGemeinsamkeiten zwischen Libanios, Euseb undEutrop erklären sich also damit, daßdie Fiskalitätspolitik zumGrundbestand zahlreicher panegyrischer Ausführungen zurRegierung desConstantius gehörten, ohnedaßmandeshalb eine einzige Quelle postulieren müßte. Vielmehr ist diese tendenziöse Darstellung derFiskalitätspolitik desConstantius einReflex frühkonstantinischer Propaganda, diedie Unterschiede zwischen derHerrschaft desConstantius undderderübrigen Tetrarchenüberspitzte. Immerhin zeigt diese Propaganda, daßdieSteuer- undGeldpolitik derTetrarchie keinem völlig reichseinheitlichen Muster gefolgt seinkann. Während esetwaimOsten Zwangsaufkäufe vonGoldzueinem künstlich niedrigen Preis gab, umdieZirkulation zubeleben undletztlich mehrEdelmetalle thesaurieren zukönnen, dürfte imWesten aufdieDurchführung ähnlich harter Maßnahmen verzichtet worden sein48. Die bereits im antiken Schrifttum hervorgehobenen Unterschiede zwischen dergeizigen Thesaurierungspolitik desLicinius unddergroßzügigen Ausgabenpolitik Konstantins49, mögen letztlich aufdiese Verschiedenheiten inderSteuer- undGeldpolitik derTetrarchie zurückgehen. Das Beispiel derPolitik, die Julian als Caesar in Gallien betrieb, zeigt dabei, wie in einem Mehrkaisertum durch die Betonung solcher Differenzen inderSteuerpolitik bewußt umdieLoyalität derUntertanen imeigenen Reichsteil geworben werden konnte50. Analog dürften imRahmender von Konstantin verfolgten Politik demonstrativer Distanzierung vonder Tetrarchie real existierende Besonderheiten der Fiskalitätspolitik des Constantius ohne weiteres als besonders markantes Exempel kaiserlicher Philanthropie ausgegeben undmittopischen Aussprüchen illustriert worden sein51. 2. Die schon seit demBeginn der Regierung Konstantins lancierte Version, Konstantin habe dieHerrschaft vonseinem sterbenden Vater erhalten, bildete den Grundbestand jeder enkomiastischen Darstellung der Herrschaft Konstantins, wo dieusurpatorischen Anfänge desKaisers ignoriert werden mußten. Es erstaunt daher nicht, diese Version sowohl bei Euseb wie bei Libanios zu finden52. Spezifi-

57, 48 Zu denZwangsaufkäufen vgl. J.-M. Carrié, Dioclétien et la Fiscalité, AntTard 2, 1994, 55– derallerdings einreichseinheitliches Muster annimmt. 49 Vgl. dieleider verdorbene Passage inAur.Vict. 41,3 zumGeizdesLicinius. ZuKonstantin vgl. H.Brandt, Lapolitica fiscale diCostantino nelle opinioni tardoantiche, in: G. Bonamente –F. 218. Fusco, Costantino il Grande dall’Antichità all’umanesimo I, Macerata 1992, 213– 50 E. Pack, Städte undSteuern inderPolitik Julians. Untersuchungen zudenQuellen eines Kaiser103. bildes, Brüssel 1986, 62– 51 Vgl. auch Amm.25,4,15 zurFinanzpolitik Julians, diemitdemgleichen topischen Ausspruch wie für Constantius illustriert wird: numquam augendae pecuniae cupidus fuit, quamcautius apuddominos servari existimabat, idaliquotiens praedicans Alexandrum Magnum, ubihaberet

thesauros, interrogatum „apudamicos“benivole respondisse. 20 undLib. or. 59,16–18. Die Übereinstimmung wird vonWiemer, 14 52 Eus. Vit. Const. 1,18– hervorgehoben.

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scher sindfreilich dieÜbereinstimmungen zwischen Euseb undPraxagoras, beidem Konstantin ebenfalls dieHerrschaft alsErbteil übernimmt53. DennumdieÜbernahmederväterlichen Herrschaft vorOrterklären zukönnen, erläutern Praxagoras und Euseb die Flucht Konstantins vonNikomedeia zuConstantius undberichten über die Nachstellungen des Galerius54. Diese Geschichte vondenNachstellungen des Galerius undder Flucht Konstantins warfester Bestandteil zahlreicher panegyrischer Darstellungen derRegierung Konstantins undist sogar in diebyzantinische Hagiographie eingegangen55. Libanios hatsievorallem ausÖkonomiegründen nicht mehrin seinen denSöhnen Konstantins gewidmeten Basilikos aufgenommen. 3. Euseb undLibanios motivieren in ähnlicher Weise denvonKonstantin begonnenen Krieg gegen Maxentius56. Zwar ist Konstantin derAngreifer, doch nur, weil er ausSorge umdastyrannisierte Romhabeeinschreiten müssen57. Euseb versucht dabei dieAgressivität Konstantins zurelativieren, indem er behauptet, Konstantin habe zunächst denanderen Herrschern derTetrarchie dieRache gegen Maxentius überlassen, sich aber schließlich wegen ihrer Untätigkeit oder Unfähigkeit veranlaßt gesehen, selbst gegen denTyrannen einzuschreiten. Bei Libanios finden dagegen dieMitregenten keine Erwähnung, sondern schreitet Konstantin sofort gegenMaxentius ein. Eine Abhängigkeit desLibanios vonEuseb ist somit nicht wahrscheinlich, daLibanios diespezifischen Details Eusebs ignoriert. Zwarmages sein, daßLibanios solche Details unterschlagen undverändert hat. Viel plausibler ist es

53 54

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Praxagoras 2 f. und6. Unzulässig spricht dieÜberschrift vonEus. Vit. Const. 1,20 vonDiokletian, vgl. auchTheoph. Sie sannen imgeheimen 8,17 deBoor. FürdieNachstellungen berichtet Euseb nurallgemein: „ aufallerlei Anschläge gegen ihn, dasie sich ausScheu vorseinem Vater hüten mußten, offen ἱ über ihn denTod zu verhängen.“Bei Euseb könnte in der absichtlich vagen Wendung ο ῦ ν ικ α ρ τ α s aucheine Mitwirkung Diokletians eingeschlossen sein, wennauchdie τ α κ ο ῦ ν τ ε τη Formel vorallem auf Galerius zielt. Eine Mitwirkung Diokletians warvielleicht auch in der vollständigen Fassung desPraxagoras angedeutet, wennbetont wird, daßKonstantin nachNikomedeia zuDiokletian zurErziehung geschickt wurde. Die Initiative wird in denspäten Quellen bald Diokletian, bald Galerius zugeschrieben, vgl. Bleckmann (1992), 166, Anm. 58. Gemeinsamkeiten zwischen Eus.Vit. Const. 1,26,1 undLib. or.59 19betont vonWiemer, 514; Lieu- Montserrat, 206. Vit. Const. 1,26,1: „ Daer denganzen Erdkreis wieeinen großen Körper betrachtete undsehen mußte, daßdieHauptstadt derganzen Welt, dieHerrscherin desrömischen Reiches, derKnechtschaft eines Tyrannen unterworfen war, wollte eres wohlzuerst denBeherrschern derübrigen Teile desReiches, dieihmja anAlter voraus waren, überlassen, alsihrRächer aufzutreten. Weil aber keiner vondiesen imstande war, ihrHilfe zubringen, ja sogar die, welche sich entschlossenhatten, einen Versuch dazuzumachen, einschmähliches Endegefunden hatten, erklärte er, daßihmselbst dasLeben nicht mehrerträglich sei, wennerdieKaiserstadt insolcher Notsehen müsse. So traf er denn die notwendigen Rüstungen zumSturze derTyrannenherrschaft.“Lib. or. 59, 19: „ Er sah, daßdiegroße Stadt demNamen nach beherrscht, inWirklichkeit aber vom Machthaber zerstört wurde, under duldete es nicht, daßderselbe Manngleichzeitig Herrscher undFeind war,nochhielt eresfürerträglich, solange erselbst lebte unddieSonne sehen konnte, zuerdulden, daßdie Hauptstadt derWelt durch dieGewalt eines Tyrannen zerstört wurde. Vielmehr legte ersogleich, alseresvermochte, dieWaffen anundbegann zuerst mitdemKrieg fürdieHauptstadt dergesamten Welt, indem eraufseineigenes Risiko hinimInteresse anderer ihrUnglück beendete.“Vgl. zuKonstantin als demBefreier Roms Them. or. 3, 44 a –b.

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aber, auch hier die nicht allzu spezifischen Gemeinsamkeiten durch denRückgriff aufallgemein verbreitete Themen panegyrischer Literatur zurückzuführen. Daserklärt, warum Praxagoras in enger Übereinstimmung mitEuseb undLibanios über die Gründe des Kriegs gegen Maxentius berichtet: Auch bei Praxagoras (4) greift Konstantin alserster an,undzwarauchhier nurausSorge umdasWohlRoms: „ Als er (Konstantin) aberhörte, daßMaxentius ausschweifend undbedrückend überseineUntertanen herrschte –dieser hatte sich nach Maximi(a)nus als Herrscher über , zoger gegen diesen zuFelde, umihnfür dieEinwohner Roms aufgeschwungen – dieWidergesetzlichkeiten gegen dieBeherrschten zubestrafen.“ 4. Für die Darstellung der Schlacht anderMilvischen Brücke will Petit spezifische Gemeinsamkeiten zwischen derVita Constantini undLibanios feststellen. SowohlinderKirchengeschichte wieinderVita Constantini ertrinkt bekanntlich Maxentius im Tiber, als die eilig neben demPons Milvius errichtete Schiffsbrücke reißt58. Nach derVita Constantini handelt es sich umeine List, die derUsurpator selbst zuvor ersonnen habe undderer dannselbst zumOpfer gefallen sei. Mitder Erzählung derVita Constantini zeigt nundieDarstellung desLibanios gewisse GeAuf diese Weise rückte er bis zu denMauern vor, forderte den meinsamkeiten: „ Tyrannen wider dessen Willen zumKampf heraus, und,obgleich sichdieser inFeigheit versteckt hielt, führte er ihndurch Zwang heraus. Dajener eine offene Begegnung nicht wagte, überließ er denKampf seiner Verschlagenheit. Undwie er die Falle über denFluß gespannt hatte undwiedieHinterlist denjenigen, gegen diesie erfunden war, kein Leidzufügte, demaber, dersie gesponnen hatte, dasVerderben brachte unddenInhalt desSprichworts zufügte, daßeiner vondeneigenen Nachstellungen gefangen wird, dasalles undsogar mehr, ist schon ausgiebig früher von Redeschreibern undDichtern besungen worden59.“ Petit versucht zuzeigen, daßdiese Version einer vomTyrannen bereits hinterlistig ausgesonnenen Falle sich nurbeiLibanios undinderVita Constantini finde60. Dasführe zumzwingenden Schluß, daßLibanios die Vita Constantini konsultiert haben müsse. Die Konsultierung Eusebs sei auch dadurch bewiesen, daßmitdem vonLibanios zitierten Sprichwort das in der Kirchengeschichte, aber auch in der 17) gemeint sein müsse61. Vita benutzte Psalmenwort (7,16– Angesichts derVorliebe desLibanios fürsprichwörtliche Redewendungen, die oft nurbei diesem Autor belegt sind, mußoffen bleiben, ob er nicht unabhängig vomPsalmenwort, dasletztlich keine paroimia ist, eine sprichwörtliche RedewenWerandern eine Grube gräbt, fällt selbst dung, die in etwa unserem Sprichwort „ , kannte. FürdieFestlegung vonAbhängigkeitsbeziehungen istdieses Indiz hinein“ jedenfalls m.E. nicht hinreichend. Daszweite, vonPetit angeführte Indiz beruht dagegen eindeutig aufeiner nicht ausreichenden Würdigung aller Quellenzeugnisse. Die Geschichte von der von Maxentius amTiber gelegten Falle, indieerselbst fällt, findet sich ineiner breiteren profangeschichtlichen Tradition. Amdeutlichsten ist hier Aurelius Victor: insidiis,

7; Vit. Const. 1,38. 58 Eus. h. e. 9,9,5– 59 Lib. or. 59,20. 60 Petit, 567 f. 61 Eus. h. e. 9,9,6; VC 1,38,3.

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quas hosti apud pontem Milvium locaverat, in transgressu Tiberis interceptus est (scil. Maxentius)62. Bei Praxagoras läßt vermutlich nurdieungenaue Wiedergabe desPhotios offen, daßMaxentius seine Falle direkt ambzw. überdenTiber aufgeBei derFlucht aber fander (Maxentius) selbst dieTodesart, dieerhinbaut hatte: „

terlistig fürdieFeinde zumVerderben geplant hatte, indem erindenvonihmvorbe63Die Geschichte vondervorbereiteten Falle findet sich bei reiteten Graben fiel.“ Zosimos mitsehr genauen Erörterungen zurtechnischen Durchführung: Maxentius läßteine Brücke bauen, deren Mitte durch eine ArtFalltür gebildet wird, dieindem Augenblick geöffnet werden soll, indemsie vondenTruppen Konstantins betreten wird, die aber dannunter demGewicht derfliehenden Truppen desMaxentius zusammenbricht64. Dergenaue Bericht desZosimos unddieDarstellung desPraxagoras zurSchlacht anderMilvischen Brücke fallen ineinem weiteren Punkt zusammen: Beide berichten, wiederabgetrennte Kopf desMaxentius aufeine Lanze aufgespießt undnach Romgebracht wird65. Dieses Detail hatin denzeitgenössischen panegyrischen Darstellungen eine große Rolle gespielt66. Hier liegt somit ein zusätzliches Indiz für die Annahme vor, daßPraxagoras mitseiner Geschichte vonderHinterlist desMaxenRedeschreibern undPoeten“ tius, dienachLibanios vonvielen „ behandelt wurde67, nurdaswiderspiegelt, wasallgemein inzahlreichen Erzählungen zumKrieg gegen Maxentius undKonstantin zufinden war68. Euseb hatdanndenInhalt dieser Erzäh-

62 Aur. Vict. 40,23.

63

Praxagoras

4.

64 Zos. 2,15, 3 f.; 16,4. 65 Zos. 2,17,1; Praxagoras 4. 66 Anon. Val. 12. Vgl. Pan. 12,18,3 und4,31,4. 67 Bereits derAnonymus von313weist aufdiezahlreichen inRomvorgetragenen panegyrischen Berichte überdieresgestae desKaisers hin, vgl. Pan. 12,1,1. 68 Es trifft zu,daßviele erhaltene Darstellungen ohne dieDarstellung dieser Hinterlist auskommen, vgl. etwaEpit. Caes. 40,7: paulo superius a ponte Mulvio inpontem navigiis compositum ab latere ingredi festinans lapsu equi inprofundum demersus est; Anon. Val. 12: inter angustias arcentis populi periit, equo praecipitatus influvium, Zon. 13, 1,12 (stammt ausderLeoquelle. Eine Verwandtschaft dieser Quelle mitdenbeiden lateinischen profangeschichtlichen Traditionen ist m. E. anzunehmen). Auch bei denPanegyrici Latini spielt die Hinterlist des Maxentius keine Rolle. Die Version über Maxentius, der zumOpfer der vonihmgestellten Falle wird, könnte ausderKontamination zweier Tatbestände entstanden sein: 1.) Maxentius hatte dieMilvische Brücke unterbrechen lassen, denfehlenden Bogen aber miteiner aufklappbaren Holzkonstruktion überbrückt (vgl. die Beschreibung bei Zos. 2,15,3), die es erlaubte, nach derÜberquerung durch die Truppen desMaxentius die Brücke wieder unpassierbar zu machen (vgl. Lact. demort. pers. 44,9). Eine solche Konstruktion ist etwa beimpons sublicius bekannt, derinderZeit desAntoninus Piusrenoviert wurde (HAAP8,2). ZumKonstruktionsprinzip vgl. Plin. n.h. 36,100.2.) Zusätzlich hatte Maxentius, umrasch seine zahlreichen TruppenüberdenFluß setzen zukönnen, eine hölzerne Behelfsbrücke errichten lassen. AlsMaxentius nach derSchlacht andenSaxa Rubra zumTiber zurückkehrte, wardieMilvische Brücke unpassierbar undmußte die Masse desgesamten Heeres unter turbulenten Umständen allein überdieSchiffsbrücke zurückgeführt werden, woMaxentius seinEndefand. Verkürzt entstand ausdiesen beiden Elementen die Version, daßdie Schiffsbrücke, auf derMaxentius sich befand, infolge einer vonMaxentius selbst eingerichteten Konstruktion gerissen sein soll. Anders zumPons Milvius undzurSchiffsbrücke Kuhoff, 154, Anm.74.

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lungen übernommen, ihn aber unter anderem durch die Einfügung eines Psalmenkommentars einer interpretatio christiana unterzogen. 5. ImKatalog derGemeinsamkeiten zwischen Euseb undVita Constantini wird aufgeführt, daßEuseb undLibanios beide denersten Krieg zwischen Konstantin undLicinius unterschlagen hätten69. In welcher Weise die Bedeutung des ersten Bürgerkriegs inderVita Constantini relativiert wurde, ist allerdings nicht ganzklar. Nach derlangen, durch Grégoire undseine Schüler angeregten Diskussion in den 50er Jahren wird auch heute noch die These vertreten, daßdererste Bürgerkrieg überhaupt nicht erwähnt wurde70. Aber in einem knappen Kapitel derVita (I 50) läßt sich durchaus ein eiliger Abriß derBeziehungen zwischen Licinius undKonstantin erkennen, denEuseb alsRückblick imZusammenhang mitdemBürgerkrieg von324 einfügt: Zunächst wird auf die Ehe zwischen Licinius undKonstantin im Jahre 313 hingewiesen, dieKonstantin zumVerbündeten imKampf gegen MaximinusDaiamachte (daraus wirdübertrieben eineÜbertragung derHerrschaft imOsten dieimFinstern ausgeheckten Nachdurch Konstantin gemacht). Dann wirdüber „ stellungen“des Licinius berichtet, die Konstantin offenbar werden, was auf die Aufdeckung derVerschwörung desBassianus anspielen muß71. Überführt mußLicinius denHandschlag derFreundschaft geben (Anspielung aufdenFriedensvertrag von 316), bevor er erneut nach Gesandtschaften undLügen offen den Krieg erklärt72.

Wenn der erste Konflikt zwischen Konstantin undLicinius, dessen Ursachen mitderBassianus-Verschwörung durchaus richtig wiedergegeben sind, in derVita Constantini eine gewisse Rolle spielt, gleichwohl aber dermilitärische Aspekt völlig unterschlagen wird, sind Parallelen mit Praxagoras augenfällig73. Praxagoras

II 18); Lib. or. 59, 21. 69 Eus. Vit. Const. 1,50 (bzw. I 49– 70 J. Vogt, Die Vita Constantini desEusebius überdenKonflikt zwischen Konstantin undLicini471. Zustimmend Wiemer, 514, Anm.23: „conclusive demonstration us,Historia 2, 1954, 463– that thefirst warof Constantine against Licinius is ignored inthe Vita Constantini.“ 71 Vgl. C. Habicht, ZurGeschichte desKaisers Konstantin, Hermes 86, 1958, 374. DaßdieDeutungvon1,50 inderDiskussion der50erJahre keine Rolle spielt, hängt damit zusammen, daßin Vit. Const. 1,48 die Decennalienfeier von315 als ein Terminus post quem erscheint undder erste Krieg zwischen Konstantin undLicinius vorder fundamentalen Entdeckung P. Bruuns undC. Habichts 314 datiert wurde. 72 Dieprovozierenden Gesandtschaften vordemzweiten Krieg zwischen Konstantin undLicinius werden auch imAnonymus Valesianus (c. 22) erwähnt: Deinde cumvariasset inter supplicantia et superba mandata, iramConstantini merito excitavit, vgl. D. Westerhuis, Origo Constantini Imperatoris sive Anonymi Valesiani parsprior, Groningen 1906, 38, fürdendasVerhalten 6) skizzierten Verhalten gleicht. DieGeschichte vom desLicinius hier dembeiPraxagoras (5– vorübergehenden Frieden zwischen Konstantin undLicinius inVCII 15habe ich(Die Chronik desJohannes Zonaras undeine pagane Quelle zurGeschichte Konstantins, Historia 40, 1991, 347, A. 18) wieandere vormiraufdenFrieden von316 bezogen. Angesichts vieler Dubletten wird mandies nicht ausschließen können, doch scheint mir inzwischen die vonVogt vorgeschlagene Lösung wahrscheinlicher.

73 AufParallelen zwischen Eusebs VitaConstantini undPraxagoras fürdieDarstellung derKriege gegen Licinius hatbereits Moreau, 238– 241 aufmerksam gemacht, ist dabei (241) allerdings

vonVit. Const. 2,15 undnicht vonderhier einschlägigen Passage 1,50 ausgegangen. DaßPraxagoras die „ beiden aufeinander folgenden Feldzüge als Episoden eines einzigen Kampfes“ (Moreau, 240) darstellt, ist m.E. nicht anzunehmen.

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konnte die Existenz zweier Kriege nicht schlechthin leugnen, versuchte aber den ersten Krieg imSinne derkonstantinischen Tendenz alseinen militärisch nicht weiter bedeutenden Waffengang in seiner Bedeutung zurelativieren: „ Als er aber erfahren hatte, daßauch Licinius grausam undunmenschlich gegen seine Untertanen wütete (...), ertrug eresnicht, daßdieMißhandlung derMitbürger unbeachtet blieb, undzog gegen ihn zu Felde, umihn dazu zu bewegen, die Tyrannis gegen eine (gute) monarchische Herrschaftsform auszutauschen. Als aber Licinius vomFeldzugdesKaisers erfahren undFurcht bekommen hatte, suchte er, seine Grausamkeit durch denAnschein vonMenschenfreundlichkeit zuverbergen undtäuschte durch Eide vor, daßer sich denjenigen, die sich unter seiner Gewalt befanden, gütig erweisenwerde unddaßerdieVerträge, welche ergeschlossen hatte, treueinhalten werde.“ Erst derzweite Krieg ist dannnach derDarstellung desPraxagoras einernsthaftes militärisches Geschehen, das Konstantin durch die Eidbrüche des Licinius Später aber, daja Schlechtigkeit nicht fähig ist, Ruhe zubewahren, auferlegt wird: „ mußte er ihn, daer die Eide brach undseiner üblen Natur völlige Freiheit gab, in heftigen Schlachten niederkämpfen.“ Die 59. Rede des Libanios behandelt den Konflikt zwischen Konstantin und Licinius nurganz summarisch. Spezifische Züge, die Libanios ausschließlich mit der Vita Constantini Eusebs gemeinsam hätte, fallen nicht auf. Libanios betont, daß Konstantin sich lange umFriedenswahrung bemüht, schließlich aber gegen seinen Willen zumKrieg gezwungen wird unddiesen dann energisch zu Ende bringt74: „(...) erkämpfte gegen dieBarbaren, demüberdieMitbürger herrschenden Kaiser neidete er aber seinen Besitz nicht. Damals erbrachte er denErweis doppelter Tugend. Dennweder wünschte er, Krieg zuführen, solange esmöglich war,Frieden zu wahren, nochzauderte er, sobald es nötig war, sondern er verhielt sich ebenso skrupulös hinsichtlich des Friedens wie er für denKrieg tapfer war, so daßder andere 75Diese Perspektive dieVerträge brach, jener aber denSieg imKriege davon trug.“ läßt sich durchaus mitderDarstellung desPraxagoras zurDeckung bringen. Zusammenfassend istfestzustellen, daßdieGemeinsamkeiten zwischen derVita Constantini unddenKonstantin gewidmeten Ausführungen in der59. Rede desLibanios dadurch zuerklären sind, daßimmer die gleichen Themen, die letztlich von der offiziellen Selbstdarstellung derneuen Monarchie Konstantins abgeleitet waren, durch einen lebhaften rhetorischen Betrieb weite Verbreitung fanden. Wie intensiv in konstantinischer Zeit gerade auch derAustausch unddiegegenseitige Inspiration vonchristlichen undheidnischen Schriftstellern gewesen sein muß, zeigt dasBeispiel desBemarchios, deralsheidnischer Sophist eine Rede zurEinweihung der Kirche vonAntiocheia hielt, die ganz demModell derReden Eusebs zurEinweihung derKirchen vonTyros odervonJerusalem entsprach, unddiese Rede dann

74 ZumEid- undVertragsbruch alsKriegsgrund der„offiziellen Darstellung“vgl.Moreau 240mit Verweis aufPraxagoras, Eus. Vit. Const. 2,6,2; Lib. or. 59, 21 sowie Eus. h. e. 10,8,3. Hinzuzfügen istderausoffiziösen Quellen schöpfende Aurelius Victor (41,8): rupta pace apudThracas Licinius pulsus Chalcedona concessit. MitdemSubjekt desSatzes, Licinius, wirdauch auf denfürdenFriedensbruch Verantwortlichen hingewiesen. 75 Lib. or. 59, 21.

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auchdurch Rundreisen publik machte76. DaßLibanios, sofern erandenstilistischen Schwächen dieses Autors nicht Anstoß nahm, sichdirekt vonEuseb inspirieren ließ, wirdmanangesichts dieses Austauschs zwarnicht ausschließen können. Dochwird erseit seiner Studienzeit inAthen auchzahlreiche andere Reden gehört undzahlrei-

che Werke gelesen haben, diedieHerrschaft Konstantins ähnlich charakterisierten wie Euseb, nurunter nicht-christlichem Vorzeichen77. Für diese Schriften ist das Werk desPraxagoras repräsentativ. Es gehört, wiedasbeieinem knapp überzwanzig Jahre alten Schriftsteller auch nicht anders zuerwarten ist, völlig in denMainstream literarischer Betätigung undbietet ausdiesem Grunde oft dieselben Deutungs- undDarstellungsmuster wieEuseb oder Libanios. Mankann vermuten, daß derVerfasser einer solchen Durchschnittsdarstellung weder demKaiser besonders nahe stand nochüberbesondere Informationen verfügte. So liegt es wohl nicht nur anderverknappenden Zusammenfassung desPhotios, wenndieGeschichte desPraxagoras kein geschichtliches Detail bietet, dasnicht auch auseiner anderen Quelle schon bekannt wäre.

5. Historische

Perspektiven

bei Praxagoras

Vielleicht macht diese Durchschnittlichkeit gerade das Interesse der Darstellung desPraxagoras aus. Sie verrät, welches Bildbreitere Kreise deröstlichen Bildungseliten vomIdealherrscher Konstantin undseinen Aufstieg hatten. Abschließend soll es daher umeine Darstellung dieses vonPraxagoras gebotenen Gesamtbilds gehen. Trotz einiger Flüchtigkeiten und trotz einiger eigentümlicher Maßstabswechsel – dasDetail überdeninRomumhergetragenen KopfdesMaxentius wirderwähnt, die Schlachten desKriegs von324 werden dagegen nursummarisch zusammengefaßt78 –läßt dasExzerpt desPhotios recht genau die interpretierenden Hauptlinien erkennen, die die beiden Bücher über Konstantin des Großen bestimmten: Praxagoras folgte zumeinen in derDarstellung derBiographie des Kaisers recht genau dem Schema bei Menandros vonLaodikeia. Gekoppelt warsein Bericht zumanderen mit einer Gesamtdeutung derReichsgeschichte derjüngsten Zeit, in derderWeg Konstantins zurAlleinherrschaft als die Geschichte derWiedervereinigung deszuvorkünstlich geteilten Reichskörpers aufgefaßt wurde. Die Darstellung vonHerkunft, Erziehung undVorbereitung zumHerrscherberuf gehören in dieDarstellung eines Basilikos bzw. indieeiner demBasilikos verwandten historiographisch-biographischen Schrift. BeiderDarstellung derHerkunft

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77 78

Vortragsreise: 1,39. DerCharakter derRede wirdinderboshaften Charakterisierung durch Lib. Alser indiesem Vortrag vonSäulen redete, vonSchranken undvonWegen, or. 1,41deutlich: „ dieeinander kreuzten undwerweißwohin führten, daschauten dieZuhörer einander an:keiner Vgl. dieerhaltenen Reden Eusebs inh.e. 10,4 (Tyros); konnte es vonsich ausverstehen etc.“ 18(Grabeskirche inJerusalem). Vgl. Kennedy, 191. Laudes Constantini 11– Aufzahlreiche Logographen undPoeten, diedieSchlacht anderMilvischen Brücke dargestellt hätten, weist Lib. or. 59, 20 hin. Daßdamit Euseb gemeint sein soll, ist nureine Annahme von Petit, 565. Praxagoras 4 und6.

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Konstantins spielt beiPraxagoras dieangebliche Abstammung vonClaudius Gothicus keine Rolle. DasErbrecht Konstantins wird allein auf Constantius zurückgeführt. Praxagoras berührt sich hier eng mit der Vita Constantini undmit der 59.

Rede des Libanios, wo die Claudius-Legende gleichfalls keine Rolle spielt79. Wie weit bei Praxagoras aufdieRegierung desVaters Konstantins eingegangen wurde, läßt dasExzerpt offen. Immerhin fällt auf, daßPraxagoras bei derDarstellung der

Territorialverteilung in derTetrarchie Constantius allen übrigen Herrschern vorangestellt hatundmitdieser Abweichung vondertetrarchischen Rangordnung einem Schema konstantinischer Propaganda folgt80. Dadiegerechte, allen übrigen Tetrarchen weit überlegene Regierungskunst des Constantius einen Topos derenkomiastischen Literatur zuKonstantin demGroßen bildet, liegt dieAnnahme nahe, daß im vollständigen Geschichtswerk des Praxagoras in ähnlicher Weise wie bei Eutrop, Libanios undEuseb zumindest aufeinen Aspekt dergerechten Herrschaft des Constantius verwiesen wurde, etwaaufdiemilde Fiskalitätspolitik dieses Herrschers. Für die Darstellung der Jugend undAusbildung des Kaisers läßt das PhotiosExzerpt mitEuseb parallele Linien erkennen. WieinderVita Constantini wirddie Jugendgeschichte indasSpannungsfeld desVerhältnisses derTetrarchen eingebunden, indem Konstantin zurErziehung an denKaiserhof in Nikomedeia geschickt unddort das Opfer derNachstellungen des Galerius wird81. Die Geschichte vom Löwenkampf, denGalerius einfädelt undindemsich Konstantin bravourös schlägt, dient gleichzeitig dazu, diekörperliche Kraft undGeschicklichkeit deszukünftigen Monarchen hervorzuheben82. ρ ά Es folgt imHauptteil derBiographie desPraxagoras eine Darstellung derπ ε ξ ιs, derGroßtaten Konstantins. MitderVita Constantini hatPraxagoras hier gemeinsam, daßdiese Großtaten abweichend vomSchema desMenandros inchronologischer Reihenfolge behandelt werden83. InderDarstellungsweise dürfte sichfreilich die Biographie des Praxagoras deutlich vonderjenigen Eusebs unterschieden haben. Euseb weist ausdrücklich auf denUnterschied seiner Vita zudenübrigen zeitgenössischen Darstellungen derRegierung Konstantins hin, indem bei ihmdie Darstellung der „ Taten, die der dreimal selige Kaiser als Feldherr vollbracht hat, herrschen die Söhne Konstantins in derdritten Generation undist Constantius ihrAhnherr (Lib. or. 59, 13und14). Vgl. dagegen Jul. or. 1,6d und3,51 c. Hierin Eutr. 9,23 f., derdie Großtaten desConstantius denen desMaximian, Diokletian und Galerius voranstellt, vergleichbar, s. hierzu Bleckmann (1997), 34. η α ιδ θ ευ Praxagoras 2. Der Erziehungsaspekt wird bei Praxagoras explizit hervorgehoben: π ν ο . μ εν σ ό ZumLöwenkampf vgl. dieallgemeinen Andeutungen beiLact. demort. pers. 24,4. Indenbyzantinischen Hagiographien Konstantins wird dasThema des Kampfes gegen Löwen weiter variiert, indem Bären undPanther hinzutreten, vgl. Bleckmann (1992), 165, Anm.56. Diekörperliche Tüchtigkeit Konstantins ist auch durch dasMotiv des(ebenfalls vonGalerius heimtückisch eingefädelten) Einzelkampfs gegen Sarmaten illustriert worden, vgl. Anon. Val. 3; 6 (gekoppelt mitLöwenkampf). Karikiert werden diese Sarmatenkämpfe Zon. 12,33 p. 158,1– 7,2; Prob. 5,1. Allgemeiner Hinweis aufEinzelkämpfe gegen vielleicht in derHAAurel. 6,3– Barbaren beiPan. 6,3,3: manucumhostibus etiam singulari certamine conserenda notiorem te gentibus reddidisti (bezogen aufdieZeit vorderKaisererhebung). Zudieser Besonderheit derVita Constantini vgl. I. Heikel, Eusebius. Werke. 1. Band, Leipzig 1902, XLVII f.

79 Nach Libanios 80 81

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seine Treffen undSchlachten indenKriegen, seine Heldentaten undSiege, dieSiegeszeichen, dieer gegen seine Feinde aufgerichtet hat, undall dieTriumphe, dieer gefeiert hat“ bewußt übergangen werden, umdiechristlichen Aktivitäten desKaisers in denVordergrund zustellen84. Dasprofangeschichtliche Werk desPraxagorashatdagegen eine relativ detaillierte Darstellung dermilitärischen Großtaten des Kaisers geboten: –Fester Bestandteil eines jeden Katalogs derTaten Konstantins warderKampf gegen dieRheingermanen baldnachdemHerrschaftsantritt von306, einPunkt, der auchvonEuseb (I 25)nicht ausgelassen, allerdings, seinem Programm entsprechend, nursummarisch abgehandelt wird. Bei Praxagoras fällt auf, daßnicht nurdie„Kelten“ , dieimSpätgriechischen inderRegel imUnterschied zudenGalatern die„Gerbezeichnen, sondern auchdieGermanen inderausdemLateinischen tranmanen“ skribierten Formerwähnt werden, vielleicht einHinweis aufdieBeeinflussung durch westliche panegyrische Quellen, in denen die Kämpfe des Jahres 307, die in der spektakulären Hinrichtung vonFrankenkönigen ihren Abschluß fanden, besonders hervorgehoben wurden85. –Detailliert wurden dann imvollständigen Geschichtswerk desPraxagoras die Bürgerkriege von 312 bis 324 behandelt. Was im Photios-Exzerpt vonder Schlacht anderMilvischen Brücke berichtet wird, zeigt, daßPraxagoras etwadieFlucht von Saxa Rubra zumTiberufer unddie Brückenkonstruktionen des Maxentius dargestellt hat, hier also genauer warals die lateinischen Panegyriker86. Während er dann diemilitärischen Ereignisse desersten Bürgerkriegs zwischen Konstantin undLicinius ausguten Gründen verschleiert hat, hatereinen ausführlichen Bericht überden zweiten Bürgerkrieg geboten. Die heftigen Kämpfe (d. h. die Schlachten vonAdrianopolis undChrysopolis), indenen Licinius besiegt worden sind87, sindwohlebenso eingehend dargestellt worden wie die Einschließung des Licinius in Nikome-

84 Eus. Vit. Const. 1,11. ν ο α ύ . Zurwestlichen Tradition vgl. Bleckmann (1997), 34 ς ο ὺ ελ τ α ὶΓερμ ςκ 85 Praxagoras 3: Κ mitAnm. 34. Zuverweisen ist aufdieParallele zwischen Praxagoras undZos. 2,15,1, woKonstantin ausdenbesiegten Germanen undanderen keltischen Völkerschaften Truppen für den Feldzug gegen Maxentius rekrutiert. Diese Parallele schließt aus, daßZosimos sich lediglich geirrt hat undhier unzutreffend Kelten (Gallier, die zurZeit Konstantins natürlich nicht erst unterworfen werden mußten) vonGermanen unterscheidet, so aber D. Hoffmann, Dasspätrömische Bewegungsheer, Teil I, Düsseldorf 1969, 138. 86 Aurelius Victor 40,23 unterscheidet deutlich zwei Phasen der Schlacht, nämlich die militärische Auseinandersetzung beiSaxaRubra unddieVernichtung derfliehenden Truppen desMaxentius, die am Tiber aufgehalten werden: Maxentius atrocior in dies tandem urbe in Saxa rubra milia ferme novem aegerrime progressus, cumcaesa aciefugiens semet Romam reciperet, insidiis, quas hosti apudpontem Milvium locaverat, in transgressu Tiberis interceptus est. 149 hatallein Aurelius Victor denOrtderEntscheidungsschlacht richtig Nach Kuhoff, 147– bestimmt. MitdenAngaben Victors läßt sich aber dieDarstellung Eusebs (Vit. Const. 1,38,1 f.) τ ρ τ ά ο ω ρ ο gut in Verbindung bringen. Maxentius marschiert weit außerhalb der Stadttore: π ῶ τ δ α ὺ ο ςτ ῇἐ κ ν(1,38,1). Er wird von Konstantin besiegt undmußfliehen (1,38,2): ν ώ λ υ π ι. Ähnlich strukturiert ist derBericht des Praxagoras (4): μ ε θ ε ο ετ ῦμ ὰΚ υδυνά ο ω ν τ α ίν σ τ ν Konstantin besiegt Maxentius imKampf, ertreibt ihnindieFlucht, wodieser selbst indieFalle fällt, dieer vorbereitet hat. ZurDarstellung derlateinischen Panegyriker B. Bleckmann, Konstantin derGroße, Reinbek 1996, 55. ή α ρ τ σ ερ ά ιςκα α χ ςμ εμ ο λ π 87 Praxagoras 6: κατα α . ῖς

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unddie von Nikomedeia aus geführten Kapitulationsverhandlungen, die schließlich die Absetzung des Kaisers besiegelten89. –Dienach 324 gegen Goten undSarmaten geführten Kämpfe mögen vonPraxagoras nocherwähnt worden sein, bildeten abernicht denGegenstand detaillierter Darstellungen. Vielmehr scheint Praxagoras nach demHinweis auf die Gründung Konstantinopels sein Geschichtswerk beendet zu haben, undzwar, hierin wieder ganz demSchema bei Menandros folgend, mitÜberlegungen zurτ η ύ desKaisers χ ρ ισ undmiteiner σ γ κ ιs mitseinen Vorgängern, diealle vonKonstantin übertrofύ deia88

fenwurden90. Die Tendenz derDarstellung derBürgerkriegserfolge Konstantins tritt imExzerpt deutlich hervor. Die negativen Eigenschaften dervon Konstantin besiegten Gegner bildeten die düstere Folie, vordersich die Tugenden des Siegers umso besser abheben ließen. DasGeschichtswerk desPraxagoras entsprach damit genau derDarstellungsweise derpanegyrischen Konstantinsviten, zudenen sichderAutor derHistoria Augusta ineiner fiktiven Adresse anKonstantin äußert undvondenen MitDiraber, verehrungswürdiger Kaiser, werden sich er sich bewußt distanziert: „ inzahlreichen undüberdies inbesserem Stil geschriebene Schriften diejenigen befassen, denen diese Aufgabe ihrreicheres Talent zugewiesen hat.Desweiteren sind beizugeben Licinius, Severus, Alexander undMaxentius; ihrer aller Befugnis ist zwarinDeine Handgelegt worden, wasaberihren Verdiensten nicht abträglich sein soll. Denn ich gedenke es nicht zumachen wiediemeisten Schriftsteller, daßich nämlich die Unterlegenen verunglimpfe, bin ich mirdoch darüber imklaren, daß Dein Ruhm dabei gewinnt, wennich wahrheitsgemäß alles Gute anihnen hervorkehre.“91

Bei derÜberhöhung Konstantins undderDisqualifizierung derRivalen hatPraxagoras, derhiereinem klassischen, übrigens auchvonKonstantin selbst permanent propagiertem Deutungsschema folgt, vorallem denGegensatz zwischen kaiserlicher Philanthropie einerseits undtyrannischer Grausamkeit andererseits hervorgehoben92. 88 89

90 91 92

γ κ λ σ υ είσ α ς . Vgl. Zos. 2,28,1; Zon. 13,1,23; LeonGramm. p. η δ ε ίᾳ μ ο ικ 6: ἐ Ν τ ν ῇ 85 Bonn; C.Th. 7,20,1. μ α α ή τ ικα σ τ τ γ ν α ό σ ιέλ χ ιπ ε νἡβ φ υ α ιλ α τα σ έ κ α ὸ ρ ςβ ο υπ ε νἐ νἱκέτ εῖθ κ ἀ Praxagoras 6: κ λ εία . Die parallelen Erzählungen bei Zon. 13,1,23 undAnon. Val. 28 betonen die Rolle, die Constantia bei derVermittlung zwischen Konstantin unddendurch dasAblegen desPurpurs zumPrivatmann gewordenen Licinius spielt. Zuerwägen ist angesichts dieser Parallelen, ob zulesen ist (Preisgabe desLicinius durch Constantia). ε ια ίλ α σ α vielmehr β σ ιλ ε ία statt β Men. Rhet. p. 376 sq. 7 (Übersetzung E. Hohl). HAAnt. Hel. 35,5– Auchbei derDarstellung derverschiedenen mores zwischen Licinius undKonstantin in Aur. 5, kommt demGegensatz zwischen derMilde undderMenschenfreundlichkeit KonVict. 41,2– stantins undderGrausamkeit desLicinius große Bedeutung zu.Konstantin schont seine Feinde honore acfortunis manentibus undschafft die Kreuzigungsstrafe ab. Hingegen: Licinio neinsontium quidem ac nobilium philosophorum servili more cruciatus adhibiti modum fecere. Zur Einführung desTyrannenbegriffes imoffiziösen Sprachgebrauch derkonstantinischen Propaganda vgl. Th. Grünewald, Constantius Maximus Augustus: ZurPropaganda desSiegers über Maxentius, Atti dall’Accademia Romanistica Costantiniana, IX Convegno Internazionale, Pe427. Tyranni sind alle Rivalen Konstantins, unabhängig davon, ob sie ihre rugia 1993, 407– Macht legitim erworben haben oder nicht (also neben Maxentius auchLicinius), undzwar we-

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undseine Vorgänger

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Dieser moralische Kontrast erklärt inderDeutung desPraxagoras letztlich denAufstieg Konstantins vomHerrscher eines Teilkaisertums zumHerrscher dergesamten Oikumene, daKonstantin in seiner Philanthropie dastyrannische Regime desMaxentius undspäter desLicinius nicht dulden kann93. Derangesichts derTugenden desKaisers unausweichliche WegzurAlleinherrschaft bildete dasKernthema derDarstellung desPraxagoras. Umdiesen Aufstieg zu beschreiben, mußte Praxagoras zunächst über die Aufteilung des römischen Reichs unter dieTetrarchen berichten. Dasgeschah imOriginalwerk anscheinend durch die Einfügung einer Liste derdenTeilherrschern zugewiesenen Territorien. In derursprünglich vonPraxagoras gebotenen Form kann diese Liste schwerlich demim Photios-Exzerpt überlieferten Verzeichnis entsprochen haben, dasweder korrekt noch vollständig ist94. DemPhotios-Exzerpt zufolge wird nämlich Constantius nurBritannien zugewiesen, undherrscht Maximian nurüber Rom, Italien und Sizilien, während Spanien undAfrika unerwähnt bleiben. Ferner wird für Maximianus Galerius über das Territorium berichtet, das er erst während der zweiten Tetrarchie beherrschte, nämlich Hellas, Makedonien, Kleinasien undThrakien. Für Diokletian kehrt danndervonPhotios angefertigte Auszug wieder zurersten Tetrarchie zurück undnennt nureine Auswahl vonProvinzen, nämlich Bithynien, Arabien, Libyen undÄgypten, wasvielleicht damit zuerklären ist, daßPraxagoras hier nurdieProvinzen amRande desHerrschaftsbereichs Diokletians erwähnte95. Auch die späteren Erwähnungen vonTeilherrschaften in der zerbrechenden Tetrarchie sindnicht frei vonUnklarheiten: Licinius übernimmt 311angeblich denReichsteil des Galerius, wasfür Kleinasien unzutreffend ist; er gewinnt im Krieg auch den Reichsteil desMaximinus Daiahinzu, deralsderErbe Diokletians hingestellt wird, wobei unklar ist, obdiesaufdie305oder311vonMaximinus beherrschten Territorien zubeziehen sein soll96. Mankann annehmen, daßder Zeitgenosse Praxagoras keine Schwierigkeiten hatte, allgemein bekannte Fakten zurTerritorial- undAufgabenverteilung zureferieren97. Die Konfusionen sind damit ohne Zweifel auf Photios selbst zurückzuführen, der bei denNamensähnlichkeiten von Maximianus Herculius, Maximianus Galerius undMaximinus denÜberblick verloren haben dürfte. Sie erklären sich wohldaraus, daßPraxagoras imZusammenhang mitdenNachfolgeregelungen von 305 zunächst überdieTerritorialverteilung amEndederersten Tetrarchie berichtet

93 94

95 96

97

genihrer angeblich bedrückenden Herrschaft. Damit hattyrannus inderkonstantinischen Propaganda noch denursprünglichen Wortsinn. Die Bedeutung „ Usurpator“hatdasWort m. E. erst später erhalten. Praxagoras 4 (Maxentius); 5 (erster Krieg zwischen Licinius undKonstantin); 6 (zweiter Krieg zwischen Licinius undKonstantin). Praxagoras 1. FürdieErwähnung vonBithynien vgl. dieParallele bei Anon. Val. 5: Galerius sibi Illyricum, Thracias et Bithyniam tenuit. Ähnlich Aur. Vict. 40,1: prior Italiam, posteriorque, in quae lovius obtinuerat, destinantur (scil. Severus etMaximinus). Über die Territorialverteilung amAnfang derzweiten Tetrarchie wird in einer relativ breiten Tradition berichtet: Anon. Val. 5; Aur. Vict. 40,1; Epit. Caes. 40,1; Eutr. 10,1,1 und2,2; Zos. 2,8,1.

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hat(mit genauen Angaben zumBereich Diokletians), umdannzurNeuverteilung in der zweiten Tetrarchie überzuleiten, unddaßes Photios nicht gelungen ist, zwischen erster undzweiter Tetrarchie zuunterscheiden. Interessant ist, daßPraxagoras, soweit mandies ausdemExzerpt desPhotios erkennen kann, anscheinend auch für die erste Tetrarchie von festen Territorialsprengeln ausgegangen ist. Praxagoras istdamit einer derfrühesten Zeugen füreine anachronistische Auffassung der tetrarchischen Aufgabenverteilung. Daß diese Vorstellung abderspätkonstantinischen Zeit weitverbreitet gewesen sein muß,zeigendiemitPraxagoras parallelen Ausführungen desAurelius Victor zur„VierteidesImperiums imJahre 29398. DerAnachronismus erklärt sich einerseits aus lung“ denErfahrungen derEntwicklungen nach 305, indenen dieGrenzen zwischen den von rivalisierenden Machthabern beherrschten Territorien immer fester wurden, andererseits ausderHerrschaftspraxis Konstantins nach 324, unter demdurch die Zuweisung einzelner Reichsteile andieCaesaren unddurch diezunehmende Regionalisierung derPrätorianerpräfektur die Aufteilung desReichs in Großräume entscheidende Fortschritte machte99. Aurelius Victor hatimmerhin zutreffend dieAufteilung desReichskörpers als eine Maßnahme beschrieben, dieimReichsinteresse zurBewältigung derbellorum moles notwendig gewesen sei. Sie ist daher –trotz deranachronistischen Vorstellungen über die Sprengelbildung in der Tetrarchie –auch für Victor keine echte Teilung, weil das Reich weiterhin durch die monarchische Autorität Diokletians geleitet wirdunddieHerrscher untereinander dieEintracht bewahren. WieAurelius Victor hat anscheinend auch Praxagoras auf die überlegene Autorität Diokletians hingewiesen, diedieerste Mehrherrschaft zusammenhielt. Jedenfalls wirdimPhoβ ύ τ ρ α τ εσ ῶ s war100. νἄλ ο λ ω ν π tios-Exzerpt ausdrücklich betont, daßDiokletian τ Dieüberlegene Autorität Diokletians erklärt inderDarstellung desPraxagoras auch, warum Constantius seinen Sohn zuDiokletian nach Nikomedien schickt, umihn dort erziehen zulassen. Trotz dieser Autorität führt allerdings die Aufteilung des Reichskörpers nach derAuffassung desPraxagoras zurBildung vonTeilreichen – β α σ ιλ εία ι–miteigener, durchaus legitimer Sukzession101. ImVerlauf derzweiten Tetrarchie wird dann die Aufteilung dysfunktional undwidernatürlich, weil die meisten Teilherrscher moralisch ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind102. Ausdie-

98 Aur. Vict. 39,30: Et quoniam

bellorum moles, de qua supra memoravimus, acrius urgebat, quadripartito imperio cuncta, quae trans Alpes Galliae sunt, Constantio commissa, Africa Italiaque Herculio, Illyrici ora adusque Ponti fretum Galerio; cetera Valerius retentavit. 99 ZumAnachronismus bei Aurelius Victor vgl. F. Kolb, DieGestalt desspätantiken Kaisertums J. Szidat (Hrsgg.), Usurpaunter besonderer Berücksichtigung derTetrarchie, in:F. Paschoud – tionen in derSpätantike, Stuttgart 1997, 42 f. 100 Praxagoras 1.Vgl. Aur.Vict. 39,29: Denique Valerium utparentem seudeimagni suspiciebant modo. ZumAlter derTetrarchen s. F. Kolb, Diocletian unddieErste Tetrarchie. Improvisation oder Experiment in derOrganisation monarchischer Herrschaft, Berlin-New York 1987, 45. 101 Diese Legitimität wirdbeiPraxagoras nicht einmal fürMaxentius bestritten. Vgl. zurLegitimität derTeilherrschaften auch (mit karikierender Übertreibung) HAAnt. Hel. 35,6: Licinius, Severus, Alexander atque Maxentius, quorum iusindicionem tuamvenit; Eus.Vit. Const. 1,26,1 (Konstantin überläßt es zunächst denanderen Teilherrschern gegen Maxentius einzuschreiten). 102 Auchinderkonstantinischen Geschichtssicht sinddieersten zwanzig Jahre Diokletians durch-

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semGrund verlangt dasImperium wieder zuseiner alten undnatürlicheren Einheit zufinden, wasdurch dieBürgerkriegssiege Konstantins ermöglicht wird: „ undso geschah es, daßKonstantin derGroße, dadasgroße Imperium dringend einen Würdigen verlangte, die erwähnten Kaiserherrschaften an sich gezogen hatte.“Nach

demmißlungenen Experiment mitmehreren, sich immer mehrverselbständigenden Teilkaiserherrschaften stellt Konstantin durch denBürgerkriegssieg über Licinius wieder eine einheitliche Monarchie her: κ ρ α μ τ υ εν ν ά ο ςο ὖ ία νκ νδείξ α ὶμ α ςτ ὴ ν . α ιλ ν εία σ νβ α σ α π μ ύ σ Eine solche moralisierende Deutung desBürgerkriegsgeschehens als die Wiederherstellung undErneuerung derEinheit desrömischen Reichs wareinem Schemaverpflichtet, daswohlauchschon fürfrühere Bürgerkriege imInteresse dersiegreichen Partei Anwendung gefunden hatte103. Insbesondere dürfte dasEinigungswerkAurelians indiesen Formen dargestellt worden sein, wiedievermutlich Aureρ ὶ ε lian gewidmete Schrift des Kallinikos vonPetra vermuten läßt, die denTitel π τ ῆ μ σ ν εώ α ίω ν α ω νἀ ε ςῬ ςhatte. Die bewegte Zeit zwischen der Tetrarchie und ω demzweiten Krieg gegen Licinius erlaubte freilich nunmehr eine differenziertere Darstellung dieses Themas vomVerlust undvonderWiederherstellung derReichsη ῆ ςἀνα ςοἰκουμ έν ν έω σ ις104. einheit aufeinem höheren moralischen Niveau, derτ Es magsein, daßPraxagoras hier eine im Vergleich zuanderen zeitgenössischen Autoren besonders konsequente undeindringliche Darstellung dieses Themas gelungen ist. Die Grundzüge dieser Deutung waren freilich allgemein verbreitet, wie einige parallele Ausführungen inderKirchengeschichte Eusebs zeigen. Euseb legt dar,wiedieWiederherstellung deralten Reichseinheit zurNotwendigkeit wird, nachdemLicinius mitseiner ungesetzlichen Herrschaft denAnspruch aufdieTeilherrschaft über denOsten verwirkt hat. Die siegreiche Wiederherstellung der Reichseinheit ermöglicht dann, daßsich alle Menschen derPhilanthropie Konstantins erSo lag Licinius niedergeschmettert amBoden. Konstantin aber, dermächfreuen: „ tigste Sieger, ausgezeichnet durch jegliche Tugend derGottesfurcht, nahmmitseinemSohne Crispus (...) denihmzugehörenden Osten inBesitz undschuf sowieder nachalter Weise eineinziges undeinheitliches Reich derRömer, indem sieringsum alle Lande desErdkreises vomAufgange derSonne biszumäußersten Westen samt demNorden undSüden ihrem friedlichen Szepter unterwarfen. Genommen warnun vondenMenschen jede Furcht vordenen, diesie einst bedrängt (...).“105 ImRahmen derallgemein verbreiteten, bei Euseb nuroberflächlich christianisierten Deutung vonderWiederherstellung derReichseinheit lassen sich auch die abschließenden Ausführungen des Praxagoras über die Gründung von Konstantinopel verstehen. Konstantinopel galt nicht nur, wiesich auch ausanderen Quellen belegen läßt, als einMonument desSieges über Licinius106, sondern (wegen seiner aus erfolgreich, vgl. Pan. 7,10,1; Lact. de mort. pers. 42,3; Eus. h. e. 8,13,9; Eus. vit. Const. 6 Heikel. 2,49,2; Const. or. adsanct. coetum 25,3 p. 191, 4– 103 ZumOeuvre desKallinikos (FGrHist 281) vgl. Pernot, 104f. 104 DenAusdruck gebraucht Konstantin 325, unmittelbar nach seinem Sieg über Licinius, vgl. Athan. dedecr. 41,7 (Brief Konstantins andieKirche vonNikomedeia). 105 Eus. h. e. 10,9,6 f. (Übersetzung Ph. Häuser). 106 Vgl. zuAnon. Val. 30 (ob insigne victoriae) Bleckmann (1995), 54, Anm. 98. Zumwichtigen

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Lage) als einSymbol derneugeschaffenen Reichseinheit: κρα τ υ ν μ ά ε ν ο ςο ὖ ν κ α ὶ μ ία νδείξ α ςτ ὴ νσύμ π α σ α α σ νβ ιλ εία νκτίζ ε ιτ ὸΒυζά ν τ ιο νἐπ ώ μ ν υ ο νἑαυτῷ107. WennPraxagoras abschließend aufdieGründung Konstantinopels undihre Verbindung mit der Einigung des Reiches durch Konstantin hinweist, erlaubt dies vielleicht, denAnlaß zubestimmen, fürdendaspanegyrische Geschichtswerk desPraxagoras entstanden ist. Die gelegentlich geäußerte Vermutung, daßdasWerk erst nach demTode Konstantins geschrieben wurde, ist mitSicherheit auszuschließen, damitAusnahme derGründung Konstantinopels keine Ereignisse nach324erwähnt werden unddies bei demInteresse, das Photios für Konstantin hatte, zweifellos

nicht mit Unterschlagungen durch denExzerptor zuerklären ist108. Problematisch ist ferner eine Verbindung des Geschichtswerks mit einem ganz hypothetischen Besuch Konstantins desGroßen nach 324 in Athen109. Amehesten ist es imZusammenhang mitdenGründungsfeierlichkeiten Konstantinopels entstanden, die328und 330 stattfanden. Aufeinen repräsentativen Anlaß, bei demsich Konstantin in all seinem monarchischen Prunk, insbesondere mitdemnach seinem Sieg über Licinius angenommenen Diadem zeigte, weist inderTatdasobenvorgestellte undbishernicht berücksichtigte zweite Fragment desGeschichtswerks desPraxagoras hin, daseiner Passage entstammt, in dervonPerlen dieRede war110. DerGlanz dieser Ereignisse mußauch aufdieanderen Städte desgriechischen Ostens, insbesondere

auf Athen mit seinem lebendigen Schulbetrieb, ausgestrahlt haben111. Vielleicht ist Praxagoras sogar Augenzeuge der Feierlichkeiten gewesen undhat sich dadurch veranlaßt gesehen, in seiner kleinen Biographie Konstantins dessen neue Monarchie zufeiern. Parallelzeugnis inPhilostorg II 9a(ausBHG3365) vgl.B. Bleckmann, EinKaiser alsPrediger: ZurDatierung derkonstantinischen RedeandieVersammlung derHeiligen, Hermes 125, 1997,

202. 107 Praxagoras 7. 108 Gegen Lieu–Montserrat, 3. 109 Millar, 17; Zecchini, 303. Auswelchem Anlaß Konstantin die Strategie in Athen übernomen hat, ist nicht bekannt. Der Bericht Julians über die Wohltaten des Kaisers (Jul. or. 1,8 c-d) schließt eher aus, daßer die Stadt selbst besucht hat, dain diesem Fall diese größte Wohltat hätte Erwähnung finden müssen.

110 Praxagoras indeminPhot. cod. 63 edierten Scholion. DieVorliebe Konstantins fürPerlen und Edelsteine ist inderkonstantinfeindlichen Geschichtsschreibung karikiert worden, vgl. Bleck66. Eine Verbindung desPraxagoras-Fragments miteinem dort beschriebemann(1995), 62– nenrepräsentativen Auftritt Konstantins indenseit324gepflegten Formen (vgl. Eus.vit.Const. 3,10), liegt auchdadurch nahe, daßdasFragment demzweiten Buchentnommen ist, also einem eherspäten Zeitraum zuzuweisen ist. Angesichts dernunauchdurch Praxagoras belegten Vorliebe Konstantins fürEdelsteine erscheint es ganzausgeschlossen, daßdiePassagen ineinem spätantiken anonymen Panegyrikus (A.Guida [Hrsg.], Unanonimo panegirico perl’imperatore 24, p. 38), indenen dieAbneigung des Giuliano (Rom. Paneg. Iul. Imp.), Florenz 1990, IV 20– Gelobten gegen weibischen Edelsteinkopfschmuck gepriesen wird, ausgerechnet aufKonstantin bezogen sein sollen, wiejüngst T. D. Barnes, Julian or Constantine? Observations on a fragmentary imperial panegyric, Akten des21. Internationalen Papyrologenkongresses, Berlin 70 vorgeschlagen hat. 1995, APF Beiheft 3, 1997, 67– 111 Das ist bereits die Annahme vonJacoby in seinem Kommentar zu FGrHist 219. Allerdings nimmt eran,Praxagoras habeselbst anläßlich dieser Feierlichkeiten dasWerkKonstantin überreicht.

Stellenregister Acta Cyp. 1,2: 192;1,4: 188 A. 22; 2,1: 187 A. 19; 4,1: 187 A. 20 Alexander

8 Sp.: 73 A. 9 Fig. 1.2 p. 3.14.6– Amm. 15,5,19: 211 A. 29; 16,1,3 f.: 204 A. 5; 25,4,1: 124 A. 29; 25,4,15: 215 A. 50 Anon. Val.

3: 222 A. 82; 5: 225 A.95; 225 A.9; 12:218; 218 A.68; 22: 219 A. 72; 28: 224 A. 89; 30: 227 A. 106

Anon. Seguerianus

Ars97 (p. 12.369.15–16 Sp.): 73 A. 9

Antipatros FGrHist 211 F 3: 44 A. 131

Aristides

104.4: 72/73; 3.605: 84 A. 52; 3.664: 80; 3.672: 80; 24.23: 84; 26 K: 330: 80; 2.87 p. 103.18– 1.322– 2: 71 A. 2; 61: 113/114 A. 120 114 A. 121; 50.18K: 72; 50.19K: 82 A.44; 51.31–

Arr. anab.

7, 30, 3: 100 A. 40

Asinius Quadratus FGrHist 97: 179 Athan. dedecr. 41,7:

227 A. 104

Aur. Vict. 39,29: 226 A. 100; 39,30: 226 A. 98; 40,1: 225 A. 96; 225 A. 97; 40,23: 217; 218; 223 A. 86; 41,2– 5: 224 A. 92; 41,3: 215 A. 49; 41,8: 220 A. 74 Bemarchios 1,39: 220/221 FGrHist 220 F1: 212 A. 34; 220 T 2: 208 A. 21; 220: 208

Boethos v. Tarsos FGrHist 194: 206 A. 11 Cass. Dio

1,1,2: 95; 103 A. 59; 36,6,2: 103 A. 54; 46,35,1: 93 A. 3; 98 A. 29; 22: 181; 19ff.: 104; 52,8:116 A. 130; 19,1: 110; 112; 114/115, A. 124; 19,3: 111; 19: 110 A. 97; 19– 5: 116A. 131; 22: 100 A. 20,1: 109A.90; 20,3: 110A.96; 21,3: 114A. 123; 21,5: 114A. 123; 22,1– 42; 24,6: 114 A. 123; 25,6f.: 105 A. 64; 25,7: 116; 25: 110 A. 97; 26,1ff.: 116 A. 130; 27,1: 112; 28,1: 112; 30,1: 112 A. 111; 30,9f.: 113; 33,1: 114 A. 123; 38: 115; 39,1: 111 A. 99; 41,1: 111 A. 2: 109A. 89; 111; 117; 41,2: 108A.86; 41,3: 105A.64; 42,1: 110A.9; 42,1– 4: 114/115 100; 41,1– A. 124; 42,6f.: 103 A. 54

230

Stellenregister

53,11,15: 110A. 94; 14,6: 105A. 6; 15,2: 105A.64; 15: 110A. 97; 16,3: 103A. 55; 17,3: 103A. 55; 18,5: 115 A. 125; 19,1: 48; 19,3: 26 A. 44; 48 A. 151; 19,6: 48/49 A. 153; 96 A. 19 54,18,2: 103A. 54; 35,4: 94 A. 8; 41,1– 2: 110A. 94 55,11,1f.: 100 A. 42; 23,7: 111; 24,1: 111; 25: 11; 33,5: 113; 7,1: 116 3: 114 A. 122; 33,3f.: 114 A. 122 56,33,1– 58,20,4: 128 A. 51 60,17,4: 113 A. 120; 64(65), 10,4: 104 A. 62 65,11,1: 25 A. 35; 12,2: 22 A. 23 66,11,1: 23 A. 24; 12,1: 32 A. 79; 19,2: 23 A. 24; 25 A. 35 67,18,2: 94 A. 5 69,1,3: 51 A. 169; 17,3: 31 A. 72; 23,2: 23 A. 24; 25 A. 35; 4: 51 A. 164; 2,1: 52 A. 171; 3,1– 3: 52 A. 172; 3,3: 52 A. 172; ,1,2– 70(69), 1,1– 3: 51 A. 164; 70(69): 157; 71(70), 1,11: 52 A. 172; 6: 43 A. 124; 72(71), 35,3– 73(72), 13,3– 21,3: 98; 18,3f.: 98 A.28; 181; 19,5: 94 A.6; 2: 4: 26A.39; 13,3– 4: 138A. 111; 17,1– 22: 94 A. 6; 22,3: 94 A. 5; 23,1: 93 A. 1; 23,1– 21,2: 102A. 51; 21,3– 99; 20,2– 5: 181; 23,2– 3: 49/50; 23,2f.: 95; 23,3: 95 A. 13; 101A. 47; 23,4: 99, A. 34; 101; 72,23: 205 A. 107; 23,5: 94 A. 9; 101A. 3: 94 A. 6; 4,2: 96; 7,1– 2: 97 A. 24; 7,1f.: 94 A. 6 47; 106; 24,1– 2: 137 A. 107; 11: 112A. 108; 13,1– 5: 134; 13,3: 138; 13,5: 139 A. 115; 14,4f.: 74(73), 1,2: 132; 4,1– 3: 132 94 A. 6; 2,1– 3: 95 A. 13; 8,4: 105 A. 68 75(74),2,1f.: 105 A. 68; 3,1– 5: 139/140; 4,7: 94 A. 6; 7,1– 7: 36 A. 99; 4,2– 3: 95; 7,3: 95/96 A. 16; 7,3– 4: 50; 7,4ff.: 76(75), 15,6– 105 A. 68 77(76), 2,1: 106A. 71 78(77), 13,6: 97 A. 23; 17,1ff.: 105 A. 69; 18,2: 97 A. 23; 18,4: 105 A. 69; 20,1: 97 A. 23; 20,2: 105 A. 69; 22,3: 97 A. 23; 23,2: 97 A. 23; 4,1ff.: 105 A. 69; 9,1: 105 A. 69; 9,1ff.: 112 A. 109; 9,5: 113 A. 120 2: 137 A. 104; 12,1ff.: 97 A. 23; 14: 116 A. 132; 15,2: 79(78), 1,3: 97, A. 23; 10,1: 99 A. 32; 12,1– 26,1: 94 4: 136; 20,4: 137; 25,1– 137; 16,1: 97 A. 23; 18,5: 137A. 104; 2,1: 95 A. 14;97 A. 22; 20,1– 3: 112A. 29,2: 138; 28,3: 137A. 104; 30,1: 94 A. 6; 36,1: 97 A. 23; 36,1– A. 6; 27,3: 97 A. 23; 28,1– 6: 94 A. 6; 39,3– 4: 137 A. 103; 7,1–8,6: 94 A. 6; 3: 137 A. 104; 37,5– 4: 137 A. 104; 41,1– 109; 36,1– 8,2: 137 A. 107; 8,4: 101A. 44 80(79), 1,2: 97 A. 23; 17,3: 94 A. 5; 2,1: 97 A. 21; 2,4: 97 A. 23; 21,2: 102 A. 50; 4,4: 97 A. 23; 5,1: 97 A. 23; 7,2: 116 A. 132; 7,4: 94 A. 5; 80,5,1: 104 A. 62; 80,5,2: 102 A. 49 Cod.Th.

7,20,1: 224 A. 88 Chariton

2.5.11: 84 A. 54; 7.6.5: 84 A. 54 Chryseros FGrHist 96 T 1:51 A. 167

Cic. fam. 5,12: 27 A. 49; 5,12: 67 A. 39 52: 67 fin. 5,51– Verr. 2,5,65: 95; 96 A. 16 Claudius Eusthenius FGrHist 218: 207 A. 17

Colum. 1 praf. 28: 61 A. 18

Stellenregister

231

Const. 6 Heikel: 226; 227 A. 102 or. adsanct. coetum 25,3 p. 191,4– Corp. Herm.

XVIII: 208 A. 20 Cypr.

27: 199 A. 76; 3,43– Dem. 1,1,13: 188 A. 22; 1,2,22: 188 A. 22; 2,25: 199 A. 75; 2,25– 46 bis 5,84– 55: 200; 5,81: 199 A. 75; 5,81– 55 u. 53– 4, 46– 87: 199 A. 71; 3– 84: 199 A. 76; 7,118–124: 200; 140: 200 A. 78; 9,152–157: 197 A. 62; 199; 10,176– 202: 201; 10,187f.: 201 A. 86; 10,189– 8,137– 202: 201; 10: 200 A. 82; 10f.: 200; 200 A. 83; 17,332– 337: 192 A. 46; 17: 199 A. 194: 201; 10,194– 404: 192 392: 200 A. 78; 20,391– 72; 19,385– 6: 189 A. 27; 2: 198 A. 66; 2,24f.: 186 A. 16; 189 A. 27; 3– 51: 189; Don. 1,2– 4: 198 A. 66; 3,41– 69: 186; 6,117f.: 199A.76; 200 A.76; 6,119–122: 199A. 76; 7,123f.: 200 57: 189A. 29; 4,59– 4,55– 203: 186 A. 16; 10,208– 210: 201 A. A. 83; 7–13: 199; 200 A. 76; 10,189f.: 199; 200 A. 76; 10,201– 90; 10: 186 A. 16; 189 A. 28; 11: 189 A. 28; 12: 189 A. 28; 13: 192 A. 42; 14: 191 A. 38 ep.4,3,3: 197A.61; 6,2: 195A.54; 7,1: 187A.21; 7,2: 187A.20; 8,1,1: 187A.21; 8,2,3: 187A. 21; 9,1,1: 193A.49; 10,5,1: 195A. 54; 11,1,2: 195A. 54; 11,5,3: 195A. 54; 14,1,2: 187A.21; 14,7: 187 2: 191A. 35; 43,3,1: 195 A. 55; A. 20; 18,3,531: 197 A. 62; 20,1,2: 187 A. 21; 27,3,1: 191; 39,31– 197 A. 61; 43,4,2: 187 A. 21; 48,3,2: 191; 55,16,1: 198A. 66; 55,21,1: 191; 55,8,2: 191; 55,9,1: 192; 58: 194A.52; 58,1,2: 195A.54; 196A.60; 197A.63; 55,9,2: 192; 193A.46; 57,3,3: 195A.54; 57– 367: 197A.62; 59,18,2: 58,2,1: 195A. 54; 196A.60; 58,7,1: 196A. 60; 58: 196A.60; 59,13,4,363– 3: 194A.52; 59,6,1: 187A. 18; 187A. 21; 59,7,1: 195A. 55; 60,3,1: 198A.66; 195A. 55; 59,18,2– 61,2,3: 196 A. 60; 66,3,1: 187; 188 A. 21; 66,4,1: 187 A. 18; 67,7: 195 A. 55; 69,13,1: 198 A. 66; 3: 194 A. 52; 76,1,1: 188A. 22; 76: 194A. 52; 74 passim: 194A. 52; 70,3,2– 69,16,2: 198A. 66; 69– 81: 194 A. 52; 81,1,1: 187 A. 19 80,1,1: 194 A. 52; 80: 188 A. 23; 193 A. 48; 80– 7: 196 A. 60 Fort. Praef. 1,1– 20,330f.: 195; 7,120: 195A. 54; 7,129– 146: 195A. laps. 1,2f.: 192; 193A.46; 5f.: 195A.54; 6,318– 361: 195A. 54; 21: 195A. 54; 23,460: 195 A. 351: 195A. 54; 18,357– 54; 9,175: 195A. 54; 17,348– 256: 186 A. 16 54; 254– 128: 199; mort. 1: 195A. 56; 2,21: 199A.75; 2,24: 199A.75; 2: 196A.60; 6,84f.: 197A.63; 8,120– 32: 191A. 38 239: 197 A. 62; 25: 196 A. 60; 26,430– 200 A. 76; 14,233– 380: 201 A. 91 op. 14: 201 A. 91; 19,378– Test. 3,61: 201 A. 88 17: 196 A. 60; 17,414– 8: 197 A. 61; 1: 195 A. 55; 16,408f.: 196 A. 60; 16: 195 A. 55; 16– unit. 1,1– 16: 196 A. 60

Q.Dellius

FGrHist 197: 206 A. 11 Dexippos 5: 174; F 5: 175; F 6,10: 178 2: 174; F 2: 174 A. 25; F 3– FGrHist 100F 1:174; 177; 178; 181; F 1–

7: 175, 176; F 8: 172 A. 15; F 9: A. 58; F 6,13: 178 A. 58; F 6: 175; 176 A. 45; 176 A. 46; 178; F 6– 174 A. 31; T 2: 174; 181; T 5: 174; 177; T 6: 174; 175 A. 34; 177 A. 50; 305: 174; 169; F 20: 175; F 25: 176 A. 47; 177 A. 51; 178 A. 58; F 26 ß 5: 178 A. 58; F 26: 177 A. 51; F 27: 176 A. 47; 177 A. 51; F 28 § 4: 177; F 28 § 6: 177A. 54; F 28 § 7: 177A. 52; F 28: 171A. 8; 175; 176 A.46; 176 A.47; 177 A. 53; 178 A. 55; F 29: 177 A. 51; 100 F 32: 172 A. 16;

Dig. 1,16,7: 35 A. 94; 50,7,5,6: 113 A. 115

Dio Chrys. 4: 77; 11: 72; 31.117: 81; 31.163: 84 A.53; 32.2: 71 A.2; 32.20: 71 A.2; 32.3: 84; 36.18: 84 A. 53; 1– 38.41: 77; 48.8: 84 A. 53

232

Stellenregister

Dion. Hal.

29: 103 A. 58 2,7– ant. 14.6.6: 84 de imitat. 3,428: 107 A. 77 Don. auct. Diehl p. 37: 107 A. 80 Empylos FGrHist 191: 206 A. 11 Ephoros FGrHist

12): 204 A. 3; 70 F 111(Pol. XII 28,8–

Epict.

3.23.19: 71 A. 2; 3.23.35: 71 A. 2; 71 A. 3

Epit. Caes.

40,1: 225 A. 97; 40,7: 218 A. 68 Eunap.

fr.1 (FHG IV ed.Müller): 180 Eur. Alc. 1159ff.: 101A. 43 Hel. 1688ff.: 101A. 43

Eus.

7: 217; 9,9,6: 217; 10,4: 221A. 76; h. e. 1,25: 223; 7,11,8: 192A.41; 8,13,9: 226/227 A. 102; 9,9,5– 10,8,3: 220 A. 74; 10,9,6 f.: 227 hist. (FGrHist 101): 179; 180 18: 221 A. 76 Laudes Constantini 11– 2,18: 219; 1,50: 219; 2,15: 219 A. 72; 3,10: 228 A. 110; 1,11: 222/223; Vit. Const. 1,38,3: 217; 1,49–

20: 215; 1,20: 216 A. 54; 1,26,1: 216 A. 56; 216 A. 57; 226 A. 101; 1,38,1: 223 A. 1,14: 214; 1,18– 86; 1,38,1f.: 223 A. 86; 1,38,2: 223 A. 86; 1,38: 217; 1,48: 219 A. 71; 1,50: 219 A. 71; 219 A. 73; 2,15: 219 A. 73; 2,49,2: 226/227 A. 102; 2,6,2: 220 A. 74 Eutr.

9,23f.: 222 A. 80; 10,1,1: 225 A. 97; 10,1,2: 214 A. 44; 10,1,3: 214; 10,2,2: 225 A. 97; 10,18,3: 204

A. 6

Fronto

38: 42 A. 120 adMarc. Caes. 5,37– de feriis Als. 3.4: 51 A. 164 ep. 2,6: 36 A. 97 Galen.

XIV 218: 37 A. 100 Gell. 4: 60; 1,2: 60 A. 11; 2,21: 59; 2,24: 68; 2,26: 60 A. 11; 3,1: 58; 60 A. 11; 4,1: Praef. 5–10: 60; 1,2,3– 59; 60 A. 11; 5,21,9: 58 A.4; 5,4: 58 A.4; 5,18; 47 A. 143; 6,17,11–12: 60; 7,16,1: 60; 9,14,3: 58 A. 4; 9,2: 60 A. 11; 9,4,5: 68; 11,17: 58 A. 4; 13,20: 58 A. 4; 13,29: 60 A. 11; 13,31: 58 A. 4; 60; 15,8: 68; 16,8,2: 58 A.4; 17,21: 68; 18,10: 60 A. 11; 18,13: 59; 18,2: 59; 18,4,1: 57/58; 18,4: 58 A.4; 60; 18,9,5: 58 A.4; 19,1: 59; 19,10: 59; 60 A. 11; 19,12: 60 A. 11; 19,13: 60 A. 11; 19,5,4: 58 A.4; 19,5: 59; 19,9: 60 A. 11; 20,2: 60 A. 11 Georg. Cedrenus Patr. Gr. 121,505B:

94 A. 6

Stellenregister

233

Greg. Nyss. Vita Greg. Thaum., PG 46,933C: 190 A. 31

HA Ant. Pius 2,5: 51 A. 164; 5,1: 51 A. 164; 6.4: 49 A. 155; 8,2: 218 A. 68; 11.3: 48 A. 152; 52 A. 174; 12.3: 49 A. 155; 33,4: 175 3: 49 A. 155 AS 19,1: 110; 45.1– 7,2: 222 A. 82; 6,4: 206; 30,3: 207 A. 17 Aurel. 2,1: 206 A. 16; 4,2: 206; 6,3– 3: 206 Car. 4,2– Gall. 13,8: 177 A. 52 Gord. 3,3: 205 Hadr. 16.1: 44 A. 131; 47 A. 144

7: 208; 224; 35,6: 226 A. 101 18,3: 97 A. 22; 35,5: 204 A. 6; 35,5– Hel. 1– MB 16,3: 175 Prob. 2: 95 A. 12; 5,1: 222 A. 82 6,9: 114 A. 123 Val. 5,4– Hdn. 5: 123A. 26; 1,1,4– 6: 154 A. 48; 1,1,5: 148; 149 1,1,1: 95 A. 12; 124 A. 32; 1,1,4: 123A. 25; 1,1,4– 6: 124 A. 33; 1,1,5f.: 165 A. 107; 1,1,6: 154 A. 47; 1,10,3: 161; 162; 1,10,5: 152 A. 38; A. 24; 1,1,5– 7: 129A. 56; 1,12,3: 162A. 92; 1,13,1– 8: 134A. 81; 1,13,2– 5: 152 A. 38; 1,11,4– 3: 152 A. 1,11,1– 8: 125 A. 35; 1,13,7f.: 161A. 88; 1,14,6: 151; 152 A. 36; 37; 1,13,6: 155 A. 53; 1,13,7: 134; 1,13,7– 2,3,11: 156; 1,16,1– 3: 152 1,14,7: 129A.56; 135A. 88; 1,15,4: 129A.55; 1,15,7: 135A. 88; 1,16,1– A. 38; 1,17,12: 155 A. 51; 155 A. 52; 158 A. 72; 1,17,5: 152 A. 37; 1,17,6: 152 A. 37; 1,2,1: 150 A. 1,4,6: 162; 1,3,1– 1,4,8: 123 A. 27; 1,2,4: 119 A. 2; 135; 1,3,1: 158 A. 72; 1,3,1– 5: 165 A. 29; 1,2,1– 8: 152 A. 37; 1,5,5: 164 A. 104; 1,6,2: 152 A. 3; 1,6,4– 6: 152 A. 37; 1,4,7: 158; 1,5,3– 107; 1,4,2– 6: 1,15,9: 161; 1,8,2: 162 A. 92; 1,8,3f.: 163; 1,8,7: 161A. 88; 1,9,1: 161; 162; 1,9,2: 152 A. 37; 1,8,1– 152 A. 38; 1,9,4: 152 A. 37; 1,9,5: 136 A. 98 9: 152 A. 37; 2,11,1– 10: 152 A. 37; 2,1,9: 158 A. 72; 2,10,2– 3,7,8: 159; 2,1,4: 160 A. 81; 2,1,7– 5: 152 A. 38; 2,11,8: 152 A. 38; 2,12,4: 158A. 73; 2,12,7: 155A. 51; 2,13,2– 5: 125A. 36; 2,11,3– 2: 13; 2,15,1: 160A. 81; 2,15,6– 7: 50 A. 159; 2,15,7: 126; 148; 149 A. 9: 152A. 37; 2,14,1– 2,13,5– 5: 133 A. 77; 2,2,6– 8: 24; 151; 154 A. 4; 2,2,10: 133 A. 7; 2,2,2: 133 A. 78; 2,2,3: 133 A. 78; 2,2,4– 8: 133A.77; 2,2,9: 132; 2,27: 129A.56; 2,3,2: 156A. 57; 2,3,5– 152A. 37; 2,2,7: 158A. 72; 2,2,7– 9: 157; 2,4,2: 133 A. 79; 2,4,5: 158 A. 72; 10: 152 A. 37; 2,3,9: 133 A. 77; 2,4,1: 133 A. 78; 2,4,1– 8: 152 A. 3; 2,5,9: 155 A. 51; 2,6,1: 129 A. 5; 2,6,12: 135 A. 89; 2,6,14:. 2,6,14: 156; 2,5,6– 2,5,1– 7,3: 165 A. 105; 2,6,2: 133 A. 77; 2,6,3.13: 129 A. 56; 2,6,3: 129 A. 56; 135 A. 89; 138; 158; 2,6,3– 5: 160 A. 81; 2,7,5: 131A. 65; 2,7,6: 131A. 3: 135 A. 89; 2,7,3: 130; 2,7,4– 134; 2,6,6f.: 163; 2,7,2– 8: 131A. 64; 2,8,4: 130; 130A.62; 2,9,1: 131A. 6; 2,9,1– 64; 162A.9; 2,7,9: 152A. 38; 2,8,1– 3,7,8: 7: 55 156; 16; 2,9,2. 160 A. 81; 2,9,3: 162 A. 92; 2,9,3– 8: 162 A. 95; 3,10,6: 162 A. 3,15,2: 162 A. 95; 3,10,5– 3,1,5: 152 A. 38; 3,10,2f.: 162 A. 95; 3,10,3– 7: 152A. 37; 3,12,12: 155A. 53; 3,12,2–11: 152A. 37; 3,13,1– 5: 162 92; 3,11,1f.: 162A.92; 3,11,5– 8: 152A. 38; 3,15,1: 158A. 72; 3,15,1ff.: 4,1,3: 156 A. 59; 3,14,2: 162A. 95; 3,14,6– A. 95; 3,14,1– 162 A. 92; 3,15,2: 162; 3,15,2f.: 155A. 51; 3,15,3: 158 A. 72; 3,15,5: 165 A. 105; 3,2,8: 152 A. 38; 7: 152A. 37; 3,3,5: 129A. 56; 3,4,3: 152A. 38; 3,4,6: 129A. 56; 3,4,7: 155A. 51; 155A. 52; 3,6,1– 3,7,3: 55; 55 A. 187; 3,7,8: 155 A. 51; 155 A. 52; 3,8,10: 129 A. 55; 3,8,3: 135; 3,8,3– 4.9: 129 A. 56; 8: 159 3,8,7: 162 A. 92; 3,9,1– 5: 125 A. 36; 4,11,7: 165 4,1,1: 158 A. 72; 4,1,3: 129 A. 56; 135; 4,10,1– 4,15,9: 156 A. 59; 4,11,4– 4,15,9: 152 A. 39; 4,12,1f.: 163; 4,13,8: 155 A. 51; 155 A. 52; 158 A. 105; 4,12,1: 160 A. 81; 4,12,1– 8: 131A. 66; 4,14,4– 8: 152 A. 37; 3: 131; 4,14,3– A. 72; 4,14,1: 158 A. 73; 4,14,2: 151A. 34; 4,14,2– 4,15,4: 158 A. 73; 4,15,7: 131 A. 66; 4,2,1–11: 152 A. 38; 4,3,8: 152 A. 37; 4,4,3: 135 A. 91; 4,4,4:

7: 152 A. 37; 4,9,4: 125 A. 36 129 A. 56; 4,4,7: 158 A. 72; 165 A. 105; 4,5,2– 8: 164 A. 104; 5,2,6: 165 A. 105; 5,3,1: 158 A. 72; 8: 152 A. 37; 5,1,5– 5,2,4: 157; 5,1,2– 5,1,2– 5: 152 A. 38; 5,3,9: 151 A. 34; 5,4,12: 152 A. 39; 5,3,3: 158 A. 7; 5,3,4– 5,3,11: 165 A. 105; 5,3,1– 5,4,12: 155 A. 51; 155 A. 52; 5,4,1f.: 165 A. 105; 5,4,3: 165 A. 105; 5,5,2.8: 129 A. 56; 5,5,2: 135;

234

Stellenregister

5,8,10: 162; 163; 5,7,1: 162 A. 92; 5,7,1f.: 163 A. 96; 5,7,4: 158 A. 72; 5,5,5: 163 A. 96; 5,5,5– 5,8,10: 149 A. 27; 155 A. 51; 158 A. 72; 5,8,3: 165 A. 105; 5,8,3f.: 163; 163 A. 96 6,1,2: 129A.56; 135; 6,1,4: 155A.53; 6,1,5: 162A.92; 6,1,6f.: 157; 6,1,8: 162A.92; 6,2,1: 157A. 7: 152A. 37; 6,4,2: 129A. 56; 6,6,4: 165A. 105; 6,7,1– 7,2,9: 156A. 59; 64; 6,2,3: 125A. 37; 6,3,3– 6,9,8: 152A. 39; 6,8,4: 165A. 105; 6,9,3: 158A.73; 163; 7: 152A.38; 6,8,1: 160A. 81; 6,8,1– 6,7,6– 6,9,8: 155 A. 51; 158 A. 72; 162 A. 92 8,5,9: 161; 7,10,4: 160 A. 81; 7,10,5: 7,1,12: 161A. 89; 7,1,1f.: 155 A. 55; 7,1,3: 162 A. 92; 7,1,5– 9: 141 A. 122; 7,10,6: 132; 139 A. 114; 164 A. 7: 139 A. 114; 7,10,5– 6: 132; 7,10,5– 138; 7,10,5– 7,12,7: 152 A. 39; 7,11,7: 141A. 12,7: 141; 7,11,1– 104; 7,10,7f.: 165 A. 107; 7,10,8: 163; 7,11,1– 122; 7,11 f.: 141A. 122; 7,12,1: 129A. 56; 136; 141; 7,12,2: 139A. 114; 7,3,3ff.: 162A. 92; 7,3,4– 8,8,8: 156; 7,4,5: 129 A. 56; 7,5,2: 158 A. 72; 160 A. 81; 6: 129 A. 56; 7,4,1– 6: 141/142; 7,3,5– 6: 152 A. 37; 7,5,7: 162 A. 92; 7,6,2: 141A. 122; 7,6,4: 165 A. 105; 7,7,1: 131/132 A. 70; 7,5,5– 8: 152A.37; 7,7,1– 4: 134/135; 136; 7,7,5: 131; 7,7,6: 131; 7,8,1: 161A.89;7,8,3: 158A.73; 7,8,4– 7,8,5: 141A. 122; 7,8,9: 158; 165A. 105; 7,9,10: 155A.51; 155A.52; 7,9,11: 129A.56; 162A.92; 11: 202 A. 95 165 A. 105; 7,9,4– 8,6,4: 163; 6: 152A.38; 8,2f.: 141A. 122; 8,3,1– 8,6,4: 161; 8,2,3– 8,1,5: 129A.56; 152A.38; 8,2,1– 7: 136; 6: 152 A. 37; 8,5,9: 155A. 51; 155 A. 52; 8,6,5.7: 129 A. 56; 8,6,6– 8,3,5: 129 A. 56; 8,3,5– 6: 152A.37; 8,7,5: 132A.71; 8,7,7: 165A. 10;8,7,8: 129A.56; 8,7,3: 158A.73; 165A. 105; 8,7,4– 8: 165; 8,8,4: 158A. 73; 162A. 92; 8,8,6: 158A. 72; 8,8,7: 136; 8,8,8: 149A. 27; 155A. 51; 8,8,1– 155 A. 52; 155 A. 54; 158 A. 72 Hdt.

82: 103 A. 58; 7,8ff.: 103 A. 58 3,80– Ios. Ant. Iud. 1,2: 95 A. 11; 20,154ff.: 48 A. 150

25: 95 A. 12 c. Ap. 1,24– Iul. Polyainos

FGrHist 196: 206 A. 11

Jul.

d:228 A. 109; 3,51c: 222 A. 79; 4c: 205 A. 7; 1,6d: 222 A.79; 1,8c– 29a: 205 A. 7; 1,33c– or. 1,27a– 67a: 205 A. 7 62b: 205 A.; 62b– 3,55c– Kallinikos vonPetra FGrHist 281: 212 A. 32; 227 A. 103 Kephalion FGrHist 93: 45 A. 134

Kriton FGrHist 200: 44 A. 131

Lact.

de mort. pers. 24,4: 222 A. 82; 42,3: 226/227 A. 102; 44,9: 218 A. 68 7: 199 inst. 3,1,2: 198 A. 69; 5,1,26: 198 A. 69; 5,4,3– opif. 20,3: 198 A. 69 LeonGramm. p. 85 Bonn: 224 A. 88 Lib.

ep. 1006: 207 A. 17 18: 215; or. 1,39: 208 A. 21; 1,41: 221A.76; 59,13: 222 A. 79; 59,14: 222 A. 79; 59,15: 214; 59,16– 59,19: 216 A. 56; 216 A. 57; 59,20: 217; 221 A. 77; 59,21: 219; 220; 220 A. 7; 59: 220

Stellenregister

235

Longin.

23 Spengel: 81 p. 12.189.22– Lucan.

9,1106ff.: 95/96 A. 16; 10,32f.: 95 A. 15 Lukian. Dehist. conscr.

7: 18A. 1; 8: 18; 9: 18; 10: 18; 14:94 A. 5; 99 A. 37; 38: 53 A. 179; 41: 53.101; 42: 95 A. 1; 44: 53 A. 179; 52ff.: 151A. 33 58: 107; 61: 53 A. 179; 63: 53 A. 179; 95 A. 11 6: 82/83 Pseudologista 5– 10: 83 Rhet. Praec. 11: 83; 15: 83; 17: 83; 22: 82 A. 46; 9– Scyth. 10: 79 A. 32

M.Aur.

1,11.14: 36 A. 97; 1.14: 27 A. 97; 1.16: 49 A. 155; 1.17: 27 A. 46; 43 A. 124; 9.29: 35 f.; 10.36: 36

A. 97 Max.Tyr. Dial. 22.5 f.: 54 A. 182 Men.Rhet. 8: 123 f.; 415.25 f.: 123 f. 331: 46 A. 138; 373.5–

Min.Fel. Oct. 37.9f.: 189 A. 28; 39: 198 A. 69 Neues Testament

1Joh. 2,16: 189 21: 201 A. 88 Lk. 12,13– Nikostratos

vonTrapezunt

98 F 1: 179 Onasimos FGrHist 216 T 1:212 A. 34;

Pan. 4,31,4: 218 A. 66; 6,3,3: 222 A. 82; 7,10,1: 226/227 A. 102; 12,1,1: 218 A. 67; 12,18,3: 218 A. 66 Paus.

3.14.1: 90 Pers. chol. 4: 61 A. 18 Petron.

75: 63 Philostorg

II 9a (aus BHG3 365): 227/228 A. 106 Philostr. 37: 103 A. 58 vita Apoll. 5,32–

VS 1.7 (488): 36 A.971.18 (509): 73; 1.25;532: 71 A. 3; 1.25;535: 76/77; 1.25;537: 71 A.3; 1.25;539: 82; 1.25;541: 73; 82; 1.7;488: 84 A. 52; 1.8;491: 82 A. 46; 2,24: 44 A. 131; 2.1;564: 79 A. 32; 2,23 (606): 37 A. 100; 2,24 (607): 45 A. 135; 2,33 (p. 628): 36 A. 97; 2.10;587: 71 A. 3; 2.10;588: 84 A. 51; 2.26;613: 84 A. 51; 2.27;617: 84 A. 51; 2.27;620: 72; 2.4;569: 72; 2.5;571: 75 A. 17; 84 A. 51; 80: 73 2.5;572: 71; 72; 2.8;579–

236

Stellenregister

Philostr. vonAthen FGrHist 99: 179 Photios

cod. 63: 228; 71 infine: 93 A. 2; 99: 146 A. 12 bibl. 61: 210; 62: 209; 127: 208 A. 23; 209 A. 24; 210 A. 27 Phrynichus

Ecloge 140,141,396: 82 A. 45 Plin.

n. h. § 20: 28 A. 51; 25,4: 28 A. 51; 36,100: 218 A. 68 Plin. ep. 1,13: 35 A. 94; 1,17: 30 A. 66; 1,20: 23 A. 26; 1,5: 23; 2,1,2: 21 A. 19; 2,11: 23 A. 26; 2,14: 34;

3: 34; 3,20: 34 A. 87; 3,5,10: 2,20: 23 A. 26; 3,10: 30 A. 66; 3,13: 26 A. 43; 3,16: 30 A. 66; 3,18,2– 63; 3,6: 30 A. 6; 3.18: 39 A. 10; 4,2: 23 A. 2; 4,7: 2; 5,5: 30 A. 6; 5,8,12f.: 21 A. 19; 5,8,4: 18 A. 5; 12: 18A. 5; 6,2: 23 A. 26; 7,17,3: 21 A. 19; 7,17: 34 A. 91; 7,19,5: 22 A. 22; 7,31: 30 A. 66; 5,8,9– 44: 113 A. 116; 8,12: 30 A. 66; 9,1,1: 23 A. 24; 9,13: 30 A. 66; 9,2: 34; 9,27,1– 2: 21 A. 19; 10,43– 11,8: 95/96 A. 16 paneg. 4.1: 32; 54.2: 33 A. 84; 54: 32 A. 80; 33 A. 83 Plut.

40a: 73 De audiendo 5;39d– fort. Alex. 1.6;329c: 84 tuend. san. 16;131a: 82 A. 46 praecepta ger. reip. 4;800b:

75 A. 19

Polemo

1.43: 91 A. 79; 2.61: 91

Pollux

9.84: 90 Polyb. 1,14,6: 94 A. 4; 2,56,10: 107 A. 76; 2,56,11: 95 A. 11; 3,31,13: 95 A. 10; 95 A. 11; 3,33,17: 158; 3,5,7: 99 A. 35; 3,57,9: 95 A. 11; 12,12,3: 94 A.4; 12,25b,4: 107; 12,25k,8: 107A. 76; 12,28a,1: 19 A. 13; 16,12,3–11:94; 16,17,9: 95 A. 12 Pont.

Vita Cyp.2,1f.: 186A. 15; 2,7: 187A. 17; 189; 5: 190; 6,3: 187; 7,1: 187A. 18; 7,11: 194A. 52; 7,2: 187 A. 21; 11,7: 188 A. 22; 12,2: 188 A. 22; 12,6: 187 A. 18; 13,11f.: 187 A. 18; 14,3: 188 A. 22; 7: 188 A. 23; 18,1: 188 A. 23 4: 187/188 A. 21; 15,3– 15,1: 187 A. 19; 15,3– Porphyrios FGrHist 260: 174; 179

Praxagoras

1: 225; 226; 2: 222; 2f.: 216; 3: 223; 4: 218; 221; 223 A. 86; 225 A.93; 5: 212; 225 A.93; 6: 210; 211 A. 28; 211 A. 29; 216; 221; 223; 223/224; 224; 225 A. 93; 7: 228; 8: 213 A. 37 prov. 11,26: 201 A. 88 FGrHist 219: 179

Ps.-Hermogenes 4 Rabe: 73 A. 9 Inv. 4.3; p. 180.1– 4 Rabe: 73 A. 9 Meth. 17; p. 433–

Stellenregister

237

Psalm

17: 217 7,16– Quint. 14: 46 A. 138; 4,2,63– 65: 163; 8,3,61– 71: 163; 10,1,101: 107 A. 77; 10,1,31: 103A. 57; inst. 3,4,13–

10,1,104: 25 A. 36; 10,1,31: 24 A. 32; 10,1,102– 103: 28 A. 59

Sall. 9: 166 A. 109; 114,3f.: 150 A. 31 Iug. 6– Schol. in Phot. bibl. 63: 210

Sen. benef. 6,32,2ff.: 108A. 83 8: 22 A. 20; 30 A. 67 controv. 10 praef. 4–

de ira 3,23,4ff.: 30 A. 67

4: 63 epist. mor. 2,2– 9: 63 A. 23 tranq. anim. 9,4– Sext. Emp. adv. mathemat. 1.41: 79 Sokr. 1,1,2: 208 A. 23; 3,20,14: 205 A. 8

Stob.

2,9,6: 212 A. 36 Suet.

Aug. 7: 69; 28,1: 108; 28,3: 112 A. 111; 37.39: 114; 40,3: 114 A. 122; 101,4: 114 A. 122 2: 64; 70,3: 64 Tib. 70,1– 6: 123 A. 27; 8: 28 A. 51; 16.1: 22 A. 21 Cal. 3– Clau. 35.2: 23 A. 24; 42,1: 64 A. 28; 41.2: 28 A. 52 Nero 26,1: 125 A. 34 Galba 14.2: 37 Vit. 14,2: 95/96 A. 16 Dom. 8,3: 23 A. 24; 10,3: 22 A. 22; 10: 29

Tac. Agr. 2,1 f.: 22 A. 22; 10: 95 A. 12 51: 24 A. 29; 4,33,4: 21 A. 19; 22 A. ann. 1,1,2: 48; 1,11,3: 114 A. 122; 1,1: 28 A. 51; 29 A. 61 3.49– 23; 4,33: 25 A. 38; 4,34,4: 25 A. 35; 4,38,2: 18A.; 6,11,2: 110 A. 96; 12,23,1: 103 A. 54; 13.20.2: 26 A. 44; 13.3.1: 31 A. 74; 14,48,2: 24 A. 30; 14,50,1: 22 A. 21; 23 A. 2; 14,50,2: 23 A. 27 4: 21 A. 19 dial. 1,1: 96; 2,1: 21 A. 19; 3,3– hist. 1,1,4: 30 A. 68; 1,1: 25 A. 38; 48; 96; 1,15f.: 104 A. 60; 1,44,1: 95/96 A. 16; 2.101: 28 A. 59; 3,39,1: 95/96 A. 16; 3,55,5: 103 Them. b: 216 A. 57 or. 3,44a– Theon

2 p. 2.72.9–15 Spengel: 81/82 A. 42 Progymn. 5; p. 2.101.9–14 Spengel: 79/80 A. 35 Theoph.

8,17 de Boor: 216 A. 54

238

Stellenregister

Theoph. v. Mytilene 6: 206 A. 11; 188: 206 A. 11 FGrHist 188 F 4–

Thuk.

1,20,3: 93/94; 1,22,1: 107; 1,22,4: 95 A. 10; 1,32ff.: 107A.79; 1,68ff.: 107A.79; 1,120f.: 178; 2,11: 178; 2,35– 46: 104 A. 60; 5,26,1: 94 A. 9; 5,26,5: 97 A. 25; 5,26: 94 A. 9; 6,10ff.: 107 A. 79; 6,16ff.: 107 A. 79; 7,86,5: 155 A. 54 Tiberius

30 Sp.: 73 A. 9 Fig. 17 p. 3.66.29– Val. Max. praef.

p. 1 Kempf: 62

Vell. Pat. 2,126: 28 A. 51 Verg.

Aen. 6,87: 95 A. 15; 9,456: 95 A. 15; 11,394: 95 A. 15 Vitr. praef.

3: 62; 5,1: 67 28 A. 51; 1–

Xen. Exp. Cyr. 1,1: 150 A. 29; 151A. 33; 7,8,24: 150 A. 30 Zon. 6: 222 A. 82; 13,1,12: 218 A. 68; 13,1,23: 224 A. 88; 224 A. 89 12,33 p. 158,1–

Zos. 2,15,1: 223 A. 85; 2,15,3: 218 A. 68; 2,15,3f.: 218; 2,16,4: 21; 2,17,1: 218; 2,28,1: 224 A. 88; 2,8,1:

225 A. 97

Inschriften

CIGIII 3837.3838, cf. p. 1065sq.: 113A. 116; 6820: 116A. 132 Fouilles de Dèlphe III 298: 78 IG II2 1069.6: 78; 2669: 178; 3669: 170; 174; 176; 181; 3670: 170; 3788: 78 IG III 1129: 78 IGRR III.733: 78/79 A. 31 IGRR IV566: 113 A. 116 ILS 8805: 113 A. 116 TAMII 174: 86 A. 61; 910: 78/79 A. 31

Register der Orts- undPersonennamen Artabanos: 131 Artaxerxes: 150 A. 29

Abrittus: 192 Achaia: 170 A. 5

Achill: 12 Actium: 96 Adrianopolis: 223 Aelius Paeon: 78; 79 A. 31 Ägypten: 174; 207 A. 18; 209; 225 Aelian: 60 Aelius Antipater ausHierapolis: 36; 44 A. 131;

51; 77

Aelius Aristides:

38; 46 A. 137; 66; 72; 80; 84;

114 A. 121

Afrika: 202; 225; 226 A. 98 109 Agrippa: 103 A. 58; 104– Aischines: 210 Aitolien: 12 Aizanoi: 113 Albinus, siehe Clodius Albinus Alexander (Sophist): 71; 72 Alexander (Usurpator): 224; 226A. 101 Alexander, derGroße: 45; 72; 172; 179; 210 f.;

215 A. 51; 100A.40

Alexandria: 192 A. 41 Alpen: 226 A. 98 Ammianus Marcellinus: 46; 173; 204 f. Antiocheia: 207; 208 A. 21; 220 Antiochus: 72 Antistius: 24 A. 30 Marcus Antonius: 206 A. 11 Antonius Diogenes: 162 A. 93 Antoninus Pius: 47 A. 144; 48 A. 152; 49 A. 155;

51; 101; 113; 149 A. 27; 154 A. 50; 205 A. 8; 218 A. 68 Antonius Polemo: 172 Apion: 67 Apollon: 61; 89 Appian: 45 Apuleius: 39 A. 111 Aquileia: 132; 141 A. 122; 152; 161; 163 M. Aquilius Regulus: 23 Arabien: 209; 225 Arcadius: 205 A. 8 Argos: 45 Aristides: Aristoteles: 14; 59 Arrian: 20 A. 15; 42 A. 121; 44 A. 131; 45; 100;

172

Asia: 106 A. 71; 137 Asien: 14 Asinius Pollio: 28; 61 Asinius Quadratus:

36

52 A. 172; 147; 179; 212 A.

Aspasios v. Byblos: 44 A. 131 Athen: 73; 76; 78; 94 A. 9; 169; 170; 171; 172;

177; 179; 209; 210; 211; 212; 213 A. 39; 221; 228 Attika: 212 A. 36

Aufidius Bassus: 28 A. 59 22; 24; 27; 29; 30 A. 67; 32; 47; Augustus: 20–

61; 63 f.; 94 A. 6; 96; 103A. 54; 103A. 58; 116; 154 A. 50; 157; 206 A. 106; 109– 104–

11(siehe auchOctavian) Aulus Caecina: 104 A. 62 60; 62 A. 27; 67 f. Aulus Gellius: 57– 179; 184; 206; 227 Aurelian: 174– M. Aurelius Papirius Dionysius: 133 Aurelius Victor: 217; 220 A.74; 223 A. 86; 226 Aurulenus Rusticus: 22 f.; 27 A.46; 29 Balbinus: 132; 136; 139 A. 114; 158 A. 72; 162

A. 92; 149; 155 A. 54; 164; 165

Bassianus: 219 Bemarchios: 208; 212; 220 Bithynien: 37; 209; 225 Boethos v. Tarsos: 206 A. 11 Brasidas: 90 Britannien: 152; 162; 209; 225 Brutus: 27 A. 46; 31 Byblos: 44 A. 131 Byzantion: 210; 228 Caesar:

25 A. 35; 29; 61; 96 A. 16; 103 A. 58;

109; 110 A. 94; 206 A. 11

22 A. 21; 28 A. 51; 64 A. 27; 123 A. 27; 154 A. 50 Callicrates v. Tyros: 206; 207 A. 16 T. Calpurnius Siculus: 29 A. 60 Capellianus: 162A.92; 165A. 105 Capua: 106 A. 71 Caracalla: 95 A. 14; 97 A. 22; 98; 101; 105 A. 70; 106A. 70; 114; 116A. 132; 125 A. 36; 131; 135; 137; 152; 154 A. 50; 155 A. 51; Caligula:

240

Register

derOrts- undPersonennamen

158A. 72; 162A. 92; 165A. 105; 156; 160 A. 81; 163 f.; 165 A. 107 Carus: 206 Cassius: 31 117; 55; 90– Cassius Dio: 8; 25; 29 A. 61; 47– 126; 128 f.; 132; 134; 136– 140; 143; 146 f.; 155; 157 f.; 161; 166; 169; 171; 179– 153– 181; 183; 205 Cassius Longinus: 206; 207 A. 17 Cassius Severus: 22; 24 A. 28 Catilina: 11; 58 A. 3 Cato: 12; 27 A. 46; 29; 67 f. Celerinus: 191 A. 35 Chariton: 166 Christodomos: 205 A. 8 Chryseros: 45; 51 Chrysopolis: 223 Cicero: 11; 25 A. 35; 29; 65, 67; 166A. 112 Claudian: 205 A. 8 Claudius: 28 A. 52; 31 A. 74; 35 A. 94; 64; 154 A. 50 A. Claudius Charax: 20 A. 15; 35 A. 96; 45 Claudius Eusthenius: 207 A. 17 Claudius Gothicus: 174; 222 Claudius Quadrigarius: 67 Cleander: 133 f.; 136 A. 98; 138 A. 111; 155; 162 A. 92 Clodius Albinus: 95; 138f.; 159; 164; 165A. 51 Clutorius Priscus: 24 A. 29 Cluvius Rufus: 28 Commodus: 46; 50; 53; 95; 98; 102; 116A. 134; 136; 149A.24; 150; 152A. 125; 129; 132– 164; 166 A. 156; 158 A. 72; 160– 37; 154– 109; Constans: 213 Constantia: 224 A. 89 Constantius II.: 205 A. 7; 208 A. 21; 213 216; 222; 225 f. Constantius Chlorus: 209; 214– Corippus: 205 A. 8 Cornelius Fronto, siehe Fronto Cremutius Cordus: 22; 24 A. 28; 25; 28 A. 59 Crispinus: 141A. 122; 152 A. 37 Crispus: 227 Curubis: 188 A. 22 203 Cyprian: 8; 183– Damaskus: 27; 206 A. 11 Dareios: 91 A. 79; 150 A. 29 Delius: 114 A. 123; 173; 177 A. 51; 184; 187;

190; 192; 193 A. 49; 195 Q. Dellius: 206 A. 11

Demades: 72 Demetrianus: 192; 198; 200 f.

Demosthenes: 72; 78; 82 f.; 91; 214 181; 212 Dexipp: 8; 169– A. Didius Gallus Fabricius Veiento: 22 A. 21 135; 155 A. 51 Didius Iulianus: 130; 133– DioChrysostomos: 72; 77; 81; 84 f. Diokletian: 115; 179; 207; 209 f.; 214; 216 A.

54; 222 A. 80; 225; 226

Dion vonPrusa: 36 A. 97; 172 Dionysios v. Alexandria: 192 A. 41

v. Halikarnass: 84 20; 23 A. 26f.; 29 A. 60; 30; 39; 49; 64; 154 A. 50 Donatus: 198; 200 Dracontius: 205 A. 8

Dionysius Domitian:

Eclectus: 152 A. 37 Elagabal: 97 A. 21; 106 A. 70; 116 A. 134; 135;

152; 155A. 51; 158A. 72; 160 A. 81; 162; 163; 165 A. 105; 165 A. 107 Emesa: 151A. 34 Empylos v. Rhodos: 206 A. 11 Ephoros d. J,.: 179 Ephoros v. Kyme: 12; 204; 206; 212 Eumenius: 207 A. 17 Eunap: 174; 178; 180 Euripides: 60 Eusebios Scholastikos: 205 A. 8 Eusebius: 52 A. 172; 177; 180; 208; 210; 212–

223; 227

Eutrop: 161; 205; 214f.;

222

Fabian: 193 A. 49 Fadilla: 152 A. 37 Fabius Ceryllianus: 206 Fabius Rusticus: 28 A. 59 Fabricius: 68 Favorinus: 58 A. 3; 60; 82 Florus: 31 A. 74; 34 A. 90; 45; 47 A. 143; 68 Fronto: 36 A. 97; 45 A. 133; 51; 59; 60; 67 Galater: 223 Galba: 37; 104 Galerius: 216; 222; 225; 226 A. 98 Gallia: 150 A. 31 Gallia Narbonensis: 103A. 54 Gallicanus: 141 A. 122 Gallien: 214f. Gallienus: 171f.; 193 Gallier: 223 A. 85; 226 A. 98 Gallus: 195 A. 54 Gellius, siehe Aulus Gellius Gellius Maximus: 116 A. 132 Germanicus: 123 A. 27

Register derOrts- undPersonennamen Germanen: 209; 223 Geta: 135; 160 A. 81; 162; 165 A. 107 Gordian I.: 139 A. 115; 155 A. 51; 158 A. 72;

162 A. 92; 165 A. 105; 205 A. 8

Gordian II.: 139 A. 115 Gordian III.: 132; 135f.; 138f.; 141 A. 122; 149;

150f.; 158 A. 72; 163; 164f. Goten: 224 Granius Licinianus: 30 A. 71; 45; 47 A. 143; 51;

53

Hadrian:

20; 25 A. 35; 31 A. 72; 32 A. 79; 44 A.

131; 45; 47 A. 144; 51; 53; 66; 68; 154 A. 50; 172

Halikarnassos: 84 Hatra: 159 Hekataios v. Milet: 13f. Hektor: 102 Heliodor: 166 Hellas: 209; 225 Helvidius Priscus: 27 A. 46; 29 Heraclitus v. Rhodiapolis: 79 A. 31 Hercules Victor: 58 A. 4; 59 Herculius: 226 A. 98 P. Herennius Ptolemaeus: 170 L. Herennius Saturninus: 170A. 5 Herennius Senecio: 22f.; 29 Hermes Trismegistos: 208 Hermoupolis: 208 A. 19 Herodes Atticus: 60; 73, 77; 79; 82 Herodian: 7; 8; 17 f.; 20; 41 A. 118; 45; 50 A.

167; 169; 175; 179; 183 159; 55; 90; 119– Herodot: 14; 150; 151A. 33; 180; 212 A. 36 Hierapolis: 36; 77 Hieronymus: 212 Hippodromis vonLarissa: Homer: 59; 78

72

241

Julian: 156; 158A.72; 163f.; 204; 205 A.7; 215;

228 A. 109

Kallinikos

v. Petra: 172; 179; 206; 207 A. 16;

211; 227 Kallistos: 205 A. 8

Kappadokien: 194 189; 191; 193; 195; 197 Karthago: 152; 184; 186–

A. 62; 198

Karpen: 175; 177A. 50 Kelten: 209; 223 Kephalion: 45 Kilikien: 51 Kleinasien: 209; 225 Kleopatra: 12; 206 A. 11 227 Konstantin derGroße: 8; 207 A. 16; 208– Konstantinopel: 224: 227 f. Kyme: 206 Kyros: 15; 150 A. 29

T. Labienus: 22; 30; 39 A. 110 Laetus: 152 A. 37; 156 Laktanz: 199 Laodikeia: 213; 221; 224 Larissa: 72 Lentulus: 67 Cn. Lentulus Gaeticulus: 28 A. 51 222 Libanios: 208 A. 21; 213– Libyen: 209; 225 226 A. 101; Licinius: 209; 212; 215; 219f.; 223–

227; 228

Licinius Mucianus: 68 Livius: 9; 45; 169 Longinus: 81 Lucceius: 11; 67 A. 39 Lucilius: 63; 68 Lucius Verus: 19; 45; 51; 52 A. 174; 67; 204;

206

Iason v. Argos: 45 Illyricum: 225 A. 95; 226 A. 98 Indien: 72 Italien: 103 A. 54; 111; 152; 158; 165 A. 105;

Lukan: 68; 96 A. 16 55; 82f.; Lukian: 18; 19; 45; 47 A. 143; 53–

Isocrates: 78; 83 Istros: 175

137; Macrinus: 106; 131; 135–

209; 225; 226 A. 98

Iugurtha: 150; 166 A. 109 Iulia Mamaea: 162 A. 92; 165 A. 105 Iulia Maesa: 138; 155; 162; 165 A. 105 Iulius Nicanor: 78; 79 A. 31 Iustin: 45

Jerusalem: 220; 221 A. 76 Julia Domna: 36 A. 99; 152 A. 37

99;

100f.; 103 A. 59; 107; 204; 206; 212 A. 36 Lukrez: 198

151 f. A. 34, 37, 165 158; 163– 39; 155– 111; 113; 115 f.; Maecenas: 8; 103 A. 58; 104– 141 A. 122 Makedonien: 209; 225 Mamertinus: 207 A. 17 Marathon: 72; 91 Marcellus: 61 Marcellus v. Pergamon: 44 A. 131 Marcia: 150; 152 V 37; 156

242

Register

derOrts- undPersonennamen

Marcianus: 113 A. 115 Marius: 150; 151 Marius Maximus: 44 A. 131; 48 A. 152; 49 A.

155; 52; 53; 69; 97 A. 22; 147 Mark Aurel: 17; 19; 27 A. 46; 35; 36 A. 97; 43 A. 124; 45; 52 A. 174; 55; 67; 121; 123– 125; 133; 142; 149 A. 24; 150 A. 29; 152 A. 37; 154 A. 50; 157 f.; 162; 165 A. 107; 166 A. 109; 206

Markianopolis: 178 A. 58 Martial: 62 Martialis: 137 A. 107 Maternus: 162 218; 221; 223– Maxentius: 205 A. 9; 209; 216–

226

Maximianus: 209; 217; 22 A. 80; 225 Maximinus: 149; 152; 155 A. 51. 54; 156; 158;

161; 162 A. 92; 163; 165 A. 105

Maximinus Daia: 209; 219; 225 Maximinus Thrax: 131; 134; 136; 141 Maximus: 132; 136; 139 A. 114; 152 A. 37; 158

A. 72; 162 A. 92; 178 A. 58

Maximus v. Tyros: 54 A. 182 Meleager: 12 Menander Rhetor: 123 Menandros v. Laodikeia: 213; 221f.; 224 Menophilos: 141A. 122 Milipsa: 166 A. 109

Milet: 13

Minerva: 66 Minucius Felix: 200 A. 82 Milvische Brücke: 217; 218; 221 A. 77; 223 Moesier: 175 Mytilene: 90; 206 A. 11

Nero: 23 A. 26; 24 A. 30; 26 A. 44; 29 A. 60; 29

A.65; 30 A. 66; 31 A. 74; 64

Nerva: 23 A. 26; 30 Nicomachus Flavianus: 173 Nikolaos v. Damaskus: 27; 28 A. 50; 206 A. 11 224; Nikomedia: 106 A. 70; 207; 209; 216; 222–

226 f.

Nikostratos

v. Trapezunt: 179

Nil: 209 Ninos: 162 A. 93 Nisibis:

205 A. 7

Oasis: 208 A. 19; 212 Octavian: 108; 110 A. 96; 157; 179; 206 A. 11 Octavius: 69 Cn. Octavius Titinius Capito: 20 A. 15 Odainathos: 207 A. 17 Onesimus: 206; 207 A. 16; 212

Otho: Ovid:

95 A. 16; 154 A. 50 61; 62 A. 19

Pannonien: 172 Parther: 19 Parysatis: 150 A. 29 Paternus: 192 Patras: 58 A.4; 82; 83 Pausanias: 41 A. 111; 60; 90 Perennis: 136 A. 98; 162 Pergamon: 44 A. 131 Perser: 14 Pertinax: 95; 132 f; 136; 152 A. 37; 155– 158;

164 Pescennius Niger: 130 f.; 134; 136; 138; 155 A.

51; 158A. 72; 162A. 92

Petra: 172 Petrai: 206; 211; 227 Petron: 63 Pharnabazos: 150 A. 30 Philagrus: 73 Philipp v.Makedonien: 78 Philippi: 206 A. 11 Philippopolis: 178 A. 58 Philippus Arabs: 147 A. 18 Philon vonByblos: 44 A. 131 Philostorg: 218 A. 106 Philostrat: 37; 71; 72; 73; 76; 84; 179 Phlegon vonTralleis: 20 A. 15; 35 A.6; 44 f.; 68 Phoinix: 12 Photios: 146; 172; 174; 177; 208 A. 23; 209 f.;

223; 225f.; 228 211; 218; 221–

Phrynichus: 82 Plataiai: 80 Plato: 83 Plautian: 36 A. 99; 135 A. 88; 152 A. 37; 155;

162 A. 92

Plinius Maior: 28; 29 A. 61; 62 A. 22; 63; 65; 68 34; 38 f.; 46; 64– Plinius Minor.: 28 A. 51; 32–

66; 68; 113 A. 116; 186 A. 16 44; 60; 73, 75; 84; 91 A. 81; 141 A. 124; 155 Polemo: 72f.; 76; 82; 91 Iulius Polyainos: 206 A. 11 Polybius: 9; 11; 13; 14; 19 A. 13, 94; 95 A. 11; 99; 103A. 55; 107; 153 A. 43; 158; 204 Pompeianus: 152 A. 37 Pompeius: 96 A. 16; 206 A. 11 Plutarch:

Planta: 28 Pompeius Trogus: 27f.; 45; 68 Pons Sublicius: 218 A. 68 Pontibus: 183; 186f.; 189 A. 26; Porphyrios v. Tyros: 174; 179

C. Pompeius

194 A. 52

Register derOrts- undPersonennamen Praxagoras: 8; 11; 172; 179f.; 203; 209– 228 Probus: 207 A. 16 Prokop: 210 Prusa: 36 A. 97; 172 Pseudo-Aristides: 124 A. 28 Pseudo-Hygin: 60 Ptolemäer: 212 Quintilian: 18 A. 2; 42 A. 120; 64; 163 Quintillus: 174

Regulus: 68 Rhodos: 84; 206 A. 11

114; Rom: 9; 50; 51; 57; 66; 85; 98; 104; 112– 132; 134; 136; 138; 141f.; 120; 126 f.; 129– 147A. 19; 152; 162f.; 176; 193; 209; 216; 217 f.; 221; 225 Sallust: 58; 67; 103 A. 58; 150 f.; 159; 161; 166

A. 109 Sappho: 90 Sarmaten: 222 A. 82; 224 Saxa Rubra: 218 A. 68; 223

Scipio: 68 Sejan: 157 Seneca: 35 A. 96; 63; 65; 72; 198 Seneca derfltere: 39 A. 110 51; 93– Septimus Severus: 37; 44 A. 131; 45; 49– 114; 116 A. 131; 125; 95; 97 f.; 101; 112– 156; 158 f.; 139; 152; 154– 129; 135; 137–

162; 164; 205 A. 10 M. Servilius Nonianus: 28 A. 59; 35 A. 94 Sesonchosis: 162 A. 93 Severus: 224; 226 A. 101 Severus Alexander: 49 A. 155; 102; 105f.; 110; 158 A. 125; 135; 149 A. 24; 152; 154; 155– 72; 160 A. 81; 162 f.; 165 A. 105,107 Sextus Empiricus: 79 Sikyon: 89; 91 Sizilien: 103 A. 54; 209; 225 Sokrates: 58; 180 Sokrates v. Rhodos: 206 A. 11 Solon: 12 Soterichos v. Oasis: 207; 212 Soterikos: 179 Spanien: 194; 225 Sparta: 80

243

Georgios Synkellos: 173 Syria Phoenice: 116 A. 132

Tacitus: 50; 52; 103 A. 56; 104; 129; 154 A. 50;

157; 166 Tellis: 90

Tertullian: 192; 200 A. 82 Tharsos: 206 A. 11 Themistokles: 180 Theoclius: 206; 207 A. 16 Theon: 81 Theophanes v. Mytilene: 206 A. 11 Thermopylen: 90 Thessalonike: 207 Thrakien: 172; 209; 220 A. 74; 225 Thrasea Paetus: 27 A. 46; 28; 29 Thrasyllos: 100 A. 42 Thukydides: 12 f.; 41 A. 118; 93 f.;

95; 97 f.;

104; 107; 151; 155; 159 A. 80; 161; 166 A. 109; 172 A. 16; 177 f.; 181 Thule: 162 A. 93 Tiber: 217; 218 Tiberius: 22; 24 A. 29; 27; 63 f.; 154 A. 50 Tibron: 150 A. 30 Tibur: 58 f. Timagenes: 30 Titinius Capito: 30 A. 66 Titus: 25 A. 35; 28 A. 51 Tissaphernes: 150 A. 30 Trajan: 19; 20; 23 A. 26; 30 f.; 33 f.; 36 A. 97;

39; 44 A. 131; 66; 113 A. 116; 172; 174 A. 50 Trapezunt: 179 Trier: 214 Trimalchio:

63

Troja: 72; 174 Tyros: 54 A. 182; 174; 206; 207 A. 16; 220; 221

A. 76

Statius: 64f. Strabo: 12; 206 A. 11 Sueton: 20 A. 15; 30; 37; 40; 43 f.; 47 A. 143;

Valerian: 114 A. 123; 193; 194 A. 52 Valerius: 226 A. 98 Valerius Maximus: 27; 62; 68 Valesianus: 219 A. 72 Varius Rufus: 28 Varro: 61 Velleius Paterculus: 27 f., 62; 68 Vergil: 107: 80; 198 Verginius Rufus: 21 A. 19 Verus: 116 A. 132 Vespasian: 25 A. 35; 32 A. 79; 64; 113; 154 A.

Sulpicius Apollinaris:

Vibius Severus:

60; 69; 108; 123 A. 27; 155; 160; 162 A. 93 58; 60; 67

50

34

244

Register derOrts- undPersonennamen

Vicus Sandalaius: 58 Vipstanus Messalla: 28 Vitruv: 28 A. 51; 62; 67 Xenophon: 150; 158; 160 A. 81; 166; 203 Xiphilinos: 52 A. 171; 93

Zenobia: 207 A. 17 Zenobios: 44 A. 131 Zeus: 14; 102 Zonoras: 173; 219 A. 72 Zosimos: 173; 205 A. 9; 218; 223 A. 85

Herausgegeben

vonHeinz

HISTORIA-EINZELSCHRIFTEN

Heinen, François Paschoud, KurtRaaflaub, Hildegard Temporini Gerold Walser

1. Gerold Walser: Caesar unddie Germanen. Studien zur politischen Tendenz römischer

Feldzugsberichte. 1956. XI, 104 S., kt. 00250– 2 515– ISBN3– 2. Edmund Buchner: Der Panegyrikos des Isokrates. Eine historisch-philologische Untersuchung. 1958. IX, 170 S., kt. 2 0251– 3. Wolf Steidle: Sallusts historische Monographien. Themenwahl und Geschichtsbild 9 0252– (vergriffen) 4. Ulrich Kahrstedt: Diewirtschaftliche Lage

Großgriechenlands inderKaiserzeit. 1960. 7 0253– VII, 133 S., 1 Faltkte., kt. Untersuchungen zur Kontinuität des frühen Prinzipates. 1962. VIII, 133 5 0254– S., kt. 6. Hatto H. Schmitt: Untersuchungen zur Geschichte Antiochos’des Großen undseiner Zeit. 1964. XII, 320 S. m. 9 Ktn., 1 Taf., kt. 3 0255– 7. Gerold Walser, Hrsg.: Neuere Hethiterforschung. 1964. VII, 144 S., 17 Abb., 6 Taf., kt. 1 0256– 8. Joseph Vogt: Sklaverei undHumanität. Studien zur antiken Sklaverei und ihrer Erforschung. (vergriffen) (siehe auch Nr.44) 0257-X 9. Eberhard Ruschenbusch: Solonos nomoi. DieFragmente dessolonischen Gesetzeswerkes mit einer Text- und Überlieferungsgeschichte. Unveränderter Nachdruck 1983 der 8 0258– Ausgabe von 1966. X, 140 S., kt. 10. Jakob Seibert: Historische Beiträge zuden dynastischen Verbindungen in hellenisti6 scher Zeit. 1967. 138 S., kt. 0259– 11. Robert E. A. Palmer: The King and the Comitium. A Study of Rome’s Oldest Public Document. 1969. XIII, 55 S., 5 Taf., kt.0260-X 12. Richard Alexander Baumann: TheDuumviri in the Roman Criminal Law and in the 8 HoratiusLegend. 1969. IV,35 S., kt. 0261– 13. Donald W. Knight: Some Studies in Athenian Politics in the Fifth Century B. C. 1970. 6 0262– IV,44 S., kt. 14. Joachim Szidat: Caesars diplomatische Tätigkeit imGallischen Krieg. 1970. VIII, 162 4 0263– S., kt. 15. Kenneth Hugh Waters: Herodotos on Tyrants and Despots. A Study in Objectivity. 2 0264– 1971. VI, 100 S., kt. 16. Charles W.Fornara: TheAthenian Board of Generals from 501 to 404. 1971. X, 84 S., kt. 0 0265– 17. Justus Cobet: Herodots Exkurse unddie Frage nachderEinheit seines Werkes. 1971. 9 0266– X, 207 S., kt. 18. Gerold Walser, Hrsg.: Beiträge zur Achä-

5. Dieter Timpe:

menidengeschichte. 1972. VI, 107 S., kt. 7 0267– 19. Peter J. Bicknell: Studies in Athenian Politics and Genealogy. 1972. VIII, 112 S., kt. 5 0268–

20. Heinz

Heinen: Untersuchungen

zurhelleni-

stischen Geschichte des 3. Jahrhunderts v. Chr. Zur Geschichte der Zeit des Ptolemaios

undzumChremonideischen Krieg. 3 0269– 1972. XII, 229 S., 2 Ktn., kt.

Keraunos

21. Edmund F. Bloedow: Alcibiades reexa7 0270– mined. (vergriffen) 22. Derek J. Mosley: Envoys andDiplomacy in

3 Ancient Greece. 1973. X, 97 S., kt. 1194– Tyler: The Persian Wars of the 3rd

23. Philip

und

Century A.D.andRoman Imperial Monetary Policy, A. D. 253– 1915– 4 68. (vergriffen) 24. John Pinsent: Military Tribunes andPlebe-

ian Consuls: The Fasti from 444 V to 342 V. 1975. VIII, 83 S., kt. 1899– 9 25. Hans Armin Gärtner: Beobachtungen zu

Bauelementen in der antiken Historiographie, besonders bei Livius und Caesar. 1975. VI, 182 S., kt. 1869– 7 26. George JohnStagakis: Studies intheHomeric Society. (vergriffen) 1988-X 27. GaryA.Crump: Ammianus Marcellinus asa Historian. (vergriffen) 1984– 7 Military 28. John Nicols: Vespasian and the partes Flavianae. 1978. X, 186 S., kt. 3 2393– 29. Robert B. Kebric: Inthe Shadow of Macedon: Duris of Samos. 1977. XII, 99 S., kt. 8 2575– 30. Getzel M. Cohen: The Seleucid Colonies: Studies inFounding, Administration nization. (vergriffen)

andOrga-

2 2581–

31. Joachim Szidat: Historischer Kommentar XXI.Teil zuAmmianus Marcellinus BuchXX– I: Die Erhebung lulians. 1977. 200 S., kt.

8 2642–

32. EevaRuoff-Väänänen: Studies ontheItalian Fora. 1978. X, 81 S., kt.

2761– 0

33. Jack M.Balcer: TheAthenian Regulations forChalkis. Studies inAthenian Imperial Law.

4 2773– 1978. XIV, 145 S., 3 Taf., kt. 34. Daniel Gillis: Collaboration with the 6 2786– Persians. 1979. VIII, 87 S., kt. 35. Ralf Urban: Wachstum undKrise des Archäischen Bundes. Quellenstudien zurEntwicklung des Bundes von280 bis222 v. Chr. 7 2861– 1979. IX,236 S. m.3 Ktn., kt. 36. Thomas S. Burns: The Ostrogoths. Kingship 2 2967– and Society. 1980. IX, 144 S., kt.

37. Peter

Funke: Homónoia undArché. Athen unddiegriechische Staatenwelt vomEndedes Peloponnesischen Krieges biszumKönigsfrie387/6 v. Chr.) 1980. XI, 197 S., kt. den(404/3 – 7 3007–

38. Joachim Szidat: Historischer

Kommentar

zuAmmianus Marcellinus BuchXX-XXI. Teil II:DieVerhandlungsphase. 1981. VII, 104 S. m. 9 3474– 2 Ktn., kt.

Brizzi: I sistemi informativi dei etàdelle conquiRomani. Principi e realtà nell’

39. Giovanni

ste oltremare (218–168 a. C.). 1982. XIX, 282 8 S., kt. 3628– 40. Heinz Heinen / Karl Stroheker / Gerold Walser, Hrsg.: Althistorische Studien. Hermann Bengtson zum70. Geburtstag dargebracht vonKollegen undSchülern. 1983. VII,257 S. m. 4 3230– 7 Taf., kt. 41. Herbert Graßl: Sozialökonomische Vorstellungen inderkaiserzeitlichen griechischen 3. Jh. n. Chr.). 1982. VII, 231 S., Literatur(1.– 9 3667– kt.

42. Klaus M.Girardet: DieOrdnung derWelt: Ein Beitrag zurphilosophischen undpolitischen Interpretation von Ciceros Schrift De legibus. 1983. VIII, 260 S., kt.

3 3687–

43. Karl-Heinz Schwarte: Der Ausbruch des

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FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART

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ISBN 3-515-07457

Franz Steiner Verlag Stuttgart 9 783515 074575